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German Pages 885 [886] Year 2012
Controlling
Technische, wirtschaftliche und kommunikative Planung, Umsetzung und Kontrolle von
Prof. Dr. phil. Dr. rer. pol. Thomas Jaspersen M.Sc. Dipl.-Kfm. (FH) Marc Täschner 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Oldenbourg Verlag München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Thomas Ammon Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-71310-7 eISBN 978-3-486-71656-6
Vorwort zur vierten Auflage Controlling wird hier als ein ganzheitlicher Handlungsansatz definiert, bei dem eine technische, wirtschaftliche und kommunikative Planung, Umsetzung und Kontrolle erfolgt. Gegenüber der dritten Auflage wurden die Struktur und die inhaltliche Ausprägung des Buches neu gegliedert und modifiziert. Das liegt nicht nur an der veränderten Autorenschaft – das vorliegende Konzept ist eine Jaspersen/Täschner-Teamarbeit – sondern insbesondere an der Innovation der Kommunikations- und Informationstechnologie. Der hier vertretene Controllingansatz versteht sich als Abstimmungsmechanismus einer menschlichen Organisation bei der Gestaltung eines physischen Basissystems unter der besonderen Berücksichtigung der monetären Komponente. Das wichtigste Medium der hierbei stattfindenden Kommunikation ist die IT. Die Dynamik der informationstechnologischen Entwicklung führt nicht nur zu einer betrieblichen Handlungsunsicherheit, sondern auch zu einer Unsicherheit bei den Entwicklern von computerunterstützten Verfahren selbst. Einerseits erlaubt die Datenverarbeitung integrative Konzepte, andererseits haben ebensolche Konzepte einen so breiten Handlungshorizont, dass die Teilmomente ihrer Realisierung bereits bei der Niederschrift veraltet sind. Bedingt durch diesen Umstand grenzen die Entwickler computergestützter Verfahren ihren Handlungsbereich ein und entwerfen Insellösungen, welche zwar in der Praxis funktionsfähig sind, aber keine Kompatibilität zu anderen Verfahren ihrer Systemumwelt gewährleisten. Es haben sich so Gruppierungen in der Verfahrensentwicklung gebildet, die unternehmensrelevant sind, deren Autoren häufig aber nur geringfügig interagieren. Kennzeichnend ist die Unterscheidung zwischen
betrieblicher Datenverarbeitung und technischer Datenverarbeitung.
Beide stellen jeweils Konglomerate von Verfahren dar, die in sich eine Konsistenz aufweisen, deren Begriffsausprägungen jedoch voneinander abweichen und inkompatibel bzw. sogar inkommensurabel sind. Dennoch bilden die betriebliche und die technische Datenverarbeitung zwei Komponenten, die am selben Ort, nämlich im Betrieb, zum Einsatz kommen. Techniker und Ingenieure verantworten mit der technischen Datenverarbeitung einen termingerechten quantitativ fixierten Leistungsoutput mit einer wohldefinierten Qualität. Um das zu gewährleisten, müssen Regelungsmechanismen etabliert werden, welche die physischen Prozesse in eine Controllingstruktur einbinden. In einer betrieblichen Datenverarbeitung wiederum gilt es, die Handlungen im Betrieb auf ihrer monetären Ebene abzubilden sowie alsdann zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren.
VI
Vorwort zur vierten Auflage
Beiden Formen der Datenverarbeitung ist es gemein, dass sie nach innen ausgerichtet sind. Das Unternehmen schottet sich gegenüber seiner Außenwelt ab und behandelt sowohl die technische als auch insbesondere die betriebliche Informationsverarbeitung als Betriebsgeheimnis. Mit der Etablierung des Internets ist diese Struktur aufgebrochen. Es entsteht eine neue Kategorie:
die öffentliche Kommunikationsdatenverarbeitung.
Dieser Bereich hat sich in seiner Komplexität, im Umfang der beteiligten Mitarbeiter und der gebundenen Kosten bei Investitionen sowie der Nutzung sehr schnell gleichwertig neben der betrieblichen und technischen Datenverarbeitung etabliert. In ihren Anfängen lässt sich die Kommunikationsdatenverarbeitung gut isolieren und auch bei Bedarf weitgehend als Outsourcing betreiben. Die Probleme der Sicherheit sind überschaubar, und somit bildet das Internet eine von vielen Kommunikationsformen, die bspw. dem Marketing unterstellt werden kann. Es bedarf dann keiner eigenständigen Strategie und Veränderung. Problematisch wird es dann, wenn zum Frontend ein innerbetriebliches Backend dazukommt. Die Inhalte der Internetseiten werden dann auf Anfrage halb automatisch oder automatisch von den vorhandenen Systemen direkt mit Informationen gespeist. Dies erfordert eine eigenständige Unternehmensstrategie. Im übertragenen Sinne lässt sich das folgendermaßen vorstellen: Die heutigen Unternehmen sind wie eine mittelalterliche Stadt, die sich durch eine Stadtmauer nach außen hin schützt, innen aber eine große Bewegungsfreiheit zulässt. Kontrolliert wird der In- und Output über die Tore. Das Internet lässt die Außenmauer verschwinden. Jeder kann nach innen kommunizieren sowie von innen nach außen. Es ist offensichtlich, dass hier neue Spielregeln zu definieren sind, welchen eine eigenständige Controllingstruktur zu unterstellen ist. Dementsprechend gliedern wir das Buch in vier Hauptteile:
Im ersten Teil behandeln wir die Grundlagen der betrieblichen Controllingsystematik. Hierzu werden die allgemeinen Probleme der Modellbildung thematisiert und die Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle ausgeführt. Das technische Controlling wird im zweiten Teil abgehandelt. Dazu gehören die Produktentwicklung, die Produktion und Logistik sowie ein Exkurs zum Qualitätsmanagement und zum IT-Controlling. Grundlage des wirtschaftlichen Controllings im dritten Teil ist das Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem. Hinzu kommen Systematiken des integrativen Unternehmenscontrolling sowie die eigene objektorientierte Controllingsystematik. Der vierte Teil setzt sich mit Controlling und Kommunikation auseinander. Er gliedert sich in das operative und strategische Kommunikationscontrolling. Als Exkurs werden die Kommunikation und das Controlling in Hochschulen ausgeführt.
Vorwort zur dritten Auflage (gekürzt)
VII
Die Adressaten des Buches sind wirtschaftliche und technische Führungskräfte sowie diejenigen, die es werden wollen, d. h. Studenten der Betriebswirtschaftslehre, der Wirtschaftsinformatik, des Wirtschaftsingenieur- und des Ingenieurwesens. Unser besonderer Dank gilt dem Diskussionskreis mit Robert Czogel und Cindy Stanke an der Hochschule Hannover, René Wappenhans für die arbeitsintensive Erstellung der Druckvorlagen sowie Yvonne Casalli-Feustel, Xenia Gabelko und Wiebke Perl für die Einarbeitung der Abschlusskorrekturen. Hannover, im Juni 2012
Thomas Jaspersen und Marc Täschner
Vorwort zur dritten Auflage (gekürzt) Controlling ist ein fester Bestandteil der Unternehmensführung. Der strukturelle Wandel in der Wirtschaft hat im letzten Jahrzehnt dazu geführt, dass sich auch das Selbstverständnis im Controlling verändert hat. Kennzeichnende Faktoren sind die Dezentralisierung sowie Enthierarchisierung auf Unternehmensebene, die überbetriebliche Schaffung von Wertschöpfungsketten im Rahmen einer allgemeinen Globalisierung und die Durchdringung der Datenverarbeitung auf allen Bereichen. Der Regelarbeitsplatz im Unternehmen ist mit einem Computer ausgestattet, die Rechner sind innerbetrieblich vernetzt und die Netzwerke treten weltweit miteinander in Verbindung. Die Konsequenz ist ein neues Managerprofil: Der Controller, der für andere im Unternehmen plant und entscheidet, verschwindet ebenso von der Bildfläche wie der Kontrolleur, der als Revisionist ausschließlich die getane Arbeit überprüft. Es konsolidiert sich eine neue Qualifikationsstruktur. Benötigt werden Entscheidungsträger, die selbst operative Aufgaben übernehmen. Jeder Mitarbeiter im Unternehmen synchronisiert seine kognitiven sowie sozialen Kompetenzen und fungiert für seinen Handlungsbereich auch als Controller, das heißt, er plant, er setzt um und er überprüft seine Ergebnisse. Controlling wird zu einer selbstverständlichen Führungsfunktion aller Gruppen- oder Abteilungsleiter, aller Verkäufer oder Disponenten, aller Manager oder Aufsichtsräte. Dem kontinuierlichen Wandelweg von den funktionalen Spezialisten hin zu den ergebnisorientierten Generalisten, weg von der Trennung zwischen elementaren und dispositiven Faktoren, trage ich in der dritten Auflage insofern Rechnung, als dass ich eine inhaltliche Verlagerung vornehme. Die Grundstruktur des Buches bleibt dieselbe. Es ist in vier Hauptteile gegliedert. Im ersten Teil behandle ich die allgemeinen Probleme der Modellbildung und der Verfahren im Controlling sowie die Infrastruktur ihrer Nutzung. Die zweiten und dritten Hauptgliederungspunkte detaillieren die Inhalte des Controllings. Dabei unterscheide ich zwischen technischem und wirtschaftlichem Controlling. Techniker und Ingenieure verantworten einen termingerechten qualitativ fixierten Leistungsoutput mit einer wohldefinierten
VIII
Vorwort zur dritten Auflage (gekürzt)
Qualität. Um das zu gewährleisten, müssen Regelungsmechanismen etabliert werden, welche die physischen Prozesse in eine Controllingstruktur einbinden. Im wirtschaftlichen Controlling wiederum gilt es die Handlungen im Betrieb auf ihrer monetären Ebene abzubilden sowie alsdann zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren. Selbstverständlich kann hierzu das konventionelle Rechnungswesen verwendet werden. Es reicht jedoch nicht aus. Rechnungswesen und Controlling bilden unterschiedliche Handlungssequenzen ab und sind daher inhaltlich unterschiedlich strukturiert. In ihrer Summe müssen sie jedoch denselben Erfolg, dasselbe Ergebnis ermitteln. Da die Grunddatenerfassung monetärer Sachstände in der Finanzbuchhaltung erfolgt, bildet sie stets den Ausgangspunkt für die wirtschaftlichen Betrachtungen, nicht aber für die technische Prozessgestaltung. Im letzten Hauptteil werden nun die beiden Sichtweisen in eine Struktur integriert. Das Unternehmenscontrolling verbindet die Inhalte des technischen sowie des wirtschaftlichen Controllings und synchronisiert das Aktivitätsspektrum aller am Unternehmensgeschehen beteiligter Personen. In diesem Teil werden konkrete Handlungsanweisungen vermittelt, nach welchen Begrifflichkeiten gegliedert und nach welchen Strukturen geordnet werden kann, um eine mittel- und kurzfristige Planung und Kontrolle aller Unternehmensprozesse zu gewährleisten. Die Veränderungen der dritten, gegenüber der ersten und zweiten Auflage, zeigen sich in der Umstrukturierung im Detail und in der Komprimierung von übernommenen Inhalten sowie der erheblichen Erweiterung durch neue Gesichtspunkte und Ansätze. So werden im ersten Hauptgliederungspunkt die Verfahren zur Unternehmensplanung und -kontrolle vertieft. Weiterhin sind die Aspekte der betrieblichen Infrastruktur, welche sowohl für die technische als auch für die wirtschaftliche Handlungssphäre Gültigkeit haben, hierhin vorgezogen. Im technischen sowie im wirtschaftlichen Controlling werden die inhaltlichen Ausführungen stets mit den semantischen und syntaktischen Gegebenheiten konfrontiert, die sich aus dem flächendeckenden Einzug der Datenverarbeitung ergeben. In beiden Hauptteilen werden die Konsequenzen neuer integraler, prozessorientierter Organisationskonzepte erläutert und die Problematik der überbetrieblichen Strukturbildung sowie der Globalisierung ausgeführt. Hierbei werden auf der technischen Seite insbesondere der Ansatz des Total Quality Management (TQM) und auf der wirtschaftlichen Betrachtungsebene integrale Standardsoftware wie SAP© sowie die Relevanz des Efficient Consumer Response (ECR) vertieft. Bei allen diesen Konzepten handelt es sich um Controllingansätze, welche sich zum Ziel setzen, übergeordnete Regelungsmechanismen zu etablieren. Ihre Relevanz ergibt sich nicht nur in ihrer Zusätzlichkeit, sondern auch in der Beeinflussung und somit Veränderung des konventionellen betriebsintern orientierten Controllings. Entsprechend dieser neuen Elemente wird der letzte Hauptteil – Unternehmenscontrolling – als objektorientierte Planung und Kontrolle aktualisiert und erweitert. Hannover, im Februar 1999
Thomas Jaspersen
Inhaltsübersicht Vorwort zur vierten Auflage
V
Inhaltsübersicht
IX
Inhaltsverzeichnis
XI
Erster Teil: Grundlagen der betrieblichen Controllingsystematik
1
1
Einleitung
3
2
Modellbildung und Modellnutzung
11
3
Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
59
Zweiter Teil: Technisches Controlling
145
4
Technisches Controlling und Produktentwicklung
147
5
Produktion und Logistik
197
6
Exkurs: QM und IT-Controlling
265
Dritter Teil: Wirtschaftliches Controlling
323
7
Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
325
8
Integratives Unternehmenscontrolling
425
9
Objektorientiertes Controlling
495
Vierter Teil: Controlling und Kommunikation
631
10
Operatives Kommunikationscontrolling
633
11
Strategisches Kommunikationscontrolling
695
12
Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
763
X
Inhaltsübersicht
Symbolverzeichnis
823
Abkürzungsverzeichnis
827
Abbildungsverzeichnis
835
Tabellenverzeichnis
851
Schlagwortverzeichnis
853
Autorenverzeichnis
863
Inhaltsverzeichnis Vorwort zur vierten Auflage Vorwort zur dritten Auflage (gekürzt)
V VII
Erster Teil: Grundlagen der betrieblichen Controllingsystematik
1
1
Einleitung
3
1.1
Schrifttum ................................................................................................................ 10
2
Modellbildung und Modellnutzung
2.1
Allgemeine Probleme der Modellbildung ................................................................ 17
2.2
Struktur und Hierarchie von Modellen .................................................................... 22
2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3
Objektbeschreibung durch Begriffe ......................................................................... 29 Bildung, Nutzung und Wandel von Begriffen .......................................................... 34 Begrifflichkeit und Quantifizierung ......................................................................... 38 Klassifikation und Identifikation ............................................................................. 40
2.4
Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext .............................................................. 43
2.5
Objektbeschreibung durch Abbildungen .................................................................. 46
2.6
Schrifttum ................................................................................................................ 55
3
Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3
Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen ........................................................... 63 Aufbau- und Ablauforganisation .............................................................................. 68 Prozessorientierte Strukturen und Projektorganisation ............................................ 75 Exogene Strukturen.................................................................................................. 79
3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4
Organisation der Informationstechnologie ............................................................... 83 Hardware- und Softwarestruktur.............................................................................. 85 Modellnutzung in der IT .......................................................................................... 87 Datenorganisation .................................................................................................... 97 Informationsverarbeitung und Kommunikation ..................................................... 102
3.3 3.3.1
Controllingverfahren und Kennzahlen ....................................................................111 Strategisches Controlling ....................................................................................... 118
11
59
XII
Inhaltsverzeichnis
3.3.2 3.3.3
Operatives Controlling ...........................................................................................125 Ablauf der Unternehmensplanung und -kontrolle ..................................................133
3.4
Schrifttum ...............................................................................................................143
Zweiter Teil: Technisches Controlling
145
4
Technisches Controlling und Produktentwicklung
147
4.1
Produktlebenszyklus ...............................................................................................153
4.2 4.2.1 4.2.2
Produktentwicklung und Prozessgestaltung ...........................................................160 Abbildungsorientierte Produktbeschreibung ..........................................................169 Begriffsorientierte Produktbeschreibung ................................................................173
4.3 4.3.1 4.3.2
Computer Aided Design (CAD) .............................................................................181 Rechnergestützte Zeichnungsgestaltung .................................................................185 Erweiterte Arbeitstechniken der CAD ....................................................................189
4.4
Schrifttum ...............................................................................................................193
5
Produktion und Logistik
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3
Ressourcenplanung und -einsatz.............................................................................200 Einsatz von Material ...............................................................................................204 Einsatz von Maschinen ...........................................................................................216 Einsatz von Personen ..............................................................................................225
5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4
Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion .................228 Computer Aided Planning (CAP) ...........................................................................232 Computer Aided Manufacturing (CAM) ................................................................237 Computer Aided Quality Assurance (CAQ) ...........................................................240 Produktionsplanung und -steuerung (PPS) .............................................................245
5.3 5.3.1 5.3.2
Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren ...................................249 Computer Integrated Manufacturing (CIM) als Verfahrensstrategie ......................251 Supply Chain Management.....................................................................................256
5.4
Schrifttum ...............................................................................................................262
6
Exkurs: QM und IT-Controlling
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3
Total Quality Management (TQM) .........................................................................272 Qualitätssicherung nach der ISO 9000 ff. ...............................................................281 Aufbau des QS-Systems .........................................................................................285 Implementierung und Zertifizierung von QM-Zertifikaten ....................................291
6.2
Instrumente der Qualitätssicherung ........................................................................296
6.3 6.3.1 6.3.2
IT-Service Management ..........................................................................................308 ITIL – Information Technology Infrastructure Library...........................................313 Kontrollprozesse und IT-Governance .....................................................................317
6.4
Schrifttum ...............................................................................................................321
197
265
Inhaltsverzeichnis
XIII
Dritter Teil: Wirtschaftliches Controlling
323
7
Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
325
7.1
Wirtschaftliches Controlling und Rechnungswesen............................................... 332
7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4
Finanzbuchhaltung ................................................................................................. 338 Bilanzstruktur nach HGB....................................................................................... 348 Erfolgsrechnung ..................................................................................................... 356 Konzernrechnungslegung ...................................................................................... 359 Internationale Rechnungslegung ............................................................................ 368
7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5
Betriebsbuchhaltung .............................................................................................. 380 Kostenartenrechnung ............................................................................................. 387 Kostenstellenrechnung ........................................................................................... 390 Kostenträgerrechnung ............................................................................................ 392 Prozesskostenrechnung .......................................................................................... 399 Kostenrechnung und Planung ................................................................................ 403
7.4
Abgrenzungsprobleme der Wertezuweisung .......................................................... 406
7.5 7.5.1 7.5.2
Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen ......................................................... 411 Anlagenbuchhaltung .............................................................................................. 413 Lohn- und Gehaltsbuchhaltung .............................................................................. 415
7.6
Schrifttum .............................................................................................................. 421
8
Integratives Unternehmenscontrolling
8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3
Systematiken im Unternehmensontrolling ............................................................. 436 Kennzahlenorientierter Ansatz ............................................................................... 439 Koordinationsorientierter Ansatz ........................................................................... 446 Verhaltensorientierter Ansatz ................................................................................. 463
8.2 8.2.1 8.2.2
Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme............................................................ 472 Enterprise Resource Planning (ERP) ..................................................................... 481 Data Warehousing (DW) und Business Intelligence (BI) ...................................... 484
8.3
Schrifttum .............................................................................................................. 493
9
Objektorientiertes Controlling
9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5 9.1.6 9.1.7
Operative Planung und Kontrolle .......................................................................... 505 Das Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung....................... 508 Erfolgs-Controlling ................................................................................................ 528 Bilanz-Controlling ................................................................................................. 532 Finanz-Controlling ................................................................................................. 537 Konzern-Controlling .............................................................................................. 541 Bereichs-Controlling .............................................................................................. 552 Planungsprozesse und Plandaten ........................................................................... 565
425
495
XIV
Inhaltsverzeichnis
9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.6 9.2.7
Strategische Planung und Umsetzung.....................................................................574 Investitionsrechnung ...............................................................................................575 Investitionsprozess..................................................................................................582 Endogene und exogene Basisdaten .........................................................................592 Investitions-Controlling als 5-Jahres-Planung ........................................................598 Produkt- und Marktinvestition ................................................................................613 Infrastruktur und soziale Investition .......................................................................619 Betriebsexterne Investitionen .................................................................................621
9.3
Schrifttum ...............................................................................................................626
Vierter Teil: Controlling und Kommunikation
631
10
Operatives Kommunikationscontrolling
633
10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4
Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme .................................641 Customer Relationship Management (CRM) .........................................................650 Content Management System (CMS) .....................................................................656 Data Mining ............................................................................................................660 Wissensmanagement...............................................................................................664
10.2 10.2.1 10.2.2
Individualisierte Kommunikationssysteme.............................................................672 E-Mails und interne Dienste ...................................................................................676 Social Media ...........................................................................................................680
10.3
Schrifttum ...............................................................................................................691
11
Strategisches Kommunikationscontrolling
11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3
Gestaltung und Wartung integraler Systeme ...........................................................695 Innerbetriebliche und überbetriebliche Integration .................................................704 Produktionsnetzwerke und virtuelle Unternehmen .................................................710 Sicherheit integraler Systeme .................................................................................718
11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3
Change Management ..............................................................................................726 Strategie des Unternehmenswandels ......................................................................732 Erfolgskontrolle im Change Management ..............................................................739 Projekt-Controlling .................................................................................................746
11.3
Schrifttum ...............................................................................................................760
12
Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4
Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling ......................................................767 Haushalts- und Wirtschaftsführung ........................................................................768 Kosten- und Erlösrechnung ....................................................................................779 Leistungsorientierte Mittelvergabe .........................................................................788 Qualitätsmanagement, Evaluation und Führungsprozesse......................................794
12.2 12.2.1
Hochschulcontrolling..............................................................................................798 Erfolgs- und Investitions-Controlling .....................................................................801
695
763
Inhaltsverzeichnis
XV
12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6
Personal-Controlling .............................................................................................. 803 Flächen-Controlling ............................................................................................... 805 Forschungs-Controlling ......................................................................................... 809 Studierenden-, Absolventen- und Lehr-Controlling ............................................... 811 Hochschul-Balanced Scorecard ............................................................................. 814
12.3
Schrifttum .............................................................................................................. 818
Symbolverzeichnis
823
Abkürzungsverzeichnis
827
Abbildungsverzeichnis
835
Tabellenverzeichnis
851
Schlagwortverzeichnis
853
Autorenverzeichnis
863
Erster Teil: Grundlagen der betrieblichen Controllingsystematik 1. Einleitung Controlling als Regelkreis Unternehmens-Kurs, Markt-Kurs, Betriebs-Kurs Operatives und Strategisches Controlling 2. Modellbildung und Modellnutzung Struktur und Hierarchie von Modellen Objektbeschreibung durch Begriffe Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext Objektbeschreibung durch Abbildungen 3. Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen Organisation der Informationstechnologie Controllingverfahren und Kennzahlen
Welche Art von Modellsystemen benötigt das Controlling, um das technisch-ökonomische Basissystem mittels des sozialen Kommunikationssystems zu planen, in Handlung umzusetzen und zu kontrollieren? Wie lassen sich mithilfe der Systemtheorie Controllingmodelle strukturieren und hierarchisieren? Wie lassen sich Controllingobjekte durch Begriffe attribuieren sowie quantifizieren und persistent gestalten und warten? Welchem zeitlichen Wandel sind Controllingobjekte unterworfen?
Welchen Stellenwert nimmt die ikonische und abstrahierte Abbildung bei der Gestaltung von Controllingsystemen ein? Welche Anspruchsgruppen beeinflussen die betriebliche Handlung bei den Controllingphasen der Planung, Durchführung und Kontrolle? Welche Rolle spielt die Informationstechnologie bei der Etablierung von Controllingsystemen im Rahmen der endogenen und exogenen Organisationsstrukturen? Wie ist das kennzahlenorientierte strategische und operative Controlling innerhalb der Jahresperiode zu planen und umzusetzen?
1
Einleitung
Das Controlling kennzeichnet eine Handlungsstruktur eines funktionalen soziotechnischen Systems, dessen Prozesse geregelt werden sollen. Hierbei ist die Unternehmung das Erkenntnisobjekt, für das diese Handlungsstruktur zu spezifizieren ist. In den weiteren Betrachtungen wird die Unternehmung in Aufgabenträger gegliedert, welche Aufgaben zu erfüllen haben. Es sind die menschliche Organisation mit dem Handlungsfeld Kommunikationsprozess (K), die informationstechnische Architektur (I) und der entsprechende Informationsprozess sowie die physikalisch-technische Unternehmensstruktur und der korrespondierende Produktionsprozess (P). Diese drei Teilsysteme interagieren untereinander, aber auch miteinander. So kommunizieren Menschen miteinander und interagieren mit der IT-Architektur und der technischen Struktur, die Computer sind untereinander vernetzt und haben eine Input/Output-Relation mit Menschen sowie Produktionstechnik, und der Produktionsprozess ist sowohl intern automatisiert als auch computer- bzw. menschgesteuert. Betrachtet man dieses Grundsystem primär unter technischen Werten, so gilt es ein technisches Controlling zu strukturieren. Stehen die monetären Werte im Vordergrund, so ist ein wirtschaftliches Controlling zu entwickeln. Soziale Werte werden über die menschliche Kommunikation ausgebildet; eine Regulierung bedingt ein Kommunikationscontrolling. Controlling ist ein funktionsübergreifendes Informationssystem. Es dient zur Entscheidungsfindung, zur Steuerung und Regulierung der Aktivitäten eines Betriebes. Mithilfe des Controllings werden Pläne ausformuliert, um Unternehmungsziele zu operationalisieren und umzusetzen (vgl. hierzu Preißler 1994, S. 12 und Horváth 2008, S. 26 f. sowie Ziegenbein 2007, S. 23). Dementsprechend werden im Controlling intendierte Handlungsmuster in Regelkreisstrukturen abgebildet. Das Regelkreis-Modell verweist auf betriebliche Handlungen, die sich durch ihre Regelhaftigkeit, also ihren Wiederholungscharakter, auszeichnen. Mit einem Informationssystem wird die Regelstrecke des Basissystems durch eine Hilfsregelstrecke, also ein Informationsmodell des zu regelnden Basissystems, abgebildet. Das Basissystem meldet über einen Sensor (S) seinen Ist-Stand an die Hilfsregelstrecke. Basierend auf dem Vergleich einer Führungsgröße (W) mit dem Istwert (Regelgröße) wird die Stellgröße (Y) definiert und über einen Aktor (A) an die Regelstrecke weitergeleitet. Die Auswirkungen des Aktors und die Störgrößen der laufenden betrieblichen Handlungen ergeben einen neuen Istwert, der wiederum über den Sensor an das Modell der Regelstrecke und somit in den Regelungsprozess eingeleitet wird (vgl. Ferstl/Sinz 2008, S. 32, siehe Abb. 1.1). An der abstrakten Regelkreisdarstellung wird einiges über die Controllingmechanismen im Unternehmen deutlich. Zum einen wird verständlich, dass Controllingsysteme nicht wirklich das Geschehen im Unternehmen regulieren, sondern nur ein Modell der realen physischen Handlungsstruktur. Das Controlling bildet eben eine Hilfsregelstrecke und keine Regelstrecke ab. Zum anderen werden mit dem Controlling Handlungsregeln festgesetzt und Regeln
4
1 Einleitung
zu deren Erfassung. Voraussetzung für ein Controlling ist daher ein vorhandenes Basissystem, auf dem das Regelwerk aufsetzen kann. Bei Unternehmensänderungen, wie sie bspw. von einer Investition ausgelöst werden können, wird jedoch gerade das Basissystem verändert. Wir können mit einer vorhandenen Controllingstruktur nicht das Investitionsvorhaben abbilden, sondern müssen ein neues, der Investition entsprechendes Teilsystem entwickeln und dieses in das verwendete Gesamtsystem einfügen (vgl. hierzu Jaspersen 1997, S. 303 ff.). Controlling umfasst dementsprechend nicht nur die Tätigkeit des Planens, der Umsetzung und des Überprüfens, sondern auch die Gestaltung von neuen Controllingsystemen, wenn sich das Basissystem wandelt.
Abb. 1.1: Lagerhaltung als Regelkreis
Wichtig für das Verständnis des Controllings ist eine klare Abgrenzung zwischen den Begriffen Controlling und Controller. Der Controller, so Preißler (1994, S. 12) „sorgt dafür, dass ein wirtschaftliches Instrumentarium zur Verfügung steht, das vor allem durch systematische Planung und der damit notwendigen Kontrolle hilft, die aufgestellten Unternehmensziele zu erreichen“. Der Controller ist somit nicht der moderne Planer und Entscheider. Ziele und Ausprägung der Unternehmensprozesse werden durch die Beschaffenheit des Basissystems definiert. Das Controlling hilft bei der Entscheidung sowie der Umsetzung und muss von den Verantwortlichen der betrieblichen Handlung als Kommunikationsbasis verwendet werden. Der Controller hilft bei der unternehmensadäquaten Verwendung der semantischen und syntaktischen Informationsstruktur. Die pragmatische Dimension wird von den Handlungsbetroffenen selbst ausgebildet. Das Arsenal von computerunterstützten Verfahren für die Planung, Umsetzung und Kontrolle unternehmerischer Zielsetzungen zeichnet sich durch eine ungeheure Vielfalt und einen sehr dynamischen Wandel aus. Durch die schnelle Entwicklung der datenverarbeitenden Maschinen haben Standards in der Anwendung eine recht kurze Lebensdauer und verursachen in der betrieblichen Planung eine große Unsicherheit. Die Einführung neuer Methoden in Betriebe ist nicht nur kapitalwirksam, sondern verursacht auch einen erheblichen Umlernbedarf der Mitarbeiter und einen ständigen Wandel in der betrieblichen Organisation. Dennoch sind die Unternehmen darauf angewiesen, mit dem
1 Einleitung
5
Wandel computerunterstützter Verfahren Schritt zu halten, da diese Methoden eine integrative Kraft aufweisen und dazu führen, dass die Handlungen der einzelnen Mitarbeiter im Betrieb besser aufeinander abgestimmt werden. Das betriebliche Handeln als einheitliches Moment lässt sich besser an die marktwirtschaftlichen Strukturveränderungen anpassen und bildet somit eine Garantie für den mittelfristigen und langfristigen Bestand des Unternehmens. Computerunterstützte Verfahren führen also nicht nur zu einer Homogenisierung innerbetrieblicher Handlungsstrukturen, sondern auch zu einem überbetrieblichen Zusammenwachsen der marktwirtschaftlichen Verflechtung. Unternehmen, die in diesem gesellschaftlichen Prozess nicht Schritt halten, sind schnell gefährdet, den volkswirtschaftlichen Produktivitätsansprüchen nicht mehr gerecht zu werden. Die Dynamik der informationstechnologischen Entwicklung führt nicht nur zu einer betrieblichen Handlungsunsicherheit, sondern auch zu einer Unsicherheit bei den Entwicklern von computerunterstützten Verfahren selbst. Einerseits erlaubt die Datenverarbeitung integrative Konzepte, andererseits haben ebensolche Konzepte einen so breiten Handlungshorizont, dass Teilmomente ihrer Realisierung bereits bei der Niederschrift veraltet sind. Bedingt durch diesen Umstand grenzen die Entwickler computerunterstützter Verfahren ihren Handlungsbereich ein und entwerfen Insellösungen, welche zwar in der Praxis funktionsfähig sind, aber keine Kompatibilität zu anderen Verfahren ihrer Systemumwelt gewährleisten. Es haben sich so Gruppierungen in der Verfahrensentwicklung gebildet, die unternehmensrelevant sind, deren Autoren aber häufig nur geringfügig interagieren. Kennzeichnend ist die Unterscheidung zwischen:
wirtschaftlicher Datenverarbeitung, technischer Datenverarbeitung und kommunikativer Datenverarbeitung.
Alle drei stellen jeweils Konglomerate von Verfahren dar, die in sich eine Konsistenz aufweisen, deren Begriffsausprägungen jedoch voneinander abweichen und inkompatibel bzw. sogar inkommensurabel sind. Dennoch bilden die betriebliche und die technische Datenverarbeitung zwei Komponenten, die am selben Ort, nämlich im Betrieb, zum Einsatz kommen. Die Divergenz der wissenschaftlichen Diskussion wird innerbetrieblich zumeist durch die Etablierung eines eigenständigen Begriffssystems kompensiert. Jede Neuerung im Betrieb, wie bspw. der Wandel der hergestellten Produkte, führt zu einer gleichzeitigen Verkürzung und Verlängerung des verwendeten innerbetrieblichen Sprachcodes; und allein das Vorhandensein einer solchen eigenen Sprachform lässt die etablierten Betriebsmitglieder den neu eintretenden Akademikern sagen: „Was ihr in der Uni gelernt habt, solltet ihr zunächst einmal vergessen.“ Die kommunikative Datenverarbeitung setzt nicht nur Standards für die innerbetriebliche Informationsverarbeitung, sondern sie bildet auch die überbetriebliche Plattform für spezifische Kommunikationsarten des Unternehmens mit seinem Umsystem. Der Umstand, dass Elemente des betrieblichen Systems gleichzeitig Bestandteile der Umwelt sein können, weicht die Grenze zwischen der Unternehmung und seiner Wertschöpfungskette auf. Je nach der Ausprägung von Anspruchsgruppen entstehen Momente, welche die Struktur der Kommunikation bestimmen. Das hat zur Folge, dass die Grenzen zwischen endogenen und exogenen Faktoren in der Unternehmung verschwimmen. Die kommunikative Datenver-
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1 Einleitung
arbeitung öffnet damit die betriebliche Handlungssphäre, macht sie aber gleichzeitig vulnerabel für eventuelle feindliche Angriffe von außen. Jedes Unternehmen erfüllt eine spezifische gesellschaftliche Leistung. Produktion und Absatz bilden dabei die Basis der Handlung einer Unternehmung und definieren ihre täglichen operativen Aktivitäten in der Fertigung und im Vertrieb (vgl. Becker 2002, S. 656). Ein Unternehmen hat solange Bestand, wie es in der Lage ist, eine gesellschaftlich akzeptierte Leistung vergleichbar oder besser als die Konkurrenz zu erbringen. Dieser komparative Konkurrenzvorteil (Backhaus 2003, S. 17 ff.) ergibt sich nicht von selbst und ist nicht von Dauer. Nutzeransprüche und Konkurrenzangebote befinden sich ebenso in einem stetigen Wandlungsprozess wie die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeiter und des betrieblichen Umsystems. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer dritten Position. Die Veränderung der Produktion durch die Forschung und Entwicklung (F+E) wird von der übergreifenden Unternehmensführung mittels einer Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation an die veränderten Gegebenheiten koordiniert. Die Definition vom Unternehmenskurs im Einklang mit den Bedingungen des exogen bestimmten Markt- und des endogen orientierten Betriebskurses prägt die strategische Handlungssphäre eines Unternehmens (vgl. Abb. 1.2).
Abb. 1.2:
Unternehmensleistung
Sowohl operative als auch strategische Handlungen im Betrieb werden von einem Kommunikationsprozess begleitet. Neben der physischen Leistungserbringung wird ein Informationsfluss gestaltet und in Gang gehalten, der immer komplexer wird. Der Endnutzer, der Konsument, zahlt jedoch nicht für die Information, sondern für das Produkt, welches er käuflich erwirbt. Bei der Produktion werden Informationen generiert und zu späteren Zeitpunkten benötigt. Es gilt die Information so zu erstellen, dass sie in ihren darauf folgenden Verwendungszusammenhängen verständlich, vollständig und nicht überfrachtet ist. Controllingsysteme sind eine Teilmenge der Informationssysteme, welche die betriebliche Realität abstrahieren. Ferstl/Sinz (2008, S. 5 f.) bezeichnen die Realität mit dem Begriff Basissystem bzw. Objektsystem. Hier werden auch die Termini Realsystem bzw. Realobjekt
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verwendet, insbesondere dann, wenn sich die Abstraktion nicht nur auf die verwendete Informationsstruktur bezieht, sondern auch auf die menschliche Kommunikation (nach Watzlawick u. a. 2011) und den dahinterstehenden kognitiven, emotionalen und konnotativen Strukturen. Informationssysteme bilden einen formalisierten Teil der betrieblichen Kommunikation. Innerhalb des Controllings lassen sich die Systeme unterscheiden, welche das Basissystem als Wertestruktur abbilden und stets bei jeder semantischen Klassifizierung die monetäre Komponente mitführen. Sie grenzen sich deutlich ab von den Controllingsystemen, die sich mit der physischen Beschaffenheit der betrieblichen Realobjekte auseinandersetzen. Ein Unternehmen kann nur eine standardisierte Leistung generieren und veräußern, die in ihren physischen Dimensionen (geometrische Ausprägung, Material- und Oberflächenbeschaffenheit, zeitliche Parameter, Gewicht usw.) qualitativ definiert ist. Das sind die Vorgaben der technischen Planung und die Eingangsdaten für einen Fertigungsprozess, der wiederum auch physisch zu definieren ist. Alle diese Qualitäten können in ihrem Ergebnis geprüft werden. Der Nutzer der betrieblichen Leistung erwartet eine spezifische Produktqualität. Erst wenn diese gewährleistet ist, fängt er an, eine Relation zwischen dem herzustellen, was er bekommen kann, und dem Wert, dem Preis, den er dafür aufzubringen hat. Jede betriebliche Leistung, d. h. jedes Produkt bedarf während des gesamten Lebenszyklus der Qualitätssicherung. Das beginnt bereits in der Planung durch die Entwurfsqualität und die Qualität der Fertigungsanweisungen. In der Realisierung bestimmt die Qualität des Vormaterials, der Fertigung, der Prüfung, der Montage und des Lagers sowie des Versandes die Güte des Erzeugnisses. In der Nutzung schließlich ergeben sich durch den Service und durch die Entsorgung zwei weitere Qualitätsmerkmale. Der Hersteller muss daher eine Qualitätsplanung und -steuerung für alle zentralen Abteilungen einrichten. Das gilt für die Entwicklung sowie Konstruktion genauso wie für die Materialwirtschaft, die Fertigung, die Montage und den Kundenservice. Schließlich unterliegt auch die Qualitätssicherung selbst einer qualitativen Supervision. Das technische Controlling durchläuft einen Regelkreis, und die gesamte Struktur der Qualitätssicherung operiert nach dem Prinzip vernetzter Regelkreise. Das wirtschaftliche Controlling hingegen ist ein wertbasiertes System und beruht daher auf der Abbildung der monetären Strukturen durch das Rechnungswesen. Die Vergangenheit bildet nicht nur den Informationsinput für die zukünftigen Steuerungsmaßnahmen, sondern mithilfe des Rechnungswesens werden auch die in der Zukunft zu erfassenden Istwerte strukturiert, um alsdann den Planwerten gegenübergestellt zu werden. Dabei gilt es zwischen operativem und strategischem Controlling zu unterscheiden. Das operative Controlling orientiert sich an der Gegenwart, es umschreibt das Planungssystem, um den Alltag zu bewältigen. Der Zukunftsaspekt ist durch die Definition des Planungshorizontes auf kurz- und mittelfristige Zahlen und Wertungen begrenzt. Das operative Controlling ist endogen orientiert. Die wichtigsten Informationsquellen sind die Finanzbuchhaltung sowie die Kosten- und Leistungsrechnung. Das strategische Controlling strukturiert die mittel- und langfristige Planung. Wichtigste Zielsetzung ist die nachhaltige Existenzsicherung unter Berücksichtigung der exogenen Entwicklungs- und Einflussfaktoren des gesellschaftspolitischen, technischen sowie wissenschaftlichen Umfeldes. Die Werte der Kosten und Leistungen erfahren unter dem Aspekt der Chancen und Risiken eine erweiterte Interpretation (vgl. hierzu Preißler 1994, S. 15 und Schröder 1992, S. 32 sowie Abb. 1.3). Das Investitions-Controlling ist ein wesentliches Sub- und/oder Teilsystem des strategischen Controllings.
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Abb. 1.3:
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Operatives und strategisches Controlling (nach Schröder)
Die Datenbasis des Controllings beruht jedoch nicht nur auf monetären Wertestrukturen, sondern auch auf anderen Kennwerten zur Beschreibung der betrieblichen Physis und des Mitarbeiterverhaltens aus dem technischen bzw. kommunikativen Controlling. Das ganzheitliche Controlling geht über die Begrifflichkeit des Rechnungswesens hinaus, indem es Erfassungseinheiten für Zeit, Raum, Objekt und Verhaltensbeschaffenheit in eine Relation zu den monetären Werten stellt. Controlling ist kein zukunftsorientiertes Rechnungswesen, sondern ein multidimensionales Informationssystem, welches monetäre Aussagestrukturen in die Aussagezusammenhänge des Rechnungswesens überführt. Beim Unternehmenscontrolling müssen endogene und exogene Informationen gesammelt, bewertet und strukturiert werden, bevor sie als intendierte Handlungsstruktur in ein homogenes Aussagesystem eingebracht werden. Dementsprechend integriert das Unternehmenscontrolling die Aussagen aus den wirtschaftlichen, technischen und kommunikativen Informationssystemen. Es dient als Informationsplattform, in der die Handlungssequenzen aller Unternehmenszugehörigen als Planung eingebracht werden, um eine widerspruchsfreie interne Regulierung zu ermöglichen. Ausgangspunkt hierbei ist die strategische, technische und wirtschaftliche Planung mit einem Zeithorizont von mehreren Jahren. Diese modellhafte Abbildung des Gesamtunternehmens dient als Reflektionsebene. Es können alle Elemente einer mittelfristigen Planung eingebracht werden, um alsdann in Form einer Simulation zu überprüfen, ob die intendierten Strategien dem Renditeanspruchsniveau genügen, das als Planungsziel vereinbart ist. Entsprechen die Rechnungen nicht den Erwartungen, dann müssen die Vorgaben revidiert werden. Die jeweiligen Planungsvorhaben werden an die einzelnen technischen und/oder wirtschaftlichen Handlungsgruppen zurückgegeben. Simulationen werden so lange mit neuen Vorgaben durchlaufen, bis ein Gesamtergebnis ermittelt werden
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kann, das nicht nur dem gesetzten Erwartungsniveau entspricht, sondern auch von allen Handlungsbetroffenen und -verantwortlichen getragen sowie gewünscht wird. Das Unternehmenscontrolling muss jedoch darüber hinaus noch mehr leisten. Die Ergebnisse der Reflektion müssen in ein Durchsetzungssystem überführt werden können, das kurzfristig ausgerichtet ist (vgl. hierzu Kirsch 1974, S. 14). Es gilt wiederum ein System vernetzter Regelkreise aufzubauen, mit dem das strategische und das operative Controlling synchronisiert werden kann. Die Kenndaten der mittelfristigen Planung sind in eine Begriffsstruktur einzubinden, die es ermöglicht, die qualitative und quantitative Struktur der Jahresplanung zu fixieren. Die Jahresplanung ist dann so zu detaillieren, dass alle Handlungsbereiche mit monatlichen Handlungsvorgaben versorgt werden können. Da die Ermittlung der monetären Istwerte im Unternehmen mittels der Finanzbuchhaltung erfolgt, ist es unabdingbar, dass die Begriffsstruktur der Jahresplanung und die des Kontenrahmenplans der Finanzbuchhaltung kompatibel sind. Nur so kann gewährleistet werden, dass die quantitativen Angaben des primären betrieblichen Ist-Erfassungssystems mit den Planungsvorgaben verglichen werden können, ohne dass ein Informationsverlust eintritt. Die objektorientierte Planung ermöglicht die Darstellung von unternehmerischen Visionen (Meyer/Mattmüller 1993, S. 18 sowie Brixle 1993, S. 109 ff.) und ist vor allem die Basis für die Kanalisierung der Handlungsinteressen der Beteiligten in eine bestimmte Richtung. Die Mitarbeiter erkennen ihre eigene Handlungsdimension und werden somit motiviert: Sie glauben an die Zweckmäßigkeit und an die Durchführbarkeit der geplanten Maßnahmen. Das ist eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmensplanung. Die zweite Voraussetzung ergibt sich aus der Planungsflexibilität. Bedingt durch den globalen Strukturwandel müssen Unternehmen mit Einbrüchen bei der Entwicklung wesentlicher Handlungsparameter rechnen. Als Konsequenz kann in der Regel die Planung nicht eingehalten werden. Es gilt eine rollende Planung (Hahn 2001, S. 55 f.) vorzusehen, in der die mittel- und langfristigen Teilpläne nur global, die kurzfristigen hingegen im Detail ausgeführt werden und vor allem zu Beginn einer neuen Periode jeweils einer Neuplanung zu unterziehen sind. Eine unternehmerische Vision bedarf der technischen, der wirtschaftlichen und der unternehmensspezifischen Artikulierung. Mit dem technischen Controlling werden die physischen Belange geplant, ihre Umsetzung gebahnt und die Kontrollmechanismen fixiert. Mit dem wirtschaftlichen Controlling wird die monetäre Komponente strukturiert und so der finanzielle Erfolg gefestigt. Das Kommunikations-Controlling reguliert die Übermittlung der abstrakten wirtschaftlichen sowie technischen Modelle und Verfahren auf den handelnden sozialen Organismus, also auf die agierenden und betroffenen Menschen. Und für die Unternehmen gilt sicherlich der Leitspruch von Adenauer: „Man muss mit den Menschen arbeiten, andere haben wir nicht.“
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1.1
1 Einleitung
Schrifttum
Backhaus, K.: Investitionsgütermarketing, 7. Auflage, München 2003. Becker, J.: Marketing-Konzeption, 7. Auflage, München 2002. Brixle, M.: Konversation, in: Meyer, P. W.; Mattmüller, R. (Hrsg.): Strategische Marketingoptionen, Stuttgart 1993. Ferstl, O. K./Sinz, E. J.: Grundlagen der Wirtschaftsinformatik, 6. Auflage, München 2008. Hahn, D.; Hungenberg, H.: Planungs- und Kontrollrechnung – PUK, 6. Auflage, Wiesbaden 2001. Horváth, P.: Controlling, 17. Auflage, München 2008. Jaspersen, T.: Investition, München/Wien 1997. Kirsch, W.: Betriebswirtschaftslehre: Systeme, Entscheidungen, Methoden, Wiesbaden 1974. Meyer, P. W.; Mattmüller, R.: Bedeutung und Problematik von Strategien im Marketing, in: Meyer, P. W.; Mattmüller, R. (Hrsg.): Strategische Marketingoptionen, Stuttgart 1993. Meyer, P. W.; Mattmüller, R. (Hrsg.): Strategische Marketingoptionen, Stuttgart 1993. Preißler, P. R.: Controlling, 5. Auflage, München/Wien 1994. Schröder, E.: Modernes Unternehmens-Controlling, 5. Auflage, Ludwigshafen/Rhein 1992. Watzlawick, P.; Beavin, J. H.; Jackson, D. D.: Menschliche Kommunikation, 12. Auflage, Bern 2011. Ziegenbein, K.: Controlling, 9. Auflage, Ludwigshafen (Rhein) 2007.
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Modellbildung und Modellnutzung
Das Betriebsgeschehen innerhalb einer Unternehmung kann in zwei Kategorien gegliedert werden.
Zum einen ist die betriebliche Routine zu nennen, die im Sinne eines kybernetischen Modells (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe) durch die Subsysteme Beschaffung, Produktion und Vertrieb detailliert werden kann. Zum anderen haben wir die betriebliche Innovation, als Moment der Strukturveränderung der betrieblichen Routine. Produktentwicklung und Investitionen in dem hier verstandenen Sinne sind eine betriebliche Innovation. Die Koordination zwischen Menschen, Maschinen und Material, welche in der betrieblichen Routine festgelegt ist, wird innerhalb der Produktentwicklung neu determiniert. Im Rahmen einer hochorganisierten Produktionsumwelt bedeutet also die Etablierung eines neuen Produktes gleichzeitig eine partielle Reorganisation der betrieblichen Handlungsmuster, Innovationen im Anlagenbestand und Veränderungen des Materialumlaufes.
Die betriebliche Routine bildet eine Menge von Handlungsnormen, die sich nur dann als formal verwendungsfähig erweisen können, wenn sie in einer abstrakten Form abgebildet werden. Solche modellhaften Abbildungen der betrieblichen Routine führen zur Definition formaler Informationsstrukturen in der innerbetrieblichen Kommunikation. Ein Teil dieser Routineinformation ist „IT-gerecht“, d. h. sie lässt sich mit Computern der betrieblichen Informationstechnologie verarbeiten und bildet entweder einen Input oder einen Output für die elektronische Datenverarbeitung: Wir haben es mit Routinedaten zu tun. Hiermit werden immer wiederkehrende Standardhandlungen geplant, die Durchführung erfasst und ihr Erfolg kontrolliert. Innerhalb der betrieblichen Innovation werden die syntaktischen, die semantischen und/oder die pragmatischen Momente der Handlungsnormen modifiziert oder neu gestaltet. Wird dieser Schritt über abstrakte Modellbildung vollzogen, so gewinnt man innovative Informationen mit formaler Verwendungsfähigkeit. Der IT-gerechte Anteil dieser Informationen bildet die innovativen Daten. Innovative Daten verändern die Handlungsstrukturen der betrieblichen Routine. Es sind Planungen, die in ihrer Umsetzung selbst ein Bestandteil der Routinedaten werden. Zur betriebsinternen Verständigung ist es dementsprechend notwendig, dass die Menge der innovativen Daten eine hinreichende Schnittmenge mit den Routinedaten aufweist, die als gemeinsames Referendum dienen. Dennoch bilden sich in der betriebsinternen Praxis in der Regel zwei getrennte Informationssysteme aus. Da bei der Entstehung der Entwicklungsin-
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2 Modellbildung und Modellnutzung
formation experimentiert wird, würde der Innovationsprozess als integrativer Bestandteil des operativen Informationssystems Störungen verursachen. Es ist jedoch von Vorteil, und dies ist eine zentrale Problemstellung dieser Arbeit, wenn eine geregelte Kommunikation zwischen der routinemäßigen Informationsverarbeitung und der innovativen Informationsverarbeitung im Betrieb etabliert wird. Wie an Abbildung 2.1 ersichtlich, lässt sich mit einer Datenkopplung die Schnittmenge zwischen den Routinedaten (RD) und den innovativen Daten (ID) vergrößern. Im Prozess der Produktentwicklung stellen die Entwickler Fragen an die Routineinformationen. Bekommen sie Daten als Antwort, so bilden diese einen Bestandteil der innovativen Informationen, der im Luhmannschen Sinne der Zweckrationalität „kleingearbeitet“ werden muss (vgl. Luhmann 1973, S. 176 ff. und S. 275), um ein integrativer Bestandteil der innovativen Daten zu werden. Die Daten müssen in die Modellwelt der Entwickler eingepasst werden, sodass sie in einem verständlichen Sinne verarbeitet werden können.
Abb. 2.1:
Routineinformationen und innovative Informationen
2 Modellbildung und Modellnutzung
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Controllingsysteme steuern das Betriebsgeschehen und sind somit Informationssysteme. Hierbei ist es von Relevanz, welche Inhalte geplant, umgesetzt und kontrolliert werden und was für ein Wertesystem herangezogen wird, um die entsprechenden Qualitäten auch zu quantifizieren. Die wirtschaftliche Datenverarbeitung fokussiert die monetären Werte. In der technischen Datenverarbeitung werden physikalische Sachverhalte determiniert, und in der kommunikativen Datenverarbeitung stehen die sozialen Betriebsmomente im Vordergrund. Jedes Controllingsystem setzt auf mindestens einen dieser Bereiche auf, und alle drei Bereiche bilden Cluster vernetzter Rechnersysteme aus, die jeweils eine Schnittmenge zum Nachbarn und zusammen eine gemeinsame Schnittmenge aufweisen. Die Schnittstellen ergeben sich aus der Nutzung gemeinsamer Systeme wie SAP© oder aber der Verwendung einheitlicher Übertragungsstandards wie TCP/IP. Aber auch die technische IT-Ausstattung kann zu unternehmensübergreifenden Gemeinsamkeiten in Soft- und Hardware führen (vgl. hierzu Jaspersen 2005, S. 29, siehe Abb. 2.2).
Abb. 2.2:
Wirtschaftliche, technische und kommunikative Datenverarbeitung.
Betriebe zeichnen sich im Gegensatz zu Haushalten dadurch aus, dass sie Wirtschaftseinheiten sind, „in denen eine Produktion erfolgt, von denen also Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch angeboten werden“ (Peters 1988, S. 6). Um die Produktion im Rahmen der Konkurrenz so zu gewährleisten, dass die Leistung im Markt konkurrenzfähig ist, müssen die Handlungen der betrieblichen Mitarbeiter aufeinander abgestimmt werden. Hierzu bedarf es der innerbetrieblichen Modellbildung, anhand derer eine Handlungsvorgabe kommuniziert und deren interne Logizität sowie deren Zusammenhang mit anderen Handlungen überprüft werden kann. Unter Modellen sind abstrahierte und somit verkürzte Abbildungen der Realität zu verstehen, die Einzelmomente oder komplexe Zusammenhänge der Betriebswirklichkeit darstellen.
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Die innerbetrieblich genutzten Modelle lassen sich in die Kategorien Routinemodelle und innovative Modelle einteilen. Im ersten Fall dienen sie der Nutzung innerhalb des Produktionsprozesses, im zweiten Fall der Generierung von Nutzungsmustern. Dabei brauchen die Modelle ihrem Inhalt, ihrer Struktur oder ihrer Handlungsintention nach, d. h. in ihrer semantischen, syntaktischen oder pragmatischen Funktion nicht prinzipiell unterschiedlich zu sein. Dasselbe Modell kann zunächst als innovativ klassifiziert und später, wenn es in der Produktion genutzt wird, als Routinemodell bezeichnet werden. Diese Klassifizierung umschreibt also nur den innerbetrieblichen Verwendungszusammenhang. Die verwendete Modellvielfalt eines Unternehmens lässt sich in zwei Gruppen trennen. Es kann die Unterscheidung zwischen den Modellen getroffen werden, die das unternehmerische Leistungsobjekt (im Folgenden stets als „Produkt“ bezeichnet) abbilden, und denen, die das Umfeld abbilden, in dem das Produkt produziert und/oder verwendet wird. Das Leistungsobjekt als Output des betrieblichen Produktionsprozesses wird in seiner Entstehung mannigfach abgebildet. Von der qualitativen, verbalen Spezifizierung im Pflichtenheft über die quantitativen Detaillierungen mit numerischen Werten bis zur geometrischen Abbildung in Skizzen, technischen Zeichnungen und dreidimensionalen Umsetzungen wird das Produkt so weit modelliert, dass die Vorgaben für die betrieblichen Handlungen im Produktionsprozess manifestiert sind. Die verwendeten Produktmodelle sind dementsprechend nicht nur Darstellungen, die seine Entstehung dokumentieren, sondern letztendlich die Planungsvorgaben der Sollwerte für die betriebliche Routineleistung der Produktion.
Abb. 2.3:
Modellbildung
2 Modellbildung und Modellnutzung
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Um die Planungsvorgaben umzusetzen, bedarf es im Entwicklungsvorfeld der Überprüfung, ob das betriebliche Umfeld in der Lage ist, diese Soll-Vorgaben zu realisieren. Hierzu werden Modelle des Umfeldes gebildet, die als endogene und exogene Modelle zu unterscheiden sind (vgl. Abb. 2.3). Ausgangspunkt der Modellbildung im Unternehmen ist die Definition der betrieblichen Leistung. Das ist kein Gegenstand des Controllings, wohl aber die Voraussetzung, um die Parameter weiterer Planungen, Umsetzungen und Kontrollen zu bewerkstelligen. Hierbei werden eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Modelle zum Einsatz gebracht, die in Abhängigkeit mit der spezifischen Leistung stehen. Zur Entwicklung eines Versicherungsproduktes benötigt man halt andere Parameter als zur Konstruktion eines Staudammes oder zur Gestaltung eines Turnschuhs. Controllingstrukturen etablieren sich eher im Leistungsumfeld, und hier gilt es zunächst, die Betriebsinterna so zu definieren, dass eine Ist-Erfassung und eine SollPrognose möglich wird. Soziale, wirtschaftliche und technische Modelle abstrahieren die jeweiligen Gegebenheiten und schaffen die Informationsbasis für die Umsetzung dezidierter Controllingprozesse. Die reichen jedoch zur Regulierung und Steuerung des Unternehmensgeschehens nicht aus. Hierzu muss auch das Umsystem der Unternehmung durch exogene Modelle abstrahiert werden. Auch hier gilt es zunächst, Leistungsmerkmale zu erheben. Wie wird ein betriebliches Produkt wahrgenommen und wie wird es genutzt? Die gesellschaftliche Positionierung eines Unternehmens beruht auf einer nachhaltigen positiven Relation zwischen dem Nutzwert und dem zu entrichtenden pagatorischen Wert. Dieser steht in enger Relation zum Marktgeschehen und zur Strukturentwicklung bei der physischen Allokation. Somit sind zur Beschreibung und Gestaltung exogener Momente sowohl Modelle der Leistungswahrnehmung und Nutzung als auch Marktmodelle sowie technische Versorgungsmodelle notwendig. Da betriebliches Handeln ein organisiertes Handeln ist und somit von Entscheidungsprozessen, dispositiven Anweisungen, Umsetzungs- und Kontrollvorgängen bestimmt ist, benötigt jede Unternehmung ein vollständiges Arsenal von Modellen, die den gesamten Handlungszusammenhang reflektieren. Im Mittelpunkt des betrieblichen Handelns gilt es, eine Leistung zu erbringen und die Organisation zu gewährleisten, damit sie kontinuierlich reproduziert werden kann. Dies impliziert, dass nicht nur die Produzenten (Betriebsangehörigen), die Gewährleister der Infrastruktur (Anwohner), die Lieferanten und die Abnehmer sowie Nutzer und Entsorger befriedigt werden müssen, sondern auch, dass sich das Produkt in einem ständigen Wandel befinden muss. Soziale Prozesse sind lebendige Prozesse und somit von dem Moment der Änderung bestimmt. Für die betriebliche Realität bedeutet dies, dass kein Gleichgewichtszustand angestrebt werden darf, sondern stets ein Mehrwert geschaffen werden muss, der das Reservoir zur Erbringung von strukturellem Wandel bildet. Um den dynamischen Prozeduren im Betrieb zu entsprechen, gilt es also innerbetrieblich eine Menge von Modellen zu verwenden, die in ihrer methodischen Ausprägung und Dokumentation sehr unterschiedlich sein können. Die informellste Form ist das schlichte Vorhandensein einer Kognition im Kopf der Unternehmensleitung. Jedes Entscheidungsproblem kann im Prinzip durch einen zwischenmenschlichen Kommunikationsvorgang gelöst werden.
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Angesichts der operationalen Komplexität von spezifischen Umsetzungen bei Entscheidungen setzen sich jedoch die DV-orientierte Modelle als normatives Moment der betrieblichen Kommunikation durch. Dementsprechend werden Entscheidungsprozesse in ihrer Umsetzung zunehmend als Datenmodelle DV-gerecht artikuliert. Die so dokumentierten Handlungsmodelle dürfen nicht gleichgesetzt werden mit der Ganzheit der innerbetrieblich verwendeten Modelle. Sie bilden stets nur eine Teilmenge. Modelle bilden Teile der Realwelt ab und heben dabei bestimmte Aspekte hervor. Sie fokussieren damit das semantische, also das inhaltliche Moment innerhalb der betrieblichen Abstraktion. Hierbei werden bestimmte Verfahren oder Methoden verwendet. Das heißt, der Modellaufbau unterliegt einer wohldefinierten Syntax, einer reglementierten Aufbaustruktur. Struktur und Inhalt können nicht grundsätzlich voneinander getrennt werden. Zwar verweisen einerseits Inhalte auf spezifische Realobjekte und andererseits können Verfahren bzw. Methoden vollkommen unabhängig von der semantischen Dimension definiert werden, aber in der betrieblichen Kommunikation treten sie als Paar auf. Ein Modell bezieht sich auf ein bestimmtes Realobjekt und wird mit einem bestimmten Verfahren dargestellt. Die Verfahren haben ihre Grenzen in der Abbildbarkeit der Realität. Modelle sind somit einseitig, sie reduzieren gegebenenfalls die Realität für bestimmte Entscheidungssituationen in einer unzureichenden Weise. Das führt zu fehlerhaftem Handeln im Unternehmen. Das Verfahrensrepertoire, welches im Unternehmen zur Anwendung gelangen kann, ist prinzipiell unendlich groß. Da aber Handlung im Unternehmen nur dann in koordinierter Form möglich ist, wenn zwischen den Handlungsausführenden und -betroffenen ein Konsens besteht, ist das verwendete Repertoire in einem realen Unternehmen endlich. Die Unternehmensmitglieder kennen die Regeln und können sich so verständigen und auf eine Handlungsausrichtung einigen. Aus der Vielfalt der verwendeten Verfahren werden zwei Sichtweisen herausgegriffen:
Zum einen werden der Aufbau von Controllingstrukturen und der methodische Anspruch an wirtschaftliche und technische Kennzahlen erläutert. Hierbei werden die Evaluationskriterien verdeutlicht, um die Qualität strategischer und operativer Mechanismen zu beurteilen. Zum anderen wird die Struktur von DV-Verfahren thematisiert. Computer schaffen ein einheitliches, digitales Medium und bilden eine gemeinsame Ebene für die Darstellung wirtschaftlicher, sozialer und technischer Sachverhalte. Dies ist ein Vorteil und Nachteil zugleich. Zwar werden Aussagezusammenhänge von Technikern und Wirtschaftlern kompatibel, aber auch DV-Verfahren schaffen – wie alle Methoden – eine Einseitigkeit und somit eine gegebenenfalls unzureichende Reduktion der Realität.
Ebenso wie die Verfahren des Controllings und der Datenverarbeitung sowohl für die sozialen und die wirtschaftlichen als auch für die technischen Handlungsbereiche Gültigkeit haben, so nutzen auch alle Gruppierungen im Unternehmen dieselbe betriebliche Infrastruktur. Das gilt sowohl für die sozialen als auch für die technischen Gegebenheiten. Technisches und wirtschaftliches Controlling verarbeiten zwar unterschiedliche Inhalte, greifen aber auf dieselbe Organisationsstruktur zurück. Sicherlich sind in der Aufbau- und Ablauforganisation
2 Modellbildung und Modellnutzung
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unterschiedliche Personen von unterschiedlichen technischen bzw. wirtschaftlichen Gegebenheiten betroffen, aber ab einem bestimmten Punkt bündeln sich die Kompetenzen auf dieselben Handlungsträger. Die Kriterien zur Beschreibung von Arbeitsstellen und Ablaufprozessen sind in der Regel genauso vereinheitlicht wie die formalisierten endogenen und exogenen Gegebenheiten in der Kommunikationsstruktur. Dasselbe gilt auch für die technische Infrastruktur. Der Computer ist zum universalen Kommunikations- und zum multimedialen Arbeitsgerät geworden. Die Hardware, die Software und die Normierungen auf den verschiedenen Protokollebenen werden betriebsintern vereinheitlicht. Nutzung und Wartung der Einzelgeräte sowie der innerbetrieblichen Vernetzung unterscheiden nicht mehr zwischen den technischen und den wirtschaftlichen Anforderungen, sondern suchen nach einem Kompromiss zwischen Konservativismus und Fortschrittlichkeit, der den Regelbelangen aller Mitarbeiter gerecht wird. Einzelarbeitsplätze, Netze und Netzhierarchien werden als Gesamtsystem betrachtet und dem technologischen Wandel stetig angepasst. Dabei stoßen spezifische Einzelinteressen häufig an die Grenze dessen, was die Homogenisierungsbemühungen in der betrieblichen Infrastruktur an Individualität zulässt.
2.1
Allgemeine Probleme der Modellbildung
Modelle, so Stachowiak (1973, S. 131), werden durch drei Hauptmerkmale gekennzeichnet. Es sind dies
das Abbildungsmerkmal, das Verkürzungsmerkmal und das pragmatische Merkmal.
„Modelle sind stets Modelle von etwas, nämlich Abbildungen, Repräsentationen natürlicher oder künstlicher Originale, die selbst wiederum Modelle sein können“(ebenda). Mit dem Modell wird das Basissystem bzw. das Realobjekt abgebildet. Hiermit wird eine neue Handlungsebene geschaffen. Man kann am Modell erproben, welche Konsequenzen Veränderungen haben werden. Die Modellwelt ist zwar von der Realwelt abgetrennt, baut aber ein Bezugsmoment zu ihr auf. Da die Realität komplex ist, werden in der Controllingpraxis Modelle von Modellen verwendet. Die physische Leistung eines Unternehmens wird als Prozess erbracht und mündet in ein Produkt, das veräußert werden kann. Der Prozess wird als Modell abstrahiert und mit Mengen-Kenndaten wie Stück, Liter, Kilogramm, Stunden usw. abgebildet. Im Finanzwesen treten diese Begrifflichkeiten nicht mehr auf. Die Aussageebene dessen, was im Unternehmen geschieht, ist verbunden mit der Geldeinheit. Die physischen Abläufe und Sachstände werden monetär umkodiert. Die Kostenrechnung setzt auf Modelle auf, die zuvor mit der Hilfe von technischen Aussagekriterien modelliert worden sind. Neben dem Abbildungsmerkmal zeichnen sich Modelle durch das Verkürzungsmerkmal aus. „Modelle erfassen im Allgemeinen nicht alle Attribute des durch sie repräsentierten
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Originals, sondern nur solche, die den jeweiligen Modellerschaffern und/oder Modellbenutzern relevant scheinen“ (ebenda S. 132). Modelle entstehen nicht zum Selbstzweck, ebenso wenig wie Controllingstrukturen. Es geht um die Planung, Kontrolle und Umsetzung von Handlung im Unternehmen. Die vielfältigen Handlungssequenzen im Unternehmen werden formal in ihrem Aufbau und in ihrem Ablauf definiert. Solche Definitionen sind bereits Konstrukte, sie sind nicht die Handlung selbst, sondern modellhafte Abbildungen dessen, was man an Handlung intendiert. Die verwendeten Beschreibungsattribute verkürzen die Realität auf Sachstände, die man vorgeben kann, die bei der Durchführung erfassbar sind und deren Abweichung zwischen SOLL und IST feststellbar ist. „Im engeren Sinne pragmatisch ist die Attributenselektion erst dann, wenn sie, einzeln oder klassenbildend, bestimmten operationalen Zielsetzungen der Modellbenutzer folgt und überdies die Modellbenutzer und die Benutzungszeiten spezifiziert sind“ (ebenda S. 132). Das pragmatische Merkmal von Modellen umfasst daher die Spezifizierung von Modellnutzern, von der Nutzungszeit und der Relativierung ihrer Aussagerelevanz. Stachowiak (1973, S. 132 f.) präzisiert: „Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion a) für bestimmte – erkennende und/oder handelnde, modellbenutzende – Subjekte, b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle und c) unter Einschränkungen auf bestimmte gedankliche oder tatsächliche Operationen.“ Controllingstrukturen werden in der Form von Informationssystemen in Unternehmen auf Zeit eingerichtet. Sie gelten für eine wohldefinierte Nutzergruppe und beschränken sich in ihrer Aussage auf die Verfolgung von eingeschränkten Zielparametern. Die Qualität einer zu fertigenden Oberfläche wird nicht mit einem Instrument der Kostenplanung und -kontrolle gesteuert. Zur pragmatischen Bewältigung der Handlungsansprüche im Unternehmen muss einerseits der operative Alltag mit Controllingprozeduren überzogen werden, andererseits sind aber auch zukünftige Situationen zu planen. Im ersten Fall werden hier so definierte Routinemodelle verwendet. Die zu modellierende Realwelt existiert im zweiten, im Innovationsfall noch nicht, sie soll erst erstellt werden. Mit ihrer Entstehung werden gleichzeitig Innovationsmodelle entwickelt. Die Modellierung eines Unternehmens mit einer Informationsstruktur hat also das Problem zu meistern, ein sich wandelndes Basissystem (vgl. hierzu Ferstl/Sinz 2008, S. 6) darzustellen. Die Konsequenz ist, dass die korrespondierende virtuelle Realität auch verändert werden muss, je nachdem, welcher Zustand des Unternehmens damit abgebildet und somit simuliert werden soll. Eine zweite Problematik entsteht aus dem Umstand, dass Unternehmen hyperkomplex sind. Hier handelt eine Vielzahl von Menschen in sehr unterschiedlichen physischen Umgebungen. Sie verfolgen vielfältige Ziele und verwenden dabei ein breites Repertoire von Maschinen und Werkzeugen. Die Arbeit von Unternehmen hat sowohl eine immaterielle als auch eine konkrete materielle Komponente: Werkstoffe werden transportiert, gelagert und bearbeitet. Dementsprechend reicht ein Informationssystem nicht aus, um das Geschehen abzubilden. Man bedient sich eines Modellsystems, das aus unterschiedlichen aufeinander bezogenen Informationsmodellen besteht. Die reale Objektwelt wird zunächst ikonisch mit geometrischen Daten abgebildet, bevor darauf abstraktere Modelle aufgesetzt werden, die bspw. logistische, monetäre oder juristische Zusammenhänge reflektieren.
2.1 Allgemeine Probleme der Modellbildung
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Jedes Modell ist eingebettet in einen Handlungszusammenhang und dient zur Kommunikation für diejenigen, die von diesem Handlungszusammenhang betroffen sind. Es verfügt somit über ein Zeichenrepertoire mit eigenständigem semantischem Netz. Die Kette wird nun gebildet, indem zwischen den modellspezifischen Zeichenrepertoires Schnittmengen vorgesehen werden. Hiermit wird der semantische Kontext einiger Zeichen in zwei oder mehreren Netzen verankert. Es entsteht somit eine Struktur, die eine individuelle Entwicklungsfreiheit der Handlungsräume ermöglicht, eine abstrakte Distanz zum Basissystem aufbaut und einen internen Gesamtzusammenhang gewährleistet.
Abb. 2.4:
Basissystem, Modellsystem und Kommunikation
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Aus diesen Betrachtungen wird deutlich, dass sich über dem Modellsystem eine dritte Qualität abzeichnet: das Kommunikationssystem der Handlungsbetroffenen im Unternehmen. Die Wahrnehmung der Betroffenen definiert sich nicht nur aus dem Betrachtungsgegenstand, also in unserem Fall aus einem spezifischen Zustand eines Informationsmodells, sondern aus dem Repertoire, das der Rezipient kennt, und aus seiner aktuellen Handlungsmotivation. Der Betrachtungsgegenstand entsendet eine Vielzahl an Informationen, die vom Betrachter unterschiedlich aufgenommen und verarbeitet werden. Ausschlaggebend hierfür ist, was der Betrachter erlebt hat, was er fühlt und denkt: Das wiederum ist nicht zufällig, sondern durch seine Erfahrung bedingt. Der Betrachter sieht also nur das, was seine Rezeptionsstruktur zulässt (vgl. hierzu Jaspersen 1985, S. 5 ff.). Die vorhandenen Basissysteme als Ist-Zustand reichen nicht aus, um den Handlungskontext im Unternehmen darzustellen. Es bedarf der Reflexion und Konkretisierung
des sich zeitlich wandelnden Basissystems, des als Modellkette strukturierten Modellsystems und des Kommunikationssystems aller Betroffenen (vgl. Abb. 2.4).
Das Modellsystem zum Zeitpunkt t0 repräsentiert das Basissystem desselben Zeitpunkts. Es wirkt jedoch auf den Zustand des zukünftigen Basissystems t+1. Die physische Veränderung ergibt sich jedoch nicht nur aus dem Modellsystem alleine, sondern auch aus der Eigendynamik der unternehmerischen Tätigkeit und aus dem Ergebnis der Verständigung innerhalb der Kommunikationsstruktur. Die Generierung neuer Modelle im Unternehmenscontrolling ist per Definition zukunftsorientiert. Es gilt Handlungsstrukturen zu beschreiben, welche zu einem zukünftigen Zeitpunkt umgesetzt werden sollen. Der Umgang mit solchen Modellen bei der Genesis und in der Routine ist zwar durchaus unterschiedlich, enthält aber in beiden Fällen das gemeinsame Merkmal der Auseinandersetzung mit dem prognostischen Moment. Die Handhabung der Prognose ist determiniert durch die Erfahrung, dem Arsenal zur Verfügung stehender Prognoseverfahren und der subjektiven Einschätzung der Betrachtungssituation. Die Definition neuer Handlungsstrategien, die bei der Unternehmensentwicklung notwendig ist, bedeutet die Festsetzung von komplexem Verhalten. Die Komplexität beinhaltet zunächst Aspekte, die wohldeterminiert sind und somit nach rationalen Kriterien prognostiziert werden können, aber auch Teilmomente, die nur vage einschätzbar sind und somit gefühlsmäßig interpretiert werden müssen. Die Handhabung von prognostischen, komplexen Modellen zur Handlungsdefinition im Unternehmen hat somit in der Regel eine kognitive und eine emotionale Komponente. Im Umgang mit solchen Modellen gilt es vor allem, die kognitiven und emotionalen Teilaspekte zu diskriminieren. Nur so lässt sich eine Ebene schaffen, die einem erlaubt, über die Validität des Gesamtmodells zu reflektieren. Man schafft durch die Kopplung von Modellen und Verfahren einen hohen Grad von Integration innerhalb von Makromodellen. Diese komplexe Struktur ‚vernebelt die Sicht‘, denn es kommt allzu häufig vor, dass in valide mathematischen Einzelverfahren gefühlsmäßig geprägte Eingangswerte einfließen. Hierdurch werden die Ergebnisse aus den Verfahren ebenfalls subjektiv geprägt. Es ist also dementsprechend äußerst zweckmäßig, diese subjektiven Parameter, diese von uns so genannten emoti-
2.1 Allgemeine Probleme der Modellbildung
21
ven Variablen zu isolieren und ihre Auswirkung auf das Verhalten des Gesamtmodells zu testen. Controllingverfahren zur Unternehmensführung leben von der Interaktion. Der Nutzer verändert ‚nach System‘ oder ‚spielerisch‘ die Eingabedaten oder sogar die Verrechnungsregel des Modells. Er beendet die Nutzung, wenn er mit dem Gesamtergebnis zufrieden ist. Die Qualität des Ergebnisses ist somit genauso abhängig von der Qualität des Modells wie von der emotional-kognitiven Disposition des Nutzers. Damasio (2003, S. 175; siehe Abb. 2.5) spezifiziert, wie Gefühle unser Leben bestimmen: „Die normale Entscheidungsfindung bedient sich zweier einander ergänzender Wege. Sind wir mit einer Situation konfrontiert, die eine Reaktion verlangt, löst Weg A Vorstellungen aus, welche die Situation, die Handlungsoptionen und die Vorwegnahme künftiger Ergebnisse betreffen. Denkstrategien können mit diesem Wissen arbeiten, um eine Entscheidung herbeizuführen. Weg B verläuft parallel und löst die Aktivierung früherer emotionaler Erfahrungen in vergleichbaren Situationen aus. Der Abruf emotional verwandter Gedächtnisinhalte beeinflusst seinerseits – offen oder verdeckt – den Entscheidungsprozess, indem er die Aufmerksamkeit auf die Vorstellung der Ergebnisse künftiger Handlungen lenkt oder in die Denkstrategien eingreift. Manchmal kann Weg B auch direkt zu einer Entscheidung führen, etwa wenn ein ‚Bauchgefühl‘ eine unmittelbare Reaktion veranlasst. In welchem Umfang die Wege allein oder zusammen benutzt werden, hängt von der individuellen Situation des Individuums ab, der Situation und den Umständen.“ Insbesondere die Nobelpreisträger von 2002 haben das Entscheidungsverhalten zu Unsicherheit erforscht und mit ihrer „Prospect Theory“ das traditionelle Kosten-Nutzen-Modell durch Heuristiken ergänzt, welche empirisch das menschliche Handeln realitätsnäher beschreibt (vgl. hierzu Tversky/Kahnemann 1974, S. 1124 ff. und Kahnemann/Slovic/Tversky 1982, insbesondere S. 3 ff., 23 ff., 169 ff.).
Abb. 2.5:
Emotional-kognitive Entscheidung (nach Damasio)
22
2 Modellbildung und Modellnutzung
Dörner (2003) führt seine Ergebnisse zur emotionalen Komponente beim strategischen Denken unter der Überschrift „Die Logik des Misslingens“ aus. Bereits seit den 80er-Jahren setzen sich Dörner und Stäudel in umfangreichen empirischen Untersuchungen mit dem Nutzungsverhalten beim Umgang mit komplexen interaktiven Modellen auseinander. Als Schlussfolgerung formuliert Stäudel: „Das in der klassischen Entscheidungstheorie enthaltene Postulat: ‚Lasse deine Emotionen dein Denken nicht beeinflussen‘ und die hierin implizierte Annahme, dass rein rationales, von emotionalen ‚Störungen‘ unbeeinflusstes Denken möglich sei, muß als nicht haltbar zurückgewiesen werden“ (Stäudel, in Dörner et al. (Hrsg.) 1983, S. 100). Der Umgang mit komplexen Modellen ist demnach bestimmt durch ein Gemisch von rationalem und emotionalem Verhalten. Ein wesentlicher Faktor ist dabei der Grad an Unsicherheit beim anstehenden Entscheidungsproblem. Dementsprechend haben wir bei der Handhabung von Routinemodellen den Vorteil der empirischen Erfahrung. Es erweist sich bei der Planung neuer Strukturen, dass in der Regel die endogenen Modelle zuverlässigere Prognosen zulassen als die exogenen Modelle. Das ist zum einen bedingt durch den dichteren betriebsinternen Datenbestand, zum anderen aber auch, weil mittels der endogenen Modelle Handlungsstrukturen festgesetzt werden, die im Unternehmen selbst durchzuführen und zu verantworten sind. Die exogenen Modelle bilden die erwarteten Handlungen von externen Personen ab, wie bspw. Kunden oder Lieferanten. In der Quantifizierung dieser Angaben bedarf es stets der Einschätzung und somit der Ausbildung von emotiven Variablen. Im Umgang hiermit ist es wichtig, die Erfahrung aus dem eigenen Handlungskontext mit einzubeziehen. Hieraus ergibt sich eine Sensibilisierung in dem Umgang mit Unsicherheit. Verlässt ein Unternehmen bei der Planung neuer Aktivitäten sowohl seine exogenen als auch seine endogenen Gefilde und begibt sich somit in vollkommen neue Produktions- und Absatzbereiche, so verlassen die Nutzer der dann verwendeten Modelle vollkommen ihre eigene tradierte Erfahrung. Die Sensibilität für die Feinheiten der Realwelt verschwindet, die Grenzen der kognitiven und emotionalen Handhabung der Modelle sind verschleiert, und die Nutzer sind geneigt, die Modellwelt mit der Realwelt gleichzusetzen. Dies führt häufig zu Fehlplanungen.
2.2
Struktur und Hierarchie von Modellen
Modelle werden zur Abstraktion der Realwelt gestaltet und verwendet. Im unternehmerischen Zusammenhang bilden sie keinen Selbstzweck, sondern dienen zur Handlungssteuerung. Dementsprechend wird im betrieblichen Alltag ein bestimmter Typ von Modellen bevorzugt, die dem Systemansatz unterliegen. Müller-Mehrbach (1992, S. 855 ff.) differenziert zwischen dem systematischen und dem systemischen Denken. Systematische Modelle können wiederum in drei Kategorien gegliedert werden:
Der naturwissenschaftliche Systemansatz der Introspektion hat Wissen als Erkenntnisziel, orientiert sich an der Kausalität, bedient sich der Analytik, ist reduktiv und operiert mit einer intellektuellen Distanz als persönliche Einbindung.
2.2 Struktur und Hierarchie von Modellen
23
Der ingenieurswissenschaftliche Systemansatz der Konstruktion orientiert sich am Funktionsverständnis, ist pragmatisch, reflexiv und gestaltend, wobei für das Ergebnis die Verantwortung übernommen wird. Der sozialwissenschaftliche Systemansatz der Extraspektion ist zielorientiert und bemüht sich um Einsicht. Die persönliche Einbindung bildet das Interessenverständnis, welches synthetisch und integrativ umgesetzt wird.
Dagegen setzt das systemische Denken keinen „analytischen Atomismus“ voraus, es fördert keinen „ontologischen Reduktionismus“ und stützt sich nicht auf „lineare Kausalität“. In der systemischen Theoriebildung werden Kognitionen nicht mehr als Modelle objektiver Sachverhalte interpretiert, sondern als individuenimmanente Konstrukte der menschlichen Erkenntnis, die dementsprechend selbstverständlich gleichzeitig kognitiv wie auch emotional sind. Die Trennung zwischen Denken und Fühlen wird aufgehoben und in eine allgemeine Musterbildung überführt, die sich in der zirkulären Bewegung von Beobachten und Denken entwickelt (vgl. hierzu Ludewig 1992, S. 57 f.). Für die in diesem Buch ausgeführten Zusammenhänge des technischen und wirtschaftlichen Controllings eignen sich die Ansätze der Konstruktion und der Extraspektion. Sie werden im Folgenden näher ausgeführt. Für die Betrachtung von Innovations- und Investitionsprozessen gilt das jedoch nur bedingt, da die Entwicklung neuer Visionen untrennbar mit dem Wesen des Visionärs verbunden ist. Neue Ideen entbehren zunächst einmal das Basissystem, dieses wird erst bei der Umsetzung geschaffen (vgl. hierzu und zur Investition Jaspersen 1997, S. 127 ff. und 144 ff.). Beim kommunikativen Controlling ist es unabdingbar, auch den systemischen Ansatz zu berücksichtigen. Der operative Alltag ist jedoch geprägt von der historischen Entwicklung der betrieblichen Realobjekte und bedarf einer empirischen Verfolgung des systematisch modellierten Basissystems. Hierbei bedient man sich einer einfachen Vorgehensweise. Man grenzt ein System ab und bestimmt die Eingangs- sowie die Ausgangsparameter. Die Veränderung vom Input zum Output ist durch die Systembeschaffenheit bestimmt. Dieses interdisziplinär verwendete Denkmodell ist als Black-Box-Darstellung geläufig (vgl. Abb. 2.6). Mathematisch formuliert gilt: O f (I )
(1)
O : Output I : Input f : Funktion
Abb. 2.6:
Black-Box-Modell
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Um diese Grundstruktur auszudifferenzieren, bedient man sich der im Rahmen der Kybernetikdiskussion Mitte des vorigen Jahrhunderts ausformulierten Systemtheorie. Als Ingenieur fasst Wiendahl dieses Gedankenmodell wie folgt zusammen: „Unter Systemtheorie versteht man allgemein die Theorie der Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems, der Beziehung zwischen Struktur und Funktion von Systemen und der Beziehung zwischen Teilsystemen und Gesamtsystem. Stark vereinfacht ausgedrückt, arbeitet die Systemtechnik mit abstrakten Modellen, die nach folgenden Regeln aufgebaut sind (vgl. Abb. 2.7):
Abb. 2.7:
Grundbegriffe zur Systemdefinition
Ein System besteht aus einer Menge von Elementen und einer Menge von Beziehungen (Relationen), die zwischen diesen Elementen herrschen.
Jedes System kann in Subsysteme niederer Ordnung zerlegt werden. Elemente, die nach einer anderen Beziehung zusammengefasst werden, heißen Teilsysteme.
2.2 Struktur und Hierarchie von Modellen
25
Jedes Element, jedes Subsystem und das gesamte System kann mit einer Systemgrenze abgegrenzt und durch Input (Eingang), Output (Ausgang) und die Funktion beschrieben werden (sogenannte Black-Box-Darstellung). Wenn das System als Ganzes keine Eingangs- und Ausgangsgrößen hat, spricht man von einem geschlossenen System. Sonst handelt es sich um offene Systeme“ (Wiendahl 1997, S. 7 f.).
In der mathematischen Formulierung stellen sich die Grundannahmen der Systemtheorie wie folgt dar: S {e1 , e2 ,..., en } {b1 , b2 ,..., bm }
(2)
TS S
(3) (4)
SS S wobei ess x ess y S : System e : Element b : Beziehung TS : Teilsystem SS : Subsystem
Abbildung 2.7 stellt diese grundlegenden Begriffe in einem allgemeingültigen Zusammenhang dar, wobei es sich in diesem Fall um ein geschlossenes System handelt. Die Systemtheorie ist im Prinzip zunächst eine Methode der Begriffsbildung. Aus einem „Ganzen“, dem Umfeld, wird eine Menge, das System, abgegrenzt. Diese Menge weist Grundbausteine (Elemente) auf, die zu Sub- oder Teilsystemen aggregiert werden können. Selbstverständlich kann ein Element selbst als ein System definiert werden. Ebenso lässt sich auch ein System zum Element reduzieren, um in einem Makrosystem der Umwelt zu solchermaßen gearteten anderen Elementen in Beziehung gesetzt zu werden. Das Ganze funktioniert im Handlungsprozess jedoch nur dann, wenn Systeme, Teil- oder Subsysteme und Elemente mit Namen versehen werden. Der Vorteil eines so strukturierten Begriffssystems ist jedoch, dass die verwendeten Begriffe ineinander überführt werden können, d. h. dass sie kompatibel sind. Das Prinzip dieser hierarchisierten Begriffsbildung verdeutlicht Wiendahl (ebenda S. 10) an dem schrittweisen Modellaufbau eines Produktionsunternehmens. An diesem Beispiel wird die Begriffskompatibilität deutlich: So ist bspw. das „Fügen“ ein Element der „Montage“, die „Montage“ ein Element der „Produktion“ und die „Produktion“ ein Element im „Produktionsunternehmen“ (vgl. Abb. 2.8). Bei der Modellbildung hat man es also stets mit Objektbeschreibungen zu tun, in denen Details zu Einheiten zusammengefasst werden, die selbst wieder Details von höherstufigen, d. h. abstrakteren Einheiten bilden. Controllingsysteme steuern und regeln die Ereignisketten im Unternehmen. Bei ihrer Definition ist stets das Problem der Begriffsbildung und der Grenzziehung zu lösen.
26
Abb. 2.8:
2 Modellbildung und Modellnutzung
Schrittweiser Modellaufbau eines Produktionsunternehmens (nach Wiendahl)
2.2 Struktur und Hierarchie von Modellen
27
Werden bspw. Mitarbeiter als Element definiert, so muss geklärt werden, ob Zeitarbeiter hinzuzurechnen sind oder nicht. Im Rahmen eines Identity Management ist es sinnvoll; bei der Angabe „Zahl der Mitarbeiter zum Jahresende“ im Geschäftsbericht wird ihre Tätigkeit als Lieferantendienstleistung bewertet. Bevor die Begriffsbildung weiter ausgeführt wird, ist es zweckmäßig, die hier zu betrachtenden „Systemwelten“ bei der Modellierung eines Unternehmens näher zu betrachten.
Abb. 2.9:
Prinzip einer Regelung
Hierbei wird zwischen der informationstechnischen „Welt“ und der physikalisch-technischen Systemwelt unterschieden (vgl. Abb. 2.9). Die Führungsgröße (w) geht als Stellsignal zum Stellglied und wird in eine physikalisch-technische Stellgröße umgewandelt, welche auf die Regelstrecken einwirkt. Ihre Auswirkung und der Einfluss von Störgrößen bewirken den Output x der Steuergröße, die von einem Messglied für die informationstechnische Systemwelt als Regelgröße umkodiert wird. Die Verarbeitung von Regelgröße und Führungsgröße bestimmen den Input für den Regler. Ferstl/Sinz (2008, S. 3 f., vgl. Abb. 2.10) erweitern das Gesamtsystem um die „Welt“ der menschlichen Organisation, also Personen, die untereinander kommunizieren und mit der informationstechnischen Welt interagieren. Informationssysteme (IS) sind hiernach Aufgabensysteme (Am … Ap), die eine betriebliche Leistungserstellung lenken (wie Controllingsysteme) oder aber die Leistung selbst erstellen. Als Aufgabenträger dienen Rechner- bzw. Personensysteme. „Zwischen der Aufgaben- und Aufgabenträgerebene eines IS bestehen Zuordnungsbeziehungen von Aufgaben und Aufgabenträgern. Von Rechnern durchgeführte Aufgaben werden als automatisiert, von Personen ausgeführte Aufgaben als nicht-automatisiert bezeichnet. […] Eine Informationsbeziehung zwischen zwei Aufgaben mit unterschiedlichen Aufgabenträgern wird durch einen Kommunikationskanal zwischen den Aufgabenträgern realisiert. Die Kommunikationskanäle werden durch die jeweils verwendeten Kommunikationssysteme bereitgestellt. Man unterscheidet Kommunikationssysteme für:
28
2 Modellbildung und Modellnutzung
die Kommunikation C-C zwischen Rechnern (z. B. lokale Rechnernetze),
die Kommunikation M-C zwischen Person und Rechner (z. B. Bildschirm und Tastatur) und
die Kommunikation M-M zwischen Personen (z. B. direkte Sprachkommunikation, Telefon oder Austausch handschriftlicher Notizen).
Abb. 2.10:
Informationsbeziehungen zwischen Kommunikationssystemen im IS (nach Ferstl/Sinz)
Rechner und Kommunikationssysteme für die Kommunikation C-C und M-C sind als Hardware-Systeme vor der Übernahme von Aufgaben um Programme (System- und Anwendungssoftware) zu erweitern. Ein erweitertes System wird als betriebliches Anwendungssystem bezeichnet. Anwendungssysteme sind speziell auf einzelne Aufgaben oder Aufgabenbereiche eines IS zugeschnitten“ (ebenda S. 4). Der Begriff Kommunikation wird in diesem Kontext eingeschränkter verwendet. Das Gesamtsystem der Unternehmung wird hier in drei Teilsysteme unterteilt, die in Summe das Gesamtsystem ausmachen, jedoch Schnittmengen aufweisen, welche zu Unschärfen führen und somit im Anwendungsfall situationsspezifisch zu präzisieren sind (vgl. Abb. 2.11).
Der Aufgabenträger der physisch-technischen Struktur erfüllt die Aufgaben des Produktionsflusses (P). Der Aufgabenträger der informationstechnischen (IT)-Architektur kanalisiert die formelle Kommunikation (I). Ihre Kernaufgabe ist die Umsetzung der Informationsprozesse. Der Aufgabenträger der menschlichen Organisation hat die Aufgabe der Koordinierung der Kommunikation (K).
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
Abb. 2.11:
29
Teilsysteme des Gesamtsystems Unternehmung
Jedes Teilsystem interagiert mit sich selbst: Menschen kommunizieren untereinander, Computernetzwerke haben einen internen Datenaustausch, Produktionsprozesse laufen automatisiert ab. Entsteht zwischen den Teilsystemen eine Interaktion, so ist diese von einem „Medienbruch“ begleitet. Menschen „kommunizieren“ mit Rechnern über Inputgeräte wie Tastaturen oder Touchscreens, Rechner empfangen die Messgrößen des technologischen Prozesses über Sensoren und übermitteln die Stellsignale über Aktoren als Stellgrößen. Schnittstellen werden bei einer direkten Bedienung des Menschen unter ergonomischen Gesichtspunkten als Mensch-Maschine-Systeme optimiert. Zur qualitativen Bestimmung dieser Teilsysteme bedarf es stets der begrifflichen Objektbeschreibung.
2.3
Objektbeschreibung durch Begriffe
Wie wir im Abschnitt Struktur und Hierarchie von Modellen ausgeführt haben, stellt die Begriffsbildung ein wesentliches Moment bei der Entwicklung von Abbildungsstrukturen dar. Um Unternehmensmodelle zu etablieren, gilt es also zunächst, das Handlungsumfeld zu bezeichnen, welches mittels eines Modells abgebildet werden soll. Es ist ein Problem der Begriffsfindung, ein Ding (Objekt) nicht nur durch die begriffliche Operationalisierung als Idee (Ideologie) abzubilden, sondern, wie Aristoteles es formuliert, als Vorstellung (vgl. Schmidt 1969, S. 13; siehe dazu Abb. 2.12). Der Umstand, dass ein Objekt nur über eine Vorstellung oder einen Gedanken als sogenannte dritte Position zu einer Begriffsbildung führt, wird in seiner Bedeutung oft unterschätzt. Das bedeutet nämlich, dass ein Begriffssystem im betrieblichen Kontext nur dann sachgerecht verwendet wird, wenn dessen Nutzer nicht nur dieselben Begriffe verwenden, sondern auch einen Konsens in ihrer Gedanken- und Vorstellungswelt über ebendiese Begriffe haben. Bei
30
2 Modellbildung und Modellnutzung
der Entwicklung und betrieblichen Einführung von Modellen ist also nicht nur eine philologische, sondern auch eine pädagogische Komponente mit zu berücksichtigen.
Abb. 2.12:
Bedeutungsmodell von Aristoteles
Aus diesem Umstand heraus erklärt sich zwangsläufig, dass allumfassende betriebliche Modelle, sogenannte generelle Managementinformationssysteme, unpraktikabel sind. Nicht jeder Betriebsangehörige ist in der Lage, jede Information gedanklich nachzuvollziehen und mit einem Vorstellungshintergrund zu versehen. Begrifflichkeiten, die in Modellen verwendet werden, sind stets Zeichen, welche einen Wahrnehmungsinhalt bewusst erzeugt repräsentieren (vgl. Bense 1975, S. 28 und 35 ff.). Wie alle Zeichen erfüllen sie die drei klassischen Funktionen der Semiotik, der Zeichentheorie: die syntaktische, die semantische und die pragmatische Funktion. Die Syntaktik, so formuliert Maser (1973, S. 39), „ist damit derjenige Teil der Semiotik, der sich mit den Zeichen als solchen (vgl. Ch. S. Peirce), der sich allein mit dem Mittelbezug der Zeichen (vgl. M. Bense) befasst, speziell mit der Beschaffenheit solcher Mittel und mit deren Verknüpfungsmöglichkeiten. Für die Syntaktik ist ein Zeichen nur eine Funktion des Mittels, also Z = f(M). Sie abstrahiert bewusst von jeglicher Bedeutung und von jeglichem Benutzer. Die Semantik ist derjenige Teil der Semiotik, der sich mit der Bedeutung der Zeichen befasst, d.h. mit der Relation R, die zwischen dem bezeichneten Objekt O und dem bezeichnenden Mittel M besteht. Für die Semantik ist ein Zeichen eine Funktion dieser Relation R (M, O), also Z = f(R). Sie abstrahiert bewusst von jeglichem Benutzer oder Interpretanten. Die Pragmatik ist derjenige Teil der Semiotik, der sich mit den Zeichen als Ganzes befasst, also mit der triadischen Relation ZR (M, O, I). Insbesondere befasst sie sich mit dem Interpretanten I, wie er Bezeichnungen sinnvoll vornimmt, wie er Zeichen gebraucht und wofür er sie benutzt. Für die Pragmatik ist ein Zeichen eine Funktion der triadischen Relation ZR (M, O, I), also Z = f(ZR).“ Modelle und somit auch alle abstrahierten betriebswirtschaftlichen Handlungen sowie Strukturen werden über Zeichen abgebildet und vermittelt. Die Zeichen stehen dabei in einer dreidimensionalen Beziehung, welche bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in etwa gleichzeitig aber unabhängig voneinander von Peirce (siehe hierzu 1970, S. 299 ff.) und Bolzano (1971, S. 9 f. und S. 19 ff.) formuliert worden sind. Ein Zeichen wird erst wahrnehmbar über einen Zeichenträger. Dieses verweist den Betrachter, also den Interpretanten, auf das Referendum, nämlich auf eine Zeichenbedeutung. Nehmen wir bspw. das Wort „Kasse“. Es ist ein Repräsentationszeichen für einen Wahrnehmungsinhalt. Befindet sich jedoch dieses Zeichen in dem Kontenplan einer Buchhaltung, so gewinnt es über diese Referenz für den Interpretanten eine ganz spezifische Bedeutung.
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
31
Mit der Etablierung von Controllingprozessen in einem Unternehmen gestaltet man nicht nur das Modell, also die Hilfsregelstrecke, sondern auch das Basissystem, d.h. die Physis der Handlungskomponenten und den Interpretationsrahmen der Prozessbeteiligten. Es ist daher von großer Bedeutung, wie die Wahrnehmungsinhalte gestaltet werden. Verweisen sie auf sich selbst, so sind sie ein Objekt des Basissystems; verweisen sie auf etwas anderes, so sind sie ein Zeichen. Frank (1964, S. 13; siehe dazu Abb. 2.13) gliedert die Zeichen in Anzeichen und Präsentationszeichen. Treten bei einer Produktionsstörung Hitze, ein verschmorter Geruch und eine leichte Rauchbildung über einem Motor auf, so ist das ein Anzeichen, dass dieser Motor durchgebrannt sein könnte. Leuchtet auf dem entsprechenden Schaltplan ein roter Lichtpunkt auf, so ist das ein Repräsentationszeichen für die Schadensquelle.
Abb. 2.13:
Klassifikation der Wahrnehmung
Schäden können unbewusst erzeugt werden, wie bspw. durch einen Wackelkontakt. Bei der gezielten Unternehmensplanung ist es jedoch nicht der Fall. Hier werden normativ soziokulturelle Zeichen bewusst generiert und zwar codierend über Symbole wie Begriffe, Wortbildungen, alphanumerische Kürzel und Logos oder aber darstellend als Ikon wie bei Designdarstellungen, Bauplänen und dreidimensionalen Funktions- sowie Anschauungsmodellen. Das Problem der Zeichenbildung ergibt sich aus der Gleichzeitigkeit, mit der die funktionalen Interdependenzen gestaltet werden müssen. Zeichen sind nur Zeichen, wenn sie in einem Kommunikationsprozess stehen, und ein Kommunikationsprozess ist ein Handlungsprozess, der sich in der Regel nicht nur auf das Mitteilen beschränkt. Controlling als Führungskonzept orientiert sich am Output, an der betrieblichen Leistung. Die Zeichenbildung bei der Model-
32
2 Modellbildung und Modellnutzung
lierung ist zwar nur ein Hilfsmittel, aber über diese Modelle werden das Konzept und die Umsetzungsstruktur der Realhandlung festgelegt bzw. in einem hohen Maße präjudiziert. Man gestaltet mit dem Controlling eine Ordnung mit Gesetzmäßigkeit, man definiert die Syntax. Diese ist aber nicht unabhängig von den Inhalten: Die Semantik beeinflusst die Syntax und umgekehrt. Struktur und Inhalt können ein noch so stimmiges System bilden und erfüllen dennoch die betriebliche Erwartung nicht, wenn sie unsachgemäß genutzt werden. Jedes Modell kann auf Unverständnis stoßen: Das Zeichensystem wird inadäquat interpretiert. Unternehmens-Controlling wird erst dann effizient, wenn Syntax und Semantik auf den erwünschten pragmatischen Kontext treffen, d. h. wenn die Pragmatik stimmt. Es ist daher für die Entwicklung von Controllingprozessen unabdingbar, sowohl die syntaktische, die semantische als auch die pragmatische Funktion im Einzelnen wie auch in ihrem Zusammenspiel bewusst zu gestalten (siehe Abb. 2.14).
Die syntaktische Zeichenfunktion umfasst den statistischen Aspekt. Gewisse Zeichen kommen mit einer bestimmten Häufigkeit vor und folgen anderen Zeichen bzw. ziehen andere Zeichen mit einer bestimmten Häufigkeit nach sich. Das gilt auch für Handlungsfolgen. So folgt nach einer Buchung die Gegenbuchung, erst damit ist ein Buchungsprozess nach seiner syntaktischen Definition vollständig. Die syntaktische Funktion umfasst ebenso den konstruktiven Aspekt. Nur gewisse zulässige Zeichenkombinationen können ein Subsystem ausbilden. Bestimmte syntaktische Strukturen prägen den Unternehmensalltag. So bildet die Technik der relationalen Datenbank ein standardisiertes Muster der Datenverarbeitung, welches die Regularien anderer Strukturen wie die der Finanzbuchhaltung einbinden kann. Die Syntax hat auch einen semantischen Aspekt. Hiermit wird festgelegt, dass zu einem Zeichen eine Bedeutung existieren kann. Die semantische Zeichenfunktion umfasst ebenfalls einen statistischen und einen konstruktiven Aspekt. „Die Zuordnung von Zeichen und Bedeutungen braucht nicht umkehrbar eindeutig zu sein. [...] Macht man also eine Statistik, wie oft einzelne Bedeutungen innerhalb eines Textes (Zeichengeflechts) zum Ausdruck gebracht werden, dann ist die Häufigkeitsverteilung nicht notwendig identisch mit jener der zugrundeliegenden Zeichen“ (Frank 1971, S. 48). Durch die konstruktive Dimension werden jedoch Bedeutungskombinationen fixiert, um Qualitäten wie „Sinnhaftigkeit“ oder Widerspruchsfreiheit zu gewährleisten. Die Ausbildung einer Subsystemstruktur als Klassifikationsmerkmal kann hier ebenso beispielhaft herangezogen werden wie die Technik der gegenseitigen Attribuierung innerhalb eines Begriffsrepertoires (vgl. hierzu Kapitel 2.3.2 und 2.3.3). Selbstverständlich enthält die Semantik auch einen pragmatischen Aspekt. Für eine bestimmte Bedeutung kann ein Imperativ bestehen, wenn der geistige Schöpfer das so fixiert. Und das ist bei reglementierenden Controllingsystemen häufig der Fall. Auch die pragmatische Zeichenfunktion weist einen statistischen sowie einen konstruktiven Aspekt auf. Wie wir an der Systemtheorie gesehen haben, kann ein Zeichen bzw. in diesem Falle eine abstrakte Begrifflichkeit wie das Wort „System“ verschiedene Interpretationshintergründe aufweisen. Die naturwissenschaftliche, die technische, die sozialwissenschaftliche oder die systemische Bedeutung von Systemtheorie verweisen jeweils auf einen anderen Imperativ. Es kann auch in betrieblichen Handlungssituationen
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
33
durchaus dazu kommen, dass der verwendete Imperativ nicht eindeutig ist und verschiedene Taktiken zur Zielerreichung Gültigkeit haben, um erst auf einem höheren normativen Niveau vereinheitlicht zu werden. Es ergeben sich Konstrukte in der Form von Wertestrukturen. Selbstverständlich besteht auch eine Interdependenz zwischen der syntaktischen und der pragmatischen Zeichenfunktion. Zunächst einmal können Regularien als syntaktische Funktion umgangen werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. So kann bspw. eine Aktivierungsregel umschifft werden, indem der zu aktivierende Wertgegenstand als System definiert wird, dessen Einzelelemente unter die Aktivierungsgrenze fallen. Bestimmte syntaktische Gegebenheiten präjudizieren aber auch den pragmatischen Kontext. So bietet sich eine relationale Datenbank nicht dazu an, den emotionalen Kontext einer betrieblichen Allianz abzubilden. Die Zielsetzung, das Vertrauenspotenzial zu evaluieren, erfordert eine spezifische Syntax, die mit dem Postulat der Redundanzfreiheit schwer vereinbar ist. In der Abbildung 2.14 werden die Zeichenfunktionen und ihre Korrelate dargestellt. Eine spezielle Situation hat sich in der betrieblichen Realität durch die flächendeckende Einführung der Datenverarbeitung ergeben. Alle verwendeten Modelle werden so formuliert, dass die realen Zeichenträger digital und somit auf einem vereinheitlichten Medium vorliegen. DV-Modelle haben ein erweitertes syntaktisches Funktionsrepertoire. Neben den Regularien, die sich aus der modellierten Handlungssituation ergeben, müssen die Strukturen beachtet werden, welche eine DV-gerechte Verarbeitung zulassen. Dabei wirkt der Gebrauch von Standardsoftware ebenso vereinheitlichend wie die Ausbildung von Normen (DIN, ISO usw.), von Gesetzen sowie Richtlinien (z. B. GoB: Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung) und wissenschaftlichen Ergebnissen. Daneben entwickelt sich der betriebsspezifische Sprachgebrauch, bedingt durch die betriebsspezifische Objektrealität. Begriffliche Neuheiten müssen in diesen Kontext zunächst eingearbeitet werden, um bei Betriebsangehörigen eine Vorstellung zu erwecken. Noch problematischer ist die pragmatische Funktion von DV-Modellen. Hier tritt neben den Momenten der Struktur und des Inhaltes noch das Moment der Interpretation auf. Die Interpretation einer Begrifflichkeit ist wiederum unmittelbar mit dem individuellen Handlungskontext verknüpft, in dem dieser Begriff verwendet wird; und der Handlungskontext, in dem sich die jeweiligen Betriebsangehörigen befinden, ist stets unterschiedlich. Allumfassende Informationsmodelle sind dementsprechend in Unternehmen untauglich. Entweder sind sie so allgemein, dass eine spezifische Aussage nicht möglich ist, oder sie sind so komplex, dass keiner sie versteht. Da aber dennoch die gesamte Unternehmensrealität in zunehmendem Maße mit DV-Modellen abgebildet wird, gilt es eine Gesamtstruktur zu finden, die den kommunikativen und organisatorischen Strukturen in der Unternehmung gerecht wird. Hier kann es sich nur um einen gesamtbetrieblichen Begriffsrahmen handeln, dessen unmittelbare Verwendung dezentral strukturiert ist, in dem aber die jeweiligen Subsysteme über wohldefinierte Schnittstellen miteinander verbunden sind und in dem Teilsysteme die notwendigen integrativen Klammern bilden.
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Abb. 2.14:
2 Modellbildung und Modellnutzung
Zeichentheorie - Aspekte und Schnittmengen der Zeichenfunktion
Die Objektbeschreibung durch Begriffe ist also im Unternehmen nicht nur ein technokratischer Vorgang, sondern vor allem auch ein sozialer. Eine Information, die keinen Interpretanten hat, nützt nichts. Dementsprechend ist die Entwicklung von DV-Modellen nicht nur aus der betrieblichen Objektrealität abzuleiten, sondern auch aus den Vorstellungen und Gedanken der involvierten Betriebsangehörigen. Wird ein innovatives Modell zum Routinemodell, so sind zunächst die dahinterstehenden Vorstellungen und Gedanken zu vermitteln, die im Handlungskontext der Nutzer neu sind; alte Begrifflichkeiten werden durch neue substituiert, oder aber sie können einen Sinneswandel erfahren.
2.3.1
Bildung, Nutzung und Wandel von Begriffen
Jede Unternehmung befindet sich in einem stetigen Wandel, wobei die Wandlungsgeschwindigkeit in den unterschiedlichen Perioden und Lebensphasen eines Betriebes sicherlich variiert, jedoch ein Stillstand niemals eintritt. Materialien befinden sich in einem ständigen Um-
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
35
lauf, Anlagen werden verbessert, erneuert oder durch neue Produktionskonzepte ersetzt, Betriebsangehörige wechseln ihre Tätigkeitsfelder und unterliegen einer ständigen Fluktuation. Die erbrachte Leistung eines Unternehmens passt sich den Bedürfnissen ihres Umfeldes an. Produkte werden modifiziert und durch neue ersetzt. Dieser Wandlungsprozess wird vom Begriffswandel begleitet. Neue Begriffe entstehen, werden eingeführt, präzisieren die kommunikative Aussage und verbrauchen sich. Begriffe, oder allgemeiner gesagt Zeichen, bilden die Grundlage der Modellbildung, und die Modellbildung ordnet die Handlungen, die in den Produktionsprozess münden und deren Ergebnis das Produkt selbst bzw. die betriebliche Leistung ist. Die Genesis innovativer Modelle ist häufig eine Optimierung der intendierten betrieblichen Leistung, sei es, dass man mit geringerem Aufwand dieselbe Leistung oder aber mit gleichem bzw. relativ größerem Aufwand eine höhere Leistung erbringt. Die Entwicklung neuer Produkte stellt somit eine Triebfeder im Wandel der Unternehmung dar und ist ein wesentlicher Ausgangspunkt neuer Begriffsbildung. Es lohnt sich in diesem Zusammenhang einen solchen Entwicklungsprozess idealtypisch (im Sinne Weber 1972, S. 9 ff.) nachzuvollziehen. Zu Beginn des Entwicklungsprozesses ist kein Produkt da, wohl aber eine Vorstellungs- und Gedankenwelt, die getragen ist durch den Handlungskontext der Entwickler und deren Informationszuträger. Das Design ist, wie Burckhardt es formuliert, unsichtbar (vgl. Burckhardt 1981, S. 13 ff.), wir haben es mit einer Nullmenge von Begriffen und Zeichen zu tun, aber bereits mit einem definierten Raum, in dem das Produkt als Realobjekt und in seiner Begrifflichkeit Form gewinnen wird. Maßgebend für den sich hieraus ableitenden Prozess ist die Kommunikation zwischen den Entwicklern. Im Zuge der zunehmenden Konkretisierung des Produktes wird zwischen den Entwicklern ein Konsens gebildet. D. h. die produktspezifischen Vorstellungs- und Gedankenwelten der Entwickler passen sich durch die Begriffsbildung aneinander an. Somit bedingt die Produktentwicklung eine aktive Strukturbildung der Affektivität und der Kognition. Dabei haben wir es mit äußerst unterschiedlichen rezipientenbezogenen Tätigkeitsfeldern zu tun: Ein Produktingenieur verfügt über einen anderen Umweltbereich als ein Marketingfachmann oder ein Designer. Dennoch muss es ein Entwicklungsprozess leisten, dass sich jeder der Beteiligten vorstellen kann, das intendierte Produkt in seinen Handlungskontext zu integrieren. Solange dies nicht der Fall ist, wird gegen die Produktkonzeption argumentiert. Selbstverständlich besteht innerhalb jeder Entwicklergruppe eine Hierarchie, sei sie sozial oder institutionell bestimmt. Dementsprechend haben kognitiv-affektive Dissonanzen bei den einzelnen Gruppenmitgliedern verschiedene Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess. Insgesamt aber wird auf das zu entwickelnde Produkt „Druck“ ausgeübt; jeder der beteiligten Entwickler versucht, seine Vorstellungen so weit wie möglich zu realisieren. Das Produktkonzept muss über so etwas wie eine Gegenkraft verfügen, um diesem „Druck“ standzuhalten. Das Moment dieser Gegenkraft ist die „tragende Idee“ einer Gestaltung. Diese muss spontan erkennbar, für jeden Entwickler einleuchtend und affektiv positiv besetzt sein. Die „tragende Idee“ bildet das Grundmuster, den Rahmen, in dem die produktspezifischen Kognitionen und das neu entwickelte Begriffssystem über den Gruppenkonsens für die Beteiligten verobjektiviert werden. Ist eine „tragende Idee“ nicht stabil genug, so bricht sie unter der Last der zu erfüllenden kognitiven Anforderungen zusammen. Befinden sich die Entwickler am Anfang des Entwicklungsprozesses in der Ideenphase, so wird nach neuen strukturbildenden Konzeptionen gesucht. Ist der Entwicklungsprozess weiter fortgeschritten, so entwickelt der Gruppenkonsens eine Eigendynamik. Die „tragende Idee“ wird im Rahmen der
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2 Modellbildung und Modellnutzung
kognitiven Angleichung modifiziert und kann dabei an Prägnanz verlieren. Da aber die mühsame Konsensbildung nicht erneut unter veränderten Voraussetzungen begonnen werden soll, verbleibt man bei der ursprünglichen, inzwischen jedoch verwässerten und ab einer bestimmten Varianz für den außenstehenden Betrachter nicht mehr erkennbaren „tragenden Idee“ (vgl. hierzu Jaspersen 1985, S. 213 ff.). Wir sehen also, dass die Produktentwicklung wie andere Modellentwicklungen auch, ein kommunikativer Gruppenprozess ist, in dem ein neues Begriffssystem entwickelt wird. Hierbei wird jedoch stets auf vorhandene Begriffsstrukturen und Handlungsmuster zurückgegriffen. Es wird gegen die existierende Begrifflichkeit und somit gegen die etablierte Vorstellungs- und Gedankenwelt argumentiert. Das ist auch der Grund, weshalb zweckmäßigerweise bei Innovationen außenstehende Berater mit hinzugezogen werden. Hiermit wird gewährleistet, dass die „tragende Idee“ eines neuen Produktes oder aber eines neuen Informationssystems nicht durch vorhandene Strukturen an Prägnanz und somit an Wirksamkeit verliert. Die Nutzung von Begriffen ist ein Prozess der Normierung. Handlungs- und Kommunikationsstrukturen werden in einer Unternehmung hiermit gebahnt. Da DV-orientierte Modelle im Unternehmen nur dann wirksam werden, wenn die in ihnen verarbeitete Begrifflichkeit den kommunikativen Anforderungen des betrieblichen Handlungskontextes gerecht wird, kann die Einführung solcher Modelle nur als multipersonaler Lernprozess gesehen werden (vgl. Jaspersen 1975, insbesondere S. 64 ff.). Der Verfall von Begriffssystemen und damit der auf diesen Strukturen beruhenden Modelle ist genauso bedeutend wie der zuvor exemplarisch beschriebene Innovationsprozess. Beide bedingen einander, aber nicht in direkter Form. Die Nutzung von Begriffssystemen kann nicht mit der Nutzung eines Automobils verglichen werden. Wenn ein Auto abgeschrieben ist und seinen Dienst nicht mehr mit der erwarteten Zuverlässigkeit erbringt, so wird es verkauft und durch ein neues ersetzt. Sicherlich lassen sich solche Substitutionsvorgänge in analoger Form auch im Umgang mit Begriffssystemen finden. Wird ein altes durch ein neues Produkt ersetzt, so werden auch die entsprechenden Informationsinhalte ausgetauscht. Aber eine solche Handlung verursacht im betrieblichen Kontext einen größeren Wandel, da jedes Begriffsteilsystem im Gesamtsystem verflochten ist. Der Wandel von Begriffen ist im Prinzip kontinuierlich. Da wir es im betrieblichen Handlungsumfeld jedoch nie mit Einzelbegriffen zu tun haben, sondern stets mit Begriffssystemen, können einzelne Begriffe ausgehöhlt, d.h. verbraucht werden (vgl. Burckhardt 1985, S. 356 ff. und S. 384 ff.). Dies führt zu Strukturänderungen und somit zu Einbrüchen ganzer Begriffssysteme, obwohl der betriebliche Wandel zunächst an ganz anderer Stelle wirksam geworden ist. Das Verständnis der Begriffswelt wird sozusagen rückwändig ausgehöhlt. Um das nachzuvollziehen, ist es zweckmäßig, sich kurz den Aufbau von solchen Begriffsstrukturen zu vergegenwärtigen. Die erste geschlossene Theorie über die Strukturbetrachtung der Sprache in den 60er-Jahren wurde von Chomsky (1975) erstellt. Chomsky setzt sich jedoch vornehmlich mit den syntaktischen Komponenten auseinander und streift nur die semantischen Aspekte (vgl. Chomsky 1980, S. 45 ff. sowie Chomsky 1975, S. 148 ff.); pragmatische Sachverhalte thematisiert er kaum. Die syntaktische Komponente beim Wandel von Begriffsstrukturen innerhalb der Verwendung von DV-Modellen wird in dieser Arbeit nur bedingt problematisiert. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine durchaus komplexe, technische Problemstellung und in zweiter Linie um ein Lernproblem für die Modellnutzer. In den folgenden Ausführungen steht jedoch die semantische Fragestellung im Vordergrund und alsdann die pragmatische
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
37
Dimension, oder anders ausgedrückt: Was ist unter einer Aussage eines Modells zu verstehen und vor allem: Wozu und inwieweit kann diese Aussage betrieblich genutzt werden. Es geht also weniger um die Struktur der Zeichenträger, als um die der Zeichen selbst.
Abb. 2.15:
Element eines Gedächtnisnetzes (nach Harmon/King)
Die Zeichenträger sind als Elemente des Systems zu betrachten, die sich insofern von Zeichen unterscheiden, als Zeichen erst durch die Definition eines Zeichenrepertoires von einem Empfänger verstanden werden können (vgl. Frank 1971, S. 39). Das Zeichen „=„ bspw. ist für einen Empfänger unbedeutend, solange er nicht weiß, dass es als Zeichenträger für den Begriff „gleich“ definiert ist. Zwischen den Zeichen als Elementen besteht eine Beziehung, die als eine Zuordnung definiert werden kann. Quillian führt eine solche Zuordnung im Rahmen einer Sprachsimulation mit Worten durch und stellt diese als kognitive Struktur hin (vgl. Quillian 1969, S. 460 ff.). Er betrachtet ein festgelegtes Repertoire von Wörtern (in unserer Darstellung Zeichenträger), welche miteinander netzartig in Verbindung stehen. Jedes Wort wird so durch andere Wörter aus dem Repertoire, mit dem es in einem Assoziationszusammenhang steht, beschrieben, d. h. jedem Begriffsknoten werden ein oder mehrere Merkmalsknoten zugeordnet (vgl. Müller 1973, S. 58 ff.). Das Quilliansche Prinzip der gegenseitigen Konnotation von Begriffen als semantische Explikation wird in dem Aufbau der Wissensbasis von Expertensystemen aufgegriffen. Harmon und King (1989, S. 28) sprechen von „Chunks“ als einem Symbol und assoziativ damit verknüpfter, verwandter Symbole (vgl. Abb. 2.15).
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2 Modellbildung und Modellnutzung
Scheer schreibt hierzu: „Expertensysteme bedienen sich ähnlicher Formen der Wissenspräsentation. Zur Beschreibung von Objekten und der zwischen ihnen bestehenden Relationen (Faktenwissen) werden semantische Netze ähnlich den ‚Chunks‘ gebildet“ (Scheer 1990, S. 174). Dieser Aufbau semantischer Strukturen gilt jedoch nicht nur für Expertensysteme als einer Sonderform von DV-Modellen, sondern allgemein bei jeder betrieblichen Begriffs- und Modellbildung (vgl. hierzu Lunze 2010, S. 93 ff.). Es ist hierbei zwischen dem allgemeinen und dem betriebsspezifischen Sprachgebrauch zu unterscheiden, beide fließen in das verwendete Sprachrepertoire einer Unternehmung ein, es ist kein statisches, sondern ein dynamisches System. Bereits der allgemeine Sprachgebrauch unterliegt einem ständigen Wandel, sei es durch Veränderung von verbindlichen Normen, Verordnungen und legislativen Regelungen oder aber durch den allgemeinen gesellschaftlich-kulturellen Wandel. Untersuchungen von Hofstätter (1973, S. 81 ff.) sowie Koch/Black/Demonlin (1980, S. 207) mit der von Osgood (1969, insbesondere S. 26 ff.) entwickelten Methode des semantischen Differentials verdeutlichen, dass sich allgemeine Begriffe bereits im Verlauf von einem Jahrzehnt ändern. Solche Änderungen führen dazu, dass die semantischen Netze „Löcher“ bekommen, in sich unvollständig und/oder widersprüchlich werden und zerfallen. Die betriebliche Verwendung von DVModellen insbesondere von Expertensystemen birgt immer die Gefahr in sich, dass die Modelle zwar nutzungsfähig sind, dass jedoch ihr Bedeutungshintergrund sich verlagert und damit ihr Realitätszusammenhang nicht mehr gewährleistet ist. Die gleiche Auswirkung hat natürlich auch der Wandel des betriebsspezifischen Sprachgebrauchs, der sich aus Betriebsorganisationen personeller bzw. sachlicher Art ergibt oder aus einer Veränderung der betrieblichen Leistungs- bzw. Produktstruktur. Das entstandene Defizit ist nur durch eine ständige Wartung der verwendeten Begrifflichkeit zu kompensieren, was über ein entsprechendes Problembewusstsein bei der Generierung bzw. Modifizierung und bei der Verwendung von Modellen in der Unternehmung erreicht werden kann.
2.3.2
Begrifflichkeit und Quantifizierung
Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Modellbildung haben wir es zumeist mit Quantifizierungsproblemen zu tun. In weiten Bereichen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung besteht das implizite Axiom, dass nur dann eine wissenschaftliche Grundlage vorhanden ist, wenn quantitative Aussagen gewährleistet sind. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass quantitative Angaben überhaupt erst möglich werden, wenn eine qualitative Basis vorhanden ist. Eine Zahl als solche hat keine Aussage, sie gewinnt erst Bedeutung, wenn sie in einer semantischen Struktur von mindestens drei Elementen eingebettet ist (vgl. Abb. 2.16).
Abb. 2.16:
Begriffsbildung und Quantifizierung
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
39
Eine Quantität als objektbeschreibendes Moment wird erst dann wirksam, wenn sie durch zwei Qualitäten „umrahmt“ ist, durch eine Objektkategorie, auf die sie bezogen wird, und eine Vergleichskategorie zu anderen Objekten, die eine Relation ermöglicht. Das ist eine sehr abstrakte Leistung, und wir sind uns durch den Umgang mit Zahlen dieser Leistung häufig nicht mehr bewusst. Das führt dazu, dass wir einer quantitativen Aussage (genauer einer qualitativ-quantitativen Aussage) häufig mehr Zutrauen entgegenbringen als einer rein qualitativen Aussage; und diese Verhaltensweise kann dazu führen, dass wir betrieblichen Entscheidungsvorlagen mit rechnerischem Hintergrund eher Folge leisten als denen, die keine Wertaussagen machen. In beiden Fällen jedoch beruhen die Aussagen auf einer qualitativen Objektbeschreibung, die mehr oder weniger der Realität entsprechen kann. Entwicklungsgeschichtlich ist Zahl als abstrakter, von jeder Objektrealität gelöster Begriff sehr jung. „Eingeborene in Afrika, Ozeanien und Amerika, die sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts noch in annähernd ursprünglichem Zustand befanden, konnten nur die Zahlen „Eins“, „Zwei“, „Drei“ und „Vier“ erfassen und sprachlich ausdrücken, während die weiteren Zahlen allgemeine, ziemlich verworrene Begriffe waren, wie „viel, mehrere, eine Masse, eine Menge oder unzählig“ (Ifrah 1986, S. 24 f.). Erst um 3300 bis 2850 v. Chr. treten die Hieroglyphen-Ziffern der Sumerer, Elamiter und Ägypter auf“ (ebenda S. 545).
Abb. 2.17:
Semantische Struktur einer Objektbewertung (nach Tageskurs vom 01.04.2012: Spotpreis Rotterdam, EUR/USD 1,3344)
Die Erhöhung der hiermit verbundenen Systemkomplexität ist offenkundig, jedoch entspricht die genaue Nennung der Anzahl der Elemente einer Menge noch nicht der eigentlichen, betriebswirtschaftlichen Problemstellung im Bereich der Quantifizierung. Es gilt hier eine einheitliche Form der Quantifizierung zu finden, die alle Handlungsvorgänge beschreibt: eine globale und allgemeingültige Bewertung. Ausgehend von einer recht idealtypischen Situation ergibt sich folgende Struktur eines semantischen Netzes (vgl. Abb. 2.17). Das Realobjekt wird zunächst durch einen Begriff klassifiziert und über eine semantisch definierte Einheit quantifiziert. Alsdann ist die Mengeneinheit in eine Werteinheit zu überführen, um so zu einer Bewertung des Realobjektes zu gelangen. Die einfache Bewertung des Rohstoffes Öl führt bereits zu erheblichen Schwierigkeiten und bedingt daher ein komplexes semantisches Netz. Zunächst wird Öl in Fässern gehandelt – das Barrel zu 159 Liter. Der Preis wird in US-Dollar für einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Lieferbe-
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2 Modellbildung und Modellnutzung
dingung angegeben. Alle diese Angaben müssen fixiert und aufeinander bezogen werden, um eine Wertaussage für einen Liter Öl in europäischer Währung zu bekommen, die wiederum nur für einen fixierten Wechselkurs gültig ist. Sieht man von der Dynamik des Beschaffungs- und Absatzmarktes einmal ab, so ist die Bewertungsproblematik in der Unternehmung als Handlungsregel einfach zu formulieren, wenn man lediglich die pagatorischen Werte der Eingangs- sowie Ausgangsleistung verwendet und auf eine zeitliche Abgrenzung des Mitteleinsatzes verzichtet. Aber bereits die Integration der heute so selbstverständlichen Abschreibung bedarf eines komplexen Konstrukts mit eigenständigem semantischem Netz. Noch Anfang des vorigen Jahrhunderts (1908) argumentiert Schmalenbach in der „Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung“ (1947, S. 3), „daß der Begriff der Abschreibung eine auf die Lebensdauer eines Betriebes sich erstreckende Verteilung von Anlagekosten ist“. Hierzu führt er aus: „Die Maschinen hatten einmal einen eigenen Wert, als sie noch nicht eingebaut, sondern noch in der Hand des Maschinenhändlers waren. Sie können auch einen eigenen Wert wieder erhalten, wenn man sie ausbaut und als gebrauchte Maschinen auf den Markt bringt. Aber so lange sie in der Fabrik gebunden sind, kann von einem eigenen Wert nicht die Rede sein. Der Praktiker setzt diesem Einwand vielleicht die Meinung entgegen, daß er theoretischer Natur sei. In Wirklichkeit aber ist hier der Praktiker der Theoretiker. Er unterstellt, daß die in Gebrauch befindlichen Maschinen noch ein freies Dasein führen und mißt ihren Wert an dem Werte gleichartiger Maschinen auf dem Maschinenmarkt oder mit den Preisen, die er dafür bezahlt hat. Er, der Praktiker, bedient sich einer Hypothese. Wenn bei dieser Meinungsverschiedenheit einer von uns beiden der Theoretiker ist, so ist er es und nicht ich. Er ist es, der mit einer unwirklichen Vorstellung arbeitet“ (ebenda S.10). Noch heute ist der Diskurs nicht abgeschlossen (vgl. Wagenhofer 2005, S. 188 ff. sowie Gräfer/Schneider 2009, S. 123 ff. und Kapitel 7.4.1). Im hier weiter verfolgten Konstrukt wird das Unternehmen als System von seiner Umwelt abgegrenzt und steht im interaktiven Zusammenhang mit zwei exogenen Systemen, dem Beschaffungs- und dem Absatzmarkt. Die Bewertung des Mitteleinsatzes ist durch die damit unmittelbar einhergehenden Geldausgaben definiert. Ebenso werden die Leistungsergebnisse über die entsprechenden Geldeinnahmen bewertet. Zur Ermittlung eines Erfolges muss jedoch dem Leistungsergebnis der entsprechende Mitteleinsatz gegenübergestellt werden, und daraus ergeben sich zwei Probleme: Einerseits hat man eine Menge von Mitteln, die zu einer Menge von Leistungen führt. Hier muss eine semantische Struktur definiert werden, wie eine Zuweisung erfolgen kann. Andererseits hat man einen zeitlichen Verzug zwischen der Bewertung des Mitteleinsatzes und der Generierung des absatzfähigen Leistungsergebnisses.
2.3.3
Klassifikation und Identifikation
Die Zuweisung vom Mitteleinsatz zum Leistungsergebnis ist stets ein Konstrukt. Im Prinzip ist es nicht möglich, exakt zu berechnen, was ein Produkt gekostet hat, und noch weniger ist es möglich, zu berechnen, was ein Produkt kosten wird. Eine Stückkostenberechnung ist dementsprechend nur sinnvoll möglich, wenn der Begründungszusammenhang offengelegt wird, d. h., wenn der semantische Hintergrund präzisiert wird. Die hieraus berechenbaren Werte sind auch nur valide, wenn der semantische Kontext, auf dem die Werte fußen, die
2.3 Objektbeschreibung durch Begriffe
41
reale betriebliche Umwelt im Sinne der anstehenden Entscheidungssituation zweckgerecht widerspiegelt (vgl. Abb. 2.18). Die pragmatische Zielsetzung, also die Interpretation von Informationen in Bezug auf eine Handlungsentscheidung, bestimmt Inhalt und Struktur dieser Information, die selbst wiederum eine Abstraktion der realen Objektumwelt des Unternehmens darstellt. Kostenmodelle, die den semantischen Hintergrund nicht mitreflektieren (vgl. Firnkorn, Fuchs u. a. 1985, S. 910 ff. sowie Wöhe 1984, S. 44 ff.), erweisen sich in der Praxis häufig als schwer einsetzbar, da der Werthintergrund, der diese Modelle alimentiert, im Betrieb nicht nachvollziehbar und somit nicht einschätzbar ist. Die Zielsetzung bei der Erstellung von DV-orientierten Modellen im technischen systemtheoretischen Sinne ist es, die reale Objektwelt der Unternehmung abzubilden, um Veränderungsmaßgaben zu bestimmen, entsprechend auf die Realität einzuwirken und Reaktionen festzustellen. Hierzu wird die Objektwelt begrifflich klassifiziert und/oder identifiziert, um alsdann diesen qualitativen Merkmalen quantitativ zu attribuieren und in ihren Abhängigkeiten zu vernetzen. Die Fachtermini Klassifizieren und Identifizieren kommen aus der Ingenieurswissenschaft und sind in der Betriebswirtschaftslehre nicht so wohldefiniert. Diese begriffliche Zuordnung ist generell anwendbar, um die Begriffsstruktur von DV-Modellen zu charakterisieren, auch wenn sie nicht in dem strengen Sinne der „Nummernvergabe“ verwendet wird.
Abb. 2.18:
Begriffsbildung im Unternehmen
Ausgangspunkt der ingenieurswissenschaftlichen Betrachtung ist das Problem der Dokumentation eines Produktes von der Genesis bis zur Produktion. Es entsteht hier eine Informationsflut, die nicht kontrollierbar ist, wenn nicht alle Auftragsunterlagen nummeriert werden. Hierzu haben sich in der industriellen Praxis zwei grundlegend unterschiedliche Aufgaben herausgebildet, die als Identifizierung und Klassifizierung bezeichnet werden. Nach DIN 6763 ist Identifizieren „das eindeutige und unverwechselbare Erkennen eines Gegenstandes
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2 Modellbildung und Modellnutzung
anhand von Merkmalen (Identifikationsmerkmale) mit der für den jeweiligen Zweck festgelegten Genauigkeit“ (DIN 1985) und Klassifizieren ist „das Bilden von Klassen und/oder Klassifikationssystemen (ein Ordnungsschema für Klassen) bzw. Klassifikationsnummernsystemen“ (ebenda).
Abb. 2.19:
Beispielhafte Verbund- und Parallelnummern (nach Kurbel)
Wiendahl (2010, S. 168) schreibt dazu: „Neben dem Identifizieren und Klassifizieren können Nummern auch informierende und kontrollierende Aufgaben wahrnehmen. Eine Nummer ist informierend, wenn sie eine Aussage mithilfe unverschlüsselter Merkmale erlaubt. Derartige Informationsnummern werden als sprechende Nummern bezeichnet. Als Beispiele können Papierformate, Autokennzeichen oder Konfektionsgrößen gelten […] In der Praxis wird der Konzeption von Nummernsystemen oft viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl erfahrungsgemäß Nummernsysteme in einem Unternehmen für einen langen Zeitraum (ca. 15-20 Jahre) unverändert eingesetzt werden und diese eine grundlegende Voraussetzung für die effiziente Nutzung von PPS-Systemen darstellen. Zudem haben sich in vielen Unternehmen in einzelnen Abteilungen oder für verschiedene Teilgruppen unterschiedliche Nummernsysteme etabliert. Der parallele Einsatz unterschiedlicher Nummernschlüssel führt jedoch zur Unterbrechung wichtiger Informationsflüsse im Rahmen der Auftragsabwicklung.“
2.4 Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext
43
Klassifizierende Schlüssel sind nicht eindeutig, sie beschreiben eine Menge von Realobjekten. Bei der betrieblichen Nummernvergabe bedarf es in der Regel beider Kriterien: der Klassifikation und der Identifikation. Realobjekte wie Produkte, Anlagen, Räumlichkeiten usw. werden daher häufig mit Verbund- oder Parallelnummern versehen (vgl. Kurbel 1995, S. 112 f.; siehe dazu Abb. 2.19). Verbundnummern ergänzen eine klassifizierende Nummer um einen identifizierenden Teil. Die Eindeutigkeit ergibt sich aus der Gesamtheit aller Nummern. Bei den Parallelnummern wird der identifizierende Teil von dem klassifizierenden Segment getrennt. Die Verschlüsselung erfolgt einerseits für die eindeutige Kennzeichnung und andererseits für den Einordnungs- und Zugehörigkeitsbereich. Solche Zeichenfolgen sind zumeist länger als die Verbundnummern, dafür aber im Alltagsgebrauch einfacher zu decodieren. Auch ohne die unmittelbare Vergabe von Nummern haben wir es bei der Objektbeschreibung durch Begriffe zunächst mit der Bildung von Gruppen oder Klassen zu tun bzw. mit der Identifizierung von Einzelobjekten, wobei ein Einzelobjekt stets einer Klasse zugeordnet werden kann, so weit man diese definiert hat. Erst nach diesem Schritt lassen sich Merkmale beschreiben, die die Klasse bzw. das Einzelobjekt weiter kennzeichnen. Die Merkmale wiederum ermöglichen eine quantitative Attribuierung, deren Konsolidierung in hierarchisch gegliederten Abstufungen Aussagen über die Klassen zulässt. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den spezifisch „technischen“ Merkmalen wie Mengeneinheiten in „m“, „m2“, „kg“, „Stück“ usw. und der wirtschaftlichen Bewertung in einer monetären Einheit. Die Struktur dieses Begriffssystems und ihre Ausrichtung auf die exogenen Systeme der Umwelt erlauben eine Aussage über Werte. Über die Bildung von Klassen und die Identifizierung von Einzelobjekten gewinnen wir auch innerbetriebliche Vergleichsmomente; aber diese Werte sind ebenfalls abhängig von der Bewegung und damit von der Zeit.
2.4
Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext
Ein betriebswirtschaftliches Unternehmen ist ein offenes soziotechnisches System. Bei der Entwicklung von Modellen zur Abbildung, Planung und Kontrolle von betriebswirtschaftlichen Handlungsprozessen wird die technische bzw. die technokratische Komponente häufig in den Vordergrund gestellt und die soziale und geisteswissenschaftliche Komponente vernachlässigt. Man stößt hier ohnehin auf Quantifizierungsprobleme. Dabei ist ein Betrieb eine Zusammenführung von Menschen, die in aufeinander abgestimmter Form handeln; wir haben es somit in erster Linie mit einem sozialen Problem zu tun, und die Realwelt des Unternehmens ist eher mit einem lebenden Organismus der Natur vergleichbar als mit einem materialistischen, technischen System. Die Kybernetik und in verallgemeinerter Form die Systemtheorie hat in ihren Ursprüngen gleichermaßen einen technischen wie einen biologischen Ansatz. Bereits 1941 betont Hermann Schmidt (1961), dass die Regelung nicht nur ein technisches, sondern auch ein biologisches Grundproblem ist; Ludwig von Bertalanffy hat 1940 biologische Organismen als offene
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2 Modellbildung und Modellnutzung
geregelte Systeme gekennzeichnet und eine allgemeine Systemtheorie gefordert (vgl. Bertalanffy 1940). Sachsse erläutert den Begriff des offenen Systems sehr anschaulich: „Offene Systeme sind in der Natur sehr verbreitet. Das eindrucksvollste Beispiel sind die Organismen. Ihr hoher Ordnungsgrad, der einer niedrigen Entropie entspricht, bedarf der ständigen Erhaltungsarbeit [...]. Bei den Organismen ist der Austausch mit der Umwelt nicht auf den Energiedurchfluss beschränkt, sondern sie wechseln auch ihre gesamte Materie mehr oder weniger schnell aus. Tabelle 2.1 gibt Beispiele für die Erneuerungszeiten einzelner Organe. Wie man sieht, handelt es sich zum Teil nur um wenige Tage. Im Mittel verbrennt der tierische Körper seinen gesamten Kohlenstoffgehalt innerhalb eines Monats! Wir betreiben offenbar eine falsche Vergegenständlichung, wenn wir Lebewesen als Dinge, als materielle Gegenstände bezeichnen; in Wirklichkeit handelt es sich um Prozessstrukturen, um Systeme von verschachtelten und höchst kompliziert aufeinander abgestimmten Fließgleichgewichten, eher einem Strudel im Fluss vergleichbar als einem Gegenstand“ (Sachsse 1971, S. 20 f.; siehe auch Bertalanffy 1951, S. 265 ff.). Organ
Erneuerungszeit in Tagen
oberer Verdauungstrakt
4,3...14,7
Dickdarm und After
4,3...10,0
Magen und Pförtner
1,9...09,1
Dünndarm
1,3...01,6
Bronchien
26,7...47,6
Harnleiter und Blase
33,0...62,5
Haut
19,1...34,5
Talgdrüsen
8,0
Hornhaut des Auges
6,9
Lymphknoten
6,9
Zellen des Alveolarepithels
6,4
Samenepithel
16,0
Tab. 2.1: Erneuerung von Organen nach Untersuchung von Bertalanffy an Ratten (nach Sachsse)
Man unterscheidet in der betriebswirtschaftlichen Buchhaltung als einem Modell zur Abbildung, Planung und Kontrolle der Unternehmensrealität zwischen der Gewinn- und Verlustrechnung als Perioden- und der Bilanz als Stichtagsrechnung. An diesem Modell kann exemplarisch verdeutlicht werden, wie Wirtschaftler Konstrukte bilden und Begrifflichkeiten mit Quantitäten attribuieren, deren Handhabung zwar als Operationalisierung zweckmäßig ist, jedoch den Betrieb in seiner „Organismenhaftigkeit“, also der Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext nur unzureichend gerecht wird. In einer Unternehmung stehen dem Mitteleinsatz Ausgaben gegenüber. Geht dieser Mitteleinsatz innerhalb einer Betrachtungsperiode in das Leistungsergebnis ein, so werden diese Ausgaben als Aufwand klassifiziert und sind somit erfolgswirksam: Sie reduzieren den Gewinn. Diese Klassifizierung ist offenkundig, insbesondere bei Materialien, die sich unmittel-
2.4 Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext
45
bar vom Eingang bis zum Ausgang des Betriebes verfolgen lassen. Schwieriger wird es bei Anlagen, die in die Betriebssphäre eintreten und dort über einen längeren Zeitraum verbleiben. Man hat es ebenso mit einem Mitteleinsatz zu tun, dem Ausgaben gegenüberstehen, diese sind jedoch zunächst erfolgsneutral, d. h. den Ausgaben steht keine Gewinnminderung gegenüber. Es ist eine Ermessensfrage, wie dieser Mitteleinsatz dem Leistungsergebnis angerechnet wird. Die Anlagen im Produktionsprozess sind im übertragenen Sinne die Organe des Betriebes, und ihre Lebensdauer (somit auch ihre Abschreibungszeit) ist nicht nur abhängig von der Nutzungsintensität und dem anlagenspezifischen Verschleiß, sondern auch vom Wartungsaufwand. Moderne Anlagen sind Systeme mit Subsystemen, die nach fest programmierten Abläufen ausgetauscht werden. Ähnlich wie die Organe werden sie nach und nach erneuert, und erst, wenn ihre Gesamtstruktur, die auch von der technischen Entwicklung abhängt, nicht mehr stimmig ist, entsteht ein unmittelbarer Substitutionsbedarf. Es ergibt sich somit die weitere Ermessensfrage, zu welchen Anteilen der Wartungsaufwand nicht für die Betrachtungsperiode als erfolgsneutrale Wartungsausgabe klassifiziert werden muss. Nehmen wir als Beispiel die Ermessensfragen, welche zu beantworten sind bei der Wertzuordnung von IT-Anlagen auf das Leistungsergebnis. Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Abschreibungsdauer im Laufe der letzten drei Jahrzehnte stets niedriger eingeschätzt worden ist. Hier wird die Bedeutung des betriebsexogenen technischen Wandels deutlich. Weiterhin ist die Austauschpraxis der Subsysteme dieser Anlagen unverkennbar. So werden bspw. Anwendungs- und Systemsoftware laufend durch Updates ersetzt oder im Hardwarebereich Komponenten wie Bildschirm, externer oder interner Speicher nach Bedarf ausgetauscht. Damit erfahren die Anwendungssysteme eine substantielle Modifikation. Der fließende Übergang von Investitionsausgaben und Wartungsaufwendungen ist unverkennbar. Es zeigt sich deutlich, dass es in der Betriebswirtschaft um einen stetigen Wandel geht, „um Systeme von verschachtelten und höchst komplizierten aufeinander abgestimmten Fließgleichgewichten, eher einem Strudel im Fluß vergleichbar als einem Gegenstand“ (Sachsse 1971, S. 20). Das Problem ist nun, diesem Wandel und dem damit einhergehenden pragmatischen Begriffswandel auch bei der Etablierung und Nutzung von DV-Modellen gerecht zu werden. Hierzu wird eine im theoretischen Sinne künstliche, aber für die operationale Handlung notwendige Entscheidung getroffen zwischen den Kategorien des Abbildungssystems und den Erfassungsmerkmalen: Man spricht von Stammdaten und Bewegungsdaten. Diese DV-spezifische Terminologie enthält ähnlich wie die Unterscheidung zwischen Klassifikation und Identifikation einen allgemeingültigen Hintergrund, der durch die Umformung in die Termini Stamminformationen und Bewegungsinformationen deutlich wird. Dies ist ein Unterschied, der für eine allgemeine Modellbildung sehr nützlich ist. Der Kontenrahmen einer Buchhaltung bildet den klassifikatorischen Begriffsrahmen zur Einordnung von Geschäftsvorfällen und ist in diesem Modell eine Teilmenge des Stammdatensatzes. Ein einzelner Geschäftsvorfall bildet eine Bewegung und führt zu den Bewegungsdaten als qualitative und quantitative Attribuierung des verwendeten Begriffssystems. Die syntaktische Struktur des Modells erlaubt nur Bewegungen, die selbst eine Menge von Daten beinhalten, einen sogenannten Datensatz. Die Struktur des Datensatzes ist syntaktisch vordefiniert und somit immer dieselbe, die semantische und pragmatische Dimension kann bei demselben Geschäftsvorfall sehr unterschiedlich ausfallen.
46
2 Modellbildung und Modellnutzung
Die Untergliederung von Stammdaten und Bewegungsdaten, oder allgemeiner gesprochen von Stamminformationen und Bewegungsinformationen hat also im zweifachen Sinne etwas mit der Objektbeschreibung im zeitlichen Kontext zu tun. Zum einen wird hiermit aus modelltheoretischer Sicht ein Verfahren impliziert, das dem Wechsel in der Begriffsverwendung gerecht werden kann, zum anderen wird hier bei der Beschreibung der Objektrealität zwischen den langsameren Änderungsmomenten als Kategorie und den schnellen Wechseln als kategoriebeschreibenden Merkmalen unterschieden. Dabei ist natürlich keine zeitliche Quantifizierung möglich zwischen dem, was als „langsam“ und dem, was als „schnell“ bezeichnet wird. Das ergibt sich aus der Beschaffenheit des Betrachtungsobjektes selbst und aus dem Anspruch an das jeweilige Modell, also an die Ausprägung der entsprechenden pragmatischen Dimension. Hierin sind auch die jeweiligen Ursachen zu suchen, die zu einem kompletten Modellwechsel führen können. Wird die Objektrealität durch ein Modell nicht mehr so wiedergegeben, dass sich hiermit die Handlungsintentionen reflektieren lassen. und reicht die Varianz sowie die Flexibilität der Stamminformationsstruktur nicht mehr aus, um diesen Mangel zu beheben, so muss ein neues Modellkonzept generiert und etabliert werden.
2.5
Objektbeschreibung durch Abbildungen
In den bisherigen Abschnitten haben wir insbesondere die Modellbildung mit ihrer qualitativen Begriffsbildung und ihrer quantitativen Attribuierung problematisiert. Dabei sind die Termini Begriff und Zeichen teilweise synonym verwendet worden, was für die dort thematisierten Aussagezusammenhänge durchaus möglich ist. Im Rahmen einer etwas weiter geschichteten Betrachtung muss jedoch eine genauere Differenzierung vorgenommen werden. Bense unterscheidet zwischen indexikalischen, symbolischen und ikonischen Zeichen (vgl. Bense 1975, S. 35 ff.). „Das ‚Zeichen in Beziehung zu seinem Objekt‘ kann als ‚Icon‘, als ‚Index‘ oder als ‚Symbol‘ fungieren, je nachdem, ob es das Objekt abbildet bzw. wenigstens einige Züge mit ihm gemein hat, reale Beziehung zu seinem Objekt hat bzw. es unmittelbar anzeigt, oder das Objekt unabhängig von Übereinstimmungen und realen Beziehungen einfach nominell bezeichnet“ (Bense 1965, S. 306). Während das indexikalische Moment eine Relation zwischen zwei Objekten beschreibt, die aufeinander verweisen und je nach Betrachtungsstandpunkt gegenseitig für das jeweilige Objekt als Zeichen dienen können, haben wir es bei dem ikonischen und symbolischen Zeichen mit einer anderen Qualität zu tun. Hier handelt es sich um eine Abstraktion des Objekts, wobei die „abstraktive Entfernung“ zum Objekt beim ikonischen Zeichen geringer ist als beim symbolischen Zeichen, wie bspw. einem Begriff. Um einen Bezug zwischen dem Realobjekt und einem Begriff herzustellen, muss der Rezipient einen weitaus größeren semantischen Hintergrund haben als beim ikonischen Zeichen. Ikonische und begriffliche Abbildungen lassen sich als Abstraktionskette darstellen (vgl. Abb. 2.20). Das Realobjekt wird in erster Stufe ikonisch abgebildet und in der zweiten Stufe begrifflich erfasst. Erst der Einsatz von DV-Modellen erlaubt – bedingt durch das einheitliche digitale Medium – die Kopplung von Darstellungsarten in einer Weise, die es uns ermöglicht, die „Gegensätzlichkeit“ bzw. Andersartigkeit von „Bild“, „Wort“ und „Zahl“ aufzuheben, indem
2.5 Objektbeschreibung durch Abbildungen
47
ein Kontinuum geschaffen wird, das uns als Modellkette von der Abbildung über die Objektbeschreibung durch Begriffe bis hin zu deren quantitativer Attribuierung führt.
Abb. 2.20:
Abstraktionszusammenhang zwischen ikonischer und begrifflicher Abbildung
Die ikonische Abbildung stellt im Rahmen der Produktentwicklung ein wesentliches Element dar. Die Produktdarstellung ist insbesondere von zentraler Bedeutung für die Produktgestaltung und die Produktwerbung. Jedes betriebliche Leistungsergebnis hat eine ästhetische Qualität, und die Akzeptanz der Leistung auf dem Absatzmarkt hängt auch von der Ausprägung dieser Qualität ab. Die gestalterische Arbeit im Unternehmen bildet somit einen Handlungskontext mit operationalisierten Verfahren, deren Integration in das gesamtbetriebliche Geschehen nicht immer gewährleistet ist: Designer gelten oft als Exoten, insbesondere deshalb, weil ihre ikonischen Abbildungen sich nicht unmittelbar in die Begriffs- und Gedankenwelt von Betriebswirten und Ingenieuren überführen lassen. Mit ihren bildlichen Darstellungen der betrieblichen Produkte bilden sie jedoch ein Bindeglied in der wirtschaftlichen und technischen Betrachtung und beeinflussen somit die Kopplungsprobleme der interaktiven betriebswirtschaftlichen und technischen Verfahren zur Unternehmensführung bei der Entwicklung neuer Produkte. So wie der Produktgestalter im Anfangsstadium des Produktentwicklungsprozesses nach einer Abbildungsform sucht, die als Ausgangspunkt einer Kommunikation gleichermaßen betriebsintern und für den zukünftigen Nutzer verständlich ist (vgl. dazu Maser 1971, S. 114), so wird auch in der Produktwerbung eine Vermittlungsform angestrebt, die die betriebliche Leistung dem Konsumenten vermittelt, ohne dass der Konsumtionsprozess selbst vollzogen wird. Wir haben es hier prinzipiell mit einer ähnlichen kommunikativen Situation zu tun, der zeitliche Stellenwert im Entwicklungsprozess ist jedoch ein anderer. Während der Produktgestalter es mit einem noch zu definierenden Produkt zu tun hat, gilt es in der Werbung, ein wohldefiniertes, also ein „fertiges“ Produkt (Primärinformation) durch medial gut zu verbreitende Abbildungen und Beschreibungen (Sekundärinformationen) dem Nutzer verständlich zu machen, um somit seine Wahrnehmungsstruktur zu beeinflussen (zu den Begriffen Primär- und Sekundärinformation vgl. Hansen 1972, S. 95 ff. und Ellinger 1966, S. 269 ff. sowie Becker 2009, S. 100 ff., S. 180 ff. und Weis 2007, S. 283 ff.). Die zu vermittelnde Basisinformation in der Werbung ist nicht nur in dem Produkt bzw. der Betriebsleistung selbst enthalten, sondern auch in dem semantischen Netz des produzierenden Unternehmens. Bei der Vermittlung neuer Produkte und dem damit verbundenen Entwurf von neuem Verhalten, also neuer Sitten (vgl. Grosse 1980, S. 14 ff.) sowie der Eröffnung neuer Märkte, also der Vergrößerung der Rezipientenmenge im betrieblichen Kommunikationsprozess gilt es, eine Komplexitätsreduktion vorzunehmen. Die hochdifferenzierte
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2 Modellbildung und Modellnutzung
und teilweise sehr abstrakte Information, die für einen Rezipienten nur verständlich ist, wenn er das betriebsspezifische Sprachrepertoire kennt, muss auf das Verständnisniveau eines „naiven Laien“ überführt werden, ohne dass die Unternehmensbotschaft, also die „tragende Idee“ des Produktes, dabei verloren geht. Das geht nur unter Verwendung von ikonischen Abbildungen und der Beschreibung mit umgangssprachlichen Begriffen: Die betriebsspezifische Sprache muss übersetzt werden. Zu Beginn und zum Ende des Produktentwicklungsprozesses liegen also Tätigkeitsfelder, die sich abbildungsorientiert artikulieren und somit eine geringe Abstraktionsstufe zum darzustellenden Realobjekt aufweisen. Dazwischen aber besteht die Notwendigkeit, hochkomplexe und äußerst abstrakte, innovative Modelle zu entwickeln oder Routinemodelle zu modifizieren, um die Unternehmung überhaupt erst in die Lage zu versetzen, die Produktionsleistung zu begründen und zu erbringen. Zur Bewältigung der Handlungsvorgaben im Unternehmen gehört somit auch die Überführung von Abbildungen in Begriffssysteme und deren quantitative Attribuierung sowie die Rückführung derselben in Abbildungen. Die bildliche Darstellung ist die älteste Form der Dokumentation von menschlichen Handlungszusammenhängen. Aus ihr heraus entwickelte sich zunächst die Hieroglyphenschrift, womit eine Basis geschaffen wurde, abstrakte Handlungsstrukturen als ikonische Abbildungen und als Schriftsprache, also in unmittelbar ineinander überführbaren Systemen, zu dokumentieren. „Das System der Ägypter sollte Kunst und Schrift gleichermaßen dienen; es zielte nicht auf perspektivische Täuschung, sondern auf die Klarheit der Darstellung ab“ (Vandersleyen 1975, S. 82). Mit dem Auftreten der Buchstabenschrift, zunächst in Keilform, (vgl. Ifrah 1986, S. 208 ff.) entkoppelte sich das System der sprachlichen Dokumentation von der bildlichen Darstellung. „Die Entwicklung der graphisch erzeugten Zeichen verläuft von der Ideenschrift über die Lautschrift zur Buchstabenschrift. In der Ideenschrift ist das „Geschriebene“ von den Lauten des Gesprochenen unabhängig. Die „Ideen“ werden direkt in Bilder (Piktogramme) umgesetzt. Durch die Eigenart der Schreibgeräte und des die Schrift tragenden Materials können diese Bildzeichen sich zu abstrakten Formen wandeln. Auf dieser abstrakten Stufe der Entwicklung wird dann auch der Weg zu einer Verbindung zwischen Schriftelementen und Satzoder Wortlauten frei. So konnte sich aus den ägyptischen Hieroglyphen die Buchstabenschrift entwickeln“ (Aicher/Krampen 1977, S. 17). Es ist jedoch nicht nur das Schreibgerät, das zu abstrakten Formen geführt hat, sondern auch die Trennung der Tätigkeitssphären des Künstlers und technischen Handwerkers einerseits und der Schreiber und Wissenschaftler andererseits. Ifrah (1986, S. 264) nennt die Verwendungsfelder der Kurzschrift der ägyptischen Schreiber: „Für die verschiedenen Rechnungen, Zählungen, Inventarlisten, Berichte und Testamente benutzten sie ebenso wie in administrativen, juristischen, kaufmännischen, literarischen, magischen, religiösen, mathematischen und astronomischen Texten häufiger die sogenannte hieratische Schrift.“
2.5 Objektbeschreibung durch Abbildungen
Abb. 2.21:
49
Modellierungsstufen von technischen Objekten (nach Spur/Krause)
Die beiden Darstellungsformen der Realwelt, die ikonische Zeichenbildung und die begriffliche quantitative Erfassung, wurden zunächst inkompatibel und dann inkommensurabel. Be-
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2 Modellbildung und Modellnutzung
trachtet man die wissenschaftliche Diskussion von heute, so stellt man fest, dass in der betriebswirtschaftlichen Literatur die Verwendung von ikonischen Abbildungen unüblich ist; in der ingenieurswissenschaftlichen Literatur gehört sie zur Regel. Beide arbeiten heute jedoch mit demselben Medium: Die moderne Datenverarbeitung versetzt uns in die Lage, Standund Bewegtbilder einerseits zu generieren und zu manipulieren sowie andererseits die hierbei verwendeten graphischen Modelle mit alphanumerischen Modellen zu koppeln. Wir haben somit eine Aussagenbasis, die uns erneut erlaubt, Sprach- und Bildaussagen unmittelbar ineinander zu überführen. Spur und Krause (1984, S. 119) stellen die gedankliche Kette von der Abbildung bis zum rechnerinternen Modell in der Abbildung 2.21 dar. Wiendahl (2010, S. 186 f.) sagt dazu: „Das reale Objekt erfährt zunächst eine Abstraktion in Form eines vom Benutzer und seinen Vorstellungen geprägten Modells. Das mentale Modell ist zu formalisieren und entsprechend den späteren Verwendungen (z. B. für die Zeichnungserstellung, Bauteileberechnung, Arbeitsplanung, NC-Programmierung oder Stücklistenerstellung) in ein Informationsmodell zu überführen. Es beschreibt die Objekte durch Punkte, Konturelemente, Flächen oder Volumen in Form eines rechnerinternen Modells in einer Datenbank.“ Diese Darstellung eröffnet die Vorstellung, eine einheitliche Datenbank zu etablieren, die auf einem mentalen Modell beruht und an der sich entsprechend der späteren Verwendung verschiedene Teilmodelle alimentieren lassen. Das ist nicht möglich und auch nicht zweckmäßig. Wir haben es bei der Bewältigung der betrieblichen Handlung mit sehr unterschiedlichen pragmatischen Zielsetzungen zu tun. In Bezug auf die unmittelbare Abbildung von Objekten ergeben sich drei Problemfelder. Es sind die Präzisionen von
Räumlichkeit, Zeit und Umfeld.
Jedes Objekt kann unterschiedlich detailliert werden. Betrachtet man ein Fabrikgebäude aus der Sicht eines Bebauungsplans, so ist ein Planmaßstab von 1:500 oder 1:1000 (vgl. Müller 1979, S. 263) notwendig, beschreibt man dasselbe Objekt der Ausführungsplanung, so sind nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAl § 15; siehe Hesse, Korbion, Mantscheff 1978, S. 21, siehe HOAI vom 30.04.2009, Auflage II) Konstruktionszeichnungen im Maßstab 1:50 bis 1:1 anzufertigen. Die Informationsfülle der Darstellungen im Maßstab 1:1 ist natürlich in der 1:1000-Planung nicht enthalten, und es ist auch nicht zweckmäßig, alle Elemente der 1:1000-Darstellung auf das 1:1-Niveau herunterzubrechen, sondern nur die, für die zusätzliche Aussagen der Detaillierung im Handlungskontext notwendig sind. Beide Modelle enthalten somit nur Teilinformationen, die es erlauben, zwischen ihnen eine Relation herzustellen; sie sind jedoch nicht DV-technisch gesehen aufwärts- und abwärtskompatibel. Das Gleiche gilt auch für die sehr wesentliche Unterscheidung bei DVModellen, die Objekte dreidimensional-vektororientiert oder zweidimensional-pixelorientiert abbilden. Beide Modellformen verweisen auf spezifische Sachverhalte des abzubildenden
2.5 Objektbeschreibung durch Abbildungen
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Objekts und eröffnen in ihrer Modellhandhabung unterschiedliche Verwendungszusammenhänge. In der betrieblichen Umwelt haben wir es nicht mit statischen, sondern hauptsächlich mit dynamischen Prozessen zu tun. Die DV erlaubt uns, solche zeitlichen Prozesse abzubilden und zu simulieren. Dabei entsteht dieselbe Problematik der Präzisierung wie bei den räumlichen Modellansprüchen. Geht es um die Steuerung von automatischen Anlagen, so ist eine „realtime“-, eine Realzeitverarbeitung im DV-Modell unabdingbar; es kann so der Ausstoß von Produkten mit einer Genauigkeit von Sekundenbruchteilen angegeben werden. Das entsprechende Konto in der Bilanz, wo die monetären Werte dieser Produkte aufgeführt werden, präzisiert ihre Zeitangabe mit einem Stichtag. Die Realwelt des Unternehmens definiert sich aus einer Vielzahl von Objekten und ihrer Relation zueinander. Betrachten wir bspw. in Abbildung 2.21 die Geometriedaten eines technischen Objekts, so liegt es nahe, dieselben Daten auch für die Steuerung der entsprechenden Fertigungsanlage zu verwenden, die dieses technische Objekt real herstellt. Aber auch hier haben wir es mit zwei unterschiedlichen Handlungskontexten zu tun, die entsprechend unterschiedliche Informationen benötigen. Ein Gesamtmodell kann somit Ballastinformationen mit sich schleppen, die für die spezifische Handlung überflüssig sind und somit die Modellhandhabung kompliziert, unübersichtlich und für den Nutzer träge gestalten. Es gilt also bei der Etablierung von DV-Modellen nicht nur die Abbildung der Realwelt zu gewährleisten, sondern Aspekte der Realwelt in einen Begründungszusammenhang zu stellen, der uns in einer übersichtlichen Form pragmatische Handlungsorientierungen gibt. Die Reflexion über Begründungszusammenhänge, wie etwa die Wertbildung, beruht nicht nur auf der Definition der Relationen der Einzelobjekte der realen Umwelt zueinander, sondern vor allem auf der Analyse der menschlichen Sichtweise der Handlungsbetroffenen. Um diese Zusammenhänge modellhaft darzustellen, benötigen wir abstrakte Konstrukte, die sich von der ikonischen Abbildung der Realwelt entfernen. Die Eröffnung der Kopplungsmöglichkeiten beider Modellbildungsarten durch die DV vergrößert das Potenzial an „Zwitterdarstellungen“, also Abbildungen, die nicht nur einen ikonischen Charakter haben, sondern auch begrifflich qualitativ bzw. qualitativ/quantitativ besetzt sind. Das sind nicht die tradierten und modernen mathematischen Modelle mit geometrischem Bezug, die ohnehin den theoretischen Hintergrund für die Kopplungsbasis der DVModelle liefern, sondern neue Sprachformen, die kennzeichnend für unsere Zeit sind und deren Weiterentwicklung durch den zunehmenden Einsatz von DV-Modellen begünstigt und gleichzeitig vorangetrieben wird: die Welt der Piktogramme und die Durchdringung von Piktogrammdarstellungen mit alphanumerischen Zeichen. Die Abbildung von Realobjekten ist abhängig vom Handlungszusammenhang, und jede soziale Gruppierung, wie bspw. eine Berufsgruppe, entwickelt dabei Symbole, die ihren Handlungsansprüchen gerecht wird. Die verwendeten graphischen Symbole entsprechen einer eigenen Sprache, ihr Inhalt wird nicht nur in eine Schreibsprache übersetzt (die sogenannte Zeichenerklärung), sondern auch ihre Zeichenausprägung wird normiert, d. h. der Verweis auf einen Sachverhalt der realen Objektwelt wird im Verwendungszusammenhang der sozialen Gruppe vereinheitlicht, damit eine „fehlerfreie“ Kommunikation innerhalb dieser Gruppe möglich wird.
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Abb. 2.22:
2 Modellbildung und Modellnutzung
Sinnbilder für Rohrleitungsanlagen (nach DIN)
2.5 Objektbeschreibung durch Abbildungen
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Diese Art der darstellerischen Abstraktion erlaubt die Darstellung von komplexen Strukturzusammenhängen und bildet selbst wiederum die Basis zur weiteren Abstraktion. Abbildung 2.22 zeigt bspw. die Sinnbilder für Rohrleitungsanlagen, normiert nach DIN 2429 (Deutsches Institut für Normung, 1988).
Abb. 2.23:
Ausschnitt aus einem Rechennetzplan (ohne Maßstab, nach Müller)
Der Installation von Rohrleitungen im Unternehmen geht eine Entwurfsarbeit voraus, in der die einzelnen Elemente wie Absperrer, Ventile und Hähne durch Leitungen unterschiedlicher Stärken miteinander verknüpft werden. Bevor man sich darüber Gedanken macht, wie die bautechnische Umsetzung erfolgen wird, gilt es das System in seinen Einzelteilen und in seiner Funktionsweise zu definieren. Die Elemente wie Absperrschieber, Absperrklappen, Absperrventil oder Vierwegehahn sind in ihren Leistungskenndaten normiert. Durch eine Vereinheitlichung der graphischen Symbole lassen sich ikonische Aspekte der Positionierung und funktionale Gegebenheiten der späteren Handhabung vor Ort in einer Darstellung miteinander verknüpfen. Verwendet man nun eine Teilmenge dieser Sinnbilder und ergänzt diese
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2 Modellbildung und Modellnutzung
durch zusätzliche alphanumerische Informationen, so gelangt man zu einer Abbildung (vgl. Abb. 2.23), die einerseits noch einen geometrischen Bezug hat bzw. in eine Darstellung mit ikonischem Charakter konvertiert werden kann, andererseits aber bereits so abstrakt ist, dass sie in ein quantitativ/qualitatives Begriffsmodell überführt werden kann (siehe dazu Müller 1979, S. 403). Um die Funktionsfähigkeit des Rohrleitungssystems zu gewährleisten, müssen neben den qualitativen ikonischen Angaben auch quantitative Größen definiert und miteinander verknüpft werden. Jeder Knoten sowie jede Leitung bekommt eine Identnummer und wird mit Attributen versehen. Knoten werden durch ihre Druckhöhe über Normalnull, ihren Betriebsdruck in Metern, ihre Geländehöhe und den Verbrauch in Litern pro Sekunde bestimmt; Rohrleitungen durch den Innendurchmesser d, die Wandrauigkeit k und ihre Gesamtlänge in Metern. Diese Angaben bilden den Input für die komplexen Berechnungen der Gruppenflüssigkeitsversorgung in einem eigenen, wiederum abstrakteren Modell. Die Erfassung der betrieblichen Realwelt bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung und Nutzung von DV-Modellen, hierbei weisen die Modelle mit ikonischer Zeichensetzung eine größere Nähe zur Objektwelt auf. Es sind aber die Informationssysteme mit symbolischen Zeichen, die den Entscheidungskontext reflektieren. Es gilt somit bei der Entwicklung innovativer Modelle im Rahmen der Planung von betrieblicher Leistung eine Kette zu erstellen, die einerseits den Gesamtzusammenhang erfasst und andererseits eine Informationsdurchlässigkeit gewährleistet (vgl. Abb. 2.24).
Abb. 2.24: Modellkette
Das betriebswirtschaftliche und das technische Controlling etablieren Regelkreismodelle im Unternehmen, die einen spezifischen Handlungszusammenhang der realen Objektwelt regulieren. Sowohl die Objektwelten als auch die zu formalisierenden Handlungsstrukturen sind vielfältig und vielschichtig. Daher ist die betriebliche Handlung nicht auf ein Megamodell zurückzuführen, aus dem sich alle genutzten Modelle quasi wie gedankliche Subsysteme ableiten lassen. Damit die menschliche Handlung aller am Unternehmensgeschehen beteilig-
2.6 Schrifttum
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ten Personen dennoch koordiniert werden kann, sind Handlungssituationen abzugrenzen, wo konsistente Teilmengen der Handlungsbetroffenen sozial interagieren. Für ihre Kommunikation etablieren sich Sprachformen mit einem eingeschränkten und gegebenenfalls wohldefinierten Zeichenrepertoire. Das ist die Basis für die Ausbildung von Verständnis und Konsens. Hierbei wird auf ikonische, symbolische und indexikalische Zeichen zurückgegriffen, welche sich in sogenannten Fachsprachen spezifisch in der Gesellschaft entwickeln. Das allein reicht jedoch nicht aus. Jedes Unternehmen entwickelt auch einen eigenen Sprachgebrauch mit ausdifferenzierten Zeichenrepertoires für die unterschiedlichen Handlungsfelder, den die Angehörigen des Unternehmens erlernen müssen. In Kommunikationssituationen mit Außenstehenden, wie bspw. den Konsumenten, kann auf dieses Wissen nicht zurückgegriffen werden. Es muss entweder durch die Verbreitung von Sekundärinformationen aufgebaut werden, oder aber man bedient sich der objektnahen ikonischen Zeichen, die unmittelbar auch für Betriebsfremde verständlich sind. Für den unternehmensinternen Gebrauch reicht jedoch eine Codierung nicht aus. Um die betriebliche Leistung als innovativen neuen Entwurf zu formulieren und in ihren späteren Handlungskonsequenzen zu reflektieren, bedarf es ebenso abstrakter Modelle wie zur Gewährleistung der Produktion und des Absatzes im operativen Tagesgeschäft. Die Konsequenz ist der Aufbau einer Modellkette, die sich in ihrer abstraktive Distanz immer mehr von der realen Objektwelt entfernt, dafür aber zusätzlich Reflexionszusammenhänge eröffnet. Technische Modelle orientieren sich zunächst an der Physis und sind somit eher objektnah. Wirtschaftliche Modelle überführen die Objektgegebenheiten auf monetäre Relationen. Damit wird eine große Objektdistanz schon mal die Voraussetzung für eine weitere Ausformulierung von Modellen. Eine vollständige Kompatibilität ist nicht möglich, wohl aber die Ausbildung von Schnittmengen in der Verwendung von Zeichenrepertoires. Ein Zeichen wird damit in zwei syntaktische, semantische und pragmatische Zusammenhänge gestellt. Haben wir für eine Betrachtungsmenge Schnittmengenzeichen, die als Input dienen und andere Schnittmengenzeichen mit einer weiteren Menge, die als Output fungieren, so kann eine funktionale Verbindung geschaffen werden. Man darf sich dabei aber nicht der Illusion hingeben, in Unternehmen eine homogene Handlungsstruktur aufbauen zu können. Wohl aber lässt sich mit technischen und wirtschaftlichen Controllingsystemen die Konsensbildung der Unternehmensangehörigen optimieren.
2.6
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3
Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Die Verfahren zur Unternehmensplanung und -kontrolle entwickeln sich als Betriebsspezifika. In jedem Unternehmen gibt es eine Vielfalt von Controllingverfahren, die auch bei einem radikalen Business Reengineering (siehe Hammer/Champy 1994) nicht von einem Tag auf den anderen durch neue Führungsmechanismen zu ersetzen sind. Sie enthalten einen Teil der Unternehmensgeschichte und sind nicht in schlauen Lehrbüchern nachzuschlagen. Jeder neue Mitarbeiter einer Unternehmung braucht erst einmal seine Zeit, um Zahlen, Texte und Zeichnungen zu verstehen, die in den verschiedenen Berichten komprimiert worden sind. Kein Betriebsangehöriger wird je alles verstehen können, denn dazu ist das Informationsangebot mit dem dazugehörigen Kontext zu groß. Man orientiert sich an seinem Handlungsfeld, durchdringt hier die betriebseigenen Strukturen und stellt Bezüge zum gesamten Unternehmensgeschehen her. Um den Stellenwert der einzelnen Controllingverfahren zu bestimmen, braucht man ein Klassifikationsraster. Es dient zur Entscheidung, ob ein Verfahren unverändert genutzt, ob es modifiziert oder gar abgeschafft und gegebenenfalls durch ein neues ersetzt wird. Es dient auch zur Kriteriengewinnung bei der Verfahrensinnovation. Jedes Verfahren ist eingebettet in ein
Handlungsfeld und eine Sozialstruktur.
Als Handlungsfeld können im Unternehmen Funktionsketten und Querschnittsbereiche unterschieden werden. Unternehmen sind Wertschöpfungsketten, in denen Leistung eingekauft, verarbeitet und veräußert wird. Sie können selbst Teil eines größeren Leistungsverbundes sein und/oder so komplex, dass sie sich als Konglomerat verschiedener Wertschöpfungsketten zusammensetzen. Jede Funktionskette bündelt eine Menge von technischen, wirtschaftlichen und kommunikativen Controllingverfahren. Jenseits dieser Funktionalität ergeben sich Querschnittsbereiche, wie bspw. das Personalwesen oder aber die Forschung und Entwicklung. Für die Organisation der Querschnittshandlungen werden wiederum spezifische Verfahren der Planung und Kontrolle etabliert und verwendet. Jedes Verfahren ist eingebettet in eine Sozialstruktur. Es dient zur Ordnung der menschlichen Interaktionsprozesse und ist ein Bestandteil der betrieblichen Kommunikation, welche zum Zweck der Leistungserstellung erbracht wird. Daher bildet ein inhaltlich in seinem Handlungsfeld abgegrenztes Informationsverfahren in der Regel ein System, das seine Nutzer unterschiedlich beansprucht. Einige müssen es täglich frequentieren, andere wöchentlich, monatlich oder jährlich. Einige bedürfen der vielfältigen Basisinformation, andere wollen sich lediglich über aggregierte Sachstände informieren. Die Handlungs-
60
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
betroffenen können nach einer Skala bestimmt werden, bei der an einem Ende der führungsorientierte Informationsbezug steht und am anderen Ende die umsetzungsorientierte Reagibilität. Erfährt ein Mitarbeiter aus der Produktion, dass sein Output nicht mehr der Qualitätsnorm entspricht, so muss er sofort reagieren. Dazu benötigt er eine Vielzahl von Detailinformationen. Nimmt ein Bereichsleiter den gleichen Sachstand zur Kenntnis, so ist er zumeist gar nicht in der Lage, eine sofortige Änderung herbeizuführen, wohl aber – aufgrund weiterer konsolidierter Informationen – kann er sich darüber Gedanken machen, wie dieser Vorfall in der Zukunft prinzipiell zu behandeln ist. Jedes Controllingverfahren hat bei vorgegebener Sozialstruktur und bezogen auf sein spezifisches Handlungsumfeld vier Bezugsmerkmale:
den Phasenbezug, den Zeitbezug, den Medienbezug und den Methodenbezug.
Diese vier Aspekte eines Verfahrens können nicht unabhängig voneinander analysiert werden. In einem spezifischen Fall bilden sich stets Relationen zwischen den Merkmalen aus, deren prinzipieller Zusammenhang in der Abbildung 3.1 dargestellt ist. Bezogen auf jedes abgegrenzte Handlungsfeld werden im Unternehmen operative und strategische Momente der Planung, der Durchführung und der Kontrolle als Verfahrenselemente institutionalisiert. Zur Inputbegründung und -verarbeitung werden statistische, analytische und hermeneutische Methoden benutzt. In der Regel sind nicht alle Informationen allen zugänglich bzw. werden nicht alle Informationen von allen Handlungsbetroffenen mit der gleichen Aufmerksamkeit rezipiert. Entsprechend der Sozialstruktur gliedern sich die Verfahren in rezipientenbezogene Teilsysteme. Die Controllingphasen sind Planung, Durchführung und Kontrolle. Jede dieser Phasen bindet Zeit und Mitarbeiter. Hierbei sind jedoch Planung und Kontrolle von der Durchführung aufgrund ihrer Ablaufstruktur zu unterscheiden. Die Durchführung ist zeitlich an den Prozess gekoppelt, für den eine Controllingstruktur etabliert worden ist. Entsprechend der Dauer eines Bestellvorganges im Einkauf oder einer Auftragsbestätigung in der Produktion erstrecken sich auch die korrespondierenden Maßnahmen der Durchführung des Controllinginstrumentariums. Die Planung hingegen erfolgt im Vorfeld der eigentlichen Leistungsgenerierung und kann prinzipiell störungsfreier getaktet werden. Es etablieren sich Wochen-, Monats- und Jahresrhythmen wie bspw. Planungsbesprechungen jeden Montag von 9.00 bis 11.00 Uhr oder der Beginn der Jahresplanung in der ersten Septemberwoche. Eine ähnliche Unabhängigkeit vom Basisprozess besteht auch bei der Kontrolle, allerdings nur dann, wenn nachträgliche Prozessänderungen aufgrund von Soll/Ist-Abweichungen besprochen und umgesetzt werden. Es gibt jedoch eine Reihe von Kontrollmaßnahmen, deren Ergebnis bei der Feststellung einer Störung unmittelbar prozesswirksam wird. Hier besteht eine Synchronizität mit der Basishandlung. Der Phasenbezug des Controllings erfordert eigenständige Instrumente. Es wird anders geplant als durchgeführt bzw. kontrolliert. Selbstverständlich bilden die drei Phasen jedoch selbst einen Gesamtprozess und müssen daher aufeinander abgestimmt sein.
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Abb. 3.1:
61
Verfahren zur Unternehmensplanung und -kontrolle
Controlling unterliegt einem Zeitbezug. Je nachdem, für welchen Zeitraum eine Controllingstruktur etabliert wird, sind unterschiedliche Verfahren anzuwenden. Wir können von einem Controllinghorizont sprechen, bei dem sich zwei Hauptkategorien ausbilden. Im operativen Controlling werden die Verfahren zusammengefasst, die sich auf ein bestehen-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
des Basissystem beziehen. Auch hier kann wieder nach dem Handlungshorizont diskriminiert werden. So lassen sich Tagessequenzen mit eigenständigen Mustern der Planung, Durchführung und Kontrolle von denen der Wochen-, Monats- oder Jahresstrukturen unterscheiden. Die Zeitkomponente bildet ein hervorragendes Moment zur Gliederung von Informationshierarchien. Tageswerte werden zu Wochenangaben, Wochenangaben zu Monatsergebnissen und Monatsergebnisse zu Jahreskennzahlen konsolidiert. Stets aber beruht diese Datenerfassung auf den Gegebenheiten der etablierten Handlungsstrukturen. Mit dem operativen Controlling wird nichts geändert, sondern das Vorhandene in einen verschachtelten Regelmechanismus gepresst. Dagegen wird beim strategischen Controlling nach Kriterien gesucht, wie man die vorhandenen Unternehmensgegebenheiten ändern kann. Es wird eine Metaebene ausgebildet, mit der man das Basissystem bewerten kann, um Entwicklungstendenzen zu evaluieren und die Bewegungsrichtung des Unternehmens zu fixieren. Das strategische Controlling bedarf einer andersartigen Begrifflichkeit als die operativen Verfahren. Werden hiermit neue Handlungsfelder fixiert, so müssen alsdann die neuen Informationssysteme des operativen Controllings hierfür entwickelt werden. Entscheidungen, die auf den Ergebnissen des strategischen Controllings beruhen, sind von erheblicher Tragweite. Ihr quantitativer Einsatz im Unternehmen ist jedoch gering. Das operative Controlling stellt die Hauptmenge der Verfahren, die in einem Betrieb verwendet werden. Controlling realisiert sich in Informations- und Kommunikationssystemen. Daraus ergibt sich ein Medienbezug. Die wichtigsten Controllingmedien sind die Berichtssysteme, also Produkte aus dem Printbereich. Diese werden in der Regel computergestützt produziert und sind daher Ausdruck einer DV-Applikation. DV- und Berichtssysteme sind nicht deckungsgleich. Das ergibt sich nicht nur aus den Unterschieden zwischen einem Printmedium und einem digitalen Medium, sondern auch aus Informationsinhalten. Der Beleg als Urquelle der betrieblichen Datenerfassung wird sukzessive von der digitalen Datensammlung abgelöst. Die DV-Applikation einer Controllingstruktur umfasst daher die Gesamtmenge der erhobenen und verarbeiteten Informationen, das Berichtssystem enthält hiervon eine Teilmenge. Neben den medialen Unterschieden bei der Rezeption ergeben sich daher auch sehr unterschiedliche kommunikative Interaktionen. An der DV-Applikation sind in der Regel mehrere Mitarbeiter beteiligt mit jeweils mehr kommunikativen Kontakten. Die Zielgruppe der Berichtssysteme ist ein eingegrenzter Personenkreis, der mit den Informationen eine entscheidungsorientierte Kommunikation aufnimmt. In Berichtssystemen werden Planungs-, Durchsetzungs- sowie Kontrollaspekte zusammengezogen und vom Basisgeschehen abgekoppelt. Die DVApplikation erfährt hingegen eine erhebliche Ausdehnung durch die Online-Koppelung mit dem Basissystem der eigentlichen operativen Handlung. Schließlich hat das Controlling einen Methodenbezug. Eigentliche Controllingmethoden gibt es nicht. Controlling ist eine soziale Handlung und äußert sich im Unternehmen in Form von Verfahren. Eine Methode hingegen ist ein abstraktes Prinzip, wie mit den Inhalten der Information umgegangen werden soll. Selbstverständlich werden in den einzelnen Controllingverfahren Methoden implementiert, sie werden sozusagen gezielt angezogen, um eine bestimmte Informationskoppelung oder eine spezifische Art der Datenverarbeitung zu gewährleisten. Zerlegt man einen gesamten Controllingprozess in einzelne Schritte, die jeweils die Struktur Input – Verarbeitung – Output aufweisen, so kann die Verarbeitung in unterschiedlicher Form ausgeführt werden, je nachdem, welche Methode herangezogen wird. Eine
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
63
spezifische Methode kann auch die Anforderungen des Inputs verändern und auf die Qualität des Outputs einwirken. Es können in der betrieblichen Handlung drei Methodengruppen unterschieden werden: die Empirie, die Analytik und die Hermeneutik. Bei der Empirie greift man auf Erfahrungen zurück. Hierzu werden Daten aus vergangenen Erhebungszeitpunkten mit statistischen Methoden verarbeitet. Empirische Methoden sind im Controlling zweckmäßig, wenn man etablierte Handlungsstrukturen perpetuiert. Müssen jedoch neue Sachstände reguliert werden, so können aus der Vergangenheit keine Erfahrungswerte unmittelbar herangezogen werden. Hier gilt es Modelle zu entwickeln, die die Zukunft abbilden. Mit der Analytik werden Methoden eingesetzt, die zu mathematischen Verrechnungen führen, wie bspw. die lineare Optimierung. Das setzt voraus, dass der betriebliche Sachstand sowohl qualitativ als auch quantitativ determiniert ist. Ist das nicht der Fall, so muss eine Unternehmensvision anders formuliert werden. Hierzu bietet sich das Methodenrepertoire der Hermeneutik an – bspw. die hermeneutische Spirale oder die Dialektik – um einen Konsens zu fundieren, der das Controlling trägt.
3.1
Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
Jedes Unternehmen muss seine eigenen Controllingstrukturen entwickeln und aufbauen. Dabei werden verallgemeinerte Modelle aus der theoretischen Diskussion verwendet – unter Zuhilfenahme genereller Methoden – und so modifiziert, dass sie den spezifischen Realitäten des Unternehmens entsprechen. Hier unterscheiden sich die technischen, wirtschaftlichen und die kommunikativen Betrachtungsweisen voneinander. Alle drei Formen erfordern jeweils ihren eigenen wirtschaftlichen Kontext und gliedern sich entsprechend der vielfältigen Handlungssituationen in ein für das Unternehmen anwendbares Repertoire. Wie auch immer die Auswahl von Modellen und Methoden getroffen wird, sie müssen in ihrer Anwendungssituation den Gegebenheiten angepasst werden. Das bedeutet, sie setzen auf die vorhandene betriebliche Infrastruktur auf, und das gilt für das wirtschaftliche sowie für das technische Controlling gleichermaßen. In beiden Fällen werden die Verfahrensrepertoires von den Menschen verwendet, die im Unternehmen tätig sind, und sie werden von der Computertechnologie verarbeitet, die alle miteinander vernetzt. Die soziale und die technische Infrastruktur bilden einen gemeinsamen Nenner für die Applikation von wirtschaftlichen und technischen Handlungsansätzen. Das Handlungsfeld der wirtschaftlichen Planungs- und Kontrollsysteme ist der Betrieb, als eine planvoll organisierte Einheit, in der Sachgüter und Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden (vgl. Wöhe 1984, S. 4). Dabei konzentriert sich das Interesse der betriebswirtschaftlichen Handlungssystembildung auf die Güter- und Finanzbewegung des Betriebes bzw. auf die Abbildung der personen- und anlagenbedingten Güterbewegungen durch die Finanzbewegungen. Wöhe bildet die Güter- und Finanzbewegungen des Betriebes als ein Input-Output Modell ab, in dem zwischen Staat, Geld- und Kapitalmarkt sowie Beschaffungs- und Absatzmarkt einerseits und dem Betrieb andererseits ein Güter-Finanz- oder ein Finanz-Finanzaustausch besteht (siehe hierzu Schulte 2007, S. 2; vgl. Abb. 3.2). Der unternehmerische Aktionsraum wird umgeben durch das Rechnungswesen, also der Finanzsphäre, wo die realen monetären Bewegungen geplant, gesteuert und kontrolliert werden. Hier findet die monetäre Umcodierung statt. Alle Realgüterbewegungen, so auch die der Informationstechnologie, bekommen an der Unternehmensperipherie einen monetären Wert
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
zugewiesen. Alle weiteren Instrumente des Controllings setzen auf die primäre Wertzuweisung des Rechnungswesens auf. Innerhalb des Unternehmens findet ebenfalls eine komplexe Güterbewegung statt. Das Personal determiniert die dispositiven Faktoren.
Abb. 3.2:
Güter- und Finanzströme des Unternehmens (nach Schulte)
Der Personal- und Anlagenbestand bildet mit dem Roh-, Hilfs- und Betriebsstofflager die Elementarfaktoren. Beide Faktoren bestimmen die Produktion und somit die Erstellung der Betriebsleistung zunächst als unfertiges, alsdann als fertiges Erzeugnis, welches der Verwertung der Betriebsleistung, also dem Absatz, zugeführt wird. Diese innerbetrieblichen Bewegungen werden nicht durch einen realen, monetären Prozess begleitet. Damit sie jedoch im Rahmen von betriebswirtschaftlichen Planungs- und Kontrollsystemen in ihrem Werteinsatz zu verfolgen sind, werden sie dennoch als monetäre Aktivitäten abgebildet. Es sind jedoch pseudomonetäre Bewegungen, deren Wertzuweisungen umso mehr Spielraum erfahren, je weiter sie von einem monetären Prozess entfernt sind. Die Wertzuweisung kann sowohl über die eingesetzten Betriebsfaktoren (resultierend aus dem monetären Einsatz für Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Werkstoffe) nach vorn als auch auf die generierten Mittel auf dem Absatzmarkt rückwärts gerechnet werden. Je nach Auffassung und Verfahren ergibt sich eine unterschiedliche Bewertung der spezifischen innerbetrieblichen Vorgänge.
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
65
Es ist nun die Aufgabe des Rechnungswesens, als zentrales Moment der Regelung von Entscheidungsprozessen und somit der Planung, Steuerung und Kontrolle von betrieblichen Zielsetzungen, die betriebliche Realität bzw. ihre wertmäßige Interpretation abzubilden. Aufgrund der Vielfalt von Entscheidungssituationen gibt es keine einheitliche Modellbildung, sondern es werden eine Vielzahl von Wertstrukturen angeboten, die den jeweiligen Handlungsansprüchen gerecht werden sollen. Das Instrumentarium zur Abbildung wertmäßiger, betrieblicher Strukturen wird in seiner Ausprägung aber nicht nur durch die unterschiedlichen Handlungssituationen, sondern auch durch die Ansprüche unterschiedlicher Rezipientengruppen bestimmt. Die Art der dargebotenen Abbildungen orientiert sich also auch an den Informationsbedürfnissen der verschiedenen Anspruchsgruppen einer Unternehmung (vgl. hierzu Freeman, 1984, S. 55 sowie Friedman/Miles 2009, S. 13 ff.). Walz und Gramlich (2011, S. 11, vgl. Abb. 3.3) differenzieren diese in Kern- und Satellitenorgane und verweisen auf die verschiedenen Zielsetzungen der Organisationsteilnehmer oder Marktplaner.
Abb. 3.3:
Anspruchsgruppen der Unternehmung und ihre Ziele (nach Walz, Gramlich)
Die Anspruchsgruppen „versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten (Machtpotenziale) auf alle relevanten Unternehmensentscheidungen und somit auch auf Entscheidungen über In-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
vestitions- oder Finanzierungsprojekte Einfluss zu nehmen. Der Einfluss interner und externer Anspruchsgruppen hat sich in den letzten Jahrzehnten ständig erhöht“ (ebenda S. 21 f.), und ihre Handlungsmotivation ist sehr unterschiedlich. Sie erstreckt sich von der Sicherheit des Arbeitsplatzes, der Vermeidung von negativen Ausstrahlungseffekten bis hin zum Ziel, ein hohes Einkommen auf das eingebrachte Kapital oder auf die eingebrachte Leistung zu erwirtschaften. Die Struktur betriebswirtschaftlicher Planungs- und Kontrollsysteme unterliegt somit den Gegebenheiten der medialen sowie der computerisierten Kommunikationsstruktur. Im Rahmen von Entscheidungsprozessen werden der Betrieb und sein Geschehen als monetäres Konstrukt abgebildet. Dies geschieht nicht in eindeutiger Weise; der Abbilder hat vielmehr einen interpretativen Spielraum. Es wird somit bereits bei der Generierung aus der Vielzahl vorhandener Informationen selektiert, bedingt durch die Entscheidungssituation, allgemeine betriebliche Zielsetzungen, aber auch durch eine spezifische, dem Ersteller eigene Zielsetzung. Die Abbildung wird innerhalb des Entscheidungsprozesses und somit innerhalb eines Kommunikationsprozesses von Rezipienten erhalten, aber nur bedingt, also selektiv wahrgenommen. Nicht nur, dass der Empfänger über ein eigenes, zum Sender unterschiedliches Repertoire zur Interpretation verfügt, sondern auch seine Zielsetzung und daher seine Wahrnehmungsmotivation kann sich erheblich von der des Wertekonstrukterstellers unterscheiden. Mit der Entwicklung von neuer betrieblicher Leistung wird die Leistungserstellung und somit der Produktionsprozess im Unternehmen entweder gänzlich neu gestaltet oder in seinem Bestand modifiziert. Das Produktionssystem, in dem Materialien, Zukaufteile, Betriebsmittel und Personen über die Handlungsbereiche der Beschaffung, der Produktion und des Vertriebes zur Generierung von Erzeugnissen organisiert werden, ist eingebettet in eine technisch-kaufmännische Gesamtplanung.
Die Gestaltung des Produktes und des Produktionsumfeldes äußert sich in der Ausprägung der Beschaffungs-, der Produktions- und der Absatzplanung. Während die Absatzplanung, ebenso wie die Finanz-, die Kosten- und Erfolgsrechnung sowie das Rechnungswesen der kaufmännischen Seite zugeordnet wird, ist die Produktions- und Beschaffungsplanung ein integrativer Bestandteil der technischen Produktionsentwicklung. Die Nachfrage nach Material, Betriebsmitteln und Personal wird durch die Produktausprägung und deren Umsetzung in der Produktion bestimmt. Es entsteht eine starke Trennung der Funktionen durch die Orientierung auf eine geometriebezogene und eine administrative Auftragsbearbeitung, die nur durch dünne Fäden gekoppelt sind (vgl. dazu Wiendahl 2010, S. 152 ff.). Reinhardt (1987, S. 379; siehe Abb. 3.4) greift diesen Gedanken auf und veranschaulicht ihn durch eine Abbildung, wobei er die technische, objekthafte Modellbildung an den geometrischen Datenfluss bindet, der die Konstruktion, die Arbeitsplanung, die Fertigung und schließlich die Qualitätskontrolle determiniert. Der administrative Datenfluss erfasst hingegen vornehmlich den Vertrieb, den Einkauf, die
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
67
Fertigungssteuerung samt BDE (Betriebsdatenerfassung), die Rechnungslegung und den Versand.
Abb. 3.4:
Administrative und geometriebezogene Auftragsbearbeitung (nach Reinhardt)
Die Produktentwicklung ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensorganisation. Sie ist eingebettet in den Strukturen der Aufbau- und Ablauforganisation im Unternehmen. Technische und wirtschaftliche Verfahren variieren auch mit der Größe des Unternehmens. Mertins (1989, S. 621; siehe Abb. 3.5) gliedert die Arbeitsteilung der Industriebetriebe nach Einmannbetrieb, Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großbetrieb, und hierbei grenzt er die Funktionsbereiche Produktion (technischer Bereich) von Verwaltung und Vertrieb (kaufmännischer Bereich) ab. Bereits bei Kleinbetrieben teilt sich die Produktion in Konstruktion und Fertigung. Aber erst in den Mittelbetrieben strukturieren sich die Funktionsabläufe in Konstruktion, Fertigungsplanung, Hilfsbetriebe, Fertigungssteuerung, Fertigung und Montage, mithin in die Handlungsfelder, in denen technische Verfahren zur Produktentwicklung erst richtig zum rentablen Einsatz kommen können. Es ist daher selbstverständlich, dass die Entwicklung von Controllingverfahren in Abhängigkeit von der sozialen Infrastruktur und damit von der Größe sowie der Branche des Betrachtungsunternehmens konzipiert werden muss.
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
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GROSSBETRIEB
Arbeitsteilung in Industriebetrieben (nach Mertins)
Aufbau- und Ablauforganisation
Kosiol (1976) definiert die Organisation eines Unternehmens als die Strukturierung von Potenzialgefüge in der Aufbauorganisation und dem Prozessgefüge in der Ablauforganisation. Zunächst wird die betriebliche Aufgabe analysiert und in Teilaufgaben gesplittet. Jeweilige Querschnitte hiervon bilden die Arbeitselemente, welche einer Arbeitsanalyse zur Gestaltung des Prozessgefüges unterzogen werden. Die Teilaufgaben werden in der Aufgabensynthese zu Stellen zusammengefasst, Arbeitsplatzbeschreibungen für Ausführende, die alsdann in Gruppen und Abteilungen in die Hierarchie der Aufbauorganisation zu integrieren sind. Die Arbeitsanalyse wiederum mündet in die Arbeitssynthese, also die Festsetzung des personalen und des räumlichen (inklusive der Werkstoffe und Produktionsmittel) Einsatzes in
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
69
einer Zeitstruktur. Hieraus bildet sich die Ablauforganisation (vgl. Bleicher 1991, S. 104; siehe Abb. 3.6). Aufbau- und Ablauforganisation entstehen nur in Ausnahmefällen vollständig geplant. Es sind Wachstums- und Veränderungsprozesse, welche sich über Jahrzehnte hinweg ziehen, in denen jede einzelne Modifikation auf einen „historisch“ vorgegebenen Zustand Rücksicht nehmen muss. Kennzeichnend für den Taylorismus ist die Trennung zwischen der Ausführung und der Definition der auszuführenden Arbeit (siehe hierzu Boos/Völker/Schulz 2011, S. 18 ff.). Noch heute werden die Leistungsstellen (Entscheidungsstellen) von den Ausführungsstellen (Realisierungsstellen) diskriminiert; eine Trennung, die bei zunehmender Komplexität und Vernetzung der Arbeitsstellen nur noch bedingt aufrechtzuerhalten ist. Neben der Aufbau- und Ablauforganisation bildet sich im Unternehmen eine dritte organisatorische Ebene dann, wenn es darum geht, Veränderungen zu realisieren. Hier entsteht eine Projektorganisation. „Produkt- und Prozessinnovationen werden durch sekundäre Organisationsstrukturen begünstigt, die über eine Primärorganisation hinweg neue Produkt- oder Prozessaktivitäten zusammenfassen. Die Primärorganisation bezeichnet hierbei die Grundstruktur und die Sekundärorganisation die sie überlagernde Struktur. Ein Entscheid über die Bedeutung von beiden Organisationsstrukturen ist dabei noch nicht getroffen. Oftmals spielt sich heute das Unternehmensgeschehen in den als sekundär bezeichneten Strukturen ab. Die Grundstrukturen bleiben hiervon unberührt notwendig und wichtig“ (Bühner 2004, S. 196). Grundlage einer betriebswirtschaftlichen Organisationstheorie, so Frese (1991, S. 2) sind folgende drei Merkmale:
Betriebe sind Handlungssysteme mit den Tätigkeitsfeldern der Informationssammlung, Entscheidung, Realisation und Kontrolle. Die Handlungen sind zielorientiert, und es herrscht eine interpersonelle Arbeitsteilung.
Je nach der Charakteristik (Wiederholbarkeit und Vorhersehbarkeit) der zu erfüllenden Aufgabe wird der aufgabenbezogene Organisationsgrad festgelegt. Bühner (2004, S. 9; vgl. Abb. 3.7) fasst die Definitionsmerkmale einer Aufgabe zusammen, indem einem Aufgabenträger (Mensch, Sachmittel) Verrichtung, Objekt, Zeit und Raum vorgegeben werden. Es zeigt sich, dass in der betriebswirtschaftlichen Theoriebildung eine geordnete Struktur menschlicher Handlung der Ausgangspunkt aller Betrachtungen ist. Es kommt vor allem darauf an, idealtypische Handlungsmuster bereitzustellen, die den Aufbau einer Organisation und die Ablaufplanung der einzelnen Tätigkeiten determinieren. Es gilt dann in der Praxis, eine spezifische Modifikation zu entwickeln, die der jeweiligen realen Situation gerecht wird.
70
Abb. 3.6:
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Entwicklung der Aufbau- und Ablauforganisation aus den betrieblichen Aufgaben (nach Bleicher)
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
Abb. 3.7:
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Merkmale der Aufgabenerfüllung (nach Bühner)
Küpper und Ortmann zeichnen ein anderes Bild. In ihrem Sammelband „Mikropolitik“ beleuchten sie eine Kehrseite des betrieblichen Zusammenlebens, die der Unternehmensrealität sehr nahekommt und die im Vorwort äußerst anschaulich artikuliert ist: „In Organisationen tobt das Leben. Weit von jenen anämischen Gebilden entfernt, die in der althergebrachten Forschung unter dem Namen ‚Organisationsstruktur‘ ihr schattenhaftes Dasein fristen und von oben bis unten vermessen werden, sind sie in Wirklichkeit Arenen heftiger Kämpfe, heimlicher Mauscheleien und gefährlicher Spiele mit wechselnden Spielern, Strategien, Regeln und Fronten. Der Leim, der sie zusammenhält, besteht aus partiellen Interessenkonvergenzen, Bündnissen und Koalitionen, aus side payments und Beiseitegeschafftem, aus Kollaboration und auch aus Resistance, vor allem aber: aus machtvoll ausgeübtem Druck und struktureller Gewalt; denn wer wollte glauben, dass dieses unordentliche Gemenge anders zusammen- und im Tritt gehalten werden könnte? Die Machiavelli der Organisation sind umringt von Bremsern und Treibern, changeagents und Agenten des ewig Gestrigen, Märtyrern und Parasiten, grauen Eminenzen, leidenschaftlichen Spielern und gewieften Taktikern: Mikropolitiker allesamt. Sie zahlen Preise und stellen Weichen, errichten Blockaden oder springen auf Züge, geraten aufs Abstellgleis oder fallen die Treppe hinauf, gehen in Deckung oder seilen sich ab, verteilen schwarze Peter und holen Verstärkung, suchen Rückendeckung und Absicherung, setzen Brückenköpfe und lassen Bomben platzen, schaffen vollendete Tatsachen oder suchen das Gespräch. Dass es ihnen um die Sache nicht ginge, lässt sich nicht behaupten; aber immer läuft mit: der Kampf um Positionen und Besitzstände, Ressourcen und Karrieren, Einfluss und Macht“ (Küpper, Ortmann 1988, S. 7). Der organisatorische Alltag ist mühsam. Hervorragende organisatorische Konzepte scheitern an Machtstrukturen, Kompetenzen und Inkompetenzen, Freundschaften und Feindschaften, Termindruck und überlangen Wartezeiten. Es ist dennoch eine Aufgabe der Unternehmensstrategie, neue Handlungskonzepte zu entwickeln und zu etablieren. Es gilt also auch, die Organisation zu gestalten, um ein neues Produkt umzusetzen. Staehle (1988, S. 161; siehe Abb. 3.8) verdeutlicht, dass hier weit mehr als eine Zweckrationalität mitberücksichtigt werden muss. Der situative Kontext eröffnet dem Organisationsgestalter einen begrenzten Spielraum, um mit der Modifizierung der Organisa-
72
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
tionsstruktur das Verhalten der Organisationsmitglieder zu prägen. Hierbei spielt die Berücksichtigung von Organisationsklima und Betriebskultur eine ebenso bedeutende Rolle wie das Kriterium der Effizienz. Trotz dieser vielfachen Interdependenzen gilt es bei der Definition der sozialen Infrastruktur zunächst die Arbeitsaufgabe eines jeden zu determinieren, der später im Handlungszusammenhang der Leistungserstellung eingebunden ist. Es werden somit sowohl Input und Output (Arbeitsgegenstände, Energie, Information und Material) am Arbeitsplatz bzw. der einzelnen Arbeitsabläufe geplant als auch die Arbeitsumgebungs- und Umwelteinflüsse bestimmt (Scholz 2000, S. 243; vgl. Abb. 3.9). Dabei wird die Planung umso erfolgreicher, je weniger Störungen bei der Umsetzung auftreten, und diese ergeben sich aus irrationalen Schwebungen jedweder Organisation, die im Planungsprozess miteinbezogen werden müssen.
Abb. 3.8:
Organisationsgestaltung und Effizienz (nach Staehle)
Abb. 3.9:
Das Arbeitssystem (nach Scholz)
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
73
Bei der Gestaltung der formalen organisatorischen Rolle des Individuums entwickelt sich ein Zusammenspiel von Umwelt, Organisation und Gruppe. Das Individuum wird nach Kieser/Kubicek (1983, S. 419; siehe Abb. 3.10) durch die formale Organisationsstruktur, die Technologie, die Erwartungen der Kollegen und die Erwartungen des Vorgesetzten beeinflusst. Hieraus ergibt sich das individuelle Wahrnehmungsangebot, welches selektiv aufgenommen und in ein kognitives aufgabenbezogenes Verhalten umgesetzt wird. Es ist dabei jedoch unbedingt notwendig, zwischen der individuellen Rezeption und dem real beobachtbaren Verhalten zu unterscheiden. Die individuellen Unterschiede im Erfahrungshintergrund, in den Einstellungen, Bedürfnissen und Zielvorstellungen bedingen stets einen andersartigen Interpretationshintergrund bei der Aufnahme der gesamtbetrieblichen Information. Die Ausprägung der betrieblichen Ansprüche an das individuelle Verhalten ergibt sich durch die Festsetzung der spezifischen Struktur in drei Dimensionen. Zum einen ist die Autoritätshierarchie zu definieren, zum anderen gilt es, die Arbeitsverfahren zu bestimmen, und schließlich ist die Arbeitsteilung zu fixieren. Jedes einzelne Arbeitsverfahren bedarf einer Ablauforganisation und ist somit in Arbeitsgänge sowie je nach seinem Anteil an dispositiven Tätigkeiten weiter in Gangstufen und Gangelemente zu gliedern. An diesem Vorgehen wird deutlich, dass hier zunächst Tätigkeitsarten Aufgabenträgern zugeordnet werden, die nach Funktionen gegliedert sind. Die eigentliche betriebliche Aufgabe ist es jedoch, nicht Funktionen zu verrichten, sondern ganzheitliche, für den Konsumenten erfahrbare Leistungen zu erstellen. Wird jedoch die Struktur dieser Leistung verändert, so ändern sich nicht nur bestimmte Ablaufprozeduren, sondern es kann eine Modifikation der Aufbauorganisation notwendig werden. Das Gestaltungsproblem der Aufbauorganisation ergibt sich aus den drei Dimensionen der Leistungserstellung als Aufgabe:
ihrem Verrichtungscharakter, der die Art der notwendigen Tätigkeiten betont (Forschen, Entwickeln, Einkaufen, Lagern, Transportieren, Verkaufen, Verwalten), ihrem Objektcharakter (Stoffe a, b, c ..., Produkte A, B, C ..., Kunden Alpha, Beta, Gamma ...) und ihrem regionalen Bezug (Standort 1, 2, 3; Verkaufsgebiet I, II, III ...).
In einer Organisationsstruktur werden die Tätigkeitsfelder, die Kompetenzen und vor allem die sozialen Ränge zur Über- und Unterordnung, also die Hierarchie sowie die Weisungsbefugnisse festgeschrieben. Diese müssen nicht nur klar gefasst sein, sondern die Struktur muss hinreichend einfach und plausibel gestaltet werden, sodass sie für alle Mitglieder der sozialen Gemeinschaft nachvollziehbar ist. Eine dreidimensionale Struktur ist jedoch häufig zu komplex, um als Gerüst soziotechnischen Handelns dienen zu können. Organisationsstrukturen unterliegen dem gesellschaftlichen Wandel. Die traditionellste Form ist die eindimensionale Verrichtungsorganisation, die sich auch in der Begrifflichkeit und Grundstruktur der externen Rechnungslegung widerspiegelt. Die Verrichtungsorganisation wird in der Praxis auch als funktionale Organisation bezeichnet und geht von den Kerntätig-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
keitsfeldern eines Unternehmens aus: Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Fertigung, Absatz und Verwaltung (vgl. Abb. 3.11).
Abb. 3.10:
Umwelt, Organisation, Gruppe und Individuum (nach Kieser/Kubicek)
In der Verrichtungsorganisation manifestiert sich somit der Realgüterstrom. Die Produktion von Gütern ist geprägt durch die Subsysteme der Beschaffung, der Fertigung und des Absatzes von Gütern. Input, Verarbeitung und Output von Leistungen stellen die eigentlichen operativen Tätigkeiten des Unternehmens dar. Forschung und Entwicklung sowie Verwaltung
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
75
bilden einen Überbau, der sich zunächst nicht nur unmittelbar, sondern mittelbar auf das Betriebsgeschehen auswirkt.
Abb. 3.11:
Grundmodell einer Verrichtungsorganisation
Während der Realgüterstrom vom Beschaffungsmarkt über Einkauf, verschiedene Fertigungsstufen mit den jeweiligen Liegezeiten zum Verkauf und somit auf den Absatzmarkt führt, geht der Informationsfluss des Auftragsablaufes in gegenläufige Richtung (vgl. Bleicher 1991, S. 146; siehe Abb. 3.12).
Abb. 3.12:
3.1.2
Bildung von Subsystemen aus Verrichtungsaufgaben des Realgüterstroms (nach Bleicher)
Prozessorientierte Strukturen und Projektorganisation
Bei einer prozessorientierten Struktur löst sich das Unternehmen von der herkömmlichen, funktionalen Organisation und richtet seine Arbeitsabläufe nach Kernprozessen aus. Die Gestaltung eines Geschäftsprozesses durchläuft die Phasen der Definition, der Strukturierung, der Realisierung und der Optimierung. Kampker/Schuh/Schittny (2011, S. 151 ff.; vgl. Abb. 3.13 und 3.14) unterscheiden nach Vahs (2007) zwischen der prozessorientierten Pri-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
mär- und Sekundärorganisation: „Bei der prozessorientierten Primärorganisation wird das gesamte Unternehmen in Bereiche mit materiellen und informationellen Prozessen unterteilt, die alle miteinander verknüpft sind. Diese stellen eigenständige Organisationseinheiten dar und können völlig autonom ganzheitliche Aufträge bearbeiten. [...] Als prozessorientierte Sekundärorganisation überlagert das Prozessmanagement bereits bestehende Primärstrukturen. Die Folge ist eine prozessorientierte Matrixorganisation, die aus einer vertikalen Dimension „Funktion“ und einer horizontalen Dimension „Prozess“ bestehen kann. Auf diese Weise stellen die funktionsübergreifenden Geschäftsprozesse eine Schnittstelle dar. In jedem der ehemals getrennten funktionellen Bereiche existiert ein Prozessmanager (Process Owner), dessen Aufgabe die Steuerung aller Prozessabläufe umfasst.“
Abb. 3.13:
Prozessmanagement als Primärorganisation (nach Kampker, Schuh und Schittny)
Abb. 3.14:
Prozessmanagement als Sekundärorganisation (nach Kampker, Schuh und Schittny)
Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zeigt sich in der Flexibilität, neuen Situationen gerecht zu werden. Schumpeter (1911/1993, S. 100 f.) bewertet Innovationen als einen Gradmesser für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Betriebes. Die Innovation be-
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
77
steht aus der Entwicklung neuer Ideen und deren organisatorischer Umsetzung. Zwei Arten der Neuerung sind zu unterscheiden (vgl. Bühner 2004, S. 185; siehe Abb. 3.15):
die Produktinnovation mit dem Ziel, verbesserte oder neue Produkte zum Erhalt und zur Erweiterung vorhandener bzw. zur Erschließung neuer Märkte zu erzeugen; die Prozessinnovation, welche sich mit der Gestaltung neuer Verfahrensweisen auseinandersetzt, um die Produkterstellung wirtschaftlicher bzw. die Erbringung von Dienstleistungen rationeller zu bewerkstelligen.
Die Integration neuer Technologien über DV-gesteuerte Systeme hat dazu beigetragen, dass der Innovationsprozess häufig beide Komponenten beinhaltet, auch wenn der Ausgangspunkt unterschiedlich sein kann. Sowohl die Planung neuer Produkte als auch die Entwicklung neuer Fertigungsverfahren beinhalten die Reflexion über die Interdependenz der Neuerung auf die jeweiligen anderen Betriebsgegebenheiten. In jedem Fall gilt es, innovative Information zu entwickeln, die zu einem späteren Zeitpunkt als Routineinformation verwendet werden soll. Es ist daher unumgänglich, den Entwicklungsprozess organisatorisch vom betrieblichen Alltag abzukoppeln. Es entsteht neben der Aufbau- und Ablaufstruktur als Primärorganisation im Unternehmen eine zweite Handlungsebene. Es ist die sekundäre Struktur der Projektorganisation. Dabei lässt sich die Ausprägung der Sekundärorganisation nicht im Vorfeld genau definieren. Der Innovationsprozess zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass Neuland betreten wird und somit neue Verhaltensmuster gegebenenfalls erforderlich werden. Der Innovationsprozess erfordert dementsprechend eine Batterie von Organisationsverfahren, die sich je nach Innovationsart und -zeitpunkt als Sekundärorganisation manifestieren.
Abb. 3.15:
Sekundärorganisation der Innovation (nach Bühner)
Der Innovationsprozess ist demnach einem rollenden Verfahren gleichzusetzen, bei dem die Unternehmensziele ständig zur Überprüfung der unternehmerischen Leistung im Markt, der Produkttechnologie und der Produktion zwingen. Das Projekt-Controlling im Sinne der Planung und Kontrolle sowie der Gestaltung des hierfür notwendigen Systems der innerbetrieblichen Innovation (vgl. Horváth 2000, S. 790 ff.) ist den Abteilungen einer verrichtungs-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
orientierten Primärorganisation temporär einzubetten (vgl. Riedl 1990, S. 45; siehe Abb. 3.16).
Abb. 3.16:
Linien- und Projektorganisation (nach Riedl)
So entstehen zeitgebundene Matrixorganisationen, die aber häufig einer gewissen Fragilität unterworfen sind, bedingt durch den Umstand, dass Innovationen in der Überführung zur Routine zu Betriebsveränderungen beitragen. Solange die Ideen sich abstrakt im Planungsstadium befinden, sind sie für die Abteilungen lästig, aber nicht gefährlich. Konkretisieren sich die Änderungsstrukturen, so formiert sich Widerstand, der Innovationsverfahren stets erschwert. Riedl charakterisiert seine Erfahrungen in der Praxis durch den Ausspruch von Machiavelli: „Nichts ist vom Erfolg her zweifelhafter und von der Durchführung her gefährlicher als der Wille, sich zum Neueren aufzuschwingen. Denn wer dies tut, hat die Nutznießer des alten Zustandes zu Feinden, während er in den möglichen Nutznießern des neuen Zustandes nur lasche Verteidiger findet“ (Machiavelli 1513/1978, S. 22). Kieser/Kubicek (1983, S. 365) beschreiben die betriebliche Organisation in einem Gesamtmodell der Abstimmung zwischen Situation, Strategie und Struktur. Dieser Prozess wird bedingt durch die Einwirkungen von neuen Ideen auf den Status quo, entsprechend gefiltert durch die Unternehmungsphilosophie und die konzeptionelle Gesamtsicht. Je weiter der Innovationsprozess in die alltägliche Routine eindringt, umso mehr bilden sich, so Luhmann „selbstreferentielle autopoietische Systeme, also Sozialsysteme, die aus Entscheidungen bestehen und die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, durch die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, selbst anfertigen“ (Luhmann 1988, S. 166). Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies: Eine Problematisierung des Innovationsprozesses erfolgt dadurch, dass man Probleme definiert, welche den eigenen sozialen Bestand in der Organisation rechtfertigen. Innovation ist ein sozialer Prozess und wird dementsprechend stets von sozialen Phänomenen begleitet sein. Um Innovationsentscheidungen ein rationaleres Fundament zu geben, werden sie in ihrer wirtschaftlichen Dimension formuliert, d. h., es werden den einzelnen Handlungen und Handlungsintentionen Werte zugeordnet, die einen ökonomischen Kontext ausbilden und somit die Sinnfälligkeit intendierter Handlung im Positiven wie im Negativen ermitteln. Die wertmäßige Handlungsrechtfertigung wird somit zu einem ordnenden Organisationskriterium. Frese (1991, S. 49) verweist auf die „Verhaltensdimension des Rechnungswesens“. Bei der Entwicklung und Beurteilung von Kalkulationsverfahren zur Innova-
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
79
tionsevaluierung ist jedoch stets zu berücksichtigen, dass auch diese Systeme nur ein Ausdruck des sozialen Willens einer betrieblichen Gemeinschaft sind. Budgets bspw. enthalten eine stabilisierende und koordinierende Kraft, aber sie können auch, wie Küpper und Ortmann es sehen, intelligent vorgetragene und in einer spezifischen Sprachform „ausgedrückte ‚rationale Mythen‘ sein, ‚rituell festgelegte Kategorien und Kriterien‘, die als rationale Fassade des betrieblichen Geschehens“ fungieren (vgl. hierzu Küpper und Ortmann 1988, S. 93 und S. 103).
3.1.3
Exogene Strukturen
Die formale Ausprägung der technischen und wirtschaftlichen Controllingverfahren setzt auf die organisatorischen Gegebenheiten im Unternehmen auf. Es erfolgt eine Verfahrensgestaltung, die die Arbeitsstrukturen in ihrem Aufbau, ihrem Ablauf und in ihrer zeitlichen Dauerhaftigkeit, d. h. in ihrer Projektorientierung, abbilden. Die Controllinginstrumente bilden die Arbeitsstrukturen ab. Jede organisatorische Veränderung führt zu einem Wandel im Controlling, und häufig zieht der Einsatz neuer Controllingtechniken eine organisatorische Veränderung nach sich. Neben den innerbetrieblichen Voraussetzungen üben auch die überbetrieblichen Entwicklungen einen großen Einfluss auf die Ausprägung der Controllingprozeduren aus: Das ist bei einer wirtschaftlichen Betrachtung evident. Das wirtschaftliche Controlling ist sehr eng mit dem Rechnungswesen verknüpft. Betrachten wir nun die Handlungssequenzen mehrerer Unternehmen, die im Verbund gemeinschaftlich eine Leistung erbringen, dann muss das Controllingverfahren mit mehreren, häufig unterschiedlichen, Bilanzen als Basisinformation operieren – dazu bedarf es eigenständiger Modelle und Methoden. Aber auch aus technischer Sicht führt die überbetriebliche Kooperation zu neuen Controllingansätzen, bspw. in der Logistik oder der Qualitätssicherung. Überbetriebliche Strukturen gewinnen an Bedeutung. Die Tendenz zur Globalisierung in der Beschaffung, der Produktion und im Absatz definiert neue Strukturmerkmale, an denen sich die Controllingverfahren ausrichten müssen. Um bei diesen Bedingungen wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein geschäftsprozessorientiertes Technologiemanagement mit Zulieferer- und Kundenintegration zu gewährleisten, das auf dezentrale Strukturen aufgebaut ist. Kundenorientiertes Qualitätsmanagement ist mit einer humanisierten Führung, mit regionaler und internationaler Mobilität zu kombinieren. Es gilt, eine überbetriebliche Kooperationsform zu finden, die eine Kombination der Professionalität und Finanzstärke der Großunternehmen ermöglicht und dennoch die Flexibilität sowie die Marktnähe kleiner Unternehmen zulässt. In der Wirtschaft kristallisieren sich zwei Ansätze heraus:
Einerseits reorganisieren sich die Konzerne und die großen Unternehmen, indem sie kleine schlagkräftige Einheiten bilden. Die Gestaltung von „Unternehmen im Unternehmen“ (Droege & Comp. 1995, S. 26 ff.) greift auf drei grundsätzliche Gestaltungsformen zurück – die Ausbildung von Holding-Strukturen, Ausgliederung von Unternehmensteilen und eine betriebsinterne Geschäftssegmentierung. Kleinere und mittlere Unternehmen wiederum strukturieren sich in strategische Allianzen. Es bilden sich Unternehmensverbünde, deren Elemente nicht nur aus rechtlich
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
selbstständigen Betrieben bestehen, sondern deren Kapitalstruktur sich auch über heterogene Besitzer und Besitzergruppierungen erstreckt. Der Betrieb wird vom Bundesarbeitsgericht als eine „organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe jemand in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt“ (BAG 1955, S. 99) definiert. Ein Betrieb verfolgt mit dem arbeitstechnischen Zweck ein Sachziel. Das Unternehmen ist eine wirtschaftlich und rechtlich organisatorische Einheit, mit der ein wirtschaftlicher Zweck als Formalziel verfolgt wird (vgl. Bühner 1993, S. 91; vgl. Abb. 3.17). Ein Unternehmen kann somit mehrere Betriebe umfassen, deren Sachziele sich dem Formalziel unterordnen. Die rechtliche Verselbstständigung von Unternehmensteilen verändert diesen einfachen begrifflichen Zusammenhang und dementsprechend auch den gesetzlichen Handlungsbereich.
Abb. 3.17:
Rechtliche Begriffsmerkmale von Unternehmen und Betrieb (nach Bühner)
Mit der rechtlichen Reorganisation wird zunächst noch keine Neustruktur der Leistungsgenerierung geschaffen, wohl aber ein Freiheitsgrad im Umgang mit Menschen und Arbeitsmitteln gewonnen. Für die Gliederung von abgegrenzten Leistungseinheiten werden gleichzeitig Ausgliederungen und Geschäftssegmentierungen vorgenommen. Die Holding-Struktur dient der übergeordneten Formierung und kann, je nach dem Grad des Führungsanspruchs, als Finanzholding oder als strategische bzw. operative Management-Holding gestaltet werden. Bühner (1993, S. 418) grenzt folgendermaßen ab:
Die Obergesellschaft fungiert als Finanzholding, d. h. sie beschränkt sich auf die Zusammenstellung und Verwaltung eines Beteiligungs-Portfolios, ohne in die Führung der rechtlich selbstständigen Beteiligungsunternehmen einzugreifen.
3.1 Soziale Infrastruktur und Anspruchsgruppen
81
Die Obergesellschaft fungiert als Management-Holding, d. h. sie befasst sich mit der strategischen Ausrichtung der Unternehmensgruppe und nimmt auf diese Weise Führungsaufgaben wahr. Kennzeichen ist die Zusammenführung rechtlich unabhängiger Geschäftsbereiche zu einer wirtschaftlichen Einheit.
Die Einflussnahme der Holding-Gesellschaft auf die Tochtergesellschaften ist bei der operativen Management-Holding am größten, da hier unmittelbar in die einzelnen Funktionen der Geschäftsbereiche eingegriffen wird. Hiermit wird die Entscheidungsautonomie der untergeordneten Handlungseinheit erheblich beschränkt, was insbesondere für die strukturbildenden Innovationsprozesse gilt. Das erlaubt eine sehr koordinierte Führung, birgt jedoch auch ein hohes Konfliktpotenzial. Mit der Ausgliederung wird eine rechtliche Verselbstständigung eines Teilbereiches des Unternehmens betrieben, die entweder zu hundert Prozent vom Konzern oder aber mit einer Partnerbeteiligung finanziert wird. Durch die Verteilung des Eigenkapitals lassen sich komplexe Abhängigkeits- und Interessenstrukturen gestalten. Dies gilt jedoch nur, wenn die Tochtergesellschaft zu 100 Prozent gehalten wird. Mitarbeiterbeteiligungen oder die Verflechtung anderer Unternehmen erlauben die Einflussnahme zusätzlicher Interessengruppen und führen zu einer Teilung des Gewinns. Damit lässt sich sowohl die Motivation der Entscheidungsträger als auch der Einflussbereich einer Allianz vergrößern. Solche Strukturen lassen sich nicht mit dem Prinzip der Geschäftssegmentierung ausbilden. Hier wird zugunsten einer prinzipiell vollständigen Einflussnahme das Unternehmen ohne formal juristische Maßnahmen organisiert. Es gilt Menschen und Arbeitsmittel in einem abgegrenzten Aufgabengebiet so zu institutionalisieren, dass ihre Eigenständigkeit nach innen und außen innerhalb des Unternehmens erkennbar ist. Es wird zumeist eine Abgrenzung der Ein- und Ausgaben formalisiert, also ein Profit-Center etabliert. Bühner (1993, S. 383) nennt vier Motivgruppen, die zu einer Bildung einer strategischen Allianz führen:
staatliche Rahmenbedingungen, Kosten- und Zeitbedarfssenkung, Risikobegrenzung sowie Wachstum.
Allianzen vergrößern das Machtgeflecht eines Unternehmensverbundes. Sie schaffen jedoch auch Abhängigkeiten, die einen streng hierarchischen und funktional gegliederten Führungs- und Kommunikationsstil nicht mehr zulassen. Sie erlauben eine globale Zusammenarbeit selbstständig agierender Organisationseinheiten mit heterogener Zielsetzung und unterschiedlichem unternehmerischem und häufig auch gesellschaftlich kulturellem Hintergrund. Auf operativer Ebene können die meisten Aktivitäten kooperierender Unternehmen in wenige typische Prozesse klassifiziert werden. Georg/Gruber (1995, S. 78) unterscheiden in vier unternehmensübergreifende Abläufe:
Marketing, Verkauf und Service, Logistik und Distribution, Zuliefererkette/Abwicklung und Produkt-/Serviceinnovation.
82
Abb. 3.18:
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Ausprägungen von Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette (nach Schuh/Kampker/Rittstieg)
Es ist selbstverständlich, dass die Organisationen dieser unternehmensübergreifenden Aktivitäten nicht nur der operativen Definition der einzelnen Handlungsabläufe bedürfen, sondern auch in ihrer Projektorganisation auf die kooperative Zusammenarbeit angewiesen sind. Kooperation bedingt stets eine Kommunikation, die bei der Abwicklung operativer Prozesse zu formalisieren ist. Die überbetriebliche Organisation von Wertschöpfungsketten ist durch n-laterale Einflüsse zwischen den Akteuren gekennzeichnet. Hierzu können sich unterschiedliche Branchen verketten, oder aber es gliedern sich Zulieferpyramiden für die Erstellung eines komplexen Endproduktes. Kollaborationen bilden sich als Mischform von horizontalen und vertikalen Allianzen. Schuh/Kampker/Rittstieg (2011, S. 483) detaillieren diese heterogenen Wertschöpfungsketten: „Horizontale Allianzen werden als Kooperationen zur Realisierung von Skaleneffekten verstanden, in denen Akteure der gleichen Industrie – also Konkurrenten – zusammenarbeiten. Vertikale Allianzen bezeichnen Bindungen zwischen Abnehmer und Lieferanten, die entweder verschiedenen Industrien zugeordnet sind, oder auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette operieren. Durch Kollaborationen sind Konstellationen erfasst, in denen ein Unternehmen aufgrund seiner Einbindung in unterschiedliche Wertschöpfungsnetzwerke der Lieferant des einen Unternehmens ist, welches gleichzeitig der Konkurrent einer seiner Part-
3.2 Organisation der Informationstechnologie
83
ner ist. Ähnliche Konstellationen können beschaffungsseitig auftreten. Zur Veranschaulichung werden die komplexen Beziehungskonstellationen in Abbildung 3.18 dargestellt.“ Um solche Strukturen zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren, bedarf es einer homogenisierten und integrierten Informationstechnologie, welche nicht nur eine betriebsinterne, sondern auch unternehmensübergreifende Informationsverarbeitung und Kommunikation ermöglicht.
3.2
Organisation der Informationstechnologie
Die IT-Organisation ist in Unternehmen komplex und heterogen (vgl. hierzu Jaspersen 2006, S. 194 ff.). Sie verteilt sich auf alle Tätigkeitsfelder des Betriebes und kann nicht im vollständigen Umfang mit eigenen Mitarbeitern betrieben werden. Ihre operative Funktionsfähigkeit gewährleistet den Leistungsoutput des Unternehmens, ist aber selbst eine Hilfsleistung, es sei denn, man betrachtet ein Unternehmen der IT-Branche. Die IT-Struktur befindet sich in einem ständigen Wandel. Somit muss strategisch definiert werden, welcher Anspruch an die zukünftige Struktur gestellt wird. Betrachtet man die IT-Organisation als eigenständiges Gebilde, so ergibt sich eine Sechs-Felder-Kommunikation (vgl. Fechner 2004, S. 205 ff. und Skrippek 2004, S. 222; siehe Abb. 3.19):
Zunächst kommunizieren die Verantwortlichen für die IT mit den betriebsinternen Nutzern in der Regel nur, wenn ihre DV Probleme macht. Der Fehler – ein Incident – wird im Service Desk aufgenommen. Kann er sofort (mündlich oder per E-Mail) gelöst werden, spricht man von First Level Support (1). Ist das nicht der Fall, so wird in der IT-internen Kommunikation entschieden, ob ein betriebseigener IT-Mitarbeiter das Problem behebt (Second Level Support) (2) oder aber auf Fremdhilfe zurückgegriffen wird. Hierzu muss betriebsextern mit den Lieferanten gesprochen werden, deren Hilfestellungen klassifiziert sind. Je nach den Service Level Agreements (SLA) können spezifische Dienste preis- und termingerecht in Anspruch genommen werden (3). Reicht jedoch die IT-Infrastruktur nicht für die Problembewältigung des Nutzers aus, so muss sie geändert werden. Die IT-Organisation schlägt einen Wechsel vor (Change Management) (4). Das ist eine strategische Entscheidung und muss betriebsintern mit dem Management abgestimmt werden. Es sind die benötigte Verfügbarkeit, das geforderte Performance Level und der Kostenrahmen zu fixieren (5). Wie schon bei der SLA-Ausführung ist auch bei der SLA-Definition festzulegen, was betreibt man selbst, wo arbeitet man mit Fremdhilfe. Die Neustruktur kann nur durch eine betriebsexterne Kommunikation mit den Lieferanten validiert werden (6).
Eine besondere Bedeutung hat im Information Management die Gestaltung der arbeitsplatzübergreifenden Systemeinrichtungen.
84
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Abb. 3.19:
Technisches IT-Controlling
Lieferantenmarkt
Käufermarkt
Beschaffungsplanung Materialbedarfsplanung Bestands- und Produktionsplanung Absatzplanung Informationsfluss (Planung, Angebot, Auftrag)
Informationsfluss Materialfluss Warenverteilung Auftragsabwicklung und Produktion Produktionssteuerung Zulieferer Abb. 3.20:
Beschaffung und Lagerung
Die logistische Versorgungskette (nach Jünemann, Hlubek)
Kunden
3.2 Organisation der Informationstechnologie
85
Hier werden integrative Strukturen gestaltet, deren Informationsarchitektur in hohem Maße zur optimierten betrieblichen Aufgabenbewältigung des operativen Anteils von Produktion und Absatz beiträgt. Neben dem Materialfluss haben wir somit im Unternehmen einen Informationsfluss, den Jünemann und Hlubek (1987, S. 35) als logistische Versorgungskette bezeichnen (vgl. Abb. 3.20). Dabei werden im Bereich der Planung, bei der Angebotserstellung und bei der Auftragserteilung lediglich Informationen verarbeitet, hingegen haben wir es bei der Beschaffung und bei der Warenverteilung mit einem parallelen Fluss von Informationen und Material zu tun. Es zeigt sich, dass die Handlungsstrukturen im Unternehmen eine große Modellvielfalt benötigen und dass die DV-Peripherie im Betriebsprozess sowohl den Belangen des Management- als auch des physischen Systems Rechnung tragen muss. Im Rahmen dieses Spektrums wird deutlich, dass die Nutzung von DV-Modellen eine sehr unterschiedliche Ausprägung haben kann. Dennoch lässt sich ein Grundmuster für die Nutzungssituation aufzeigen, das bestimmt ist durch die mediale Eigenart der Datenverarbeitung. Scheer (1988, S. 5; vgl. Abb. 3.23 und 3.24) beschreibt diese als die Komponenten eines Informationssystems.
3.2.1
Hardware- und Softwarestruktur
Es ist selbstverständlich, dass Unternehmen aus verschiedenen Branchen mit differierender Betriebsgröße über sehr unterschiedliche Hardwarestrukturen disponieren. Dennoch hat sich die Hardware zunehmend standardisiert, sodass in den folgenden Betrachtungen von einer idealtypischen Hardware-Struktur ausgegangen wird. Bereits in einer repräsentativen Untersuchung der Norddeutschen Landesbank (vgl. Bredemeier/Brandt/Beckmann/ Blömer/Kastning 1996, S. 65 ff.) Mitte der Neunzigerjahre wurde eine flächendeckende Verfügbarkeit von Datenverarbeitung im Mittelstand konstatiert. Je nach Branche waren 75 bis 80 Prozent der Unternehmen vernetzt. Heute ist in der Regel ein heterogenes, über LAN (Local Area Network) verbundenes Hardwaresystem anzutreffen, dessen Rechner sich in drei Komplexe gliedern lassen (vgl. Abb. 3.21):
Ihren Ursprung hat die Datenverarbeitung in der Automatisierung des Rechnungswesens. Diese wirtschaftliche IT ist ergänzt worden durch PCs in der Büroverwaltung. Seit Tim Berners-Lee (vgl. Berners-Lee/Cailliau 1992) den TCP/IP-Protokollstandard weltweit etablierte, hat sich die externe Vernetzung über ein WAN (Wide Area Network) durchgesetzt. Ein geschützter Webserver verhindert die Kontaminierung der eigenen Informationsinfrastruktur. Diese kommunikative IT wird, wie auch die wirtschaftliche IT, über einen Applikationsserver mit Programmen bedient. Das dritte DV-Cluster bildet die technische IT mit ihren Rechnerwelten für die Entwicklung, die Produktion und die Logistik, welche ebenfalls mit dem Applikationsserver in Verbindung steht.
Die IT ist, wie der Name schon sagt, selbst ein technischer Bestandteil des Unternehmens. Die Verfügbarkeit und die Definition des Performance Levels können nur über technische Attribute qualifiziert und quantifiziert werden. Diesen Qualitäten mit ihren entsprechenden Quantitäten werden dann im IT-Controlling monetäre Größen gegenübergestellt. Die Hard-
86
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
ware bedingt nur eine Teilmenge der investitionsbedingten und laufenden Kosten. Der größere Anteil ergibt sich aus der Software und den IT-Diensten.
Abb. 3.21:
Hardwarestruktur
Abb. 3.22:
Softwarestruktur
3.2 Organisation der Informationstechnologie
87
Auch für die Softwarestruktur hat sich, trotz aller branchenspezifischer Varianten, ein Standard etabliert. Dieser lässt sich in einem Drei- bzw. Vier-Schichten-Modell darstellen (vgl. Abb. 3.22):
Auf der unteren Ebene ist die Systemsoftware anzusiedeln. Über das Betriebssystem und die Netzwerkverwaltung wird die Hardware gesteuert. Es kommen weitere Systemdienste hinzu, wie die Sicherheitssoftware über Firewalls, Serverfunktionalitäten oder Speicher- und Sicherungsdienste. Hierauf setzen die Applikationen auf. Im Zentrum steht die Verknüpfung der wirtschaftlichen und technischen Datenverarbeitung. Über das ERP (Enterprise Resource Planning) infiltriert die monetäre Attribuierung sämtliche Handlungsbereiche des Unternehmens. Die Verwaltung funktioniert über Datenbanken. Neben dieser integralen Software verfügt jeder Arbeitsplatz über Bürosoftware. Weiterhin interagieren branchenspezifische Systeme der Verwaltungsebene wie CRM (Customer Relationship Management) oder CAx-Systeme (Computer Aided Software, vgl. hierzu Jaspersen 1999, S. 223 ff.) in der Produktionsebene innerhalb des gesamten Applikationssystems des Backends. Die dritte Schicht bildet die Verbindungsebene zu den externen Kommunikanten. Im Frontend werden die Intra-, Extra- bzw. Internetdienste organisiert. Die Interaktionen mit dem Backend gestalten sich hierbei teilweise so kompliziert, dass eine Zwischenebene (Middleware) notwendig wird. Hier ist ein CMS (Content Management System) zu positionieren.
3.2.2
Modellnutzung in der IT
Die im wirtschaftlichen Kontext verwendeten betriebswirtschaftlichen und technischen Modelle bilden einen Sachverhalt im Unternehmen in verkürzter Form ab und dienen dem Zweck, Handlungseingriffe vorzubereiten, zu begründen und zu dokumentieren. Die Abgrenzung von DV-Modellen aus der Menge der allgemeinen Modelle ist schwierig. Die DV ist keine Technik, sondern ein Medium, ähnlich wie das Papier, auf dem diese Arbeit geschrieben ist, als ein Medium betrachtet werden muss. Nun hat jedes Medium seine Spezifika, und in der Begriffszusammensetzung Datenverarbeitung ist durch das Wort Verarbeitung der prozessuale Anteil bereits impliziert. Spricht man von Computermodellen, so ist die Definition einfacher. Dies sind Modelle, die über den Computer dem Nutzer verfügbar gemacht werden. Der Nutzer arbeitet interaktiv mit einer Modellbank, die von einer Datenbank gespeist wird und auf eine Methodenbank verweist. „In der Methodenbank sind die verschiedenen Computerprogramme gespeichert, die für die betriebswirtschaftlichen Anwendungsprobleme eingesetzt werden können. In der Modellbank sind konkrete Strukturen für die betriebswirtschaftlichen Modelle erfasst. In der Datenbank sind die benötigten Daten einschließlich ihrer logischen Strukturen abgelegt“ (Scheer 1988, S. 4; siehe Abb. 3.23). Oder anders ausgedrückt: Wir haben Daten als ein Dokument vorliegen und spielen diese Daten in eine Standardsoftware ein, die wir zuvor als betriebsspezifische Anwendungsapplikation in ihrem Nutzungszusammenhang eingegrenzt haben. Das Endergebnis dieses Prozesses sind wiederum Daten, welche wir mit anderen DV-Modellen weiterverarbeiten oder aber als Hand-
88
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
lungsanweisung im Betriebsprozess verwenden können. Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, wie die Bearbeitung an den Modellen durch Nutzer ausgeführt wird und vor allem wie die Ergebnisse der Arbeit interpretiert werden.
Abb. 3.23:
Komponenten eines Informationssystems (nach Scheer)
An den bisherigen Ausführungen wird deutlich, dass im betrieblichen Kontext zwischen der Generierung und der Nutzung von DV-Modellen unterschieden werden muss. Aber auch der Nutzungsprozess ist strukturell sehr unterschiedlich, je nach Art der genutzten Modelle. Scheer (1988, S. 8) detailliert die Rolle des Nutzers eines computerunterstützten Informationssystems in der Abbildung 3.24.
Abb. 3.24:
Nutzung eines computerunterstützten Informationssystems (nach Scheer)
3.2 Organisation der Informationstechnologie
89
Der Benutzer kombiniert über eine Ablaufsteuerung Funktionen mit einer Datenbasis von zentralen und dezentralen Unternehmensdaten. Die Relation des Nutzers zu der Datenbasis und zu den Funktionen über die Ablaufsteuerung ist wechselseitig, d. h. jedes Element dieses Systems erfährt sowohl Informationsinputs als auch -outputs. Diese Interaktion ändert sich jedoch, je nachdem, welche DV-Modelle verwendet werden. Hierbei lassen sich zwei Interaktionsstrukturen unterscheiden:
die autonome Modellnutzung und die interaktive Modellnutzung.
Unter der autonomen Nutzung von DV-Modellen wird die Verwendung von mathematischen Methoden zur betriebswirtschaftlichen bzw. technischen Entscheidung verstanden, bei denen der Nutzer eine wohldefinierte Eingabemenge in ein DV-Modell einbringt und alsdann über einen Rechneralgorithmus eine Ergebnismenge erhält (vgl. Abb. 3.25).
Abb. 3.25:
Autonome Nutzung von DV-Modellen
Dieses Vorgehen lässt sich an den Verfahren des Operations Researchs verdeutlichen, wie bspw. der lineare Programmierung. Lineare Programmierungsprobleme sind entweder Minimierungs- oder Maximierungsprobleme, bei denen die Eingabemenge durch die Zielfunktion und durch die Nebenbedingungen (auch Beschränkungen oder Restriktionen genannt) definiert wird (vgl. Wöhe 1984, S. 146 f.). Eine Deckungsbeitragsmaximierung lässt sich bspw. wie folgt formulieren (vgl. Busse von Colbe 1990, S. 337): Z (Zielfunktion) = C1 x1 + ... +Cn xn = Max
(5)
Als Nebenbeschränkungen können Absatz- oder Produktionsbeschränkungen gelten: a11 x1 + ... +a1n ≤ b1 am1 x1 + ... +amn ≤ bm Dabei sind: a11, ..., a1m b1, ..., bm x1, ..., xn c1, ...,cn
gegebene Parameter (z. B. Produktionskoeffizienten), Kapazitätsgrenzen, Variablen (z. B. Absatzzahlen eines Produktes) und Deckungsbeiträge eines Produktes.
(6) (7)
90
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Die Ergebnismenge dieses interaktiven mathematischen Verfahrens ist die Auflösung der Gleichung und der Ungleichungen nach x1 bis xn. Entsprechend dieses Vorgehens definiert Heinen (1971, S. 52 ff.; siehe Tab. 3.1) die Zielsetzung aller mathematischen Entscheidungsmodelle durch Zielvariablen: „Der generelle Imperativ wird im mathematischen Entscheidungsmodell als Funktion der Zielvariablen erfasst. Er wird deshalb Zielfunktion genannt. Eine derartige Zielfunktion verlangt vielfach das Auffinden von Extremwerten der Zielvariablen (Z). Die Extremwerte treten als Maximal- (Z = max!) oder Minimalwert (Z = min!) auf. Ferner ist denkbar, dass der Imperativ der Zielsetzung lediglich die Erreichung oder die Über- bzw. Unterschreitung eines vorgegebenen Wertes vorschreibt. In diesem Falle wird unterstellt, dass das Entscheidungssubjekt ein bestimmtes Zufriedenheits- oder Anspruchsniveau für die betreffende Zielvariable besitzt: Z ≥ (≤) Z*.“ Angestrebte Zielerreichung
begrenzt
unbegrenzt
(Nebenbedingungen)
(Zielfunktionen im
Anzahl der Ziele
engeren Sinne)
eines
monovariabel Z ≥ (≤) Z*
mehrere
monovariabel Z max! (min!)
System monovariabler
multivariabel
Zielfunktionen
Zi * qi max! (min!)
Zi ≥ (≤) Zi* In der Tabelle bedeuten: i (i=1,...,n):
Anzahl unterschiedlicher Ziele
qi:
Gewichtungsfaktor des i-ten Zieles
Tab. 3.1: Ziele in mathematischen Entscheidungsmodellen (nach Heinen)
Die interaktive Nutzung von DV-Modellen weist eine andere Struktur auf. Der Nutzer definiert eine Eingabemenge als Modellinput. Die Eingabe wird verrechnet und als Output für die weitere Verwendung zur Verfügung gestellt. Der Nutzer interpretiert die Ergebnisse und formuliert eine revidierte Eingabemenge, die einen veränderten Output zur Folge hat. Dieser Prozess wird so lange fortgesetzt, bis der Nutzer mit dem Gesamtergebnis zufrieden ist (vgl. Abb. 3.26). Die Zielfunktion wird vorab nicht exakt formuliert, dementsprechend lässt sich bei diesem Verfahren auch kein Optimum oder Minimum erzielen. Der Nutzer hat lediglich ein Anspruchsniveau und kann auch dieses Niveau während des Nutzungsprozesses ändern. Um das zu verdeutlichen, lässt sich die Generierung von Monatsplandaten einer Gewinn- und Verlust-Rechnung als Beispiel anführen. Ausgehend von der Annahme, dass eine hierarchisch
3.2 Organisation der Informationstechnologie
91
gegliederte Nutzergruppe Plandaten für ein Geschäftsjahr zu erstellen hat, wird nachstehende Tabelle als Input- und Outputbasis für ein DV-Modell angenommen (vgl. Tabelle 3.2).
Abb. 3.26:
Interaktive Nutzung von DV-Modellen
Es gilt in einer Plan GuV-Rechnung zunächst jeweils für die Monate 1–12 die Erlöse, alsdann die Produktionskosten (Rohstoffe, Zukaufteile, Handelsware usw.) sowie die Operationskosten (Verkaufs- und Vertriebsaufwendungen, Verwaltungs- und Finanzaufwendungen usw.) zu prognostizieren, um sie zu Jahreswerten zu konsolidieren. In einem Betrieb werden in der Regel solche Plandaten von den jeweiligen Abteilungen bestimmt und verantwortet. So kommen bspw. die Erlösprognosen aus dem Verkauf, die Produktionskosten aus der Produktion und die Operationskosten aus der Verwaltung. Das Anspruchsniveau des Jahresgewinnes wird von der Geschäftsleitung bestimmt. Selbstverständlich stehen diese Eingabedaten in einem internen Zusammenhang, der vom Modell in Form von Verarbeitungsregeln abgebildet werden kann. So definiert sich aus der Menge der verkauften Produkte die Menge der benötigten Rohstoffe. Ver- und Einkaufspreise sind jedoch hiervon unabhängig und sind somit getrennt festzusetzen. Es fließen daher in das Modell Annahmen ein, die nach exakten Verfahren miteinander verrechnet werden und somit Ausgangsdaten sein können, um erneut Annahmen zu prognostizieren. Es ergibt sich folgender iterativer Prozess: Aus den Abteilungen werden Einzelangaben zusammengetragen und im Modell verrechnet. Die Geschäftsleitung definiert ihre Zielsetzungen entsprechend der Ergebnisse des DV-Modells und leitet diese an die Abteilungen zurück, die wiederum ihre Eingaben modifizieren. Der Prozess wird abgebrochen, wenn ein sozialer Konsens erzielt ist, der von den Abteilungen verantwortet wird und den Ansprüchen der Geschäftsleitung entspricht. Selbstverständlich kann die Nutzung von DV-Modellen in einem Unternehmen nicht als isolierte Erscheinung betrachtet werden. Es besteht vielmehr zwischen den einzelnen Nutzungen eine Interdependenz. Die Nutzung von DV-Modellen bietet somit in sich ein Handlungsmuster, in dem die einzelnen Handlungselemente miteinander in Beziehung stehen. Um
92
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
diese Beziehung näher zu analysieren, ist es notwendig, die Kopplung von Modellen und Verfahren zu betrachten. Ausgehend von der Betrachtung, dass ein DV-Modell ein Informationssystem darstellt, lassen sich die Modellkopplungen definieren:
Innerhalb eines interaktiv zu nutzenden Modells können zwei oder mehrere Elemente durch ein autonomes Verfahren miteinander verbunden werden, womit sich die Größe der Eingabemenge reduziert. Ein oder mehrere Elemente eines Systems können als Teil- oder Subsystem herausgezogen und durch zusätzliche Informationen detailliert werden. Ein DV-Modell kann in seinen Systemgrenzen erweitert und somit zu einem Sub- oder Teilsystem eines Makrosystems werden. Planwerte Monat 1
.......
Monat 12
Wert %
.......
Wert %
Jahr
Erlöse: 01 Erlöse aus Produkten 02 Andere Erlöse Summe Erlöse (=100%)
Wert %
„
.......
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Wert %
.......
Wert %
Wert %
„
„
„
„
„
Produktionskosten: 03 Rohstoffe 04 Zukaufteile
„
„
.......
„
„
„
„
05 Handelswaren
„
„
.......
„
„
„
„
06 Innerbetriebliche Verkäufe
„
„
.......
„
„
„
„
07 Verarbeitungskosen
„
„
.......
„
„
„
„
08 Bestandsveränderungen
„
„
.......
„
„
„
„
Summe Produktionskosten
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Brutto Gewinn
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Operationskosten: 09 Verkaufsaufwendungen 10 Vertriebsaufwendungen
„
„
.......
„
„
„
„
11 Finanzaufwendungen
„
„
.......
„
„
„
„
12 Verwaltungskosten
„
„
.......
„
„
„
„
13 Sonstige Kosten
„
„
.......
„
„
„
„
Wert %
.......
Wert %
Wert %
14 Steuern
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Netto Gewinn/Verlust
Wert %
.......
Wert %
Wert %
Summe Produktionskosten
Tab. 3.2: Plandatentabelle einer Gewinn- und Verlustrechnung
Hinzu kommt die Manipulation der Darstellungsart von Informationen, die zwar nicht als eigenständige Kopplungsart gelten kann, aber ein wesentliches Element der Planung, Durchsetzung und Kontrolle darstellt. Hierbei werden Informationen des Gesamt-, eines Teil- oder
3.2 Organisation der Informationstechnologie
93
Subsystems verwendet, ohne dass ein zusätzlicher Informationsinput erfolgen muss. Diese Information wird dann so abgebildet, dass ihr Handlungsbezug für einen bestimmten Nutzer oder eine bestimmte Nutzergruppe deutlich hervortritt. Um die einzelnen Kopplungsarten zu veranschaulichen, werden drei exemplarische Unternehmenssituationen dargestellt. Ausgangspunkt sei das interaktiv zu nutzende DV-Modell aus dem vorangegangenen Kapitel (siehe Tab. 3.2). Hierbei werden die Monatsplanwerte einer GuV-Rechnung dargestellt. Die Elemente dieses Modells lassen sich in einer Kalkulationstabelle abbilden, deren einfachster mathematischer Zusammenhang darin besteht, dass die Eingabemenge aus den zwölf monatsspezifischen Werten für die Zeilen 1 bis 14 abgebildet wird. Die Werte werden je Monat zu den Zwischensummen Erlöse, Produktionskosten und Operationskosten konsolidiert. Es ergibt sich dann: Bruttogewinn = Erlös - Produktionskosten Nettogewinn/-verlust = Bruttogewinn - Operationskosten - Steuern
(8) (9)
Selbstverständlich sind hiermit nicht die vielfältigen Beziehungen abgebildet, die zwischen den einzelnen Elementen bestehen, sei es als Zeitreihenanalyse wie bspw. Bestandsänderung l+1 = f(Bestandsänderung I)
(10)
oder als funktionale Abhängigkeit zwischen zwei Elementen, wie die bereits erwähnte exemplarische Funktion Rohstoffe = f(Erlöse aus Produkten)
(11)
Je nach dem Umfang der verwendeten mathematischen Verknüpfungen zwischen den einzelnen Elementen reduziert sich die Eingabemenge und vergrößert sich die Rechenleistung des Modells und somit auch die Ausgabe von zuvor unbekannten Werten. Die Relationen können dabei sehr einfache Regeln sein, die sich als Unternehmensnorm etabliert haben, wie bspw.: Meine Verkaufsaufwendungen (Werbung) betragen zwei Prozent meiner Erlöse aus Produkten: Verkaufsaufwendungen = Erlöse aus Produkten * 2/100
(12)
Oder aber es ergeben sich komplexe Zusammenhänge, wie die Verrechnung der Verkaufsmenge in einem linearen Programm zur Definition der Distribution der Produkte durch die firmeninternen Lieferwagen, die dann in die Vertriebsaufwendung eingeht. Abbildung 3.27 zeigt die Nutzersituation bei solch einer Kopplung von Modellen. Entscheidend für den Einsatz von mathematischen Verfahren ist nicht nur die Verfügbarkeit probater Methoden, sondern auch die Zweckmäßigkeit bei der Verwendung im sozialen Kontext. Für jeden Planwert gibt es eine personelle Verantwortlichkeit, zunächst einmal bei der
94
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Festsetzung, dann bei der Verwendung der Kontrollgröße. Die Generierung eines Wertes durch ein mathematisches Verfahren ergibt für die Festsetzung ebendieses Wertes einen hervorragenden Begründungszusammenhang, entbindet aber nicht von der Verantwortung für seine Einhaltung. Die zweite Form der Kopplung von DV-Modellen ergibt sich aus der Detaillierung. Betrachten wir bspw. in unserer Planwertmatrix die oberste Zeile „Erlöse aus Produkten“ und nehmen wir an, dass die Erlöse durch einen regional organisierten Vertrieb und hier von spezifischen Verkäufern eingebracht werden, so lässt sich das als Verkaufstabelle detaillieren.
Abb. 3.27:
Kopplung von DV-Modellen
Die Zeile „Erlöse aus Produkten“ wird pro Monat nach den Ergebnissen der Verkaufsgebiete ausgewiesen und diese nach den Ergebnissen der jeweilig im Verkaufsgebiet tätigen Verkäufer. Die Endsumme der Detaillierungstabelle stellt somit als Ergebnis eines Subsystems den Input der Zeile 1 unseres Betrachtungssystems in der Tabelle 3.2. Hahn/Hungenberg (2001, S. 83; siehe Abb. 3.28) definieren dementsprechend die Ausgangsebene als Primärplan bzw. Grobplan und den Detailplan als Sekundärplan. Dabei gehen sie von einer Dominanzbeziehung des Primärplans aus und von einer Abstimmungsbeziehung der Sekundärpläne. Diese Machtverhältnisse können so ausgeprägt sein, müssen es aber nicht. Bei einer interaktiven Nutzungsstruktur sind die Handlungsträger sowohl Agierende als auch Reagierende. Eine ähnliche Detaillierung lässt sich auch für die Entwicklung von Teilsystemen bilden. In der Auflistung der Anwendungen bei unserer Plandatenmatrix ist eine Gliederung nach Produktions- und Operationskosten vorgenommen worden. Das bedeutet, die Personalkosten
3.2 Organisation der Informationstechnologie
95
sind nicht eigenständig abgegrenzt, sie bilden lediglich einen Bestandteil der Verarbeitungskosten sowie der Verwaltungs-, Vertriebs- und Verkaufsaufwendungen. Um nun die Personalkosten nach den vorgegebenen Kostenarten zu ermitteln, muss nach gleichem Muster wie bei der Verkaufstabelle eine Datenmatrix erstellt werden. Diese Werte gehen jedoch nicht unmittelbar in den Primärplan ein, sondern müssen ergänzt werden durch die jeweiligen Aufwendungen per Kategorie, die nicht als Personalkosten ausgewiesen sind (im Falle der Verwaltungskosten bspw.: Post, Büromaterial, Abschreibungen u. ä.).
Abb. 3.28:
Subsystembildung durch Detaillierung (nach Hahn/Hungenberg)
Ebenso wie die Detaillierung eine Verfeinerung der Information nach „unten“ ermöglicht, kann auch das Betrachtungssystem in ein Detaillierungsmodell umdefiniert werden und als eine Eingabemenge für ein Informationssystem höherer Ordnung dienen. Hahn/Hungenberg sprechen nicht wie Wiendahl von einem Systemumfeld (vgl. Abb. 2.7) sondern von einem System im Umsystem. So ist es in unserem Beispiel vorstellbar, dass wir es mit einem Unternehmen zu tun haben, in dem nicht nur eine Produktgruppe hergestellt und vertrieben wird, sondern mehrere Produktgruppen. Zur Planung der Monatswerte müsste dann nicht nur eine Wertematrix generiert werden, sondern so viele, wie Produktgruppen vorhanden sind. Unsere Plandatentabelle würde somit zu einem Subsystem eines Makrosystems. Diese Kopplung von Modellen ist vorstellbar als ein Plandatenraum, in dem für jede Produktgruppe nach gleichem Muster eine Plandatenmatrix erstellt wird und die vorderste Matrix alle nachstehenden Werte jeweils pro Datenzelle als Summenwert wiedergibt (vgl. Abb. 3.29).
96
Abb. 3.29:
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Dreidimensionaler Plandatenraum
Wir haben in unserem Beispiel bisher nur betriebswirtschaftliche Daten betrachtet und hierbei auch nur Kategorien einer grob geplanten Gewinn- und Verlustrechnung. Selbstverständlich ergeben sich aus anderen Planungszusammenhängen, wie bspw. aus der Technik, Datensysteme ganz anderer Art. Hier entsteht der Bedarf, Teilsysteme zu knüpfen, die sich entweder außerhalb der Betrachtungshierarchie bewegen oder aber selbst eine eigenständige Hierarchie bilden. Gloor (1990, S. 148) thematisiert diesen Aspekt in seiner Analyse über Hypermedia. Er bildet die „Programme“ (in unserem Sprachgebrauch Modelle) als Würfel ab, die in einem virtuellen Raum schweben, und legt alsdann Ebenen hindurch, auf denen sich Knoten befinden, welche die Modelle in Bezug auf einen ganz bestimmten Verwendungszusammenhang verknüpfen (vgl. Abb. 3.30). Es ergeben sich so Möglichkeiten, Informationen zu aggregieren, die sehr spezifischen Entscheidungs- und Handlungszusammenhängen gerecht werden. Bei all diesen Kopplungsstrategien muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Informationsinput stets von Menschen erbracht wird. Sind die Informationen erst einmal im Gesamtsystem, so haben sie alle die gleiche, „objektive Anmutung“. Es ist aber nicht zweckmäßig beim Umgang mit Informati-
3.2 Organisation der Informationstechnologie
97
onssystemen, die Daten alle gleichmäßig zu interpretieren. Wir haben es durchaus mit „harten“ und mit „weichen“ Daten zu tun, die unterschiedlich behandelt werden müssen.
Abb. 3.30:
3.2.3
Hypermediastruktur (nach Gloor)
Datenorganisation
Die betriebliche Arbeitssituation bei der Bewältigung von Controllingaufgaben wird von der DV-Umgebung stark beeinflusst. Dies gilt sowohl für die technischen als auch für die wirtschaftlichen Belange. In der Regel verfügt jeder Mitarbeiter, der mit Controllingaufgaben betraut ist, über einen individuellen multimedialen Arbeitsplatz, der in ein Netzwerk integriert ist und Zugang zu einer heterogenen Programmvielfalt hat. Vereinfacht gesehen arbeiten alle Programme nach demselben EVA-Prinzip: Sie erfordern eine Eingabe, leisten eine Verarbeitung und erbringen eine Ausgabe. Für die Speicherung der Ausgabe bei der Nutzung von Individualprogrammen ist jeder Nutzer selbst verantwortlich. Hier sind lediglich Handlungsregeln zu definieren, damit eine personenunabhängige betriebliche Ordnung aufrechterhalten wird. Der Datenoutput der Arbeitsprozesse mit integrativen Systemen unterliegt jedoch weit mehr DV-technischen Restriktionen. Entsprechend dem Konzept, welches im Unternehmen verfolgt wird, ergeben sich weitreichende syntaktische Konsequenzen, die auch von semantischem und pragmatischem Belang sind. In dieser Struktur greifen alle Programme über ein Datenbankverwaltungssystem auf eine Datenbank mit vereinheitlichter Datenstruktur zu: Die Datengenesis und die Datenmodifikation aller Programme operieren über eine vereinheitlichte Datenbasis. Schmidt (1991, S. 12 f.) formuliert folgende Definition der Begriffe Datenbank, Datenverwaltungssystem und Datenbanksystem: „Eine Datenbank ist eine Sammlung einer normalerweise großen Menge von Daten, die logisch zusammenhängen. Die Daten haben in der Regel eine langandauernde Existenz. Sie repräsentieren einen Aspekt der Welt und erhalten dadurch ihre Bedeutung. Ein Datenbankverwaltungs-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
system (DBMS) ist eine Sammlung von zweckmäßigen und effizienten Programmen zur Definition und zur Benutzung von Datenbanken. Ein Datenbankverwaltungssystem bildet zusammen mit seinen Datenbanken ein Datenbanksystem.“ Aus dieser Definition der Mittlerposition eines Datenbankverwaltungssystems zwischen den Anwendungsprogrammen einerseits und den Notwendigkeiten der Hardware andererseits ergeben sich zwangsläufig drei verschiedene Datensichten bzw. -schemata:
„Die konzeptionelle Datensicht verlangt eine Sprache, mit der die logischen Datenstrukturen beschrieben werden. Die interne Datensicht erfordert Verwaltungsprogramme, die die physische Datenorganisation übernehmen. Die externe Datensicht benötigt Sprachen, die dem Benutzer den Umgang mit dem Datenbestand ermöglichen“ (Stahlknecht/Hasenkamp 2005, S. 186).
Stahlknecht und Hasenkamp (ebenda S. 187) und Thome (1996, S. D 4.2–3) stellen die Bestandteile von Datenbankverwaltungssystemen entsprechend der Abb. 3.31 dar.
Abb. 3.31: Bestandteile von Datenverwaltungssystemen (nach Stahlknecht/Hasenkamp)
Das Relationsmodell hat sich daher als Strukturprinzip betriebswirtschaftlicher und technischer Datenbanken etabliert. Es wurde von Codd (1972) Anfang der 70er-Jahre entwickelt und verzichtet vollständig auf eine Hierarchie. Der größte Vorteil der relationalen Datenbanken ist, dass ihre Struktur sich basierend auf der Mengentheorie vollständig abbilden lässt und daher Such- und Manipulationsroutinen zulässt, die sich mit den Begriffen der
3.2 Organisation der Informationstechnologie
99
Mengentheorie formulieren lassen. Das erlaubt den Aufbau logisch gegliederter Datenbestände und den Umgang mit einer standardisierten Suchsprache SQL (Structured Query Language). Im Relationsmodell werden die Daten als zweidimensionale Tabellen unter Verwendung eines alphanumerischen Zeichenrepertoires mit einer festen Anzahl von Spalten und einer beliebigen Anzahl von Zeilen dargestellt. Dabei ist die Tabelle eine Relation (Entity Typ) und jede Zeile ein Tupel (Entity). Um das konzeptionelle Datenmodell einer spezifischen betrieblichen Handlungsstruktur zu entwickeln, verwendet man das Meta-Modell von Chen (1976) bzw. das sogenannte Chenoder ERM (Entity-Relationship-Modell)-Diagramm. Hierbei werden die einzelnen Objektklassen wie Kunde, Artikel usw. als Entitytypen definiert und die spezifischen Objekte wie Kunde Mayer oder Artikel E 605 als Entities. Die Entities werden durch ihre Attribute beschrieben, also ihre Eigenschaften, wie bspw. Kundennummer, Name, Adresse usw. Die logischen Zuordnungen werden als Beziehungstypen bezeichnet; zwischen Entities bestehen Beziehungen. Ein Beziehungstyp zwischen dem Entity-Typ Kunde und Artikel kann bspw. Kaufen sein. Das Entity-Relationship-Modell beschreibt die Objekte und Beziehungen graphisch im Entity-Relationship-Diagramm, wobei
für Objekttypen Rechtecke, für Beziehungsobjekte Rauten und für Attribute Ellipsen
verwendet werden (vgl. Scheer 1990, S. 20; Abb. 3.32).
Abb. 3.32:
Darstellung von Entity- und Beziehungstypen (nach Scheer)
Zwischen den Entitytypen können unterschiedliche Beziehungen auftreten. Ein Kunde kann einen Artikel oder mehrere Artikel kaufen. Ein Artikel kann nur von einem Kunden oder aber von mehreren gekauft werden; man spricht von 1:1-, 1:n-, m:1- oder m:n-Beziehungen. Stahlknecht/Hasenkamp (2005, S. 166) verdeutlichen dies in der Abbildung 3.33 anhand von Beziehungen zwischen Entities gleichen und Entities verschiedenen Typs.
100
Abb. 3.33:
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Beziehungen zwischen Entities gleichen und Entities verschiedenen Typs (nach Stahlknecht/Hasenkamp)
„Konkrete Objektmengen zu einem Entity-Typ oder Relationship-Typ werden im ERM in Form von Tabellen (Relationen) gemäß Relationenmodell dargestellt. Eine GegenstandsObjektmenge (Entity-Set) wird als Entity-Relation, eine Beziehungsobjektmenge (Relationship-Set) als Relationship-Relation dargestellt. Die Typenvereinbarung einer Entity-Relation besteht aus den Attributen des zugehörigen Entity-Typs. Dabei werden ein oder mehrere Attribute als Primärschlüssel ausgezeichnet. Jede Ausprägung des Primärschlüssels identifiziert genau eine Entity des jeweiligen Entity-Typs. Die Typenvereinbarung einer Relationship-Relation enthält als originäre Attribute die Attribute des zugehörigen Relationship-Typs sowie als vererbte Attribute die Primärschlüssel aller beteiligten Entity-Typen. Letztere bilden zusammen den Primärschlüssel der Relationship-Relation“ (Ferstl/Sinz 2008, S. 141 sowie 142; vgl. Abb. 3.34).
Abb. 3.34:
Beziehung „liefert“ zwischen „Lieferant“ und „Artikel“ (nach Ferstl/Sinz)
3.2 Organisation der Informationstechnologie
101
Betrachtet man bspw. eine vereinfachte Struktur zwischen Lieferant und Artikel, so kann diese in drei Tabellen abgebildet werden. Der Lieferant mit dem Primärschlüssel Lieferantennummer als Ordnungsbegriff hat als Merkmale die zwei weiteren Attribute Name und Anschrift. Der Artikel hat den Primärschlüssel Artikelnummer und die Merkmale Bezeichnung sowie Bestand. Über den Beziehungstyp „liefert“ mit dem Attribut Preis wird nun die Relation zwischen den Entity-Typen Lieferant und Artikel mittels einer Tabelle hergestellt, die ausweist, welcher Lieferant welchen Artikel zu welchem Preis anbietet.
Abb. 3.35:
Beziehung „hat“ zwischen „Lieferant“ und „Anschrift“
Ein wesentliches Merkmal der relationalen Datenbanken ist die Redundanzfreiheit. Die Anschrift eines Lieferanten z. B. wird nur in einer Tabelle abgelegt und kann bei Bedarf mit der entsprechenden Datenabfrageroutine als Ausgabe in Form einer Tabellenkombination in einem anderen Zusammenhang aufgeführt werden. Um die Redundanzfreiheit zu gewährleisten, darf auch ein Attribut nicht mit zwei Attributausprägungen gekennzeichnet werden. Kommt es bspw. vor, dass Lieferanten mehrere Adressen haben, dann ist eine neue Relation zu definieren (vgl. Abb. 3.35). Wie wir gesehen haben, können auch Beziehungen zwischen Entities gleichen Typs hergestellt werden. Besteht ein Produkt z. B. aus mehreren Teilen, so kann die Struktur zwischen diesen Teilen als Relation abgebildet werden (vgl. Ferstl/Sinz 2008, S. 142; siehe Abb. 3.36). Die relationalen Operationen eröffnen ein Verfahrensrepertoire, mit dessen Hilfe die Datenbestände übersichtlich geordnet werden können und für Anfragen sowie Manipulationen problemlos genutzt werden können. Dennoch haben diese Systeme die Schwäche, dass sie nur mit alphanumerischen Daten arbeiten können. Die zunehmende Integrationsverarbeitung, die einerseits klassische Datenelemente im Sinne von Attributen fester Ausprägung und andererseits neuartige Informationselemente in Form von Zeichnungen, Bildern und Tönen umfasst, kann mit den genannten Modellen nur unbefriedigend gelöst werden. Da die ERPStandardsoftware (bspw. SAP©) von anderen Anbietern unterstützt wird, als die Lieferanten grafischer bzw. geometrischer Software, bedarf es im Unternehmen in der Regel eines heterogenen Repertoires von Standardprodukten. Die Interaktion zwischen diesen IT-
102
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Subsystemen führt zu komplexen Problemen, die sich laufend perpetuieren, da alle Anbieter in regelmäßigen Zeitabständen neue Versionen auf den Markt bringen. Dennoch ist man gezwungen, sich den syntaktischen Veränderungen programmatisch anzupassen.
Abb. 3.36:
Stücklistenstruktur (nach Ferstl/Sinz)
So wie die Datenverarbeitung über ihre Modelle und Methoden die Syntax von den verwendeten Controllingverfahren mitbestimmt, so prägt sie auch die betriebliche Handlung durch ihre physische Ausprägung im Unternehmen. Sie ist ein Bestandteil des Basissystems und damit ein Teilsystem der betrieblichen Infrastruktur.
3.2.4
Informationsverarbeitung und Kommunikation
Ebenso wie die personellen Bedingungen eines Unternehmens auf die eingesetzten technischen und wirtschaftlichen Controllingverfahren einwirken, beeinflusst die technische Infrastruktur die Verwendung von Methoden und Modellen. Hierbei ist der wirtschaftliche und technische Einsatz von Anlagen und Werkzeugen durchaus unterschiedlich. In einem Bereich setzen jedoch beide Handlungsmomente auf dieselbe Infrastruktur auf: bei der Nutzung von Computern und deren Vernetzung. Der DV-Einsatz gibt eine gemeinsame Plattform vor und bedingt somit wesentliche Aspekte der Syntax der betrieblichen Informationsverarbeitung und der damit verbundenen Kommunikation. Hier vereinheitlicht sich die technische und die wirtschaftliche Prozessgestaltung. Bereits in den 40er-Jahren haben sich die Amerikaner Shannon und Weaver (vgl. hierzu 1980, S. 34 und Abb. 3.37) mit den allgemeinen Voraussetzungen der elektrotechnisch gestützten Kommunikation auseinandergesetzt, und sie haben dabei ein Kommunikationsmodell entwickelt, das bis heute Gültigkeit hat und interdisziplinär verwendet wird. Es verweist auf die grundlegenden Bedingungen, die wir bei der computergestützten Kommunikation vorfinden. Die DV-Kommunikation verbindet einen Kommunikator mit einem Rezipienten über einen physischen Kanal, bei dem Störungen einzukalkulieren sind. Der Sender zieht seine Nachricht aus einer Informationsquelle und codiert sie mittels eines begrenzten Zeichenrepertoires. Der Empfänger verfügt ebenfalls über ein begrenztes Zeichenrepertoire zur
3.2 Organisation der Informationstechnologie
103
Decodierung der erhaltenen Nachricht. Um den Inhalt zu verstehen, dient ihm lediglich die Schnittmenge beider Zeichenrepertoires. Insbesondere der pragmatische Gehalt wird erst durch die Referenzen in der Informationssenke wahrgenommen.
Abb. 3.37:
Kommunikationsmodell (nach Shannon/Weaver)
Innerhalb einer heterogenen IT-Landschaft ist die menschliche Kommunikation über ITArbeitsplätze mit Problemen durchsetzt. Durch die weltweite Etablierung des einheitlichen TCP/IP-Protokolls haben sich die Kommunikationshindernisse verkleinert und somit die ITKommunikation drastisch erhöht. Dieser Umstand führt zu einer eigenständigen ITSystementwicklung. Die hier gebündelten Kosten können zweckmäßigerweise in eigenen Kostenstellen erfasst werden. Es kristallisieren sich bereits Standards heraus, die einzeln zu betrachten sind. Dabei lassen sich drei Handlungsfelder unterscheiden (vgl. Jaspersen 2005, S. 151 ff.):
die Kommunikation innerhalb des Unternehmens, die Kommunikation zwischen Unternehmen und die Kommunikation mit den Endkunden.
Kommunikation im Unternehmen Jeder PC ist heutzutage internetfähig, wenn die entsprechende Soft- und Hardwareausrüstung vorhanden ist. Da in den meisten Unternehmen die einzelnen Rechner weitgehend vernetzt sind, erlaubt die jeweilige Vernetzung eine interne Kommunikation. Das Problem besteht in der Regel darin, dass es nicht nur ein Netzwerk gibt, sondern mehrere. Zwischen den Netzwerken gestaltet sich die Kommunikation schwierig, aber die Vielfalt der betrieblichen und technischen Aufgaben sowie die unterschiedlichen sozioökonomischen Ansprüche in Produktion, Verkauf und Verwaltung machen es zweckmäßig, eine heterogene Netzwerkstruktur aufrechtzuerhalten. Eine allgemeine Kommunikationsebene schafft der Protokollstandard TCP/IP. Dieses Protokoll kann auf die vorhandenen Protokolle des Network-Levels aufsetzen, ist also ein „Metaprotokoll“. Die Adressierung und Verteilung übernimmt das IP (Internet Protocol). Die Informationspakete werden mit einem sogenannten Header versehen, in dem die genaue Adresse vermerkt ist. Das TCP (Transmission Control Protocol) kümmert sich um die korrekte Zustellung der Datenpakete. Auf dieses Basisprotokoll können wiede-
104
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
rum die aufbauenden Protokolle für die einzelnen Dienste aufsetzen, wie E-Mail, World Wide Web (www), News, FTP und Telnet (vgl. Abbildung 3.38; siehe hierzu Schwickert/Theuring 1998, S. 77).
Abb. 3.38:
Internetstruktur der Protokolle
Um das Kommunikationsgebaren zu analysieren, ist zu unterscheiden zwischen
informaler Kommunikation und formaler Kommunikation.
Die informale Kommunikation bindet kaum technische Ressourcen während der Nutzung. Die Datenpakete suchen sich ihren Weg durch das Netzwerk, wenn eine freie Kapazität zur Verfügung steht. Relevant sind lediglich die Investitionskosten der Standardisierungsmaßnahme sowie die einer Erweiterungsinvestition, wenn die Übertragungskapazität aufgrund des gestiegenen Datentransfers nicht ausreicht. Sehr viel relevanter sind die gebundenen personellen Ressourcen. Kommunikation kostet Arbeitszeit, und die informelle Kontaktaufnahme hat eine gewisse Beliebigkeit, so wie einfache Gespräche am Arbeitsplatz oder auf dem Flur. Neben der Verbesserung des sozialen Klimas sind die Vorteile jedoch offensichtlich. Nachrichten können versandt werden, ohne dass der gewünschte Kommunikationspartner am Platz ist, und vor allem können Dateien zur weiteren Bearbeitung an Kollegen und Kolleginnen übermittelt werden, ohne dass ein physischer Transport erfolgen muss, und
3.2 Organisation der Informationstechnologie
105
in der Regel, ohne dass ein lästiger Medienbruch auftritt.Soll jedoch ein Vorgang in kontrollierter Form von Unternehmen erbracht werden, dann ist es notwendig, mithilfe der Intranetdienste formalisierte Kommunikationsprozesse zu organisieren. Prozesse sind in ihrer Aufbau- und Ablaufstruktur zu definieren. Es bedarf auch einer weiteren technischen Regulierung. Ein zusätzliches Standardprogramm integriert die Dienste zu einer systematischen Verarbeitung von Prozessen. Jeder Prozess ist dann eigenständig und meldet sich personenunabhängig, wenn Bearbeitungssequenzen terminlich oder inhaltlich nicht eingehalten werden. Die Formalisierung der internen Kommunikation erfolgt über die Gestaltung eines IntranetSystems. Über diese technische Basis kann die sogenannte Internettechnologie auf das eigene LAN (Local Area Network) übertragen werden. Hierzu muss eine Drei-SchichtenArchitektur eingerichtet werden, die sich auch für die überbetriebliche Kommunikation und die Kommunikation mit den Endkunden benutzen lässt:
Die untere Schicht fasst alle Software-Standardsysteme zusammen, welche innerhalb der technischen sowie der wirtschaftlichen IT im Unternehmen bestehen und in der kommunikativen IT einbezogen werden sollen. Man spricht von Backend. In der mittleren Schicht wird Standard-Software installiert, sogenannte „Middleware“, mit der die Kommunikationsinhalte produziert werden. Als Standardprodukt hat sich das CMS (Content-Management-System) etabliert, mit dem sowohl eigenständig Inhalte produziert als auch Inhalte von Backend importiert werden. Die oberste Schicht wird Frontend genannt. Über die Browser-Technologie wird der WWW (World Wide Web)-Dienst eingerichtet, mit dem die Inhalte für den Nutzer lesbar sowie verarbeitbar werden.
Abb. 3.39:
ISO/OSI-Referenzmodell und TCP/IP-Protokollfamilie (nach Schwarze)
106
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Selbstverständlich birgt diese offene Kommunikationsstruktur Sicherheitsprobleme. Die einzelnen Ebenen müssen durch eine Firewall geschützt werden. Bei der TCP/IPProtokollfamilie werden im Gegensatz zum ISO/OSI-Schichtenmodell nur vier statt sieben Schichten differenziert. Schwarze (2000, S. 108; vgl. Abb. 3.39) verdeutlicht den Zusammenhang zwischen beiden Modellen und einigen Protokollen der TCP/IP-Familie. Hoppe/Prieß (2003, S. 138) schreiben dazu: „Firewalls können die Kommunikation auf den verschiedenen Kommunikationsschichten kontrollieren. Wichtige Informationen für die Erfüllung der Aufgaben einer Firewall sind
die hardwareunabhängigen Netzadressen der Kommunikationspartner in der Schicht 3, üblicherweise in Form von IP-Adressen, die an der Kommunikation auf den Systemen beteiligten Dienste bzw. die verwendeten Ports in der Schicht 4 sowie die sicherheitsrelevanten Informationen, welche die beteiligten Anwendungen bereitstellen können, in der Schicht 7. Diese liegen in den Schichten jeweils in der Form vor, die durch das auf der jeweiligen Schicht verwendete Protokoll festgelegt ist.“ Kommunikation zwischen Unternehmen Die Einrichtung eines Content-Management-Systems erfordert einen hohen Investitionsbedarf und bindet im Betrieb beträchtliche operative Aufwendungen. Ein CMS ist als Kostenstelle abzugrenzen. Der Anwendungsbereich geht weit über die interne Kommunikation hinaus, es lässt sich damit sowohl die überbetriebliche Extranet-Kommunikation als auch die Internet-Kommunikation mit den Endkonsumenten organisieren. Beynon-Davies (2004, S. 47; siehe Abb. 3.40) zeigt den Zusammenhang der kommunikativen Aktivitäten im EBusiness. Neben der internen Organisation (Internal Value Chain) sind vor allem die Wertschöpfungsketten zu organisieren, zwischen den Lieferanten und dem Unternehmen (Supply Chain) sowie dem Unternehmen und den Konsumenten (Customer Chain). Die hierin verwobenen IT-Systeme können unabhängig voneinander operieren oder aber zu automatisierten Prozessen zusammengeführt werden. In jedem Fall muss jedoch ein Regelungsmechanismus gefunden werden, mithilfe dessen eine Koordinierung und ein monetäres Controlling erfolgen. Es entsteht ein Kommunikationsgefüge, das sehr offen ist und dementsprechend gut geschützt werden muss. Beynon-Davies (ebenda S. 168; siehe Abb. 3.41) illustriert die Struktur, indem er fünf exemplarische Kommunikationsteilnehmer herausstellt. Das Betrachtungsunternehmen kommuniziert in seiner Organisation übers Intranet und baut mit allen anderen Teilnehmern einen eigenen Tunnel auf. Die Internettechnologie wird abgesichert, sodass eine „private“ Kommunikationsverbindung jeweils mit den Lieferanten, den Distributoren, den Partnern und den externen Mitarbeitern gewährleistet ist. Jede dieser Verbindungen muss im Unternehmen mit einer Firewall vorgesehen werden. So kann kein externer Kommunikationsteilnehmer auf die internen Daten zugreifen. Das gesamte System ist durch das Internet in
3.2 Organisation der Informationstechnologie
107
die WAN (Wide Area Network)-Struktur eingebettet. Aus der Vielzahl der Ansätze in der Kommunikation zwischen Unternehmen kristallisieren sich zwei Strategien heraus und werden nachhaltig durch Standardsoftware formalisiert:
das intranetgestützte Supply Chain Management (SCM) und das internetbasierte Customer Relationship Management (CRM)
Abb. 3.40:
Struktur des E-Business (nach Beynon-Davies)
Für das Controlling sind vor allem die Systeme von Interesse, die einerseits abgrenzbar sind und andererseits die bereits vorhandene IT-Struktur im Unternehmen unterstützen. Weisen neue kommunikative Elemente eine zu hohe Integration mit bereits bestehenden IT-Systemen auf, so werden sie zweckmäßigerweise unter den dort definierten Kostenstellen subsumiert. Insbesondere wenn bereits nach den IAS/IFRS-Richtlinien im Rechnungswesen gearbeitet wird, können die so entstandenen Ausgaben ggf. als Erweiterungsinvestition aktiviert wer-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
den. Im Rahmen des Supply Chain Managements werden eigenständige IT-Systeme entwickelt, die über Schnittstellen an die vorhandene Informationsverarbeitung nach einem Phasenplan angebunden werden können. Gilt es doch hier Lieferant um Lieferant in eine Business to Business (B2B)-Beziehung einzubinden, bei der jeweils ein eigenständiges Extranet aufgebaut werden muss. Das Problem liegt in der Vielzahl der zu verknüpfenden Prozesse.
Abb. 3.41: Internet, Intranet und Extranet (nach Beynon-Davies)
Die Folge ist eine Reorganisation sowohl der internen wie auch der externen Informationsverarbeitung. Auf der Käuferseite werden relationale Datenbanksysteme, WorkflowVerarbeitung und Online-Kataloge die Regel (vgl. dazu Mattes 1999 S. 114; siehe Abb. 3.42). Um eine B-to-B-Bestellanwendung zu vollziehen, müssen die heterogenen Soft- und Hardwarestrukturen, die häufig über eigenständige Netze laufen, synchronisiert werden. Hierzu dient das Intranet. Die Kontaktaufnahme zu den Lieferanten erfolgt entsprechend der Gewohnheiten und der Möglichkeiten der Kommunikationspartner. Fax, E-Mail, EDI oder Internet-Nachrichten werden in den Kommunikations- und Transaktionsprozess integriert. Selbstverständlich ist die günstigste Konstellation dann gegeben, wenn der Partner eine äquivalente Struktur hat und der Kommunikationsprozess zwischen zwei Kommunikanten abläuft, die sich intern über das Intranet organisieren. Diese können ihre Interaktionen tunneln und das Internet als Medium benutzen, jedoch so formalisiert, dass die Kommunikation für Externe nicht zugänglich ist. Das Extranet in Kombination mit dem Intranet gewährleistet eine gewisse Sicherheit und bedingt somit einen Handlungsraum, in dem Lieferketten optimiert werden können.
3.2 Organisation der Informationstechnologie
109 Lieferanten
Käuferseite Intranet (*): Enterprise Resource and Planning System, z.B. SAP oder Baan
Lieferant 1 Fax
ERP (*)
B - to - B BestellAnwendung
Bestellungen
E-Mail
Lieferant 2
EDI InternetMessage
Lieferant 3 Lieferant 4
Workflow, Freigabe
D C
…
B A
Online-Kataloge verschiedener Lieferanten Abb. 3.42: Architektur von Beschaffungsanwendungen (nach Mattes)
Kommunikation mit dem Endkunden Bei der Business to Customer (B2C)-Beziehung, wird eine Vielzahl von Kunden über Verkaufs- oder Vertriebssysteme angesprochen. Mit dem Customer Relationship Management (CRM) werden alle Maßnahmen umfasst, die dem Zweck dienen, die Beziehungen zu den Kunden eines Unternehmens besser zu analysieren, zu koordinieren und damit insgesamt zu optimieren. Mithilfe des Internets kann eine individuelle Kontaktaufnahme mit jedem Kunden erfolgen. Eine zentrale Zielsetzung der CRM-Strategie „ist die Erlangung einer gesteigerten Kundenbindung, die vor allem durch eine Berücksichtigung der individuellen Kundeninteressen erzielt werden kann. Eine Individualisierung bzw. Personalisierung der Interaktionen mit den Kunden führt zu einer ausgeprägten Kundenzufriedenheit (vgl. Pepels 2002, S. 15). Die ist jedoch nicht mit einer persönlich geführten Individuellkommunikation zu erbringen, das bindet zu viele Personalkosten. Rentabel wird ein CRM erst dann, wenn die Interaktion mit dem Kunden über das Internet automatisiert wird und der Kunde sich dennoch individuell behandelt fühlt. Es wird deutlich, dass die kommunikative IT über eigenständige Standardsoftware verfügen muss, deren Effektivität sich jedoch erst dann ergibt, wenn sie mit der Standardsoftware aus der technischen und wirtschaftlichen IT interagiert. Hierzu ist es unabdingbar, eine Intranetstruktur im Unternehmen zu etablieren, und von großem Vorteil, über Extranet mit den wichtigsten Lieferanten zu kommunizieren. Den großen Wirkungsgrad in der Gewinnung neuer Kunden und in der Sicherung des alten Kundenstammes über eine gute Kundenbindung ergibt sich über die Internet-Kommunikation mit dem Endverbraucher. Es lassen sich jedoch
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
in einem CRM-System auch andere Medien einbinden. CRM-Systeme können in unterschiedlichsten Applikationen realisiert werden. Stets weisen sie jedoch eine dreiteilige Softwarearchitektur auf, mit einem Backend oder auch Backoffice für die Anbindung des analytischen Bereiches. Systeme wie das fürs IT-Controlling so relevante Data-Warehouse bilden hierfür eine Schnittstelle. In der Mittelschicht wird das operative CRM je nach Unternehmensbedarf unterschiedlich ausgebaut. Die Middleware automatisiert die Prozesse des Marketings, des Verkaufs, des Services und mit einem CMS der Kommunikation. Das Frontend oder das Frontoffice gewährleistet die Kommunikationsdienste mit analogen und digitalen Medien, wobei das Internet die herausragende Rolle spielt (vgl. dazu Kampker/Schuh/ Schittny 2011, S. 196 sowie Hippner/Wilde 2003, S. 14; siehe Abb. 3.43).
Abb. 3.43: Bereiche des Customer Relationshio Management (nach Hippner/Wilde)
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
3.3
111
Controllingverfahren und Kennzahlen
Controllingverfahren schaffen eine formale Kommunikationsstruktur zwischen Mitarbeitern eines Unternehmens. Sie dienen zur Konsensbildung und zur Regulierung der betrieblichen Handlung mit dem Ziel, eine quantitativ und qualitativ wohldefinierte Leistung zu erstellen. Um diesem Ansinnen gerecht zu werden, bilden Controllingverfahren einen integrativen Baustein in der Unternehmensorganisation. Sie orientieren sich nach den sozialen Spezifika im Betrieb im Aufbau sowie im Ablauf und spiegeln dabei die Objektgegebenheiten der betrieblichen Leistung wider. 1. Ebene
Realisation
Objektentsch.
Organisationsentsch.
Objektentsch.
Organisationsentsch.
2. Ebene
Realisation
3. und unterste Ebene
Realisation
Abb. 3.44:
Objektentsch.
Realisation
Objektentsch.
Objekt- und Organisationsentscheidung in einer Hierarchie (nach Laux/Liermann)
Dabei ist es zweckmäßig, die Struktur des Gesamtsystems und die organisatorische Betriebsstruktur zu synchronisieren, dann kann bei der Generierung der Plandaten eine hierarchisierte Datenherkunft und somit Plandatenverantwortung ausgebildet werden. Laux/Liermann (2005, S. 123 f.; vgl. Abb. 3.44) formulieren diesen Gedankenansatz wie folgt: „Die Organisationsentscheidungen sollen letztlich bewirken, dass von den nachgeordneten Mitarbeitern ‚gute‘ Objektentscheidungen getroffen und außerdem diese Entscheidungen ‚gut‘ realisiert werden (können). Da die Objektentscheidungen der verschiedenen Entscheidungsträger ineinandergreifen, hat dabei der Aspekt der Koordination eine besondere Bedeutung.“
112
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Laux/Liermann ordnen den Handlungsteilnehmern zwei Entscheidungsbereiche zu: die Objekt- und die Organisationsentscheidung. Auf oberer Ebene wird stets eine Objektentscheidung getroffen, die gleichermaßen zu einer Teilrealisation führt, welche der Entscheidungsträger selbst ausführt, wie zu einer Organisationsentscheidung, in der die weiteren objektgebundenen Tätigkeiten auf andere Leistungsträger verteilt werden. Auf unterster Ebene verbleibt lediglich ein Restbestand an objektbezogenem Entscheidungsbedarf, der unmittelbar in Verbindung zur eigenen Realisierungsleistung steht. In Betrieben bestehen zumeist mehrere solcher hierarchischer Strukturen nebeneinander, für die jeweils adäquate Controllingverfahren zu etablieren und zu warten sind.
Abb. 3.45:
Hologrammstruktur
Im Unternehmen wird in der Regel nicht eine einzelne Leistung erstellt. Betriebe produzieren mehrere Leistungen gleichzeitig, die ähnlich strukturiert sind (horizontaler Aufbau), und/oder eine Leistung ist so komplex, dass sie in Leistungsstufen zerlegt wird, die vertikal gegliedert sind. Jede Leistungseinheit kann uniform über ein einheitliches Begriffssystem dargestellt werden. Es sind stets Input- und Outputfaktoren, die bei einheitlicher Begrifflichkeit sowohl die Gesamtleistung des Unternehmens darstellen können als auch eine Leistungseinheit. Jede Leistungseinheit kann in Teilleistungen zergliedert werden, die mit dem gleichen Abbildungsmodell darzustellen und jeweils mit einem Zeitstempel zu versehen sind (vgl. Abb. 3.45). Es ist eine Hologrammstruktur, da das einzelne Element dieselbe Struktur aufweist wie das Gesamtsystem. Der Vorteil eines solchen DV-Modells ist die flexible Ausbaubarkeit, wie auch die Möglichkeit der horizontalen wie vertikalen Konsolidierung.
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
113
Hierarchien ergeben sich jedoch nicht nur aus der Konsolidierung von Mitarbeitertätigkeiten auf unterster Ebene bis hinauf zur obersten Leitung oder durch die Aufsummierung von Teilleistungen zu Leistungselementen und alsdann über Gruppen-, Hauptgruppen- usw. bis hin zur Gesamtleistung. Hierarchien können auch über die Zeit (Historisierung) geschaffen werden (z. B. t=Tag, Woche, Monat, Jahr usw.) oder über eine Fraktalisierung von Prozessen. Kennzeichnend für das Controlling ist die Subsummierung der Resultate in Berichtssysteme. Hierbei dominieren Tabellendarstellungen, d. h. es erfolgt eine qualitative Klassenbildung, deren quantitative Attribute beizustellen sind. Entsprechend der Controllingphasen unterscheidet man zwischen
Plan- oder Sollzahlen, Ist-Zahlen und Soll/Ist-Abweichungen.
Die Planungsarbeit kann erleichtert werden, wenn in das Berichtssystem Kennzahlen integriert werden, die alsdann im operativen Controlling zur Zielüberprüfung verwendet werden können. Küpper (2008, S. 397; siehe Abb. 3.46) merkt dazu an: „Kennzahlen werden häufig als Instrument des Controlling empfohlen und eingesetzt. Dabei besteht die Gefahr, eine solche Fülle von Kennzahlen zu ermitteln, dass ihre Vielfalt eine klare Analyse und/oder Steuerung eher verhindert. Dieses Problem verstärkt sich bei einer Verwendung als Indikatoren, wenn man keine genauen Vorstellungen über die Einflussgrößen und Zusammenhänge besitzt. Im Zweifel ermittelt man eher mehr Kennzahlen, um auf jeden Fall die relevanten einzubeziehen. Deren Herausfinden und Einschätzung bleibt dem Verwender überlassen. Dann kann es dazu kommen, dass jeder die Kennzahlen und die Interpretationen wählt, die seinen individuellen Zielen und Anschauungen am besten entsprechen.“
Abb. 3.46:
Anforderungen an Kennzahlen und Zielsysteme (nach Küpper)
Küpper fordert für ein Kennzahlensystem eine hierarchische Struktur. Die darin verwendeten quantitativen Attribute sollen einfach und klar sein, damit sie von Rezipienten eindeutig interpretiert werden können. Der Indikatorencharakter einer Kennzahl ist dann gegeben, wenn der Bezug zwischen der qualitativen Klasse und der Gegebenheit des Basissystems nachzuvollziehen ist. Die abstrakte Distanz zum Realobjekt darf nicht zu groß sein, und das begriffliche Element muss in der Realwelt zu erkennen sein. Schließlich erhebt Küpper das
114
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Postulat der partizipativen Herleitung: Er verweist damit auf den Anspruch, dass jede Kennzahl, die in einem Berichtssystem auftaucht, auf die soziale Quelle verweist – also auf die Einzelperson oder Gruppe –, die diese als Soll-Zahl, Ist-Zahl oder als Soll/Ist-Abweichung zu verantworten hat. Die Verwendung von Kennzahlen innerhalb der Hologrammstruktur erfüllt im vollen Umfang die von Küpper aufgestellten Anforderungen. Sie sind hierarchisch strukturiert und damit einfach und klar, da sie in jedem Element des Planungssystems ermittelt werden und sich insofern für jede Organisationsstufe herleiten lassen. Sie haben einen Indikatorencharakter, weil sie die Objektgegebenheiten als Zahlenwerk des Elements, in dem sie stehen, in kondensierter Form wiedergeben, und sie lassen sich aus demselben Grund partizipativ herleiten.
Absolute Zahlen (z.B. Kapitalwert, Betriebsergebnis)
Kennzahlen
Beziehungszahlen (z.B. Rentabilität)
Verhältniszahlen
Gliederungszahlen (z.B. Material- / Gesamtkosten)
Indexzahlen (z.B. Lohnkostenindex) Abb. 3.47:
Arten von Kennzahlen (nach Küpper)
Kennzahlen lassen sich in absolute Kennzahlen und Verhältniskennzahlen untergliedern; das ist abhängig von ihrer Reduktionsstufe (vgl. hierzu Reichmann 2006, S. 46 sowie Küpper 2008 S. 390; siehe Abb. 3.47). In der ersten Reduktionsstufe werden betriebswirtschaftliche quantitative Abbildungen von Sachverhalten, Beständen oder Prozessen wiedergegeben, wie etwa der Kapitalwert. In der zweiten Stufe wird eine Auswahl getroffen, und hier lassen sich Verrechnungen einführen, die verschiedene Größen ins Verhältnis setzen. Küpper unterscheidet zwischen den Beziehungszahlen, wie zum Beispiel der Rentabilität, und Gliederungszahlen, bspw. etwa die Materialkosten dividiert durch die Gesamtkosten. Schließlich hebt er die Indexzahlen heraus, die zeitlich oder örtlich verschiedene Größen zueinander in Beziehung setzen (z. B. Lohnindex). Verhältniszahlen können aus sehr komplexen analytischen Modellen gewonnen werden. Sie sind dann für einen Laien nicht mehr verständlich und setzen für ihre Interpretation Sachkenntnisse voraus, die nur durch lange Erfahrung und/oder durch eine einschlägige Ausbildung gewonnen werden können. Technische Qualitätskriterien bspw. oder wirtschaftliche Zusammenhänge können als Verhältniskennzahlen fixiert werden. Der zur Berechnung ver-
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
115
wendete Input kann zwar in seinen absoluten Zahlen im Berichtssystem mitgeführt werden, und dennoch haben diese Angaben nur einen Aussagewert für einen Ingenieur bzw. einen Betriebswirt. Solange die von der Handlung betroffenen Rezipienten die vorgegebene Information für ihre pragmatischen Interessen nutzen können, ist das so geartete Berichtssystem sachgerecht. Da sich das jeweilige Umsystem und die Unternehmensrealität wandeln, müssen sich die Kennzahlen entsprechend den pragmatischen Ansprüchen ebenfalls ändern. Das erfordert von den Betriebsangehörigen einen kontinuierlichen Lernprozess. Die betriebliche Informationsverarbeitung ist gekennzeichnet von einer heterogenen Datenherkunft und der gleichzeitigen Verwendung von vielfältigen Datenbanken. Sicherlich werden diese Strukturen homogenisiert durch die Nutzung von ERP-Systemen, welche auf einem redundanzfreien semantischen Netz aufbauen. Aber es ist bei der Komplexität der technischen, der wirtschaftlichen und der kommunikativen Datenverarbeitung nicht möglich, die Informationsverarbeitung im Unternehmen auf eine formale Struktur zu begrenzen. Wohl aber haben sich Techniken etabliert, umfangreiche Teilsysteme der Datenhaltung zu integrieren, um diese für spezifische Entscheidungen auszuwerten. Hierbei ist das Data-WarehouseKonzept von herausragender Bedeutung. (Reichmann 2006, S. 554 f.; siehe Abb. 3.48): „Ein Data Warehouse ist eine Datenbasis, die durch Integration verschiedener operativer Datenbestände gebildet wird. Bei der Integration werden durch Aggregation und Selektion nur solche Daten mit einbezogen, die für die betriebswirtschaftliche Aufgabenstellung relevant sind. [...] Dabei wird bereits die Übernahme von Daten aus unterschiedlichen, heterogenen Quellsystemen berücksichtigt. Bei der Überführung und Aufbereitung der Daten im Rahmen des Data Warehouse lassen sich drei unterschiedliche Datenstrukturen unterscheiden. Erstens die Ladedatenstrukturen, die durch die Transformation der Daten aus den Quellsystemen erzeugt werden, zweitens die Basisdatenstrukturen, die im Hinblick auf den bestehenden Informationsbedarf selektiert und entsprechend strukturiert werden, und schließlich drittens die Auswertungsdatenstrukturen, die aufbauend auf den Basisdatenstrukturen, z. B. durch Verdichtung zu bestimmten Kennzahlen, unmittelbar auf den Informationsbedarf angepasst werden und damit den geplanten Abfragen bereits am nächsten sind.“ Ziel des Data Warehouse Konzepts ist es, die Vorteile einer dezentralen Struktur mit denen einer zentralen Organisation zu verbinden. Dabei müssen jedoch alle Kompatibilitätsprobleme bei der Datenzusammenführung gelöst werden. Das bedeutet, dass bereits bei den Quellensystemen Standards festzulegen sind, die das ermöglichen. Und das bedeutet ebenfalls, dass innerhalb der einzelnen Quellensysteme nicht Informationen gesammelt werden, die sich bei der Zusammenführung als widersprüchlich erweisen. Aus der Darstellung wird deutlich, dass aus der betriebswirtschaftlichen Sicht eine Integration der innerbetrieblichen Datenverarbeitung wünschenswert ist, auch wenn man hierbei zwischen Skylla und Charybdis zu segeln hat. Das eine Übel ist die Trägheit aller zentralistischen Systeme. Wenn eine Widerspruchsfreiheit bei allen Informationselementen eines hochkomplexen Systems gefordert wird, dann bedarf das einer hohen Formalisierung aller sozialen Prozesse bei der Absprache von Inhalten. Das andere Übel ist die Unkoordinierbarkeit von selbstständigen, heterogenen Informationssystemen mit dem Anspruch, auch schnell
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
reagieren zu können. Reaktionsgeschwindigkeit bedarf einer gewissen Unabhängigkeit, welche der Integration von Informations- und Entscheidungssystemen zuwiderläuft.
Abb. 3.48:
Entwurf des konzeptionellen Data-Warehouse-Schemas (nach Reichmann)
Dennoch eröffnet eine sorgfältig gewartete Data-Warehouse-Struktur Analysemöglichkeiten, um die Unternehmenskomplexität zu reduzieren. Hierdurch werden Einblicke möglich, die Sachstände erklären und eine Datenbasis bereitstellen, welche für Prognosezwecke verwendet werden kann. Mit der Hilfe des Online Analytical Processing (OLAP) lässt sich eine mehrdimensionale Datenanalyse durchführen, welche Kennzahlen zu einem sogenannten „Datenwürfel“ ordnet. Mülder (2002, S. 232 ff.) verdeutlicht diese Technik am Beispiel einer multinationalen Vertriebsproblematik von Spirituosen. Es gilt die Umsätze von Wein, Sekt usw. in ihrer Historisierung und geographischen Positionierung zu analysieren, um daraus eine Controllingprozedur von Planung, Umsetzung und Kontrolle zu begründen „Je nach Benutzergruppe können unterschiedliche Analysemöglichkeiten bedeutsam sein. […] Die verschiedenen Betrachtungsmöglichkeiten im Datenwürfel werden auch als ‚Slice and Dice‘ bezeichnet, wobei Slice als Herausschneiden von Scheiben und Dice die Bildung von kleinen Würfeln aus dem Gesamtwürfel durch Einschränkung auf einen Wert bzw. Wertebereich
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
117
bedeutet. Will der Anwender von einer bestehenden Verdichtungsebene in eine detaillierte Sicht wechseln, so wird von Drill-Down gesprochen (umgekehrt: Drill-Up bzw. Roll-Up)“ (Mülder 2002, S. 242 f.; vgl. Abb. 3.49).
Abb. 3.49:
OLAP Navigation im Datenwürfel (nach Mülder)
An diesem Beispiel wird deutlich, welche Zuordnung die Strukturkriterien, also die syntaktische Dimension der Datenorganisation, bei der Etablierung von Kennzahlen hat. Es zeigt sich auch, dass fest gefertigte Strukturen für den Umgang mit operativen Controllingproblemen sehr dienlich sind, um verlässliche Vorgaben für die Handlungsbetroffenen bereitzustellen. Im strategischen Handlungskontext gilt es jedoch einen längeren Planungszeitraum zu betrachten und Alternativen zu evaluieren, welche eine syntaktische und semantische Veränderung dieser Datenstrukturen nach sich ziehen müssen.
118
3.3.1
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Strategisches Controlling
Das strategische Controlling umfasst die Verfahren, welche verwendet werden, um eine Richtungsänderung im Unternehmen zu definieren und umzusetzen. Jeder Controllingansatz deckt eine bestimmte Handlungsvariabilität ab, aus der sich eine spezifische Flexibilität ergibt. So bezieht sich das operative Controlling auf das vorhandene Basissystem. Innerhalb einer Bandbreite kann eine kontinuierliche Produkt- und Produktionsverbesserung (vgl. hierzu Westkämper 1996, S. 13-8 ff.) erfolgen. Will oder muss man jedoch über dieses Maß hinausgehen, so ergibt sich zunächst die Frage, in welche Richtung eine innovative Entwicklung angestrebt wird. Es besteht der Bedarf an einer Modellbildung, die über das eigene Handlungsspektrum hinausgeht und den eigenen Stellenwert im Kontext des unternehmerischen Umsystems abbildet.
Abb. 3.50:
Komparativer Konkurrenzvorteil (KKV) nach Backhaus
Unternehmerische Visionen können zwei Quellen haben: Zum einen kann ein Visionär oder eine visionäre Gruppe eine vollkommen neue Zukunftsvorstellung haben, die sich nicht mit den etablierten Kategorien dimensionieren lässt; wenn dieses Konzept realisiert wird und zum Erfolg führt, dann können daraus globale Konzerne entstehen. Siemens, Daimler und Ford repräsentieren solche Personen in ihrer Gründerzeit. Das Fotokopiergerät, der MarsSchokoriegel, das Betriebssystem MS-DOS, Google und Facebook bspw. sind Produkte, die in den letzten Jahrzehnten Konzernbildungen initiiert haben. Wie man zu solchen Handlungsentwürfen kommt, das kann kein Lehrbuch beschreiben, wohl aber können Aussagen darüber getroffen werden, wie ein bereits vorhandenes Unternehmen sich in seiner Umwelt lebensfähig erhält, wie eine nachhaltige Existenzsicherung angestrebt werden kann. Die Schlüsselhandlung bildet im Unternehmen hierzu die Investition als ein Prozess zur Verände-
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
119
rung der betriebseigenen Relation zwischen Nachfrager, Anbieter und Konkurrenz zur Erlangung eines komparativen Konkurrenzvorteils (KKV). Backhaus (2009, S. 19; vgl. Abb. 3.50) schreibt dazu: „Unabhängig davon, ob ein Investitionsanbieter eine aktive oder reaktive Marketing-Konzeption verfolgt, gilt prinzipiell: Nur das Leistungsangebot wird am Markt erfolgreich sein, das vom Nachfrager als subjektiv überlegen gegenüber anderen Alternativen eingestuft wird, d. h. es ist für den Markterfolg entscheidend, in der Wahrnehmung der Nachfrager besser zu sein als die Konkurrenten. Nur dann verfügt man über einen KKV. Der KKV wird bestimmt durch die drei Bestimmungsfaktoren:
Bedürfnisse (Probleme) der potentiellen Nachfrager, Leistungsart und -umfang (Problemlösungs-Know-how) der relevanten Konkurrenten und das eigene Problemlösungs-Know-how in der Wahrnehmung der Nachfrager.“
Evaluiert ein Unternehmen seine komparative Konkurrenzsituation, so sind die drei Komponenten des Marketing-Dreiecks zu analysieren:
die Nachfragestrukturen, die Konkurrenzverhältnisse und die eigene Ausgangssituation.
Dabei ist stets zu beachten, dass der eigene Blickwinkel und der des Nachfragers bzw. der des Mitanbieters unterschiedlich ist, auch wenn es sich um dasselbe Ausgangsobjekt handelt. Das Unternehmen erbringt eine interne logistische Leistung der Beschaffung, der Produktion, der Lagerhaltung und der Auftragsabwicklung samt Kommissionierung und Distribution. Der Leistungsbezieher registriert eine externe Leistung mit einem gewissen Servicegrad, die bestimmt ist durch die Lieferzeit, -fähigkeit, -treue, die Lieferflexibilität, -qualität und die Informationsbereitschaft. Im St. Galler Management-Konzept (vgl. Bleicher 2001 sowie Boos/Volker/Schuh 2011 S. 50 ff.; siehe Abb. 3.51) wird die unternehmerische Vision als Managementphilosophie gekennzeichnet, deren Auswirkung auf die Unternehmensentwicklung zunächst organisatorisch im Betrieb verarbeitet werden muss. Es gilt also die Vision als normatives Management über die Unternehmenspolitik als Mission zu formulieren. Erst hieraus lassen sich strategische Programme ableiten, welche dann selbstverständlich auch der operativen Umsetzung in Aufträge bedürfen, um als Aktivitäten wirksam zu werden. Albert Preis (1995, S. 45 ff.) entwickelt in seinem Buch „Strategisches Controlling“ ein Schema zum Früherkennungs-Controlling, das auf drei Betrachtungsmerkmalen beruht: dem Markt mit seinen Beurteilungsfeldern zur Einschätzung des Wachstumspotenzials der Umsatzentwicklung, des Branchenpotenzials und der Wettbewerbsentwicklung; der Organisation mit den Aussagefeldern Ergebnisentwicklung, Innovationsergebnis und Erscheinungsbild eines Unternehmens und dem Personal mit den Kriterien Management, Personalqualifikation und Ausprägung des Personals. Wir unterscheiden zwischen diesen drei betrieblichen Investitionsbereichen:
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
der Produkt-Investition, mit der die Quantität und Qualität der Leistungsmerkmale des Unternehmens modifiziert werden, der Markt-Investition, mit der die Quantität und Qualität der Leistungsveräußerung als Investitionsfeld bearbeitet wird, und schließlich der sozialen Investition, die als Produkt der vorangegangenen Bereiche angesehen werden kann, aber dennoch eigenständig behandelt werden muss. Die Mitarbeiter eines Unternehmens bilden das wichtigste Potenzial eines Betriebes; sie umreißen den Handlungsraum, in dem sich eine Organisation überhaupt entwickeln kann.
Abb. 3.51:
St. Galler Management-Konzept
Im strategischen Controlling werden dem endogene und exogene Potenziale gegenübergestellt und in ihrer Entwicklung eingeschätzt. Hierbei kann deutlich unterschieden werden, wie sich die unmittelbare Konkurrenz und das gesamte technologische, ökonomische und soziale Umfeld verhalten. Diese Aussagefelder bilden mit den strategischen Betrachtungsfeldern der Investition eine Matrix, welche sich in neun Quadranten gliedert (siehe Abb. 3.52).
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
Abb. 3.52:
121
Strategische Dimension des Investitions-Controlling
Jedes Betrachtungsfeld der Investition kann getrennt einer Modellbetrachtung unterzogen werden, wobei in der Portfolio-Analyse jeweils eine exogene und eine endogene Dimension zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das Betrachtungsobjekt wird dann als Kreis in dieser Matrix positioniert und nach einem quantitativen Kriterium größer oder kleiner dimensioniert. Portfolios zur Beurteilung der Leistungserstellung bedürfen einer unternehmensspezifischen technologieabhängigen Terminologie.
Abb. 3.53:
Marktanteil-Marktwachstums-Matrix (Boston Consulting Group)
Das bekannteste Portfolio-Modell ist von der Boston Consulting Group Ende der 60er-Jahre entwickelt worden (vgl. Kotler/Bliemel 1992, S. 59 ff. oder Weis 2009, S. 124; siehe Abb. 3.53). In dem Marktanteil-Marktwachstums-Portfolio werden die eigenen Produkte, di-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
mensioniert nach ihren Gewinnbeiträgen, in eine Vierfeldermatrix positioniert. Einzuschätzen ist, ob das jeweilige Marktwachstum und der Marktanteil hoch oder niedrig sind. Nach dem Modell des Produktlebenszyklus ist bei der Einführung das Marktwachstum hoch und der Marktanteil niedrig. Man weiß jedoch nicht, wie sich das Produkt entwickeln wird; es ist ein „questionmark“. Steigt in der Wachstumsphase auch der Marktanteil, so wird das Produkt zum „star“; bleibt der Marktanteil niedrig, so wird es zum „poor dog“. Die höchsten Renditen bringen die Produkte in der Reifephase: Ihr Marktwachstum ist zwar niedrig, ihr Marktanteil jedoch hoch – es sind „cashcows“. Für die vier Felder leitet Weis dezidierte Strategien ab. Die Fragezeichen bilden das Nachwuchspotenzial und bedürfen einer Offensiv-Strategie, und die „Stars“ lassen sich durch Investitionen ausbauen. Die Milchkühe hingegen sollten ausgeschöpft werden, und bei dem armen Hund ist eine Desinvestitionsstrategie angezeigt. Jede eingeschlagene Strategie muss durch Programme unterfüttert werden. So gilt es nach Weis (2009, S. 125; vgl. Abb. 3.54), die Programmpolitik, die Preispolitik, die Vertriebspolitik und die Investitionspolitik zu detaillieren. Portfolio Kategorien “Nachwuchs” StrategieElemente
“Stars”
“Cash-Kühe”
“Probleme”
relevante Marketing-Strategien OffensivStrategien
InvestitionsStrategien
AbschöpfungsStrategien
DesinvestitionsStrategien
1. Programmpolitik
Produktspezialisierung
Sotiment ausbauen, diversifizieren
Imitation
Programmbegrenzung (keine neuen Produkte, aufgeben ganzer Linien)
2. Abnehmermärkte und Marktanteile
gezielt vergrößern
gewinnen, Basis verbreitern: - neue Regionen - neue Anwendungen
Position verteidigen, Konkurrenzabwehr
aufgeben zu Gunsten von Erträgen: - Kundenslektion - regionaler Rückzug
3. Preispolitik
tendenzielle Niedrigpreise
Anstreben von Preisführerschaft
Preisstabilisierung
tendenzielle Hochpreispolitik
4. Vertriebspolitk (Werbung und Absatzkanäle)
stark forcieren
aktiver Einsatz von - Werbemitteln, - Zweitmarken
gezielte Produktwerbung, Verbesserung des Kundendienstes
zurückgehender Einsatz des vertriebspolitischen Instrumentariums
5. Risiko
akzeptieren
akzeptieren
begrenzen
vermeiden
6. Investitionen
hoch, Erweiterungsinvestitionen
vertretbares Maximum, Reininvestitionen
beschränkte Ersatzinvestitionen
Minimum bzw. Stilllegen
Abb. 3.54:
Portfolio-Kategorien und Strategieelemente (nach Weis)
Das Modell stellt den Mittelrückfluss in den Vordergrund. Bei seiner Anwendung ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, das Marktwachstum und den relativen Marktanteil zu messen, da
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
123
diese Größen von der Abgrenzung des Marktes abhängen. Eine Positionierung in eines der vier Felder ist nicht frei von Willkür. In dem Marktattraktivitäts-WettbewerbsvorteilPortfolio (vgl. Hungenberg 2004 und Schuh/Boos/Kampker/Gartzen 2011, S. 120; siehe Abb. 3.55) wird die exogene Attraktivität einer Leistung dem endogenen Moment der Wettbewerbsposition gegenübergestellt. Eine Mittelbindung sollte bei hoher Marktattraktivität und Wettbewerbsstärke erfolgen. Sind beide Faktoren niedrig, so sollte eine Ausschöpfung und Desinvestitionsstrategie verfolgt werden.
Abb. 3.55:
Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolio
Organisation und Personal unterliegen einem stetigen Wandel, der Mittel bindet; Investitionen in die Leistungsgenerierung und Leistungsveräußerung ziehen Konsequenzen in der Organisationsgestaltung und den Qualitätsansprüchen beim Personal nach sich. Es ergeben sich jedoch auch Wandlungsprozesse, welche durch die Konkurrenz sowie die Entwicklung des gesellschaftlichen Kommunikations- und Führungsverhaltens notwendig werden. Prozessorientierte Qualitätssicherung und integrierte Informationssysteme der überbetrieblichen Interaktionsmechanismen erfordern Strukturveränderungen bei Organisation und Personal, die teilweise ein Unternehmen erst in die Lage versetzen, sich mit Produkt- und Marktinnovation auseinanderzusetzen. Hieraus ergibt sich die Problematik, dass nicht beliebig viele Strategien konzeptionell detailliert werden können, man greift sich spezifische Sichten heraus. Diese Szenariotechnik orientiert sich zunächst an der gegenwärtigen Situation und betrachtet lediglich eine begrenz-
124
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
te Anzahl von Ausprägungen der möglichen Zukunft (vgl. Ziegenbein 2011, S. 86 ff. sowie hierzu Schuh/Boos/Kampker/Gartzen 2011, S. 122 f.; siehe Abb. 3.56). Dabei kann die Gegenwart in die Zukunft extrahiert werden (Forward Approach). Es können aber auch die zukünftigen Visionen auf die gegenwärtige Situation bezogen werden (Backward Approach). Durch die Auswertung potenzieller Störereignisse kristallisiert sich ein Zielhof heraus, der entsprechend ausführlich durchgeplant werden kann.
Abb. 3.56:
Prinzipien der Szenariotechnik
Ist erst einmal der Zielhof des Strategietunnels definiert, so muss das Investitionsvorhaben präzisiert werden. Neben der technischen Planung muss der monetär begleitete Handlungsfluss der intendierten Situation beschrieben werden. Dies geht am besten durch die Verwendung der operativ genutzten Modelle, die jeweils den investitionsspezifischen Bedingungen anzupassen sind. Zuvor ist jedoch die Frage zu klären, ob die mit der Portfoliotechnik ermittelten Zielsetzungen in sich schlüssig sind oder aber Zielhöfe gleichzeitig angesprochen werden, die einander widersprechen. Mit der Analyse von Relationen bei den Zielbeziehungen gilt es, einen sozialen Konsens zu schaffen, um einen Ausgangspunkt für das operative Controlling zu erhalten.
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
125
Bei der Relationsbetrachtung wird stets davon ausgegangen, dass die Ziele in ihrem Erreichungsgrad einander gegenübergestellt werden können, dass ihre Aussagesysteme mindestens kompatibel sind (vgl. Abb. 3.57). Aber abgesehen von dem Umstand, dass wir es selten mit der Beziehung von lediglich zwei Zielen zu tun haben, sondern meist mit komplexen Zielsystemen, treten häufig Zielsetzungen auf, die in ihrer Wertauffassung inkommensurabel sind. Zielsysteme mit homogener Skalierung sind nicht immer als hierarchisch gegliederte Subsysteme abzubilden (wie bei Heinen 1971, S. 105 oder Hahn 2001, S. 12 sowie Küpper 2008, S. 114 f.), sondern es bilden sich auch Relationen in Form von Teilsystemen, wie sie in Abb. 3.30 (vgl. S. 98 – Hypermediastruktur) dargestellt sind. Schon bei solchen Strukturen sind die Interdependenzen schwer kalkulierbar, es wird jedoch noch komplizierter, wenn unterschiedliche Wertesysteme miteinander in Relation gesetzt werden.
Abb. 3.57:
3.3.2
Zielbeziehungen
Operatives Controlling
Die Definition der verfolgten Unternehmensziele bildet die Schnittmenge zwischen dem strategischen und dem operativen Controlling. Während die Strategieauseinandersetzung den Begründungszusammenhang liefert, schafft das operative Controlling den begrifflichen Umsetzungskontext. Hahn (2001, S. 10) unterscheidet in seinem operativen und wirtschaftlich geprägten Controllingansatz drei wichtige Kategorien von Zielen:
Personalziele (Sozialziele) Erstrebte künftige intra- und interpersonelle Zustände. Es handelt sich um monetäre und nichtmonetäre Ziele (z. B. Einkommensziele, angestrebte Tätigkeit, angestrebtes Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Gruppen im Umsystem). Personalziele bzw. Sozialziele, die z. T. gesetzlich fixiert sind, können durch die Verwirklichung von Geld(wert)zielen, Produktzielen und sonstigen Handlungszielen erreicht werden. Geldziele (Wertziele) Ergebnis und Ergebniskomponenten (Kosten – Erlös, Aufwand – Ertrag) als absolute und relative Größen (z. B. Gewinn, Rentabilität) sowie Liquidität und Liquiditätskomponenten (Ein- und Auszahlungen). Es handelt sich um monetäre Ziele. Geld(wert)ziele werden durch die Verwirklichung von Produktzielen und Handlungszielen erreicht. Produktziele (Sachziele)
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Produktprogramm (Leistungsprogramm) – Art und Umfang der während eines Zeitraumes abzusetzenden und/oder herzustellenden Produkte. Es handelt sich um nichtmonetäre Ziele, die monetär ausgedrückt werden können. Produktziele werden durch die Erfüllung von Handlungszielen erreicht. Obwohl unterschiedliche Wertesysteme bei der Interaktion von Sozial-, Geld- und Produktzielen miteinander in Berührung kommen, interpretiert Hahn alle drei Ebenen als Handlungsziele: ihre Erfüllung setzt zielorientierte Aktionen unter Mitteleinsatz voraus. Somit vereinfacht Hahn das Gesamtmodell des Unternehmens als System und zielgerichtete Struktur, indem er Aktionsträger (Personen, Betriebsmittel) und Aktionsobjekte (Werkstoffe, Informationen, Geld) als Input definiert, die über eine Aktionsstruktur zu den Handlungszielen (Personal-, Produktions- und Geldwertziele) als Output führt (vgl. Abb. 3.58).
Abb. 3.58:
Unternehmen als System - als zielgerichtete Struktur (nach Hahn)
In dieser Arbeit stehen die Sozialziele nicht im Vordergrund, schwerpunktmäßig werden die Modelle zur Operationalisierung von Wert- und Sachzielen analysiert, und es wird nach einer gemeinsamen Verständigungsebene zwischen beiden gesucht. Sicherlich bildet die Handlung, also die Aktionsstruktur, ein gemeinsames Moment; dennoch weisen die Tätigkeitsmerkmale bei der Verfolgung von Wert- bzw. Sachzielen eine sehr unterschiedliche Komponente auf, die insbesondere dann zutage tritt, wenn man sich mit den spezifischen Handlungsmodellen detailliert auseinandersetzt:
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
127
Bei der Verfolgung von Produktzielen steht das Produkt im Vordergrund, ein Objekt mit seiner räumlichen Ausdehnung und der Produktionsprozess, also die Objektumwelt in ihrer räumlich-zeitlichen Ausprägung. Bei der Verfolgung von Wertzielen werden Aktionen insbesondere unter dem Aspekt des Mitteleinsatzes geplant, umgesetzt und kontrolliert.
Aus dieser unterschiedlichen Schwerpunktbildung ergeben sich andersartige Informationen, die in den DV-Verfahren umgesetzt werden. In der betrieblichen Anwendung der Modelle werden somit andere Strukturen thematisiert und als Werte etabliert. Zwei Betrachtungsansätze verdeutlichen das: Es handelt sich dabei einerseits um das betriebswirtschaftliche wertorientierte Controllingsystem von Hahn, das in seinem Grundlagenwerk „PuK – Planungsund Kontrollrechnung“ ausgeführt wird und andererseits um den ingenieurswissenschaftlichen objektorientierten Ansatz, der in Wiendahls Betriebsorganisation für Ingenieure seinen Ausdruck findet. Hahns Systementwurf eines Planungs- und Kontrollsystems hat ein hierarchisch gegliedertes Planungssystem mit periodischen Planungen zur Basis, dessen Ausdrucksform sich bei einer verrichtungsorientierten und einer objektorientierten Aufbauorganisation unterscheidet, im Prinzip jedoch von vier Handlungsebenen geprägt ist:
der generellen Zielplanung, der Programmplanung, der Potenzialplanung (Absatz, Produktion und Beschaffung) sowie der gesamtunternehmensbezogenen Ergebnisplanung und Finanzplanung.
Diese Hierarchie in der Planung spiegelt sich in der personellen Organisation des Unternehmens wider. Dementsprechend werden in der Unternehmenspyramide die Zielvorstellungen in Planungskonferenzen von „oben nach unten“ kommuniziert und die Zielerreichungsvorstellungen von „unten nach oben“ in die einzelnen Planungen eingebracht. Das System lebt von der „rollenden Planung“, d. h. im Rahmen eines Planungshorizontes von fünf Perioden werden die ersten zwei jeweils im Detail geplant, die weiteren drei nur global. Jeweils nach Beendigung einer Periode erfolgt eine Planungsrevision, sowohl im Detail als auch global. Die rollende Planung erfolgt natürlich auf allen vier Ebenen des Ausgangsmodells (siehe Hahn 2001, S. 79, vgl. Abb. 3.59), wobei die generelle Zielplanung und die strategische Planung im engeren Sinne keiner Detailplanung bedürfen. Erst auf der Ebene der Programm- und Aktionsplanung, also der operativen Planung im engeren Sinne, erfolgt eine Detailplanung, deren Kenndaten in die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung eingehen. An dieser Übersicht wird deutlich, dass Hahns Ansatz deduktiver Natur ist. Im Vordergrund steht die Handlungsstruktur des Unternehmens als Ganzes. Das Gesamtmodell wird in Subsysteme zerlegt, Detailmodelle also, die jeweils unterschiedliche Untermengen von Handlungssequenzen gepaart mit ihrer Wertzuweisung enthalten. Es bildet sich eine Informationspyramide zunehmend verdichteter Handlungspläne aus, deren Informationsstruktur die Betriebshierarchie widerspiegelt.
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Der gedankliche Ansatz von Wiendahl bei der Deskription der Grundlagen des betrieblichen Informationssystems enthält ein ganz anderes Moment. Ausgangspunkt der Betrachtung ist hierbei das Produkt, also die betriebliche Leistung, und zwar nicht als Ganzes, wie es gängigerweise in der Betriebswirtschaftslehre gesehen wird, sondern in der Struktur seiner Einzelelemente, anders formuliert, in seiner Erzeugnisgliederung.
Abb. 3.59:
Rollende, strategische und operative Planung (nach Hahn)
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
129
Es handelt sich im Kern um eine induktive Strategie, in der vom Einzelnen auf das Ganze geschlossen wird, in der die Beschreibung des einzelnen Leistungsobjekts Strukturmerkmale aufweist, die sich in der Struktur des Ganzen widerspiegeln und umgekehrt die Begrifflichkeit zur Beschreibung des Ganzen Merkmale in sich trägt, die bei der Objektdarstellung wiederkehren.
Abb. 3.60:
Ablauf der Arbeitsplanerstellung (nach Wiendahl)
Die Entstehung industrieller Erzeugnisse ist ein arbeitsteiliger Herstellungsprozess, in dem vom Beschaffungsmarkt Rohmaterial und/oder Fertigteile- sowie Fertiggruppen mit eigengefertigten Teilen zu Baugruppen zusammengeführt werden, mit dem Ziel, in der Endmontage das Fertigerzeugnis für den Absatzmarkt zu erstellen. Entsprechend dieser Struktur wird auch
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
das betriebliche Leistungsobjekt dargestellt, also als eine Systembildung von Materialien, Teilen und Baugruppen, die in Stufen zum Enderzeugnis aufgebaut werden. Diese Gliederung eines Stammbaums verdeutlicht sowohl den innerbetrieblichen wie auch den außerbetrieblichen Materialfluss als auch die Strukturebenen des Produktionsaufbaus. Der ingenieurswissenschaftliche Aufbau der Erzeugnisgliederung als Modell des betrieblichen Leistungsobjektes beinhaltet aber noch mehr: Er bildet den Ausgangspunkt für eine systematische Planung von Handlungen, die notwendig sind, um das Produkt im Produktionsprozess physisch zu realisieren. Die Erzeugnisgliederung definiert die Struktur der zeichnerischen Dokumentation und somit der geometrischen Ausprägung des Produktes. Zeichnungen wiederum werden alphanumerisch in Stücklisten umcodiert und bilden den Ausgangspunkt für die Arbeitsplanung. Hier werden die eingesetzten Materialien und Fertigungsmittel bestimmt und die Handlungsfolge sowie die Dauer der notwendigen Arbeitsschritte fixiert. Die so generierten Arbeitspläne (vgl. Wiendahl 2010, S. 203; siehe Abb. 3.60) weisen in ihrer Gesamtheit ebenfalls die Struktur der Erzeugnisgliederung als Ordungskriterium auf und beinhalten eine Detaillierung des Objektes, in dem das Objektumfeld expliziert wird. Es wird festgelegt, was von welchem Personenkreis, womit und in welcher zeitlichen Abfolge gemacht werden soll, wenn das Produkt in die Produktion geht. Mit der Definition der Arbeitsgänge ist der Produktionsfluss noch nicht bestimmt, wohl aber präjudiziert. Es fehlen jedoch die Handlungsbeschreibungen zwischen den Arbeitsgängen, wie Liegen, Transportieren oder Lagern. Die Zusammenfassung der objektspezifischen und objektumfeldspezifischen Faktoren ergibt den Aktionsplan für die Produktion, und dieser wird im Handlungskontext des Alltags angepasst. Bei der Zuordnung der Betriebsmittel auf die einzelnen Arbeitsgänge ist natürlich ein Kommunikationsprozess zwischen den Produktentwicklern und den Produktionsleitern notwendig. Der Produktionsanspruch bei Innovationen muss mit dem Produktionspotenzial abgestimmt werden. Die Entwicklung neuer Produkte ist jedoch zumeist gleichzeitig ein Investitionsprozess, indem nämlich der Produktionsanspruch die inhaltliche Vorgabe eines Investitionsprogramms kennzeichnet. Produktionsprogramm und Teilebeschreibung determinieren ein Bearbeitungsprofil. Aus der Analyse des Maschinenbestandes und des Produktionspotenziales ergibt sich das Maschinenprofil. Eine Zuordnung beider Profile führt zum Ergebnis einer Investitionsplanung, in der die Determinanten für die Personal-, Sachmittel- und Flächenplanung definiert sind (vgl. Wiendahl 2010, S. 238; siehe Abb. 3.61). An dieser Gegenüberstellung von zwei unterschiedlichen Handlungs- und Entscheidungsansätzen wird deutlich, dass die Aktionsstruktur im Unternehmen in seiner Zielsetzung von zwei gedanklichen Konstrukten geprägt ist:
das wirtschaftliche Controlling mit der Konzentration auf Handlungsmodelle, die hierarchiebezogene Aktionen und monetären Mitteleinsatz, wie Erlöse und Kosten, verknüpfen und
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
131
das technische Controlling mit dem Schwerpunkt der geometrischen Objekt- und Objektumfeldbeschreibung sowie der Definition von Aktionen, welche auch die Durchführbarkeit des Produktionsprozesses nachweisen.
Abb. 3.61:
Systematik der technischen Investitionsplanung im Rahmen der Fabrikplanung (nach Wiendahl)
Beide Ansätze sind systemtheoretisch ausgerichtet, in beiden Fällen werden Aspekte des Gesamtunternehmens beschrieben und in Sub- sowie Teilsysteme detailliert. Beide Ansätze sind untrennbar mit dem Medium der Datenverarbeitung verknüpft; sie fußen auf Verfahren, welche das Aktionsspektrum der betrieblichen Unternehmung in einer Vielfalt von Modellen abbildet, die sich in der Planung konkretisieren (ebenda S. 55; vgl. Abb. 3.62), um alsdann die Datenbasis für die Umsetzung und Kontrolle zu beliefern. Und beide Ansätze sind eingebunden in der inner- und überbetrieblichen Kommunikation, welche eigenständige Controllingprozesse bedingt. Selbstverständlich ist es nicht zulässig, in so einer verkürzten Art Gedankenmodelle mit so einem hohen Komplexitätsgrad gegenüberzustellen. Die flüchtige Betrachtung der Aussagestrukturen von Hahn und Wiendahl haben in diesem Kapitel einen exemplarischen Charakter. Um die kommunikativen Defizite zwischen der technischen und der wirtschaftlichen
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Datenverarbeitung im Rahmen der Produktentwicklung aufzuspüren, müssen beide Modelle im Einzelnen analysiert werden. Dies geschieht in den Hauptteilen 2 und 3.
Abb. 3.62:
Prinzipieller Aufbau der Unternehmensplanung eines Produktionsunternehmens (nach Wiendahl)
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
3.3.3
133
Ablauf der Unternehmensplanung und -kontrolle
Jedes Planungssystem wird zu einem Controllinginstrument, wenn die Planvorgaben hinreichend operationalisiert sind, sodass bei der Durchführung der Planung korrelierende Werte als Tätigkeitsindikatoren erhoben werden können, um sie mit den Planwerten zu vergleichen. Ein Controllingsystem wird erst dann zum einsatzfähigen Verfahren, wenn die realen betrieblichen Handlungen unter Verwendung eines zum Planungsvokabular kompatiblen Begriffsrepertoires beobachtet und quantitativ erfasst werden. Es kann so ein Vergleich der Sollvorgaben mit den Istwerten erfolgen: Das Planungsverfahren liefert die Struktur für ein Berichtssystem. Über die Feststellung des Abweichungsgrades im Soll-Ist-Vergleich kann eine Planungsrevision, also eine Regulierung der betrieblichen Handlung, erfolgen. Ein Controllingsystem legt nicht nur die intendierte Handlung fest, sondern auch wie und in welchem Zeittakt sie bei der realen Durchführung registriert wird. Es ergeben sich die Intervalle zwischen Planung, Durchführung und Kontrolle, und somit werden auch die Zeitpunkte der Intervention begrenzt.
Abb. 3.63:
Elemente der Unternehmensplanung (nach Wiendahl)
Da wir es im Unternehmen mit geregelten Handlungsstrukturen zu tun haben, sind auch Planungsverfahren notwendig, die je nach Planungshorizont nicht nur die betrieblichen Aktivitäten determinieren, sondern auch bestimmen, wann ein Planungswert überprüft wird und geändert werden kann. Dabei wächst mit der Kürze des Planungsintervalls die Detaillierung der intendierten Handlung; eine Intervention in einem kurzfristigen Berichtssystem reguliert das Detail; mittel- und langfristige Planungssysteme regulieren die Planungsrichtung. Kurzfristige Berichtssysteme ermöglichen einen schnellen Eingriff; eine Richtungskor-
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
rektur des Ganzen kann über Planungssysteme nur so schnell erfolgen, wie ein Soll-IstVergleich zeitlich vorgesehen ist (vgl. hierzu Wiendahl 2010, S. 53, siehe Abb. 3.63). Die Überführung eines Planungsverfahrens in ein Berichts- und Controllingsystem bedarf stets einer betriebsspezifischen Präzisierung, in der festgehalten wird, welche Plandaten, von wem, wann, in welcher Form und für welchen Zeitraum zu generieren sind und wie entsprechend dieser Plandaten die Realdaten erhoben sowie in einem Berichtssystem zusammengefasst werden. Es gilt weiterhin zu fixieren, wer diese Kontrolldaten analysiert und wann sowie von wem welche Änderungsprozeduren eingeleitet werden können. Es werden in diesem Zusammenhang die Interdependenzen zwischen Planung und Kontrolle in drei Problemkreisen weiter vertieft:
die Etablierung von Planungszyklen, die Differenzierung zwischen Planung und Kontrolle bei Routineaktivitäten und Innovationen und die Bewältigung von Kontrollanalysen und Planungsänderungen.
Jedes Unternehmen hat seine Rhythmik. Sei es, dass die Jahreszeiten sich auf die Betriebsaktivitäten auswirken, oder aber das Geschäftsjahr spezifische Anforderungen stellt. Diese Abschwächungen und Verdichtungen im Fluss der betrieblichen Handlungen werden nachgezeichnet und eventuell verstärkt durch die Einrichtung von Planungszyklen, in denen die Sollvorgaben für Woche, Monat, Jahr und Jahrquintal bestimmt, überarbeitet und festgesetzt werden. Auf diesen Rhythmus wird auch die Kontrolle und Veränderung von Planungen abgestimmt. Dabei trennen sich zwei Welten. Die meisten Handlungen, die im Unternehmen durchgeführt werden, sind nicht geplant, sondern sind durch Routineverhalten bestimmt. Es existieren auch gar keine Modelle oder Vorschriften für diese Handlungen, sondern sie bilden den Mikrokosmos der betrieblichen Aktivitäten, die durch Tradition für den Fortbestand des Unternehmens sorgen. Werden mit diesen Handlungen Werte konsumiert oder geschaffen, dann werden sie als Planungsgrößen registriert und fortgeschrieben. Dagegen steht die Welt der Neuerung, der Innovation. Hier werden Verhaltenswechsel lang- und mittelfristig geplant und kurzfristig geradezu experimentell erprobt. Eine zweckmäßige Planung und Kontrolle muss beides umfassen sowie integrieren und dennoch der Unterschiedlichkeit zwischen der Gestaltung von Routine und Innovation gerecht werden. Die Zeithorizonte der unterschiedlichen Planungen variieren je nach Unternehmen erheblich. Die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) erhebt in ihrem Controllerpanel folgenden Sachstand (vgl. Weber/Schäffer 2011, S. 257):
Die kurzfristige Planung (Budgetplanung) weist einen Planungshorizont von gut einem Jahr im Median auf, 80 % der Unternehmen haben hier eine Zeitspanne von ein bis zwei Jahren. Die Mittelfristplanung hat einen Median von drei Jahren, 80 % der befragten Unternahmen gaben als Zeithorizont zwei bis fünf Jahre an.
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
135
Bei der strategischen Planung liegt der Median bei fünf Jahren, hier schwanken die Aussagen von 80 % des Controllerpanels mit Zeitangaben von drei bis zehn Jahren.
An dieser Erhebung wird deutlich, dass der Interpretationsspielraum mit der Größe des Planungshorizonts zunimmt. Während die Budgetplanung noch homogen überbetrieblich umgesetzt wird, überlappen sich die mittelfristige und die strategische Planung in ihrer Begriffsverwendung. Fischer (1998, S. 360 f.) führt exemplarisch für das operative Controlling in einem Industrieunternehmen am Beispiel des CONTINENTAL KONZERNS aus: „Den Rahmen für den Planungsprozess bilden allgemeine Planungsgrundsätze, die von den Verantwortlichen zu beachten und für die Umsatz-, Kosten-, Ergebnis-, Investitionsplanung usw. zu detaillieren sind. [...] Der Jahresplanungsprozess ist im Gegenstromverfahren angelegt (Top-down/Bottom-up) und erstreckt sich über mehrere Monate (siehe Abb. 3.64). Er beginnt im Juli mit der Zielsetzung als Top-down-Vorgabe, setzt sich mit der Planung in den einzelnen Bereichen als Bottom-up-Planung (Detailplanung) und mit der Zusammenfassung der Teilpläne zum Ergebnis-, Finanz- und Bilanzplan fort (Konsolidierung) und endet im Dezember mit der Verabschiedung der Budgets durch Vorstand und Aufsichtsrat.“
Abb. 3.64:
Planung und Kontrolle im Continental-Konzern (nach Fischer)
Weber/Schäffer (2011, S. 272; vgl. Abb. 3.65) verdeutlichen die Jahresrhythmik des operativen Planungsprozesses im Kontext der Interdependenz von der Unternehmensleitung, dem zentralen Controlling und den dezentralen Stellen. Idealtypischerweise werden im März aus den Vorgaben der strategisch-mittelfristigen Planung die Ziele für die Folgeperiode abgeleitet und festgesetzt. Gemeinsam mit der Absatz- und Produktionsplanung lässt sich über die
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Kostenstellen das Budget ermitteln, welches über eine Ergebnisrechnung konsolidiert wird. Nach der Ausplanung im November und der Ergebnisaktualisierung im Dezember kann von der Unternehmensleitung eine Verabschiedung vorgenommen werden, um für den Jahresbeginn die Plandaten bereitzustellen.
Abb. 3.65:
Operativer Planungsprozess (nach Weber/Schäffer)
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die semantische Ausprägung der Plandaten sehr unterschiedlich sein kann. Die Top-down-Vorgaben sind zumeist monetär und richten sich an den empirischen Daten der Vorperioden aus, wobei die geplanten Veränderungen des Basissystems berücksichtigt werden. So kann bspw. als Zielsetzung eine dreiprozentige Einsparung in der Produktion vorgegeben werden (vgl. ebenda; siehe Abb. 3.66). Die Bottom-upPlanvorschläge müssen alsdann diese Vorgaben operativ umsetzen. Das kann bedeuten, dass die Arbeitspläne sowie die Anlagen- und Personalverfügbarkeiten verändert werden müssen. Um diese unterschiedlichen Daten in einer Basis im Gegenstromverfahren abzuleiten, bedarf es in der Regel eines mehrstufigen Abgleichs der vorgegebenen Planwerte. Die strategische Planung umfasst alle betrieblichen Maßnahmen der Unternehmensentwicklung und stimmt somit die unterschiedlichen innerbetrieblichen Planungsaktivitäten aufeinander ab. Hierbei werden sowohl technische als auch wirtschaftliche Informationen generiert, die den Aktivitätshintergrund andersartig abbilden und dementsprechend eigenständiger Planungsverfahren bedürfen. Die objektorientierte Planung bildet ein Kopplungselement zwischen der betriebswirtschaftlichen, technischen und projektorientierten Datengenerierung der Produktion, des Absatzes sowie der Verwaltung und der wertorientierten Unternehmensdarstellung durch die Buchführung. In der operativen Planung können hiermit die Details koordiniert werden. Mit dem Instrument der Fünf-Jahres-Planung lässt sich die Entwicklungskontinuität der Jahreswerte evaluieren und die mittelfristigen Routinetätigkeiten mit den Innovationsprozessen der Produktentwicklung und Investition abstimmen. Die betriebliche Routine bildet die Basis für jede
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
137
empirische Planung. Überall dort, wo sich im Unternehmen Handlungsprozeduren etabliert haben, die ihre Funktion erfüllen und die von den Betriebsangehörigen zu bewältigen sind, werden Erfahrungswerte gesammelt, die eine Vorhersehbarkeit gleich gearteter Handlungen erlauben. Die Kalkulation von intendierten Aufwendungen und Erlösen, von Bestandsänderungen und Kapitalbedarf ist dann an Kennwerten der Vergangenheit festzumachen, wenn Routineerfahrungen vorliegen.
Abb. 3.66:
Budgetierung im Gegenstromverfahren (nach Weber/Schäffer)
Produziert ein Unternehmen eine gesellschaftsadäquate Leistung und unterliegt dabei keinem Anpassungs- und Änderungsdruck, so können die Vorjahreswerte in einer Planung mit der Prognose eines Mengengerüstes und der Adaptation einer leicht veränderten Kosten/Leistungsstruktur eingebracht werden. Die Organisation der Instanzen und die Ablauforganisation, die Werkstoffe und Zukaufprodukte, die Anlagen und Werkzeuge, die Absatzgruppen und Regionen bleiben unverändert. Die Routineplanung basiert auf einem vorgegebenen Stammdatensatz und auf empirischer Erfahrung, mit der die Bewegungsdaten zur Beschreibung der intendierten Handlung prognostiziert werden können. Mit der Veränderung vorhandener Produkte und der Entwicklung von neuen Erzeugnissen sowie der Reduktion des alten Produktrepertoires treten strukturelle Änderungen in das Planungssystem, die nicht nur eine Erneuerung der Produktionsstätten erfordern, sondern auch
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3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
eine Veränderung der Organisation und somit des Verhaltens der beteiligten Akteure. Während die Überlegungen der operativen Planung verstärkt durch die Prolongation und Modifikation der Routinehandlungen geprägt sind, stehen in der strategischen Planung die Entwicklung und Umsetzung von innovativen Prozeduren im Vordergrund. Die Dimensionierung des Planungshorizontes bei der Strategieformulierung steht dabei in Relation zum Lebenszyklus der betrieblichen Leistungseinheiten. Schumpeter sieht in der Innovation einen Gradmesser für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Bühner (2004, S. 184) unterscheidet „Produktinnovationen, die über verbesserte oder neue Produkte auf die Erschließung von neuen Märkten gerichtet sind und Prozessinnovationen, die neue Verfahrensweisen umfassen und über die Wirtschaftlichkeit der Produktherstellung und der Erbringung von Dienstleistungen in der Zukunft entscheiden“. In beiden Fällen geht es um eine Planung, die sich zunächst am Objekt orientiert und einer technisch-geometrischen Spezifizierung bedarf, bevor sich die damit verbundenen betrieblichen Aktionen in ihrem Mitteleinsatz definieren lassen. Beide Innovationsfelder können getrennt voneinander geplant werden, ihre Interdepenenz ist jedoch offensichtlich und erfordert in der Koordinierung des Mitteleinsatzes einen gemeinsamen Planungsansatz. Dementsprechend bilden die Auszahlungen für Projektmanagement, Beratung, Produkt- und Verfahrensentwicklung einen Beitrag für die Definition von Detailinformationen einer Investitionsrechnung und Grobkalkulation zur Auswahl der innovativen Modelle, die zur Präzisierung der intendierten Handlung herangezogen werden. Mit der Produktions- und Absatzvorbereitung sind verfeinerte Kalkulationsverfahren durchzuführen, in denen die strategischen Konsequenzen der Vorüberlegungen in die operative Planung eingehen. Im Rahmen der Planungskontrolle werden auf den verschiedenen Planungsniveaus Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt, je nach der terminlichen Taktung im Ermittlungsprozess der Realdaten. Da die Abrechnungszeiträume zu lang sein können, um bei Fehlentwicklungen ein unmittelbares Eingreifen zu ermöglichen, ist es vorteilhaft, Interimskontrollen einzuführen, die entweder täglich oder wöchentlich durchgeführt werden. In der objektorientierten Planung werden für jede Leistungseinheit eine Bilanz und/oder eine Erfolgsrechnung projiziert. Um SollIst-Kontrollen zu genügen, ist es demnach notwendig, eine Realbilanz zur Verfügung zu haben, um einen Kontrollbericht zu erstellen. Dies ist in der Regel nur im Monatstakt der Fall. Die Solldaten der Interimskontrollen können daher nur mathematisch aus den Daten dieses Planungssystems abgeleitet werden, indem etwa die Sollwerte durch die Anzahl der Betriebskalendertage geteilt und mit der Anzahl der durchlaufenden Tage multipliziert werden. Solche Detailkontrollen können nur dort erfolgen, wo die erfassten Istdaten Beobachtungsaktivitäten entsprechen, die bereits abgeschlossen sind. Abweichungen bei dem Plan-/Ist-Vergleich in den Wochen- und Monatsberichten können durch detaillierte Recherchen auf Kontenebene der Betriebsbuchhaltung vertieft analysiert werden. Dabei muss aber die Buchführung ihrer Funktion als Kontrollinstrument insoweit genügen, dass eine tägliche Verarbeitung der Angaben aus der Betriebsdatenerfassung zu gewährleisten ist. Wie komplex diese Vorgabe ist, verdeutlichen exemplarisch Reuse/Gross/Macheleidt (2007, S. 77; vgl. Abb. 3.67) am Beispiel der Verfügbarkeit des monatlichen Reports der Waren-
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
139
hausgruppe Manor AG. Innerhalb von sechs Kalendertagen müssen hier Daten für vier Einzelberichte erfasst, korrigiert, geprüft und freigegeben werden. Planabweichungen, die auf interdependente Elemente verweisen, können zu sofortigen Maßnahmen führen. So ist es selbstverständlich, dass ein erhöhter Verkauf eine Produktionssteigerung und diese einen vermehrten Materialeinkauf nach sich zieht. Strukturelle Änderungen können den Stellenwert von Plandaten unterminieren.
Abb. 3.67:
Verfügbarkeit der monatlichen Reports der Manor AG (nach Reuse/Gross/Macheleidt)
Die Daten der Jahresplanung werden stets vor dem Jahresabschluss, bspw. nach Ende des dritten Quartals, für die Folgeperiode geplant. Daher sind die Werte der Anfangsplanbilanz auf gesamtbetrieblicher und divisionaler Ebene kalkulatorisch ermittelt. Diese Angaben sind in den Planungsdaten so lange aufrechtzuerhalten, bis der Jahresabschluss fertiggestellt ist. Der Jahresabschluss wird unter Berücksichtigung der steuerlichen und dividendenpolitischen Gesichtspunkte vollzogen, und das darf nicht unter unangemessenem Zeitdruck geschehen. Liegen die offiziellen Daten des Jahresabschlusses vor, so können die Daten den Planbilanzen entsprechend angepasst werden. Die Werte der Jahresplanung werden den monatlichen Ergebnissen gegenübergestellt. Eine Korrektur einzelner Daten während des Geschäftsjahres ist auch dann zu überdenken, wenn erhebliche Planungsfehler vorliegen. Eine Neuberechnung der Sollwerte sollte nur dann vorgenommen werden, wenn:
140
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
sich der Betrieb strukturell ändert oder sich unternehmenswirksame politische Änderungen ergeben oder vom Weltmarkt abhängige drastische Modifikationen der Ein- bzw. Verkaufspreise erfolgen.
Unvorhergesehene strukturelle Änderungen des Betriebes ergeben sich dann, wenn schnelle Investitionen nötig sind, die die divisionale Gliederung des Betriebes verändern. Weiterhin können große und überraschende Aufträge aus dem In- und Ausland eine gesamtbetriebliche Reorganisation der Ablaufplanung verursachen. Die neue Generierung der Daten des Monatsberichtssystems ermöglicht in solch einem Falle nicht nur die Planung der Handlungsvorgaben, sondern auch die Berechnung der Rentabilität. Politische Änderungen, wie Steuererhöhungen, Sonderabgaben, Preisfestsetzungen und Ähnliches, sind teilweise in ihrer Ausprägung unvorhersehbar. Werden solche Maßnahmen überraschend in Kraft gesetzt und sind sie für das jeweilige Unternehmen geschäftlich relevant, so muss eine neue Berechnung der Solldaten erfolgen. Ähnliche Überraschungen können sich auch durch Preisveränderungen auf dem Weltmarkt ergeben. Bei hinreichender betrieblicher Relevanz muss auch hier eine Neuberechnung der Solldaten erfolgen. Veränderungen der Jahresplandaten sind in der Regel in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat initiiert und durchzuführen. Dabei ist insofern ökonomisch vorzugehen, als die Plandaten von Divisionen, welche nicht von der exogenen Änderungsursache berührt sind, in ihrer ursprünglichen Version übernommen werden. Planungskorrekturen dürfen nicht dazu missbraucht werden, Fehlplanungen zu kaschieren.
Abb. 3.68:
Plan-Ist-Vergleiche (nach Grünewald)
Hans-Günter Grünewald (1986, S. 827; vgl. Abb. 3.68) – ehemaliges Mitglied der Geschäftsleitung der Henkel KGaA – veranschaulicht Fehlerquellen der Planung aufgrund seiner Erfahrungen an dem „Bergspitzeneffekt“ und dem „Hockeyschlägereffekt“. Er schreibt dazu: „Bei dem System der revolvierenden Planung ergeben sich dabei aus der Analyse und Gegenüberstellung der Planüberlegungen mit den eintretenden Ist-Entwicklungen zwei Planungsphänomene:
3.3 Controllingverfahren und Kennzahlen
141
man plant normalerweise keine Misserfolge, und die Entwicklungen versprechen, in der Zukunft immer positiv zu sein.
Beide Phänomene sind auf den planungspsychologischen Ansatz zurückzuführen, dass mit den Planüberlegungen stets positive Handlungsmotivationen der planenden Einheit verbunden sind und das ‚Vorhersehen‘ negativer Entwicklungen mit diesen Anforderungen nicht vereinbar ist. Plan-Plan- und Plan-Ist-Vergleich haben sich daher damit auseinanderzusetzen, inwieweit der Bergspitzeneffekt oder der Wanderdünen- bzw. Hockeyschlägereffekt durch fundierte Ursachenanalyse ausgeglichen werden können.“ Fehlplanungen sind ein betriebliches Phänomen, mit dem umgegangen werden muss. Es gilt dabei zwei unterschiedliche Momente zu differenzieren, die häufig in einen Verwendungszusammenhang gestellt werden:
Planungsdaten und Prognosedaten.
Abb. 3.69:
Operative Budgetierung und Kontrolle (nach Weber/Schäffer)
Planungsdaten werden vor dem Beginn einer Planungsperiode erstellt und kennzeichnen die Handlungsintentionen für diesen Zeitraum. Sie stellen vor Beginn der Periode die Prognosedaten für das Periodenende dar. Während des realen Durchlaufs des Planungszeitraumes erfolgt eine laufende Abweichungsanalyse mit den Zielen, einerseits Kurskorrekturen im
142
3 Organisation der Unternehmensplanung und -kontrolle
Rahmen einer vorgegebenen Struktur zu vollziehen, andererseits aber eine Prognose für den Jahresabschluss zu ermitteln, die als wahrscheinlich angenommen werden kann. In der Praxis haben sich daher in bestimmten Produktionsbereichen der Fließ- und Serienfertigung Berichtssysteme bewährt, die nicht nur einen Soll-Ist-Vergleich reportieren, sondern auch jeweils den neuesten Prognosestand für den Jahresabschluss mitführen (Forecasting). Diese Information kann insbesondere für die überbetriebliche Koordinierung verwendet werden und eine Vorgabe für strukturelle Interventionen darstellen (vgl. dazu Weber/Schäffer 2011; siehe Abb. 3.69).
Abb. 3.70:
Controlling und Informationen aus der Umwelt (nach Ziegenbein)
Die zunehmende Vernetzung der Informationssysteme erlaubt neue Controlling-Techniken. Ziegenbein (2011, S. 413; vgl. hierzu Abb. 3.70 und 3.71) interpretiert hierbei das Controlling als eine kommunikative Struktur von Mitarbeitern in abgegrenzten Bereichen, welche Informationen aus der Umwelt in unterschiedlichster Form in ihre Berichtssysteme einfließen lassen.
Abb. 3.71:
Scanning und Monitoring (nach Ziegenbein)
3.4 Schrifttum
143
Solche Verfahren führen zu anders gearteten Beobachtungsformen und Kommunikationsstrukturen, die selbst einer Controllingstruktur unterzogen werden müssen. Der sich hieraus ergebende Umgang mit Dashboards als betriebliche Alltagserscheinung und dann reinterpretierten Formen des Data Minings lassen sich mit den Methoden des wirtschaftlichen und des technischen Controllings planen, umsetzen und kontrollieren. Daher setzt sich der vierte Teil dieses Buches eigenständig mit dem Kommunikations-Controlling auseinander.
3.4
Schrifttum
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Zweiter Teil: Technisches Controlling 4. Technisches Controlling und Produktentwicklung Produktlebenszyklus Produktentwicklung und Prozessgestaltung Computer Aided Design (CAD) 5. Produktion und Logistik Ressourcenplanung und -einsatz Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren 6. Qualitätsmanagement und IT-Controlling Total Quality Management (TQM) Instrumente der Qualitätssicherung IT-Service Management Welche Phasen definieren sich im Produktlebenszyklus und welche korrespondierende Controllingstruktur ist zu etablieren? Welche Rolle spielt die Produktentwicklung und Prozessgestaltung bei der Sollwertbestimmung im technischen Controlling? Welches sind die planerischen Integrationsmöglichkeiten von Daten und Funktionen bei der Verwendung von Computer Aided Design (CAD)-Systemen? Welche Controllingstruktur benötigt der Einsatz von Material, Maschinen und Personen in Produktion und Logistik? Welche Controllingfunktionalitäten sind bei Anwendung computergesteuerter (CAx)Systeme in der Arbeitsvorbereitung und der Produktion einzurichten?
Welche Controllingmechanismen bildet der Einsatz von integrierten computergestützten Verfahren aus wie Computer Integrated Manufacturing (CIM) und Supply Chain Management (SCM)? Welchen Einfluss hat das Qualitätsmanagement auf das betriebliche Controlling und wie wirken sich Standards wie die ISO 9000 auf die Planung, Umsetzung und Kontrolle aus? Welche Instrumente des Qualitätsmanagements eignen sich zur Ergänzung der betrieblichen Controllingstrukturen? Welche Interdependenzen bestehen zwischen dem technisch-wirtschaftlichen sowie kommunikativen Controlling und dem betrieblichen IT-Service Management?
4
Technisches Controlling und Produktentwicklung
Das Controllingkonzept stammt ursprünglich aus der Technikentwicklung, bevor es in die betriebswirtschaftliche Diskussion aufgenommen wurde. Nachdem das Regelkreismodell Anfang der 40er-Jahre in der Biologie ausformuliert wurde, ist es umgehend von den Ingenieurswissenschaften weiterentwickelt worden. Die Regelungstechnik hielt einen schnellen Einzug in den Gestaltungsprozess von Produkt und Produktion. Planung als SollwertBestimmung, Durchführung als Istwert-Ergänzung und Kontrolle als Soll-Ist-Vergleich zum Beibehalt bzw. zur Veränderung der Stellgröße waren bereits gängige Handlungsmuster bei Technikern, als sich Betriebswirte noch ausschließlich mit der Kosten- und Leistungsrechnung begnügten. Die Begrifflichkeit Controlling hat sich jedoch zunächst im wirtschaftlichen Kontext durchgesetzt. Die erste „offizielle“ Zusammenstellung der Controllingaufgaben wurde 1946 vom Controller’s Institute of America unter dem Titel „The Place of the Controller’s Office“ veröffentlicht (vgl. Horváth 1990, S. 32). Erst nach der computergestützten Automatisierungswelle der 70er- und 80er-Jahre etablierte sich die Begriffsverwendung des Controllings in Technik und Wirtschaft gleichermaßen. In den 90er-Jahren haben zwei Schlagworte großen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung gehabt, die geradezu eine Führungsphilosophie repräsentieren: TQM – Total Quality Management und DIN EN ISO 9000. Beide Ansätze sind eng miteinander verknüpft. Sie weisen in ihren Methoden und Verfahren eine große gemeinsame Schnittmenge auf und beziehen sich eher auf die betrieblichen Gegebenheiten des technischen Controllings als auf die der wirtschaftlichen Betrachtung. Diese Führungskonzepte setzen sich schwerpunktmäßig mit der Regelung der physischen Gegebenheiten von Produkt und Produktionsumfeld auseinander und behandeln die Wertkomponente als Nebenbedingung. Ihr umfassender Ansatz wirkt sich jedoch stark auf die betriebswirtschaftliche Diskussion aus. Das Prinzip der totalen Qualitätssicherung ist einfach. Die beiden Briten Jackson und Ashton (1994, S. 23 ff.; vgl. Abb. 4.1) beschrieben das Vorgehen mithilfe einer symbolischen Figur – dem Qualitätspolizisten. Jede Fabrik erfährt einen physischen Input und erbringt eine Leistung für ihre Kundschaft. Bevor nun diese Leistung ausgeliefert wird, kontrolliert ein „Qualitätspolizist“ den Betriebsoutput und entscheidet darüber, ob diese Leistung an den Kunden weitergegeben wird, ob eine Überarbeitung notwendig ist oder ob das Ergebnis als Ausschuss entsorgt werden muss. Da lediglich eine Endkontrolle zu einem überhöhten Ausschuss führen würde, wird das Prinzip in das Unternehmen integriert. Die Leistungsgenerierung wird in Einzelprozesse zergliedert und mittels Kontrollinstanzen getrennt. Hier ist zu entscheiden, ob das jeweilige Zwischenergebnis weitergeleitet, überarbeitet oder ausgesondert wird. Alle Mitarbeiter unterziehen sich somit einem Qualitäts-Controlling, da eine Überprü-
148
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
fung ja nur möglich ist, wenn zuvor die Qualitätskriterien festgelegt worden sind. Das Qualitätsmanagement ist total; es gliedert sich in Prozesse, deren Einzelleistungen durch die betrieblichen Mitarbeiter erbracht werden und deren Gesamtergebnis in seinem Qualitätsanspruch durch den Kunden definiert wird.
Material
Produkt Fabrik
(Input)
(Output als Betriebsleistung)
Kontrollinstanz
Kunden (bestimmen den Qualitätsanspruch)
Ausschuss
Prozess 1 (MitarbeiterLeistung)
Prozess 2 Kontrollinstanz
(MitarbeiterLeistung)
Prozess 3 Kontrollinstanz
(MitarbeiterLeistung)
Kontrollinstanz
Ausschuss
Abb. 4.1: Prinzip des TQM - Total Quality Management
Binner (2007, S. 71 ff.) führt das Prinzip des Qualitätsmanagements auf drei Zielsetzungen zurück:
die Mitarbeiterorientierung, die Prozessorientierung und die Kundenorientierung.
Dabei sind die Anspruchsgruppen der Qualitätsbestimmung in so einer weitgreifenden Vision vielschichtig. In seinem Buch „Umfassende Unternehmensqualität“ stellt Binner (1996, S. 21; vgl. Abb. 4.2) die Total-Management-Strategie als einen Gesamtprozess zur stetigen Qualitätsverbesserung im Unternehmen dar, mit dessen Hilfe Zeit und Geld zum Vorteil des Kunden eingespart werden können. Vier Dimensionen prägen die Strategie: die Qualitätsmanagement (QM)-Funktion, der QM-Bezug, die QM-Beteiligten und der QMGegenstand. Als Funktion ist der gesamte Lebenszyklus anzusehen mit der Entwicklung, der Beschaffung, der Produktion und dem Vertrieb. Bezüge zur Bewertung liefern die Umwelt (Ökologie), die Sicherheit aller Beteiligten und der angestrebte Servicegrad, also die Schnittstelle zu Leistungsfeldern anderer Unternehmen bzw. dem Endkonsumenten. Die Prozesse bilden unternehmensübergreifend eine Wertschöpfungskette mit drei Gruppierungen: die
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
149
Lieferanten (Input), die Mitarbeiter (samt Management) als Verarbeitungsverantwortliche und die Kunden als Leistungsverwerter (Output). Schließlich ist der Gegenstand des Qualitätsmanagements das Produkt und seine Produktionsumgebung, d. h. alle Aktivitäten, die sich aus den hieraus resultierenden Prozessen mit entsprechender Arbeitsausführung ergeben. Qualitätsmanagement ist vor allem für deutsche Unternehmen ein Paradigmenwechsel. Das Qualitätsattribut „Made in Germany“ etablierte sich bereits im 19. Jahrhundert, bedingt durch die Produktgüte. Das gesamte – in der ganzen Welt häufig kopierte – Normierungssystem DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.) orientiert sich am Produkt.
KAIZEN (kontinuierliche Verbesserung)
CIM QM-Funktion Entwicklung
Beschaffung
Produktion
(InformationsManagement)
Vertrieb
Stetiger Prozess der Qualitätsverbesserung zum Erreichen des QM-Gesamtoptimums spart Zeit und Kosten zum Vorteil des Kunden
Arbeitsausführung
Umwelt
Sicherheit (Technik)
QM-Bezug
Prozess
TQM-Ziel:
alle Aktivitäten
QM-Gegenstand
Produkt
ganzheitliche QM-Bewertung
Gesamter Produktlebenszyklus
Dienstleistung (Service)
Unternehmensübergreifend TeamOrganisation
Zulieferer
Mitarbeiter
Management
Kunde
QM-Beteiligte
(Fehlervermeidung, Offenheit)
LeanProduction (Schlanke Unternehmensstruktur)
Abb. 4.2: Total-Quality-Management-Strategie (nach Binner)
Es wird definiert, welchen Abstand Leiterstufen voneinander haben dürfen und wie die Oberfläche eines Autospiegels zu sein hat. Das deutsche „Gütesiegel“ ist einzigartig, es gilt für Produkte, die entsprechend des DIN-Regelwerkes geprüft und nicht beanstandet worden sind. Die TQM-Strategie definiert in erster Linie Richtlinien für Prozesse. Sie orientiert sich eher an dem Ideal des japanischen Bogenschützen, der die Bewegungsabläufe so lange zu üben hat, bis er sie blind ausführen kann und dennoch das Ziel trifft. Ein Paradigmenwechsel wird begleitet von mehreren neuen Führungskonzepten. Erst so entsteht eine Bewegung mit entsprechender gesellschaftlicher Durchschlagskraft. Binner hebt vier Einzelstrategien heraus: das in Japan entwickelte KAIZEN als kontinuierlicher Verbesserungsprozess, die Teamorientierung, die Verbindung mit schlanken Unternehmensstrukturen (Lean Production) und das CIM Informationsmanagement, die computerintegrierte Produktion. Das Modell des prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems nach der ISO 9000-Familie orientiert sich am Prinzip der ständigen Verbesserung und ist somit
150
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
eine hierarchische Regelkreisstruktur. Die Anforderungen des Kunden werden von Unternehmen als Produkt umgesetzt, sodass der Kunde als Empfänger zufrieden ist. Um eine geplante Qualität zu gewährleisten, wird sowohl die Produktrealisierung einem stetigen Controlling ausgesetzt als auch die Gesamtorganisation des Unternehmens samt der Gestaltung des Outputs selbst. Es ergibt sich ein strategischer technischer Controllingprozess (siehe Abb. 4.3; vgl. dazu Wiendahl 2010, S. 35).
Abb. 4.3: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems (nach ISO 9000)
Jedes Unternehmen, das bestrebt ist, Produkte in gleich bleibender Qualität zu liefern, muss ein eigenständiges Qualitätssystem etablieren. Das kann sich an der ISO 9000 ff. orientieren, aber in der Regel reicht das Normensystem nicht aus. Linß (2011, S. 504; vgl. Abb. 4.4) verdeutlicht exemplarisch die Komplexität des normengeleiteten technischen Controllings an der Vielfalt der Richtlinien, welche bei der Produktentwicklung und -herstellung zu berücksichtigen sind. Ein unternehmenseigenes QM-System richtet sich sowohl branchenneutral als auch branchenspezifisch aus. Häufig genügt es nicht, sich entsprechend der ISO 9000 ff. zu organisieren. In der Regel ist es notwendig, auch eigenständige Branchennormen im Betrieb zu implementieren. Die größte Verbreitung und Normierung des Qualitätsgedankens hat jedoch das Regelwerk ISO 9000 bewirkt. Die Durchsetzung von Prozessqualitäten in einer reglementierten Form wurden im angloamerikanischen Militärwesen entwickelt und etabliert, bevor sich die ISO – International Standardisation Organisation – damit beschäftigte. Das hier formalisierte Regelwerk ISO 9000 ff. setzt sich aus mehreren Einzelbeiträgen zusammen, (9000, 9001, 9002, 9003 und 9004) und wurde inzwischen von über 50 Nationen als Landesnorm übernommen. Unternehmen werden danach zertifiziert – das bedeutet, dass externe und auto-
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
151
risierte Prüfer die einzelnen Betriebsstätten untersuchen und eine Routine festlegen, nach der alle Geschäftsprozesse in ihrem Ablauf zu bestimmen und dokumentieren sind. Dabei wird unterschieden zwischen den physischen Prozessen (bzw. nach Binner 1997, S. 412 ff. den operativen Prozessen), der Lagerung und Verarbeitung (Prozessstufe) und den dispositiven Prozessen, also der Informationsverarbeitung durch Mitarbeiter und Computer. Um solch eine umfassende Überprüfung erbringen zu können, werden die Handlungsfelder in einem Unternehmen nach einem Qualitätskreis (DIN EN ISO 53 350) gegliedert, einem Modell des Ineinandergreifens aller qualitätswirksamen Tätigkeiten zur Durchführung der Qualitätssicherung über alle Phasen der Entstehung und Nutzung eines Produktes.
Abb. 4.4: Normen und Regelwerke für QM-Systeme (nach Linß)
152
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung 11. QS-Element
1. QS-Element
Marketing und Marktforschung
Design/Spezifizierung des Produktes
10. QS-Element
2. QS-Element
Beseitigung nach dem Gebrauch
Beschaffung
9. QS-Element
Kunde / Hersteller
3. QS-Element
Technische Unterstützung und Instandhaltung
Verbraucher / Lieferant
Prozessplanung und -entwicklung
8. QS-Element
4. QS-Element
Montage und Betrieb
Produktion
7. QS-Element
5. QS-Element
Verkauf und Verteilung
6. QS-Element Verpackung und Lagerung
Qualitätsprüfung und Untersuchungen
Abb. 4.5: QS-Elemente im Qualitätskreis
Das Regelwerk grenzt elf Handlungsfelder als Qualitätssicherungselemente (QS-Elemente) voneinander ab, in denen die Ansprüche und Beiträge von Lieferanten, Herstellern und Kunden ineinandergreifen (vgl. dazu ISO/DIN 9004: S 5. 21 sowie Glaap 1993, S. 33 ff. und Günther/Tempelmeier 2009, S. 137; siehe Abb. 4.5). 1. Design/Spezifizierung des Produktes, 2. Beschaffung, 3. Prozessplanung und -entwicklung, 4. Produktion, 5. Qualitätsprüfung und -sicherung, 6. Verpackung und Lagerung, 7. Verkauf und Verteilung, 8. Montage und Vertrieb, 9. technische Unterstützung und Instandhaltung, 10. Beseitigung nach dem Gebrauch sowie 11. Marketing und Marktforschung.
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
ERZEUGNIS-FERTIGPRODUKT
Konstruktion
AUFTRAGSABWICKLUNG
Arbeitsvorbereitung
Teilefertigung
Montage
Teilefertigung
Montage
Rückmeldungen
Funktionsfindung Arbeitsplanung Prinziperarbeitung Gestaltung Fertigungssteuerung
l konventionell
l konventionell
l automatisiert
l automatisiert
Detaillierung
Zeichnungen Stücklisten Arbeitspläne NC-Programme
Arbeitspapiere
AU FTRAG - S PE Z I F I KATI O N
TECHNISCHE
153
Montagepläne
Abb. 4.6: Informationsfluss der technischen Auftragsabwicklung (nach Klaas/Hebbler)
Es kristallisieren sich so die Arbeitsfelder der technischen Verfahren heraus, welche im technischen Controlling zum Tragen kommen. Um einen Auftrag technisch abzuwickeln, gilt es in der Konstruktion die Funktion und das Herstellungsprinzip zu definieren, das neue Produkt zu gestalten und zu detaillieren. Als Output werden Zeichnungen und Stücklisten produziert, die sowohl für die Arbeitsvorbereitung als auch für die Teilefertigung und Montage dienlich sind. In der Arbeitsvorbereitung werden Arbeits- und Montagepläne mit den entsprechenden Arbeitspapieren generiert; sie fixieren den Handlungsablauf von Fertigung und Montage (vgl. hierzu Klaas/Hebbler 1987, S. 245; siehe Abb. 4.6). Es zeigt sich, dass die Bereichskenngrößen der Konstruktion, der Arbeitsvorbereitung und der Fertigung sowie Montage stark beeinflusst sind durch betriebliche Zielsetzungen allgemeiner, finanzieller oder marktrelevanter Ausprägung. Es zeigt sich aber auch, dass nicht alle Zielsetzungen bei der technischen Entwicklung neuer Produkte bzw. bei der Änderung technikorientierter Handlungsabläufe tangiert werden. Die Erschließung neuer Märkte bspw. oder die Abwälzung von Kosten auf die Marktpreise sowie die Sicherung der Liquidität werden von technischen Verfahren nicht berührt. Hingegen können Zielsetzungen, wie die Einführung einer neuen Produktgruppe, die Rationalisierung durch IT-Einsatz oder die Steigerung der Flexibilität nur über technische Verfahren evaluiert werden.
4.1
Produktlebenszyklus
Jedes Produkt wird einmal abgelöst und durch ein andersartiges ersetzt, auch wenn dies gegen den Willen der Mitarbeiter des Absatzes geschieht, die damit Umsatzeinbußen in Kauf
154
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
nehmen müssen. Siegwart führt hierfür als Begründung zwei neuerungsbeschleunigende Entwicklungstendenzen an (vgl. Siegwart 1974, S. 47 ff.). Zum einen ändern sich durch den Wandel in sozialer/soziologischer Hinsicht die Wert- und Bedürfnisskalen der Verbraucher, sodass Produkte wie Konsumgüter aus der Mode kommen und sie damit die veränderten Bedürfnisse nicht mehr zu befriedigen vermögen. Zum anderen bringt die Entwicklung auf dem Gebiet der Wissenschaft neue Erkenntnisse, die vorwiegend auf dem Investitionsgütersektor aber auch im Konsumgüterbereich zur technischen Überholung der vorhandenen Produkte führt. Neue Erkenntnisse wirken sich sowohl auf die Produkt- als auch auf die Produktionsrealität aus und leiten Veränderungsprozesse ein, die sich in der Produktentwicklung niederschlagen (vgl. Schuh/Klappert/Schubert/Nollan 2011 S. 38 ff.).
Abb. 4.7:
Der erweiterte Produktlebenszyklus (nach Wiendahl)
Bedingt durch den technischen und sozialen Wandel ergibt sich für jedes Produkt eine wirtschaftliche Lebensdauer – ein Produktlebenszyklus (PLZ), der in verschiedene Phasen eingeteilt werden kann. Brankamp (1975) spricht in Anlehnung an Booz, Allen und Hamilton von sechs Phasen:
die Produktentwicklung, die Markteinführung, die Wachstumsphase, die Reifezeit, die Marktsättigung und die Schrumpfung.
Wiendahl (2010, S. 92; vgl. Abb. 4.7) erweitert das Modell und untergliedert die Produktentwicklung als den Entstehungszyklus in Produktfindung sowie Produktrealisierung,
4.1 Produktlebenszyklus
155
und er fasst die Phasen drei bis neun zum Marktzyklus zusammen. Es handelt sich dabei um
die Markteinführung, das Wachstum, die Reifezeit, die Marktsättigung, den Abstieg, den Auslauf der Produktion und die Ersatzteilproduktion.
Der Marktzyklus ist gekennzeichnet durch den zunächst steigenden und ab der Marktsättigung fallenden Umsatz. Die Kosten des Entstehungszyklus führen zu einem Verlust, erst ab der Wachstumsphase wird nach dem Break-Even-Point ein Gewinn erzielt. Die Demontage ist für Wiendahl ein integrierter Bestandteil des PLZ. Er unterscheidet in dem Vorbereitungszyklus von der demontagegerechten Konstruktion bis zur Planung der Demontage und im eigentlichen Demontagezyklus, der den Abstieg in das Auslaufen des Produktes begleitet. Die Entwicklungszeiten haben sich verkürzt. Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt, schneller mit einem neuen Produkt auf den Markt zu kommen. Die Fähigkeit, in immer kürzeren Abständen Produktgenerationen auf den Markt zu bringen, schafft vielleicht einen komparativen Konkurrenzvorteil, wirkt sich aber nicht auf die Gesamtlänge des technischen Innovationszyklus in der Gesellschaft aus. Damit verteuert sich aus unternehmenshistorischer Sicht insgesamt der Entwicklungs- und Investitionsbedarf im Unternehmen beim Durchlauf einer grundlegenden Produktkonzeption. Es gilt somit in der Produktentwicklung valide Handlungsstrukturen zu etablieren, die die Produktinnovation in ihrer organisatorischen und investiven Tragweite reflektieren und die zukünftige Aufwands- und Ertragssituation verdeutlichen. Hierbei reicht es jedoch nicht aus, sich ausschließlich mit der Entwicklung neuer Produkte zu beschäftigen. Das Umfeld der vorhandenen Produkte muss stets mitreflektiert werden. Produktinnovationen sind eingebettet in ein Interdependenzgeflecht, das bei der Produktplanung mitberücksichtigt werden muss. Zu den Aufgaben der Produktpolitik gehört jedoch nicht nur die Etablierung neuer betrieblicher Leistung, sondern auch die Produkteliminierung. Dieser Problemkomplex verursacht ebenso Turbulenzen im Betrieb, die sich sowohl organisatorisch als auch im Anlagebestand niederschlagen und entsprechend eigens geplant werden müssen. Erst die ganzheitliche Abbildung des Betriebsgeschehens ermöglicht es, aus der Analyse bestehender Produkte in Relation zu Neuentwicklungen und zu Eliminierungen Aussagen zu machen, die den Rahmen der vorhandenen betriebsinternen und -externen Informationen ausschöpfen. Die Produktinnovation hat im Unternehmen keine geregelte Handlungsstruktur. Es gibt zwar viele Ablauf- oder Phasenmodelle des Produktentwicklungsprozesses, und in großen Unter-
156
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
nehmungen wird der Wechsel von Produktgenerationen systematisch mit kurz-, mittel- und langfristigen Planungshorizonten betrieben, aber ein sicheres Rezept zur erfolgreichen Produktentwicklung gibt es nicht. Selbst Unternehmen mit hervorragenden Entwicklungsabteilungen wie Daimler stoßen auf Probleme (z. B. der Elchtest), die zuvor nicht eingeplant waren und sich dann als sehr kostspielig herausstellen. Die einzelnen Produkte sind im Unternehmen als Produktgruppen oder als Produktfamilien und über die Verwendung von Gleichteilen miteinander verwoben. Integrierte Informations- und Produktionsverfahren lassen die Generierung einer betrieblichen Leistung zu einem verstrickten soziotechnischen Netz werden, in dem eine Änderung eine Vielzahl von Implikationen nach sich zieht und häufig aus (für Außenstehende) irrationalen Gründen abgeblockt wird. Der Markt ist durch ein hochdifferenziertes Angebot gesättigt, sodass die Möglichkeit der Eröffnung neuer Märkte zunehmend durch die Strategie des Kaufens von Märkten mittels der Übernahme von Betrieben substituiert wird. Die Produktentwicklung lebt von prognostischen Visionen und hat stets die Komponente des „Rittes über den Bodensee“ oder des „Stocherns im Nebel“.
Abb. 4.8:
Etappen der technologischen Vorbereitung im Rahmen der Erzeugnisentwicklung (nach Sabisch)
Sabisch (1991, S. 17) kommt nach einer vertieften Analyse der Literatur zur Schlussfolgerung: „Für eine praktische Anwendung bei der Leistung von Innovationsprozessen sind die meisten Konzepte jedoch unzureichend geeignet. Dennoch besteht die Notwendigkeit, im Betrieb die Produktinnovation zu planen, da die Wahrscheinlichkeit, im Eis des Bodensees einzubrechen, schließlich größer ist, wenn man dort im Kreis herumgeht, als wenn man den kürzesten Weg von einer Uferseite zur anderen nimmt. Hierzu bieten die Begriffsmodelle von Phasenstrukturen und Prozessstufen eine Orientierungshilfe, wenn auch jedes Unternehmen letztendlich seine eigenen Handlungsregeln finden muss und immer situationsspezifisch zu entscheiden hat, wann es von seinen Handlungsregeln abweicht.“ Sabisch (ebenda S. 182; vgl. Abb. 4.8) trennt zwischen der Konstruktion, Produktentwicklung und der technischen Vorbereitung der Produktion. Innerhalb dieser Prozesse ist eine Alternativselektion vorzunehmen.
4.1 Produktlebenszyklus
157
In den Vorgaben des Verbandes Deutscher Ingenieure (VDI) zur Auswahl von Produktideen wird von einem dreistufigen Prozess gesprochen mit den Phasen der Grobbewertung, der qualitativen Feinbewertung und der qualitativ/quantitativen Bewertung (vgl. Wiendahl 2010, S. 105; siehe Abb. 4.9). In der ersten Stufe wählt man aufgrund von Erfahrungen und Punktbewertungen die weiter zu verfolgenden Ideen aus; in der zweiten Stufe werden bereits Kurzanalysen von Markt, Konkurrenz und eigenem Unternehmen gemacht und in einer Nutzwertanalyse zusammengeführt. In der dritten Stufe erfolgen Detailanalysen zu den Investitionskosten, Absatzprognosen, zu Preisbildung und Stückkosten. Es werden somit die aussichtsreichsten Produktideen durch Kennzahlen ermittelt.
Abb. 4.9:
Stufen der Ideenbewertung und Ideenauswahl in der Produktfindung (nach VDI 2220/Wiendahl)
Die Generierung dieser Kennzahlen wird in der Literatur häufig als selbstverständlich vorausgesetzt, sie ist es aber nicht. Das Ergebnis einer Produktentwicklung ist die Schaffung einer neuen betrieblichen Situation. Selbstverständlich kann diese Situation eine nur sehr geringe Varianz gegenüber dem bekannten Ist-Zustand haben. Der Druck einer neuen Tageszeitung unterscheidet sich aus techno-ökonomischer Sicht kaum von der des Vortages, obwohl der Inhalt vollkommen verändert ist. Auch der modische Wandel vom Frühling zum Herbst in einem Unternehmen der Konfektionsindustrie kann unter größtmöglicher Beibehaltung bekannter technischer und wirtschaftlicher Strukturen vollzogen werden. In der Regel aber beinhaltet ein Produktentwicklungsprozess mehr, es werden durch die Innovationen aus der Forschung und Entwicklung Verhaltensänderungen der Beschaffung, der Fertigung und des Absatzes unabdingbar, die sich auch auf den Alltagsprozess der Verwaltung niederschlagen können. Damit ist es nicht mehr unmittelbar möglich, Erfahrungswerte zur Verrechnung von Kennzahlen heranzuziehen.
158
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Es gilt dementsprechend, parallel zur Produktentwicklung Prognoseverfahren zu entwerfen, die die Evaluierung ebendieser Produktentwicklung ermöglichen. Hier zeigt sich, dass die Produktentwicklung einer autopoietischen Struktur gleichkommt. Es war Maturana, der diesen Strukturumstand im Rahmen der allgemeinen Wissenschaftsentwicklung herausgearbeitet hat. Er sagt: „Entsprechend erwarte ich, dass die ganze Arbeit jeden ihrer einzelnen Teile begründet, und dass jeder Einzelteil nur im Rahmen des Ganzen seine Rechtfertigung findet“ (Maturana 1982, S. 33). Dem Umstand der sozialen und kognitiven Verflechtung von Entwicklung und Bewertung der Entwicklung kann ein Unternehmen nicht entgehen; Prüfer und Entwickler gehören zumeist zu derselben Personengruppe. Der Bock ist auch der Gärtner. Und die Validität der eingesetzten Verfahren zur Prognose von Kennzahlen lässt sich in dieser Prozedur zunächst nicht feststellen. Es sind neue Strukturen, die überprüft werden sollen, und somit hat man keine empirische Erfahrung von der Qualität der neu entwickelten Bewertungsinstrumente. Betrachtet man die Produktentwicklung aus der Sicht der verfolgten Alternativen, so ergibt sich im Modell eine schrittweise Selektion der verfolgten Ideen nach der Devise „Einer kam durch“. Die Betriebsrealität ist jedoch nicht so stark von dem Selektionsprinzip geprägt, wie es nach der Theorie vielleicht den Anschein hat, sondern mehr durch die Entscheidung, welche zusätzlichen Attribuierungen bei den weiter verfolgten Produktkonzepten durchgeführt werden sollen. Im Laufe des Entwicklungsprozesses werden also dieselben Fragen zum selben Produkt mehrfach beantwortet, lediglich der Aufwand zur Beantwortung wird höher. Riedl (1990, S. 84) verdeutlicht dieses Vorgehen an der Ermittlung des Personalaufwandes im Projekt-Controlling. Zunächst erlaubt der Wissensstand über das intendierte Produkt nur ein ganzheitliches Vorgehen, indem der Personalaufwand in Analogieschluss zu ähnlichen Objekten geschätzt wird. Mit der zunehmenden Konkretisierung des innovativen Produktes kann eine Mengenschätzung pro Arbeitsergebnis bzw. nach Arbeitsvorgängen erfolgen.
Abb. 4.10:
Kostenfestlegung und Kostenentstehung in unterschiedlichen Unternehmensbereichen (nach Gusig)
Die Problematik bei diesem Vorgehen ergibt sich aus dem Umstand, dass zu Beginn eines Innovationsprozesses weit mehr Kosten festgeschrieben werden als zum Zeitpunkt der
4.1 Produktlebenszyklus
159
Ideenverwirklichung; und gerade in dieser Phase sind nur grobe Schätzverfahren möglich. Es zeigt sich an diesem Sachverhalt zweierlei: Einerseits wird deutlich, wie wichtig die Rolle von „erfahrenen Mitarbeitern“ ist, die auf eine breite Palette von „ähnlichen Objekten“ zurückgreifen können und bei der Beurteilung und Schätzung eines spezifischen Sachverhaltes, wie Personalaufwand, Materialeinsatz, Anlagennutzung und Ähnlichem immer das Ganze im Auge haben und somit in der Zukunft liegende Probleme adaptieren. Andererseits wird aber auch deutlich, welch ein Interpretationsspielraum sowohl in der zukünftigen Ausprägung der Produktmerkmale als auch in der Produktdarstellung sowie deren Rezeption liegt. Riedl zeigt die Festschreibungsrate der Lebensdauerkosten von Produkten aus der Elektronikindustrie, indem er diese in Relation zu den Produktlebensphasen stellt – von der Idee bis zum Auslauf des Produktes. Eversheim (1996, S. 7 – 26 f.) schreibt dazu: „Gerade die Kosten haben aufgrund ihres direkten Einflusses auf den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen eine große Bedeutung. Obwohl durch Konstruktionstätigkeiten nur ein geringer Prozentsatz der Gesamtkosten entsteht, wird durch die Gestaltung der Produktmerkmale bereits der größte Anteil der im Verlauf der Wertschöpfung entstehenden Kosten bestimmt.“ (vgl. hierzu auch Gusig 2008, S. 3.59, siehe Abb. 4.10).Daher differenziert Riedl in der Anregungsphase zwischen Studie, Analyse und Entwurf. Mit der Produkt- und Projektdefinition, also mit der Übergabe zur Entwicklung, werden bereits in der Elektronikindustrie 85 Prozent der Lebensdauerkosten festgeschrieben. Es ergibt sich somit die Notwendigkeit, bereits in diesem Vorfeld einen hohen Aufwand zur Wertermittlung zu betreiben – ein Sachverhalt, der zusätzlich zu den soziotechnischen Veränderungen in den letzten 30 Jahren zu einem Wandel in der Produktentwicklung geführt hat.
Abb. 4.11:
Sterblichkeitskurve neuer Produktideen 1968 und 1981 (nach Sabisch)
160
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Sowohl die engeren Märkte als auch die zunehmende Vernetzung von Produkt- und Produktionsrealität bedingen, dass weniger Produkte entwickelt werden und dass in der Produktentwicklung die Anzahl der verfolgten Produktideen schrumpft. Sabisch (1991, S. 20; vgl. Abb. 4.11) verweist auf eine repräsentative, vergleichende Untersuchung in den USA, welche die Beratungsfirma Booz, Allen and Hamilton Inc. 1968 und 1981 durchgeführt hat. Während Ende der 60er-Jahre noch zu Beginn eines Entwicklungsprozesses durchschnittlich an die 60 Produktkonzepte verfolgt wurden, schrumpft diese Anzahl in den 80er-Jahren unter zehn. Die Selektion und Bewertung von Ideen wird komplexer und erfordert einen höheren Aufwand. Diese Tendenz hat sich im neuen Jahrtausend noch verstärkt. Hierzu kommt der geringere Handlungsspielraum der Unternehmen als Konsequenz des Wandels der endogenen und exogenen Betriebsstrukturen.
4.2
Produktentwicklung und Prozessgestaltung
Ausgangspunkt der Produktentwicklung in produzierenden Unternehmen ist die geometrische Beschreibung des zu produzierenden Produktes. Die Erzeugnisgestaltung erfolgt dementsprechend über Zeichnungen, die zunächst als vage Skizzen zunehmend konkretisiert werden und so zu der endgültigen Fixierung der räumlichen Ausprägung des Produktes führen. Zu der Erzeugnisgestaltung gehört es, auch die analoge Darstellung des Gesamtobjektes verbal umzucodieren. Es werden die Baugruppen und Einzelteile benannt und in Form von Stücklisten zusammengetragen, wobei Materialspezifikationen und Oberflächenmerkmale mit zu erfassen sind. Zeichnungen und Stücklisten enthalten die Parameter, um Arbeitspläne zu erstellen. Hier wird Einzelteil für Einzelteil auftragsunabhängig in Arbeitsgänge umdefiniert, die notwendig sind, um das jeweilige Teil mit den vorhandenen oder aber beschaffbaren Unternehmensressourcen herzustellen. Neben der qualitativen Problembewältigung in der Produktentwicklung gilt es auch, das quantitative Problem zu lösen. Wiendahl (2010, S. 167, vgl. auch Kurbel 1995, S. 50; siehe Abb. 4.12) verdeutlicht den Belegumfang eines Kundenauftrages bis zur Fertigungssteuerung am Beispiel der Produktion einer Papiermaschine, die sich in 86 Baugruppen und in 263 Untergruppen gliedert. Es ergeben sich 10.950 Positionen (mit 144.200 Einzelteilen), von denen 6.450 innerbetrieblich bearbeitet werden müssen. Insgesamt werden hierzu ca. 7.000 Zeichnungen, 1.500 Stücklisten, 11.500 Lohnbelege und 8.600 Materialbelege erstellt; es sind etwa 11.500 Arbeitsvorgänge zu erfüllen, an denen ca. 600 Personen beteiligt sind. Der Arbeitsumfang einer Produktentwicklung ergibt sich somit nicht nur aus der Komplexität produktimmanenter Gegebenheiten, sondern vor allem aus der Vielzahl der Handlungsschritte, die im Vorfeld zu bestimmen sind, um eine Fertigung und Montage zu gewährleisten. Jede Planung dieser einzelnen Handlungsschritte kann einfach verlaufen, je nachdem, ob die Vorgaben der Erzeugnisgestaltung und somit der Konstruktion eine Umsetzung in die Praxis gewährleisten oder nicht. Im Konstruktionsprozess werden daher nicht nur die geometrischen Abmessungen fixiert, sondern auch die Vorgaben für alle weiteren Schritte der Produktentwicklung determiniert. Dementsprechend ist der Informationsbedarf bei der Konstruktion
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
161
sehr groß, wobei die Informationsmenge mit voranschreitender Detaillierung zunimmt.
Abb. 4.12: Umfang eines Kundenauftrages (nach Wiendahl)
Eversheim (1990, S. 117; vgl. Abb. 4.13) veranschaulicht das, indem er den Informationsbedarf im Konstruktionsprozess den Tätigkeiten und den Ergebnissen der Konstruktion gegen-
162
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
überstellt. Während bei der Planung noch allgemeine Informationen über Markt, Konkurrenz und Gesetzeslage benötigt werden, um zu Pflichtenheft und Funktionsplan des intendierten Produktes zu gelangen, sind beim Konzipieren bereits fachspezifischere Unterlagen aus wissenschaftlichen Publikationen und betriebsinternen Entwicklungen notwendig. Beim Entwerfen und Ausarbeiten schließlich sind die Werksnormen, Konstruktionsrichtlinien, Lagerlisten und Betriebsmittelangaben notwendig, um Entwurfszeichnungen, Einzelteil-, Zusammenstell- und Montagezeichnungen zu generieren sowie Konstruktionsstücklisten zu erstellen.
Informationen
Tätigkeiten
Erstellte Unterlagen
Marktberichte
Informationsbereitstellung
Messeberichte
Start
Konkurrenzkataloge Entwicklungsberichte Prognosen
PLANEN
Patentschriften Anforderungslisten Gesetzesvorschriften
Freigabe
Fachzeitschriften Fachbücher
KONZIPIEREN
Spezifikationen Entwurfszeichnungen Funktionsträgerkataloge
Freigabe
Wiederholteilkataloge Grundnormen Werkstoffnormen
ENTWERFEN
Normteile und Halbzeuge Konstruktionsrichtlinien
Freigabe
Informationsmenge
Stücklisten Bauteilkataloge Formelsammlungen
AUSARBEITEN
Einzelteilzeichnungen Konstruktionsrichtlinien Werksnormen
Freigabe
Lagerlisten Werkstofflisten
Ende
- Anforderungsliste - Pflichtenheft - Funktionsplan - Blockschaltbild (elektr.) - Prinzipskizze - Schaltplan (hydr.) - Stromlaufplan (elektr.) - Fundamentplan - Entwurfszeichnung - Realisierungsplan - Einzelteilzeichnung - Modellzeichnung - Anbauzeichnung - Bestellzeichnung - Zusammenstellungszeichnung - Montagezeichnung - Konstruktionsstückliste
Abb. 4.13: Benötigte Informationen im Konstruktionsprozeß (nach Eversheim)
Es gilt somit, bei der Konstruktion nicht nur die Ausmaße des Produktes festzulegen, sondern auch eine Verfahrensauswahl, wenn nicht zu treffen, so dann sicherlich zu präjudizieren. Obwohl erst in der Arbeitsplanung die endgültige Fixierung des Verfahrens in Arbeitsgänge zergliedert wird, sind die konstruktiven Vorgaben jedoch so zu gestalten, dass sie den jeweiligen Voraussetzungen spezifischer Verfahren gerecht werden. Entsprechend sind bereits bei
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
163
der Produktgestaltung mögliche Verfahrensvarianten in Erwägung zu ziehen, und es ist eine Verfahrensauswahl zu treffen. Hierzu gehört nicht nur die Einbeziehung produktbezogener Kriterien, wie konstruktive Gestaltung, Belastung, Werkstoff, Qualität und Produktionsmenge des intendierten Produktes, sondern dazu gehören auch verfahrensbezogene, wirtschaftliche und soziale sowie umwelttechnische Kriterien, wie Werkstoffverbrauch, Energiebedarf, Leistung, Flexibilität und Qualität oder Rentabilität, Investitionsaufwand und Risiko oder Arbeitssicherheit und Umweltschutz.
Abb. 4.14: Prozessketten Produkt- und Auftragsentwicklung (nach Eversheim u. a.)
164
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Diese Interdependenz zwischen der Erzeugnisgestaltung und Verfahrensdefinition ergibt die erweiterte Stellung der Konstruktion im Rahmen der Produktion. Es gilt hier, nicht nur das Produkt in seiner intendierten Ausprägung zu gestalten, sondern auch die Produktionsgegebenheiten im Betrieb zu verändern. Während die Arbeitsvorbereitung die Auswahl der Fertigungs- und Montagemittel, die Arbeitspläne und Terminvorgaben sowie die Kapazitätenauslastung der Fertigung und Montage definiert, wird in der Konstruktion parallel oder sequenziell neben der Produktgestaltung auch eine konstruktive Änderung der Fertigungsund Montagemittel sowie der entsprechenden produktspezifischen Vorrichtungen geplant und als Handlungsablauf in Gang gesetzt. Ausgangspunkt sowohl einer Produktent- wie auch einer Auftragsabwicklung ist der Markt bzw. der Kunde. Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff (1996, S. 7 – 115; vgl. Abb. 4.14) verdeutlichen die Synchronizität beider Prozessketten. Während in der kundenneutralen Produktentwicklung über das Marketing eine Produktplatzierung in Gang gesetzt wird, bei der mit der Produktgestaltung die Konstruktion sowie mit der Prozessgestaltung die Arbeitsplanung festgelegt wird und so die Produktionsmittelplanung einsetzen kann, ist die Auftragsabwicklung kundenorientiert. Hier erfolgt auf eine Anfrage ein Angebot, das bei seiner Annahme die detaillierte Konstruktion, die Arbeitsplanung und die Auftragssteuerung nach sich zieht. Zielsetzung der Produktentwicklung sind geringe Herstellkosten, kurze Entwicklungszeit und hohe Qualität. Zielsetzung der Auftragsabwicklung ist eine kurze Lieferzeit und eine hohe Flexibilität bei vorgegebenen Kosten und vorgegebener Qualität. Über die Fertigung, die Montage und den Vertrieb samt Service endet die Prozesskette wieder beim Kunden. Damit schließt sich der Controllingregelkreis. Es zeigt sich, dass die Integration von Produktentwicklung und der Gestaltung der Produktion zu einer zwangsläufigen Voraussetzung technischer Unternehmensplanung wird. Eversheim (1990, S. 112; siehe Abb. 4.15) verdeutlicht dies an dem Prozesswandel bei der technischen Auftragsabwicklung. Während tradierte Verfahren von einer sequenziellen Abwicklung der Auftragserteilung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung und Fertigung/Montage ausgehen, ermöglichen die computergesteuerten Verfahren eine integrierte Lösung ineinander verschränkter Regelmechanismen. Die Auftragserteilung geht gleichzeitig an die Produktionsplanung und -steuerung sowie an die Konstruktion. Es werden integrativ die Aufgaben der Arbeitsvorbereitung an den Konstruktionsoutput gekoppelt und entsprechend die Konstruktion bei Bedarf geändert. Das Ergebnis sind Daten, die, unterstützt durch die Eingaben der Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme, die Fertigung und Montage steuern. Kenndaten der Umsetzung in Fertigung und Montage werden über die Betriebsdatenerfassung an die Arbeitsvorbereitung geleitet, um eine Rückkopplung zur Konstruktion zu gewährleisten. Die Produktentwicklung ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensorganisation. Sie ist eingebettet in den Strukturen der Aufbau- und Ablauforganisation im Unternehmen. Bei der Auftragsabwicklung wird in der Regel aus dem Repertoire des betrieblichen Leistungsangebots eine Modifikation für den Abnehmer spezifiziert, um alsdann der Produktion zugeführt zu werden. Bei der Neugestal-
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
165
tung eines Produktes haben wir eine andere Situation. Hier wird außerhalb des vorhandenen Leistungsrepertoires ein neues Handlungskonzept entwickelt. Daher muss neben der Primärorganisation eine projektorientierte Sekundärorganisation mit einer beschränkten Verweildauer und eigenständiger Controllingstruktur eingerichtet werden.
Abb. 4.15: Integrierte Auftragsabwicklung (nach Eversheim)
Nach Burghardt (1993, S. 12 f.; vgl. Abb. 4.16) beginnt die integrierte Produkt- und Prozessgestaltung mit der Zieldefinition und -planung, also mit dem Aufbau einer eigenständigen Aufbau- und Ablauforganisation für diese spezifische Sekundärorganisation. In der Projektdurchführung erfolgen der Entwurf, die Realisierung und die Erprobung des neuen betrieblichen Leistungsangebotes. Hier greift das Projekt-Controlling mit seiner Produkt- bzw. Prozessbewertung dem Soll-Ist-Abgleich und der entsprechenden Einleitung von Maßnah-
166
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
men. Das Ergebnis ist der Produkteinsatz: Die innovativen Modelle werden zu Routinemodellen. Soll
Projektplanung
Projektcontrolling
Projektorganisation
Produkt-/Prozessbewertung Maßnahmen Ist Projektdurchführung
Zieldefinition Entwurf
Realisierung
Produkteinsatz
Erprobung
Projektdokumentation Abb. 4.16: Aufgaben des Projektmanagement in der integrierten Produkt- und Prozessgestaltung (nach Burghardt)
Die Produktentstehung orientiert sich an den Lebensphasen des Produktes, die vom Verband Deutscher Ingenieure (VDI 2221, S. 8; siehe Wiendahl 2010, S. 93; vgl. Abb. 4.17) in sechs Abschnitte gegliedert werden:
die Produktplanung, die Entwicklung und Konstruktion, die Fertigung und Montage (samt ihren Prüfroutinen), der Vertrieb mit Verkauf und Beratung, der Gebrauch (Verbrauch) mit Instandhaltung sowie die Entsorgung, sei es durch Verbrennung, durch Recycling oder durch eine Lagerung in einer Deponie.
Das Entwickeln und Konstruieren bilden das zentrale Moment in dem Produktentstehungsprozess. „Hier werden Ergebnisse aus der Produktplanung und Erfahrungen aus allen Produktlebensphasen für die Produktentwicklung umgesetzt. Dementsprechend hängt eine erfolgreiche Entwicklung und Konstruktion entscheidend vom Informationsaustausch mit dem Umfeld ab“ (Eversheim u. a. 1996, S. 7 – 28). Während es sich bis zur Konstruktion um einen ausschließlich informationsverarbeitenden Prozess handelt, setzt mit der Fertigung ein dazu paralleler Materialfluss ein. Die erste Phase der Produktplanung definiert sich in ihrer Aufgabenstellung aus den exogenen Bedürfnissen des Marktes bzw. der Kunden und der endogenen Unternehmenspotenziale sowie -ziele. Alsdann dominiert die betriebliche Interaktion. Erst mit der letzten Phase des Gebrauchs und der Entsorgung schieben sich die externen Anforderungen wieder in den Vordergrund.
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
6.1
Unternehmenspotentiale / -ziele
1
Produktplanung, Aufgabenstellung
Systemvorstudie
2
Entwicklung, Konstruktion
Systementwicklung
3
Fertigung, Montage, Prüfung
4
Vertrieb, Beratung, Verkauf
5
Gebrauch, Verbrauch, Instandhaltung
Thermische Nutzung
6.2
Anforderungen / Ziele
Produktverfolgung / -überwachung
Markt / Bedürfnis / Problem
167
Recycling
Deponie / Umwelt
Systemherstellung
Systemeinführung
Systembetrieb
Systemwechsel
Informationsfluss Materialfluß
Abb. 4.17: Produktentstehungs- und Lebensphasen (nach VDI 2221)
Die Aktivitäten der Konstruktion sind durch den Lebenszyklus des intendierten Produktes bestimmt. Jede Etappe stellt dabei eigene Forderungen. Während der Entstehung werden Anforderungen an die neu zu entwickelnde betriebliche Leistung gestellt. Sie muss
normgerecht, fertigungsgerecht, material- und werkstoffgerecht, automatisationsgerecht, montagegerecht, transport- und handhabungsgerecht, logistikgerecht, umweltgerecht, sicherheitsgerecht und prüfgerecht
168
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
sein. In der Nutzungsphase erhebt der Kunde Ansprüche an das Produkt, die teilweise deckungsgleich mit denen des Herstellers sind, teilweise jedoch auch die Erwartungshaltung erweitern. Das Produkt hat
funktionsgerecht, beanspruchungsgerecht, material- und werkstoffgerecht, inbetriebnahmegerecht, umweltgerecht, sicherheitsgerecht sowie prüfgerecht
zu sein. Dabei sind die Sicherheits- und Prüfansprüche aus der Nutzungssituation anders zu definieren als bei der Produktentstehung. Auch bei der Entsorgung wiederholen sich die genannten Ansprüche an das Produkt, erfahren aber eine neue Konnotation. Neben der material- und werkstoffgerechten sowie der umwelt-, sicherheits- und prüfgerechten Konstruktion erfordert die Entsorgung weitere Qualitäten, die bei der Produktgestaltung zu berücksichtigen sind. Bei der Entwicklung und Konstruktion ist darauf zu achten, dass auch die Produktentsorgung
automatisationsgerecht, demontagegerecht, transport- und handhabungsgerecht, logistikgerecht und entsorgungsgerecht
vollzogen werden kann. Auf alle diese physischen Attribute der intendierten Leistung wirken die vier globalen Zielgrößen von Zeit, Umwelt, Qualität und Kosten (siehe hierzu Eversheim 1996, S. 7 – 36; vgl. Abb. 4.18). Sowohl bei der Entstehung, bei der Nutzung als auch bei der Entsorgung wird der Hersteller nach Lösungen suchen, die zu einem Produkt führen, das sich gegenüber der Konkurrenz in einer kürzeren Zeitumwelt konformer, qualitätsvoller oder aber kostengünstiger generieren lässt. Um diesen komplexen Zielansprüchen zu genügen, gilt es Modelle zu entwickeln, die das Produkt repräsentieren und die eine systematische Überprüfung zulassen, wie sich die Entwicklung zu einem späteren Lebenszeitpunkt verhalten wird. Hierzu muss zunächst einmal die Gestalt des neuen Produktes definiert werden. Durch eine abbildungsorientierte Produktbeschreibung kann die intendierte Betriebsleistung definiert werden, bevor sie physisch vorhanden ist. Das reicht jedoch nicht aus. Um das Produkt in die unterschiedlichen späteren Verwendungszusammenhänge stellen zu können, muss es auch alphanumerisch beschrieben werden. Erst mit dieser Darstellungsform können eine Vielfalt von Analyseinstrumenten zum Einsatz gebracht werden, um die Zeit-, Umwelt-, Qualitäts- und Kostenansprüche im Vorfeld zu validieren.
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
169
Abb. 4.18: Wesentliche Restriktionen beim Konstruieren (nach Eversheim)
4.2.1
Abbildungsorientierte Produktbeschreibung
Produktgestaltung erfolgt sequenziell und simultan zugleich. Unternehmen stehen stets unter Konkurrenz und somit auch unter Zeitdruck. Die logische Konsequenz ist der Versuch, die Produkt- und die Prozessgestaltung parallel zu betreiben. Das ist jedoch nicht immer möglich. In der Regel hat jede Produktentwicklung einen Ausgangspunkt, auf den sich die weite-
170
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
ren Handlungsabschnitte beziehen, und dieses ist eine geometrische Vorstellung davon, was man zu produzieren gedenkt. Die Gestaltung der Geometrie und der Begrifflichkeit wird bei der Entwicklung neuer Produkte in einem Arbeitszusammenhang erbracht. Bildliche Darstellung und Benennung sind jedoch auch unterschiedliche Abstraktionen des intendierten Objektes und haben somit ihre jeweilige Eigendynamik in der Erstellung. Insbesondere ist herauszuheben, dass bei der bildlichen Darstellung das zu gestaltende Objekt im Vordergrund steht, hingegen bei seiner begrifflichen Attribuierung das Umfeld des Objekts zunehmend mit einbezogen wird. Die Erzeugnisdarstellung, so Bichler, „ist ein Hilfsmittel zur bildlichen, gegenständlichen oder beschreibenden Wiedergabe von Erzeugnissen, ihren Baugruppen und Einzelteilen nach Gestalt, Beschaffenheit und Eigenschaften. [...] Eine Zeichnung stellt ein Erzeugnis, eine Baugruppe, ein Teil oder in Ausnahmefällen einen Rohstoff z. B. ein Rohgussteil so dar, dass alle vorkommenden Einzelheiten (Maße, Toleranzen, Art der Werkstoffe) durch allgemein festgelegte Darstellungsregeln erkennbar sind“ (Bichler 1990, S. 146; vgl. Abb. 4.19). Die bildliche Darstellung erfolgt außer durch die Zeichnung über Fotografie oder Skizze.
Abb. 4.19: Möglichkeiten der Erzeugnisdarstellung (nach Bichler)
Selbstverständlich ist die abbildende Tätigkeit eingebunden in den betriebsspezifischen Gestaltungskontext der gestellten Aufgabe. Die erste Ideenbildung erfolgt als Skizze. Es wird hierbei die Produktstruktur angedacht, um zu überprüfen, ob nicht Teile oder Baugruppen bereits im Unternehmen in identischer oder ähnlicher Form konstruiert bzw. verwendet worden sind. Wiederholteile können sofort in die Arbeitsvorbereitung, Ähnlichkeitsteile müssen konstruktiv angepasst werden, und bei nicht vorhandenen Teilen bzw. Baugruppen erfolgt eine Neukonstruktion. Die Zeichnungen werden geprüft und mit Merkmalen versehen, damit so eine Datei aufgebaut werden kann, die bereits beim Skizzieren die rationelle Verwendung von Wiederholteilen erleichtert (vgl. Conrad 2008, S. 306 ff.). Eine Einzelteilzeichnung wird nach genormten Regeln erstellt und enthält neben den bildlichen Darstellungen technologische, sachbezogene, organisatorische und zeichnungsbezogene Daten (vgl. Wiendahl 2010, S. 132; vgl. Abb. 4.20). Die wichtigsten technologischen Daten
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
171
sind neben der Geometrie die Bemaßung, die Angabe von Toleranzen, Oberflächenbeschaffenheit und Werkstoff sowie Abnahme- und Ausführungsangaben. Das Teil wird durch die Ident- und durch die Klassifikationsnummer katalogisiert. Weitere Attribuierungen erfolgen durch Name, Gewicht, Änderungszustand, Ursprungshinweise und Status. Zeichnungsbezogene Daten sind die Zeichnungsnummer, Name des Bearbeiters, das Erstellungsdatum, der Maßstab, Name der Firma sowie Angaben zur Darstellung und zur Vervielfältigung.
Abb. 4.20: Informationsinhalt von Einzelteilzeichnungen (nach DIN 6789 Teil 2)
Zweidimensionale Darstellungen erlauben eine hohe Präzision, können aber in Ausnahmefällen bestimmte dreidimensionale Aspekte auch mithilfe von Schnitten durch den darzustellenden Körper schwer widerspruchsfrei abbilden. Auch haben zweidimensionale Darstellungen
172
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
komplexer Baugruppen einen hohen Abstraktionsgrad, sodass sie nur für Experten unmittelbar lesbar sind (vgl. Jaspersen 1985, S. 34 ff.). Es ist daher notwendig, Darstellungen zu generieren, die einen höheren Grad der Ikonizität haben. Produktplanung
Designmodell
l Designstudien l Ergonomiestudien l Marktanalysen
l Herstellbarkeits- und Montierbarkeitsprüfung l Fertigungsplanung
geometrischer Prototyp
Funktionsprototyp
technischer Prototyp
Vorserienprototyp
Abb. 4.21:
Prozessplanung
l Überprüfung des Arbeitsprinzips l Optimierung des Funktionsprinzips
l Fertigungsfolge- und Montageplanung l Anlagenplanung l Betriebsmittelplanung
l Überprüfung der Kundenakzeptanz l Überprüfung der Dauerbelastbarkeit
l Fertigungsverfahrensumsetzung
l Markttests l Markteinführung
l Prozessparameterbestimmung und -optimierung
Einsatzfelder von Prototypen (nach Eversheim/Krause)
Neben der zeichnerischen Darstellung bedarf es auch der dreidimensionalen Abbildung, um bestimmten Bedürfnissen der Antizipation zu genügen. Das gegenständliche Muster schafft eine eigenständige Vorstellung, welche die Aussagekraft von Zeichnungen ergänzt. Im Rahmen der Produktgestaltung und Prozessplanung werden eine Vielfalt von dreidimensionalen Modellen gefertigt, die einen jeweiligen Stellenwert aufweisen. Eversheim/Krause (1996, S. 7 – 68) nennen fünf Haupttypen:
Das Designmodell wird in der Regel als Einzelstück hergestellt und dient als Studie für die Überprüfung von Ergonomiebelangen und Marktanalysen. Es entspricht vor allem optisch und teilweise auch haptisch dem anvisierten Endprodukt. Der geometrische Prototyp wird zur Herstellbarkeits- und Montierbarkeitsprüfung erstellt. Das Modell bildet den Ausgangspunkt für eine Fertigungsplanung; es ist maßund formgenau und gibt somit Aussagen zur Form- und Lagertoleranz.
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
173
Der Funktionsprototyp überprüft das Arbeitsprinzip und ermöglicht eine Optimierung des Funktionsprinzips. Hieraus ergeben sich Konsequenzen für die Fertigungs-, Montage-, Anlagen- und Betriebsmittelplanung. Der technische Prototyp kommt dem Endprodukt hinsichtlich des verwendeten Werkstoffes und der eingesetzten Fertigungsverfahren sehr nahe. Hiermit lassen sich Kundenakzeptanz und Dauerbelastung testen. In Einzelfällen werden technische Prototypen Beta-Usern zur Produktoptimierung zur Verfügung gestellt. Die Fertigungsverfahren können in ihrer Umsetzung definiert werden. Als letztes gegenständliches Muster wird der Vorserienprototyp erstellt. Seine Auflage ist branchenabhängig. Bei Produktionen bis zu 500 Stück können Markttests durchgeführt werden. Während ihrer Herstellung lassen sich die Prozessparameter bestimmen und optimieren (siehe dazu Abb. 4.21).
4.2.2
Begriffsorientierte Produktbeschreibung
Das Ergebnis der Erzeugnisgestaltung ist die Darstellung des intendierten Produktes in Zeichnungen und Stücklisten. In der Gestaltung wird also gleichsam eine abbildungsorientierte wie eine begriffliche Definition des Produktes generiert. Art und Ausprägung sowohl der zeichnerischen Abbildungen als auch der Erzeugnisgliederung sind abhängig von dem Verwendungszusammenhang, in dem die jeweilige Darstellung der Produktstruktur im späteren Entwicklungsprozess benötigt wird. Sowohl die eigentliche Produktbeschreibung als auch die Fertigungs- oder Montagesituation wie auch die Informationsanforderungen beim Einsatz von Material, Anlagen und Personal bedingen eine unterschiedliche Darstellungsform; den Ausgangspunkt bildet jedoch zunächst die Darstellung des zu produzierenden Objektes.
Abb. 4.22:
Gesichtspunkte der Erzeugnisgliederung (nach Bichler)
Ausgehend von einer zeichnerischen Gesamtdarstellung des Produktes können die einzelnen Elemente zunächst mit einer laufenden Nummerierung versehen werden. Alsdann werden die Elemente benannt und als Enderzeugnis, Vormontagegruppe, Zwischenlagergruppe, Funktions- und Ersatzteilgruppe oder als Einzelteil klassifiziert. Eine Erzeugnisgliederung kann nach der Funktion, dem Fertigungsablauf oder der Bedarfsermittlung erfolgen. Der Herstellungsprozess des Produktes erfordert unterschiedliche Darstellungen des Objektes, um den jeweiligen Informationsbedürfnissen gerecht zu werden (Bichler 1990, S. 148 ff.; vgl. Abb. 4.22 und 4.23).
174
Abb. 4.23:
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Erzeugnisgliederung (nach Bichler)
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
175
Bei der funktionellen Gliederung wird ein Erzeugnis nach Auflösungsebenen strukturiert. Hierbei bilden die Einzelteile die erste und unterste Ebene; Baugruppen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, werden der Ebene 2 zugeordnet. In der Ebene 3 werden Baugruppen der Ebene 2 und gegebenenfalls Einzelteile zu Baugruppen höherer Ordnung zusammengefasst. Die Wertigkeit der Ebene des Enderzeugnisses gibt schließlich die Produktionstiefe an. Der Fertigungsablauf erfordert eine Erzeugnisgliederung nach Fertigungsebenen wie Einzelfertigung, Gruppenfertigung und Endmontage. Hiermit wird die Reihenfolge des Zusammenbaus vom Erzeugnis aus Baugruppen und Teilen dargestellt, wobei das Enderzeugnis die Fertigungsebene 0 hat, die Endmontage die Fertigungsebene 1, die Vormontage gegebenenfalls die Fertigungsebene 2 usw. Bei der Bedarfsermittlung schließlich erfolgt eine Erzeugnisgliederung nach Dispositionsebenen. Es werden alle gleichen Teile und Gruppen der Ebene zugeordnet, in der sie zum ersten Mal, von der Rohstoff- bzw. Einzelteilebene ausgehend, vorkommen. Somit werden alle Teile oder Baugruppen jeweils auf der untersten Ebene zusammengefasst, in der diese noch vorkommen. Es ergibt sich der Vorteil, auf diese Weise den verdichteten Bedarf pro Teil oder Baugruppe auf jeder Ebene ermitteln zu können. In der Abbildung 4.23 werden die drei Arten der Strukturierung exemplarisch an Erzeugnis F1 dargestellt, das aus fünf, mit den unterschiedlichen Buchstaben B, C, D, E und G gekennzeichneten Baugruppen besteht. Das Erzeugnis F1 benötigt für seine Herstellung neun spezifische Einzelteile. Die Erzeugnisstruktur gibt Auskunft über die Art und Anzahl der im Produkt verwendeten Teile bzw. Baugruppen und kann in Form von Stücklisten gespeichert und verarbeitet werden (siehe hierzu Conrad 2008, S. 159). Stücklisten werden durch die ikonischen Abbildungen vom Erzeugnis abgeleitet. Je nach dem Informationsbedürfnis sind unterschiedliche Abbildungen mit den korrespondierenden Stücklisten zu erstellen, um die analytische Frage zu beantworten: Woraus besteht ein Erzeugnis?, oder die synthetische Betrachtung anzustellen: Worin ist ein Teil enthalten? Alle Stücklisten und Verwendungsnachweise lassen sich auf drei Grundformen zurückführen, nämlich auf Mengen-, Struktur- und Baukastenstücklisten. Die Mengenstückliste gibt keine Informationen über die Erzeugnisstruktur, in ihr sind die verwendeten Bauteile bzw. Baugruppen und ihre Mengen einfach nebeneinander aufgeführt. Die Strukturstückliste zeigt die Einzelteile und Baugruppen in ihrer hierarchischen Stellung in der Erzeugnisstruktur. Es kann somit nachvollzogen werden, wie sich die einzelnen Baugruppen und schließlich das Enderzeugnis zusammenfügen. Die Baukastenstückliste ist die aufwendigste, aber gleichzeitig auch die informationsreichste Listenform. Sie besteht aus mehreren, ebenfalls hierarchisch gegliederten Stücklisten, deren oberste Ebene als Hauptstückliste bezeichnet wird. Die Listenmenge ist, bezogen auf das Erzeugnis, funktionsorientiert, wobei die gebildeten Gruppen zugleich auch fertigungsbzw. montageorientiert sein können. Jede Baugruppe hat ihre eigene Stückliste (vgl. Wiendahl 2010, S. 161 f. sowie Pahl 1990, S. 238 f.; siehe Abb. 4.24).
176
Abb. 4.24:
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Stücklistenarten (nach Pahl)
Die Korrespondenz von objektorientierter Abbildung und begrifflicher Attribuierung verweist auf die Interdependenz zwischen dem herzustellenden Produkt und seinem Produktionsumfeld. Damit sind die Handlungsmuster der späteren Fertigung und Montage determiniert. Um einen hohen Grad an Wiederverwendungen von Zeichnungen und den zugehörigen Stücklisten zu gewährleisten, ist ein modularer Aufbau sowohl der Produktstruktur als auch der entsprechenden Dokumentation notwendig. Demzufolge sind Baukastenstücklisten mit jeweiligen Plänen dann zu fertigen, wenn eine Wiederverwendung der Baugruppen wahrscheinlich ist. Dies kommt auf der Erzeugnisebene selten vor. Dagegen nimmt die Wahrscheinlichkeit, Unterlagen wiederverwenden zu können, auf Einzelteilebene zu. Die begriffliche Produktbeschreibung erstreckt sich nicht nur auf die Erstellung von Stücklisten mit der entsprechenden Identifizierung, Klassifizierung, Benennung und Beschreibung der Einzelteile bzw. Baugruppen. Wie schon an der Interdependenz zwischen Erzeugnisgliederung und Produktionsumfeld aufgezeigt, umfasst die Beschreibung der Konstruktionsobjekte mithilfe von Attributen bzw. Attributwerten ein breiteres Spektrum der
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
177
Konnotation. Der Aufbau von wissensbasierten Systemen zur Darstellung von Konstruktionsobjekten ist ein spezielles Gebiet der computerunterstützten Konstruktionsverfahren.
Abb. 4.25:
Gliederung von technischen Gebilden (nach Eversheim)
Es ist nicht Gegenstand dieses Kapitels, sich mit dem Einsatz von Expertensystemen in der Konstruktion auseinanderzusetzen. Die Anwendungen von erweiterten rechnerunterstützten Verfahren bei der Erzeugnisgestaltung wird im folgenden Gliederungspunkt thematisiert. Es wird aber gerade bei diesem Verfahren deutlich, wie breit gefächert die Kognitionen beim Konstruieren sein müssen, um ein Ergebnis zu erzielen, das den nachfolgenden Anforderungen der Arbeitsvorbereitung und Steuerung der Produktion gerecht wird. Nicht nur das Produkt ist das Betrachtungsobjekt, sondern auch Werkstücke, Maschinen, Werkzeuge, Funktionen, Vorrichtungselemente, Konstruktionselemente und Baugruppen. Die Attribute all dieser Objekte werden nicht nur durch die Geometrie abgebildet, sondern auch durch Technologiedaten, Funktionsbeschreibungen, Bearbeitungsmerkmale, Kosteninformationen, Einsatzbereiche, Montageangaben, Materialkennwerte und Strukturangaben beschrieben. Die Gliederung von technischen Gebilden kann durch zwei Hauptkategorien beschrieben werden. Zum einen beruht ein technisches Produkt auf einem funktionalen Zusammenhang, das bedeutet, eine Einzelmaschine lässt sich in ihre Hauptfunktionsgruppen, Funktionsgruppen, Funktionskomplexe, Funktionselemente und schließlich in die elementaren Funktionsträger zerlegen bzw. aufbauend gestalten. Zum anderen kann ein Produkt unter Fertigungs-
178
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
und Montagegesichtspunkten gegliedert werden, um so die industrielle Herstellbarkeit von Einzelteil, Teilbaugruppen, Baugruppen, Hauptbaugruppen und Einzelmaschinen zu gewährleisten (nach VDI 2215, vgl. Wiendahl 2010, S. 141 sowie Eversheim 1990a, S. 75; siehe Abb. 4.25). Bei allen Entscheidungsschritten in der Konstruktion, ob in der Planung, der Konzeption, dem Entwurf oder der Detaillierung, müssen die erarbeiteten Alternativen technischwirtschaftlich bewertet werden. Neben der funktionalen Überprüfung des intendierten Objektes und der Gewährleistung seiner Herstellbarkeit gilt es auch, die Kosten der verfolgten Konzepte zu evaluieren. Diese Prozeduren sind insofern problematisch, als hierbei eine Vielzahl von Annahmen gemacht werden müssen, die, wenn überhaupt, nur mit sehr komplizierten und selbst wiederum kostenaufwendigen Verfahren überprüft werden können. Die Prognosen von Absatzzahlen für Produkte mit innovativem Charakter sind unsicher, und gerade hieraus leiten sich kostenwirksame Kennzahlen wie Losgrößen, Produktlebensdauer und Abschreibungszeiträume, Umsatzzahlen und Angaben über das Umlaufvermögen sowie Marktpreise für abnahmeabhängige Rohstoffe oder Herstellkosten ab.
Abb. 4.26:
Kostenanalyse während der Konstruktion (nach Conrad)
Die Evaluierung von Kosten als eine begriffliche Attribuierung des Konstruktionsergebnisses wird daher zumeist nicht mithilfe von wirtschaftlichen Modellen durchgeführt, die sich auf die Unternehmensgesamtheit beziehen, sondern mit Teilmodellen, die einen von der Konstruktion aus überschaubaren Kostenaspekt herausgreifen. Hierbei wird auch nicht der Anspruch auf eine absolute Kostenermittlung erhoben, sondern eine Relativkostenermittlung durchgeführt, die einen Vergleich von zwei oder mehreren Konstruktionsalternativen
4.2 Produktentwicklung und Prozessgestaltung
179
zulässt. Ausgangspunkt sind Zeichnungen und Stücklisten der Lösungsalternativen, die über die Erstellung von Arbeitsplänen eine Kostenermittlung der Eigenfertigung gewährleisten. Die Zukaufteile werden über Kaufteilkataloge bewertet, und die Montagekosten ergeben sich aus den Montageplänen. Die Summe aller drei Faktoren ergibt einen relativen, unter einheitlichen Marktannahmen getroffenen Kostenwert, der als Auswahlkriterium für eine Konstruktionsalternative herangezogen werden kann. Die Integration der Kostenanalyse in die projektorientierte Produkt- und Prognosegestaltung unterscheidet sich im Ablauf durch die Zielkostenrechnung (Target Costing). Ist ein Kostenziel unbekannt, dann etabliert sich nach Ehrlenspiel (2007) ein „langer“ Regelkreis: Erst nach Abschluss der Konstruktion erfolgt die Kostenanalyse, und diese führt ggf. zu einer iterativen Schleife, bis es zur Fertigung kommt. Ein „kurzer“ Regelkreis ergibt sich, wenn die Konstruktion und die Kostenanalyse organisatorisch integriert werden. Das Ergebnis bildet den Input der Vorkalkulation für die Fertigung. Hierzu ist es jedoch notwendig, dass ein Kostenziel festgelegt worden ist (vgl. hierzu Conrad 2008, S. 346; siehe Abb. 4.26). Modell: Produkt-Stückkosten als Zielvorgabe sind Ergebnis der strategischen Preisbildung Kundennutzen Kunde, Markt, Wettbewerb
Produktdefinition
Entwicklung
Marktpreis
Marktforschung
Strategischer Ziel-RoI
Zielgewinn
Geschäftsführung
Benchmarking
Zielkosten
Controlling
Iterativer Managementteam
Engineering
ControllerKoordination Prozess Kostenstandards Abb. 4.27:
Entwicklung
Budget-/Vorgabekosten
Produktion Logistik Marketing Finanzierung Alle betroffenen Bereiche
Prozessablauf der Zielkostenrechnung
Eine Zielkostenrechnung ist organisatorisch sehr komplex. Sie integriert die Entwicklung, die Marktforschung, die Geschäftsführung und das Controlling in einem Prozessablauf (vgl. Liessmann 1997, S. 751; siehe Abb. 4.27).
180
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Die Zielkostenrechnung (Target Costing) ist nicht auf eine Minimierung der operativen Kosten ausgerichtet, sondern mit einer Entwicklung der Marktpositionierung ist ein Kostenziel unabdingbar. Der Konsument evaluiert vor dem Produktkauf sehr genau, welche Anschaffungskosten und welche Betriebs- und Instandhaltungskosten aufzubringen sind. Vergleicht er zwei alternative Angebote, so wählt er das, bei dem die Summe aller Kosten über die gesamte Nutzungsdauer am kleinsten ist. Moderne Produktentwicklung sucht daher nicht mehr das „beste“ Produkt. Es wird ein Zielkostenindex aufgestellt, bei dem die Kosten zur Generierung (Drifting Costs) einer Leistung den Ansprüchen gegenübergestellt werden, für welche der Konsument bereit ist zu zahlen (Nutzenbeitrag).
Zielkostenindex ZI =
% Nutzungsbeitragi % Drifting Costsi
(13)
Es ergibt sich so eine kundenorientierte Ideallinie, eine Art „Qualitätstunnel“, wo genau der Nutzen für den Konsumenten produziert wird, den er beansprucht, und die Kosten aufgewendet werden, welche die betriebliche Infrastruktur mit optimaler Wirksamkeit einsetzen kann.
Abb. 4.28:
Zielkostendiagramm am Beispiel eines PKW (nach Deisenhofer)
Deisenhofer (1993, S. 95 ff.; vgl. Abb. 4.28) erläutert diese Gratwanderung zwischen „zu aufwendig“ in den Produktionskosten und „zu einfach“ für die Nutzeransprüche an der Klassifizierung der Hauptbaugruppen des Audi 80. In der Ideallinie ist der Kostenanteil gleich dem Nutzenbeitrag. Wird der Zielkostenindex kleiner eins, dann ist der Kostenanteil kleiner als der Nutzenbeitrag. Das antizipiert genau die Überlegungen, die ein Kunde vor der Produktauswahl anstellt beim Vergleich mit dem konkurrierenden Angebot. Ist der Kostenanteil kleiner als der Nutzungsbeitrag, dann wird die Leistung als zu einfach empfunden, sie
4.3 Computer Aided Design (CAD)
181
entspricht nicht der vom Kunden geforderten Mindestqualität. In der Fallanalyse von Audi lagen die Aggregate, die Ausstattung und die Elektrik innerhalb des Zielkostenkorridors, Fahrwerk und Karosserie hingegen nicht. Hier mussten die Komponenten überarbeitet werden (vgl. hierzu auch Ziegenbein 2011, S. 259 f.). Der Einsatz solcher Verfahren erfordert jedoch zwei Voraussetzungen. Zum einen müssen bereits Ergebnisse vorliegen, die über den Arbeitsinhalt der Erzeugnisgestaltung hinausgehen, und zum anderen muss die Detaillierung alternativer Funktionskomplexe sehr weit vorangetrieben werden, womit die Produktentwicklungskosten steigen.
4.3
Computer Aided Design (CAD)
CAD-Werkzeuge dienen zur graphisch-interaktiven Erzeugung und Manipulation von Objekten. Aufgrund der Einsatzbreite von CAD-Systemen ergeben sich eine Fülle von Spezialfunktionen, die je nach Einsatzgebiet in unterschiedlichen Programmpaketen zusammengestellt werden. Die Ansprüche von Elektrotechnikern bspw. bei der Entwicklung von Leiterplatinen unterscheiden sich erheblich von denen der Architekten für den Gebäudebau oder von den Anforderungen der Ingenieure für den Maschinenbau. Ein allgemeines CAD-System gibt es nicht. Stets bestimmen die Einsatzschwerpunkte die Auslegung der einzelnen Module und die Optionen auf tätigkeitsspezifische Tools. CADSysteme integrieren Funktionen, um Daten zu generieren, die spezifische Objekte repräsentieren. Im Rahmen der industriellen Fertigung werden Planungen ausgeführt und kontrolliert, die auf Geometriedaten von Produkten basieren und daraus Informationsdaten herausziehen. Es gilt, die Funktionen Planen, Ausführen und Kontrollieren mit den Daten der Objektgeometrie und der Zeichnungen in Verbindung zu bringen (Böhm 1987, S. 191; vgl. Abb. 4.29). Der Output eines industriebezogenen CAD-Systems besteht in
der Geometrie für die Konstruktion, die Fertigung usw., in Zeichnungen mit Texten für Arbeitslisten, Prüfplänen usw. und Informationen zur Weitergabe an spezifische Programme für die Weiterverarbeitung.
Die Integration von Funktionen verdeutlicht die Notwendigkeit, dass CAD-Systeme nicht nur bereichsspezifisch konfiguriert werden müssen, sondern auch in jedem Betrieb eigenständige Modifikationen zu erfahren haben. Nur so lassen sich die Daten in der Form generieren, dass sie von den nachfolgenden Systemen verstanden und weiterverarbeitet werden können. Hierbei weisen jedoch die verschiedenen CAD-Systeme einen eigenen Nukleus auf, das rechnerinterne Modell.
182
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Es ist aber keineswegs so, dass jede Modellvariante von den Übernahmeprogrammen auch in der Form gelesen werden kann, wie die Modellvariante im Sinne des CAD-Systems definiert ist. Die Gestaltungsmöglichkeiten in der graphischen Modellbildung sind so groß, dass bisherige Übertragungsstandards der Fülle der in der Praxis auftretenden Probleme noch nicht gerecht werden (vgl. dazu Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 134 ff.). „Für bestimmte Anwendungen, wie Zeichnungserstellung, NC-Programmierung, finite Elemente Berechnung usw., werden weitere Untermodelle an das Hauptmodell gekoppelt (Abb. 4.30). Jedes CAD-System hat seine eigene Datenstruktur, die normalerweise mit den Datenstrukturen anderer CAD-Systeme nicht kompatibel ist und somit keine Daten austauschen kann“ (Eigner/Maier 1985, S. 102).
Abb. 4.29:
Integrationsmöglichkeit von Daten und Funktionen im CAD-System (nach Böhm)
4.3 Computer Aided Design (CAD)
Abb. 4.30:
183
Hauptmodell und anwendungsspezifische Untermodelle (nach Eigner/Maier)
Die Problematik der Mehrfachverwendung von geometrischen Daten ergibt sich nicht nur bei dem Export von Geometriedaten an andere Aufgabenbereiche, sondern auch bei der Verwendung von graphischen Daten innerhalb von unterschiedlichen CAD-Systemen. Innerbetrieblich werden verschiedene CAD-Systeme notwendig, da ja in der Regel Produkte entwickelt werden, die von ganz unterschiedlichen Fachleuten, wie Designern, Elektronikern oder Maschinenbauingenieuren zu bearbeiten sind. Megasysteme, die allen Nutzeranforderungen gerecht werden, sind in der Verwendung zu kompliziert, da sich ja die einzelnen Module an den Fachkenntnissen von Spezialisten orientieren und kein Spezialist über alle Fachkenntnisse verfügt. Daher wird mit spezifischen CAD-Systemen gearbeitet, die den Kenntnissen der jeweiligen Fachleute entsprechen und eine überschaubare Funktionsansammlung aufweisen. Um diesem Problem gerecht zu werden, sind Übertragungsstandards entwickelt worden. Die Umwandlung von Zeichnungen eines CAD-Systems A in das Standardformat wird von einem sogenannten Preprozessor, der zu dem sendenden System gehört, vollzogen. Die Transformation aus dem Standardformat in das Zeichnungsformat des empfangenden CADSystems leistet der sogenannte Postprozessor (vgl. dazu Scheer 1988, S. 39). Eine Umwandlung ist nur dann gewährleistet, wenn das entsprechende CAD-System über einen gebräuchlichen Ausgabestandard verfügt, aber auch dann treten Übertragungsprobleme auf, die sich gerade dort ergeben, wo ein CAD-System das Gestaltungsobjekt mit fachspezifischen Attributen versorgt, die ein anderes System weder codieren noch decodieren kann.
184
Abb. 4.31:
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Übersicht über die 3D-Modellierungsgrundlagen (nach VDI-Richtlinie 2209/2006)
Betrachtetes System (Original)
Projektplanung “Modellbildungsprojekt”
IST-Analyse Klären und Präzisieren der Aufgabenteilung
Möglicher Abbruch der Modellbildung
Auswahl und Erstellung eines geeigneten Modells Modellentwurf
Durchführung der Berechnung / Simulation Systemgrenzen
. . .
Interpretation der Ergebnisse
Testsituationen
Betrachtete Effekte
Modellplanung Möglicher Abbruch der Modellbildung
Abb. 4.32:
Verifikation und Validierung Modellkontrolle
Zuverlässiges Modell
Ablauf bei der Modellbildung (nach VDI-Richtlinie 2211/1999)
Die geometrische Dimensionierung als Datenmodell bildet den Input für eine Vielzahl von weiteren Modellen zur Evaluierung der Produktherstellung und Nutzung. Conrad (2008, S. 419) verweist in Anlehnung an Spur/Krause (1997) auf die Weiterentwicklung der rech-
4.3 Computer Aided Design (CAD)
185
nergestützten Konstruktion zur rechnerorientierten Produktmodellierung bis hin zur virtuellen Produktentwicklung. Entsprechend haben sich die Modellierungsgrundlagen der VDIRichtlinie 2209/2006 geändert. Man spricht von
konventioneller CAD, parametrischer CAD, featurebasierter CAD und wissensbasierter CAD (vgl. Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 173; siehe Abb. 4.31).
Die Nutzung von integrativen Modellen ist jedoch ausgesprochen komplex. Jede einzelne Modellbildung bedarf einer eigenständigen Modellplanung mit dem Ergebnis eines Modellentwurfs. Jedoch erst die Modellkontrolle mit einer Verifikation und Validierung gewährleistet ein zuverlässiges Modell für die virtuelle Produktentwicklung (vgl. hierzu ebenda, S. 140; siehe Abb. 4.32). Diese komplexe Interdependanz zwischen den CAD-Modellen und den Modellen der Nachnutzung hat zu Programmstrukturen geführt, welche sich schwer in ihren Grundannahmen modifizieren lassen. Daher sind Standards wie etwa AutoCAD oder CATIA, welche Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre entwickelt wurden, programmtechnisch antiquiert. Ihre Programmvernetzung jedoch funktioniert.
4.3.1
Rechnergestützte Zeichnungsgestaltung
In der Konstruktion werden CAD-Systeme eingesetzt, um die geometrischen Daten des intendierten Produktes zu definieren und bei einem Änderungsbedarf zu manipulieren. Die Menge der hierfür notwendigen Befehle fassen Eigner/Maier (1985, S. 139 f.) in sechs Befehlsgruppen zusammen, die in jedem CAD-System enthalten sein müssen. Es sind:
Operatoren (ein Operator gibt an, welche Grundtätigkeit ausgeführt werden soll), Operanden (ein Operand gibt an, worauf der Operator angewandt wird), Spezifikationen (die Spezifikation beschreibt Operator und Operand genauer), Dateneingaben (die Eingabe von Daten in Zahlen bzw. Textform wird immer dann benötigt, wenn Informationen explizit zu beschreiben sind), Positionieren (das Positionieren ist das interaktive Setzen einer Position in den durch Koordinaten beschriebenen Gestaltungsraum) und Identifizieren (eine Identifikation erfolgt, wenn ein beliebiger Punkt im Gestaltungsraum fixiert und in seiner Lage exakt bestimmt wird).
Die Befehlsgruppe der Operanden wird untergliedert in zeichnungstechnische und geometrische Operanden. Zu den zeichnungstechnischen Operanden zählen sämtliche Befehle für die Bemaßungen, Toleranz- und Oberflächenangaben sowie Schraffuren. Die Produktdimensionierung wird über die geometrischen Operanden bestimmt. Die geometrischen Operanden sind in zwei- und dreidimensionalen Systemen unterschiedlich. Es zeigt sich gerade an den
186
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Details der geometrischen Abspeicherung, warum Fehler bei der Übertragung eines Modells zwischen zwei Systemen unvermeidlich sind. Nehmen wir an, es seien zwei Stützpunkte gegeben. Das System A ergänzt den Linienverlauf durch eine Linearinterpolation: Es entsteht kein Kreis, sondern ein Polygon. Das System B erweitert den Linienverlauf durch eine Kreisinterpolation. So entsteht beim ersten System eine Abweichung zwischen dem Soll- und dem Istverlauf. Diese kleinen, durch die Programmvorgaben determinierten Ungenauigkeiten können bei der Weiterverwendung des Modells irrelevant sein. Es kann aber passieren, dass gerade auf diesen Verlauf ein iteratives Verfahren aufgesetzt wird und dass sich so diese Abweichung potenziert und die Ergebnisse der Weiterverarbeitung ad absurdum führt (vgl. Abb. 4.33).
Abb. 4.33:
Lineare und zirkulare Interpolation
Abb. 4.34:
3D-Geometriemodelle (nach Pahl)
4.3 Computer Aided Design (CAD)
187
CAD-Systeme erlauben nun je nach Auswahl der Informationsmittel eine unterschiedliche Modellbildung von der einfachen zweidimensionalen Abbildung bis hin zur dreidimensionalen körperhaften Beschreibung des Objektes. Pahl (1990, S. 45; vgl. Abb. 4.34) unterscheidet wie auch Vajna/Weber/Bley/Zeman (2009, S. 176) bei dreidimensionalen Darstellungsformen in:
Linienmodell bzw. Drahtmodell, Flächenmodell, flächenorientiertes Volumenmodell und körperorientiertes Volumenmodell.
Entsprechend dieser Modellbildung werden die CAD-Systeme allgemein bezeichnet. Sie verwenden unterschiedliche Operanden als Informationsmittel und verfügen sowohl über verschiedene Informationsmodelle als auch über andersartige rechnerinterne Modelle (vgl. dazu Eversheim/Krause 1996, S. 7 – 56 ff.). 2D-Modelle definieren Punkte und Linien nur in der Ebene, räumliche Objekte sind nur über verschiedene voneinander unabhängige Darstellungsebenen (z. B. Draufsicht, Vorderansicht, Seitenansicht) abzubilden. Zwischen den einzelnen Ebenen bestehen beim 2D-Modell keine rechnerinternen Zusammenhänge. Echtes Konstruieren ist nur mit 3D-Modellen möglich. Ein Punkt wird durch das Zahlentripel der drei Koordinaten x, y und z definiert. Beim Linienoder Drahtmodell werden die begrenzten Kanten allein durch Punkte und Linien dargestellt. Damit sind Sichtkanten wie Mantellinien nicht darstellbar, und es kann nicht festgelegt werden, wo Material vorhanden ist und wo nicht. Beim Flächenmodell können diese Mehrdeutigkeiten zunächst nicht vermieden werden. Ein Körper wird durch Punkte, Linien und Flächen definiert. Sollen Volumina vollständig beschrieben werden und sind Körper im Zusammenhang mit einer Materialkennung zu definieren, so muss auf ein Volumenmodell zurückgegriffen werden. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Volumenmodellen (ebenda S. 177):
das flächenorientierte Volumenmodell (B-Rep-Modell: Boundary Representation) und das körperorientierte Volumenmodell (CSG-Modell: Constructive Solids Geometry).
Die Informationsmittel des B-Rep-Modells sind Punkt, Linie, Fläche und Volumen. Das Modell ist abwärtskompatibel bis zum 2D-Modell, bzw. ein entsprechendes 2D-Modell kann durch zusätzliche Informationsattribuierung bis zum flächenorientierten Volumenmodell aufgebaut werden. Die Volumina werden durch Addition von Flächen definiert, bei denen dann widerspruchsfrei ein Drinnen und ein Draußen kennzeichenbar ist. Das Konstruieren mit dem CSG-Modell basiert auf dem Zusammenfügen bzw. Subtrahieren einfacher mathematischer Grundelemente wie Quader, Zylinder, Kegel, Kugel usw. Diese werden nach den Regeln der Bool’schen Algebra verknüpft und mit dem sogenannten Bool’schen Baum festgehalten, wodurch die Entstehungsgeschichte eines komplexen Körpers übersichtlich dokumentiert wird (vgl. Eigner 1987, S. 160; siehe Abb. 4.35).
188
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Abb. 4.35:
Volumenmodelle (nach Eigner)
Die Anwendung von unterschiedlichen Modellen bei der computerunterstützten Konstruktion ist abhängig vom Gestaltungsproblem. Je komplexer ein internes Rechnermodell ist, umso höher ist auch der Informationsbedarf und umso länger dauert die Objektdefinition. 2DModelle werden bei der Entwicklung von Schaltplänen, Leiterplattenkonstruktionen sowie Rotations- und Blechteilen angewendet, bei denen nur zwei Dimensionen gestaltend bestimmen und sich die dritte Dimension entweder gleichbleibend oder rotationssymmetrisch ergibt. Flächenmodelle finden vornehmlich dort Anwendung, wo gerade oder gekrümmte Flächen im Raum angeordnet werden, wie beim Karosserie- oder Flugzeugbau. Volumenmodelle sind im Maschinenbau vorteilhaft, wo Einzelteile mit unterschiedlichen Materialansprüchen hergestellt und zu Baugruppen montiert werden. Das Erstellen von CAD-Darstellungen eröffnet im Konstruktionsprozess die Nutzung von speziellen Arbeitstechniken, die sich aus den Vorteilen des Umgangs mit dem Medium der Datenverarbeitung ergeben. Es gilt in diesem Zusammenhang insbesondere drei Techniken herauszugreifen, die die Arbeit mit CAD-Systemen charakterisieren:
die Ebenentechnik, die Makrotechnik und die Variantentechnik.
„Die Ebenentechnik basiert auf der Fähigkeit von CAD-Systemen, Bildkomponenten auf verschiedene Zeichnungsebenen (levels, layers) zu verteilen. Je nach CAD-System werden verschieden viele Zeichnungsebenen verarbeitet. Die Ebenen muss man sich als durchsichtige Folien vorstellen, die übereinander gelegt das Gesamtbild ergeben. Jede Folie ist einzeln identifizierbar und damit auch durch einen einzigen Befehl aus- und einzublenden. Bei der Zeichnungserstellung wird diese Technik eingesetzt, um verschiedene Bildinhalte zu trennen, zum Beispiel geometrische Elemente, Bemaßung, Schraffur, Text“ (Eigner/Maier 1985, S. 199).
4.3 Computer Aided Design (CAD)
189
Die Makrotechnik ist ebenso kennzeichnend für den Umgang mit der geometrischen Datenverarbeitung wie die Ebenentechnik. Hier werden Standardbauteile als Geometrie zu Makros zusammengefasst und in einer Bibliothek abgespeichert, wo sie jederzeit unter Angabe des Namens abrufbar sind. „Bei Aufruf des Zeichnungsmakros wird es in die vorhandene Zeichnung eingelesen und entweder mit Fadenkreuz oder in einen existierenden Punkt positioniert, d. h., dass der Ursprungspunkt des Makros auf den Positionspunkt der aktuellen Zeichnung gelegt wird. Bei einigen Systemen kann der Anwender entscheiden, ob er das Makro als Gruppe, d. h. als ein Element oder als einzelne Elemente, einliest. Im ersten Fall kann das Makro nur noch als Ganzes gehandhabt werden“ (Eigner/Maier 1985, S. 202 f.). Die Variantentechnik wird bei der manuellen Zeichnungserstellung in Form von Tabellenoder Verweiszeichnung verwendet, bei der in sogenannten „Mutterzeichnungen“ eine Grundform definiert ist und mit variablen Maßen versehen wird. Eine Variante wird entsprechend der Angaben der Maßtabelle dimensioniert. „Bei der rechnerunterstützten Variantentechnik muss zunächst ein der ‚Mutterzeichnung‘ entsprechendes Programm erstellt werden. Bei Aufruf des Programms werden die variablen Maße als Parameter eingegeben. Die Zeichnungserstellung wird anschließend vom Programm übernommen. Der Vorteil der Variantentechnik gegenüber den Tabellenzeichnungen besteht zum einen in der Ausgabe von maßstäblichen Zeichnungen, zum anderen in der möglichen Überprüfung der Eingabewerte bezüglich Konstruktionslogik oder Fertigungseinrichtungen durch das Programm“ (Eigner/Maier 1985, S. 222). Natürlich muss jede Variantenkonstruktion in einem Programm eingebunden werden, das die Eingabevariablen interaktiv abfordert, die Konstruktionsvariante rechnet und mit zuvor eingegebener Namenvorgabe auf dem Bildschirm darstellt. CAD-Systeme ermöglichen so, im Rahmen eines Konstruktionsprinzips Gestaltungsalternativen zu entwickeln. Bevor das Konstruktionsergebnis ans Programmmodul weitergegeben wird, das sich mit der Arbeitsvorbereitung und der anschließenden Produktion auseinandersetzen kann, ist es notwendig, das Konstruktionsergebnis auf die Anforderungen hin zu überprüfen, die das Einzelteil, die Baugruppe oder das Gesamterzeugnis in der späteren Nutzungssituation zu erfüllen hat.
4.3.2
Erweiterte Arbeitstechniken der CAD
Das Konzept des CAE, des Computer Aided Engineering, geht von einer Verkettung von Programmmodulen aus, die zu einem optimierten Ergebnis führen. Krause (1992, S. 166 ff.; vgl. Abb. 4.36) stellt in diesem Zusammenhang die CAD-Aufgabenbearbeitung in einem erweiterten Regelkreis dar. Bedingt durch die Informationsbereitstellung über das Produkt, die Fabrik, die Konkurrenz usw. kann das generierte Geometriemodell bewertet werden. Es können Funktionen, Kosten oder Recyclingaspekte der intendierten Leistung evaluiert werden, um so zu einer optimierten Lösung zu gelangen. Als Beispiel verdeutlichen Vajna/Weber/Bley/Zeman (2009, S. 242 ff.) die Strategie des integrativen Konstruktionsoptimierungsprozesses an der Kopplung eines CAD-Programms mit der Nachrechnung der Bauteilgeometrie durch die Finite-Elemente-Methode (FEM).
190
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
Nachdem ein Bauteil als Geometriedatei definiert ist, wird das Modell über einen Preprozessor an das Nachfolgeprogramm gegeben und verrechnet. Das Ergebnis wird alsdann über einen Postprozessor dargestellt. Bei Zielerfüllung kann der Datensatz des optimierten Bauteils an die Arbeits- bzw. Fertigungsvorbereitung weitergeleitet werden. Ist das Gestaltungsziel noch nicht erreicht, so werden die Parameter über einen Optimierungsalgorithmus variiert und an das CAD-System zurückgeführt.
Abb. 4.36:
Informationsbereitstellung und Bewertung (nach Krause)
Abb. 4.37:
Vorteile assoziativ verknüpfter Datenmodelle (nach VDI-Richtlinie 2209/2006)
4.3 Computer Aided Design (CAD)
191
Das Finite-Elemente-Programm benötigt neben der Bauteilgeometrie noch die Angaben der Randbedingungen wie die Materialkennwerte sowie die Lastdaten, unter denen das Bauteil getestet werden soll. Nachdem die Geometrie mit Knotenpunkten versehen ist, die je nach Teilform unter Zuhilfenahme einer Elementebibliothek die Oberfläche des zu gestaltenden Objektes bedecken, wird das Bauteil als umgeformte Netzstruktur abgebildet. Randbedingungen und FE-Struktur ergeben den kompletten Datensatz, mit dem eine FE-Analyse gerechnet werden kann. Das Ergebnis ist eine Listenausgabe mit quantitativen Bewertungen und eine graphische Ausgabe für die qualitative Bewertung. Hierbei kann das Verhalten des Bauteils bei Verformung, unter Spannung und bei Schwingungen sowohl statisch als auch dynamisch analysiert werden (ebenda; vgl. Abb. 4.37).
Abb. 4.38:
Erweiterter Funktionsumfang des Konstruktionssystems (nach Eversheim)
Das CAD-System ist mit solch einer Verkettung in einen Regelkreis eingebunden, mithilfe dessen die Material- und Formeigenschaften zu verbessern sind. Selbstverständlich können nach dem gleichen Prinzip auch andere Optimierungsalgorithmen durchlaufen werden. Eversheim (1990a, S. 177; vgl. Abb. 4.38) spricht von einem erweiterten Funktionsumfang
192
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
des Konstruktionssystems. Die CAD-Funktionen liefern eine Geometrie, die als gemeinsam zu nutzender Datenbestand unterschiedlichen Subroutinen unterworfen werden kann. Das Prinzip ist immer dasselbe. Der Datentransfer läuft über einen Preprozessor zum Verrechnungsprogramm und wird über einen Postprozessor zurückgeführt. So können technische Elemente überprüft werden, Simulationen Funktionstests durchspielen, Morphologien gebildet und Auswahlprozeduren durchlaufen werden, bis eine Produktstruktur erreicht wird, die den gesteckten Gestaltungszielen genügt. Im Bereich der Simulation können sowohl Einzelteile als auch Baugruppen oder Erzeugnisse mithilfe von DV-Modellen getestet werden, ohne dass ein Realobjekt zu erstellen ist. Hierbei können auch Nutzungssituationen untersucht werden, die Umfeldbedingungen mit berücksichtigen. Selbstverständlich lassen sich weitgehende Produktanforderungen nicht ohne die Erstellung von Realobjekten bis in die letzte Konsequenz untersuchen. Der physische Modell- und Prototypenbau ist nicht durch die Manipulation von Datenmodellen im Ganzen zu ersetzen. Aber bestimmte Ergebnisse können vorweggenommen werden und so den Gestaltungsprozess des Erzeugnisses beschleunigen. Liegt ein Datensatz vor, der den Gestaltungsansprüchen genügt, so kann dieser an computergesteuerte Systeme weitergeleitet werden, welche die Fertigung vorbereiten und steuern.
Abb. 4.39:
Vorgehensmodell für die Entwicklung mechatronischer Produkte und Systeme (nach VDI Richtlinie 2206/2004)
4.4 Schrifttum
193
Doch ist die Vision von Eversheim noch keine Realität. Selbst für IT-affine mechatronische Produkte führen Vajna/Weber/Bley/Zeman (2009, S. 28) unter Verweis auf die VDI-Richtlinie 2206/2004 (vgl. Abb. 4.39) aus: „Für mechatronische Produkte/Systeme ist eine durchgängige, d. h. alle beteiligten Domänen (Mechanik, Elektrik/Elektronik, Informationsverarbeitung) überspannende Entwicklungsmethodik erst im Entstehen.“
Abb. 4.40:
Ausgangssituation in der Digitalen Fabrik (nach Vaijna/Weber/Bley/Zeman)
Dementsprechend ist die Verknüpfung von Produktentwicklung mit der technischen Produktionsplanung über das Konzept der Digitalen Fabrik (ebenda S. 360; vgl. Abb. 4.40) noch ausbaufähig. Die Integration von Prozessplanung, NC-Simulation, Ergonomie, Robotersimulation, Layoutplanung und Materialfluss durch die Nutzung gemeinsamer Datenbestände scheitert oft an der Komplexität der hierfür notwendigen verifizierten und validierten Modellbildung.
4.4
Schrifttum
Bichler, K.: Beschaffungs- und Lagerwirtschaft, 5. Auflage, Wiesbaden 1990. Binner, H. F.: Umfassende Unternehmensqualität, Berlin/Heidelberg 1996. Binner, H. F.: Integriertes Organisations- und Prozessmanagement, München 1997. Binner, H. F.: Pragmatisches Wissensmanagement, Darmstadt 2007. Böhm, E.: Expertensysteme im CAD, in: Geitner, U. W. (Hrsg.): CIM-Handbuch, Braunschweig/Wiesbaden 1987.
194
4 Technisches Controlling und Produktentwicklung
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4.8 Schrifttum
195
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5
Produktion und Logistik
Das technische Controlling bedient sich regelungstechnischer Verfahren, um die Erstellung und den Vertrieb von Produkten zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren. Die Sollvorgaben definieren sich aus der intendierten Qualität der angestrebten Leistung, und diese wird durch die Produktentwicklung festgeschrieben. Alsdann gilt es ein Arbeitssystem zu steuern und zu regeln, in dem Arbeitsobjekte durch Menschen und Maschinen zu Produkten transformiert werden (vgl. Günther/Tempelmeier 2009, S.7; vgl. Abb. 5.1).
Abb. 5.1:
Aufbau eines Arbeitssystems (nach Günther/Tempelmeier)
Das technische Controlling bildet somit einen Material- und Erzeugnisfluss ab mit den Unterfunktionen der physischen Materialbeschaffung, der Produktion, Logistik, der physischen Distribution und der Arbeitsvorbereitung sowie der Fertigung. Der hierbei entstehende Wertschöpfungsprozess ist unter den Zielvorgaben der Zeit, der Qualität und der Wirtschaftlichkeit optimal zu gestalten, ohne jedoch eine hinreichende Flexibilität zu verlieren. Die Arbeitsvorbereitung bildet das Kopplungsglied zwischen der Konstruktion und der Fertigung sowie Montage. Sie gliedert sich in Arbeitsplanung und Arbeitssteuerung. Die Arbeitsplanung umfasst alle einmalig auftretenden Planungsmaßnahmen, welche unter ständiger Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit die fertigungsgerechte Herstellung eines Erzeugnisses sichern. Die Arbeitssteuerung umfasst alle Maßnahmen, die für eine der Arbeitsplanung entsprechende Auftragsabwicklung erforderlich sind (vgl. Vajna/Weber/Bley/Zeyman 2009, S. 361; siehe auch Eversheim 1989, S. 2; vgl. Abb. 5.2).
198
Produktion und Logistik ... umfasst alle einmalig auftretenden Planungsmaßnahmen, welche unter ständiger Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit die fertigungsgerechte Herstellung eines Erzeugnisses sichern.
Konstruktion
Arbeitsvorbereitung
Produktionsbereiche
Beispiele:
Arbeitsplanung
l Erstellen der Fertigungsstückliste l Materialplanung l Planung der Arbeitsvorgänge l Fertigungsmittelplanung
l Vorgabezeitermittlung l NC-Programmierung l Kostenplanung l Methoden- und Investitionsplanung
Arbeitssteuerung ... umfasst alle Maßnahmen, die für eine der Arbeitsplanung entsprechende Auftragsabwicklung erforderlich sind.
Fertigung Beispiele:
Montage
Abb. 5.2:
l Bedarfsermittlung für Baugruppen und Einzelteile l Nettobedarfsermittlung l Einsteuertermine für Eigenfertigung
l Materialdisposition l Maschinenbelegung l Terminfeinplanung l Kapazitätsabgleich
Definition und Aufgabenbeispiele zur Arbeitsvorbereitung (nach Eversheim)
Es gilt in der Arbeitsplanung auftragsunabhängig den Arbeitsablauf und den Mitteleinsatz für die Fertigung und Montage zu planen und entsprechend zu dokumentieren. Am Beispiel der Fertigungsplanung nach REFA (1991, S. 27; vgl. Abb. 5.3) lassen sich die einzelnen Tätigkeiten erläutern. In der Arbeitsablaufplanung werden die Arbeitsvorgänge festgelegt und beschrieben, mit Vorgabezeiten versehen und in ihrer Reihenfolge bestimmt, woraus sich ihre geplante Durchlaufzeit ergibt. In der Mittelplanung wird der Personalbedarf kalkuliert und somit ein Personalplanbestand fixiert. Gleiches geschieht in der Betriebsmittelplanung, die gemeinsam mit der Personalplanung die Kapazitätenbedürfnisse determiniert. Weiterhin sind in der Mittelplanung die Material- und Informationsbedürfnisse festzustellen sowie die entsprechenden Planbestände zu kalkulieren. In der Dokumentation werden die Arbeitspläne sowie die ergänzenden Arbeits- und Betriebsmittelunterlagen erstellt. Aufgrund der mehrdimensionalen Abhängigkeitsstruktur der Einsatzparameter bei der Arbeitsvorbereitung ist eine lineare Ablaufplanung nicht möglich. Die Informationsverknüpfung der Tätigkeiten in der Arbeitsplanung lässt sich eher durch eine vernetzte Struktur darstellen, in der die Eingangsdokumente (Einzelteilzeichnung, Konstruktionsstückliste, Baugruppenzeichnung und Auftragsdaten) zu den Ausgangsdokumenten (Arbeitsplan, Prüfplan, Materialanforderung, Fertigungsmittelzeichnungen und Zusatzdokumente) verarbeitet werden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den kurzfristigen und den mittel- bzw. langfristigen Planungsaufgaben. Kurzfristige Planungsvorbereitungen sind die Stücklistenauflösung von Konstruktions- in Fabrikationsstücklisten, die Planungsvorbereitungen mit dem Ergebnis
Produktion und Logistik
199
der Fertigungsmittel- und Materialanforderungen sowie die Arbeits- und Montageplanerstellung, in denen die Arbeitsplandaten fixiert werden.
Abb. 5.3:
Aufgaben der Fertigungsplanung (nach REFA)
Aus diesen drei Aufgabenkomplexen ergibt sich die Fertigungsmittelplanung mit Zeichnungen und Stücklisten, die kurzfristige Kostenplanung, die Prüfplanung und gegebenenfalls die NC-Programmierung. Mittel- bzw. langfristige Planungsaufgaben ergeben sich aus der Mate-
200
5 Produktion und Logistik
rialplanung, der Investitionsplanung, der Methodenplanung und der langfristigen Kostenplanung.
5.1
Ressourcenplanung und -einsatz
Mit der Erstellung der Ausgangsdokumente durch die Arbeitsplanung ist ein Planwert ermittelt worden, wie lange ein Einzelteil braucht, um hergestellt zu werden. Diese Durchlaufzeit muss natürlich auch für Baugruppen und schließlich für ein ganzes Produkt berechnet werden. In den bisherigen Betrachtungen wurden zwei Kennzeiten erwähnt, die Rüstzeit und die maschinelle Bearbeitungszeit, die in der Summe die Durchführungszeit ergeben. Im Fertigungsprozess wird die Durchlaufzeit noch von anderen Aspekten bestimmt als denjenigen, die unmittelbar vom Arbeitsvorgang zu definieren sind.
Abb. 5.4:
Durchlaufzeitanteile von Losen und Fertigungsaufträgen (nach Wiendahl)
Die Durchlaufzeit eines Arbeitsvorganges kann ermittelt werden als die Summe aus der Nachliegezeit, also der Liegezeit nach der Bearbeitung des vorangegangenen Arbeitsvorganges, der Transportzeit, der Liegezeit vor dem Bearbeiten, der sogenannten Vorliegezeit und der eigentlichen Durchführungszeit inklusive der entsprechenden Zeit für die Qualitätskontrolle. Von Arbeitsvorgang zu Arbeitsvorgang ist also eine Übergangszeit mitzuberechnen, die in der Regel um ein Vielfaches größer ist als die geplante Auftragszeit und auch als die dann real erfolgte Durchführungszeit (vgl. hierzu Wiendahl 2010, S. 264; siehe Abb. 5.4).
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
201
Bei einer Untersuchung von Durchlaufzeiten in der Einzel- und Kleinserienfertigung wurden an 32 Arbeitsplätzen 9.000 Arbeitsvorgänge analysiert. Es zeigte sich, dass die Durchführungszeit lediglich 10 % der Durchlaufzeit ausmachte und 2 % bzw. 3 % von der Transportund Kontrollzeit ausgefüllt wurde. Die ablaufbedingte Liegezeit verursachte den größten Anteil der Durchlaufzeit (Untersuchungsergebnis 75 %), während die Lagerungszeit und die störungsbedingte – bzw. durch Menschen bedingte – Liegezeiten insgesamt auch nur einen Anteil von 10 % ausmachten (ebenda S. 260; vgl. Abb. 5.5).
Abb. 5.5:
Aufteilung der Arbeitsvorgangsdurchlaufzeit in einem Betrieb der metallverarbeitenden Industrie mit Einzel- und Serienfertigung (nach Wiendahl)
An diesen Zahlen wird deutlich, wie stark die Berechnungen der Arbeitsplanung variieren können, wenn die geplanten Vorgänge in der Praxis umgesetzt werden. Der Unterschied zwischen Arbeitsplanung und Arbeitssteuerung ergibt sich im Wesentlichen dadurch, dass bei der Arbeitsplanung die Produktvorgaben der Konstruktion in ihrer Herstellungskonsequenz umgesetzt werden. Hingegen wird in der Arbeitssteuerung das reale Produktionsgeschehen mit einem kurzfristigen Planungshorizont geplant und im Ablauf geregelt. Das entsprechende computergestützte Verfahren verwendet nicht den Begriff der Arbeitssteuerung, sondern nutzt die allgemeinere Begriffsprägung der Produktionsplanung und -steuerung (PPS). Bei der Auftragsabwicklung in der Produktion werden die betrieblichen Herstellungsziele
202
5 Produktion und Logistik
durch das Produktionsprogramm beschrieben, daraus die Materialbedürfnisse in ihren Mengen geplant und somit die Termin- und Kapazitätenplanung vorgenommen. Entsprechend den realen Produktionsgegebenheiten können dann die Aufträge freigegeben und ihre Herstellung überwacht werden (ebenda S. 13; vgl. Abb. 5.6).
Abb. 5.6:
Logistisches Controlling im Regelkreis der PPS (nach Wiendahl)
Die Produktionsplanung und -steuerung (PPS) regelt den betrieblichen Einsatz von Materialien, Maschinen und Personen im laufenden Produktionsprozess. Sie subsumiert somit die Verfahren der Beschaffungs- und Lagerwirtschaft, der Maschinen- und der Personaleinsatzplanung. Jeder einzelne dieser Planungs- und Regelungsbereiche bildet ein Teilsystem im betrieblichen Gesamtsystem und weist spezifische Eigenarten auf. Die grundlegenden Funktionen der Produktionsplanung und -steuerung sind in allen Unternehmen vorzufinden. Es ergeben sich jedoch verschiedene Ausprägungen der PPS aus der unterschiedlichen Bedeutung und Nutzung dieser Funktionen. In einer typologischen Einordnung von Unternehmen hinsichtlich ihrer Steuerungsaufgaben unterscheidet Eversheim (1996, S. 14–61 ff.) zwölf Strukturmerkmale, die sich auf die Organisation der Arbeitssteuerung auswirken:
Die Auftragsauslösungsart beschreibt die Anbindung der Produktion an den Markt. Das Spektrum erstreckt sich vom kundengebundenen Einzelauftrag bis zur statistisch gesteuerten Produktion auf Lager für einen anonymen Markt. Das Erzeugnisspektrum kann ebenfalls kundenspezifisch oder standardisiert sein. Die Erzeugnisstruktur gibt Auskunft über den konstruktionsbedingten Aufbau. Dieser kann sehr komplex oder aber geringteilig und einfach sein. Beim Erzeugnis- bzw. dem Komponentenbedarf wird das eigentliche Produktionsobjekt fixiert, das kann auf Erzeugnisebene oder aber für eine darunterliegende Strukturebene erfolgen.
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
203
Auch die Auslösung des Sekundärbedarfs kann dementsprechend auftrags- oder periodenorientiert sein. Durch die Beschaffungsart wird der Umfang des Einsatzes von fremdbezogenen Bedarfspositionen bestimmt. Mit der Bevorratung wird die Lagerpolitik determiniert. Ist der Umfang unbedeutend, so muss bei jedem Bedarf eine Bestellung erfolgen. Das Merkmal der Fertigungsart gibt die Häufigkeit der Leistungswiederholung an. Einmalfertigungen schaffen ganz andere Anforderungen als die Massenfertigung. Durch die Ablaufart in der Teilefertigung werden die räumliche Anordnung von Fertigungsmitteln und ihre Transportbeziehungen beschrieben, durch die Ablaufart in der Montage ergeben sich die Organisationsformen für diesen Sektor. Mit der Fertigungsstruktur wird der Grad der Fertigungstiefe dimensioniert, und als letztes Strukturmerkmal ist der Kundenänderungseinfluss zu nennen. Hiermit wird der Grad der Interdependenz der Handlungsabläufe zwischen Kunde und Produzent klassifiziert.
Tätigkeit
Haupttätigkeit
MH
Hauptnutzung
BH
Hauptdurchführung
SH
Nebentätigkeit
MN
Nebennutzung
BN
BT
Nebendurchführung
SN
SD
MT
der Menschen Nutzung des Betriebsmittels Erfüllung
im Einsatz in Erfüllung
Mensch
M
Betriebsmittel
B
Aufgabe
S
außer Einsatz
MI
zusätzliche Tätigkeit
MZ
der Aufgaben-
zusätzliche Nutzung
BZ
durchführung
zusätzliche Durchführung
SZ
BI SI ML BL
außer Erfüllung SL
Unterbrechen
MK
der Tätigkeit MA
bedingtes
der Nutzung BA
Unterbrechen der Aufgabendurchführung SA
der Tätigkeit Unterbrechen
BK
der Nutzung Betriebsruhe
ablauf-
MR
Unterbrechen
BR
der Aufgaben-
SR
durchführung
SK
störungs-
der Tätigkeit MS
bedingtes
der Nutzung BS
Unterbrechen der Aufgabendurchführung SS erholungsbedingtes
der Tätigkeit ME
Unterbrechen
der Nutzung BE
persönlich bedingtes
der Tätigkeit MP
Unterbrechen
der Nutzung BP MX
nicht erkennbar
BX SX
Abb. 5.7:
Ablaufarten bezogen auf Mensch, Betriebsmittel und Aufgabe (nach Hornung)
Arbeitsplanung und -steuerung können bei unterschiedlicher Merkmalsausprägung Ausgangsparameter aufweisen, die zu ganz andersartigen Lösungsansätzen führen. Stets geht es jedoch darum, die Abläufe zu bestimmen, welche
204
5 Produktion und Logistik
der Mensch, die Betriebsmittel und die Aufgabe (Leistungsobjekt)
im Unternehmen vollziehen. Auftragsorientierte und programmgebundene PPS bzw. deren Mischformen weisen spezifische Strukturen auf. In allen Fällen ist aber der Ressourceneinsatz zu dimensionieren, und hier ergeben sich für Mensch, Betriebsmittel und Aufgabe gleich lautende zeitliche Einsatzkategorien. Während der Betriebszeiten sind die Ressourcen entweder im Einsatz oder nicht. Im Einsatz eines Menschen oder Betriebsmittels bzw. in der Erfüllung einer Aufgabe sind Haupt-, Neben- und Zusatzbereiche definiert. Diese Handlungsstränge werden unterbrochen, sei es aus ablaufbedingten, störungsbedingten, erholungsbedingten oder persönlich bedingten Gründen (vgl. hierzu Hornung 1996, S. 12–98; siehe Abb. 5.7).
5.1.1
Einsatz von Material
Die Aufgaben der Materialbeschaffung lassen sich in die Beschaffungsplanung und die Beschaffungssteuerung untergliedern. Ziel der Planung und Steuerung der Materialbeschaffung ist es, den vorhandenen Materialbestand so zu gestalten, dass zum vorgesehenen Zeitpunkt in der Produktion oder dem Verkauf das entsprechende Material in der geforderten Quantität und Qualität vorhanden ist. Hierzu muss in der Beschaffungsplanung zunächst entschieden werden, ob ein Materialbedarf durch Eigen- oder Fremdfertigung bereitgestellt werden soll. Alsdann ist die kostenoptimale Beschaffungsmenge zu planen und die Art der Beschaffungsauslösung. In der Beschaffungssteuerung wird die Beschaffung ausgelöst und das Material eingekauft oder aber eine Eigenfertigung veranlasst. Beim Materialeinkauf muss die Bestellmenge festgelegt und bestellt werden, damit alsdann die Lieferung überwacht und gesichert werden kann (nach REFA 1990, S. 22; vgl. Abb. 5.8). Im Rahmen der Materialbeschaffung wird somit ein Material- und ein Informationsfluss kanalisiert. Betrachtet man den Materialfluss im Unternehmen, so ist die Quelle der Lieferant oder Hersteller. Über ein Transportsystem werden Rohmaterial und Zukaufteile sowie Hilfsmaterialien ins betriebliche Lagersystem eingebracht und durch ein Fördersystem der Produktion zugeführt. Hier entsteht ein Wechselspiel zwischen Produktionssystem und Zwischenlager einerseits und der endgültigen Expedition ins Fertigprodukt – bzw. ins Abfallund Rückstandslager. Über das Transportsystem erfolgt dann die Versorgung zum Kunden oder Verbraucher. Aus dieser Interaktion ergeben sich für die Lagerungssteuerung vier unterschiedliche Prozeduren der Materialflussregelung:
Das Material wird angenommen, kontrolliert und ausgegeben, das Material wird angenommen, kontrolliert, mit anderen Materialien kommissioniert und ausgegeben, oder aber das Material wird angenommen, kontrolliert und gelagert und bei Bedarf einzeln ausgegeben bzw. vom Lager kommissioniert weitergeleitet.
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Abb. 5.8:
205
Aufgaben der Materialbeschaffung (nach REFA)
Der Materialfluss hat die Aufgabe, die Fertigungs- und Montageeinrichtungen zu verknüpfen sowie die Ver- und Entsorgung zu gewährleisten. Die Basisfunktionen sind somit das Transportieren, das Umschlagen, das Lagern und die Kommissionierung. Hierbei sind natürlich nicht nur Rohmaterialien, Einzelteile oder Baugruppen des zu generierenden Produktes zu transportieren, sondern verschiedenartige Objekte. Neben den Werkstücken sind Werkzeuge, Vorrichtungen und Prüfmittel bereitzustellen, es ist die Versorgung mit Hilfsstoffen und Energie zu gewährleisten und die entsprechende Entsorgung der Fertigung und Montage aufrechtzuerhalten. Der Materialfluss bildet eine Verkettung aller Vorgänge innerhalb festgelegter Bereiche. Seine wichtigsten Ablaufarten sind das Transportieren, das Handhaben und das Lagern. Die entsprechenden Betriebsmittel sind die Transport- bzw. Fördermittel, Handhabungseinrichtungen und Lagermittel. Sind diese Mittel automatisiert, so spricht man von Systemen. Beim Transportieren geschieht eine Ortsveränderung innerhalb von Arbeitsplätzen, zwischen Betriebsmitteln, zwischen Werkstätten oder zwischen Unternehmungen. Beim Handhaben erfolgt eine Orts- und Zeitveränderung. Es wird be- und entladen, gedreht, gewendet, einund ausgegeben, gesichert und kontrolliert. Das Lagern ist dagegen nur eine Zeitänderung, innerhalb der kurz- oder langfristig Vorräte gehalten oder Bestände gebildet werden (nach REFA 1991, S. 476; vgl. Abb. 5.9). Der Materialfluss stellt ein integratives Moment in der Produktionsabwicklung dar. Es ist daher notwendig, Organisationsrichtlinien zu etablieren, die den Kompetenzbereich der Beschaffungs- und Lagerwirtschaft insbesondere gegenüber der Fertigung und Montage, aber auch gegenüber der Qualitätssicherung gewährleisten. Solche Trennungslinien sind keineswegs selbstverständlich und können betriebsspezifisch sehr unterschiedlich ausfallen.
206
5 Produktion und Logistik Ablaufarten
Zustandsänderung Arbeitsgegenstände Informationen Objektveränderung
Fertigen Es erfolgt eine Objektveränderung durch Formoder Zustandsveränderung des Arbeitsgegenstandes.
l Form l Beschaffenheit l Aussehen l Eigenschaften
Ortsveränderung
Transportieren Transportieren ist Fortbewegen von Arbeitsgegenständen oder Personen in einem System. Materialfluss Verkettung aller Vorgänge innerhalb festgelegter Bereiche
l innerhalb von Arbeitsplätzen l zwischen Betriebsmitteln l zwischen Werkstätten
(Orts- und Zeitveränderung)
Zeitänderung Lagerzeitvorgang (Lagern) l Bunkern l Vorrat halten l Speichern l Bestände bilden Kurzzeitvorgang (Puffern) l Aufenthalt ablaufbedingt - geplant l Aufenthalt ablaufbedingt - ungeplant l Aufenthalt störungsbedingt
Qualitätssicherung
Prüfen Prüfen ist das Kontrollieren von Arbeitsgegenständen im Materialfluß.
Abb. 5.9:
Erfassen Speichern Verarbeiten Ausgeben Übertragen
am Arbeitsplatz l Beladen, Entladen l Drehen, Wenden l Eingeben l Sichern l Kontrollieren
Lagern Lagern ist das Liegen von Arbeitsgegenständen in Lagerbereichen.
l zwischen Unternehmungen l Transportieren l Schieben l Ziehen l Tragen
Lagerveränderung
Handhaben Handhaben sind man. Bewegungen beim Einleiten oder Beenden von Vorgängen d. Einwirkens, Prüfens oder Liegens.
l Bearbeiten l Verarbeiten l Umwandeln
l Identifizieren l Kennzeichnen
l Messen l Prüfen
Abgrenzung des Materialflusses (nach REFA)
Aus der Sicht der Lagerwirtschaft ist die Fertigung ein Ort der Objektveränderung, in dem Form, Beschaffenheit, Aussehen und Eigenschaften der Materialeingaben durch Ver- und Bearbeitung umgewandelt werden. Es ist somit ein Produktionsort, an dem eine Bestellung eines Zwischen- oder Endproduktes realisiert wird. Weiterhin bildet die Fertigung und Montage eine Zeitveränderung in Bezug auf die im Unternehmen verwendeten Materialien, erfüllt also mithin eine Lagerfunktion. Ähnlich unscharf ist die Grenzziehung im Bereich der Qualitätssicherung. Hier wird identifiziert, gekennzeichnet, gemessen und geprüft. Es gilt,
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
207
unternehmensspezifische Verantwortungsbereiche zwischen der Materialwirtschaft, der Fertigung und der Montage herauszubilden, in denen die Qualität der Objekte aus Eigen- und Fremdfertigung geprüft und gewährleistet wird. Um die Materialsteuerung produktionsgerecht zu erfüllen, ist es notwendig, den Materialbedarf zu bestimmen. Die Ermittlung der Bedarfsmengen kann einerseits ihren Ursprung in dem Bedarf an Erzeugnissen haben, andererseits können die Lagerbestände berücksichtigt werden. Der Marktbedarf, also der Bedarf an verkaufsfähigen Erzeugnissen, wird Primärbedarf genannt, die Rohstoffe, Teile und Gruppen zur Fertigung und Montage des Primärbedarfs bezeichnet man als Sekundärbedarf. Der Tertiärbedarf definiert sich aus benötigten Hilfs- und Betriebsstoffen für die Erstellung des Primärbedarfes. Der periodenbezogene Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf bildet den Bruttobedarf; zieht man von diesem den Lagerbestand ab, so erhält man den Nettobedarf (vgl. hierzu Ziegenbein 2007, siehe Abb. 5.10).
Abb. 5.10:
Zusammenstellung der Materialbedarfsarten (nach Ziegenbein)
Datentechnisch gesprochen, kann die Interdependenz zwischen der erzeugnisorientierten Bedarfsplanung und den Lagerbeständen als eine Interaktion zwischen Verarbeitungsfunktionen und Aktionsdatenbanken dargestellt werden. Die Erzeugnisbedarfsplanung vermittelt den Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf ans Lager, es erfolgt eine Brutto-Netto-Rechnung mit dem Ergebnis der entsprechenden Beschaffungsaufträge bei Fremdbezug und der Fertigungsaufträge bei Eigenfertigung. Die Bedarfsermittlung erfolgt jedoch nicht ausschließlich durch die Ansprüche des Betriebes an veräußerbaren Erzeugnissen, sondern auch aus dem betriebsinternen Bedarf, um Rohmaterialien, Teile oder Baugruppen der Eingangs- oder Zwischenlager aufzufüllen. Betrachtet man bspw. das Schema des Produktionsablaufes der Einzel- und Kleinserienfertigung, so stellt man fest, dass in der Teilefertigung zwischen den Teilen zu unterscheiden ist, deren Auftrag vom Lager verursacht wird, und denen, die in Abhängigkeit von Kundenaufträgen veranlasst werden. Um eine schnelle Lieferbarkeit eines Endproduktes zu ermöglichen und das Umlaufvermögen der Lagerbestände zu begrenzen, ist es zweckmäßig, Teile und Baugruppen auf Zwischenlager zu produzieren, die standardmäßig zur Montage des Enderzeugnisses benötigt werden. Der Materialbedarf für die kundenauftragsabhängigen Teile ist dagegen optimal durch eine erzeugnisorientierte Planung abzudecken.
208
5 Produktion und Logistik
Bildet der Lagerbestand den Ausgangspunkt, um die Bestell- bzw. Auftragsmenge zu definieren, so ist die Auswahl des Verfahrens zur Berechnung des Bedarfs abhängig von zwei Kriterien:
der Verbrauchsmenge (hier haben wir es mit einem hohen (A), einem mittleren (B) oder einem niedrigen (C) Verbrauchswert zu tun) und der Verbrauchsrhythmik (der Verbrauch ist regelmäßig (X), schwankend (Y) oder unregelmäßig (Z)).
Wiendahl (2010, S. 284 f.; vgl. Abb. 5.11) schreibt dazu:
„X-Teile haben einen konstanten Verbrauch, ihre Vorhersagegenauigkeit ist hoch. Y-Teile haben einen trendmäßig steigenden oder fallenden Verbrauch, der auch saisonalen Schwankungen unterliegen kann. Diese Teile haben eine mittlere Vorhersagegenauigkeit. Z-Teile haben einen völlig unregelmäßigen Verbrauch und eine dementsprechend geringe Vorhersagegenauigkeit.“
Abb. 5.11:
Regelwerk der Bedarfsermittlungsverfahren und Beschaffungsarten (nach Wiendahl)
Bei der Bedarfsermittlung lassen sich grundsätzlich drei Methoden unterscheiden (vgl. Wiendahl 2010, S. 280 f.; siehe Abb. 5.12). Die Bedarfsermittlung ist entweder
deterministisch, stochastisch oder heuristisch.
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Abb. 5.12:
209
Methoden der Bedarfsermittlung (nach Wiendahl)
Die deterministische (bedarfsgesteuerte) Bedarfsermittlung geht von dem Primärbedarf bzw. dem daraus abgeleiteten Sekundär- und Tertiärbedarf sowie von den vorhandenen Lagerbeständen aus. Die stochastische (verbrauchsgesteuerte) Bedarfsermittlung wird nicht über spezifische Einzelaufträge errechnet, sondern durch Verbrauchswerte aus der Vergangenheit, mit denen der zukünftige Verbrauch statistisch prognostiziert werden kann. Die heuristische Bedarfsermittlung erfolgt durch Schätzungen. Die verbrauchsgesteuerte Bedarfsermittlung ist abhängig von der Quantität des Verbrauches und der Qualität der Verbrauchsstruktur. Die Bedarfsmengen von Materialien mit hohem und konstantem Verbrauch lassen sich – wie schon festgestellt – besser durch mathematische Verfahren prognostizieren als solche, wo die Materialien selten und unregelmäßig benötigt werden. Jedes Objekt der laufenden Produktion wird daher nach seinem Jahresverbrauch in der ABC-Analyse klassifiziert. „In der Praxis hat sich herausgestellt, daß häufig bereits 10 % der Teile 70 % des Jahresverbrauches ausmachen, weitere 20 % der Teile zusätzlich 20 % des Jahresverbrauchswertes und die restlichen 70 % der Teile lediglich 10 % des Jahresverbrauchswertes bestimmen. Entsprechend dieser Gruppierung werden die Teile als A-, B- und C-Teile bezeichnet.“ (vgl. Abb. 5.13). Bei Wiendahl (2010, S. 234) wurden der A-Gruppe 80 %, der B-Gruppe 15 % und den C-Teilen lediglich 5 % eingeräumt. Es bedarf stets der unternehmensspezifischen Justierung bei der Methodenwahl in der Materialwirtschaft. A- und B-Teile mit regelmäßigem Verbrauch haben eine Verbrauchskennlinie und spezifische Wiederbeschaffungszeiten (tw). Die Bestellung oder Beauftragung lässt sich nach einer Sägezahnfunktion automatisieren oder teilautomatisieren (vgl. Günther/Tempelmeier 2009, S. 210; vgl. Abb. 5.14; siehe dazu Mertens 1996, S. 14–23 ff.).
210
Abb. 5.13:
5 Produktion und Logistik
Prozentuale Mengenanteile von A-, B- und C-Teilen
Da der Verbrauch linear verläuft, kann der Bestelltermin (TB) so berechnet werden, dass die eintreffende Bestellung nach entsprechender Lieferzeit dann zur Verfügung steht, wenn das Lager den Sicherheitsbestand (e) erreicht hat, der so dimensioniert ist, dass eine Mindestbevorratungszeit oder Sicherheitszeit (ts) gewährleistet wird. Die Bestellmenge kann so berechnet werden, dass der Materialaufwand inklusive der Bestellkosten, der Lagerkosten und der durch den mittleren Bestand bedingten Zinsaufwendungen in Relation zur Mengeneinheit zu minimieren ist. Die Errechnung der Wiederbeschaffungszeit (tw) ergibt sich aus der Summe der Vorbereitungszeit für die Bestellung (tu), der Lieferzeit bei Fremdbezug (tl) und der Zeit zum Prüfen und Einlagern.
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Abb. 5.14:
Verbrauchskennlinien und Wiederbeschaffungszeit (nach Mertens)
tw = tv + tl + tp tw tv tl tp
: : : :
211
(14)
Wiederbeschaffungszeit Vorbereitungszeit für die Bestellung Lieferzeit bei Fremdbezug Prüf- und Einlagerungszeit
Der Bestelltermin (TB) errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Zeitpunkt, wo voraussichtlich der Sicherheitsbestand zu nutzen wäre, falls kein Lagerzugang erfolgt (Tnetto) und der Wiederbeschaffungszeit (tw). TB = tnetto – tw TB Tnetto tw
: Wiederbeschaffungszeitpunkt : gewünschter Verfügbarkeitstermin : Wiederbeschaffungszeit
(15)
212
5 Produktion und Logistik
Durch diese Berechnungen lässt sich die Lagerbestandsmenge ermitteln, welche während der Wiederbeschaffungszeit voraussichtlich verbraucht werden wird (Mtw), und die ergibt sich aus der Multiplikation des Bedarfes pro Zeiteinheit (Mtg) – meist Tagesbedarf – mal der Wiederbeschaffungszeit plus dem Sicherheitsbestand. S = Mtg • tw + e Mtw Mtg tw e S
: : : : :
wobei
Mtw = Mtg • tw
(16)
Verbrauchsmenge bis zum Sicherheitsbestand während der Bestellzeit Bedarf pro Zeiteinheit Wiederbeschaffungszeit Sicherheitsbestand Bestellgrenze
Multipliziert man den Verbrauch pro Zeiteinheit (Mtg) mit der Mindestbevorratungszeit (ts), so erhält man den Sicherheitsbestand (e). e = Mtg • ts e Mtg ts
(17)
: Sicherheitsbestand : Bedarf pro Zeiteinheit : Sicherheitszeit
Bei diesem Modell gilt es prinzipiell, zwei Fragen zu klären, die sich nicht unmittelbar rechnerisch ergeben. Hierzu müssen neue Modelle herangezogen werden:
Wie groß soll die Sicherheitszeit gewählt werden und damit der Sicherheitsbestand ausfallen, und wie groß soll die Losgröße als optimale Bestellmenge definiert werden?
Beide Größen ergeben sich aus der spezifischen betrieblichen Planungssituation und können nicht eindeutig bestimmt werden. Es ist ratsam, sie immer wieder erneut infrage zu stellen, da sich der Parameterkranz für ihre Festlegung durch die stochastische Weltwirtschaftsentwicklung ständig verändert. Für ihre Erstbestimmung lassen sich theoretische Ansätze finden. Sie verhelfen zu Ausgangswerten, nicht aber zu sicheren Entscheidungen für die endgültige Festsetzung. Der Sicherheitsbestand kann als eine Funktion des Lieferbereitschaftsgrades gesehen werden. Hierzu analysiert man die Vergangenheit mit einem rückwärtigen Horizont, der so gewählt wird, wie in etwa gleichbleibende Voraussetzungen bestanden haben. Dann lässt sich der Lieferbereitschaftsgrad als die Perioden ohne Fehlmenge, geteilt durch die Gesamtperiodenzahl, multipliziert mit 100 darstellen.
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Lieferbereitschaftsgrad =
213
Periodenzahl ohne Fehlmenge Gesamtperiodenzahl
• 100
(18)
Es ist klar, dass die Periodenzahl ohne Fehlmengen dadurch zustande kommt, dass man den vorhergesagten Bedarf für die Perioden richtig gewählt hatte und so der Sicherheitsbestand zweckmäßig dimensioniert werden konnte. Bildet man die Standardabweichung aus der Differenz zwischen dem vorhergesagten und tatsächlichen Bedarf, so hat man ein Streuungsmaß für die durchschnittlich gebildete Reserve bzw. den Fehlbestand. Multipliziert man nun die Standardabweichung mit einem Sicherheitsfaktor, dann kann die Periodenzahl ohne Fehlmengen verringert werden, damit erhöhen sich jedoch die Lagerkosten. e = GM • f
1 n (M i M ip )² n i 1
GM =
e GM F Mi Mip n
wobei
: : : : : :
(19)
(20)
Sicherheitsbestand Standardabweichung der Ist-Soll-Differenz Sicherheitsfaktor Bedarf der Periode i Planbedarf der Periode i abgelaufene Perioden, die in der Statistik einbezogen werden, bei Normalverteilung f=1: Lieferbereitschaft von 84,13 %; f=2: Lieferbereitschaft von 97,72 %
Die optimale Bestellmenge führt zu einem Kostenminimum unter der Berücksichtigung der Lagerhaltung und der Bestellkosten. In einem vereinfachten Modell wird davon ausgegangen, dass sich die Bestellkosten mit größerer Bestellmenge degressiv verhalten und dass die Lagerhaltungskosten variabel sind, also mit ansteigender Bestellmenge sich linear erhöhen (vgl. Abb. 5.15). Die Gesamtkosten (K(X)) ergeben sich aus der Summe der Bestellkosten (Kr) und der Lagerhaltungskosten (K). K(x) = Kl + Kr K(ges) Kl Kr
: Gesamtkosten : Lagerhaltungskosten : Bestellkosten
(21)
214
5 Produktion und Logistik
Dabei ergeben sich die Bestellkosten (Kr) aus dem Produkt der Bestellhäufigkeit (Gesamtbedarf im Planungszeitraum geteilt durch die Bestellmenge) und der fixen Kosten pro Bestellvorgang (kr).
Kr =
Kr kr y x
y x : : : :
(22)
• kr
Bestellkosten fixe Kosten pro Bestellvorgang Gesamtbedarf im Planungszeitraum Bestellmenge
Die Lagerhaltungskosten (Kl) wiederum entsprechen der halben Bestellmenge (x) multipliziert mit den Lagerhaltungskosten pro Zeiteinheit (kl) und der Länge des Planungszeitraumes in Zeiteinheiten (T), da ja als Annahme der lineare Verbrauch vorausgesetzt wird.
Kl =
Kl kl x T
x 2 : : : :
(23)
• kl • T
Lagerhaltungskosten Kosten pro Lagerung und Zeiteinheit Bestellmenge Zeitspanne zwischen zwei Bestellungen
Fügt man nun die Formeln (22) und (23) in (21) ein, so hat man eine Funktion der Bestellmenge, deren erste Ableitung gleich null gesetzt den Tiefpunkt ergibt.
K(x) =
Kr + Kl =
y x
• kr +
x 2
• kl • T
Minimum K(x)' = 0 und aufgelöst nach x
x=
2k r y klT
(24)
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Abb. 5.15:
215
Modell der optimalen Bestellmenge
Diese von F. W. Harris 1915 in den USA und von K. Andler 1929 in Deutschland entwickelte Formel zieht sich durch die gesamte PPS-Literatur und ist in der Regel in den Standardsoftwaresystemen als Option enthalten (vgl. hierzu Olfert/Rahm 2011, S. 132). Sie gilt jedoch nur, wenn folgende Prämissen erfüllt sind (Kurbel 1995, S. 131):
„es treten keine Kapazitätsrestriktionen bezüglich der Lieferhäufigkeit (bei Fremdbezug) bzw. der Produktionsmöglichkeit (bei Eigenfertigung) und keine Lagerbeschränkungen auf. Der Bedarf ist für den gesamten Planungszeitraum mit Sicherheit bekannt. Er ist für alle Perioden gleich. Der Lagerabgang erfolgt in jeder Periode kontinuierlich mit der gleichen konstanten Geschwindigkeit. Die Einstandspreise bzw. die Herstellkosten pro Mengeneinheit werden als gegeben und unabhängig von der Menge vorausgesetzt. Bei Eigenfertigung wird unterstellt, dass die betreffende Produkt- oder Teileart keine Beziehungen zu Teilen auf anderen Fertigungsstufen aufweist bzw. diese werden vernachlässigt.“
B-Teile mit unregelmäßigem Verbrauch und C-Teile lassen sich in ihrem Bedarf häufig nur unzureichend mit mathematischen Verfahren prognostizieren. Der Sicherheitsbestand wird entweder durch das Bedarfsquantum beim Produktionseinsatz bestimmt oder aber von erfahrenen Mitarbeitern der Materialwirtschaft geschätzt. C-Teile von hohem Wert und kurzer Lieferzeit werden in der Praxis zumeist dann bestellt, wenn die Auftragslage es erfordert. Insgesamt ergibt der Einsatz von Material innerhalb der Produktion einen Regelkreis, der sowohl durch angrenzende Problemfelder bestimmt wird als auch durch eigene Strukturmomente geprägt ist. Ausgangspunkt ist dabei die Produktionsplanung, in der durch Marktanfragen oder aber durch Eigenerhebungen der Primärbedarf fixiert wird. Mithilfe der Stücklistenverwaltung und der Erzeugnisstruktur kann der entsprechende Sekundär- und Tertiärbe-
216
5 Produktion und Logistik
darf ermittelt werden. Zusammen mit den Lageranforderungen ergibt sich der Bruttobedarf, und durch die Bestände errechnet sich der Nettobedarf. Mit diesen Informationen kann die Einkaufsbestellung und die Auftragsvergabe erfolgen. Die Rückkopplung erfolgt durch die Reaktion von Einkauf aber insbesondere durch die Aktivitätsrückmeldung der Fertigung. Materialdisposition und Materialkonsum in der Fertigung und Montage erfordern eine ständige Anpassung der Nettobedarfsermittlung, sie bilden ein System, in dem der Einsatz von Material, Maschinen und Personen koordiniert werden muss.
5.1.2
Einsatz von Maschinen
Der Einsatz von Maschinen wird in seiner Zeitwirtschaft von der Fertigungssteuerung determiniert, die in mehreren Regelkreisen organisiert ist. Ritter (1986, S. 53 ff.) spricht von drei Ebenen der Fertigungssteuerung. Auf der obersten Ebene ermittelt man mit einem Planungshorizont von 12–18 Monaten über eine Verkaufsprognose die langfristige Kapazität und bildet somit die Entscheidungsgrundlage für Investitionen, die eine innovative Produktentwicklung erst ermöglichen. Ergebnis dieser Disposition ist der Produktionsplan, durch den der mittelfristige Verkaufslagerbestand beeinflusst ist, der bei der Ermittlung der Verkaufsprognose mit berücksichtigt wird. Entsprechend dem Produktionsplan wird nun mit einem Planungshorizont von sechs Monaten der Lager- und Bestellbestand ergänzt und somit die Grundlage für die Werkstattbelastung gelegt, die über die Kapazitätsanpassung und verlagerung wiederum auf den Produktionsplan einwirkt. Der dritte Regelkreis bildet die Auftragsdurchlaufsteuerung, welche umso reibungsloser funktioniert, je besser in den zeitlich vorgelagerten Stufen geplant wurde. Der Einsatz von Betriebsmitteln unterliegt somit einer hierarchischen Controllingstruktur, die sich an der Leistungserstellung orientiert mit dem Ziel, den instrumentalen Bedarf zu planen und den Einsatz zu steuern. Olfert/Rahn (2011, S. 143) benennen als Betriebsmittel neben den Immobilien wie Grundstücke und Gebäude einschließlich ihrer Büroausstattung und Computer
Ver- und Entsorgungsanlagen, z. B. Wasseraufbereitungsanlage, Altpapier-Container, Maschinelle Anlagen und Maschinen, z. B. Produktionsmaschinen, Bohrmaschinen, Werkzeuge und Vorrichtungen, z. B. Hammer, Feile, Säge, Zange, Spaten, Lagereinrichtungen, z. B. moderne Hochregallager zum Einlagern von Gegenständen, Mess- und Prüfmittel, z. B. eine Schieblehre, Mikrometerschraube oder Messuhr.
All die Investitionsobjekte mit längerer Verweildauer im Unternehmen verfügen über eine Klassifikations- und Identitätsnummer. Hierüber erfolgt ein informationsmäßiger Zugriff, um die Planungsvorgaben zu erstellen und deren Durchführung zu regeln. Dazu gehört zunächst die Definition des technischen Bedarfs und der Abgleich mit dem vorhandenen betrieblichen Potenzial. Alsdann werden die vorhandenen zeitlichen Ressourcen disponiert. Entsprechend der Ablaufarten werden die Aktivitäten, bezogen auf die Aufgaben, auf die damit verbundenen Menschen und Betriebsmittel dimensioniert. Wir verwenden also die in Abbildung 5.7 erläuterten Begrifflichkeiten und beziehen sie auf die jeweiligen Zeitarten. Für jedes Objekt im Unternehmen aus der Klasse der Betriebsmittel ergibt sich somit eine Spezifikation der
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
217
Hauptnutzungszeit (th), der Nebennutzungszeit (tn) und der Brachzeit (tb), also der ablaufund erholungsbedingten Unterbrechungen. In der Summe erhält man die Betriebsmittelgrundzeit (tgB). Die Betriebsmittelverteilzeit (tvB) wird über den Verteilzeitprozentsatz (Zv) fixiert und entweder empirisch ermittelt oder aber als Mitarbeiterkonsens ausgehandelt. Multipliziert man die Differenz von Grundzeit und erholungsbedingter Unterbrechung je Einheit mit dem Faktor Verteilzeitprozentsatz durch 100, so erhält man die Betriebsmittelverteilzeit, die mit der Grundzeit zusammen die Betriebsmittelzeit je Einheit (teB) ergibt. Diese ist nur noch mit der Auftragsmenge zu multiplizieren, um zur Ausführungszeit (taB) zu gelangen. Die Belegungszeit (TrB) ist gleich der Summe von Ausführungszeit und Rüstzeit (TVB) (vgl. Hornung 1996, S. 12–102; siehe Abb. 5.16).
Abb. 5.16:
Zeitarten bezogen auf das Betriebsmittel (nach Hornung)
Die Aufgaben der Fertigungssteuerung umfassen die Fertigungsveranlassung, Fertigungsüberwachung und die Fertigungssicherung. Die Fertigungsveranlassung beinhaltet die Terminplanung mit ihren Aktivitäten der Durchlaufterminierung, der Kapazitätsanpassung, des Belastungsausgleiches und der Feinplanung. Die Belegzeiten der einzelnen Betriebsmittel gehen hierbei als Grunddaten ein. Nachdem Produktionsprogramm, Stücklisten und Bestände zur Disposition von Beschaf-
218
5 Produktion und Logistik
fungs- und Fertigungsaufträgen geführt haben, kann, aufgrund der Arbeitspläne, der Übersicht über die Kapazitäteneinheiten samt ihrer Restbelastung und der Übergangszeitmatrix mit den dazugehörigen Durchlauftabellen, die Steuerung vorgenommen werden. Hierzu ist es notwendig, eine Maschinenbelegungsliste, also einen anlagenbezogenen Terminplan, zu erstellen und eine Auftragsübersicht, also einen komplementären auftragsbezogenen Terminplan zu generieren.
Abb. 5.17:
Durchlaufterminierung eines Eigenfertigungsteils (nach Wiendahl)
Mithilfe des Arbeitsplanes werden die Reihenfolge der einzelnen Arbeitsgänge und die dazugehörenden Rüst- und Ausführungszeiten bestimmt. Die Übergangsmatrix definiert die Übergangszeit zwischen den Anlagen, die je nach Ort und Losgröße sowie Transport- und Förderungssystem sehr unterschiedlich ausfallen kann. Es ergibt sich so die Arbeitsgangsdurchlaufzeit. In der Zeitwirtschaft wird die Zusammensetzung der geschätzten Fertigungs-
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
219
durchlaufzeit ermittelt und der Bearbeitungsbeginn sowie das Bearbeitungsende eines jeden Arbeitsganges chronologisch geplant. Die Darstellung der Arbeitsgänge als Netz erfordert eine Vorwärts- und Rückwärtsterminierung (siehe hierzu Wiendahl 2010, S. 319; vgl. Abb. 5.17). Durch die vernetzte Terminierung der einzelnen Arbeitsgänge ergibt sich die Kapazitätsauslastung der spezifischen Anlagen. Es ist bei dem Verfahren selbstverständlich, dass im einzelnen Unter- bzw. Überlasten auftreten, die mit Maßnahmen der Kapazitätenanpassungen reguliert werden müssen, um so zu realistischeren Arbeitsvorgaben zu gelangen. Eversheim (1990, S. 66; siehe Abb. 5.18) schreibt dazu: „Ausgangssituation ist ein Belastungsprofil, das sich nach dem ersten Einlasten aller Aufträge ergibt. Welche Maßnahmen im Rahmen des Abgleiches ausgeführt werden, hängt von internen und externen Einflussgrößen ab, wie z. B. Dauer der Über- bzw. Unterbelastung, Höhe der Konventionalstrafe bei Nichteinhaltung des Liefertermins, Lage auf dem Arbeitsmarkt oder die wirtschaftliche Situation.“ interne/externe Ausweichungskapazität
Überstunden/ Kurzarbeit
zusätzliche Schicht
K1
Investition
2·K K
K K
K
K2
? interne Einflussgrößen l Wirksamkeit l Dauer l interne Priorität
K
externe Einflussgrößen
+ -
l externe Priorität l Konventionalstrafe l Arbeitsmarkt l wirtsch. Situation
Auswahl und Durchführung von Massnahmen zur Kapazitätsanpassung
Abb. 5.18:
Maßnahmen zur Kapazitätsanpassung (nach Eversheim)
Für die Durchführung eines Kapazitätsabgleiches gibt es zwei grundsätzliche Lösungsansätze:
Anpassung des Kapazitätsbedarfes an das Kapazitätsangebot und Anpassung des Kapazitätsangebotes an den Kapazitätsbedarf.
Zur ersten Kategorie zählt die Änderung der Auftragsdaten, die auf eine terminliche Verschiebung einzelner Vorgänge abzielt. Hierbei erstreckt sich die Bearbeitungszeit über ein-
220
5 Produktion und Logistik
zelne Vorgänge. Damit der Liefertermin des Auftrages jedoch nicht gefährdet ist, muss sich die Verlängerung der Durchlaufzeit (DLZ) innerhalb des ermittelten Puffers befinden. Der Puffer ergibt sich aus der Vorwärts- und Rückwärtsterminierung und stellt den Zeitraum dar, in dem der Endtermin verschoben werden kann, ohne dass der Anfangstermin beeinflusst wird. Weiterhin ist die Verlagerung einzelner Tätigkeiten auf interne oder externe Ausweichkapazitäten zu nennen. Unter interner Verlagerung wird die Belastung einer anderen Kapazitäteneinheit im Unternehmen verstanden. So ist z. B. bei einer objektbezogenen Kapazitätsgliederung die Möglichkeit gegeben, dass Mitarbeiter gleicher Qualifikation, die verschiedenen Projekten zugeordnet sind, die anstehenden Aufgaben lösen, wenn deren Belastung unterhalb der 100 %-Linie liegt. Eine Fremdvergabe von Tätigkeiten in andere Unternehmen wird als externe Verlagerung bezeichnet. Die drei weiteren in Abbildung 5.18 gezeigten Abgleichmaßnahmen sind der zweiten Kategorie zuzuordnen. Bei diesen Maßnahmen wird jeweils die Kapazitätsgrenze verändert, um kurzfristige oder im Falle von Investitionen auch längerfristige Kapazitätsengpässe abzubauen. Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehören sowohl die Veränderung der verfügbaren Kapazität mithilfe von Überstunden oder zusätzlichen Schichten (positiv) als auch durch Kurzarbeit (negativ).
Abb. 5.19:
Übersicht über Verfahren der Fertigungssteuerung (nach Wiendahl)
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
Abb. 5.20:
Trichtermodell eines Arbeitssystems (nach Kettner/Bechte)
221
222
5 Produktion und Logistik
Nachdem die Arbeitsgänge in ihrer endgültigen Reihenfolge und in ihren jeweiligen Bearbeitungsmodalitäten fixiert sind und so aus der Planung des Primärbedarfs und der Bedarfsplanung die Auftragsfreigabe erfolgen kann, beginnt die Fertigungsüberwachung und -sicherung. Bei der Organisation der physischen Fertigung kann sehr unterschiedlich verfahren werden, das ist abhängig von der Anzahl der Varianten und der entsprechenden Streuung der Durchlaufzeiten sowie von dem Organisationsprinzip der Fertigung. Wiendahl (2010, S. 330; vgl. Abb. 5.19) hat sich im letzten Jahrzehnt im Institut für Fabrikanlagen (IFA) der Universität Hannover schwerpunktmäßig mit den Problemen der Fertigungssteuerung auseinandergesetzt und insbesondere das Prinzip der belastungsorientierten Fertigungssteuerung erforscht und weiterentwickelt. Er unterteilt die wichtigsten Verfahren der Fertigungssteuerung in
transportorientierte Netzplansteuerung (Manufacturing Resource Planning, MRP), Trichtermodell (belastungsorientierte Auftragsfreigabe, BOA), KANBAN (Warenhausprinzip), Steuerung mit Fortschrittszahlen (FZS) und Produktionsleitsysteme und Prozesssteuerung.
Die ersten drei Verfahren eignen sich für die Einzel- sowie die Serienfertigung und können auch in Produktionen eingesetzt werden, die nach dem Werkstattprinzip organisiert sind, die letzten beiden Verfahren eignen sich eher für die Serien- und Massenfertigung, die im Linienprinzip strukturiert sind. Die belastungsorientierte Auftragsfreigabe ist in der Durchsetzung ein stochastisches Verfahren. Jede Anlage wird mit einem mittleren Bestand belastet, der – so haben empirische Untersuchungen ergeben – nicht höher als 200 % der mittleren Leistung sein darf. Die mittlere Leistung ergibt sich aus den Koeffizienten der durchschnittlichen Belastung und der mittleren Durchlaufzeit (Kettner/Bechte 1981; vgl. Abb. 5.20). Die belastungsorientierte Fertigungssteuerung erfasst einen eingegrenzten Bezugsraum, der über die Zeit konstant bleibt. Mit jedem verflossenen Betriebskalendertag wird ein neuer Tag in den Betrachtungszeitraum mit aufgenommen. Es handelt sich um eine rollende Planung, bei der nur dann ein Auftrag in die Produktion übergeben wird, wenn der Bestand an Aufträgen vor jeder Anlage nicht über einen anlagespezifischen Wert geht. Dabei wird natürlich der Auftragsdurchlauf in seiner Fertigungsstruktur gesehen, sodass ein Trichtermodell entsteht. Das KANBAN-Prinzip wurde von der Firma Toyota entwickelt. Es strebt in der Serienfertigung niedrige Werkstattbestände, kurze Durchlaufzeiten und hohe Termineinhaltung an: Dabei wird der Steuerungsaufwand gering gehalten. „Die KANBAN-Steuerung ist ein verbrauchsgesteuerter Ansatz der Fertigungssteuerung mit Zwangssteuerungscharakter. Das Grundprinzip ist denkbar einfach: Der gesamte Materialfluss wird wie in einem Supermarkt organisiert. In den Regalen steht ein bestimmter Vorrat an Produkten. Der Verbraucher entnimmt die Produkte in der Menge, in der er sie benötigt. Die entstandene Lücke wird so schnell wie wirtschaftlich möglich – also z. B. nach Unterschreiten eines Melde- oder Si-
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
223
cherheitsbestandes – wieder aufgefüllt. Der große Vorteil des KANBAN-Prinzips liegt darin, dass es mit geringem Streuungsaufwand auskommt und sehr einfache Regelmechanismen aufbaut. [...]
Abb. 5.21:
Funktionsweise eines KANBAN-Regelkreises (nach Wiendahl)
Sobald der Vorrat eines Teiles beim Verbraucher einen zuvor definierten Sicherheitsbestand unterschritten hat, fordert er bei dem Erzeuger des Teiles eine Nachproduktion an. Dazu wird die so genannte KANBAN-Karte eingesetzt, die dem System seinen Namen gegeben hat. (KANBAN: japan.: Karte, Schild). Diese wird vom Verbraucher des betreffenden Teiles der erzeugenden Stelle des Teiles zugeleitet und stellt die Aufforderung dar, eine bestimmte, zuvor festgelegte Menge des Teiles nachzuproduzieren“ (Wiendahl 2010, S. 340 ff.; vgl. Abb. 5.21). Das ursprünglich aus der Automobilindustrie stammende Fortschrittszahlenkonzept hat sich in der Großserienfertigung bewährt. Der Grundgedanke ergibt sich aus der Aufteilung der Fertigung in Kontrollblöcke, wie bspw. Teilefertigung, Zwischenlager und Montage. An jedem dieser Kontrollblöcke zählt man die im Laufe der Zeit abgehenden Teile mithilfe der sogenannten Fortschrittszahl. Der jeweilige Output (Teil, Baugruppe oder Erzeugnis) wird in Stück erfasst, da die Fertigungszeit pro Einheit in der Regel konstant ist. Die Teile haben eine mittlere Durchlaufzeit durch jeden Block, die sogenannte Blockverschiebezeit. Da der Ausgang des Vorgängerblocks den Eingang für den jeweiligen Folgeblock bildet, lässt sich in
224
5 Produktion und Logistik
einem Diagramm eine Schar vor Fortschrittszahlen aufzeichnen, die den gesamten Prozess abbilden. Durch eine entsprechende Kapazitätsabmessung ist sicherzustellen, dass Blockverschiebezeiten und Leistungen auch realistisch sind (ebenda S. 338 f.; vgl. Abb. 5.22). Das älteste Verfahren zur Auftrags- und Arbeitsverteilung sowie zur Rückmeldekontrolle ist das Steuerungssystem mithilfe eines Leitstandes.
FZ 5
FZ 3
FZ 4 Materiallager
Pufferzeit Materiallager
FZ 2 Teilelager
Kontrollblock Teilefertigung
Durchlaufzeit (Vorlauf) Teilefertigung
Pufferzeit Teilelager
FZ 0
FZ 1 Kontrollblock Montage
Durchlaufzeit (Vorlauf) Montage
Produktlager
Pufferzeit Produktlager
a) Produktionsstruktur Fortschrittszahl (Stück)
FZ 5 :Wareneingang FZ 5 :(ML = Materiallager) FZ 4 :Fertigungsbeginn FZ 4 :(TF = Teilefertigung)
FZ 3 :Fertigungsende FZ 3 :(TL = Teilelager) FZ 2 :Montagebeginn FZ 1 FZ 1 FZ 1 FZ 0
b) Fortschrittszahlendiagramm Abb. 5.22:
:Fertigstellung :Montage :(PL = Produktlager) :Versand
Zeit
Produktionsstruktur und zugehöriges Fortschrittszahlendiagramm (nach Wiendahl)
In der Praxis werden sowohl zentrale als auch dezentrale Arbeitsverteilungen unterschieden. Im ersten Fall werden die Fertigungsfeinplanungen, die Belegungslisten für die einzelnen
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
225
Kapazitätsgruppen und die Auftragsverfolgung durch einen zentralen Leitstand organisiert. Bei der dezentralen Arbeitsverteilung haben die Werkstattmeister und die nachgeordneten Stellen eigene Organisationsmittel, wie Auftragsdatei, Belegliste usw.; die Fertigungssteuerung gibt lediglich die Aufträge mit ihren Eckterminen vor und koordiniert den Auftragsdurchlauf über mehrere selbstständige Meisterbereiche. Im Leitstand ist die Feinterminplanung, Steuerung und Überwachung der Aufträge zentralisiert. Es erfolgt die Arbeitsverteilung an nachgeordnete Stellen, die in jeder Werkstatt eingerichtet sind und die die zu verrichtenden Arbeitsgänge an die jeweiligen Arbeitsplätze weiterleiten. Die Arbeitsüberwachung und die Rückmeldung der erfolgten Arbeitsleistung wird vom Werkstattmeister wahrgenommen, der somit den Regelkreis schließt.
5.1.3
Einsatz von Personen
Der Einsatz von Personen innerhalb der Planung und Steuerung der Produktion muss selbstverständlich mit der Material- und Betriebsmittelverwendung synchronisiert werden. Die Vorgabezeiten zur Erfüllung von spezifischen Arbeitsgängen werden dementsprechend gleichzeitig personen- wie auch betriebsmittelbezogen errechnet. In beiden Fällen geht man von einer Grundzeit zur Verrichtung der planmäßigen Arbeitsausführung und von einer Verteilzeit für die Berücksichtigung von unregelmäßigen Zeiten aus. Die Verteilzeit wird zumeist über Zuschläge auf die Grundzeit ermittelt. Die personenbezogene Auftragszeit enthält – im Gegensatz zu der betriebsmittelbezogenen Belegungszeit – noch die Erholungszeit als dritte Komponente, die ebenfalls in Relation zur Grundzeit berechnet wird und den menschlichen Beanspruchungsgrad der jeweiligen Tätigkeit mit berücksichtigt. Der Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e. V. REFA gliedert die Zeitarten des Menschen in Bezug auf allgemeine Ablaufarten und in Bezug auf den Auftrag. Die personelle Einsatzzeit ist bestimmt durch die zu verrichtende Tätigkeit (siehe dazu Hornung 1996, S. 13–100; vgl. Abb. 5.23). Das Berechnungsprinzip der Auftragszeit (T) ergibt sich für den durchführenden Mitarbeiter entsprechend der Betriebsmittelzeitarten aus der Summe der Ausführungszeit und der Rüstzeit; die Ausführungszeit (ta) ist wiederum das Produkt aus der Auftragsmenge und der Zeit je Einheit (te), und diese ergibt sich aus der Summe von Grundzeit (tg) (gleich Tätigkeits- (tt) plus Wartezeit (tw)), Verteilzeit (tv) und Erholungszeit (ter). Bezieht man nun diese Angaben auf die durchzuführende Aufgabe, so erhält man die Durchlaufzeit (tD) durch die Summe von Durchführungszeit (tds), Zwischenzeiten (tzw) und Zusatzzeit (tzus). Der erste Summand ist gleich der Haupt- (ths) plus der Nebendurchführungszeit (tns), der zweite ergibt sich aus der Transportzeit (tSAT) und der ablaufbedingten Liegezeit (tSAA). Die Zusatzzeit wird durch zusätzliche Durchführungen (tsz) und störungsbedingtes Unterbrechen (tss) bestimmt (ebenda S. 13–103; vgl. Abb. 5.24). Zur Fertigungssteuerung müssen die einzelnen Vorgänge veranlasst und der Einhalt ihrer ordnungsgemäßen Durchführung kontrolliert werden. Hierzu ist es notwendig, den Informationsfluss zu gestalten und durch entsprechende Belege zu dokumentieren. Ausgangspunkt hierfür ist der Arbeitsplan mit seinen sach- und arbeitsvorgangsabhängigen Angaben. Die Präzisierung der Ablaufschritte determiniert das Tätigkeitsgerüst des einzelnen Mitarbeiters in der Fertigung und Montage. Die Interdependenz der verschiedenartigen Abläufe im Unternehmen ergibt sich aus der Gestaltung des Ablaufprinzips. Die Ablaufprinzipien sind
226
5 Produktion und Logistik
vorrangig gekennzeichnet durch die Art und Weise der Aufteilung des ganzheitlichen Arbeitsablaufs auf ein Arbeitssystem oder mehrere Arbeitssysteme.
Abb. 5.23:
Zeitarten bezogen auf den Menschen (nach Hornung)
Abb. 5.24:
Zeitarten bezogen auf die Aufgabe (nach Hornung)
5.1 Ressourcenplanung und -einsatz
227
Bei der organisatorischen Anordnung der Arbeitssysteme ist zu unterscheiden zwischen dem Funktionsprinzip und dem Objektprinzip. Im ersten Fall werden gleichartige Funktionen räumlich in einer Werkstatt zusammengefasst. Orientiert sich die Anordnung der Arbeitssysteme an dem zu erstellenden Erzeugnis, so spricht man von Objektprinzip. Hierbei ist der Materialfluss relevant. Hat man keine zeitliche Bindung, so ist eine Reihenproduktion möglich. Mit zeitlicher Bindung und gekoppeltem Materialfluss ist eine Transferstraße zu organisieren, ein nicht gekoppelter Materialfluss erlaubt eine Fließproduktionslinie. Bei der Zentrenproduktion können beliebige Materialflüsse vorkommen. Hier unterscheidet man zwischen den automatisierten flexiblen Fertigungssystemen und den nicht vollständig automatisierten Produktionsinseln (vgl. Günther/Tempelmeier 2009, S. 13 ff.; siehe Abb. 5.25). Neben der Form und der Kontinuität des Materialflusses ist auch die Ortsbindung der Produktionsstruktur entscheidend. Bei örtlich gebundenen Baustellenproduktionen wird der gesamte Produktionsprozess an einem fixierten Ort durchgeführt.
Abb. 5.25:
Organisation der Produktion (nach Günther/Tempelmeier)
An den Gestaltungsmöglichkeiten der Organisationsstruktur und der entsprechenden Anordnung der Betriebsmittel wird deutlich, wie eng die Veränderung solcher Makrostrukturen mit der Entwicklung neuer Produkte in Verbindung steht. Innovative Erzeugnisse erfordern neue Arbeitsabläufe, die häufig mit der Umbildung der betrieblichen Ablaufprinzipien einhergehen. Hierdurch werden mittelfristige Planungen in Gang gesetzt, wie die Rekrutierung oder Ausbildung von Personal mit veränderten Qualifikationsprofilen, die Verschiebung der innerbetrieblichen Verantwortlichkeiten und die Investition in neue Betriebsmittel. Der Ablauf der Produktentwicklung ist geprägt von der Erzeugnisgliederung und der Produktstruktur, die die Arbeitsvorbereitung und damit die Planung und Steuerung der Produkti-
228
5 Produktion und Logistik
on beeinflusst. Der Einsatz von Material, Personen und Maschinen orientiert sich an dem Erzeugnisbedarf und an dem betrieblichen Anlagebestand sowie den Veränderungen, welche mittels Investitionen herbeigeführt werden. Es zeigt sich in der Planung von neuen Produkten, dass die verschiedenen Phasen, von der Definition der Produktstruktur bis hin zur investiven Gestaltung der Fertigung und Montage, ein planerisches Gesamtsystem bilden, dessen Elemente eine dichte Beziehungsstruktur aufweisen. Die Produktentwicklung benötigt daher computerisierte Planungsverfahren, die sich miteinander verkoppeln lassen und dennoch in ihrer Anwendung überschaubar bleiben.
5.2
Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
Ziel einer integrierten und rechnergestützten Produktentwicklung ist es, einen Verfahrensverbund zu schaffen, in dem die Informationen der Konstruktion von der Geometrie- und Stücklistenerstellung über die Generierung der auftragsbezogenen Unterlagen bis hin zur Produktionsplanung und -steuerung widerspruchs- und redundanzfrei verarbeitet werden. Hierzu müssen zunächst die Ergebnisse der Konstruktion durch Berechnungen optimiert werden, um – ergänzt durch Betriebsangaben einer Datenbank – in der Arbeitsvorbereitung zur Erstellung der Arbeitsunterlagen weiter verwendet werden zu können. Als Unterlagen werden alsdann die technischen Zeichnungen, die Stücklisten, NC-Steuerinformationen, Arbeitspläne und Kalkulationen produziert (vgl. Abb. 5.26).
Abb. 5.26:
Erzeugnisunterlagen und DV-Systeme
Jede Erstellung einer auftrags- oder produktbezogenen Unterlage leistet eine Kombination von Daten, die teils aus einem ständig gewarteten Bestand entnommen werden, teils als unterlagenspezifische Neueingaben zu definieren sind. Es ist daher verständlich, dass computerunterstützte Verfahren in Systeme zusammengefasst werden, die einen Funktionsumfang
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
229
aufweisen, der einerseits überschaubar bleibt und andererseits nach Inhalt sowie Output zusammengehörende Datenbestände verwaltet. Aus dem anfänglich übersichtlichen Einzelsystem hat sich eine hochkomplexe CAxLandschaft (vgl. Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 11 ff.) entwickelt, welche unternehmensspezifisch laufend den Soft- und Hardwareinnovationen angepasst werden muss. Eine idealtypische Übersicht gibt die Darstellung 5.27 mit der korrespondierenden Tabelle 5.1. Entlang der Wertschöpfungskette können zwei Gruppen unterschieden werden:
die Systeme des Product Data Management (PDM), welche die unternehmerischen Tätigkeitsfelder der Forschung, des Marketing, der Produktentwicklung, der Konstruktion bis hin zur Prozessplanung mit dem Computer Aided Design als zentrales Quellsystem unterstützen und die ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning), welche die Handlungsfelder der Fertigungssteuerung, der Fertigung, des Versandes, der Nutzung und des Recyclings unterstützen mit den wichtigsten Integratoren CAM (Computer Aided Manufacturing) sowie Produktionsplanung und -steuerung (PPS).
Alle diese Systeme haben einerseits die Tendenz zur Verselbstständigung, da sie in ihrer Entwicklung eine Erweiterung ihrer Funktionalität und somit des Programmumfangs anstreben. Andererseits wird ihre Interdependenz immer größer, und daher ist eine unternehmensspezifische Homogenität anzustreben. Insbesondere, da es sich bei der CAx-Landschaft um Informationssysteme handelt, die planen, die Umsetzung verfolgen und Kontrollinformationen liefern. Es sind also spezialisierte technische Controllingsysteme.
Abb. 5.27:
Aktuelle „CAx-Landschaft“. Der senkrechte Strich zwischen Prozessplanung und Prozesssteuerung bezeichnet den Zeitpunkt der Fertigungsfreigabe. (nach Vaijna/Weber/Bley/Zeman)
230
5 Produktion und Logistik
Erläuterung von Abkürzungen im CAx-Umfeld CAD
Computer- Aided Design, rechnerunterstütztes Konstruieren, weitere, heute weniger geläufige Bedeutung: Computer- Aided Draughting/Drafting, rechnerunterstütztes Zeichnen
CAE
Computer- Aided Engineering, hier im Sinne von Berechnen/Simulieren verwendet Die wichtigsten Systemklassen sind: - FEM/FEA: Finite-Elemente-Methode/-Analyse - CFD: Computational Fluid Dynamics (rechnergestützte Strömungssimulation) - Werkzeuge für die dynamische Simulation Hinzu kommt eine Vielzahl spezieller, zumeist auf konventionellen Verfahren basierender Berechnungsprogramme, teilweise für Standardanwendungen (z. B. Nachweisrechnungen für Maschinenelemente), teilweise für branchen- oder sogar firmenspezifische Fragestellungen. Eine weitere Bedeutung ist Computer- Aided Electronics, die die Anwendung der Rechnerunterstützung bei der Auslegung und Konstruktion elektronischer Bauteile beschreibt
CAID
Computer- Aided Industrial Design, Systeme zur rechnerunterstützten Formgebung im Sinne des Technischen Designs bzw. des Stylings
CAO
Computer- Aided Optimisation, rechnerunterstütztes Optimieren Eine weitere Bedeutung ist Computer- Aided Office zur Beschreibung von rechnerunterstützten Systemen im Büro.
CAT
Computer- Aided Tolerancing, rechnerunterstützte Toleranzvergabe und –analyse Eine weitere Bedeutung ist Computer- Aided Testing.
DMU
Digital Mock-Up, Aufbau von digitalen Prototypen im Computer
VR
Virtual Reality, Basistechnologie für DMU
KBE
Knowledge-Based Engineering, Einsatz von Systemen zur Wissensverarbeitung in der Produktentwicklung
RP,RT,RPT
Rapid Prototyping/Tooling, Erstellung von Prototypen bzw. Prototypenwerkzeugen direkt aus dem Computer (meistens mittels generativer Fertigungsverfahren)
CAPP
Computer- Aided Process Planning, rechnerunterstützte Prozessplanung (für Fertigungs-, Montage-, Prüfprozesse)
NC
NC-Programmierung (von Fertigungs-, Montage-, Prüfmaschinen)
MES
Manufacturing Execution System, rechnerunterstützte Durchführung von Fertigungs-, Montage- und Prüfprozessen
CAM
Computer- Aided Manufacturing, rechnerunterstützte Planung und Durchführung von Fertigungs-, Montage- und Prüfprozessen (Zusammenfassung CAM, NC, MES)
CAQ
Computer- Aided Quality Assurance, rechnerunterstützte Qualitätssicherung
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
231
PPS
Produktionsplanung und –steuerung
BDE
Betriebsdatenerfassung
ERP
Enterprise Resource Planning, Planung aller Betriebsmittel eines Unternehmens
PDM
Product Data Management, Management der Produktdaten in der Produktentstehung (analog zu ERP in der Produktion)
PLM
Product Lifecycle Management, konsequente Vorausplanung aller Produktlebensphasen mit Erfassung und Auswertung der dabei anfallenden Daten. PLM ist kein System, sondern ein Konzept zum umfassenden Produkt- und Prozessmanagement über das gesamte Produktleben, das dadurch andere Vorgehensweisen in der Produktentstehung und den Einsatz vieler Systeme erfordert.
Tab. 5.1: Erläuterung von Abkürzungen im CAx-Umfeld
„Heute bieten aktuelle CAx-Systeme eine Vielzahl von neuartigen und erweiterten Methoden, Verfahren und Werkzeugen an, für die es keine Entsprechung mehr im methodischen Konstruieren oder im Technischen Zeichnen gibt (bspw. räumliches Modellieren, Parametrik, Featuretechnik und virtuelle Realität). Aus diesen resultieren sehr umfangreiche und leistungsfähige Modelle der Rechnerunterstützung. Dadurch ergeben sich signifikant erweiterte Möglichkeiten zur Produktmodellierung, die damit auch zu neuen Formen methodischer Vorgehensmodelle in der Produktentwicklung führen (siehe dazu auch Kapitel 2). Die Nutzen einer CAx-Anwendung resultieren hierbei primär aus der Tatsache, dass der Anwender durch die ganzheitliche Rechnerunterstützung und durch die Verlagerung von komplexen Routineaufgaben auf das CAx-System mehr Zeit und Möglichkeiten für sein kreatives Arbeiten zur Verfügung hat“ (Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 13). Wie schon in Kapitel 2 verdeutlicht (vgl. Abb. 2.24), kommt es bei der Gestaltung der einzelnen Systeme sowie der Interdependenzstruktur darauf an, immer jeweils die Information herauszufiltern, die vom weiterverarbeitenden System tatsächlich benötigt wird. Wenn in Abbildungen dennoch das Symbol einer generellen Datenbank verwendet wird, so ist das nur die Abstraktion der Archivierungsfunktion. Die Struktur der realen Speicherung unterliegt dem ständigen systemspezifischen Wandel und ist den sich fortlaufend ändernden Betriebsverhältnissen anzupassen. Um die Problematik der ökonomischen und kontrollierbaren Systemkopplung zu verdeutlichen, wird hier exemplarisch das Verbindungsmoment von CAD und CAP herausgegriffen. Das zentrale Datenmodell des CAD-Systems beschreibt das Produkt durch seine Geometrie und durch seine Struktur aus Einzelteilen, Baugruppen, Makro- sowie Komplexelementen und technischen Elementen. In dem CAP-System steht der Arbeitsplan im Mittelpunkt mit seiner Gliederung in Arbeitsvorgänge, wo Menschen, Maschinen und Werkzeuge zur Leistungserstellung zum Einsatz gebracht werden. Einzelteile, Komplexelemente und technische Elemente bilden die Schnittmenge der beiden Bereiche, also die Verkettungsobjekte, die bei einer Änderungs- oder Variantenkonstruktion die betroffenen Arbeitsplandaten und umge-
232
5 Produktion und Logistik
kehrt bei einer Änderung im Arbeitsplan die betroffenen Konstruktionselemente identifizieren können. Auf der Ebene der datentechnischen Verarbeitung kann es dann so aussehen, dass eine Parametereingabe am Terminal erfolgt und ein CAD-Variantenprogramm unter der Berücksichtigung von Konstruktionslogik, Standardisierung, Werkzeugbestand und Fertigungseinrichtung die Geometrie als technische Zeichnung ausgibt. Aus dieser Information wird lediglich die Sachmerkmalsliste herausgezogen und für das Folgesystem umcodiert, die im Arbeitsplangenerierungsprogramm vonnöten ist. Jedes System speichert, dokumentiert und wartet eigenständig seinen Informationsbestand. Durch die Kommunikation der Systeme ergeben sich die inhaltlichen und die technischen Schnittstellenprobleme. Die Analyse der Kommunikationsinhalte verdeutlicht die Anpassungsmomente, welche jeweils von den Systemen erbracht werden müssen, um dem Wandel gerecht zu werden, der durch innovative Produktentwicklung in Gang gesetzt wird.
5.2.1
Computer Aided Planning (CAP)
Ein computerunterstütztes System zur Arbeitsplanung umfasst umfangreiche Funktionselemente. Es sind
die Methoden der Verfahrensentwicklung und der Arbeitsgestaltung zu planen, die technischen Investitionen von Maschinen und Vorrichtungen zu definieren, die zu verwendenden Materialien festzulegen, die Fertigungsmittel zu überwachen sowie instand zu halten, die Arbeit in Ablauf und Zeit zu planen sowie zu bewerten und die Kosten von Material und Arbeit als Entscheidungsgrundlage zu berechnen.
Abb. 5.28:
Datenfluss zwischen PPS-System und CAP-System und der Verwaltung der arbeitsrelevanten Daten (nach Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff)
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
233
Aufgrund der Vielfalt und Komplexität der Planungsaufgaben sowie der unterschiedlichen Anforderungen der Planungsgüte und -tiefe kann ein CAP-System nur modular aufgebaut sein; der Funktionsumfang betrieblicher Arbeitsplanung ist häufig so groß, dass keine integrierten Systeme, sondern getrennt voneinander operierende Insellösungen bevorzugt werden. Dabei werden häufig bestimmte Datenbestände miteinander verknüpft. So teilen sich PPS- und CAP-Systeme dieselben Aufgaben für den Werkzeug-, den Material- und den Bewegungskatalog (siehe hierzu Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff l996, S. 7–87; vgl. Abb. 5.28). Die Arbeitsplanung bezieht sich stets auf die produktionstechnische Vorbereitung für die Herstellung der Betriebserzeugnisse beziehungsweise deren Baugruppen oder Einzelteile. Die Basis eines CAP-Systems wird daher durch die Definition des konstruktiven Produktmodells bestimmt. Pahl unterteilt das Produktmodell in drei Teilmodelle:
das geometrische Partialmodell, das baustrukturorientierte Partialmodell und das technische Partialmodell,
wobei das letztgenannte Teilmodell aus Elementen des trennscharfen geometrischen und baustrukturorientierten Partialmodells gebildet wird. Es ergibt sich eine Hierarchie von Erzeugnis, Baugruppe und Teil mit den entsprechenden Stammsatzdaten. Das Teil wiederum wird in Komplexkörper und Körper dekomponiert, um so als Formelement in die Geometriestruktur eines flächenorientierten Volumenmodells überführt werden zu können (vgl. Abb. 5.29; siehe Pahl 1990, S. 229). Für die Erstellung eines Arbeitsplans ist es notwendig, mehrere Datenbestände zu pflegen.
Die Bestimmung des Ausgangsteils bei der Fertigung eines Bauteils kann nur erbracht werden, wenn ein Materialkatalog zur Verfügung steht, dessen Angaben mit denen der Lieferantendateien ständig abgeglichen werden und der alle Berechnungshilfen enthält. Für die Arbeitsvorgangsfolgeermittlung ist eine Datei mit dem Arbeitsvorgangskatalog und eine Datei mit Standardarbeitsvorgangsfolgen zu speichern, um bei der Fertigung von ähnlichen Werkstücken auf vergleichbare Arbeitspläne zurückgreifen zu können. Die Maschinenauswahl erfordert eine modellartige Erfassung des betrieblichen Anlagebestandes mit Angaben über Arbeitsraumabmessung, Drehzahl, Genauigkeit usw., sowie Ausweichmaschine, Kostenstelle und Art der Entlohnungsgruppe im Belegungseinheitenkatalog. Die Zuordnung der Fertigungshilfsmittel erfordert eine Dateipflege mit der Angabe von Art und Kenndaten für alle im Betrieb verwendeten Werkzeuge, Vorrichtungen und Messmittel im Werkzeugkatalog. Zur Bestimmung der Vorgabezeiten sind nicht nur die aktuellen Rüst- und Ausführzeiten über eine Datenbank verfügbar zu machen, sondern auch die gültigen Übergangstabellen im Teilearbeitsvorgangskatalog und der Richtwerttabelle (siehe hierzu Abb. 5.28).
234
Abb. 5.29:
5 Produktion und Logistik
Hierarchie aller Baustrukturelemente im Zusammenhang mit dem geometrischen, technischen und baustrukturorientierten Partialmodell (nach Pahl)
Eine computerunterstützte Arbeitsplanung kann nur interaktiv erfolgen, indem die jeweils für eine Tätigkeit notwendigen Datenbestände in den Arbeitsspeicher gerufen werden. Dabei wird je Planungsaufgabe einmal die Ausgangsteilbestimmung und die Arbeitsvorgangsermittlung durchgeführt. Alsdann muss für jeden Arbeitsgang die Maschinenauswahl, die Fertigungsmittelbestimmung, die Vorgabezeitbestimmung und die Arbeitsvorgangstextermittlung erbracht werden. Während bei jeder Tätigkeit der Arbeitsplanung die Werkstückdaten verfügbar sein müssen (allerdings jeweils mit unterschiedlichen Spezifikationen), variiert ansonsten der Informationsbedarf.
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
Abb. 5.30:
235
Kostenbestimmungsfaktoren (nach Scheer)
Bei jedem Schritt der Arbeitsplanung können alternative Prozeduren der Herstellung durchgespielt werden. Es gilt eine Entscheidung zu treffen, welches Ausgangsmaterial, welche Arbeitsgänge, welche Maschinen usw. für die Produktion eingeplant werden, dabei sind die betrieblichen Möglichkeiten wie auch das qualitative Anspruchsniveau zu berücksichtigen. Innerhalb dieses Spielraumes ergeben sich unterschiedliche Verfahrensstrategien, deren Auswahlkriterien sich über die Kostenermittlung bestimmen können. Scheer (1988, S. 161; vgl. Abb. 5.30) grenzt die Kostenfestlegung für die Erzeugnisherstellung durch die Phasen des Produktentwurfes, der Konstruktion und der Arbeitsplanung ab. Dabei verdeutlicht er, dass die Herstellkosten als Summe der Material- und Fertigungskosten beidseitig durch die Arbeitsplanung einerseits und andererseits durch die im Produktentwurf und in der Konstruktion vorbestimmte Gestalt sowie Material- und Fertigungsanforderung definiert werden. Es zeigt sich, dass nicht nur innerhalb der Arbeitsplanung jede Tätigkeit auf ihre Kostenkonsequenz hin überprüft werden muss, sondern dass auch eine Interaktion zwischen Arbeitsplanung und Konstruktion notwendig ist. Gegebenenfalls führen die Ergebnisse der Arbeitsplanung dazu, den Prozess der Produktentwicklung wieder an die Konstruktion zurückzugeben, um eine kostengünstigere Variante zu generieren. Solche Entwicklungsstrukturen setzen allerdings voraus, dass bei dem Aufbau und der Instandhaltung der Auftragsplanungsdateien stets die entsprechende kostenmäßige Attribuierung mitgeführt wird.
236
Abb. 5.31:
5 Produktion und Logistik
Netzwerkmodell: Kapazitäts- und Zeitwirtschaft (nach Scheer)
Das Endergebnis der Arbeitsplanung ist ein Netzwerkmodell, welches für die Kapazitätenund Zeitwirtschaft verwendet werden kann. Jedes Teil ist dann in seiner Erzeugnisstruktur eingebettet und verweist über die Arbeitsplanzuordnung bis auf den Arbeitsgang. Pro Arbeitsgang ist das technische Verfahren zugeordnet sowie das Betriebsmittel mit den entsprechenden Mitarbeitern und Werkzeugen (siehe dazu Scheer 1988, S. 185; vgl. Abb. 5.31). Eine vollständige Integration aller Tätigkeiten der Arbeitsplanung ist vor allem schwierig, weil eine vollständige und stets aktuelle Erfassung der objektiven Produktionsrealität gewährleistet sein muss. Sie wird jedoch dann unmöglich, wenn neue Produkte entwickelt werden, die eine Veränderung der Produktion voraussetzen. Die Gesamtheit der Handlungen für die intendierte Produkterstellung kann dann nicht modellorientiert antizipiert, sondern muss partiell im Experiment erfahren werden. Der Grad der Automatisierung der Arbeitsplanung ist jedoch nicht nur abhängig von der zu erfüllenden Funktion, sondern auch vom Grad der Automatisierung in der Fertigung und Montage. Numerisch kontrollierte Anlagen erfordern die exakte Vorabbestimmung ihres Einsatzes und sind daher auch planbarer als Anlagen, die verstärkt durch die manuelle Handhabung determiniert sind. Automatisierte Fertigungs- und Montagestrukturen ermöglichen
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
237
auch eine sukzessive Computerisierung der Arbeitsplanung, sind aber in ihrem Einsatz nicht so flexibel wie Strukturen der Werkstattfertigung.
5.2.2
Computer Aided Manufacturing (CAM)
Die Entwicklung der Produktionstechnik, von der Mechanisierung, also dem Einsatz motorisch angetriebener Maschinen anstelle von Muskelarbeit, über die verschiedenen Stufen der Automatisierung hinaus, erfolgt fließend. Dieser Prozess wird sowohl durch die zunehmenden Möglichkeiten der Arbeits- und Steuerungstechnik als auch der Datenverarbeitung geprägt. Kampker/Schuh/Schittney (2011, S. 192) klassifizieren unter „Computer Aided Manufacturing (CAM) alle rechnergestützten Fertigungsverfahren sowie Systeme der innerbetrieblichen Logisitik. Dabei kann zwischen NC- (Numerical Control), CNC- (Computerized Numerical Control) und DNC- (Direct Numerical Control) Maschinen unterschieden werden. Während bei CNC-Maschinen die Programmierung direkt an der Maschine mit Hilfe eines Mikrocomputers erfolgt, werden bei DNC-Maschinen mehrere Werkzeugmaschinen von einem zentralen Rechner gesteuert. Die innerbetriebliche Logistik umfasst Materialflusssysteme, flexible Fertigungszellen und -systeme sowie Instandhaltungssysteme. Dabei werden Materialflusssysteme für den Transport in Lagern und den innerbetrieblichen Transport (z. B. über Fließbänder) und für die Disposition eingesetzt.“ Es ergeben sich so ganz unterschiedliche Programmierverfahren, die abhängig von der Integration der DV-Systeme sind. Eigner/Maier (1985, S. 310) trennen die NCProgrammierverfahren wie auch Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff (1996, S. 7–94f.) in manuelle und maschinelle Verfahren. Bei dem manuellen Vorgehen wird ein Programmmanuskript über ein Codiergerät in einen Datenträger umgewandelt, der von der Maschine als NC-Programm in eine Fertigungsprozedur umgesetzt werden kann. Beim maschinellen Vorgehen wird zwischen dem maschinennahen Programmieren in der Werkstatt und dem maschinenfernen Programmieren im Büro unterschieden. Besitzt die Maschine einen sehr leistungsfähigen und programmierbaren Prozessrechner als Steuerungsrechner, so bezeichnet man sie als CNC-Maschine (Computerized Numerical Control). Das Programmmanuskript kann am Produktionsort in die Maschine eingegeben werden und die Verarbeitung in der Maschinensteuerung veranlassen. Die maschinenferne Programmierung im Büro setzt eine Kopplung von CAD- und CAM-Systemen voraus, sei es durch die Nutzung einer Systemverkettung oder eines integrierten Systems. Das NC-Programmiersystem übernimmt die Anteile (Layer oder Ebenen) einer CAD-Geometrie, die es braucht, um eine entsprechende Informationsanreicherung für die Produktion vorzunehmen. Das Programm wird über den NC-Prozessor und den Postprozessor entweder direkt an die Maschine weitergeleitet (DNC = Direct Numerical Control) oder aber über einen Datenträger der Maschine zugeführt. Die Kopplung von CAD- und CAM-Systemen ist mit denselben prinzipiellen Vorbehalten zu betrachten, wie die bereits thematisierte Verkettung von unterschiedlichen CAD-Systemen. Jedes System verfügt über seinen eigenen Funktionsumfang und erfordert einen spezifischen Anspruch an die Erzeugnisgeometrie. Die Geometrie wiederum wird jeweils mit einer unter-
238
5 Produktion und Logistik
schiedlichen rechnerinternen Objektdarstellung (RIO) von System zu System andersartig behandelt. So kann es leicht passieren, dass ein Empfangssystem eine bestimmte Funktion von einem Sendersystem ausführen lässt (weil es selber über diese Funktion nicht verfügt), im Anschluss aber nicht in der Lage ist, die Manifestation der ausgeführten Funktion zu decodieren. Die zunehmende Automatisierung sehr unterschiedlicher Fertigungs- und Montagebereiche und das damit einhergehende Streben zur dezentralen Datenverarbeitung im Unternehmen verstärken den Zwang der Vernetzung von Rechnern gleicher und unterschiedlicher Hersteller. Die Integration von Konstruktion und Produktionssteuerung mit einer redundanzfreien Verwendung aller in diesem Zusammenhang generierten Informationen ist sehr problematisch, in der Regel kann auf Doppeleingaben von Geometrien partiell nicht verzichtet werden, wenn es darum geht, komplexe Erzeugnisse zu produzieren. Neben der Koordinierung der Information zwischen der Konstruktion auf der einen sowie der Fertigung und Montage auf der anderen Seite ist die Koordinierung der Verwendung und Verteilung von NCProgrammen innerhalb der Fertigung und Montage zu bewältigen. Das Computer Aided Manufacturing umfasst die Steuerung bzw. die Abstimmung von computerunterstützten Produktionsmaschinen, Transport- und Lagereinrichtungen. CAM umfasst somit die Bereiche NC-Technik und die Rechnerunterstützung bzw. die Rechnersteuerung von Transport-, Lager- und Montagesystemen, sodass in einem CAM-Komplex die Informations- und Materialflüsse miteinander zu koordinieren sind (siehe Abb. 5.32). Diese Aufgabe erfüllt der Fertigungsleitrechner, der (in Abhängigkeit vom zu bearbeitenden Auftrag) Transportvorgänge wie Werkstücktransport, Werkzeug- und Spannmittelbereitstellung sowie die Verteilung der NC-Programme und Arbeitspläne initiiert. Zur Überwachung bzw. zur Durchführung der Fertigungsaufgaben bedarf der Fertigungsleitrechner ständiger Rückmeldungen über Fertigungsfortschritte und Störungen im Betrieb. Die Erfassung dieser Daten wird unter dem Begriff Betriebsdatenerfassung (BDE) bzw. Maschinendatenerfassung (MDE) zusammengefasst.
Abb. 5.32:
CAM-Struktur
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
239
Die BDE bzw. MDE ist somit von zentraler Bedeutung für den gesamten CAM-Bereich, besonders im Hinblick auf die Schnittstellen zu anderen CIM-Bausteinen (vgl. Abb. 5.31). Der Fertigungsleitrechner verfügt über alle NC-Programme, die zur Fertigung des aktuellen Produktspektrums nötig sind, für die Maschinen, welche direkt beschickt werden können. Gemäß der Vorgabe aus der Fertigungsfeinplanung werden diese Programme auf die jeweiligen Maschinensteuerungen übertragen. Die Entwicklungen von eigenständigen automatisierten Transport- und Handhabungsgeräten sowie von Fertigungs- und Montagemaschinen haben einen Integrationsbedarf ausgelöst. Neben der Strategie der modularen Kopplung von technischen Systemen werden auch integrierte flexible Fertigungssysteme geplant, gestaltet und eingesetzt. Die Integration von Werkzeugmagazin und -wechsler in einer NC-Maschine führt zum Bearbeitungszentrum. Fertigteilspeicher und Rohteilspeicher lassen das Bearbeitungszentrum zur Fertigungszelle anwachsen. Die Anbindung des Werkstückflusses führt zur Fertigungsinsel und zur flexiblen Transferstraße. Um den Widerspruch zwischen Automation auf der einen und Flexibilität auf der anderen Seite abzubauen, der in der Vergangenheit z. B. durch Transferstraßen hervorgerufen wurde, die ein rasches Umrüsten auf ein anderes Produkt gar nicht erlaubten, war die logische Konsequenz die Entwicklung von flexiblen Fertigungszellen. Diese wiederum werden gekoppelt und bilden letztlich zusammen mit flexiblen Transferstraßen die sogenannten flexiblen Fertigungssysteme.
Abb. 5.33:
Zuordnung und Informationsaustausch der CA-Techniken (nach Conrad)
In der Regel treffen wir in einer Produktion sowohl konventionelle Anlagen als auch NCMaschinen und Bearbeitungszentren, gegebenenfalls auch Fertigungszellen, Fertigungsinseln
240
5 Produktion und Logistik
und flexible Fertigungssysteme an. Die Koordinierung der Information in der Produktion kann nur in Ausnahmefällen von einer Homogenität in der gesamten Fertigung und Montage ausgehen. Die über CAM-Systeme kontrollierten Fertigungs- und Montageeinrichtungen bilden nur eine Teilmenge der Produktionsanlagen, es besteht daher die Notwendigkeit, unterschiedliche Kontrollmechanismen parallel zu betreiben und aufeinander abzustimmen. Damit besteht die Notwendigkeit, die CAD/CAM-Systeme mit der Qualitätssicherung zu koppeln (vgl. Conrad 2008, S. 381; siehe Abb. 5.33).
5.2.3
Computer Aided Quality Assurance (CAQ)
Das Qualitätswesen beinhaltet alle organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Sicherung der Qualität des Konzepts und der Ausführung der betrieblichen Erzeugnisse unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. Qualitätsplanung und Qualitätssteuerung ergeben eine weitere Kontrollstruktur im Unternehmen, die in den Kanon des technischen Controllings eingegliedert werden muss. In der externen und internen Qualitätsplanung werden die zu überprüfenden Qualitätsmerkmale für die Objekte der Zulieferung und der Eigenfertigung bestimmt und die Planung der Prüfmittel sowie die Prüfungsmethoden definiert. In der Qualitätssteuerung werden die Planungsmaßnahmen veranlasst, überwacht und wird sichergestellt, ob die qualitative Zielsetzung erreicht ist (vgl. dazu REFA 1991, S. 25; siehe Abb. 5.34).
Abb. 5.34:
Aufgaben der Qualitätssicherung (nach REFA)
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
241
Betrachtet man die Qualitätssicherung in der Fertigung, so ergibt sich folgende Organisation: Die Konstruktion, die Fertigungsplanung und -steuerung bestimmen die Eingangsd aten (Geometrie, Werkstoff und Programm) für den Fertigungsprozess, in dem entsprechend den Anforderungen bearbeitet, montiert und justiert wird. In einem zweiten Planungsstrang werden die Anforderungen des Prüfprozesses definiert (Anwendungsbereich, Genauigkeit und Messwertverarbeitung), um die einzelnen Prüfungsprozesse in die Fertigung und Montage zu integrieren. Nun wird geprüft, gemessen, ausgewertet und eine Diagnose gestellt, die mehrere Rückkopplungen auslösen kann. Der Fertigungsprozess kann gestoppt werden, um mit neuen Parametern fortgesetzt zu werden, die Prüfungsergebnisse können über die Konstruktion und Arbeitsvorbereitung zu einer Veränderung der Eingangsdaten führen, oder eine Rückkopplung bewirkt über die Prüfungsplanung eine Änderung des Prüfungsprozesses (vgl. dazu Kampker/Schuh/Schittney 2011, S. 192 sowie Dutschke 1990, S. 7; siehe Abb. 5.35).
Abb. 5.35
Qualitätssicherung in der Fertigung (nach Dutschke)
In der Prüfungsplanung werden in folgenden Schritten die Planungshilfsmittel und -methoden festgelegt (vgl. Abb. 5.36 nach Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff 1996, S. 7–81):
Bei der Auswahl der Prüfungsmerkmale ergeben sich die Planungsrichtlinien, Anleitung und die Merkmal- sowie Fehlerkataloge. Die Festlegung des Prüfungsumfanges fixiert die Stichprobenpläne und die Arbeitspläne der Qualitätslenkung. Durch die Bestimmung der Prüfmittel ergeben sich die Prüfmittelkataloge und die Unterlagen zur Prüfmittelüberwachung. In Prüfungstexten werden die merkmalbezogenen Prüfungsanweisungen mithilfe von Standardtextelementen dokumentiert.
242
5 Produktion und Logistik
Bei der Festlegung des Prüfungszeitpunktes berechnet man die Kostendaten und terminiert die Organisationsanweisungen. Die Ergebnisbehandlung kann vertraglich festgelegt werden oder ist in standardisierten Formularen zu registrieren. Mit der Auswahl des Prüfungsortes werden der Arbeitsplatz, die Kostenstelle und die einzusetzenden Prüfungsmittel disponiert.
Abb. 5.36:
Einordnung der Prüfplanerstellung in die Produktion (nach Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff)
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
243
„Für das Messen gibt es zwei Grundvoraussetzungen: die zu messende Größe und das Bezugsnormal müssen eindeutig definiert sein. Durch den Bezug auf das Internationale Einheitensystem (SI) und auf die festgelegten Maßverkörperungen und Messgeräte sind diese beiden Voraussetzungen im Betrieb erfüllt. Im Bereich der Fertigungsmesstechnik gibt es aber Messaufgaben, bei denen diese Voraussetzungen erst durch besondere Vereinbarungen herbeigeführt werden müssen. So ist für den Konstrukteur, der in die Zeichnung für ein Werkstück die Dicke „a“ einträgt, dieses Maß eindeutig definiert. Er geht von einer idealgeometrischen Gestalt des Werkstückes aus, die es in der Praxis nicht gibt. Würde man das Maß „a“ an n verschiedenen Stellen messen, so ergäben sich n verschiedene Maße“ (Dutschke 1990, S. 11; vgl. Abb. 5.37).
Abb. 5.37:
Messen der Dichte a einer Platte (nach Dutschke)
Sollgestalt
Wahre Gestalt
Messpunkte
Messdatenverarbeitung Istgestalt
Koordinatenmessgerät
Abb. 5.38:
Grundverfahren der Koordinatenmesstechnik (nach Dutschke)
Messprotokoll
244
5 Produktion und Logistik
Die Verarbeitung von Messdaten bildet ein Objekt dementsprechend niemals in seiner Gesamtqualität ab, sondern registriert nur Indikatoren und bildet daraus eine Aussage über die Gesamtgestalt. In der Abbildung 5.38 (nach Dutschke 1990, S. 130) wird das Grundverfahren der Messtechnik am Beispiel eines Koordinatenmessgerätes dargestellt. Das in seiner Qualität zu untersuchende Objekt soll in seiner Gestalt überprüft werden. Zunächst weist es eine reale und damit „wahre“ Gestalt auf, die über Messpunkte abgenommen wird. In der Messdatenverarbeitung werden diese Messdaten zu einem Modell des realen Objektes verrechnet, der Istgestalt. Diese Istgestalt kann bspw. mit den Geometriedaten der Konstruktion als Sollgestalt verglichen werden. Daraus wird ein Messprotokoll generiert. Die Qualitätsdatensammlung und -verarbeitung auf der Prozessebene bildet nur ein Teilsystem eines in Ebenen gegliederten gesamten CAQ-Kontrollsystems. Dabei werden auf der Prozessebene unterschiedliche Teilsysteme installiert, immer da, wo es die Produktionsverfahren zulassen. Die Informationen von automatischen Testsystemen und Prüfplatzrechnern werden auf Bereichsebene zusammengezogen und im Kontext der bereichsspezifischen Qualitätsplanung und -lenkung entsprechend der Ergebnisse aus der Prozessebene zur Modifikation der Erzeugnis- oder Handlungsstruktur verwandt. Die konsolidierten Daten der Bereichsebene wiederum werden nach Bedarf an andere Bereiche weitergeleitet und in der strategischen Unternehmens- und Planungsebene zentralisiert. Hier erfolgt eine Qualitätslenkung in gesamtbetrieblichem Zusammenhang, mithin ein wesentlicher Anstoß für die Entwicklung neuer, verbesserter Produkte (vgl. Linß 2011, S. 522; siehe Abb. 5.39).
Abb. 5.39:
CAQ-Aufgabenmodell (nach Linß)
Es kann zwischen unmittelbarer und mittelbarer Qualitätslenkung unterschieden werden. Die unmittelbare Qualitätslenkung wirkt sich auf die Struktur des Produktes oder die Tätigkeit in
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
245
der Produktion aus. Die mittelbare Qualitätslenkung erfolgt auf Bereichsebene oder in der Zentrale. Hier werden produkt-, einrichtungs-, verfahrens- und personenbezogene Korrekturmaßnahmen vollzogen und im Rahmen einer Qualitätsförderung umgesetzt. Die Wahrung und Förderung eines Qualitätsstandards im Unternehmen ist nicht nur abhängig von der Produkt- und Tätigkeitsgestaltung, sondern vor allem auch von der Bewusstseinsbildung der betrieblichen Mitarbeiter. Ein konkurrenzfähiges Qualitätsniveau erfordert neben einer computergesteuerten Qualitätsplanung und -umsetzung eine ständige Weiterbildung und Motivierung des Personals.
5.2.4
Produktionsplanung und -steuerung (PPS)
Mit der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) werden die betrieblichen Produkt- und Herstellungskonzepte in die reale Produktion umgesetzt. DV-gesteuerte PPS-Systeme unterstützen die gesamte Auftragsabwicklung von der Angebotserstellung bis hin zum Versand. PPS-Systeme untergliedern sich in folgende Kern- und Querschnittsaufgaben (vgl. Linß 2011, S. 502; vgl. Abb. 5.40):
die Produktionsprogrammplanung, Produktionsbedarfsplanung, Fremdbezugsplanung und -steuerung, Eigenfertigungsplanung und -steuerung, Lagerwesen, Koordination und PPS-Controlling.
Abb. 5.40:
PPS-Aufgabenmodell (nach Linß)
246
Abb. 5.41:
5 Produktion und Logistik
Struktur eines PPS-Systems (nach Günther/Tempelmeier)
Die Datenverwaltung der Produktionsplanung umfasst die Kunden- und Vorratsaufträge, die Stammdaten und Erzeugnisstruktur sowie die materiellen Bedarfe und Bestände. Hiermit kann die Prognoserechnung, die Grobplanung, die Kundenauftragsverwaltung und die Vorlaufsteuerung der Produktionsprogrammplanung sowie die Bedarfsermittlung, die Bestandsführung und die Beschaffungsrechnung der Mengenplanung ermittelt werden. Das Ergebnis sind die Fertigungs- und Bestellungsaufträge. In der Produktionssteuerung werden Dateien der Produktionsanlagen, der Betriebsmittel, des Betriebskalenders und der Kapazitäten geführt. Weiterhin werden Dateien für die Fertigungsaufträge und Bestellungen gebildet sowie die Betriebsdaten, die Arbeitsfortschrittsdaten und die Lagerdaten gespeichert. Hiermit können in der Termin- und Kapazitätenplanung die Durchlaufterminierung, die Kapazitätenbedarfsberechnung, die Kapazitätenabstimmung und die Reihenfolgeplanung durchgeführt werden. Bei der Auftragsveranlassung erfolgt die Fertigungsauftragsfreigabe und belegerstellung sowie die Arbeitsvorbereitung. Für die Bestellaufträge wird die Bestellauftragsfreigabe sowie die Bestellschreibung veranlasst. Die Auftragsüberwachung schließlich beinhaltet die Fertigungsfortschrittserfassung, die Kapazitätengruppen-, Fertigungsauftrags-
5.2 Computergesteuerte Systeme der Arbeitsvorbereitung und Produktion
247
und Kundenauftragsüberwachung in der Fertigung sowie die Wareneingangserfassung und Bestellauftragsüberwachung in der Bestellung (vgl. Günther/Tempelmeier 2009, S. 326; siehe Abb. 5.41 und REFA 1991, S. 119). PPS-Systeme haben einen breit gefächerten Funktionsumfang und werden dementsprechend in der Regel modular aufgebaut. Die Teilestämme, Stücklisten, Arbeitsplatzdaten, Arbeitspläne, Ablaufdaten und Zusatzdaten werden, so weit es möglich ist, aus CAD-, CAP-, CAMund CAQ-Systemen importiert und mit Eigenbedarfsinformationen angereichert oder aber, wie die Lieferantenstämme, eigenständig erhoben und gewartet. PPS-Systeme unterscheiden sich grundsätzlich von CAD-, CAP-, CAM- und CAQSystemen, da sie keine geometrischen Informationen verarbeiten. Die Objektabbildung von Produkt und Produktion erfolgt ausschließlich über die alphanumerische Abstraktion. Dabei bildet das PPS-System im innerbetrieblichen Ablauf wie auch die Qualitätssicherung Regelkreise aus. Das PPS-System händelt und verrechnet mit seiner Datenverwaltung die Tätigkeitsinformation von Konstruktion, Arbeitsplanung, Beschaffung, Fertigung und Montage. Alle erfolgten Aktivitäten werden über die Betriebsdatenerfassung registriert und an das PPS-System rückgekoppelt. Hieraus wird in der Produktionsplanung und -steuerung ein erneuter Istzustand ermittelt und von der Datenverwaltung verarbeitet, um zu partiell revidierten Steuerungsangaben für die Produktionsbereiche zu gelangen (vgl. Abb. 5.42). Die Fertigungsplanung und -steuerung operiert dabei selbstverständlich analog zur Qualitätssicherung in Ebenen als mehrfach gestuftes Regelkreissystem. Die PPS-Daten repräsentieren ein Modellsystem, in dem Unternehmensziele in Sollwertvorgaben für die Fertigung operationalisiert werden. Im Realsystem wird das Ergebnis der erbrachten Leistung überprüft und führt gegebenenfalls zu einer kurzfristigen Rückkopplung über ein Durchsetzungssystem; oder es erfolgt eine Rückkopplung über ein Durchsetzungssystem mit langfristiger Beeinflussung der Sollwertvorgaben (nach Mertins 1989, S. 660; vgl. Abb. 5.43).
Abb. 5.42:
PPS-System als Regelkreis
248
5 Produktion und Logistik
Unternehmensziele
Durchsetzungssystem (kurzfristig)
Planungssystem
MODELLSYSTEM Sollwertvorgaben
Durchsetzungssystem (langfristig)
REALSYSTEM Fertigung Informationsfluss Materialfluss Abb. 5.43:
Störungen
Fertigungssteuerung als mehrfach gestuftes Regelkreissystem (nach Mertins)
Es werden somit eine Vielzahl von Rechnern miteinander verkoppelt, die unabhängig voneinander als technische Systeme entwickelt worden sind, deren Betriebssysteme sich unterscheiden und deren Interpretationen von analogen Impulsen nach jeweils eigenen Prinzipien in alphanumerische oder graphische Zeichen umgesetzt werden. Die integrierte Anwendung von unterschiedlichen DV-Verfahren sieht in der Theorie, logisch, einfach, ja geradezu zwingend aus. In der Praxis jedoch ist die Nutzung von verschiedenen DV-Techniken sehr problematisch und mit vielen Fehlerquellen versehen, die sich nicht aus der großen Linie, sondern aus dem Detail ergeben. In den meisten Unternehmen kann jedoch nicht von einer vollautomatisierten Fertigung ausgegangen werden, sondern von einer Mischung aus automatisierten, teilautomatisierten und konventionellen Elementen. Hier ergeben sich drei Entscheidungsebenen der Fertigungssteuerung, welche auch zu eigenständigen Modulbildungen im DV-System führen können. Die Produktionsprogrammplanung ist abhängig von dem Kunden und Marktbedarf und verändert den Bestand der verschiedenen Betriebsbereiche in seiner Personal- und Anlagenausstattung langfristig. Die Fertigungsprogrammplanung steuert die Relation von Bedarf und Bestand mittelfristig, und die Werkstattsteuerung regelt den Produktionsalltag kurzfristig. Es liegt also nahe, eine Verkettung der technischen und der betriebswirtschaftlichen Datenverarbeitung über ein PPS-System einzurichten. Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten veranschaulicht, ist jede Systemkopplung kompliziert. Die Etablierung einer gesamtbetrieblichen DV-Struktur wirft nicht nur technische und technokratische Probleme auf, sondern tangiert auch intensiv das Denken und Handeln aller betrieblichen Mitarbeiter.
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
5.3
249
Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
Die Integration der technischen DV-gestützten Systeme wird innerhalb der CIM-Konzeption vorangetrieben. In der Regel existieren die einzelnen Systeme als Insellösungen, die über Papierschnittstellen miteinander verbunden sind. Computer Integrated Manufacturing (CIM) versteht sich als eine Unternehmensstrategie mit dem Ziel, einen durchgängigen Informationsfluss zu realisieren, bei dem die elektronische Datenverarbeitung bereichsübergreifend in einem integrierten System alle mit der Produktion zusammenhängenden Betriebsbereiche miteinander verbindet. So lässt sich CIM als integrierter IT-Einsatz in allen mit der Produktion zusammenhängenden Betriebsbereichen definieren. „CIM beinhaltet das informationstechnologische Zusammenwirken zwischen PPS, CAD, CAE, CAP, CAM und CAQ. Dieses wird durch die bereichsübergreifende Nutzung einer gemeinsamen Datenbasis erreicht“ (Specht 1996, S. 292).
Abb. 5.44:
CIM-Daten (nach Specht)
250
5 Produktion und Logistik
In der Abbildung 5.44 verdeutlicht Specht (ebenda S. 293) seine Auffassung einer CIMStruktur. Er untergliedert die Datenbestände in technische und kaufmännische Daten. Die objektorientierten CAx-Systeme generieren Geometriedaten und NC-Programme, um so zu Stücklisten, Arbeitsplänen- und Betriebsmitteldateien zu gelangen und damit die technische Informationsbasis eines PPS-Systems zu gewährleisten. Diese wird ergänzt durch die kaufmännischen Daten, also durch die Dateien von Kunden, Aufträgen, Lagerbestand und Personal. Funktion
Objekte/Leistungen=Produkte P1
P2
...
Pn-1 Pn
Vertrieb Primärbedarf Produktion
Bedarf an Fremdbezugsteilen
Technik
Bezugsgrößen Beschaffung
...
Auftrag für Fremdbezugsteile Kundenaufträge
Kreditorenbuchführung Debitorenbuchführung
...
Rechnungen
Produktions-Controlling Vertriebsinformationssystem Prozess: Auftragsbearbeitung
funktionsorientierte Dateninseln
P Produkte Abb. 5.45: Komplexität in Industriebetrieben (nach Scheer)
integrierte Datenbasis
Das Zusammenwirken von so unterschiedlichen computerunterstützten Systemen erweist sich in der Praxis als sehr viel komplizierter und störungsanfälliger als in der Theorie. Die Datenmengen der einzelnen Systeme sind ausgesprochen groß. Dementsprechend ist die innerbetriebliche Kommunikation sehr aufwendig und störanfällig, wobei Maschinen nicht prinzipiell zwischen gestörten und ungestörten Daten unterscheiden können. Neben den DVtechnischen Verständigungsproblemen der Hardware sind auch in der Software Überbrückungsschwierigkeiten zu überwinden. Softwaresysteme operieren nicht nur mit unterschiedlichen Nutzungs- und Datenmodellen, sondern auch die Steuer- und Sonderzeichen werden verschiedenartig interpretiert. Scheer (1996, S. 17-7; vgl. Abb. 5.45) veranschaulicht die Kommunikationsproblematik durch die Installation von Bridgeprogrammen zwischen Pro-
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
251
duktion und Rechnungswesen. Ein zentrales Konzept erfordert eine integrierte Datenbasis, die aber betriebsübergreifend schwer zu gewährleisten ist. Die Implementierung von integrativen DV-Stukturen erfordert also nicht nur Anpassungen und Veränderungen in der IT-Architektur, sondern auch erhebliche Modifizierungen der Informationsstrukturen, und beides gemeinsam bedingt die Einführung von neuen organisatorischen Richtlinien im Betrieb.
5.3.1
Computer Integrated Manufacturing (CIM) als Verfahrensstrategie
Computer Integrated Manufacturing ist eine Unternehmensstrategie und muss dementsprechend wie jedes strategische Konzept den unternehmensspezifischen Gegebenheiten angepasst werden, um eine erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten. Miska (1989, S. 155; vgl. dazu auch Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 427 f.) geht von drei Faktoren aus, die eine individuelle CIM-Konzeption prägen:
die Branche des Unternehmens, der Umsatz und somit das Produktionsvolumen und das Fertigungskonzept.
Ausgangssituation, Unternehmensstrategie und technische Trends determinieren das unternehmensindividuelle CIM-Konzept in seiner organisatorischen und DV-technischen Komponente. Ein CIM-Modell ist in jedem Fall unternehmensindividuell zu betrachten und besitzt eine organisatorische und eine IT-technische Komponente. Eine betriebsspezifische Unternehmensstrategie führt zu einer Vielfalt von Modellvarianten. Jedes große Unternehmen und jeder einschlägige Wissenschaftler veröffentlichte Ende der 80er-Jahre sein Konzept und war dabei versucht, eine möglichst breite Anwendungspopulation anzusprechen. In diesem Zusammenhang werden nicht die Vielfalt der Modelle vergleichend erläutert und diskutiert, sondern auf zwei Denkrichtungen fokussiert:
Zum einen wird mit der CIM-Strategie neben der ablauforganisatorischen und der informationstechnischen Unternehmensinnovation unmittelbar eine vollständige oder zumindest sehr weitgehende Automation verknüpft. Zum anderen wird in der CIM-Entwicklung das „I“ hervorgehoben – die Integration. In diesem Falle steht die Anwendung von computerunterstützten Verfahren und die Kopplung von DV-Systemen unter Einbeziehung einer heterogenen Fertigungs- und Montagetechnik im Vordergrund.
Das Konzept der „unbemannten“ Fabrik (vgl. Eversheim 1990, S. 152 ff. sowie Wiendahl 2010, S. 45 f.) mit einer „papierlosen“ Produktion (vgl. Spur 1986, S. 8 ff.) veranschaulicht Scheer (1990, S. 217) an einer Darstellung in Anlehnung an eine Veröffentlichung der Gene-
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5 Produktion und Logistik
ral Electric Information Services. In der Mitte steht die vernetzte Datenverwaltung der vier Teilbereiche PPS, CAD/CAE, CAM und der Lagersteuerung mit der jeweiligen Ankopplung von DV-gesteuerten Systemen.
Abb. 5.46:
Informationsmanagement als Bestandteil der Geschäftsprozesse eines Industrieunternehmens (nach Scheer)
Die Produktionsautomatisierung ergibt sich aus der Weiterentwicklung integrierter flexibler Fertigungs- und Montagesysteme (vgl. dazu Günther/Tempelmeier 2009, S. 6 f.). Hier werden Handhabung, Transport und Speicherung der Roh- sowie Fertigteile durch das Werkstückflusssystem und der Werkzeuge durch das Werkzeugflusssystem geregelt. Um die automatische Kopplung zwischen dem Bearbeitungssystem und dem Werkstücksystem zu ermöglichen, werden die Handhabung, der Transport und die Speicherung der Rüstmittel von einem Vorrichtungs- und Spannsystem übernommen. Die Bearbeitung erfolgt mit integrierter
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
253
Werkstückqualitätsprüfung und der Ver- und Entsorgung von Hilfsstoffen bzw. Spänen über ein Ver- und Entsorgungssystem. „Die Steuerung und Überwachung der einzelnen Arbeitsgänge geschieht durch eine zentrale Fertigungssteuerung. Bearbeitungs-, Liege- und Transportzeiten werden z. B. in diesem System so abgestimmt, dass minimale Durchlaufzeiten gewährleistet sind. Der Mensch greift in diesen vollautomatisierten Prozess nur noch bei unvorhergesehener Störung ein“ (Eversheim 1990, S. 154). CIM-Konzepte, die verstärkt eine organisatorische und informationstechnische Komponente verfolgen, mit der Integration konventioneller, halbautomatisierter und automatisierter, also heterogener Produktionselemente, erweitern den Wirkungsbereich der Strategie. Dies wird an dem Y-CIM-Modell von Scheer (1996, S. 17–14; vgl. Abb. 5.46; siehe dazu auch Vajna/Weber/Bley/Zeman 2009, S. 428) deutlich. Er schreibt dazu im Jahre 1990 (S. 195): „Durch das Integrationskonzept Computer Integrated Manufacturing (CIM) wird eine gesamtheitliche Betrachtung aller Funktionen eines Industriebetriebes angestrebt. Hierzu wird ein durchgängiges Informationssystem für betriebswirtschaftliche und technisch orientierte Aufgaben bereitgestellt. CIM berührt auch grundlegende betriebswirtschaftliche Fragestellungen und wird die Abläufe in Industrieunternehmungen stark verändern. Es bildet damit eine Herausforderung an die Betriebswirtschaftslehre, bei diesem Gestaltungsprozess mitzuwirken.“ Das Y-CIM-Modell unterscheidet zwischen Planung und Realisierung und bringt somit die zeitliche Komponente der Anwendung von computerunterstützten Verfahren ins Integrationskonzept. Weiterhin differenziert Scheer zwischen der auftragsbezogenen und primär betriebswirtschaftlichen Logistik und der produktionsbezogenen Leistungsgestaltung. Das zentrale wirtschaftliche Verfahren seines Modells ist die Produktionsplanung und -steuerung, die CAx-Verfahren bilden die technische Seite aus. Stücklisten, Arbeitspläne und Betriebsmittel bestimmen sowohl die wirtschaftliche als auch die technische Planung. Diese umfassendere CIM-Interpretation betrachtet das gesamte Unternehmen und konzentriert sich auf die Analyse und Gestaltung aller Vorgänge im Unternehmen unter dem Blickwinkel der Integration. Hiermit verwischt sich die Trennungslinie zwischen der technischen und der wirtschaftlichen Datenverarbeitung. Die technischen Verfahren bei der Entwicklung neuer Produkte werden mit den wirtschaftlichen und wertorientierten Methoden verknüpft. Neben den ausgeführten CAx-Methoden und der Produktionsplanung und -steuerung werden weitere Abkürzungen für den computerunterstützten Einsatzbereich benutzt, die darauf verweisen, dass Soft- und Hardwareanbieter sowie methodische Entwickler und Nutzer weitere Funktionsbereiche zu Systemen zusammenfassen. Herauszuheben ist das Produktdatenmanagement-System (PDM), welches die technische Dokumentenverwaltung mit der Produktionsdatenverwaltung synchronisiert und auch unter den Begriffen:
Engineering Document Management (EDM) Engineering Data Management (EDM) Engineering Database (EDB)
254
5 Produktion und Logistik
firmiert (vgl. Conrad 2008, S. 408). „Zu den wichtigsten Funktionsbereichen von PDM gehören:
Zeichnungsverwaltung Teileverwaltung Klassifizierung Dokumentenmanagement Steuerung der Freigabeprozesse Änderungswesen Sachmerkmalleisten-Management Speicherung aller produktrelevanten Daten Kopplung zur kommerziellen EDV, hier insbesondere die PPS-Kopplung Steuerung der Bereiche Scannen, Plotten, Vervielfältigen und Archivieren“ (ebenda S. 409; vgl. Abb. 5.47).
Abb. 5.47:
PDM als Integrationskonzept (nach Conrad)
Ein unternehmensspezifisches und funktionsfähiges PDM-System bildet die Schnittstelle zum Enterprise Resource Planning-System (ERP). Erst in der Kombination von PDM und ERP lassen sich Geschäftsprozesse durchgängig für das technische und wirtschaftliche Controlling gestalten und zu einem integralen GPM (Geschäftsprozess-Management) zusammenführen. Das GPM-System ARIS von Scheer (1996, S. 17–8 ff.) zentralisiert die Datenbasis, aber durch die Ablaufsteuerung und die Funktionen. Scheers Gesamtkonzept operiert mit vier Grundkomponenten.
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
255
Der Benutzer erhält eine interaktiv zu bedienende Benutzerschnittstelle mit reglementierter Dateneinsicht- und Datenänderungsberechtigung sowie einen arbeitsplatzspezifischen Funktionsumfang. Es stehen generelle DV-Werkzeuge zur Verfügung, um die Datenbasis und/oder sein Funktionsrepertoire zu aktivieren. Der gesamtbetriebliche Funktionsumfang enthält eine logische, eine Tool- und eine Ausführungsebene. In der logischen Ebene werden die Planungs- und Entscheidungsmodelle gespeichert. Die Toolebene enthält die spezifischen DV-Werkzeuge, und in der Ausführungsebene befinden sich Anwendungssoftware, Modelle, Methoden, Wissensbasis usw. Die Datenbasis hat für die Verwaltung der Stamm- und Bewegungsdaten auch eine dreiteilige Gliederung. Unternehmensdaten-, Bereichsdaten- und Prozessdatenmodelle bilden die logische Ebene; Datenbanksystem, Data Dictionary befinden sich in der Toolebene, und die zentrale und dezentrale Datenspeicherung ist der Ausführungsebene zugeordnet. Die Ablaufsteuerung verknüpft Benutzer, Datenbasis und Funktionen. Funktionsebenen-, Kommunikations-, Datenfluss- und Statusmodelle definieren die logische Ebene. Kommunikationsdienste, und Netze bilden die Tool-Ebene und die Statusverfolgung, das Triggern von Programmen sowie Datentransfers, die Netzüberwachung, Dialogsteuerung und Sicherung bestimmen die Ausführungsebene.
Ein solches Konzept schließt natürlich auch die Konzeption eines datenbankorientierten Rechnungswesens mit ein. Erzeugnisgestaltung, die Planung sowie Steuerung von Fertigung und Montage wachsen ebenso zusammen wie Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung. Beschaffungsmarkt, Unternehmen und Absatzmarkt generieren Urdaten, die sowohl für die Buchführung als auch für partielle Informationssysteme geeignet sind. Logische Grundrechnungen ermöglichen urbelegorientierte Ad-hoc Sonderrechnungen sowie periodische Routineauswertungen. Eine Gesamtintegration der Informationsverarbeitung unternimmt Scheer durch die Einordnung des Datenbankschemas in die Informationspyramide eines Managementinformationssystems (MIS). Scheer (1988, S. 594; vgl. Abb. 5.47) unterscheidet fünf Ebenen:
Die unterste Ebene kennzeichnet die mengenorientierten operativen Systeme. Es sind Dispositions- und Administrationssysteme der Produktion, Technik, Beschaffung, des Absatzes und des Personals. Darüber befindet sich die Ebene der wertorientierten Abrechnungssysteme: die Lagerführungs- und Auftragsabrechnung, die Anlagenbuchführung und Projektabrechnung, die Kreditoren- und die Debitorenbuchführung sowie die Lohn- und Gehaltsbuchführung. Die dritte Ebene enthält die Berichts- und Kontrollsysteme wie das allgemeine Controlling sowie die Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung. Darüber verbinden sich die Analyseinformationssysteme als Produktions-, Technik-, Beschaffungs-, Marketing- und Personalinformationssystem. Die Spitze der Pyramide bilden die Planungs- und Entscheidungssysteme der Unternehmensplanung.
256
5 Produktion und Logistik
Planungs- und Entscheidungssysteme
orMarketinginf em mationssyst orl-Inf m ona e Pers nssyst io mat
Beschaffungsinformationssystem
Pro form duktio n atio nssy sinstem Technik-Info rmationssyte m
Unternehmensplanung
Analyse-Informationssysteme
Controlling Plankostenrechnung Deckungsbeitragsrechnung Lagerbuch- Anlagenführung buchAuftragsführung abrechnung Projektabrechnung
Produktion
Abb. 5.48:
Technik
Kreditorenbuchführung
Beschaffung
Debitorenbuchführung
Berichts- und Kontrollsysteme Lohn- und Gehaltsbuchführung
Absatz
Personal
Wertorientierte Abrechnungssysteme
Mengenorientierte operative Systeme (Dispositionsund Administrationssystem)
Aufbau der Informationspyramide für ein MIS (nach Scheer)
Es erfolgt sowohl auf der waagerechten operativen Ebene eine Verknüpfung funktionaler Informationssysteme zu einem integrativen Gesamtsystem als auch in vertikaler Richtung. Hier wirkt ein „Verdichtungs- bzw. Auflösungsprozess, um aus den operativen Daten verdichtete Daten bis hin zur globalen Entscheidungsunterstützung auf der Unternehmensebene abzuleiten; umgekehrt können auch globale Zielvorgaben in operative Detailzielsetzungen aufgefächert werden“ (ebenda).
5.3.2
Supply Chain Management
Hochgradig automatisierte und mit einer integralen IT organisierte Unternehmen funktionieren nur dann reibungslos, wenn der primäre, sekundäre und tertiäre Materialbedarf genau zu dem Zeitpunkt abgedeckt wird, wo er zu verarbeiten ist. Dies führt zu einer organisatorischen Verknüpfung der Betriebe entlang der Wertschöpfungskette. Die Verflechtung der globalen Warenströme hat sich zu einem eigenständigen technologischen Organisationsprinzip verdichtet, dem Supply Chain Management (SCM). Hier werden Controlling-Mechanismen der Planung, Umsetzung und Kontrolle etabliert, welche die betroffenen Material-, Informations- und Wertflüsse unternehmensübergreifend so vernetzen, dass Preis, Qualität und Liefertreue optimiert werden, bei gleichzeitiger Senkung der Bestände und der Gewährleistung einer raschen Marktanpassung. Wiendahl (2010, S. 250; vgl. Abb. 5.49) verdeutlicht dies an einem Beispielprozess aus der Automobilindustrie. Der Automobilhersteller wird gestuft beliefert (Systeme, Module, Komponenten) und bedient selbst wiederum Händler, welche die Endkunden zufriedenstellen müssen.
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
Abb. 5.49:
257
Beispiel einer Supply Chain in der Automobilindustrie (nach Wiendahl)
Die Gestaltung solcher unternehmensübergreifenden Prozesse muss auf eine Gesamtheit von hochorganisierten Betrieben aufsetzen und ist selbst eine hochkomplexe Planung. Das hierfür entwickelte IT-Tool wird in der Literatur häufig mit dem Kürzel APS (Advanced Planning System) betitelt (vgl. hierzu Günther/Tempelmeier 2009, S. 351 ff.; siehe Abb. 5.50). Ausgangspunkt ist dabei ein Unternehmen, das über ein PPS/ERP-System verfügt und seine interne Wertschöpfung über eine zentralisierte Transaktionsverarbeitung, also mit einem OLTP (Online Transaction Processing)-System, ähnlich einem Buchungssystem in Reisebüros, organisiert. Die Lieferantenpartner müssen selbstverständlich äquivalent ausgestattet sein. Das Network Design dieser Controllingstruktur umfasst Planungsmodule, unterstützende und kollaborative Module. In der Planung werden mit Algorithmen
die aggregierte Gesamtplanung, die Ressourceneinsatzplanung, die Verfügbarkeitsplanung, die Liefermengenzuordnung und die Auslieferungsplanung
optimiert. Unterstützt wird das interaktive System durch Prognose- und Verfügbarkeitsprüfungen der Bestände sowie die Anpassung der Prognosen, der Beschaffungen und des Bestandsmanagements mit den Partnern innerhalb der Wertschöpfungskette. Der Einsatz von APS-Systemen setzt eine kapazitätsorientierte Planung voraus, bei der die verschiedenen Arbeitssysteme (Baustellen-, Werkstatt-, Zentren-, Fließproduktion) durch eine JIT (Just in Time)-Organisation innerhalb standortgebundener Produktionssegmente
258
5 Produktion und Logistik
verknüpft sind. Beschaffung und Distribution wird zunächst entsprechend der zu produzierenden Produktstruktur deterministisch geplant sowie durch Nachfrageprognose und Verfügbarkeitsprüfungen unterstützt. Die Störungsanfälligkeit solcher überregionaler oder gar globaler Strukturen bedarf jedoch stets auch einer stochastischen Planungsebene mit den entsprechenden Prüfungsmechanismen, Sicherheitsbeständen und Sicherheitszeiten (ebenda S. 334; vgl. Abb. 5.51). SC-Partner
Advanced Planning System Network Design
Planungsmodule Algorithmen/ Optimierungsverfahren
unterstützende Module
kollaborative Module
Demand Planning (Prognoseverfahren, Sicherheitsbestand)
Collaborative Forecasting
OLTP-System
OLTP-System
(Systemplanung, Standortplanung)
(Prognosen)
Supply Network Planning (Aggregierte Gesamtplanung, Hauptproduktionsprogrammplanung) (Sicherheitsbestand)
Collaborative Replenishment
Materialbedarfsrechnung (MRP)
(Ressourceneinsatzplanung) (Losgrößen, MRP)
Abb. 5.50:
Capable to Promise
Available to Promise
Vendor-Managed Inventory
(Verfügbarkeitsprüfung: Kapazität)
(Verfügbarkeitsprüfung: Bestand)
(Bestandsmanagement)
Distribution Planning (Liefermengenzuordnung)
Transportation Planning/ Vehicle Routing (Auslieferungsplanung)
Warnungen/Alerts Interaktive Planänderungen
PPS-/ERP-System
Transaktionsorientiertes PPS/ERP-System
APS
(Beschaffung)
Production Planning/ Detailed Sheduling
Grundstruktur eines Advanced Planning Systems (nach Günther/Tempelmeier)
Integrative Konzepte haben als Unternehmensstrategie ihre Stärken. Die integrative Kanalisierung der betrieblichen Handlungs- und Kommunikationsstrukturen verhindert Missverständnisse und erhöht die Effektivität. Dennoch bergen ganzheitliche, ja totalitäre Integrationsmodelle auch Gefahren, die bei der betrieblichen Konsolidierung von Informationssystemen mit reflektiert werden müssen.
Die Integration von vielen unterschiedlichen Informationssystemen erhöht die Komplexität des Gesamtsystems. Die Abbildung und Verdichtung aller betrieblichen Handlungen und Objekte des Unternehmens über DV-gesteuerte Systeme schafft eine zweite virtuelle Realität, deren realer Kontext nur von einem geringen Teil der Nutzer nachvollzogen werden kann.
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
Abb. 5.51:
Kapazitätsorientiertes Planungssystem in einem Supply Network (nach Günther/Tempelmeier)
259
260
5 Produktion und Logistik
Der Umgang mit vielfältigen verknüpften DV-Modellen, deren Realitätsbasis von den Nutzern nicht stets überprüft und nachvollzogen wird, kann zu chaotischen Fehlern führen. Die mediale Präsentation und der Umfang von DV-Information schaffen ihre eigene, nicht an der Realwelt orientierte selektive Wahrnehmung der Nutzer.
Jede computerunterstützte Funktion bedarf neben der Anwenderoberfläche einer DVtechnischen Umsetzung und beruht auf einer gedanklichen Modellbildung dessen, was man mit dieser Funktion beschreiben will. Die Zusammenfassung von Funktionen in Systemen ist sinnvoll, da hier Handlungszusammenhänge des betrieblichen Aktivitätsspektrums gebündelt werden, die im Unternehmen einem Tätigkeitsfeld und Verantwortungsbereich zuzuordnen sind. Der Nutzer übersieht seine Real- und seine Modellwelt, und Änderungen der Realwelt können in die Modellwelt eingepasst werden, gegebenenfalls durch einen vom Nutzer überschaubaren Modellaustausch. Fasst man nun Systeme zu Makroeinheiten zusammen, so treten zwei Effekte gleichzeitig ein. Zunächst erfordert das Gesamtgebilde ein Koordinierungssystem, es entstehen damit mehr qualitativ unterschiedliche Funktionen, als in den Einzelsystemen notwendig waren, und es bilden sich Systemspezialisten aus, deren Handlungsobjekt nicht mehr die Realwelt, sondern das System selbst ist. Als Zweites kommt hinzu, dass eine Änderung oder gar ein Modellaustausch sich weit schwieriger gestaltet, da nicht mehr nur eine Interdependenz zum entsprechenden Realobjekt besteht, sondern auch zum Gesamtsystem. Das Gesamtsystem ist träger als ein unabhängiges Einzelsystem. Durch die Realweltänderung erfolgen jedoch Gesamtsystemanpassungen, die aber spätestens bei der Anpassung so komplex werden können, dass das Gesamtsystem hyperkomplex wird und die meisten Nutzer die Übersicht verlieren lässt. Zwar übersehen sie in ihrem Teilbereich noch den Realitätsbezug, nicht aber in den anderen Teilbereichen, deren Daten sie aber fröhlich weiterbenutzen. Es entsteht somit eine zweite Betriebsrealität. Neben der Realwelt entwickelt sich die virtuelle Welt des Gesamtsystems, strukturiert und definiert durch eine gemeinsam zu nutzende Datenbasis, von der jeder Nutzer zwar seine eigenen Datenschlampereien und Modellunschärfen kennt, aber bei den verwendeten Fremddaten eine unmittelbare Übereinstimmung mit der Realität voraussetzt. Die Informationen der gemeinsamen Daten- und Funktionsbasis werden dazu verwendet, die Realprozesse zu steuern. Durchlaufen die Steueranweisungen menschliche Instanzen, die eine Systementscheidung aufgrund ihrer Nähe zur Realwelt revidieren können, so können systemimmanente Fehler vermieden werden. Integrative Strategien verfolgen aber die Zusammenführung von Teilvorgängen und die Automatisierung von Prozessen. Eine menschliche Interaktion wird vor allem dann vorgesehen, wenn eine Fehlentwicklung in der Realwelt bereits entstanden ist. Dabei ist die Realwelt nicht unmittelbar über ein Modell wiederzugeben. Briggs und Peat verdeutlichen dies an der Problematik, die Ausdehnung einer Landesgrenze zu definieren. „Man möchte sich vorstellen, die Frage nach der Länge der britischen Küste wäre zu klären, indem man eine gute Landkarte nimmt, ein Stöckchen Schnur die ganze Küste entlang legt und dann einfach das Ergebnis abliest, indem man die Schnur an den am Kartenrand gedruckten Maßstab hält. Eine kleine Überlegung macht jedoch klar, dass die Landkarte eine
5.3 Kopplungsprobleme DV-gesteuerter technischer Verfahren
261
Menge feinerer Details glättet oder einfach weglässt. Sie zeigt nur die gröberen Umrisse der Küstenlinie und lässt viele kleinere Buchten und Flussmündungen aus. Die Antwort erfordert also offenbar eine Karte in anderem Maßstab, der mehr Details erkennen lässt. Dann müssen wir die Schnur in viel mehr Kurven legen, und das bedeutet, dass die Länge der Küstenlinie größer wird. Lässt sich dieses Ergebnis noch verbessern? Nähme man eine genauere Vermessung vor, etwa mit 100-Meter-Abständen entlang der gesamten Küste, so ergäbe sich eine noch detailliertere Karte. Folglich wäre die Küstenlinie noch länger. Warum aber sollte man hier aufhören? Warum nicht in Intervallen von 50 Metern vermessen – oder sogar 10 Meter? Jedes mal wird mehr und mehr Detail eingeschlossen, und die Schnur wird sich in immer komplexerer Weise legen lassen. Und je mehr Detail wir erfassen, um so länger wird offensichtlich die Küste. Was also, wenn alle Details erfasst werden – Felsen, Kieselsteine, Staub, sogar Moleküle? Die wahre Küstenlinie muss unendlich lang werden! Und tatsächlich hat die Küste Großbritanniens die gleiche Länge wie die von Manhatten oder ganz Amerika. Sie sind alle unendlich lang“ (Briggs/Peat 1990, S. 135 f.). Alle Abbildungen von computerunterstützten Verfahren weisen gegenüber den Realobjekten Unschärfen auf, und gerade diese Unschärfen können in automatisierten Systemen zu Fehlentwicklungen führen. Hierfür bestehen zwei Gründe. Zum einen ist die Definition des Erzeugnisses mit seinen Einzelteilen, Bau- und Montagegruppen sowie den entsprechenden Attributen wie Fertigungszeiten und Einzelkosten am Einzelobjekt orientiert und wird in der Produktion entsprechend der Losgröße vervielfacht. Die generierten Realwerte führen zu Sollwerten und steuern die Realprozesse. Es kann so zu einer nichtlinearen Rückkopplung kommen, die ein Chaos verursacht. Weiterhin werden Rückkopplungsstrukturen aufgebaut, die nicht nur vernetzt, sondern mehrfach verschachtelt sind und zudem nicht nur von endogenen und somit steuerbaren Faktoren, sondern auch von exogenen Determinanten abhängig sind. Einfache Echtzeitsimulatoren, die sich auf die Steuerung eines Vorganges ausrichten, reichen zur Regelung eines solchen Netzwerkes nicht aus (vgl. Kittler 1989, S. 71 ff.). Kleine Fehlentwicklungen können schnell über das Gesamtsystem verstärkt werden. Die Realprozesse werden durch einen stetigen, zum Teil automatisiert erhobenen Informationsprozess begleitet. Diese Informationen werden zu Informationssystemen konsolidiert, die zur Unternehmensplanung genutzt werden. Computerunterstützte Systeme verarbeiten Bilder, Töne und alphanumerische Zeichen. Sie werden interaktiv verwendet und multimedial für Entscheidungszwecke genutzt. Interaktive Makrosysteme entfernen über mehrfach geschichtete Modellbildungen den Nutzer von der Realwelt, verursachen aber Entscheidungen, die unmittelbar auf die Realwelt übertragen werden. Schon einfache computerunterstützte Systeme erheben das Modell zum Gestaltungsgegenstand. Computerintegrierte Strategien können daher leicht zu einer spezifischen selektiven Wahrnehmung führen, wie Walker und Flusser herausstellen: „Die allgegenwärtigen technischen Bilder um uns herum sind daran, unsere „Wirklichkeit“ magisch umzustrukturieren und in ein globales Bildszenarium umzukehren. Es geht hier im Wesentlichen um ein „Vergessen“. Der Mensch vergisst, dass er es war, der die Bilder erzeugte, um sich an ihnen in der Welt zu orientieren. Er kann sie nicht mehr entziffern und lebt von nun ab in Funktion seiner eigenen Bilder: Imagination ist in Halluzination umgeschlagen“ (Flusser 1983, vgl. hierzu Walker 1991, S. 24 und Flusser 1989, S. 36).
262
5.4
5 Produktion und Logistik
Schrifttum
Bläsing, J. P.: Rechnerintegrierte Qualitätssicherung, in: Geitner, U. W. (Hrsg.): CIM Handbuch, Braunschweig/Wiesbaden 1987. Conrad, K.-J.: Grundlagen der Konstruktionslehre, 4. Auflage, München 2008. Dutschke, W.: Fertigungsmeßtechnik, Stuttgart 1990. Eigner, M.; Maier, H.: Einstieg in CAD, München/Wien 1985. Eversheim, W.: Organisation in der Produktionstechnik – Band 3– Arbeitsvorbereitung; 2. Auflage, Düsseldorf 1989. Eversheim, W.: Organisation in der Produktionstechnik – Band 1– Grundlagen; 2. Auflage, Düsseldorf 1990. Eversheim, W.: Ausprägung der Produktionsplanung und -steuerung, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management; 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Eversheim, W.: Integrierte Produkt- und Prozeßgestaltung, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Eversheim, W.; Krause, F.-L.: Produktgestaltung, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Eversheim, W.; Maßberg, W.; Pritschow, G.; Tönshoff, H. K.: Prozeßgestaltung, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management; 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management; 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Flusser, V.: Für eine Philosophie der Fotografie, Göttingen 1983. Flusser, V.: Gedächtnisse in Ars Electronica (Hrsg.): Philosophien der neuen Technologien, Berlin 1989. Günther, H.-O.; Tempelmeier, H.: Produktion und Logistik, 8. Auflage, Heidelberg/London/New York 2009. Hornung, V.: Personalplanung, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Kampker, A.; Schuh, G.; Schittny, B.: Unternehmensstruktur, in: Schuh, G.; Kampker, A. (Hrsg.): Strategie und Management produzierender Unternehmen, 2. Auflage, Heidelberg 2011. Kettner, H.; Bechte, W.: Neue Wege der Fertigungssteuerung durch belastungsorientierte Auftragsfreigabe, VDI - Z 123, 1981. Kittler, F.: Fiktion und Simulation, in: Ars Electronica (Hrsg.): Philosophien der neuen Technologien, Berlin 1989. Koether, R. (Hrsg.): Taschenbuch der Logistik, München 2011. Kurbel, K.: Produktionsplanung und -steuerung, 2. Auflage, München/Wien 1995. Linß, G.: Logistik und Qualitätsmanagement, in: Koether, R. (Hrsg.): Taschenbuch der Logistik, München 2011. Mertens, P.: Integrierte Informationsverarbeitung 1, 9. Auflage, Wiesbaden 1993. Mertins, K.: Rechnergestützte Fertigung, in: Meins, W. (Hrsg.): Handbuch Fertigungs- und Betriebstechnik; Braunschweig, Wiesbaden 1989. Miska, F. M.: CIM Computer-integrierte Fertigung, 2. Auflage, Landsberg/Lech 1989. Olfert, K.; Rahn, H.-J.: Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 7. Auflage, Herne 2011. Pahl, G.: Konstruieren mit 3D-Systemen, Berlin, Heidelberg 1990. REFA (Hrsg.): Methodenlehre der Betriebsorganisation – Planung und Gestaltung komplexer Produktionssysteme, München 1990. REFA (Hrsg.): Methodenlehre der Betriebsorganisation – Arbeitsgestaltung in der Produktion, München 1991. Ritter, K.-H.: Voraussetzungen zum Einsatz der belastungsorientierten Aufgabenfreigabe, in: Wiendahl, H.-P.: Praxis der belastungsorientierten Fertigungssteuerung, Hannover 1986. Scheer, A.-W.: Wirtschaftsinformatik, 2. Auflage; Berlin/Heidelberg/New York 1988. Scheer, A.-W.: Informationsmanagement als betriebliche Querfunktion, in: Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und Management, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 1996. Schuh, G.; Kampker, A. (Hrsg.): Strategie und Management produzierender Unternehmen, 2. Auflage, Heidelberg 2011.
5.4 Schrifttum
263
Specht, O.: Betriebswirtschaft für Ingenieure und Informatiker, 4. Auflage, Ludwigshafen (Rhein) 1996. Spur, G.: Informationstechnik und Produktivität, in: Spur, G. (Hrsg.): CIM – Die informationstechnische Herausforderung, Berlin 1986. Spur, G.: CIM – Die informationstechnische Herausforderung, Berlin 1986. Vajna, S.; Weber, C.; Bley, H.; Zeman, K.; Hehenberger, P.: CAx für Ingenieure, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg 2009. Walker, J.: Hinter den Spiegeln, in: Waffender, M. (Hrsg.): Cyperspace – Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten, Reinbek bei Hamburg 1991. Wiendahl, H.-P.: Betriebsorganisation für Ingenieure, 7. Auflage, München/Wien 2010. Ziegenbein, K.: Controlling, 9. Auflage, Ludwigshafen/Rhein 2007.
6
Exkurs: QM und IT-Controlling
Die Entwicklung von Controllingstrukturen in Unternehmen hat stets Treiber gehabt. Der Regelkreisgedanke wurde zunächst in der Biologie entwickelt und während des Zweiten Weltkrieges in verschiedene Handlungsbereiche technisch operationalisiert. Das Modell wurde mit der Handhabung von Qualität verbunden und fand Eingang in die Gestaltung von Produkten sowie deren Fertigung und im Management von Qualitätsansprüchen. Erst dann etablierte sich der Controllingbegriff in der monetären Modellierung von Unternehmen und erfuhr eine komplexe Ausdifferenzierung. Mit der technischen Automatisierung und der redundanzfreien Handhabung von übergreifenden Datenbeständen in relationalen Datenbanken ist eine neue Unternehmensqualität geschaffen, welche es ermöglicht, in bestimmten Sektoren flächendeckende Controllingstrukturen einzurichten, die sowohl einen spezifischen Qualitätsaspekt berücksichtigen als auch IT-gesteuert von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz den jeweiligen Handlungsfortschritt in der Wertschöpfungskette registrieren. Mit der Ausbreitung von festen und mobilen Arbeitsplätzen auf allen Ebenen des Unternehmens werden Qualitätsmanagement (QM)-Systeme und das IT-Service-Management zu Eckpfeilern bei der betrieblichen Entwicklung von einer bestimmten Klasse von Controllingmethoden. Das Prozessmanagement ist ein unternehmensübergreifendes Vorgehen, das eng mit der ITEntwicklung verbunden ist. Insofern ist es ratsam, sich auf eine unternehmenseinheitliche Strategieentwicklung zu konsolidieren, welche zentral koordiniert wird und operativ in allen Bereichen mit denselben Methoden sowie denselben Softwaretools arbeitet. Prozesse sind zunächst Elemente der Ablauforganisation. Ihr Ansatz entspricht einer Controllingstruktur. Es wird ein standardisiertes Vorgehen geplant, umgesetzt und in seiner Ausführung kontrolliert. Werden diese Prozesse lückenlos von einem Datenstrom begleitet, der interaktiv den Prozessfortschritt vorantreibt, so spricht man von einem Workflow-Management. Die Arbeitsschritte sind universal: Strategieentwicklung, Prozessmanagement, WorkflowManagement. Sie lassen sich sowohl für die wirtschaftliche Verwaltung als auch für die technische Produktion oder die inner- und überbetriebliche Kommunikation definieren. Die Gewährleistung der Einheitlichkeit bedarf einer zentralisierten Organisation. Alle von einem IT-Workflow begleiteten Prozesse müssen abgegrenzt werden, um sie alsdann zu modellieren und einer Führungsstruktur zu unterstellen. Damit gewinnt man den logischen Aufbau, der datentechnisch modelliert und ausgeführt wird. Die Kontrolle erfolgt über ein spezifisches Monitoring. Die operative Ebene ist bestimmt sowohl von dem ITAnwendungssystem als auch von der damit verbundenen Organisationsgestaltung (vgl. Gadatsch/Mayer 2004, S. 196; siehe Abb. 6.1).
266
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Treibende Kraft für den Einsatz von Workflow-Management-Systemen in allen Bereichen ist das Streben nach Qualität. Die Abkürzung TQM (Total Quality Management) verweist auf einen allumfassenden unternehmensübergreifenden Anspruch. Die Beschäftigung mit der Qualität dominiert in der wirtschaftlich-technischen Diskussion in Theorie und Praxis.
strategische Ebene
Strategieentwicklung
• Prozessabgrenzung
Prozess-Management • Prozessumsetzung
• Workflowmodellierung
Workflow-Management • Workflowausführung
Anwendungssystemgestaltung Abb. 6.1:
• Prozessführung
• Prozessmonitoring
fachliche konzeptionelle Ebene
operative Ebene
Organisationsgestaltung
Integriertes Prozess-Management (nach Gadatsch/Mayer)
In der Tat ist mit dem TQM-Konzept eine Strategie definiert, die eine sehr große Bedeutung für die Unternehmensgestaltung hat und die zunächst primär von dem Gedanken des Technischen Controllings geprägt war. Mit der Ausbildung von Qualitätssystemen (QS) und mit deren Umsetzung im Qualitätsmanagement (QM) hat das technische Controlling ein abgesichertes Repertoire von Modellen und Verfahren bekommen und sich ein normatives Regelwerk auf globaler Basis etablieren können. Hiermit wurde eine Managementinnovation vollzogen, die das technische Controlling in Strategie und Operation gleichwertig zum wirtschaftlichen Controlling aufrücken lässt. Das Qualitätsmanagement wird von folgenden Kriterien geprägt:
QM ist eine Strategie, die sich an den sozialen Gegebenheiten innerhalb und außerhalb des Unternehmens orientiert. QM ist eine Strategie des stetigen Wandels. QM orientiert sich an dem Ergebnis des Unternehmens: der Leistung in ihren physischen Attributen. Um diese in einer adäquaten Qualität-Nutzen-Relation zu generieren, werden Handlungsstrukturen etabliert. QM operiert mit normativen Regularien, die nach einer weltweiten Anerkennung als Konsens streben. Es ist eine globale Strategie.
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Abb. 6.2:
267
Die Wertschöpfungskette als externer/interner Kunden-/Lieferantenprozess (nach Malorny)
Qualitätsmanagement funktioniert nach dem Prinzip der Kopplung von Wertschöpfungsketten. Jede Wertschöpfungseinheit repräsentiert einen Teilprozess der Leistungsgenerierung mit einem wohldefinierten technischen Input und Output. Die Qualitätsanforderung erfolgt einerseits von Teilprozess zu Teilprozess (Output des einen gleich Input des anderen), andererseits auch über Teil- und/oder Submengen des gesamten Repertoires von Teilprozessen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den internen und den externen Qualitätsanforderungen. Zunächst einmal haben wir eine exogen determinierte Kunden-Hersteller-Prozesskette. Entsprechend der Kundenwünsche wird über das QFD – Quality Function Development – das Leistungsergebnis in seiner Qualitätsstruktur festgelegt und in Teilleistungen gegliedert. Diese wiederum bilden eine Kette von internen Kunden- internen Lieferanten-Beziehungen, bei denen jeweils eine Qualitätsanforderung für jede Teilleistung samt der dazugehörigen Überprüfungsmodalitäten zu definieren ist. Hierbei werden Teile oder Baugruppen nicht selbst hergestellt, sondern fremdbezogen. In der Hersteller-Zulieferer-Prozesskette tritt das Unternehmen als Kunde gegenüber externen Lieferanten auf. Auch hier gilt es, Kundenwünsche in Form von Qualitätsansprüchen zu artikulieren (siehe dazu Abb. 6.2 nach Malorny 1996, S. 433). Das TQM-System ist viel zu komplex, um in allen Sub- und Teilsystemen stets von einem IT-Workflow begleitet zu werden. TQM ist eine Strategie, bei der die Gesamtorganisation im Fokus steht, jedoch operativ erst einmal Insellösungen aufgesetzt werden. Hiermit werden dann nicht nur die Prozesse begleitet, sondern auch die Dokumente, welche dabei entstehen.
268
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Es bildet sich somit ein Dokumentenmanagementsystem heraus, bei dem sowohl codierte Informationen in Datenbanken genutzt und abgelegt werden als auch nichtcodierte Informationen (vgl. Stahlknecht/Hasenkamp 2002, S. 429; siehe Abb. 6.3).
Abb. 6.3:
Arbeitsweise von Workflow- und Dokumentenmanagementsystemen (nach Stahlknecht/Hasenkamp)
Es ist offensichtlich, dass mit dem Workflow-Management Arbeitsinhalte organisiert werden. Es ist aber ebenso offensichtlich, dass mit solchen Systemen Mengen und Zeiten festgestellt werden können. Sie liefern somit die Daten, welche den Ausgangspunkt für die KostenLeistungs-Ermittlung bilden. Diese Systeme sind aufwendig und teuer und sollten als Kostenstellen abgegrenzt werden. Ihr Wert liegt jedoch nicht nur im Controllingbeitrag, sondern vor allem in der Verbesserung der Unternehmensleistung und damit in der Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit. Ihr Einsatz ist eher technischer Natur und daher ein Aspekt der technischen IT und somit des technischen Controllings.
Abb. 6.4:
Drei Klassen von Geschäftsprozessen (nach Ould)
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
269
Der Bedarf einer zentralen und somit koordinierten Ordnung betrieblicher Prozesse ist offenkundig. Bei einer Bottom-up-Strategie geschieht dies evolutionär. Es bilden sich von unten verdichtete Inseln hochautomatisierter und Workflowgesteuerter Prozesse, welche zunächst lose miteinander verknüpft werden und alsdann zu einer Gesamtstruktur zu verdichten sind. Folgt man einem Top-down-Ansatz, so muss ein Gesamtmodell herangezogen werden, um alle betrieblichen Prozesse zu klassifizieren. Ein solches Modell erlaubt dann nach der „Salamitaktik“, Prozess nach Prozess in seiner messbaren Qualität zu spezifizieren und mit einem IT-gesteuerten Workflow zu unterlegen. Die Plandaten werden von den Verantwortlichen eingestellt, die Istdaten liefert das System für festgelegte Perioden bzw. zu fixierten Stichzeitpunkten. Martyn A. Ould entwickelte 1995 ein Modell zur Klassifikation von Unternehmensprozessen, welches sich international in Richtlinien und Reglementierungen durchgesetzt hat (vgl. Ould 1995, S. 2 ff., siehe Abb. 6.4). Es unterscheidet zwischen
core processes, den kundengesteuerten Kernprozessen, support processes (Unterstützungsprozesse) und management processes, den übergreifenden Führungsprozessen.
Abb. 6.5:
Prozesslandkarte einer deutschen Großbank (nach Mülder)
270
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Diese Klassifikation ist universell und lässt sich auch auf Dienstleistungsunternehmen übertragen, insbesondere solche, die einen hohen Grad der IT-Durchdringung auf Arbeitsplatzebene aufweisen. Die Deutsche Bank ist bspw. das erste DAX-Unternehmen, welches in der Gewinn- und Verlustrechnung seines Jahresberichtes die EDV-Aufwendung als Einzelposition aufweist. Dementsprechend verdeutlicht Mülder (2010, S. 247, vgl. Abb. 6.5) in seinen Ausführungen zur Geschäftsprozessmodellierung das dreigeteilte Modell einer Prozesslandkarte an der abstrahierten Darstellung einer Großbank. Das Top-down-Vorgehen ist eng verknüpft mit einer hierarchischen Untergliederung und somit einer systematischen Detaillierung der Einzelprozesse. Die Geschäftsprozesse bilden die oberste Ebene, sie werden in Teilprozesse gegliedert, die wiederum jeweils Prozessschritte bzw. Funktionen und Aufgaben aufweisen (ebenda S. 245, vgl. Abb. 6.6).
Abb. 6.6:
Hierarchische Einteilung von Prozessen (nach Mülder)
Die geläufigste Methode zur Geschäftsprozessmodellierung ist die der ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK), welche vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit der SAP AG entwickelt wurde (vgl. hierzu Scheer 2001, S. 125 ff.). Mülder (Abts/Mülder 2009, S. 380; siehe Abb. 6.7) kennzeichnet die wichtigsten Elemente einer EPK wie folgt:
Ereignisse sind betriebsspezifische Zustände, wie Auftrag eingetroffen oder Kunde hat nicht gezahlt. Sie lösen eine Funktion aus. Die Funktion ist ein aktives Element der Ausführung, wie etwa Kundenauftrag bestätigen oder Mahnverfahren einleiten. Das wiederum führt zu anderen Ereignissen, die aber von dem Ergebnis der Funktionsausführung abhängen können und insofern einen Konnektor zwischenschalten wie etwa entweder A oder B, nicht aber A und B. Die Funktion ist verbunden mit einem Informationsobjekt, das einen Input liefert und einen Output nach Beendigung bekommt. Schließlich ist die Funktion einer betrieblichen Organisationseinheit zugeordnet und wird unterstützt durch ein Anwendungssystem der IT.
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Abb. 6.7:
271
Die wichtigsten Elemente einer EPK im Überblick (nach Mülder)
Ereignis
Funktion
Informationsobjekt
Organisationseinheit
Auftrag ist eingegangen Vertrieb
Auftragsbearbeitung Kundendaten
Lieferung Artikel Artikeldaten
Versand
Auftrag ist geliefert
Abb. 6.8:
Vorgangskettendiagramm (nach Scheer)
Die hierarchische Gliederung von Prozessen und die Detaillierung mit EPKs führt zu sehr komplexen Strukturen. Um eine Übersicht zu erhalten, hat Scheer (2001, S. 15 ff.; siehe Abb. 6.8) die Darstellungsform der Vorgangskettendiagramme (VKD) entwickelt, bei denen die Prozesse (bzw. Teilprozesse) tabellarisch komprimiert werden. Hiermit lassen sich IstProzesse gut dokumentieren, die Schwachstellen werden offenkundig, und Veränderungen (Sollprozesse) lassen sich verdeutlichen. Die Einführung und stetige Verbesserung von Geschäftsprozessen samt des entsprechenden Berichtswesens im Controlling bedarf einer dezidierten strategisch ausgerichteten Planung. Es ist unmöglich, ein ganzes Unternehmen in kurzer Zeit zu reorganisieren. Es sind Handlungsfelder abzugrenzen, die überschaubar bleiben, und diese können jeweils in Projekten einer prozessorientierten Modifikation unterzogen werden. In einem Standardablauf ist zwischen zwei Phasen zu unterscheiden (Täschner 2012, o. S.; vgl. Abb. 6.9):
272
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
In der Konzeptionsphase wird zunächst der Bezugsrahmen als Szenario konkretisiert, um hieraus die Anspruchsgruppen abzuleiten, welche vom Handlungskontext betroffen sind. Erst nach der Evaluation und dem Abgleich, also der Homogenisierung der Ansprüche an der Tätigkeit und den Berichten, kann die Systemanalyse angegangen werden. Hier werden die Handlungsaspekte sowohl syntaktisch als auch semantisch und pragmatisch in ihrem Istzustand modelliert. Das setzt bspw. einen einheitlichen Sprachgebrauch voraus, der bei heterogenen Anspruchsgruppen in der Regel nicht vorherrscht, aber die Basis bildet, um eine Systemgestaltung vorzugeben. In der Umsetzungsphase werden die Anwendungssysteme des Handlungsfeldes definiert. Das kann zu einer Modifikation etablierter Systeme führen oder aber zu einem Austausch bzw. zu einer Einführung eines neuen Systems. Wie auch immer ist die ITspezifische Umsetzung der Systemgestaltung zu implementieren und zu testen. Es folgt die Inbetriebnahme und Wartung des Systems. Hier ist auch der kontinuierliche Verbesserungsprozess einzugliedern. Der letzte Schritt der Umsetzung ist die Sozialisation. Controllingsysteme funktionieren nicht automatisch, sie müssen gelebt werden.
Abb. 6.9:
Vorgehensmodell zur Einführung und Verbesserung von Geschäftsprozessen (nach Täschner)
Häufig hört man als Kunde im Unternehmen, wenn etwas nicht funktioniert: „Wir haben unsere IT umgestellt.“ Damit schiebt man einen technischen Aspekt in den Vordergrund, um eine Ablaufstörung zu erklären. Meist jedoch fehlt die Synchronisation zwischen Technik und dem menschlichen Verhalten.
6.1
Total Quality Management (TQM)
Die Euphorie der 80er-Jahre, mit integrierten Informationssystemen alle Managementprobleme in den Griff zu bekommen, ist abgeklungen. Das Stichwort CIM taucht in den Veröffentlichungen der späten 90er nur noch selten auf. Dafür erscheint aber ein neues Kürzel: TQM (Total Quality Management) (vgl. hierzu Frick 2010, S. 666 ff.). Wie man an dem
6.1 Total Quality Management (TQM)
273
ersten Buchstaben T für Total gleich erkennt, handelt es sich auch hier um einen umfassenden Ansatz. Und wie man am letzten Buchstaben M für Management sieht, geht die Konzeption über die technischen Belange eines Unternehmens hinaus. Eine solche Entwicklung kann sich nicht innerhalb von wenigen Jahren etablieren. Dementsprechend baut das Qualitätsmanagement auf historische Vorläufer. Erste Veröffentlichungen erschienen bereits nach dem ersten Weltkrieg: Radford publizierte sein Buch „Control of Quality“ 1922. Westkämper (1996, S. 13-6 f.; siehe dazu auch Abb. 6.10) schreibt: „Die größten Entwicklungsschritte wurden während des 2. Weltkrieges in den USA erzielt und später in Japan realisiert. Da die Wurzeln für japanische Qualitätsphilosophien und -strategien in den USA liegen und die amerikanischen Begründer des Qualitätsmanagements die Erfahrungen aus den japanischen Umsetzungen in ihre Ansätze wiederum integrierten, liegen umfangreiche Verflechtungen in der Entwicklung des Qualitätsmanagements vor.“ Anfang der 60er-Jahre forderte Feigenbaum ein umfassendes Qualitätskonzept, das Total Quality Control (TQC). Der Durchbruch des Quality Function Development (QFD) wurde in der Automobilindustrie erreicht. 1972 formulierte der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) ein erstes Reglement, einen branchenspezifischen Vorläufer der DIN EN ISO 9000-Reihe. Mit dieser deutschen Industrienorm (DIN), die gleichzeitig für Europa galt (EN) und mit der ISO (International Organisation for Standardisation) abgestimmt war, wurde 1987 ein globales Regelwerk zur Qualitätssicherung geschaffen, das gleichzeitig von der japanischen Entwicklung des Kaizen und der Lean Production begleitet wurde. Die Qualitätsansprüche umfassen nicht nur Attribute des Produktes, sondern auch prozessbezogene Qualitäten. Im Qualitätskreis nach der DIN 55350 (vgl. hierzu Specht 1996, S. 256 f.) werden hierzu
die Entwicklungsqualität, die Qualität der Fertigungsanweisung, die Qualität des Vormaterials, die Fertigungsqualität, die Qualität der Prüfung, die Lager- und Versandqualität, die Montagequalität und die Servicequalität
genannt. Der Abnehmer hat damit ein Anspruchsniveau an alle zentralen Abteilungen des Herstellers, also an Akquisition, Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Materiallager, Fertigung, Prüffeld, Warenlager, Versand, Transport, Außenmontage und Service.
274
Abb. 6.10:
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Entwicklung des Qualitätsmanagements (nach Westkämper)
6.1 Total Quality Management (TQM)
275
Unter dem Begriff Wertschöpfung versteht man eine Wertsteigerung des Produktes bzw. der Dienstleistung. Das bezieht sich nicht auf den Kostenanteil, sondern auf den Wert, den der Kunde bereit ist, zu bezahlen. Alle Tätigkeiten, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung aus Kundensicht leisten, sind in der Terminologie des Qualitätsmanagements Verschwendung (vgl. hierzu Hering/Steparsch/Linder 1997, S. 96 f.; siehe Abb. 6.11). Der Abnehmer hat damit ein Anspruchsniveau an alle zentralen Abteilungen des Herstellers, also an Akquisition, Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Materiallager, Fertigung, Prüffeld, Warenlager, Versand, Transport, Außenmontage und Service. Unter dem Begriff Wertschöpfung versteht man eine Wertsteigerung des Produkts bzw. der Dienstleistung. Das bezieht sich nicht auf den Kostenanteil, sondern auf den Wert, den der Kunde bereit ist, zu bezahlen. Alle Tätigkeiten, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung aus Kundensicht leisten, sind in der Terminologie des Qualitätsmanagements Verschwendung (vgl. hierzu Hering/Steparsch/Linder 1997, S. 96 f.; siehe Abb. 6.11). Verschwendungen verursachen Kosten, ohne den Wert zu steigern, und bei einem entsprechenden komparativen Konkurrenzdruck ist der Kunde nicht dazu bereit, diese Kosten zu bezahlen. Ziel des Unternehmens ist es, die Verschwendung zu reduzieren. Hierzu sind sechs Bereiche zu fokussieren:
Es kann Zeit eingespart werden (Durchlaufzeit, Liegezeit, Rüstzeit usw.), die Kapazitäten können reduziert und die verbleibenden besser eingesetzt werden (Fläche, Betriebsmittelanzahl, Transportwege), es kann mit den Ressourcen gespart werden (Wasser, Strom, Öl usw.), die Organisation lässt sich optimieren (Abläufe vereinfachen, Suche und Doppelarbeit vermeiden, Losgrößen verringern usw.), die Kommunikation und Information lässt sich verbessern (durch Vervollständigung, Vereinfachung), und schließlich ist der Kundennutzen zu steigern, indem die Sicherheit erhöht und die Risiken vermindert werden (Qualität, Liefertreue usw.).
Um das Ziel der Verschwendungsreduktion zu erreichen, sieht das TQM vier Phasen der Qualitätsarbeit vor:
In der Qualitätsprüfung (Sensibilisierungsplanung) wird eine leistungsorientierte Mängelliste erstellt, werden die Kosten der Teile kalkuliert und als Audit prozessgebunden dokumentiert. In der zweiten Realisierungsphase der Qualitätssicherung wird die betriebliche Leistung entsprechend den Kundenbedürfnissen neu bestimmt und deren Einhaltung durch Qualitätswerkzeuge abgesichert. Mit der vorbeugenden Qualitätssicherung – der Stabilisierungsphase – setzt der Kunde den Maßstab für die Qualität. Fehlerquellen (etwa eine Anlage) werden so behandelt, dass die Fehler nicht mehr auftreten (durch Prozeduren bspw. der vorbeugenden Wartung). In der vierten Phase – der Exzellenz – wird ein ganzheitliches Qualitätsmanagement mit externer und interner Kundenorientierung angestrebt. Robuste Prozesse erlauben eine Null-Fehler-Zielsetzung.
276
Abb. 6.11:
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Übersicht über Arten von Verschwendung (nach Hering/Steparsch/Linder)
6.1 Total Quality Management (TQM)
Abb. 6.12:
277
Zwei-Säulen-Konzept von TQM (nach Hering/Steparsch/Linder)
Diese vier Phasen sind eng mit einem Bewusstseinswandel der beteiligten Mitarbeiter verbunden. TQM funktioniert nur, wenn die Reorganisationsbetroffenen die Zusammenhänge des Konzepts erkennen, die damit verbundenen Inhalte kommunizieren und das Konzept rückhaltlos befürworten. Dementsprechend arbeitet das TQM-Prinzip bezogen auf die gesamte betriebliche Organisation flächendeckend. Top-down werden die Mitarbeiter motiviert, qualifiziert und in ihrem Führungsverhalten verbessert durch Coaching, Schulung und laufende Informationsvermittlung. So kann jeder aus seiner hierarchischen Position heraus eine Arbeitsplatz- und Ablaufanalyse sowie eine Störfaktorenerfassung leisten und diese Erkenntnisse – bottom up – zur Prozessanalyse und -optimierung, zur Einbindung der Kunden- und Lieferantenprozesse sowie dem Aufbau eines Systems der Selbstorganisation zuführen (ebenda S. 212; vgl. Abb. 6.12). Malorny (1996, S. 376; vgl. Abb. 6.13) unterscheidet acht Handlungsfelder für die Umsetzung eines TQM-Systems:
Die Führung des Unternehmens soll geprägt sein durch qualitätsbewusstes Lenken und Gestalten. Hierzu zählt in der ersten, der Sensibilisierungsphase, die Entwicklung der Veränderungsfähigkeit, um alsdann in der zweiten, der Stabilisierungsphase, zu einer innerbetrieblichen partnerschaftlichen Einstellung zu gelangen: Das hat Konsequenzen für die Karriereplanung, die Leistungsbeurteilung und das gruppenbetonte sowie feedbackorientierte Kommunikationsverhalten. Hiermit kann Job-Rotation organisationsweit verankert werden.
278
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Schlüsselqualifikation der Mitarbeiter ist die Teamfähigkeit und die Kreativitätsentfaltung. Diese lässt sich nur entfalten, wenn die Mitarbeiterzufriedenheit groß ist und die Mitarbeiterpotenziale nicht nur gefordert sondern auch genutzt werden. Das dritte Handlungsfeld ist das Beziehungsmanagement zu den Kunden. Die Kundenkommunikation muss trainiert werden mit dem Ziel, eine hohe Kundenbindung zu schaffen. Hierzu müssen die Kundenerwartung und die Kundentreue systematisch und regelmäßig ermittelt werden, um funktionsübergreifende Kundenteams etablieren zu können. Serviceprogramme, Beschwerdemanagement und feste Ansprechpartner für jeden Kunden fördern die Stabilisierung der Qualitätssicherung. Alle Zulieferer sind in ihrer Qualitätsfähigkeit zu bewerten und alsdann in die Prozessgestaltung zu integrieren. Entwicklungspartnerschaften werden ausgebaut, um Just-inTime-Anlieferungen, gemeinsame Teil- oder Produktentwicklung bzw. Projektteams zu gewährleisten. Hiermit lassen sich gerechte und effiziente Wertschöpfungsketten ausbauen. Gegenüber der Gesellschaft ist die Öffentlichkeitsarbeit zu systematisieren, um eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Dazu gehört die Teilnahme an Verbänden, Vereinen und Normenausschüssen, Veröffentlichungen und Vorträge zu forcieren sowie Netzwerke aufzubauen, um Recyclingstrukturen und ökologische Verbesserungen übergreifend zu organisieren. Hierzu müssen auch innerbetrieblich die Prozesse bereichsübergreifend Problemlösungen bereitstellen. Problemlösegruppen wie Qualitätszirkel oder Projektgruppen mit Pilotfunktion können Kompetenzen ausbilden, die Konzepte für Schlüsselprozesse, Prozesslenkung und Prozessregelung kundenorientiert entwickeln, verändern sowie umsetzen. Das führt zu einer stetigen Veränderung und Verbesserung im Controlling. Die Auditierungsergebnisse des technischen Controllings können den finanziellen Ergebnissen gegenübergestellt werden und so ein qualitätsorientiertes Controlling etablieren mit einem hierarchischen Kennzahlenmix, der alle Prozessebenen erfasst und so die technischen und wirtschaftlichen Aspekte zusammenführt. Schließlich bündelt sich das Handlungsfeld vom TQM in der Zielplanung. Die strategischen Zielsetzungen werden systematisiert, um die Zielstellungen mit den Umsetzungsmaßnahmen zu harmonisieren. Hierbei werden die Ziele mit prozessinternen, messbaren Indikatoren versehen, bei deren Festsetzung immer jeweils der an der Umsetzung beteiligte Personenkreis partizipiert. Das integriert den informellen politischen Diskussionsprozess über die Zielsetzungen und die notwendigen Maßnahmen des Unternehmens für alle Mitglieder im Betrieb.
Die Handlungsfelder des Umsetzungspfades beim Total Quality Management müssen gleichzeitig einzeln sowie integral bearbeitet werden, um die Anforderungen zu erreichen, welche für eine offizielle Zertifizierung nötig sind. Es ist ein Merkmal der etablierten Qualitätsmanagementsysteme (QMS), sich von einer externen und formal anerkannten Instanz überprüfen zu lassen. Hierfür gibt es mehrere konkurrierende Systeme wie die der ISO 9000-Reihe oder des European Quality Award. Aber in ihrer Grundstruktur unterscheiden sie sich kaum: Alle überprüfen das Unternehmen und sein Gebaren in Führung, Politik und Strategie, Mitarbeiterorientierung, Ressourcen, Prozessen, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit, gesellschaftlicher Verantwortung sowie in den Ergebnissen.
6.1 Total Quality Management (TQM) Handlungsfelder des Umsetzungspfads TQM
führen zum Erreichen der Anforderungen
279 Kriterien des European Quality Award 1. Führung Das Verhalten aller Führungskräfte, um das Unternehmen zu umfassender Qualität zu führen
Führung Qualitätsbewusstes Führen und Gestalten
Mitarbeiter Mitarbeiterentwicklung
Kunden
2. Politk und Strategie Zweck, Leitbild und strategische Ausrichtung des Unternehmens sowie die Art und Weise wie das Unternehmen diese realisiert
3. Mitarbeiterorientierung wie das Unternehmen das gesamte Potential seiner Mitarbeiter freisetzt, um seine Geschäftstätigkeit ständig zu verbessern
Beziehungsmanagement
4. Ressourcen
Zulieferer
Wie die Ressourcen des Unternehmens wirksam zur Unterstützung der Politik und Strategie eingesetzt werden
Zulieferantenintegration
5. Prozesse Das Management aller wertschöpfenden Tätigkeiten im Unternehmen
Gesellschaft Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit
6. Kundenzufriedenheit
Prozesse
Welchen Eindruck externe Kunden vom Unternehmen und seinen Produkten und Dienstleistungen haben
Prozessorientierte Organisationsstrukturen
7. Mitarbeiterzufriedenheit Wie die Mitarbeiter ihr Unternehmen empfinden
Controlling Qualitätsorientiertes Controlling
Zielplanung Qualitätsförderliche Zielplanung
8. Gesellschaftliche Verantwortung/Image Welchen Eindruck die Öffentlichkeit von dem Unternehmen hat
9. Geschäftsergebnisse Was das Unternehmen in bezug auf seine geplante betriebliche Leistung erreicht
Abb. 6.13:
Handlungsfelder des TQM (nach Malorny)
Die TQM-Philosophie beinhaltet den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) als integralen Bestandteil. Unter Einbeziehung standardisierter Methoden und Werkzeuge (vgl. Kapitel 6.2) werden die Unternehmensprozesse über die sogenannte PACD-Handlungskette
280
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
(Plan-Act-Check-Do) ständig überprüft und verbessert. Dasselbe Vorgehen beinhaltet das japanische Verb Kaizen, mit dem eine stetige Reorganisation zum Wohle des Unternehmens zum Ausdruck gebracht wird. Der japanische Autor und Unternehmensberater Masaaki Imai (1994, S. 48) vergleicht die Veränderungsprozesse im Unternehmen, welche sich aus dem Kaizen und der im Westen zunächst üblicheren Strategie der Innovation ergeben. Während der Kaizeneffekt langfristig und ausdauernd, aber undramatisch ist, erfolgt die Innovation kurzfristig und dramatisch. Die kleinen Schritte sind eben kontinuierlich steigend mit gleich bleibend hohen Erfolgschancen, werden jedoch durch große Schritte unterbrochen und befristet sowie abrupt und unbeständig. Kaizen wie KVP werden von allen Mitarbeitern mit Kollektivgeist und in Gruppenarbeit vollzogen; die Devise ist Erhaltung und Verbesserung. Innovationen werden hingegen in der Regel von wenigen „Auserwählten“ im Ellbogenverfahren mit individuellen Ideen und Anstrengungen erbracht. Hier gilt: Abbruch und Neuanbau. KKV
Neuer Standard
Komparativer Konkurrenzvorteil
KAIZEN
Innovation Neuer Standard
INNOVATIONS- UND KAIZENSTRATEGIE
KAIZEN
Innovation t Zeit KKV
Komparativer Konkurrenzvorteil
Theorie (Standard) Erhaltung
INNOVATIONSSTRATEGIE Innovation
Theorie (Standard) Erhaltung Praxis
Praxis t Zeit
Abb. 6.14:
Innovation und Kaizen (nach Imai)
Das Kaizen-Erfolgskonzept ist der Einsatz von konventionellem Know-how auf dem jeweiligen Stand der Technik mit kleinem Investment und einer Erfolgsorientierung auf den Menschen. Die Leistungen und Verfahren für bessere Ergebnisse sind hervorragend geeignet für eine langsam ansteigende Wirtschaft. Bei der Innovation werden technologische Errungenschaften, neue Theorien und neue Erfindungen umgesetzt. Das bedeutet große Investitionen mit einer klaren technischen Erfolgsorientierung. Die Bewertungskriterien sind die Profitresultate. Innovationen sind hauptsächlich geeignet für eine rasch aufsteigende Wirtschaft. Verlässt sich ein Unternehmen allein auf die Innovationsscheibe, so erfolgt zwischen ihnen ein Abfall innerhalb des komparativen Konkurrenzvorteils: Die anderen Unternehmen holen den Informationsvorsprung auf. Imai (1994, S. 50 f.; vgl. Abb. 6.14) fordert ebenso wie Schuh/Kampker/Huesmann (2011, S. 238 und 286 f.) eine Kombination von Innovationen
6.1 Total Quality Management (TQM)
281
und Kaizen. Jeweils nach einer schubweisen Entwicklung erfolgt eine Phase der kontinuierlichen Verbesserungsprozesse. Dementsprechend bündelt Imai unter dem „Kaizen-Schirm“ nicht nur Maßnahmen des TQM-Maßnahmenkataloges wie bspw. Kundenorientierung, Fehlerlosigkeit und Kleingruppenarbeit, sondern auch Verfahren, denen wir bereits im CIM-Konzept begegnet sind wie Automatisierung, KANBAN und die computergestützte Produktentwicklung. In einer japanischen Untersuchung wird der Erfolg der TQM-Strategie offenkundig. Unternehmen mit Deming Prize (dem European Quality Award vergleichbar) haben signifikant weniger fehlerhafte Teile und daher sehr viel zufriedenere Kunden. Fast alle Mitarbeiter beteiligen sich an Verbesserungsvorschlägen, die auch umgesetzt werden, und ihre Zufriedenheit ist groß: Gegenüber einer Kontrollgruppe von Unternehmen (3 % - 7 %) ist der Krankenstand mit 1 % 2 % erheblich geringer und auch die Fluktuationsrate der Deming Prize-Träger ist signifikant niedriger (2 % gegenüber 5 % - 40 % bei den Vergleichsunternehmen; vgl. dazu Malorny 1996, S. 148). Diese positiven Ergebnisse haben dazu geführt, dass die TQM-Strategie sich schnell im ostasiatischen Raum verbreitete, aber auch in Europa und insbesondere in Deutschland zunehmend Anhänger findet.
6.1.1
Qualitätssicherung nach der ISO 9000 ff.
Seit der Normierung der QS mit der DIN EN ISO 9000-Reihe im Jahre 1987 hat sich dieser Standard als Richtlinie zur qualitätsorientierten Reorganisation deutscher Unternehmen durchgesetzt. Die schnelle und weite Verbreitung ist jedoch nicht aufgrund der Arbeit des Deutschen Instituts für Normung erfolgt, sondern durch die reibungslose Kooperation aller Normierungsorganisationen in der Europäischen Union. Seit der Einführung der ISO 9000 ff. haben viele Staaten auf der ganzen Welt diesen Standard übernommen. Sie ist somit eine global anerkannte Norm zur Beschreibung von Leistungsqualität, welche als internationale Vertragsgrundlage zur Definition von Kunden-Lieferanten-Beziehungen herangezogen werden kann. Dennoch bildet die ISO 9000-Reihe nicht das einzige Normensystem, das bei der Gestaltung des Qualitätsmanagements im Unternehmen herangezogen wird, dazu sind die spezifischen Betriebsansprüche viel zu heterogen. Ein Qualitätssicherungssystem wird ohnehin nicht mit der Hilfe einer Norm im Unternehmen umgesetzt, es handelt sich stets um ein Bündel von Richtlinien. Hierbei führen zwei Kriterien zu einer Erhöhung der eingesetzten Normenvielfalt.
Einerseits kann der Einsatzbereich verbreitert werden. Aus der Bewegung der 80er-Jahre mit dem Ziel der Humanisierung der Arbeit haben sich eine Fülle von nationalen und internationalen Richtlinien sowie Empfehlungen ergeben, die im Unternehmen eingesetzt werden, wie etwa die British Standards (BS) 8800 oder die Vorgaben der deutschen REFA. Den größten Diskussionsbedarf um die Jahrtausendwende bringt die Integration ökologischer Aspekte in die eingesetzten Managementsysteme. Die Befürworter einer entsprechenden Anpassung der ISO 9000-Reihe sind zunächst einmal abgeschlagen. Es haben sich getrennte Normen etabliert wie die ISO 14001, der EU-Öko-Audit EWG 1836/93 oder die Entsorgungs-Fachbetriebsverordnung EFB. Gerade im Bereich der Umweltprogramme ist die größte Bewegung in der globalen Diskussion zu erwarten, um
282
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
die immer wiederkehrende Frage zu beantworten, was Leistungsqualität überhaupt ist. Eine Modifikation der ISO 9000 bzw. eine Erweiterung des unmittelbar angekoppelten Normenpools ist programmatisch. So wurde die ISO EN 9001: 2001 bereits nach vier Jahren durch die ISO EN 9001: 2005 ersetzt. Andererseits werden die zu berücksichtigenden Richtlinien dadurch erweitert, dass man zu einer bestimmten Branche gehört. So wirkt bei der KFZ-Herstellung der Verband der Automobilindustrie VDA mit seiner eigenen international gültigen Qualifikationsnorm 6.1 auf das Qualitätsmanagement der entsprechenden Unternehmen und ergänzt bzw. substituiert partiell die Regularien der ISO 9000 und den Kranz der dazugehörenden Normen wie etwa die DIN EN 46001/8.
DIN EN 46001/8 VDA 6.1 ISO 9000
ISO 14001
Managementsystem
EU-Öko-AuditVerordnung EWG 1836/93
BS 8800 REFA
Arbeitssicherheitsprogramm
Arbeitssicherheits-
QMHandbuch
Umweltprogramm
QM-
EFB EntsorgungsFachbetriebsverordnung
Umwelt-
Verfahrensanweisungen
Arbeitssicherheits-
QM-
Umwelt-
Arbeitsanweisungen / Betriebsanweisungen Abb. 6.15:
Integriertes Managementsystem für Qualität (QM), Umweltschutz (UM) und Arbeitssicherheit (AS) (nach Hering/Steparsch/Linder)
6.1 Total Quality Management (TQM)
283
Entsprechend der Normenauswahl im Managementsystem werden die Verfahrensanweisungen detailliert und in Arbeits- bzw. Betriebsanweisungen umgesetzt (vgl. Hering/Steparsch/Linder 1997, S. 257; siehe Abb. 6.15). Dennoch, die ISO 9000-Reihe bildet das Fundament, auf das sich alle Regularien zum Qualitätsmangement beziehen müssen. Wie kaum eine andere Norm zuvor wurden diese DIN EN ISO-Richtlinien international angenommen. Ihre persistente Architektur ist in der Abb. 6.16 dargestellt (vgl. dazu Westkämper 1996, S. 13–45). In der DIN EN ISO 9000 werden die grundsätzlichen Konzepte zur QM-Nachweisführung erklärt und zur Auswahl und Nutzung der Normenfamilie Stellung genommen. Sie bildet den Leitfaden zur Planung und Umsetzung eines gestuften Qualitätsmanagementsystems. In den Normen DIN EN ISO 9001 bis 9003 werden die Nachweisforderungen über die Eignung eines Lieferers und über die Anforderungen an das QM-System in drei Nachweisstufen spezifiziert. Dabei ist die ISO 9001 das vollständigste Konzept. Hier werden alle Bereiche des Unternehmens analysiert und entsprechend reglementiert. Das gilt für die Entwicklung, die Konstruktion, die Produktion, die Montage und die Wartung. Die ISO 9002 bildet hiervon eine Teilmenge: Entwicklung und Konstruktion entfallen. Und bei der ISO 9003 wird erneut eine Teilmengenbetrachtung angestellt, die Nachweisstufe bezieht sich nur auf die Endstufe der Leistungserstellung. In der DIN EN ISO 9004 wird schließlich aufgezeigt, wie der Aufbau eines QM-Systems zu erfolgen hat, sie enthält den Leitfaden und die Elemente eines Qualitätssicherungssystems. Hiermit wird nicht nur die Einführungsproblematik behandelt, sondern auch ein umfassender Grundstock von Anforderungen bei den jeweiligen QM-Elementen beschrieben.
Abb. 6.16:
Architektur der DIN EN ISO 9000 ff. (nach Westkämper)
284
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Das gesamte Regelwerk ist nicht redundant. Es werden lediglich die einzelnen Elemente immer wieder aufgegriffen und in den entsprechenden Handlungszusammenhang gestellt. Um das System zu verstehen, kann man zunächst die 20 Elemente der ISO 9001 (vgl. ISO EN 9001: 2008) betrachten. Es sind:
(1) Verantwortung und Leitung, (2) Qualitätsmanagementsystem, (3) Vertragsprüfung, (4) Designlenkung, (5) Lenkung der Dokumente und Daten, (6) Beschaffung, (7) Lenkung beigestellter Produkte, (8) Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, (9) Prozesslenkung, (10) Prüfung, (11) Prüfmittelüberwachung, (12) Prüfstatus, (13) Lenkung fehlerhafter Produkte, (14) Korrektur/vorbeugende Maßnahmen, (15) Handhabung, Lagerung, Verpackung und Versand, (16) Lenkung von Qualitätsaufzeichnungen, (17) interne Qualitätsaudits, (18) Schulung, (19) Wartung und (20) statistische Methoden.
Durch die Begrifflichkeit der 20 Qualitätselemente der ISO 9001 sieht diese Normreihe vor, jedes einzelne Element organisatorisch einzubetten. Im Gegensatz zu anderen Regularien wird hier darauf geachtet, dass die angestrebten Ansprüche nicht nur erfüllt werden, sondern dass sie auch sozial verankert sind. Daher wird je Element nach der verantwortlichen Einheit in der Aufbauorganisation gesucht, die alle Prozesse und alle Ergebnisse des betrachteten Handlungssegments in das Repertoire der Weisungsbefugnisse mit übernimmt. Hering/Steparsch/Linder (1997, S. 17; vgl. Abb. 6.17) haben eine solche idealtypische Organisation abgebildet. Die Geschäftsleitung übernimmt die Elemente (1) und (14), also die Verantwortung der Leitung sowie die Korrektur und Vorbeugemaßnahmen. Der QM-Beauftragte verantwortet als Stabsstelle die Elemente (2) und (17), d. h. QM-System und interne Audits. Auf die Materialwirtschaft entfallen (5), (6), (10.1), (15) und (16) - Lenkung der Dokumente, Beschaffung, Lagerung, Verpackung, Versand, Qualitätsaufzeichnung und Wareneingangsprüfung. Der Vertrieb organisiert (3), (7) und (19) und damit Vertragsprüfung, beigestellte Produkte, Wartung und Kundendienst. In der Fertigung sind die Kernprozesse unter (8), (9), (10.2) und (13) gefasst: Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, Prozesslenkung, Zwischenprüfung sowie Lenkung der fehlerhaften Produkte. Die Entwicklung/Konstruktion verantwortet natürlich die Designlenkung (4) und die Lenkung der Dokumente und Daten (5). Die kaufmännische Verwaltung übernimmt die Schulung (18), und der Rest verbleibt in einer häufig noch zu gründenden Abteilung Qualitätswesen.
6.1 Total Quality Management (TQM)
285
Geschäftsleitung
Materialwirtschaft
Vertrieb
1 Verantwortung der Leitung
2 QM-System
14 Korrektur- u. Vorbeugemaßnahmen
17 Interne Audits
Fertigung
Entwicklung/ Konstruktion 4 Designlenkung
2 QM-System
13 Lenkung fehlerhafter Produkte
7 Beigestellte Produkte
9 Prozesslenkung
5 Lenkung der Dokumente u. Daten
5 Lenkung der Dokumente u. Daten
14 Korrektur- u. Vorbeugemassnahm.
19 Wartung, Kundendienst
10.2 Zwischenprüfungen
10 Qualitätsprüfungen
16 Qualitätsaufzeichnungen
13 Lenkung fehlerhafter Produkte
11 Prüfmittel
20 Statistische Methoden
3 Vertragsprüfung
5 Lenkung der Dokumente u. Daten 15 Lagerung, Verpackung, Versand
10.1 Wareneingangsprüfung
Abb. 6.17:
Qualitätswesen
8 Kennzeichnung u. Rückverfolgbarkeit
6 Beschaffung
16 Qualitätsaufzeichnungen
QM-Beauftragte
Kaufm. Verwaltung 18 Schulung
12 Prüfstatus
Zuordnung der QM-Elemente im Organigramm (nach Hering/Steparsch/Linder)
Selbstverständlich kann auch eine andere Verteilung in der Aufbauorganisation gewählt werden. Das ist ganz abhängig von den spezifischen Gegebenheiten vor Ort. Wichtig ist nur, dass eine eindeutige Teilung der Verantwortung gefunden wird. Hieraus ergibt sich der soziale Aufbau des QM-Systems und der Ablauf bei der Implementierung und Zertifizierung. Ein Prozess, der zu Beginn in jedem Unternehmen einen hohen reorganisatorischen Aufwand nach sich zieht und der damit nicht abgeschlossen ist. Das ISO 9000-System sieht vor, in regelmäßigen Abständen den Einhalt des gesetzten Qualitätsanspruches erneut – stets von Externen - zu überprüfen.
6.1.2
Aufbau des QS-Systems
Das Qualitätssicherungssystem der ISO 9000-Reihe manifestiert sich an der Organisation und Beschaffenheit der Betriebsrealität. Die Mitarbeiter müssen ihre Aufgaben vor Ort beherrschen, die Anlagen müssen entsprechend der Qualitätsansprüche funktionieren, die betriebliche Leistung – das Produkt – darf wohldefinierte Toleranzwerte nicht über- bzw. unterschreiten, und die Organisation muss Kundenwünsche sowie -beschwerden reibungslos kanalisieren. Der Kern des intendierten Ergebnisses eines QS-Systems lässt sich nur mit den Worten von Adi Preißler umschreiben – ehemaliger Trainer von Rot-Weiß-Essen – „Grau ist alle Theorie, maßgebend ist auf dem Platz“. Wie eine hohe Qualität im Unternehmen zu gestalten ist, hängt von den spezifischen Gegebenheiten ab. Es ist ja gerade diese Kernkompetenz, welche zu einem komparativen Konkurrenzvorteil (KKV) führt, einem Vorteil, der dem jeweiligen Unternehmen einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern schafft. Dieser lässt sich nicht von der Konkurrenz einfach kaufen oder in einem schlauen Buch nachlesen, um dann kopiert zu werden. Es ist die reale sächliche und soziale Welt, welche die Qualitätsbedingungen schafft und die Produktqualität laufend reproduziert. Die Information und Dokumentation der Qualitätssicherung setzt auf die vorhandene Realität auf. Sie schafft zwar keine neuen Verfahren oder Produkte, die sich patentieren lassen, sie deckt aber Schwachstellen in der Organisation auf, die sich alsdann revidieren lassen. Mit der ISO 9000-Reihe lässt sich keine unmittelbare Leistungsinnovation bewirken, wohl aber die vorgegebene Struktur erheblich optimieren und für den Kunden durchsichtiger gestalten.
286
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Als Instrument dafür dient das Qualitätsmanagement-Handbuch. „Zur Beurteilung des QM-Systems und zur Durchführung und Aufrechterhaltung von Qualitätsverbesserungen wird in den Normen die Dokumentation des Systems gefordert. Eine umfassende Systemdokumentation bietet für ein Unternehmen zahlreiche Vorteile:
Transparenz in der Aufbau- und Ablauforganisation, eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten, Optimierung qualitätsrelevanter Tätigkeiten, klare Definitionen von Schnittstellen sowie Unterstützung von Schwachstellenanalysen und präventiven Fehlerverhütungsmaßnahmen“ (Westkämper 1996, S. 13–49).
Die Betriebsbibel für die Qualitätssicherung ist das QM-Handbuch. Hier werden die 20 Qualitätsmanagement-Elemente thematisiert und in ihrer für das Unternehmen spezifischen Ausdrucksform detailliert. Das QM-Handbuch beschränkt sich nicht – wie etwa Unternehmensleitbilder – auf allgemeine Zielsetzungen, sondern manifestiert die Arbeitsstrukturen, so wie sie vor Ort durchgeführt werden sollen. Das Handbuch ist in Kapitel gegliedert, es umfasst die Grundsätze und die Strukturen der Aufbau- und der Ablauforganisation. Die Verteilung erfolgt im ganzen Unternehmen bei der Geschäftsführung, den Werksleitern sowie den Bereichs- und Hauptabteilungsleitern. Es verweist hierarchisch auf die zweite Ebene, welche die Verfahrensanweisungen, also die Prozessbeschreibungen mit ihren Abläufen, den Verantwortlichkeiten und den Dokumentenfluss beinhaltet. Diese werden für alle Teilbereiche und Abteilungen durchgeführt und klären bereichsübergreifend die Schnittstellenregelungen und die Ablaufdarstellungen. Aufgrund ihres Umfanges erfolgt die Verteilung der Verfahrensanweisungen nur abteilungsweise (vgl. Wiendahl 2010, S. 374 sowie Hering/Steparsch/ Linder 1997 S. 148; vgl. Abb. 6.18). Schließlich müssen zum Zertifikatserwerb noch auf der untersten Hierarchieebene alle Arbeitsanweisungen und Prüfanweisungen je Sachgebiet und Arbeitsplatz niedergelegt werden, sodass jeder Mitarbeiter über eine arbeitsplatzbezogene Teildokumentation verfügt. Hier enthalten sind Durchführungsbestimmungen, Tätigkeitsbeschreibungen, Vor-Ort-Anweisungen und Checklisten. Horizont intern: GF, Werksleiter, Bereichs- u. Hauptabteilungsleiter
QM-Dokumentation Ebene 1
Ebene 2 ausschließlich intern abteilungsweise
Abb. 6.18:
Qualitätspolitik Führungselemente QS-Elemente
Verfahrensanweisungen QM-VA (Prozessbeschreibung)
Teilbereiche, Abteilungen Bereichsübergreifend, Schnittstellenregelungen, Ablaufdarstellungen
Start Vorgang
Ablaufbeschreibungen Verantwortlichkeiten Dokumentenfluss
Ebene 3 ausschließlich intern arbeitsplatzbezogen
ganzes Unternehmen Grundsätze, Aufbau- und Ablauforganisation
QME 1-20 QMHandbuch QM-H
extern: falls erforderlich
Inhalt
Arbeits- und Prüfanweisungen QM-AA Durchführungsbestimmungen Tätigkeitsbeschreibungen Vor-Ort-Anweisungen, Checklisten ...
Aufbau und Inhalt eines QM-Handbuches
Vorgang Angabe l Ziele l Verweis auf unterstützende Prozesse
Sachgebiet/ Arbeitsplatz Detailanweisungen für bestimmte Tätigkeiten
6.1 Total Quality Management (TQM)
Abb. 6.19:
287
Aufnahme des Geschäftsprozesses: Wareneingang (nach Hering/Steparsch/Linder)
Die hierarchische Struktur der QM-Dokumentation ist evident. Sie entspricht damit auch der Erwartung von Controllingberichtssystemen. Ihr syntaktischer Aufbau kann gut dazu verwendet werden, um die Struktur des technischen Controllings zu definieren. Voraussetzung hierfür ist die Aufnahme aller Geschäftsprozesse in ihrer Ablaufstruktur. „Ziel ist es, allgemein gültige (generalisierte) Abläufe zu definieren. Beachtet werden muss jedoch der Grundsatz, dass einfache Abläufe sicherer und wertschöpfender sind. Das Erarbeiten der Abläufe wird in der Arbeitsgruppe anhand des allgemeinen Schemas vorgenommen“ (ebenda S. 142 f.; vgl. Abb. 6.19). In der Abbildung 6.19 wird der Geschäftsprozess Wareneingang idealty-
288
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
pisch abgebildet. Zunächst einmal muss jeder Prozess mit seinem Thema benannt, d. h. klassifiziert werden. Weiterhin ist das Ziel des Prozesses zu fixieren, d. h. das Ergebnis, welches durch den Prozess erreicht werden soll. Alsdann wird die auslösende Tätigkeit beschrieben, die zum Anlass genommen wird, den Prozess zu beginnen. Nun können die einzelnen Arbeitsschritte aufgezählt werden. Sie werden nummeriert, und der Durchführungsverantwortliche wird benannt. Im Falle des Wareneingangs sind bspw. sieben Schritte zu absolvieren: Prüfen des Lieferscheins, Abladen, Kennzeichnung der Ware, Proben für das Labor (falls notwendig), Laborprüfung, Einlagern, Begleitpapiere an den Einkauf. Jeder Arbeitsschritt kann dazu führen, dass einzelne Unterlagen bzw. Dokumente (Anweisungen, Checklisten, Formblätter usw.) dabei ausgefüllt werden. Diese sind genauso festzuhalten wie das Nachweisdokument für die erfolgreiche Bewältigung des Gesamtprozesses. Anhand dieser Unterlage kann der Prozess nachvollzogen werden. Im Falle des Wareneingangs ist das z. B. der freigegebene Lieferschein und das Prüfprotokoll des Labors. Das Ergebnis einer vollständigen Dokumentation aller Geschäftsprozesse im Unternehmen ist eine Fülle von Informationen, deren Widerspruchsfreiheit erst dann evaluiert werden kann, wenn das Gesamtsystem in seinen Einzelelementen und seinen Beziehungen dargestellt wird. Ziel ist es, Redundanzen zu vermeiden. Während auf der ersten Ebene der allgemeine Teil und die Kapitel noch eine lineare Struktur aufweisen, haben wir auf der zweiten Ebene bereits eine Vernetzung. Das bedeutet, Verfahrensanweisungen kommen an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen zum Einsatz. Daher ist es notwendig, in verschiedenen Kapiteln auf dieselben Verfahrensanweisungen zu verweisen. Es besteht eine n:mBeziehung. So kann ein Wareneingang sowohl im Materiallager wie auch im Personalbüro erfolgen und dennoch nach demselben Muster abgewickelt werden. Noch ausgeprägter wird die Vernetzung auf der dritten, der Arbeitsanweisungsebene. Verfahren bündeln mehrere Arbeitsanweisungen, die auf Modulbasis auch in anderen Verfahren zur Nutzung kommen (vgl. Pfeifer 1996, S. 219; siehe Abb. 6.20). Ein modular aufgebautes System ist allein deshalb schon zweckmäßig, da sich die einzelnen Arbeitsanweisungen und gegebenenfalls auch die Verfahren laufend verbessern lassen, d. h. aber auch, dass sie sich ändern. Die QM-Dokumentation unterliegt einem Lebenszyklus:
Bei der Erstellung muss ein einheitliches Layout bei dezentraler Generierung gewährleistet sein. Es müssen sowohl die Querverweise als auch die mitgeltenden Unterlagen verwaltet werden. Bei der Verteilung gilt es, die Aktualität aufrechtzuerhalten, die Autorisierung der Zugriffsrechte zu organisieren und dennoch einen angestrebten Kostenrahmen nicht zu überschreiten. Genutzt werden die Informationen nur dann, wenn sie in Umfang und Komplexität den Rezipienten nicht überstrapazieren und der Suchaufwand sich entsprechend in Grenzen hält. Die Einarbeitung darf nicht zu aufwendig sein, am besten ist es, wenn die Unterlagen sich selbst erklären. Ganz besonders misslich wird es, wenn die nichtlinearen Zusammenhänge zwischen QM-H, QM-VA und QM-AA unstimmig sind bzw. die Schnittstellen zwischen den Dokumenten ungenau. Zu benutzen sind die Informationen jedoch auch nur dann, wenn sie das vorhandene Basissystem der Realwelt sachgerecht wiedergeben. Ändert sich die Realität, so muss auch das QM-System angepasst werden.
6.1 Total Quality Management (TQM)
289
Bei Änderungen ist auf eine genaue Versionsverwaltung zu achten. Sie sind zu kennzeichnen, und es ist laufend eine Rückmeldeorganisation aufrechtzuerhalten, die Abweichungen in der Dokumentation mit der Realwelt abgleicht.
Abb. 6.20: Aufbau der QM-Dokumentation (nach Pfeifer)
So wird neben der Realwelt eine Modellwelt erstellt und gewartet. Für das Unternehmen entsteht ein zusätzlicher Aufwand, der nur dann gerechtfertigt ist, wenn damit auch eine kontinuierliche Produkt- und Produktionsverbesserung einhergeht, welche die Fixkostenerhöhung durch zusätzliche Erträge kompensiert. Natürlich muss in der Organisation des QS-Systems stets versucht werden, mit den geringsten Aufwendungen zu operieren. Dabei stellt das QM-Handbuch ein großes verwaltungstechnisches Problem dar. Der Begriff Buch suggeriert ein Konzept als Loseblattsammlung, das Unmengen von Papier verschlingt. Das ist bei einer Papierlösung auch der Fall, da wir es ja nicht mit einer linearen, sondern mit einer vernetzten Inhaltsstruktur zu tun haben. Daher werden im Unternehmen zunehmend DV-Lösungen implementiert. Das QM-System hat eine Hypertext-Struktur und lässt sich hervorragend als ein solches Datenobjekt modellieren.
290
6 Exkurs: QM und IT-Controlling
Nutzung
Qualitätsmanagement-Handbuch 000
012
001
013 014
002 Ändern
Handbuch
015
003
005
Ändern
Verfahrensanweisung
019
007
010
Ursprungsdateien bearbeiten
017 018
006
009
Änderung
016
004
008
QM-Handbuch QM-Verfahrensanweisung QM-Arbeitsanweisung Verständnisfragen
Ändern
Arbeitsanweisung
Kapitel Q00
Organisation des Handbuches
?
'!
Hypermedialexikon
020
Attributivprüfung Ändern
Verständnisfragen
Lehrende Prüfung
011 Beenden
Lexikon
Sichtprüfung
Hilfe
Attributprüfung
Flächenlehre
Bei der Attributprüfung erfolgt nur eine Gut-/Schlecht-Prüfung des Merkmales
Abb. 6.21:
250
ja
elekt. Bundesanzeiger
3* und 6 Monate
> 65
> 130
> 5000
ja
elekt. Bundesanzeiger
3* und 6 Monate
Großunternehmen (§ 1 PublG)
* = kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften längstens 4 Monate
Abb. 7.18:
7.2.1
Größenklassen von Kapitalgesellschaften und Großunternehmen mit Prüfungs- und Offenlegungspflichten
Bilanzstruktur nach HGB
Die Bilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital einer Wirtschaftseinheit zu einem bestimmten Stichtag in gleicher Gesamthöhe. Das Vermögen stellt die Verwendung des Kapitals dar und wird gewöhnlich nach der Verbleibdauer in der Unternehmung nach Anlagevermögen und Umlaufvermögen gegliedert. Das Kapital wird in der Regel nach der Rechtsstellung der Investoren aufgelistet und unterteilt sich nach der Herkunft der Mittel in Eigen- und Fremdkapital. Die Bilanzinhalte umfassen die Bestände an Vermögen und Kapital. Oftmals stimmen die ausgewiesenen Werte nicht mit den realen Werten der Unternehmung überein. Entweder werden Vermögenswerte oder Kapitalbeträge von vornherein nicht erfasst oder unterliegen den gesetzlichen Vorschriften, die die Höhe der Posten maßgeblich beeinflussen. So regelt bspw. das Handelsrecht, welche Herstellungskosten in der Handelsbilanz verpflichtend und wahlweise anzusetzen sind und welche einem Verbot unterliegen (siehe Schildbach 2009, S. 181 ff.; vgl. Tab. 7.1). Selbstverständlich verfolgt die Bilanz keinen Selbstzweck, sondern soll bestimmten Ansprüchen von Interessengruppen genügen. Damit ist die Bilanz an sich zielgerichtet und verfolgt mehrere Bilanzfunktionen (vgl. Meyer 2011, S. 4):
Die Informationsfunktion ist sowohl intern als auch extern gerichtet und dient als Grundlage zur Kontrolle, Disposition, Planung, Bilanzanalyse und zum Bilanzvergleich. Ebenso hängt die Entscheidungsfindung potenzieller Gläubiger von der Offenlegung der Jahresabschlussinformationen ab (siehe hierzu Schildbach 2009, S. 22 ff.). Die Rechenschaftsfunktion ist ebenfalls intern und extern gerichtet. Sie kann gesetzlich vorgegeben sein oder freiwillig erfolgen. Die Rechenschaft erfolgt gegenüber Eigentümern, Gläubigern und öffentlich-rechtlichen Institutionen. Die Dokumentationsfunktion weist inner- und zwischenbetriebliche Wertbewegungen durch die in der Buchführung aufgezeigten Geschäftsvorfälle nach. Die Sicherungsfunktion wird über den Nachweis der Erhaltung und der Möglichkeit der Rückzahlung von Fremdkapital gegenüber den Gläubigern erbracht. Zuletzt erfüllt die Bilanz eine Ermittlungsfunktion. Einerseits ist die Bilanz Grundlage zur Besteuerung und mit der GuV dient sie als Grundlage zur Erfolgszurechnung und -verwendung (Erfolgsermittlung). Des Weiteren ist die Vermögens- und Kapitalermittlung Grundlage für vielfältige Verhandlungen, Fusionen, Vergleiche, Konkurse usw. In
7.2 Finanzbuchhaltung
349
dieser Funktion ist auch die Kapitalerhaltung zur Sicherung des Unternehmensbestandes subsumiert (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele 2009, S. 96 f.).
Herstellungskosten („Kosten“ stets im Sinne von „Aufwendungen“)
Handelsrecht in weitestgehender Übereinstimmung mit dem Steuerrecht (§ 255 Abs. 2 und 3 HGB, R 6.3 EStR)
Materialeinzelkosten
Pflicht
Fertigungslöhne
Pflicht
Sonder(einzel)kosten der Fertigung
Pflicht
Entwicklungskosten, auftragsgebunden
Pflicht
Sondereinzelkosten des Vertriebs, soweit angefallen
Verbot (aber umstritten)
Materialgemeinkosten*
Pflicht
Fertigungsgemeinkosten*
i.d.R. Pflicht
darunter planmäßige Abschreibungen
Pflicht
außerplanmäßige Abschreibungen
Verbot
Steuern des Fertigungsbereichs (GrSt, KFZSt)
Pflicht
Zinsen auf Fremdkapital
Wahlrecht** ***
Zinsen auf Eigenkapital
Verbot
kalkulatorische Kosten
Verbot
betriebliche Altersversorgung, soziale Einrichtung und freiwillige Sozialleistungen
Wahlrecht***
F. u. E. - Kosten, nicht auftragsgebunden
Verbot
allgemeine Verwaltungskosten*
Wahlrecht***
Technische Verwaltung (der Fertigung)*
Pflicht
Vertriebsgemeinkosten
Verbot
Lagerkosten der Fertigprodukte, sofern nicht Lagerung Teil der Produktion ist (Whisky z.B.)
Verbot
Steuern vom Gewinn (Est, KSt, KiSt)
Verbot
(GewESt)
Verbot (Steuerbilanz Wahlrecht nach R 6.3 Abs. 5 EStR)
Gemeinkosten dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. * Fixkosten, solange keine „offenbare Unterbeschäftigung“ besteht ** ***
Tab. 7.1:
i. d. R. Pflicht
Fixkosten bei „offenbarer Unterbeschäftigung“ nur Anteil Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird, …, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen“. (§ 255 Abs. 3 HGB) „Das handelsrechtliche Bewertungswahlrecht für Kosten der allgemeinen Verwaltung und Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgung sowie für Zinsen für Fremdkapital gilt auch für die Steuerbilanz; Voraussetzung für die Berücksichtigung als Teil der Herstellungskosten ist, dass in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird“ (R 6.3 Abs. 4 Satz 1 EStR).
Herstellungskosten nach Handels- und Steuerrecht (nach Schildbach)
Natürlich können all diese Funktionen nicht in einer Darstellungsform erbracht werden, dazu sind die Rezipientenansprüche zu unterschiedlich, und dazu existieren auch zu viele Bewertungsnormen, die entsprechend der jeweiligen Situation angewendet werden und durchaus zu
350
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
widersprüchlichen Interpretationen führen können. Für jeden Zweck müssen spezifische Anforderungen an die Bilanz gestellt werden. Aus diesem Grund haben sich verschiedene Bilanzarten etabliert, die den Funktionsansprüchen nachkommen. In der Praxis sind vor allem die Handelsbilanz und die Steuerbilanz bedeutsam (siehe hierzu Meyer 2011, S. 17 ff.). Es ist selbstverständlich, dass eine ordentliche Bilanz, die den gesetzlich vorgeschriebenen Normen der Handelsbilanz genügt und ein gut gehendes Unternehmen in seiner Vermögensund Kapitalstruktur abbildet, auf ganz anderen Bewertungsansätzen beruht, als wenn dasselbe Unternehmen in Liquidierungsabsicht eine Bilanz erstellt. Wenn ein Unternehmen seine Einzelteile verkaufen muss, dann sind sie in der Regel weniger wert, als wenn sie im Rahmen ihrer Abschreibungssituation mit einem Buchwert versehen werden. Aber nicht nur die Werte der einzelnen Vermögenselemente ändern sich, sondern auch die Art, der Umfang und die Inhalte der Gliederung einer Bilanz. Dennoch stellt der „Normalfall“, also die Situation, in der ein laufender Betrieb bilanziert wird, gewisse Ansprüche, die eine Bilanz zu erfüllen hat. Selbstverständlich gibt es keine weltweite Norm, und somit sind regionale, zeitspezifische und tätigkeitsorientierte Abweichungen unverkennbar. Die Grundstruktur der Bilanz nach dem HGB gliedert sich auf der Aktivseite in Anlagevermögen (mit immateriellen Vermögensbeständen, Sachanlagen und Finanzanlagen), Umlaufvermögen (mit Vorräten, Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen, Wertpapieren sowie Kassenbestand, Guthaben und Schecks), Rechnungsabgrenzungsposten, aktive latente Steuern und den aktiven Unterschiedsbetrag aus der Vermögensrechnung. Die Passiva werden in Eigenkapital (mit gezeichnetem Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklage, Gewinn-/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag), Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten und passive latente Steuern gegliedert (vgl. Eisele/Knobloch 2011, S. 75 f.; siehe Tab. 7.2). Betrachtet man die Aktivseite unter Liquiditätsgesichtspunkten, so sind die Elemente mit dem schwierigsten Veräußerungsgrad oben angeführt, und die Barschaft (Kassenbestand) wird am Ende aufgelistet. In der Passivseite steht in Deutschland das Eigenkapital vor dem Fremdkapital. Beide Sachverhalte werden im angloamerikanischen Bereich oder in der Schweiz genau umgekehrt gesehen. Die Norm erfordert das liquide Umlaufvermögen an erster Stelle, wie auch den Ausweis der Verbindlichkeiten (vgl. Käfer 1974, S. 50 ff.). Es zeigt sich, dass nicht nur im Aufbau, sondern auch in den Bewertungsrichtlinien eine Fülle von Möglichkeiten vorhanden sind, die das Betriebsergebnis stark beeinflussen können. Der Erfolg eines Unternehmens ist also nicht nur von dem realen Güterstrom und den Finanzbewegungen abhängig, sondern auch von deren Interpretation durch die Bilanzierung. Um das zu verdeutlichen, werden folgende Bewertungsbereiche herausgegriffen:
die Anlagenbewertung, die Vorratsbewertung und die Rechnungsabgrenzung.
7.2 Finanzbuchhaltung Aktiva A.
B.
C. D. E.
351 Bilanz
Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögensgegenstände: 1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte; 2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 3. Geschäfts- oder Firmenwert; 4. geleistete Anzahlungen; II. Sachanlagen: 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken; 2. technische Anlagen und Maschinen; 3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung; 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau; III. Finanzanlagen: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen; 3. Beteiligungen; 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 5. Wertpapiere des Anlagevermögens; 6. sonstige Ausleihungen. Umlaufvermögen: I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen 3. fertige Erzeugnisse und Waren; 4. geleistete Anzahlungen; II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen; 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 4. sonstige Vermögensgegenstände; III. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. sonstige Wertpapiere; IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Rechnungsabgrenzungsposten. Aktive latente Steuern. Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung.
Tab. 7.2:
A.
Passiva
Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklage: 1. gesetzliche Rücklage; 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen; 3. satzungsmäßige Rücklagen; 4. andere Gewinnrücklagen; IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag; V. Jahresüberschüss/Jahresfehlbetrag. B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen. C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen, davon konvertibel; 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten; 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen; 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel; 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 7. Verbindlichkeiten gegenüber verUnternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 8. sonstige Verbindlichkeiten, davon aus Steuern, davon im Rahmen der sozialen Sicherheit. D. Rechnungsabgrenzungsposten. E. Passive latente Steuern.
Gliederung der Bilanz gemäß § 266 HGB (nach Eisele/Knobloch)
352
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Bei Anschaffung einer Anlage ist im Betrieb festzulegen, nach welchem Prinzip sie abgeschrieben werden soll. Hierzu stehen eine Reihe von Abschreibungsverfahren zur Verfügung, deren steuerrechtliche Zulässigkeit genau geregelt ist. Die gebräuchlichste Form ist die lineare Abschreibung, bei der über einen festgesetzten Zeitraum mit derselben Abschreibungsrate der Anlagenwert gemindert wird (vgl. Abb. 7.19). Neben der Zweckmäßigkeit eines Verfahrens muss somit auch ein Begründungszusammenhang für seine Anwendung formuliert werden. Es wird hier nicht auf die mathematische Ermittlung des Abschreibungsbetrages aller Verfahren eingegangen (siehe hierzu bspw. Eisele/Knobloch 2011, S. 439 ff.), sondern nur die Entscheidungssituation beleuchtet. Mit der Abschreibung wird die Ausgabe für eine Anlage als Aufwand über einen Zeitraum von mehreren Perioden verteilt. Es gilt also zunächst, eine Prognose zu treffen, welche Lebensdauer die Anlage hat und mit welchem Werteverfall zu rechnen ist. Dementsprechend kann ein Abschreibungsverfahren gewählt werden, wobei die steuerrechtliche Zulässigkeit eine Nebenbedingung bei der Verfahrensauswahl bildet. So weit ist die Anlagenbewertung im Prinzip ein rationaler Prozess, in der Praxis aber stellt sich die Bewertungsfrage nicht so klar. Bw Ro
n Abschreibungsbetrag
: gleichbleibend
Formeln zur Ermittlung des: R0 - Rn : at = Abschrein bungsbetrags Zulässigkeit
Abb. 7.19:
: § 7 Abs. 1 EStG Zulässig für alle abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
t
Abschreibungsbasis
: Anschaffungsbzw. Herstellungskosten
Abschreibungssatzes in %
: q=
1 · 100 n
Abkürzungen : at = Abschreibungsbetrag im Jahr t Bw = verbleibende Nutzungsdauer vom Jahresanfang gerechnet n = Nutzungsdauer in Jahren q = Abschreibungssatz R0 = Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten Rn = Restbuchwert am Ende der Nutzungsdauer bzw. Schrottwert t = Periodenindex
Lineare Abschreibung
Es ergeben sich zwei Betrachtungsebenen, die das Anlagenbewertungsproblem verkomplizieren. Zum einen können Anlagen in der Regel nicht vereinzelt gesehen werden, sondern in ihrem technischen Kontext. Anlagen bilden häufig ein System aus mehreren Elementen mit
7.2 Finanzbuchhaltung
353
unterschiedlichen Anschaffungszeitpunkten. Die Lebensdauer und der Zeitwert des Einzelelementes stehen in einem direkten Zusammenhang zu der Lebensdauer und dem Zeitwert des gesamten technischen Systems. Zum anderen ist die Interessenlage der Rezipienten unterschiedlich. Der unmittelbare Anlagenverwender möchte in seinem Bereich eine Übersicht. Er ist somit nicht an einer Verfahrensvielfalt interessiert, sondern an klaren Strukturen. Genau anders ist die Beurteilung des Abschreibungsvorgehens für denjenigen, der ständig mit unterschiedlichen Verfahren umgeht und dessen Interesse aus der Sicht des Gesamtbetriebes geleitet wird. Die Beurteilung des einzelnen Anlagebereiches ist für ihn sekundär. Geht es dem Unternehmen gut und steht mittelfristig eine sehr große Investition bevor, so kann er durchaus die kürzeste Lebensdauer festsetzen, die steuerlich zulässig ist. Ist dann die Anlage auf den Erinnerungswert von einem Euro abgeschrieben und dennoch als Leistungsfaktor für das Unternehmen und in seinem Wiederverkaufspreis mehr wert, so bildet sie eine stille Reserve, die zum opportunen Moment aufgelöst werden kann. Ist es aus der Sicht der Geschäftsleitung von Interesse, kurzfristig Gewinne zu erzielen, so wird die Lebensdauer als so lang wie möglich festgelegt. Die Wertminderungen pro Periode fallen entsprechend gering aus, der Betriebserfolg erhöht sich. An diesem Bewertungsbeispiel zeigt sich, dass die Bewertungsgrundlage, das Anlageobjekt, keine eindeutigen Bewertungskriterien aufzuweisen braucht, und dass die bewertungsbeeinflussenden Personen von durchaus unterschiedlichen Zielsetzungen geleitet werden können. Entspricht der einmal eingeschlagene Weg während der Lebensdauer des Anlageobjekts nicht den Erwartungen oder aber der wie auch immer interpretierten Realität, so verbleibt die Möglichkeit der Sonderabschreibung. Maßgeblich hierfür ist neben den gesetzlichen Regelungen die Fundierung des Begründungszusammenhanges. Aber auch hiermit steht ein Instrument zur Verfügung das sowohl dafür eingesetzt werden kann, in der Darstellung der Betriebsrealität näher zu kommen, als auch für die Verfolgung anderer Zielsetzungen, wie bspw. die der Gewinnverschiebung zwischen zwei oder mehreren Perioden. Einen ähnlichen Sachverhalt haben wir bei dem Entscheidungsproblem, wie die Lagerbestände eines Unternehmens zu bewerten sind. Zunächst stehen auch hier eine Reihe von Verfahren zur Verfügung, deren Anwendung rechtlich geregelt ist. Wöhe/Mock (2010, S. 143 ff.) zählen für die Bewertung gleichartiger Vorräte mehrere Verfahren auf. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Einzelbewertung nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Wird oder kann das Vorratsvermögen nicht getrennt nach ihren unterschiedlichen Anschaffungskosten gelagert werden, ist am Abschlussstichtag nicht feststellbar, wie hoch die Anschaffungskosten der zu bewertenden Güter gewesen sind, und eine Einzelbewertung ist nicht mehr möglich. In der Handels- und Steuerbilanz ist daher auch eine Sammel- oder Gruppenbewertung oder der Ansatz von Festwerten zulässig. Es werden folgende Vorratsbewertungsverfahren genannt:
Der gewogene Durchschnitt wird aus den einzelnen Anschaffungskosten gebildet (Bewertung der durchschnittlichen Anschaffungskosten). Die Bewertung von Anschaffungskosten einzelner Zugänge nach der zeitlichen Reihenfolge ergibt zwei Möglichkeiten. Bei dem First in-first out (Fifo)-Verfahren werden die
354
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
zuerst, und bei dem Last in-first out (Lifo)-Verfahren die zuletzt beschafften Güter als verbraucht angesehen. Die Bewertung von Anschaffungskosten einzelner Zugänge nach der Preishöhe ergibt zwei weitere Möglichkeiten. Bei dem Highest in-first out (Hifo)-Verfahren werden die höchsten, und bei dem Lowest in-first out (Lofo)-Verfahren die niedrigsten bezahlten Preise zuerst ausgebucht. Nach § 240 Abs. 4 HGB können für gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnitt angesetzt werden (Gruppenbewertung). Nach § 240 Abs. 3 HGB können Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, wenn sie regelmäßig ersetzt werden. Dabei darf ihr Gesamtwert nur von nachrangiger Bedeutung sein und sich ihr Bestand in Größe, Wert und Zusammensetzung nur gering verändern (Festbewertung).
Allerdings kommt der Bilanzansatz für die Vorräte nach diesen Verfahren letztlich nur zustande, wenn sie unterhalb des Börsen- oder Marktkurses liegen. Dies entspricht dem strengen Niederstwertprinzip nach § 253 Abs. 4 HGB. Durch die Wahl unterschiedlicher Methoden ist die gezielte Beeinflussung des Periodengewinns möglich. Daher sind seit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) nur noch das Lifo- und Fifo-Verfahren sowie der gewogene Durchschnitt und die Festbewertung zulässig (§ 256 Satz 1 HGB). In der Steuerbilanz ist ausschließlich das Lifo-Verfahren gestattet (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG). Obwohl die rechtliche Zulässigkeitsregelung mit dem BilMoG eingeschränkt wurde, stellt sie – wie bei der Anlagenbewertung auch – nach wie vor lediglich eine Nebenbedingung bei der Verfahrensauswahl dar, die der sozial tradierten Forderung nach einer einheitlichen Beurteilung und Überprüfung Rechnung trägt. Gesetze leben und entstehen aus der Vergangenheitserfahrung und dem momentanen Konsens. Bewertungen im Unternehmen sind jedoch zukunftsgerichtet und enthalten somit immer ein prognostisches Element. Die Bewertung von Vorräten, die aus dem Beschaffungsmarkt direkt ins Unternehmen gelangen, hat einen Vergangenheitsbezug, nämlich ihren Kaufpreis, der unmittelbar in die Bewertungsentscheidung einfließen kann. Sehr viel schwieriger wird es bei der Bewertung von Zwischenprodukten, bei denen ihr Materialwert durchaus rückwärts gerichtet vom Kaufpreis der gebundenen Materialien auf dem Beschaffungsmarkt abgeleitet werden kann. Bei Zwischenprodukten werden aber bereits andere betriebliche Aufwendungen aktivierungsfähig, wie z. B. die Kosten für Betriebsmittel und Personal. Hier entsteht also ein Bewertungsspielraum, der zwischen dem liegt, was der zwischengelagerten betrieblichen Leistung unmittelbar an Aufwendungen zugeordnet werden kann, und dem, was ebendiese betriebliche Leistung einmal später auf dem Absatzmarkt für einen Wert repräsentieren wird. Auch hier kann, wie bei der Anlagenbewertung, die Bemühung den Vorrang haben, die vielfältig interpretierbare Realität objektiv abzubilden, es kann aber auch eine Interessenvertre-
7.2 Finanzbuchhaltung
355
tung stattfinden. Da Bewerter stets Interessenvertreter sind, darf der Umgang mit Bewertungsverfahren nur als interdependentes sozioökonomisches Problem gesehen werden.Als letztes Beispiel für die bilanzorientierte Beeinflussung des Periodengewinns soll die Rechnungsabgrenzung thematisiert werden. Die Rechnungsabgrenzung bildet sowohl eine passive wie auch eine aktive Bilanzposition und ist wie die Rückstellung ein Verfahrenskomplex zur Umverteilung des Gewinns über die Perioden. Wie in Abbildung 7.20 (vgl. Eisele/Knobloch 2011, S. 502) deutlich wird, ist zwischen der aktiven Abgrenzung als Gewinnerhöhung und der passiven Abgrenzung als Gewinnminderung in der abzurechnenden Periode zu unterscheiden. Hierbei können die Rechnungsabgrenzungsposten transitorisch sein, d. h. der Zahlungsvorgang liegt vor dem Abschlusszeitpunkt der Betrachtungsperiode, oder aber antizipativ, wobei der Zahlungsvorgang hierbei nach dem Abschlusszeitpunkt der Betrachtungsperiode angenommen wird.
transitorisch, d. h. der Zahlungsvorgang liegt vor dem Abschlusszeitpunkt (Beleg alte Periode)
antizipativ, d. h. der Zahlungsvorgang liegt nach dem Abschlusszeitpunkt (Beleg neue Periode)
Abb. 7.20:
Aktive Abgrenzung (Gewinnerhöhung in der abzurechnenden Periode)
Passive Abgrenzung (Gewinnminderung in der abzurechnenden Periode)
Ausgabe vor dem Abschlusszeitpunkt, Aufwand nach dem Abschlusszeitpunkt. Beispiel: im voraus bezahlte Versicherungsprämien. Bilanzposten: Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (Transitorisches Aktivum)
Einnahme vor dem Abschlusszeitpunkt, Ertrag nach dem Abschlusszeitpunkt. Beispiel: vorschüssig erhaltene Lizenzgebühren.
Einnahme nach dem Abschlusszeitpunkt, Ertrag vor dem Abschlusszeitpunkt. Beispiel: noch zu erhaltende Miete. Bilanzposten: Sonstige Vermögensgegenstände (Antizipatives Aktivum)
Ausgabe nach dem Abschlusszeitpunkt, Aufwand vor dem Abschlusszeitpunkt. Beispiel: nachschüssig zu zahlende Zinsen.
Bilanzposten: Passiver Rechnungsabgrenzungsposten (Transitorisches Passivum)
Bilanzposten: Sonstige Verbindlichkeiten (Antizipatives Passivum)
Unterscheidungsmerkmale der Rechnungsabgrenzungsposten (nach Eisele/Knobloch)
Mit der Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten eröffnet sich, genauso wie mit der Aktivierung von Eigenleistungen als gewinnerhöhende Maßnahme und der Buchung von Rückstellungen als gewinnmindernde Vorgänge, ein breites Spektrum an Möglichkeiten, Gewinne über die Periodengrenzen hinweg zu verschieben. Obwohl die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB) (siehe hierzu Eisele/Knobloch 2011, S. 26 ff.), also
Grundsätze zum Zwecke der Dokumentation (1) Prinzip des systematischen Aufbaus der Buchführung (2) Prinzip der vollständigen und verständlichen Aufzeichnung
356
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
(3) Belegprinzip (4) Aufbewahrungsfristen
Grundsätze zum Zwecke der Rechenschaftslegung (5) Grundsatz der Klarheit (6) Grundsatz der Wahrheit (7) Grundsatz der Kontinuität (8) Grundsatz der Vorsicht,
die Bilanzierungsnormen als Verhaltensregularien vorsehen, ergeben sich Spielräume, um Entscheidungen bilanzpolitischer Art zu treffen, die eine Formung des Bilanzbildes und der Ergebnisgestaltung entsprechend der Zielsetzungen des Bilanzierenden zulassen. Eilenberger (1990, S. 53) schreibt dazu: „Allerdings sind die mit dem Einsatz bilanzpolitischer Instrumente ggf. verbundenen Probleme und Gefahren zu berücksichtigen, die nicht nur in einer Irreführung der externen Bilanzadressaten über die wahre wirtschaftliche Lage bestehen können, sondern die vor allem auch auf eine Selbsttäuschung der Unternehmens-Führung hinauslaufen werden, wenn im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsbildung durch das Management die tatsächlichen Verhältnisse vergessen werden und man von der durch bilanzpolitische Maßnahmen geschönten Situation (in der sich die Unternehmung besser darstellt) als unrealistischer Grundlage ausgeht.“ Warum legen dann Unternehmen nicht radikal, d. h. zweckfrei, alle Informationen zu Beschaffung, Produktion, Absatz etc. offen, die für externe Bilanzadressaten und interne Anspruchsgruppen möglicherweise interessant sind? Zum einen sind mit der Offenlegung hohe Kosten für das Unternehmen verbunden, bedenkt man, dass eine Vielzahl an Informationsund Auswertungssystemen zu installieren und kontinuierlich zu warten sind, um die Qualität der Informationen hoch zu halten. Zum anderen sprechen Gründe der Geheimhaltung dagegen. Wettbewerber hätten es leichter, Wissensvorsprünge zu identifizieren und zu übernehmen wie bspw. Produktionsverfahren oder Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Daher müssen Informationen nach § 286 Abs. 3 Nr. 2 HGB nicht mit in den Anhang aufgenommen werden, wenn damit für die Kapitalgesellschaft ein erheblicher Nachteil verbunden ist. Es ergeben sich Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensleitung und Investoren. Die Unternehmensleitung kann so Informationen zurückhalten bzw. manipulieren, und Prognosen zur künftigen Unternehmensentwicklung sind von Einzelnen nicht mehr nachprüfbar oder gar nachvollziehbar.
7.2.2
Erfolgsrechnung
Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ermittelt so wie die Bilanz den Periodenerfolg eines Unternehmens. Während die Ermittlung des Erfolges in der Bilanz sich durch die Gegenüberstellung der Reinvermögensbestände des Stichtages, der Anfangsbilanz und des Stichtages der Endbilanz ergibt, so errechnet man mit der GuV den Erfolg der Periode durch die Saldierung der Aufwendungen mit dem der Erträge, die während dieses Zeitraumes angefallen sind. Die Gewinn- und Verlustrechnung bildet somit einen Prozess ab und vergleicht nicht – wie die Bilanz – zwei Zustände miteinander. Beide Rechnungszweige sind über das Eigenkapi-
7.2 Finanzbuchhaltung
357
talkonto miteinander verbunden, sie bilden aber das Unternehmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln ab. Die GuV erfasst all diejenigen Güterbewegungen zwischen den zuliefernden und abnehmenden Märkten, die unmittelbar in der Betrachtungsperiode zur Generierung der betrieblichen Leistung konsumiert werden. Auf diese Weise erfolgt mit dem Privatkonto zum Jahresabschluss eine Eigenkapitalmehrung oder -minderung (siehe hierzu Eisele/Knobloch 2011, S. 91 ff. sowie 589 ff.) Die GuV ist somit ein Rechnungszweig, mit dessen Hilfe sich die Gewinn- und Wachstumsziele eines Unternehmens besonders gut definieren, planen und kontrollieren lassen. Es bietet sich förmlich an, bei der Unternehmensentwicklung mit den begrifflichen Kategorien der Erfolgsrechnung die intendierte betriebliche Handlung abzubilden, um so die Veränderungen, die sich mit der neuen betrieblichen Leistung ergeben, in den Bestand der bisherigen Leistung widerspruchsfrei einzubringen. Es darf bei der Definition solcher Sollwerte jedoch nicht vergessen werden, dass mit diesem Erfolgsermittlungsverfahren nur eine Teilmenge der Aufwandserfassung bzw. -lenkung und der Erfolgserfassung bzw. -lenkung planerisch gestaltet wird. Der wertmäßige Umgang im Anlage- und Umlaufvermögen wird über die Bilanz gesteuert. Eine vollständige Planung des Werteflusses bei der Entwicklung neuer betrieblicher Leistungen ist daher allein mit der Kategorisierungsstruktur der Gewinn- und Verlustrechnung nicht möglich.
Abb. 7.21:
Aufwand und Ertrag
Die GuV stellt die Aufwendungen und die Erträge einer Unternehmung für eine Betrachtungsperiode gegenüber (vgl. Abb. 7.21). Hierbei ist jedoch zu unterscheiden zwischen dem
358
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Zweckaufwand und dem neutralen Aufwand bzw. dem Zweckertrag und dem neutralen Ertrag. Der Zweckaufwand umfasst all jene Kosten, die ausschließlich im Laufe der Betrachtungsperiode aufgewendet werden, um die eigentliche betriebliche Leistung zu generieren. Dagegen beinhaltet der neutrale Aufwand betriebsfremde, periodenfremde und außerordentliche Aufwendungen, also Kosten, die anderen, für das Unternehmen untypischen Leistungen oder Leistungen außerhalb der Betrachtungsperiode zugeordnet werden müssen.
Tab. 7.3:
Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (nach Eisele/Knobloch)
7.2 Finanzbuchhaltung
359
Aus der Abbildung 7.21 wird deutlich, dass jeder Aufwandskategorie die entsprechende Ertragskategorie gegenübergestellt wird. Daher wird auch das Ergebnis der Betrachtungsperiode (in der Regel das Jahresergebnis) spezifiziert in Betriebsergebnis und neutrales Ergebnis. Das neutrale oder außerordentliche Ergebnis setzt sich aus dem betriebsfremden, dem periodenfremden und dem außerordentlichen Ertrag zusammen. Die Gewinn- und Verlustrechnung differenziert innerhalb des Betriebsergebnisses nicht zwischen spezifischen betrieblichen Leistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, es werden zunächst die gesamten Umsatzerlöse festgestellt. Diesem Betrag werden Kosten gegenübergestellt, um so zum Periodenergebnis zu gelangen. Hierzu werden üblicherweise zwei wählbare Methoden angewendet, das Gesamtkosten- und das Umsatzkostenverfahren nach § 275 Abs. 2 und 3 HGB (vgl. Tab. 7.3 nach Eisele/Knobloch 2011, S. 86 f.). Aus der Berechnung des Periodenergebnisses in Tabelle 7.3 wird deutlich, dass die GuV nach der Staffelform und nicht, wie die Bilanz, nach Kontoform aufgebaut ist. Im Gesamtkostenverfahren wird die betriebliche Gesamtleistung über die Saldierung des Umsatzes mit den Bestandsveränderungen und den aktivierten Eigenleistungen ermittelt (Positionen 1 bis 4). Es erfolgt der Abzug des Betriebsaufwandes kategorisiert in Material- und Personalaufwand, Abschreibungen und sonstige betriebliche Aufwendungen (Positionen 5 bis 8). Hierzu wird der Finanzertrag (Positionen 9 bis 11) zu- und der Finanzaufwand (Positionen 12 und 13) abgezogen, um somit zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu gelangen (Position 14). Mit der Verrechnung des außerordentlichen Ergebnisses (Position 17 = Position 15 Position 16) und den Steuern (Position 18 und 19) ergibt sich das Periodenergebnis. Beim Umsatzkostenverfahren werden den Umsatzerlösen zunächst die primären Kosten, also die Herstellungskosten, abgezogen, um so den Reingewinn (-verlust) festzustellen (Position 3 = Position 1 - Position 2). Es erfolgt alsdann die Verrechnung der sekundären Erträge und der sekundären Kosten, also der sonstigen betrieblichen Aufwendungen (Position 4 bis 7). Entsprechend dem Gesamtkostenverfahren wird das Betriebs- und Finanzergebnis unter Einbeziehung des Finanzaufwandes und des Finanzertrages ermittelt (Position 13 durch Verrechnung der Positionen 8 bis 12). Das Periodenergebnis (Position 19) schließt das außerordentliche Ergebnis und die Steueraufwendungen mit ein (Positionen 14 bis 18). Mit der GuV lässt sich nur eine summarische Erfolgsrechnung durchführen. Die Ermittlung von Planaufwendungen und -erträgen für die Erfolgsrechnung einer neuen Leistung bedarf einer verfeinerten Erfassung und Verrechnung der intendierten Bewegung von Werten, so wie es in der Betriebsbuchhaltung erfolgt. Durch ihre Orientierung an Einnahmen und Ausgaben ist die Kapitalflussrechnung ebenfalls gut geeignet, künftige Investitionen zu planen. Die Kapitalflussrechnung ist ein Instrument der Konzernrechnungslegung.
7.2.3
Konzernrechnungslegung
Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde 2009 auch die Konzernrechnungslegung der internationalen Rechnungslegung weiter angenähert und lässt auch künftig eine weitere Annäherung erwarten (siehe hierzu Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens 2010, S. 17 ff.). Hintergrund der Modernisierung ist, dass Bilanzfälschungen, wie sie der Energiekonzern Enron in den USA betrieb, künftig vermieden werden sollen. Aber auch Kreditinstitute, die riskante derivate Finanzgeschäfte in Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicle) ausgliederten, um eine Eigenkapitalquote von 8 % nach den Vor-
360
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
gaben von Basel II vorzuweisen, sollen künftig konsolidiert werden. Bislang konnte die Konsolidierung von Zweckgesellschaften dadurch vermieden werden, dass formalrechtlich das „Control“-Konzept, im Wesentlichen durch die fehlende Stimmrechtsmehrheit, oder das Konzept der einheitlichen Leitung fehlte (siehe hierzu Coenenberg 2005, S. 558 ff.). Diese Konzepte wurden ersetzt durch das Konzept des beherrschenden Einflusses (siehe § 290 Abs. 2 HGB). Zweckgesellschaften betreiben Geschäfte eng abgegrenzter und genau festgelegter Zwecksetzungen. In vielen Fällen werden von Unternehmen Vermögenswerte (Assets) erworben, wie bspw. Forderungen, Leasing- oder Finanzierungsgeschäfte, und zu Wertpapieren (Securities) verbrieft. Man spricht von Asset Backed Securities. Der Verkauf von illiquiden Vermögenswerten, wie z. B. Forderungen, ist für Unternehmen eine zusätzliche Möglichkeit, zügig und ohne aufwendige Bankenprüfungen an Liquidität zu kommen. Die Asset Backed Securities werden von Ratingagenturen hinsichtlich ihres Ausfallrisikos bewertet und in drei Bonitätsklassen (Senior, Mezzanine und Equity) tranchiert. Anschließend werden die hochrangig bewerteten Senior Wertpapiere, von denen ausgegangen wird, dass die unterlegten (Backed) Forderungen sicher Cashflows von den Gläubigern und Kreditnehmern generieren, an risikoaverse institutionelle Investoren weiterverkauft. Hingegen werden die schlecht bewerteten Equity Wertpapiere an risikoaffine Investoren gegen höhere Zinssätze für die Wertpapiere verkauft (vgl. Streckenbach 2006, S. 69; Heinrich 2006, S. 34; siehe Abb. 7.22). Das Ausfallrisiko der Wertpapiere trägt allein die Zweckgesellschaft. Obwohl vom Mutterunternehmen initiiert, wurde die Konsolidierung von Zweckgesellschaften in die Konzernbilanz aus bilanzpolitischen Gründen zur Verbesserung der Eigenkapitalquote vermieden. Es wird dazu bspw. ein Investor gesucht, der die Stimmrechtsmehrheit an der Zweckgesellschaft erwirbt, ohne dabei für nennenswerte Chancen oder Risiken eintreten zu müssen (vgl. Theile 2011, S. 207 ff.). Neben den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen kann auch ein Autopilotmechanismus für die Zweckgesellschaft vertraglich fixiert werden, die eine Konsolidierung verhindert. „Geschäftspolitische Entscheidungen mit wesentlichem Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzpolitik können hierbei im Gründungszeitpunkt derart eng fixiert werden, dass im Rahmen des aktiven Geschäftsverlaufs der Zweckgesellschaft keine Entscheidungen mehr anfallen“ (Streckenbach 2006, S. 41). Damit waren sowohl das „Control“-Konzept als auch die einheitliche Leitung außer Kraft gesetzt.
Abb. 7.22:
Funktionsweise von Zweckgesellschaften
7.2 Finanzbuchhaltung
361
Der beherrschende Einfluss eines Mutterunternehmens über ein anderes Unternehmen besteht dann, wenn die Finanz- und Geschäftspolitik des anderen Unternehmens dauerhaft vom Mutterunternehmen bestimmt werden kann, um aus der Geschäftstätigkeit einen Nutzen zu ziehen. Der beherrschende Einfluss auf das Tochterunternehmen muss im Gegensatz zum Konzept der einheitlichen Leitung nicht wirklich ausgeübt werden (vgl. Theile 2011, S. 212). Nach § 290 Abs. 2 HGB besteht der beherrschende Einfluss eines Mutterunternehmens, wenn „ 1. ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, 2. ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist; 3. ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder aufgrund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen oder 4. es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft). Neben Unternehmen können Zweckgesellschaften auch sonstige juristische Personen des Privatrechts oder unselbständige Sondervermögen des Privatrechts, ausgenommen SpezialSondervermögen im Sinn des § 2 Abs. 3 des Investmentgesetzes, sein.“ Besteht nun ein mittelbarer oder unmittelbarer beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens auf andere Unternehmen (Tochterunternehmen), ist die Kapitalgesellschaft nach § 290 Abs. 1 HGB zur Erstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet. Der Konzernabschluss ist der Jahresabschluss von verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochterunternehmen; vgl. § 271 Abs. 2 HGB) und besteht für nicht börsenorientierte Mutterunternehmen aus einer Konzernbilanz mit Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, einer Kapitalflussrechnung und einem Eigenkapitalspiegel und kann um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Der Konzernlagebericht ist nach § 315 HGB ein selbstständiger Teil. Für börsennotierte Konzerne ist nach § 315a HGB die internationale Rechnungslegung IFRS zwingend anzuwenden (vgl. Meyer 2011, S. 178), nicht börsenorientierte Mutterunternehmen können auch die Standards und Vorschriften des IFRS anwenden. „Die Bedeutung der jährlichen Konzernabschlüsse hat in Deutschland nicht nur quantitativ, sondern vor allem hinsichtlich des Informationsgehalts im Vergleich zu den Einzelabschlüssen der Muttergesellschaften zugenommen. Für die Information der Kapitalmarktteilnehmer gilt der Konzernabschluss als die formalisierte Finanzberichterstattung schlechthin, zumal es nur noch wenige börsenorientierte Gesellschaften gibt, die nicht als Konzern organisiert sind. Das gilt auch für die Halbjahres- und Quartalsberichte, zu denen die börsennotierten Gesellschaften verpflichtet sind“ (Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens 2010, S. 5). Handelsrechtlich soll unter Anwendung der GoB die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der verbundenen Unternehmen so dargestellt werden, als ob es ein einziges Unternehmen
362
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
wäre (Fiktion der rechtlichen Einheit; vgl. ebenda S. 25 f. sowie S. 38 ff.). Dazu sind entsprechende Konsolidierungsmethoden anzuwenden (vgl. § 297 Abs. 1 und 3 HGB). Anteilig am Kapital kann das Mutterunternehmen darüber hinaus Unternehmen konsolidieren, die gemeinschaftlich mit anderen Unternehmen geführt werden (vgl. § 310 HGB). Diese Unternehmen werden als Gemeinschaftsunternehmen bezeichnet. Nicht in den Konzernabschluss werden assoziierte Unternehmen konsolidiert, an denen die Muttergesellschaft beteiligt ist (§ 271 Abs. 1 HGB). Bei assoziierten Unternehmen liegt der ausgeübte Einfluss unter 20 % der Stimmrechte. Es wird vermutet, dass ein maßgeblicher Einfluss des Mutterunternehmens auf die Geschäfts- und Finanzpolitik des Tochterunternehmens nicht vorhanden ist (vgl. § 311 Abs. 1 HGB). Die Gestaltung des Konzernabschlusses richtet sich an den Informationsbedürfnissen der Adressaten aus. Adressat des Konzernabschlusses sind zunächst einmal der Aufsichtsrat und die Gesellschafter des Mutterunternehmens nach § 170 Abs. 1 AktG; § 42a Abs. 4 GmbHG. Neben den Teilnehmern des organisierten Kapitalmarkts zählen auch Aktionäre, Gesellschafter der Tochterunternehmen, Gemeinschaftsunternehmen und assoziierte Unternehmen mit ihrem Management und ihren Aufsichtsräten zu den Adressaten von Konzernabschlüssen. Der Informationsgehalt von Konzernabschlüssen richtet sich auch an Gläubiger, Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer, staatliche Behörden und die sonstige Öffentlichkeit (vgl. Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens 2010, S. 18 f.). An der Vielzahl an Interessenten zeigt sich wiederum, dass die Schwierigkeit für das Rechnungswesen darin besteht, ein Informationssystem zu gestalten, das alle Informationsbedürfnisse befriedigt. Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens (2010, S. 19) präzisieren das Problem von theoretischer Seite her: „Die Entscheidung, welche Daten einer Gruppe zur Verfügung gestellt werden sollen, kann sich somit nicht nur an dieser Gruppe und ihren Informationsbedürfnissen orientieren, sondern muss auch alle anderen Adressatengruppen berücksichtigen. Die Suche nach dem geeigneten Informationssystem für diese Interessentengruppen ist – wenn man es in dieser Weise als multipersonales Optimierungsproblem versteht – bereits schwierig zu formulieren, da zuvor die möglichen Interdependenzen zwischen den Interessentengruppen erforscht werden müssten. Dann müsste aus der Menge möglicher Rechnungssysteme dasjenige ausgewählt werden, welches unter Zugrundelegung eines bestimmten Bewertungssystems optimal wäre. Das Bewertungssystem könnte von Effizienzzielen und Vorstellungen über eine gerechte Einkommensverteilung ausgehen.“ Praktisch relevant sind die Konzernrechnungslegungen nach HGB (national), IFRS oder US-GAAP (international). Küting (2011, S. 333 f.) untersuchte die Verbreitung der Rechnungslegungsvorschriften in Deutschland. Im Bundesanzeiger wurden für das Jahr 2009 4.496 Konzernabschlüsse veröffentlicht. Nach Aussage der Wirtschaftsprüferkammer handeln davon 612 Mutterunternehmen kapitalmarktorientiert, die einen internationalen Konzernabschluss vorlegen müssen. Von den übrigen 3.884 nicht kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen dienten 2000 (51,5 %) als Stichprobe der Untersuchung. Von denen gaben als Ergebnis nur 5,2 % an, dass sie sich für einen Abschluss nach IFRS entschieden haben. Die große Mehrheit von 94,8 % der deutschen nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen richtet ihr Informationssystem nach den Vorschriften des HGB aus. Daraus wird die nach wie vor herrschende Dominanz der deutschen Rechnungslegung deutlich, die sich nicht zuletzt aus der anstehenden Änderungsdynamik der internationalen Standardsetter und der damit verbundenen Unsicherheiten in der Bilanzierungspraxis ergibt. Für das Controlling ist die Frage nach HGB oder IFRS durchaus relevant, da eine zuverlässige Informationsgrundlage entscheidend ist für die Informationsaufbereitung und die zielorientierte Planung, Durchführung und Kontrolle. Die Konsolidierung zum Konzernabschluss setzt voraus, dass eine Vereinheitlichung der Einzelabschlüsse
7.2 Finanzbuchhaltung
363
der Tochterunternehmen und des Mutterunternehmens stattgefunden hat. Dazu werden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie ggf. die Konzernwährung der Handelsbilanz (i. w. S. inkl. GuV) an die Rechnungslegung des Mutterunternehmens in der Handelsbilanz II vereinheitlicht (vgl. §§ 300, 308, 308a HGB). Anschließend erfolgt eine Neubewertung der Aktiva und Passiva aller Tochterunternehmen (Neubewertungsbilanz). Danach können die Posten zur Summenbilanz addiert werden. Erst dann kann eine vollständige Zusammenführung von Kapital, Schulden, Aufwendungen, Erträgen, latenten Steuern und eine Eliminierung von Zwischenergebnissen erfolgen (vgl. §§ 301 bis 307 HGB). Nach Konsolidierung der summierten Posten von Tochter- und Mutterunternehmen ergibt sich der Konzernabschluss. Beispielhaft wird im folgenden Absatz die Konsolidierung des Kapitals aufgezeigt, um zu verdeutlichen, wie Konsolidierungsmethoden Attribute und deren Werte im rechnungswesenorientierten Konzern-Controlling beeinflussen. Die nach § 301 HGB vorgegebene und auch nach IFRS einzig zugelassene Erwerbsmethode eliminiert bei der Kapitalkonsolidierung Mehrfacherfassungen von Aktiva und Passiva (vgl. Tab. 7.4). Es gehen die Bilanzposten des Mutterunternehmens mit den Buchwerten und des Tochterunternehmens mit den Marktwerten in die Konzernbilanz ein. Die Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens werden hierbei zu Tageswerten bewertet. Man spricht von der Neubewertungsmethode. Bilanz Mutter
Aktiva
Mio. € Passiva
Bilanz Tochter
Aktiva
Mio. € Passiva
Summenbilanz
Aktiva
Mio. € Passiva
Konzernbilanz Erwerbsmethode Mio. € Aktiva Passiva
Aktiva Goodwill Beteiligung Tochter Sachanlagen Umlaufvermögen
100 360 1.540 500
360 1.840 700
300 200
1.900 700
Passiva Gezeichnetes Kapital Rücklagen Verbindlichkeiten Summe
Tab. 7.4:
1.000 800 600 2.400
2.400
50 150 300 500
500
1.050 950 900 2.900
2.900
1.000 800 900 2.700
2.700
Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode (nach Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens)
Im Beispiel liegen die stillen Rücklagen beim Anlagevermögen bis 60 Mio. €. Die Anschaffungskosten der Beteiligung in Höhe von 360 Mio. € werden gegen das Eigenkapital mit gezeichnetem Kapital und Rücklagen und gegen die stillen Rücklagen der Tochtergesellschaft konsolidiert. Der Restwert in Höhe von 100 Mio. € wird als Goodwill angesetzt. Für Unternehmenserwerbe, die vor dem 1. Januar 2010 abgewickelt wurden, ist zudem die Anwendung der Buchwertmethode zulässig. Darin wird der Buchwert der aufzunehmenden Posten der Tochtergesellschaft ohne stille Rücklagen in den Konzernabschluss übernommen. Bei 100%iger Beteiligung des Mutterunternehmens am Tochterunternehmen führen beide Methoden zu identischen Ergebnissen. Sind jedoch andere Gesellschafter am Tochterunternehmen beteiligt, sind auch dessen Anteile auf einem Ausgleichsposten in der Konzernbilanz auszuweisen (siehe hierzu Meyer 2011, S. 197 ff.). Bei der Erwerbsmethode mit Neubewertung wird das Tochterunternehmen als Investitionsgut zu Anschaffungskosten „erworben“ und so mit seinen Vermögensgegenständen und Schulden im Erwerbszeitpunkt bewertet. Im Unterschied zum Einzelabschluss des Mutterunternehmens entsteht im Konzernabschluss
364
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
GuV
Bilanz
erfolgsrechnerisch eine Periodisierung der Beteiligungen mit den Phasen der Erstkonsolidierung, Folgekonsolidierung und Entkonsolidierung. Posten
Erläuterungen zum Inhalt
Geschäfts- oder Firmenwert
Verbleibender aktiver Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung
Beteiligungen an assoziierten Unternehmen
Gesonderter Ausweis gem. § 311 Abs. 1 HGB; bei untergeordneter Bedeutung Verzicht möglich; § 311 Abs. 2 HGB sowie § 312 Abs. 1 HGB
Vorräte
Zusammenfassung der einzelnen Posten (ohne Anzahlungen) erlaubt, wenn deren Aufgliederung wegen besonderer Umstände mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre, § 298 Abs. 2 HGB, Aufgliederung im Konzernanhang § 265 Abs. 7 HGB
Aktive latente Steuern
Ausweispflicht auf der Aktivseite, evtl. Saldierung; vgl. § 306 HGB
Anteile nicht konsolidierter Konzernunternehmen am Eigenkapital
Anteile nicht konsolidierter Konzernunternehmen am Eigenkapital von in den Konzernabschluss einbezogenen Konzernunternehmen; keine gesetzlichen Bestimmungen vorhanden
Ausgleichsposten für die Anteile anderer Gesellschafter
Ausweis der Anteile am Eigenkapital mit entsprechender Bezeichung innerhalb des Eigenkapitals; § 307 Abs. 1 HGB
Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung
Verbleibender Unterschiedsbetrag (passiver) nach § 301 HGB (vgl. oben Geschäfts- oder Firmenwert)
Passive latente Steuern
Ausweis auf Passivseite, u. U. Saldierung; vgl. § 306 HGB
Eigenkapitaldifferenzierung aus der Währungsumrechnung
Ausweis innerhalb des Konzerneigenkapitals nach den Rücklagen; § 308a HGB
Anderen Gesellschaftern zustehender Gewinn bzw. auf sie entfallender Verlust
Anteile der anderen Gesellschafter am Ergebnis sind gesondert nach dem Posten »Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag« auszuweisen; § 307 Abs. 2 HGB
Einstellungen in Gewinnrücklagen >> des Konzerns
Die Einstellungen in Gewinnrücklagen müssen beim Vorhandensein von anderen Gesellschaftern aufgespalten werden
>> Anteile anderer Gesellschafter Ergebnis aus assoziierten Beteiligungen Tab. 7.5:
keine gesetzlichen Regelungen vorhanden Ausweis des Ergebnisses unter einem gesonderten Posten; § 312 Abs. 4 HGB
Sonderposten in der Konzernbilanz und Konzern-GuV (nach Meyer)
7.2 Finanzbuchhaltung
365
Bei der Erstkonsolidierung werden die Vermögensgegenstände und Schulden des Mutterunternehmens in die Summenbilanz übernommen. Statt dem Buchwert der Beteiligung an dem Tochterunternehmen werden Vermögensgegenstände und Schulden übernommen und dabei stille Rücklagen und Lasten aufgelöst, d. h., dass eine Neubewertung stattfindet. In der Regel entsteht dann ein Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill), wie im Beispiel angeführt wurde. Bei der Folgekonsolidierung werden stille Rücklagen und Lasten wieder aufgelöst bspw. durch Abschreibungen auf den Geschäftswert. Im Falle einer Veräußerung oder Liquidation des Tochterunternehmens wird im Rahmen der Entkonsolidierung der Veräußerungserlös den konsolidierten Vermögensgegenständen und Schulden gegenübergestellt (vgl. Busse von Colbe/Ordelheide/Gebhardt/Pellens 2010, S. 194 ff.). Die Konsolidierungsmethoden schreiben die Übersetzung vom Einzel- in den Konzernabschluss vor. Das hat zur Folge, dass sich die Konzernbilanz und die Konzern-GuV anders gliedern, als es beim Jahresabschluss eines einzelnen Unternehmens der Fall ist. Grundsätzlich ist zwar das Gliederungsschema des Einzelabschlusses anzuwenden (vgl. § 298 Abs. 1 HGB), jedoch ergeben sich in der Praxis häufig Abweichungen und Sonderposten (vgl. Meyer 2011, S. 231 und 236; Tab. 7.5). Neben der Konzernbilanz und der Konzern-GuV informiert auch die Kapitalflussrechnung über einen bedeutenden Teil des Konzerngeschäfts – die Liquidität. Die Liquidität, hier verstanden als Eigenschaft eines Unternehmens, seine Zahlungsverpflichtungen termingerecht zu erfüllen (vgl. Wöhe/Döring 2010, S. 585), ist finanziellen Risiken, wie z. B. Zahlungsausfällen, Zinsänderungen, Wechselkursrisiken, unerwarteten Absatzeinbrüchen oder Preissteigerungen auf den Beschaffungsmärkten, ausgesetzt. Deshalb beurteilt die Kapitalflussrechnung die Finanzlage des Unternehmens und ist nach § 297 Abs. 1 HGB Bestandteil des Konzernabschlusses. Gleichwohl können auch Einzelunternehmen auf freiwilliger Basis die Kapitalflussrechnung erstellen. Die Kapitalflussrechnung soll die Zahlungsströme in der betrachteten Periode darstellen und analysieren, wie viele Finanzmittel aus der laufenden Geschäftstätigkeit erwirtschaftet und welche zahlungswirksamen Investitionen und Finanzierungen getätigt wurden. Damit untersucht das Instrument den von bilanzpolitischen Entscheidungen deutlich geringer betroffenen Finanzierungsüberschuss (Cashflow) eines Unternehmens in einem Zeitraum hinsichtlich Herkunft und Verwendung und soll dazu beitragen, künftig finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften, Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und Ausschüttungen an Anteilseigner zu leisten (vgl. Meyer 2011, S. 248). Der Cashflow als Erfolgsindikator betrachtet die operativen Nettoeinnahmen aus dem Geschäft. Der Cashflow erlaubt auch Aussagen zur Finanzautonomie, Investitionskraft, Schuldentilgungskraft und Gewinnausschüttungskraft. Insofern wird der Cashflow als Maß für die Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens herangezogen, um beurteilen zu können, wie sich das Unternehmen aus eigener Kraft heraus finanziert (siehe hierzu Coenenberg 2005, S. 1015 ff.). Für die Ausgestaltung des Instruments wird empfohlen, sich an die Vorgaben des DRSC (Deutsches Rechnungslegungs Standards Commitee e. V.) zu halten, da im HGB hierzu keine Angaben gemacht werden. Die Vorgaben haben verbindlichen Charakter, da das DRSC nach § 342 HGB anerkannt ist und u. a. Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS)
366
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
entwickelt. Der Standard DRS 2, der auch weitgehend dem internationalen Standard IAS 7 folgt, führt die Kapitalflussrechnung aus (vgl. Meyer 2011, S. 250 f.; siehe Tab. 7.6). 1. 2. +/3. +/4. +/5. -/+ 6. -/+ 7. +/8. +/9. = 10. 11. 12. + 13. 14. + 15. 16. + 17.
-
18.
+
19.
-
20. 21.
=
22.
-
23.
+
24. 25. = 26. 27. +/28. 29. Tab. 7.6:
+ =
Periodenergebnis (einschließlich Ergebnisanteilen von Minderheitsgesellschaftern) vor außerordentlichen Posten Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens Zunahme/Abnahme der Rückstellungen Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge (bspw. Abschreibung auf ein aktiviertes Disagio) Gewinn/Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens Zunahme/Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit (Summe aus 1 bis 8) Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen Einzahlungen aus dem Verkauf von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten Auszahlungen aus dem Erwerb von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 10 bis 19) Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen (Kapitalerhöhungen, Verkauf eigener Anteile etc.) Auszahlungen an Unternehmenseigner und Minderheitsgesellschafter (Dividenden, Erwerb eigener Anteile, Eigenkapitalrückzahlungen, andere Ausschüttungen) Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-) Krediten Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-)Krediten Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 21 bis 24) Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 9, 20, 25) Wechselkurs-, konsolidierungskreis- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds Finanzmittelfonds am Anfang der Periode Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 26 bis 28) Kapitalflussrechnung gemäß DRS 2 (nach Meyer)
Die Kapitalflussrechnung kann originär oder derivativ ermittelt werden. Bei der originären Methode erfolgt die Ermittlung des Cashflows direkt aus den zahlungswirksamen Konten der Finanzbuchhaltung der im Konsolidierungskreis festgelegten Unternehmen. In der Praxis hat sich jedoch die derivative Methode etabliert, die die Kapitalflussrechnung aus der Konzern-
7.2 Finanzbuchhaltung
367
bilanz und der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung ableitet (siehe Tab. 7.6). Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit wird in der Regel indirekt ermittelt. Vom Periodenergebnis werden zahlungsunwirksame Aufwendungen und Erträge sowie Zuund Abnahmen von Posten des Umlaufvermögens und des Fremdkapitals, die nicht im Zusammenhang mit Investitions- oder Finanzierungstätigkeiten stehen, abgezogen. Mit der Korrektur außerordentlicher Posten ergibt sich der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit. Hingegen wird der Cashflow aus der Investitionstätigkeit direkt aus den Ein- und Auszahlungen des immateriellen Anlagevermögens und der Sach- und Finanzanlagen ermittelt. Der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit errechnet sich ebenfalls direkt. Er ergibt sich aus den Einzahlungen der Eigenkapitalzuführungen, Anleihen und Kreditaufnahmen sowie aus Auszahlungen an Unternehmenseigner und Gesellschafter sowie aus Tilgungen von Anleihen und Krediten. Die Addition der Cashflows aus laufender Geschäfts-, Investitions- und Finanzierungstätigkeit ergeben die zahlungswirksamen Veränderungen des Finanzmittelfonds im betrachteten Zeitraum. Dieser wird ggf. um Wechselkursänderungen bereinigt und um die Finanzmittel am Anfang der Periode ergänzt. Die Summe stellt den Finanzmittelfonds am Ende der Periode dar. Dabei handelt es sich um Zahlungsmittel bzw. Zahlungsmitteläquivalente, die dem Unternehmen als Liquiditätsreserve dienen müssen (vgl. Meyer 2011, S. 251). Im Rahmen von Unternehmensanalysen und bewertungen wird häufig auf den frei verfügbaren Cashflow (Free Cashflow Firm) zurückgegriffen. Dieser ergibt sich aus dem (operativen) Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit und dem Cashflow aus der Investitionstätigkeit und kann um Zinsen und Steuern (s) bereinigt werden (vgl. Coenenberg 2005, S. 1021 f.; Tab.7.7). Operativer Cashflow +
Gezahlte Zinsen des operativen Bereiches
+
Gezahlte Ertragssteuern
=
Operativer Cashflow vor gezahlten Zinsen und Ertragssteuern
+
Cashflow aus Investitionstätigkeit
-
Fiktiver Betriebssteueraufwand (EBIT x s)
= Tab. 7.7:
Free Cashflow Firm Free Cashflow Firm (nach Coenenberg)
Der Cashflow ersetzt nicht den Gewinn als Erfolgsgröße mit seinen sinnvollen Buchungen wie z. B. Abschreibungen oder Pensionsrückstellungen, sondern ergänzt ihn um eine liquiditätswirksame Betrachtung. Dadurch soll das Formalziel der Liquiditätssicherung verfolgt und der Unternehmensfortbestand gewährleistet werden. Die Kapitalflussrechnung stellt „als Bindeglied zwischen GuV und Bilanz die sachliche Integration sicher, die auch im Rahmen von Planungen unerlässlich ist“ (Müller 2008, S. 295).
368
7.2.4
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Internationale Rechnungslegung
Im vorigen Kapitel wurde die Konzernrechnungslegung nach HGB ausgeführt. Diese Vorschriften sind für nicht kapitalmarktorientierte Konzerne relevant, da sie zwischen nationalen Standards und IFRS wählen können. Kapitalmarktorientierte Konzerne müssen hingegen einen IFRS-Konzernabschluss sowie Einzelabschlüsse nach HGB erstellen. Der handelsrechtliche Einzelabschluss ist nach wie vor maßgeblich für die Erstellung der Steuerbilanz und regelt die Ausschüttung der Dividenden. Darüber hinaus können einzelne Kapitalgesellschaften, unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert agieren, einen IFRSEinzelabschluss zu Informationszwecken für Gläubiger und Anteilseigner erstellen (vgl. Buchholz 2009, S. 13 f.; Abb. 7.23).
Abb. 7.23:
Rechnungslegung in Deutschland (nach Buchholz)
Nach den IFRS erstellte Jahresabschlüsse sollen ein wahres und faires Bild (True and Fair View-Prinzip) der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aufzeigen. Die International Financial Reporting Standards (IFRS), die bis März 2002 noch International Accounting Standards (IAS) genannt wurden, beschreiben normative Standards zur internationalen Rechnungslegung, die von einer internationalen Organisation, dem International Accounting Standards Board (IASB), erlassen werden. Der IASB wird von der International Accounting Standards Committee Foundation getragen. Direkt verbindlich sind neben den Standards auch Interpretationen, die vom Standing Interpretations Committee (SIC) auferlegt und so genannt werden. Die Interpretationen sollen Regelungslücken schließen, die entstehen können, da die IFRS aus ausführlichen Spezialregelungen nach dem Case Law bestehen. Dadurch können sich Wiederholungen ergeben. Das deutsche Handelsrecht ist nach dem Code Law mit generellen Regelungen kurz formuliert. Nachteilig ist hierbei die Interpretation der Paragraphen, sodass zusätzlich Kommentierungen herangezogen werden. Den dritten Bestandteil bildet das Framework, das als theoretisches Fundament der Rechnungslegung nach IFRS gilt. Es enthält Beschreibungen zu den Zielsetzungen von Jahresabschlüssen, qualitativen Merkmalen der Rechnungslegung, Definition, Ansatz und Bewertung der Abschlusselemente sowie Kapital und Kapitalerhaltungskonzept (vgl. Buchholz 2009, S. 6 f.).
7.2 Finanzbuchhaltung
369
Standardentwürfe (Exposure Drafts) dienen der Weiterentwicklung des Rechnungslegungssystems. Die hierin formulierten Vorschläge zur Überarbeitung und Erweiterung werden öffentlich diskutiert und vom IASB aufgenommen, um die Praxisnähe der Vorschriften sicherzustellen. Die verbindliche Anwendung von Standards und Interpretationen kapitalmarktorientierter Konzerne kommt allerdings erst zustande, nachdem sie im Rahmen eines Komitologieverfahrens europäisches Recht geworden sind und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurden (siehe hierzu Grünberger 2011, S. 15 ff.). Aus diesem Grund kann es zu Unterschieden zwischen den international und den europäisch gültigen IFRS kommen.Im Vergleich zur handelsrechtlichen Rechnungslegung ergeben sich vielfältige Unterschiede hinsichtlich Ansatz, Ausweis und Bewertung von Vermögen (Assets) und Schulden (Liabilities) (siehe bspw. Hayn/Waldersee 2008, S. 32 ff.). Ebenso unterscheidet sich die Ausrichtung beider Rechnungslegungskonzepte deutlich: Während im HGB das Vorsichtsprinzip bei Bewertungsfragen zum Schutz der Gläubiger eine übergeordnete Rolle einnimmt, richtet sich die IFRS-Rechnungslegung nach dem Anlegerschutz aus, um eine angemessene Darstellung (Fair Presentation) der wirtschaftlichen Lage für Investitionsentscheidungen abzubilden. Dafür sollen entscheidungsnützliche (Decision Usefulness) Informationen im Jahresabschluss bereitgestellt werden (vgl. Kirsch 2010, S. 19 f.; Abb. 7.24). Das Vorsichtsprinzip spielt in den IFRS nur eine nachrangige Rolle.
Abb. 7.24:
Anforderungen an die entscheidungsnützliche Information nach dem IASB-Framework (nach Kirsch)
370
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Zu den zugrunde liegenden Annahmen (Underlying Assumptions) der IFRS gehören die Prinzipien der Unternehmensfortführung (Going Concern Principle) und der Periodenabgrenzung (Accrual Basis). D. h., erstens wird bei der Bilanzierung und Bewertung davon ausgegangen, dass das Unternehmen fortgeführt wird, und zweitens, dass nicht die zahlungswirksamen, sondern die wirtschaftlichen Vorgänge den Erfolg bestimmen (Realisationsprinzip und Prinzip der sachlichen und zeitraumbezogenen Abgrenzung). Das Imparitätsprinzip, das die Ungleichbehandlung von Bewertungen nach dem Niederstwertprinzip bei Vermögen bzw. nach dem Höchstwertprinzip bei Schulden im HGB beschreibt, ist aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitet und spielt in den IFRS keine Rolle, da hier nach dem Fair Presentation-Prinzip ein realistisches Bild zur wirtschaftlichen Situation zu vermitteln ist (vgl. Buchholz 2009, S. 37 ff.). Die zugrunde liegenden Annahmen über die qualitativen Anforderungen an den Jahresabschluss (Qualitative Characteristics), die folgende Prinzipien beschreiben, sind allgemein gültig (vgl. ebenda S. 41 ff.).
Die Verständlichkeit (Understandability) des Jahresabschlusses ist zu gewährleisten, um Investitionsentscheidungen treffen zu können. Sie gilt als erfüllt, wenn die formellen Vorschriften zur Erstellung des Jahresabschlusses beachtet wurden. Sofern Informationen die Investitionsentscheidung beeinflussen könnten, sind sie als entscheidungsrelevant (Relevance) anzusehen und entsprechend im IFRSJahresabschluss zu bilanzieren. Zur Klassifizierung der Relevanz werden zwei Kriterien herangezogen. Bilanzposten sind hiernach nach ihrer qualitativen Art (Nature) und nach ihrer quantitativen Wesentlichkeit (Materiality) zu betrachten. So werden bspw. langfristige Finanzanlagen nach ihrer Art als entscheidungsrelevant unabhängig von ihrer Höhe angesehen, da sie direkt das Ertragspotenzial beeinflussen. Als unwesentlich sind z. B. Sachanlagen kleiner Unternehmen einzustufen, die einen Betrag unterhalb von 500 €, bei mittelgroßen und großen Unternehmen unterhalb von ca. 1.000 € aufweisen. Eindeutige Angaben zur Wesentlichkeit werden derzeit nicht gemacht, und so sind im Einzelfall die Beträge zu prüfen, da sie nur Anhaltswerte darstellen. Für die Investitionsentscheidung ist es eminent wichtig, verlässliche Informationen über das Unternehmen zu erhalten. Der Grundsatz der Verlässlichkeit (Reliability) untergliedert sich in fünf weitere Prinzipien: – Die glaubwürdige Darstellung (Faithful Representation) des Jahresabschlusses wird durch die Einhaltung der Ansatz- und Bewertungsvorschriften erzielt, die in den Standards und Interpretationen kodifiziert sind. Sofern alle Unternehmen die IFRS-Vorschriften identisch anwenden, wird eine Objektivität in der Informationsvermittlung erzeugt. – Bei bestimmten Verfahren, wie z. B. der Bestimmung von Nutzungsdauern im Anlagevermögen zur planmäßigen Abschreibung, handelt das bilanzierende Unternehmen oftmals subjektiv. Eine neutrale, willkürfreie Informationsvermittlung (Neutrality) soll durch die Vermeidung von bilanzpolitischen Bewertungen und der Bildung stiller Reserven erfolgen, damit der Investitionsentscheidung keine manipulierten Informationen zugrunde gelegt werden.
7.2 Finanzbuchhaltung
371
–
Bei der Bilanzierung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Substance over Form) steht das wirtschaftliche und nicht das rechtliche Eigentum im Vordergrund, d. h., dass das Unternehmen den Gegenstand bilanziert, welcher den größten Nutzen aufweist oder darüber verfügt. Dies kann z. B. bei Eigentumsvorbehalt der Fall sein. Zwar bleibt das Eigentum bis zur vollständigen Zahlung beim Gläubiger, die Bilanzierung erfolgt aber beim Schuldner, da dieser über das erworbene Gut zur Weiterveräußerung oder -verwendung bereits verfügt. Die Buchung und Bilanzierung des Gegenstands erfolgt zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verfügung. Dabei sind die aktuellen Inernational Commercial Terms (Incoterms) zu beachten. – Das Vorsichtsprinzip (Prudence) wird in den IFRS nicht so stark ausgelegt wie im HGB. Im Jahresabschluss soll hiernach ein vollständiger Substanzwert dargestellt werden mit möglichst richtiger Höhe (Bilanz) zum richtigen Zeitpunkt (GuV), um eine maßvoll vorsichtige Informationsvermittlung zu gewährleisten. – Sofern Informationen als entscheidungsrelevant (Materiality) erachtet werden und den Ansatzvorschriften eines Assets bzw. einer Liability erfüllen, sind sie in der Bilanz bzw. in der GuV mit Erträgen (Income) und Aufwendungen (Expenses) vollständig aufzunehmen (Completeness). Nach IFRS sind die Posten daher grundsätzlich einzeln zu bewerten. Für Vorräte (Inventories) gelten vereinfachende Bewertungsmethoden. Ein Vergleich der Informationen des Jahresabschlusses mit vergangenen Perioden oder den Erfolgen anderer Unternehmen spielt in der Phase der Investitionsentscheidung eine große Rolle, da das künftige Erfolgspotenzial beurteilt werden muss. Im Grundsatz der Vergleichbarkeit (Comparability) ist deshalb kodifiziert, dass die Gliederungsstruktur, Postenbezeichnungen und -abgrenzungen stetig beizubehalten sind und Vorjahreswerte anzugeben sind. Ebenso müssen die angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden stetig beibehalten werden, da auch nach den IFRS unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen können. Eine konsistente Ausübung der Methoden mildert die Möglichkeiten zur Vermögens- und Erfolgsbeeinflussung und erhöht somit die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse. Das Stetigkeitsprinzip (Consistency) ist deshalb streng anzuwenden. Eine ausführliche und angemessene Informationsvermittlung ist hinsichtlich Zeitnähe, Nutzen und Kosten der Erstellung und der Erfüllung der qualitativen Anforderungen abzuwägen. Je zeitnaher Informationen offengelegt werden sollen, desto niedriger wird ihre Verlässlichkeit. Zudem verursacht die Offenlegung von Informationen Kosten, die in Abhängigkeit von der Informationsmenge steigen. Deshalb ist zwischen Nutzen und Kosten der Informationserstellung abzuwägen. Und drittens kann es zu Widersprüchen in den qualitativen Merkmalen kommen. Bspw. ist nach dem Grundsatz der Vollständigkeit der Ansatz aller Vermögenswerte vorgesehen. Dem sprechen die Grundsätze der Wesentlichkeit und der Relevanz entgegen. Welche Posten anzusetzen sind, ist schließlich im Einzelfall zu klären. Bei allen drei Beschränkungen ist eine angemessene Balance anzustreben (vgl. Buchholz 2009, S. 53 ff.; Tab. 7.8).
372
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Beschränkung
Zeitnähe
Kosten und Nutzen
Qualitative Anforderungen
Inhalt
Rechtzeitige Bereitstellung von Abschlussinformationen
Nutzen und Kosten der Informationsaufbereitung
Widersprüche zwischen einzelnen Prinzipien
Zielkonflikt
Zeitnähe hoch Verlässlichkeit gering Zeitnähe gering Verlässlichkeit hoch
Nutzen hoch - Kosten hoch Nutzen gering - Kosten gering
Vollständigkeit – Relevanz/Wesentlichkeit Neutralität/glaubwürdige Darstellung Vorsichtsprinzip
Folge
Ausgleich zwischen Zielen finden
Ausgleich zwischen Zielen finden
Ausgleich zwischen Prinzipien finden
Tab. 7.8:
Beschränkungen und Zielkonflikte im Jahresabschluss (nach Buchholz)
Grundsätzlich erfolgt ein verpflichtender Wertansatz in der Bilanz, wenn
die Definition eines Assets bzw. einer Liability erfüllt ist, von einen wahrscheinlichem Nutzenzufluss/-abfluss von mehr als 50 % auszugehen ist und eine verlässliche Bewertung, also eine Wertzuweisung erfolgen kann. Des Weiteren müssen Voraussetzungen erfüllt sein, die in postenspezifischen Ansatzvorschriften (Ansatzkriterien) zur Geltung kommen.
Nach IASB Framework (F.) 49 (a) und (b) werden Assets und Liabilities wie folgt definiert: Ein Asset „ist eine Ressource, die aufgrund von Ereignissen der Vergangenheit in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen aus ihr künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt“. Eine Liability hingegen „ist eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens, die aus Ereignissen der Vergangenheit entsteht und deren Erfüllung für das Unternehmen erwartungsgemäß mit einem Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden ist“. Das Eigenkapital (Equity) wird als Restbetrag nach Abzug aller Schulden von den Vermögenswerten definiert (vgl. F.49 (c)). Der wirtschaftliche Nutzen kann in einem direkten oder indirekten Zufluss von Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten bestehen. Durch die Orientierung an Zahlungen sind die Definitionen in erster Linie investoren- und zukunftsorientiert. Für den Ansatz von Werten muss ein wirtschaftlicher Nutzen in der Zukunft erwartet werden, d. h. es muss mit mehr als 50 % Wahrscheinlichkeit zukünftig ein direkter oder indirekter Zahlungsmittelzufluss erfolgen. Für den Wertansatz reicht es jedoch nicht aus, allein die Definition zu erfüllen und von der hohen Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Nutzens auszugehen. Neben Definition und Wahrscheinlichkeit müssen als drittes Kriterium die Werte der Assets und Liabilities verlässlich bestimmbar und direkt zurechenbar sein. Ist dies nicht der Fall, ist das Vermögen oder die Schuld nicht bilanzierfähig. Anderenfalls erfolgen Ausweis und Bewertung der Werte unter Beachtung der qualitativen Merkmale in der Bilanz. Ansatzwahlrechte bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Buchholz 2009, S. 60 ff.). Betrachtet man diese Kriterien nach objektivistischen Gesichtspunkten, wird deutlich, dass bilanzpolitische Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden können. Schließlich liegt es im
7.2 Finanzbuchhaltung
373
Ermessen der bilanzierenden Unternehmung, wie hoch der künftige Mittelzufluss sein wird. Selbst das dritte Kriterium, das auf die Verlässlichkeit des zu bilanzierenden Wertes abzielt, ist politischen Einflüssen ausgesetzt. Neben den grundlegenden sind postenspezifische Ansatzkriterien heranzuziehen, die die Aktivierung bzw. Passivierung nach IFRS präzisieren sollen. Dies gelingt nicht in eindeutiger Weise. Faktisch bestehen Ansatzwahlrechte bei Vermögens- und Schuldposten, wie die folgenden Beispiele zur Aktivierung immaterieller Vermögenswerte und Forschungs- und Entwicklungskosten zeigen sollen. Immaterielle Vermögenswerte sind bspw. Rezepturen für Nahrungsmittel oder Getränke von Lebensmittelherstellern. Sie zeichnen sich durch ihre nicht vorhandene Physis aus. Die Aktivierung immaterieller Vermögenswerte des Anlagevermögens ist in IAS 38 geregelt und beschreibt u. a. drei postenspezifische Ansatzkriterien. Erfüllen die immateriellen Werte auch diese Kriterien, besteht eine Ansatzpflicht. Anderenfalls besteht ein Ansatzverbot (vgl. ebenda 2009, S. 67 ff.).
Unter dem Kriterium der Identifizierbarkeit soll sichergestellt werden, dass die Immaterialität des Vermögenswertes vorhanden ist. Der Nachweis kann vertraglich oder rechtlich (z. B. durch Patenturkunden) erbracht werden. Alternativ gilt der Nachweis als erbracht, wenn sich die Vermögenswerte deutlich von anderen Posten separieren lassen oder sich verkaufen, vermieten oder andersartig wirtschaftlich nutzen lassen. Das Beherrschungskriterium ist erfüllt, wenn die Unternehmung die Verfügungsgewalt über den immateriellen Vermögenswert ausübt und die Rechte zur Nutzenrealisierung besitzt. Ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen ist gegeben, wenn durch den immateriellen Wert in Zukunft Erlöse oder Kosteneinsparungen erzielt werden können.
Besonders bei innovativen Unternehmen spielt der Ansatz von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen eine große Rolle. Anders als Forschungsaufwendungen, die keinen direkten Bezug zu Produkten aufweisen, sind Entwicklungskosten als immaterielle Vermögenswerte verpflichtend in der Bilanz anzusetzen. Dafür sind neben den allgemeinen weitere sechs postenspezifische Ansatzkriterien zu erfüllen:
Ist die technische Realisierbarkeit gegeben? Besteht die Absicht der Unternehmung, die Entwicklung mit dem Ziel der Nutzung oder Veräußerung fertigzustellen? Ist die Unternehmung fähig, die Entwicklung zu nutzen? Liegt ein Markt zur Erzielung eines wirtschaftlichen Nutzens vor? Verfügt die Unternehmung über technische, finanzielle oder sonstige Mittel, um die Entwicklung erfolgreich zu beenden? Sind die Entwicklungskosten verlässlich bewertbar?
Die Nachweispflicht zur Erfüllung der postenspezifischen Ansatzkriterien liegt im Ermessen der Unternehmen und nicht bei den Investoren und basiert somit häufig lediglich auf Annahmen des Managements. Die Annahmen sind dahingehend manipulierbar, dass faktisch ein Bilanzierungswahlrecht besteht und somit ein Instrument zur gezielten Beeinflussung der Gewinnsituation. Z. B. ist der Entwicklungsaufwand für Medikamente ein aktivierbarer
374
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Vermögenswert nach den IFRS, obwohl nur wenige Medikamente tatsächlich eine Marktzulassung erhalten. Der aktivierte Wert wird dann über Jahre abgeschrieben und schlägt sich erst sukzessive als Aufwand in der GuV nieder. Dadurch wird im Entwicklungszeitraum ein höherer Gewinn ausgewiesen, als vorhanden ist, und das Anlagevermögen wird um Aufwandsbeträge kontaminiert. Die IFRS enthalten keine genauen Vorschriften zur Aufstellung der Vermögenslage (Statement of financial position). Die nach Grünberger (2011, S. 264; vgl. Tab. 7.9) entworfene Struktur enthält jedoch Mindestgliederungspunkte für den Ausweis der anzusetzenden Posten in der Bilanz (Balance sheet). Anders als in der deutschen Rechnungslegung werden die Vermögenswerte den Schulden in der IFRS-Bilanz in der Praxis häufig nach abnehmender Liquidität bzw. Fristigkeit gegenübergestellt, obwohl die IFRS beide Gliederungsstrukturen zulässt. Dies liegt an den angloamerikanischen Einflüssen auf die IFRS. Aktivseite
Passivseite
Sachanlagen (property, plant and equipment),
Nennkapital (issued capital),
insb.*): Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Fuhrpark,
insbesondere**):
Einrichtungsgegenstände, Schiffe bzw. Flugzeuge,
- Anzahl genehmigter und ausgegebener Anteile
Betriebs- und Geschäftsausstattung (IAS 1.78(a) i.V.
(gesondert nach teilweise und voll eingezahlt)
mit IAS 16.37)
- Nennwert je Anteil bzw. Aktien ohne Nennwert
Immobilien nach IAS 40 (investment property)
- Überleitung ausgegebener Anteile 1.1./31.12.
immaterielle Vermögenswerte (intangible assets)
- Rechte und Vorzüge bzw. Restriktionen
finanzielle Vermögenswerte (financial assets),
- eigene Anteile bzw. von Tochter- und assoziierten
soweit nicht nachfolgend genannt
Unternehmen gehaltene Anteile - für Stock Options und dgl. reservierte Anteile
nach der Equity-Methode bewertete Beteiligungen
Kapital und Gewinnrücklagen (reserved attributable
(equity-method investments)
to owner),
Pflanzen und Tiere (biological assets)
insb.*): Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen
Vorräte (inventories),
(vgl. IAS 1.78(e));
insb.*): Waren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, halbfert-
außerdem**): Angabe von Natur und Zweck jeder Rück-
ige Erzeugnisse, Fertigerzeugnisse (vgl. IAS 1.78(c))
lage
Forderungen aus L+L (trade receivables) und sonstige Forderungen
Minderheitenanteile (minority interest) Rückstellungen (provisions)
insb. *): gegen Kunden, Forderungen gegen nahestehende Personen, Vorauszahlungen
insb.*): gegenüber Mitarbeitern (IAS 1.78(d)) finanzielle Schulden (financial liabilities)
(vgl. IAS 1.78(c))
soweit nicht unten genannt Schulden aus L+L (trade payables) und sonstige Schulden
Zahlungsmittel (cash & cash equivalents)
latente Steuerschulden (deferred tax liabilities)
zur Veräußerung stehende Vermögenswerte bzw.
tatsächliche Steuerschulden (current tax liabilities)
Gruppen von Vermögenswerten latente Steueransprüche (deferred tax assets)
Schulden in zur Veräußerung stehenden Gruppen
tatsächliche Steueransprüche (current tax assets)
von Vermögenswerte und Gruppen
*) kann alternativ auch im Anhang genannt werden (IAS 1.78) **) kann alternativ auch im Anhang oder in der Eigenkapitalveränderungsrechnung angegeben werden (IAS 1.79)
Tab. 7.9:
Mindestinhalte der IFRS-Bilanz (nach Grünberger)
7.2 Finanzbuchhaltung
375
Grundsätzlich zählen auf der Aktivseite der Bilanz zu den langfristigen Vermögenswerten Sachanlagen wie Grundstücke, Gebäude, Maschinen etc., als Finanzinvestition gehaltene Immobilien nach IAS 40, immaterielle und finanzielle Vermögenswerte, at Equity bilanzierte Beteiligungen und biologische Vermögenswerte. Zu den kurzfristigen Vermögenswerten sind mindestens Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, sonstige Forderungen, Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente, zur Veräußerung stehende Vermögenswerte bzw. Gruppen von Vermögenswerten, latente und tatsächliche Steueransprüche zu bilanzieren. Zum Eigenkapital auf der Passivseite der IFRS-Bilanz sind mindestens das Nennkapital, Kapital und Gewinnrücklagen sowie Minderheitenanteile auszuweisen. Zu den Schulden müssen mindestens Angaben zu Rückstellungen, finanziellen Schulden, Schulden aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Schulden, latente und tatsächliche Steuerschulden und Schulden in zur Veräußerung stehenden Gruppen von Vermögenswerten und Schulden gemacht werden. Die GuV (Income statement) ist wie im HGB in Staffelform nach dem Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren anzufertigen und stellt Erfolgskomponenten dar, die in den Gewinn oder Verlust der Bilanz eingehen. Außerdem ist eine Aufstellung des übrigen Ergebnisses (Statement of other comprehensive income) notwendig, um erfolgsneutrale Aufwendungen und Erträge abzubilden. Es hängt von der Informationspolitik der Unternehmung ab, ob eine integrierte Aufstellung des Gesamtergebnisses (Statement of comprehensive income) angefertigt wird oder zwei separate Aufstellungen veröffentlicht werden. Zu den erfolgsneutralen Aufwendungen zählen bspw. Wechselkursdifferenzen bei der Umrechnung von der funktionalen Währung in die Berichtswährung (siehe hierzu Grünberger 2011, S. 268). Zur Aufstellung des Gewinns oder Verlusts der Periode sind nach IAS 1.82 f. mindestens Umsatzerlöse, Finanzierungsaufwendungen, Gewinn- oder Verlustanteile an assoziierten Unternehmen und Joint-VentureGesellschaften, die nach der Equity-Methode bewertet werden, der Steueraufwand sowie der gesonderte Betrag aufgegebener Geschäftsbereiche heranzuziehen. Ausgehend vom Periodengewinn/-verlust ergibt sich unter Beachtung der sonstigen (erfolgsneutralen) Komponenten das Gesamtergebnis der Periode (vgl. Meyer 2011, S. 288 f.). Weiterhin können Positionen ausgewiesen oder angepasst werden, wenn die Ertragslage damit verständlicher wird. Anders als in der handelsrechtlichen Ergebnisermittlung wird nicht nach außerordentlichen oder gewöhnlichen Ergebnissen unterschieden. Tab. 7.10 stellt beispielhaft eine IFRS-GuV nach dem Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren gegenüber (vgl. Meyer 2011, S. 289 f.). Deutlich wird anhand der Tab. 7.10, dass die geforderten Mindestbestandteile in beiden Verfahren nicht ohne Weiteres wiederzufinden sind. Neue Positionen oder einzelne Anpassungen mögen zwar das Verständnis einzelner Unternehmen erhöhen, aber die Vergleichbarkeit innerhalb einer Branche wird dadurch erschwert.
376
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem Gesamtkostenverfahren
Umsatzkostenverfahren
Umsatzerlöse/Revenue Sonstige Erträge/other Income Veränderungen des Bestandes an Fertiger-
X
Umsatzerlöse/Revenue
X
Umsatzkosten/Cost of sales
X -X
X
Bruttogewinn/Gross Profit
X
X
Sonstige Erträge / Other Income
X
X
Vertriebskosten / Distribution costs
-X
Verwaltungsaufwendungen /
-X
zeugnissen und unfertigen Erzeugnissen / Change in inventories of finished goods and work in progress Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe / Raw materials and consumable goods Aufwendungen für Leistungen an Arbeitnehmer / Employee benefits expenses Aufwand für planmäßige Abschreibungen /
X
Depreciation and amortisation expenses Andere Aufwendungen / Other expenses
Administrative expenses X
Andere Aufwendungen / Other expenses
Gesamtaufwand / Total expenses -X Gewinn vor Steuern / Profit before tax
Tab. 7.10:
-X
Gewinn vor Steuern / Profit before tax
X
X
Beispiele zur Gliederung der IFRS-GuV (nach Meyer)
Neben dem Statement of financial position und dem Statement of comprehensive income gehören zum IFRS-Jahresabschluss auch das Statement of changes in equity (Eigenkapitalveränderungsrechnung), das Statement of cash flows (Kapitalflussrechnung) sowie die Notes (Anhangsangaben), die die relevanten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und Ergebnisse detailliert erläutern. Die Kapitalflussrechnung nach DRS 2 entspricht weitgehend den Vorschriften gemäß IAS 7 (siehe Tab. 7.6). Die Eigenkapitalveränderungsrechnung zeigt die periodischen Veränderungen des Eigenkapitals auf. Nach IAS 1.106 ist mindestens das Gesamtergebnis der Periode getrennt nach Anteilen des Mutterunternehmens und Minderheiten aufzulisten. Daneben ist für jede Eigenkapitalkategorie (z. B. gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen) der Effekt aus Fehlerberichtigungen oder rückwirkende Effekte aufgrund neuer Bilanzierungsmethoden zu berücksichtigen. Die Beträge von Transaktionen mit Eigentümern sind getrennt nach Einlagen bzw. Kapitalzuschüssen oder Ausschüttungen anzugeben. Zuletzt müssen die Buchwerte jeder Eigenkapitalkategorie mit Periodenbeginn und Periodenende übergeleitet werden (vgl. Grünberger 2011, S. 273 f.). Die Siemens AG (2010, S. 166 f.) setzt die Mindestangaben der Eigenkapitalveränderungsrechnung wie folgt um: Neben dem gezeichneten Kapital und den Kapitalrücklagen wird das Gesamtergebnis durch Addition der Gewinnrücklagen und sonstigen Beständen des Eigenkapitals errechnet. Die Summe des Eigenkapitals der Aktionäre ist die Differenz aus errechneten Gesamtergebnis und eigenen Anteilen zu Anschaffungskosten. Zu dieser Zwischensumme werden nicht beherrschbare Anteile hinzuaddiert, um die Summe des gesamten Eigenkapitals zu errechnen. Die Eigenkapitalrechnung der Siemens AG weist sowohl das aktuelle als auch das vorige Geschäftsjahr aus, um im zeitlichen Vergleich Änderungen nachvollziehen zu können. Unternehmensspezifische Lösungen verringern wiederum branchenweite Vergleiche.
7.2 Finanzbuchhaltung
377
Im Rahmen der Bilanzierung stellt die Bewertung neben dem Ansatz und dem Ausweis den dritten zu regelnden Sachverhalt dar. Unter der Bewertung versteht das IFRS-Framework „das Verfahren zur Bestimmung der Geldbeträge, mit denen die Abschlussposten zu erfassen und in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung anzusetzen sind. Dies erfordert die Wahl einer bestimmten Bewertungsgrundlage“ (F.99). Es können verschiedene Bewertungsgrundlagen in Abschlüssen eingesetzt werden (vgl. F.100):
Die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten umfassen den entrichteten Betrag oder den beizulegenden Zeitwert der Gegenleistung für ihren Erwerb zum Erwerbszeitpunkt. Schulden werden im Normalfall mit dem Betrag „des im Austausch für die Verpflichtung erhaltenen Erlöses erfasst“. Der Tageswert ist der zahlbare Betrag im Falle eines Erwerbs (Wiederbeschaffungskosten). Schulden werden mit dem (nicht diskontierten) Betrag erfasst, der für die Verpflichtungsbegleichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei normalem Geschäftsverlauf zu zahlen wäre. Der Veräußerungswert ist der erzielbare Betrag im Falle eines Verkaufs. Schulden werden mit dem (nicht diskontierten) Erfüllungsbetrag erfasst, der erwartungsgemäß bei normalem Geschäftsverlauf zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu zahlen wäre. Mit dem Barwert werden künftige Nettomittelzuflüsse angesetzt, die erwartungsgemäß bei normalem Geschäftsverlauf erzielt werden. Schulden werden mit dem Barwert angesetzt, der zur Erfüllung der Schuld notwendig ist.
Die Bewertungsgrundlagen sind weder postenspezifisch zugeordnet noch lässt sich objektiv beurteilen, wie ein normaler Geschäftsverlauf aussieht. Somit lassen sich Freiräume zur Definition von Wertmaßstäben finden. Am häufigsten werden kombinierte Verfahren mit den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Grundlage angewendet (F.101), daher lässt sich die Bewertung auf zwei zentrale Wertbegriffe zurückführen (vgl. Wengel/Schnell 2008, S. 2264):
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) bewerten unternehmensindividuell und teilweise nach veralteten Werten. Sie lassen sich nach historischen und fortgeführten AHK unterteilen. Während die historischen AHK den Maßstab bei der Erstbewertung eines Vermögenswerts bilden, sind die fortgeführten AHK bei Folgebewertungen anzuwenden. Die Anschaffungskosten ergeben sich aus dem Nettoerwerbspreis unter Abzug von Zöllen, Rabatten, Boni und Skonti. Zu beachten ist, dass nicht erstattungsfähige Umsatzsteuern zu den Anschaffungskosten zählen. Alle direkt zurechenbaren Betriebsbereitschaftskosten wie bspw. Installations- und Montagekosten, Honorare, Testläufe, Versicherungen, Transportkosten etc. und die geschätzte Kosten für Abbruch, Beseitigung und Wiederherstellung des Standorts sind zusätzliche Anschaffungskosten (vgl. IAS 16.16). Das Schema zur Berechnung der Herstellungskosten ist in Tab. 7.1 dargestellt. Mit der Bewertung nach dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) wird ein aktueller und marktnaher Wertmaßstab von Vermögenswerten und Schulden zugrunde gelegt. Der beizulegende Zeitwert wird in mehreren Standards definiert. Aufgrund seiner Bedeutung in der internationalen Rechnungslegung wäre eine Definition im Framework zweckmä-
378
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
ßig. Die umfassendste Definition liefert IAS 39 zur Bewertung von Finanzinstrumenten. Darin wird der beizulegende Zeitwert als der Betrag definiert, „zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte“ (IAS 39.9). Da im Erwerbszeitpunkt der beizulegende Zeitwert den historischen AHK entspricht, ergeben sich lediglich bei der Folgebewertung Unterschiede zwischen den beiden Wertkonzeptionen. Die Anwendung von Bewertungsverfahren richtet sich nach der Art des Vermögenswertes. Bei der Folgebewertung sind drei Verfahren relevant (vgl. Wengel/Schnell 2008, S. 2264 f. und die dort zitierte Literatur; vgl. Abb. 7.25):
Das Bewertungsverfahren nach den fortgeführten AHK, das insbesondere bei dem Sachanlagevermögen und den immateriellen Vermögenswerten angewendet wird, subtrahiert von den zum Erwerbszeitpunkt aktivierten AHK planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen und addiert gegebenenfalls Wertaufholungen bis höchstens zu den fortgeführten AHK. Wertaufholungen können sich ausschließlich nach außerplanmäßigen Abschreibungen ergeben. Bei der erfolgsneutralen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert wird ein Differenzbetrag aus Neubewertung und Buchwert in eine Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) des Eigenkapitals passiviert. Darüber hinaus werden die Sachanlagen und Neuwerte planmäßig über die Nutzungsdauer abgeschrieben (vgl. IFRIC 1.6, IAS 16.31). Durch die Bilanzverlängerung wächst das Vermögen erfolgsneutral. Sollte der beizulegende Zeitwert für die Sachanlage nicht marktbasiert nachweisbar sein, ist er durch ein Ertragswertverfahren oder eine Wiederbeschaffungswertmethode unter Berücksichtigung von Abschreibungen zu schätzen (vgl. IAS 16.33). Ändert sich der beizulegende Zeitwert nur geringfügig, kann die Sachanlage alle drei bis fünf Jahre neu bewertet werden. Ansonsten ist eine jährliche Neubewertung erforderlich. Bei der erfolgswirksamen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert sind alle Wertänderungen in der GuV erfolgswirksam zu buchen (vgl. IAS 39.45).
Im Gegensatz zu den Vermögenswerten spielt die Bewertung von Schulden in den IFRS für die Erst- und Folgebewertung eine untergeordnete Rolle. Die Pensionsrückstellungen werden nach versicherungsmathematischen Methoden abgezinst und bewertet (siehe IAS 19). Die Renditen orientieren sich bei der Diskontierung der Verpflichtungen an festverzinslichen Industrieanleihen (vgl. IAS 19.78). Die sonstigen Rückstellungen werden am Bilanzstichtag bestmöglich geschätzt, um der Erfüllung anstehender Verbindlichkeiten nachzukommen (vgl. IAS 37.36). Die finanziellen Verbindlichkeiten werden zunächst zum beizulegenden Zeitwert bewertet, bevor sie bei der Folgebewertung unter Anwendung der Effektivzinsmethode zu den fortgeführten Anschaffungskosten oder zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (vgl. IAS 39.43, IAS 39.47). Die kurzfristigen Verbindlichkeiten werden mit dem Erfüllungsbetrag angesetzt, da bei einer Laufzeit von einem Jahr der Barwert als unwesentlich erachtet wird. Anders verhält es sich bei langfristigen Verbindlichkeiten. Hier wird der Barwert zur Bewertung herangezogen (siehe hierzu bspw. Buchholz 2009, S. 168 f.).
7.2 Finanzbuchhaltung
Abb. 7.25:
379
Erst- und Folgebewertung von Vermögenswerten (nach Wengel/Schnell)
In der IFRS-Bilanzierungspraxis ist der beizulegende Zeitwert der dominierende Wertmaßstab. Die IFRS-Regelungen zielen auf eine möglichst aktuelle Vermögens- und Schuldenbewertung ab, um die Substanz des Unternehmens vollständig und zeitnah abzubilden. Dadurch sollen insbesondere stille Reserven aufgedeckt und bilanzpolitische Einflüsse vermindert werden, um so den Investoren entscheidungsrelevante Informationen zu liefern. Allerdings existieren in der Realität oftmals keine Marktwerte. Dies hat zur Folge, dass die Bewertung stark von den Verfahren selbst sowie subjektiven Schätzungen und Annahmen des Managements abhängig ist. Eine Vergleichbarkeit angewandter Wertmaßstäbe ist damit nur schwer zu realisieren. Gerade in wirtschaftlich volatilen Zeiten lassen sich Anhaltspunkte für Wertminderungen schwierig bestimmen und basieren ausschließlich auf Indizien, die im Rahmen von Werthaltigkeitstests (Impairment Tests) insbesondere für immaterielle Vermögenswerte, Sachanlagen und Firmenwerte geprüft werden und zu außerplanmäßigen Abschreibungen führen können (siehe hierzu Grünberger 2011, S. 71 ff.). Sehr häufig kann keine verlässliche marktnahe Bewertung stattfinden. Dies kann gravierende volkswirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Die Höhe einer möglichen Abwertung griechischer Staatsanleihen zu Marktpreisen einzelner Banken erforderte mit der Etablierung einer Zweckgesellschaft einen staatlichen Eingriff, um europäische Banken zu retten, und stellt den Euro als Gemeinschaftswährung infrage. Mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) wurde ein „Rettungsschirm“ prinzipiell wie eine Zweckgesellschaft aufgespannt, der Kredite an in Liquiditätsnot geratene Länder vergibt, während die Euroländer dafür bürgen. Der ESM kauft Staatsanleihen vom Bankensektor oder direkt Staatsanleihen angeschlagener Länder und verkauft Anleihen weiter an Investoren. Der ESM übernimmt das Ausfallrisiko der Anleihen und finanziert sich durch Zinsüberschüsse, die entstehen, wenn Schuldnerländer höhere Zinsen für das geliehene Kapital zahlen, als der ESM am Kapitalmarkt für die Kapitalaufnahme zahlt.
380
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Bspw. hatte Irland Anfang 2011 einen Kredit über 3,6 Milliarden Euro zu 5,9 % Zinsen erhalten. Am Kapitalmarkt hätte Irland ca. 9 % Zinsen zahlen müssen. Der ESM hat sich aber am Kapitalmarkt zu einem Zinssatz von 2,9 % bedient und finanziert sich so zu 3 % selbst. Hieran wird ein wesentlicher Unterschied zur handelsrechtlichen Bilanzierung offensichtlich. Die Ermittlungsfunktion, die die Grundlage der Besteuerung, Dividendenzahlungen oder Erfolgsbeteiligung ist, erfolgt im HGB unter dem Mantel des Gläubigerschutzes mit seinem Realisations- und Imparitätsprinzip und ist mit den GoB in das Gesellschaftsrecht eingebunden. Indem stille Reserven nicht aufgedeckt werden, wird der Informationsfunktion im HGB weniger Bedeutung beigemessen. Die IFRS stellen hingegen Erfolgspotenziale der Unternehmung in den Vordergrund und kommunizieren diese an Investoren. Dabei soll möglichst der aktuelle Tauschwert (Fair Value) von Vermögensteilen und Schulden objektiv abgebildet werden. Befindet sich der Fair Value über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, informiert er erfolgswirksam über die GuV oder erfolgsneutral im Eigenkapital über vorhandene Erfolgspotenziale. Ebenso informieren aktivierungspflichtige Entwicklungskosten über Erfolgspotenziale der Unternehmung. „Nach IFRS ist der Gewinn jedenfalls nicht ausschließlich ein Umsatzgewinn, sondern auch ein Bewertungsgewinn am ruhenden Vermögen“ (Theile 2011, S. 13).
7.3
Betriebsbuchhaltung
Stellt man die handelsrechtlichen Begriffssysteme des Gesamtkostenverfahrens und des Umsatzkostenverfahrens in Relation zueinander, so wird ersichtlich, dass im Bereich der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge eine Begriffsidentität vorhanden ist. Bei der Klassifizierung der Betriebsaufwendungen jedoch werden unterschiedliche Oberkategorien benutzt (vgl. Eilenberger 1990, S.182; siehe Abb. 7.26). Im Gesamtkostenverfahren werden die Zweckaufwendungen nach Kostenarten, im Umsatzkostenverfahren nach ihrem Entstehungsbereich (Herstellung, Verwaltung, Vertrieb) gruppiert. Selbstverständlich sind beide Systeme ineinander überführbar, insbesondere deshalb, weil auf unterem Kategorisierungsniveau in beiden Fällen nach Kostenarten unterschieden wird. In der Kostenrechnung werden drei Ordnungsprinzipien verfolgt: die Gliederung nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern. Die Erfassung der Kostenarten erfolgt nach Faktoren, nach der Art der Verrechnung in Einzel- oder Gemeinkosten oder nach ihrem Verhalten bei Beschäftigungsänderung. Bei der Kostenstellenrechnung werden die Kostenarten einzelnen Bereichen im Unternehmen zugeordnet, die deren Verwendung zu verantworten haben, und bei der Kostenträgerrechnung werden die Kostenarten den spezifischen betrieblichen Leistungen zugeordnet, um somit zu einer leistungsorientierten Ergebnisfeststellung, der Kostenträgerzeitrechnung, zu gelangen. Hieraus leitet sich die Kostenträgerstückrechnung zur Kalkulation ab.
7.3 Betriebsbuchhaltung
Abb. 7.26:
381
Zusammenhang zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren bezüglich der Ermittlung des Betriebsergebnisses (nach Eilenberger)
Das Verhältnis der Finanzbuchhaltung zur Kostenrechnung, d. h. zur Betriebsbuchhaltung, kann auf zweierlei Weise geregelt werden, mit dem Einsystem oder dem Zweisystem. Eilenberger (1990, S. 227) schreibt dazu: „Einsysteme integrieren die Betriebsbuchhaltung in die umfassendere Finanzbuchhaltung, sodass beide Buchhaltungsbereiche ein einheitliches Kontensystem aufweisen; dabei vollzieht sich die Abrechnung von Kontenklasse zu Kontenklasse in einem jeweils abgeschlossenen Abrechnungskreis. [...] Zweisysteme sind dagegen durch eine Trennung der beiden Buchhaltungskreise gekennzeichnet, wobei sowohl die Finanzbuchhaltung als auch die Betriebsbuchhaltung grundsätzlich geschlossene Abrechnungskreise darstellen, sodass erstere den pagatorischen Erfolg als Differenz von Ertrag und Aufwendungen ermittelt (GuV-Rechnung), während die Betriebsbuchhaltung sich ausschließlich auf die Festlegung der Differenz zwischen Erlösen (Leistung) und Kosten (Betriebsergebnis) beschränkt.“ Welches System auch immer verwendet wird, bei der Gestaltung der Finanz- und der Betriebsbuchhaltung müssen zwei Faktoren berücksichtigt werden. Zum einen werden die betrieblichen Bewegungen nur einmal erfasst, und dies geschieht im Rahmen der Finanzbuch-
382
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
haltung, denn hier ist gegenüber Betriebsfremden Rechenschaft abzulegen. Zum anderen sind die Inhalte der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung untrennbar miteinander verbunden. Es sollte daher bei der primären Datenerfassung bereits darauf geachtet werden, dass die Betriebsbewegungen hinreichend fein klassifiziert aufgenommen werden, damit sie später den jeweiligen Verrechnungsansprüchen genügen. Dies kann in Form einer Ergebnisrechnung erfolgen, die als Instrument im Zweisystem angewendet wird (siehe Abb. 7.27).
Abb. 7.27:
Beispiel einer Ergebnistabelle
Im Rechnungskreis I erfolgt der Ausweis der Aufwands- und Ertragsposten aus der Finanzbuchhaltung mit dem Gesamtergebnis der Periode. Im Rechnungskreis II werden die Salden aller Erfolgskonten übertragen und nach betrieblich relevanten Posten abgegrenzt. In der Betriebsergebnisrechnung werden die Salden übertragen, sofern die Erträge Leistungen und die Aufwendungen Kosten darstellen. Die aus der Leistungserstellung und -verwertung resultierenden Erträge und Aufwendungen sind zweckgerichtet und werden als Leistungen bzw. Kosten definiert. Dies sind bspw. Umsatzerlöse, Bestandsmehrungen, aktivierte Eigenleistungen oder auch Eigenverbrauch auf der Leistungsseite und Materialverbrauch, Lohnabrechnungen, Abschreibungen, Versicherungsprämien etc. auf der Kostenseite. Die Abgrenzungsrechnung ist zweigeteilt. In der unternehmensbezogenen Abgrenzungsrechnung werden diejenigen Salden übertragen, die als neutrale Erträge oder neutrale Aufwendungen klassifiziert worden sind. Sie bilden das neutrale Ergebnis und grenzen die betriebsfremden, betrieb-
7.3 Betriebsbuchhaltung
383
lich periodenfremden und außerordentlichen Betriebsbewegungen ab. Andererseits werden kostenrechnerische Korrekturen vorgenommen. Hierbei werden die Aufwendungen der Finanzbuchhaltung verursachungsgerecht mit dem Ansatz kalkulatorischer Kosten korrigiert, d. h. die Aufwendungen werden von bilanzpolitischen Maßnahmen befreit. Bspw. sind zwar die bilanziellen Abschreibungen auf Sachanlagen betriebsbedingt und somit als Kosten zu deklarieren, aber zu prüfen ist, ob der tatsächliche Werteverzehr der Sachanlagen den unter bilanz- und steuerpolitischen Zwecken orientierten Abschreibungen entspricht. Ist dies nicht der Fall, eignen sich die bilanziellen Abschreibungen nicht für die Kosten- und Leistungsrechnung und müssen rechnerisch korrigiert werden. Neutrales Ergebnis und Betriebsergebnis ergeben das Gesamtergebnis. Im Zahlenbeispiel steht einem positiven Gesamtergebnis der Finanzbuchhaltung ein negatives Betriebsergebnis gegenüber. Aus der Ergebnistabelle werden die Kosten und Leistungen schließlich für die Kosten- und Leistungsrechnung übernommen.
Abb. 7.28:
Grundstruktur des Kostendurchlaufes in Systemen der Direktkostenrechnung (nach Eilenberger)
Eilenberger (1990, S. 274) verdeutlicht die Interdependenzen der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung am Beispiel des Kostendurchlaufs im System der Direktkostenrechnung. Zunächst wird bei der Kostenartenerfassung in Einzel- und Gemeinkosten differenziert, die in der Kostenstellenrechnung über den Betriebsabrechnungsbogen (BAB) in variable Kosten, proportionale Gemeinkosten und Fixkostenblock zergliedert werden. Die variablen Kosten werden in der Kostenträgerrechnung wie auch die proportionalen Gemeinkosten unmittelbar einem Produkt zugeordnet. Aus der Saldierung zu den entsprechenden Erlösen ergeben sich die produktspezifischen Deckungsbeiträge, welche zur Betriebsergebnisermittlung dem Fixkostenblock zugeordnet werden (vgl. Abb. 7.28).
384
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Ebert (2004, S. 124) vertieft die Interdependenz im Aufbau und Ablauf der Kosten- und Leistungsrechnung. Er unterscheidet zwischen dem Leistungs- und dem Verwertungsprozess, dem technischen Ablauf und dem organisatorischen Aufbau. Die vom Beschaffungsmarkt bezogenen Leistungen werden im Rahmen des Werteverzehrs von bestimmten Kostenstellen zu betriebseigenen Leistungen umgewandelt, die dem Absatzmarkt zuzuführen sind. Um die Bewegungen dieses Prozesses wertmäßig abzubilden, müssen zunächst die neutralen Aufwendungen und Erträge zeitlich und sachlich von den Gesamtkosten abgegrenzt werden, um so zu einer Gliederung nach Kostenwerten zu gelangen, welche über den BAB den Kostenstellen zugerechnet werden können. Es erfolgt dann eine Zurechnung der Kosten auf die Kostenträger. Bezieht man die Erlöse und die Bestandsbewegungen der Finanzbuchhaltung mit ein, so kann eine Gegenüberstellung der Kosten und der Leistungen für eine Periode erbracht werden. Im organisatorischen Aufbau beinhaltet die Betriebsbuchhaltung dementsprechend die Integration der Nebenbuchhaltung für Anlagen, Material, Lohn und Gehalt in der Kostenartenrechnung sowie die Betriebsabrechnung mit dem BAB, die Kalkulation mit Verfahren der Kostenträgerstückrechnung und die Ergebnisrechnung über Methoden der Kostenträgerzeitrechnung. Bei diesen Betrachtungen zeigt sich, dass in der Betriebswirtschaftslehre ein Unterschied zwischen dem Aufwands- und dem Kostenbegriff gemacht wird, der weitreichende Konsequenzen bei der Ausbildung von Verfahren hat und letztlich einen der wesentlichen Gründe für die Differenzierung in Einsysteme und dualistische Systeme (Zweisysteme) bei der Organisation des Verhältnisses zwischen Finanzbuchhaltung und Betriebsbuchhaltung darstellt.
Abb. 7.29:
Aufwand und Kosten
Der Aufwand innerhalb einer Periode wird in den neutralen und betrieblichen Aufwand unterteilt. Letzterer Zweckaufwand entspricht den Grundkosten der Kostenrechnung. Grundkosten sind aufwandsgleiche Kosten. Daneben wird jedoch in der Betriebsbuchhaltung zuweilen auch mit kalkulatorischen Kosten gerechnet, die sich in Anders- und Zusatzkosten gliedern lassen (vgl. Abb. 7.29). Olfert (2008b, S. 105) führt dazu aus: „Kalkulatorische Kosten werden angesetzt, um die Kostenrechnung von Zufälligkeiten und Unregelmäßigkeiten zu befreien, die ihre Stetigkeit stören würden und um auch jenen Güter- und Diensteverzehr bei der Ermittlung der
7.3 Betriebsbuchhaltung
385
Selbstkosten zu berücksichtigen, der nicht zu Aufwendungen führt. Damit wird auch die Möglichkeit innerbetrieblicher und zwischenbetrieblicher Vergleiche geschaffen. Als kalkulatorische Kosten werden in der betrieblichen Praxis angesetzt:
kalkulatorische Abschreibungen kalkulatorische Zinsen kalkulatorische Wagnisse kalkulatorischer Unternehmerlohn kalkulatorische Miete.“
Mit Ausnahme des kalkulatorischen Unternehmerlohns und der kalkulatorischen Miete stehen allen kalkulatorischen Kosten Aufwandsposten in der GuV gegenüber. Deshalb werden diese beiden kalkulatorischen Kosten als Zusatzkosten bezeichnet. Sie kommen ausschließlich in der Betriebsbuchhaltung zur Geltung und sind aufwandslos. Kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische Zinsen und kalkulatorische Wagnisse können sich als aufwandsungleiche Kosten erweisen, wenn der leistungsbedingte von dem buchhalterischen Werteverzehr abweicht. Kalkulatorische Kosten sorgen also dafür, dass in der Betriebsbuchhaltung nur der tatsächliche Werteverzehr berücksichtigt wird, der durch die Leistungserstellung entstanden ist, auch wenn in der Finanzbuchhaltung andere Ansätze und Bewertungen von Posten gebucht wurden, die ein bilanz- und steuerpolitisches Bild der Unternehmung zeichnen. Wöhe (1990, S. 264) räumt ein, dass über den Kostenbegriff keine volle Übereinstimmung in der Betriebswirtschaftslehre besteht. „Der herrschende Kostenbegriff ist der auf Schmalenbach zurückgehende wertmäßige Kostenbegriff. Demnach sind Kosten der bewertete Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen für die Herstellung und den Absatz von betrieblichen Leistungen und die Aufrechterhaltung der dafür erforderlichen Kapazitäten. [...] Demgegenüber geht der pagatorische Kostenbegriff nicht vom Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen, sondern von Ausgaben (Auszahlungen) aus.“ Der Umgang mit kalkulatorischen Kosten ist durchaus problematisch. Es entsteht innerbetrieblich eine „zweite Wahrheit“, die leicht zu zwei Systemen der Berechnung führt. Aufgrund der Datenmengen, welche in beiden Systemen zu verrechnen sind, kann es dazu kommen, dass beide Systeme inkompatibel werden. Dieser Prozess findet auch eine Unterstützung in dem Umstand, dass in der Regel die Finanzbuchhaltung von einem anderen Personenkreis betrieben wird als die Betriebsbuchhaltung. Das Wissen um die vielen Ausnahmen, welche zur Definition der kalkulatorischen Kosten und somit zu diesem Betriebsergebnis führen, ist nur in den Köpfen der einen Gruppe, die komplexe Interdependenz zwischen GuV und Bilanz ist wiederum eine Kognition der anderen sozialen Gruppe. Selbstverständlich lassen sich Buchhaltungssysteme immer ineinander überführen, aber häufig nur nach einem langwierigen Diskurs, der die unterschiedlichen Sichtweisen in einem einheitlichen Konsens verschmilzt. Bei der Entwicklung neuer Leistungen sind oft Entscheidungen unter zeitlichem Druck zu treffen. Mit einem auf den pagatorischen Kostenbegriff aufbauenden Konstrukt zur wertmäßigen Evaluierung dieser Entscheidungen ist es viel einfacher, eine Ankopplung an das primäre Planungs- und Kontrollsystem zu gewährleisten, welches sich an dem bilanzierten Betriebsergebnis, bzw. an der Planbilanz orientiert. Selbstverständlich ergeben Jahresabschreibungen oder
386
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
-zinszahlungen bzw. punktuelle Aufwendungen, deren Werteverzehr sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, ein schiefes Bild bspw. in der Kostenträgerrechnung, wenn diese Buchungen unmittelbar in die Betriebsbuchhaltung überführt werden. Aber die Finanzbuchhaltung hat allein über die transitorischen Abgrenzungen hinreichende Instrumentarien, um diese Effekte zu kompensieren. Chmielewicz (1973a, S. 64; vgl. hierzu auch Ebert 1997, S. 4.2-32) hält die Differenzierung der kalkulatorischen und pagatorischen Kosten für so gravierend, dass er hierauf seine Typenbildung bei der Perioden-Erfolgsrechnung aufbaut (vgl. Abb. 7.30).
Abb. 7.30:
Typen der Perioden-Erfolgsrechnung (nach Chmielewicz)
Bei der Gliederung der Erfolgsrechnungen von Chmielewicz sind noch zwei weitere Unterscheidungskriterien relevant. Zum einen trennt er alle Verfahren in Ist- und Planerfolgsrechnungen. Diese Unterscheidung ist selbstverständlich, und sie gilt für alle Systeme des Rechnungswesens. Ist ein Verrechnungssystem definiert, mit dem bspw. eine Bilanz oder eine GuV die laufenden Betriebsbewegungen erfasst, so kann stets dasselbe Verrechnungssystem dazu verwendet werden, um mit Planwerten eine Prognose zu detaillieren. Es eröffnet sich so die Möglichkeit der Gegenüberstellung von Plan- und Istwerten, sowohl in der Finanz- als auch in der Betriebsbuchhaltung. Das zweite Unterscheidungskriterium ist die Vollrechnung und Teilrechnung. Dieses Trennungsmoment bildet auch bei Eilenberger das gravierendste Kriterium bei der Strukturierung der Kostenrechnungssysteme im Überblick. Grundanliegen jeglicher Kostenrechnung ist die verursachungsgerechte Zuordnung der Kostenarten über die Kostenstellen auf die Kostenträger. Hierzu bedarf es der Unterteilung in Einzelkosten, die als überwiegend variable Kosten einfach zuzurechnen sind, und Gemeinkosten, im Wesentlichen Fixkosten bzw. nichtzurechenbare Gemeinkosten, deren Zuordnung mit erheblichen Problemen behaftet ist. Insbesondere dann wird es problematisch, wenn die Leistungserstellung und -verwertung durch die Entstehung von fixen Kosten im Personalbereich geprägt ist. „Unter dem Kriterium der Vollständigkeit der Kostenrechnung kann zwischen Systemen der Vollkostenrechnung, die sämtliche Kosten – also auch die fixen Kosten mithilfe bestimmter Schlüsselmethoden – den Kostenträgern zuordnen, und den Systemen der Teilkostenrechnung, die entweder nur die variablen Kosten (Einzelkosten und variable Gemeinkosten) den Kostenstellen und Kostenträgern zuordnen (Direct Costing bzw. Direkt-
7.3 Betriebsbuchhaltung
387
kostenrechnung), oder die eine Rechnung mit relativen Einzelkosten bezwecken (Deckungsbeitragsrechnung), unterschieden werden“ (Eilenberger 1990, S. 232 f.). Das Prinzip der Voll- bzw. Teilkostenrechnung ist sowohl für die Zuordnung der Kostenarten auf die Kostenstellen als auch auf die Kostenträger relevant. Ausgangspunkt beider Prinzipien ist jedoch zunächst die Klassifizierung aller betrieblichen Bewegungen in Kostenarten.
7.3.1
Kostenartenrechnung
Die Kostenartenrechnung ist das Bindeglied zwischen der Finanz- und Betriebsbuchhaltung. Ihr Ergebnis ist die Darstellung der Kosten, wobei Form und Inhalt von der Art der Verbindung zwischen der Finanzbuchhaltung und der Kostenrechnung abhängen sowie von den zur Anwendung kommenden Kostenrechnungssystemen. In Abbildung 7.31 ist der Aufbau und Ablauf der Kostenartenrechnung nach Ebert (2004, S. 55) dargestellt.
Abb. 7.31:
Aufbau und Ablauf der Kostenartenrechnung (nach Ebert)
Er schreibt dazu: „Aus sachlichen und wirtschaftlichen Gründen ist der gesamte Aufgabenbereich der Kostenartenrechnung nicht einheitlich als Abteilung organisierbar. Die Kosten sollen unmittelbar am Ort ihrer Entstehung und zum frühesten Zeitpunkt ermittelt werden. Die Kostenerfassung erfolgt daher in vielen unterschiedlichen Stellen. Dazu gehören vor allem die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, die Material- und die Anlagenbuchhaltung, die auch als Nebenbuchhaltungen bezeichnet werden, sowie alle übrigen Stellen in einem Unternehmen, die zur Ausstellung von Kostenbelegen berechtigt sind.“Je nach der Belegerstellung und -auswertung in den Nebenbuchhaltungen bzw. in sonstigen Stellen des Betriebes oder der Finanzbuchhaltung werden die Kostenarten zunächst ermittelt und alsdann aufbereitet.
388
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Bei der Kostenermittlung müssen die Kosten erfasst und entsprechend eines Kontenplanes gegliedert werden; hinzu kommt eine zeitliche und sachliche Kostenabgrenzung. In der Kostenaufbereitung werden die Bewertungsbelege nach Konto-, Kostenstellen- und Kostenträgernummer kontiert sowie in Konten- und Tabellenform abgebildet. Die Kostenartenrechnung erfüllt mit der Erfassung der Kosten die Aufgabe der mengenmäßigen, wertmäßigen und gegebenenfalls kalkulatorischen Festsetzung des Güterverzehrs. Es wird somit eine Bewertung des physischen Güterverzehrs vollzogen; sei es nach dem Anschaffungsstandard oder dem Wiederbeschaffungspreis. Dadurch kann eine Verrechnung der Kosten als Gemeinkosten erfolgen oder als Einzelkosten wie die direkten Arbeits-, Material- oder Sonderkosten (vgl. Eilenberger 1990, S. 236; siehe Abb. 7.32). Es gilt, sämtliche Kosten von Beschaffung, Lagerung, Produktion, Absatz und Verwaltung, die während der Abrechnungsperiode entstanden sind, zu erfassen, zu bewerten und aufzuteilen.
Abb. 7.32:
Aufgaben der Kostenartenrechnung (nach Eilenberger)
Die inhaltliche Ausprägung der Kostenarten ist abhängig von dem Tätigkeitsfeld des Unternehmens, aber auch von der Art der Kostenträger- und Kostenstellendefinition. Das Begriffssystem erfährt hiermit eine Art Rückkopplung. Die Einzelkosten werden so als Kostenarten ausgewiesen, dass sie sich auf Kostenträger und Kostenstellen zuordnen lassen.
7.3 Betriebsbuchhaltung
389
Die Erfolgsquellen der Unternehmung werden transparenter. Riebel (1990, S. 39 ff.; siehe Abb. 7.33) geht davon aus, dass alle Kosten – mit Ausnahme der Periodengemeinkosten – als Einzelkosten erfasst und ausgewiesen werden können. Da es hierfür keine einheitliche Bezugsgröße gibt, muss eine Hierarchie von Bezugsgrößen gebildet werden, bei der jede Kostenart an irgendeiner Stelle als Einzelkosten erfassbar wird. Alle Kosten, die einer Periode nicht eindeutig zugewiesen werden können, werden als Deckungsraten gesondert herausgestellt. Dieser sehr geradlinige Ansatz bedingt natürlich eine Kategorienbildung zur Spezialisierung der Kostenarten. Riebel fasst zunächst umsatzabhängige und erzeugungsabhängige Kosten zusammen. Hierin drückt sich bereits der Kostenartenansatz aus, indem die Kosten so gruppiert werden, dass sie widerspruchsfrei, bspw. nach Menge oder Wert, dem Kostenträger bzw. den Kostenstellen zugewiesen werden können. Dasselbe Prinzip gilt für die Zuordnung von beschäftigungsabhängigen Kosten, die gemeinsam mit den umsatz- und den erzeugungsabhängigen Kosten als variable Kosten subsumiert werden. Dem stehen die Bereitschaftskosten gegenüber, fixe Kosten, die als Ausgaben innerhalb oder außerhalb der Betrachtungsperiode anfallen können. Mit dieser Kostenartenkategorisierung wird eine Überführung in weitere Kostenrechnungen gewährleistet.
Abb. 7.33:
Grundrechnung nach Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen (nach Riebel)
390
7.3.2
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Kostenstellenrechnung
Die Kostenstellenrechnung kann als Bindeglied zwischen der Kostenarten- und der Kostenträgerrechnung betrachtet werden. Mit der Kostenstellenrechnung wird eine Kostenplanung und Wirtschaftlichkeitskontrolle ebenso erreicht wie die Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenträger. Hierzu muss die gesamte Unternehmung in Kostenstellen gegliedert werden, die Abrechnungsbereiche wie Sparten, Abteilungen oder Stellen darstellen und diejenigen Orte bzw. Leistungsbereiche kennzeichnen, an denen die Kosten entstehen. Eine Kostenstelle kann sowohl nach dem Funktionsprinzip als auch nach dem Verantwortungsprinzip bzw. nach dem Raum- oder Verrechnungsprinzip abgegrenzt werden. Dies ist abhängig von der innerbetrieblichen Organisation und der Struktur des Rechnungswesens (vgl. Ebert 2004, S. 58; siehe Abb. 7.34). Eine Kostenstelle hat als Input Primärkosten und/oder Sekundärkosten, die entweder als Sekundärkosten von anderen Kostenstellen oder aber als Zuschlagskosten auf spezifische Kostenträger verrechnet werden. Primärkosten kommen aus der Kostenartenrechnung und werden direkt der Kostenstelle zugeordnet. Sekundärkosten kommen von anderen Kostenstellen und bilden somit innerbetriebliche Leistungen, in denen bereits eine Teilmenge der Kostenarten verrechnet worden ist.
Abb. 7.34:
Abgrenzung und Funktion einer Kostenstelle (nach Ebert)
7.3 Betriebsbuchhaltung
Abb. 7.35:
391
Kostenstellenübersicht (nach Ebert)
Die Kostenstellen werden mit Nummern versehen, die hierarchisch gegliedert und – ähnlich dem Kontenrahmen – in einem Kostenstellenverzeichnis festgehalten sind. In der Regel werden die Kostenstellen nach Funktionen gegliedert. Abbildung 7.35 (ebenda S. 59) zeigt eine exemplarische Kostenstellenübersicht. Zunächst werden Kostenstellenbereiche wie allgemeiner Bereich, Fertigungs-, Material-, Verwaltungs- und Vertriebsbereich gebildet. Alsdann werden die Kostenstellenbereiche in Kostenstellengruppen und diese dann in Kostenstellen untergliedert. Insgesamt ergibt sich so eine Netzstruktur, die in Abbildung 7.36 (nach Macha 2010, S. 94) prinzipiell dargestellt ist und die Kostenverrechnung eines Betriebsabrechnungsbogens (BAB) verdeutlicht. Alle Kostenarten werden als primäre Stellenkosten möglichst verursachungsgerecht oder über Schlüssel auf die Hilfs- und Hauptkostenstellen verteilt. Die Hilfs-
392
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
kostenstellen sind Kostenverteiler, welchen die sekundären Stellenkosten auf die Hauptkostenstellen verteilen oder untereinander verrechnen. Von hier werden die Gemeinkosten der Hauptkostenstellen zur Ermittlung von Kalkulationssätzen herangezogen, um sie den Kostenträgern zuzuweisen. Im Rahmen der Kostenkontrolle werden Sollvorgaben mit den ermittelten Istkosten verglichen. Im Falle signifikanter Abweichungen greift das Management in den Leistungserstellungsprozess an der betroffenen Kostenstelle ein. Kostenstellen
Primäre (Stellen)kosten
Kostenarten
Stelleneinzelkosten Stellengemeinkosten
Sekundäre (Stellen)kosten
Hilfskostenstellen
Hauptkostenstellen
A1 A2 A3 A4 A5 A6
H7 H8 H9 H10 H11 H12
Kontrolle
(1) Verteilung der Primären Kosten auf Kostenstellen verursachungsgerechte Verteilung möglich (Einzelkostennachweis)
Verteilung erfolgt meist über Schlüssel
(2) Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung Allg. und Hilfskostenstellen verteilen die Kosten auf Hauptkostenstellen, diese verrechnen untereinander
Gesamt(Stellen)kosten
Gemeinkosten der Hauptkostenstellen hier theoretisch geich null (3) Für Hauptkostenstellen Ermittlung von Kalkulationssätzen (4) Kostenkontrolle und Kostenanalyse
Abb. 7.36:
Kostenverrechnung im klassischen BAB (nach Macha)
Nach Macha soll der BAB vier Aufgaben erfüllen (Macha 2010, S. 97):
„Zuerst ist die Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen vorzunehmen. Pro Kostenstelle werden die verteilten Kosten addiert. Diese Summe bezeichnet man als primäre Stellenkosten der Kostenstellen. Der innerbetriebliche Leistungsaustausch wird verrechnet. Kostenstellenüber- und -unterdeckung wird festgestellt und analysiert. Für die Hauptkostenstellen werden Gemeinkostenzuschlagssätze ermittelt.“
7.3.3
Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung stellt neben der Kostenarten- und der Kostenstellenrechnung das dritte Teilgebiet der integralen Kostenrechnung dar. Ihr Ziel ist es, die Planung, Steuerung und Kontrolle der Kosten zu ermöglichen, die benötigt werden, um die betriebliche Leistung zu generieren. Die Betriebsleistung ist die letztliche Ursache für den Werteverzehr im Unternehmen. Die erzeugte Leistung ist aus der Sicht der Kostenrechnung ein Kostenträger, aus der Sicht der Leistungsrechnung ein Kostenerstatter. Bei der Zuweisung der Kosten
7.3 Betriebsbuchhaltung
393
auf einzelne Leistungsteile im Unternehmen ist es von Bedeutung, wie die Produktstruktur des Betriebes ausgeprägt ist und welche technische Organisation die Produktion aufweist. Die Zurechnung der Kostenarten auf die Leistung ist bei einem Einzelproduktunternehmen mit einer einstufigen Produktion unproblematisch. Hier lassen sich die Auswirkungen einzelner Produktionsfaktoren auf das Produkt mittels Produktfunktionen mathematisch ableiten. In der Regel haben Betriebe jedoch eine mehrstufige Produktion, die zu unterschiedlichen Produkten führt. In der Abbildung 7.37 stellen Ellinger/Haupt (1990, S. 13) die vernetzte Struktur einer Produktionssituation dar, in der zwei Rohteile über acht Faktorenkombinationsschritte zu zwei Endprodukten geführt werden.
Abb. 7.37:
Input-Output-Modell einer mehrstufigen Schleifbearbeitung (nach Ellinger/Haupt)
Die Kostenträgerrechnung orientiert sich an den Leistungen, die für den Absatz bestimmt sind. Um jedoch diese Endleistung (Endkostenträger) zu erstellen, müssen Vorleistungen erbracht werden. Dementsprechend ist bei der Kostenträgereinteilung zwischen Vorkostenund Endkostenträgern zu unterscheiden, wobei sich Erstere in innerbetriebliche Leistungen und Halbfabrikate teilen und im Rahmen des Kostenflusses zu gelagerten bzw. verkauften Leistungen führen. Die Kostenträgerrechnung dient zur Planung, Überwachung und Kontrolle der Produktion und zur Evaluierung des produktspezifischen Betriebsergebnisses. Sie ist daher in die zwei Bereiche der Kostenträgerstückrechnung und der Kostenträgerzeitrechnung zu untergliedern. Bei der Ermittlung der Kosten je Leistungseinheit ist zwischen Herstell- und Selbstkosten zu unterscheiden. Die Betriebsergebnisrechnung bezieht sich stets auf eine Zeiteinheit (in der Regel eine Periode) und weist sowohl das Ergebnis pro Erzeugnis als auch das für das gesamte Programm auf. Durch diese Spezifizierung ermöglicht die Kostenträgerrechnung eine leistungs- und eine zeitbezogene Steuerung und Kontrolle der Kosten (vgl. Ebert 2004, S. 81; siehe Abb. 7.38).
394
Abb. 7.38:
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Gliederung der Kostenträgerrechnung (nach Ebert)
Die Kostenträgerstückrechnung beruht auf dem Prinzip der Zuweisung der Kostenarten auf eine spezifische Leistung und der Verrechnung der Einzel- bzw. Gemeinkosten auf eine Leistungseinheit. Hierfür gibt es eine Reihe von Verfahren, wobei das geläufigste die Zuschlagskalkulation ist (vgl. Macha 2010, S. 131; siehe Abb. 7.39).
Abb. 7.39:
Kalkulationsverfahren und ihre Anwendung (nach Macha)
7.3 Betriebsbuchhaltung
395
Bei der summarischen Zuschlagskalkulation wird ein Gemeinkostenzuschlagssatz durch Division der angefallenen Gemeinkosten mit den Einzelkosten errechnet und zur Kalkulation der Gesamtkosten der kommenden Periode verwendet. Das Verfahren kann zu groben Ungenauigkeiten führen, wenn sich die Kostenstrukturen der herangezogenen Perioden verändert haben. Während also bei der summarischen Zuschlagskalkulation keine Kostenstellenrechnung notwendig ist, weil unterstellt wird, dass sich die Gemeinkosten proportional zu den Einzelkosten verhalten, werden bei der differenzierten Zuschlagsskalkulation die Gemeinkosten mit den Zuschlagssätzen der Kostenstellenrechnung auf die Kostenträger verteilt. Dabei bilden die Materialeinzel- sowie die Materialgemeinkosten die Materialkosten, und die Lohneinzel-, die Fertigungsgemein- sowie die Sondereinzelkosten die Fertigungskosten. Die Fertigungskosten können nach Fertigungsbereichen gegliedert sein. Bei der Summe von Material- und Fertigungskosten spricht man von Herstellkosten. Fügt man die Verwaltungssowie die Vertriebsgemeinkosten und die Sondereinzelkosten des Vertriebes hinzu, so gelangt man zu den Selbstkosten. Selbstverständlich bilden die Istselbstkosten eine Nachkalkulation einzelner Aufträge ab, die mit den Soll- oder Planvorgaben der Angebotskalkulation verglichen werden kann (vgl. ebenda S. 142 f.; siehe Abb. 7.40).
Abb. 7.40:
Grundschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation (nach Macha)
396
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Die Kostenträgerzeitrechnung kann selbstverständlich auch für Kalkulationen der Kostenträgerstückrechnung herangezogen werden, und zwar sowohl für die Verfahren der Teilkostenrechnung als auch der Vollkostenrechnung. Die Deckungsbeitragsrechnung charakterisiert die Ansätze der Teilkostenrechnung. Ausgangspunkt der Überlegung ist hierbei, dass sich lediglich die variablen Kosten auf die Betriebserzeugnisse in eindeutiger Weise zuordnen lassen, jedwede Verrechnungen der Fixkosten über Verteilungsfaktoren jedoch immer mit Fehlern behaftet sind. Ein Versuch in diese Richtung wird daher gar nicht erst gemacht, es wird aber eine partielle Zuweisung der Fixkosten durchgeführt, je nachdem, wo sie angefallen sind.
Abb. 7.41:
Prinzip der Kostenträgerzeitrechnung als Deckungsbeitragsrechnung (nach Ebert)
Im Beispiel der Abbildung 7.41 (nach Ebert 1997, S. 4.2-40 f.) wird ein Unternehmen dargestellt, das in zwei Bereiche gegliedert ist, denen jeweils Kostenstellen zugeordnet sind. In der ersten Kostenstelle werden zwei Produktgruppen hergestellt, in der zweiten eine und in der
7.3 Betriebsbuchhaltung
397
dritten wiederum zwei. Die Produktgruppen fassen unterschiedlich viele Produkte zusammen, von drei (P1) über zwei (P2 und P3) bis hin zu einem Erzeugnis (P4 und P5). Entsprechend der Kostenzuweisungen können nun fünf Deckungsbeiträge ermittelt werden. In der ersten Stufe werden vom Nettoerlös die variablen Kosten auf Erzeugnisebene abgezogen. Der Deckungsbeitrag II wird ebenfalls pro Produkt ermittelt, in dem die erzeugnisspezifischen Fixkosten zum Abzug gebracht werden. Für die Ermittlung des Deckungsbeitrages III sind lediglich die Fixkosten einbezogen, welche einer Produktgruppe zugeordnet werden können, bei der Berechnung des Deckungsbeitrages IV sind die kostenstellenspezifischen Fixkosten, beim Deckungsbeitrag V die bereichsorientierten und beim Nettoergebnis werden alle restlichen Fixkosten des Unternehmens mit einbezogen. Über die prozentuale Zuordnung der einzelnen Deckungsbeiträge auf die spezifische Betriebsleistung kann vom Stückerlös ausgehend eine Rechnung durchgeführt werden, die das Nettoergebnis pro Stück als Endergebnis aufweist. Bezogen auf die Beispielrechnung in Abbildung 7.41, ergibt sich folgende Kostenträgerstückrechnung von Produkt A bei einer Absatzmenge von 45 Stück: Stückerlöse - Erlösminderungen
22,22 1,11
21,11 Nettoerlöse - variable Kosten 11,11 Deckungsbeitrag I 10,00 - Erzeugnisfixkosten 1,11 (in % v DB I = 11,1%) Deckungsbeitrag II 8,89 - Erzeugnisgruppenfixkosten 1,19 (in % v DB II = 13,4%) Deckungsbeitrag III 7,70 - Kostenstellenfixkosten 2,80 (in % v DB III = 36,3%) Deckungsbeitrag IV 4,90 - Bereichsfixkosten 0,61 (in % v DB IV = 12,5%) Deckungsbeitrag V 4,29 - Unternehmensfixkosten 1,92 (in % v DB V = 44,7%) Nettoergebnis/Stück 2,37 Selbstkosten/Stück (Bruttoerl. - Nettoerg.)
19,85
So wie die Teilkostenrechnung als Basis genommen werden kann, um ein Nettoergebnis pro Leistungseinheit zu ermitteln, so kann auch das Gesamtkostenverfahren für eine stückbezogene Rechnung herangezogen werden. Primäres Ziel des Gesamtkostenverfahrens ist es jedoch, den Gesamtbeitrag eines einzelnen Produktes über einen definierten Zeitraum zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Die Zuordnung der Einzelkosten auf die Kostenträger ist unproblematisch, die Schwierigkeit ergibt sich erst, wenn man nach Verteilungsfak-
398
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
toren sucht, um die Gemeinkosten den Kostenträgern zuzuweisen. So wie bei der Zuschlagskalkulation die Zuschlagssätze zur Kostenermittlung pro Produktionseinheit aus den Betriebsabrechnungsbögen verrechnet werden, kann dasselbe Instrument auch dazu dienen, die Verteilung der Fertigungs-, Material-, Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten auf die Kostenträger zu definieren (vgl. Abb. 7.42 nach Eilenberger 1990, S. 255).
Abb. 7.42:
Struktur der abrechnungstechnischen Verbindungen zwischen Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung (nach Eilenberger)
An der Abbildung 7.42 wird deutlich, welche Interdependenz zwischen der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung besteht. Es wird aber auch deutlich, dass diese Rechnungsverfahren unmittelbar an die organisatorische und leistungsspezifische Struktur des Unternehmens gekoppelt sind. Die Rechnungsverfahren müssen so gestaltet werden, dass sie die betrieblichen Strukturen abbilden. Der BAB als Verteilungsverfahren bspw. entspricht in seiner Begrifflichkeit eher einer funktionalen Organisationsstruktur, die Deckungsbeitragsrechnung wird auch einer objektorientierten Organisation gerecht. Beide Verfahren haben Verteilungsstärken und Verteilungsschwächen, die je nach unternehmerischer Situation von unterschiedlicher Bedeutung sein können. Bei der Ermittlung der Verrechnungssätze sind beide Verfahren vergangenheitsorientiert, d. h. es werden Verteilungsansätze ermittelt, die
7.3 Betriebsbuchhaltung
399
aus der Abbildung der vergangenen Periode oder Perioden extrahiert werden. Bei der Entwicklung neuer Leistungen und der entsprechenden organisatorischen und technischen Anpassung können strukturelle Änderungen notwendig werden, die mit empirischen, aus der Erfahrung gewonnenen Angaben nicht hinreichend exakt mit prognostischen Werten versehen werden können. Die Verfahren der Kostenträgerrechnung leben in ihrer Begrifflichkeit von dem Bezug zur Gewinn- und Verlustrechnung. Werden jedoch Produktinnovationen intendiert, die sich sowohl im Anlage- als auch im Umlagevermögen der Betriebsbilanz niederschlagen, so müssen Berechnungen angestellt werden, die auf ein erweitertes Instrumentarium zurückgreifen, um in Gänze die betriebliche Erneuerung darzustellen. Erst hiermit kann dann eine Entscheidungsgrundlage etabliert werden, die es ermöglicht, über die wirtschaftliche Konsequenz der praktischen Umsetzung der Ergebnisse aus der Produktentwicklung zu urteilen.
7.3.4
Prozesskostenrechnung
Die traditionelle Kosten- und Leistungsrechnung beruht auf Schmalenbach (vgl. 7. Auflage 1956). Sein Werk „Kostenrechnung und Preispolitik“ geht in seinen Anfängen auf eine Veröffentlichung von 1899 zurück. Es enthält alle Klassifikationsmerkmale der heute noch in Deutschland publizierten Bücher zum Rechnungswesen bzw. Controlling (vgl. u. a. Macha 2010, Kilger/Pampel/Vikas 2007, Ebert 2004, Schweitzer/Küpper 2003): Die Trennung zwischen Ist- und Sollwerten, zwischen Voll- und Teilkosten sowie zwischen Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern. Es ist selbstverständlich, dass Konstrukte, die zum Ende des vorigen Jahrhunderts entwickelt wurden, von zwei Momenten geprägt sind, die für die heutige Betriebsrealität nicht mehr gelten:
Die Erfassung und Auswertung wurden im Rechnungswesen per Hand gemacht und im Kopf gerechnet, die Betriebsabläufe waren, wie auch die externen Parameter, in ihrer Entwicklung entsprechend der Aufbau- und Ablauforganisation statisch.
Das hat sich grundlegend geändert. Die Informationsverarbeitung erfolgt durch den Computer. Es können immer mehr Details erfasst und verrechnet werden, da das Aufschreiben und Rechnen nur noch geringe zeitliche Führungsressourcen bindet. Das führt dazu, dass die Intervalle, zwischen denen „Abrechnungen“ durchgeführt werden müssen, immer kürzer werden – von der Jahres- bzw. Monatsrechnung zur Prozesskostenrechnung –, und dass auch „wahlloser“ gerechnet wird, nach dem Motto: Kostet ja nichts, mal sehen, was dabei herauskommt! Aber auch die exogenen Faktoren wirken mit ganz anderer Durchsetzungskraft auf die Handlungen im Unternehmen ein. Rohstoffe und Währungen schwanken in ihrem Wertgefüge. Der Kostendruck erfordert eine frühzeitige Gestaltbarkeit der Wertestrukturen bereits bei der Produkt- bzw. Leistungsentwicklung sowie für alle Spezifika der Phasen innerhalb des jeweiligen Produktlebenszyklus. Günther (1997, S. 104; siehe Abb. 7.43) wählt für die Entwicklung die Überschrift „Von der Kostenrechnung zum Kostenmanagement“.
400
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Ansatzpunkt
"Traditionelle" Kostenrechnung
Kostenmanagement
Zielorientierung
Interne Plankosten
Externe "Plan"Kosten (z.B. vom Markt erlaubte Zielkosten)
Schwerpunkt der Kostenbeeinflussung
Kostenoptimierung bei gegebenen Rahmenbedingungen
Kostengestaltung (Kunden- und wettbewerbsbezogene Produktund Prozeßgestaltung)
Erreichung von Kostenstandards
Verbessern von Kostenstandards
Kostenart, Kostenstelle, Kostenträger
schnittstellenübergreifend, prozessbezogen
individuelle Kostenstellenverantwortung
Teamverantwortung, Prozessverantwortung
rechnerisch exakt, hohe Detaillierung
ausreichende Detaillierung zur frühzeitigen Entscheidung i. S. v. Kostenbeeinflussung
Standardkostenbezug Kosteninformationsbezug Kostenverantwortung Genauigkeitsgrad
Abb. 7.43:
„Traditionelle“ Kostenrechnung versus Kostenmanagement (nach Günther)
Er stellt in der Zielorientierung einen Wandel in der Fokussierung von den internen Plankosten zu den externen „Plan“-Kosten, wie etwa die vom Markt erlaubten Zielkosten, fest. Die Kosten werden nicht mehr unter den gegebenen Rahmenbedingungen optimiert, sondern kunden- sowie wettbewerbsbezogen gestaltet und durch die Produkte und die Prozessentwicklung bestimmt. Dabei werden Standards flexibel, sie unterliegen einem KVP, einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Die Kosten werden hauptsächlich ermittelt, um die Prozesse zu beeinflussen, und sie können so – unlängst errechnet – schon veraltet sein. Die individuelle Kostenstellenverantwortung weicht der Prozessverantwortung im Team. Diese Tendenzen zeigen im Unternehmen Wirkung: die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung wird ergänzt durch die schnittstellenübergreifende Prozesskostenrechnung. Günther nennt als wichtigste Methoden des Kostenmanagements das Benchmarking, das Target Costing, die Wertzuwachskurve/Prozessanalyse und die eigentliche Prozesskostenrechnung. Mit dem Benchmarking werden Leistungsprozesse, sei es als Teil oder als Ganzes, mit dem weltbesten Anbieter verglichen. Man stellt so im Unternehmen fest, welche Marge der Kostenreduktion vorhanden ist, um eine spezifische Sequenz der Leistungsgenerierung noch zu optimieren. Mit dem Target Costing kann dann eine wohldefinierte Kostenhöhe angestrebt werden. Hierzu stellt auch die traditionelle Kostenrechnung mit einem „computerisierten Update“ ein hervorragendes Instrumentarium. Bei der Wertezuwachskurve Prozessanalyse wird der gesamte Lebenszyklus einer betrieblichen Leistung in seiner Kostenstruktur abgebildet und als Handlungsalternative bewertet. Aufgrund des weiten Planungshorizontes handelt es sich hierbei um eine strategische Methode zur Evaluation von Investitionsalternativen. Die Prozesskostenrechnung ist dagegen ein operatives Instrument, welches in den 80erJahren unter dem Begriff Activity-Based-Costing (ABC) (vgl. hierzu Sharman 1990, S. 8 ff.) eine schnelle Verbreitung fand und das von Horváth/Mayer (1989, S. 214 ff.) in die deutsche akademische Diskussion eingebracht wurde.
7.3 Betriebsbuchhaltung
Abb. 7.44:
401
Ablauf der prozessorientierten Kostenrechnung (nach Günther)
Günther (1997, S. 105 f.; vgl. Abb. 7.44) fasst die Vorgehensweise der Prozesskostenrechnung in sieben Schritten zusammen:
Der Gemeinkostenbereich wird durch eine Tätigkeitsanalyse je Kostenstelle nach repetitiven Aktivitäten (Teilprozesse) durchleuchtet. Die identifizierten Teilprozesse werden kostenstellenübergreifend zu Hauptprozessen zusammengefasst. Je Hauptprozess werden die variablen Kosteneinflussgrößen (Prozessgrößen oder Kostentreiber) herausgestellt. Jede Prozessgröße wird über die Prozessmenge quantitativ dimensioniert. Alle benötigten Ressourcen pro Hauptprozess (Personal-, Ausstattungs-, Sachkosten) werden zu den Prozesskosten aufsummiert. Hauptprozesse werden als Kostenträger definiert, und die Ergebnisse der Kostenträgerzeit- bzw. Kostenträgerstückrechnung erlauben die Ermittlung von Vergleichsgrößen (Produktivitätskennzahlen) für das Benchmarking. Leistungsneutrale Kosten werden hierbei ausgesondert und entweder als Zuschlag verrechnet oder als Fixkosten ausgewiesen.
Reichmann (1997, S. 468; vgl. Abb. 7.45) verdeutlicht die Auflösung und Verdichtung der Unternehmensaktivitäten im Rahmen der Prozesskostenrechnung. Die Gesamtunternehmung gliedert sich in Bereiche und diese wiederum in Kostenstellen wie Materialbereich, Auftragsabwicklung oder Versand. In jeder Kostenstelle findet eine Vielzahl von Aktivitäten statt, und diese werden neu gebündelt zu Prozessen, die quer zu den Bereichen der Produktion, der Verwaltung und des Vertriebes laufen, wie bspw. „Produkteinführung sicherstellen“, „Auftragsabwicklung gewährleisten“ oder „Bestellung durchführen“. Auf der Hauptprozessebene wiederum werden die Einzelprozesse oder auch Teilprozesse verdichtet; hiermit lassen sich die Kernprozesse des Unternehmens definieren. „Zu beachten ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass nicht für alle Aktivitäten aussagefähige und plausible Maßgrößen gefunden werden können. So werden sich z. B. Leitungsfunktionen nur schlecht bzw. äußerst willkürlich mithilfe von Mengengrößen quantifizieren lassen. Solche Prozesskosten, die sich nicht mithilfe von Kostentreibern ausdrücken lassen,
402
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
werden in der Terminologie der Prozesskostenrechnung als leistungsmengenneutrale Kosten bezeichnet“ (ebenda).
Abb. 7.45:
Auflösung und Verdichtung der Unternehmensaktivitäten im Rahmen der Prozesskostenrechnung (nach Reichmann)
Die Prozesskostenrechnung konfiguriert die Kosten des Unternehmens nach einem anderen Prinzip als die Kostenarten-, Kostenträger- und Kostenstellenrechnung. Im Vordergrund steht die betriebliche Handlung als Zeitüberbrückung und nicht der Ort bzw. die Funktion des Geschehens oder das Ergebnis – das Produkt. Handlungssequenzen sind jedoch nur dann in einer standardisierten Form abbildbar, erfassbar und auswertbar, wenn sie sich wiederholen. Ein unikater Vorgang wie eine Innovation etwa kann daher kaum prognostizierbar gemacht werden. Im Unternehmen haben wir es aber neben den Routinetätigkeiten mit einer Vielzahl von zwischenmenschlichen Prozessen zu tun, die Unikatcharakter aufweisen. Dazu gehören nicht nur die Entwicklung von neuen Leistungsangeboten oder Investitionen, sondern auch Vertragsvereinbarungen, Lohn- und Gehaltsregulierungen, Unfälle und menschliche Unzulänglichkeiten, die in Form von außerordentlichen und in dieser Art nie wiederkehrenden Prozessen stattfinden. Für all diese Handlungen kann die Prozesskostenrechnung nichts beitragen. Sie bleibt daher bezogen auf die gesamte betriebliche Handlung lückenhaft und wird dementsprechend auch isoliert angewandt. Für all die Routineprozesse, bei denen sich die Kostentreiber gut herauskristallisieren lassen, ist die Anwendung sinnvoll: Prozesse können damit analysiert und optimiert werden. Für die vielen Ausnahmefälle der unternehmerischen Handlung gilt das nicht, aber auch hier werden Kosten verursacht. Somit entstehen hier erhebliche Probleme in
7.3 Betriebsbuchhaltung
403
der Kostenzuweisung sowie -abgrenzung sowohl in der Planung als auch in der Istdatenerfassung.
7.3.5
Kostenrechnung und Planung
Die betriebswirtschaftliche Planungsrechnung ist unmittelbar verknüpft mit der Statistik und Vergleichsrechnung. Selbstverständlich können vollkommen neue unternehmerische Wege nicht aus der Vergangenheit ursächlich abgeleitet werden, aber jede zukunftsbezogene Vision ist eine Prolongation der vorhandenen Strukturen und hat dementsprechend je nach Innovationsgrad mehr oder weniger Strukturmomente der Vergangenheit und ihrer entsprechenden Kennwerten mit einzubeziehen. Wöhe/Mock trennen die betriebswirtschaftliche Statistik in die Teilbereiche der statistischen Auswertung von Beschaffung, Lager, Vertrieb, Personal, Bilanz und Erfolgsrechnung sowie den innerbetrieblichen Vergleich als Zeit-, Verfahrens- und Soll-Ist-Vergleich, wie auch als zwischenbetrieblichen Vergleich von Betrieben desselben Wirtschaftszweiges, verschiedener Wirtschaftszweige oder aber über Kennzahlen. In jede Planrechnung fließen die Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Statistik und Vergleichsrechnung ein, um in Verbindung mit zusätzlichen Eingaben und Berechnungen in ein zukunftsbezogenes Kostenrechnungssystem überführt zu werden. Die Aufgaben der Planungsrechnung sind nach Wöhe/Mock (2010, S. 7) die mengen- und wertmäßige Festlegung der zukünftigen betrieblichen Entwicklung in Form von Voranschlägen (vgl. Abb. 7.46). Hierbei sind funktional gegliederte Teilpläne (wie Beschaffungspläne, Investitionspläne und Ähnliches) ebenso zu erstellen wie Produktions-, Absatz- und Finanzpläne. Planungsrechnung Aufgaben
Teilbereiche
Aufgaben
Mengen- und wertmäßige Festlegung (Schätzung) der zukünftigen betrieblichen Entwicklung in Form von Voranschlägen
Funktional gegliederte Teilpläne (z. B. Beschaffungsplan)
Planung der Investitionen mit Hilfe der Investitionsrechnung, Planung der Beschaffung von Werkstoffen und Ermittlung der optimalen Bestellmengen, Personalplanung
Produktionsplan
Planung der Arten und Mengen von Gütern, die innerhalb eines Zeitraumes hergestellt werden sollen, unter Berücksichtigung von Kapazitätsund Absatzmöglichkeiten
Absatzplan
Planung des Verkaufs, der Vertriebskosten, der Werbung
Finanzplan
Sicherung der Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts, Minimierung der Kapitalkosten
Abb. 7.46:
Planungsrechnung (nach Wöhe/Mock)
404
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Die zukunftsbezogenen Kostenrechnungssysteme sind bestimmt durch die Generierung von Plankosten, und dies kann stets im Rahmen einer Voll- oder einer Teilkostenrechnung durchgeführt werden. Die Unterschiede dieser beiden Verfahrensklassen ergeben sich aus dem Umgang mit der Verteilung von Gemeinkosten. Das ist bereits in den vorhergehenden Abschnitten hinreichend problematisiert worden. Beide Verfahrensklassen haben sich aber mit dem prognostischen Moment auseinanderzusetzen; in beiden Fällen gilt es zunächst, eine Mengen- und Wertbasis anhand von Kategorien zu bilden, die sich an den Kostenarten orientieren.
Abb. 7.47:
Struktur eines Kostenstellen-Kostenplans bei flexibler Planung (nach Eilenberger)
In der Abbildung 7.47 (nach Eilenberger 1990, S. 285) ist die Struktur eines Kostenstellenplanes bei flexibler Planung dargestellt, ein Verfahren der Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis. Für jede Kostenart sind die Maßeinheit festzulegen sowie deren Planpreis. Alsdann sind die fixen und variablen Planmengen zu schätzen. Es ergeben sich so fixe und variable Plankosten bei Standardbeschäftigung, die sich durch die variablen Kosten erhöhen (bzw. verringern), wenn die Beschäftigungszahlen der geplanten Produktion mit einbezogen wer-
7.3 Betriebsbuchhaltung
405
den, die vom Standard abweichen können und entsprechend den variablen Kostenanteil berühren. Dies gilt natürlich nur für die Primärkosten, zu denen die Sekundärkosten hinzugezogen werden müssen, um die Plankosten zu erhalten. Hieraus lassen sich die Verrechnungssätze je Bezugseinheit ermitteln. Die Kostenplanung ist lediglich im Kontext einer Planerfolgsrechnung angebracht. Die Generierung der geplanten Produktionsmengen ist in einem Käufermarkt nur im Rahmen einer Absatzplanung zu ermitteln, die die intendierten Verkaufs-, Vertriebs- und Werbestrategien der Planungsperiode mit berücksichtigt. Daher ist bei der Planungsrechnung der Zusammenhang zwischen der Mengenplanung und der Planerfolgsrechnung laufend mit zu reflektieren. Chmielewicz (1973, S. 101) untergliedert die Mengenplanung in Produktionsplanung mit den Bereichen der Produkt- und der Einsatzgüterplanung sowie Kreditplanung mit den Rubriken der Kreditgewährung und der Kreditaufnahme.Nur aus einer Gegenüberstellung der prognostizierten Aufwendungen und Erträge lässt sich die Sinnfälligkeit einer Planung nachweisen. Ihre Stimmigkeit jedoch hängt von der Prognosegenauigkeit sowohl der geschätzten Mengenwerte als auch der geschätzten Planpreise ab. Bei den Mengen ist zwischen den Primäreingaben und den abhängigen Verrechnungswerten zu unterscheiden. Primäre Mengen, wie bspw. Planabsatzzahlen, sind abhängig von der Zukunftsentwicklung und somit letztendlich nicht exakt berechenbar. Aus diesen Mengenangaben resultieren je nach betrieblicher Leistung mehr oder weniger valide Zusammenhänge, die es ermöglichen, plausibel andere Mengen, wie bspw. Mengen des Materialverzehrs, in der Produktion zu prognostizieren. Ändern sich die Istwerte bei der realen Leistungsgenerierung dieser primären Mengen, so ändert sich natürlich auch das Mengengerüst der abhängigen Teilmengen.
Abb. 7.48:
Grundstruktur einer mehrstufigen Analyse von Erfolgsabweichungen (nach Eilenberger)
406
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Bei den Preisen verhält es sich jedoch anders. Hier ist jeder Planpreis im Prinzip unabhängig, es sei denn, es handelt sich um einen innerbetrieblichen Verrechnungspreis. Lässt man die marktabhängigen Preisinterdependenzen der einzelnen Einsatz- und Absatzgüter einmal außer Acht, wie bspw. die Relation des Ölpreises zum Gaspreis, so hat man in der betriebsinternen Planung eine recht zuverlässige Prognose der Verbrauchsmengen in der Produktion, solange die prognostizierten Absatzmengen realisiert werden können, aber man hat Varianzen in den Kosten, da jeder Planpreis durch externe Einflüsse variieren kann. Dementsprechend muss eine Analyse einer Erfolgsabweichung mehrstufig durchgeführt werden (vgl. Eilenberger 1990, S. 299; siehe Abb. 7.48). Eine Gewinnabweichung kann aus der Abweichung der Absatzmenge oder aufgrund von Preisabweichungen resultieren. Entsprechend ergeben sich planpreisbezogene oder plankostenbezogene Absatzmengenabweichungen, die auf jeder Ebene einer Deckungsbeitragsrechnung analysiert werden können. Preisveränderungen wiederum erklären eine realisierte Umsatzpreisvarianz und können sowohl zu Einzelkosten- als auch zu Gesamtkostenabweichungen führen. Gewinnabweichungen können aber auch aus einem ganz anderen Grund entstehen. Für jede Gewinnermittlung müssen Abgrenzungsprobleme der Wertezuweisung gelöst werden, deren Ansatz bereits in der Planung vorgegeben wird.
7.4
Abgrenzungsprobleme der Wertezuweisung
Das Abgrenzungsproblem der Wertezuweisung ist nicht nur im Rahmen der Planung schwierig unter Kontrolle zu bringen, sondern auch bei der Festsetzung der Istwerte. In diesem Zusammenhang werden zwei Abgrenzungsbereiche fokusiert, die sowohl bei der Ermittlung von Soll-, als auch bei Istangaben eine Schätzungskomponente aufweisen und zum Teil nur über Verrechnungssätze eine Wertquantifizierung erhalten. Es sind
die zeitbedingte Abgrenzung und die Abgrenzung in fixe und variable Kosten.
In beiden Fällen hängt die Güte der Abgrenzung von der begrifflichen Kategorisierung im Rechnungswesen und insbesondere in der Buchhaltung ab, denn dort erfolgt die Primärerhebung der realen Bewegungen; die Finanzbuchhaltung ist das wichtigste Messinstrument der Unternehmung, und somit sind die Ausprägung und die Handhabung der verwendeten Begrifflichkeit entscheidend für die Abgrenzungsqualität in der Planung wie auch in der Überwachung und Kontrolle. Die Bedeutung der zeitlichen Wertezuweisungsproblematik lässt sich am Beispiel von Abschreibungen auf Sachanlagen verdeutlichen. Die handelsrechtlichen Abschreibungsmöglichkeiten sehen über die Nutzungsdauer planmäßige und ggf. außerplanmäßige Abschreibungen vor, die höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt worden sind (vgl. § 253 HGB). Wie in der Steuerbilanz (vgl. § 7 Abs. 1 EStG S. 1–3) richten sich die Nutzungsdauern an den Absetzung für Abnutzungstabellen (AfA-Tabellen) des Bundesministeriums für Finanzen. In der steuerlichen Abschreibung existieren darüber hinaus noch Absetzungen für Substanzverringerungen (AfS), Absetzungen für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung (AfaA), Teilwertabschrei-
7.4 Abgrenzungsprobleme der Wertezuweisung
407
bungen sowie Sonderabschreibungen (vgl. § 6 und 7 EStG). Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) im Jahr 2009 wurde die umgekehrte Maßgeblichkeit aufgehoben, d. h., dass steuerliche Wahlrechte nicht länger in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz vorgenommen werden müssen (vgl. Theile 2011, S. 21 ff.). In der Betriebsbuchhaltung können nun wiederum andere Wertezuweisungen auf Teile des Anlagevermögens kalkulatorisch vorgenommen werden, die sich an zeitlichen Vorgaben zu Nutzungsdauern und Wiederbeschaffungskosten orientieren, wie z. B. Investitionsplänen, heuristischen Erfahrungswerten oder Prognosen bzw. Prospekten des Maschinenherstellers (vgl. Macha 2010, S. 65 f.; siehe Abb. 7.49). Im Ergebnis zeigen sich differente Wertezuweisungen, wenn bspw. in der Handelsbilanz linear, in der Steuerbilanz degressiv und in der Kosten- und Leistungsrechnung linear zu anderen Nutzungsdauern mit Wiederbeschaffungskosten abgeschrieben wird.
Abb. 7.49:
Abschreibung nach Handelsrecht, Steuerrecht und kalkulatorisch (nach Macha)
408
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Es zeigt sich, dass im Unternehmen bei der bilanziellen, steuerlichen und kostenrechnerischen Definition der Abschreibungen Wahlmöglichkeiten mit zu berücksichtigen sind und vom Management gelenkt werden können. Bereits kleine Verhaltensänderungen in der Bezeichnung und Erfassung von Aufwand und Kosten können zu einer spürbaren Veränderung des Betriebsergebnisses führen (siehe nochmals Abb. 7.27). Es ist daher besonders wichtig, dass die Interpretation dieser Vorgänge bereits in der Planung der entspricht, die bei der Realerfassung dann zum Ansatz gebracht wird. Der Umgang bei der Kostenerfassung und Deklarierung kann jedoch im Detail sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. So ist es bspw. in der Regel selbstverständlich, dass der Kauf eines Vorhängeschlosses oder einer Briefwaage sofort zu den entsprechenden Aufwendungen führt, obwohl diese Gegenstände noch nach mehreren Perioden ihren Dienst versehen. So verhält es sich auch bei Sachanlagen. Während längst bilanziell und steuerlich abgeschriebene Sachanlagen einen Restbuchwert von 1 € aufweisen, setzt die kalkulatorische Abschreibung den tatsächlichen Werteverzehr mit der tatsächlichen Nutzungsdauer an, um über die Umsatzerlöse die Reinvestitionen zu „verdienen“. Häufig werden auch Materialien, Hilfs- oder Schmierstoffe, die in die Produktion gehen, als Aufwendungen verbucht. Die Rückbuchung erfolgt über ein gesondertes Bestandsänderungskonto, sodass keineswegs sichergestellt ist, dass die ausgewiesenen betrieblichen Aufwendungen über eine Periode tatsächlich mit den Leistungen korrespondieren, die in derselben Periode auf dem Absatzmarkt veräußert worden sind. Die Aufwands- und Kostenbestandteile können in der Handelsbilanz anders gehandhabt werden als in der Steuerbilanz oder der Kosten- und Leistungsrechnung und haben in jedem Blickwinkel einen beträchtlichen Interpretationsspielraum. Im Abschnitt 7.2.3 wurde deutlich, welcher Bedeutung die Aufteilung zwischen fixen Kosten und variablen Kosten zukommt. Um eine genaue Abgrenzung zu erzielen, muss bereits auf unterster Kontenebene zwischen den Kosten differenziert werden, die sich mit der Menge der generierten betrieblichen Leistung ändern, und denen, die davon unberührt bleiben (Einzelkosten). Gegebenenfalls ist eine Ausgabe in mehrere Aufwandsbuchungen zu splitten, um einer späteren Verrechnung gerecht zu werden. Die Aufteilung zwischen fixen und variablen Aufwendungen bildet nicht nur die Basis bei der Aktivierung betrieblicher Leistung, sondern sie ermöglicht auch Rentabilitätsüberlegungen einzelner Leistungen bei der Planung. Mit der Break-Even-Point-Analyse bspw. ergibt sich eine gute Evaluierungsmöglichkeit der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung von neuen Produkten und dem Vergleich zu den betrieblichen Leistungen, die bereits im Repertoire des Unternehmens sind (vgl. hierzu Brümmer/Daum 2007, S. 480 ff.). Ziel der Break-Even-Point-Analyse ist es, die Nutzschwelle zu ermitteln, ab der die Generierung einer betrieblichen Leistung zum Gewinn führt (vgl. Abb. 7.50). Es wird hierbei eine Kosten-Leistungs-Relation hergestellt, in Abhängigkeit zur ausgebrachten Produktmenge oder – was terminologisch gleichgesetzt wird – zur Beschäftigungsmenge.
7.4 Abgrenzungsprobleme der Wertezuweisung
409
Euro Kosten bzw. Leistungswert
Erlösgerade Reingewinn
0
Budget-Linie Sicherheitsspanne (safety margin)
Abb. 7.50:
Ausgabekosten
variable Kosten
Liquiditätspunkt
Gesamtkosten
fixe Kosten
Break-Even-Point (Toter Punkt Nutzschwelle)
NichtAusgabekosten
Ertragssteuern
Beschäftigung (Menge oder Wert)
Break-Even-Diagramm
In dem Break-Even-Diagramm wird die Entwicklung der variablen Kosten, der Summe zwischen variablen Kosten und ausgabenwirksamen fixen Kosten, der Summe zwischen variablen Kosten und den gesamten fixen Kosten sowie der Erlösgeraden bei zunehmender Beschäftigungsmenge oder zunehmendem Wert dargestellt. Der Schnittpunkt zwischen der Erlösgeraden und der Summengeraden zwischen variablen Kosten und aufwandswirksamen fixen Kosten ist der Liquiditätspunkt: Ab dieser Ausbringungsmenge hat das Unternehmen einen Zuwachs an liquiden Mitteln. Der Schnittpunkt zwischen der Erlösgeraden und der Summengeraden zwischen variablen und fixen Kosten ist der Break-Even-Point: Ab dieser Ausbringungsmenge entsteht ein Reingewinn. Bei diesen Betrachtungen wird jedoch unterstellt:
„Es gibt nur ein Produkt, alle Kosten und Preise sind gegeben und bekannt, die Preise sind mengenunabhängig,
410
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
die Kosten lassen sich in fixe und variable aufspalten, die Kosten sind mengenunabhängig, es gibt keine Kostenremanenz.
Diese Kritikpunkte haben Horngren (1982, S. 61) zur Aussage veranlasst: ‘The breakeven chart may be compared to the use of a meat-ax, not a scalpel’ ” (Horváth 2009, S. 438). In der Tat ist die Prolongation einer Stückkostenrechnung, in der ja auch fixe und variable Kosten, allerdings nur für eine Ausbringungsmenge, zugeordnet werden, für Prognosezwecke problematisch. Chmielewicz (1973a, S. 133; vgl. Abb. 7.51) weist darauf hin, dass Kosten, die sich mit der Ausbringungsmenge ändern, nur selten einen proportionalen Verlauf haben, sondern sich sowohl als progressive als auch als degressive oder regressive Kosten bzw. als Sprungkosten entfalten können.
Abb. 7.51:
Fixe und variable Periodenkosten (nach Chmielewicz)
Dabei können sich insbesondere die fixen Kosten mit größeren Ausbringungsmengen verändern, wenn man einmal davon ausgeht, dass ab einem bestimmten Ausbringungsquantum Investitionen nötig werden. Die Sprungkosten werden zu sprungfixen Kosten, mithin die Ausgangsbasis für die proportionalen Kosten. Die Summe der variablen und der sprungfixen Kosten ermöglicht eine Break-Even-Point-Analyse, indem man den Schnittpunkt mit der Ertragsgeraden feststellt (vgl. Abb. 7.52). Sprungkosten mit kleinen Intervallen und kleinen Kostensprüngen können den variablen Kosten zugerechnet werden, ist das Intervall und damit der Kostensprung größer, so sind sie der Fixkostenkategorie zuzuordnen: Es ist mithin eine Definitionssache, wie die Zuweisung im Unternehmen gehandhabt wird. Chmielewicz problematisiert den Sachverhalt: „Die Kostenkategorien proportionale und fixe Kosten sind also nur zwei klassifikatorische Grenzfälle, während in der Realität dazwischen Sprungkosten mit einem stufenlosen Übergang der Intervalllänge vorliegen. Demzufolge ist eine klare Abgrenzung von proportionalen und fixen
7.5 Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
411
Kosten kaum noch einwandfrei möglich“ (Chmielewicz 1973a, 137 f.; siehe hierzu Abb. 7.52).
Abb. 7.52:
Fixe, proportionale und Sprungkosten (nach Chmielewicz)
Es zeigt sich, dass eine absolute Zuordnung von fixen und variablen Kosten genauso hypothetisch ist wie eine Abgrenzung zwischen den Perioden. Dennoch muss von Planwerten ausgegangen werden, die nicht nur als Zielsetzung im Rahmen des Planungshorizontes dienen, sondern die in sich auch einen Begründungszusammenhang enthalten, wer, was, wann, für welches Produkt und zu welchem wirtschaftlichen Zweck zu tun hat. Evaluationsinstrumente wie die Break-Even-Point-Analyse haben für die Planungs- und Entscheidungsprozesse einen relativen Charakter. Der Nutzen solcher Instrumente hängt von der Güte der betriebsspezifischen Klassifikationskategorien ab und vor allem von der einheitlichen Handhabung während der Planung, Überwachung und Kontrolle der wertorientierten Betriebsgeschehnisse.
7.5
Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
Die Ansprüche, welche an eine computerunterstützte Finanzbuchhaltung gestellt werden, sind so komplex, dass sich dieses Erfassungs- und Rechenschaftsinstrument zu einem Rechnungssystem ausbildet, in dem mehrere Nebenbuchhaltungen integriert sind. Nur so kann auf unterster Kontenebene bereits eine Abgrenzung von Kosten und Leistung erbracht werden, die zugleich eine Wirtschaftlichkeitsplanung zulässt und eine immanente Darstellung der Betriebsereignisse durch Weiterverrechnung der Werte gewährleistet. Je nach Tätigkeits-
412
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
feld des Unternehmens werden unterschiedliche Nebenbuchhaltungen ausgebildet. In Abbildung 7.53 werden ein System aus Hauptbuchhaltung mit Erfolgsrechnung und Bilanz sowie einige der geläufigsten Nebenbuchhaltungen vereinfacht dargestellt.
Abb. 7.53:
Vereinfachtes System einer Finanzbuchhaltung mit Nebenbuchhaltungen
Es würde in diesem Zusammenhang zu weit führen, auf die spezifischen Einzelheiten der jeweiligen Nebenbuchhaltung einzugehen. Jede Nebenbuchhaltung weist ihre Eigendynamik auf, die häufig zu einer innerbetrieblichen Spezialisierung, bspw. zum Lager- oder Personalbuchhalter, führt. Damit entwickeln die spezialisierten Personen einen Objektbezug zu den Objekten, die mit der jeweiligen Nebenbuchhaltung bezeichnet und quantifiziert werden: Der Lagerbuchhalter kennt die Gegenstände, welche verbucht werden, der Personalbuchhalter schafft sich über seine tägliche Tätigkeit einen Überblick über den Personalbestand des Unternehmens. Bei der Beschäftigung mit den betrieblichen Objekten stellt sich sehr schnell heraus, dass einerseits durch die Regularien des Rechnungswesens ein Anspruch an das Erfassungspotenzial der Nebenbuchhaltungen gestellt wird. Andererseits haben aber die Objekte selbst Eigenarten, die über die Kriterien des Rechnungswesens in keinster Weise dargestellt werden, deren systematische Erfassung für die Planung und Kontrolle der betrieblichen Handlung jedoch sehr vorteilhaft ist. Es entstehen daher im Kontext der Nebenbuchhaltungen Informationssammlungen bzw. Datenbänke, die die für das Rechnungswesen notwendigen Informationen ergänzen. Da die Datenerfassung zur Alimentierung solcher Informationssysteme häufig mit der Erfassung der Buchhaltungsdaten korrespondiert, können auch Mischsysteme entstehen, deren „Nebeneffekt“ es ist, buchhaltungsrelevante Daten zu produzieren. Solche Systeme sind nützlich, da sie den zu planenden und zu kontrollierenden Sachverhalt ganzheitlicher und vollständiger erfassen und somit wahrscheinlich auch objektgerechter behandeln. Solche Systeme bergen aber auch eine zweifache Gefahr. Zum einen neigen sie in der
7.5 Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
413
fortlaufenden Entwicklung dazu, immer komplexer zu werden und damit sich zu spezialisieren. Bestimmte tradierte betriebliche Routinen werden organisatorisch und datentechnisch gut gelöst. Neue Anforderungen, die über betriebliche Innovationen an diese Systeme herangetragen werden, können aber eventuell nicht bewältigt werden. Eine Systemänderung ist aber dann bei solchen mit der Nebenbuchhaltung integrierten Systemen sehr komplex und schwer durchzuführen. Zum anderen aber ergibt sich auch hier die Gefahr der Bildung – aber vor allem der unkontrollierten Vermischung – einer „zweiten Wahrheit“. Die Belange des Rechnungswesens verfolgen eine gewisse Gesetzmäßigkeit, die in sich konsistent ist und das Ganze in einer „mehr oder weniger richtigen“ Weise darstellt. Nähert man sich aber den Objekten des Betriebes über die Nebenbuchhaltungen und attribuiert diese mit mehr Informationen, so stellt man häufig fest, dass die Erfassungssysteme dem Detail nicht genügen. Damit schafft man einen zweiten neben der Buchhaltung gültigen Bewertungs- und Begründungszusammenhang. Um dies exemplarisch zu veranschaulichen, wird die Struktur von zwei Nebenbuchhaltungen näher erläutert. Sowohl die Anlagenbuchhaltung als auch die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung weisen ihre richtlinienspezifischen Eigenarten auf und sind dabei in einen Handlungskontext eingebettet, der eines erweiterten Informationsangebotes bedarf, um den notwendigen Planungs-, Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen gerecht zu werden.
7.5.1
Anlagenbuchhaltung
Anlagen werden in der Finanzbuchhaltung in der Regel sowohl in der Bilanz im Anlagevermögen als auch in der Erfolgsrechnung bei den Abschreibungen nicht einzeln ausgewiesen, sondern in Konten subsumiert. Da aber eine Nachweispflicht besteht, wie sich die Anlagenwerte der Bilanz und wie sich die Abschreibungswerte der GuV zusammensetzen, ist es notwendig, bei entsprechendem Anlagevolumen eine eigenständige Anlagenbuchhaltung zu etablieren, die jede Anlage einzeln ausweist. Daher haben sich Standardprodukte auf dem Softwaremarkt entwickelt, deren Aufbau und Merkmale ähnlich sind. Die Anlagenbuchhaltung enthält in der Regel Teilprogramme:
Stammdaten, Verarbeitung von Bewegungsdaten und Auswertungstabellen.
In der Stammdatenverwaltung müssen sowohl die Begriffskategorien als auch die Verrechnungsarten angelegt und verändert werden. Neben der Inventarnummer, der Anlagenbezeichnung, dem Standort und dem Lieferanten dienen zwei Kategorisierungsbereiche zur Spezifizierung der Anlage. Zum einen wird die Anlage über ihre Zuweisung in eine Hauptanlage, eine Kontonummer, eine Kostenart und eine Kostenstelle in den Gesamtzusammenhang des Rechnungswesens eingebettet. Zum anderen wird durch die Fixierung der Abschreibungsart, also der Absetzung für Abnutzung (AfA), des Anschaffungsdatums und der Anfangsabschreibung eine Wertzuweisung der Anlage getätigt, bzw. es werden die Regeln festgelegt, nach denen die Wertzuweisung in der Zukunft erfolgen soll. Für jedes Wirtschaftsgut kann aus dem Anlagenstamm eine Abschreibungsübersicht mit den aktuellen Werten erzeugt werden. Neben der Verarbeitung der Daten, also der Übergabe einer Verbuchungsprozedur in die Hauptbuchhaltung, sind von einer Nebenbuchhaltung spezifische Auswertungen und Listen zu erstellen. Hiermit können die Anlagen bzw. gewisse Kennwerte derselben nach Kostenar-
414
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
ten, Kostenstellen, Konto oder spezifischem Wert sortiert werden. Es sind die Hauptanlagenwerte, Abschreibungsprotokolle, Buchungslisten, Anlagengitter und Abschreibungsübersichten zu erstellen, die im Unternehmen mithilfe dieser Nebenbuchhaltung verwendet werden, wie die AfA-Arten, Hauptanlagen, der Anlagenstamm, Sachkonten und Kostenstellen. Es wird deutlich, welche Ansprüche aus dem Blickwinkel der Finanzbuchhaltung an die Dokumentation und Bewertung des Anlagenbestandes gestellt werden. Zur Planung, Überwachung und Kontrolle des Anlagebestandes sind natürlich noch weitere Angaben notwendig, die eine ständige Einsatzbereitschaft gewährleisten und den Einsatzzweck ausweisen. Über die laufende Wartung und Instandsetzung kumulieren die Anlagen einen höheren Wert als den, der zur Anschaffung aufgebracht wurde, und durch die Planung und Erfassung von Einsatzzeit und Einsatzzweck lassen sich Rentabilitätsüberlegungen ableiten, wie die Einsatzwerte den Kostenträgern zuzuordnen sind (vgl. Abb. 7.54). Euro/Stunde (bei 5000 Euro Fixkosten) 700 600 500 400 Anteilige Fixkosten/Stunde
300 200 100 0 50 Gesamtkosten
Abb. 7.54:
100
150
200
250
300 Stunde
Variable Kosten
Maschinenkosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung
Um einen Stundensatz für eine Anlage zu bestimmen, müssen die anteiligen Fixkosten (im Beispiel der Abb. 7.54 5.000 €) zunächst einmal als Ganzes und dann in der Umlage gemäß einer Planbeschäftigung ermittelt werden. Weiterhin sind die anlagenspezifischen variablen Kosten festzustellen. Es zeigt sich, dass die Anlagenbewertung, wie sie durch die Nebenbuchhaltung für die Finanzbuchhaltung bestimmt wird, für eine weitere Kostenverrechnung nicht ausreicht. Es liegt also nahe, zusätzliche Daten für jede Anlage zu sammeln und mittels einer Datenbank für die Planung zu verwenden. Werden aber ausschließlich diese Daten für die Belegplanung genutzt, so können durchaus Anachronismen entstehen, die sich im Rahmen einer Gesamtwirtschaftlichkeit des Unternehmens ungünstig auswirken. So sind bspw. stark belegte Anlagen per genutzter Stunde preisgünstiger, obwohl der Aufwand durch Abschreibungen nur bei der Investitionsentscheidung durch Nichtkauf der Anlage beeinflusst werden kann, nicht aber, wenn es darum geht, einen vorhandenen Anlagebestand so zu nutzen, dass der geringste Aufwand bei größtmöglichem Erlös entsteht. Eine
7.5 Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
415
Kopplung beider Datenbestände kann zu Inkonsistenzen bei der Definition von Planwerten führen.
7.5.2
Lohn- und Gehaltsbuchhaltung
Die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung ist komplexer als die Anlagenbuchhaltung. Dies liegt nicht nur an der Anzahl der Bewegungen, welche über eine Abrechnungsperiode zu bewältigen sind, sondern vor allem an der Vielzahl an gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regularien, die im Rahmen der buchhalterischen Abrechnung zu beachten sind. Dementsprechend lassen sich Personalkosten in Löhne mit Fertigungs- und Hilfslöhnen, Gehälter (produktiv/nicht produktiv) und Personalnebenkosten gliedern, die bei der Berechnung der Gesamtkosten anfallen (vgl. Abb. 7.55; Macha 2010, S. 56). Zum Grundverdienst eines Arbeitnehmers kommen noch Sonderzahlungen, gesetzliche, freiwillige und tarifliche Leistungen hinzu und bilden die Gesamtkosten, die, wie im Beispiel der Abbildung 7.55 aufgeführt, 44 % höher ausfallen als der Bruttojahresverdienst des Arbeitnehmers bei einer effektiven Arbeitszeit von 79,2 %. Personalkosten und effektive Arbeitszeit bei Lohnempfängern
Euro
% von Grundverdienst
Berechnungsbasis
Tage
Nominale Arbeitszeit
1
260
2.028
29.992
Feiertage
2
11
86
1.269
5,26%
Krankheitstage
3
8,5
66
980
4,07%
3,27%
Urlaub
4
30
234
3.461
14,35%
11,54%
Sonstige Freistellungen
5
1,5
12
173
0,72%
0,58%
Summe Ausfallzeiten
6
51
397,8
5.883
24,40%
19,62%
Effektive Arbeitszeit
7
209
1.630
24.109
100,00%
80,38%
14,79
Grundverdienst
8
260
2.028
29.992
124,40%
100,00%
18,4
Arbeitszeit pro Tag
Stunden
% von eff. Arbeitszeit
Zeile
7,8 100,00% 4,23%
Sonderzulagen Vermögensw irksame Leistung
9
Euro/Person
466
1,93%
1,55%
Urlaubsgeld
10
50 % von Z.4
1.730
7,18%
5,77%
Weihnachtsgratifikation
11
50 % von Z.8/12
1.250
5,18%
4,17%
Summe (9 – 11)
12
3.446
14,29%
11,49%
2,11
Brutto Jahresverdienst
13
33.438
138,70%
111,49%
20,51
Gesetzliche Sozialversicherung
max. Basis
Rentenversicherung
14
9,75%
von Basis
3.260
13,52%
10,87%
63.000
Krankenversicherung
15
6,90%
von Basis
2.307
9,57%
7,69%
42.750
Arbeitslosenversicherung
16
3,25%
von Basis
1.087
4,51%
3,62%
63.000
Unfallversicherung
17
2,40%
lt. Risiko
803
3,33%
2,68%
42.750
betriebl. Altersvorsorge
18
4,50%
von Basis
1.505
6,24%
5,02%
63.000
Pflegeversicherung
19
0,85%
von Basis
284
1,18%
0,95%
42.750
Summe (14 – 19)
20
9.246
38,35%
30,83%
5,67
betriebliche und freiw illige Leistungen Fahrgeldzuschuss
21
120
0,50%
0,40%
Kantine
22
400
1,66%
1,33%
Betriebsrat
23
Summe (21 – 23)
24
520
2,16%
1,73%
0,32
Gesamtkosten
25
43.204
179,20%
144,05%
26,5
Abb. 7.55:
Ermittlung effektiver Arbeitszeit und tatsächlicher Personalkosten (nach Macha)
416
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Die Art und Weise, wie die Personalabrechnung entsprechend den Bestimmungen zu erfolgen hat, unterscheidet sich mit der Rechtsform und der Größe des Unternehmens, ist aber in jedem Fall von drei Bestimmungskategorien definiert, die jeweils in sich äußerst unterschiedliche Ausprägungen haben können.
Lohn- und Gehaltsformen Arbeitszeitregelungen und der betriebliche Zwang zur individuellen Nettorechnung
machen die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung zu einem Bereich, in dem eine ausdifferenzierte Nebenbuchhaltung notwendig wird. Es gilt ein Erfassungsinstrument zu etablieren, das bei der Einordnung jeder Personalbewegung in der Lage ist, gegenüber Arbeitnehmervertretungen, staatlichen und privaten oder öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, wie der Steuer oder Krankenversicherungen, Rechenschaft abzulegen, und zwar nicht nur in Bezug auf die Gesamtbewegungen des Unternehmens, sondern auch individuumsspezifisch für jeden betrieblichen Mitarbeiter. Neben den verschiedenen Gehaltszahlungen muss eine Lohn- und Gehaltsbuchhaltung entsprechende Merkmale vorsehen, um den unterschiedlichen Lohnformen gerecht zu werden.
Abb. 7.56:
Entgeltformen (nach Oechsler)
Die traditionellen Entgeltformen – Löhne für Arbeiter und Gehälter für Angestellte – sind in den vergangenen Jahrzehnten abgelöst worden. Durch die Aufwertung der Facharbeit mit planerischen und dispositiven Tätigkeiten, die früher allein durch Angestellte realisiert wurden, haben sich die Entgeltformen erneuert. In erster Linie hängt die Entgeltform nun von
7.5 Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
417
der eingesetzten Produktionstechnologie und der Arbeitsorganisation ab, sowie dem Beeinflussungsgrad auf das Arbeitsergebnis. Dennoch ist der Lohn- und Gehaltsbegriff in der betrieblichen Realität etabliert (vgl. Oechsler 2011, S. 438 ff.; siehe Abb. 7.56). Die Lohn- und Gehaltsaufwendungen werden unterteilt in Grundentgelt, Leistungsentgelt und Sonderentgelte. Dabei kann sich das Grundentgelt an der Qualifikation, an der Zeit, an den Anforderungen, dem Potenzial etc. orientieren. Formen des Grundentgelts sind dementsprechend der Zeitlohn, der qualifikationsorientierte Grundlohn und der Potenziallohn. Das Leistungsentgelt hingegen orientiert sich an der individuell erbrachten Leistung, der Gruppenleistung, der Quantität, der Qualität, Einsparung oder Kapazitätsnutzung in den Formen Akkordlohn, Prämienlohn und Pensumlohn. Sonderentgelte, die sich an tariflichen Regelungen, Position im Unternehmen, Aufwand etc. orientieren, sind bspw. das 13. Monatsgehalt oder Aufsichtsratsvergütungen. Die Struktur der Personalnebenbuchhaltung muss in der Lage sein, alle Lohn- und Gehaltsformen, wie z. B. Akkordlöhne, Prämienlöhne oder Zeitlöhne in ihren Ursprungsdaten zu erfassen und richtliniengerecht zu verrechnen. Das gilt auch für die verschiedenen Arbeitszeitregelungen, die sich in der Regel sowohl als Standardarbeitszeiten als auch als individuelle flexible Arbeitszeiten im Unternehmen präsentieren (vgl. Abb. 7.57; Hentze 1991, S. 214). Es muss daher für jeden Mitarbeiter eine Erfassung und Verrechnung der geleisteten Arbeitszeit erfolgen, die den individuell vereinbarten Zeitregelungen gerecht wird.
Abb. 7.57:
Arbeitszeitregelungen (nach Hentze)
418
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
Den größten Einfluss auf die Struktur der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung hat jedoch die gesetzlich geregelte Aufgabe des Unternehmens. Es ist für jeden Mitarbeiter eine Nettorechnung durchzuführen und somit von dem Bruttoentgelt die Abzüge zu ermitteln und abzuführen. Hierzu sind für jeden Mitarbeiter
die Lohnsteuer (geregelt durch das Einkommensteuergesetz), der Solidaritätszuschlag (geregelt durch das Solidaritätszuschlagsgesetz), die Kirchensteuer (geregelt durch das Landeskirchensteuergesetz), die Rentenversicherung (geregelt durch das Sozialgesetzbuch), die Krankenversicherung (ebenso) und die Arbeitslosenversicherung (ebenso)
zu errechnen und als individuelle Einzelwerte auszuweisen sowie als Sammelbetrag dem jeweiligen Empfänger auszuzahlen. „Zur Errechnung des Nettoentgelts sind gesetzliche Vorschriften und Bestimmungen zu berücksichtigen. Da es in diesem Bereich häufig zu Änderungen kommt, müssen die Programme der Nettorechnung häufig angepasst werden“ (Olfert 2008a, S. 478). Üblicherweise werden dazu Daten in Personalstammdateien gespeichert: „Lohn- und Kirchensteuerdaten, zu denen bspw. gehören:
Steuerklasse Familienstand Steuerfreibetrag Konfession Finanzamt Lohnsteuergemeinde
Sozialversicherungsdaten, zu denen bspw. zählen:
Rentenversicherungsträger Versicherungsnummer Pflichtkrankenkasse Freiwillige Krankenkasse“ (Olfert/Steinbuch 1999, S. 528).
Es wird deutlich, dass die Spezifizierung der Stammdatenkategorien und die Anlage sowie die Pflege der individuellen Stammdaten zwar einen hohen Arbeitsaufwand bereitet, aber auch die Grundlage dafür ist, bestimmungsgerechte Bewegungsdateien zu führen. Hiermit werden jedoch nicht alle Personalkosten erfasst, sondern zunächst nur die Löhne und Gehälter für die geleistete Arbeit und die Lohn- und Gehaltsbestandteile der gesetzlichen, tariflichen und freiwilligen Sozialleistung. Die gesamten Personalaufwendungen beinhalten jedoch noch die besonderen Kosten der Personalbeschaffung, die Kosten der Personalentwicklung, die besonderen Kosten des Personaleinsatzes, der Personalhaftung, Personalfreisetzung und der Personalinformationswirtschaft.
7.5 Integration erweiterter Nebenbuchhaltungen
419
Wie man an der Gliederung von Personalkostenarten ersehen kann, wird mit der Verbuchung aller Personalaufwendungen das gesamte Tätigkeitsfeld der Personalwirtschaft umrissen, also der Personalführung, der Personalverwaltung und insbesondere der Personalplanung. Mit der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung werden Istwerte der individuellen Personalentwicklung und der kollektiven Personalsituation erfasst und verrechnet.
Abb. 7.58:
Einsatzbereiche eines Personalinformationssystems (nach Hentze)
Mit der Generierung von Sollwerten erfolgt hiermit durchaus ein substanzieller Beitrag zur individuellen und kollektiven Personalplanung. Aufgrund des umfangreichen Datenkranzes, der hierfür notwendig ist, liegt es nahe, die Datenerhebung im Kontext einer Datenbank dahingehend zu ergänzen, dass die Aufgaben der Personalwirtschaft vollständig mit einheitlich erfassten und gewarteten Daten bedient werden können. Es gilt dann nicht nur den Be-
420
7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
langen der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung gerecht zu werden, sondern auch die Anforderungen der Planung, Realisation und Kontrolle bei der Personalermittlung, der -beschaffung, der -erhaltung, der -entwicklung, der -freisetzung und dem Personaleinsatz zu erfüllen. Wenn man sich die notwendigen personalspezifischen Stammdaten einer Personaldatenbank ansieht, so stellt man fest, dass die Schnittmenge zu den Stammdaten der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung sehr groß ist. Olfert/Steinbuch (1999, S. 514) kategorisieren den Inhalt eines Personalstammsatzes mit 29 Klassifikationsmerkmalen aus. Hiervon sind mit der Staatsangehörigkeit, der Konfession, dem Geschlecht, den sozialen Verhältnissen, der Anschrift, dem Austrittsdatum, dem Kündigungsgrund und der Arbeitsplatznummer lediglich acht Kategorien nicht für die buchhalterische Bearbeitung relevant. Dennoch kann ein Personalinformationssystem (vgl. dazu Hentze 1991, S. 338; siehe Abb. 7.58) für einen sehr viel breiteren Einsatzbereich verwendet werden. Neben der Personalabrechnung können die Zeitermittlung, die Personalplanung, die Stammdatenverwaltung und die Administration des Personals mit solch einem Personalinformationssystem bedient werden. Weiterhin können statistische Aufbereitungen und Auswertungen, zum Beispiel über Leistungsgrad, Unfallhäufigkeit, Fluktuation, Krankheitsquote und Weiterbildungstage, geliefert werden (vgl. Schulte 2011, S. 160; siehe Abb. 7.59).
Abb. 7.59:
Personalkennzahlen eines Automobilzulieferers (nach Schulte)
Es ist naheliegend, die Ergebnisse solcher Auswertungen in eine Personalplanung münden zu lassen, die in eine Gesamtplanung eingebracht werden kann. In eine solche Gesamtplanung gehen auch Absatzplan, Lagerplan, Produktionsplan, Beschaffungsplan, Investitionsund Finanzplan ein. Diese Planungen liefern die Sollwerte für die Nebenbuchhaltungen, deren Aufgabe es dann ist, die korrespondierenden Istwerte zu erfassen, um so eine Kontrolle über einen Soll-Ist-Vergleich zu gewährleisten (nach Olfert 2008b, S. 32).
7.6 Schrifttum
421
Die Planung des erfolgswirtschaftlichen und des leistungswirtschaftlichen Bereiches verästelt sich mithin bis zu der Finanzbuchhaltung und erfährt insbesondere durch die Nebenbuchhaltungen eine große Detaillierung über die wertmäßigen Bewegungen im Unternehmen. Zur Abbildung des Leistungsobjektes und -potenzials jedoch bedarf es zusätzlicher Informationen, die in Datenbanken gespeichert und vernetzt werden können und nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den technischen und kommunikativen Kontext erfassen.
7.6
Schrifttum
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7 Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollsystem
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7.6 Schrifttum
423
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8
Integratives Unternehmenscontrolling
Das Unternehmenscontrolling hat einen operativen und einen strategischen Horizont. Während in der operativen Sichtweise das Controlling ein Geschäftsjahr wirtschaftlich plant, umsetzt und kontrolliert, betrachtet die strategische Sichtweise bis zu zehn Geschäftsjahre, um erwartete exogene Umwelteinflüsse auf das Unternehmen planerisch in strategische Programme zu überführen. Dabei orientiert sich das Unternehmenscontrolling am strategischen Managementprozess. Der strategische Managementprozess beginnt mit der umweltbezogenen Chancen- und Risikenanalyse sowie der Analyse von Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens (vgl. Steinmann/Schreyögg 2005, S. 172 ff.; siehe Abb. 8.1). Aus der Umwelt- und Unternehmensanalyse ergeben sich strategische Optionen, die mögliche Szenarien der Unternehmensentwicklung aufzeigen. Diese werden sodann hinsichtlich ihres Eintritts bewertet. Diejenige Alternative, die den größten Erfolg erwarten lässt, wird als strategische Wahl definiert und programmatisch ausgearbeitet. Der Erfolg ist aber nicht ausschließlich als monetäre Größe definiert. Es gewinnen zunehmend ethische und gesellschaftliche Werte an Bedeutung. Aufgabe der Programme ist es, Bezugspunkte zur taktischen und operativen Planung zu setzen.
Abb. 8.1:
Strategischer Managementprozess (nach Steinmann/Schreyögg)
In der Realisierungsphase, die nicht mehr Teil der strategischen Planung ist, stellt sich das Problem der langwierigen Planumsetzung. Mit dem Strategie-Management soll der Erfolg über den reinen Planungsprozess hinaus sichergestellt werden. Dadurch soll die strategische Positionierung des Unternehmens im Tagesgeschäft verankert werden. Die strategische Kon-
426
8 Integratives Unternehmenscontrolling
trolle begleitet den gesamten Planungsprozess mit der Aufgabe, Fehlentscheidungen frühzeitig zu beheben. Ein Monitoringsystem unterstützt dabei Veränderungsnotwendigkeiten aufzudecken. Der Kontrollprozess beginnt also mit der Umwelt-/Unternehmensanalyse und dem Setzen von Prämissen im Planungsverfahren und vollzieht sich zum Planungsprozess nicht erst nachgelagert, sondern erfolgt simultan. Dies hat zwei Gründe (vgl. Steinmann/Schreyögg 2005, S. 274 f.):
„Die Kontrollinformationen, die aus den Reultaten bereits ergriffener Maßnahmen der Strategierealisierung gewonnen werden, kommt zu spät: der Zeitpunkt einer notwendigen Planrevision wird versäumt, weil es zu lange dauert, bis die Wirkungen der ergriffenen Maßnahmen die Revisionsnotwendigkeit signalisierern können (zeitlicher Aspekt). Die Kontrollergebnisse signalisieren eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Soll und Ist. Eine Planrevision wäre demnach nicht erforderlich. Tatsächlich haben sich aber gravierende Änderungen in den der Planung zugrundegelegten Faktoren vollzogen, die sich zunächst in ihren Wirkungen kompensieren, aber langfristig die Strategie obsolet werden lassen (sachlicher Aspekt).“
Die strategische Kontrolle bildet ein kontinuierliches Korrektiv während der Strategieformulierung und -implementierung. Im Kontrollprozess werden Prämissenkontrollen, Durchführungskontrollen und Überwachungsmaßnahmen eingesetzt (vgl. Steinmann/Schreyögg 2005, S. 274 f.; siehe Abb. 8.2):
Mit der Prämissenkontrolle wird im Planungsprozess das selektive Setzen von Prämissen zur Entscheidungsfindung überwacht. Durch die Wahl einer Alternative entscheidet man sich bewusst gegen eine Vielzahl möglicher anderer Alternativen. Das Risiko zu mindern, die falsche Wahl zu treffen, ist die Aufgabe der Prämissenkontrolle. Im Rahmen der Realisierungsphase ist es Aufgabe der Durchführungskontrolle Informationen über Ergebnisse zu sammeln, die die Strategieimplementation überwachen. Damit soll festgestellt werden, ob der gewählte Kurs gefällt ist, d. h. es erfolgt kein Soll/Ist-Abgleich wie in der operativen Kontrolle, sondern allein die Verifizierung des Sollzustandes. Die strategische Überwachung ist als Auffangnetz anzusehen. Zahlreiche kritische Ereignisse, die übersehen oder falsch bewertet wurden, sollen dadurch aufgedeckt werden. Die potenzielle Bestandsbedrohung der Unternehmung dient dabei als Maßstab, an dem sich die gewählte Strategie letztlich messen muss. Verfahrenstechnisch wird durch die Beobachtung von Krisenanzeichen die Bestandsbedrohung bestimmt und damit die gesamte strategische Ausrichtung erodiert.
Mit den strategischen Vorgaben der Unternehmensführung konkretisieren sich allmählich quantifizierbare Rahmenpläne. Der Planungszeitraum liegt hier etwa bei einem bis fünf Geschäftsjahren. Anschließend werden in der Feinplanung für das kommende Geschäftsjahr die quantifizierten Größen detailliert. Der hierbei ablaufende operative Planungsprozess umfasst die Phasen der
8 Integratives Unternehmenscontrolling
427
Zielbildung, Problemerkenntnis, Alternativensuche, Prognose und Bewertung (vgl. Wild 1974, S. 39).
Abb. 8.2:
Strategischer Kontrollprozess (nach Steinmann/Schreyögg)
Die strategisch-taktischen Ziele bilden die Ausgangsbasis der operativen Zielbildung, in dem zunächst die Zielinhalte, -ausmaße und -zeiträume, eventuelle Restriktionen, Zuständigkeitsträger und Maßnahmen und Ressourcen wie Finanzmittel oder Personalien zur Zielerreichung definiert werden (vgl. Wild 1974; S. 58; Hauer/Ultsch 2010, S. 51; siehe Abb. 8.3). Die Zielbildung ist natürlich nicht unabhängig von den verfügbaren Ressourcen zu sehen, sodass eine iterative Vorgehensweise mit Rückkopplungen in der Regel angebracht ist. Eine logisch-deduktive (retrograde) Ableitung von Zielen in Pläne Top-down ist selten möglich. Andersherum ist eine rein induktive (progressive) Zielbildung Bottom-up aus den verfügbaren Ressourcen ebenfalls nicht sinnvoll, da einerseits eine umfassende Umwelt- oder Marktorientierung nicht möglich ist bzw. prognostische Elemente nicht ganzheitlich betrachtet werden können und andererseits die Teilpläne in der Regel nicht untereinander konvergent sind mit der Folge, dass sie erneut korrigiert werden müssten. Aus den Unzulänglichkeiten der Top-down- und Bottom-up-Verfahren begründet sich das iterative Gegenstromverfahren (siehe Wild 1974, S. 196 ff). „Dabei wird dem Grundsatz gefolgt, dass jede Führungskraft die Aktivitäten in ihren unmittelbaren Verantwortungsbereich selber planen und zugleich die Planung nachgeordneter Instanzen steuern und integrieren sollte. Auf diese Weise soll zugleich eine positive Planungs- und Realisierungsmotivation der Beteiligten erreicht werden. Zweites Merkmal ist eine spezifische Kombination von zentraler Planung und Koordination durch Stäbe der Geschäftsführung und (dezentraler) Planung der beteiligten Linieninstanzen. Und drittens ist zu unterscheiden zwischen der
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8 Integratives Unternehmenscontrolling
Entwicklung und Konkretisierung von Plänen einerseits und der Koordination/Integration sowie der Entscheidung und Durchsetzung der Pläne andererseits“ (ebenda S. 169). Mit der Setzung übergeordneter Ziele der Unternehmensleitung und der Entwicklung eines Rahmenplans werden detaillierte untergeordnete Teilpläne erarbeitet und gelangen zur integrativen Gesamtplanung an die Geschäftsleitung zurück.
Abb. 8.3:
Planinhalte (nach Hauer/Ultsch)
Die operative Planung präzisiert die strategischen Ziele, Prämissen, Maßnahmen, Rahmenbedingungen und Ressourcen so weit wie möglich und legt damit das erwartete Ergebnis des Geschäftsjahres fest. Damit ist der Rahmenplan Ausgangsbasis von Detailplanungen, in dem die Ziele durch Teilziele zerlegt werden. Mit der Zerlegung der Ziele erfolgt die dezentrale Planung der benötigten Mittel und damit durchführbaren Maßnahmen. Zur Zielerreichung wird in den dezentralen Einheiten festgelegt, „wer mit welchen Mitteln und Maßnahmen was mit welchen Ergebnissen erzielen müsste“ (Wild 1974, S. 197). Nachdem alle nachgelagerten
8 Integratives Unternehmenscontrolling
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Organisationseinheiten ihre Teilpläne auf Realisierbarkeit konkretisiert und geprüft haben, beginnt der progressive Rücklaufprozess mit der Bestätigung oder Korrektur und Integration der Teilplanungen zur Gesamtplanung. Ergeben sich keine umfassenden Abweichungen zum zuvor entworfenen Rahmenplan, kann die Unternehmensleitung die operative Planung als verbindlich festlegen. Zwischen den Vorgesetzten und Mitarbeitern können die geplanten Ziele zudem durch Zielvereinbarungen an das Anreizsystem gekoppelt werden, um eine Verhaltenssteuerung zu bewirken. In der Regel ist nicht zu erwarten, dass der Rücklauf ohne Probleme abläuft. In der Organisation muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass mehrmalige Vor- und Rückläufe stattfinden oder das gesamte Verfahren wiederholt werden muss. Materielle, maschinelle oder personelle Probleme könnten dem kompletten operativen Rahmenplan widersprechen. In der Form bewirkt das Gegenstromverfahren eine vertikale Koordination über die gesamte Organisationshierarchie hinweg. Für die horizontale Koordination über einzelne Organisationseinheiten einer Hierarchieebene sind mögliche Abstimmungen bereits im operativen Rahmenplan aufzuzeigen und entweder zwischen den Verantwortlichen direkt oder mit dem Planungsstab durchzuführen. Richtig angewendet ist das Gegenstromverfahren ein Konzept der partizipativen Zielbildung und Planung. Zwischen den Vorgesetzten mit den Mitarbeitern bzw. zwischen über- und untergeordneten Organisationseinheiten werden Vereinbarungen über zu erreichende Ziele im Dialog getroffen. In der Hinsicht basiert das Gegenstromverfahren auf dem Führungsansatz des Management by Objectives (MbO), das erstmals von Peter Drucker formuliert wurde (vgl. Drucker 1962, S. 153 ff.) und soll die Motivation, Ziel- und Planidentifikation der Mitarbeiter fördern. Die Planung nach dem partizipativen Gegenstromverfahren bietet einerseits bessere Realisierungs-, Planungs- und Koordinations/Integrationsvoraussetzungen als andere Verfahren. Andererseits ist das Gegenstromverfahren arbeits- und zeitaufwendiger und verlangt integrierte Informationssysteme zur Formalisierung der Kommunikation der Beteiligten und Entscheidungsfindung bei der Plangenerierung. Der jährliche operative Planungsprozess kann als Planungsspirale verstanden werden (vgl. Wild 1974, S. 45 ff.; siehe Abb. 8.4). Die Planungsspirale stellt zugleich den Managementzyklus dar. Der festgelegte Plan bzw. das Programm als Komplex von Teilplänen ist nach der Realisierungsphase einer Kontrolle und Abweichungsanalyse zu unterziehen, um festzustellen, ob die geplanten Ziele erfüllt wurden und was ggf. die Gründe für die Nichterfüllung sind. Die Erkenntnisse der Abweichungsanalyse fließen bei der Festlegung der Ausgangsziele des kommenden Planungszyklusses mit ein. Im Rahmen der Kontrolle müssen anhand geeigneter Wertmaßstäbe Ergebnisse festgestellt werden können, um sie einem Ziel-Ergebnis-Vergleich bzw. Soll-Ist-Vergleich unterziehen zu können. Wertmaßstäbe stellen Kontrollstandards dar, die eine Beurteilung des Zielerreichungsgrades erlauben, um Aussagen zur Zielerfüllung ableiten zu können. Dennoch müssen die Pläne bereits so gestaltet sein, dass sie sich einer Kontrolle unterziehen lassen. Es lassen sich drei Typen der operativen Kontrolle unterscheiden:
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Die Ergebniskontrolle erfolgt am Periodenende und vergleicht die Vorgaben mit den erreichten Ergebnissen. Die Planfortschrittskontrolle erfolgt während der Periode und vergleicht die Sollvorgaben mit neuen Prognosezahlen (Soll-Wird-Vergleich). Das setzt voraus, dass die Planrealisierung in Abschnitte (Meilensteine) zerlegt werden kann und die Durchführung sich beschreiben lässt, um Aussagen zur künftigen Planrealisierung zu tätigen. Die Planfortschrittskontrolle soll die Vorgaben in der operativen Planung verifizieren. Die Prämissenkontrolle, die während und am Ende von Perioden durchgeführt wird, stellt einen Wird-Ist-Vergleich an. Mit der Überprüfung der Ausgangsannahmen der operativen Planung (Wird-Aussagen) soll nachgewiesen werden, ob sie noch mit dem gegenwärtigen Ist-Zustand vereinbar sind. Widerlegt die Wirklichkeit getroffene Annahmen, können Pläne unbrauchbar werden und bedürfen einer Überarbeitung. Die Anwendung der Prämissenkontrolle kann unter Umständen sogar dazu führen, dass ein besseres Ergebnis erzielt wird als ursprünglich geplant.
Die Abweichungsanalyse klärt die Ursachen der Abweichung zwischen operativer Planung und Kontrolle und identifiziert Möglichkeiten und Ansatzpunkte der Plananpassung und Verhaltenssteuerung. Mit ihren Erkenntnissen führt sie zu neuen Zielanpassungen, Plankorrekturen oder anderen Vorgaben der organisationalen und personellen Verhaltensbeeinflussung. Allerdings wird die Planungsspirale in einer formalen Organisation nur die Handlungen perpetuieren, welche den von der Aufbau- und Ablaufstruktur manifestierten Mustern entsprechen. Es wird eben nur das geplant und umgesetzt und einer Abweichungsanalyse unterzogen, was wahrgenommen wird. Aktenkundig registriert wird nur das, was zuvor formalisiert festgelegt worden ist. Periode 1 Ausgangsziele
Periode 2
Periode 3
Ausgangsziele
Ausgangsziele
Abweichungsanalyse
Planung und Koordination
Abweichungsanalyse
Planung und Koordination
Abweichungsanalyse
Planung und Koordination
Kontrolle
Umsetzungsmassnahmen
Kontrolle
Umsetzungsmassnahmen
Kontrolle
Umsetzungsmassnahmen
Realisation
Abb. 8.4:
Realisation
Realisation
Planungsspirale (nach Wild)
Das System bewegt sich dementsprechend bevorzugt einem lokalen Optimum zu, auch wenn die Willensbildung und Willensdurchsetzung in der Prozessphase sich von den generellen Oberzielen zu den strategischen Zielen und einer Strategie bis hin zu den operativen Zielen und alsdann zum ausführenden Handeln bewegt (vgl. Heinen 1984, S. 37). Solange sich
8 Integratives Unternehmenscontrolling
431
Willensbildung und Willensdurchsetzung ausschließlich in den etablierten hierarchischen Strukturen der formalen Organisation Top-down bewegen, wird die Kritik an dem Verfahren einen guten Resonanzboden vorfinden. Solange noch ein Entwicklungsraum besteht, lassen sich Kostenreduktionen und Umsatzsteigerungen in ausgetretenen Pfaden realisieren, Innovationen haben es jedoch schwer. Die Grundlage jeder Planung und Kontrolle ist die Informationsversorgung. Aus einer Vielzahl interner und externer Informationsquellen müssen die entscheidungs- und (verhaltens-)steuerungsrelevanten Informationen herausgefiltert und aufbereitet werden. Notwendigerweise muss der Informationsbedarf auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen, Funktionen und Prozessen einer Unternehmung analysiert werden (siehe hierzu Koreimann 1976), um informationstechnische Planungs- und Kontrollsysteme einsetzen zu können. „Informationen sind zweckgerichtetes Wissen oder zweckgerichtete Nachrichten“ (Heinen 1984, S. 158). Grundsätzlich beginnt der zwischenmenschliche Prozess der Informationsverarbeitung mit der Auswahl einer Nachricht des Senders, die an den oder die Empfänger über einen Informationskanal übermittelt werden. Die Menge der Informationskanäle bildet die Kommunikationsstruktur der Organisation. Diejenigen übermittelten Informationen sind Teil des Planungs- und Kontrollprozesses, die als Prämissen von Entscheidungen eingehen (vgl. Heinen 1984, S. 159). Entsprechend definieren Picot/Reichwald/Wigand (2003, S. 81) den Informationsbedarf „als die Art, Menge und Qualität der Informationen, die eine Person zur Erfüllung ihrer Aufgaben in einer bestimmten Zeit benötigt“. Der Informationsbedarf kann weiter differenziert werden:
Der objektive Informationsbedarf gibt an, welche Informationen zur Aufgabenerfüllung verwendet werden sollten. Der subjektive Informationsbedarf betrachtet diejenigen Informationen, die aus Sicht des Entscheidungsträgers allein relevant erscheinen. Der geäußerte Informationsbedarf ist schließlich die vom Entscheidungsträger tatsächlich nachgefragte Informationsmenge (Informationsnachfrage).
objektiver Informationsbedarf
Informationsnachfrage
subjektiver Informationsbedarf
Informationsangebot Informationsstand Abb. 8.5:
Informationsbedarf und Informationsversorgung (nach Picot/Reichwald/Wigand)
432
8 Integratives Unternehmenscontrolling
In der Regel unterscheiden sich die drei Typen des Informationsbedarfs. Die Erfassung aller drei Typen ist Aufgabe einer Informationsbedarfsanalyse. Schließlich können auch die nicht tatsächlich nachgefragten Informationen künftig an Relevanz gewinnen. Sie nehmen in Informationssystem einen „latenten“ Charakter ein. Ziel sollte es sein, das Informationsangebot an den Informationsbedarf auszurichten und so den Informationsstand und die Informationsversorgung der Entscheidungsträger zu verbessern (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 81 f.; siehe Abb. 8.5). Es gilt, die entscheidungsrelevanten Informationen im Rahmen von Bedarfsanalysen zu identifizieren, in Informationsquellen zu erfassen, zu speichern, aufzubereiten und zu übermitteln. Während die Datenerfassung und -speicherung in operativen Informationssystemen erfolgt, wird die Aufbereitung (inkl. Speicherung aufbereiteter historisierter Daten) und Übermittlung zum Zweck der Planung und Kontrolle zunehmend in strategisch-analytischen Informationssystemen vollzogen. Insbesondere eignen sich Berichte für Planungs- und Kontrolaktivitäten. Ehrmann (2007, S. 44 f.) unterscheidet:
Standardberichte mit detaillierten Darstellungen. Sie liefern Informationen aus klar definierten Informationsbedarfen in einer festgelegten Form zu festgelegten Zeitpunkten an festgelegte Empfänger mit festgelegtem Inhalt. Dessen Ausrichtung und Koordinierung ist Gegenstand des Berichtswesens (siehe hierzu Blohm 1975, S. 437; vgl. Abb. 8.6). Abweichungsberichte werden bei Über- oder Unterschreitung bestimmter Vorgaben der Sollwerte erstellt. Sie können auch bei Einzelfallentscheidungen benötigt werden. Bedarfsberichte ergänzen die Standard- und Abweichungsberichte und liefern Informationen, die über den Standard hinausgehen und individuell nachgefragt werden.
Inhalt Form Vertiefungsgrad
WAS
WANN
Berichtszeiträume Termine Bearbeitungszeit
WOZU
Ersteller der Berichte sonstige Bearbeiter auf dem Weg der Erfassung des Ausgangsmaterials bis zur Auswertung der Berichte
Abb. 8.6:
WER
WIE Empfänger der Berichte
Methode der Erstellung Organisation des Berichtswesens Berichtswege (horizontal, vertikal, direkt-Dienstweg)
Ausrichtung und Koordinierung des Berichtswesens (nach Blohm)
Koch (1994, S. 109; siehe Abb. 8.7) stellt einen konzeptionellen Bezugsrahmen für die Verhaltenswirkung eines Berichtswesens auf, dessen Umgebung auch als Gestaltungsrichtlinie interpretiert werden kann. Zunächst einmal bilden Rezipient und Bericht ein System. Der Bericht orientiert sich an der Aufnahmefähigkeit, dem fachlichen Können und den Persön-
8 Integratives Unternehmenscontrolling
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lichkeitsmerkmalen des Empfängers. Andererseits weist ein Berichtswesen auch eine syntaktische, semantische und pragmatische Gestaltungsstruktur auf, die als Kognition zu verstehen ist, welche die kognitiv-affektive Prädisposition des Rezipienten prägt. Da das Berichtswesen sich nicht nur inhaltlich, sondern gerade auch durch Innovationsprozesse strukturell wandelt, bildet sich im Verlauf der Innovationsumsetzung ein lernendes System aus. Die Akzeptanz der Berichte ist zunächst einmal pragmatisch-funktional durch die Wahrnehmung (Perzeption) bestimmt. Sie hängt also ebenso von der Aufnahmefähigkeit des Rezipieenten ab wie die Berichtsapperzeption, also das pragmatisch-motivationale Verständnis des Empfängers. Wahrnehmung und Verstehen führen zu einer Beurteilung der Zweckorientierung der Berichtsinhalte. Erst die persönliche Intention des Rezipienten bedingt die Akzeptanz der Information und damit das aufgabenbezogene Wollen sowie die entsprechende Verhaltensreaktion.
Abb. 8.7:
Gestaltungsmerkmale von Berichten und ihre Rezeption (nach Koch)
Es ist ein Kennzeichen von Investitionen, dass der Kreis der Handlungsbetroffenen während der Prozessabwicklung wechselt. Bei der strategischen Planung wird im Diskurs ein Konsens ermittelt, in welche Geschäftsfelder investiert werden soll. Je nach Ergebnis werden bei der operativen Umsetzung sehr unterschiedliche Personen zu Aktivitäten veranlasst. Aber man sollte die Betriebsinnovation nicht als einen ausschließlich deduktiven hierarchischen Prozess interpretieren. Genauso gut können von unten, von der operativen Basis her, Konzepte ausgearbeitet werden, die das strategische Geflecht in einen neuen Zusammenhang stellen. In jedem Fall muss das Controlling und Berichtswesen in der Lage sein, jeweils den Personenkreis, dessen Verhaltensreaktion für die erfolgreiche Realisierung einer Prozessphase unabdingbar ist, mit Informationen zu bedienen. Es muss eine Kongruenz zwischen den Input-
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8 Integratives Unternehmenscontrolling
verantwortlichen des Controllingsystems und den Handlungsverantwortlichen bei der realen Umsetzung bestehen. Die Erfolgsvariablen Motivation und Konsensbildung entstehen nicht auf Knopfdruck, sondern sie bilden sich während des gesamten Investitionsprozesses aus. Das Controllingsystem nimmt daher auch Organisationsaufgaben wahr, deren Gestaltung gerade bei Investitionsvorhaben eine besondere Bedeutung zukommt. Nach Küpper (2008, S. 310; siehe Abb. 8.8) gehört es zu den Kernaufgaben des Controllings, die Koordination zwischen und innerhalb der Führungsteilsysteme zu fördern. In der Organisationsgestaltung werden die Aufgabenverteilung, die Weisungsrechte, die Entscheidungsrechte und die raumzeitliche Beziehung von physischen sowie Informationsprozessen definiert. Aus diesen Aufgabenbestimmungen ergibt sich eine für das Controlling spezifische Schnittmenge:
die Koordination innerhalb der Organisation, die Regulierung der Organisationsprobleme der Führungsteilsysteme und die Ausbildung organisatorischer Maßnahmen zur Koordination von Führungsaufgaben.
Das Controllingsystem muss zur Erfüllung seiner konsensbildenden Koordinationsfunktion die jeweils relevanten Entscheidungs- und Handlungsgruppen zusammenführen. Das Berichtswesen dient dann als Medium, um die Handlungsvorstellungen zu artikulieren und somit im Betroffenenkreis zur Diskussion zu stellen. Neben der individuellen Rezipierbarkeit ergibt sich dadurch ein weiterer Qualitätsanspruch an das Controlling, nämlich die wechselnde Inputbeteiligung von, je nach Prozessfortschritt, sich ändernden Verantwortungs- und Handlungsträgern.
Abb. 8.8:
Abgrenzung der Koordinationsaufgaben der Organisation des Controllings (nach Küpper)
8 Integratives Unternehmenscontrolling
435
Schröder (1992, S. 492) hebt vier Strukturkomponenten hervor, zwischen denen beim Aufbau des Informationssystems eine Kongruenz bestehen muss, und zwar zwischen:
der gesellschaftlichen Struktur eines Unternehmens, der Organisationsstruktur, den Abrechnungskreisen der Finanzbuchhaltung und des Rechnungswesens und dem darauf aufbauenden Controlling-Informationssystem.
„Je klarer und vollständiger die Kongruenz zwischen diesen verschiedenen Komponenten ist, umso effizienter ist das Controllingsystem in seinem Einsatz und in seinen Ergebnissen“ (ebenda). Wie in Kapitel 7 erläutert, bildet das Rechnungswesen das Erfassungsinstrument für die monetären Ist-werte des Unternehmens und somit die Basis für die Ausbildung eines wirtschaftlichen Controlling-Informationssystems. Hier werden die Grunddaten für einen Soll-/Ist-Vergleich erhoben. Ein Controllingsystem kann nur auf diese Datenbasis aufsetzen und koppelt das Strukturmoment des Rechnungswesens mit dem Strukturmerkmal von Organisation und der rechtlichen Entitätsausprägung (siehe Abb. 8.9). Zwischen diesen beiden Momenten muss jedoch ein Unterschied gemacht werden. Die Organisationsstruktur orientiert sich an den Bedürfnissen des Leistungssystems, hingegen kann sich die Rechtsstruktur davon abkoppeln. Hier dokumentieren sich die Bedarfsstrukturen anderer Anspruchsgruppen wie etwa die Eigen- und Fremdkapitalgeber (vgl. hierzu Walz/Gramlich 2011, S. 11; siehe Abb. 3.3). Während bei der Organisationsstruktur das Leistungssystem holistisch wahrgenommen wird, werden insbesondere bei Holdingkonstruktionen juristische Teileinheiten ausgebildet, die jeweils in einem anderen, also nicht leistungsbezogenen Handlungskontext wie z. B. steuerliche oder haftungsbezogene Belange begründet sind. Personengesellschaften werden aus arbeitsrechtlichen Kriterien heraus gebildet oder Anlagegesellschaften aufgrund von Abschreibungsbedingungen. Überlegungen der Personalführung legen eine Trennung von Produktion und Absatz nahe.
Abb. 8.9:
Controlling als integratives Informationssystem
Die Schwierigkeit beim Controlling liegt darin, dass häufig verschiedene Rechtseinheiten berührt werden. Es gilt dann, eine Makrostruktur zu definieren einschließlich der Relation,
436
8 Integratives Unternehmenscontrolling
welche die Einzelelemente zueinander haben. Diese Problemstellung wird in Kapitel 9.2 behandelt. In den zwei folgenden Abschnitten des vorliegenden Kapitels wird das Unternehmenscontrolling konkreter ausgeführt. Zunächst werden Controllingsystematiken aus der einschlägigen Controllingliteratur als entscheidungs- und verhaltenssteuerungsorientierte Controllingkonzepte vorgestellt. Alsdann erfolgen die Ausführungen zu integrierten Planungs- und Kontrollsystemen ausgeführt, welche die informationstechnischen Grundlagen im Unternehmenscontrolling aufzeigen.
8.1
Systematiken im Unternehmensontrolling
In der Literatur existieren unterschiedliche Systematiken, die das Unternehmenscontrolling nach Ordnungsprinzipien einheitlich gestalten, mithilfe derer Unternehmen ihre Planungsund Kontrollprozesse systematisieren. Ein gemeinsames Selbstverständnis des Controllings konnte sich trotz der praktischen Relevanz noch nicht entwickeln. Dies liegt zum einen daran, dass sich das Controlling aus der vielfältigen Praxis heraus entwickelte und zum anderen daran, dass es keinen allumfassenden theoretischen Bezug zum Controlling gibt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Controllingsystematiken können nach funktionellen, instrumentellen und institutionellen Aspekten erläutert werden. Die funktionale Dimension grenzt die jeweilige Controllingsystematik ab, ist daher von besonderer Relevanz und unterteilt sich nach inhaltlichen und methodischen Gesichtspunkten (vgl. Wall 2008, S. 465 f.). Grundsätzlich können Controllingsystematiken inhaltlich hinsichtlich ihrer Informationsversorgungs-, Entscheidungs- sowie Verhaltenssteuerungsfunktionen unterschieden werden (siehe Abb. 8.10). Nach Reichmann (2011, S. 45) besteht „die primäre Aufgabe des Controllings in der entscheidungsproblembezogenen Informationsversorgung der Führungskräfte“. Mit dieser Aufgabendefinition soll das Controlling dem Management Informationsbedarfe analysierern, betriebswirtschaftliche Fachkonzepte erarbeiten, Methoden-Know-how liefern, problembezogene Auswertungen erarbeiten und datenverarbeitende Lösungen bereitstellen. Damit ist das Controlling nicht nur für die Konzeption verantwortlich, sondern auch für die Umsetzung bzw. Implementierung (vgl. Reichmann 2011, S. 46). Das Moment der Koordination von Führungsteilsystemen, d. h. die ziel- und ergebnisorientierte Abstimmung der interdependenten Führungsfunktionen der Planung, Kontrolle und Informationsversorgung wird seit den 1970er-Jahren von Peter Horváth thematisiert (vgl. Horváth 2011, S. 98 ff.) und von weiteren Autoren, so wie bspw. von Hahn/Hungenberg (2001, S. 45 ff. i. V. m. S. 151 ff.), hinsichtlich einer Wertsteigerung spezifiziert. „Die Mitwirkung des Controlling zur Erreichung des obersten Unternehmensziels bezieht sich dabei primär auf die Erreichung des generellen Wertzieles der Unternehmung, die Ergebnisoptimierung als Kapitalwert- bzw. Gewinnmaximierung unter Beachtung der Liquiditätssicherung“ (Hahn/Hungenberg 2001, S. 272). Dabei sehen Hahn/Hungenberg (2001, S. 272) die generelle Aufgabe des Controllings „in der informationellen Sicherung bzw. Sicherstellung ergebnisorientierter Planung, Steuerung und auch Überwachung des gesamten Unternehmensgeschehens – vielfach verbunden mit einer Integrations- bzw. Systemgestaltungsfunkti-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
437
on, grundsätzlich verbunden mit einer Koordinationsfunktion“. Die Autoren positionieren sich deutlich zu einer systemisch-koordinationsorientierten Sichtweise des Controllings. Allerdings spielt die Steuerungsfunktion ebenfalls eine bedeutende Rolle im Controlling, die bei Weber/Schäffer sowie Küpper noch stärker ausgearbeitet wird.
Entscheidungsfunktion und Verhaltenssteuerungsfunktion Controlling als Koordination der Führung Küpper 2008 Controlling als Rationalitätssicherung der Führung Weber/Schäffer 2011 Entscheidungsfunktion Controlling als Koordination von Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungsfunktionen Hovárth 2008, Hahn/Hungenberg 2001 Controlling als Informationsversorgung des Managements Reichann 2011, Lachnit/Müller 2006
Abb. 8.10:
Controllingfunktionen (nach Wall)
Die verhaltensorientierten Ansätze von Weber/Schäffer sowie Küpper stellen den Führungsbegriff, der als zielgerichtete Verhaltensbeeinflussung bezeichnet wird (Heinen 1984, S.38), in den Mittelpunkt ihrer Controllingsystematiken. „Führung ist eine personenbezogene Handlung, bei der einzelne Personen oder Personenmehrheiten (Führende) auf andere Personen (Geführte) einwirken, um diese zu einem zielentsprechenden Handeln zu veranlassen“ (ebenda). Selbst wenn die Geführten andere Zielvorstellungen haben als der oder die Führenden und diese Widerstände überwunden werden und es zur Handlung entsprechend der Vorgaben kommt, ist die Verhaltensbeeinflussung erfolgreich. Werden die Anweisungen nicht ausgeführt, liegt logischerweise keine Führung vor (ebenda). Die Koordination der geführten Personen als eigenständiges Führungsteilsystem, das sogenannte Personalführungssystem, erfolgt bspw. über Anreizsysteme und sollte nach Auffassung von Küpper (2008, S. 27) nicht losgelöst von den anderen Koordinationsproblemen erfolgen. Dadurch sowie durch Schaffung notwendiger Organisationsstrukturen, die sich vielfach aus Planungs-, Informations- sowie Kontrollaufgaben ergeben, begründet sich eine umfassende koordinationsorientierte Controllingsystematik. Die rationalitätssichernde Controllingsystematik nach Weber/Schäffer (2011, S. 26) geht von der These aus, dass die kognitiven Fähigkeiten der Führenden begrenzt sind. Durch Wollensund Könnensbeschränkungen entstehen Rationalitätsdefizite bei den führenden Personen. Rationalitätssichernd zu handeln heißt hiernach, trotz der Defizite die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Führungshandlungen den antizipierten Zweck-Mittel-Beziehungen entsprechen (vgl. Weber/Schäffer 2011, S. 26), vergleichbar mit einer Qualitätssicherung für dispositive Aufgaben. Rationalität, definiert „als herrschende Meinung von Fachleuten hinsichtlich einer bestimmten Zweck-Mittel-Relation“ (ebenda S. 45), und deren Sicherung erfolgt im
438
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Kontext der Koordination von Plänen. Das Controlling nimmt dabei für das Management Entlastungsaufgaben (z. B. Berichtswesen, Abweichungsanalysen etc.), Ergänzungsaufgaben, die dem Manager dienlich oder ihm von höherer Instanz angewiesen werden, und Begrenzungsaufgaben wahr. Begrenzungsaufgaben entstehen bei Wollensdefiziten und hinterfragen Ergebnisse, Prämissen oder gewünschte Zustände bzw. Pläne des Managers kritisch, um opportunistisches Handeln auszuschließen (ebenda S. 39 f.). Darüber hinaus existiert eine Vielzahl weiterer Controllingsystematiken, die in die genannten Funktionen oder weitere Klassifikationen eingeteilt werden können (siehe hierzu bspw. Westhaus 2007, S. 20 ff.). Controllingsystematiken sind (temporäre) Modelle der Wirklichkeit und beleuchten spezifische Aspekte der Realität. Die Modellbildung kann sowohl deduktiv aus theoretischen Aussagensystemen und/oder empirisch-induktiv aus Untersuchungen erfolgen. Während Weber/Schäffer (2011, S. XVI) ihre Controllingsystematik empirisch gestützt haben, geht die überwiegende Mehrheit der Autoren methodisch deduktiv vor. Dabei sind grob entscheidungs-, system- und verhaltenstheoretische Stränge zu beobachten (vgl. Wall 2008, S. 470 f.). Die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre nach Heinen (1984) betrachtet betriebliche Vorgänge als Entscheidungsprozesse. Gedanklich wird der Prozess in die Phasen der Willensbildung und Willensdurchsetzung zerlegt. Die bereits angesprochene Führung ist der Willensdurchsetzung zuzuordnen und soll den Willen der Führungskräfte realisieren. Die informationsorientierte Controllingsystematik nach Reichmann bildet hierzu Kennzahlen ab, die mit Zielen gekoppelt sind und die Zielerreichung messen sollen. Systemtheoretische Ansätze wie sie Horváth und Hahn/Hungenberg verfolgen, betrachten die dispositiven Aufgaben der Planung, Kontrolle und Informationsversorgung interdependent als ein Controllingsystem und begründen daher eine Notwendigkeit zur Koordination ihrer Teilsysteme. Ergänzt sich das Controllingsystem um das Personalführungssystem und Organisationssystem, erlangt das Controlling eine verhaltensbeeinflussende Komponente, die institutionenökonomisch, insbesondere durch die Prinzipial-Agenten-Theorie, begründet wird. Dabei wird angenommen, dass der Ausführende (Agent) einen Informationsvorsprung gegenüber dem Führenden innehat und für sich nutzenmaximal handelt. Damit der Ausführende im Sinne der Organisationsziele handelt, setzt der Führende Anreize monetärer oder nicht monetärer Art gewissermaßen als Belohnung an. Darüber hinaus spielt in der verhaltensorientierten Controllingtheorie das Behavioral Accounting eine bedeutende Rolle (siehe hierzu bspw. Schweitzer/Küpper 2011, S. 609 ff.). Konsens der gegenwärtigen Lehrmeinung ist, dass das Controlling mindestens eine Informations- und Entscheidungsorientierung wahrnimmt. Die Ansicht, dass das Controlling das Verhalten von Personen beeinflussen sollte, ist nach wie vor umstritten, findet aber zunehmend mehr Vertreter (siehe bspw. Pietsch/Scherm 2004, S. 923 ff.). Vor allem unterscheiden sich die Ansätze in der Akzentuierung ihrer Schwerpunkte, die in den folgenden drei Abschnitten ausgearbeitet werden. Es werden die Schwerpunkte hinsichtlich ihrer Kennzahlen-, Koordinations- und Verhaltensorientierung unterschieden.
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
8.1.1
439
Kennzahlenorientierter Ansatz
Die kennzahlenorientierte Controllingsystematik nach Reichmann (2011, S. 5 ff.; siehe Abb. 8.11) dient als methodischer Bezugsrahmen zur Spezifizierung der Controllingsysteme in Unternehmungen. Die Systemebene ist determiniert durch die Branchentätigkeit und die Organisationsstruktur sowie durch kulturelle Einflüsse und erklärt das vergleichsweise heterogene Controlling in der Praxis. Daher ist eine Adaption des Kennzahlensystems bzw. die weitergehende Interpretation einzelner Kennzahlen des Konzepts notwendig. Eine weitere Spezifizierung erlangt das Controllingsystem durch seine unternehmensindividuelle informationstechnische Umsetzung (ebenda S. 17 ff.). Der konzeptionelle Bezugsrahmen bildet Informationsprozesse dreidimensional ab:
nach den klassischen Unternehmensfunktionen und dem Führungsbereich, nach den Informationskategorien mit monetären und nicht monetären Größen und nach der zeitlichen Komponente, die die Differenzierung in eine operative und strategische Ebene zulässt.
Analyse- und Berichtssysteme, Abrechnungssysteme, Administrations- und Dispositionssysteme sowie technische Erfassungs- und Steuerungssysteme liefern operative, monetäre und nicht monetäre Daten der Unternehmensfunktionen, die im Führungsinformationssystem (FIS) zu Kennzahlen (anglo-amerikanisch: Key-Performance-Indicators (KPI)) verdichtet werden. Zu den technischen Erfassungs- und Steuerungssystemen zählen die Betriebsdatenerfassung (BDE), die Zeitdatenerfassung (ZDE), die Qualitätssicherung (CAQ) und die Daten der digitalen Maschinensteuerung. Dispositionssysteme umfassen das Einkaufswesen, die Produktionssteuerung, die Lagerwirtschaft und die Auftragsabwicklung. Bei den wirtschaftlich ausgerichteten Abrechnungssystemen werden Daten aus der Finanzbuchhaltung, der Kostenrechnung, der Anlagenbuchhaltung und der Personalabrechnung im FIS zu Einzelkennzahlen verarbeitet. Die Gestaltung der Analyse- und Berichtssysteme und des FIS unterliegt dem Controlling. Einerseits hat das Controlling die Aufgabe, im Führungsbereich operative Daten entscheidungsbezogen zu Informationen aufzubereiten und andererseits die Informationsversorgung effektiv umzusetzen. Damit sind auch Aspekte der Datenverarbeitung im Aufgabenfeld des Controllings zu berücksichtigen. Reichmann (2011, S. 12) definiert den Controllingbegriff folgendermaßen: „Controlling ist die zielbezogene Unterstützung von Führungsaufgaben, die der systemgestützten Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung zur Planerstellung, Koordination und Kontrolle dient; es ist eine rechnungswesen- und vorsystemgestützte Systematik zur Verbesserung der Entscheidungsqualität auf allen Führungsstufen der Unternehmung.“ Der kennzahlenorientierte Controllingansatz enthält insofern informations- und entscheidungstheoretische Bezüge und bereitet Sachverhalte qualitativ zur Entscheidungsunterstützung auf. Die aufbereiteten Informationen werden im FIS zu Kennzahlen verdichtet, um einerseits der Unternehmensleitung die Anpassung an wirtschaftliche Wechsellagen zu er-
440
8 Integratives Unternehmenscontrolling
möglichen und andererseits, um Unternehmensbereiche hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit laufend zu kontrollieren (ebenda S. 14). Führungsinformationssysteme (Controlling)
op Analyse- und Berichtssysteme (Controlling)
KPI
FIS
Legende
ch tegis
v erati
stra
JA-C KuE-C F-C I-C R-C
Führ
ungs
b
h ereic
B-C P-C L-C M-C IV-C ativ oper Abrechnungssysteme
Finanzbuchhaltung
Kostenrechnung
AnlagenPersonalbuchhaltung abrechnung
oper Administrations- und Dispositionssysteme
Einkaufswesen
Produktionssteuerung
Lagerwirtschaft
ativ
Auftragsabwicklung
oper Technische Erfassungsund Steuerungssysteme
Abb. 8.11:
BDE
ZDE
CAQ
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DNC
lu twick d En g un chun schaffung s r o F n Be uktio Prod tik Logis tz Absa
S-C:
Strategisches Controlling
JA-C:
JahresabschlussControlling
KuE-C: Kosten- und ErfolgsControlling F-C:
FinanzControlling
I-C:
InvestitionsControlling
R-C:
RisikoControlling
B-C:
BeschaffungsControlling
P-C:
ProduktionsControlling
L-C:
LogistikControlling
M-C:
MarketingControlling
IV-C:
InformationsverarbeitungsControlling
ng
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ng
Controlling- und Informationskonzeption (nach Reichmann)
„Kennzahlen werden als jene Zahlen betrachtet, die qualitativ erfassbare Sachverhalte in konzentrierter Form erfassen“ (Reichmann/Lachnit 1976, S. 706, zitiert nach Reichmann 2011, S. 24). Kennzahlen werden auf einem metrischen Skalenniveau gemessen, sollen Strukturen und Prozesse einfach darlegen, einen umfassenden Überblick mit relativ präzisen Aussagen ermöglichen und so Urteile zu Sachverhalten erlauben. Ihre Funktion besteht in erster Linie in der Bereitstellung zweckorientierten Wissens für konkrete Entscheidungssituationen, die zur Bilanzanalyse, zum Betriebsvergleich oder in der Betriebsanalyse angewandt werden (ebenda S. 24). Kennzahlen können aus absoluten Zahlen und Verhältniszahlen gebildet werden (vgl. Küpper 2008, S. 390; siehe Abb. 3.46). Stehen einzelne Kennzahlen in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinander, ergänzen oder erklären sie sich gegenseitig und sind sie auf ein oder mehrere einheitliche, übergeordnete Ziele ausgerichtet, spricht man von Kennzahlensystemen. Kennzahlensysteme können als Informationssysteme aufgefasst werden, die durch Informationsverdichtung Entschei-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
441
dungsträger auf unterschiedlichen Ebenen informieren. Neben ihrer Zielbezogenheit, modellieren sie das Unternehmensgeschehen und erhalten einen erklärenden Charakter, wenn sie Zusammenhänge verdeutlichen. Werte von Kennzahlen können auch zielbezogen geplant und kontrolliert werden (vgl. Reichmann 2011, S. 28). Umsatzerlöse (GuV 1)
+-
Bestandsveränderungen (GuV 1)
+ Andere aktivierte Eigenleistungen (GuV 3) Ordentliches Betriebsergebnis
Umsatzrendite
Materialaufwand (GuV 5a, 5b)
Personalaufwand (GuV 6a, 6b)
:
Umsatz
Rentabilität des betriebsnotwendigen Vermögens
-
Abschreibungen (GuV 7a, 7c, 7d)
sonstige betriebliche Aufwendungen (GuV 8)
-
X
sonstige Steuern (GuV 19)
Umsatz Umschlagshäufigkeit des betriebsnotwendigen Vermögens
Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte (Aktiva A I und II)
Betriebsnotwendiges Anlagevermögen
: Betriebsnotwendiges Vermögen
Betriebsnotwendiges Umlaufvermögen
+ + +
Abb. 8.12:
Vorräte (Aktiva B I) Forderungen (Aktiva B II 1-3) Liquide Mittel (Aktiva B IV) Aktive Rechnungsabgrenzung (Aktiva C)
DuPont-Kennzahlensystem (nach Reichmann)
Eines der bekanntesten Kennzahlensysteme ist das DuPont-Kennzahlensystem (ebenda S. 28 ff.; siehe Abb. 8.12). Das System wurde 1919 von dem Unternehmen DuPont de Nemours and Company entwickelt und berechnet als Spitzenkennzahl die Rentabilität des betriebsnotwendigen Vermögens (Return on Investment (RoI)) durch die Multiplikation der Umsatzrendite mit der Umschlagshäufigkeit. Die Umschlagshäufigkeit des betriebsnotwendi-
442
8 Integratives Unternehmenscontrolling
gen Vermögens ergibt sich aus der Division des Umsatzes mit dem betriebsnotwendigen Vermögen. Getrennt nach Anlage- und Umlaufvermögen ergibt sich das betriebsnotwendige Vermögen aus den Sachanlagen und immateriellen Werten, den Vorräten, den Forderungen, den liquiden Mitteln und den aktiven Rechnungsabgrenzungen. Die Umsatzrendite errechnet sich aus der Division des ordentlichen Betriebsergebnisses und des Umsatzes. Das ordentliche Betriebsergebnis wiederum ergibt sich aus den Kennzahlen Umsatzerlöse, Bestandsveränderungen und anderen aktivierten Eigenleistungen abzüglich Aufwandsposten und sonstigen Steuern. Das gesamte Kennzahlensystem basiert auf den Zahlen des Jahresabschlusses und lässt sich so leicht errechnen. Andere Zielgrößen wie bspw. die Liquidität werden nicht betrachtet. Das Rentabilitäts- und Liquiditäts-(RL)-Kennzahlensystem von Reichmann/Lachnit (ebenda S. 36 ff.) weist die beiden zentralen Kenngrößen Rentabilität und Liquidität aus. Die Rentabilität kann aus dem ordentlichen Betriebsergebnis, dem ordentlichen Finanzergebnis und dem außerordentlichen Teil des Jahresabschlusses bestimmt werden. Die Liquidität wird zwar nicht als eigenständiges Ziel angesehen, ist aber Voraussetzung für den Unternehmensfortbestand. Die Größen der Kennzahlen stellen Planzahlen dar, die in regelmäßigen Soll-IstVergleichen Informationen für Entscheidungen liefern. Das RL-Kennzahlensystem umfasst einen allgemeinen Teil und einen Sonderteil. Der allgemeine Teil besteht aus einem Rentabilitäts- und Liquiditätsteil und ist für alle Branchen und Unternehmen gleichermaßen zur Planung und Kontrolle sowie zu Vergleichszwecken geeignet. Im Sonderteil sind unternehmensspezifische Kennzahlen untergebracht. Im Liquiditätsteil (ebenda S. 39; siehe Abb. 8.13) wird als Spitzenkennzahl die Größe liquider Mittel vorgeschlagen. Sie ergibt sich aus ihrem Anfangsbestand und den Einzahlungen abzüglich der Auszahlungen und wird zur Überwachung des finanziellen Gleichgewichts im unternehmensspezifischen Finanzplan wöchentlich abgestimmt.
Abb. 8.13:
RL-Kennzahlensystem – Liquidität (nach Reichmann)
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
443
Aus laufenden und disponierbaren Einnahmeüberschüssen sollen Ungleichgewichte und Finanzierungsspielräume erkannt werden. Darüber hinaus sind der Cashflow als Maß für die Innenfinanzierung und das Working Capital, welches kurzfristige Liquiditätsrisiken erkennt, wichtige monatliche Kennzahlen der Liquidität. Das Working Capital ergänzt sich um die Anlagendeckung und den Liquiditätskoeffizienten, die lang- und kurzfristige Deckungen bzw. Ungleichgewichte anzeigen sollen. Der Cashflow kann um den dynamischen Verschuldungsgrad ergänzt werden. Damit soll eine Aussage abgeleitet werden, inwieweit das Unternehmen in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten abzutragen. Der allgemeine Teil der Rentabilität (ebenda S. 38; siehe Abb. 8.14) bildet als oberste Kennzahl den Jahresüberschuss mit den Teilen Finanzergebnis, außerordentliches Ergebnis und Betriebsergebnis. Aus dem Jahresüberschuss lassen sich die Gesamtkapital- und Eigenkapitalrentabilität errechnen, aus dem Betriebsergebnis der RoI als Maß für die Ertragskraft sowie die Umsatzrentabilität. Die Kapitalumschlagshäufigkeit ergibt sich aus dem Umsatz und dem Gesamtkapital. Dieser kann hinsichtlich Erzeugnis-, Material- und Forderungsbestand weiter detailliert werden. Da sich diese Kennwerte in der betrieblichen Praxis schnell ändern können, wird eine monatliche bzw. quartalsweise Planung auf Basis einer Planbilanz und -GuV empfohlen. Die Rentabilitätssteuerung wird ergänzt durch eine wertorientierte Komponente, den Economic Value Added (EVA). Er betrachtet die Ertragskraft (Return on Capital Employed (ROCE)) unter Abzug einer risikoorientierten Kapitalverzinsung (Weighted Average Cost of Capital (WACC)). Die Differenz wird mit dem investierten Kapital multipliziert, das dem Gesamtkapital abzüglich zinstragender Verbindlichkeiten (z. B. Anzahlungen, Lieferantenverbindlichkeiten, kurzfristige Rückstellungen, passive Rechnungsabgrenzungsposten) entspricht. Es ergibt sich die absolute Überschussrendite im Vergleich zur martkorientierten Investitionsalternative. Der ROCE ist nicht ohne Einbezug des EBIT (Earnings before Interest and Taxes) zu berechnen. Der EBIT stellt das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern dar und wird in der Praxis zu Vergleichszwecken herangezogen. Im Umsatzkostenverfahren kann der EBIT ermittelt werden, wenn von den Umsatzerlösen die Herstellungskosten des Umsatzes, Verwaltungs- und Vertriebskosten, Forschungs- und Entwicklungskosten sowie etwaige sonstige betriebliche Erträge addiert und sonstige betriebliche Aufwendungen subtrahiert werden. Werden vom EBIT Unternehmenssteuern abgezogen, ergibt sich der NOPAT (Net Operating Profit after Taxes) als operatives Ergebnis nach Steuern. Eine Variante des EBIT ist die Kennzahl EBITDA (Earnings before Interest and Taxes, Depreciation and Amortization). Sie beschreibt das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände. Diese Kennzahl liefert sinnvolle Aussagen, wenn hohe materielle oder immaterielle Abschreibungen erwartet werden, wie z. B. bei Softwareunternehmen oder Unternehmen mit hohen Geschäftswerten. Dadurch werden die unterschiedlichen Abschreibungsmethoden vom Betriebsergebnis eliminiert. Kritisch anzumerken ist bei dem ROCE, dass das investierte Kapital Aktiva des originären Geschäftszwecks betrachtet und auf Basis der Bilanz ermittelt wird. Daher beruht das investierte Kapital auf bereits abgeschriebenen Restbuchwerten. Die Renditen steigen so kontinuierlich, wenn keine neuen Investitionen in Sachanlagen getätigt werden (vgl. hierzu und zu weiteren Kennzahlen der wertorientierten Steuerung Langguth 2008, S. 177 ff.).
444
8 Integratives Unternehmenscontrolling Allgemeiner Teil
Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag Ordentl. Betriebsergebnis + Ordentl. Finanzergebnis + Ausserordentl. Ergebnis
Finanzergebnis Beteiligungsertrag + Zinsertrag ./.Beteiligungsaufwand Ausserordentliches Ergebnis Außerordentl. Ertrag ./. Außerordentl. Aufwand Betriebsergebnis Betriebsleistung ./. Kosten
Gesamtkapitalrentabilität Gesamtgewinn + Zinsaufwand ·100 Gesamtkapital
Eigenkapitalrentabilität Gesamtgewinn ·100 Eigenkapital
EVA Gesamtgewinn ·100 Eigenkapital
Return on Investment Betriebsergebnis ·100 Gesamtkapital (betriebsbedingt)
Erzeugnisumschlagszeit Erzeugnisbestand ·T Umsatz
ROCE EBIT · 100 Capital Employed
Kapitalumschlagshäufigkeit Umsatz Gesamtkapital (betriebsbedingt)
Materialumschlagszeit Materialbestand ·T Materialeinsatz
Umsatzrentabilität Betriebsergebnis ·100 Umsatz
Forderungsumschlagszeit Forderungsbestand ·T Umsatz
WACC
(C (
EK
+ C
FK
x EK
GK
x FK
GK
) ) Sonderteile
I-C
F-C
IV-C
R-C
S-C
InvestitionControlling
FinanzControlling
InformationsverarbeitungsControllung
RisikoControlling
Strategisches Controlling
L-C
P-C
B-C
KuE-C
LogistikControlling
ProduktionsControlling
BeschaffungsControlling
Kosten- und ErfolgsControlling
Break Even Point
M-C
MarketingControlling
Lieferbereitschaftsgrad
MaschinenProduktivität
Gross Profit
Lieferantenanalyse
Anzahl termingerecht ausgelieferter Bedarfsanforderungen Gesamtzahl Bedarfsanforderungen
Output Input
Umsatz netto ./. Herstellungskosten
Bewertungsprofile
Auftragsbestand
ABC-Analyse
Anteil der abbaufähigen Fixkosten
Beschaffungsanteile
Abbaufähige fixe Kosten Gesamtkosten
Gesamtumschlagshäufigkeit
Personalproduktivität
Umsatz Lagerbestand
Output Input
Gesamtlogistikkosten pro Umsatzeinheit Gesamtlogistikkosten Umsatzeinheiten
Abb. 8.14:
Kapazitätsauslastungsgrad Effektive Produktionsstunden Maximal arbeitsrechtlich mögliche Kapazitätstunden
n
ai i=1
Fixe Kosten O Preis ./. O var. Kosten
Auftragsreichweite Auftragsbestand Umsatz
jährlich
monatlich
vierteljährlich
wöchentlich
RL-Kennzahlensystem – Rentabilität (nach Reichmann)
Der WACC ist ein durchschnittlicher Kalkulationszinssatz aus Fremd- und Eigenkapitalkosten. Er entspricht den Mindest-Verzinsungsansprüchen der Fremd- und Eigenkapitalgeber. Der WACC-Ansatz zählt zu den Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) und dis-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
445
kontiert erwartete freie Cashflows mehrerer Planperioden auf einen Betrachtungszeitpunkt. Der Zinssatz wird bestimmt durch die Fremd- und Eigenkapitalkosten, die Kapitalstruktur und den Unternehmenssteuersatz (Tax Shield). Die Eigenkapitalkosten lassen sich gemäß dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) und dem Marktwert des Eigenkapitalanteils ermitteln. Nach dem CAPM ergeben sich die Eigenkapitalkosten aus einem risikolosen Zins (i. d. R. langfristige Anleihen der öffentlichen Hand), den ß-Faktor als Maß für das unternehmerische Risiko, welches die Renditeschwankung des Unternehmens im Vergleich zur Marktrendite angibt, und einer Marktrisikoprämie bestehend aus Differenz der Marktrendite und dem risikolosen Zins. Die Fremdkapitalkosten entsprechen in der Praxis nicht dem Marktwert, sondern vereinfachend dem Buchwert der Fremdkapitalposten. Bevor die Fremdkapitalkosten mit dem Fremdkapitalkostenanteil multipliziert werden, müssen die Fremdkapitalkosten um Gewerbeertrag- und Körperschaftssteuer korrigiert werden, um Steuervorteile aus der Fremdfinanzierung zu bereinigen (siehe hierzu Langguth 2008, S. 54 ff.). Das Betriebsergebnis bildet die Schnittstelle der Teilsysteme und gliedert sich in ein Investitions-, Finanz-, Informationsverarbeitungs-, Risiko-, Logistik-, Produktions-, Marketing-, Beschaffungs-, Kosten- und Erfolgs-Controlling sowie ein strategisches Controlling. Während der allgemeine Teil das FIS bildet, sind die Sonderteile in Analyse- und Berichtssysteme zu überführen. Sie dienen der detaillierten Analyse des Betriebsgeschehens in Bezug auf die Rentabilität. Es werden bspw. der Lieferbereitschaftsgrad, die Gesamtumschlagshäufigkeit oder die Gesamtlogistikkosten pro Umsatzeinheit ermittelt. Produktivitätskennzahlen, auftrags-, beschaffungs- und kostenorientierte Kennzahlen sowie individuelle Kennzahlen der anderen Unternehmensfunktionen vervollständigen das Unternehmensmodell. Das RLKennzahlensystem lässt sich um ein RL-Jahresabschlusskennzahlensystem sowie ein RLKonzern-Kennzahlensystem erweitern (siehe hierzu Reichmann 2011, S. 67 ff.). Lachnit/Müller (2006, S. 285; siehe Abb. 8.15) erweitern das RL-Kennzahlensystem zudem noch um eine Nachhaltigkeits-, Risiko- und Wertkomponente zur wertorientierten Steuerung. Strategisch Vergangenheit
Nachhaltigkeitskomponente
Rentabilitätskomponente
Unternehmenswertkomponente
Liquiditätskomponente
gesamtunternehmensbezogene Kennzahlen, z.B. • ROI • Wertschaffung der • Intelectual Capital • Umschlagshäufigk. Periode • Erfolgsindikatoren • Aufwands-/Ertrags• Soft facts, z.B. analyse • Shareholder Value Nachfolgeregelung produktbezogene Kennzahlen, z.B. • Umsatzanteile • Wertbeiträge • Marktbedingungen • Anteil Neuproduktion • Auftragsbestände • Erfolge • Kundennutzen • Vermögenseinsatz • Qualität • Rentabilität • Reklamationsquote • mehrstufige • Externalisierte Deckungsbeiträge Kosten • Kostenstrukturen • Abfallmenge bereichsbezogene Kennzahlen, z.B. • Input, Output • Wertbeiträge • Qualität • Potenziale • Mitarbeiter• Prozesse, Effizienzen • Shareholder Value zufriedenheit • Umfeld • Energeiverbrauch • bereichsbezogene • Intelectual Capital Budgets • Innovationsquote
Abb. 8.15:
Systematik eines erweiterten RL-Kennzahlensystems (nach Lachnit/Müller)
Sonderteil 1: Produktbez. RL-Führung Sonderteil 2: Bereichsbez. RL-Führung
Allgemeiner Teil: Gesamtunternehmensbez. RL-Führung
Operativ
• Liquide Mittel • Cash Flow • Kapitalanalyse Produktumsatz - zahlungsbegleitete Kosten - zahlungsunbegeleitete Kosten = Cash FlowDeckungsbeitrag • Einnahmen • Ausgaben • Vermögens- und Kapitalausstattung • bereichsbezogene Budgets
Risikokomponente • Bal. Chance and Risk Card (Risk Map) • Risikoadjustierte Ergebnisse • Stresstestergebnisse • Produkthaftungsrisiken • Produktionsrisiken • Absaztrisiken • Risikoadjustierte Produktergebnisse • Produktionsrisiken • Währungsrisiken • Risikoadjustierte Bereichsergebnisse
446
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Die Wertorientierung spielt im Ansatz von Hahn/Hungenberg eine noch größere Rolle und wird im folgenden Abschnitt erläutert. Grundsätzlich ist der wertorientierte Ansatz systemisch-koordinationsbezogen ausgerichtet. Vorreiter dieses Denkansatzes ist Peter Horváth.
8.1.2
Koordinationsorientierter Ansatz
Der koordinationsorientierte Ansatz nach Horváth basiert auf der Annahme, dass Unternehmen einer zunehmenden Umweltdynamik und Umweltkomplexität ausgesetzt sind. Als Folge differenzieren sich Unternehmen hinsichtlich arbeitsteiliger Organisationsstrukturen, Zielsystemen und Machtstrukturen, um sich an Umweltveränderungen anpassen zu können. (vgl. Horváth 2011, S. 3). Das veranlasst Horváth, das einzelne Unternehmen als System mit Einflussfaktoren zu sehen, welche sowohl die Unternehmensziele, das Führungsziel des Führungssystems und das Controllingziel bestimmen (ebenda S. 128; siehe Abb. 8.16). Das Führungssystem wird als Subsystem der Unternehmung mit dem Ziel der Spezifikation und Umsetzung der Unternehmensziele aufgefasst und prozessual nach Wild (1974, S. 37) mit den Phasen der Zielbildung, Problemerkenntnis, Alternativensuche, Prognose, Bewertung, Entscheidung, Durchsetzung, Realisation, Kontrolle und Aweichungsanalyse verstanden. Das Controllingziel besteht in der Sicherung und Einhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Adaptionsfähigkeit der Führung. Dazu bedarf es einer ergebniszielorientierten Abstimmung (Koordinations- oder Controllingsystem) zwischen Planung, Kontrolle und Informationsversorgung, die vereinfachend als Teilsysteme der Führung unterschieden werden. Koordination bezieht sich damit auf die Verknüpfung der Führungsteilsysteme und nicht auf das Ausführungssystem selbst, welches die Pläne mit Gütern und Geld durchführt. Nach der Planumsetzung wird anhand von neu erhobenen Informationen kontrolliert, inwieweit die Ziele erreicht wurden. Es entsteht so ein Regelkreis zwischen den Führungsteilsystemen und dem Ausführungssystem. Koordinationsprobleme im Führungssystem treten im Falle von Entscheidungsinterdependenzen auf, d. h. wenn eine Entscheidung direkt oder indirekt auf das Ziel einer anderen Entscheidung einwirkt. Die Abstimmung einzelner Entscheidungen auf ein gemeinsames Ziel wird als Koordination in dieser Controllingsystematik definiert. Das Unternehmen wird als komplexes, offenes System aufgefasst, das sich kontinuierlich neuen Umweltanforderungen stellen muss. Entsprechend unterteilt sich der Koordinationsbegriff (Horváth 2011, S. 106):
„Koordination erfolgt einmal durch die Bildung aufeinander abgestimmter formaler Systeme (systembildende Koordination), Koordination bedeutet aber auch Abstimmungsprozesse in einem gegebenen Systemgefüge (systemkoppelnde Koordination).“
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
447
Unternehmung
Unternehmungsziele Unternehmungsinterne und externe Einflussfaktoren
Informationen
Führungssystem
Führungsziel: Spezifikation und Umsetzung der Unternehmensziele
Controllingziel: Sicherung und Erhalt der Koordinations-, Reaktionsund Adaptionsfähigkeit der Führung
Controllingsystem Planungsund Kontrollsystem
ergebnisorientierte Koordination systembildend systemkoppelnd
Informationsversorgungssystem
Informationen Ausführungssystem Güter Geld Abb. 8.16:
Controllingsystem (nach Horváth)
Während die systembildende Koordination neue Strukturen schafft (z. B. Einführung neuer IT-Systeme) und damit auf erwartete (oder bereits eingetroffene) Ereignisse agiert oder reagiert, ist es Aufgabe der systemkoppelnden Koordination „bei einer gegebenen Systemstruktur das laufende Zusammenwirken der Subsysteme“ (ebenda S. 120) durch die Änderung oder Herstellung neuer Informationskanäle sicherzustellen. Der reibungslose Ablauf der Subsysteme liegt dann vor, wenn alle „Störungen“ beseitigt wurden. Störungen, die der Zielerreichung entgegenwirken, wie z. B. Veränderungen von Prämissen, Ressourcen, Verantwortlichkeiten, Terminen etc. können bereits in der systembildenden Koordination im Rahmen einer Systemanalyse und -gestaltung berücksichtigt werden (ebenda S. 110 ff.). In diesen Phasen werden zur Schnittstellen- bzw. Komplexitätsbewältigung anhand von Regeln, Heuristiken oder Gestaltungsrichtlinien aufeinander abgestimmte (integrative) System- und
448
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Prozessstrukturen Top-down oder Bottom-up entworfen und umgesetzt (ebenda S. 172; Abb. 8.17). Dabei werden ausgehend von der Führungsphilosophie und Kontextfaktoren Anforderungen an das Planungs- und Kontrollsystem getroffen. Beim Systementwurf sind die funktionalen, organisatorischen und instrumentalen Aspekte zu berücksichtigen. Diese beziehen sich bspw. auf die vorzunehmenden Planungsaufgaben, deren Zuordnung zu Aufgabenträgern oder auch zur technischen Umsetzung. Die systembildende Koordination wird auch Metaplanung genannt. - Anforderungen an das PK-System - Struktur des PK-Systems festlegen - PK-System entwerfen und implementieren
Funktionale Aspekte:
Organisatorische Aspekte:
Instrumentale Aspekte:
- Sachlogik der Planungs- undKontrollprozesse entwerfen: Planungsaufgaben bestimmen
- Planungsaufgaben den Aufgabenträgern zuordnen: PK-Aufbauorganisation
- Techniken und Methoden zur Unterstützung des PK-Ablaufs bestimmen: “idelle” PK-Instrumente entwerfen
- Sachlogik der Pläne und Kontrollen entwerfen: System der Pläne und Kontrollen bestimmen
- Planungsprozess zeitlich, räumlich, entwerfen: Planungs- und Kontroll-Ablauforganisation
- Computerunterstützung für den PK-Prozess bestimmen: “reale” Planungs- und Kontrollinstrumente entwerfen
Koordination mit dem Informationssystem gestalten PK: Planungs- und Kontrollsystem Abb. 8.17:
Systembildende Koordination durch das Controlling bei der Gestaltung der Planungs- und Kontrollsysteme (nach Horváth)
Neben der systembildenden und -koppelnden Koordinationsfunktion muss das Controlling auch Verhaltensrisiken, die sich aus Handlungsspielräumen ergeben, berücksichtigen. Es ist durchaus möglich, dass Informationen manipuliert, d. h. bewusst verändert wurden, um Botschafen für Empfänger zu stören (vgl. Blohm 1975, S. 439). Es ergibt sich die Fragestellung, inwieweit untere Ebenen der Organisation zu überwachen sind. Derartige Fragestellungen können durch Prinzipal-Agenten-Ansätze behandelt werden und durch die Gestaltung von zweiseitigen Verträgen zumindest ansatzweise gelöst werden. Die Fragen der Verhaltensbeeinflussung in anderen Controllingsystematiken spielen herausragende Rolle. Die Ergebniszielorientierung ist in Horváths Systematik als abhängige Variable zu bezeichnen (vgl. Horváth 2011, S. 122 ff.). Sie soll durch Koordinationsaktivitäten positiv beeinflusst werden. Die Ausprägungen können je nach Branche und Unternehmensform sehr unterschiedlich ausfallen. Im Kern geht es darum, Systeme zur Unterstützung des Ergebnisziels zu gestalten. Das Budgetierungssystem versteht sich dabei als ergebniszielorientierter Plan und verdichtet sich in eine budgetierte Erfolgsrechnung, Finanzmittelrechnung und Bilanz (vgl. Lachnit/Ammann/Becker 1998, S. 8 ff.; siehe Abb. 8.18), allerdings nicht losge-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
449
löst von einer sachzielorientierten Aktionsplanung, mit der Strategien und Programme festgelegt werden (vgl. Horváth 2011, S. 203; siehe Abb. 8.19). 1. Sachliche Integration: Planung für Erträge
Aufwendungen
Vermögen
Kapital
Einnahmen
Ausgaben
Bilanzplanung
Erfolgsplanung
Finanzplanung
2. Zeitliche Integration: Planung für
Jahre 1 - 5
GuV
GuV
Bilanz
Monate 1 - 12 des ersten Jahres
unterjährige Erfolgsplanung
unterjährige Finanzplanung
3. Organisatorische Integration: (funktional und hierarchich) Bereiche / Stellen Nr. 1 … N Nominalzielkomponenten
Bereiche- und Stellenbudgets mit Nominal- und Sachzielinhalten
- Leistungenswerte - Kostenwerte - Einnnahmen (ggf.) - Ausgaben - Vermögenswerte Nominalzielkomponenten - Leistungsarten und -mengen - Einsatzgüterarten und -mengen - Zeiten, Qualitäten usw. - Kapazitäten
Abb. 8.18:
Integriertes Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanungssystem (nach Lachnit/Ammann/Becker)
Aktionspläne können der Budgetierung vorausgehen oder auch umgekehrt. Dann bestimmen die Budgets wesentlich die Inhalte von Aktionen. Aktionen und Budgets sind auf allen Stufen jeweils lang-, mittel- und kurzfristig zu planen. Dies wird auch im integrierten Modell
450
8 Integratives Unternehmenscontrolling
zur Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanung deutlich. Von der mehrjährigen strategischen GuV-, Bilanz- oder Finanzplanung ausgehend erfolgt Top-down, Bottom-up oder im Gegenstromverfahren die operative Jahresplanung, die unterjährig heruntergebrochen wird. Die unterjährige Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanung erfolgt für die gesamte Organisation hierarchisch und nach Funktionsbereichen, um stellenbezogene Budgetierungen mit Nominal- und Sachzielinhalten vornehmen zu können. Der zeitlichen und organisatorischen Integration ist die sachliche Integration vorgelagert. Die sachliche Integration betrifft die Zusammenhänge zwischen Aufwand und Ertrag, Vermögen und Kapital sowie Einnahmen und Ausgaben. Auf gesamtbetrieblicher Ebene bilden diese Zuweisungen von Begriffen ein in sich widerspruchsfreies Aussagesystem. Anders als bei der Berücksichtigung von Aktionsplänen steht allein die monetäre Transaktion als einheitlicher Vorgang im Vordergrund und nicht ihre ausdifferenzierte Verwertung im Rahmen von Produktion und Absatz.
Abb. 8.19:
Budgetierung um Rahmen der Planung (nach Horváth)
In der Regel verfolgen mit der Budgetierung marktwirtschaftliche Unternehmen Gewinnund Rentabilitätsziele mit der Liquiditätssicherung als Nebenbedingung, allerdings unterliegen diesen Kennzahlen als zentrale Steuerungsgrößen zahlreiche Kritikpunkte, wie z. B. Vergangenheitsorientierung, Einperiodenbetrachtung, Bewertungsspielräume etc. (vgl. hierzu Horváth 2011, S. 126 und die dort angegebene Literatur). Auf Basis der Kritikpunkte entwickeln Hahn/Hungenberg eine wertorientierte Controllingsystematik zur Unterstützung der Unternehmenssteuerung. In den Grundlagen weisen Hahn/Hungenberg (2001, S. 3 ff.) auf die Bedeutung entscheidungs-, system- und anspruchsgruppentheoretischer Bezugspunkte für das Controlling hin. Wie bei Horváth wird das Unternehmen als soziotechnisches Element oder Subsystem der Gesamtwirtschaft mit vielfältigen Umweltbeziehungen gesehen, dessen Input- und Outputfaktoren Informationen, Sach- und Nominalgüter sind. Im Rahmen der entscheidungsorientierten Führungsprozesse steht die Erhaltung bzw. Weiterentwicklung der Unternehmung im Sinne der Anspruchsgruppen als generelle Zielausrichtung im Fokus (vgl. Hahn/Hungenberg 2001, S. 222; siehe Abb. 8.20). Neben Sachzielen zur Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen und Sozialzielen bzw. Humanzielen bilden monetäre Wertziele das Zielsystem der Unternehmung.
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
451 1 Kunden Lieferanten 3
2 Fremdkapitalgeber
Unternehmung 2 Eigenkapitalgeber
Sonstige 5 Interessengruppen
5 Staat Zusatzdividende
Non-oper. Free Cash-Flow Oper. Free Cash-Flow (nach Invest.)
Gewinnbeteiligung
Strategieorientierte Überschussverwendung
Überschuss au
s sonstiger Tä
tigkeit
A = Wertbetrag winn n. St. = EV chuss; kalk. Ge residualer Übers Kalk. EKde iden und Mindestdiv und 2 FK-Zinsen Zinsen
}
max! Kapitalkosten
}
1 Einzahlungen, Erlöse, Erträge Finanzwirtschaftlicher Cash-flow*
}
Investitionen = Abschreibungen
}
}
3 Material- und Energiezahlungen
}
diskontiert mit Gesamt-Kapitalkostensatz (WACC)
4 Mitarbeiter/ Führungskräfte
Erhaltene Weiterentwicklung
Auszahlungen, Kosten, Aufwendungen
/ Kosten
4 Lohn-, Gehalts- und Sozialzahlungen / Kosten 5 Steuern und sonst. Zahlungen / Kosten
Zeit/Perioden Gesamtkapitalwert (GKW) - Fremdkapitalwert (FKW) = Eigenkapitalwert (EKW) / Shareholder Value (SV) - vertraglich vereinbarter Eigenkapitalwert = Residualer Unternehmungskapitalwert (RUKW) Return on Investment (RoI) =
(kalk. Gewinn n.St. + Gesamt-Kapitalkosten) inv. Kapital
1. Periode
RoI > WACC RoI < WACC
Wertschaffung Wertvernichtung
2. Periode
Anfangsbestand an flüssigen Mitteln + Finanzwirtschaftlicher Cash-flow +/- Desinvestitions-/Investitionszahlungen +/- Finanzierungs-/Definanzierungszahlungen
Anfangsbestand an flüssigen Mitteln + Finanzwirtschaftlicher Cash-flow +/- Desinvestitions-/Investitionszahlungen +/- Finanzierungs-/Definanzierungszahlungen
= Endbestand an flüssigen Mitteln (Plan-Liquiditätsreserve)
= Endbestand an flüssigen Mitteln (Plan-Liquiditätsreserve)
* laufende Einzahlungen - laufende Auszahlungen vor Abzug von Investitionsauszahlungen und/oder Kapitalrückzahlungen
Abb. 8.20:
Interessengruppen und monetäre Ziele der Unternehmung (nach Hahn/Hungenberg)
Um Individualziele zu verfolgen, liegt das Interesse aller Personen oder Personengruppen, wie z. B. Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Eigenkapitalgeber, Staat, Fremdkapitalgeber etc., die die Zielerreichung beeinflussen oder durch die Zielerreichung der Unternehmung beeinflusst werden, in der Erhaltung und Weiterentwicklung der Unternehmung. Diese Personengruppen werden als Interessens- oder Anspruchsgruppen bezeichnet (vgl. Freeman 1984, S. 46) und stellen zahlreiche Erwartungen an die Zukunft. So erwarten Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber eine Mindestdividende an das investierte Kapital oder Mitarbeiter und Führungskräfte Lohn-, Gehalts- und Sozialleistungen. Die Erwartungen können bestmöglich durch die Maximierung des Kapitalwerts erreicht werden. Der Kapitalwert summiert alle diskontierten Ein- und Auszahlungen mehrerer Perioden auf den aktuellen Zeitpunkt. Es ergibt sich ein Gesamtzahlungsüberschuss (Free Cashflow). Die Diskontierung der Zahlungsüberschüsse einzelner Perioden erfolgt unter Anwendung einer marktorientierten Mindestverzinsung, dem WACC (Weighted Average Cost of Capital). Daraus ergibt sich der
452
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Gesamtkapitalwert. Um zum Eigenkapitalwert bzw. zum Shareholder Value zu gelangen, muss vom Gesamtkapitalwert der Fremdkapitalwert abgezogen werden. Korrigiert um vertraglich vereinbarte Rückzahlungsansprüche an die Eigentümer ergibt sich der residuale Unternehmenskapitalwert oder Nettokapitalwert (Net Present Value), der die zentrale Zielgröße der wertorientierten Unternehmenssteuerung darstellt. Alternativ kann der Nettokapitalwert direkt errechnet werden, indem von den Zahlungsüberschüssen Mindestdividenden und Zinszahlungen für Fremdkapital abgezogen und anschließend mit dem WACC diskontiert werden. Der für die künftigen Perioden kalkulierte Gewinn ist prinzipiell mit dem EVA bzw. dem Wertbeitrag gleichzusetzen. Der Barwert zukünftig erwarteter EVAs wird Market Value Added (MVA) bezeichnet und entspricht dem residualen Kapitalwert des Unternehmens über mehrere Perioden. Ist dieser gleich null, werden die Erwartungen der Anspruchsgruppen gerade so erfüllt. Ist der Kapitalwert des Unternehmens größer null, erfolgt durch zusätzliche Einzahlungsüberschüsse eine Wertschaffung. Umgekehrt würde eine Wertvernichtung entstehen. Im Falle einer Wertschaffung können die überschüssigen Einzahlungen zur strategischen Unternehmensentwicklung, zur Ausschüttung einer Zusatzdividende oder zur Gewinnbeteiligung an die Mitarbeiter eingesetzt werden. Erfolgt hingegen eine Wertvernichtung, sind die Ansprüche zu reduzieren. Denkbar wären dann auch Umstrukturierungen, Verlagerungen, Verkauf oder Schließungen von Unternehmensteilen. Durch den Return on Investment (RoI) kann für eine Periode ermittelt werden, ob eine Wertschaffung oder Wertvernichtung vorliegt. Der RoI errechnet sich, indem man die Summe aus kalkulatorischen Gewinnen nach Steuern und Gesamtkapitalkosten durch das investierte Kapital dividiert. Wird dieser Wert mit dem WACC verglichen, kann festgestellt werden, ob eine Wertschöpfung vorliegt oder nicht. In der wertorientierten Unternehmenssteuerung finden die Maßgrößen Cashflow Return on Investment (CFRoI) und Cash Value Added (CVA) aufgrund ihrer finanzwirtschaftlichen Ausrichtung mehr und mehr Verbreitung (siehe hierzu Langguth 2008, S. 165 ff.). Durch den CFRoI soll eine Investitionsrendite laufend bestimmt werden. „Danach entspricht der CFRoI dem internen Zinssatz, der sich aus der Differenz aus BruttoInvestitionsbasis (Cross cash investment) und den über die Nutzungsdauer (Asset Life) abgezinsten Brutto Cash Flows (Annual gross cash flows) sowie dem am Ende der Nutzungsdauer anfallenden Restwert (Terminal value) ergibt“ (Langguth 2008, S. 167; siehe Abb. 8.21). Durch ein Iterationsverfahren lässt sich der CFRoI in mehreren Schritten kalkulieren (vgl. Tab. 8.1). Annual gross cash flows Terminal Value
}
CFROI Asset life Gross cash investment Abb. 8.21:
CFRoI Berechnung (nach Langguth)
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
453
ERMITTLUNG DES CASHFLOW RETURN ON INVESTMENT (CFRoI) Planperiode
2012
EBIT
2013
1.952.000
Unternehmenssteuern
2014
1.981.000
2.604.000
2015
2016
3.199.000
3.551.000 1.022.000
821.000
835.000
816.000
936.000
1.131.000
1.146.000
1.788.000
2.263.000
2.529.000
+/- Ab-/Zuschreibungen
509.000
651.000
903.000
921.000
1.040.000
+/- Veränderungen Rückstellungen
442.000
498.000
513.000
519.000
543.000
Brutto Cashflow (operativ)
2.082.000
2.295.000
3.204.000
3.703.000
4.112.000
I. Buchw ert Grundstücke und Bauten
1.780.000
1.792.000
1.799.000
1.842.000
1.923.000
NOPAT
Buchw ert Sachanlagevermögen (SAV
2.412.000
4.178.000
4.297.000
4.761.000
5.653.000
kumulierte Abschreibungen
7.793.000
9.134.000
11.030.000
11.605.000
12.943.000
10.205.000
Historische Anschaffungskosten
13.312.000
15.327.000
16.366.000
18.596.000
1.441.000
1.602.000
1.749.000
1.731.000
1.779.000
Nutzungsdauern SAV
7
8
9
9
10
Inflation (2%) auf SAV
48.240
83.560
85.940
95.220
113.060
11.694.240
14.997.560
17.161.940
18.192.220
20.488.060
Jährliche lineare Abschreibung
II. Wiederbeschaffungsw ert SAV Buchw ert immaterielles Vermögen
304.000
445.000
479.000
518.000
565.000
Buchw ert Finanzanlagen
578.000
613.000
374.000
252.000
299.000
Buchw ert Umlaufvermögen
717.000
Buchw ert aktive Rechnungsabgr. III. Buchw ert restliche Aktiva
774.000
990.000
1.247.000
1.690.000
13.000
24.000
19.000
23.000
27.000
1.612.000
1.856.000
1.862.000
2.040.000
2.581.000
689.000
734.000
756.000
639.000
599.000
Rückstellungen Erhaltene Anzahlungen
48.000
69.000
43.000
47.000
Verbindlichkeiten aus L.u.L.
243.000
267.000
288.000
343.000
379.000
IV. Abzugskapital
980.000
1.070.000
1.087.000
1.029.000
999.000
12.326.240
15.783.560
17.936.940
19.203.220
22.070.060
2.412.000
2.578.000
2.574.000
2.853.000
3.505.000
Brutto-Investitionsbasis (II. + III. Nettow ert Aktiva (I. + III. - IV.)
21.000
Iterative Beispielrechnung Periode 2012 Nutzungsdauern SAV
0
1
2
1,00
0,87
0,76
Setzung des Nominalzinssatzes auf 15 % Abzinsungfaktor Brutto-Investitionsbasis
3
4
5
6
7
0,66
0,57
0,50
0,43
0,38
1
- 12.326.240
Barw erte der Brutto Cashflow s
1.810.435
1.574.291
1.368.949
1.190.390
1.035.122
900.106
782.701
Barw ert Nettow ert Aktiva
906.760
Kapitalw ert
- 2.757.486
Schritt 1: Veränderung des Nominalzinssatzes auf 5 % Abzinsungsfaktor Brutto-Investitionsbasis
1,05
1,00
0,95
0,91
0,86
0,82
0,78
0,75
0,71
- 12.326.240
Barw erte der Brutto Cashflow s
1.982.857
1.888.435
1.798.510
1.712.867
1.631.301
1.553.620
1.479.639
Barw ert Nettow ert Aktiva
1.714.163
Kapitalw ert
1.435.153
Schritt 2: Veränderung des Nominalzinssatzes auf 10 % Abzinsungsfaktor Brutto-Investitionsbasis
1,1
1,00
0,91
0,83
0,75
0,68
0,62
0,56
0,51
- 12.326.240
Barw erte der Brutto Cashflow s
1.892.727
1.720.661
1.564.237
1.422.034
1.292.758
1.175.235
1.068.395
Barw ert Nettow ert Aktiva
1.237.737
Kapitalw ert
-
Schritt 3: Veränderung des Nominalzinssatzes auf 8 % Abzinsungsfaktor Brutto-Investitionsbasis
1,08
1,00
0,93
0,86
0,79
0,74
0,68
0,63
0,58
- 12.326.240
Barw erte der Brutto Cashflow s
1.927.778
1.784.979
1.652.759
1.530.332
1.416.974
1.312.013
1.214.827
Barw ert Nettow ert Aktiva
1.407.379
Kapitalw ert
-
Schritt 4: Veränderung des Nominalzinssatzes auf 7,7 % Abzinsungsfaktor Brutto-Investitionsbasis
1,00
0,93 1.933.148
0,86 1.794.937
0,80 1.666.609
0,74 1.547.455
0,69 1.436.819
0,64
0,59
1.334.094
1.238.713
Barw ert Nettow ert Aktiva
1.435.051
Kapitalw ert
60.586
Schritt 5: Veränderung des Nominalzinssatzes auf 7,83 % Brutto-Investitionsbasis Barw erte der Brutto Cashflow s
1,00
1,0783 0,93
0,86
0,80
0,74
0,69
0,64
0,59
- 12.326.240 1.930.817
1.790.612
1.660.588
1.540.006
1.428.179
1.324.473
1.228.297
Barw ert Nettow ert Aktiva Kapitalw ert
Tab. 8.1:
79.199
1,077
- 12.326.240
Barw erte der Brutto Cashflow s
Abzinsungsfaktor
952.455
Iteratives Ermittlungsverfahren des CFRoI
1.422.984 -
284
454
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Zunächst wird der Brutto-Cashflow aus der GuV ermittelt. Ausgehend vom EBIT werden die Unternehmenssteuern auf das operative Ergebnis abgezogen. Es ergibt sich der NOPAT. Durch Addition bzw. Subtraktion der Ab-/Zuschreibungen und Veränderung in den Rückstellungen ergibt sich der Brutto-Cashflow. Als Nächstes wird die Brutto-Investitionsbasis aus Buchwerten der Bilanz ermittelt. Dabei werden die historischen Anschaffungskosten des Sachanlagevermögens durch den aktuellen Buchwert und die kumulierten Abschreibungen nachgebildet. Mit den jährlichen linearen Abschreibungen und der Berücksichtigung der Inflation (hier: 2 %) ergibt sich der Wiederbeschaffungswert des Sachanlagevermögens. Zudem wird die Nutzungsdauer kalkuliert, indem die historischen Anschaffungskosten durch den linearen Abschreibungsbetrag dividiert werden. Die restlichen Buchwerte des Anlage- und Umlaufvermögens werden separat ausgewiesen. Daneben wird das nicht-verzinsliche Abzugskapital, bestehend aus Rückstellungen, erhaltenen Anzahlungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gebildet. Der Wiederbeschaffungswert des Sachanlagevermögens und die restlichen Aktiva bilden unter Abzug des Abzugskapitals die BruttoInvestitionsbasis der Unternehmung. Der Nettowert der nicht abschreibbaren Aktiva (Terminal Value bzw. ewige Rente) als dritter Schritt ergibt sich aus dem Buchwert der Grundstücke und Bauten, dem Buchwert der restlichen Aktiva und dem Abzugskapital. Das Sachanlagevermögen ist nicht Teil des Nettowerts, da es über die Nutzungsdauer abgeschrieben wird. Entsprechend müssen die Cashflows über die Nutzungsdauer diskontiert werden, wobei in der letzten Periode der Nettowert entsprechend einer ewigen Rente zu berücksichtigen ist. Der Nettowert stellt insofern einen zusätzlichen Zahlungsfluss dar. Im vierten Schritt wird dann der CFRoI iterativ ermittelt. Dabei wird der BruttoCashflow über die Nutzungsdauer des Sachanlagevermögens und im letzten Jahr einschliesslich des Nettowerts mit einem Zinssatz diskontiert. Die Barwerte werden mit der Brutto-Investitionsbasis verrechnet. Derjenige Zinssatz, bei dem der Kapitalwert gleich Null ist, entspricht dem CFRoI (hier: 7,83 %). Liegt dieser Wert höher als der durchschnittliche Kapitalkostensatz (WACC), plant das Unternehmen Wertzuwächse. Das Verfahren wird für alle Planungsperioden wiederholt (siehe Tab. 8.2). Nutzungsdauer
Planperiode
1,0783
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
1,00
0,93
0,86
0,80
0,74
0,69
0,64
0,59
0,55
0,51
10
CFRoI
2012
-12.326
1.931
1.791
1.661
1.540
1.428
1.324
2.651
2013
-15.784
2.162
2.038
1.920
1.809
1.704
1.606
1.513
3.028
2014
-17.937
2.858
2.550
2.275
2.030
1.811
1.615
1.441
1.286
2.069
2015
-19.203
3.248
2.849
2.499
2.192
1.923
1.687
1.480
1.298
2.016
14,00%
2016
-22.070
3.678
3.289
2.942
2.631
2.353
2.105
1.882
1.683
1.506
2.494 11,81%
Tab. 8.2:
7,83% 6,13% 12,09%
Ermittlung des Plan-CFRoI
Der Cash Value Added (CVA) stellt den Wertzuwachs auf Basis von Cashflows dar und knüpft an den CFRoI an (vgl. Langguth 2008, S. 173 f.). Er errechnet sich aus der Differenz (Spread) von CFRoI und WACC und der Multiplikation dieses Wertes mit der BruttoInvestitionsbasis (siehe Tab. 8.3). Der CVA einer Periode ermittelt so den Wertzuwachs. Die Differenz des aktuellen CVA mit dem des Vorjahres dient in der Praxis als Maßstab für die Wertsteigerung des Unternehmens.
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
455
Planperiode
2012
2013
2014
2015
2016
CFRoI
7,83%
6,13%
12,09%
14,00%
11,81%
WACC
8,00%
8,00%
8,00%
8,00%
8,00%
Spread
-0,17%
-1,87%
4,09%
6,00%
3,81%
Brutto-Investitionsbasis
12.326
15.784
17.937
19.203
22.070
295
734
1.152
841
CVA
Tab. 8.3:
-
21
-
Ermittlung des Plan-CVA
Im Gegensatz zum erfolgsorientierten EVA sind der CFRoI und der CVA finanzwirtschaftlich ausgerichtet. Dabei korrigiert das Ermittlungsverfahren bilanzpolitisch motivierte Werte (z. B. Abschreibungen) und berücksichtigt Inflationserwartungen. Das Unternehmen wird als Investitionsobjekt wahrgenommen mit dem Ziel, möglichst hohe Netto-Cashflows aus operativer Tätigkeit zu generieren. Das Ergebnis sollte mindestens dem Kapitalkostensatz entsprechen, um die Erwartungen der Anspruchsgruppen zu decken. Um den geplanten CFRoI je Periode zu realisieren, können die Ergebnisse betriebsintern als interner Zinssatz bei Entscheidungen, z. B. bei einzelnen Investitionsprojekten, angesetzt werden. Allerdings ergeben sich aus der wertorientierten Steuerung beträchtliche Nachteile. Neben der Schwierigkeit, die exakten Inputdaten aus Bilanz und GuV zu extrahieren und entsprechend aufzubereiten (z. B. Schätzung der Nutzungsdauer) und die Mindestverzinsungsansprüche der Anspruchsgruppen für die kommenden Perioden abzuschätzen, können auch übertriebene Investitionsplanungen entstehen. Werden nur Projekte in das Investitionsprogramm aufgenommen, die einen hohen Cashflow erwarten lassen, ist zu vermuten, dass diese übertrieben dargestellt werden. Werden die geplanten Cashflows dann nicht erreicht, kann vom Projektträger auf exogene Einflüsse verwiesen werden. Auf diese Weise besteht die Gefahr, dass die Projektplanung sich überoptimistisch entwickelt. Konsequenterweise versagt die Investitionsplanung. Eine Möglichkeit, diese Gefahren zu beheben, ist bspw. die Einrichtung einer zentralen Validierungsstelle, die im Planungsprozess integriert ist oder Anreize für genaue Planrealisationen setzt. Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich auf die allein monetäre Zielkonzeption. Obwohl nicht monetäre Erwartungen einen bedeutsamen Stellenwert haben (z. B. Arbeitsplatzsicherheit, Umweltbelange etc.), sind diese nicht umfassend in der wertorientierten Steuerung berücksichtigt worden. Dadurch erhöht sich die Gefahr, im Management nach rein monetären Belangen zu entscheiden, wodurch soziale Ziele vernachlässigt werden könnten. Neben den generellen monetären Erwartungen der Anspruchsgruppen und Möglichkeiten der Überschussverwendung zeigt die Abbildung 8.20 auch den Zusammenhang zwischen Ergebnis- und Finanzplanung mit dem Nebenziel der Liquiditätssicherung. Aus dem finanzwirtschaftlichen Cashflow, der sich aus den laufenden Ein- und Auszahlungen jeder Periode ergibt, sowie dem Anfangsbestand an liquiden Mitteln, Desinvestitions/Investitionszahlungen und Finanzierungs-/Definanzierungszahlungen summiert sich der Endbestand an flüssigen Mitteln bzw. die geplante Liquiditätsreserve einer Periode, welche zeitgleich den Anfangsbestand der darauffolgenden Periode bildet. Die Systematik der wert-
456
8 Integratives Unternehmenscontrolling
orientierten Unternehmenssteuerung ist Basis für die Entwicklung einer ergebnis- und liquiditätsorientierten Planungs- und Kontrollrechnung mit Planungs- und Kontroll- (PuK-) Kennzahlensystem (vgl. Hahn/Hungenberg 2001, S. 219 ff.). Es bildet dabei drei Wesensmerkmale aus (ebenda S. 220):
„Sie ist integriert in das gesamte Planungs- und Kontrollsystem der Unternehmung und gestattet die Koordinierung aller Teilplanungen auf das Wertsteigerungsziel. Sie ist im Kern ein integriertes Rechenwerk des Rechnungs- und Finanzwesens und gestattet die Verfolgung des Wertsteigerungsziels bei stetiger Beachtung des Liquiditätssicherungsziels. Sie integriert die Ansprüche der Interessengruppen der Unternehmung durch das Wertsteigerungsziel. Die Mindestansprüche der beiden Hauptträger der Unternehmung – der Kapitalgeber einerseits und der Mitarbeiter, insb. Führungskräfte andererseits – kommen dabei in kapitalmarktorientierten Mindestverzinsungsansprüchen und arbeitsmarktorientierten Mindestlohn- und Mindestgehaltsforderungen zum Ausdruck.“
Das PuK-Kennzahlensystem enthält zum Zweck der wertorientierten Unternehmenssteuerung die folgenden Ergebnis- und Liquiditätskennzahlen (ebenda S. 220 f.):
kalkulatorisches Ergebnis/Betriebsergebnis vor und nach Steuern bzw. Wertbeiträge – entsprechend Economic Value Added (EVA) und dem Economic Profit (EP), der sich aus dem NOPAT abzüglich der Kapitalkosten (investiertes Kaptial x WACC) ergibt, Return on Investment bzw. Return on Invested Capital (RoIC), Kapitalwerte (Gesamtkapitalwert als Discounted Free Cashflows, Eigenkapitalwert bzw. Shareholder Value, residualer Unternehmenskapitalwert oder Market Value Added), Jahresüberschuss bzw. Net Income, Eigenkapitalrentabilität bzw. Return on Equity (RoE), Dividende und Earnings per Share, Betriebsergebnis nach handelsrechtlichen Wertansätzen vor Zinsen und Steuern bzw. Operating Profit/Earnings before Interest and Taxes (EBIT), Finanzergebnis bzw. Non-operating Income, Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (EBITDA) bzw. Earnings before Interest, Taxes and Amortization (EBITA), falls Abschreibungen aus Goodwill bedeutsam für die Unternehmensbewertung sind, finanzwirtschaftlicher Cashflow bzw. operating Cashflow, Liquidität bzw. Cash and Cash equivalents.
Das PuK-Kennzahlensystem ist integraler Bestandteil einer Planungs- und Kontrollrechnung. Obwohl es monetär ausgerichtet ist, lassen sich nicht monetäre Kennzahlen integrieren, um Transparenz, Akzeptanz und Effizienz der Planung und Kontrolle zu verbessern. Die Planungs- und Kontrollrechnung kann klassisch mit Rechnungs- und Finanzwesen, vereinfacht nach dem Rechnungswesen mit kalkulatorischen Zusatzinformationen oder international auf der Basis der IFRS-Vorschriften bzw. US-GAAP mit kalkulatorischen Zusatzinformationen ausgestattet sein.
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
Abb. 8.22:
Grundschema der klassischen Planungs- und Kontrollrechnung (nach Hahn/Hungenberg)
457
458
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Die klassische Planungs- und Kontrollrechnung wird auch als RoI-/Cashflow-System bezeichnet (ebenda S. 224 f.; siehe Abb. 8.21) und ist eingebunden in die generelle Zielplanung, der strategischen und operativen Planung und Kontrolle. Es werden die Zusammenhänge der kalkulatorischen Ergebnisplanung (Erlös-, Kosten-, Deckungsbeitrags-, Ergebnis-, Vermögenspläne), der bilanziellen Ergebnisplanung (GuV-Plan, Bilanzplan) und Finanzplanung dargestellt. Darauf aufbauend lassen sich mehrperiodische Kapitalwertplanzahlen generieren. Die sachliche und informationelle Verknüpfung der Teilpläne erfordert eine simultane oder sukzessive ergebnis- und liquiditätsorientierte Koordinierung und Integration der zum Teil zeitlich abweichenden Teilpläne hin zu einer Gesamtunternehmensplanung. Sukzessive kann mit der Planung der Umsatz- und Kostenpläne für Produkte oder Dienstleistungen in Abhängigkeit der Absatz-, Produktions- oder Beschaffungspläne begonnen werden. Die daraus entstehenden Deckungsbeitragspläne und fixen Kosten bilden das kalkulatorische Ergebnis, mit dem einerseits ein Kosten- und Erlösplan generiert wird und andererseits der RoI vor Steuern und das Unternehmensergebnis nach Steuern bzw. weiterführend der Bilanzgewinn/-verlust ermittelt werden kann. Durch Division des Jahresüberschusses durch das Eigenkapital ergibt sich die Eigenkapitalrentabilität. Das Unternehmensergebnis nach Steuern bildet zugleich die Grundlage der Cashflows und damit der Finanzplanung. Unter Einbezug der Planbilanz und Plan-GuV können schließlich Kapitalwerte geplant werden. Pläne sind in allen Organisationseinheiten aufzustellen, wenn die Unternehmung funktional organisiert ist. Selbst Projekte können im Planungssystem zeitlich begrenzt als Organisationseinheiten aufgefasst werden. Daher bestehen wechselseitige Beziehungen zwischen Organisation und Planungssystem (ebenda S. 291 ff.). Mithilfe von Simulationstechniken lassen sich strategische und operative Alternativen rechnen, da das Gesamtmodell mit seinen Beziehungen computergestützt programmiert werden kann. Aus den einzelnen Plänen lassen sich für Führungskräfte PuK-Kennzahlenübersichten für Planungskongresse generieren (ebenda S. 298 ff.). Derartige Berichtsstrukturen erläutern Allgemeines zu Zweck- und grundlegenden Begriffen des Berichts sowie Hinweise auf Anschlussberichte und PuK-Richtlinen, einzelner PuK-Kennzahlen im Rahmen der generellen Zielplanung, der produktprogramm-, funktionsbereichs- und projektbezogenen strategischen und operativen Planung sowie der gesamtunternehmensbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung. Dem Controlling kommt dabei die generelle Aufgabe zu, die ergebnisorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle sicherzustellen, die vielfach mit Integrationssystemgestaltungsaufgaben und Koordinationsaufgaben verbunden ist (ebenda S. 276 ff.). In spezieller Hinsicht ergibt sich also eine Gestaltungsaufgabe, in der über Systeme, Verfahren und Organisation (mit-)entschieden wird, und die Nutzungsaufgabe, in der die Koordination und Durchführung der Unternehmensplanung und -kontrolle, die Kosten- und Erlösrechnung sowie die Informationsversorgung an interne und externe Gruppen anfällt. Das Konzept der wertorientierten Unternehmenssteuerung sieht die Unternehmung als Shareholder Value maximierende Einheit und basiert auf der neoklassischen Annahme, dass das Erreichen der Eigentümerziele das Erfüllen der Interessen aller Anspruchsgruppen nach sich zieht. Daraus begründet sich das langfristige Ziel, den Shareholder Value zu maximie-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
459
ren, wobei die Interessen anderer Anspruchsgruppen Mittel zum Zweck darstellen und keine Ziele an sich (siehe hierzu auch Wall/Schröder 2009, S. 6 f.). Die Orientierung an Anspruchsgruppen drückt sich auch in der von Kaplan und Norton (1997) entwickelten Balanced Scorecard aus, die das rein monetäre PuK-Kennzahlensystem um nicht monetäre Kennzahlen ergänzt und der organisationalen Strategieimplementierung und -kommunikation dient (vgl. Hahn/Hungenberg 2001, S. 251 ff.). Danach soll die Vision und Strategie der Unternehmung in vier Perspektiven operationalisiert werden. Für jedes Ziel innerhalb der Perspektiven sind Indikatoren, Sollwerte, Istwerte und Maßnahmen zu definieren (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 9; siehe Abb. 8.23):
In der Finanzperspektive wird der Shareholder Value als oberstes Ziel definiert. Hierin werden die Ansprüche der Kapitalgeber mit wert-, ertrags- und liquiditätsorientierten Kennzahlen festgelegt. Grundsätzlich kann der Shareholder Value über eine Wirtschaftlichkeitsstrategie mit Verbesserung der Kostenstruktur oder einer Steigerung der Vermögensnutzung erzielt werden über eine Wachstumsstrategie, in der die Umsätze ausgeweitet und/oder der Kundenwert erhöht werden. In der Kundenperspektive werden die erwarteten Wertevorstellungen der Kunden dargestellt. Hierzu zählen Grundkennzahlen, wie z. B. Marktanteil, Kundentreue, Kundenzufriedenheit und auch spezifische Leistungstreiber, die Produkt- und Serviceeigenschaften, Kundenbeziehungen und das Image oder die Reputation verkörpern. In der Prozessperspektive werden die internen Geschäftsprozesse betrachtet. Damit wird der Fokus auf die eigene Organisation und ihren kritischen Prozesse gelegt, die von Bedeutung sind für die Umsetzung der Strategie und der obersten Zielerreichung. Der Blickwinkel kann je nach Unternehmen unterschiedlich ein. So können für Industrieunternehmen Produktions- und Logistikprozesse, Kundenmanagementprozesse, Innovationsprozesse und gesetzliche/soziale Prozesse kritisch sein. Die Lern- und Entwicklungsperspektive (oder Potenzialperspektive) bildet die Basis der anderen Perspektiven, da sie das Humankapital, das Informationskapital und das Organisationskapital abbildet. Durch Investitionen in das immaterielle Vermögen soll letztendlich sichergestellt werden, dass die strategische Ausrichtung beim Menschen, in den Informations- und Kommunikationssystemen sowie in der Sozialstruktur der Unternehmung ankommt.
Mit der perspektivischen Operationalisierung von Unternehmenszielen und deren Nutzung als Planungs- und Kontrollsystem wird ein mehrdimensionales Zielsystem geschaffen, das zumindest die Werte der Anspruchsgruppen von Kapitalgebern, Kunden und von den Mitarbeitern erfasst. Darüber hinaus können durch die Prozessperspektive dringliche Ansprüche weiterer Anspruchsgruppen erfasst werden, die kritisch sind für den Betriebsablauf. Sodann sind die Perspektiven nicht zwingend vorgegeben. Sie können sich an die Umweltgegebenheiten der Organisation anpassen. Ausgangspunkt zur Maximierung des Shareholder Values ist jedoch die Potenzialperspektive. Dies wird deutlich, wenn die BSC um eine Ursache-Wirkungskette als Strategy Map erweitert wird (vgl. Kaplan/Norton 2004, S. 11; siehe Abb. 8.24). Dadurch erhält das Management Anhaltspunkte zur Analyse der Ergebnisse, und es entsteht ein hierarchisches Zielsystem. Die Unterziele werden Mittel zur Erreichung der monetären Ziele.
460
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Zie le
“Wie sollen wir gegenüber Teilhabern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben?”
Ke nn za hle n Vo rga be n Ma ss na hm en
Finanziell
Vision und Strategie
Zie le
“In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die besten sein, um unsere Teilhaber und Kunden zu befriedigen?”
Ke nn za hle n Vo rga be n Ma ss na hm en
Interne Geschäftsprozesse
Ke nn za hle n Vo rga be n Ma ss na hm en
“Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Ziele zu verwirklichen?”
Zie le
Kunde
Abb. 8.23:
Zie le
“Wie können wir unsere Veränderungs- und Wachstumspotentiale fördern, um unsere Vision zu verwirklichen?
Ke nn za hle n Vo rga be n Ma ss na hm en
Lernen und Entwicklung
Balanced Scorecard (nach Kaplan/Norton) Long-Term Shareholder Value
Productivity Strategy
Growth Strategy
Financial Perspective Improve Cost Structure
Customer Perspective
Price
Increase Asset Utilization
Quality
Availability
Expand Revenue Opportunities
Selection
Functionality
Service
Product / Service Attributes
Internal Perspective
Operations Management Processes • Supply • Production • Distribution • Risk Management
Partnership
Relationship
Customer Management Processes • Selection • Acquisition • Retention • -Growth
Enhance Customer Value
Innovation Processes • Opportunity ID • R&D Portfolio • Design/Develop • Launch
Brand
Image
Regularity and Social Processes • Environment • Safety and Health • Employment • Community
Human Capital
Learning and Growth Perspective
Information Capital Organisation Capital Culture
Abb. 8.24:
Leadership
Generische Strategy Map (nach Kaplan/Norton)
Alignment
Teamwork
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
461
Im Gegensatz zur Budgetvorgabe erfolgt die Koordination und Steuerung mit der Balanced Scorecard (BSC) über die Vergabe von Zielen (vgl. Küpper 2008, S. 413). Damit basiert die BSC auf dem Führungsansatz des Management by Objectives (MbO), das ein Zielsystem über alle Organisationseinheiten in der Unternehmenshierarchie mit operativ messbaren Kennzahlen bildet. Es bildet die Grundlage der Planung und misst die Zielerreichung. Dem geht ein mehrphasiger Zielbildungsprozess voraus, in dem die obersten Ziele definiert werden und aus dem Unterziele für Bereiche und Abteilungen abgeleitet werden. Die Ziele sollen möglichst klar und präzise formuliert werden, um das Anspruchsniveau quantifizieren zu können. Schließlich soll der Mitarbeiter „das Gefühl haben, der vorgegebene Realisationsgrad sei für ihn erreichbar“ (Frese 1987, S. 280). Durch die Integration der betroffenen Mitarbeiter in den Zielbildungsprozess kann eine positive Verhaltensbeeinflussung realisiert werden, da von einer stärkeren Identifikation mit den getroffenen Zielen auszugehen ist. Zugleich liefern die Ziele den Maßstab für die Kontrolle. Durch Soll-Ist-Vergleiche lassen sich Leistungen beurteilen, die durch Kopplung mit dem Anreizsystem sowohl das Entgelt als auch Aufstiegsmöglichkeiten bemessen können (vgl. Küpper 2008, S. 414 f.). Durch die Entwicklung einer hierarchischen Balanced Scorecard über alle Organisationseinheiten hinweg lässt sich mit der Definition von Teilzielen eine horizontale Koordination erzielen. So hat die Robert Bosch GmbH neben der Unternehmens-BSC eine dreistufige BSC entwickelt, die sich in eine Geschäftsbereichs-, Produktbereichs- und Funktionsbereichs-BSC unterteilt (vgl. Watterott 2011, S. 380; siehe Abb. 8.25). In der Perspektive „Kunden/Markt“ der Geschäftsbereichs-BSC wird das Ziel „Marktführerschaft ausbauen“ definiert. Daraus leitet sich für die Produktbereichs-BSC das Ziel „Marktanteil Erzeugnisklasse A verdoppeln“ ab. Für die dritte Ebene ergibt sich daraus das Ziel, die „Marktstrategie der Erzeugnisklasse A umzusetzen“. So kann auf jeder Ebene der Unternehmung eine Ziel- und Strategiediskussion stattfinden. Das Ergebnis in Form von messsbaren Indikatoren ist die Ausgangsbasis der nächst unteren Ebene. Allerdings ist die Aggregation/Disaggregation nicht monetärer Größen nicht immer möglich. Durch die technische Umsetzung der BSC entsteht nicht nur ein Informationssystem, sondern auch ein ein formales Kommunikationssystem, das die Strategie und die Wertvorstellungen der Anspruchsgruppen in Form von Zielen in die Organisation trägt. Die Einführung einer BSC ist ein sehr kommunikationsintensiver Prozess, „denn die Führungskräfte sind gezwungen, maximal 20 ausgewogene Kennzahlen abzuleiten, zueinander in Beziehung zu setzen und sich auf konkrete Kennzahlenzielwerte zu einigen, an deren Erreichung dann die Entwicklung in der Unternehmung und auch die persönliche Vergütung geknüpft sind“ (Hahn/Hungenberg 2001, S. 254). Horváth & Partner (2004, S. 82, siehe Abb. 8.26) schlagen ein Vorgehensmodell vor, das zunächst die strategischen Grundfragen klärt und danach den organisatorischen Rahmen schafft gemäß dem Grundsatz „Structure follows Strategy“. Darauf aufbauend wird eine erste Pilot-BSC entwickelt und dann erst das unternehmensweite Roll-out gemanagt. Der nachhaltige Einsatz ist sicherzustellen, indem die BSC in das Planungssystem integriert wird und die Mitarbeiter mit dem Instrument geführt werden.
Abb. 8.25:
Potenziale
Prozesse
Kunden/ Markt
Finanzen
4.5 Internationale Zusammenarbeit
2.2 Marktführerschaft ausbauen
4.4 Entwicklung IT-Systeme
4.3 SystemKnow-how
4.2 Organisationsentwicklung
3.3 Produktentstehungsprozess
4.1 Mitarbeitermotivation
3.2 einheitliche E-Prozesse
3.1 Stoffkosten reduzieren
2.6 Vermarktung Service
3.6 Fertigungsprozesse
2.4 Technologieführerschaft
2.3 attraktive neue Produktionssegmente
2.5 Prozessoptimierung
3.5 Zielentfaltung international
2.2 Marktführerschaft ausbauen
2.1 Kunden begeistern
1.4 Kosten reduzieren
1.2 Umsatz steigern
3.4 Ressourcen optimieren
1.3 AV reduzieren
1.1 UV reduzieren
1.0 Wertbetrag verbessern
Geschäftsbereichs-BSC
Potenziale 4.5.1 Internationale Zusammenarbeit
4.3.1 SystemKnow-how
4.2.1 Organisationsentwicklung
4.1.1 Mitarbeitermotivation 4.4.1 Entwicklung IT-Systeme
3.6.1 Fertigungsprozesse
3.3.1 Produktentstehungsprozess
2.5.1 Vermarktung Service
1.4.1 Kosten reduzieren
3.5.1 Zielentfaltung international
3.2.1 einheitliche E-Prozesse
2.4.1 Technologieführerschaft
2.2.1 Marktanteil EZKL A verdoppen
1.3.1 AV reduzieren
1.2.1 Umsatz steigern
3.4.1 Ressourcen optimieren
3.1.1 Stoffkosten reduzieren
2.3.1 attraktive neue Produktionssegmente
2.1.1 Prozessoptimierung
1.1.1 UV reduzieren
1.0.1 Wertbetrag steigern
2.2.1 Marktanteil Erzeugnisklasse A verdoppeln
Prozesse
Kunden/ Markt
Finanzen
Produktbereichs-BSC
Balanced Scorecard-Kaskadierung (nach Watterott) 4.4.1.2 Entwicklung IT-Systeme
4.1.1.2 Mitarbeitermotivation
3.4.1.2 Ressourcen optimieren
3.2.1.2 einheitliche V-Prozesse
1.4.2. V-Kosten reduzieren
4.5.1.2 Internationale Zusammenarbeit
4.3.1.2 SystemKnow-how
3.5.1.2 Zielentfaltung interantional
3.3.1.2 Produktentstehungsprozess unterstützen
2.5.1.2 Vermarktung Service
2.2.1.2 Marketing EZKL A umsetzen
1.1.3.4 Forderungen reduzieren
2.4.1.2 Technologieführerschaft
2.1.1.2 Prozessoptimierung
1.1.3.3 Vorräte reduzieren
1.2.2.2 Umsatz steigern
2.2.1.2 Marketingstrategie Erzeugnisklasse A umsetzen
Potenziale
Prozesse
Kunden/ Markt
Finanzen
Funktionsbereichs-BSC
462 8 Integratives Unternehmenscontrolling
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
463
Zudem kann die Finanzperspektive mit Werttreibern verknüpft werden. Außerdem ist die BSC in das Berichtssystem zu integrieren bzw. durch die IT zu unterstützen. Dieser Punkt ist aus zwei Gründen besonders wichtig für die Nutzung und Akzeptanz der BSC:
Zum einen soll die Strategie in der gesamten Organisation kommuniziert werden. Dafür ist es notwendig, dass die BSC eine einheitliche Informationsbasis nutzt, welche keine paradoxen Handlungsaufforderungen durch mehrere informationsgestützte „Wahrheiten“ zulässt. Die Informationssysteme sind zugleich Aussagensystem und müssen in sich frei von Widersprüchen sein, um einen Konsens unter den Anspruchsgruppen zu erzielen. Zum anderen erfordert die Strategieimplementierung und -kommunikation die Übertragung von Botschaften zu den Mitarbeitern. Basieren Berichtssystem und BSC jedoch auf unterschiedlichen Strukturen, kann es zu Kommunikationsstörungen zwischen den Führungskräften kommen, wenn sie verschiedene Quellsysteme für ihre Handlungen heranziehen. Organisatorischen Rahmen schaffen
Strategische Grundlagen klären
BSC-Architektur bestimmen Projektorganisation festlegen Projektablauf gestalten Information, Kommunikation und Partizipation sicherstellen Methoden und Inhalte standardisieren und kommunizieren
Strategische Voraussetzungen überprüfen Strategische Stossrichtungen festlegen BSC in Strategieentwicklung integrieren
BSC entwickeln
Strategische Ziele ableiten
Roll-out managen
Kontinuierlichen BSC-Einsatz sicherstellen
BSC unternehmensweit einführen
BSC in Planungssystem integrieren
BSC auf nachgelagerte Einheiten herunterbrechen
Mitarbieter mit Hilfe der BSC führen
Strategy Maps erstellen Messgrößen auswählen Zielwerte festlegen Strategische Aktionen bestimmen
Kritische Erfolgsfaktoren berücksichtigen
BSCs zwischen den Einheiten abstimmen Qualität sichern und Ergebnisse dokumentieren
BSC in Berichtssystem integrieren BSC mit Wertmanagementansatz verknüpfen EQFM und BSC abgestimmt einsetzen BSC mit Risikomanagement verbinden BSC durch IT unterstützen
Abb. 8.26:
8.1.3
Implementierung einer Balanced Scorecard (nach Horváth & Partner)
Verhaltensorientierter Ansatz
In den verhaltensorientierten Ansätzen wird die Koordination der Führungsteilsysteme auf die Personalführung und Organisation ausgedehnt. Zudem wird die Controllingfunktion als primärer Aufgabenträger der Koordination als eigenständige Führungsaufgabe verstanden (vgl. Küpper 2008, S. 30). „Die Koordination im Führungsgesamtsystem stellt somit eine eigenständige und wichtige Problemstellung dar. Sie erfasst im Unterschied zu allen anderen Vorschlägen eine Funktion, deren Bedeutung durch den Ausbau der Führungsinstrumente gewachsen ist und die von keinem einzelnen anderen Führungsteilsystem wahrgenommen wird. In der Berücksichtigung der Beziehungen zum Personalführungssystem und dem alle Führungsteilsysteme verbindenden Charakter schlägt sich zudem ein Steuerungscharakter nieder“ (Küpper 2008, S. 32). Das Controlling, wie es von Hans-Ulrich Küpper gelehrt wird, wird in den Mittelpunkt des Führungssystems einer Unternehmung gestellt, welches das Leistungssystem im Aufbau und Ablauf gestaltet. Durch die Zerlegung des Führungssystems entstehen Interdependen-
464
8 Integratives Unternehmenscontrolling
zen, die durch das Controlling wieder integriert werden müssen. Hier werden Teilaspekte aller Führungselemente in einem Kontext abgebildet. So ist bspw. die Planung abhängig von den Informationen des Rechnungswesens, die Kontrolle oder Organisation ist von der Planung abhängig usw. Dem Informationssystem kommt im Rahmen der Führung eine besondere Bedeutung zu (ebenda S. 151 ff.). Es ist das Basissystem aller Führungsteilsysteme und bedarf einer inneren Koordination, um alle Anforderungen der anderen Führungsteilsysteme zu erfüllen. Die Unternehmensrechnung mit dem Rechnungswesen als Kernbestandteil bildet das wichtigste Instrument der betrieblichen Informationserzeugung. Es verfolgt folgende Rechnungszwecke, die durch Informationsbedarfsanalysen konkretisiert werden sollen:
Dokumentation: Neben Verlaufs- und Ursachenanalysen zu einzelnen Prozessen soll die Dokumentation durch langjährig aufgezeichnete Daten auch Zusammenhangsanalysen und Hypothesenbildungen zu Prognoseaufstellungen ermöglichen. Information zur Planung: Informationen zur „Prognose der Wirkungen von Planalternativen auf die Unternehmensziele und andere relevante Tatbestände“ (ebenda S. 156) sowie zur Bildung von Alternativen sollen geliefert werden. Information zur Steuerung: Die Informationsbereitstellung zur Verhaltensbeeinflussung von Handlungsträgern; d. h. zur Entscheidungs- und Plandurchsetzung, soll unterstützt werden. Unterschieden wird zwischen Informationen, die die Fähigkeit zur planentsprechenden Handlung unterstützen (sachrationale Informationen) und Informationen, die eine motivierende Wirkung bei den handelnden Personen entfalten (sozioemotionale Informationen). Information zur Kontrolle: Zur Durchführung von Vergleichen und zu Abweichungsanalysen sind Informationen zu liefern, die dann die Basis von Anpassungsmaßnahmen bilden.
Die Informationen zur Steuerung dienen der Personalführung, deren Maßnahmen unmittelbar an den verhaltensbeeinflussenden Personen ansetzen, um den Willen des oder der Führenden durchzusetzen. So werden vielfach Pläne erst über die Personalführung realisierbar oder wenigstens teilweise von den ausführenden Personen beeinflusst. Die Art der Mitarbeitersteuerung kann in die Bereiche Führungsprinzipien und Führungsstil, Motivations- und Anreizsystem sowie Personalentwicklungssystem gegliedert werden (ebenda S. 237 ff.). Drücken Führungsprinzipien allgemeine Handlungsmaxime der Mitarbeiterführung aus, kennzeichnet der Führungsstil die Art und Weise, wie der Führende gegenüber dem oder den Geführten auftritt und ihn oder sie beeinflussen möchte (ebenda S. 238). Dabei reicht der Entscheidungsspielraum vom autoritären – worin allein der Führende entscheidet und anordnet – bis zum demokratischen Stil, in dem die Gruppe oder der Geführte entscheidet, nachdem der Vorgesetzte das Problem erläutert und die Grenzen der Entscheidungsfreiheit festgelegt hat. Zu den Instrumenten der Personalentwicklung zählen Bildungsmaßnahmen wie Aus- und Fortbildung, Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen wie Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment etc. und Laufbahnplanungen, die den Mitarbeitern Aufstiegsmöglichkeiten auf-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
465
zeigen. Durch die Festlegung von Profilanforderungen wird eine Orientierung an Weiterbildungserfordernisse der Mitarbeiter gegeben. Entgeltsysteme sind elementare Anreizsysteme, die das Verhalten von Mitarbeitern maßgeblich beeinflussen können. Wird der Führungsstil noch von einzelnen Vorgesetzten geprägt und ist somit individuell abhängig von der Beziehung zwischen den beteiligten Personen, sind Entgeltsysteme unternehmensweit gleich gültig. Allerdings kann es auch bei diesem Instrument zu personellen und länderspezifischen Anpassungen kommen. Im Entgeltsystem werden Lohnsätze, Lohnformen, Prämien, Leistungszulagen, Sozialleistungen etc. gestaltet. Desweiteren bieten Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte Möglichkeiten der Mitarbeiterbeeinflussung. Positive Anreize können auch von Arbeitsbedingungen, Aufstiegsmöglichkeiten und vom Betriebsklima ausgehen. Küpper (2008, S. 267 f.) schlägt vier Bestimmungsgrößen vor, die bei der Gestaltung von Anreizsystemenen zu beachten sind:
Die Funktion des Anreizsystems zielt auf die Verhaltensbeeinflussung und -steuerung ab sowie auf eine Verteilung des Risikos aus künftigen Erwartungen zwischen dem steuernden Principal und dem ausführenden Agenten. Die Belohnungsfunktion zielt auf die Verknüpfung zwischen einer oder mehreren Bemessungsgrundlagen mit der oder den Belohnungsarten ab (z. B. Grundgehalt, Prämien, Boni, Beteiligungen, Beförderungen). Die Bemessungsgrundlage ist zentraler Parameter für die Entlohnung des Agenten und steht im Zusammenhang zu den Unternehmenszielen, die häufig eine Wertorientierung (z. B. ROCE, EVA, CVA etc.) umfassen. Die Beziehungen zwischen Unternehmensleitung (Prinzipal) und dem beeinflussenden Manager oder Mitarbeiter (Agent) ist häufig von unterschiedlichen Zielvorstellungen geprägt. Daneben lässt sich vom Prinzipal häufig nicht beobachten, ob und inwiefern der Agent zum Erfolg tatsächlich beigetragen hat oder ob der Erfolg auf Umwelteinflüssen basiert.Das Anreizsystem muss letztendlich so gestaltet sein, dass die Manager und Mitarbeiter angereizt werden, ihr Handeln auf die Unternehmensziele hin auszurichten.
Zentraler Ansatzpunkt für die Gestaltung des Anreizsystems besteht in der Wahl der Bemessungsgrundlagen. Drei Anforderungen müssen Bemessungsgrundlagen erfüllen (ebenda S. 269 f.):
Sie müssen auf die Zielsetzung der Unternehmung hin ausgerichtet sein. Sie müssen von den Entscheidungen des Agenten abhängig sein, und sie dürfen nicht manipulierbar sein.
Es kommen eine Vielzahl an Bemessungsgrundlagen infrage, die wie folgt klassifiziert werden können (ebenda S. 271 ff.):
Anreizsysteme mit einperiodigen buchhalterischen Bemessungsgrundlagen, Anreizsysteme mit einperiodigen zahlungsorientierten Bemessungsgrundlagen,
466
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Anreizsysteme mit residualgewinnorientierten Bemessungsgrundlagen, Anreizsysteme mit kapitalwertorientierten Bemessungsgrundlagen, Anreizsysteme mit aktienkursbezogenen Bemessungsgrundlagen.
Zu den in der Praxis am häufigsten verbreiteten Bemessungsgrundlagen für Prämien zählen die aus der Buchhaltung stammenden Erfolgsgrößen sowie der Return on Investment. Allerdings sind diese Parameter durch Bilanzierungswahlrechte manipulierbar. Zahlungsorientierte Größen sind eindeutig empirisch nachweisbar und somit fälschungssicher. Häufig sind daher Prämien an die Erreichung bestimmter Umsatzzahlen gekoppelt. Hiermit wird jedoch lediglich der Output betrachtet und nicht etwa die Gütereinsätze und die übergeordneten Unternehmensziele. Reine Cashflow-orientierte Bemessungsgrundlagen sind in der Praxis selten zu finden. Obwohl manipulationsfrei und kapitalwertgerichtet, sind Investitionsprojekte längerfristig angelegt, und so müsste zwecks Zielbezugs bei der Barwertberechnung der Diskontierungssatz und die Laufzeit bei Manager und Unternehmensleitung identisch sein, da der Manager das Unternehmen kurzfristig nach Prämienausschüttung verlassen könnte. Außerdem könnte seine Risikoneigung, und damit sein Risikozuschlag von der Neigung des Unternehmens abweichen. Residualgewinnorientierte Größen wie EVA, CVA etc. haben in der Praxis eine hohe Bedeutung erlangt. Diese Konzepte wurden in den vorigen Abschnitten bereits erläutert und können auch als Anreizsysteme zur Prämienbemessung von Managern und Mitarbeitern dienen. So beteiligt bspw. der Continental-Konzern seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Erfolg des Unternehmens und fördert durch diesen Anreiz die Motivation seiner Beschäftigten. Das mittlere und das obere Management ist konzernweit am jährlichen Zielvereinbarungsprozess beteiligt. Die Höhe des Bonus ist abhängig von der Wertschaffung der jeweiligen Geschäftseinheit im Vergleich zum Vorjahr (Delta vom Continental Value Contribution), der Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE) und drittens, dem Erreichen individueller Ziele. Der CVC (Continental Value Contribution) errechnet sich, indem vom ROCE der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) abgezogen wird und das Ergebnis mit den durchschnittlichen operativen Aktiva des Geschäftsjahres multipliziert wird. Das Delta ergibt sich aus der Veränderung zum Vorjahr. Weiterhin kann den Führungskräften ein strategisches Ziel vom Vorstand vorgegeben werden. Gewerblich Beschäftigte werden durch das Erreichen von Zielvorgaben (z. B. Reduzierung von Ausschuss) in Gruppen zusätzlich vergütet. Außerdem erhält jeder Beschäftigte in Abhängigkeit vom Gesamtergebnis nach Vorstandsentscheid eine Einmalzahlung (vgl. Continental AG 2011a). Da residualgewinnorientierte Größen trotz einiger Bereinigungen auf Daten des Jahresabschlusses basieren, sind sie ebenfalls nicht vollständig manipulationsfrei zu ermitteln. Außerdem ist der Zielbezug nur bedingt gegeben, da Residualgewinne auf Vergangenheitsdaten beruhen. Kapitaltheoretische Anreizsysteme sollen durch die Verknüpfung der Prämie an den Kapitalwert und den realisierten Zahlungsüberschüssen sowie der Verteilung der Prämien als Annuität auf die Nutzungsdauer der Projekte diese Schwächen beheben. Küpper zitiert dabei Kah (ebenda S. 283ff.), der von einer rollierenden Investitionsplanung mit geplanten und reali-
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
467
sierten Zahlungen ausgeht. Der Manager erhält zu Beginn eines Investitionsprojekts eine Prämie, die sich prozentual zum Kapitalwert der Investition verhält. Damit soll die optimale Investitionsalternative gefunden werden. Die Prämie wird in eine Annuität umgewandelt und periodisch ausgezahlt. Während der Nutzungsdauer können sich Zahlungen und künftige Erwartungen und damit auch die Prämien ändern. Das Risiko der Manipulation wird dadurch deutlich verringert, aber nicht aufgehoben. Prämienbemessungsgrundlagen für Vorstände von börsennotierten Unternehmen orientieren sich häufig am Aktienkurs. Dies liegt daran, dass sich die Erwartungen der Investoren über künftige Gewinnausschüttungen im Aktienkurs niederschlagen. Dessen Maximierung ist das langfristige Unternehmensziel. So vergütet bspw. die Continental AG ihre Vorstandsmitglieder in einem dreistufigen Modell (vgl. Continental AG 2011b, S. 23 ff.). Neben zwölf fixen Monatsraten unterteilt sich die variable Komponente in einen kurzfristigen und einen langfristigen Teil. 40 % des Zielbonus werden als Einmalzahlung direkt ausgezahlt und 60 % werden als virtuelle Aktien mit einer Haltefrist von drei Jahren ausgegeben. Nach Ablauf der Frist erhalten die Vorstandsmitglieder auf Basis der Aktienkurs- und Dividendenentwicklung den zweiten Teil ihrer variablen Vergütung. Dieser darf nicht 50 % des Wertes vor der Umwandlung unterschreiten oder das Dreifache an Wert überschreiten. Die langfristigen Vergütungskomponenten mit dem Bonuskorridor soll eine nachhaltige und stabile Unternehmensentwicklung bewirken. Dass den Managern und Vorstandsmitgliedern eine geradlinige Unternehmensentwicklung nicht immer gelingt, ist der komplexen und ungewissen Zukunft geschuldet und der Hyperkomplexität ihres Handlungsfeldes. In entscheidungstheoretischen Planungseinsätzen wird auf das Unsicherheitsproblem mit Entscheidungsregeln reagiert (vgl. Adam 1996, S. 231 ff.; siehe Tab. 8.4), die den Grad der Komplexität der Entscheidungssituation reduzieren sollen.
Bei Anwendung des Minimax-Kriteriums oder Pessimismus-Kriteriums wird diejenige Strategie gewählt, die von den minimalen Gewinnen noch am besten abschneidet (risikoavers). Hierbei wird vom schlimmsten Szenario ausgegangen. Das Maximax-Kriterium entspricht entgegengesetzt einem optimistischen Denkansatz. Von den besten Möglichkeiten wird die Strategie gewählt, die den höchsten Gewinn verspricht. Durch das Hurwicz-Kriterium werden beide genannten Verfahren kombiniert. Durch die Betrachtung der besten und schlechtesten Gewinnprognose wird ein gewichteter Mittelwert gebildet. Der Gewichtungsfaktor entspricht dem Risikomaß des Entscheiders. Es wird diejenige Strategie mit dem höchsten Hurwicz-Wert ausgewählt. Bei der Laplace-Regel wird von einer Gleichwahrscheinlichkeit aller Alternativen ausgegangen. Deshalb bildet diejenige Strategie den größten Erfolg, die in allen Situationen in Summe am besten ist. Entscheidungen nach der Savage-Niehans-Regel beruhen auf Bedauernswerten. Sie werden durch eine Opportunitätskostenmatrix unter Anwendung der Maximax-Regel gebildet. Es wird diejenige Strategie gewählt, deren maximales Bedauern am kleinsten ist.
468
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Strategie
Datensituation Sj
Größen zur Beurteilung der Effizienz der Strategie bei unterschiedlichen Entscheidungsregeln Minimax Maximax LaplaceGeringstes Hurwicz-Kriterium für Kriterium Kriterium Kriterium Bedauern λ = 0,4 minj Gij maxj Gij max (sij) Σj Gij
Ai
S1
S2
S3
A1
3
10
5
3
10
0,4 • 10 + 0,6 • 3 = 5,8
18
4
A2
6
5
7
5
7
0,4 • 7 + 0,6 • 5 = 5,8
18
5
A3
7
9
3
3
9
0,4 • 9 + 0,6 • 3 = 5,4
19
4
A4
4
7
5
4
7
0,4 • 7 + 0,6 • 4 = 5,2
16
3
Tab. 8.4:
Entscheidungsregeln (nach Adam)
Daneben versuchen zahlreiche qualitative und quantitative Planungsmethoden den Komplexitätsgrad der Umwelt zu reduzieren und Handlungsempfehlungen abzuleiten (siehe hierzu Adam 1996, S. 404 ff.). Heuristische Planungsprinzipien zählen zu den quantitativen Planungsmethoden und strukturieren das Gesamtproblem in Teilprobleme (vgl. Adam 1996, S. 493 ff.). Dabei werden mittels Heuristiken als Regeln nicht lösbare Ausgangssituationen in lösbare Teil- oder Unterprobleme transformiert, wobei darauf zu achten ist, dass die wesentlichen Merkmale und Zusammenhänge des Ausgangsproblems nicht verloren gehen. Die Regeln zur Bildung von Teil- oder Unterproblemen müssen sich ebenfalls aus dem Gesamtproblem und den Vorstellungen des angestrebten Zustands ableiten und dürfen nicht zufällig gewählt werden. Der Strukturierungsprozess ist beendet, sobald durch die Lösung eines Unterproblems ein befriedigendes Ergebnis des Ausgangsproblems erzielt werden kann. Die Qualität des Ergebnisses hängt damit entscheidend von der Wahl der Regeln zur Problemreduzierung und -kontrolle ab. Obwohl Entscheidungsregeln und Heuristiken sicherlich hilfreich sein können, Situationen zu modellieren und einer Lösung zuzuführen, weisen sie in vieler Hinsicht Unzulänglichkeiten auf. So objektiv sie auch erscheinen mögen, basieren sie doch auf subjektiven Wahrnehmungen und Interpretationen. Es sind von Personen die Strategien und zugehörigen Daten zusammenzutragen. Die situationsbeschreibenden Daten sind auszuwählen, zur Entscheidungsfindung vorzubereiten, und selbst die Wahl der anzuwendenden Regel unterliegt der subjektiven Empfindung des oder der Entscheider. Im Hurwicz-Kriterium ist das subjektive Risikobewusstsein sogar explizit enthalten. Die idealtypischen Entscheidungsregeln und „zweitbesten“, aber praxisbezogenen Heuristiken vernachlässigen grundsätzlich menschliche Eigenschaften. Die dabei auftretenden Fehler beziehen sich auf die Wahrnehmung und Interpretation von Informationen einerseits und auf die Strategien, die aus Planungs- und Kontrollprozessen resultieren, andererseits. Weber/Schäffer (2011, S. 89 ff. und S. 260 ff.) gehen darauf ein, indem sie Aspekte des menschlichen Informations-, Planungs- und Kontrollverhaltens beschreiben. Im Umgang mit Informationen ist die geistige Kapazität begrenzt. Selbst heuristische Planungsmethoden können durch ihre Vereinfachungen zu Fehlern führen. Außerdem bilden Menschen ein relativ stabiles Selbst- und Weltbild aus, welche Annahmen über Eigenschaftsausprägungen und Erwartungen zu Handlungskonsequenzen in der Umwelt umfassen. „Da im Selbst- und im Weltbild eine Vielzahl von Erfahrungen zusammengeflossen ist, sind Menschen wenig geneigt, diese grundsätzlichen Einschätzungen bei abweichenden Erkenntnissen schnell zu ändern“ (ebenda S. 89). So können Fehler in der personellen Informationsverarbeitung entstehen (ebenda S. 90 f.):
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
469
In der Stereotypenbildung werden einzelne Merkmale wahrgenommen und einer gedanklichen Kategorie zugeordnet, die dann zu einer generellen (Vor-) Urteilsbildung herangezogen wird. Wird ein Mensch aufgrund einer einzigen offensichtlichen Eigenschaft beurteilt, die alle anderen charakteristischen Merkmale überstrahlt, spricht man vom Halo-Effekt. Ist ein Manager bspw. äußerst charismatisch und favorisiert Investitionsalternative a, können die besten Gegenargumente nicht ausreichen, wenn es dem Manager gelingt, andere Entscheidungsträger zu beeinflussen. Der Ankereffekt ist ebenfalls ein Wahrnehmungsdefekt. Hierbei beeinflusst ein bereits abgeschlossenes und unabhängiges Ereignis die Wahrnehmung einer anderen Situation. Sind bei einem IT-Projekt 1.600 Einführungsstunden und 550.000 € Personalkosten angefallen, wird der Faktor 344 €/Std. zur Kalkulation eines anderen IT-Projektes herangezogen. Entsteht eine kognitive Nähe in der Vorstellungsfähigkeit des Entscheiders durch die Verfügbarkeit von Beispielen, einfach nachvollziehbaren Szenarien, persönlicher Erfahrung oder öffentlicher Bekanntheit, dann halten Menschen diese Alternativen für wahrscheinlicher im Vergleich zu anderen. Unkenntnis über ein zu entscheidendes Problem
Informationssuche zur Reduktion der Unkenntnis
Abbruch der Suche bei einem adäquaten Informationsniveau
Problemgerechte Entscheidung
Wechsel der Unkenntnisreduktion in Unkenntniserhöhung durch zu späten Abbruch der Informationssuche
Problemlösungszeit als wesentliche Einflussgröße
Institutionsaktionismus (Negieren der gesamten Informationssuche)
Abb. 8.27:
Aktionismus
Horizontalflucht (Willkürliche Beschränkung der Betrachtung auf einen kleinen, aber beherrschbaren Teil des Problems)
Vertikalflucht (Ersatz des tatsächlichen durch ein subjektiv gewolltes bzw. gewähltes Problem)
Defekte im Entscheidungsverhalten infolge von Grenzen der Informationsverarbeitungsfähigkeit (nach Weber/Schäffer)
Aufgrund der begrenzten kognitiven Fähigkeiten kann es zudem zu einem Information Overload kommen. Die Informationsüberflutung wäre nicht weiter schädlich, wenn die überschüssigen Informationen richtig erkannt und nicht zur Entscheidungsfindung herangezogen werden würden. Die Begrenzung in der Verarbeitung der Informationsvielfalt ist beim
470
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Design der Informationsinstrumente durch das Controlling zu beachten. Diesen Sachverhalt verdeutlichen Weber/Schäffer (2011, S. 92; siehe Abb. 8.27) in Anlehnung an Dörner. Besteht über ein zu entscheidendes Problem Unkenntnis, erfolgt eine Informationssuche zur Reduktion dieser Unkenntnis, um schließlich bei Erreichung eines adäquaten Informationsniveaus eine problemgerechte Entscheidung treffen zu können. Wesentliche Einflussgröße der Informationsgewinnung und -verarbeitung ist die zur Verfügung stehende Problemlösungszeit. Durch den zu späten Abbruch der Informationssuche kann es statt zu Unkenntnisreduktion zu einer -erhöhung kommen mit der Folge aktionistischer Handlungen. Weber/Schäffer klassifizieren diese in Intuitionsaktionismus, Horizontalflucht und Vertikalflucht. Während im Intuitionsaktionismus die gesamte Informationssuche negiert wird und nach „Bauchgefühl“ vorgegangen wird, beschränkt man sich bei der Horizontalflucht auf einen kleinen, beherrschbaren Teil des Problems, welcher willkürlich festgelegt wurde. Bei der Vertikalflucht wird das tatsächliche Problem durch ein subjektiv empfundenes Problem ersetzt. Die Informationsnutzung stellt für die handelnden Personen noch keine zwingende Bedingung dar. Anders ist dies in der Regel bei Plänen. Es ist daher anzunehmen, dass die Wahrnehmung und der Erfolg der Planung und Kontrolle stärker von menschlichen Verhaltensweisen beeinflusst wird als bei der Informationsversorgung (ebenda S. 260 ff.). So kann eine erfolgreiche Planung auf individueller Ebene bspw. durch die Vorgabe klarer Handlungsstrukturen und -rahmen das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen stärken. Im sozialen Kontext unterstützen Planungsprozesse das Integrationsbestreben der Mitarbeiter. Es wird durch die Planung das Gefühl vermittelt, ein Teil des Ganzen zu sein. Neben der Planungsfunktion in menschlichen Interaktionsprozessen entstehen eine Reihe typischer Planungs- und Kontrollfehler (ebenda S. 263 ff.):
Planungsfehler aufgrund individueller kognitiver Verzerrungen basieren bspw. auf falschen Einschätzungen zu Sachverhalten (Overconfidence Bias), Überschätzungen zu eigenen Resultaten (Illusion of Control, Egocentric Bias), der Suche nach Meinungsbestätigungen (Confirmation Bias), Wunschdenken (Optimism Bias), intuitiven Einschätzungen (Base Rate Fallacy, Conjunction Fallacy oder Gambler`s Fallacy) oder emotionalen Einflüssen. Planungsfehler aufgrund diverser isolierter Entscheidungen entstehen, wenn mehrere parallel zu treffende Entscheidungen sequenziell und einzeln entschieden werden. Häufig sind jedoch Einzelfallentscheidungen aus globaler Sicht sinnlos oder suboptimal. Planungsfehler aufgrund von Gruppeneffekten entstehen, wenn sich mehrere Entscheidungsträger zu schnell auf einen Konsens einigen (Groupthink) und dabei ihre Motivation, alternative Problemlösungen zu diskutieren, verlieren. Dies kann vielfältige Gründe haben, wie z. B. die Illusion der Unverwundbarkeit, Ausübung von Druck oder Gruppenzwang. Risky Shift bezeichnet eine Fehlerursache, die entsteht, wenn der Einzelne in der Gruppe eine andere Risikowahrnehmung äußert als außerhalb der Gruppe. Dies kann dazu führen, dass Risiken systematisch ausgeblendet werden, um kognitive Konflikte zu vermeiden. Kontrollfehler können ex post unter dem Begriff „Verlusteskalation“ bei Abweichungsanalysen subsumiert werden. Hierbei führen trotz objektiver Bewertung negative Abweichungen in mitlaufenden Kontrollen nicht etwa zum Abbruch des Investitionsprojekts, obwohl bereits klar ist, dass kein positiver Kapitalwert bzw. Wertbeitrag mehr erzielt werden kann (sunk costs).
8.1 Systematiken im Unternehmensontrolling
471
Weber/Schäffer (2011, S. 268) verdeutlichen, dass Menschen nicht immer rational nach dem Homo oeconomicus entscheiden, sondern vielfältigen Verhaltensverzerrungen und -fehlern ausgesetzt sind. Dies hat erhebliche Einflüsse auf die Planungs- und Kontrollverfahren sowie den dafür notwendigen Informationsverarbeitungsprozessen.
Prüfung des Modells vor seiner Anwendung (d.h. der Inputrationalität) Vermeidung einer mangelnden Modelleignung Modell für das zu lösende Problem grundsätzlich adäquat?
Intervention
Anwendungsprämissen des Modells hinreichend gegeben?
Vermeidung von Könnensdefiziten Modell den beteiligten Akteuren hinreichend bekannt?
Vermeidung von Wollensdefiziten
Anwendungsprämissen des Modells den beteiligten Akteuren hinreichend bekannt?
Rationalitätsdefizite erkannt
Modell hinreichend vor Opportunismus der beteiligten Akteure geschützt?
Anwendungsprämissen des Modells hinreichend vor Opportunismus der beteiligten Akteure geschützt?
Rationalität gesichert
Prüfung des Modells in seiner Anwendung (d.h. der Prozessrationalität) Ausreichendes Wissen (Basiswissen und Informationen) generierbar?
Intervention
Wissen und Informationen richtig im Modell verarbeitet?
Rationalitätsdefizite erkannt
Modellanwendungsprozess entspricht dem Soll-Ablauf?
Rationalität gesichert
Prüfung des Modellergebnisses (d.g. der Outputrationalität) Modellergebnis entspricht methodisch den SollAnforderungen (z.B. hinsichtlich Genauigkeit)?
Intervention
Modellergebnis entspricht inhaltlich den Soll-Anforderungen (z.B. oberhalb einer hurdle-rate)?
Rationalitätsdefizite erkannt
Modellergebnis hält Plausibilitätschecks stand?
Rationalität gesichert
Rationalität gesichert Abb. 8.28:
Idealtypische Phasen eines Rationalitätssicherungsprozesses am Beispiel eines Willensbildungsmodells (nach Weber/Schäffer)
Entsprechend hängt die Koordination der Pläne auch von den menschlichen Eigenschaften ab. Aufgabe des Controllings ist es daher, abzuschätzen, wie stark diese Rationalitätsdefizi-
472
8 Integratives Unternehmenscontrolling
te in der jeweiligen Situation sind und wie die Rationalitätsdefizite zu vermeiden bzw. auf sie einzuwirken sind. Dazu leiten Weber/Schäffer (2001, S. 48; siehe Abb. 8.28) die Rationalitätssicherung als primäre Funktion des Controllings ab und entwerfen ein idealtypisches Phasenmodell.Darin erfolgt zunächst die Prüfung des Entscheidungsmodells auf Anwendbarkeit (Inputrationalität). Es wird geprüft, ob das Modell in der Lage ist, das Problem grundsätzlich zu lösen imstande ist und ob die Prämissen hinreichend sind. Zur Vermeidung von Könnensdefiziten wird geprüft, ob das Modell und die Prämissen den Entscheidungsträgern bekannt sind. Zuletzt sollen zur Vermeidung von Könnensdefiziten opportunistische Handlungen oder die Manipulation der Prämissen im Modell ausgeschlossen werden. Werden in der ersten Phase Defizite erkannt, interveniert das Controlling entsprechend. In der zweiten Phase wird das Modell in seiner Anwendung geprüft (Prozessrationalität). Hierbei muss festgestellt werden, ob ausreichendes Wissen zur Entscheidungsfindung generierbar ist, ob Wissen und Information richtig verarbeitet wurden und der Modellanwendungsprozess dem Sollablauf entsprochen hat. Wird dabei ein Fehler festgestellt, wird die zweite Phase wiederholt. Die dritte Phase des Rationalitätssicherungsprozesses prüft die Modellergebnisse (Outputrationalität) hinsichtlich methodischer und inhaltlicher Anforderungen und Plausibilität. Sind in dieser Phase keine Defizite erkennbar, gilt die Rationalität des Modells, seiner Prämissen, seiner Verarbeitung und Ergebnisse als gesichert.
8.2
Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
Die schnelle und termingerechte Lieferung bzw. Erfüllung der Leistung ist mit das oberste Ziel einer Unternehmung. Damit generiert das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten, um die Kunden zufriedenzustellen, und kann so ggf. Kundenbeziehungen mit Folgeaufträgen intensivieren. In der Regel erfordert dieser komparative Konkurrenzvorteil (vgl. Backhaus 2009, S. 17 ff.) die Abstimmung aller unternehmensweiten Aktivitäten unter Berücksichtigung von externen Umwelteinflüssen. Das Rechnungswesen als nach wie vor wichtigste Informationsquelle im wirtschaftlichen Controlling reicht allein für die unternehmensweiten Planungs- und Kontrollzwecke unter diesen Wettbewerbsbedingungen nicht mehr aus. Daher haben sich in der betrieblichen Praxis zwei Konzepte entwickelt, die parallel betrieben werden. In der integrierten Informationsverarbeitung erfolgt die Unternehmensplanung und -kontrolle vertikal, d. h., dass vernetzte Unternehmensaufgaben „von unten nach oben“ in der Unternehmenspyramide konsolidiert und aufbereitet werden müssen (siehe Abb. 7.4). Basis der Planungs- und Kontrollsysteme (PuK-Systeme) sind operative Anwendungssysteme, die die Unternehmensaufgaben abbilden. In Enterprise-Resource-Planning-Anwendungssystemen (ERP-Systeme) laufen alle operativen Aufgaben teil- oder vollautomatisiert ab. Zum anderen entwickeln sich dezentrale Informationsquellen mit zum Teil redundanten, zum Teil widersprüchlichen Daten. Diese Insellösungen führen zu einer „zweiten Wahrheit“ über Unternehmensaktivitäten mit spezifischen Aspekten an Information und Kommunikation. In Unternehmen entstehen sie, wenn wohlstrukturierte Aufgaben und Aufgabenkomplexe automatisiert werden, wie bspw. Buchungen der Finanzbuchhaltung (vgl. Ferstl/Sinz 2008, S. 233). Ihr Vorteil gegenüber inte-
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
473
grierten Lösungen ist, dass sie zweckorientiert modelliert sind und lose Planungs- und Kontrollstrukturen aufweisen, die überhaupt erst Wettbewerbsvorteile realisieren und Kundenwünsche umsetzen können. Natürlich erschwert der Medienbruch das Unternehmenscontrolling erheblich, da ein integriertes Informations- und Kommunikationssystem nicht die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit aufweist wie eine dezentrale Lösung und das Begriffssystem dementsprechend näher an den realen Gegebenheiten angepasst ist. In Unternehmen werden daher funktional ausgeprägte Controllingstrukturen entwickelt, wie bspw. das PersonalControlling, das Beschaffungs-Controlling oder das Produktions-Controlling, um das Management bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Zur Unternehmensgesamtplanung sind allerdings Informationen aller Unternehmensfunktionen und deren Aufgaben heranzuziehen. Aufwand, Erträge Finanzbuchhaltung FiBu
Kostenrechnung KoRe Bewertungsgrundlagen auftragsbezogene Verbräuche
Kalkulationsgrundlagen
Kalkulationsgrundlagen Auftragswerte Auftragsbearbeitung AufBe
auftragsbezogene Verbräuche
Leistungsklassen
Lohn-/ Gehaltssummen
Lohn- und Gehaltsbuchführung LoGeBu
auftragsunabhängige Verbräuche Zeitmengen Betriebsdatenerfassung BDE
Abb. 8.29:
Beispiel eines funktionsintegrierten Anwendungssystems (nach Ferstl/Sinz)
Moderne Anwendungssysteme zur unternehmensweiten Planung und Kontrolle zielen darauf ab, Aufgaben und Aufgabenkomplexe vernetzt zu betrachten. „Ein Anwendungssystem, das einen solchen vernetzten Aufgabenkomplex vollständig ausführt, wird als integriertes Anwendungssystem bezeichnet“ (ebenda S. 232). Die Integrationsziele eines Anwendungssystems können nach Merkmalen beschrieben werden (ebenda S. 235 ff.):
Unter Redundanz wird das mehrfache Vorhandensein von Systemkomponenten einer Systemfunktion verstanden. Die Stabilität des Systems sollte durch Wegfall redundanter Komponenten nicht beeinträchtigt werden. Im Störfall bilden sie eine Rückfallstufe, und so muss die optimale Redundanz argumentativ als Ziel bestimmt werden.
Die Art und die Anzahl an Kommunikationskanälen zwischen Systemkomponenten werden durch die Verknüpfung bestimmt. Es müssen hierbei Anzahl, Leistungsfähigkeit, Stabilität und Flexibilität der Verknüpfungen sowie Transparenz und Kontrollierbarkeit als Integrationsziele definiert werden.
474
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Das Konsistenzmerkmal kann hinsichtlich semantischer und operationaler Integritätsbedingungen unterschieden werden. Aus Modellierungssicht beschreibt die semantische Integritätsbedingung, welche Tupel der Systemrelation angehören. Operationale Integritätsbedingungen definieren, welche Transaktionen in einem System erlaubt sind. Die Einhaltung der Integrität wahrt die Konsistenz des Anwendungssystems.
Ob und inwieweit das integrierte Anwendungssystem zur Zielerreichung des Unternehmens beiträgt, beschreibt das Merkmal der Zielorientierung, das nach potenziellem und tatsächlichem Zielbeitrag unterschieden werden kann. Der potenzielle Zielbeitrag wird offengelegt, wenn die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben zerlegt wird. Tatsächlich hängt der Zielbeitrag aber auch von den gewählten Lösungsverfahren und der Interaktion der Aufgabenträger ab.
In Abbildung 8.29 wird ein Ausschnitt eines integrierten Anwendungssystems mit zugehörigen Kommunikationskanälen gezeigt. Es erfolgt eine funktionsorientierte Integration. Der Datenfluss realisiert sich über gemeinsame Dateien. Deutlich wird, dass mit Ausnahme der Betriebsdatenerfassung alle Automationsinseln gleichzeitig Sender und Empfänger von Daten sind. Neben dem in Abbildung 8.29 dargestellten Konzept der Funktionsintegration, mit dem prinzipiell Aufgaben aufeinander abgestimmt werden, ermöglicht das Konzept der Datenintegration ein höheres Maß an Integrität und Datenkonsistenz. Dazu werden Datenbanksysteme eingesetzt, die eine enge Kopplung von Aufgabenobjekten verfolgen. Methoden der Datenmodellierung kontrollieren die Datenredundanz, ein Datenbankmanagementsystem kontrolliert die Transaktionsverwaltung, und die Einhaltung semantischer Integrationsbedingungen wird durch deren explizite Definition überwacht.
Vorgangsobjekttypen
Vorgänge in KoRe
Vorgänge in FiBu
Vorgänge in AufBe
Vorgänge in LoGeBu
Vorgänge in BDE
globales Kommunikationssystem
konzeptuelle Objekttypen Abb. 8.30:
Kunde
Auftrag
Konto
Kostenstelle
...
Beispiel eines objektintegrierten Anwendungssystems (nach Ferstl/Sinz)
Das weitreichendste Potenzial der Aufgabenvernetzung bietet allerdings die Objektintegration. Mit der Vorgangssteuerung, d. h. der Definition von Vorgangsobjekttypen, die die Ge-
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
475
samtaufgabe des Unternehmens in Teilaufgaben und korrespondierende Vorgänge zerlegt, und der Definition konzeptueller Objekttypen, wie z. B. Kunde oder Auftrag, kann sie Ziele zu allen Integrationsmerkmalen festlegen. Zur Kommunikation der konzeptionellen und der Vorgangsobjekte wird ein globales Kommunikationssystem verwendet, welches zugleich die Kommunikationsstruktur des Anwendungssystems kontrolliert. Die konzeptionellen sind mit den Vorgangsobjekten beiderseitig lose gekoppelt und betreiben den Nachrichtenaustausch über Kommunikationskanäle. Dabei realisieren die konzeptionellen Objekte die Aktionen eines Vorgangs und führen so die Aufgaben durch (ebenda S. 241 ff.; Abb. 8.30). Integration der Informationsverarbeitung
1 Integrationsgegenstand
1.1 Datenintegration
1.2 Funktionsintegration
1.3 Prozess-/Vorgangsintegration
1.4 Methodenintegration
1.5 Programmintegration
Datenbestände werden logisch zusammengeführt
Aufgaben werden aufeinander abgestimmt
Prozesse bzw. Vorgänge werden aufeinander abgestimmt
Methoden werden aufeinander abgestimmt
Programme werden aufeinander abgestimmt
1.1.1 Automatische Datenweitergabe
1.1.2 Gemeinsame Datenbanken
1.5.1 Integration der Benutzungsschnittstelle
1.5.2 Medienintegration
2 Integrationsrichtung
1.5.3 Geräteintegration
4 Automationsgrad
5 Integrationszeitpunkt
2.1 Horizontale Integration
2.2 Vertikale Integration
4.1 Vollautomation
4.2 Teilautomation
5.1 Stapel
5.2 Echtzeit
Integration innerhalb des Prozesses der Leistungserstellung
Integration von Administrationsund Dispositionsmit PUK-Systemen
System löst Bearbeitung aus, disponiert, veranlasst und registriert
Verschiedene Formen eines Mensch-MaschineDialogs
Ereignisse werden vor Weiterverarbeitung gesammelt
Jedes Ereignis zeigt sofort Folgen
3 Integrationsreichweite
3.1 Berichsintegration
Abb. 8.31:
3.2 Funktionsbereichsund Prozessübergreifende Integration
3.3 Innerbetriebliche Integration
4.2.1 Initiative geht vom Menschen aus
4.2.2 Initiative geht vom System aus
3.4 Zwischenbetriebliche Integration
Ausprägungen der integrierten Informationsverarbeitung (nach Mertens)
Ferstl/Sinz (2008, S. 245 f.) schreiben zu den drei Integrationskonzepten:
„Die datenflussorientierte Funktionsintegration ermöglicht nur die Umsetzung von Reihenfolgebeziehungen zwischen Aufgaben. Sie dient vor allem der Vernetzung von Aufgaben zwischen Unternehmen. Umfangreiche Kataloge von Nachrichtentypen für die Kommunikation zwischen den AwS [Anwendungssystem] von in Ge-
476
8 Integratives Unternehmenscontrolling
schäftsbeziehung stehenden Unternehmen spiegeln die Bedeutung der Funktionsintegration wider […].
Die Datenintegration ermöglicht die Vernetzung von Aufgaben über Reihenfolgebeziehungen oder durch Überlappung von Aufgabenobjekten mittels gemeinsamer Relationen bzw. Relationstypen oder mittels beliebiger Datenobjekte, die in Verbindung mit Schreib-/Leseoperationen einen Kommunikationskanal zwischen den beteiligten AwS realisieren.
Die Objektintegration bietet das umfangreichste Unterstützungspotenzial. Für alle genannten Formen der Aufgabenvernetzung stehen entsprechende Integrationsmittel der Aufgabenträger bereit.“
Mertens (2009, S. 2.; Abb. 8.31) betrachtet die Ausprägungen der Integration in der Informationsverarbeitung noch weiter. Integration kann hiernach hinsichtlich Integrationsgegenstand, -richtung, -reichweite oder -zeitpunkt sowie nach dem Automatisierungsgrad unterschieden werden. Bei der Klassifizierung nach dem Gegenstand werden die drei bisherigen Konzepte um eine Methoden- und Programmintegration erweitert. Die Integrationsrichtung beschreibt die horizontale und vertikale Integration. Mit der Integrationsreichweite wird der Umfang der Integrationsmaßnahmen definiert, die grundsätzlich entweder vollautomatisch oder teilautomatisch in Stapelverarbeitung zu einem wiederkehrenden Zeitpunkt oder in Echtzeit ablaufen können. Für das integrierte Unternehmenscontrolling ist insbesondere die Integrationsrichtung von Interesse, da hier die Integration operativer Informationssysteme mit Planungs- und Kontrollsystemen verdeutlicht wird. Die Zusammenhänge werden nachfolgend tiefergehend behandelt. Natürlich spielen die anderen Integrationsausprägungen ebenfalls eine Rolle für das Unternehmenscontrolling. So kann es bspw. für Unternehmen, in denen die Schnelligkeit in der Branche besonders gefragt ist und hohe Anforderungen an die Flexibilität der Leistungserstellung gestellt werden, durchaus sinnvoll sein, Vorgänge in Echtzeit zu verarbeiten. Entsprechend muss das Controlling zum Zwecke der zeitnahen Planung und Kontrolle Vorgaben für die Nutzung von Informationstechnologien definieren. Bei der vertikalen und horizontalen Integration stellt sich der Betrieb als ein System von Regelkreisen dar, welches mit einem hierarchischen Berichtswesen realisiert wird (vgl. Blohm 1975, S. 442; Abb. 8.32). Das Berichtswesenkonzept im Regelkreissystem ermöglicht das Führen mit Zielen entsprechend dem Management by Objectives als auch das Management by Exception, wo lediglich Abweichungsberichte generiert und verschickt werden. Mit der Vorgabe von Führungsgrößen werden betriebliche Zielsetzungen definiert und in untergeordneten Hierarchien als Stellgrößen betrachtet. Daraus leiten sich in der Hierarchie Teilziele ab, die schließlich im Basissystem ausgeführt werden. Die Regelgröße koppelt zu den höheren Ebenen den erreichten Iststand zurück zum Teilregler und löst bei starken Abweichungen im Ausnahmefall neue Stellgrößen aus oder korrigiert Führungsgrößen. Da ständig Störgrößen auf den Regelkreis auf unterschiedlichen Ebenen einwirken, bedarf es zudem einer kontinuierlichen Koordinierung durch einen Informationsaustausch zwischen den Teilreglern. Das gesamte Regelkreissystem ist daher mit Informationen ganzheitlich und konti-
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
477
nuierlich zu versorgen. Blohm (1975, S. 436) definiert das Berichtswesen wie folgt: „Unter dem Begriff Berichtswesen werden Gebiete zusammengefasst, die noch vor wenigen Jahren isoliert betrachtet wurden, wie das Rechnungswesen (bestehend aus Geschäftsbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Statistik und Planung), die Dokumentation, die Meinungspflege, die Werbung, die betriebliche Fortbildung usw. In dieser Zusammenfassung liegt die Stärke der neuen Betrachtungsweise: alle Zweige des Berichtswesens sollen koordiniert, als ein Ganzes gesehen werden.“
1. Ebene
UNTERNEHMENSLEITUNG
2. Ebene Produktgruppengliederung
3. Ebene Funktionsgliederung (nicht voll aufgeführt)
4. Ebene Ausführung (vereinfachende Annahme)
Abb. 8.32:
LEITUNG PRODUKTGRUPPE A (Regler)
LEITUNG PRODUKTGRUPPE B (Regler)
LEITUNG PRODUKTGRUPPE C (Regler)
BESCHAFFUNG (Teilregler)
PRODUKTION (Teilregler)
VERTRIEB (Teilregler)
VERWALTUNG (Teilregler)
Ausführung
Ausführung
Ausführung
Ausführung
Führungsgröße,
Regelgröße,
Zielsetzung
Istmeldung bzw. Rückkopplung
Koordinierung, durch Informationsaustausch
Stellgröße,
Störgröße,
Ableitung,
Teilziel oder Maßnahme
wirkt der Zielerreichung entgegen
Führungsgröße aus Stellgröße
Der Betrieb als ein System von Regelkreisen (nach Blohm)
Obwohl das Berichtswesenkonzept weit mehr als 30 Jahre alt ist, hat es an Bedeutung in der integrierten Informationsverarbeitung nicht verloren. So können im Mittelstand auch Begriffe wie Reporting-System, Management-Informationssystem, Planungssystem, Business-Intelligence-System, Data Warehouse, Kennzahlensysteme, Cockpit, Balanced Scorecard, OLAP, Führungsinformationssystem etc. das Berichtswesen als Bezeichnung für Softwarelösungen zur Unternehmenssteuerung nicht verdrängen (vgl. Friedrich 2007, S. 29 nach einer Studie vom Business Application Research Center [BARC]; siehe auch Humm/Wietek 2005, S. 3). Mit der technologischen Weiterentwicklung haben sich aber vor allem in methodischer Hinsicht die Verfahren im Berichtswesen verändert (vgl. Humm/Wietek 2005, S. 4; Abb. 8.32). Während in den 1960er-Jahren Managementinformationssysteme (MIS) auf eine effiziente Datenverarbeitung durch erste integrierte Systeme aufkommen, scheiterten diese häufig am totalitären Anspruch, alle informationsverarbeitenden Prozesse eines Unternehmens erfassen zu wollen (vgl. Koreimann 1976, S. 38).
478
8 Integratives Unternehmenscontrolling
Statistische Algorithmen werden nach und nach in den 1970er-Jahren durch Decision Support Systeme (DSS) umgesetzt und schaffen komplexere, aber starre Strukturen mithilfe von Datenbankanwendungen. Charakteristisch für Executive Information Systeme (EIS) oder Führungsinformationssysteme (FIS), die die 1980er-Jahre prägten, ist die Trennung von operativen und strategischen (i. w. S. analytischen) Systemen. Insbesondere an das TopManagement werden multidimensional gestaltete Berichte zu Betriebsgeschehnissen standardisiert und ad-hoc reportiert. Damit steigt die bedarfs- und zielorientierte Berichterstattung erheblich (siehe hierzu Gluchowski/Gabriel/Dittmar 2008, S. 55 ff.). Neben dem Data Support bildet der Communication Support (z. B. E-Mail, mobile Lösungen etc.) die zweite Unterteilung der EIS. Ergänzt um informationstechnische Basissysteme der Textverarbeitung, Tabellenkalkulation etc. gehören MIS, DSS und EIS der Klasse der sogenannten Management Support Systeme (MSS) an (vgl. Charmoni/Gluchowski 2006, S. 9; Abb. 8.33). Management Support Systeme (MIS)
Basissysteme • Textverarbeitung • Tabellenkalkulation • Grafikverarbeitung • Terminplanung
Abb. 8.33:
Executive Information Systeme (EIS) Communication Support
Decision Support Systeme (DSS)
Data Support
Kommunikation
StandardReporting
E-Mail, ...
MIS
Ad-hocReporting
Decision Support Simulation Prognose Optimierung
Komponenten der Management Support Systeme (nach Charmoni/Gluchowski)
Ein Data Warehouse (DW), das operative und externe Datenquellen auf Basis relationaler Datenbanken integriert und langfristig speichert, erlaubt seit den 1990er-Jahren bei relativ schnellen Antwortzeiten interaktive Anfragen durch analytische Funktionalitäten wie DrillDown, Roll-up, Slice-and-Dice oder Rotate, die verschiedene Sichtweisen auf multidimensionale Datenstrukturen einnehmen und damit flexibel aufbereitete Informationen berichten (vgl. Böhnlein/Ulbrich-vom Ende 2000, S. 6; Abb. 3.49). In der Abbildung 3.49 im dritten Kapitel sind die Funktionen dargestellt. Grundsätzlich können Objekte beliebig viele Dimensionen umfassen. Seit dem Jahr 2000 setzt sich der Begriff Business Intelligence (BI) durch, das Anwendungen und Technologien zur Sammlung, Aufbereitung und Darstellung entscheidungsrelevanter Informationen bereithält. Grundlage dafür ist nach wie vor das Data Warehouse. Zum Beispiel lassen sich umfangreiche Kennzahlensysteme unternehmensweit konstruieren, so dass die gesamte Belegschaft über Webbrowser Zugriff haben kann. Es sind sowohl gesamtunternehmensbezogene als auch spezialisierte Standard- und Abweichungsberichte generierbar. Mit einer der wichtigsten BI-Technologien, dem Data Mining, lassen sich Muster in großen Datensätzen herausfiltern. Die daraus gewonnenen Aussagen, Regeln und Informationen erhöhen das Fachwissen und lassen sich zu Planungszwecken nutzen (siehe hierzu Bissantz/Hagedorn 2009, S. 139 ff.). Bei diesen Technologien spricht man von analytischen Informationssystemen im engeren Sinne (vgl. Charmoni/Gluchowski 2006, S. 16). Mit der
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
479
In-Memory-Technologie als eine neuere Entwicklung wird durch Nutzung des Arbeitsspeichers auf operative Datenbestände zugegriffen, um das Unternehmen in Echtzeit analysieren zu können. Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten, bei Planabweichungen ohne größeren Zeitverlust in laufende Prozesse steuernd einzugreifen.
Unterstützungsniveau
BI DW EIS DSS MIS • effiziente Datenverarbeitung • integrierte Systeme • Vision des automatischen Entscheidungsgenerators
1960 Abb. 8.34:
• statistische Algorithmen “what-if?” • komplexe, starre Strukturen • Datenbankorientierung
1970
• multidimensionale Modellierung • Trennung von oper. Systemen • Beschränkung auf das TopManagement
1980
• Integration vielfältiger Datenquellen • Interaktive Anfragen/ OLAP • historische Daten
1990
• Kennzeichensysteme (Balanced Scorecards) • analytische Anwendungen • Data Mining
2000
Zeit
Historie entscheidungsunterstützender Systeme (nach Humm/Wietek)
Ferstl/Sinz (2008, S. 38 f.) ordnen die entscheidungsunterstützenden Systeme den strategischen Informationssystemen gemäß dem Regelkreiskonzept mit den Aufgaben der Planung, Steuerung und Kontrolle zu. „Aufgabe des strategischen Informationssystems ist die unternehmensganzheitliche, von einzelnen Geschäftsvorfällen abstrahierende Lenkung des Unternehmens und insbesondere des operativen Informationssystems. […]
Aufgabe der Planungsfunktion ist es, auf der Grundlage formaler Unternehmensziele (z. B. Gewinnmaximierung, Kostendeckung usw.) mittel- und langfristige (taktische und strategische) Pläne zu erzeugen. […]
Die Steuerungsaufgabe besteht in der Umsetzung globaler, langfristiger Planungsvorgaben des Planungssystems in detaillierte, kurzfristige Planungsvorgaben an das operative Informationssystem. Hier werden innerhalb der Steuerungsaufgabe auch Aspekte von Planung sichtbar. […]
Die Kontrollaufgabe besteht in einer Berichterstattung an das Planungssystem, bei der Informationen des operativen Informationssystems und der Umwelt systematisch aufbereitet und verdichtet werden. Diese Berichte werden regelmäßig (Nachschlageberichte, Überwachungsberichte) oder fallweise in Ausnahmesituationen (Ausnahmeberichte) erstellt. Darüber hinaus können Sonderberichte für spezielle Entscheidungsprobleme erstellt werden.“
Während Ferstl/Sinz von strategischen Informationssystemen sprechen, bezeichnen Mertens/Meier (2008, S. 1) entscheidungsunterstützende Systeme als Planungs- und Kontrollsysteme (PuK-Systeme). Die Abbildung 8.36 verdeutlicht die Bestandteile und Zusammenhänge von PuK-Systemen (vgl. Mertens/Meier 2008, S. 18 f.). Hiernach wird zunächst die trans-
480
8 Integratives Unternehmenscontrolling
aktionale (Online Transaction Processing – OLTP) von der analytischen (Online Analytical Processing – OLAP) Informationsverarbeitung unterschieden. Primäres Ziel von OLTP ist die Abwicklung von Geschäftsprozessen. Bei OLAP steht hingegen die Information für das Management im Vordergrund. Daher ist die Anwenderzahl bei OLTP sehr hoch und bei OLAP eher gering. Bei der Abwicklung von Geschäftsprozessen werden detaillierte Datenaktualisierungen zu einem Zeitpunkt vorgenommen. Bei der analytischen Informationsverarbeitung werden dagegen aktuelle und historisierte Daten zu Summendaten in Datenwürfel aggregiert und zur Entscheidungsunterstützung analysiert. PuK-Systeme sind desweiteren nach den Ebenen Datenbeschaffung/Datenrückgewinnung, Datenintegration/-speicherung sowie Datenanalyse, Informationsverteilung und -darstellung zu unterscheiden. Bei der Datenbeschaffung werden durch Extraktions-, Transformations- und Ladesysteme (ETL-Systeme) Inhalte aus heterogenen internen oder externen Datenquellen zusammengeführt, bereinigt, ggf. angereichert und als Stamm- und Bewegungsdaten in Data Warehouses bzw. Data Marts oder Operational Data Stores weitergeleitet und integriert. Auf die aufbereiteten Daten greifen Business Intelligence-Systeme, analytische Informationssysteme oder Corporate-Performance-Management-Systeme lesend und teilweise zu Planungszwecken auch schreibend zu. Retraktionssysteme können Analyseergebnisse in Datenquellen zurückübertragen.
Datenanalyse, Informationsverteilung und -darstellung
Datenintegration und Speicherung
Datenbeschaffung/ Datenrückgewinnung
BusinessIntelligenceSysteme
Analytische Informationssysteme
Corporate-PerformanceManagementSysteme
Data Warehouse / Data Marts / Operational Data Stores
Extraktions-Transformations-Lade-Systeme
Retraktions-Systeme
Datenquellen
Abb. 8.35:
O L A P
O L T P
Typische Architektur von Planungs- und Kontrollsystemen (nach Mertens/Meier)
Bevor stärker auf das Konzept des Data Warehouse zur integrierten Planung und Kontrolle eingegangen wird, muss das Enterprise Resource Planning-System (ERP-System) als operatives Informationssystem näher erläutert werden, da es unmittelbar mit der Planung, Steuerung und Kontrolle des Basissystems zusammenhängt und die laufenden Geschäftsvorfälle durch Transaktionen abwickelt (vgl. Ferstl/Sinz 2008, S. 37). Obwohl die Bedeutung externer Datenquellen stark ansteigt und mit einbezogen wird (siehe hierzu Mertens/Meier 2008, S. 21 ff.), bildet das ERP-System nach wie vor die wichtigste Datenquelle einer integrierten Gesamtplanung.
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
8.2.1
481
Enterprise Resource Planning (ERP)
Integrierte Informationssysteme haben zum Ziel, eine widerspruchs- und redundanzfreie Informationsstruktur zu etablieren, mit deren Hilfe alle operativen Aktivitäten erfasst, geplant und kontrolliert werden können. Sie schaffen eine Integration zwischen der betriebswirtschaftlichen Informationsverarbeitung von Rechnungswesen und Controlling sowie der technischen und kommunikativen Informationsverarbeitung. In der Regel arbeiten solche Systeme unabhängig von einer spezifischen Hardwareplattform und können von verschiedenen Betriebssystemen und Datenbanken unterstützt werden. Es ist eine Client-ServerStruktur, in der der Endnutzer interaktiv über einen Personalcomputer mit Windowsoberfläche einen Dialog mit dem betrieblichen Datenbestand betreiben kann. Die Datenstruktur unterliegt den syntaktischen und semantischen Kriterien eines Modells, etwa einer spezifischen relationalen Datenbank. Die Organisationsstruktur eines Unternehmens und das Referenzmodell der Datenstruktur müssen zueinander passen. Die Implementierung eines solchen Systems bedeutet eine Investition mit Ausgaben in Soft-und Hardware, aber auch in eine referenzmodellorientierte Reorganisation und eine ausgedehnte Schulung aller Systemnutzer, die als soziale Investition bezeichnet werden kann (siehe hierzu Kapitel 9.2). Eine betriebswirtschaftliche Standardsoftware zur operativen Planung, Steuerung und Kontrolle von Geschäftsvorfällen eines Unternehmens liefert bspw. die SAP® AG aus. Derzeit wird die SAP Business Suite als größte branchenunabhängige ERP-Lösung angeboten. Das Produkt ist modulartig aufgebaut (vgl. Reichmann 2011, S. 484; Abb. 8.36). Zentrales Modul ist das SAP ERP. Über die Integrationsplattform NetWeaver sind folgende Anwendungskomponenten miteinander verbunden (vgl. SAP 2012):
SAP ERP Financials: Finanzbuchhaltung und Controlling zu Abschluss- und Managementauswertungen, Financial Supply Chain Management zur Steuerung der Prozesse, des Cashflows und des Umlaufvermögens, Treasury zur Liquiditätssicherung und Corporate Governance zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. SAP ERP Human Capital Management: Anwenderorientierte Services, d. h. individualisierte Manager- und Mitarbeiterportale sowie ein Mitarbeiterinteraktionszentrum, in dem auf Anfrage reagiert wird, Personalanalysen zur Planung, zum Benchmarking, zur Prozessanalyse, zur Talentanalyse und zur personalstrategischen Ausrichtung, Talent Management zur Mitarbeiterförderung, Workforce Process Management zur Gestaltung der Personalprozesse und Workforce Deployment für den effizienten Mitarbeitereinsatz. SAP ERP Operations: Beschaffung und Logistik, Produktentwicklung und Fertigung sowie Vertrieb und Services. SAP ERP Corporate Services: Immobilienmanagement, Enterprise Asset Management zur Wartung und Pflege des Anlagevermögens, Projekt- und Portfoliomanagement, Reisemanagement, Umwelt-, Ge-
482
8 Integratives Unternehmenscontrolling
sundheits- und Arbeitsschutz, Qualitätsmanagement und Außenhandel im Falle internationaler Lieferketten.
Wirtschaftliches Controlling Technisches Controlling
Kommunikatives Controlling Abb. 8.36:
SAP ERP • SAP ERP Financials • SAP ERP Operations • SAP ERP Human Ressources • SAP ERP Corporate Services
SAP Product Lifecycle Management
SAP Supply Chain Management
SAP Supplier Relationship Management
SAP Customer Relationship Management
Struktur der SAP Business Suite (nach Reichmann)
Neben SAP ERP bietet die Business Suite noch die Module SAP Customer Relationship Management, SAP Product Lifecycle Management, SAP Supply Chain Management und SAP Supplier Relationship Management an. Alle Module sind branchenunabhängige Softwarebausteine, mit denen sich operative Vorgänge und Geschäftsprozesse planen, durchführen und kontrollieren lassen. Daher müssen die einzuführenden Module und ihre Anwendungskomponenten auf die Geschäftsprozesse des jeweiligen Unternehmens angepasst werden. Dieser Vorgang wird als „Customizing“ bezeichnet. In der Praxis haben sich hierzu unterschiedliche Einführungsmethoden entwickelt. Ein typisches Beispiel für mittelständische Unternehmen ist in Abbildung 8.37 dargestellt und wurde von der Steeb Anwendungssysteme GmbH, einer Tochtergesellschaft der SAP, entwickelt (vgl. Steeb 2012):
In der Projektvorbereitung wird die Projektplanung erstellt. Aus den klar definierten Projektzielen des Entscheidungsträgers leiten sich die Einführungsstrategie und die Zusammenstellung inklusive Schulung des Projektteams ab. Zudem werden die technischen Anforderungen geplant. In der Phase der Fachkonzeption werden die Geschäftsprozessanforderungen und der SAP-Funktionsumfang definiert und dokumentiert. Das Ergebnis wird Business Blueprint genannt und dient dem Verständnis, wie künftig das Unternehmen mit der SAPSoftware operieren will. Die Realisierungsphase ist geprägt von der Konfiguration des SAP-Systems (Customizing) auf Basis der gesetzten Anforderungen aus der vorigen Phase. Die Phase endet mit Integrationstests, um sicherzustellen, dass der entwickelte Prototyp, die Personalisierung und die Datenübernahme aus alten IT-Systemen erfolgreich verliefen. Der endgültige Systemwechsel wird in der Phase der Produktionsvorbereitung eingeleitet. Dazu werden Anwenderschulungen und abschließende Tests durchgeführt, die Integration in die Organisations- und Systemumgebung sichergestellt und die Produktivsetzung geplant und umgesetzt.
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
483
Die Produktivsetzung zum Go-Life-Termin setzt das SAP-System in Gang. Die Phase wird durch eine kontinuierliche Supportstruktur begleitet und soll die Benutzer bei Problemfällen unterstützen und die technische Umgebung optimieren. Zudem sollte im Erfolgsfall durch die Entscheidungsträger die Projektabnahme erfolgen. ständige Optimierung
11
2
3
4
5
Projektvorbereitung
Fachkonzept “Blueprint”
Realisierung
Produktionsvorbereitung
Produktivsetzung und Support
Projektplanung Festlegung der Projektziele Definition der Einführungsstrategie Zusammenstellung und Schulung Projektteam
Abb. 8.37:
Definition der Geschäftsprozessanforderungen Definition des SAPFunktionsumfangs
Customizing des SAP-Systems Entwicklung eines Prototypen Personalisierung Datenübernahme Integrationstests
Anwenderschulung Planung der Produktivsetzung Tests
Go-Live Erarbeitung und Aufbau einer Support-Struktur Optimierung technische Umgebung Projektabnahme
SAP-Einführungsmethodik für den Mittelstand (nach Steeb)
Planung
Ausführung/ Controlling
Projektübergabe
Erstellung Projektplan
Integrations-Management
Projekt-Abschluss
Entwicklung, Definition und Verabschiedung des Projektauftrages
Erstellung Managementplan
Umfang-Management
Projekt-Bewertung
Definition der Anforderungen
Zeit-Management
Personal-ManagementAbschluss
Erstellung Projektkalender/Budget
Kosten-Management
Initiierung
Abschluss
Qualitäts-Management Personal-Management Kommunikations-Management Risiko-Management Einkaufs-Management
Projektziele und Erfolgsfaktoren sind definiert Initiale Projektrisiken sind identifiziert
Projektrichtlinie Projekthandbuch Projektbudgetplan
Erwartungen der Projektbeteiligten sind bekannt
Kick-off-Präsentation
Projektmitglieder sind bekannt
Projektplan inkl. Meilensteine
Projektauftrag ist angenommen
Abb. 8.38:
Kontinuierliche Projektkontrolle und Projektüberwachung
System ist an Fachbereich (Abnahme) und Support übergeben
Regelmäßiges Projektreporting
Projektergebnisse sind dokumentiert
Abnahme der Projektergebnisse
Projektteams sind aufgelöst
Fachkonzept
Projektmanagement-Methodik (nach Steeb)
Die Einführungsmethodik wird durch eine Projektmanagementmethodik unterstützt (siehe Abb. 8.38), um den Erfolg in Form von Zeit, Kosten und Umsetzung der Anforderungen einer SAP-Einführung zu erhöhen. Darin sind die Phasen der Initiierung, Planung, Ausführung/Controlling sowie Abschluss zu erkennen, die durch Aktivitäten und Ergebnisse opera-
484
8 Integratives Unternehmenscontrolling
tionalisiert werden. Dies ist durchaus sinnvoll, da nicht selten „Schwarze Schwäne“, d. h. unvorhersehbare seltene, aber mächtige Ereignisse das IT-Projekt negativ beeinflussen können (siehe hierzu Taleb 2008). Budzier/Flyvberg (2011) zeigen anhand einer Analyse von 1.417 IT-Projekten – davon 28 % ERP-Projekte – mit einem Gesamtvolumen von 221 Milliarden US-Dollar, dass das durchschnittliche Projektrisiko mit 27 % über Budget und 55 % über die ursprüngliche Zeitplanung bemessen wurde. Die Wahrscheinlichkeit für eine „normale“ Projektabwicklung liegt bei 77 % und verursacht durchschnittliche Kosten, die 4 % mit einer Standardabweichung von 15 % über dem Budget liegen. Erst die sogenannten Schwarzen Schwäne verzerren das Gesamtbild. Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit wird auf 17 % geschätzt und verursacht ein Kostenrisiko, das 197 % über dem Budget liegt, und ein zeitliches Risiko, welches das IT-Projekt um 68 % verlängert.
8.2.2
Data Warehousing (DW) und Business Intelligence (BI)
Zum Zweck einer unternehmensweiten Planung und Kontrolle reicht die Einführung eines ERP-Systems nicht aus. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt, sind sie in erster Linie zur Geschäftsprozessunterstützung entwickelt worden und eignen sich im operativen Tagesgeschäft (z. B. in der Beschaffungs-, Absatz- oder Produktionsplanung, in der Buchführung oder im Personalbereich). Allerdings setzen ERP-Systeme Standards in der Objektbeschreibung, die sich in Berichtssystemen wiederfinden. Sei es der Kontenplan, die Konzernwährung, die Organisationsstruktur, die Erzeugnisstruktur oder die Kostenstellensystematik, um nur einige Beispiele zu nennen. Anhand begrifflicher Klassifikationen lassen sich Daten zu einer Unternehmensgesamtplanung verdichten und zwecks differenzierter Erkenntnisgewinnung aus unterschiedlichen Sichtweisen im Planungsprozess analysieren. Die im Data Warehouse (DW) gespeicherten Daten sind Basis für Produktanalysen, Trendanalysen, Prognose- oder Simulationsverfahren. Hierbei sind Methoden des Business Intelligence (BI) anwendbar. Die Verdichtung einzelner Bewegungsdaten wie Belegbuchungen zu Auswertungen mit Kennzahlen wie Umsätze, Absätze, Kosten etc. setzt voraus, dass eine hierarchische Klassifikation der Objekte gebildet wurde. So lassen sich bspw. für Verkaufsaufträge unterschiedliche Eigenschaften bzw. Attribute festlegen: Kunde, Region, Zeitpunkt, Verkäufer, Produkt etc. In der Systembildung werden dazu in der Regel mehrdimensionale Modelle entworfen. Oehler (2006, S. 125; Abb. 8.49) verdeutlicht dies an einem dreidimensionalen Modell mit den Objekttypen Kostenstellen, Kostenarten und Perioden als Ausprägungen dreier Dimensionen. Hierbei bilden die Einzelbuchungen der Belegebene in den ERP-Systemen den Ausgangspunkt unterschiedlich denkbarer Aggregationen in Data Warehouse-Systemen. Wird bspw. die Vermutung geäußert, dass die Kostenstelle Fertigung bei gleichbleibenden Erlösen zunehmend Kosten verursacht, ließen sich die Kostenarten nach Materialkosten, Personalkosten, Fertigungskosten usw. in der zeitlichen Entwicklung darstellen, um einen möglichen Trend zu identifizieren. So lässt sich in der Anwendungsphase prinzipiell für jede Hypothese im festgelegten Klassifikationsrahmen eine Analyse erstellen und prüfen. Die Definition des hierarchischen Begriffssystems bildet insofern die zentrale Anforderung für die Programmierung.
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
485
...
Lager Feb Fertigung Jan
Materialkosten
Abb. 8.39:
Personal- ... kosten
Kostenarten
Dreidimensionale Darstellung von Ereignissen (nach Oehler)
In der Praxis werden im Regelfall mehr als drei Dimensionen mit zahlreichen Hierarchiestufen für das Berichtssystem benötigt. Daher haben sich verschiedene semantische Modellierungstechniken zur formalen Festlegung des Begriffssystems entwickelt, wobei sich das Star Schema bzw. das Snowflake Schema als Weiterentwicklung des Star Schemas durchgesetzt hat (vgl. Hahne 2010, S. 243 und S. 248 f.). Das Star Schema spezifiziert die Vorstellungen, wie eine Auswertung als Modell formal aussieht (vgl. Humm/Wietek 2005, S. 6; Abb. 8.40). Mit der Anwendung des Modells kann das Controlling die begrifflichen Klassifikationen in der Systembildung eindeutig festlegen und kommunizieren. Das Datenmodell komplettiert die semantische Modellierung (siehe hierzu Kapitel 3.2) und bildet die Grundlage der Programmierung. Nach Hahne kann ein Datenmodell als ein „formaler Rahmen zur Beschreibung von Datenstrukturen und Operationen auf Daten bezeichnet werden. Datenmodelle dienen der Beschreibung aller in einer Datenbank enthaltenen Daten und im Allgemeinen wird angenommen, dass in einem Datenmodell Objekte, deren Eigenschaften (Attribute) sowie Beziehungen zwischen Objekten modelliert werden“ (Hahne 2010, S. 230).
wird spezifiziert über
wird spezifiziert über
Auswertung
Fachlicher Stern
Verkäufe je Region und Monat Jahr
Datenmodell
Aufträge
Land
Jahr
2012
Region Monat
Region/Monat
Jan
Feb
Mrz
...
Nord
460
526
556
...
Süd
234
334
364
...
Mitte
55
100
130
...
West
120
170
200
...
89
130
160
...
Business Unit
Abb. 8.40:
1
• Business Unit
Tag Woche
• Umsatz • Anzahl Verkäufe
Kunde
• Auftrags-Nr.
• KundenNr 1
... ...
Ost
Verkäufer
... ...
Auftrag • Datum • Nummer
1
n
Auftragsposition • Business Unit 1 Produkt • Preis
Semantische Datenmodellierung (in Anlehnung an Humm/Wietek)
Im Beispiel der Abbildung 8.40 hat das Objekt „Auftrag“ die Dimension Ort mit den hierarchischen Attributsausprägungen Business Unit, Region und Land. Die zeitliche Dimension umfasst die Attributsausprägungen Tag, Monat und Jahr. Darüber hinaus sind noch andere Hierarchien von Dimensionen denkbar wie Kundengruppe, Artikelgruppe, Verkaufsorganisation, Absatzkanal etc. Die Dimensionen als qualitative Informationen beschreiben die quanti-
486
8 Integratives Unternehmenscontrolling
tativen Informationen (Bewegungsdaten) wie Umsatz oder Absatz eines Auftrags. Nach technischer Umsetzung des Data Warehouse-Konzepts werden die Bewegungsdaten in der Faktentabelle im Zentrum des Sterns gespeichert, und mittels der Programmiersprache SQL (Structured Query Language) erfolgt durch selektive Abfrage die Kommissionierung der Daten.
Staging Area
Extrakt
Data Warehouse
Laden
Bereinigte Rohdaten
Transformation
Datenanalyse in Speicher für Analysezwecke ablegen
Daten 1) bereinigen/harmonisieren 2) verdichten 3) anreichern Extrakt
Extraktion Interne Datenquellen
Abb. 8.41:
Externe Datenquellen
Quellen anbinden und relevante Daten auswählen
Schema eines Extraktions-Transformations-Lade-Systems (nach Mertens/Meier)
Allerdings ist die Umsetzung einer Data Warehouse-Datenbank in der Praxis aufwendig, da Daten aus verschiedenen internen und externen Datenquellen integriert werden. Das Extraktions-Transformations-Lade-System (ETL-System) hat daher die Aufgabe, die benötigten Daten zu filtern und für das Data Warehouse aufzubereiten. Man unterscheidet drei Phasen (vgl. Mertens/Meier 2009, S. 26 f.; Abb. 8.41):
Extraktion In der Extraktionsphase erfolgt die Anbindung an die Quellsysteme. Interne Quellsysteme sind in der Regel das ERP-System und Datenbanken. Externe Quellen sind z. B. Onlinedienste oder Datenbanken mit Markt-, Finanz- oder Wettbewerbsdaten von Marktforschungsinstituten. Die Inhalte werden zur Weiterbearbeitung temporär in der sogenannten Staging Area zwischengespeichert.
Transformation Die extrahierten Daten müssen so strukturell und inhaltlich bereinigt werden, dass sie sinnvoll auswertbar und vergleichbar sind. Außerdem werden in dieser Phase entsprechend den Vorgaben der Datenmodellierung viele Bewegungsdaten verdichtet. Zudem werden nicht originär vorhandene Quelldaten mit Kennzahlen potenzieller Anspruchsgruppen angereichert. Kemper/Finger (2010, S. 171 f.) verdeutlichen den Vorgang an einem Beispiel (siehe Abb. 8.42). Aus den operativen, granularen Daten der unteren Tabelle werden aggregierte Daten gebildet und nach Filialen in der oberen Tabelle dargestellt. Aus den berechneten variablen Kosten und
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
487
den Deckungsbeiträgen jedes Produkts wird erneut der Deckungsbeitrag I jeder Filiale berechnet.
Laden Nach der Bereinigung werden die Daten in das Data Warehouse geladen. Bestimmte Fakten werden zur differenzierten Analyse mehrfach gespeichert. Bspw. können Umsätze in Vertriebsstatistiken, Finanzstatistiken oder zur Provisionsermittlung notwendig sein.
Der Extraktions-, Transformations- und Ladevorgang wird durch die Definition von Metadaten begleitet, um die zu verarbeitenden Bewegungsdaten hinsichtlich Datentyp, Feldlänge, Datenstruktur, Gültigkeitszeitraum etc. zu beschreiben (siehe hierzu bspw. Turban 2010, S. 55 f.).
Filiale Berlin Dresden Essen ... ...
Summe (Umsatz)
Jahr 2011 2011 2011 ... ...
Variable Kosten (Ist)
20.943.312 € 15.927.384 € 18.478.512 € ... ...
Fixkosten (Ist)
16.406.772 € 12.466.512 € 14.465.856 € ... ...
Aggregierte Datenwerte auf Flilial- und Jahresebene (gebildet aus Granularitätsdaten)
Produkt
Monat
15W-A-BOXEN 15W-A-BOXEN 15W-A-BOXEN ... ...
Jan 2011 Feb 2011 März 2011 ... ...
Umsatz 67.290 € 44.651 € 68.700 € ... ...
Variable Kosten (Ist) pro Mengeneinheit 29 € 39 € 31 € ... ...
Datenwerte der DWH-Granularität (z.B. gebildet aus tagesaktullen Rechnungsbelegen)
Abb. 8.42:
Deckungsbeitrag I
2.336.400 € 2.317.200 € 2.366.400 € ... ...
2.200.140 € 1.143.672 € 1.646.256 € ... ...
Anreicherung: Berechnete Daten
Variable Kosten (Ist)
Menge 1.843 1.226 1.764 ... ...
Deckungsbeitrag I
53.447 € 35.554 € 54.684 € ... ...
13.843 € 9.097 € 14.016 € ... ...
Anreicherung: Berechnete Daten
Anreicherung durch Berechnung betriebswirtschaftlicher Kennziffern (nach Kemper/Finger)
Aus Abbildung 8.43 (vgl. Gluchowski/Gabriel/Dittmar 2008, S. 92) wird deutlich, dass der Prozessschwerpunkt von ETL-Systemen und dem Data-Warehousing in erster Linie in der Datenspeicherung und -bereitstellung liegt und zu einem Standard-Reporting führt. Sie bilden nach neuerer Auffassung das weite Business Intelligence-(BI)-Verständnis. Analytische Informationssysteme sind methodenorientiert und erlauben differenzierte Datenauswertungen. Sie sind daher stärker auf die Anforderungen der Anwender fokussiert. Zu diesem analyseorientierten BI-Verständnis zählt z. B. das Ad-hoc-Reporting, die Darstellung umfassender Kennzahlen und Balanced Scorecards, die Systeme zur Planung/Konsolidierung und Budge-
488
8 Integratives Unternehmenscontrolling
tierung (siehe hierzu Oehler 2010, S. 359 ff.), das Data/Text Mining (Mustererkennung; siehe hierzu Ziegenbein 2007, S. 423 ff.; Charmoni/Beekmann/Bley 2010, S. 329 ff.), das Business Activity Monitoring von Geschäftsprozessen (siehe hierzu Baars/Lasi 2010, S. 419 ff.) und das analytische Customer Relationship Management, in dem überwiegend statistische Methoden zum Einsatz kommen (siehe hierzu Hippner 2010, S. 395 ff.). Im Kern des BI-Verständnisses stehen allerdings die ursprünglichen OLAP-Funktionen wie Slice and Dice, die bereits eingehend in Kapitel 3.2 diskutiert wurden. Weites BIVerständnis Prozessschwerpunkt ETL Datenbereitstellung
Data Warehouse
Analyseorientiertes BI-Verständnis
StandardReporting Kennzahlen / Balanced Scorecards
Ad-HocReporting
Enges BIVerständnis OLAP Datenauswertung
Data / Text Mining
Technik
Abb. 8.43:
MIS / EIS
Planung / Konsolidierung
Business Activity Monitoring
Analytisches CRM
Anwendung
Orientierung
Einordnung und Abgrenzung von Business Intelligence (nach Gluchowski/Gabriel/Dittmar)
Mit dem Wandel des BI-Verständnisses haben sich auch die Benutzergruppen verändert. Von der ursprünglichen Idee, allein die Führungskräfte mit entscheidungsrelevanten Informationen mit einem Managementinformationssystem zu versorgen, werden BI-Funktionen in allen Funktionsbereichen und Ebenen von Unternehmen eingesetzt. Entsprechend vielfältig sind die Benutzergruppen und ihre Aktivitäten (vgl. Hummeltenberg 2010, S. 32; siehe Abb. 8.44). Businessanalysten nutzen analytische Funktionen für weitergehende und vorhersagende Analysen sowie Hypothesentests, Ad-hoc- und Datenwürfel-(Cube)-Analysen. Sie sind in der Datenanalyse spezialisiert und frequentieren die Datenwürfel vielschichtiger als andere Gruppen. Die Businessmanager sind überwiegend auf das unternehmensweite Reporting mit multidimensionalen Berichten und Scorecards fokussiert. Grundsätzlich können mit analyseorientierten BI-Systemen durch die Anbindung an Webs-Server sogar alle Arbeiter mit Informati-
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
489
Analytischer Reifegrad und Benutzerinteraktionen
onen versorgt werden oder per E-Mail automatisiert Berichte oder Warnhinweise zu Abweichungen (Abweichungsberichte) zugestellt werden. So kann bspw. das Unterschreiten des Sicherheitsbestands von einem Rohstoff angezeigt werden. Selbstverständlich können durch Web-Technologien auch externe Anspruchsgruppen wie Kunden oder Lieferanten und Konsumenten mit Informationen bedient werden. Durch die Erweiterung der Nutzergruppen und analyseorientierten BI-Systeme ergeben sich für das Controlling neue Möglichkeiten der Plankoordination, Konsolidierung und Budgetierung, der Bildung und Bewertung von Simulationen und Szenarien, der operativen Leistungs- und der Zielerreichungsmessung.
Statistiken und Data Mining
Ad-Hoc-Abfragen und Analysen
Wüfelanalysen Unternehmens-Reporting Report-Lieferung und Warnmeldungen
Business Analysten
Business Manager
Alle Arbeitnehmer
Anspruchsgruppen
Konsumenten
Vielfalt und Anzahl an Benutzern
Abb. 8.44:
Benutzergruppen und BI-Analysetechniken (in Anlehnung an Hummeltenberg)
Während für ein unternehmensweites Standard-Reporting ein zentrales Data Warehouse für die Führungskräfte einer Unternehmung ausreichend ist, bedingen die analyseorientierten Verfahren in vielen Fällen die Nutzung von Data Marts. Data Marts erstellen bereichsorientierte Berichte einzelner Organisationseinheiten wie Abteilungen. Der Verdichtungsgrad, die Datenmenge und die historischen Daten sind daher verglichen mit dem Data WarehouseKonzept gering. Dafür sind Data Marts mehrfach in Unternehmen vorzufinden und zu warten. Für die Systembildung und Datenverdichtung in der Unternehmensgesamtplanung lassen sich unter Einbezug des Data Warehouse-Konzepts vier Architekturvarianten realisieren (vgl. Mertens/Meier 2009, S. 34 f.; Gluchowski/Gabriel/Dittmar 2008, S. 130; siehe Abb. 8.45). Das Data Warehouse der SAP AG nennt sich Business Information Warehouse (SAP BW). Es werden alle wesentlichen Funktionen von der Datenextraktion bis zur Datenauswertung unterstützt. Neben den Daten aus SAP ERP sind auch externe Daten integrierfähig und können verdichtet und in einem Berichtssystem zu Kennzahlen gespeichert und weiterverarbeitet werden. Reichmann (2011, S. 493 ff.) schreibt hierzu: „Die Integration von Daten aus SAP-Vorsystemen ist für eine Anzahl von Strukturen bereits vordefiniert und erlaubt somit grundsätzlich eine zügige Umsetzung. Von besonderer Bedeutung für die Datenhaltung sind die sog. InfoCubes. In den InfoCubes werden z. B. einzelne Kennzahlen und die den Kennzahlen zugeordneten Merkmale angeordnet. Die Kennzahlen stellen den betriebswirtschaftlichen Inhalt, wie bspw. Umsatz oder Kosten dar, während die Merkmale die betriebswirt-
490
8 Integratives Unternehmenscontrolling
schaftlichen Betrachtungsobjekte, wie z. B. Kunden, Organisationen oder Produkte beinhalten. Hierdurch ergibt sich die Struktur einer mehrdimensionalen Datenhaltung im Sinne der bereits diskutierten OLAP-Konzeption.“ Die InfoCubes sind in SAP BW mit betriebswirtschaftlichen Inhalten (Business Content) bereits vorkonfiguriert und können entsprechend der Konzeption des Berichtswesens abgeändert oder ergänzt werden. Zentrales Data Warehouse mit abhängiger Data Mart-Schicht
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Zentraler Data Warehouse mit unabhängiger Data Mart-Schicht
Data Mart
Data Mart
Data Warehouse
Operative Quellsysteme
Data Warehouse
Externe Daten
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Operative Quellsysteme
Unabhängige Data Marts
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Externe Daten
Data Mart Bus mit Conformed Dimensions
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Data Mart
Data Mart Bus Conformed Dimensions
Operative Quellsysteme
Abb. 8.45:
Externe Daten
Operative Quellsysteme
Externe Daten
Architekturvarianten für die Anordnung von Data Warehouse- und Data Mart-Komponenten (nach Gluchowski/Gabriel/Dittmar)
Das Business Information Warehouse kann um das analytische SAP SEM (Strategic Enterprise Management) erweitert werden. Damit bildet das SAP BW das „Scharnier“ zwischen operativer und strategischer Planung und Kontrolle (vgl. Mertens/Meier 2009, S. 39; siehe Abb. 8.46). Mit SAP SEM lässt sich aus der Umwelt- und Unternehmensanalyse die Strategie formulieren und operationalisieren sowie rückkoppeln. Des Weiteren ermöglicht es die Kommunikation mit den Anspruchsgruppen.
8.2 Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme
491 Umwelt- und Unternehmensanalyse
Strategischer Managementzyklus
Strategic Enterprise Management
Strategieformulierung
Strategische Rückkopplung
SAP SEM Operationalisierung der Strategie
Operativer Managementzyklus Operative Leistungsmessung
Business Analytics
Entscheidung über Maßnahmen
Durchführung Operative Ebene
SAP ERP, SAP CRM, SAP PLM, SAP SCM,
Abb. 8.46:
Finanzen Rechnungswesen Personal Anlagenmanagement
Forschung und Entwicklung
Vertrieb
Beschaffung Produktion
Versand
Lagerhaltung
Kundendienst
Betriebswirtschaftliche Einordnung der SAP-Produkte (nach Mertens/Meier)
SAP SEM ist wie SAP Business Suite in Modulen strukturiert und greift auf die gespeicherten Anwendungsdaten, bestehend aus Bewegungs- sowie Stammdaten und den Metadaten aus dem SAP BW zu (vgl. Reichmann 2011, S. 497, Abb. 8.47). Die zentralen, integriert einsetzbaren Module sind (ebenda S. 496 f.):
„SEM Business Planning & Simulation (BPS): SEM BPS fokussiert u. a. auch auf die strategische Planungsebene (etwa zur Verknüpfung externer Faktoren mit unternehmensinternen Parametern) sowie die Ressourcenebene des Unternehmens (etwa zur Integration einer Absatzplanung mit einer Kosten- und Kapazitätsplanung sowie einer Bilanz-, GuV- und Finanzplanung). Das Modul folgt weiter den Anforderungen der Praxis u. a. nach Simulationsmöglichkeiten und einem Datenaustausch mit vorgelagerten ERPSystemen im Sinne einer engen Planungsintegration. SEM Business Information Collection (BIC): SEM BIC dient einer Datenbeschaffung u. a. von Konzerndaten (etwa Finanzdaten von Tochtergesellschaften), strukturierten Daten (Aktienkurse aus dem Internet, KPIs aus ERP-Systemen) und Dokumenten (aus dem Internet). SEM Business Consolidation (BCS): SEM BCS bietet das Instrumentarium für eine gesetzliche Konsolidierung von Gesellschaften und Geschäftsbereichen auf Basis internationaler (IAS etc.) und nationaler Rechnungslegungsvorschriften sowie für eine Managementkonsolidierung. Kennzeichnend sind u. a. eine hohe Automatisierung und die Option von ‚Simulationsläufen‘.
492
8 Integratives Unternehmenscontrolling
SEM Corporate Performance Monitor (CPM): SEM CPM gilt u. a. der Darstellung eines Management Reportings unter Einbeziehung auch nicht finanzieller KPIs. Eine zentrale Komponente einer Visualisierung ist das Management Cockpit. SEM Stakeholder Relationship Management (SRM): SEM SRM umfasst die Gestaltung eines effizienten Informationsflusses von und insbesondere zu den Stakeholdern eines Unternehmens.“
SEM-BIC
SEM-BPS
Business Information Center
Business Planning and Simulation
• Technische Basis SAP BW
SAP ERP Abb. 8.47:
SEM-BCS Business Consolidation
SEM-CPM
SEM-SRM
Corporate Performance Monitor
Stakeholder Relationship Management
SAP BW Dateien (z.B. Excel)
NichtSAP
Internet
• Datenintegration - Metadaten - Anwendungsdaten
SAP Business Suite
SAP Strategic Enterprise Management (nach Reichmann)
Daneben entwickelt sich der Trend zur mobilen BI auf Smartphones oder Tablet-Computern, mit denen Standardberichte (z. B. Verkaufserlöse) und Ad-hoc Berichte (z. B. bei Sollwertunterschreitungen) jederzeit und ortsunabhängig generiert werden oder komplexe Drill-downAnalysen, Prognosen und Simulationen möglich sind. Dazu werden DatenanalyseSoftwarepakete wie SAP BusinessObjects 4.0 eingesetzt. Die Software kann Daten zur Analyse aus SAP BW und anderen Quellsystemen integrieren und zum Reporting oder zur Daten-Visualisierung auf mobilen Geräten eingesetzt werden (vgl. Völkel 2011, S. 1 ff.) Als App wird hierzu SAP BusinessObjects Mobile eingesetzt. Weitere Apps wie z. B. SAP BusinessObjects Explorer integrieren zusätzlich Daten auf Basis von Google Maps zu geografischen Geschäftsinformationen. „Mobile Analytics“ wird vermutlich rapide wachsen und sich auf eine Vielzahl an Mitarbeitern ausdehnen, die sich schnell informieren und fundierte Entscheidungen treffen können (vgl. Mcllvaine 2012, S. 1 f.). Schon jetzt spielen deshalb Sicherheitsaspekte eine bedeutende Rolle. Die Gefahr, dass Unbefugte Einsicht in die wertvollen Firmendaten erhalten, steigt mit den mobilen Geräten erheblich an. Darauf muss in der Konzeptions- und Umsetzungsphase eines BI-Projekts mit mobilen Funktionen eingegangen werden. Das Thema Datensicherheit nimmt nicht zuletzt deshalb auch an Bedeutung zu, weil die Speicherung der Firmendaten mehr und mehr in das Internet ausgelagert und deren Abruf als Dienstleistung abgerechnet wird mit dem sogenannten Cloud Computing. Damit wandeln sich die Softwareinvestitionsausgaben zu Betriebsaufwendungen (siehe hierzu BITCOM 2009, S. 13 f. und S. 38 ff.). Die Daten sind physisch dann nicht mehr am Standort der Unternehmung, sondern auf lokal unbekannten Servern. Damit verbunden ist die Gefahr, dass Unternehmensdaten durch Dritte systematisch manipulierbar oder abrufbar
8.3 Schrifttum
493
werden, wenn sich Sicherheitslücken auftun. Eine unternehmerische Fehlsteuerung ist dann nicht mehr auszuschließen (siehe hierzu auch Kapitel 11.1.).
8.3
Schrifttum
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494
8 Integratives Unternehmenscontrolling
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9
Objektorientiertes Controlling
Aus theoretischer Sicht ist es nicht möglich, die Struktur und die Klassifikation eines optimalen Systems für das Controlling zu definieren. Controlling ist in erster Linie eine soziale Tätigkeit, daher richtet sich seine Struktur nach den Vorgaben des sozialen Organismus, für den die Planungs-, Umsetzungs- und Kontrolltätigkeiten zu formalisieren sind. Jedes Unternehmen hat eigene spezifische Gegebenheiten, die zu einer eigenständigen Ausprägung seines Controllings führen. So sind die Betriebe gebunden in einer Unternehmenskultur des zwischenmenschlichen Umgangs und der betriebseigenen Historie sowie Tradition. Hieraus ergeben sich die Visionen, die Unternehmensphilosophie und die Unternehmensethik. Und das ist die Basis für die Formulierung einer Unternehmenspolitik mit Leitbild, Strategie und operativer Planung in Form von Programmen (vgl. hierzu Staehle 1998, S. 176 f.; Hahn/Hungenberg 2001, S. 108 ff.; Steinmann/Schreyögg 2005, S. 149 ff.; Jung 2010, S. 167 ff.). Es sind zunächst die weichen Faktoren, welche die Anpassungen im Unternehmenscontrolling determinieren. So weist ein Unternehmen mit einer über hundertjährigen Geschichte und – sagen wir einmal – 59.000 Mitarbeitern andere Führungsstrukturen auf als ein eben gegründeter Hightechbetrieb mit 400 Mitarbeitern und mit großem Expansionsdrang. Stetige Märkte erfordern Mechanismen, welche sich von denen erheblich unterscheiden, die bei einer diskontinuierlichen Entwicklung zum Tragen kommen. Eine operative Planung und Kontrolle kann nur dann funktionieren, wenn sie mit den weichen Unternehmensfaktoren harmoniert. Ansonsten werden die hiermit formalisierten Kommunikationsstrukturen nicht gelebt. Das Unternehmenscontrolling wird eher zum Zwangskorsett, an dem sich mit Vorliebe vorbeigemogelt wird, anstatt – was es eigentlich sein soll – eine Plattform zur stetigen Ausbildung eines Verhaltenskonsenses. Dennoch lässt sich auch von unten nach oben argumentieren. Unternehmensplanung und -kontrolle verweisen auf Handlungsinhalte, die unabhängig von den Betriebsgegebenheiten feststehende Vorgaben aufweisen. Aus dieser Sicht bestimmt Reichmann (2011, S. 68; vgl. Abb. 9.1) die Struktur der betrieblichen Planung. Er gliedert sie in vier Handlungsbereiche:
die Beschaffungsplanung, die Produktionsplanung, die Logistikplanung und die Absatzplanung.
„Ausgehend von dem Unternehmensgesamtplan, der sich aus dem Beschaffungsplan, in dem die zu beschaffenden Güter in ihrer Art, Qualität, Menge, Lieferzeit und ihrem Lieferort festgelegt sind, dem Produktionsplan, in dem das Produktionsprogramm und der Produktionsprozess (Arbeitsablaufplanung, Bereitstellungsplanung) festgelegt sind, dem Absatzplan, in dem das Absatzprogramm und die absatzpolitischen Instrumente festgelegt sind, dem Logistikplan sowie den verdichteten Umsatz-, Kosten- und Erfolgsplänen und den daraus
496
9 Objektorientiertes Controlling
abzuleitenden Einzahlungs-, Auszahlungs- und damit Finanzplänen ist ein bereichsorientiertes Controlling und darauf aufbauend ein Controlling-Kennzahlensystem zu entwickeln.“
Abb. 9.1:
Die Struktur der betrieblichen Planung (nach Reichmann)
9 Objektorientiertes Controlling
497
Selbstverständlich handelt es sich hierbei um ein idealtypisches Unternehmen, in dem gleichzeitig produziert und abgesetzt wird. Brancheneigenheiten – etwa im Handel oder in der Dienstleistung – führen zu anderen Schwerpunkten, aber stets wird eine Leistung generiert und diese veräußert. Reichmann hat mit seinem Kollegen Lachnit (1992, S. 24) eine Kennzahlenstruktur mit den zentralen Kenngrößen Rentabilität und Liquidität aufgebaut, das sogenannte RLKennzahlensystem (siehe hierzu Abschnitt 8.1.1). Es gliedert sich in drei Bereiche:
Abb. 9.2:
das RL-Jahresabschluss-Kennzahlensystem, das RL-Kennzahlensystem und das strategische Controlling.
Das erweiterte RL-Kennzahlen- und Controllingsystem (nach Reichmann)
Reichmann (2011, S. 69; vgl. Abb. 9.2) führt dazu aus: „Das RL-Bilanzkennzahlensystem dient dem zwischen- und überbetrieblichen Vergleich sowie der internen globalen Planung und Kontrolle. Der zwischenbetriebliche und überbetriebliche Vergleich, zeitpunkt- bzw. zeitraumbezogen, hat die Aufgabe, die Stellung des eigenen Unternehmens zu anderen Unternehmen oder zum Branchendurchschnitt zu ermitteln. […] Das RL-Kennzahlensystem und das RL-Konzern-Kennzahlensystem sind so zu konzipieren, dass es die als wichtig erkannten Controlling-Bereiche strukturentsprechend wiedergeben. Aufbauend auf dem Gedanken der Unternehmensgesamtplanung […] ist es erforderlich, zunächst verdichtete Informationen aus den betrieblichen Funktionalbereichen Beschaffung, Produktion, Marketing, Logistik und Informationsverarbeitung in Form des Kosten- und Erfolgs-Controllings (KuEC), des Finanz-Controllings (F-C) und des Investitions-Controllings (I-C) zu erfassen. Im Vordergrund dieser Controlling-Kennzahlenbereiche steht das Interesse der Unternehmensleitung, zu jedem Zeitpunkt die Auswirkungen von Umsatz- und Kostenveränderungen, Finanzierungsveränderungen oder von Entscheidungen im Investitionsbereich erkennen zu können und die Verbindung zu den Funktionsbereichen des Unternehmens mithilfe des Be-
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9 Objektorientiertes Controlling
schaffungs-Controllings (B-C), Produktions-Controllings (P-C), Marketing-Controllings (MC), Logistik-Controllings (L-C) und Informationsverarbeitungs-Controllings (IV-C) herzustellen. Diese primär operativ ausgerichteten Controllingteilsysteme dienen insbesondere der kontinuierlichen und gezielten Schwachstellenanalyse im Unternehmen.“ Der objektorientierte Controllingansatz ist ähnlich gegliedert und wurde seit Mitte der 1980er-Jahre in verschiedenen Branchen implementiert und weiterentwickelt. Es werden zunächst die nonmonetären Verfahren des technischen und kommunikativen Controllings von dem monetär ausgerichteten wirtschaftlichen Controlling getrennt (vgl. Abb. 9.3). Aus der monetären Sicht gliedert sich die Struktur – ganz ähnlich wie bei dem RL-Vorgehen – in drei Bereiche:
das fibu-orientierte Controlling, das operative Controlling und das strategische Controlling. Technisches Controlling
Kommunikatives Controlling
innerbetrieblich
CONTROLLINGSYSTEM überbetrieblich
Wirtschaftliches Controlling
Fibu-orientiertes Controlling
Operatives Controlling
Unternehmens-Controlling
Abb. 9.3:
Strategisches Controlling
Bereichs-Controlling
Bilanz-Controlling
Produktions-Controlling
Erfolgs-Controlling
Marketing-Controlling
Finanz-Controlling
Personal-Controlling
Investitions-Controlling Projekt-Controlling
Struktur des Controllingsystems
Das strategische Controlling ist mit der Terminologie von Reichmann/Lachnit identisch. Es handelt sich hier um kasuistische Verfahren, die je nach Einsatzfeld, -ort, -zeit und -inhalt sehr unterschiedlich ausfallen. Strategien, die im Unternehmen eingesetzt werden, sollten sich nicht sehr häufig ändern. Im Gegenteil, ihre Wirksamkeit ist gerade darin begründet, dass man eine bestimmte Strategie über einen längeren Zeitraum durchhält und hierbei schwierige Phasen in Kauf genommen werden. Dementsprechend variiert das eingesetzte Instrumentarium sehr stark, je nachdem, ob man sich bspw. in der Baubranche, der Landwirtschaft, der Investitionsgüterproduktion oder im Einzelhandel bewegt. Es gelten auch andere Konzepte in Deutschland, China, Uganda oder Chile bzw. bei regionalen oder globalen Überlegungen. Auch die Weite des Planungshorizontes (5 Jahre, 20 Jahre) determiniert die anvisierten Szenarien ebenso, wie sich die strategische Beurteilung neuer Technologien von der neuer Märkte methodisch unterscheidet.
9 Objektorientiertes Controlling
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Das fibu-orientierte Controlling unterscheidet sich deutlich vom RL-Konzept. Hier wird keine theoretische Destillierung von Kennzahlen des Rechnungswesens betrieben, sondern ein ganz pragmatisches Vorgehen fokussiert. Jedes Unternehmen hat eine spezifische Finanzbuchhaltung. Gesetzliche Voraussetzungen, Branchenvorgaben und Bedingungen wie die Unternehmensgröße sind länderspezifisch und abhängig von der Unternehmenskultur. Die Finanzbuchhaltung kann nicht so einfach global uninformiert werden. Daher sind Anpassungen bei der Einführung eines Fibu-orientierten Controllings nicht notwendig oder wenn, dann nur rudimentär. Es wird nur davon ausgegangen, dass eine hierarchische Gliederung und damit eine Konsolidierungsfähigkeit besteht zwischen
Hauptkonten, Unterkonten und Hilfskonten.
Das fibu-orientierte Controlling ist sehr einfach. In der Planung wird für jede begrifflich definierte Position des vorhandenen Rechnungswesens ein Sollwert fixiert, der entsprechend der Struktur zu betriebsspezifischen Kennwerten konsolidiert werden kann. In der Durchführung werden die realen Istdaten erfasst und in ihrer Kategorie eingespielt sowie nach Bedarf wie schon die Sollwerte verdichtet. Und in der Kontrolle werden die Soll-Ist-Abweichungen überprüft, um Handlungsmodifikationen zu begründen. Das operative Controlling ist wie das fibu-orientierte Vorgehen ein Verfahren mit einem Planungshorizont von einem Geschäftsjahr. Es bestehen jedoch zwei grundlegende Unterschiede. Zum einen ist die Fibu gebunden an die Rechtseinheit des Betrachtungsunternehmens. Jedes Unternehmen, welches sich als juristische Person formiert, muss eine eigene Finanzbuchhaltung etablieren, die in ein unternehmensspezifisches Controllingkonzept eingebunden werden kann. Bei dem objektorientierten Controlling wird unabhängig von den Rechtseinheiten ein Handlungszusammenhang formalisiert, mit dem dann ein Handlungsobjekt geplant und kontrolliert wird. Der kann aus einer Rechtseinheit bestehen, kann aber auch nur eine Teilmenge abbilden oder aber – was in der Regel der Fall ist – die Belange von verschiedenen Rechtseinheiten zusammenfassen. Der zweite Unterschied besteht in den Begrifflichkeiten. Während in der Fibu den Anforderungen der internen und externen Anspruchsgruppen (Mitarbeiter, Gewerkschaft, Steuer, Banken, Aktionäre usw.) im vollen Umfang bei der Kategoriendefinition Rechnung getragen wird, operiert das operative Controlling mit einer standardisierten Begrifflichkeit, welche schwerpunktmäßig den Bedürfnissen der Unternehmensführung gerecht wird. Dementsprechend entstehen durch Berechnungen mit wohldefinierten Bezugsgrößen standardisierte Kennwerte, welche sehr gut geeignet sind für innerbetriebliche Vergleiche. Beim operativen Controlling können zwei Betrachtungsfelder strukturiert werden. Einerseits kann das Handlungskonzept als Ganzes betrachtet werden. Mit der Sicht des Rechnungswesen(RW)-Controllings subsumiert man alle Tätigkeiten des Betriebes oder des Konzerns und steuert sie aus dem Blickwinkel der Bestände mit dem Bilanz-Controlling, aus der Periodensicht mit dem Erfolgs-Controlling, aus finanzpolitischen Erwägungen über das Finanz-Controlling und gegebenenfalls mit dem Konzern-Controlling. Zwar bedingen sich alle drei bzw. vier Systeme gegenseitig, aber man verschafft sich eine Handlungstransparenz, wenn der jeweilige Betrachtungsschwerpunkt sowohl sukzessive als auch simultan fokussiert wird. Wird jedoch ein Unternehmen im Handlungsschwerpunkt geplant und kontrolliert,
500
9 Objektorientiertes Controlling
dann reicht die Strukturierung der Grunddaten im RW-Controlling als sogenanntes Basismodell nicht aus. Es müssen vielmehr Teilmengen bis hin zur Gesamtmenge anders strukturiert und somit neu dargestellt werden. Dabei stößt man mindestens auf fünf Handlungsfelder:
das Produktions-Controlling der Leistungsgenerierung, das Marketing-Controlling oder auch Absatz-Controlling bei der Leistungsveräußerung, das Personal-Controlling als Querschnittsfunktion und das Investitions-Controlling sowie das Projekt-Controlling als zu operationalisierende Prozesse der kontinuierlichen Produktions- und Produktverbesserung im Rahmen eines lernenden Unternehmens.
Selbstverständlich sind die betrieblichen Funktionalitäten in der Praxis weitaus differenzierter, als in dieser Arbeit dargestellt. So gewinnen bspw. in Industriebetrieben das Beschaffungs- Controlling aufgrund der Marktvolatilitäten von zahlreichen Rohstoffen (vgl. Losse 2012, S. 35) oder auch das Supply Chain- bzw. Logistik-Controlling aufgrund weltwirtschaftlicher Nachfrageschwankungen stark an Bedeutung. Gewiss haben auch alle Bereiche ein operatives und strategisches Moment. Die hier genannten Handlungsfelder sollen lediglich die Anwendung und Übertragung des objektorientierten Ansatzes verdeutlichen. Dabei ordnet sich das Produktions-, Marketing- und Personal-Controlling der operativen Komponente im funktionalen Bereichs-Controlling zu. Mit dem Investitions-Controlling erweitern wir die Sichtweise um eine strategische 5-Jahres-Planung. Es wird in Abschnitt 9.2 separat behandelt. Das Projekt-Controlling dekomponiert Entwicklungsprozesse in bearbeitbare Arbeitspakete; plant diese und überprüft die Durchführung hinsichtlich Zeit, Budget und Qualität. Aufgrund des Innovationsgrads wird das Projekt-Controlling mit dem strategischkommunikativen Controlling ausgeführt (siehe Abschnitt 11.2.3). Das betriebliche Controlling kann kein in sich abgeschlossenes Verfahren sein – dazu sind die unterschiedlichen Sachstände, welche während des Betriebsprozesses zu analysieren, zu planen und zu kontrollieren sind, viel zu heterogen. Es ist daher beim Controlling ein Konglomerat von verschiedenen Verfahren zu berücksichtigen, die situationsspezifisch eingesetzt werden und jeweils auf eigenständigen Modellen beruhen. So sind beim strategischen Abwägen andere Kriterien heranzuziehen als beim Umsetzen der Handlung, und schließlich hat das operative Funktionieren ganz eigene Modellausprägungen. Dennoch sollte die Modellauswahl beim Controlling nicht wahllos erfolgen, sondern nach einem System, das einen gegenseitigen Bezug der Modellaussagen gewährleistet (vgl. hierzu Weber 1995, S. 2 ff.). Ausgangspunkt der Betrachtungen ist ein Basismodell des Unternehmens, das nach den Begrifflichkeiten der Finanzbuchhaltung strukturiert ist, eine hierarchische Subsystembildung erlaubt und einen Planungshorizont von bis zu fünf Jahren aufweist. In diesem Basismodell bilden die Funktionsmodelle jeweils ein Subsystem aus, das zunächst einmal isoliert definiert und inhaltlich optimiert werden kann und alsdann im Gesamtmodell verknüpft werden muss. Danach kann man durch eine Simulationsrechnung des Gesamtmodells mit und ohne die integrierten Funktionsmodelle feststellen, ob das Unternehmen sich besser oder schlechter mit der angelasteten Handlungsalternative entwickelt. Das reicht zur planerischen Definition der Betriebsprojektion nicht aus und muss ergänzt werden (vgl. Abb. 9.4) durch
9 Objektorientiertes Controlling
Abb. 9.4:
501
Modelle des Umsystems, die einem dazu verhelfen, die strategische Dimension zu evaluieren, Erweiterungsmodelle, welche einen Teilaspekt des Basismodells, bspw. eine Kennzahl, herausgreifen und in einen eigenen Erklärungszusammenhang stellen, und Detailmodelle, die einen spezifischen Aspekt des Basismodells, bspw. eine Wertezeile, weiter nach unten hierarchisieren und somit in ihrer Zusammensetzung detaillieren.
Modellbildung im betrieblichen Controlling
Durch die Objektorientierung nimmt das Controlling eine Marktperspektive ein und gewährleistet eine Unternehmensführung zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der betrieblichen Gegebenheiten und gibt dem Sozialgebilde „Unternehmung“ eine gemeinsame Richtung vor, zur Gewinnerwirtschaftung eine wirtschaftliche Leistung zu generieren und am Markt abzusetzen (vgl. Jung 2010, S. 165 f.; Abb. 9.5). Die Orientierung am zu erzeugenden Objekt soll hiernach auf allen Ebenen die Führungsaufgaben wie das Auseinandersetzen mit Problemen, Zielvereinbarungen treffen, Planen, Entscheiden, Auswählen, Beurteilen, Fördern von Mitarbeitern, Delegieren, Koordinieren, Organisieren, Informieren, Motivieren, Kontrollieren (vgl. ebenda S. 166) unterstützen. Ausgangspunkt der Marktperspektive ist die technische Betrachtung mit der Entwicklung neuer Erzeugnisse. Dieser Prozess umfasst die Konstruktion, die Erstellung von Fertigungsmustern, die Produktion einer Nullserie und die Mitwirkung bei der Einführung des Produktes auf dem Markt (vgl. Sabisch 1991, S. 181 ff.). Innerhalb der Produktentwicklung werden dementsprechend alle Produkt- und Umfeldmodelle generiert, die später notwendig sind, um den routinemäßigen Leistungsprozess abzubilden und zu regeln. Die Produktentwicklung als Reorganisations- und Innovationsprozess ist nicht nur die Zeitspanne, in der die innovativen Modelle generiert werden, sondern auch die Lebensphase des Produktes, in der Modelle getestet und so lange verändert werden, bis sie als Routinestrukturen den Anforderungen einer ständigen Wiederholung genügen und somit in einem Controllingsystem integriert werden können. Die Produktentwicklung hat einen Unikatcharakter, der Inhalt ihrer Ein-
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9 Objektorientiertes Controlling
zelsequenzen ist neu; eine erfolgreiche Produktentwicklung reformiert das Unternehmen und ist einzigartig, sie kann nicht wiederholt werden, da bei jeder neuen Produktentwicklung veränderte Problemstellungen und Ausgangsbedingungen bestehen. Die Planung der Produktentwicklung ist somit stets eine Projektplanung, in der Aktivitäten in einen zeitlichen Kontext gestellt werden. Der Erfolg der Planung orientiert sich zunächst einmal an dem Vollzug der Einzelaktivitäten, da der Gesamterfolg einer Produktentwicklung erst mit einem „historischen“ Abstand evaluiert werden kann.
Führung Entwicklung
Gestaltung
• Suchen und Realisieren • neuer Ziele und Verhaltensweisen • • Beeinflussung der Unternehmeskultur • Förderung der Innovationsfähigkeit • Rahmenbedingungen zur Unternehmensevolution schaffen
Abb. 9.5:
Entwerfen von Ordnung Organisationsgestaltung - Aufbauorganisation - Ablauforganisation (Prozessgestaltung)
• Regeln schaffen • Das Unternehmen als handlungsfähige Ganzheit aufrecht erhalten
Lenkung • Festlegen, Auslösen und Kontrollieren von zielgerichteten Aktivitäten • Vollzug von Handlungen • Steuerung der Beschaffung, Produktion und Distribution • Nutzung von Informationen
Hauptfunktionen der Führung (nach Jung)
Die Produktentwicklung antizipiert die wirtschaftlichen und die technischen Gegebenheiten der zukünftigen Leistungserstellung. Ein integratives DV-gesteuertes Planungssystem tangiert einen weiten Bereich der späteren Informationsverarbeitung und erfordert einen großen Umfang, wenn alle zu entwickelnden Teilsysteme widerspruchsfrei ineinandergreifen sollen. Ein solches Megasystem wird hier nicht angestrebt. In diesem Kapitel wird ein Planungsmodell vorgestellt, das modular aufgebaut ist. Es erlaubt je nach Handlungszusammenhang eine hierarchische Ausdifferenzierung und/oder die Anbindung an weitere Teilsysteme über Schnittstellen. Es entsteht somit eine Struktur, die eine individuelle Entwicklungsfreiheit der Handlungsräume ermöglicht und einen internen Gesamtzusammenhang gewährleistet. Die Funktion eines Teil- oder Subsystems ist nicht davon abhängig, dass es von anderen Teiloder Subsystemen mit Informationen alimentiert wird. Eine feste Verkopplung kann installiert werden, lässt sich aber auch durch eine interaktive Dateneingabe substituieren. Es geht ja zunächst um die Entwicklung von Planwerten. Im Vordergrund steht die Sinnfälligkeit der Gesamtstruktur vor der betrieblichen Handlung und nicht das Erfassungssystem der Realdaten während der Handlung. Das betriebswirtschaftliche Rechnungssystem ist gekennzeichnet durch seine Wertorientierung; die betrieblichen Ziele werden als Handlungsziele interpretiert bzw. in solche aufgelöst, deren Erfüllung zielorientierte Aktionen unter Mitteleinsatz voraussetzen (vgl. Hahn/Hungenberg 2001, S. 18 f.). Die betriebliche Aktivität wird dargestellt durch Begriffe, welche mit einheitlichen Wertqualitäten attribuiert werden. Die technische Betrachtungsweise ist objektorientiert. Es erfolgt eine Definition der Relation zwischen dem Objekt „Produkt“ und dem Objekt „Betrieb und Betriebsmittel“ (vgl. hierzu Seliger 1989, S. 626 ff.). In dem Objekt „Auftrag“ wird fixiert, was, wann und in welcher Menge produziert werden soll. Das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen erfasst das Objekt „Betrieb und Betriebsmittel“ global in der Bilanz, dekomponiert aber nicht die Gesamtheit in Relation zu den Produkten.
9 Objektorientiertes Controlling
503
Das Objekt „Produkt“ wird begrifflich qualitativ und quantitativ als verkaufsfähige Einheit interpretiert. Das objektorientierte Controllingsystem lässt sich durch seine hierarchisierte Struktur für die Detailplanung auffächern und ermöglicht für die mittel- und langfristige Gestaltung stets eine Konsolidierung. Es wird eine wertorientierte Abbildung der Objekte angestrebt, die im Unternehmen gehandelt werden. Hierbei wird zwischen
den Erzeugnissen und den Betriebsstätten
als Objekte unterschieden. Die wertmäßige Attribuierung der produzierten und produzierenden Objekte orientiert sich an dem Erfassungsvermögen der betrieblichen Buchhaltung und gewährleistet so eine begriffliche wie auch organisatorische Registrierbarkeit. Die Wertekategorien des Rechnungs- und Finanzwesens im Unternehmen werden durch den betrieblichen Gesamtaufwand und Gesamtertrag sowie durch die Zahlungsmittelbestände geprägt (siehe hierzu Hahn/Hungenberg 2001, S. 116; vgl. Abb. 9.6). Werkstoffe und Handelswaren sowie die Betriebsmittelbestände werden im Beschaffungsmarkt erworben und gehen in den betrieblichen Leistungsprozess ein, um über den Fertigwarenbestand, Produkte und Dienstleistungen für den Absatzmarkt bereitzustellen. Hierzu fließt ein gegenläufiger Strom von Ein- und Auszahlungen, der durch die monetären Bewegungen über Geld- und Kreditmärkte sowie der öffentlichen Hand ergänzt wird. Ausgangspunkt des hier vorgestellten Controllingsystems ist die Bilanz. In der Bilanz werden für einen exakt definierten Zeitpunkt auf der einen Seite alle Objekte des Unternehmens aufgezählt, die „umlaufen“, also in produktiver Bewegung sind, und alle Objekte, die angelegt sind und somit einen mittel- oder langfristigen Bestand haben. Auf der anderen Seite werden die Ansprüche der Kapitalgeber aufgezeigt, seien es nun eigene, also die Eigentümer, oder fremde. Diese Bilanz wird nun als Planungsinstrument verwendet und mit Planzahlen für zukünftige Zeitpunkte belegt. Dabei wird die Bilanz dekomponiert, d. h. in Subbilanzen gegliedert, die in ihrer Summe der ganzheitlichen Bilanz entsprechen. Die Subbilanzen können bei Bedarf erneut gegliedert werden, je nach den Ansprüchen der Detaillierung. Die Gliederung in Subsysteme erfolgt nach den Gesichtspunkten der objektiven Struktur, das heißt, es werden Umlauf- und Anlagevermögen zusammengefasst, die einen Produktionskomplex ausbilden und in der eine Produktkategorie (sei es Art, Klasse oder Gruppe) hergestellt und/oder veräußert wird. Jeder Bilanz wird auf ihrem Niveau eine Gewinn- und Verlustrechnung beigestellt, sodass nicht nur die dekomponierten Bilanzen zu Beginn und zum Ende einer Planungsperiode miteinander verglichen werden können, sondern auch das Ergebnis für diese Planungsperiode auf dem entsprechenden Niveau ermittelt werden kann. Mit diesem Instrument wird die Relation zwischen dem Objekt „Produkt“ und dem Objekt „Betrieb und Betriebsmittel“ hergestellt. Können in einem Produktionskomplex verschiedene Produkte hergestellt werden, so lässt sich die GuV-Rechnung aufbrechen und in Subsysteme gliedern, entsprechend der Produktvielfalt, die wertmäßig abgebildet werden soll. Auch hier gilt das Prinzip, dass die Summe aller Sub-GuV-Rechnungen gleich der Ausgangserfolgsrechnung ist.
504
Abb. 9.6:
9 Objektorientiertes Controlling
Wertkategorien des Rechnungs- und Finanzwesens im System Unternehmen (nach Hahn/Hungenberg)
9.1 Operative Planung und Kontrolle
505
Dabei ist es zweckmäßig, die Struktur des Gesamtsystems und die organisatorische Betriebsstruktur zu synchronisieren. Entsprechen im Kostenstellensystem wohldefinierte Teilmengen spezifischen Kostenträgern, so kann bei der Generierung der Plandaten eine hierarchisierte Daten- und somit eine explizite Plandatenverantwortung ausgebildet werden. Das Controllingsystem ist so flexibel, dass im Prinzip jede Betriebseinheit mit eigener Bilanz und jede Arbeitsgruppe mit eigener Gewinn- und Verlustrechnung ihre Handlung planen, durchführen und kontrollieren kann. Selbstverständlich ist die Alimentierung des Systems mit Plandaten nicht nur auf die Einschätzungen der Sachverhalte der jeweiligen verantwortlichen Mitarbeiter angewiesen. Es ist teilweise notwendig, dass Informationen von Teilmengen in das Controllingsystem eingebracht werden. Dies gilt ebenso für die Integration von innerbetrieblichen Planungsverfahren, wie die Produktions-, Absatz- oder Personalplanung, wie auch für·die überbetrieblichen Controllingverfahren, die sich aus gesellschaftsübergreifenden Konzernkonsolidierungen ergeben, bspw. in Form von Holdingplanungen oder unternehmensübergreifenden Budgetierungen. Das objektorientierte Planungs- und Controllingverfahren ermöglicht eine wertorientierte Begleitung aller Phasen der Produktentwicklung. Der entsprechende Produktionsbereich wird mit einer Subbilanz abgetrennt und durch ein in seiner Ausdifferenzierung hinreichendes GuV-System ergänzt. Je nach der Stoßrichtung der Produktinnovation, sei es als horizontale, vertikale oder laterale Diversifikation (vgl. hierzu Weis 2007, S. 247 ff.) können vorhandene Routinemodelle bei der Produktentwicklung übernommen werden und, wo ein Innovationsbedarf besteht, durch neue Modellbildungen substituiert oder ergänzt werden. Mit einem entsprechenden Planungshorizont sind die bei jeder Produktentwicklung notwendigen Investitionen in den Planbilanzen zu integrieren und durch die Erfolgsrechnungen planerisch zu evaluieren. Laufende Entwicklungsprojekte können im Kanon der Routineplanung des laufenden Betriebes integriert werden, um so in den regulären kurz- und mittelfristigen Planungszyklen sowie den entsprechenden Kontrollanalysen eingebunden zu werden.
9.1
Operative Planung und Kontrolle
Die operative Planung und Kontrolle ist begrifflich an die betriebliche Buchhaltung gekoppelt. Diese Verknüpfung wirkt sich nicht nur auf die Wertkategorisierung aus, sondern auch auf die Unterteilung in Planungssequenzen. Je nach den Verfahren der Periodisierung in der Betriebsbuchhaltung, erfolgt eine Generierung von Istdaten, die den Plandaten gegenübergestellt werden können. Hierbei benötigen die objektorientierten Planwerte korrespondierende Realwerte aus der Erfolgsrechnung und aus der Bilanzierung. Voraussetzung für eine monatliche Sequenzierung ist somit ein monatlicher Abschluss. Eine kürzere Periodisierung, bspw. in Wochen, ist nur dann sinnvoll, wenn auch wöchentlich bilanziert wird, ansonsten lässt sich kein Soll-Ist-Vergleich erstellen. Üblicherweise wird monatlich bilanziert. Die operative Planung eignet sich insofern zur Strukturierung eines monatlichen Berichtssystems. Im Monatsbericht werden die Ergebnisse der Buchhaltung mit denen der Planung verglichen (Soll-Ist-Vergleich). Ziel dieses Ver-
506
9 Objektorientiertes Controlling
gleiches ist es, z. B. auf Produkt-, auf Divisions- und auf gesamtbetrieblicher Ebene Planungsabweichungen festzustellen und den spezifischen Gewinn- bzw. Verlustbetrag zu ermitteln. Während der Kontenplan einer Buchhaltung eine Struktur aufweist, die hauptsächlich den Anforderungen des Betriebes gegenüber externen Anspruchsgruppen, bspw. den Kapitalgebern oder der Steuer (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer, Ertragssteuer usw.) gerecht wird, ist das Begriffssystem des Monatsberichtes nach den Bedürfnissen der Unternehmensführung ausgerichtet. Das bedeutet, dass die Daten der Buchhaltung in einer anderen Form konsolidiert werden müssen. Die visuelle Abstimmung der Ergebnisse des Monatsberichtes mit denen der Buchhaltung kann dementsprechend nur über einige Eckwerte erfolgen. Ansonsten entstehen eventuelle Abweichungen, die sich aus unterschiedlichen Aufwands- und Erlöszuweisungen ergeben. Der Monatsbericht kann sofort nach der Generierung des buchhalterischen Monatsabschlusses erstellt werden: Plansoll sind häufig zehn Kalendertage nach Monatsende. Selbstverständlich ist es nicht zweckmäßig, einen Monat einzeln zu planen, sondern die Monatssollwerte sind in den Kontext einer Jahresperiode zu stellen. Mit der Jahresplanung werden die Sollwerte für den Monatsbericht generiert. Dementsprechend basieren die Daten auf demselben Begriffssystem wie der Monatsbericht. Ausgangspunkt sind die Leistungselemente der untersten Ebene, die nach oben hin aufsummiert werden. Es sind bspw. die Produktangaben, welche sich zu Divisionsdaten und zu gesamtbetrieblichen Planzahlen konsolidieren lassen. Die Jahresplanung muss zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres verabschiedet werden. Hierfür ist es vorteilhaft, wenn drei Monate zuvor die erste Fassung der Plandaten vorgelegt wird, da Planungen, die strukturverändernd sind (z. B. Produktentwicklungen und Neuinvestitionen), über mehrere Entscheidungsgremien abgestimmt werden müssen. Routineangaben zum „Alltagsgeschäft“ werden in der Regel in betriebsinternen Sitzungen verabschiedet. Die Plandaten haben prinzipiell Gültigkeit für das gesamte Geschäftsjahr. Eine Änderung sollte nur erfolgen, wenn innerhalb des Geschäftsjahres strukturelle Wandel unabdingbar sind, die in der Planungsphase zuvor nicht vorausgesetzt werden konnten. Je präziser die Planung ist, desto fester wird der Boden, von dem man sozusagen „aus der Hüfte schießen“ kann (zum Beispiel den Blitzkauf einer neuen Produktionsstätte tätigen). Solch eine Plandatenänderung wird auf den gesamten Datensatz bezogen. Es bedarf alsdann einer vollständigen Neuberechnung aller Leistungseinheiten, um so Planwerte zu erstellen, die der innerbetrieblichen Interdependenz der Erzeugnisstruktur, des Produktrepertoires, der Produktionsund der Vertriebsstätten gerecht werden. Der terminliche Ablauf der Jahresplanung wird betriebsspezifisch gehandhabt. Je nach der Relation zwischen Geschäftsjahr und Kalenderjahr, der saisonalen Struktur der Betriebstätigkeit und der betriebsinternen Interdependenz zwischen den verschiedenen Planungsansätzen ergeben sich unterschiedliche Intervalle für die Planung. Die operative Jahresplanung kann sich in Unternehmen auf ein Quartalssystem mit dem in Tab. 9.1 dargestellten Tätigkeitsprofil einpendeln (siehe Tab. 9.1).
9.1 Operative Planung und Kontrolle
507
Beginn des Geschäftsjahres
Implementierung der Monatssollwerte
Nach Abschluss 1. Quartal
1. Revision der Jahresendwerte
Nach Abschluss 2. Quartal
2. Revision der Jahresendwerte Revision der Planungsgrundlagen
Nach Abschluss 3. Quartal
3. Revision der Jahresendwerte Änderung spezifischer Planungsverfahren Berechnung der neuen Monatssollwerte für das Folgejahr auf Abteilungs- und/oder Divisionsebene Abstimmung der neuen Monatssollwerte innerhalb der Abteilungen und/oder Divisionen Abstimmung der neuen Monatssollwerte mit dem Aufsichtsrat
Nach Abschluss 4.Quartal
Neuberechnung der neuen Monatssollwerte auf Basis der Jahresabschlusswerte
Tab. 9.1:
Operative Jahresplanung mit Quartalssystem
Die Berechnung der neuen Monatssollwerte geht stets einher mit der Änderung des betriebsspezifischen Verfahrenskataloges, in dem die Planungsgrundlagen enthalten sind und aus denen sich die Verteilungsfaktoren auf die Leistungseinheiten ergeben, die die Schnittstellen zwischen den Divisionen definierten (Input = Output oder umgekehrt). Auch werden hier in der Regel die Personen benannt, die für den personengebundenen Werteinput in das System verantwortlich sind. Der betriebsspezifische Verfahrenskatalog ist somit die schriftliche Fixierung des Begründungszusammenhanges der Sollwerte des Monatsberichtssystems. Die operative Planung ist im vergleichbaren Maße ein Element der strategischen und mittelfristigen Planung, wie die Monatsplanung als Element der Jahresplanung angesehen werden kann. Die Monatsplanung bildet dementsprechend ebenso ein Subsystem der Jahresplanung wie diese innerhalb der strategischen Planung. Das Begriffssystem der objektorientierten Planung eignet sich insofern für die strategische Planung, als hiermit nicht nur die Leistungseinheiten, sondern auch die leistenden Einheiten abgegrenzt und abgebildet werden. Es sind somit die betrieblichen Aktivitäten in einer einheitlichen und konsolidierungsfähigen Form präsentiert, die als Dokumentation des kommunikativen und interaktiven Prozesses zwischen Abteilungen, Bereichen und Divisionen sowie zwischen dem Planungsmanagement und der Unternehmensleitung verwendet werden kann. Planwerte erlauben für einen Zeitraum von fünf Jahren die Integration zusätzlicher Analysen als erfolgsorientierte Kennwerte für Personal, Kapazität und Stückkosten sowie den BreakEven-Point. Bei der Bilanzprojektion ist die Entwicklung der Aktiva und der Passiva je bilanzierter Leistungseinheit nachzuvollziehen. Während die Bestandsbewegungen der Inventare nicht aussagefähig sind, da sie in erster Linie einen Gegenstand der operativen Planung darstellen, lässt sich an der Entwicklung der Kennwerte der RoI-Analyse die Rentabilität und bei den Anlagenbewegungen der Investitionsfortschritt erkennen.
508
9.1.1
9 Objektorientiertes Controlling
Das Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung
Das Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung ist eine Vollkostenrechnung (vgl. Wöhe/Döring 2010, S. 302 f. und 936 ff.), die in mehreren Ebenen strukturiert ist. Ausgangspunkt bildet die betriebliche Buchhaltung, welche jedoch in ihrer Begrifflichkeit nicht nur von internen, sondern auch von externen Ansprüchen bestimmt wird (vgl. Eilenberger 1990, S. 7 ff.). Die Begriffsstruktur des objektorientierten Planungssystems richtet sich jedoch nur nach den internen Ansprüchen und ist so gehalten, dass die gesamtbetriebliche Leistung mit demselben Begriffsrepertoire dargestellt wird wie die eines Leistungselementes oder einer Teilleistung.
Abb. 9.7:
Controlling als Hologrammstruktur
Wir haben es mit einer Hologrammstruktur zu tun, da ein Element dieselbe Struktur aufweist wie die Abbildung des Gesamtsystems. Der Vorteil eines solchen DV-Modells ist die flexible Ausbaubarkeit wie auch die Möglichkeit der horizontalen wie vertikalen Integration und Konsolidierung. Dabei ist die Veränderung der Objekte in der zeitlichen Entwicklung stets zu beachten. Mit den Reorganisations- und Innovationsprozessen verändern sich Erzeugnisse und Organisationsstrukturen. In Zeitreihenanalysen können daher nicht ohne weiteres Verdichtungen durchgeführt werden. Es bedarf hier zusätzlicher Methoden, wie dem Zeitstempel, um Objekte in Zeiträume zu kategorisieren und anschließend verdichten zu können.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
509
Die Elemente des Modells sind Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen mit einheitlichen Kontenrahmen, deren Planungsintervall sich nach den jeweiligen Planungsbedürfnissen richtet. Die GuV-Rechnung kann auf eine Monats-, Quartals-, Halbjahres- oder Jahresperiode ausgelegt sein; entsprechend ergeben sich sinnfällige Planungshorizonte von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Die Struktur des Planungssystems ergibt sich aus den Objektgegebenheiten des Unternehmens. Ist bspw. ein Unternehmen in Divisionen ohne eigene Rechtsstruktur gegliedert, so lassen sich Gesamtbetrieb und Einzeldivision jeweils durch eine eigene Bilanz und GuV-Rechnung abbilden. Die divisionale GuV wird alsdann entsprechend der Anzahl der Divisionsprodukte aufgebrochen. Damit werden die Produktionsmittel physisch abgegrenzt und in spezifische Verantwortungsbereiche gestellt. Die divisionale Leistung für den Absatzmarkt ist ebenso abgegrenzt wie die personelle Zugehörigkeit von Mitarbeitern und die Aufteilung von Eigen- sowie Fremdkapital (vgl. Abb. 9.8).
Abb. 9.8:
Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung
Konsolidiert man die Gewinn- und Verlustrechnungen auf Produktebene, so erhält man die GuV der Division. Konsolidiert man die Gewinn- und Verlustrechnungen der Divisionen, so erhält man die gesamtbetriebliche GuV. Eine Bilanz wird nicht auf Produktebene erstellt. Konsolidiert man die Bilanzen auf Divisionsebene, so erhält man die gesamtbetriebliche Bilanz. Aus dieser Struktur ergeben sich Aufteilungsprobleme sowohl im Bereich der Aufwands- und Ertragsarten als auch bei einigen Bilanzpositionen. Diese werden im nächsten Punkt ausführlich erläutert. Je nach den Bedürfnissen der Gesellschaft kann dieses Verfahren unterschiedlich ausgestaltet werden. In seiner einfachsten Variante haben wir es mit einer zweistufigen Unternehmensdarstellung zu tun. Es wird dann eine gesamtbetriebliche Bilanz und GuV gebildet sowie für jedes Produkt eine Gewinn- und Verlustrechnung. Selbstverständlich lässt sich aber auch das oben abgebildete Modell weiter vertiefen. Hierzu kann auf Produktebene auch eine Bilanz gebildet werden. Damit ist dann die Basis gelegt, um gegebenenfalls spezifische GuVs für Unterprodukte zu rechnen. Maßgebend für die Struktur der
510
9 Objektorientiertes Controlling
Planung ist die Beschaffenheit des Produktes. Es sind prinzipiell zwei Fertigungsbedingungen zu unterscheiden:
In der Fließ- bzw. Serienfertigung ist die Durchlaufzeit der Produkte in der Regel überschaubar. Bis auf einige abgrenzbare Posten fallen in der betrachteten Periode der GuV sowohl die produktspezifischen Aufwendungen als auch Erlöse an. Somit stellt die GuV unter diesen Produktionsvoraussetzungen ein gutes Instrument zur Planungs- und Erfolgskontrolle dar. In der langfristigen Auftrags- bzw. Projektfertigung ist die Durchlaufzeit der Produkte lang. Es werden so die produktspezifischen Einnahmen und Ausgaben zunächst nicht auf die Konten der Gewinn- und Verlustrechnung gebucht, sondern sie gehen in die Bilanz ein. Unter diesen Produktionsbedingungen stellt die GuV ein schlechtes Instrument zur Planungs- und Erfolgskontrolle dar; hierfür eignet sich vielmehr die Bilanz.
Bei der Aufteilung der Unternehmen bzw. der Divisionen in Produkte werden Produktgruppen gebildet, die sich im Fertigungsverfahren ähneln. Weitere Untergliederungen (z. B. nach Verpackungsgröße) können bei Bedarf bereichsspezifisch ausdifferenziert werden. Es ist stets genauestens zu überprüfen, ob der Aufwand einer produktspezifischen Bilanzierung notwendig und somit gerechtfertigt ist. Die objektorientierte Planung ist als ein Controllingsystem angelegt. Dementsprechend sind den planerischen Sollwerten auch nach durchlaufener Realzeit Istwerte gegenüberzustellen. Diese Istwerte sind im Rahmen der allgemeinen Betriebsdatenerfassung zu registrieren. Da die gesamtbetriebliche Planbilanz und Plan-GuV in den Eckwerten mit den intendierten Ergebnissen der Buchhaltung übereinstimmen sollen, ist es selbstverständlich, dass die Buchung auf Kontenebene die kleinste Erfassungsmenge ist, welche in dem Planungssystem verarbeitet wird. Die Begrifflichkeit des buchhalterischen Kontenrahmens muss daher voll kompatibel mit dem Begriffssystem des Planungsverfahrens sein. Je weiter das Planungssystem nach unten hierarchisiert wird, umso höher muss die Erfassung einer betrieblichen Buchung ausdifferenziert werden, um eindeutig einem Sollwert der Planung zugeordnet werden zu können. Damit der Planung auch die Objektverantwortlichkeit, sowohl für die Betriebsmittel als auch für die Erzeugnisse, auf die jeweiligen Operationseinheiten gelegt wird, verdichtet sich die Interdependenz zwischen der Wertzuweisung in der Buchhaltung und der eigentlichen Konsumtion bzw. Wertgenerierung im Betriebsprozess. Der Kontenrahmen des Planungsverfahrens ist in seinem Umfang begrenzt, sodass jeder Informationskomplex auf einer Seite niedergelegt werden kann. So können artverwandte Informationen bequem nebeneinandergelegt werden, um Alternativ-, Produkt- oder Monatsvergleiche durchzuführen. Sowohl die Bilanz als auch die GuV sind bildschirmgerecht ausgelegt, um eine reibungslose interaktive Nutzung zu gewährleisten. Der Kontenrahmen orientiert sich in seiner Begrifflichkeit an der technischen Terminologie zur Produkt- und Produktionsbeschreibung. Die Objektnähe ergibt sich so aus dem Grad der Detaillierung. Je stärker mit diesem Begriffssystem konsolidiert wird, umso größer wird der Bereich von Objekten, die zusammengefasst werden, und umso abstrakter wird die inhaltliche Ausfüllung
9.1 Operative Planung und Kontrolle
511
der Begriffe. Im Rahmen der Produktentwicklung werden Aufwendungen generiert, denen zunächst keine Erlöse gegenüberstehen. Bei Markteinführung ist mit einer andersartigen Absatz- und Kostenentwicklung zu rechnen als bei einer etablierten Produktion. Die Produktentwicklung ist daher projektorientiert zu planen und weist eine große Veränderung der wertmäßigen Bilanzstruktur auf. Wie bei der langfristigen Auftrags- und Projektfertigung erweist sich während der Produktentwicklung und Markteinführung zunächst eine bilanzorientierte Planung als zweckmäßig. Erst die gleichmäßigere Entwicklungsstruktur der einzelnen Werte bei einer laufenden Produktion erlaubt eine erfolgsorientierte Planung. Ein vereinfachter Kontenrahmen ermöglicht zwar eine höhere Ausdifferenzierung des Gesamtsystems, verschließt aber spezifische Betrachtungsweisen, die sich erst aus der Bildung von anders gegliederten Teilsystemen ergeben. Das Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung charakterisiert erfolgsorientierte und bilanzorientierte Kennzahlen, die über eine eigenständige Begrifflichkeit verfügen müssen. Um den Informationsgehalt der objektorientierten Hierarchisierung vollends auszuschöpfen, müssen zusätzliche Analysen zur
Personalplanung, zur Kapazitätsplanung, zu fixen und variablen Kosten pro Einheit, zur Entwicklung des Umlauf- und Anlagevermögens, zur Entwicklung der Verschuldung oder zur Rentabilität und anderen wertorientierten Kennzahlen
auf jedem Bilanz- bzw. GuV-Niveau ausgewiesen werden. Hierzu ist es nicht nur notwendig, Teilsysteme zu bilden, die über mehrere Subsysteme hinweggehen, sondern es ist auch erforderlich, einen zusätzlichen Begriffsrahmen zu bilden und definitorisch in das Gesamtsystem einzubinden. Dennoch eröffnen erst diese zusätzlichen Analysen Vergleichskriterien, die gerade bei der Betriebsinnovation als Entscheidungshilfen herangezogen werden können. Anders formuliert: Die Klassifikation des Unternehmens und die Strukturierung in Leistungseinheiten durch das Verfahren der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung erlaubt eine gezielte Planung der laufenden betrieblichen Handlung, also der operativen Routinetätigkeiten, und eine Produktentwicklung im Sinne der Generierung von innovativen Handlungsstrukturen, die aus der Erstellung neuer Objektrealitäten und neuer Organisationssowie Kompetenzstrukturen entstehen. Bei der Planung ergeben sich jedoch Sachverhalte, die mit dem verwendeten Begriffssystem nicht hinreichend abgebildet werden. So werden in der Struktur bspw. die Personalaufwendungen nicht getrennt ausgewiesen, sondern sie werden auf die Kategorien des Planungssystems verteilt. Um spezifische Planungsprobleme zu fokussieren, ist es notwendig, zusätzliche Analysen durchzuführen, die über eine eigenständige Begrifflichkeit verfügen müssen. Ziel des Planungssystems ist es, einen hierarchisch aufgebauten Überblick des Betriebsgeschehens zu geben. Es werden die Daten der betrieblichen Buchhaltung so umformuliert, dass die Struktur des Erfolgsbeitrages auf gesamtbetrieblicher und nach Leistungseinheiten, bspw. auf divisionaler und auf produktionsspezifischer
512
9 Objektorientiertes Controlling
Ebene, analysierbar wird. Zur unternehmerischen Planung und Kontrolle ist es jedoch notwendig, zusätzliche Controllingsysteme zu integrieren, sei es in Form von „Nebenbuchhaltungen“ oder als Projektionen. Selbstverständlich sind entsprechend der unternehmensspezifischen Belange stets unterschiedliche zusätzliche Analysen und Kennzahlen zu entwickeln und zu etablieren. Die in den folgenden Abschnitten 9.1.2 bis 9.1.6 dargestellten Überlegungen sind praxiserprobte Beispiele. Bei diesen Controllingsystemen gilt es, ein verkürztes Instrumentarium zu schaffen, das einerseits auf dem in diesem Abschnitt beschriebenen System basiert und andererseits die zusätzliche Information integriert, die notwendig ist, um einen Einblick in die Nebenbuchhaltung bzw. Projektionen zu bekommen. Die zusätzlichen Kennzahlen der Controllingsysteme können aufgrund ihrer Datenstruktur nur dann berechnet werden, wenn das operative Betrachtungsfeld sowohl durch die Gewinn- und Verlustrechnung als auch durch die Bilanz abgebildet ist. Nur dann sind die einzelnen Positionen hinreichend abgegrenzt. Somit lassen sich Controllingsysteme mit Sicherheit auf gesamtbetrieblicher und auf bilanzierter Leistungseinheitsebene durch entsprechende Wertezuweisungen ermitteln. Auf Produktebene werden nur im Bereich der Projektfertigung gegebenenfalls Bilanzen erstellt. Andernfalls ist es opportun, bei der produktspezifischen GuV auf weitere Controllingsysteme zu verzichten. Eine Ausnahme bildet die Kapazitätsberechnung und die Kostenermittlung pro Einheit, die bei jeder Leistungseinheit ermittelt werden kann. Struktur des objektorientierten Controllingsystems Das Ziel einer formalisierten Planungsgliederung nach Objekten ist es, nicht nur die Kompetenzen, die terminliche Planung und die Informationsarchivierung der Beteiligten aufeinander abzustimmen, sondern auch eine Integration der wirtschaftlichen Informationserfassung durch die Finanzbuchhaltung mit den Aktivitäten der Produktion und des Absatzes zu erwirken. Dies trägt zu einer innerbetrieblichen Koordinierung und Sprachregulierung bei; es regelt die Relation zwischen dem verrichtungsorientierten Informationsansatz des betrieblichen Rechnungswesens und dem objektorientierten Ansatz zur Evaluierung der Zweckmäßigkeit einer betrieblichen Leistung. Bei der Gegenüberstellung der planerischen Sollwerte mit Istwerten muss eine Umverteilung der Wertangaben aller Konten der Finanzbuchhaltung entsprechend der Struktur des objektorientierten Planungssystems erfolgen. Die Hauptproblematik besteht daher in der Definition der Relation zwischen den Konten der Finanzbuchhaltung und der leistungsspezifischen Begriffsstruktur des Planungssystems. In der Abbildung 9.9 wird zunächst der theoretische Idealzustand aufgezeigt, in dem alle Konten der Finanzbuchhaltung der untersten Ebene des Planungssystems zugeordnet werden, wobei das Planungssystem der Einfachheit wegen als dreistufig (drei GuV-Stufen, zwei Bilanzstufen) angenommen wird. Die konsolidierten Erfolgsrechnungen und die konsolidierte Bilanz ergeben sich dann rein rechnerisch durch die Aufsummierung der entsprechenden Planungswerte.
9.1 Operative Planung und Kontrolle Konten
der
Buchhaltung
513 Objektorientierte
Planung
GuV P1 GuV P2 GuV P3 GuV PG1 B PG1 . . .
. . .
. . .
. . .
. . . . . .
GuV PGn B PGn GuV PGS B PGS
I Abb. 9.9:
II
III
Idealrelation der objektorientierten Planung zur Buchhaltung
Dieser Zustand ist im Unternehmen niemals gegeben, da nur direkte Aufwendungen auf die einzelnen Leistungsträger zugewiesen werden können und indirekte Aufwendungen lediglich auf einer konsolidierten Ebene zuzuordnen sind. Von hier aus müssen sie jedoch auf die nächst tiefere Ebene verteilt werden. Das Verteilungskriterium (vgl. Abb. 9.10) kann entweder über direkt zugewiesene Beträge auf der untersten GuV-Ebene erfolgen (A) (erfolgsorientierte Verteilung) oder aber über Bilanzangaben geschehen (B) (bilanzorientierte Verteilung). So können bspw. Verwaltungsaufwendungen entsprechend den Erlösen auf die einzelnen Produkte umverteilt werden, oder aber es sind die Finanzierungsaufwendungen in Relation zu dem Fremdkapital je Produktgruppen zuzuordnen. Die Wertezuweisung hat in jeder Kostenrechnung ein relatives Moment. Riebel (1990, S. 23 f.) schreibt hierzu: „Die Kostenrechnung ist richtig, wenn sich in ihrem Zahlenwerk die Höhe und die Struktur der Kosten entsprechend den tatsächlichen Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung und zwischen Mittel und Zwecken hinreichend genau niederschlagen. Die Richtigkeit der Kos-
514
9 Objektorientiertes Controlling
tenrechnung kann nicht an absoluten Maßstäben gemessen werden. Sie ist relativ, und zwar vor allen Dingen von den Zwecken der Kostenrechnung abhängig.“ Objektorientierte
Planung
GuV P1 A
GuV P2 GuV P3
Bilanzorientiert
Buchhaltung
GuV PG1 B PG1 . . .
. . .
. . .
. . .
. . . . . .
B
GuV PGn B PGn
Unterteilungskriterium
der
Unterteilungskriterium G u V- o r i e n t i e r t
Konten
GuV PGS B PGS
I Abb. 9.10:
II
III
Istwertezuordnung der objektorientierten Planung
Der Hauptzweck der objektorientierten Planung ist die wertmäßige Abbildung von betrieblichen Leistungseinheiten, die sich in Verantwortungsbereiche abgrenzen lassen und einen direkten Bezug zum Produkt und zur Produktion sowie Absatz aufweisen. Es ist dementsprechend ein primäres Ziel, dem Riebelschen Anspruch zu genügen, „die Verrechnung der innerbetrieblichen Leistung – wie bspw. die von Hilfsbetrieben – so zu gestalten, dass alle Aufwendungen abgedeckt werden müssen, und zwar in erster Linie durch die Kostenstellen und Erzeugnisse, für die sie geschaffen worden sind“ (ebenda S. 4). Um diesem Anspruch zu genügen, sind in zwei Bereichen Gestaltungsmaßnahmen zu treffen, die aufeinander bezogen sind:
Einerseits müssen der Kontenrahmenplan und die Datenerfassung bei jeder Buchung den Verteilungsansprüchen des Planungssystems genügen.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
515
Andererseits muss das Planungssystem vom Rechnungswesen hinreichend alimentiert werden können, und es muss die betriebliche Erzeugnisstruktur sowie das Produktionsumfeld in einem für eine wertorientierte Objektplanung genügenden Detaillierungsaufwand abbilden.
Die Gliederung des Kontenplans der Finanzbuchhaltung wird durch die Ansprüche der betriebsinternen und der betriebsexternen Betroffenen geprägt: Eigentümer, Staat, Sozialversicherungsträger, Kreditgeber und Lieferanten sind ebenso Rezipienten der Rechnungslegung wie Manager und Mitarbeiter als Lohn- und Gehaltsempfänger. Der Standardkontenplan des Planungssystems ist kompakt, und insofern werden einzelne Konten, wie bspw. Verwaltungsaufwendungen, durch mehrere Konten der Buchhaltung abgedeckt. Mit der Ausdifferenzierung nach Produktgruppen, Produktarten, Produkten und gegebenenfalls Subprodukten übersteigen die Detaillierungsansprüche des Planungssystems leicht die begriffliche Ausdifferenzierung des buchhalterischen Kontenplans. Es wird entweder ein sehr komplexer Kontenplan notwendig, oder aber jede Buchung erfolgt unter den zusätzlichen Angaben von Kostenträger- und Kostenstellendaten in der Annahme, dass die Kostenarten im benötigten Umfang als Konten definiert sind. Da sich diese Buchungsspezifizierungen nicht nur auf Aufwendungen beziehen, sondern auch auf Erlöse, sind diese in
Erlösarten, Erlösstellen und Erlösträger
zu gliedern, jedoch nicht in dem Sinne von Steffen (vgl. Steffen 1991, S. 368 f.), sondern als korrespondierende Erlösspezifikation zu den Aufwendungen, welche auf der jeweiligen Ebene in Erfolgsrechnungen subsumiert worden sind. Auch die bilanzorientierten Buchungen müssen in so einem System den Leistungseinheiten zugeordnet werden, um sie objektorientiert zu verplanen. Die Definition von kalkulatorischen Kosten entfällt: Anderskosten werden mit diesem Verfahren im vollen Umfang erfasst, Zusatzkosten, wie bspw. der Unternehmerlohn, werden nicht berücksichtigt (vgl. hierzu Macha 2010, S. 62 ff.). Um eine DirekteProdukt-Kosten-(oder Leistungs-)Zuordnung im Sinne der objektorientierten Planung zu vollziehen, ist es notwendig, sowohl den Kontenrahmen als auch die Verbuchungsprozeduren so zu definieren, dass bereits beim Verbuchen ein möglichst großer Teil eindeutig der Leistungseinheit zugewiesen wird. Ein detaillierter Kontenplan ist hierzu ebenso notwendig wie die Splittung von Buchungen nach Leistungseinheiten und Verantwortungsbereichen, soweit es bei der Buchungseingabe möglich ist. Die verbleibenden Wertezuweisungen werden höheren Konsolidierungsebenen zugewiesen und erfolgs- oder bilanzorientiert verteilt. Die Wertzuweisung erfolgt somit im Sinne von Behrends, der in seiner DPRVerfahrensbeschreibung (Direkte-Produkt-Rentabilität) dazu schreibt: „Bei der Ermittlung der Direkten-Produkt-Kosten geht man vielmehr wiederum sehr pragmatisch vor, indem man sukzessive durch konkret abzugrenzende und zu erfassende warenbezogene betriebliche Gliederprozesse hervorgerufene Kosten aus dem Gesamtkostenblock herauslöst, und sie dann den von diesen Prozessabläufen berührten Artikeln zuordnet“ (Behrends 1988, S. 202). Die objektorientierte Gliederung des Planungssystems kann sich primär auf die Struktur von Verkaufseinheiten beziehen, indem die gesamtbetrieblichen Erzeugnisse in Gruppen, Arten,
516
9 Objektorientiertes Controlling
Produkte usw. aufgebrochen werden. Es ist aber ebenso möglich, die Erzeugnisgliederung in Produktionsabschnitte zu strukturieren und dementsprechend Bilanzierungen und Erfolgsrechnungen für die Phasen Fertigung, Montage und Vertrieb auszuweisen. Hierbei ergibt sich das Problem der innerbetrieblichen Verrechnung, da die Leistung der Fertigung den Ausgangspunkt für die Montage bildet und die montierten Produkte zu vertreiben sind. Das Problem der innerbetrieblichen Verrechnung wird im übernächsten Abschnitt „Kosten- und Wertebildung“ verknüpft. Während in dieser Arbeit die produktspezifische Bildung von Subsystemen nicht exemplarisch belegt wird, wird die Trennung von Produktion und Vertrieb ausführlich im Abschnitt 9.1.6. „Bereichs-Controlling“, insbesondere im Unterabschnitt „Marketing-Controlling“, verdeutlicht. Begriffe des objektorientierten Controllingsystem Der Kontenplan als Abbildung der betrieblichen Realität bildet den Ausgangspunkt für das Begriffssystem im objektorientierten Controlling. Er wird bewusst so klein wie möglich gehalten, um eine Vorlage zu generieren, die für überbetriebliche Konsolidierungen geeignet ist, sowohl Gewinn- und Verlustrechnung als auch Bilanz beinhaltet und inklusive Zwischensummen- und Summenzeilen nicht länger als eine Seite ist. Dennoch sind im nachstehenden Kontenplan 36 Konten notwendig, um sowohl eine GuV-orientierte als auch eine bilanzorientierte Planungs- und Erfolgskontrolle zu ermöglichen. Es ist selbstverständlich, dass je nach den Spezifika der operativen Gesellschaften eine Begriffsanpassung stattfinden kann. So lässt sich das Wort „Produkt“ in einer Baugesellschaft bspw. durch „Wohneinheit“ ersetzen, Variationen, die im folgenden Punkt erläutert werden. Den Ausgangspunkt der Kategorienbildung bei den Erfolgskonten verdeutlicht das Modell von Wiendahl zur Abbildung der Entstehung industrieller Erzeugnisse. Der Materialfluss in einem Produktionsunternehmen ist gekennzeichnet durch die Beschaffung von Rohmaterialien sowie Zukaufteilen und -baugruppen. Beide betrieblichen Materialeingänge werden zu Eigenfertigungsgruppen verarbeitet und gehen somit indirekt in das Fertigungserzeugnis ein. Zukaufelemente können auch direkt verarbeitet werden (vgl. Wiendahl 2010, S. 139). Das Fertigprodukt wird, wie Scheer (1988, S. 35) aufzeigt, über Marketing und Vertrieb weiter gehandelt, bis im Absatzmarkt der Eigentumswechsel stattfindet. Der Standardkontenrahmen der Erfolgsrechnung gliedert die Erlöse in produktspezifische und andere Erlöse. Die Aufwendungen werden in variable und fixe Kosten getrennt, wobei als variable Kosten die Rohmaterialien, die Zukaufprodukte sowie die Eigenfertigungsprodukte (bspw. von anderen Divisionen) ausgewiesen werden und die Produktionskosten (Fertigung sowie Montage), Marketingkosten (inklusive Vertrieb) sowie die Bestandsänderungen zuzurechnen sind. Die fixen Kosten ergeben sich aus den fixen Anteilen der Produktions- und der Marketingaufwendungen sowie den Bestandsänderungen, weiterhin aus den direkten und indirekten Verwaltungsaufwendungen sowie aus den Finanzaufwendungen. Abzugsfähige Steuern werden innerhalb dieser Kategorien verrechnet, nicht abzugsfähige Steuern werden getrennt ausgewiesen (vgl. Abb. 9.11). Die 15 Gewinn- und Verlustkonten weisen unterschiedliche Probleme in ihrer Handhabung als Klassifikationsmerkmale auf. In diesem Zusammenhang werden vor allem die prinzipiellen Abgrenzungsprobleme erörtert. Es ist eine wichtige betriebsspezifische Aufgabe, die
9.1 Operative Planung und Kontrolle
517
Regulierungsverfahren zur Wertezuweisung zu formulieren. Nur so kann eine einheitliche Nutzung des Kontenrahmens gewährleistet werden, die auch Betriebsexternen verständlich ist. Je nach Inhalt der betrieblichen Tätigkeit können und müssen die Konten der GuV begrifflich angepasst werden. Hierbei gilt es einerseits, den allgemeinen Inhalt beizubehalten, und andererseits, eine betriebsspezifische Detaillierung vorzunehmen. Die Konten dürfen in ihrer Anzahl und Reihenfolge nicht verändert werden. Nicht verwendete Konten bleiben bestehen und werden bei der Zuweisung von Soll- bzw. Istwerten mit Nulleingaben versehen. Nur so lässt sich eine Konsolidierung aller mit dem Planungssystem kontrollierten Unternehmensbereiche gewährleisten.
Abb. 9.11:
Struktur der Planerfolgsrechnung
Die Erlöse aus Produkten [01] sind eindeutig den Produktgruppen zuweisbar. Es ist sinnvoll, die Nettoerlöse anzugeben. Die Istwerte sollten (wie alle anderen Istwerte des Planungssystems auch) bis auf die erste Stelle vor dem Komma genau aus der Buchhaltung übernommen werden. Dadurch hat man zwar nicht die Übersicht eines Zahlenwerkes, das in Tausendern ausgewiesen ist, aber die übereinstimmenden Eckwerte zur Finanzbuchhaltung lassen sich schneller finden und vergleichen. „Erlöse aus Produkten“ lässt sich substituieren durch „Netto Verkauf“, „Verkauf Häuser“, „Erlöse aus Dienstleistung“ usw. Da jede Seite stets mit einer Überschrift versehen ist, in der das Produkt gekennzeichnet wird, kann zumeist auf eine allgemeinere Begrifflichkeit zurückgegriffen werden. Dies erleichtert das Verständnis bei allen Konsolidierungen. Bei anderen Erlösen [02] ergeben sich auf der Produktebene Abgrenzungsprobleme. Zinserlöse oder Erlöse aus Maschinenverkäufen lassen sich nur entsprechend der Aufteilung des Anlage- und Umlaufvermögens nach Divisionen eindeutig ausweisen. Um die Vollkostenrechnung aufrechtzuerhalten, ist es notwendig, andere Erlöse auszuweisen und somit abzu-
518
9 Objektorientiertes Controlling
grenzen. Eine betriebsspezifische Kontenumbenennung entfällt, da in diesem Konto stets sehr unterschiedliche Erlöse subsumiert werden. Verfügt ein Unternehmen über vielfältige atypische regelmäßige Einnahmequellen, wie bspw. Mieten, so können diese in einer getrennten Erfolgsrechnung eingebracht werden. Die Konten Rohstoffe [03], Zukaufteile [04] und Eigenfertigung [05] stehen in engem Zusammenhang. Es handelt sich in allen drei Fällen um eine produktspezifische Zuweisung von Wareneinsätzen. Während Rohstoffe und Zukaufteile den produktionstechnischen Aggregationsgrad von extern bezogenen Waren kennzeichnen, werden im Konto Eigenfertigung alle Materialaufwendungen verbucht, die intern aus anderen Leistungseinheiten, bspw. Divisionen, bezogen werden. Die Produktionskosten [06] (Fertigung und Montage) sowie die Marketingkosten [07] (mit Vertrieb) sind auf Verbuchungsebene in fixe und variable Kosten zu trennen, um im Planungssystem entsprechend ausgewiesen werden zu können. Hier werden sowohl Löhne und Gehälter als auch Maschinenkosten (Abschreibungen) und die Aufwendungen für Schmierstoffe und Energie aufgesplittert. Die Marketingkosten und -aufwendungen fassen alle verkaufsfördernden Maßnahmen zusammen, welche notwendig sind, um den Endkonsumenten zu erreichen. Sie beinhalten die Transaktionskosten, die erbracht werden müssen, um den Handel zum Kaufen zu bewegen, sowie alle Transportkosten, soweit sie vom Unternehmen getragen werden. Zur begrifflichen Differenzierung sind die fixen Anteile als Produktionsaufwendungen [09] bzw. als Marketingaufwendungen [10] klassifiziert. Die Abgrenzung von fixen und variablen Kosten auf Verbuchungsebene ist betriebsspezifisch zu definieren und wird im übernächsten Unterabschnitt „Integration zusätzlicher Analysen“ vertieft. Jede Verwaltungseinheit hat direkte Verwaltungsaufwendungen [12], die sie eigenständig verplanen und kontrollieren kann. Es kommen jedoch indirekte Verwaltungsaufwendungen [11] als Overheadkosten hinzu, die in den anderen Konten der Erfolgsrechnung nicht erfasst sind und sich aus der Zentralverwaltung ergeben. Um das Riebelsche Prinzip aufrechtzuerhalten, in dem „innerhalb eines Verantwortungsbereiches“ nur Stelleneinzelkosten kontrollierbar sind, „deren mengenmäßiger Verzehr dort unmittelbar beeinflusst werden kann“ (Riebel 1990, S. 14), ist es zweckmäßig, die indirekten Verwaltungskosten der Geschäftsführung und gegebenenfalls einer Holding abzugrenzen. Die Finanzaufwendungen [13] eines bilanziell abgegrenzten Leistungsbereiches, welche nicht einzeln zugewiesen werden, ergeben sich aus der Relation des hier ausgewiesenen Fremdkapitals zum gesamten Fremdkapital des Unternehmens. Auf Produktebene bzw. auf Leistungsebene, die nur noch durch eine Erfolgsrechnung zusammengefasst wird, können die Finanzaufwendungen entsprechend der Erlösentwicklung aufgeteilt werden. Bestandsänderungen [08] und [14] verrechnen die Differenzen in den Materialumlaufkonten der Periodenanfangs- und der Periodenendbilanz, soweit sie nicht als Eigenfertigung einer anderen Erfolgsrechnung zugewiesen worden sind. Das Planungssystem erlaubt eine Trennung von fixen und variablen Kosten, die buchhalterisch nachvollzogen werden kann und entsprechend als Istwert rückzukoppeln ist, um das Prinzip der variablen und fixen Kostenbildung stringent aufrechtzuerhalten. Die Steuern [15] nach Gewinn ergeben sich aus der gesetzlichen Gegebenheit je nach Rechtsform des Unternehmens.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
519
Die Bilanzkonten der Aktivseite sind entsprechend ihrer Liquidierbarkeit gegliedert. Die Konten im Umlaufvermögen weisen neben dem monetären Bestand und den kurzfristigen Forderungen an Kunden die Materialbestände in ihrem Herstellungsgrad (Eigenmaterial, unfertige Produkte und Fertigprodukte ) aus; Lagerbestände, die nicht materiell in die zu generierende Leistung eingehen, werden als sonstige Produkte ausgewiesen. Das Anlagevermögen enthält langfristige Forderungen, immobile und mobile Anlagen sowie transitorische Aktiva und sonstige Aktiva. Die Passivseite gliedert sich in Fremdkapital mit den Verbindlichkeiten an Lieferanten und an Banken sowie die sonstigen kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten. Transitorische und sonstige Passiva bilden – entsprechend dem korrespondierenden Aktivkonto – das letzte Fremdkapitalkonto. Das Eigenkapital besteht aus Kapital, Rücklagen und Gewinnvortrag. Das Periodenergebnis wird zwischen Aktiva und Passiva positioniert, da es sich um ein Wendekonto handelt (vgl. Abb. 9.12). Der Bestand an Eingangsmaterial, unfertigen Produkten und Fertigprodukten entspricht der Aufteilung von Eversheim (1989a, S. 250), der im Materialfluss zwischen den Lagerkomponenten des Wareneingangs (Rohstoffe und Zukaufteile bzw. -baugruppen), dem produktionsinternen Lagerbereich und dem Warenausgang unterscheidet. Die Anlagekonten trennen Grundstücke, Gebäude und Produktionsanlagen, mithin die Bereiche, welche auch in der technischen Investitionsplanung getrennten Detaillierungsprozessen unterliegen (vgl. Wiendahl 2010, S. 231 ff.). Eine differenzierte Spezifizierung der betrieblichen Objektrealität ergibt sich natürlich nicht aus den Wertzuweisungen in der obersten Konsolidierungsstufe, sondern in der untersten Bilanzhierarchie. Wie bei den GuV-Konten gilt es, bei den Bilanzkonten eine plausible Aufgliederung nach Leistungseinheiten zu treffen. Im Falle von monetärem Bestand [16] kann nur von einer künstlichen Aufteilung gesprochen werden, da der Geldbestand nicht nur von den laufenden Eingängen, sondern auch von den Verbindlichkeiten abhängt. Es bietet sich daher an, eine Zuweisung entsprechend den Erlösen aus Produkten [01] vorzunehmen. Die Forderungen an Kunden [17] ergeben sich aus dem Verkauf und können somit unmittelbar zugewiesen werden. Langfristige und somit produktunabhängige Forderungen sind begrifflich abgegrenzt. Sie werden im Planungssystem als Finanzanlagen und Forderungen bezeichnet und als Bestandteil des Anlagevermögens angesehen. Die Bestandskonten Eingangsmaterialien [18], unfertige Produkte [19] und Fertigprodukte [20] bilden einen Zusammenhang. Hier wird die zunehmende Aggregation der zu veräußernden Produkte buchhalterisch festgehalten. Dagegen werden in dem Konto sonstige Bestände [21] nur Umlaufwerte verbucht, die keinen materiellen Zusammenhang mit den zu verkaufenden Produkten aufweisen. Im Bestand Eingangsmaterialien [18] werden alle extern beschafften Umlaufgüter konsolidiert, die Eingang in die Fertigung finden. In den Bestand unfertige Produkte [19] gehen alle halbfertigen Produkte ein, die sich zum Bilanzierungsstichtag in der Fertigung befinden. Je nach Tätigkeitsfeld des Unternehmens bzw. der Division können dies bspw. unabgepackte oder unfertige Produkte sein. Maßgeblich für die Bewertung sind die aufgelaufenen Aufwendungen. Im Bestand Fertigprodukte [20] werden alle verkaufsbereiten Güter subsumiert. Die sonstigen Bestände [21] umfassen bei der Fließfertigung im Wesentlichen Ersatzteile sowie andere Hilfs- und Betriebsstoffe.
520
Abb. 9.12:
9 Objektorientiertes Controlling
Struktur der Planbilanz
Die Aufteilung der Sachanlagen nach Leistungsbereichen ist von großer organisatorischer Bedeutung. Hiermit werden nicht nur die Aufwendungen der Abschreibungen und der Instandhaltung zugewiesen, sondern wird auch die Weisungsbefugnis über ebendiese Anlagen festgesetzt. Somit ist in den betriebsspezifischen Organisationsrichtlinien eine detaillierte Aufteilungsbegründung vorzunehmen und den Änderungen anzupassen. Hierbei gilt es zu differenzieren zwischen: Immobile Anlagen – Grundstücke [24], Immobile Anlagen – Gebäude [25] und Mobile Anlagen [26] wie Maschinen, Büroeinrichtungen oder Fahrzeuge. Die langfristigen Finanzanlagen und Forderungen werden in organverbundene [22] Positionen aufgeteilt und solche, die an Dritte [23] zuzuweisen sind. Durch diese Aufteilung lassen sich entsprechende Forderungen bzw. Verbindlichkeiten organverbundener Unternehmen bei Konsolidierungen gegenseitig saldieren und auflösen. Finanzanlagen und Forderungen, die nicht unmittelbar einer Leistungseinheit zugewiesen werden können, müssen nach betriebsspezifischen Kriterien aufgeteilt werden, um das Prinzip der Vollkostendeckung zu gewährleisten. Entsprechend fallen dann auch die Zinseinnahmen im Konto Andere Erlöse [02] in der GuV an.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
521
Eine besondere Bedeutung kommt dem Bilanzkonto der Aktiven Rechnungsabgrenzung zu. Diese wird im Konto transitorische und sonstige Aktiva [27] zusammengefasst. Hier werden die zunächst noch nicht definitiv aktivierten Sachanlagen verbucht. Handelt es sich um leistungsspezifische Investitionen, so ergibt sich die Zuweisung von selbst. Handelt es sich jedoch um Neuinvestitionen, die zum definitiven Aktivierungszeitpunkt die Basis einer neuen Division bilden könnten, so sollte diese Position ungesplittet der gewinnstärksten Division zugeordnet und zu gegebenem Zeitpunkt eigenständig ausgewiesen werden. Weitere Abgrenzungsposten, wie etwa ein Verlustvortrag, sind bereits in der Finanzbuchhaltung nach Divisionen auszuweisen. Die Verbindlichkeiten an Lieferanten [28] werden im Wesentlichen in der Betriebsbuchhaltung nach Divisionen bzw. Unternehmen verbucht und können entsprechend im Planungssystem übernommen werden. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten an Banken [29] und die sonstigen kurzfristigen Verbindlichkeiten [30], die nicht leistungs- bzw. divisionsspezifisch abgeschlossen werden, können nicht nach einem vordefinierten Regelwerk aufgeteilt werden. Sie bilden den Ausgleichsposten zur Abstimmung der leistungsspezifischen Bilanzen. Das Planungssystem ist zwar wie eine Buchhaltung aufgebaut, wird aber nicht wie eine Buchhaltung erstellt. Die einzelnen Istwerte werden aus der Betriebsbuchhaltung entnommen und nach festen Regeln aufgeteilt. Daraus ergibt sich der divisionale Gewinn bzw. Verlust. Zum Abgleichen des Gesamtsystems bedarf es eines Bilanzkontos. Hierzu bieten sich die kurzfristigen Verbindlichkeiten an, da sich in diesen Konten die betrieblichen Maßnahmen zur Gewährleistung der gesamtbetrieblichen Liquidität zeigen. In welchem Rahmen je Unternehmensgruppe das Planungssystem über die kurzfristigen Verbindlichkeiten abgeglichen wird, muss betriebsspezifisch definiert werden. Entsprechend der getroffenen Aufteilung können die hierauf anfallenden Finanzierungskosten den Leistungseinheiten und dann, nach prozentualem Umsatzanteil, den Produkten zugewiesen werden. Die langfristigen Verbindlichkeiten [31] bilden eine Verbreiterung der Kapitalbasis, die dem Wert der Sachanlagen gegenübergestellt werden kann. Die langfristigen Verbindlichkeiten können entsprechend dem Faktor leistungsspezifische Differenz zwischen Sachanlagen und Eigenkapital, geteilt durch die gesamtbetriebliche Differenz beider Größen, verteilt werden. Das Konto organverbundene langfristige Verbindlichkeiten [32] dient zur Abgrenzung jener Positionen, die bei einer überbetrieblichen Konsolidierung zu saldieren sind. Die transitorischen und sonstigen Passiva [33] sind wie die aktiven Rechnungsabgrenzungen zu behandeln. Das Kapital [34] wird bei Einführung des Planungssystems entsprechend den leistungsbezogenen Sachanlagen aufgeteilt: Hierbei sollte auf 10.000 bzw. 100.000 auf- oder abgerundet werden. Eine Änderung tritt bei Kapitalerhöhung ein. Das gleiche Aufteilungsprinzip (ohne Rundung) kann für die gesetzlichen Rücklagen [35] angewendet werden. Der Gewinnvortrag [36] wird hiervon abgegrenzt. Der Gewinn bzw. der Verlust der Periode wird zwischen den Aktiva und den Passiva positioniert. Je nach Vorzeichen kann dieser Betrag sowohl der einen als auch der anderen Seite zugerechnet und zur Bilanzsumme aufsummiert werden.
522
9 Objektorientiertes Controlling
Kosten und Werte des objektorientierten Controllingsystems Die Kosten- und Wertebildung in der objektorientierten Planung und Kontrolle ist abhängig von dem unternehmensspezifischen Umfang sowie der Ausprägung der hergestellten Erzeugnisse und den jeweiligen Erzeugnisstukturen. Hieraus leiten sich die Gliederung des Kontenplans der Finanzbuchhaltung ab und die Definition der einzelnen Leistungseinheiten sowie deren Ausprägung im Planungssystem als Subbilanz und/oder Suberfolgsrechnung. Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, die Variantenbildung des Controllingsystems aufzufächern, die notwendig ist, um den betriebsspezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Dennoch ergeben sich eine Reihe von Problemstellungen, die hier exemplarisch abgehandelt werden und natürlich bei einer Systemeinführung in ihrem Lösungsansatz zu modifizieren sind. In diesem Zusammenhang werden drei Aspekte vertieft, die sich in der praktischen Anwendung der objektorientierten Planung als handlungsrelevant erwiesen haben:
Zum einen hat das System eine große mediale Planungskomponente und kommunikative Planungskomponente, die nicht nur die Datenstruktur mit der Darstellungsart verknüpft, sondern auch die Datengenerierung im innerbetrieblichen Diskurs beeinflusst. Zum anderen erweisen sich die „innerbetrieblichen Verkäufe“ der Eigenleistung als ein wesentliches Strukturmerkmal, dessen Wertansatz in der Verrechnung je nach Zielsetzung unterschiedlich gestaltet werden kann. Drittens können mit dem Umgang der Verwaltungsaufwendungen Verrechnungen vollzogen werden, die dem allgemeinen Konsolidierungsprinzip des Planungssystems widersprechen, jedoch der hierarchischen Abbildung der Kompetenzgliederung entgegenkommen.
Die Darstellung der Daten im Planungssystem ist nicht nur für die interaktive Datengenerierung von Bedeutung, sondern auch für die Handhabung der Planungsdaten bei der Gegenüberstellung mit den Istwerten, also bei der Verwendung des Planungssystems als Controllinginstrument. Das im Folgenden erläuterte Beispiel geht von einer Modellstruktur aus, wie sie in der Abbildung 9.8 dargestellt ist, also von einem divisional gegliederten Unternehmen, mit divisionsspezifischen Produkten. Es wird von der Planung einer in Monate gegliederten Jahresperiode ausgegangen, die je Leistungseinheit für das Gesamtunternehmen hergestellt wird. Die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz werden jeweils auf einer Seite dargestellt. Es verbleibt somit pro Seite noch Platz, um zusätzliche Analysen unterzubringen, auf die im folgenden Punkt noch näher eingegangen wird. Tabelle 9.2 verdeutlicht die exemplarische Darstellung der Planerfolgsrechnung. Während die Umsatzerlöse je Leistungseinheit abzüglich der Produktionskosten den Deckungsbeitrag 1 (DB 1) ergeben und abzüglich Produktions- und Operationskosten den Deckungsbeitrag 2 (DB 2), erhält man durch die Subtraktion von DB 2 und den Steuern den Deckungsbeitrag 3 (DB 3). Dieser entspricht dem Gewinn nach Steuern. Die Steuern werden, entsprechend dem Gewinnbeitrag vor Steuern, auf Produktebene aufgeteilt und auf divisionaler Ebene konsolidiert. Die exemplarische Präsentation der Planbilanz wird in Tabelle 9.3 dargestellt.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
523
Erstellungsdatum
Firmenname Seitennr. Controllingbericht des xx.ten Monats zum … Spezifizierung (Gesamtbetrieb, Leistungseinheit oder Produkt) Monat Planung
Kumuliert Real
Planung
Real
Erlöse: 01 Erlöse aus Produkten 02 Andere Erlöse SUMME ERLÖSE (= 100%)
Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
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Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
% " %
Produktionskosten: 03 Rohstoffe
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04 Zukaufteile
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"
"
"
"
"
05 Eigenfertigung
"
"
"
"
"
"
"
"
06 Produktionskosten
"
"
"
"
"
"
"
"
07 Marketingkosten
"
"
"
"
"
"
"
"
08 Bestandsänderungen
"
"
"
"
"
"
"
"
SUMME VARIABLE KOSTEN
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
DECKUNGSBEITRAG I
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Operationskosten: 09 Produktionsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
10 Marketingaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
11 Indirekte Verwaltungsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
12 Direkte Verwaltungsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
13 Finanzaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
14 Bestandsänderungen
"
"
"
"
"
"
"
"
SUMME FIXE KOSTEN
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
DECKUNGSBEITRAG II
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
15 Steuern
"
NETTO GEWINN/VERLUST (= DB III) Tab. 9.2:
Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
Darstellung der Planerfolgsrechnung
Sowohl bei der Planerfolgsrechnung als auch bei der Planbilanz werden jeweils die monatlichen Planwerte den Realwerten gegenübergestellt. Während bei der Planerfolgsrechnung im zweiten vertikalen Block dieselbe Prozedur mit den bis dahin kumulierten Werten durchgeführt wird, werden bei der Bilanz die Durchschnittswerte aus den abgeschlossenen Monaten der laufenden Periode ermittelt.
524
9 Objektorientiertes Controlling
Erstellungsdatum
Firmenname Seitennr. Controllingbericht des xx.ten Monats zum … Spezifizierung (Gesamtbetrieb, Leistungseinheit oder Produkt) Monat Planung
Kumuliert Real
Planung
Real
Aktiva: 16 Monetärer Bestand
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
17 Forderung an Kunden
"
"
"
"
"
"
"
"
18 Bestand Eingangsmaterial
"
"
"
"
"
"
"
"
19 Bestand unfertige Produkte
"
"
"
"
"
"
"
"
20 Bestand Fertigprodukte
"
"
"
"
"
"
"
"
21 Sonstige Bestände
"
"
"
"
"
"
"
"
22 Organverb. Finanzanl./Ford.
"
"
"
"
"
"
"
"
23 Finanzanl./Ford. an Dritte
"
"
"
"
"
"
"
"
24 Immob. Anlagen – Grundstücke
"
"
"
"
"
"
"
"
25 Immob. Anlagen – Gebäude
"
"
"
"
"
"
"
"
26 Mobile Anlagen
"
"
"
"
"
"
"
"
27 Trans. und sonstige Aktiva
"
"
"
"
"
"
"
"
SUMME AKTIVA (= 100 %)
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
GEWINN/VERLUST
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Passiva: 28 Verbindl. an Lieferanten
"
"
"
"
"
"
"
"
29 Kurzfr. Verbindl. an Banken
"
"
"
"
"
"
"
"
30 Sonstige kurzfr. Verbindl.
"
"
"
"
"
"
"
"
31 Organverb. langfr. Verbindl.
"
"
"
"
"
"
"
"
32 Sonstige langfr. Verbindl.
"
"
"
"
"
"
"
"
33 Trans. und sonst. Passiva
"
"
"
"
"
"
"
"
34 Kapital
"
"
"
"
"
"
"
"
35 Rücklagen
"
"
"
"
"
"
"
"
36 Gewinnvortrag
"
"
"
"
"
"
"
"
SUMME PASSIVA (= 100 %) Tab. 9.3:
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Darstellung der Planbilanz
Die Prozentangaben der Planerfolgsrechnung als primäre Erfolgskennwerte beziehen sich auf die Erlöse aus Produkten, die Prozentangaben der Bilanz als primäre Bilanzkennwerte auf die Bilanzsumme. Damit entstehen auf jeder Hierarchieebene ausdifferenzierte Kennwerte wie Umsatzrendite, Rohstoffanteil, Fixkostenanteil und andere bei der Erfolgsrechnung, sowie bspw. die Eigenkapital- oder Vermögensrendite bei der Bilanz. Selbstverständlich sind statt der Prozentwerte als Vergleichsgrößen auch andere Standardisierungen vorstellbar.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
525
So können bspw. in der Planerfolgsrechnung statt der Prozentangaben die Kosten pro Leistungseinheit ausgewiesen werden, falls als Leistungseinheit vergleichbare Stücke in einer statistisch hinreichenden Menge pro Betrachtungsperiode produziert werden. So können Stückerlöse und nach variablen und fixen Kriterien spezifizierte Stückkosten zunächst einmal geplant und dann im Monats- und Jahresvergleich den Istwerten gegenübergestellt werden. Die Zusammenstellung der Planungsergebnisse aller Leistungseinheiten ergibt einen Planungsbericht, der als Soll-Ist-Vergleich in einen monatlichen Controllingbericht umfunktioniert werden kann und somit den Vorteil aufweist, dass bereits bei der Planung die Kontrolle der Planungsqualität mit berücksichtigt wird. Der Planungs- und Kontrollbericht repräsentiert in seiner Gliederung die Leistungsstrukturierung des Unternehmens und kann entsprechend der Abbildung 9.13 nach Divisionen geordnet werden.
Abb. 9.13:
Gliederung des Planungs- und Kontrollberichts
Gestaltet man das Unternehmensmodell so, dass die Erzeugnisse der Leistungseinheiten ganz oder teilweise innerbetrieblich zu verwenden sind, so erzeugen sie in dem Fall keine Realerlöse auf dem Absatzmarkt, reduzieren aber die Aufwendungen der Leistungseinheit, die innerbetrieblich Produkte „geliefert hat“, und das zu Lasten der Leistungseinheit, die alsdann das mit der Eigenleistung veredelte Produkt im Absatzmarkt veräußert. Dies ist nicht nur der Fall bei der Definition von Hilfsbetrieben als Leistungseinheiten, sondern auch, wenn eine verrichtungsorientierte Gliederung der bilanzierten Leistungseinheiten, bspw. in Fertigung, Montage und Vertrieb, modelliert oder aber ein Mischkonzept zwischen objekt- und verrichtungsorientierter Planung und Kontrolle bevorzugt wird. Die Bewegungen der leistungsspezifischen Konten Eigenfertigung sind nicht nur mit denen der Bestandsänderungen vergleichbar, sondern stehen mit diesen in einem unmittelbaren Zusammenhang. Wie bei den Bestandsänderungen können die Bewegungen auf dem Konto positiv oder negativ sein. Wird in einer Leistungseinheit ein positiver Betrag als Eigenleistung ausgewiesen, so hat diese Einheit mehr betriebliche Eigenleistung als Aufwendung entgegengenommen, als sie abgegeben hat. Ist das umgekehrt, so ist der Betrag negativ und entlastet den gesamten Auf-
526
9 Objektorientiertes Controlling
wand der Leistungseinheit. Es erhöht somit den Gewinn der Betrachtungseinheit (bzw. verringert gegebenenfalls den Verlust). Auf der obersten Konsolidierungsebene saldiert sich die Eigenleistung auf null, da bei einheitlicher Bewertung der korrespondierenden Ein- und Ausgangsbuchung auf gesamtbetrieblicher Ebene genauso viel Eigenleistung produziert wie konsumiert wird. Der Puffer, um dieses zu gewährleisten, bildet sich in den Bestandskonten für unfertige Produkte und Fertigprodukte. Hiermit wird nicht nur über die Bestandsänderungen ein Ausgleich geschaffen zwischen der erlöswirksamen Verkaufsmenge und der produzierten Menge der Betrachtungsperiode, sondern auch die innerbetriebliche Eigenleistung reguliert. Betrachtet man das vereinfachte System von Lagerbestand und Produktion der Abbildung 9.14 aus der Sicht der produktspezifischen Mengenbewegungen, so wird über den Bestand an Eingangsmaterial die Produktion als Aufwand belastet (A). Fertig produzierte Erzeugnisse gehen in den Lagerbestand als Fertigprodukte ein (B). Der Verkauf von Fertigprodukten ist ein Lagerbestandsabgang und ein Erlöszugang (C). Zu Periodenende wird die mengenkorrespondierende Wertdifferenz zwischen den Fertigungszu- und Verkaufsabgängen als Bestandsänderung dem Aufwand zu- oder abgezogen (C-B). Wird vom Lagerbestand der fertigen oder unfertigen Produkte eine Menge für die Produktion anderer Leistungseinheiten abgezogen, so erfolgt ein entsprechender Lagerbestandsabgang (D); erfolgt eine Bewegung in umgekehrter Richtung, so haben wir einen Bestandszugang (E). Die Wertdifferenz von Zu- und Abgängen wird zum Periodenende dem Aufwand als Eigenfertigung zu- oder abgezogen (D-E).
Abb. 9.14:
Eigenfertigung und Bestandsänderung
Als Standardregel kann eine innerbetriebliche Verrechnung entsprechend der ausgewiesenen Aufwendungen gehandhabt werden. Es lassen sich aber genauso Konzepte realisieren, in denen zwei Divisionen zu vereinbarten Standardpreisen miteinander interagieren. Dementsprechend entstehen Profit-Center, die sich auch als Rechtsform regulieren lassen. Das Prinzip der objektorientierten Planung kann auf ein System von rechtlich abgegrenzten Unternehmen angewendet werden, wobei Verkäufe innerhalb des Systems zu einer „unechten“ Vergrößerung des Umsatzes im Gesamtergebnis führen, die jedoch – entsprechend abgegrenzt – in der Gesamtkonsolidierung saldiert werden können. Entsprechend dem Fachbegriff der Bilanzverlängerung kann hier von einer Umsatzverlängerung gesprochen werden, die dann auch von der Finanzbuchhaltung erfasst wird, wenn der Transfer von zwei Rechtseinheiten vorgenommen wird, die zum selben Leistungsverbund gehören.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
527
Ebenso wie bei der Handhabung der Eigenfertigung kann auch im Umgang mit den Verwaltungskosten „regelwidrig“ verfahren werden. Normalerweise werden die Konten der untersten Ebene aufsummiert und bilden somit den Wert desselben Kontos auf der nächst höheren Ebene. Das Prinzip setzt sich fort, bis auf der obersten Ebene alle Werte des Gesamtunternehmens einer spezifischen Kategorie in dem entsprechenden Konto kumuliert sind. Bezogen auf die Konten der indirekten und direkten Verwaltungsaufwendungen hätten wir bei einer Struktur von zwei Divisionen mit je zwei Produkten folgendes Bild: Die direkten und indirekten Verwaltungsaufwendungen von PAl und PA2 summieren sich in der Division A und entsprechend für PBI und PB2 in der Division B. Die konsolidierten Werte beider Divisionen ergeben die gesamtbetrieblichen indirekten und direkten Verwaltungsaufwendungen (vgl. Abb. 9.15).
Abb. 9.15:
Einfache Konsolidierung der Verwaltungsaufwendungen
Das Verfahren der sukzessiven Kumulierung ist jedoch im Falle der Verwaltungsaufwendungen dann nicht angebracht, wenn man auf jeder Ebene die spezifischen indirekten und direkten Verwaltungsaufwendungen abgrenzen möchte. Diese sind nämlich, bezogen auf ihre Ebene, relativ. Indirekte Verwaltungsaufwendungen sind stets die, welche von der nächst höheren Ebene verteilt werden und auf die man keinen Einfluss hat. Um diesem Standpunkt gerecht zu werden, sind im Beispiel der Abbildung 9.16 die indirekten und die selbst verursachten Aufwendungen auf Divisionsebene als indirekte Verwaltung auf die Produkte verteilt und die selbst verursachte und produktspezifische Verwaltung als direkte Aufwendung nach oben weitergeleitet worden. Bei den Gesamtaufwendungen in der Verwaltung, ohne eine Differenzierung in indirekte und direkte Verwaltung, wird das Konsolidierungsprinzip aufrechterhalten, innerhalb der zwei Verwaltungsarten jedoch nicht.
528
9 Objektorientiertes Controlling GESAMTUNTERNEHMEN indir. Verw. dir. Verw.
{
indir. Verw. dir. Verw.
{{
{{
DIVISION A
DIVISION B indir. Verw. dir. Verw.
{
indir. Verw.
indir. Verw.
indir. Verw.
indir. Verw.
dir. Verw.
dir. Verw.
dir. Verw.
dir. Verw.
PA1
PA2
PB1
PB2
Abb. 9.16:
Gemischte Konsolidierung der Verwaltungsaufwendungen
Varianten des objektorientierten Planungssystems sind dann zweckmäßig, wenn dadurch die wertmäßige Abbildung der Objektrealität im Unternehmen und die Verantwortungsbereiche detailliert werden, ohne dass die eindeutige und durch die Finanzbuchhaltung gelenkte Kontrolle durch einen Vergleich von Soll- und Istwerten in Mitleidenschaft gezogen wird. Alle Planungsgegenstände werden dabei im Einzelnen wie auch im Kontext der gesamtbetrieblichen Handlung betrachtet und definiert.
9.1.2
Erfolgs-Controlling
Die erfolgsorientierten Kennzahlen charakterisieren Momente eines zeitlichen Intervalls. Es sind Periodenkennzahlen, die einen laufenden Prozess kennzeichnen und zur Regelung geeignet sind. Das objektorientierte Planungssystem schafft eine Begrifflichkeit, die sowohl die Genesis der betrieblichen Erzeugnisse als auch die Verwendung der Produktionsgegebenheiten erfasst und so eine Regulierungsbasis zum Controlling etabliert. Betrachtet man aber die betrieblichen Handlungsstrukturen unter dem Blickwinkel des Einsatzes von Produktionsfaktoren (vgl. hierzu Steffen 1983, S. 18 ff.), so ergeben sich andere Abgrenzungskriterien. Während die Verbrauchsfaktoren mit dem Planungssystem gut reguliert werden, ergeben sich Defizite in der Kontrolle der Potenzialfaktoren und des dispositiven Faktors. In der Praxis haben sich drei Bereiche herauskristallisiert, die für die Planung entscheidungsrelevant sind und für die Kennzahlen zur Entwicklung und Kontrolle benötigt werden: Zum einen ist die Planung, Realisierung und Kontrolle im Personalbereich zu konsolidieren und in ihre Relation zur objektorientierten Unternehmensführung zu stellen. Personalbedarfsermittlung, Personalbeschaffung, Personaleinsatz, Personalerhaltung und Leistungssimulation, Personalentwicklung sowie Personalfreisetzung werden im Unternehmen über eigenständige Informationssysteme geregelt (vgl. dazu Hentze 1991, S. 71
9.1 Operative Planung und Kontrolle
529
ff.). Es gilt komprimierte Kennzahlen zu finden, die den Personalaspekt entsprechend der Differenzierung der hierarchisch gegliederten Leistungseinheiten verdeutlichen. Zum anderen gilt es, die Kapazitätsauslastung für jede Leistungseinheit zu erfassen, die bilanziert wird und somit einen spezifischen Anlagenbestand auf der Aktivseite abgrenzt. Die objektorientierte Planung ist wertorientiert, die Kapazitätsauslastung kann jedoch nur in Quantitäten angegeben werden, die näher an der materiellen Realität der Anlage liegen als monetäre Werte. Die Planung und Kontrolle der Kapazitätsauslastung bildet eine Grundlage für die Investitionsplanung (vgl. Eversheim 1989, S. 101 f.). Der dritte erfolgsrechnungsorientierte Periodenkennwert ergibt sich aus der Ermittlung der fixen und variablen Kosten pro Produktionseinheit. Hiermit kann bezogen auf jede Leistungsebene und -einheit ermittelt werden, welche Rentabilität in der Betrachtungsperiode erzielt worden ist. Es kann eine Break-Even-Point-Analyse durchgeführt werden (vgl. Horváth 2011, S. 428 ff.), und somit ist nicht nur der Erlöswert, sondern auch die Produktionsmenge gekennzeichnet, die zu generieren ist, um ein positives Ergebnis der jeweiligen Leistungseinheit zu gewährleisten.
Es ergibt sich eine gute Evaluierungsmöglichkeit der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung von neuen Produkten und den Vergleich zu den betrieblichen Leistungen, die bereits im Repertoire des Unternehmens sind. Zur Abrechnung der Löhne und Gehälter werden in der Regel mehrere Erfassungssysteme geführt. Dies ergibt sich aus der Aktivitätsstruktur der Betriebe, bei denen die Mitarbeiter in unterschiedlichen, eigenständigen Einheiten als Lohn- oder Gehaltsempfänger tätig sind. Ziel der Lohn- und Gehaltsbuchhaltungen ist es, die Einzelkosten nach Verwendungszweck und Empfänger auszuweisen. Für das Planungssystem gilt es jedoch, die Personenanzahl und die Personalkosten für den Gesamtbetrieb und für die Leistungseinheiten wie bspw. die Divisionen und/oder die bilanzmäßig erfassten Produkte zu ermitteln. Hierfür erweist sich folgende Unterscheidung als zweckmäßig:
festangestellte und direkt zuweisbare Personen, festangestellte und indirekt zuweisbare Personen, durch Zeitverträge beschäftigte Personen.
Die festangestellten und direkt zuweisbaren Personen sind in ihrem Tätigkeitsfeld unmittelbar einer Leistungseinheit zuzuordnen. Die indirekt zuweisbaren Personen müssen hingegen über einen betriebsinternen Schlüssel auf die Divisionen verteilt werden. Die Probleme, die sich hieraus ergeben, können nur betriebsspezifisch geklärt werden. Diese Themenstellung wird im Gliederungspunkt 9.1.4 im Unterabschnitt „Personal-Controlling“ vertieft. Das Tätigkeitsfeld der Personen, die durch Zeitverträge beschäftigt werden, kann bereits im Vertrag nach Leistungseinheiten, z. B. divisions- bzw. ggf. produktorientiert, spezifiziert werden; es ergeben sich somit keine Zuweisungsprobleme. Bei der Berechnung der Personenanzahl gilt es, nicht die physische Anzahl auszuweisen, sondern die erbrachte Leistung in Personenmonaten. Das entspricht dem auf- bzw. abgerundeten Betrag aus der Summe aller Zeitvertragsstunden geteilt durch die jeweiligen Monatsarbeitsstunden (vgl. Tab. 9.4). Die Prozentangaben reflektieren bei den zusätzlichen Analysen der Gewinn- und Verlustrechnung den Zielerreichungsgrad. Es wird somit beim Personal der jeweilige Realwert durch den Planwert geteilt und mit hundert multipliziert. Die Kennzahl „Umsatz pro Mitarbeiter“ ergibt sich durch die Division des Umsatzes durch die Personenanzahl. Neben der
530
9 Objektorientiertes Controlling
Ermittlung der Personenanzahl können auch die Personalkosten insgesamt ausgewiesen werden. Hierbei sind die jeweiligen Anteile der einzelnen Aufwandskonten zu subsumieren, die als Personalaufwendungen anfallen. Dieser Wert kann durch die Anzahl produzierter Einheiten geteilt werden, um eine Relation zu den Kosten pro Einheit herzustellen. Monat
Durchschnitt
Planung
Real
Planung
Real
Anzahl
Anzahl %
Anzahl
Anzahl %
Personal: Fest direkt-zuweisbar Fest indirekt-zuweisbar
"
Eventual
"
"
"
"
"
" "
"
"
"
"
SUMME PERSONAL
Anzahl
Anzahl %
Anzahl
Anzahl %
UMSATZ PRO MITARBEITER/IN
Wert
Wert
%
Wert
Wert
%
PERSONALKOSTEN
Wert
Wert
%
Wert
Wert
%
PERSONALK./PROD.EINHEIT
Wert
Wert
%
Wert
Wert
%
Tab. 9.4:
Darstellung der personalen Planungskennzahlen
Die Kapazitätsberechnungen sind auf der Ebene einer bilanzierten Leistungseinheit in der Regel problemlos durchzuführen, da der Anlagenbestand oft ein integriertes technisches System darstellt. Während sich somit die divisionale Abgrenzung einfach darstellt, gestaltet sich die Kapazitätszuweisung pro Produkt schwieriger, soweit diese Leistungseinheit nur durch eine Erfolgsrechnung ausgewiesen wird. Von Ausnahmen abgesehen, haben wir es auf Produktebene mit einem flexiblen Produktionssystem zu tun, das unterschiedliche Produktionskapazitäten pro Produkt zulässt, je nachdem, welche Zielsetzung bei der Kapazitätsplanung verfolgt wird. Während die Gesamtkapazität einer bilanzierten Leistungseinheit oft unflexibel ist, lassen sich die aufzusummierenden Einzelkapazitäten der Produkte in eingeschränktem Maße variabel gestalten. Es ist daher Aufgabe der betriebsspezifischen Planungen, die Verfahren zur Kapazitätsberechnung z. B. pro Division und Produkt niederzulegen und bei Änderungen anzupassen. Die Kapazitätsberechnungen sind insofern von großer Bedeutung, als sich hiermit die Auslastung der Anlagen ermitteln lässt. Daraus ergibt sich nicht nur ein Frühwarnsystem für Investitionen zur Kapazitätserweiterung, sondern auch die Datenbasis zur empirischen Überprüfung der Produktionskosten in Abhängigkeit von der Kapazitätsauslastung. Die Kapazitätsberechnungen können in Relation zur Produktion und zum Verkauf jeweils in Mengeneinheiten dargestellt werden (vgl. Tab. 9.5). Die Prozentzahl hinter dem Planungswert der Kapazität kennzeichnet die Kapazitätsauslastung. Zur Berechnung werden die produzierten Einheiten durch die installierte Kapazität geteilt und mal hundert multipliziert.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
531 Monat Planung
Kumuliert Real
Planung
Real
Volumen (Einheit): Kapazität
Wert
Produktion Verkauf Tab. 9.5:
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
"
"
"
"
"
"
"
"
Darstellung der Kapazitätskennzahlen
Als Produktionseinheit wird je nach Erzeugnis Stück, Liter, Kilogramm usw. verwendet. Bei der Verwendung unterschiedlicher Produktionseinheiten ergeben sich Konsolidierungsschwierigkeiten. Daher ist die Bezeichnung der Mengeneinheit nach Konsolidierungskreisen sorgfältig auszuwählen und je Leistungseinheit zu kennzeichnen. Bei der Kapazitätsberechnung können unterschiedliche Verfahren angewendet werden. Arbeit mit Überstunden oder zusätzlichen Schichten erhöht die Kapazität. Gegebenenfalls ist sowohl die Grenzkapazität, also die Leistung bei einer vollständigen Ausschöpfung aller Ressourcen, als auch die Normalkapazität (Betriebskalendertage mal Anlagenkapazität pro Stunde, mal Normalarbeitsstunden pro Tag) anzugeben. Die monatlichen Kosten pro Einheit ergeben sich in der Fließund Serienfertigung aus der Division zwischen den monatlichen Werten der Gesamtaufwendungen und der Produktionsmenge. Die Differenzierung zwischen fixen Kosten und variablen Kosten geht nicht aus den Werten einer regulären Gewinn- und Verlustrechnung unmittelbar hervor. Diese prozentuale Aufteilung erfolgt in der betrieblichen Buchhaltung, und zwar auf unterster Kontenebene. Die Werte werden dem Verkaufserlös pro Einheit gegenübergestellt. Hierbei werden die monatlichen Werte des Verkaufsgesamterlöses durch die Verkaufsmenge geteilt. Die hierin enthaltene zeitliche Verschiebung der beiden Vergleichsmengen (Verkaufs- und Produktionsmenge) wird bei der Ermittlung der Monatsdaten vernachlässigt. In der Betrachtung der kumulierten Werte wird die Schnittmenge beider, mit zunehmender Periodendauer, immer größer. Die Differenz zwischen Verkaufserlös pro Einheit und Aufwendungen pro Einheit ergibt den Gewinn pro Einheit. Die Verteilung von Aufwendungen in fixe und variable Kosten ist problematisch und bedarf stets einer expliziten betriebsspezifischen Interpretation. Je nach Betrachtungsstandpunkt ändern sich die Zuweisungsregeln. Grundsätzlich können auf Buchhaltungsebene nur die in das Produkt eingehenden Verbrauchsfaktoren eindeutig als variable Kosten zugewiesen werden. Alle weiteren Verbrauchsfaktoren sind nur dann relativ exakt auf die einzelnen Leistungseinheiten zu verteilen, wenn dies bereits bei der unmittelbaren Regulierung des Produktionsprozesses geschieht und nicht erst bei der periodenbezogenen Verbuchung. PPS-Systeme erlauben daher eine exaktere Aufteilungsstruktur als die wertorientierte Erfassung im Rechnungswesen. Diese Problematik wird in Abschnitt 9.1.6 „Bereichs-Controlling“, Unterabschnitt „Produktions-Controlling“ vertieft. Aber bereits die Klassifikationsrichtlinien der in der Produktion tätigen Personen sind diskussionswürdig. Es lässt sich bspw. eine Lösung etablieren mit der Annahme, dass alle Personalkosten für die Produktion eines Produktes dann variabel sind, wenn bei der endgültigen Streichung dieses Produktes diese Aufwendungen entfallen. Diese Quantifizierung hat den schwerwiegenden Nachteil, dass monatliche Schwankungen in der Produktion eines Produktes jeweils große Sprünge im Break-Even-Point verursachen, da sich der Arbeitnehmerbestand nicht ändert. Dennoch kann man der Meinung sein, dass ein Planungskonzept einen Aufschluss über die finanziellen Folgen bei der Einstellung eines
532
9 Objektorientiertes Controlling
Produktes geben muss. Die Schwankungen gleichen sich zudem aus, und nachdem einige Monate des Geschäftsjahres vergangen sind, hat der Durchschnittswert des Break-EvenPoints durchaus einen Aussagewert. Im Berichtssystem können die Kosten pro Einheit folgendermaßen dargestellt werden, entsprechend der Tabelle 9.6. Kosten pro Einheit: Verkaufspreis
Wert 100 %
Wert 100 %
Wert 100 %
Wert 100 %
Variable Kosten
"
"
"
"
"
"
"
"
Fixe Kosten
"
"
"
"
"
"
"
"
Herstellungspreis
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
GEWINN, VERLUST/EINHEIT
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
BREAK EVEN POINT (€)
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
BREAK EVEN POINT (Einheit)
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Tab. 9.6:
Darstellung der Stückkostenanalyse
Bei der Prozentangabe der Kosten pro Einheit wird der Verkaufspreis gleich 100 % gesetzt, die variablen und fixen Kosten, der Herstellungspreis sowie der Gewinn bzw. Verlust pro Einheit werden prozentual auf den Verkaufspreis hin relativiert. Bei der Angabe des BreakEven-Points in Werteinheiten ist eine prozentuale Relation zu der verkauften Menge von Interesse, die dann über 100 % liegt, wenn ein positives Ergebnis in dieser Leistungseinheit erwirtschaftet wurde. Die Angabe des Break-Even-Points in Mengeneinheiten kann in Relation auf die installierte Kapazität gesetzt werden. Je geringer der Prozentsatz ist, umso größer ist das Produktionspotenzial, in dem mit Gewinn produziert werden kann. Die Stückkostenberechnungen werden auf unterster Leistungseinheitsebene, bspw. auf Produktebene, durchgeführt und dann zu Divisionswerten bzw. gesamtbetrieblichen Werten konsolidiert. Es ist natürlich offensichtlich, dass ihre Aussagekraft mit zunehmender Konsolidierung schwindet, da die Produkte sehr unterschiedlicher Art sein können. Auf gesamtbetrieblicher Ebene ist der Stückkostengewinn/-verlust nur noch als ein Indikator anzusehen, wenn er sich überhaupt berechnen lässt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Betrachtungseinheit pro Division wechselt.
9.1.3
Bilanz-Controlling
Die bilanzorientierten Kennzahlen charakterisieren das Unternehmen bzw. im Rahmen des objektorientierten Controllingsystems jede bilanzierte Leistungseinheit zu einem spezifischen Stichtag. Die Begriffskategorien der Bilanz definieren somit einen Zustand, der eine begrenzte Aussage über die Objektbeschaffenheit des Unternehmens und der entsprechenden Kapitalstruktur eröffnet. Um den Zweck der Bilanz auszuschöpfen, nämlich nicht nur eine Betriebsübersicht zu bekommen, sondern auch Kriterien zur Betriebsführung und -überwachung zu erhalten (vgl. hierzu Wöhe 1990, S. 240), ist es notwendig, einzelne Werte der Bilanz daraufhin zu analysieren, wie sie zustande gekommen sind. Es ist daher speziell für die Bilanzkonten, in denen sich die bedeutenden Betriebsbewegungen widerspiegeln, besonders informativ, das Bewegungsvolumen der Betrachtungsperiode zu analysieren, um Änderungen der einzelnen Bilanzpositionen näher zu durchleuchten. Für die Interpretation
9.1 Operative Planung und Kontrolle
533
einer Planbilanz können eine Vielzahl von Kennzahlen ausgewiesen werden, die jedoch bei ihrer Berechnung nicht nur Bilanzwerte mit einbeziehen, sondern auch absolute Zahlen aus der Erfolgsrechnung, insbesondere den Umsatz. Es gilt dabei jedoch, eine gezielte Auswahl zu treffen, da zu viele Analysen eher den Blick für das Wesentliche trüben. In dem vorgestellten Controllingsystem werden drei Wertekategorien ausgebildet (vgl. Tab. 9.7):
Liquiditätskennzahlen erster und zweiter Ordnung, Kennzahlen zum Verschuldungsgrad und der daraus resultierenden Zinslast, Rotationskennzahlen des Umlauf- und des Anlagevermögens (Kundenforderungen, Inventare, Anlagen und Aktiva insgesamt) und wertorientierte Rentabilitätskennzahlen (Anlagenrentabilität und Return on Investment sowie ihre Zinslast). Bilanzorientierte Kennzahlen (zur Vervollständigung der Berichtsseite Bilanz) Monat
Durchschnitt
Planung
Real
Planung
Real
Liquidität 1. Ordnung
Wert
Wert
Wert
Wert
Liquidität 2. Ordnung
"
"
"
"
Wert
Wert
Wert
Wert
"
"
"
"
Liquidität:
Verschuldung: Fremdkapitalanteil Durchschnittszinssatz Rotation (Umsatz = 100 %): Kundenforderungen
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Fertigprodukte
"
"
"
"
"
"
"
"
Unfertige Produkte
"
"
"
"
"
"
"
"
Rohstoffe
"
"
"
"
"
"
"
"
Anlagevermögen
"
"
"
"
"
"
"
"
Aktiva
"
"
"
"
"
"
"
"
Rentabilität: Umschlagshäufigkeit
Wert
Wert
Wert
Wert
Umsatzrentabilität
"
"
"
"
Return on Investment I
"
"
"
"
Return on Investment II
"
"
"
"
Tab. 9.7:
Darstellung der bilanzorientierten Kennzahlen
Schröder (1992, S. 231) nennt als wichtigste Bilanzkennzahlen den Anlagendeckungsgrad, das Working Capital, den Eigenkapitalanteil, den Fremdkapitalanteil, die Bilanzsumme als Prozentsatz des Umsatzes und die Investitionsquote. In der Bilanzplanung werden alle aus-
534
9 Objektorientiertes Controlling
gewiesenen absoluten Zahlen auf die Bilanzsumme hin relativiert und mit hundert multipliziert. Damit lassen sich absolute Veränderungen der Einzelpositionen über den Betrachtungszeitraum hin schnell detektieren. Aber zur zweiten Analyse müssen bestimmte Positionen zusammengefasst und verrechnet werden. Die Liquidität erster Ordnung stellt die liquiden Mittel, die Kundenforderungen und die Forderungen organverbundener Unternehmen in Relation zum Fremdkapital; die Liquidität zweiter Ordnung ergibt sich aus der Division von Umlaufvermögen durch Fremdkapital. Liquidierbare Mittel
Liquidität 1. Ordnung =
=
Fremdkapital Umlaufvermögen
Liquidität 2. Ordnung =
Fremdkapital
16 + 17 + 22
(29)
∑ 28 bis 32 ∑ 16 bis 22
=
(30)
∑ 28 bis 32
Ein solides Kriterium zur Bilanzbewertung ist der Quotient aus Fremdkapital und Bilanzsumme. Zur Berechnung des Durchschnittszinssatzes teilt man die gesamten Finanzaufwendungen durch das Fremdkapital.
Fremdkapitalanteil =
Fremdkapital Bilanzsumme
Durchschnittszinssatz =
=
∑ 28 bis 32
(31)
∑ Gewinn + 28 bis 36
Finanzaufwendungen Fremdkapital
=
13
(32)
∑ 28 bis 32
Die Rotation gibt den Betrag einer Aktivseitenposition oder einer -positionsgruppe in Relation zum Umsatz multipliziert mit hundert. Es ist für die Investitionsplanung unabdingbar, das Umlaufvermögen zu dimensionieren. Hierzu dienen die prozentualen Kennzahlen von Kundenforderungen, Fertigprodukten, unfertigen Produkten und Rohstoffen. Weiterhin ist es für die Planung von Interesse, das Verhältnis des Anlagevermögens bzw. der Bilanzsumme zum Umsatz festzustellen, um einen Vergleich zu anderen Leistungsbereichen des Unternehmens ziehen zu können.
Rotation der Kundenforderung =
Rotation Fertigprodukte =
Kundenforderung Umsatz
Fertigprodukte Umsatz
·100 =
·100 =
18 01
17 01
·100%
·100%
(33)
(34)
9.1 Operative Planung und Kontrolle
535
(35) unfertige Produkte
Rotation unfertige Produkte =
Rotation Rohstoffe =
Rohstoffe Umsatz
otation Anlagevermögen =
Rotation Aktiva =
Umsatz
Aktiva Umsatz
20
·100 =
01
Anlagevermögen Umsatz
·100 =
∑ 16 bis 27
·100 =
19 01
·100%
(36)
·100%
·100 =
∑ 24 bis 26
(37)
01 (38)
01
Als letzte und wichtigste Kategorie zur bilanztechnischen Bewertung der Investition sind wertorientierte Rentabilitätskennzahlen zu ermitteln. Hierzu zählen die Relation des Jahresgewinns zum eingesetzten Eigenkapital und alsdann der Jahresgewinn im Verhältnis zu dem mit der Investition gebundenen Kapital: dem Return on Investment – RoI (vgl. Reichmann 2011, S. 29; siehe Abb. 8.13). Es gibt keine einheitliche Definition der Bestandteile des RoI (vgl. Bernstein 1984, S. 199). Überwiegend wird die Investition den gesamten Aktiva gleichgesetzt; dies ergibt die möglicherweise beste Methode, die operative Effizienz (operating efficiency) eines Unternehmens zu messen. In diesem Zusammenhang ist die Frage aufzuwerfen, ob die Abschreibung für die Ermittlung des Gewinns wie auch der Investition außer Betracht gelassen werden soll. Das Unternehmen E. I. DuPont de Nemours Company, Pionier der RoI-Analyse (vgl. Weston/Brigham 1984, S. 152), bejaht dieses. Es führt an, dass die für die Produktion eingesetzten Aktiva während ihrer Nutzungsdauer auf dem besten Stand gehalten werden sollten und die Abschreibung nur eine Vorkehrung für deren Überalterung (Obsolescence) sei, und weiterhin würde andernfalls die Vergleichbarkeit der Perioden beeinträchtigt werden. Bernstein betont den externen Blickwinkel der Analyse und macht daher keine Ausnahme für die Abschreibung, räumt aber ein, dass der DuPont-Standpunkt für die interne Analyse durchaus seine Berechtigung habe. Die Investition kann auch als das Eigenkapital definiert werden; der RoI gibt dann Aufschluss über den Ertrag des eingesetzten Eigenkapitals. Im Zusammenhang mit der Definition des Gewinns (Income) muss die Frage der Einbeziehung der Zinsausgaben geklärt werden. Bernstein macht dies von der Definition der Investition abhängig. Werde die Investition als das Aktivvermögen definiert, so seien die Zinsausgaben mit der Begründung abzuziehen, dass diese die Bezahlung für den Gebrauch des Fremdkapitals darstellen, vergleichbar mit den Dividenden, die die Benutzung des Eigenkapitals abdecken. Dagegen müssten die Zinsen mit einbezogen werden, wenn die Investition über das Eigenkapital definiert würde.
536
Abb. 9.17:
9 Objektorientiertes Controlling
Umschlag des Aktivvermögens und der Rendite (nach Bernstein)
Eine interessante Form der gespreizten RoI-Analyse wird bei DuPont angewendet (vgl. Bernstein 1984, S. 210; siehe Abb. 9.17), indem die Umsatzrentabilität in Relation zur Umschlagshäufigkeit der Investition gestellt wird:
RoI =
Netto Gewinn
·
Umsatz
Umsatz
(39)
Investion (40) Umsatz
Umschlagshäufigkeit =
Umsatzrentabilität =
Geb. Invest. werte Gewinn + 13 Umsatz
Return on Investment I = (ohne Zinsaufwendungen)
=
01 =
17 + 18 + 19 + 20 + 24 + 25 + 26
∑ (01 + 02) − ∑ 03 bis 14 (ohne 13)
(41)
01
= Umsatzrentabilität · Umschlagshäufigkeit
(42)
9.1 Operative Planung und Kontrolle
Return on Investment II=
Gewinn Eigenkapital
537
=
01
(43)
∑ 34 bis 36
(mit Zinsaufwendungen) Diese Form erlaubt eine Gegenüberstellung des Umschlags des Aktivvermögens (Asset Turnover) mit der Umsatzrendite (Profitability). Die Spreizung ermöglicht eine eingehende Analyse der Zusammensetzung des Return on Investment und dementsprechend eine Sensibilitätsanalyse für die Planung von Investitionen.
9.1.4
Finanz-Controlling
Controllingstrukturen müssen an die Bedingungen ihrer korrespondierenden Basissysteme angepasst werden. Es gibt keine einheitlichen Metakognitionen, die auf jede wirtschaftliche Situation angewendet werden können und dabei dennoch präzise auf einzelne Sachstände verweisen. Es besteht auch immer eine Gefahr, dass Controlling zu einer überlagerten Struktur entartet, die von denen nicht mehr verstanden wird, welche in der Basis die operative physische Leistung erbringen. Die Konsequenz ist eine unternehmensspezifische Anpassung. Das aber heißt, dass alle Handlungsbeteiligten miteinander die Denkmechanismen ausbilden müssen, welche dem Controlling zugrunde liegen. Weber (1994, S. 258) schreibt dazu: „Auch für die Trägerschaft der so umrissenen Controlling-Aufgaben stehen sehr unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Je nach Ausprägung, teilen sich Marketingmanager, Controller, die Unternehmensspitze und ggf. auch der DV-Bereich die Gesamtaufgabe. Weitergehende, präzisere Aussagen sind nicht möglich, da sie nur unternehmensindividuell zutreffen – bis auf eine Ausnahme: Wenn derzeit einem Abbau der Controllerbereiche in den Unternehmen das Wort geredet wird (‚Das beste Controlling ist das ohne Controller‘), so muss man sorgfältig beachten, auf welche Kontextsituation derartige Aussagen bezogen sind: Ein Produktionsmanager, der über Jahre hinweg mit einem Controller zusammengearbeitet hat, sollte – ceteris paribus – tatsächlich dazu in der Lage sein, einen nicht unbeträchtlichen Teil der Aufgaben seines Controllers zu übernehmen.“ Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wenn bzw. neue betriebliche Aufgabenstellungen, für die kein Standardwissen in vergleichbarer Breite und Tiefe zur Verfügung steht, so führt Weber weiter aus, können zunächst nicht ohne Controller erfolgen. Beim Finanz-Controlling haben wir es mit einer Sondersituation zu tun. Die Finanzflüsse des Unternehmens spielen sich an der Peripherie ab. Die aufgabenspezifischen Controllingstrukturen der Leistungsgenerierung und -veräußerung können hierarchisiert werden, das Finanz-Controlling nicht. Hier fließen alle Aktivitäten des Unternehmens zusammen, die Handlungsbeteiligten des Finanz-Controllings bilden eine eigene Bezugsgruppe, ihre Basisaktivitäten unterscheiden sich von denen der produkt- und absatzbezogenen Handlungsträger. Weber (1995, S. 52 ff.) weist nach Agthe (1969, S. 353 f.) im Financial Management dem Controllership Aufgaben der Planung, Berichterstattung und Interpretation, Bewertung und Beratung, der Steuerangelegenheiten, der Berichterstattung an staatliche Stellen, der Sicherung des Vermögens und volkswirtschaftliche Untersuchungen zu. Dagegen obliegen dem Treasureship Aufgaben der Kapitalbeschaffung, der Verbindung zu den Investoren, der
538
9 Objektorientiertes Controlling
kurzfristigen Finanzierung, der Bankverbindung und Aufsicht, der Kredite und des Forderungseinzugs, der Kapitalanlagen und der Versicherungen. Zwar bilden die Gewinn- und Verlustrechnung, die Bilanz und der Finanzplan ein zusammengehörendes Modell aus, jedoch verweisen ihre Aussagen auf jeweils eigenständige Aktionsbereiche. Dabei können GuV sowie Bilanz über die hierarchisch aufgebrochenen Subbzw. Subsubsysteme zum Planungsgegenstand operativ handelnder „Nichtcontroller“ werden; in der Finanzplanung geht das nicht. Hier bündelt sich die abstrakte wirtschaftliche Tätigkeit, welche primär mit den monetären Wertsystemen umgeht und sich entsprechend von den physisch-technischen Determinanten entfernt. Dementsprechend ist eine eigene Begriffsstruktur aufzubauen. Sie ist nicht abstrakt und spezifiziert sich nicht über die Hierarchisierung, sondern ist konkret und verweist auf die endogenen und exogenen Handels- und Vertragspartner. Lachnit ordnet Kennzahlen schon in seinen Studien der 70er-Jahre (vgl. Lachnit/Reichmann 1976, S. 705 ff.; Lachnit/Müller 2006, S. 267 ff.; Reichmann 2011, S. 67 ff.; siehe Abb. 8.14 und Abb. 8.15) unter die zwei Kategorien des GuV- bzw. bilanzorientierten ordentlichen Betriebsergebnisses und der liquiden Mittel. Die Autoren Lachnit und Reichmann unterscheiden zwischen Rentabilitäts- und Liquiditätskennzahlen, die im operativen System jährlich, vierteljährlich, monatlich und wöchentlich zu erheben sind. Im Liquiditätsteil des Kennzahlensystems ist zunächst einmal über den Cashflow ein dynamischer Verschuldungsgrad zu ermitteln. Weiterhin müssen der laufende Einnahmeüberschuss und der disponierbare Einnahmeüberschuss in einer Intervallfinanzplanung festgehalten werden. Schließlich gilt es, das Working Capital in Form von Liquiditätskennziffern und Anlagendeckung zu analysieren. Das Finanz-Controlling ist auf die Kategorienbildung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz angewiesen. Es baut jedoch primär auf die Zahlungsbewegungen auf. Das Unternehmen ist darauf angewiesen, stets über liquide Mittel disponieren zu können, und diese ergeben sich aus der Summe von monetärem Bestand und den Einzahlungen abzüglich der Auszahlungen. Es zeigt sich der erhöhte Stellenwert einer zeitlichen Detaillierung während einer Investitionsumsetzung. In dieser Zeitspanne hat das Unternehmen neben den operativ bedingten Zahlungsströmen von Produktion und Absatz die Investitionsausgaben zu kanalisieren. Bezogen auf die betriebsübergreifende Gesamtrechnung ergibt sich auch in einer mittelfristigen 5-Jahres-Planung ein Fließgleichgewicht, und zwar dann, wenn die Summe aller Abschreibungen den Ausgaben der Investitionsvorhaben entspricht, die in dem Betrachtungsjahr umgesetzt werden. Betrachtet man jede Leistungseinheit für sich, so ist ein Ungleichgewicht von Ausgaben und Einnahmen unverkennbar. Durch die Konsolidierung stützen sich die Segmente der Leistungsgenerierung und -veräußerung in einem finanziellen Synergieeffekt, der umso größer wird, je mächtiger der kooperierende Organismus ist. Daher bestehen für einzelne Divisionen in großen Konzernen keine Finanzierungsprobleme. Die Muttergesellschaft schafft den entsprechenden Ausgleich und lenkt die Geldmengen dorthin, wo es wirtschaftlich opportun erscheint und es politisch gewollt wird. Das in der traditionellen Betriebswirtschaftslehre stets zusammen genannte Begriffspaar von Investition und Finanzierung wird für die Erfahrungswelt von Konzernmanagern voneinander getrennt.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
539
Ingo Koch (1995, S. 165 ff.; siehe Abb. 9.18), ehemaliges Mitglied der Revision der MAN AG in München, verdeutlicht den Zusammenhang der Finanzrechnungen an einem vereinfachten Modell, das in seiner Darstellung aufschlussreich ist. Aus der Finanzrechnung, als Auflistung unperiodisierter Ein- und Auszahlungen, entsteht durch die Periodisierung der Bewegungen ein Jahresabschluss mit seinen Bestandteilen der GuV sowie der Bilanz. Aus zwei aufeinanderfolgenden Jahresbilanzen ergibt sich als Differenzbildung die Bewegungsbilanz, welche mit der Erfolgsrechnung in der Kapitalflussrechnung verknüpft werden kann. Finanz- und Kapitalflussrechnung wirken im Rahmen des Finanz-Controllings aufeinander ein. Es entsteht eine Planungsebene, welche das endogene Betriebsgeschehen umschließt und von der Außenwelt abschottet. Die Kapitalflussrechnung „weist als Mittelverwendung Aktivzugänge und Passivabgänge auf. Beide zeigen, wohin Kapital geflossen ist, z. B. in die Investition in Anlagegegenstände oder die Tilgung von Verbindlichkeiten. Aktivenabgänge und Passivenzugänge kann man dagegen als Mittelherkunft interpretieren, bspw. die Liquidation von Sachgütern oder die Aufnahme von Krediten“ (ebenda S. 166).
Abb. 9.18:
Zusammenhang zwischen den Finanzrechnungen (nach Koch)
Um die Finanzansprüche einer Jahresplanung zu ermitteln, muss eine Begriffsstruktur gefunden werden, die nachvollziehbare Abgrenzungseinheiten der Einzahlungs- sowie Auszahlungsvorgänge für das Gesamtunternehmen schafft und hinreichend die Liquiditätsbeiträge der einzelnen Leistungssegmente abbildet. Eine Standardbegrifflichkeit lässt sich nicht ausbilden, da die verwendeten Kategorien eine spezifische Unternehmensgegebenheit abbilden sollen.
540
9 Objektorientiertes Controlling
Erstellungsdatum
Firmenname Finanzplanung 2012
Verantwortlicher . . . Jan
Feb
Division A
Wert
Division B
…
Dez
Summe
Wert
Wert
Wert
"
"
"
"
Division …
"
"
"
"
Division n
"
"
"
"
Σ OPERATIVE EINZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
Zahlungen Kunde
Wert
Wert
Wert
Wert
Darlehen Rohstoffe
"
"
"
"
Verkauf Anlagen
"
"
"
"
Kontokorrent
"
"
"
"
Σ SONDERZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
SUMME EINZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
Kostenart 1
Wert
Wert
Wert
Wert
Kostenart 2
"
"
"
"
Kostenart 3
"
"
"
"
…
"
"
"
"
Kostenart m
"
"
"
"
Σ OPERATIVE AUSZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
Zahlung Lieferanten
Einzahlungen:
Auszahlungen:
Wert
Wert
Wert
Wert
Zahlung Rohstoffe
"
"
"
"
Zahlung Investition
"
"
"
"
Zahlung Dividenden
"
"
"
"
Kontokorrent
"
"
"
"
Σ SONDERZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
SUMME AUSZAHLUNGEN
Wert
Wert
Wert
Wert
ANFANGSBESTAND
Wert
Wert
Wert
Wert
"
"
"
"
Wert
Wert
Wert
Wert
PERIODENDIFFERENZ ENDBESTAND Tab. 9.8:
Struktur der Finanzplanung
Wohl aber lässt sich eine übergeordnete Klassenbildung formulieren, in die die Einzelbegriffe eingeordnet werden können. Als Erstes kann das operative Geschäft von den Sonderbewegungen abgegrenzt werden. Hierbei empfiehlt es sich, die Einzahlungen entsprechend den
9.1 Operative Planung und Kontrolle
541
Leistungseinheiten (Produkte, Produktgruppen oder Divisionen bzw. Sparten) aufzuteilen und somit ein Strukturmoment der hierarchischen objektorientierten Planung mit aufzunehmen. Die operativen Auszahlungen lassen sich aber nach lieferantengebundenen Kostenarten zusammenfassen; die IT-Ausgaben können so bspw. als eine Position erscheinen. Sonderbewegungen im Bereich der Einzahlungen sind die Abnahme von Forderungen, die Zunahme von Verbindlichkeiten sowie die sonstigen nicht operativen Einzahlungen wie die Veräußerungen aus dem Anlagevermögen. Auszahlungen ergeben sich durch die Sonderbewegung Zunahme an Forderungen, Abnahme von Verbindlichkeiten und sonstige Auszahlungen wie etwa für die Anschaffungsausgaben von Investitionen. Abnahme und Zunahme von Forderungen ergeben sich in der Regel aus den Verkäufen der betrieblichen Leistung, sie können kundenspezifisch detailliert werden. Bei der Zunahme und Abnahme von Verbindlichkeiten geht es um Bewegungen des Fremdkapitals. Diese lassen sich nach Banken aufgliedern oder aber nach dem spezifischen Darlehenszweck wie etwa Investitionsprojekte oder größere Rohstoffeinkäufe. Einzahlungen wie Auszahlungen können dabei unterschiedlich aufgerastert werden (vgl. Tab. 9.8). Mithilfe der Finanzplanung lässt sich überprüfen, ob das Finanzvolumen des Gesamtunternehmens ausreicht, um die angestrebten Projekte zu realisieren. Sie gibt eine Übersicht der intendierten Investitionen und verknüpft sie mit den Bewegungen aus dem operativen Geschehen. Hiermit wird der Rahmen festgesetzt, innerhalb dessen sich das Unternehmen in einer Wachstumsstrategie bewegen kann. Bei einem Bearbeiten der Tabelle lassen sich verschiedene Investitionskombinationen durchspielen, bis man zu einem realisierbaren und konsensfähigen investiven Gesamtplan für die Umsetzung der Investitionen gelangt. Hier muss für jeden Monat, ja manchmal sogar für jede Woche vorgeplant werden, um eine stabile Liquidität zu sichern.
9.1.5
Konzern-Controlling
Die Notwendigkeit, überbetriebliche Planungsverfahren zu etablieren, ergibt sich bei jeder Unternehmensverbindung, sei es durch eine temporäre oder dauerhafte Kooperation als Interessengemeinschaft, Arbeitsgemeinschaft, Konsortium, Kartell oder Wirtschaftsverband. Das gilt auch bei einer Konzentration von Mehrheitsbesitz in Unternehmen, sei es in Form von Unterordnungs- oder Gleichordnungskonzernen sowie von Fusionen (vgl. hierzu Wöhe 1984, S. 320 ff.). Dabei treten ganz unterschiedliche Probleme auf, je nach der Art der verbundenen Wirtschaftsstufen. Eine horizontale, eine vertikale oder eine anorganische Verbindung schafft eine jeweils andersartige planerische Aufgabe (vgl. hierzu Peters 1988, S. 25 ff.). Neben der Planung, Durchführung und Kontrolle von heterogenen Aktivitäten der überbetrieblichen Abstimmung von multirelationalen Zielsetzungen ergeben sich vor allem Probleme der Konsolidierung mit Pflichten, Verboten und Wahlrechten (vgl. Wöhe 1990, S. 239 ff.) und der Handhabung von mehreren Begriffssystemen, die nicht nur in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden, sondern auch über spezifische Konnotationen verfügen.
542
9 Objektorientiertes Controlling
In diesem Zusammenhang arbeiten wir nicht die Problematik des überbetrieblichen Planungsprozesses heraus, sondern vor allem die Ansatzpunkte, die sich aus der objektorientierten Planung ergeben, wenn diese als Verfahren in eine überbetriebliche Betrachtung eingebracht wird. Es ergeben sich in der Regel bei einem Konzern-Controlling überbetriebliche Anpassungsprobleme, die sich in der Konsolidierungsproblematik manifestieren. Aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeiten der zu betrachtenden Unternehmen werden Positionen aufsummiert, die eigentlich nicht ineinander überführbar sind. Die Aufwandposition „Zukaufsteile“ bezieht sich in einigen Unternehmungen auf Materialien, die so komplex sind, dass sie nicht unter die Begrifflichkeit „Rohstoffe“ subsumiert werden können. In anderen Betrieben werden hier Tätigkeiten abgebucht, die einem fremden Unternehmen als Subauftragnehmer abgegeben werden. Die Abgrenzung von Verkaufs- und Vertriebsaufwendungen wird je nach dem Tätigkeitsbereich der Unternehmungen unterschiedlich gehandhabt. Das gleiche Problem tritt bei Bestandsänderungen auf, wo die Trennung und Bewertung von Zwischen- und Fertigprodukten sowie Roh- und Zukaufstoffen unterschiedlichen Begründungszusammenhängen unterworfen sind. Bei den bisher diskutierten Controllingsystemen gilt prinzipiell die gleiche Problematik wie bei der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz. Dennoch ist eine überbetriebliche Anpassung möglich, wenn sie einerseits von oben nach unten und andererseits gleichzeitig von unten nach oben als gezielter Prozess eingeleitet wird. Eine Ausnahme bildet die Kostenberechnung pro Einheit, die aufgrund der unterschiedlichen Leistungseinheiten überbetrieblich nicht durchgeführt werden kann. Das System der objektorientierten Planung ist modular aufgebaut und ermöglicht so Unternehmensaktivitäten zusammenzufassen, die in verschiedenen rechtlich voneinander getrennten Betrieben durchgeführt werden. Eine solche planerische Einbindung ist zumeist dann zweckmäßig, wenn das Tätigkeitsgefüge sich auf einen Leistungskomplex bezieht und somit eine betriebsübergreifende Kompetenzregelung notwendig wird. Die Verknüpfung von unternehmerischen Handlungen ist jedoch nicht immer erforderlich. Eine lose Verknüpfung, die keine institutionalisierten Abstimmungsprozeduren erfordert, kann bestimmten überbetrieblichen Strukturen besser gerecht werden als eine enge planerische Verbindung. Um die Komplexität des Themenbereiches einzuschränken, greifen wir die Informationsverknüpfung von zwei exemplarischen Situationen heraus:
Zum einen wird das Informationssystem einer Struktur dargestellt, in der eine gesellschaftsübergreifende Konsolidierung besteht, die neben der Rechtsstruktur eine eigenständige überbetriebliche Controllingstruktur integriert. Zum anderen wird der informationstechnische Handlungsbereich einer Holdinggesellschaft dargestellt, die sich nicht auf die Handlungskoordinierung eines überbetrieblichen Geflechtes konzentriert, sondern die finanztechnische Abstimmung heterogener unternehmerischer Aktivitäten in den Vordergrund stellt.
Es werden somit zwei planerische Aufgabenstellungen beschrieben, die in einem Kontinuum als gegensätzlich betrachtet werden können. Zum einen eine überbetriebliche Struktur, in der ein größtmöglicher Abstimmungsbedarf besteht, in der Produktion, Absatz und Verwaltung durch eine gesellschaftsübergreifende Kompetenzstruktur geregelt werden, und zum anderen ein Handlungsbereich, der koordinierend tätig ist und den operativen Einheiten einen großen Freiheitsgrad der Selbstorganisation einräumt.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
543
Gesellschaftsübergreifende Konsolidierung Die Organisation von Mehrbereichsunternehmen ist eine Gratwanderung zwischen den Notwendigkeiten der Zentralisierung und den Vorteilen der Dezentralisierung. Eine pragmatische Organisationsstruktur muss beiden Kriterien gerecht werden. Dabei entwickelten sich im unternehmenshistorischen Wandel unterschiedliche Strukturen. Von Falkenhausen (1990, S. 89) – ehemaliger Geschäftsführer der Industrie-Planungs-Gesellschaft mbH – charakterisiert die zurzeit geläufigste Organisation wie folgt: „Mehrbereichsunternehmen in Produktion, Handel oder Dienstleistungen organisieren sich seit vielen Jahren nach Unternehmenseinheiten, die ich hier Sparten nenne. Für das Funktionieren des gesamten Konzerns als Einheit sorgen die zentralen Funktionen, die ich im Folgenden als Ressorts bezeichne.“ Abbildung 9.19 zeigt ein Beispiel für diese Aufgabenteilung.
Abb. 9.19:
Mehrbereichsunternehmen mit Auslandsgeschäft (nach Von Falkenhausen)
Diese Struktur hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verbreitet. Rall fasst die Entwicklung in drei Stufen zusammen. In der ersten Stufe werden die Gesellschaften des Unternehmensverbundes überwiegend finanzwirtschaftlich gesteuert. Er ordnet diese „klassische Sequenz der Strukturentwicklung“ den 50er- und 60er-Jahren zu. In den 60er- und 70er-Jahren findet ein Wandel statt. Hier werden die Aktivitäten aus „einem oder mehreren Regionalbereichen als Organisationseinheiten der Muttergesellschaft mit sehr weitgehenden Geschäftsverantwortungen zusammengefasst. [...] Insgesamt herrscht aber heute die dritte Stufe vor, in der in einer neuen Matrixstruktur das Zusammenspiel weltweiter Produktverantwortungen Sparten/Unternehmensbereichen und regionaler Verantwortung in starken Länder- oder Länderbereichs-Organisationen geregelt ist“ (Rall 1990, S. 149 f.; vgl. Abb. 9.20). Dabei differenziert Rall den Interdependenzgrad der Organisation nach Geschäftsbranchen und im Hinblick auf die operative Tätigkeit. Produktentwicklung, Fertigung und Vermarktung weisen einen unterschiedlichen Koordinierungsbedarf auf. Während in der Entwicklung ein größerer Zentralisierungsdruck besteht, schwächt sich dieser branchenspezifisch in der Fertigung und insbesondere in der Vermarktung ab.
544
9 Objektorientiertes Controlling
Geschäft
Entwicklung
Fertigung
Vermarktung
Spezialchemikalien
"Commodity"Character
World-scaleProduktion
Lokal, an spezifische Kunden und Vertriebskanäle
Nahrungsmittel
Lokale Adaption eines Produktkonzeptes
Lokale Produktion Enge staatliche Vorschriften
Lokale Adaption bzgl. Verpachtung etc. Lokale Kanäle
Pharmazeutika
Weltweite Ausrichtung der F&E-Ressourcen
Skaleneffekte, aber "Local-content"Auflagen
Lokal, aber konvergierende Nutzerbedürfnisse
Diagnostikgeräte
Weltweite Ausrichtung der F&E-Ressourcen lokale Adaption
Lokale Montage
Lokal
Grad der Globalisierung: Hoch
Abb. 9.20:
Mittel
Niedrig
Nicht vorhanden
Differenzierung gestalten und nutzen (nach Rall)
Die Struktur eines Unternehmensverbundes weist neben der Bündelung von Funktionen zentral erbrachter Leistung die Aufteilung der Handlungsfelder nach der Art der Erzeugnisse auf. Parallel dazu gliedert sich ein Unternehmensverbund nach Rechtseinheiten. Die rechtliche Abgrenzung von Unternehmensbereichen ist regional schon dann eine Voraussetzung, wenn in einer multinationalen Struktur landesspezifische Rechtsnormen einzuhalten sind. Aber auch innerhalb eines Landes entstehen Begründungszusammenhänge, die es nahelegen, eigenständige Rechtseinheiten auszubilden, die nicht nach den Gesichtspunkten einer objektorientierten Organisation gestaltet werden. Es ergibt sich so die Aufteilung eines Unternehmensverbundes nach Rechtseinheiten einerseits und nach Sparten oder objektorientierten Divisionen andererseits. Hierbei entsteht eine Trennung der betrieblichen Buchhaltung auf der einen Seite, die sich natürlich nach der Struktur der Rechtseinheiten ausrichtet, und die Entwicklung eines Planungs- und Kontrollsystems, die den Belangen der Sparten- bzw. Divisionsstruktur gerecht werden muss. Will man beide Aussagesysteme zur Deckung bringen und ein Informationssystem etablieren, dessen Eckwerte mit den verbuchten Vorgängen übereinstimmen, so müssen die einzelnen betrieblichen Buchhaltungen entsprechend angepasst werden. Nimmt man als Beispiel einen Unternehmensverbund an, der aus drei Gesellschaften besteht und in drei Sparten bzw. Divisionen gegliedert ist, so ist ein Planungs- und Berichtssystem mit entsprechender Struktur anzustreben (vgl. Abb. 9.21).
9.1 Operative Planung und Kontrolle
Abb. 9.21:
545
Gesellschaftsübergreifende Planungs- und Berichtsstruktur
Neben den Betriebsbuchhaltungen und den erforderlichen Detailplanungen technischer und wirtschaftlicher Art wird ein Begriffsrahmen geschaffen, der in Anlehnung an die objektorientierte Planung identisch oder ähnlich sein kann. Jede Gesellschaft wird nach diesem Kontenplan bilanziert und mit einer Erfolgsrechnung als Leistungseinheit aufgefasst. Hiermit werden die betrieblichen Buchhaltungen bei der Istdatenerhebung kondensiert wiedergegeben. Jede Gesellschaft wird weiterhin in Leistungseinheiten aufgeteilt, die dem Tätigkeitsbereich einer Division entsprechen, wobei das nur notwendig ist, wenn in einer Gesellschaft auch divisionsorientierte Handlungen stattfinden. Die gesellschaftsspezifischen Aktivitäten nach Divisionen sind durch eine Bilanz und eine Erfolgsrechnung abgebildet. Diese werden nach Divisionen konsolidiert, um so für jede Division eine getrennte Bilanz und Erfolgsrechnung auszuweisen. Neben der Kontrolle aller Leistungseinheiten durch die Gegenüberstellung von Soll- und Istwerten je Monat und für das laufende Jahr kumuliert, muss eine Konsolidierung der Gesellschaften erfolgen, um die miteinander korrespondierenden Bilanzwerte zu saldieren und so zu einer Bilanz und Erfolgsrechnung des Firmenverbundes zu gelangen. In der Tabelle 9.9 wird eine Konsolidierung schematisch dargestellt, wobei ein Kontenrahmen genutzt wird, der sich von den in Kapitel 9.1.1 vorgestellten Kategorien unterscheidet. Es wird hier eine verkürzte Version verwendet, die den Vorteil einer abstrakten und somit für Konsolidierungszwecke besser geeigneten Begrifflichkeit hat, jedoch in der Objektklassifizierung nicht so differenziert ist.
546
9 Objektorientiertes Controlling
Monetärer Bestand
Gesellschaft I
Gesellschaft II
Gesellschaft III
Saldierung
Konsolidierung
Planung Real
Planung Real
Planung Real
Planung Real
Planung Real
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Kurzfristige Forderungen
"
"
"
"
"
"
Langfristige Forderungen
"
"
"
"
"
"
Lagerbestände
"
"
"
"
"
"
Beteiligungen
"
"
"
"
"
"
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
"
"
"
"
"
"
"
"
Anlagen
"
"
"
"
"
"
"
"
Andere Aktiva
"
"
"
"
"
"
"
"
SUMME AKTIVA
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
GEWINN/VERLUST
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Kurzfristige Verbindlichkeiten
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Langfristige Verbindlichkeiten
"
"
"
"
"
"
"
"
Andere Passiva
"
"
"
"
"
"
"
"
FREMDKAPITAL
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
EIGENKAPITAL
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Erlöse
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Variable Aufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
DECKUNGSBEITRAG I
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Sonstige Aufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Direkte Verwaltungsaufwend.
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Indirekte Verwaltungsaufwend.
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Finanzaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Außerordentliche Aufwendungen Außerordentliche Erträge GEWINN/VERLUST (vor Steuern)
Tab. 9.9:
Darstellung der Konsolidierung im Unternehmensverbund
Ein gesellschaftsübergreifendes Planungssystem erfüllt eine integrative Funktion, indem es die Informationssysteme der spezifischen Buchhaltungen mit den Informationssystemen verknüpft, die für die Lenkung der Sparten bzw. Divisionen notwendig sind. Es wird eine gemeinsame Bewertungsbasis gelegt, die sowohl zur Evaluierung der betrieblichen Aktivitätsplanung dient als auch für die Rechnungslegung verwendet werden kann. Somit wird für eine Produktentwicklung eine Basis bereitgestellt, mit der sowohl eine technische als auch eine wirtschaftliche Datengenerierung zu kanalisieren ist, welche die Belange der Personalplanung, der Planung der Produktion und der Absatzplanung integrieren kann.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
547
Holdingplanung und -kontrolle Die Integration überbetrieblicher Planung ist eine Zielsetzung, die den Belangen eines Produktionsverbundes gerecht wird und sich je nach dem Grad der Kapitalverflechtung auf die Bereiche der Produktion, des Vertriebes und der Verwaltung erstrecken kann. Die Strategie der logistischen Zentralisierung ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn ein planbarer Sachstand gegeben ist, der es ermöglicht, trotz einer gewissen Distanz unmittelbar in die Strukturierung der innerbetrieblichen Handlung einzugreifen. Unternehmensstrukturen mit Handlungsfeldern, die durch ein größeres Maß an Unsicherheit geprägt sind, bedürfen jedoch eines größeren Spielraumes, um auf Umweltveränderungen flexibler reagieren zu können. Es muss möglich sein, auf eine Soll-Ist-Abweichung schnell zu reagieren, ohne dass auf die Struktur einer globaleren Planung Rücksicht genommen zu werden braucht, die nur in einem zeitaufwendigen Diskurs modifiziert werden kann. Eine überbetriebliche planerische Stringenz ist in einer stabilen wirtschaftlichen Situation effizient, schafft aber einen Grad an Unflexibilität, der im Rahmen eines instabilen Umsystems nicht sachgerecht ist. Es gilt in solchen Situationen Planungssysteme einzusetzen, die den einzelnen operativen Einheiten einen großen Freiheitsgrad einräumen und dennoch komplexere Handlungsstrukturen in einen informativen Kontext stellen. Dazu bietet sich an, ein Controllingsystem zu etablieren, das die unmittelbare Handlungsplanung den Operationsgesellschaften überlässt und sich lediglich auf die Regelung der Jahresabschlüsse und der Eigenkapitalbewegungen konzentriert. Ausgehend von einer 5-Jahres-Planung der einzelnen Operationsgesellschaften werden die Gewinne und die Gewinnverwendungen, sei es als Kapitalerhöhungen oder als Dividende, tabellarisch zusammengeführt. Dabei werden bei der Kapitalerhöhung das Beschließungsdatum und bei der Dividende Beschluss- und Auszahlungsdatum planerisch festgelegt. Aus der Gewinnverwendung lässt sich der disponible Gewinn für das Folgejahr errechnen. In der Summenspalte kann der Unternehmenserfolg für den gesamten Planungszeitraum registriert werden (vgl. Tab. 9.10). Eine Holdinggesellschaft, die solche Angaben als Input verarbeitet, braucht über kein ausdifferenziertes Planungssystem zu verfügen. Es genügt eine einfache Budgetplanung zu installieren, die jedoch flexibel auf Veränderungen reagieren kann. Hierzu hat sich ein System bewährt, das als Exkurs in seiner Funktionsweise kurz skizziert wird. Diese Budgetplanung ist ein Planungssystem, das nach dem Prinzip einer Buchhaltung aufgebaut ist. Der Nutzer muss zunächst einen Kontenrahmen definieren, in dem die Konten der GuV und der Bilanz mit jeweils einer Kontonummer und einem Kontonamen bezeichnet sind. Hierzu steht dem Nutzer ein Formblatt zur Verfügung. Alsdann muss der Nutzer für jede Periode einen Buchungssatz eingeben. Dabei besteht jede Buchung aus der Angabe der Kontonummer, der Gegenkontonummer, des Buchungstextes und des Betrages. Zweckmäßigerweise kann der Nutzer einen standardisierten Buchungssatz für eine Periode erstellen, der dann pro Eingabeperiode modifiziert wird. Dazu kann ebenfalls ein Formblatt verwendet werden (vgl. Tab. 9.11). Hat der Nutzer die Angaben für eine Periode erstellt, sind sie zu verbuchen. Er bekommt umgehend gemeldet, ob er einen Eingabefehler gemacht hat, sei es indem er auf Konto und Gegenkonto nicht denselben Betrag gebucht hat, oder sei es durch die Verwendung einer Kontonummer, die nicht im Kontorahmen definiert ist. Hat der
548
9 Objektorientiertes Controlling
Nutzer die Angaben einer Periode vervollständigt, so werden alle Perioden neu berechnet. Dem Nutzer stehen dann die Saldowerte und die kumulierten Werte in einer gesonderten Ausgabedatei zur Verfügung. Hier können sie nach individuellen Wünschen zur Ausgabe der Budgetplanung formatiert werden. Firmenname Erstellungsdatum: 30.09.2011 JAHRESABSCHLÜSSE Gewinne nach Steuern
2012
Geschäftsjahr 2011
216.734
Geschäftsjahr 2012
7.700.000
Geschäftsjahr 2013
2013
2014
2015
216.734 7.698.000
Geschäftsjahr 2014
214.734 6.473.000
Geschäftsjahr 2015
544.734 10.790.000
Geschäftsjahr 2016 SUMME
2016
334.734 12.980.000
7.916.734
7.914.734
6.687.734
9.544.734
11.334.734
JAHRESBEWEGUNGEN 2013 Kapitalerhöhung
2014
2.000.000
2.000.000
Summe Kapitalerhöhung
2.000.000
2.000.000
Dividende
5.700.000
Summe Dividenden
5.700.000
GESAMTSUMME
7.700.000
2015
2016
Summe
2.000.000
6.000.000
0
2.000.000
6.000.000
5.700.000
6.000.000
7.000.000
24.400.000
5.700.000
6.000.000
7.000.000
24.400.000
7.700.000
6.000.000
9.000.000
30.400.000
(Datum)
(Datum) Dividende (Datum)
JAHRESBEWEGUNGEN Gewinnverwendung
2013
Geschäftsjahr 2011
(216.734)
Geschäftsjahr 2012
(7.483.266)
Geschäftsjahr 2013
2014
2015
2016
(216.734) (216.734) (7.483.266)
Geschäftsjahr 2014
(7.700.000) (214.734) (5.785.266)
Geschäftsjahr 2015
(7.698.000) (687.734)
(6.473.000)
(8.312.266)
(8.312.266)
Geschäftsjahr 2016 SUMME DISPONIBLER GEWINN
Tab. 9.10:
Summe
0 (7.700.000)
(7.700.000)
(6.000.000)
(9.000.000)
216.734
214.734
687.734
544.734
Mittelfristige Erfolgs- und Erfolgsverwendungsplanung
(22.700.000)
9.1 Operative Planung und Kontrolle
549
FORMBLATT KONTENRAHMEN Name der Firma: . . . Budget für den Zeitraum: . . . Anzahl der Perioden: . . . Kontonr.
Kontoname
Vorjahreswert
01 02 03 …
FORMBLATT STANDARDISIERTER BUCHUNGSSATZ Name der Firma: . . . Budget für den Zeitraum: . . . Anzahl der Perioden: . . . Kontonr.
Buchungstext
Soll/Haben
Kasse/Bank
01 02 03 … Tab. 9.11:
Formblätter Budgetplanung
Kernstück bei der Eingabe der Stammdatei ist die Fixierung des verwendeten Kontorahmens. Hierzu sollte der Nutzer, bevor er sich an den Rechner setzt, auf dem entsprechenden Formblatt die Konten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung mit Nummer und Namen eintragen. Die Bilanzkonten sollten insgesamt die Anzahl von 30 nicht überschreiten. Für die Gesamtanzahl der GuV-Konten gilt dasselbe. Das System der Budgetplanung schränkt die Kontenanzahl ein, um eine Dokumentation der Planungsergebnisse auf einer Seite zu gewährleisten. Die Kontennummern sollten den Bezug zur Nummerierung der betrieblichen Buchhaltung der planenden Gesellschaft aufweisen, um so als konsolidierte Version verwendet werden zu können. Einen besonderen Stellenwert innerhalb der Budgetplanung hat das Disponibilitätskonto. Es handelt sich hierbei um das Konto Bank oder Kasse, an dem der betriebliche Cashflow ersichtlich ist. Dieses Konto ist seitlich zu markieren. Der Bewegungsbereich einer Periode entspricht dem Buchungssatz einer Periode. Jede Buchung besteht aus der Angabe der Kontonummer, des Kontobuchungstextes, des Kontobuchungsbetrages, der Gegenkontonummer, des Gegenkontobuchungstextes und des Gegenkontobetrages. Sollbuchungen sind mit einem positiven Betrag einzugeben, Habenbuchungen mit einem negativen Betrag. Der absolute Wert, der auf einem Konto gebucht wird, muss gleich dem absoluten Wert sein, der auf dem
550
9 Objektorientiertes Controlling
Gegenkonto zu verbuchen ist (keine Splittbuchungen). Beim Verbuchen sind zwei Fälle zu unterscheiden, einerseits die Buchungen, bei denen als Gegenkonto das Disponibilitätskonto gewählt wird, und andererseits die Buchungen, bei denen dies nicht der Fall ist. Wird gegen das Disponibilitätskonto gebucht, so bedarf es lediglich der Eingabe einer Zeile und somit eines Buchungstextes. Der Gegenkontobetrag wird rechts neben den Kontobetrag geschrieben. Zur Vereinfachung der Budgetplanung sollte der Nutzer vor Beginn der Eingabe in den Bewegungsbereich einen Standardbuchungssatz entwickeln. Ziel ist es, alle Bewegungen des Unternehmens einer normalen Periode zu erfassen. Der Standardbuchungssatz sollte nicht länger als eine Seite sein. Er dient als Erinnerungsstütze bei der Planung der jeweiligen Periode, die es einzugeben gilt. Bei der Eingabe der Plandaten je Periode wird dies entsprechend dem Planungssystem in Form eines Journals gemacht. Jede Planbewegung wird als Buchungssatz formuliert. Mit der DV-Eingabe erfolgt eine sofortige Berechnung der Relation zum Cashflow, sodass Planungsschritte unmittelbar zu erkennen sind, die den Finanzbestand überbeanspruchen. Der Ausdruck der Periodenplanbewegungen subsumiert die später real verbuchten Vorgänge derart, dass er als Checkliste zu Controllingzwecken verwendet werden kann. Zahlungsein- und ausgänge sind inhaltlich und terminlich gut zu regulieren. Das Planungssystem ist so aufgebaut, dass jede Eingabe auf Wunsch dazu verwendet werden kann, alle bereits getätigten Eingaben in ihrer Buchungsrelevanz neu zu berechnen. Verändert man in einem vollständigen Planungssatz eine Finanzbewegung in der Periode n, so lässt sich sofort erkennen, ob in der Periode n+x eine Finanzierungslücke entsteht. Dementsprechend können die Realwerte einer abgeschlossenen Periode sofort die Planwerte substituieren, um anhand dieser Eingabe festzustellen, ob ein Änderungsbedarf in der Planung der zukünftigen Perioden vorliegt und entsprechende Maßnahmen vorzusehen sind.
Abb. 9.22:
Ablauf der monatlichen Kontrollaktivitäten (nach Fischer)
Mit den Angaben der laufenden Isterfassung kann so ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt werden. Dieser erlaubt ein Forecasting als Vorschau auf das Jahresende (siehe dazu Abb. 9.22; vgl. Fischer 1998, S. 368).
9.1 Operative Planung und Kontrolle
Erstellungsdatum Kontonr.
551
Firmenname Budgetierungszeitraum Gewinn- und Verlustrechnung
Kontoname
Vorjahreswert
Periode 1
…
Perioden n
Ertragskonten " " SUMME ERTRAG Variable Kosten " " ROHGEWINN Fixe Kosten " " SUMME AUFWAND ERGEBNIS
Erstellungsdatum Kontonr.
Firmenname Budgetierungszeitraum Gewinn- und Verlustrechnung
Kontoname
Vorjahreswert
Periode 1
Anlagekonten " " SUMME ANLAGEVERMÖGEN Umlaufvermögen " " SUMME UMLAUFVERMÖGEN ERGBNIS SUMME AKTIVA Eigenkapitalkonten " " SUMME EIGENKAPITAL ERGEBNIS SUMME PASSIVA Tab. 9.12:
Planerfolgsrechnung und Planbilanz der Budgetierungsrechnung
…
Perioden n
552
9 Objektorientiertes Controlling
Die Bewegungsdatei wird natürlich nicht nur als Journal dokumentiert, sondern auch in ihrer Auswirkung auf die Planbilanz und auf die Planerfolgsrechnung. Letztere wird sowohl in Periodenwerten wie auch kumuliert ausgewiesen. Hierfür ist ein Standard zu entwickeln, der die Konten zu Zwischensummen konsolidiert, die unter Planungsaspekten als einheitliches Moment betrachtet werden. Tabelle 9.12 veranschaulicht die Dokumentationsstruktur der Budgetierungsplanung. Die Planung mit dem Budgetierungssystem ermöglicht eine sehr präzise Verfolgung der einzelnen Aktivitäten einer Gesellschaft. Sie erlaubt auch eine rollende Planung zu etablieren, die flexibel auf veränderte Sachverhalte des Umsystems reagieren kann. Es ist somit ein System, mit dem die finanztechnische Koordinierung in einem Unternehmensverbund gut geplant, gesteuert und kontrolliert werden kann. Das System hat jedoch seine Grenzen in der Kapazität der zu regulierenden Aktivitätskomplexe. Produktionstechnische Sachverhalte lassen sich nicht abbilden, das Aufbrechen der Informationsstruktur in Form eines hierarchisch gegliederten Systems kann nicht umgesetzt werden. Aber es ist ja auch gerade kennzeichnend für die Kontrolle von wirtschaftlichen Vorgängen, die einem starken und unvorhersehbaren Wandel unterliegen, dass robuste und einfache Planungssysteme den Ansprüchen vollauf genügen. Bei der Gestaltung und Planung von ausdifferenzierten Prozessen, die eine komplizierte Veränderung der Objektrealität bedingen und in denen nicht nur komplexe Erzeugnisstrukturen als betriebliche Leistung generiert werden, sondern auch eine in ihren Elementen interdependente Produktionsumwelt reguliert werden muss, ist es notwendig, Planungssysteme zu verwenden, die nicht nur die Wertbewegungen verfolgen.
9.1.6
Bereichs-Controlling
Jedes Planungs- und Controllingverfahren hat seinen Aussagehorizont und somit seinen Wert in dem unternehmerischen Entscheidungskontext. Die wichtigsten Funktionen, welche mit der objektorientierten Planung und Kontrolle erfüllt werden, sind die Überprüfung des Erfolges einer jeden Leistungseinheit und die Dokumentation der Interdependenzen zwischen den Leistungseinheiten in Bezug auf die Kosten- und Leistungsarten, -träger und -stellen. Dennoch ergibt sich eine Vielzahl von betrieblichen Problemen, die nur mit andersgearteten Planungs- und Kontrollsystemen gehändelt werden können. Es ist für die betriebliche Informationsverarbeitung von großer Bedeutung, dass keine überflüssigen Informationsredundanzen auftreten. Diese sind kostspielig. Wichtiger ist jedoch, dass jedes System für seine Nutzer verständlich ist, sodass Entscheidungen, die über ein System simuliert werden, auch nachzuvollziehen sind und nicht nach der Devise „Es wird schon stimmen“ übernommen werden. Ein System ist nie schuld an einer Fehlentscheidung, sondern stets sind es die verantwortlichen Personen. Und genauso wichtig ist es, dass zwischen den im Betrieb verwendeten Systemen keine unüberbrückbaren Widersprüche auftreten. Die Etablierung eines einheitlichen, betrieblichen Gesamtsystems ist keine Lösung für die Gewährleistung einer Widerspruchsfreiheit. Ein solches System ist viel zu komplex und überfordert die Nutzer. Es sind Einzelsysteme zu etablieren, die eine gewisse Redundanz aufweisen und deren Interaktionen nachvollziehbar sind. Die Interaktion zweier Informationssysteme wird nicht durch die Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank bedingt, sondern erst durch die jeweilige Nutzung der Daten in einem bestimmten Entscheidungszusammenhang. Informationssysteme sind insofern lebendig, als dass sie ständig von den Nutzern modifiziert werden, damit sie
9.1 Operative Planung und Kontrolle
553
ihren Handlungsbedürfnissen gerecht werden. Betrachtet man zwei Systeme, die einen spezifischen Teilaspekt der Realwelt erfassen sowie abbilden und die eine Kommunikation aufnehmen, so ergibt sich folgende Problemstellung: Die Nutzer des Informationssystems A benötigen Informationen des Systems B, da hier Daten der Realwelt erfasst und bearbeitet werden, über die sie nicht verfügen und die ihre Verarbeitung ergänzen. Es besteht somit eine Interdependenz zwischen den verwendeten Begrifflichkeiten beider Systeme, die sich dann als sehr komplex erweist, wenn man versucht, eine vollständige Kompatibilität zwischen beiden Systemen herzustellen oder sie zu einem kohärenten System zusammenzuschmelzen. Pragmatischer und effektiver ist es, die Ansprüche der erwünschten Nachricht so zu definieren, dass vom Fremdsystem eine bereits klassifizierte und im eigenen Begriffsrepertoire sofort zu verarbeitende Information angefordert werden kann. Ähnlich wie bei der Kontaktaufnahme zwischen Nachfrager und Anbieter schafft man so keine Vollstruktur der Kontakte, sondern eine Händlerfunktion zwischen den Informationssystemen, die die Kontakte der gegenseitigen Begriffsüberführung erheblich reduziert (vgl. dazu analog Picot 1986, S. 6). Selbstverständlich verfügt der Nutzer von System A somit nicht über die volle Information von System B, aber über die verdichtete Informationsaussage, welche für seinen Handlungsund Entscheidungszusammenhang relevant ist. Das gleiche Prinzip gilt natürlich auch für die Kommunikation zwischen dem Informationssystem B und A (vgl. Abb. 9.23).
Abb. 9.23:
Kommunikation zwischen Informationssystemen
Das objektorientierte Controllingverfahren wird zwangsläufig den Handlungsbedürfnissen nicht gerecht, die sich aus der Organisation und Planung der verrichtungsorientierten Tätigkeiten ergeben. Die Leistung eines Unternehmens kann mit der objektorientierten Planung nur detailliert werden, wenn sie an der betrieblichen Leistungsstruktur orientiert ist. Die betriebliche Handlung muss jedoch auch in Bezug auf die funktionalen Tätigkeitsbereiche abgestimmt werden. Eine Verrichtungsplanung und -kontrolle ist daher unabdingbar und darf nicht im Widerspruch zu dem Aussagesystem der Objektplanung stehen. Personal-Controlling Das Personal-Controlling ist eingebettet in die Personalführung sowie die Personalverwaltung und umfasst sowohl die individuelle Laufbahnplanung als auch die kollektive Personal-
554
9 Objektorientiertes Controlling
planung (vgl. hierzu Schumacher 1984, S. 17 ff.). Die objektorientierte Planung leistet nur einen Beitrag zur kollektiven Personalbedarfsplanung, indem gesamtbetrieblich begründet wird, in welchen Leistungseinheiten kurz-, mittel- und langfristig welcher Personalbedarf besteht. Die Aufgaben der Personalbereitstellung sowohl in der Planung der Ausstattung als auch des Personaleinsatzes werden von der objektorientierten Planung weder tangiert noch erfolgt eine sinnvolle Alimentierung durch Informationen. Sowohl die Zuordnung der verfügbaren Arbeitskräfte zu den Arbeitsplätzen bzw. -stellen als auch der Ausgleich von qualitativen Änderungen im Zeitablauf muss genauso wie die individuelle Personalplanung durch eigenständige Routineprozeduren und entsprechende Informationssysteme geplant, durchgeführt und kontrolliert werden. Der Personalbedarf wird in der Regel nach Verantwortungsbereichen geplant. Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nicht nur eine verrichtungsorientierte Personalplanung erfolgen muss, sondern auch eine nach Leistungseinheiten gegliederte Sortierung zu erfolgen hat. Je nach Planungshorizont werden so die Bedarfswerte für Monat, Jahr, fünf Jahre usw. ermittelt. Die empirische Basis ergibt sich aus der betrieblichen Buchhaltung und den Personalrechnungsbögen, in denen die Tätigkeit und der Kosten- bzw. Leistungsträger entsprechend der spezifischen Leistungseinheiten geführt werden. Produktion, Verwaltung und Vertrieb weisen hierbei in der Regel naturgemäß unterschiedliche Datenerfassungsträger aus. Während in der Betriebsbuchhaltung bei der monatlichen Personalabrechnung die genaue Aufwandskategorie ausgewiesen wird sowie Löhne und Gehälter, Lohnsteuerabrechnung, Sozialversicherung, Darlehen, Telefonabrechnungen usw. (vgl. hierzu Hentze 1991a, S. 337 ff.), gilt es bei dem hier vertieften Aspekt der Personalplanung die Gesamtaufwendungen pro Person zu ermitteln und zum einen nach ihrer Verrichtung, zum anderen nach ihrem leistungsobjektspezifischen Kostenbeitrag zuzuweisen. Hierbei bleiben die Grenzen der betrieblichen Rechtseinheiten (Produktions-/Personalservicegesellschaft) dann unberücksichtigt, wenn mehrere Gesellschaften einen Leistungsverbund ausbilden. Es geht hierbei vielmehr darum, Plandaten zu generieren, die für die Unternehmensführung relevant sind, um den Personalaufwandanteil am Objekt zu prognostizieren. Die Personalplandaten zum Personal werden sowohl monetär als auch nach Personenanzahl pro Leistungseinheit generiert und auf gesamtbetrieblicher Ebene konsolidiert. Im Rahmen des Controllingprozesses werden diesen Sollwerten Istdaten gegenübergestellt. Die Plandaten sollten prinzipiell Gültigkeit für das gesamte Geschäftsjahr haben. Eine Änderung erfolgt nur, wenn innerhalb des Geschäftsjahres strukturelle Wandlungen unabdingbar werden, die in der Planungsphase zuvor nicht vorausgesetzt werden konnten. Grundlage der Personalplanung ist die Werterfassung in der betrieblichen Buchhaltung. Hier ist jedoch zu unterscheiden zwischen den Lohn- und Gehaltsempfängern, die direkt im Betrieb beschäftigt, und denen, die in einer Servicegesellschaft angestellt sind. Während bei den Direktangestellten die Personalkosten nach den entsprechenden Kostenstellen gegliedert sind und somit pro Person ganz oder anteilig auf die Leistungseinheiten zugewiesen werden können, muss bei den Servicegesellschaften anders verfahren werden. Diese Gesellschaften verursachen neben den unmittelbaren Personalkosten noch weitere Aufwendungen für die Verwaltung der Gesellschaft selbst. Diese Overheadkosten sind anteilig zum Lohn- und Gehaltssummenbeitrag auf die Kosten pro Person aufzuschlagen, soweit sie nicht in dem jeweiligen Personalaufwand bereits verrechnet worden sind. Es ergeben sich somit je nach Betrieb eine oder mehrere Lohn- und Gehaltslisten, in denen die Namen der Mitarbeiter
9.1 Operative Planung und Kontrolle
555
nach Organisationseinheit aufgeführt und mit ihrer Tätigkeit und ihrem monatlichen Kostenbeitrag ausgewiesen sind. Je nach innerbetrieblichem Bedarf kann der personenspezifische Kostenbeitrag nach seiner Zusammensetzung aufgeschlüsselt werden. Da einige Personen, insbesondere aus der Betriebsleitung, mehrfach aufgelistet werden können, gilt es zur Personalplanung diese Angaben zu einer Tabelle zu konsolidieren. Bei der Personalplanung ist zu unterscheiden zwischen der organisatorischen Gliederung und der Gliederung des Planungssystems. In der Regel sind die Betriebe verrichtungsorientiert organisiert. Aufgrund der Betriebsgrößen ist es sinnvoll, die Festsetzungen der Verantwortlichkeiten und der Weisungsbefugnisse nach den Funktionen Produktion, Absatz und Verwaltung zu strukturieren. Das Controllingsystem ist objektorientiert gegliedert. Es ist daher auch notwendig, objektorientierte Verantwortlichkeiten bei der Generierung und Einhaltung der Plandaten zuzuweisen (siehe hierzu Abschnitt 9.1.7). So wird es widerspruchsfrei möglich sein, sowohl eine verrichtungsorientierte als auch eine objektorientierte Personalplanung durchzuführen. Ausgangspunkt der Verrichtungsplanung ist die Organisation aller im Unternehmen tätigen Mitarbeiter innerhalb eines Stabliniensystems. Die Organisationsstruktur wird in ihrer funktionalen Gliederung durch ein Organigramm dokumentiert und durch eine entsprechend gegliederte Personalliste spezifiziert. Die konsolidierten Aufwandswerte pro Person und die verrichtungsorientierte Klassifizierung erlauben eine Jahresplanung des Personalaufwandes und der Personenanzahl nach Monaten (vgl. Tab 9.13). NACH PRODUKTEN
Tätigkeit
Monat 01
…
Monat 12
Summe
Unternehmensleitung Person 1
Beruf
Wert
1
Wert
1
Wert
1
"
"
1
"
1
"
1
Wert
n
Wert
n
Wert
n
Wert
x
Wert
x
Wert
x
… Person n SUMME UNTERNEHMENSLEITUNG Verwaltung … … Produktion … … Absatz … … GESAMTSUMME Tab. 9.13:
…
Verrichtungsorientierte Personalplanung
Selbstverständlich ist es je nach Betrieb sinnvoll, eine weitere Untergliederung der Abteilungen in Unterabteilungen durchzuführen und diese eventuell wiederum in Gruppen zu diffe-
556
9 Objektorientiertes Controlling
renzieren. Solch einer Struktur muss dann durch entsprechende Zwischensummen in der Tabelle Rechnung getragen werden. Neben den festangestellten Mitarbeitern ist in der Aufstellung der geplanten Personalkosten nach Monaten auch die Projektion der mit Zeitverträgen beschäftigten Personen durchzuführen. Sie sind im Organisationsplan entsprechend zu integrieren und in ihrer Anzahl und Lohnsumme zu fixieren. Eine namentliche Auflistung entfällt hier ebenso wie für die Personen, deren Anstellung erst während des Planungszeitraumes vorgesehen ist. Ziel der verrichtungsorientierten und der damit korrespondierenden objektorientierten Planung ist es, eine knappe und übersichtliche Darstellung der kosten- und mengenmäßigen Personalentwicklung zu geben, die sowohl die Verantwortungsbereiche nach Funktionen als auch nach Objekten widerspiegelt. Die hier generierten Sollwerte erlauben eine überschaubare Kontrolle und werden im Planungssystem als Erfolgs-Controlling unter den erfolgsorientierten Kennwerten sowohl in ihrer monatlichen Entwicklung als auch als kumulierter Jahreswert überprüft. Im Rahmen der Objektplanung werden die betrieblichen Mitarbeiter den Leistungseinheiten zugewiesen. Als Ausgangspunkt dient hierzu die Tabelle der Verrichtungsplanung. Dabei sind festangestellte und direkt zuweisbare Personen, festangestellte und indirekt zuweisbare Personen sowie durch Zeitverträge beschäftigte Personen zu unterscheiden. Bei Betrieben mit Fließfertigung können die Mitarbeiter einmal im Jahr den Leistungseinheiten zugeordnet werden. Betriebe mit Auftrags- bzw. Projektfertigung weisen monatliche Fluktuationen der Mitarbeiter auf. Entsprechend muss bereits in der Planung per Monat die Kreuzmenge zwischen den Verrichtungs- und den Objekteinheiten gebildet werden. Aus diesen Übersichten ist dann eine Tabelle für die Personalplanung zu generieren (vgl. Tab. 9.14). Monat 01
…
Monat 12
Summe
Wert Anz.
Wert Anz.
Fest direkt-zuweisbar Leistungseinheit A
Wert Anz.
Leistungseinheit B
"
"
"
"
"
"
…
"
"
"
"
"
"
Leistungseinheit X
"
"
"
"
"
"
SUMME FEST-DIREKT
Wert Anz.
Wert Anz.
Wert Anz.
Fest indirekt-zuweisbar …
"
"
"
"
"
"
…
"
"
"
"
"
"
SUMME FEST-INDIREKT
Wert Anz.
GESAMTSUMME
Wert Anz.
Tab. 9.14:
…
Wert Anz.
Wert Anz.
Wert Anz.
Wert Anz.
Objektorientierte Personalplanung
Die Personalplanung erweist sich sowohl bei der Entwicklung und Einführung neuer Leistungen als auch bei der Eliminierung von unrentablen Erzeugnissen sowie der Rationalisierung unwirtschaftlicher interner Leistungseinheiten als ein Instrument, mit dem die betriebsspezifischen Konsequenzen deutlich werden, die sich aus den innovationsabhängigen Reor-
9.1 Operative Planung und Kontrolle
557
ganisierungen ergeben. Diese Planung liefert einen Anhaltspunkt für den Handlungsspielraum in der Organisationsgestaltung, die nicht nur Momente der Organisationsstruktur, sondern auch des Verhaltens der Organisationsmitglieder mit zu berücksichtigen hat, um die gewünschte Effizienz zu erzielen (vgl. hierzu Staehle 1988, S. 160 ff.). Produktions-Controlling Das Produktions-Controlling wird in der Regel mit einem Informationssystem durchgeführt, das sich in verschiedene Module gliedert. Ausgehend von der Erzeugnisstruktur und ihrer Auflistung in Einzelteile und Bau- bzw. Montagegruppen ergeben sich die dazugehörigen Arbeitspläne. In der Produktionsprogrammplanung wird die Koordinierung von
Materialmengen, Betriebsmitteln und Werkzeugen sowie Personal
gewährleistet, um externe Fertigungs- oder interne Bestellaufträge zu produzieren (vgl. dazu REFA 1991, S. 119 und Kurbel/Meynert 1987, S. 64 ff.). Es erfolgt eine Termin- und Kapazitätsplanung, die gleichzeitig die Bindung von Personal und den Materialverbrauch fixiert. Mit der Veranlassung und Überwachung der Produktionsaufträge geht die Planungsinformation in Steuerungsinformation über. Im Unterschied zum betrieblichen Rechnungswesen erfasst ein PPS-System alle Bewegungen der Produktion, insbesondere die, welche kein monetäres Korrelat aufweisen. Der Kaufvorgang in der Materialwirtschaft wird als Ausgabe registriert und in seiner Auszahlung verfolgt. Der Verbrauch von Material zur Produktion und die innerbetrieblichen Bewegungen bei der Herstellung von Halbfertigfabrikaten oder Zwischenlagerteilen ist pseudomonetär und entgeht in der einzelnen Bewegung der Fibu als Kontrollsystem, bildet aber gerade das Detail, welches von der Produktionsplanung und -steuerung kontrolliert wird. Wir haben es daher mit einer ergänzenden Information zu tun, die insbesondere bei der Wertzuweisung der erbrachten Leistung eine der Realität entsprechende Aufteilung herbeiführen kann. Es wäre aber eine Überbeanspruchung der betrieblichen Buchhaltung, wenn nun jede Bewegung, die mit dem PPS-System geplant, veranlasst und kontrolliert wird, als Buchungsvorgang nachvollzogen werden muss. Das ist auch gar nicht notwendig, da die Lagerbestände nur monatlich auszuweisen sind. Es ist also zweckmäßig, die eine Teilmenge der Informationen des PPS-Systems zunächst dort zu belassen und nur in vordefinierten Intervallen die Differenz- und Ausgleichsbuchungen vorzunehmen, die gewährleisten, dass sowohl Erfolgsrechnung als auch die Bilanz per Leistungseinheit eine Wertezuweisung erfahren, die der durch das PPS-System erfassten Realwelt entspricht. Will man in der Zwischenzeit einen spezifischen Sachstand erfahren, so fragt man jenes System an, welches diese Information laufend registriert. Der aktuelle Kassenstand ist aus der betrieblichen Buchhaltung zu ersehen, ein Lagerbestand wird „online“ nur durch das PPS-System registriert. Um diesen Zusammenhang und die Relation zur objektbezogenen Planung besser zu verstehen, werden nachfolgend an einem Beispiel die Lagerbewegungen der Produktion, die Wertezuweisung im Produktionsprozess und die Überführung in die betriebliche Buchhaltung und somit die Wertzuweisung nach Leistungseinheiten verdeutlicht. Die Produktions-
558
9 Objektorientiertes Controlling
planung und -steuerung ist ein ausdifferenziertes System, in dem die Arbeitsverteilung und die Fixierung von betrieblichen Vorgaben über Arbeitsbelege, beständige und programmierbare Datenträger den einzelnen Handlungsschritten der Produktion als Daten zugeordnet werden. Diese Daten sind während des Produktionsprozesses über die vollständige Registrierung der Lagerbewegungen und spezifische Transporte, Handhabungen, Bearbeitungen und Montagen mit neuen Daten zu ergänzen und bilden somit im Datenkreislauf die rückzumeldenden Betriebsdaten (vgl. Roschmann 1987, S. 92; siehe Abb. 9.24).
Abb. 9.24:
BDE-Datenkreislauf bei der PPS (nach Roschmann)
Die Betriebsdatenerfassung (BDE) ist also ein stark vernetztes System, in dem alle verwendeten Kategorien zur Registrierung des Materialflusses mit dem Präzisierungsgrad aufgefächert sind, wie die technische Spezifizierung es erfordert. Der Kontenrahmen der Betriebsbuchhaltung ist natürlich eingeschränkter und subsumiert die technische Kategorisierung in einem verkürzten Begriffsrepertoire. Im Kontenrahmen der objektorientierten Planung reduziert sich die Materialbewegung auf die Bilanzkonten
Bestand Eigenmaterial, Bestand unfertige Produkte und Bestand Fertigprodukte.
Die Bewegungen im Rahmen der Werkzeuge und Betriebsmittelhandhabung werden unter
sonstige Bestände
9.1 Operative Planung und Kontrolle
559
zusammengezogen. Diese vier Kategorien werden je Leistungseinheit ausgewiesen und sind dementsprechend ausdifferenziert. Bei 100 Leistungseinheiten muss die Betriebsbuchhaltung 400 Sortierkriterien bereitstellen. Aus der Sicht einer einzelnen Leistungseinheit ergibt sich folgendes Bild: Aus dem betrieblichen Umsystem gehen buchhalterisch erfasste Materialien und sonstige Bestände in das Eingangslager. Bei dem Materialabgang ist zu unterscheiden zwischen den Gütern, die bilanzmäßig erfasst werden, und denjenigen, die gleich in die Erfolgsrechnung als Aufwand entsprechend der monetären Bewertung des Wareneinganges verbucht werden. Die bilanzmäßige Erfassung der Eingangslagerabgänge in die Produktion erfolgt im Bestand unfertiger Produkte als Aktivseitentausch. Fertig produzierte Erzeugnisse bilden einen Zugang ins Versand- oder Ausgangslager, die Abgänge ergeben sich durch die Verkäufe. Bei jedem Vorgang kann sich eine Mengendifferenz zwischen Zu- und Abgängen als Schwund (Ausschuss, Abfall, Bruch, Diebstahl) ergeben, der als Aufwand zu erfassen ist. Bei einer größeren Produktionstiefe werden die unfertigen Produkte als Teile oder Halbfertigprodukte zwischengelagert und ggf. bilanztechnisch erfasst. In der objektorientierten Planung werden diese in der Kategorie unfertige Produkte subsumiert. Wenn jedoch die zwischengelagerten Teile oder Halbfertigprodukte sowohl als Eigenleistung verbraucht als auch bspw. als Ersatzteile verkauft werden, so sind sie als eigenständige Leistungseinheit abzugrenzen.
Abb. 9.25:
Produktionsstrukturdiagramm (nach Reichmann)
560
9 Objektorientiertes Controlling
Reichmann (2011, S. 330; siehe Abb. 9.25) verdeutlicht eine solche Struktur in einem exemplarischen Produktionsdiagramm, wo das Halbfertigprodukt der Fertigungsstufe C auch gleichzeitig ein Erzeugnis (X3) ist. Auch er differenziert zwischen den Eingangs-, Zwischenund Fertigfabrikatslagern, welche bilanziell zu erfassen sind. Im Prozess der Materialbewertung kann jedoch nur ein gestuftes System den Verteilungsansprüchen der objektorientierten Planung und Kontrolle gerecht werden. Der Wareneingang ist ein monetärer Vorgang und wird daher sowohl in der Bilanz als auch im PPS-System mit jeder Bewegung erfasst, die Wertbasis ist deshalb eindeutig. Wird jedoch eine Transformation der Materialien in Fertigprodukte durch die Produktion erwirkt, so sind neben den Materialwerten noch die Produktionskosten (Lohn, Gehalt, Hilfsstoffe, Abschreibungen usw.) mit einzubeziehen, um den Wert des Fertigproduktes zu definieren. Dies kann im Rahmen der Produktionsplanung und -steuerung nur auf Basis von Kosten geschehen. Zwar werden durch ein PPS-System bspw. die Personalzeiten pro Handlungseinheit der Produktion genau erfasst und geben somit diesbezüglich einen Aufwandsindikator an, aber die genauen Personalaufwendungen werden erst in der Personalbuchhaltung ermittelt, wo auch Absenzen, wie etwa durch Krankheit oder Urlaub und sonstige personale Betriebsleistungen mit einbezogen werden.
Abb. 9.26:
Systemkommunikation zwischen Produktionsplanung und Rechnungswesen
Die Bewertung der erzeugten Leistung kann somit während des Produktionsprozesses nur auf Kosten-, nicht aber auf real angefallener Aufwandbasis berechnet werden. Bei den Erlösen wiederum besteht eine eindeutige wertmäßige Relation zwischen den Versandmengen der Fertigprodukte im PPS-System und den Verkaufserlösen der Erfolgsrechnung. Zum Periodenende können alle Informationssysteme der Buchhaltung und der Produktionsplanung und -steuerung einen Informationsaustausch vornehmen, um sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu setzen. Dies erfolgt in drei Schritten (vgl. Abb. 9.26):
9.1 Operative Planung und Kontrolle
561
1. Die verbrauchten Materialien pro Leistungseinheit sind exakt vom PPS-System ermittelt worden und können den einzelnen Erzeugnissen zugeordnet werden. 2. Die Produktionskosten verweisen auf eine an der Realität beobachtete Verteilungsstruktur der Produktionsaufwendungen nach Leistungseinheiten. Die Produktionskosten müssen jedoch entsprechend den real angefallenen Aufwendungen neu bewertet werden. 3. Hieraus ergibt sich eine Neubewertung der Bestände. Die Mengen und Wertveränderungen der Bestände werden nicht nur im PPS-System, sondern auch in der Bilanz übernommen. Die Differenz zwischen den Anfangs- und Endwerten der Bilanzbestände geht in die Erfolgsrechnung als Bestandsänderung ein. Damit wird nicht nur erreicht, dass eine Verteilungsstruktur, die aus der kontinuierlichen Realitätsbeobachtung gewonnen wird, in die Bilanzierung und Erfolgsrechnung je Leistungseinheit eingeht, sondern auch, dass die mitgeführten Werte des PPS-Systems entsprechend der buchhalterisch korrigierten Bewertung aufwands- und nicht kostenorientiert verwendet werden. Die Betrachtungsperiode, für die eine solche gegenseitige Anpassung durchgeführt wird, kann betriebsspezifisch angepasst und täglich, wöchentlich oder monatlich ausgelegt werden. Die Bewertungsrichtlinien bei der Erfolgsrechnung von Leistungseinheiten sind insbesondere in der Produktplanung und Entwicklung von Bedeutung, da hiermit die empirische Basis gelegt wird für die Werteattribuierung alternativer Planungskonzepte. Aber die Bewertungsrichtlinien sind nicht nur für die Evaluierung der Produktentwicklung relevant, sondern auch für die Eliminierung der Elemente der betrieblichen Produktpalette, die nach dem Controlling durch die objektorientierte Planung keinen hinreichenden Erfolg ausweisen (vgl. dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 385 ff. sowie Kapitel 9.2). Marketing-Controlling Während im strategischen Marketing-Controlling mittel- bis langfristig Leistungs- und Erfolgspotenziale verbessert werden sollen, stehen im operativen Marketing-Controlling kurzfristige Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen im Vordergrund. Hierbei werden folgende Fragen problematisiert und beantwortet (vgl. Weis 1987 und 2007, S. 363):
Welche Produkte sollen verkauft werden? (= Verkaufsprogramm) An wen sollen die Produkte verkauft werden? (= Zielgruppe) Zu welchem Preis sollen die Produkte verkauft werden? (= Preisstellung) Mit welchem Ergebnis sollen die Produkte verkauft werden? (= Ergebnisplanung)
Die Absatzplanung ist
zeitlich (z. B. pro Monat), räumlich (z. B. pro Verkaufsgebiet, Inland, Ausland) und sachlich (z. B. nach Produkten)
zu differenzieren.
562
9 Objektorientiertes Controlling
Der Absatzbereich kann innerbetrieblich gegenüber dem Produktionsbereich abgegrenzt und als eigenständiger Funktionssektor bilanziert werden. Dadurch wird die Diskussion in der Ermittlung, Planung und Kontrolle des Produktionspotenzials von der des Verkaufspotenzials getrennt, und es kann neben der objektorientierten Planung eine Verkaufs- und Vertriebsplanung etabliert werden, die den Informationsbelangen des Absatzes besser entspricht. Es ergibt sich hierbei die Problematik der betriebsinternen Verrechnung von Leistungen (NettoPreis-Definition; vgl. hierzu Exeler 1998, S. 778). Wird das Verfahren über Fixwerte geregelt, die eine längere Gültigkeitsdauer haben, oder aber über einen fixen prozentualen Ansatz aus dem Verkaufserlös auf dem Absatzmarkt, so kann der produktorientierte Erfolg pro Leistungseinheit ausgewiesen werden. In der gesamtbetrieblichen Rechnung saldieren sich die innerbetrieblichen Leistungen, sodass sie den Buchhaltungswerten entsprechen. Die unterschiedlichen Informationsansprüche und die daraus resultierenden Kriterien für eine hierarchische Strukturierung werden zur Verdeutlichung anhand eines Beispiels erläutert, in dem von einem Produktionsunternehmen ausgegangen wird, das mehrere Produktgruppen herstellt und in entsprechenden Divisionen organisiert ist. Das Unternehmen verfügt über eine eigene Vertriebsorganisation und veräußert sowohl Eigen- als auch Fremdprodukte im Ausland und im Inland, wobei im Inland die Eigenproduktion direkt und über den Vertrieb verkauft wird. Letzterer ist nach zwei Hauptregionen mit verschiedenen Unterregionen gegliedert (vgl. Abb. 9.27).
Abb. 9.27:
Vertriebsorganisation
Jede Division wird im Rahmen der objektorientierten Planung und Kontrolle bilanziert, für die Produktgruppen wird jeweils für die Einzelprodukte eine Erfolgsrechnung gemacht, in der die Erlöse nach Bruttoverkaufspreisen (vgl. hierzu Daum/Lawa 1998, S. 1024) aus allen
9.1 Operative Planung und Kontrolle
563
Verkaufsarten auf Produktebene konsolidiert werden. Der Vertrieb wird ebenfalls bilanziert, und der Vertriebserfolg wird nach Produktgruppen ausgewiesen. Neben diesem Planungsund Kontrollsystem ist ein Informationssystem der Absatzplanung eingerichtet, in dem der Verkauf nach Auslands-, Direktverkauf und Vertriebsverkauf durch eine Erfolgsrechnung geplant und kontrolliert wird. Der Auslandsverkauf bildet Leistungseinheiten für die vier wichtigsten Länder und für den restlichen Export aus, für die nochmals je Produktgruppe eine Erfolgsrechnung erstellt wird. Im Direktverkauf bilden ebenfalls die Produktgruppen eine Leistungseinheit. In der Vertriebsplanung wird jeder Verkäufer durch eine Erfolgsrechnung in seinem Tätigkeitsprofil abgebildet, die sich in der Begrifflichkeit von der objektorientierten Planung geringfügig unterscheidet und Bestandteil eines Absatzplanungssystems ist. Je Leistungseinheit werden drei Aussagekomplexe jeweils auf einer Seite zusammengefasst:
die Erfolgsrechnung, die Aufgliederung nach Produkten und die Aufgliederung nach Kunden.
Die Ergebnisse der Verkäufer werden entsprechend der Vertriebsstruktur nach oben hin konsolidiert. In der Erfolgsrechnung werden die Verkäufe, je Monat und fürs Jahr kumuliert, gleich hundert Prozent gesetzt. Zur Ermittlung des Deckungsbeitrages I werden die Einkaufsaufwendungen, die variablen Vertriebskosten und Verkaufssteuern abgezogen. Eine Aufgliederung der variablen Kosten entsprechend der Kategorien der objektorientierten Planung erübrigt sich, da sie produktions-, nicht aber verkaufsrelevant sind. Bei der Berechnung des Deckungsbeitrages II, also des Erfolges pro Leistungseinheit, werden die fixen verkaufsfördernden Maßnahmen von den Vertriebsaufwendungen abgegrenzt und samt den Verwaltungs- sowie Finanzierungsaufwendungen vom Deckungsbeitrag I abgezogen (vgl. Tab. 9.15). Monat Planung
Kumuliert Real
Planung
Real
Verkauf Einkaufsaufwendungen Variable Vertriebskosten Verkaufssteuern
Wert " "
% " "
Wert " "
% " "
Wert " "
% " "
Wert " "
% " "
DECKUNGSBEITRAG I
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Fixe Kosten
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Verkaufsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
Vertriebsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
Verwaltungsaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
Finanzaufwendungen
"
"
"
"
"
"
"
"
GEWINN/VERLUST Tab. 9.15:
Vertriebsplanung
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
564
9 Objektorientiertes Controlling
In dem zweiten Aussagekomplex wird der Erfolg je Leistungseinheit nach Produktgruppen ausgewiesen, welche mit den Betriebsdivisionen übereinstimmen und als zusätzliche Gruppe die Fremdprodukte aufführen. Dabei wird je Verkaufskategorie der Erlös, der Deckungsbeitrag I und der Gewinn angegeben. In der Charakterisierung der Werte durch die Prozentangaben erfolgt ein logischer Sprung. Der Erlösprozentsatz kennzeichnet den Anteil des produktgruppenspezifischen Verkaufs in Relation zu dem Gesamterlös der Leistungseinheit. Bei den Prozentangaben für die jeweiligen Deckungsbeiträge I und den produktgruppenspezifischen Erfolgen wird eine prozentuale Relation zum entsprechenden produktgruppenspezifischen Erlös vorgenommen. Damit lässt sich dieser Prozentsatz mit dem des Deckungsbeitrages I und des Erfolges für die Leistungseinheit unmittelbar vergleichen. Ist der produktgruppenspezifische Prozentsatz des DB I oder des Erfolges höher, so leistet diese Produktgruppe einen höheren Erfolgsbeitrag als der Durchschnitt aller Produkte in der betrachteten Leistungseinheit (vgl. Tab. 9.16). Monat Planung Erlöse Division PG 1
Wert
%
Kumuliert Real
Wert
Planung %
Wert
%
Real Wert
%
…
"
"
"
"
"
"
"
"
Erlöse Division PG n
"
"
"
"
"
"
"
"
Erlöse Fremdprodukte
"
"
"
"
"
"
"
"
DB I Division PG 1
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
…
"
"
"
"
"
"
"
"
DB I Division PG n
"
"
"
"
"
"
"
"
DB I Femdprodukte Erfolg Division PG 1
" Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
…
"
"
"
"
"
"
"
"
Erfolg Division PG n
"
"
"
"
"
"
"
"
Erfolg Femdprodukte
"
"
"
"
"
"
"
"
Tab. 9.16:
Produktgruppenspezifischer Erlös, DB I und Erfolg je Leistungseinheit
Der letzte Aussagenblock im vertriebsorientierten Planungs- und Kontrollsystem erfasst je Leistungseinheit die Kunden, und zwar in der Form, dass die größten Kunden einzeln ausgewiesen und die restlichen Kunden als Summe zusammengefasst werden. Hierbei wird nicht ein kundenspezifischer Erfolg berechnet, sondern es werden lediglich die spezifischen Erlöse und die Forderungen ausgewiesen. Die Prozentangaben beziehen sich bei den Erlösangaben auf den Erlös der Leistungseinheit und bei den Forderungen auf den kundenspezifischen Erlös. Es lassen sich so die Forderungen an Kunden in Relation zu den bewirkten Erlösen der Betrachtungsperiode analysieren. Als zusätzliche Auswertung wird für jede Leistungseinheit der Break-Even-Point berechnet. Die Prozentangabe dokumentiert die Relation zum entsprechenden Erlös (vgl. Tab. 9.17).
9.1 Operative Planung und Kontrolle
565 Monat Planung
Erlös Kunde 1
Wert
%
Kumuliert Real
Wert
Planung %
Wert
%
Real Wert
%
…
"
"
"
"
Erlös Kunde n
"
"
"
"
Erlöse Kunde n bis x
"
"
"
"
Forderungen an Kunde 1
"
"
"
"
…
"
"
"
"
Forderungen Kunde n
"
"
"
"
Forderungen an Kunden n bis x
"
"
"
"
SUMME FORDERUNGEN
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
BREAK EVEN POINT
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Tab. 9.17:
Kundenspezifische Erlöse und Forderungen je Leistungseinheit
Die Struktur einer Verkaufsplanung sollte zwei Momente berücksichtigen. Zum einen sind die Handlungseinheiten so abzugrenzen, dass der Markt in Bezug auf die betrieblichen Aktivitäten transparent wird. Damit lassen sich die absatzunterstützenden Maßnahmen, welche für ein Produkt, eine Produktgruppe, einen Kunden oder eine Kundengruppe und/oder für eine Region oder ein Gebiet durchgeführt werden, in ihrer Durchführungsprozedur besser planen und in ihrer Wirkung effektiver kontrollieren. Zum anderen aber ist es von Vorteil, diese Handlungseinheiten auch so in personengebundene Verantwortungsbereiche zu gliedern, dass sich die Verkaufsziele bis ins letzte Glied im Diskurs generieren lassen. Ein iterativer Prozess von oben nach unten und von unten nach oben ist hier insofern besonders wertvoll, als dass die Reaktion des Handelspartners als exogene Komponente nicht berechenbar ist. Es kommt daher auf die richtige Selbsteinschätzung und Motivation aller Beteiligten an, wenn man realistisch und erfolgreich zu operieren plant. Eine realistische Einschätzung der Erlösstrukturen in Bezug auf die betrieblichen Erzeugnisse bildet den Ausgangspunkt für die Planung der Produktion und prägt somit nicht nur die Umsatzgestaltung, sondern auch die Generierung der betrieblichen Leistung in der Produktion.
9.1.7
Planungsprozesse und Plandaten
Die Generierung von Plandaten im Prozess der Produktentwicklung ist stets integriert in die unternehmerische Gesamtplanung. Dabei können die Planungskreise durchaus unabhängig voneinander tätig sein, und die entsprechenden Informationssysteme können unabhängig voneinander operieren. Dennoch vereinen sich die einzelnen Planungsaktivitäten in einem Handlungszusammenhang; und spätestens wenn kurzfristig definiert wird, wie die einzelnen betrieblichen Abteilungen sich verhalten sollen, welche Ziele zu erreichen sind und welche Planzahlen angestrebt werden sollen, muss ein Handlungskonzept definiert werden, in dem der Fortlauf der etablierten Produkte und die Entwicklung von innovativen Erzeugnissen aufeinander abgestimmt werden. Die Planungen von Routine- und innovativer Information entsprechen daher ähnlichen Gesetzmäßigkeiten und sind somit miteinander vergleichbar, insbesondere in einem spezifi-
566
9 Objektorientiertes Controlling
schen unternehmerischen Zusammenhang, in dem sowohl der Markt als auch die Produktionsumwelt von derselben sozialen Organisation rezipiert und gehandelt werden. Kieser/Kubicek (1983, S. 34 ff.) sehen die „Hauptprobleme von Organisationen“ in
der Legitimation der organisatorischen Herrschaftsstruktur, der Rationalitätssicherung und Koordination, der Aufgabenerfüllung im Sinne eines technisch/ökonomisch effizienten Funktionierens und der Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter im Verhältnis zu deren Produktivität.
Es gilt also, bei der Generierung von Plandaten stets zu berücksichtigen, dass nicht nur Kennwerte eines technisch-ökonomischen Systems als Zeitreihenangabe definiert werden, sondern dass die Planung selbst ein sozialer Prozess ist, mit dem Strukturen festgeschrieben werden, wie man sich in der Zukunft sozial verhalten möchte. Planung wird von Organisationsangehörigen initiiert und unter folgender Voraussetzung umgesetzt: „Dass es ihnen um die Sache nicht ginge, lässt sich nicht behaupten; aber immer läuft mit: der Kampf um Positionen und Besitzstände, Ressourcen und Karriere, Einfluss und Macht“ (Küpper/Ortmann 1988, S. 7). Und hier ist ein Unterschied zwischen der Planung der betrieblichen Routine und der betrieblichen Innovation. Geht es doch bei der kurz- und mittelfristigen Planung etablierter Produkte darum, die vorhandenen betrieblichen Strukturen zu prolongieren oder ggf. leicht zu modifizieren. Bei der Entwicklung neuer Produkte ergibt sich jedoch die Gelegenheit, Positionen, Besitzstände, Ressourcen und Kompetenzen umzudefinieren und nicht nur wirtschaftliche und technische, sondern auch soziale Machtstrukturen neu zu etablieren. Die Qualität einer Planung erweist sich in der Umsetzung. Der soziale Diskurs in der Planungsphase verlängert sich auf die Phase der Umsetzung, insbesondere dann, wenn die in der Planung festgeschriebenen Handlungsstrukturen von denjenigen, die sie als Realhandlung umsetzen sollen, nicht einsichtig respektiert werden. Der Prozess der Planung ist somit ein Prozess der Konsensbildung. Neue Strukturen werden bei der Konsensbildung stets im Kontext des Vorhandenen reflektiert. Neuentwicklungen, die nicht in die etablierten Strukturen verwoben sind, scheitern, wenn die damit einhergehenden Konflikte nicht während der Planung gelöst werden; das gilt nicht nur für die oberste Führungsebene, sondern für jede informale und formale Organisationseinheit. Neue Entwicklungen werden insbesondere dann erfolgreich umgesetzt, wenn es einen „Mainstream“ im Unternehmen gibt, eine Hauptströmung, die in der Lage ist, lokale Turbulenzen und Gegenströmungen zu integrieren, und die eine überschaubare gleichmäßige und gerichtete soziale, technische und wirtschaftliche Innovation gewährleistet. Hierfür ist es in der Planung vorteilhaft, nicht nur in einer Führungsgruppe Führungsinformationen zu generieren, sondern diese intendierte Handlung zu operationalisieren, hierarchisch aufzubrechen und jeweils von den Betroffenen der Umsetzungsphase im Vorfeld gestalten zu lassen. Je größer die Anteilnahme der später Handelnden an dem Planungsprozess ist, desto eher kann erwartet werden, dass eine Identifikation mit den Planungsvorgaben entsteht.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
567
Mit der Generierung von Planungsdaten werden zukünftige Unternehmensprozesse gestaltet. Mit der Angabe von Sollwerten wird nicht nur ausgesagt, welche Kennwerte in der Zukunft erreicht werden sollen, sondern ebendiese Kennwerte dienen dazu, Frühwarnsysteme zu etablieren, die „bei keimenden Problemfeldern rote Lampen leuchten lassen“ (Dürr 1990, S. 63). In der Regel wird keine Planung durchgängig bis zum Ende verfolgt. Eine gute Planung aber kennzeichnet rechtzeitig Abweichungen, um Umplanungen in Gang zu setzen. Es ergeben sich in der Definition zukünftiger Handlungen drei Planungsstrategien, die abhängig sind von der Herkunft der Planungsverantwortlichen und von der planerischen Problemstellung:
Zum einen kann die Hauptaufgabe der Planung in der Zieldefinition gesehen werden, nach der Devise: Wichtig ist, zu wissen, was man will; wie im Einzelnen die Umsetzung erfolgt, entscheidet sich vor Ort zum gegebenen Zeitpunkt. Zum anderen kann in der Planung die Vorgabenoperationalisierung im Vordergrund stehen, nach dem Prinzip: Was wir machen, ist bereits beim Verwerfen von Alternativen entschieden worden, die Planung ist vordergründig zum Detaillieren gedacht, zur Definition des Wie. Schließlich kann in der Planung der zukünftige Verlauf offengelassen werden, es sind lediglich eine Anzahl von Alternativen vorzugeben. Hier erfolgt in den Projekten eine Wertstrukturdefinition, um sie dann in ein Sollzahlenkonzept umzuwandeln, wenn ein Auftragseingang eine reale Handlungsumsetzung erfordert.
In jeder unternehmerischen Planung werden teilweise dieselben Handlungsobjekte mit andersartigen gedanklichen Konzepten erfasst und strukturiert. Es geht dabei nicht um einen konkurrierenden Wettbewerb, sondern um die Definition von Sichtweisen, die alsdann in ein einheitliches Konzept eingebracht werden können. Die objektorientierte Planung stellt dabei nur die Oberfläche der gesamtbetrieblichen Planungsaktivität dar, sie artikuliert den Konsens, und zwar in einer hierarchisierten Form, sodass jede betriebliche Leistungseinheit über Sollwerte verfügt, die sie in der Planung prinzipiell beeinflussen kann. Zur Generierung und Begründung der hier fixierten Wertangaben bedarf es aber der Hintergrundinformation, die stets so zu gestalten ist, wie die Problemsituation es erfordert. Jede Zahl in einem Wertesystem kann aufgegriffen und in einen unterschiedlichen Interpretationsrahmen gestellt werden. Planwerte artikulieren sich in Tabellen, und die Begründungen von den einzelnen Tabellenwerten können wiederum Tabellen sein. Es entsteht so ein hierarchisches Planungssystem mit Begründungszusammenhängen. Die mediale Ausprägung einer gesamtbetrieblichen Planung kann sich dementsprechend in einem umfangreichen Tabellenwerk präsentieren, in dem die verantwortlichen Personen als Autoren vollständig in den Hintergrund geraten können. Dies ist aus zwei Gründen zu vermeiden:
Zum einen haben die Autoren von Sollzahlen eine unmittelbare Verantwortung für die Festsetzungen, die mit Sollzahlen getroffen werden, und übertragen nicht, wie bei der Verbreitung von Nachrichten, bspw. in der anonymen Massenkommunikation, die Verantwortung auf den Rezipienten.
568
9 Objektorientiertes Controlling
Zum anderen reflektieren die Zahlen menschliche Handlung, und hier sind die emotionalen Komponenten im Umgang mit komplexer Information für die Handhabung der Werte relevant.
Dörner und Stäudel (1983) verweisen ausdrücklich auf die Interdependenz zwischen kognitivem Verhalten und emotionalem Verhalten im Umgang mit komplexen interaktiven DVModellen. Anonymisierte Tabellenwerke werden nicht nur für den Nutzer in ihrer Handlungstragweite undurchschaubar, sondern verbergen die Risiken, die in allen Planwerten vorhanden sein müssen, da es sich entweder um unmittelbare Zukunftsprognosen handelt oder aber um Aktivitäten, die von prognostizierten Determinanten abhängen. Daher ist es in einer Planung häufig von größerer Bedeutung, den Urheber und den Verantwortlichen für einen Planwert, also die Verantwortlichkeitsstruktur, zu kennen, als das analytische Verfahren, welches hinter der Generierung des Wertes als Begründungszusammenhang angeführt wird. Die objektorientierte Planung erlaubt durch das Prinzip der Hierarchisierung einer standardisierten Bilanz sowie Erfolgsrechnung und der direkten Zuweisung der hierfür verantwortlichen betrieblichen Mitarbeiter eine zunehmende Ausdifferenzierung der Information und deren Urheber, je nachdem, wie weit man sich in der betrachteten Leistungsebene nach unten begibt. Es ergibt sich eine unmittelbare Korrespondenz zwischen den Arten, Trägern und Stellen einer Leistung und sowohl der damit zusammenhängenden Aufwandsstruktur als auch den Auswirkungen auf die entsprechende objektgebundene Produktionsumwelt. Dennoch reicht das Begriffssystem der objektorientierten Planung nicht aus, um die dazugehörenden Aktivitäten der Planwerte zu umschreiben. Hierfür sind die verwendeten Kategorien zu abstrakt und bedürfen stets einer zusätzlichen Beschreibung durch ein erweitertes Begriffssystem, welches die spezifischen Handlungen benennt, die in den jeweiligen Leistungseinheiten real anfallen. Es entsteht somit pro Leistungseinheit ein doppeltes Erfassungssystem. Zum einen sind die Wertangaben in einem konsolidierungsfähigen Kontenrahmen zusammengestellt, die einen klaren Bezug zu den betrieblichen Verantwortungsbereichen sowie Objekte aufweisen, und zum anderen werden die dort aufgeführten Werte in einen für die jeweiligen Funktionen der Leistungseinheiten spezifischen Begründungszusammenhang gestellt. Die betriebliche Jahresplanung ist bereits bei mittelständischen Unternehmen so komplex, dass nur eine standardisierte Ordnung zu einem überschaubaren Planungssystem führen kann. Hierfür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden. Zum einen gehört zu jedem Teilbereich der Jahresplanung eine Gliederung, die dem jeweiligen Tabellenwerk vorangestellt wird und für jeden inhaltlichen Abschnitt Seiten- und Zeilenangaben ausweist. Zum anderen kann in jeder Tabelle jede Zeile mit einer Kennnummer versehen werden und somit in ihrer Herkunft ersichtlich sein. Die Zeilenangabe kann vierstellig gestaltet werden, wobei bspw. die ersten beiden Zähler die Seite kennzeichnen und die weiteren zwei Zähler auf die Zeilen der jeweiligen Tabelle verweisen, welche Daten beinhalten. Die Zeilenangaben können in der ersten Spalte auf der linken Seite erfolgen. Ggf. kann zu Programmierzwecken eine laufende Zeilennummerierung vorgelagert werden, die jedoch im innerbetrieblichen
9.1 Operative Planung und Kontrolle
569
Gebrauch nicht mit ausgedruckt zu werden braucht. Die Datenreferenz pro Zeile kann vier Ausprägungen ausweisen:
Die Daten werden von einem Mitarbeiter festgesetzt. In diesem Fall ist der Name des Mitarbeiters zu nennen. Die Daten werden aus einer oder mehreren Zeilen des Planungsteilbereiches übertragen bzw. errechnet. In diesem Fall sind die Zeilen und ihre Verrechnungsart anzugeben. Die Daten werden aus einer oder mehreren Zeilen des Planungsteilbereiches übertragen bzw. errechnet, unter Einbeziehung einer zusätzlichen Angabe, die von einem Mitarbeiter festgesetzt worden ist. In diesem Fall sind die Zeilen und ihre Verrechnungsart sowie der Name des Mitarbeiters zu nennen. Die Daten werden aus einer bzw. mehreren Zeilen eines anderen Planungsteilbereiches übertragen bzw. errechnet. In diesem Fall sind die Zeilen und ihre Verrechnungsart sowie der Name des anderen Planungsteilbereiches zu nennen.
Wenn die Datenherkunft bzw. ihre namentliche Verantwortung auf der letzten Spalte der rechten Seite für jede Datenzeile angegeben ist, dann ermöglicht ein solches Planungswerk nicht nur eine sachbezogene kognitive Evaluierung, sondern auch einen umsichtigen Diskurs der Annahmen, die von den betrieblichen Mitarbeitern als Eingangsvariablen postuliert worden sind und die nicht eine kalkulatorische Basis aufweisen. Betriebswirtschaftlicher Planungsprozess zur Plandatengenerierung Der gedankliche Ansatz bei der betriebswirtschaftlichen Plandatengenerierung durchzieht das gesamte Unternehmen ebenso wie die technische und kommunikative Betrachtung der betrieblichen Aktivitäten. Es stehen sich hier zwei Sichtweisen gegenüber, die sich nicht widersprechen, sondern ergänzen. Die betriebswirtschaftliche Sichtweise ist wertorientiert, das heißt, die betrieblichen Aktivitäten werden in Wertbewegungen abgebildet, die der Unternehmenssphäre zu- oder abgeführt werden. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit der Differenzbildung und somit ein Evaluierungskriterium, ob eine betriebliche Handlung dem Unternehmen zugutekommt oder nicht. „Der sogenannte homo oeconomicus entscheidet und handelt nach dem Rationalprinzip. Dieses Prinzip besagt, dass ein bestimmter Zweck mit dem geringsten Mitteleinsatz oder mit einem gegebenen Mitteleinsatz eine maximale Zweckerfüllung anzustreben ist“ (Heinen 1971, S. 36). Die betriebswirtschaftliche Datengenerierung im Rahmen der Unternehmensplanung ist geprägt durch drei Aspekte:
die Zielorientierung, das Begriffssystem des Rechnungswesens und das System der Wertkontingentierung im Budget.
„Unter Zielen verstehen wir hierbei zukünftige erstrebte Zustände. Zu ihrer genauen Kennzeichnung ist es notwendig, Inhalt, Ausmaß und zeitlichen Bezug als Dimensionen der Ziele anzugeben“ (Hahn/Hungenberg 2001, S. 11). Die betriebswirtschaftliche Denkweise orientiert sich an abstrakten Kennwerten, die bereits durch ihre Ausprägung als Wertangaben von der Objektwelt abgehoben sind und sich in der Regel nicht an eine Handlung koppeln lassen. Kirsch führt als Themen der Zielformulierung Gewinn und Rentabilität, Kostenwirtschaft-
570
9 Objektorientiertes Controlling
lichkeit und Kostendeckung, allgemeines Wohl und Gemeinwirtschaftlichkeit, Umsatzsteigerung und Marktanteil, Liquidität und Stabilität, Macht und Unabhängigkeit auf (1974, S. 182). Die Zielsetzungen konsolidieren Detailangaben zu Kennwerten, die einen Indikator für das Verhalten einer Struktur darstellen. Ziel der Planung ist es daher, das Ganze zu erfassen, wobei in Kauf genommen werden muss, dass die einzelne Handlung in diesem Ganzen aufgehen kann und insofern unberücksichtigt bleibt. Die betriebswirtschaftliche Planung orientiert sich an der Begrifflichkeit des Rechnungswesens mit der Buchführung als Informationseingangskontrolle und der Buchung eines Geschäftsvorfalles als kleinste Erfassungseinheit. Hier wird die wichtigste Grundlage für das betriebswirtschaftliche Entscheidungsverhalten gelegt. Das Kategoriensystem zur wertmäßigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle auf Erfolgs- und Bestandskonten fächert die betriebliche Handlung unter spezifischen Gesichtspunkten auf. Es wird somit ein Netz geschaffen, das zur Artikulierung der betrieblichen Zielsetzungen geeignet ist. Hiermit können nicht nur zukünftige Zustände in ihrer Ausprägung attribuiert werden, sondern diese Attribute lassen sich auch quantifizieren. Das Rechnungswesen erlaubt somit auch die Kontrolle, ob ein Ziel erreicht ist. Mit jedem Begriffssystem wird ein Teil der Realität erfasst und so dargestellt, wie es das Begriffssystem eben zulässt. Das wichtigste Instrument der betriebswirtschaftlichen Planung erlaubt eine klare strukturorientierte Definition und Kontrolle von Zielwerten, es engt aber zur Erhaltung der Klarheit und Durchlässigkeit des Systems die Sichtweise und somit die Abbildungsmöglichkeiten der Realwelt ein. Das dritte Hauptmerkmal der betriebswirtschaftlichen Planung ist die Tendenz zur Budgetierung, also zur wertmäßigen Kontingentierung einer betrieblichen Handlung. Diese Tendenz ergibt sich aus der Verwendung des Begriffssystems des betrieblichen Rechnungswesens und der darauf aufbauenden Formulierung von strukturorientierten Kennwerten als Ziele. Die Zielsetzung bspw., dass die Werbeausgaben zwei Prozent des Umsatzes betragen sollen, koppelt nicht nur zwei Kennwerte miteinander, sondern entleert die Werbetätigkeit von ihrer eigentlichen Handlung und reduziert die Abbildung dieser Tätigkeit auf ein Wertkontingent, das nicht überschritten werden darf. Welche Handlungen im Einzelnen ausgeführt werden, ist nicht so relevant wie die Tatsache, welchen Aufwand die Summe aller Handlungen verursacht. Die wertmäßige Präzisierung eines Handlungszusammenhangs im Rahmen einer Planung engt nicht nur den Handlungsspielraum ein, sondern formuliert gleichzeitig einen Kompetenzbereich, und innerhalb dessen kann man sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht frei bewegen, solange der Zweck mit dem vorhergesehenen Mitteleinsatz erreicht werden kann. Die objektorientierte Planung ist ein operatives betriebswirtschaftliches Controllinginstrument. Zum einen bildet sie die betriebliche Handlung als Wertstruktur ab, und zum anderen orientiert sich das Begriffssystem an den Kategorien des Rechnungswesens. Jedes Konto der objektorientierten Planung ist eingebettet in die spezifische Betriebsbuchhaltung; beide Systeme sind kompatibel und weisen identische Eckwerte auf. Da aber das Planungssystem sich an der Struktur der betrieblichen Leistungsobjekte und der Objektwelt der Produktion orientiert ist, ergeben die Planungswerte nicht nur einen Ansatz zur Formulierung betriebswirtschaftlicher Zielsetzungen, sondern sie definieren gleichzeitig monetäre Kompetenzbereiche.
9.1 Operative Planung und Kontrolle
571
Daher sollte die Generierung der Daten nur mittels einer integrierten betrieblichen Abstimmung erfolgen. Hierbei muss sowohl von unten nach oben, mittels einer hierarchischen und baumartigen Vernetzung, eine Datenermittlung erfolgen als auch von oben nach unten geplant werden. Es ergibt sich folgender idealtypischer gegenstromförmiger Handlungsprozess:
In der Betriebsleitung werden die gesamtbetrieblichen und die leistungsbezogenen Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen generiert (Prinzip: Top-down). Diese „Eckwerte“ werden jeweils einem Team pro Leistungseinheit übergeben. Die Teams generieren bspw. die produktspezifischen Werte und konsolidieren sie auf divisionaler Ebene (Prinzip: Bottom-up). Die Betriebsleitung koordiniert die Planwerte aller Leistungseinheiten und ermittelt erneut eine gesamtbetriebliche GuV und Bilanz und bricht diese Werte bis auf jede Leistungseinheit herunter. Diese Inputdaten werden pro Leistungseinheit erneut zur Generierung von produktspezifischen Werten verwendet, die dann zum Beispiel auf divisionaler und gesamtbetrieblicher Ebene aufsummierbar sind. Deren Erreichung kann in individuellen Zielvereinbarungen mit (leitenden) Mitarbeitern zur Bonusbemessung gekoppelt sein und so einen Teil des Anreizsystems bilden.
Es ist davon auszugehen, dass dieser iterative Prozess mehrmals durchlaufen werden muss bis konkrete Zielvereinbarungen getroffen werden können. Zur besseren Übersicht empfiehlt es sich, die generierten Daten jeweils mit „Version 1“, „Version 2“ usw. zu kennzeichnen. Dabei ist es jedem Unternehmen freigestellt, ob die Version 1 als Bottom-up- oder als Topdown-Planung generiert wird. Je nach Tätigkeitsstruktur und Unternehmenskultur ist das eine oder das andere Vorgehen vorteilhaft. Um die Diskussion zwischen Betriebsleitung und den Verantwortlichen der Leistungseinheiten ökonomisch zu gestalten, ist zu unterscheiden zwischen den strategisch-verändernden Maßnahmen und der Detailplanung. Innerhalb der Produktentwicklung werden betriebsverändernde Maßnahmen geplant und umgesetzt. Der koordinierende Einfluss der Unternehmensleitung muss dementsprechend bei der Betriebsinnovation stärker ausgeprägt sein als bei der Planung von Routinedaten. Nicht nur, dass hier keine Erfahrungswerte vorliegen, sondern mit der Einführung neuer Leistungen im Unternehmen werden auch neue Handlungsstrukturen etabliert. Weder besteht hier eine „betriebliche Tradition“, die eine gewachsene Verantwortlichkeit auf der operativen Ebene gewährleistet, noch kann man es vermeiden, die Verunsicherungskomponente der Mitarbeiter auszuschalten, die bei jeder Veränderung auftritt (vgl. dazu Jaspersen 1997, S. 153 ff.). Eine betriebswirtschaftliche Grundlage für die Beurteilung strategisch verändernder Maßnahmen ergibt sich nicht aus der Detailbetrachtung einer kurzen Betrachtungsperiode wie bspw. einem Monat. Erst die Analyse von mehreren Jahren ergibt einen hinreichenden Abstand, um die Auswirkungen von Strukturänderungen und produktspezifischen Investitionen zu beurteilen. Werden Plandaten einer GuV-Rechnung in Relation zu den Vorjahreswerten und den Werten der laufenden Periode gesetzt, so ergibt sich so bereits ein Betrachtungszeitraum von drei Jahren. Auf Basis dessen kann man die Entwicklung der betriebswirt-
572
9 Objektorientiertes Controlling
schaftlichen Kennwerte evaluieren und die Gesamtstabilität der Planwerte postulieren. Es zeigt sich bei diesem Verfahren der Konsolidierung und der Gegenüberstellung von Realwerten der Vergangenheit mit Planwerten, dass eine Bestimmung der Größenordnung der einzelnen Werte empirisch ermittelt werden kann. Es ist kennzeichnend für die betriebswirtschaftliche Generierung von Daten, Erfahrungswerte zu Planwerten hochzurechnen, ohne dabei die Kostenstruktur der einzelnen Handlung zu überprüfen. Das ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch möglich und sinnvoll: Die betriebliche Zielsetzung verbleibt ebenso präzise formuliert wie die Einbindung ins Begriffssystem des Rechnungswesens und die Aussage über das Planbudget, welches der entsprechenden Leistungseinheit zugewiesen wird. Technischer Planungsprozess zur Plandatengenerierung Die technische Plandatengenerierung orientiert sich am Objekt. Es geht hier nicht darum, zunächst aus der Erfahrung heraus einen Kostenrahmen für die Produktion zu definieren, sondern am Objekt selbst jede einzelne Handlung zu analysieren, welche notwendig ist, um das Objekt zu produzieren. Auch die technische Datengenerierung hat ihre empirische Komponente, die sich allerdings reziprok zu dem Ansatz der betriebswirtschaftlichen Planung verhält. In der betriebswirtschaftlichen Planung werden aus der Betrachtung des Ganzen Kennwerte abgeleitet, die das Detail spezifizieren. In der technischen Planung werden zunächst die Details determiniert und alsdann über den Faktor der Wiederholung eines Handlungsdetails hochgerechnet, womit man die Wertbildung des Ganzen erhält. Ausgangspunkt der technischen Planung ist dementsprechend die Definition des betrieblichen Erzeugnisses, und zwar sowohl in seiner Funktion als auch in seinen Einzelteilen und Baugruppen (vgl. Eversheim 1990a, S. 75 f.). Anstelle der betrieblichen Zielsetzung steht zunächst das produktspezifische Leistungsverzeichnis oder das Pflichtenheft im Vordergrund (vgl. dazu Sabisch 1991, S. 168 f.). Sind die Geometrie des Produktes und seine Struktur entsprechend der Leistungsvorgaben erstellt, so werden die Arbeitspläne im Kontext der vorhandenen bzw. der zu investierenden Produktionsumwelt des Unternehmens definiert (vgl. Wiendahl 2010, S. 198 ff.). Die Arbeitspläne prägen eine eigenständige Begrifflichkeit und erlauben sowohl die Produktionsplanung und -steuerung sowie die Artikulierung eines eigenständigen Konzeptes zur Beschreibung der betrieblichen Handlung als auch deren wertmäßige Attribuierung (vgl. hierzu Specht 1990, S. 204 ff. sowie Steinmetz 1987, S. 50 ff.). Ziel der Detailplanung ist es, eine Handlungsgrundlage zu finden, die einerseits der spezifischen Aufgabe gerecht wird und andererseits in dem gesamten Planungssystem integriert werden kann. Die produkt- bzw. projektorientierte Planung muss in ihrem Dateninput und -output mit der gesamtbetrieblichen Planung kompatibel sein. Es ist selbstverständlich, dass sich erhebliche betriebsspezifische Unterschiede ergeben. Insbesondere ist die Unterschiedlichkeit der Problematik bei Fließ- und Serienfertigung sowie bei der Auftrags- und Projektfertigung herauszustellen. Ausgangspunkt der Detaildefinition aus der Sicht der objektorientierten Planung ist die Spezifizierung der Erlöse sowie der fixen und variablen Produktionskosten, im Rahmen der GuV-Positionen, nach Leistungseinheiten. Die Gliederung dieser Spezifizierung kann sowohl nach Produkten erfolgen als auch nach den Einzelplanungskonten der GuV. Je nach übergeordneter, bspw. divisionaler Interdependenz der Einzelkonten
9.1 Operative Planung und Kontrolle
573
ergeben sich folgende zwei Gliederungsarten der Detailplanung (vgl. Tab. 9.18): nach Produkten sowie nach Erlös- und Aufwandsarten. NACH PRODUKTEN
NACH KONTEN
Produkt A
Erlöse aus Produktion
Erlöse aus Produktion
Produkt A
Andere Erlöse
Produkt B
Wareneinsatz
Produkt C
…
…
Steuern
Produkt X
Produkt B
Andere Erlöse
Erlöse aus Produktion
Produkt A
Andere Erlöse
Produkt B
Wareneinsatz
Produkt C
…
…
Steuern
Produkt Y
Produkte
Wareneinsatz
…
…
Produkt X Tab. 9.18:
Steuern Detailplanung nach Leistungseinheiten
Zur Definition der Erlöse muss zunächst das Produkt, bzw. bei näherem Hinsehen die Produktgruppe, in ihren Einzelteilen aufgegliedert werden. So differenzieren sich bspw. Produktarten in verschiedene Sorten und diese wiederum in verschiedene Baugruppen oder Einzelteile. Diesen Produktelementen sind Planmengen zuzuordnen, die durch Multiplikation mit einem Verkaufspreis pro Mengeneinheit zu den Erlösen für den jeweiligen Planungszeitraum führen. Je nach Produktausprägung ist es sinnvoll, das Verkaufssoll in seiner geplanten Realisierung zu klassifizieren. So können die Erlöse nach Kundengruppen, Verkaufsregionen oder Verkäufern untergliedert werden. Diese Spezifizierung sollte nur dann erfolgen, wenn bei der Durchführung der Verkaufsaktivitäten ein entsprechendes Erfassungsinstrument in dem Betrieb vorhanden ist, anhand dessen die Planwerte evaluiert werden können. Die Quantifizierung der Produktelemente nach Produktionseinheiten bildet die Grundlage zur Berechnung der Produktionskosten. In der Detailanalyse werden somit nicht nur Sollwerte festgelegt, sondern auch Sollmengen. Hierbei müssen die Einzelkonten Rohstoffe [03], Zukaufteile [04], Eigenfertigung [05], variable Produktionskosten [06] sowie Marketingkosten [07] und Bestandsänderungen [08] in ihren Einzelpositionen so weit untergliedert werden, dass sie nicht nur mit den Kostenarten der betrieblichen Buchhaltung kompatibel sind, sondern auch mit dem Begriffssystem, das sich aus der Arbeitsplanung ergibt und die Grundlage der Produktionsplanung und -steuerung bildet. Die objektorientierte Planung ist ein Kopplungsbaustein zwischen der technischen und der betriebswirtschaftlichen Informationsverarbeitung, da beide Systeme so anzupassen sind, dass eine begriffliche Überführung in die Planungsterminologie gewährleistet werden kann (vgl. dazu Abb. 9.28).
574
Abb. 9.28:
9 Objektorientiertes Controlling
Objektorientierte Planung als Kopplungsglied zwischen technischer und wirtschaftlicher DV
Die objektorientierte Planung eignet sich insofern als Kopplungsglied zwischen der wirtschaftlichen und technischen Datenverarbeitung, als der Planungskontenrahmen sich an der betrieblichen Terminologie orientiert, die hierarchisierte Struktur jedoch als Ordnungskriterium der technischen Informationsverarbeitung entspricht. Hierzu bedarf es jedoch einer Planungsdetaillierung, die nicht nur Wert-, sondern auch Mengenangaben integriert. Somit lassen sich innerhalb der Soll-Ist-Analyse anhand der Detailplanung Mengen- und Kostenabweichungen getrennt untersuchen (vgl. hierzu Chmielewicz 1973, S. 191 ff.). Eine besondere Stellung kommt den Bestandsänderungen zu, da hiermit die Verkaufsmengen auf die Produktionsmengen bzw. die Produktionsmengen auf die Verkaufsmengen abgestimmt werden. Die fixen Kosten und Steuern werden stets nach dem gleichen Prinzip berechnet wie die Produktionskosten der Fließ- und Serienfertigung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in den Verkaufs-, Vertriebs-, Verwaltungs- und Finanzaufwendungen gesamtbetriebliche Overheadkosten einfließen. Diese sind nur nach dem iterativen Verfahren zwischen Betriebsleitung und den Verantwortlichen der jeweiligen Leistungseinheiten zu ermitteln.
9.2
Strategische Planung und Umsetzung
Der Ausgangspunkt bei der organisatorischen Umsetzung eines Innovationsprozesses, also die Entscheidungssituation, ob die generierten innovativen Modelle als Routinemodelle ins Betriebsgeschehen implementiert werden sollen, entspricht der einer investiven Situation. Das Unternehmen hat in jedem Fall einen großen Aufwand zu leisten, der multidimensional ausgelegt ist. Es gilt das Verhalten von Betriebsangehörigen zu modifizieren, den Betriebsmittelfluss umzulenken, den Anlagenbestand zu verändern und andere Leistungsrezipienten oder dieselben Produktnutzer anders anzusprechen. Auch wenn keine unmittelbaren Veränderungen des Anlagebestandes vorgenommen werden, ist die operationelle Umsetzung der Produktentwicklung eine Investition, müssen doch vorhandene Anlagen einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden. Es ändert sich somit der Entscheidungshintergrund, unter dem die Investition zuvor durchgeführt worden ist, und die Rentabilität muss neu ermittelt werden. Es ist daher nützlich, die Struktur der betrieblichen Investitionsentscheidung näher zu analysieren. Dabei unterscheidet Seelbach (1991, S. 165 ff.) zwischen der isolierten und der simultanen Investitionsplanung, also solchen Verfahren, die Entscheidungen über einzelne Investitionsobjekte als Betrachtungsgegenstand haben und solchen, die einen komplexeren Handlungszusammenhang umgreifen. Obwohl hier der Standpunkt vertreten wird, dass der Innovationsprozess eine komplexe investive
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
575
Situation schafft, wird zunächst der gedankliche Ansatz der klassischen (isolierten) Investitionsrechnung thematisiert, da hier die betriebswirtschaftliche Sichtweise der Kostenvereinzelung besonders deutlich wird. In den darauf folgenden Abschnitten wird dann ein holistisches Vorgehen im Rahmen von neueren controllingorientierten Verfahren ausgeführt.
9.2.1
Investitionsrechnung
Das Grundmodell der Investitionsrechnung ist einfach, bzw. eine Investitionsentscheidung stellt sich zunächst einmal einfach dar. Aus den problembeschreibenden Daten und den Zielvorstellungen wird eine Modellrechnung erstellt, und diese führt zu der „richtigen“ Entscheidung. Dabei sind nur die zu Beginn einer Investitionsperiode zu erwartenden Ausgaben (I0) und die laufenden Ausgaben (at) den laufenden Einnahmen (et) gegenüberzustellen. Zum Ende dieser Investitionsperiode ist noch der reale Liquidationserlös als zusätzliche Einnahme mit einzubeziehen, und es lässt sich ein rechnerischer Endbetrag ermitteln, der sich als Kenngröße für die Güte der anvisierten Investition eignet (vgl. Altrogge 1996, S. 41 ff.; Olfert/Reichel 2009, S. 25; siehe hierzu Abb. 9.29).
Abb. 9.29:
Phasenschema der Investitionsentscheidung
Errechnet man einen positiven Kapitalwert (C0), indem man von der Summe der jeweils abgezinsten Differenzen zwischen den erwarteten Einnahmen und Ausgaben über die gesam-
576
9 Objektorientiertes Controlling
te Betrachtungsperiode den Wert der Anschaffungsinvestition abzieht, so ist die Investitionsrendite in jedem Fall höher als der dabei angesetzte Zinssatz i. Setzt man den Kapitalwert gleich null, substituiert den Zinssatz i durch die Variable r und löst die Gleichung nach dieser auf, so erhält man den internen Zinssatz einer geplanten Investition. Altrogge (1996, S. 7) unterscheidet zwischen
Realinvestitionen (Sachinvestitionen) und Finanzinvestitionen,
wobei er Finanzinvestitionen als „Auszahlungen zum Erwerb von Forderungs- und Beteiligungsrechten“ definiert und die Sach- oder Realinvestitionen als eigentliche betriebliche Investitionen interpretiert. Die Investitions- und Verhaltensstrukturen bei Realinvestitionen, die in der Regel eine Kapitalbindung in den Produktionskapazitäten für die Generierung und Veräußerung betrieblicher Leistungen bedingen, einschließlich deren verwaltungstechnischem Umfeld, werden in den folgenden Ausführungen thematisiert. Dementsprechend beziehen sich die folgenden Aussagezusammenhänge auf
Neuinvestitionen, Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen sowie Erweiterungsinvestitionen,
bei denen nicht nur eine materielle, also sachliche Veränderung eines Unternehmens vorgenommen wird, sondern auch eine Umwandlung der Verhaltensstrukturen zu planen ist. Die materielle Varianz im Unternehmen, welche mit einer Investition einhergeht, bedingt in der Regel das Erfordernis, auch die betrieblich-sozialen Handlungsstrukturen zu modifizieren. Altrogge problematisiert den Investitionsbereich wie folgt: „Im allgemeinen lassen sich Realinvestitionen sehr viel schwieriger abschätzen und beurteilen als Finanzinvestitionen“ (ebenda S. 8). Die zu verwendenden Zielfunktionen sind ebenso wie die in den Rechnungen benutzten Daten modellabhängig; denn der Bestand an verwendbaren Modellen ist durchaus begrenzt. „Es ist eine Illusion zu glauben, für alle komplexen Planungs- und Entscheidungssituationen jeweils passende Modelle bauen zu können. Modellabweichungen mehr oder minder großen Umfangs sind eine Tatsache, mit der man sich abfinden muss“ (ebenda S. 44). Ausgangspunkt der klassischen Investitionsrechnung ist eine Modellbildung, die das Entscheidungsproblem abstrahiert und stark vereinfacht, ja man kann sogar sagen simplifiziert. Es ist jedoch in diesem Abschnitt nicht beabsichtigt, jedes einzelne Verfahren kritisch zu beleuchten (siehe hierzu Jaspersen 1997, S. 26 ff.; Olfert/Reichel 2009, S. 135 ff.), sondern nur ihre zentralen Annahmen, um dann zusammenfassend eine Kritik zu formulieren und auf Basis dessen im folgenden Abschnitt einen Prozess zur strategischen Planung und Umsetzung von Realinvestitionen aufzustellen. Die Grundzüge der Investitionsrechnung lassen sich bis auf Schmalenbach zurückführen (vgl. Schmalenbach 1947, S. 60 ff.). Mit seinen Arbeiten zur Finanzierung, zur Bilanzlehre
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
577
sowie zur Kostenrechnung und Preispolitik legte er nicht nur Grundsteine in den Anfangszeiten der Wirtschaftswissenschaft, sondern führte die Betriebswirtschaftslehre (auch) aus der Handelsschule in die Universität. Aus dieser gesellschaftlichen Leistung heraus sind auch die Einschränkungen der statischen und der dynamischen Investitionsrechnung zu verstehen; sie reduzieren die Problemstellung auf quantifizierbare monetäre Prozesse. Und aus diesem Blickwinkel heraus verdienen sie auch das Attribut „klassisch“ (vgl. dazu Walz/Gramlich 2011, S. 36 f.). Die Investitionsrechnung orientiert sich an einer Wertzielsetzung oder, wie Hahn/Hungenberg (2001, S. 19) es formulieren, an monetären Zielen, die sie als „[a]ngestrebtes künftiges Ergebnis (z. B. Kapitalwert, kalkulatorischer und bilanzieller Gewinn) oder angestrebte künftige Ergebniskomponenten (Einzahlungen und Auszahlungen, Erlöse und Kosten, Ertrag und Aufwand), als absolute und relative Größen (z. B. Jahresüberschuss, Rentabilität) sowie Liquidität und Liquiditätskomponenten (Bestand an flüssigen Mitteln, Ein- und Auszahlungen)“ bezeichnen. Hahn/Hungenberg grenzen die Wertziele von den Produktzielen (Sachziele) und den Personalzielen (Sozialziele) ab und schlussfolgern für eine wirtschaftliche Betrachtung: „Letztlich lassen sich alle Ziele in Handlungsziele auflösen bzw. als solche interpretieren“ (ebenda). Für die Verfolgung monetärer Ziele ist es notwendig, die intendierten betrieblich-sozialen Aktivitäten als Handlungskomplexe zu formulieren, um so zu Handlungsalternativen zu gelangen, die man gegeneinander abwägen oder aber in Relation zu der – in dem jeweiligen Betrachtungszeitpunkt gültigen – Handlungsstruktur setzen kann. Eine Investition ist ein strukturbindender Komplex im Unternehmen, dessen Intention als monetäres Entscheidungsproblem abgebildet werden kann. Jede Realinvestition hat dabei einen Bezug zum Handlungskontext des Unternehmens, in dem über sie entschieden wird. Lediglich die Nähe und damit die Vergleichbarkeit zu den vorhandenen Handlungsstrukturen können unterschiedlich sein, je nachdem, ob es sich um eine Neu-, Ersatz-, Rationalisierungs- oder Erweiterungsinvestition handelt. Auch die Größe und Komplexität sowie der funktionale Hintergrund einer Investition kann variieren. Diese Differenzierung wird jedoch bei der Investitionsrechnung nicht unmittelbar nachgebildet. Walz/Gramlich (2011, S. 31; vgl. Abb. 9.30) stellen das Vorgehen bei der Investitionsplanung und der Wirtschaftlichkeitsrechnung als eine Interaktion zwischen der realen betrieblichen Sphäre einerseits und der Modellbildung andererseits dar. Zunächst wird das Entscheidungsproblem P der realen betrieblichen Sphäre durch Setzen von Prämissen vereinfacht. Man bildet ein abstraktes Entscheidungsmodell P'. Walz/Gramlich (2011, S. 29 ff.) gehen alsdann davon aus, dass der direkte Lösungsweg des realen und hyperkomplexen Entscheidungsproblems versperrt ist. Als Gründe führen sie die Erhebung von Daten, künftige Umwelteinflüsse (Imponderabilien), Unsicherheiten, Interdependenzen und unklare oder widersprüchliche Zielvorstellungen des Entscheidungsträgers an. Wohl aber ergibt sich ein Lösungsverfahren über die Modellsphäre, wenn ein Algorithmus vorhanden ist. Die Lösung L (P') basiert auf den gesetzten Prämissen und Restriktionen und erlaubt einen Rückschluss auf das reale Entscheidungsproblem L (P). Diese idealtypische Struktur eines Entscheidungsmodells entspricht genau dem Geist der klassischen Investitionstheorie, die ja davon ausgeht, dass Investitionsentscheidungen errechenbar sind und dass nur Algorithmen aus dem Gestrüpp der Widersprüchlichkeiten von Problemstellungen einer Betriebsrealität rational herausführen.
578
Abb. 9.30:
9 Objektorientiertes Controlling
Idealtypische Struktur eines Entscheidungsmodells (nach Walz/Gramlich)
Im Mittelpunkt der Kategorisierungskriterien der betrieblichen Investitionsrechnung steht die Investitionsentscheidung (siehe Abb. 9.31). Hierbei wird zunächst unterschieden, ob einzelne Projekte zu beurteilen sind oder Programmentscheidungen herbeigeführt werden müssen. Die Abgrenzung zwischen Element und Menge ist definitorischer Natur. Eine Menge kann als Element definiert werden und mit ähnlich strukturierten Elementen zu einer neuen Menge zusammengezogen werden. Realinvestitionen beziehen sich auf Sub- oder Teilsysteme des betrieblichen Gesamtsystems, welche im Vorfeld einer wie auch immer gearteten Investitionsrechnung abgegrenzt werden müssen. Aus der Abgrenzung ergibt sich die Ausprägung der Informationsquellen und damit des Inputs der dann durchgeführten Rechnung, die Verfahren als solches bleiben davon unberührt, sie beziehen sich auf Einzel- und Programmentscheidungen gleichermaßen. Das gilt cum grano salis, auch wenn eine Mengenbildung über mehrere Perioden (zeitlicher Bezug) und eine Mengenbildung über mehrere Investitionsobjekte (sachlicher Bezug) bzw. eine Kombination von beiden zu Modellvariationen führen können: Die Prinzipien der Investitionsrechnung und der ergänzenden Verfahren werden dadurch nicht durchbrochen. Eine weitere prinzipielle Differenzierung ergibt sich aus der Annahme einer sicheren bzw. einer unsicheren Erwartung der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben der betrachteten Investitionsperiode. Die statische und dynamische Investitionsrechnung geht zunächst einmal von sicheren Erwartungen aus. Nun ist es aber selbstverständlich, dass in der Zukunft nichts sicher ist. Die sogenannten sicheren Erwartungen werden hypothetisch festgesetzt. Aus diesem Blickwinkel bilden die verrechneten Größen einer Investitionsrechnung nicht nur Annahmen, die zu einem Ergebnis führen, welches für die Investitionsentscheidung hilfreich sein kann, sondern gleichzeitig Prognosen, die als Festsetzung von Sollwerten und Zielerreichungskriterien zu interpretieren sind; nach der Devise: wenn ich diese Ausgaben nicht überschreite und dabei diese Einnahmen erziele, dann errechnet sich dieser interne Zinsfuß. Aus dem Bewusstsein heraus, dass die Investitionsrechnung eine Schlussfolgerung aus wünschenswerten Zielen ist, deren Einhaltung nicht garantiert werden kann, ergeben sich eine Reihe von ergänzenden Verfahren, mit denen der stets gegebenen unsicheren Erwartung
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
579
rechnerisch begegnet wird. Korrektur- und Entscheidungsbaumverfahren bzw. Sensitivitätsoder Risikoanalysen können grundsätzlich für jede Methode der Investitionsrechnung angewendet werden, wobei gewisse Kombinationen sich eher anbieten als andere. Das dritte im Vorfeld zu thematisierende Moment der Entscheidung ist die Art der Formulierung der Investitionskriterien. Die klassische Investitionsrechnung orientiert sich an quantitativen Kriterien, die in monetären Einheiten gemessen werden und somit eine spezifische Qualität aufweisen. Daneben gibt es natürlich noch andere qualitative Kriterien, welche mit einer Realinvestition verfolgt werden können und sich aus den bereits erwähnten Sozial- bzw. Sachzielen ergeben. Die Investitionsrechnung bildet die Produkt- und Personalziele durch ihre Kriterien nicht unmittelbar ab. Unterschiedliche Auffassungen in diesen Bereichen werden bei der Anwendung der Verfahren und Methoden nicht erkennbar. Sie ergeben sich nur mittelbar aus den Quellen des Inputs der Investitionsrechnung.
Abb. 9.31:
Investitionsentscheidung und -rechnung
Die klassische Investitionsrechnung wird in der Literatur traditionellerweise von einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Verfahren begleitet (vgl. Blohm/Lüder 1967, S. 9 f. und Blohm/Lüder 1995, S. 5 ff.). Die Auseinandersetzung mit den Schwachstellen richtet sich insbesondere an die Investitionsdurchführenden. „Das ‚Soll‘ ist von den tatsächlichen Verhältnissen (dem ‚Ist‘) in der Mehrzahl der Betriebe noch recht weit entfernt“ (ebenda Vorwort zur ersten Auflage). Es lassen sich drei Kritikbereiche abgrenzen:
580
9 Objektorientiertes Controlling
Zunächst ist die Investitionsrechnung durch eine verkürzte Modellbildung gekennzeichnet. Modelle der Investitionsrechnung können nur dann in einen Algorithmus überführt werden, wenn Annahmen vorausgesetzt sind, welche in der Realität selten vorkommen. Diese Betrachtungen führen zu einer investitionsrechnungsimmanenten Kritik. Die Investitionsrechnung gründet sich auf ein Paradigma der betrieblichen Entscheidung, bei dem Eingaben gesammelt, verrechnet und einem Ergebnis zugeführt werden, welches eindeutig darüber Auskunft gibt, ob eine Investition vorteilhaft ist oder nicht. Der zweite Kritikansatz richtet sich gegen die Investitionsrechnung als Element in einem linearen Prozess. Jede Investition bewirkt eine Veränderung im Unternehmen und zwar sowohl aus technischer als auch aus sozialer Sicht. Wenn die Variablen und Parameter der Investitionsrechnung den Investitionsprozess abbilden, so verweisen sie auf eine technische und soziale Referenz. Der dritte Kritikbereich richtet sich gegen die Vernachlässigung von ganzen Referenzsegmenten in der Investitionsrechnung.
Jede Investition bewirkt im Unternehmen einen Wandel, der sich primär als technischer, also physischer Wandel und als sozialer Wandel manifestiert. Erst die Auswirkung dieser materiellen Veränderung und des Strukturwandels der sozialen Handlung und des menschlichen Denkens der betrieblichen Mitglieder bewirkt eine Veränderung der monetären Ein- und Ausgänge. Versucht man nun die Investition in ihrem zeitlichen Prozesskontext zu gestalten, so gilt es, die Ausprägung der technischen und der sozialen Dimension zu definieren. Hierbei werden zwei unterschiedliche Handlungssphären berührt. Zum einen gilt es, die innerbetriebliche, also die endogene Handlungssphäre sowohl in ihrer technischen als auch in ihrer sozialen Komponente zu bestimmen. Dabei ist der Handlungsspielraum beachtlich, verfügt man doch im Rahmen der Gesetzgebung und der Normbildung über Weisungsbefugnisse innerhalb des Unternehmens. Die zweite Aktivitätsentfaltung bezieht sich auf die exogene Handlungssphäre außerhalb des Betriebes. Hier sind die Handlungsmöglichkeiten beschränkter, da die technischen und sozialen Veränderungen außerhalb des Unternehmens nicht angewiesen werden können, sondern auf der Akzeptanz der Einzelpersonen und Gruppierungen des betrieblichen Umsystems beruhen. In der Investitionsdetaillierung ergeben sich sonst vier Quadranten, die inhaltlich ausgefüllt werden müssen. Der technische Wandel wird auf endogener Seite durch die Veränderung der Produktion determiniert, und diese äußert sich in neuen Produktionsanlagen und neuen Produktionsprozessen. Der exogene technische Anteil ergibt sich aus der Veränderung der betrieblichen Leistung, welche sich in einem neuen Produktabsatz manifestiert. Die Veränderung der Produktion ist nur interaktiv mit dem Wandel des Verhaltens der Betriebsangehörigen zu gestalten, also mit der Entwicklung von neuen Ablauf- und Aufbauorganisationen. Das Gleiche gilt auch für die Veränderung der betrieblichen Leistung. Auch hier ergibt sich das soziale Korrelat in der exogenen Handlungssphäre: die Veränderung des Marktes, welche sich in der Ausbildung neuer Kundenerwartungen und natürlich auch in der Manifestation von neuen Konkurrenzreaktionen zeigt. Die Ausbildung der Handlungsstrategien konkreti-
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
581
siert sich im Laufe des Investitionsprozesses in allen vier Quadranten und zwar sowohl simultan als auch sukzessive (vgl. Abb. 9.32).
Abb. 9.32:
Investition und Wandel
Betrachtet man nun die Abbildungsqualität der Investitionsrechnung, bezogen auf die vier Quadranten, so werden monetäre Aspekte der Produktionsanlage durch die Investitionsausgaben (I0) reflektiert. Die neuen Produktionsprozesse manifestieren sich in der Ausgabenstruktur (at) und dem entsprechenden Produktionsabsatz in der Einnahmenverteilung (et). Die restlichen Momente werden jedoch nicht thematisiert, und daraus lassen sich Schlüsse ziehen. Die technische Dimension wird ebenso bevorzugt abgebildet wie die endogene Handlungssphäre. Hingegen werden die Probleme der exogenen Seite nur in der Einnahmeverteilung widergespiegelt. Das Vorgehen wird verständlich, wenn man die zeitliche Sicht der Entstehung und Verbreitung der Verfahren der klassischen Investitionsrechnung betrachtet. Zu der Zeit galten die Bedingungen eines Verkäufermarktes. Das primäre Problem war die Produktion zu gewährleisten, und erst in zweiter Linie wurde der Absatz operationalisiert.
582
9 Objektorientiertes Controlling
Einem Käufermarkt mit dem Engpassfaktor Markt werden die Modelle der klassischen Investitionsrechnung nur bedingt gerecht. Das größte Defizit weist die klassische Investitionsrechnung jedoch durch die Vernachlässigung der sozialen Komponente auf. Die entwickelten Modelle verweisen weder auf die Entscheidungsträger noch auf die Betroffenen des durch die Investitionen bedingten Wandels. Die Veränderung von Organisation und Ablauf wird in keiner Weise abgebildet. Es wird so getan, als ob die Investitionsrechnung zu einem objektiven Ergebnis führt. Das ist aber nicht der Fall. Die Eingabeparameter sind sozialbedingte Größen, welche von individuellen Einschätzungen abhängen. Der Einsatz von Controllinginstrumenten kann diese Schwachstelle insofern kompensieren, als hier personengebundene Einschätzungen und Vorgaben eingebracht werden, um Investitionen zu planen und umzusetzen. Mithilfe des Investitions-Controllings können innerbetriebliche Regelungs- und Steuerungsstrukturen etabliert werden, die in einer gesamtbetrieblichen mittelfristigen Planung eingebunden sind. Die Aussagen einer solchen Systematik beruhen auf der Verantwortlichkeit ihrer Urheber. Im Regelkreis wird nicht nur die technische Komponente überprüft, sondern auch die soziale Kompetenz der Verantwortlichen. Es zeigt sich gleichermaßen, ob sie das Unternehmen und den Markt richtig einschätzen.
9.2.2
Investitionsprozess
Die Investitionsrechnung hat ihre Grenzen. Mithilfe des Investitions-Controllings lassen sich jedoch Verfahren aufzeigen, welche die Unzulänglichkeiten der Investitionsrechnung zwar nicht aufheben, aber Möglichkeiten bereitstellen, damit umzugehen. Hierzu ist der Investitionsprozess in seinen Individualstrukturen abzubilden, als multipersoneller betrieblicher Prozess zu interpretieren und im gesellschaftlichen Kontext des Unternehmens zu reflektieren. Die Prozessorientierung verursacht in der Betriebswirtschaftslehre im Sinne Kuhns (1962) einen Paradigmenwechsel, der nicht nur zur Etablierung einer neuen Begrifflichkeit führt, sondern auch die Belange von Organisation und Management neu definiert. Ein wesentliches Kriterium ist hierbei die Trennung zwischen dem Inhalt des Prozesses, also der Handlungsrichtung, auf die der Prozess verweist, und der Art und Weise, wie der Prozess durchgeführt wird. Der Nobelpreisträger für Ökonomie von 1978 Herbert A. Simon (1990, S. 22 f.) benennt in seiner „Wissenschaft vom Künstlichen“ hierfür zwei Formen der Rationalität: Die subjektive Rationalität ergibt sich aus der Bedingtheit einer Anpassung intelligenter Systeme an ihre äußere Umgebung; die prozessuale Rationalität umschreibt die Struktur des geeigneten adoptiven Verhaltens. Bekannter als die Theoriebildung von Simon, auf die noch zurückzukommen sein wird, ist das geradezu modische Begriffspaar der Strategie und der Operation. „Etymologisch geht der Begriff ‚Strategie‘ auf die griechischen Wörter ‚strates‘ (= Herr) und ‚agein‘ (= führen) zurück und bedeutet ‚Kunst der Heerführung, Feldherrenkunst‘, aber auch ‚geschickte Kampfhandlung‘“ (Brauchlin/Wehrli 1991, S. 4). Im wirtschaftlichen Sprachgebrauch werden unter dem Begriff Strategisches Management all jene Handlungsaspekte zusammengezogen, welche für das Unternehmen richtungsweisend sind. Die althergebrachten Ausdrücke der „Unternehmensgrundsätze“, des „Business Dating“ und der „Langfristplanung“ (ebenda) münden in die Kategorie der strategischen Dimension einer prozessorientierten Denkweise. Die Unternehmensstrategie legt eine Route als Hauptorien-
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
583
tierungsgrundlage des unternehmerischen Handelns fest. Sie gibt somit vor, innerhalb von welchem Strategietunnel oder Strategiekanal operative Einzelmaßnahmen durchzuführen sind, um von einem gegebenen Ausgangspunkt zu einem „Zielhof“ (vgl. Becker 2009, S. 146 f.) zu gelangen (siehe Abb. 9.33).
Abb. 9.33:
Strategie und Operation
Investitionen sind strategische Prozesse. Im Gegensatz zu den Aufwendungen und zum Umlaufvermögen binden die Objekte des Anlagevermögens zumindest mittelfristig, in der Regel jedoch langfristig Kapital. Somit verkörpern die Investitionsobjekte den Planungsgegenstand und die investierte Anlage das Ergebnis eines Investitionsprozesses als ein Element der langfristigen Planung, das die Unternehmenspolitik physisch symbolisiert. Die Strategiediskussion dehnt jedoch den Handlungsbereich der richtungsweisenden betrieblichen Aktivitäten aus. Die Orientierung der Investitionsrechnung auf die Analyse der Zahlungsströme verweist in der Modellbildung auf die Betrachtung von spezifischen Geschäftsbereichen. Brauchlin/Wehrli (1991, S. 5; vgl. Abb. 9.34) fassen den inhaltlichen Bezugsbereich von Strategien weiter. Zunächst einmal stellen sie neben die operationale Einheit die Gesamtunternehmung als mögliches Bezugsobjekt einer Strategie. Der Gestaltungsgegenstand kann das Managementsystem, die Marktleistung, die Betriebsmittel, aber auch die Funktion seiner Mitarbeiter oder das weitere Umfeld jeweils als Ganzes oder in einer spezifischen Funktion sein. Die strategische Dimension und die enge Verknüpfung von Strategie und Operationalisierung verlagern den Diskussionsschwerpunkt des Investitionsprozesses von der Ergebnisbetrachtung und deren finanzieller Implementierung auf eine komplexere Systembetrachtung im sozialen Handlungskontext. Aufgrund der ausdifferenzierten Mitbestimmungsregularien im Unternehmen selbst und der schmaleren Handlungsbasis durch engere Märkte müssen Investitionen anders geplant und durchgeführt werden. Brauchlin/Wehrli (1991, S. 9) schreiben zu den endogenen Restriktionen: „In den Anfängen der modernen Wirtschaft war die Entwicklung und Realisierung dessen, was man heute als Unternehmensstrategie bezeichnet, eine wesentliche Angelegenheit des Unternehmens. […] Der gesamte Prozess der StrategieEntwicklung und Realisierung ist anspruchsvoller und differenzierter geworden. Aus diesem Grunde wird er im Regelfall von ganzen Managerteams getragen. Auch die Bedeutung der
584
9 Objektorientiertes Controlling
Mitarbeiter als strategische Ressourcenkategorie wird heute erkannt. Ferner sind immer mehr Unternehmungen dazu übergegangen, ihre Strategie schriftlich niederzulegen und zu dokumentieren (Führungsinstrumente).“
Abb. 9.34:
Inhaltliche Bezugsbereiche von Strategien (nach Brauchlin/Wehrli)
Simon (1990, S. 36) verweist auf die Interdependenz zwischen den endogenen und exogenen Strukturen. „Insofern gibt es mindestens zwei verschiedene Mechanismen zur Verteilung der Berechnungsfunktionen über ein soziales System, den Marktmechanismus und den Mechanismus der Hierarchien.“ Die modellhafte Abbildung von investitionsspezifischen Einzahlungen und Auszahlungen oder Einnahmen und Ausgaben bzw. Erträgen und Aufwendungen reicht nicht mehr aus, um Investitionsentscheidungen zu begründen und durchzuführen. Es gilt, einen erweiterten Begründungskontext zu schaffen, welcher in der Lage ist, sowohl die Restriktionen aller mit einer Investition verbundenen Handlungen aufzuzeigen als auch den operativen Maßnahmenkatalog zu vervollständigen. Vier Bereiche determinieren den Investitionsprozess (siehe hierzu ausführlich Jaspersen 1997, S. 124 ff.):
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
585
das individuelle Verhalten im Unternehmen, die innerbetrieblichen Interdependenzen, die überbetrieblichen Strukturen und der historische Kontext.
Das individuelle Verhalten wird im Rahmen der Investitionsentscheidung selten als erwähnenswert gesehen. Warum auch, das Menschenbild in der klassischen Betriebswirtschaftslehre ist eindeutig: „Ökonomie als Wissenschaft feiert die menschliche Rationalität in allen Formen ihres Auftretens im menschlichen Verhalten und in den Operationen der menschlichen Gesellschaft“ (Simon 1990, S. 44). Aber gerade der Investitionsprozess innerhalb der unternehmerischen Strategiefindung verweist auf Aspekte des menschlichen Verhaltens, die sich alleine mit den Konstrukten der Rationalität nicht mehr greifen lassen. Zur Definition der leitenden Zielbildung werden Begrifflichkeiten wie Unternehmerische Vision (Meyer/Mattmüller 1993, S. 16 ff.) verwendet, als unscharfe Termini, welche auf assoziative Kreativität und emotionale Gebundenheit verweisen. Man nimmt einen gewissen Abstand von dem „Homo oeconomicus“ (Dahrendorf 1961, S. 201 ff.) der Investitionsrechnung der klassischen Betriebswirtschaftslehre, den Simon wie folgt umschreibt: „In Wirklichkeit malen die Wirtschaftswissenschaften ein romantisches, ja beinahe heroisches Bild des menschlichen Geistes. Die klassischen Wirtschaftswissenschaften beschreiben die Menschheit, Individuen und Kollektive, als fähig zur Lösung äußerst komplexer Probleme der optimalen Güterverteilung. Die Kunstmittel des Wirtschaftssubjekts befähigen ihn zur bestmöglichen Anpassung seiner Wünsche und Bedürfnisse an seine Umgebung“ (Simon 1990, S. 44 f.). Simon verweist in seinen weiteren Ausführungen auf die Beschränktheit der menschlichen Rationalität und ihrer Bedeutung in Situationen, „in denen die Komplexität der Umgebung um vieles größer ist als die Berechnungskapazität des adaptiven Systems“ (ebenda S. 142). Investitionen verändern langfristig das Handlungsrepertoire des betroffenen Unternehmens. Es sind Entscheidungen von großer Komplexität, welche unter unsicheren Gegebenheiten gefällt werden. Sie leiten Wandlungsprozesse ein, die das zukünftige menschliche Verhalten der Betriebsangehörigen modifizieren. Daher muss während des Investitionsprozesses sowohl das gewählte abstrakte Menschenbild problematisiert als auch konkret die individuelle Entwicklung der beteiligten Personen geplant werden. Zu keinem Zeitpunkt des Investitionsprozesses kann die modellhafte Abbildung der Entscheidungssituation aus ihrem sozialen Kontext herausgehoben werden. Es sind stets die betroffenen Entscheidungsträger und die operativen Funktionsträger, welche die Modelle in ihren Köpfen ausbilden und mit Daten füttern. Die modellhafte Abstraktion ist immer gepaart mit den individuellen Handlungsinteressen, und diese sind wiederum verwoben in dem sozialen Netz der betrieblichen Hierarchie. Investitionen sind somit ein Ausdruck der hierarchischen Entwicklung. Investitionsprozesse werden dementsprechend nicht nur von den Machtstrukturen einer Unternehmung gelenkt (vgl. Küpper/Ortmann 1988, S. 7 ff.), sondern treiben den Wandlungsprozess innerhalb der Machtentfaltung selbst voran. Formale und informale Organisationen bilden ein betriebliches Korsett, innerhalb dessen sich ein Unternehmen entwickeln kann. Die Route des Investitionsprozesses lässt sich nicht nach Belieben durch die Definition eines Zielhofes bestimmen, sondern sie ist bereits im Vorfeld gebahnt durch die Flexibilität der handelnden sozialen Struktur. Die fehlende Operationalisierung der sozia-
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9 Objektorientiertes Controlling
len Komponente einer Investition führt häufig zum Misslingen des gesamten Vorhabens und des damit eingeleiteten betrieblichen Anpassungs- und Wandlungsprozesses. Neben den endogenen Faktoren der betrieblichen Gegebenheiten wirken auf das Unternehmen exogene Faktoren durch das überbetriebliche Umsystem. Die Wirkungskraft kann so stark sein, dass sich strategische Zwänge ergeben, die sich in Investitionsvorhaben niederschlagen. Das Marktgeschehen befindet sich in einem stetigen Spannungsfeld, in dem die Marktteilnehmer teilweise einen intrinsisch motivierten Bewegungsdrang entfalten, teilweise aber auch durch die Bewegungen anderer geschoben und gezogen werden. „Auf einer globalen Skala sind Märkte und hierarchische Organisationen soziale Entwürfe zur Vereinfachung koordinierten Verhaltens, die zugleich die kritischen knappen Ressourcen der menschlichen Fähigkeit konservieren, mit Komplexität und großen Mengen von Informationen fertig zu werden“ (Simon 1990, S. 45). Es sind aber auch nur vereinfachte Entwürfe, welche die Realität nur unzureichend wiedergeben und von dynamischen Teilnehmern auch nur so lange respektiert und verfolgt werden, wie es ihnen mehr Vorteile verschafft, als ihnen Nachteile entstehen, wenn sie sich nicht entwurfskonform verhalten (vgl. North 1988, S. 143 ff.). Porter (1992, S. 26 ff.; vgl. Abb. 9.35) kategorisiert das Machtgeschehen durch die Dynamik von fünf Subsystemen: die gegeneinander konkurrierenden Wettbewerber, die um den gemeinsamen Gesamtgewinn sich streitenden Lieferanten und Abnehmer, die Marktinnovatoren mit Ersatzprodukten und schließlich neue potente Anbieter mit dem Ansinnen, das Profit- und Machtgefüge zu ihren Gunsten zu verändern. Aus der Sicht des investierenden Unternehmens ergibt sich somit stets die Notwendigkeit, das Verhalten anzupassen, um den Weiterbestand zu gewährleisten. Dies bezieht sich auf die Veränderung der angebotenen Leistung oder aber der angesprochenen Kundschaft. Das bisherige Programm kann durch Produktinnovationen in Form der Programmdifferenzierung oder der Diversifikation modifiziert werden. Beide Entwicklungsmöglichkeiten bedingen ebenso eine Änderung des Anlagenbestandes und der korrespondierenden Aufbau- und Ablauforganisation wie die Sortenreduktion oder die Spezialisierung im Rahmen der Produkteliminierung. Auch hier entstehen Investitionsaufwendungen, die prozessual zu planen sind. Das Gleiche gilt für eine Variation der Zulieferer und Abnehmermärkte (vgl. hierzu Ansoff 1957, S. 113 ff.). Neue Kunden müssen durch Werbemaßnahmen gewonnen und gehalten werden; Vertriebsstrukturen mit ihren Lager- und Transporteinrichtungen sowie ihren personellen Organisationen sind aufzubauen. Dabei stellt eine laterale, eine horizontale oder eine vertikale Marktdiversifikation ebenso ein Investitionsprojekt dar wie eine Desinvestition durch eine Marktproduktion oder eine Marktspezialisierung. Investitionsprozesse wirken sich auf das individuelle Verhalten der betroffenen Leistungsund Funktionsträger aus, die wiederum im Kontext der sozialen Hierarchie sowie des machtstrukturellen Unternehmertums eingebunden sind und durch das Umsystem der anderen Marktteilnehmer beeinflusst werden. Trotz der Dynamik auf jeder Ebene und der stetigen Anpassungsleistung von Individuen, hierarchischen Organisationen und Märkten an veränderte Zustände hat das Gesamtsystem eine gewisse soziale Permanenz. Die Spieler sind bekannt, die Regeln sind sozial eingeschliffen und werden nur vereinzelt (fast vorauskalkulierbar) übertreten.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
Abb. 9.35:
587
Elemente der Branchenstruktur (nach Porter)
Das Wandlungsrepertoire beruht auf einem gewissen Erfahrungsschatz der einzelnen Teilnehmer; es entwickelt sich eine Branchentradition mit ihren entsprechenden Institutionalisierungen in öffentlicher und privater Hand. Diese Idylle für prognosebasierte Optimierungsverfahren erfährt einen Einbruch ihrer Kontinuität durch den historischen Wandel. Bezogen auf einen betrieblichen Investitionsprozess darf die historische Einbettung nicht global erfolgen.
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9 Objektorientiertes Controlling
Es ist sinnvoll zwischen zwei historischen Strängen zu unterscheiden, nämlich dem des betrachteten Unternehmens und dem des ungebundenen gesellschaftlichen Systems. Letzterer ist auch nur von Interesse, wenn sich hieraus Tendenzen ergeben, die das Unternehmen unmittelbar betreffen. Ein Führungswechsel im Unternehmen, bedingt durch den Antritt einer neuen Eigentümergeneration oder durch den Verkauf eines Betriebes, kann ebenso zu einer Machtveränderung und damit zu einem Wechsel der bis dahin gültigen Verhaltensparadigmen führen wie ein politischer Umbruch oder ein technologischer Wandel, der die angebotene Leistung obsolet werden lässt. Es sind Krisensituationen, die einen stürmischen Wandel der Aufbau- und Ablauforganisation bedingen und von einem Investitionsschub mit eigenen Regeln begleitet werden. Brauchlin/Wehrli (1991, S. 189 ff.; vgl. Abb. 9.36) beschreiben diesen exogen bestimmten Prozess in Anlehnung an Hofer (1980) und Bibeault (1982) als Turn-around. Es gilt in allererster Linie, die verkarsteten und damit bewegungsunfähigen Strukturen zu substituieren, um sich damit eine neue Basis der Handlungsfähigkeit zu schaffen. Bei diesem Crash-Programm wird in- und desinvestiert, um eine Restrukturierung einzuleiten, welche eine strategische Neupositionierung zulässt.
Abb. 9.36:
Dreigliedriger Prozess des Turn-around (nach Brauchlin/Wehrli)
Die Betrachtungsweise der betrieblichen Investition als Prozess setzt beim Wirtschaftswissenschaftler ein anderes Selbstverständnis seiner Rolle voraus. Bei der Investitionsrechnung steht das Moment der Entscheidung im Vordergrund. Der prozessorientierte Betriebswirt befasst sich, wie Simon (1990, S. 95) es fordert, im Kern seiner beruflichen Ausbildung vor allem mit dem Prozess des Entwurfes: „Ingenieure sind nicht die einzigen professionellen Designer. Jeder ist ein Designer, der Abläufe ersinnt, um bestehende Situationen in erwünschte zu verwandeln.“ Und genau das ist die Zielsetzung der Investition. Es gilt, Entwürfe, d. h. Visionen mit einer substanziellen Rationalität, zu produzieren und einen Strategietunnel mit einer prozessualen Rationalität zu definieren, in dem die Route der operativen Einzelschritte gebahnt ist, um das Betriebssystem lebensfähig zu erhalten, indem es an die sich wandelnden Kraftstrukturen des Umsystems angepasst wird.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
589
Der Prozessgedanke ist in der Betriebswirtschaftslehre nicht neu, er hat sich jedoch in seiner Konnotation verändert. Bereits zu Beginn der 70’er-Jahre etablierte Heinen (1971, S. 27) das bereits angesprochene allgemeine betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodell mit den folgenden Handlungsabschnitten:
der Anregungsphase, zum Erkennen und Klarstellen des Problems, der Suchphase, mit der Festlegung von Kriterien der Suche nach Alternativen sowie der Beschreibung und Bewertung ihrer Konsequenzen, der Optimierung als Entscheidungsphase, also der Bestimmung der günstigsten Alternative und schließlich der Durchsetzungs- und Kontrollphase mit der Verwirklichung und Kontrolle der Ausführung.
Dieses von dem Gedanken der kybernetischen Regelungstechnik geprägte Modell wurde in der Investitionsliteratur vielfach transponiert und hat weiterhin in der Lehre Bestand. Olfert/Reichel (2009, S. 61; vgl. Abb. 9.37) stufen die erste Phase in Anregung der Investition und Problembeschreibung ein. Die Suchphase enthält nach ihren Ausführungen die Festlegung der Bewertungs- und Begrenzungskriterien sowie die Ermittlung von Investitionsalternativen. In der Entscheidungsphase erfolgen die Vorauswahl, die Bewertung und die Bestimmung der vorteilhaftesten Investitionsalternativen. In der abschließenden Kontrollphase wird nach der Umsetzung ein Soll-Ist-Vergleich mit entsprechender Abweichungsanalyse durchgeführt. Mit diesem Rezept können in der Theorie Investitionsprozesse rational und störungsfrei durchgeführt werden. Anhand von Investitionsrechnungen wird jeweils die optimale Alternative bestimmt und erfolgreich umgesetzt. Verfolgt man Investitionsaktivitäten in der Praxis, so zeigt sich in der Regel ein diffuses, ja teilweise ungeordnetes Bild. Auch Olfert/Reichel (ebenda S. 102 ff. und 127 f.; vgl. Abb. 9.38) verweisen auf die Interdependenz der unterschiedlichen Planungs- und Handlungsaktivitäten im Unternehmen und der dadurch resultierenden konkurrierenden Situation eigener Investitionsvorhaben. Da aus ihrer Sicht die Kapitaldeckung normalerweise einen Engpass im Unternehmen darstellt, unterteilen sie den Investitionsbedarf einer Periode in notwendige und erwünschte Projekte, welche in einem vorläufigen Investitionsplan anhand der Finanzierungsmöglichkeiten zur Abstimmung gebracht werden. Die realisierbaren Investitionen bilden den endgültigen Investitionsplan und damit das Investitionsprogramm der betrachteten Planungsperiode. Auch diese zusätzlichen ordnenden Kriterien schaffen es nicht, die Ablaufstruktur realer Investitionsprogramme in der Praxis abzubilden. Die entscheidungsorientierte Modellbildung stellt den Investitionsprozess im Sinne von Max Weber (1972, S. 2 ff.) idealtypisch dar. Die Phasen dienen den Handlungsträgern als normatives Gerüst, auf das sie sich im Laufe des Prozesses immer wieder besinnen können, um sich in ihrem Handeln zu orientieren. Die endogene Betriebswelt und das exogene Umsystem halten jedoch so viele kleine und große Sachzwänge bereit, die täglich auf die vielfältigen Aktivitäten der beteiligten Personen einwirken, dass sich ein Phasenmodell nachträglich im Ablauf eines realen Investitionsprozesses kaum noch nachvollziehen lässt. Manche Investitionsvorhaben müssen sofort umgesetzt werden, sei es, weil sie auf nicht wiederkehrenden Gelegenheiten beruhen, oder weil ein
590
9 Objektorientiertes Controlling
markanter Einschnitt, bspw. ein Brand, sie notwendig werden lässt. Manche Investitionsprojekte existieren über Jahre als Planungsvorhaben, andere wiederum werden nach adäquater Zeit positiv entschieden und dann in der Durchführung so lange verzögert, bis sie durch verschiedene, neu aufkommende Sachzwänge vollkommen modifiziert werden müssen.
Abb. 9.37:
Phasen des Investitionsprozesses (nach Olfert/Reichel)
Das hier vertretene Dreiphasenmodell des Investitionsprozesses bedient sich ähnlicher Begrifflichkeiten wie die vorangestellte Modellbildung, ordnet sie jedoch in einem anderen Kontext. Bei der Phasenbeschreibung orientieren wir uns nicht an einem Modell, welches angibt, wie ein Investitionsprozess durchgeführt werden sollte, sondern an Strukturkriterien der Investitionshandlung selbst. Zunächst einmal wird grundsätzlich unterschieden zwischen dem Zustand, in dem eine betriebliche Innovation aufgebaut wird, und der Zeitspanne danach, in der diese Innovation in die betriebliche Routine übergeht, um den eigentlichen Betriebszweck zu erfüllen, nämlich eine von der Gesellschaft akzeptierte und somit gewünschte Leistung zu erbringen (vgl. Jaspersen 1995, S. 3 ff.). Wird bspw. in einem Unternehmen eine neue Produktionsstätte errichtet, so stellt diese Investition so lange eine betriebliche Innovation dar, wie noch Maßnahmen durchzuführen sind, welche für ihre Einsatzbereitschaft unabdingbar sind. Mit dem Beginn der Produktion und damit der Erstellung einer zusätzlichen betrieblichen Leistung sowie dem Absatz derselben, wird die Investition zu einem Element der betrieblichen Routine.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
Abb. 9.38:
591
Anpassung des Investitionsplanes (nach Olfert/Reichel)
In den Arbeitskategorien des Rechnungswesens erfolgt bis zu dem Wandlungspunkt eine Aktivierung der Ausgaben auf einem spezifischen transitorischen Konto und wird alsdann auf das nach der Investition benannte Anlagekonto als Aktivseitentausch umgebucht. Ab dann beginnt die Abschreibungsperiode. Die Zeitspanne der Investitionserrichtung kann wiederum unterteilt werden durch den Punkt ohne Wiederkehr, den „Point of no return“. Bis zu diesem Zeitpunkt existiert die Investition hauptsächlich als Handlungsentwurf, was nicht bedeutet, dass bereits eine Vielzahl von Aktivitäten mit konkreten physischen Konsequenzen vollzogen wird. Bspw. kann für die geplante Produktionsstätte bereits eine Modellanlage installiert und dennoch entschieden werden, das Investitionsvorhaben zu kippen. Ab einem gewissen Punkt entstehen jedoch für ein Unternehmen Austrittsbarrieren in Bezug auf das Investitionsprojekt. Dadurch bildet die Investition selbst Sachzwänge: Das Unternehmen befindet sich in der Phase der Investition als Entwurfsumsetzung. Die Dauer der ersten Phase ist offen. Auf volkswirtschaftlicher Ebene können Handlungsentwürfe Jahrhunderte überstehen. Bereits Karl der Große plante einen Rhein-Donau-Kanal (erwähnt in Einhard (770 – 840): Vita Caroli Magni; vgl. Bullough 1979, S. 16 f., S. 215 ff.), bevor ihn F. J. Strauß politisch durchsetzte. Und auch in traditionsreichen Unternehmen keimen Strategien samt ihren Investitionskonsequenzen häufig lange (vgl. Abb. 9.39).
592
9 Objektorientiertes Controlling
Abb. 9.39:
Dreiphasenmodell des Investitionsprozesses
Entsprechend dieser Kategorisierung benennen sich die drei Phasen des Investitionsprozesses wie folgt:
die Investitionsplanung und -entscheidung, in der ein abgegrenztes betriebliches Handlungsmuster so weit physisch zu operationalisieren und als Kognition im Bewusstsein der Handlungsträger festgesetzt ist, dass eine eigendynamische Umsetzung initiiert wird, die Investitionsumsetzung als physische und soziale Realisierung der intendierten Handlungsmuster mit dem Ziel, das betriebliche Leistungsangebot zu verändern und die Investitionsevaluation als Referenz für zukünftige Veränderungen.
Umreißt man den Investitionsprozess mit den Begriffen der Strategie und Operationalisierung, so ist die Phase I vom Moment der Strategie bestimmt. In der Phase II wird die Strategie operationalisiert. Insofern enthält die Investition als betriebliche Innovation sowohl einen strategischen als auch einen spezifischen operativen Aspekt. In der dritten Phase mündet die Investition als Ergebnis in den allgemeinen operativen Handlungskanon des Unternehmens (siehe hierzu Jaspersen 1997, S. 109 ff.).
9.2.3
Endogene und exogene Basisdaten
Der Investitionsprozess durchläuft drei Phasen (vgl. Abschnitt 9.2.2). In der ersten Phase wird die Investition als Handlungsentwurf definiert. Im zweiten Abschnitt wird der Entwurf umgesetzt, und in der dritten Phase wird die Investition als Moment der betrieblichen Routine in das Gesamtgeschehen des Unternehmens eingebettet. Entsprechend diesen Phasen werden unterschiedliche Controllinginstrumente eingesetzt. Im ersten Handlungsabschnitt ist die Investition im strategischen Controlling integriert. Es wird ein langfristiger Zukunftsentwurf des Unternehmens erstellt, bei dem der veränderte Anlagebestand eine Schlüsselfunktion einnimmt. Das strategische Controlling bildet das gedankliche Umsystem des Investitions-Controllings. Die physische Umsetzung der Investition, also die Etablierung des realen Basissystems, ist ein einzigartiger Handlungsabschnitt. Es gehört nicht zu den regelmäßigen Tätigkeiten eines Unternehmens, neue Produktions- und Absatzbedingungen aufzubauen. Hierbei wird ein Instrument eingesetzt, das diesem Unikatscharakter entspricht: das ProjektControlling (vgl. Abschnitt 11.2.3). In der dritten Phase schließlich diffundiert die strategi-
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
593
sche Planung in das operative Controlling. Eine Überprüfung der realen Leistungsfähigkeit einer Investition kann nur im Rahmen der Bewältigung ihrer Alltagserscheinungen erfolgen. Dem objektorientierten Controlling liegt das Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung zugrunde (vgl. Abschnitt 9.1) und wird gleichsam als strategische wie auch operative Struktur behandelt. Strategische Investitionskalkulationen weisen im objektorientierten Controllingsystem einen längeren Planungshorizont auf als operative Handlungsentwürfe. Es sind den planerischen Sollwerten, nach durchlaufener Realzeit, Istwerte gegenüberzustellen. Die Istwerte werden im Rahmen der Finanzbuchhaltung registriert und in der Betriebsbuchhaltung hinsichtlich ihrer betrieblichen Leistungen und Kosten bewertet (vgl. Kapitel 7). Die Istwerte stellen die endogenen Basiswerte im objektorientierten Controlling dar. Da die gesamtbetriebliche Planbilanz und Plan-GuV in den Eckwerten mit den intendierten Ergebnissen der Buchhaltung übereinstimmen sollen, ist es selbstverständlich, dass die Buchung auf Kontoebene die kleinste Erfassungsmenge ist, welche in dem Planungssystem verarbeitet wird. Die Begrifflichkeit des buchhalterischen Kontenrahmens muss daher voll kompatibel mit dem Begriffssystem des Planungsverfahrens sein. Je weiter das Planungssystem nach unten hierarchisiert wird, umso höher muss die Erfassung einer betrieblichen Buchung ausdifferenziert werden, um eindeutig einem Sollwert der Planung zugeordnet werden zu können. Da mit der Planung auch die Objektverantwortlichkeit, sowohl für die Betriebsmittel als auch für die Erzeugnisse, auf die jeweiligen Operationseinheiten gelegt wird, verdichtet sich die Interdependenz zwischen der Wertzuweisung in der Buchhaltung und der eigentlichen Konsumtion bzw. Wertgenerierung im Betriebsprozess. Werden Investitionen in so einem Informationssystem geplant, so kann stets ihre Auswirkung auf das Gesamtunternehmen evaluiert werden. Bei der Entwicklung neuer betrieblicher Leistungen und der entsprechenden organisatorischen und technischen Anpassung von Investitionen können strukturelle Änderungen notwendig werden, die mit empirischen, aus der Erfahrung gewonnenen Angaben der Finanzund Betriebsbuchhaltung nicht hinreichend exakt mit prognostischen Werten versehen werden können. Die Verfahren der Kostenträgerrechnung leben in ihrer Begrifflichkeit von dem Bezug zur Gewinn- und Verlustrechnung. Werden jedoch Produktinnovationen intendiert, die sich sowohl im Anlage- als auch im Umlaufvermögen der Betriebsbilanz niederschlagen, so müssen Berechnungen angestellt werden, die auf ein erweitertes Instrumentarium zurückgreifen, um in Gänze die betriebliche Erneuerung darzustellen. Erst hiermit kann dann eine Entscheidungsgrundlage etabliert werden, die es ermöglicht, über die wirtschaftliche Konsequenz der praktischen Umsetzung der Ergebnisse aus einem Investitionsprozessvorhaben zu urteilen (vgl. hierzu Jaspersen 1994, S. 163 ff.). Die Einbeziehung exogener Informationen gewinnt bei der Modellierung der monetären Bewegungen von Investitionen zunehmend an Bedeutung. Selbstverständlich sind Investitionsentscheidungen singuläre Prozesse, die zu ausführlichen Recherchen außerhalb des betrieblichen Rechnungswesens und Controllings führen. Es werden neue Produktions- und Absatzsituationen intendiert, welche in ihrer Beschaffenheit nur durch zusätzliche, außerhalb des Unternehmens beschaffte Informationen determiniert werden können. Aber die Form der Informationsbeschaffung befindet sich im Wandel. Bedingt durch die Veränderung der allgemeinen Informationsverarbeitung im Unternehmen wird von einer sequenziellen zu einer kontinuierlichen Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen übergegangen (vgl. Kneschaurek 1996, S. 6; siehe Abb. 9.40).
594
9 Objektorientiertes Controlling
Die Planung, Ermittlung und Regelung bei Produktion und Absatz erfolgen im Unternehmen dezentral über Computer im lokalen Netzwerk (LAN: Local Area Network). Verbundene Unternehmen koordinieren ihre Interaktionen mittels überbetrieblicher Netzwerke (WAN: Wide Area Network). Für die Organisation, Planung und Abwicklung von Investitionsentscheidungen können relevante Datensätze laufend gesammelt, verarbeitet und nach formalen Kriterien gegliedert werden. Die Datensätze stehen online bereit (vgl. Kapitel 3.2 und 6). Der Vorteil kontinuierlich gesammelter Informationen besteht nicht in ihrer Aktualität. Die Ermittlung von volkswirtschaftlichen Daten und branchenspezifischen Produktangaben erfolgt durch die systematische Sammlung und Verrechnung von Informationen aus einer Vielzahl von Quellen. Das beansprucht Zeit. Es ist dementsprechend davon auszugehen, dass die bereitgestellten Informationen sich auf Datensätze beziehen, die zum Zeitpunkt ihrer Verfügbarkeit bereits Vergangenheit sind und nicht die Aktualität der betriebsinternen Istwerte aufweisen.
Abb. 9.40:
Sequentielle und permanente Bereitstellung von Informationen (nach Kneschaurek)
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
Abb. 9.41:
595
Zeitversetzte exogene Information (nach Kneschaurek)
Bei der Modellierung der Entscheidungsmodelle im Rahmen des Investitionsprozesses müssen die Datenbestände aufeinander bezogen werden. Das bedeutet, dass die relevanten exogenen Informationen über geschätzte Werte zu aktualisieren sind (vgl. Kneschaurek 1996, S. 11; siehe Abb. 9.41).
596
9 Objektorientiertes Controlling
Im Rahmen von Investitionen können veröffentlichte Informationen aus dem Internet aufgerufen und ausgewertet werden. Spezialisierte Unternehmen, deren Dienstleistung zusätzlich zu konsultieren ist, ermitteln problemorientiert Informationen. Es ist für ein Unternehmen zu teuer, spezifische Datenbestände selbst zu erheben und auszuwerten, zumal das Dienstleistungspotenzial der darauf spezialisierten Dienstleister ständig steigt. Ihre ermittelten Kennwerte werden aktueller, detaillierter, prozessorientiert und daher den endogenen Datenbeständen des Rechnungswesens immer ähnlicher. Wendet man sich von der Problemsituation punktueller Informationssammlung ab und etabliert im Unternehmen ein Umweltinformationssystem (UIS), in dem laufende Zeitreihendaten integriert sind, so können Relationen zwischen den endogenen und den exogenen Kennwerten ausgebildet werden, die eine validere Prognoseermittlung zulassen. Während die Leistungskenndaten wie z. B. die Produktionskapazität, durch die technischen Determinierungen einer Investition festgesetzt werden, ist die Entwicklung der Nachfrage exogen bestimmt. Für die Investitionsplanung ist es daher notwendig zu wissen, wie sich das Verkaufspotenzial entwickelt, und das ergibt sich aus Saisonschwankungen, Konjunkturschwankungen und Trends (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 180 ff.; Becker 2009, S. 400 ff. und Kneschaurek 1996, S. 19 f.). Der Grundstock eines Umweltinformationssystems sollte nach Kneschaurek (1996, S. 17 f.) sechs Bereiche inhaltlich erfassen:
die Entwicklung der Absatzmärkte der Unternehmung bzw. der Nachfrage nach den Produkten und Dienstleistungen auf diesen Märkten, die Entwicklung der internationalen Wettbewerbsposition des Standortlandes, die Wertschöpfung je Beschäftigte/r im Branchenvergleich, die Lage des Arbeitsmarktes, die Lage des Kapitalmarktes und die Entwicklung der durch den Staat bestimmten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
Je nach Unternehmensausrichtung sind auch lokale und regionale Informationen einzubeziehen. Aber je weiter gesteckt die geographische Ausrichtung von Produktion und Absatz ist, desto zahlreicher müssen die als Grundlage unternehmenspolitischer Entscheidungen zu berücksichtigenden Umweltinformationen sein und desto notwendiger ist auch ihre Systematisierung (ebenda S. 18). Für die Analyse der Absatzmärkte gilt es, zunächst einen Saisonindex für die eigenen Produkte aufzustellen, der auf den Angaben der Entwicklung des Gesamtmarktes beruht. Kneschaurek (1996, S. 20; siehe Abb. 9.42) beschreibt die Aufstellung eines Saisonindexes folgendermaßen:
„Man geht von der monatlichen Entwicklung der Nachfrage nach den uns interessierenden Produkten bzw. Produktgruppen während – sagen wir – der letzten zehn Jahre aus. Aus diesen Zahlen wird zunächst der langfristige Trend ermittelt.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
597
Man errechnet sodann die prozentualen Abweichungen der Monatswerte von den ermittelten Trendwerten. Dadurch erhält man – wenn sich die Analyse auf die letzten zehn Jahre erstreckt – für jeden Monat zehn Werte, welche die prozentualen Abweichungen vom jeweiligen Trend angeben. Man errechnet für den Januar den Durchschnitt aus den eben ermittelten Januarwerten und erhält dadurch den ‚saisontypischen‘ Januarwert bzw. den gesuchten Saisonindex für den Monat Januar, als prozentuale Abweichung vom Trend ausgedrückt. Für die anderen Monate geht man genau gleich vor.
Es gilt dann jedes Jahr, die effektive Entwicklung des Geschäftsumsatzes mit den typisierten Saisonindizes zu vergleichen und auffällige Abweichungen sofort zu analysieren.“
Abb. 9.42:
Der typisierte Saisonindex und sein Vergleich mit dem effektiven Verlauf im Budgetjahr (nach Kneschaurek)
Maßgebend für die Prognoseverwertung der exogenen Absatzdaten ist die Konjunkturreagibilität der unternehmenseigenen Leistung und der für die Unternehmung relevanten Märkte. Mithilfe von Regressionsanalysen lassen sich die endogenen und exogenen Zeitreihenangaben analysieren. Es ergibt sich die konjunkturbedingte Elastizität (e). Umweltprognosen der Konjunktur lassen sich über diesen Faktor auf die Absatzprognosen der Unternehmens-
598
9 Objektorientiertes Controlling
produkte übertragen, wenn die Konjunkturreagibilität hoch ist (vgl. Kneschaurek/Graf 1986, S. 115 ff.; siehe Abb. 9.43).
Abb. 9.43:
Von der Konjunkturprognose zum Budget (nach Kneschaurek/Graf)
Besteht eine niedrige bzw. keine Konjunkturreagibilität, so sind andere Umweltinformationen für den Prognoseverlauf heranzuziehen. Die Verfahren sind analog: Je höher die Korrelation zwischen Umwelt- und Unternehmenskennwert, umso besser verweist die Umweltprognose auf den Verlauf der investitionsrelevanten Determinantenentwicklung.
9.2.4
Investitions-Controlling als 5-Jahres-Planung
Investitions-Controlling kann definiert werden als ein Modell des strategischen Controllings, mit dessen Hilfe das zukünftige Verhalten des Unternehmens modellhaft abgebildet und bei der Umsetzung begleitet wird. Während des Investitionsprozesses sind Instrumente des Projekt-Controllings und des operativen Controllings einzubinden. Dabei bildet das Rechnungswesen die wichtigste Datenbasis, da hiermit die zukünftigen Istwerte erfasst werden. Das Investitions-Controlling evaluiert Risiko und Chancen und muss mit exogenen Informationssystemen verknüpft sein. Mit einer Investition werden neue Leistungs- und Absatzbedingungen im Unternehmen geschaffen. Das bedeutet gleichzeitig einen neuen und andersartigen Handlungsbedarf bei allen beteiligten Personen. Es sind daher nicht nur die physischen Voraussetzungen für die Leistungserstellung und -veräußerung zu schaffen, sondern während des Investitionsprozesses auch das Verhalten der Betroffenen so zu formen, dass sie den veränderten Voraussetzungen gerecht werden. Benutzt man nun das Controllingsystem dazu, eine Investition abzuwägen,
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
599
zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren, so ist es notwendig, dieses System den menschlichen Gegebenheiten anzupassen. Gilt es doch, mit einer Investition das Mitarbeiterverhalten für eine intendierte operative Situation zu modifizieren bzw. neu zu formen.
Abb. 9.44:
Beispiel für die Differenzierung des Planungssystems (nach Horváth)
600
9 Objektorientiertes Controlling
Horváth (2011, S. 166; vgl. Abb. 9.44) verdeutlicht in Anlehnung an Haas, wie die Planungsprozeduren ineinandergreifen. Ausgehend von langfristigen Plänen mit einem Planungshorizont von mehr als fünf Jahren werden die Ziele für neue Produkte und Märkte in Relation zum bisherigen Bestand gestellt und der entsprechende Bezug zu den erforderlichen neuen Prozessen und Mittelanforderungen herausgearbeitet. Diese Ergebnisse bilden den Input für die mittelfristige Planung, in der Projektpläne und -budgets zur Entwicklung neuer Prozesse und Leistungspotenziale formuliert werden. Hieraus definieren sich die Monatsziele für die kurzfristige Jahresplanung mit ihren operationalisierten Maßnahmen und der entsprechenden Budgetierung. Es geht hier also zunächst um eine inhaltliche Fixierung der unternehmerischen Handlungsintention mit einer Fokussierung der innovativen Entwicklung sowohl auf Produkt- als auch auf Fertigungsprozess- und Marktebene. Sind die langfristigen Pläne als strategische Planung mit der Unternehmenspolitik abgestimmt, so werden sie in Kennwerte überführt, die inhaltlich kompatibel zu denen sind, welche im zentralen betrieblichen Erfassungssystem als Istwerte ständig erhoben und als Bilanzwerte subsumiert werden. Die Überführung von strategischer zur operativen Planung erfolgt durch die definitorische Umcodierung von Ziel, Prozess und Mitteln in Werte, die sich in ihrer strukturellen Zusammensetzung in einer Planbilanz konsolidieren (vgl. Abb. 9.45 nach Horváth 1990, S. 240). An der Abbildung 9.45 wird deutlich, wie in einem Controllingkonzept die Investition als ein integrativer Bestandteil gesehen wird im Kontext der Überlegungen zu Markt- und Produktentwicklung. Im Rahmen der kurzfristigen Planung gilt es nun zwischen den Planungsund Kontrollverfahren der Produktentwicklung sowie den Planungs- und Kontrollverfahren für die Gestaltung des eigentlichen betrieblichen Leistungsprozesses, also der Umsetzung in Beschaffung, Produktion und Absatz, zu unterscheiden. Das Verfahren ist in beiden Fällen von der Struktur her ähnlich, lediglich die Inhalte sind andere. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass die Produktentwicklung ein Projekt ist mit wohldefiniertem Anfang und Ende, die Planung der betrieblichen Leistung soll jedoch zu einem dauerhaften Fließgleichgewicht im Unternehmen führen. Riedl veranschaulicht aus seinen Erfahrungen in der Elektronikindustrie bei Siemens das Projekt-Controlling in der Forschung und Entwicklung. Entschließt sich ein Unternehmen, eine aussichtsreiche und somit wohldefinierte und über Kennwerte überprüfte Produktidee bis zur Fertigungsreife zu entwickeln, so erfolgt zunächst die Organisation eines Projektaufbaus mit der Planung der notwendigen Prozessabläufe. Erst dann kann eine Kalkulationsstruktur entwickelt werden, die mit dem Projektaufbau und den Prozessabläufen gleichlaufend sein muss. Die Kalkulationsstruktur bildet die intendierten Handlungsabläufe ab. Sie bildet somit ein Gerüst von Sollwerten, das im Laufe des Entwicklungsprozesses mit Istwerten von oben nach unten aufgefüllt wird. Fließt in diesem Prozess ein Istwert in eine spezifische Zahl ein, so bedeutet diese Tatsache, unabhängig von der Wertausprägung, dass der Prozess bereits bis zu diesem Punkt gelangt ist. Diese Projektgliederung und Kalkulation erlaubt einen Kreislauf von Vorkalkulation, Mitkalkulation und Nachkalkulation, in dem in der Projekt- und Produktstrukturplanung zunächst nur eine Aufwandsschätzung möglich ist, die als Sollwert dient. In der Mitkalkulation wer-
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
601
den nicht nur die Sollwerte überprüft, sondern aufgrund von Abweichungen ist es möglich, die Endaufwandsschätzung zunehmend zu präzisieren. Erst in der Nachkalkulation wird eine Beurteilung des gesamten Entwicklungsprozesses abgegeben, durch die Gegenüberstellung der ersten bis zur letzten Vorkalkulation. Die hieraus abgeleitete zukunftsweisende Erfahrung kann in neue Vorkalkulationen eingebracht werden (vgl. Abb. 9.46 nach Riedl 1990, S. 121).
Abb. 9.45:
Verknüpfung von strategischer und operativer Planung (nach Horváth)
602
9 Objektorientiertes Controlling Projekt-, Produktstrukturplanung Kalkulationsrelevante Teileinheiten (TE) Projektplanung
Projektdurchführung
- Aufwandschätzung
- Iststunden pro TE, Phase und Tätigkeitsart - Istkosten für Käufe, Rechnerleistungen - Restaufwand
- Planmengen für Käufe und Rechnerleistungen
Vorkalkulation
- Plan/Ist-Vergleich pro Phase
- Komplette Istwerte - Abgelieferte Mengen
Nachkalkulation letzte Mitkalk.
- Voraussichtliches Ist
- Meß- und Kennzahlenermittlung - Erfahrungsdaten vergleichbarer Projekte
Projektabschluß
Mitkalkulation
- Planung in Stunden, Kosten; darin Qua- Planwerte litätskosten - Planmengen pro Meilenstein
Entwicklungsprozeßplan Phasen, Tätigkeitsarten pro TE
- Gegenüberstellung zur ersten und letzten Vorkalkulation - Einbeziehung der Leistungsmengen
- Einflußgrößen des Projektablaufes Erfahrungsdatenbasis
Projektabschlußanalyse
- Zukunftsweisende sonstige Erfahrungen
Verfahren zur Projektsteuerung, -kalkulation, -analyse und Erfahrungsdatensammlung Abb. 9.46:
Kreislauf der FuE-Projektkalkulation, eingebunden in den Rahmen des kostenorientierten FuE-ProjektControllings (nach Riedl)
Die Ergebnisse der Produktentwicklung bilden alsdann die Ausgangsbasis für eine Produktrenditerechnung und somit die Weiterführung der wirtschaftlichen Planung, welche bereits bei der Ideenauswahl begonnen wurde. Dabei bildet das neue Produkt ein Modul, welches in den Kontext der gesamten betrieblichen Leistung gestellt wird. Es ergibt sich somit die Notwendigkeit, zunächst einmal verschiedene Subsysteme mit Planwerten zu füllen. Horváth (2011, S. 208; vgl. Abb. 9.47) verdeutlicht die Struktur eines Budgetsystems, indem er die Verrechnung von Absatzbudget, Produktionsplan, Fertigungsbudget, Material- und Beschaffungsbudget, F und E sowie Verwaltung und das Investitionsbudget in eine Planerfolgsrechnung und im Finanzmittelbudget aufzeigt. Beides sind Komponenten, die zur Erstellung einer Planbilanz notwendig werden.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
Abb. 9.47:
603
Struktur eines Budgetsystems (nach Horváth)
Ist ein solches Budgetierungssystem etabliert, so bildet der Datensatz für den Innovationsprozess ein Teilsystem, das in allen Subsystemen seine Elemente verteilt hat. Die Struktur der „Investitionsrechnung neuer Produkte“ kann daher genauso abgebildet werden wie die Gesamtstruktur, sie enthält lediglich eine Teilmenge der Daten. Eine solche Organisation erlaubt es, den investiven Komplex, der mit einer geschlossenen betrieblichen Innovationsmaßnahme verbunden ist, zunächst getrennt anhand einer Sollplanung zu evaluieren und alsdann im Gesamtkontext der betrieblichen Planung einzubinden. Es ermöglicht aber auch, eine investitionsspezifische Return-on-Investment-Rechnung anzustellen. Der Return on Investment (RoI) wird durch die Division von Gewinn durch investiertes Kapital (* 100) ermittelt. Um nun eine produktspezifische RoI-Rechnung anzustellen, muss eine exakte Abgrenzung des Produktgewinns in der realen betrieblichen Erfolgsrechnung möglich sein, und das investierte Kapital muss aus der gesamtbetrieblichen Bilanz abgegrenzt werden. Es ist dazu notwendig, in die Betriebsbereiche des Absatzes, der Lagerhaltung, der Produktion und der Beschaffung vorzudringen. Eine produktspezifische RoIRechnung ist also nur möglich, wenn bereits die Struktur des Rechnungswesens klare Abgrenzungsprozeduren gewährleistet, um so seiner Planungs- und Kontrollfunktion gerecht zu werden.
604
9 Objektorientiertes Controlling
Ein Investitions-Controlling, wie es zu Beginn des Abschnitts definiert wurde und hier näher expliziert wird, beruht auf einer 5-Jahres-Planung des Gesamtunternehmens (vgl. hierzu Jaspersen 1997, S. 328 ff.). Die verwendete Begriffsstruktur ist identisch mit der des operativen Controllings, sodass für die 5-Jahres-Planung lediglich die entsprechenden Jahreswerte in Monatsangaben aufgegliedert werden müssen. Die Summe aller Monatswerte ergibt für die GuV-Planung das Ergebnis des Planjahres, bei der Bilanz sind die Dezemberangaben gleich den Jahresendwerten. Aufgrund der Kompatibilität der Begriffsstruktur des Planungssystems mit den Konten der Finanzbuchhaltung lassen sich so unmittelbar die Sollwerte für alle Positionen des Rechnungswesens auswerten; selbstverständlich nur dann, wenn auch hier die Prinzipien des Einsystems eingehalten werden. Jahresplanung und 5-JahresPlanung erfolgen iterativ. Das bedeutet, man definiert die Investitionsvorgaben, gibt sie in eine 5-Jahres-Planung ein und überprüft somit ihre gesamtbetriebliche Plausibilität sowie ihre Wirtschaftlichkeit. Alsdann detailliert man die Angaben des nächsten Planjahres. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die mittelfristigen Überlegungen, die zu einer Veränderung der Plandaten führen, welche sich wieder auf die Monatswerte niederschlägt. Entsprechen die Planungskennwerte dem Erwartungsniveau der Entscheidungsträger, so ist die Planung stabil, und eine automatisierte Sollwertberechnung für die Buchführung sowie die Kostenund Leistungsrechnung kann durchgeführt werden (siehe Abb. 9.48).
Abb. 9.48:
Investitions-Controlling als 5-Jahres-Planung
Als Kommunikationsmedium dient das Berichtssystem, welches entsprechend der Unternehmensgliederung und -organisation hierarchisch strukturiert ist. Als Deckblatt dient ein Inhaltsverzeichnis mit Seitenangaben, sodass man schnell den gewünschten Investitionskomplex auffinden kann. Die Gliederung sollte der verwendeten Hierarchie entsprechen. Die erste Seite enthält die gesamtbetrieblichen Vorgaben, es folgen die Wertetabellen des ersten Subsystems samt seiner Subsubsysteme und dann die des zweiten Subsystems usw. Jede Betrachtungseinheit besteht aus einer 5-Jahres-Plan-Bilanz und einer 5-Jahres-PlanErfolgsrechnung. Das kleinste Element kennzeichnet eine Produktionseinheit, die sachlich und personalorganisatorisch nicht weiter zergliedert werden kann. Es ergibt sich aber sehr wohl die Möglichkeit, die Gewinn- und Verlustrechnung weiter zu unterteilen. Das ist immer dann sinnvoll, wenn mit vorgegebenen Produktionsmitteln mehrere Produkte hergestellt werden können. Die GuV-Planung kann daher eine Hierarchiestufe tiefer detailliert werden als unsere Betrachtungseinheit für das Investitions-Controlling. Für jede Seite der nach dem
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
605
Berichtssystem strukturierten 5-Jahres-Planung kann eine verantwortliche Person nominiert werden, die als Sprecher des jeweiligen Planungsteams in einem Lenkungsgremium fungiert bzw., auf höherer Hierarchieebene, mehrere Investitionsprojekte koordiniert (siehe Abb. 9.49). Unter-GuV-Planungen der Subsub-GuV Subsubbilanz Subbilanz
Erstellungsdatum 5-Jahres-Planung
FIRMENNAME 2012 - 2016 Planungsverantwortlicher
Seite
X X
1 2
Y Y
3 4
Z Z Z
5 6 7
Z
n+7
... ...
... ...
...
GESAMTUNTERNEHMEN Bilanz Erfolgsrechnung SUBSYSTEM A Bilanz A Erfolgsrechnung A SUBSUBSYSTEM AA Bilanz AA Erfolgsrechnung AA Erfolgsrechnung Produkt AA1
...
Erfolgsrechnung Produkt AAn
SUBSYSTEM N Bilanz N Erfolgsrechnung N
Abb. 9.49:
Berichtsstruktur der 5-Jahres-Planung
Als Ronald Reagan Präsident der Vereinigten Staaten war, soll er einmal gesagt haben, dass ihm jede Entscheidungsvorlage – egal wie wichtig – auf eine Seite zusammengefasst werden sollte. Die Ernsthaftigkeit dieses Ansinnens ist gut nachvollziehbar. Auch in Zeiten voll elektronifizierter Informationssysteme gilt nicht die papierlose Kommunikation in einer, wie Eversheim (1989, S. 3) es ausdrückt, papierlosen Fabrik. Papierunterlagen haben eine mediale Qualität, die für schwierige und kommunikationsintensive Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse sehr gut geeignet ist. Da im Laufe der verschiedenen Investitionsentscheidungen immer wieder Alternativen simuliert und damit durchgerechnet werden, ist es besonders vorteilhaft, zwei Vorlagen im Vergleich zu betrachten. Das ist möglich, wenn es sich um zwei Seiten handelt, es wird jedoch schwierig, wenn man es mit vier oder mehr Blättern zu tun hat. Die Schreibmaschinenschrift vergangener Zeiten war durch Schriftart und -größe gekennzeichnet. Bei der heutigen Verwendung von Laserausdrucken kann man in der Schrifttype und Punktgröße variieren. Das führt teilweise zu Vorlagen, die nur mit der Lupe gelesen werden können und äußerst unpassend sind für Diskussionen, die in der Regel unter Zeitdruck und großer menschlicher Anspannung geführt werden. Innerhalb des objektorientierten Controllingsystems hat es sich als diskussionsfördernd und übersichtlich erwiesen, jeweils
606
9 Objektorientiertes Controlling
für die 5-Jahres-Plan-Bilanzen und die GuV-Planungen eine Seite zu verwenden, auf der noch die korrespondierenden Kennwerte untergebracht werden können. Das verwendete Begriffssystem des Kontenrahmens verbleibt überschaubar (vgl. Tab. 9.19 und 9.20), auch wenn es durch Erfolgs-, Leistungs- und/oder Bilanzkennzahlen ergänzt wird. Erstellungsdatum Firmenname Seitennr. 5-Jahres-Planung Plan-Bilanz 2012 - 2016 Spezifizierung (Gesamtbetrieb, Leistungseinheit oder Produkt) 2012
2013
2014
2015
2016
Aktiva: 16 Monetärer Bestand
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17 Forderung an Kunden
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18 Bestand Eingangsmaterial
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19 Bestand unfertige Produkte
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20 Bestand Fertigprodukte
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21 Sonstige Bestände
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22 Organverb. Finanzanl./Ford.
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23 Finanzanl./Ford. an Dritte
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24 Immob. Anlagen – Grundstücke
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25 Immob. Anlagen – Gebäude
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27 Trans. und sonstige Aktiva
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Wert
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Passiva: 28 Verbindl. an Lieferanten
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29 Kurzfr. Verbindl. an Banken
"
"
"
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"
"
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"
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30 Sonstige kurzfr. Verbindl.
"
"
"
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"
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"
31 Organverb. langfr. Verbindl.
"
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32 Sonstige langfr. Verbindl.
"
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33 Trans. und sonst. Passiva
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34 Kapital
"
"
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"
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"
"
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35 Rücklagen
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
36 Gewinnvortrag
"
"
"
"
"
"
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"
"
SUMME PASSIVA (= 100 %) Tab. 9.19:
Darstellung der Planbilanz
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
607
Erstellungsdatum Firmenname Seitennr. 5-Jahres-Planung Plan-Erfolgsrechnung 2012 - 2016 Spezifizierung (Gesamtbetrieb, Leistungseinheit oder Produkt) 2012
2013
2014
2015
2016
Erlöse: 01 Erlöse aus Produkten 02 Andere Erlöse SUMME ERLÖSE (= 100%)
Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
% " %
Wert " Wert
% " %
Produktionskosten: 03 Rohstoffe
"
"
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04 Zukaufteile
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05 Eigenfertigung
"
"
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"
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06 Produktionskosten
"
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07 Marketingkosten
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"
"
"
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08 Bestandsänderungen
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"
"
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SUMME VARIABLE KOSTEN
Wert
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Wert
%
Wert
%
Wert
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Wert
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DECKUNGSBEITRAG I
Wert
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Wert
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Wert
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Wert
%
Wert
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Operationskosten: 09 Produktionsaufwendungen
"
"
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"
"
"
"
"
"
"
10 Marketingaufwendungen
"
"
"
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11 Indirekte Verwaltungsaufw.
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"
"
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12 Direkte Verwaltungsaufw.
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"
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"
"
"
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13 Finanzaufwendungen
"
"
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14 Bestandsänderungen
"
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SUMME FIXE KOSTEN
Wert
%
Wert
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Wert
%
Wert
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Wert
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DECKUNGSBEITRAG II
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
Wert
%
15 Steuern NETTO
" GEWINN/VERLUST
Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
" Wert
" %
(= DB III) Tab. 9.20:
Darstellung der Planerfolgsrechnung
Die investitionsspezifischen Angaben sind in der 5-Jahres-Planung dann eindeutig abgegrenzt, wenn ein neues Betrachtungselement mit eigenständiger Planbilanz und Planerfolgsrechnung hierzu definiert wird. Das ist aber nicht immer der Fall. Bei Erweiterungsinvestitionen kann es dazu kommen, dass lediglich ein neues Produkt hinzugefügt wird. Dann ist zwar in der Erfolgsrechnung eine eindeutige Abgrenzung gewährleistet, auf Bilanzebene muss jedoch eine Differenzanalyse durchgeführt werden. Diese wird auch bei der Erfolgsrechnung notwendig, wenn sich bei Ersatzinvestitionen nicht die betriebsspezifische Leistungsstruktur verändert, sondern nur das Leistungsvolumen. Die hierarchische Gliederung
608
9 Objektorientiertes Controlling
des Planungssystems verbleibt dann identisch. Eine Bewertung, ob sich eine Investition rentieren wird, kann nur im Vergleich beider Alternativen vorgenommen werden, die sich aus einer Investition bzw. einer Nichtinvestition ergeben. Rechnerisch lässt sich auch eine Differenztabelle ermitteln, bzw. in der planerischen Umkehrung kann die Differenztabelle als Investitionsvorgabe bestimmt werden, um sie zur Vorplanung zu addieren (vgl. Abb. 9.50).
Abb. 9.50:
5-Jahres-Planung Investitionsdifferenzrechnung
Die Verwendung von Kennzahlen innerhalb der 5-Jahres-Planung erfüllt im vollen Umfang die von Küpper aufgestellten Anforderungen. Sie sind hierarchisch strukturiert und damit einfach und klar, da sie auf jeder Seite des Planungssystems ermittelt werden und sich insofern für jede Organisationsstufe herleiten lassen. Sie haben einen Indikatorencharakter, weil sie das Zahlenwerk der Seiten, auf denen sie stehen, in kondensierter Form wiedergeben, und sie lassen sich aus demselben Grund partizipativ herleiten: Der Sprecher für die verantwortliche Gruppe der Planungsträger wird stets erwähnt. Für das Investitions-Controlling müssen unterschiedliche Indikatoren gefunden werden, die sich teilweise aus den endogenen Plandaten ergeben, die teilweise jedoch exogene Sachstände kennzeichnen oder als Verhältnis mit ein beziehen zu sind. Die Denkpfade, welche in der Investitionsplanung verfolgt werden, sind vielschichtig und können nicht simultan beschritten werden. Es gilt, so etwas wie eine sukzessive Ordnung zu finden, deren jeweilige Teilergebnisse in einem iterativen Verfahren miteinander in Beziehung gesetzt werden, um so zu einem befriedigenden Gesamtergebnis zu gelangen. Das Basissystem muss für die Investitionsplanung noch durch Berechnungen mithilfe von Erweiterungs- und Detaillierungsmodellen ergänzt werden. Hierzu sind die Kennwerte herauszuziehen, die sich aus den erfolgsorientierten, den bilanzorientierten und den finanzorientierten Analysen ergeben (vgl. Punkt 9.1.2 bis 9.1.4). In der gesamtbetrieblichen Investitionskoordinierung gilt es, alle Investitionstätigkeiten in die operative Planung zu integrieren. Es sind
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
609
die Investitionsprojekte einzubringen, welche sich in der Phase des Handlungsentwurfes befinden, die Investitionsvorhaben, welche sich in der Umsetzung befinden, und die Investitionsmaßnahmen abzugrenzen, welche als Element in die betriebliche Routine eingebracht werden sollen.
Investitionsprojekte werden je nach Unternehmensgröße unterschiedlich formalisiert. Kleinere und mittlere Unternehmen dezentralisieren den Ort des Geschehens, indem sie die Ausführungsplanung auf die Leistungseinheiten verlagern, wo die Investition später einmal eingesetzt werden soll. Neben den operativen Tätigkeiten entsteht für die Handlungsbetroffenen eine zusätzliche Belastung. Das Ergebnis und die letztendliche Entscheidung sind Chefsache. Auf diese Weise sind auch die Koordination aller Investitionsprojekte und deren mögliche finanztechnischen Implikationen gewährleistet. Größere Unternehmen bilden Stäbe und Abteilungen aus. Hierbei wird zwischen der Forschung und Entwicklung sowie der eigentlichen Planung von Investitionsvorhaben unterschieden. Es erfolgt eine Differenzierung zwischen der Verfahrens- bzw. Partnerfindung, der Produktentwicklung, der Produktionsstättenentwicklung und der eigentlichen Definition des Investitionsvorhabens. Gemeinsam ist diesen Aktivitäten die Projektorientierung. Jedes Produkt oder jede Produktgruppe, welche über eine eigenständige Produktionseinrichtung hergestellt wird und entsprechend als Subsystem zu bilanzieren ist, verursacht Investitionsausgaben. Diese müssen im Rahmen der operativen Planung detailliert werden (vgl. Tab. 9.21). Diese sind nur nach dem iterativen Verfahren zwischen Betriebsleitung und den Verantwortlichen der jeweiligen Leistungseinheiten zu ermitteln. Hierzu müssen zunächst alle für die Umsetzung vorgesehenen Projekte nach Gewerken und/oder Lieferanten spezifiziert werden. Weiterhin sind alle Ausgaben zu benennen, die einen aktivierungspflichtigen Umfang aufweisen. Daraus ergibt sich eine Liste von finanzwirksamen Aktivitäten, deren Auswirkung auf die monetären Bewegungen der einzelnen Monate des Planjahres zu fixieren ist. Bei einer Reihe dieser Aktivitäten ist davon auszugehen, dass die Ausgaben nicht auf einen Monat entfallen, sondern sich über mehrere Monate verteilen. Investitionsumsetzungen können dabei auch die Planjahresgrenze überschreiten. Je nach der Ausprägung der einzelnen Positionen sind die zu verbuchenden Beträge auf unterschiedlichen Konten zu verteilen. Sie können auf eines der Plankonten des Anlagevermögens entfallen, es kann sich jedoch auch um den Kauf von größeren Ersatzteilen handeln, die zunächst aktiviert werden, um – da man deren genauen Verwendungszeitpunkt nicht kennt – als konstante Abschreibungsquote über das Jahr verteilt zu werden. Nicht abgeschlossene Projekte bilden eine transitorische Position. Einige Ausgaben schließlich lassen sich als Wartungskosten unmittelbar in die fixen Produktionsaufwendungen einbringen (vgl. hierzu Frese/Hahn/Horváth 1996, S. 3–72).
610
9 Objektorientiertes Controlling
Erstellungsdatum
Firmenname
Operative Planung
Investitionen
Seitennr.
Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mär
Feb
Jan
Spezifizierung (Gesamtbetrieb, Leistungseinheit oder Produkt)
Σ
Gewerk A Gewerk B Gewerk C … Firma X Firma Y TEILSUMME PROJEKT 1 Gewerk K Gewerk L Gewerk M … Firma Z TEILSUMME PROJEKT 2 Ausgabe a Ausgabe b Ausgabe c Ausgabe d Ausgabe e TEILSUMME SONSTIGES GESAMTSUMME GRUNDSTÜCKE GEBÄUDE ANLAGEN TRANSITORISCHE AKTIVA PRODUKTIONSAUFW.
Tab. 9.21:
Struktur der operativen Investitionsplanung
Die Evaluation einer Investition, welche in die betriebliche Routine des Betriebes eingeführt wird, gehört zu einem integrativen Bestandteil des operativen Planungs- und Betriebssystems. Die Struktur des objektorientierten Controllingverfahrens ist für die 5-Jahres- und Jahresplanung identisch. In beiden Fällen wird das Unternehmen in namensgleiche Sub- bzw. Subsubsysteme gegliedert. Die Begriffsstruktur und der Aufbau einer jeden Berichts- bzw.
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
611
Planungssystemseite sind gleich, es werden auch dieselben Kennwerte berechnet. Der Unterschied besteht lediglich in der zeitlichen Dimensionierung. In einem Fall werden fünf Jahresangaben, im anderen Fall zwölf Monatswerte ausgewiesen. Durch diese Planungsintegrität kann die mittelfristige und die operative Planung im dritten Quartal zu einer Ablaufsequenz zusammengezogen werden. Hier werden alle Planungsprojekte des Unternehmens in einer Unterlage aufeinander abgestimmt und in ihrer mittelfristigen sowie in ihrer operativen Konsequenz ausgewiesen. Die Voraussetzung für eine integrative Planung ist die Möglichkeit, die Einheiten der betrieblichen Leistungsgenerierung und -veräußerung objektorientiert sowie organisatorisch plausibel abzugrenzen. Investitionen können dann einem Subsystem zugewiesen werden. Die Auswirkungen der Kapazitäts- und Leistungsveränderung können anhand von Plan-GuV und Planbilanz im Vorfeld evaluiert werden; bei der Konsolidierung zeigt sich die gesamtbetriebliche Auswirkung. Betrachtet man den Vorschlag von Männel/Becker (1993, S. 29 f.; siehe Abb. 9.51) zur Gliederung und Erfassung der Anlagekosten im Rahmen der Anlagenrechnung, so werden hier Kostenkategorien verwendet, die sich sehr gut in das vorgestellte Planungssystem einfügen.
Es entstehen einmalig anfallende Kosten für die Bereitstellung und Beschaffung. Weiterhin sind laufend anfallende Kosten für die Bereithaltung und für die Nutzung zu berücksichtigen. Gegebenenfalls entstehen einmalige Kosten für die Ausmusterung.
Problematisch wird die Planung und Evaluierung von Investitionsprojekten, wenn sie sich nicht in einem eindeutigen Anlageobjekt konkretisieren, sondern komplexerer Natur sind. Dann erweist sich die hierarchische Planungsstruktur als eher hinderlich, um einen Überblick zu erhalten. Solche Investitionsvorhaben sind eher als Teilsysteme abzubilden, die sich über verschiedene Subsysteme erstrecken. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung dieser strukturverändernden, komplexen Investitionsvorhaben unterliegen Faktoren, die häufig nur grob abgeschätzt werden können. Ggf. entstehende Synergieeffekte werden dabei eher qualitativ als quantitativ abgewogen. In den folgenden drei Kapitelabschnitten werden diese Aspekte exemplarisch thematisiert:
Zum einen sind die Entwicklungen von Produkt und Markt kaum noch als Handlungskonzept voneinander zu trennen. Investitionen in Produkt und Produktion führen uns zu bewährten Mustern und Verfahren. Der Markt als Investitionsobjekt wird in der Betriebswirtschaftslehre kaum thematisiert. Das Konstrukt beider Momente als zusammengehörendes Paar ist für die Investitionsbetrachtung daher problematisch. Zum anderen wird in zunehmendem Maße in die betriebliche Infrastruktur investiert. Diese so bezeichneten sozialen Investitionen binden erhebliche Mittel und wirken über mehrere Perioden. Ihre Ausgaben fallen zwar in verschiedenen Subsystemen an, sind aber gut zu konsolidieren. Ihr kosteneinsparender Effekt ist aber häufig nur zu ahnen. Zusätzlich kann die Problemstellung verkompliziert werden, wenn dann noch zusammengehörende Investitionen in verschiedenen Rechtseinheiten durchzuführen sind.
612
Abb. 9.51:
9 Objektorientiertes Controlling
Anlagekosten (nach Männel/Becker)
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
9.2.5
613
Produkt- und Marktinvestition
Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zeigt sich in der Flexibilität, neuen Situationen gerecht zu werden. Bezogen auf das betriebliche Leistungsspektrum kann man unterscheiden zwischen der Produktinnovation, deren Ziel es ist, verbesserte bzw. neue Produkte zu generieren, und der Prozessinnovation, die sich mit der Gestaltung neuer Verfahrensweisen zur Erstellung von Produkten auseinandersetzt (vgl. Bühner 2004, S. 184). In der heutigen Unternehmensentwicklung gehören beide Tätigkeitsfelder enger zusammen als zuvor. Produktund Prozessentwicklung werden in der traditionellen Ablauforganisation sequenziell abgearbeitet. Mit der Definition des Produktes kann ein Entwicklungsauftrag als Projekt geplant werden. Das Ergebnis ist die Basis für die Arbeitsvorbereitung mit den Tätigkeitselementen der Arbeitsplanung und Arbeitssteuerung. Alsdann erfolgt die Fertigung und Montage. Bedingt durch die zunehmende Automatisierung und die Entwicklung der computergestützten Produktgestaltung entsteht eine integrierte Projektabwicklung. Die Ergebnisse der Produktdefinition bilden gleichzeitig eine Eingabe für die Systeme der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) sowie der computerisierten Konstruktion. Konstruktion und Arbeitsvorbereitung werden als CAD/CAM-(Computer Aided Design/Computer Aided Manufacturing)Prozedur simultan abgewickelt. Das Ergebnis sind Steuerdaten für die Fertigung und Montage. Über Rechnernetze kann ein Datentransfer direkt erfolgen. Zusammen mit den Eingaben des PPS-Systems wird die Produktion gesteuert. Eine Rückkoppelung erhält man durch Maschinendaten, welche erneut Vorgaben für die Arbeitsvorbereitung und die Produktionsplanung und -steuerung ausbilden (vgl. Abb. 4.15). Die computergestützten Techniken der Produkt- und Verfahrensentwicklung ergeben – gepaart mit der Automatisierung von Fertigung und Montage – ein erhebliches Einsparungspotenzial bei der Innovationsplanung und -umsetzung. Insgesamt werden Innovationen schneller auf den Markt gebracht und binden weniger Arbeitskräfte während der Konzeption, der Realisierung und deren wirtschaftlicher Nutzung. Rechnerische Verfahrensintegrationen schaffen Interdependenzen, die Einzelsysteme – etwa die Produktionsplanung und -steuerung – verselbstständigen und überbetriebliche Normen entstehen lassen, nach denen sich alle Produktgruppen zu richten haben. Aufgrund ihres eigenen investiven Volumens bilden sich fixe Kosten aus, die auf alle Leistungssysteme aufzuteilen sind. Alle CA-Verfahren (CAD, CAM, CAP – Computer Aided Planning, CAE – Computer Aided Engineering, CAQ – Computer Aided Quality Assurance) haben eine integrative Komponente und verursachen im Anfangsstadium ihrer Implementierung mehr Kosten als Kostenersparnisse. Sie sind Bausteine einer Strategie (CIM – Computer Integrated Manufacturing) und lassen sich nur indirekt als Investition in der Planung etablieren. Noch komplizierter wird der Fall, wenn man Überlegungen darüber anstellt, ob sich die Realisierung eines Produkt-Marktkonzeptes für das Unternehmen rentiert oder nicht. Während die Produktinvestition zu einer Reorganisation der Ablaufstrukturen führt, deren Gestaltung und Einhaltung man endogen bestimmen kann, führt eine Marktinvestition zu Maßnahmen, die andere Personen – die Kunden – dazu bewegen sollen, etwas in einer anderen Form zu tun, als sie es bisher getan haben. Kann ein Unternehmen bspw. zwischen der Produktion von mehreren Produkten und der Bedienung von mehreren Teilmärkten wählen, so verbleiben ihm nach Bruhn (2010, S. 62; siehe Abb. 9.52) sechs Marktbearbeitungsstrategien:
614
9 Objektorientiertes Controlling
die Nischenspezialisierung, die Produktspezialisierung, die Marktspezialisierung, die selektive Spezialisierung, die Gesamtmarktabdeckung und die Segment-of-One-Spezialisierung. MS1
MS2
MS3
MS1
MS2
MS3
MS1
P1
P1
P1
P2
P2
P2
P3
P3
P3
Nischenspezialisierung
MS1
MS2
Produktspezialisierung
MS3
MS1
MS2
MS3
MS1
P1
P1
P2
P2
P2
P3
P3
P3
Selektive Spezialisierung
Gesamtmarktabdeckung
MS3
Marktspezialisierung
P1
Abb. 9.52:
MS2
MS2
MS3
Segment-of-One
Formen der Marktbearbeitungsstrategien (nach Bruhn)
Becker (2009, S. 353; vgl. Abb. 9.53) vervollständigt die Kombinierbarkeit von marktstrategischen Bausteinen. Zusätzlich zur Orientierung am Massenmarkt oder an der Segmentierung ist die Dimension der räumlich-geographischen Durchdringung zu bestimmen. Weiterhin gilt es, die Produktqualität und das Image zu präzisieren. Will man eine Präferenz- oder eine Preis-Mengen-Strategie bei der Generierung der betrieblichen Leistung verfolgen, muss schließlich die Entwicklungsrichtung in der Markt-Produkt-Matrix definiert werden. Möchte das Unternehmen im angestammten Markt verbleiben und lediglich eine höhere Durchdringung erzielen, sollen neue Märkte entwickelt werden, oder verfolgt man eine Umsatzsteigerung durch die Entwicklung neuer Produkte bzw. die Modifikation des vorhandenen Produktrepertoires? Jede Veränderung innerhalb einer oder mehrerer Dimensionen im Rahmen dieser strategischen Bausteine ist mit Ausgaben verbunden. Die Akquirierung zusätzlicher Kunden kostet je nach Branche ein Mehrfaches von dem, was für das Halten eines Kunden aufgewendet werden muss. Während sich die Investitionen in die Produktentwicklung in aktivierbaren Patenten und neuen Produktionsstätten niederschlagen, sind die Eroberung zusätzlicher Marktanteile, neuer Marktsegmente oder neuer geographischer Absatzgebiete
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
615
immateriell. Der gesteigerte Einsatz von Mitteln in die Marketinginstrumente wird umgehend als Aufwand verbucht, obwohl die Ausgaben auch über die Periodengrenze wirken können. Die Investitionen in den Markt werden nicht einer Aktivierungsstrategie unterzogen, sondern in die mittelfristige oder die operative Planung eingelastet, um zu sehen, was das Unternehmen aushält, ohne dass ein bestimmtes Erwartungsniveau unterschritten wird. Dabei sind einige Maßnahmen den korrespondierenden Produkten zuzurechnen, andere – wie PR-Aktionen oder die Anmietung und Besetzung eines Vertriebsbüros in den USA – nur entsprechend eines erwarteten Umsatzzuwachses aufzuteilen. Schwankende Aufwendungen erhöhen die variablen Kosten; die Relation zu den Erträgen wird angenommen ohne in der Regel die zeitliche Dimension zu berücksichtigen. Durch die Verknüpfung strategischer Bausteine, so Becker, entsteht dennoch ein unternehmensspezifisches Steuerungselement. Es ist die strategische Höhe zu bestimmen, also die Auswahl der jeweiligen Ansätze innerhalb einer Dimension und die strategische Breite, also die Festsetzung, ob innerhalb einer Dimension mehrere Optionen gleichzeitig verfolgt werden.
Abb. 9.53:
Strategische Kombinationsrichtungen (nach Becker)
Die Umsetzung solcher Strategien äußert sich in der 5-Jahres-Planung in verschiedenen Subbzw. Subsubsystemen. Ihre Ausbildung kann nur durch die Modellierung von Teilsystemen erfolgen, die gleichsam Aspekte der Leistungsgenerierung als auch der Leistungsveräußerung umfassen: Es bilden sich eigenständige Controllingsysteme mit einem neuen Begriffsrepertoire aus, wie z. B. das Logistik-Controlling (siehe hierzu bspw. Weber 2002, S. 129; Reichmann 2011, S. 380, Abb. 9.54).
616
9 Objektorientiertes Controlling
Logistik-Controlling Umschlagshäufigkeit aller Bestände Gesamtlogistikkosten/ Umsatzeinheit Lieferbereitschaftsgrad (insgesamt)
Materialwirtschaft
Fertigungslogistik
Absatzlogistik
Umschlagshäufigkeit: Material Logistikkosten/ Umsatzeinheit Lieferbereitschaftsgrad
Umschlagshäufigkeit: Halberzeugnisse Logistikkosten/ Umsatzeinheit Lieferbereitschaftsgrad Kapazitätsauslastung
Umschlagshäufigkeit: Fertigprodukte Logistikkosten/ Umsatzeinheit Lieferbereitschaftsgrad
Warenannahme Durchschnittliche Warenannahmezeit Kosten pro eingehender Sendung
WareneingangsKontrolle Durchschnittliche Verweilzeit in der Wareneingangskontrolle Umschlagshäufigkeit
Eingangslager Umschlagshäufigkkeit Lieferbereitschaftsgrad Lagerbestandskosten Fehlmengenkosten Kosten/Lagerbewegung Kapazitätsauslastungsgrad
Bereitstellungszwischenlager Umschlagshäufigkeit Kosten/Lagerbewegung Lieferbereitschaftsgrad Lagerbestandskosten Fehlmengenkosten Kapazitätsauslastungsgrad
Bereitstellungszwischentransport innerbetriebliche Transportkosten (Ø) Transportzeit/ Transportauftrag (Ø)
Versandlager Umschlagshäufigkeit Lieferbereitschaftsgrad Lagerbestandskosten Fehlmengenkosten Kapazitätsauslastungsgrad
Absatztransport Transportkosten Transportauftrag (Ø) Transportzeit/ Transportauftrag (Ø)
Liegen vor / nach der Bearbeitung Kapitalbindung ruhender Bestände
Materialtransporte Transportkosten Transportauftrag (Ø) Transportzeit/ Transportauftrag (Ø)
Abb. 9.54:
Logistik-Controlling (nach Reichmann)
Die Zielformulierung und ihre Indikatoren zur Überprüfbarkeit werden durch eigenständige Controllingsysteme klar formuliert. Der Leistungsprozess weist jedoch Merkmale auf, die
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
617
sich einfachen mathematisch modellierten Optimierungsprozessen entziehen. Diese von unten wirkenden Faktoren müssen im Alltag von den dort Betroffenen bewältigt werden. Was verbleibt, ist das Experiment. Komplexe Produktinnovationen sind als Investitionsprojekte nicht in einem Zuge zu planen, umzusetzen und in ihrer Operationsfähigkeit zu überprüfen. Man wird immer wieder zurückgeworfen. Investitionen sehen als Pläne gut aus und erweisen sich in der Realität in der unmittelbaren Durchführungsebene als unplausibel und demotivierend. Kurzfristige Erfolge können konjunkturbedingt sein und führen zu einer Investitionshektik, die sich in einer Rezession als großes Problem erweist. Die Kriterien für die Investitionsrechnung gelten nicht für die Begründung von Strategien. Hier muss langfristiger gedacht werden, was durchaus bedeuten kann, einige Verlustbringer mitzuschleppen. Wichtig ist nur, zu wissen, welches Produkt man mit welchem Betrag subventioniert. In guten Zeiten hat man die Möglichkeit, die strategische Breite auszudifferenzieren. Es ist möglich, sowohl in Produkte als auch in Märkte zu investieren. Aber ein Unternehmen ist ein Organismus, der atmet. Man rationalisiert, kürzt Budgets, entlässt Mitarbeiter und gewinnt dadurch frische Kraft. Man dehnt wieder aus, macht Experimente, denn man weiß ja nicht, ob eine Neuentwicklung Erfolg haben wird. Produktion, Absatz und Personalbestand wachsen, man gewinnt Zeit zur Beobachtung, dann rationalisiert man wieder. Wichtig dabei ist die Einhaltung einer zusammenhaltenden, plausiblen und motivierenden langfristigen Strategie, die im Zeitgeist ihren Resonanzboden hat. Damit verbunden ist auch die Desinvestitionsstrategie, also die Eliminierung von Produkten oder Märkten, die lange Zeit ein Tabuthema waren. Es besteht nach wie vor sowohl ein Mangel an Erfahrungsberichten aus der Praxis als auch ein Defizit in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Empirische Erhebungen sind Mangelware, und die Theoriebildung ist begrenzt. Meffert/Burmann/Kirchgeorg widmen diesem Gliederungspunkt in ihrem gewichtigen Kompendium „Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung“ lediglich knapp drei Seiten. Einen wesentlichen Grund für die Produkteliminierung sehen sie „in der Konkurrenz der Produkte um knappe Ressourcen und Kompetenzen des Unternehmens, bspw. hinsichtlich der Produktionskapazität, des Marketingbudgets, des Regalplatzes im Einzelhandel oder des Managements“ (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 454). Notwendig sind somit fundierte Entscheidungen über Beibehaltung oder Eliminierung, und da relativ häufig derartige Überlegungen anstehen, sollte sinnvollerweise die Produkteliminierung systematisiert ablaufen und routiniert zu Entscheidungen führen (ebenda S. 454). Sobald eine Eliminierungsentscheidung gefallen ist, muss eine Eliminierungsstrategie verfolgt werden. „Dabei lassen sich grundsätzlich eine sofortige Herausnahme aus dem Markt oder eine geplante Desinvestitionsstrategie unterscheiden. Die Auswahl der verfolgten Strategie hängt dabei wesentlich von den Eliminierungsgründen ab. Erstere wird meist aufgrund unerwartet auftretender, negativer Ereignisse (z. B. Gesundheitsrisiken […]) notwendig. Die zweite Strategie wird hingegen eher verfolgt, um noch bestehende Ertragspotenziale im Markt auszuschöpfen und internen wie externen Zielgruppen […] eine Gewöhnung an die bevorstehende Elimination (die frühzeitig kommuniziert wurde) zu ermöglichen.“ (ebenda S. 456). Basierend auf diesen Aussagen ergänzen Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2012, S. 849 ff.) den Marktzyklus eines Produktes um die Phase der Degeneration (siehe hierzu auch Abb. 4.7).
618
9 Objektorientiertes Controlling
Diese Betrachtungen sind natürlich idealtypischer Natur. In der Praxis kann eine solche Einordnung nicht so einfach gestaltet werden. Zunächst ist die Lebenserwartung in Jahren für einzelne Produktfamilien oder -gruppen, ja sogar für einzelne Artikel innerhalb einer Produktgruppe sehr unterschiedlich, sodass eine Phasenzuordnung nur sehr subjektiv, in jedem Fall jedoch nach einem objektiven Zeitkriterium erfolgen kann. Weiterhin besteht innerhalb der innerbetrieblichen Produktvielfalt eine konkurrierende Interdependenz, die sich durch die Zuführung von Produktinnovationen erheblich verändern kann. So können Investitionen im Extremfall lediglich zu einer „Umsatzverlagerung“ führen (vgl. Lorentz 1990, S. 83), und insofern sind die Interdependenzen der Erweiterungen und Eliminierungen in ihren Sollwerten zu planen und laufend zu überprüfen. Produkteliminierungen sind stets schmerzliche Prozesse für die Unternehmensangehörigen. Mit der Tragweite des Eliminierungsumfanges steigt die Anzahl der betroffenen Personen. Es ist nicht nur der vordergründige Umsatzverlust, von dem bestimmte Vertriebsangehörige betroffen sind, sondern es sind auch Umstellungen im Einkauf und in der Produktion. Mit der Etablierung neuer Produkte muss die Reduktion der alten Produktpalette einhergehen, um eine optimale Rentabilität zu gewährleisten. Die Rationalisierung ist genauso eng mit der Innovation wie mit der Produkteliminierung verknüpft. Es wird vorhandenes Wissen, auf das die Betriebsangehörigen stolz sind, vernichtet, soziale Beziehungen der betriebsinternen und -externen Struktur werden zerrissen, Machtstrukturen verschoben und Arbeitsplätze vernichtet oder zumindest im Tätigkeitsfeld so verändert, dass ein Arbeitnehmerwechsel stattfinden muss. Dieser Prozess wird verschärft durch die zunehmende Integration von Produkt- und Produktionsstrukturen. Soziotechnische Handlungssysteme werden so integrativ geplant, dass sie teilweise nicht in die vorhandene Infrastruktur eingebettet werden können, sondern einen „Neubau auf der grünen Wiese“ erfordern. Diese Handlungsmuster haben zur Folge, dass alte Produktionsstätten als Ganzes unrentabel werden und aufzugeben sind. Große Unternehmen können sich solche Strategien des „Einwegbetriebes“ oder der „Wegwerffabrik“ leisten. Im Rahmen von weltweiten Standortplanungen werden über Return-on-InvestmentRechnungen Betriebe planmäßig aufgebaut und bei der entsprechenden Produkteliminierung abgewickelt. Mittelständische Unternehmungen sind standortgebunden. Es gehört zu ihrem „Kapital“, dass sie in die soziale Gemeinschaft der Region verwoben sind. Dennoch unterliegen auch diese Betriebe dem technischen und sozialen Wandel und bedürfen des Angebots von Handlungsmodellen, die Produktinnovationen und -eliminierungen sowohl in ihrer investiven als auch in ihrer organisatorischen Komplexität reflektieren. Bei der letzten Überarbeitung der VDI 2221 im Mai 1993 (vgl. Werntze 1997, S. 163) hat der Verband Deutscher Ingenieure erstmalig, neben den Produktentstehungs- und Lebensphasen der Produktplanung, Entwicklung (samt Konstruktion), Fertigung (mit Montage und Prüfung) und Vertrieb (inkl. Verkauf und Beratung), auch die Phase 5, den Gebrauch, durch die Attribute Instandhaltung und Verbrauch ergänzt. Als logische Folgerung ergibt sich die Entsorgung als sechste Phase. Der Materialfluss endet mit der thermischen Nutzung, dem Recycling oder der Deponie bzw. Umwelt. Der Produktlebenszyklus endet mit einem Systemwechsel im Unternehmen. Wiendahl (2010, S. 92; vgl. Abb. 4.7 in Kapitel 4) weist im erweiterten Produktlebenszyklusmodell mit der Vorbereitung und der Durchführung der Demontage darauf hin. Die idealtypischen Modelle sind in der Desinvestitionsstrategie bereits vom Recyclinggedanken geprägt. In der Praxis fehlt es jedoch nach wie vor an Erfahrungen. Die Ausbildung
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
619
von Rückstellungen für die Produktentsorgung gehört immer noch zur Ausnahme der Verbuchungspolitik im Unternehmen.
9.2.6
Infrastruktur und soziale Investition
Der Erfolg einer Investition ist abhängig von der Bereitschaft der Investitionsbetroffenen, allen Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu begegnen und in der betriebsinternen Routine flexibel auf Störungen zu reagieren. Die Mitarbeiter sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Innovation. Daher ist es von Vorteil, die Handlungsbetroffenen in allen Phasen des Investitionsprozesses so weit mit einzubeziehen, wie sich daraus eine motivierende Komponente ergibt. Dadurch lässt sich der Personenkreis situationsspezifisch abgrenzen und auf das Investitionsobjekt bzw. auf die intendierte Investitionsleistung beziehen. Die Bereitschaft zur Kooperation bei der Einführung von Strukturinnovationen, die in Investitionen und Desinvestitionen zum Ausdruck kommen, ergibt sich nicht von selbst. Die Mitarbeiterschaft muss dazu auch in der Lage sein oder aber in die Lage versetzt werden. Es gilt, die Unternehmensangehörigen zu schulen und ein Instrumentarium zu installieren, das die Betriebsdurchlässigkeit und damit die Einzelmotivation stärkt. Solche Maßnahmen sind selbst Investitionen, die sich nicht unmittelbar in der nach außen generierten Leistung zeigen, sondern die sich mittelbar auf das Innovationsverhalten auswirken. Es sind daher Investitionen, die sich nicht in der objektorientierten Planung als Einheit manifestieren. Um diese Investitionen zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren, bedarf es der eigenständigen Ausbildung von Teilsystemen. Das Personal-Controlling bildet im Unternehmen ein übergreifendes Koordinationsinstrument, mit dessen Hilfe der Personalbedarf, die Personalbeschaffung, der Personaleinsatz, die Personalhaltung, die Personalentwicklung, das betriebliche Vorschlagswesen, die Personalfreisetzung und schließlich die Personalkosten geplant und kontrolliert werden können (vgl. dazu Schulte 2011, S. 8). Damit lassen sich die operativen Handlungsabläufe der Personalwirtschaft optimieren. Es können Investitionen erfolgen, indem Systeme zu funktionaler Gewährleistung der Einzelkompetenzen implementiert werden. Hier müssen Ansatzpunkte gefunden werden, die eine Stärkung des gesamten Personalführungssystems nach sich ziehen. Der investitionsentscheidende Zusammenhang zwischen Anreiz, Motivation und Leistung wird von Weber (1994, S. 250; siehe Abb. 9.55) in der Zufriedenheit des Mitarbeiters gebündelt. Im Mittelpunkt steht die erbrachte Leistung des Mitarbeiters für das Unternehmen. Diese hängt von seiner Fähigkeit und Persönlichkeit, von seinen Anstrengungen, ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen, und von seiner Rollenwahrnehmung ab. Die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters führt zu einem Gerechtigkeitsempfinden bezüglich der Belohnung, die sich für ihn intrinsisch sowie extrinsisch manifestiert. Empfindungen, soziale und monetäre Belohnungen bilden die Zufriedenheit aus, also die Reaktion auf die wahrgenommene neue Wertigkeit aller Anreize. Verfahren, die Anreiz, Motivation und Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, tragen dazu bei, die spezifische Leistung eines jeden herauszustellen und abzugrenzen. Sie schaffen nicht nur eine Planungsdurchsichtigkeit, sondern erhellen die Verbindung zwischen der persönlichen und der betrieblichen Leistung. Sie schaffen ein Identifikationsmoment zwischen dem eigenen Tun und den Produkten, also den Leistungsbeiträgen des Unternehmens an das gesellschaftliche Umsystem. Solche Teilsysteme sind jedoch genereller Natur. Die Anforderungen ihrer Implementierung kommen wiederum nicht einen sondern
620
9 Objektorientiertes Controlling
allen Leistungsobjekten der Unternehmung zugute. Eine Investitionsrechnung ist problematisch, da den Ausgaben keine direkten Einnahmen gegenüberstehen, lediglich Kostenminderungen können aufgrund von Organisationsverbesserungen eintreten. Der eigentliche Effekt der sozialen Investitionen ist aber die Stärkung der Leistungsbereitschaft aller, also eine mittelbare und schlecht abgrenzbare Leistungssteigerung des Gesamtunternehmens. Als Anschauung kann die Einführung einer prozessorientierten Organisationsstruktur mit dem Ziel, ein TQM (Total Quality Management) zu applizieren, genannt werden, so wie es im Abschnitt 6.1 thematisiert wurde. Exemplarisch kann auch die Investition in ein integriertes Informationssystem exemplarisch herausgegriffen werden (siehe hierzu Abschnitt 8.2.1).
Abb. 9.55:
Zusammenhang zwischen Anreiz, Motivation und Leistung (nach Weber)
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
621
Die Implementierung derartiger Systeme bedeutet eine Investition mit Ausgaben in Soft- und Hardware oder Audits, aber auch in eine referenzmodellorientierte Reorganisation der Unternehmung und eine ausgedehnte Schulung aller Systemnutzer. Die Einführung und Zertifizierung von derartigen Systemen ist langwierig und muss jeweils als eigenständiges Projekt geplant werden. Die Bereitschaft zur kontinuierlichen Veränderung und zu einer internen wie externen Überprüfung aller Vorgänge im Unternehmen bedeutet eine große zusätzliche Leistung, die sich mittelbar auf alle Leistungsbereiche des Unternehmens auswirkt. Sie schafft aber auch die Disposition und die Offenheit, um sich in überbetriebliche Organisationsstrukturen einzubringen, die volkswirtschaftlich effektiver sind.
9.2.7
Betriebsexterne Investitionen
In der betrieblichen Investitionslehre wird zwischen der Realinvestition und der Finanzinvestition unterschieden. Erstere bezeichnet die betriebsinterne Sachinvestition, Letztere die Auszahlung zum Erwerb von Forderungs- und Beteiligungsrechten (Altrogge 1996, S. 7), also betriebsexterne Investitionen. Solange die Rechtseinheit gleich der unternehmerischen Handlungseinheit ist und solange nicht in den Strukturen von unternehmerischen Allianzen gedacht wird, ist diese Unterscheidung trennscharf und pragmatisch. In der modernen Betriebswirtschaftslehre kommt es nicht nur bei der Betrachtung von Transaktionskosten und in der Logistik zu betriebsübergreifenden Ansätzen (vgl. hierzu bspw. Picot 1986), sondern auf allen Bereichen setzen sich Überlegungen durch, in denen die betriebliche Handlung aus dem Gestaltungsansatz des Umsystems begründet wird. Das führt zu einem neuen Blickwinkel, der eine neue Begriffsbegrenzung nach sich zieht. Die Investitionstätigkeit eines Unternehmens kann nach innen gerichtet sein, sie kann sich aber auch mit der gleichen betriebswirtschaftlichen Zielsetzung nach außen richten, nämlich das eigene Tätigkeitsfeld innovativ zu verändern und damit zu stärken. Selbstverständlich gewinnt ein Unternehmen auch dann eine breitere Handlungsbasis, wenn es in Aktien oder Anteile von tätigkeitsfremden, aber profitablen Unternehmen investiert und diese als Finanzanlagen in das Anlagevermögen eingliedert. Diese Art von Finanzinvestitionen wird jedoch nicht weiter thematisiert. Im letzten Abschnitt werden die betriebsexternen Investitionen beschrieben, die dem Unternehmenszweck direkt dienen. Es sind vier Firmen zu unterscheiden:
Einerseits kann sich ein Unternehmen in die Leistungskette einbringen, indem es Minderheitsbeteiligungen von wichtigen Lieferanten oder Kunden erwirbt. Andererseits kann eine Vorwärts- oder Rückwärtsintegration, bzw. eine Verbreiterung der Handlungsbasis in der eigenen Branche betrieben werden, indem ganze Unternehmen aufgekauft werden. Besteht ein Unternehmensverbund, so ist zu unterscheiden zwischen der investiven Koordinierung von Aktivitäten bei vollständiger Kontrolle aller beteiligten Rechtseinheiten und Kooperationen. Der vierte unternehmensübergreifende Investitionsansatz ergibt sich in der Ausbildung von Allianzen.
622
9 Objektorientiertes Controlling
Lieferanten und Kunden sind Partner und Konkurrenten zugleich. Partner in dem Zusammenhang der Aufgabenbewältigung einer Leistungskette, Konkurrenten in der Aufteilung des daraus entstehenden Gesamtgewinns (vgl. Porter 1992, S. 90 ff.). Aus der Bewältigung der arbeitsteiligen Aufgaben einer volkswirtschaftlichen Leistungssequenz entsteht eine vielschichtige Relation. Es etabliert sich ein Beziehungsgefüge, das personell hierarchisch aufgefächert ist. Es bildet sich ein wirtschaftliches, aber auch technisches Zusammenwirken mit einer Vertrautheit in der prozessualen Effizienz und einem Misstrauen beim Gedanken an eine Übervorteilung gleichzeitig. Mit der Investition in eine Minderheitsbeteiligung bekommt die Zusammenarbeit eine zusätzliche Qualität. Trägt man zum Eigenkapital einer Unternehmung bei, so gehört man zu einer anderen Anspruchsgruppe als ein Lieferant oder Kunde. Man erwirbt ein Recht auf Informationen wie die Jahresabschlüsse und ein Recht auf Mitsprache bei der Aufsicht der strategischen Ausrichtung. Der Erwerb einer Minderheit schafft zwar einen neuen und zusätzlichen Einblick in das Geschehen eines relevanten Elements des Umsystems, es bedeutet jedoch nicht eine formale Zunahme von Einfluss und Macht. Verhalten sich Minderheiten nicht mehrheitskonform, so werden sie überstimmt. Die neue Rolle des „Miteigentümers“ schafft daher nur zusätzliche Einsichten, welche gepaart mit der Alltagserfahrung zu einer sicheren Verhaltensbasis führen. Die Rolle schafft aber auch eine qualitativ andere Relation, die zum Aufbau von informalen Strukturen zu nutzen ist. Bei Aktionärs- und Gesellschafterversammlungen bespricht man sich als Partner, und das schafft die wichtigste Grundlage der überbetrieblichen Kooperation: das Vertrauen.
Abb. 9.56:
Externe Investition durch Unternehmenszukauf
Eine betriebsexterne Investition kann durch den Kauf ganzer Unternehmungen erfolgen. Es lässt sich eine Investitionsrechnung durchführen, indem für das Kaufobjekt ein eigenes Basissystem modelliert wird. Mit dem Erwerb eines Unternehmens verschafft man sich gleich-
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
623
zeitig Zugang zum Betrieb von Produktionsmitteln wie auch zur Bedienung eines besetzten Marktes. Während in den 60er- und 70er-Jahren vornehmlich das Anlagevermögen den Kaufpreis bestimmte, rückt seitdem die Marktkomponente stärker in den Vordergrund. Ausschlaggebend sind hierbei die umsatzorientierten Kennzahlen unter Berücksichtigung der eigenen wirtschaftlichen Aktivität. Abhängig vom Standort in dem Marktgeflecht ergeben sich anders gelagerte Synergien (vgl. Abb. 9.57). Erwirbt man Marktvolumen in der gleichen Branche, so findet eine Koordinationsmöglichkeit der Unternehmen in derselben Produktions- oder Handelsstufe statt (vgl. hierzu Grimm-Curtis 1992, S. 52 f.). Diese horizontale Kooperation oder horizontale Konzentration – je nachdem, ob das zu erwerbende Unternehmen rechtlich selbstständig bleibt oder nicht – ermöglicht die Zusammenlegung gemeinsamer Aktivitäten der Verwaltung, der Logistik und der Materialwirtschaft. Eine vertikale Kooperation oder ein vertikaler Zusammenschluss erzielt man durch die enge Eigentumsverflechtung von Unternehmen aus aufeinanderfolgenden bzw. in einer Wertekette in Verbindung stehenden Produktions- und Handelsstufen. Bei der Rückwärtsintegration entstehen Synergieeffekte, indem man die Handlungsabfolgen bei der Erstellung der Unternehmensleistung aneinander anpasst. Erwirbt man ein Unternehmen, das eine Stufe überspringt, so kann man eine Marktdominanz innerhalb der Wertekette erreichen und den Gewinnanteil der dazwischenliegenden Stufe zum eigenen Vorteil mindern. Bei einer Vorwärtsintegration lassen sich entsprechende Organisationsvorteile erzielen. Die Synergieeffekte berühren jedoch nicht das Optimierungspotenzial der Aufwandseite des erwerbenden Unternehmens, sondern sie schaffen eine Planungskontinuität in einem Teilsegment des Ertrages, was wiederum Rationalisierungsmöglichkeiten bei der Leistungserstellung im eigenen wie auch im erworbenen Betrieb eröffnet. Grundsätzlich ergibt sich aus diesen Betrachtungen, dass eine Investition durch den Erwerb eines Unternehmens nicht ausschließlich an dem Wert festgemacht werden kann, der sich aus einer Bilanzbewertung ergibt. Ja, im Gegenteil kann das Anlagevermögen des Investitionsobjektes eventuell von vornherein zur späteren Desinvestition vorgesehen werden, um alsdann den rationelleren eigenen Produktionsstandard zu etablieren. Der Investitionsvorteil kann sich ausschließlich aus einer Steigerung der Einflussmöglichkeiten in der Marktstruktur ergeben. Eine rechnerische Basis zur Vorabevaluierung dieses Denkansatzes kann sich nur dann ergeben, wenn man das Gesamtgefüge in ein interaktives computergestütztes Modell einfügt, alle Planungsvorstellungen monetär umcodiert und das eigene Erwartungsniveau anhand des Kennzahlenverhaltens bei den Simulationsrechnungen überprüft. Die traditionelle Betriebswirtschaftslehre unterscheidet zwischen der Zusammenschlussbildung als Kooperation und als Konzentration. Bei der Kooperation bleiben beide Partner des Zusammenschlusses rechtlich und wirtschaftlich selbstständig, durch die Konzentration verliert einer seine wirtschaftliche Selbstständigkeit, im Extremfall entsteht durch Fusion oder Neubildung ein einziges neues Rechtssubjekt. Die klassische Investitionsrechnung differenziert nicht in Planungseinheiten. In der heutigen Wirtschaftssituation reorganisieren sich bereits mittelständische Unternehmen durch die Etablierung verschiedener Rechtseinheiten, deren Eigenkapital miteinander verflochten ist. Größere Investitionsprojekte betreffen daher in der Regel mehrere Rechtseinheiten. Um das zu verdeutlichen, wird ein Fallbeispiel beschrieben, in dem eine Gesamtunternehmung eine Rechtseinheit für die Produktion, eine für den Vertrieb, eine Immobilien- und eine Personalgesellschaft gebildet hat und den Bau einer
624
9 Objektorientiertes Controlling
neuen Produktionsstätte plant. Es ergibt sich ein Investitionsprojekt, von dem vier Rechteinheiten betroffen sind – ein Fall, der sich in der Praxis häufig noch komplexer darstellt. Nun gilt es, für diese Situation ein Investitionsmodell zu definieren, das einerseits die Belange einer jeden Einheit abbildet, andererseits aber die Interdependenzen des Projektes gebührend berücksichtigt. Für das Produktionsunternehmen ergibt sich die Beschaffung und Installation der Anlage, für die Immobiliengesellschaft der Bau der dazugehörigen Werks- und Lagerhallen, die Personalgesellschaft hat Mitarbeiter zu entlassen, umzuschulen und neu Qualifizierte anzustellen, und das Vertriebsunternehmen schließlich muss die Einführungswerbung finanzieren und eine vergrößerte Infrastruktur für die Gewährleistung der Distribution stellen (vgl. Abb. 9.57). Produktionsunternehmen
Personalunternehmen stellt Personal
• Anlageninvestition • Prozessinvestition
vermietet Immobilien
Investitionsprojekt
Immobiliengesellschaft • Grundstückserwerb • Bauinvestition
Abb. 9.57:
liefert Produkt vermietet Immobilien
• Entlassung • Schulung • Neuanstellungen
stellt Personal
Vertriebsunternehmen • Werbeaktivität • Anlageninvestition • Prozessinvestition
Investition im zusammengehörigen Unternehmensverbund
Bei der Frage, wie eine Investitionsrechnung hier erbracht werden kann, muss zunächst geklärt werden, welche Rechtseinheit ein Risiko tragen soll und welche nicht. Da sowohl das Produktions- als auch das Vertriebsunternehmen Bezieher der Leistung von der Immobiliengesellschaft sind und diese ihre Investition unter dem Kriterium der Mietsicherheit erstellt, kann der Mietzins mathematisch ermittelt werden. Das gilt nur unter der Voraussetzung, dass der Immobiliengesellschaft kein Risiko zugemutet wird, bis auf die Möglichkeit des Scheiterns des Gesamtprojektes. Dann ergeben sich die Mietaufwendungen für die Produktionsund Vertriebseinheiten aus der Summe der quadratmeterspezifischen Wartungsaufwendungen und dem Produkt des Kapitalgewinnungsfaktors (KWF) multipliziert mit der Investitionssumme (K0) der Immobiliengesellschaft. Jahresmiete = Jahreswartungsaufwand + K0 * KWF
(44)
K0 = Kapitalbetrag zum Zeitpunkt t0 KWF = Kapitalgewinnungsfaktor Der Kapitalbetrag ergibt sich aus allen während der Bauzeit angefallenen Ausgaben, die im Rahmen dieses Projektes als transitorische Aktiva kumuliert worden sind. Diese können auch die bis dann angefallenen Zinslasten mit aufnehmen. Maßgebend ist ein für die beteiligten
9.2 Strategische Planung und Umsetzung
625
Parteien plausibler Betrag, der zu Beginn der ersten Mieteinnahmen als Immobilienwert in das Anlagevermögen umgebucht wird. Der Kapitalgewinnungsfaktor oder auch Verrentungsfaktor wiederum enthält die Berechnungsfaktoren des Kalkulationszinssatzes (i) und der Laufzeit. KWF = i * (1+i)n
(45)
n
(1+i) - 1 KWF = Kapitalgewinnungsfaktor i = Kalkulationszinssatz n = Laufzeit Beide Faktoren sind im Diskurs festzusetzen. Auf einem Kalkulationszinssatz, der über dem durchschnittlichen Bankzinssatz liegt, kann man sich schnell einigen. Strittig ist sowohl die Höhe des Leverage-Effekts als auch die Laufzeit der immobilen Investition, wenn sie kleiner als ihre Abschreibungsdauer angesetzt wird. Nach dem gleichen Muster kann auch bei der Personalgesellschaft verfahren werden. Neben der Weiterleitung der Personalkosten und einer Bearbeitungspauschale werden die hier entfallenen Investitionen über eine vereinbarte Annuität in diese Rechtseinheit zurückgeführt. Für Produktion und Vertrieb verbleiben jedoch Risiken, die sich nicht in einer Formel der Investitionsrechnung abbilden lassen, sondern die nur in komplexen Strukturen zu modellieren sind. Zunächst einmal ergibt sich die Problematik des Verrechnungspreises zwischen den beiden Einheiten. Hier kann für das Produktionsunternehmen folgende Risikoabgrenzung getroffen werden: Die produzierte Leistung wird zu Selbstkostenpreisen abgegeben unter der Voraussetzung, dass diese unter den Marktpreisen liegen. Es kann aber auch eine Vereinbarung getroffen werden, dass zur Weitergabe stets die Marktpreise abzüglich einer prozentualen Pauschale, etwa 18 %, anzusetzen sind. In beiden Fällen variiert jedoch die Differenz zwischen den jährlichen Ein- und Ausgaben erheblich in Anbetracht der einzubeziehenden Umsatzschwankungen, obwohl der Effekt bei der Produktionsunternehmung größer ist, da hier der fixe Kostenanteil in der Regel größer ausfällt. Dennoch kann die Planbarkeit der Investition so ausgelegt werden, dass dem letzten Element der betrachteten Wertekette die größten Risikofaktoren zukommen, also in diesem Fall dem Vertrieb. Das ist für eine Sensitivitäts- und Sensibilitätsanalyse des gesamten Investitionssystems ein probates Vorgehen. Bei der realen Durchführung jedoch kann eine einzelne Einheit nicht als Risikoelement belassen werden. Das Gesamtrisiko der Gesamtinvestition sinkt mit der Höhe des Eigenkapitalbetrages, da hiermit die kumulierten Zinsaufwendungen sinken. Gerät das System trotz adäquaten Eigenkapitalsupports während der operativen Integration in eine Schieflage, so wird man alle angenommenen Modellstrukturen über Bord werfen. Es wird eine neue Struktur definiert, mit deren Hilfe der dann anfallende Verlust ausgeglichen werden kann. Hierzu muss jedes der involvierten und als Rechtseinheit abgegrenzten Unternehmen entsprechend seiner sonstigen Potenz auf Gewinn verzichten und einen Beitrag zur Rettung der Investition leisten. Gelingt das nicht, so muss desinvestiert werden, entsprechend ein neuer Modus gefunden werden, wie die bis dahin entstandenen Verluste zu tragen sind.
626
9 Objektorientiertes Controlling
Und wie funktioniert die Allianzenbildung? Prinzipiell genauso. Auch hier kooperieren verschiedene Rechtseinheiten oder – etwas weiter gefasst – Unternehmenskonglomeraten aus denen einzelne Einheiten miteinander in einen operativen und damit auch in einen investiven Zusammenhang treten. Zunächst einmal ist der Aufbau einer Allianz mit Investitionen verbunden. Das Kommunikationsgebaren der Partner muss synchronisiert werden. Damit keine zusätzlichen Overheads zu tragen sind, sondern im Gegenteil Rationalisierungseffekte ausgeschöpft werden können, sind die Informationsflüsse schlank zu halten. Es müssen gemeinsame syntaktische, semantische und pragmatische Informationsstrukturen gefunden und eine entsprechende technische Umsetzung gewährleistet werden, um eine unternehmensübergreifende Kommunikation zu ermöglichen. Normen hierfür werden gesellschaftlich ausgebildet wie etwa die ISO 9000 ff., oder das EDI (Electronic Data Interchange; vgl. hierzu Brosda/Jaspersen 1995, S. 17 ff.). Die technische und soziale Implementierung muss jedoch jeweils von den Partnern einer Allianz erbracht werden. Aber die formalen Strukturen eines Lean Information Managements reichen für die Gestaltung gemeinsamer Investitionsvorhaben nicht aus, sie bilden nur eine Voraussetzung. Gemeinsame Investitionen sind vor allem davon abhängig, dass jeder Beteiligte den anderen Einblick in die eigene Handlungssphäre erlaubt. Jeder Partner kann in der Regel auf eine Struktur zurückgreifen, in der bestimmte Kosten nur indirekt ersichtlich sind. Bspw. können Mietausgaben zu äußerst profitablen Mieteinnahmen einer Personengesellschaft führen. Gegenüber dem Mitspieler in der Allianz öffnet man nur ein Fenster: Man offenbart die monetäre Struktur eines Unternehmens oder von einer Gruppe von Gesellschaftern. Das, was man zeigt, muss in sich plausibel sein und insbesondere glaubwürdig. Denn die Basis des gemeinsamen wirtschaftlichen Handelns sind nicht die angewendeten Methoden und Verfahren der Investition, sondern das gegenseitige Vertrauen. Laufen Investitionsprojekte gut, so ist alles einfach. Das richtige Vertrauen zeigt sich jedoch erst in der Krise. Wenn es darum geht, gemeinsame Verluste zu tragen, zeigt sich der Wert einer Partnerschaft. Und Verluste gehören ebenso zum gemeinsamen Investieren wie die von uns allen gewünschten Gewinne.
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Vierter Teil: Controlling und Kommunikation 10. Operatives Kommunikationscontrolling Web-Technologie Wissensmanagement Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme Individualisierte Kommunikationssysteme 11. Strategisches Kommunikationscontrolling Gestaltung und Wartung integraler inner- und überbetrieblicher Systeme Change Management Projekt-Management 12. Kommunikation und Controlling an Hochschulen Rahmenbedingungen der Hochschulsteuerung Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme an Hochschulen
Wie funktioniert das Controlling innerhalb von Internet-, Extranet- und Intranetstrukturen?
Welche Controllingmechanismen sind bei der Gestaltung der inner- und überbetrieblichen kommunikativen Integration zu berücksichtigen?
Welches sind die Merkmale vom prozessorientierten Wissensmanagement?
Inwiefern ist Change Management als Controllingprozess zu verstehen?
Welche Controllingstrukturen etablieren sich durch standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme wie Content Management Systeme (CMS) und Customer Relationship Management (CRM)?
Wie ist die Aufbau- und Ablauforganisation beim Projekt-Controlling zu gestalten?
Welchen Einfluss haben die E-MailKommunikation und Social Media auf das betriebliche Controlling?
Welche Rahmenbedingungen der staatlichen Hochschulsteuerung sind bei der Etablierung von Controllingstrukturen zu berücksichtigen? Wie können hochschulische Berichtssysteme zur integrierten Planung und Kontrolle ausgestaltet sein?
10
Operatives Kommunikationscontrolling
Kommunikationscontrolling ist kein etablierter wirtschaftlicher Fachbegriff. Zwar rückt die Kommunikation auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion stärker in den Mittelpunkt, aber eine systematische Planung, Umsetzung und Kontrolle dieses Bereiches wird bisher noch nur in Ausnahmen fokussiert (vgl. Piwinger/Porák 2005). Dennoch sind erste Schritte auf diesem Weg deutlich erkennbar. Pepels (2011) zentriert seine absatzorientierten Ausführungen unter der Begrifflichkeit Marketing-Kommunikation, und Bruhn (2010) verbreitert diese Basis in seiner Kommunikationspolitik zu einem systematischen Einstieg der Kommunikation für Unternehmen. Reichmann (2011, S. 451 bis 471) erweitert bereits in seiner achten Auflage von „Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten“ sein Standardwerk um das Kapitel „Informationsverarbeitungs-Controlling“, thematisiert jedoch hier schwerpunktmäßig die Informationshandhabung und nicht die menschliche Kommunikation. Bei der Klassifikation der Informationstechnologie ist die Separation von
technischer IT, wirtschaftlicher IT und kommunikativer IT
durchaus trennscharf (vgl. Jaspersen 2006, S. 195 f.).
Studien über die Diffussion neuer Produkte, Ideen und Praktiken
Studien über die Diffusion neuer Produkte, Ideen und Praktiken
Studien über die Verbreitung von Nachrichten und Gerüchten Abb. 10.1:
Studien über Produkt-, Marken-, und Servicewerbung
Kommunikationsforschung
Studien zur öffentlichen Meinung
Studien über Wahlkampagnen und Wählerverhalten
Studien über mitarbeitergerichtete Kommunikation
Forschungsrichtungen der Kommunikation (nach Clark/Brock/Stewart)
634
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Und sicherlich ist die IT ein Treiber in der Entwicklung der Kommunikation und zwar in eine Richtung, die dem Kommunikationscontrolling einen zentralen Platz einräumt. Methodologisch sind hier große Lücken, welche erst die Interaktion zwischen theoretischer Fundierung und praktischer Erfahrung schließen kann. Kommunikationsforschung, so Bruhn (2010, S. 37 f.), ist gekennzeichnet durch ihre Interdisziplinarität und die Vielzahl der verschiedenen Themenbereiche. In Anlehnung an Clark/Brock/Stewart (1994, S. 43 f.) verdeutlicht Bruhn (2010, S. 38; siehe Abb. 10.1) die Bandbreite der thematischen Ausprägung von Studien über die Diffusion neuer Produkte, Ideen und Praktiken über Studien über Gehirnwäsche bis hin zu Studien über mitarbeitergerechte Kommunikation. Bruhn (ebenda S. 39) teilt die Strömungen der Kommunikationsforschung in Kommunikationsökonomie, Kommunikationspsychologie, Kommunikationssoziologie und Kommunikationsneurologie. Dabei beschäftigt sich die wirtschaftliche Betrachtung vor allem mit der Werbeökonomie. Erst neuere Überlegungen verbinden Theorien der Werbung mit informationsökonomischen Aspekten (Bruhn/Janßen 1998).
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Abb. 10.2:
Persönliche Kommunikation Symbolisierte soziale Kommunikation
Mediale Kommunikation
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Der hier verfolgte Ansatz geht über die Aspekte des Marketing-Controllings weit hinaus. Betriebliches Geschehen findet auf der Grundlage menschlicher Interaktionen statt. Auch wenn kein Unternehmen da ist, wird das gesellschaftliche Geschehen durch einen Teppich der sozialen Kommunikation bestimmt. Luhmann (1969, S. 831f.) definiert in Grochlas Handwörterbuch der Organisation: „Kommunikation ist Übermittlung von Informationen jeder Art. Im Unterschied zum Informationsaustausch in organischen Systemen und Maschinen ist unter sozialer Kommunikation die Übermittlung von Informationen in sozialen Systemen zu verstehen, d. h. in Systemen, die aus Handlungen mehrerer Menschen dadurch gebildet sind, dass diese Handlungen ihrem Sinn nach aufeinander bezogen sind. Alles Handeln, das für andere sichtbar ist, leistet zugleich eine mehr oder weniger bewusste Darstellung, also Übermittlung, von Sinn. Insofern bestehen soziale Systeme letztlich aus Kommunikationen. Im engeren Sinne kann man von Kommunikation dann sprechen, wenn ein Handeln bewusst und ausdrücklich die Übermittlung von Informationen als seinen Hauptzweck anstrebt. In diesem Sinne ist Kommunikation eine besondere Art von sozialem Verhalten neben anderen Verhaltensweisen. Zumeist meint der Kommunikationsbegriff dieses auf Kommunikation spezifizierte Verhalten.“ Dementsprechend bestehen soziale Systeme nach Luhmann statt aus Menschen aus Kommunikationen als Elementen. „Eine Kommunikation ist definiert als die Einheit der dreifachselektiven Differenzierung von Information, Mitteilung und Verstehen“ (Krause 1999, S. 28). In der Abbildung 10.2 ist dieser Teppich symbolisch dargestellt. Das betrachtete gesellschaftliche Umsystem, in dem sich die betriebliche Realität abspielt, wird dargestellt als ein Raster von Personen (P), die in kommunikativer Verbindung stehen. Hierbei werden zwei Kommunikationsformen voneinander getrennt, die unmittelbare menschliche (face-to-face) Kommunikation und die Kommunikation aus Information, Mitteilung sowie Verstehen, welche mit der Hilfe eines elektronischen Mediums vollzogen wird. althaus A
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Abb. 10.3:
Darstellung der Suchhäufigkeit der Begriffe „Althaus“ und „Skihelm“ in Google Trends (nach Hettler)
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Selbstverständlich ist eine solche Struktur dynamisch und sowohl durch individuelles Verhalten als auch durch das Wirkungsfeld sozialer Organisationen sowie den Einfluss von prägnannten Ereignissen bestimmt. So zeigt bspw. Hettler (2010, S. 84 f., siehe Abb. 10.3), wie sich die Suchhäufigkeit der Begriffe Althaus und Skihelm nach einem Pistenunfall mit Todesfolge über einen Zeitraum von drei Wochen ändert. Auch ist die Kommunikation über die reine Semantik nicht ausreichend definiert. Jede Kommunikation zwischen Individuen ist eingebunden in einem bzw. mehreren sozialen Systemen. So entsteht nach Luhmann eine doppelte Kontingenz in der Relation zwischen Kommunikation und Handeln auf der Individualebene und der Ebene des sozialen Systems (vgl. dazu Krause 1999, S. 28 f.). Auch der Aspekt des Verstehens ist zu differenzieren. Watzlawick/Beavin/Jackson (1990, S. 53 ff.; Originalausgabe 1967) trennen zwischen dem Sachaspekt und dem Beziehungsaspekt. Die Beziehungsebene wird wiederum in Selbstdarstellung, Fremdeinschätzung und Appellation unterteilt. Auch Pepels (2011, S. 171 f.) greift das Beispiel von Watzlawick auf, in dem der Beifahrer zur Fahrerin sagt: „Du, da vorne die Ampel ist grün.“ Die Sachinhaltsebene ist klar. Es geht um die objektive Nennung eines Sachverhalts. Die Beziehungsebene enthält jedoch vielschichtige Aspekte, wie bspw.:
„Selbstdarstellung des Botschafters, hier die Aussage, dass er es wohl eilig hat und die Grünphase der Ampel nicht verpassen will, Fremdeinschätzung des Botschaftsadressaten durch den Absender, hier also die Meinung, helfen zu müssen, damit die Fahrerin besser zurecht kommt, Appellation an den Botschaftsadressaten, hier die Aufforderung an sie, nicht solange zu trödeln, bis die Ampel wieder auf Rot umspringt.“
Sachinhaltsebene Beziehungsebene Selbstdarstellung Fremdeinschätzung Appellation Abb. 10.4:
Ebenen der Kommunikation (nach Watzlawick)
In der Modellierung, die hier weiter verfolgt wird, werden all diese Aspekte zunächst vernachlässigt, obwohl sie für betriebliche Handlungsebenen von sehr hoher Relevanz sind (vgl. Jaspersen 1999, S. 134 f. und 149 f.). Allein das Vorhandensein einer Kommunikationsstruktur – unabhängig von der Existenz einer jeweiligen sozialen Organisation – reicht schon aus, um zu verdeutlichen, auf welcher instabilen und heterogenen sozialen Basis ein Unternehmen aufsetzen muss. In der Abbildung 10.5 wird das Unternehmen als soziales System von
10 Operatives Kommunikationscontrolling
637
dem Umsystem abgegrenzt. Selbstverständlich entsteht innerhalb dieses Systems eine eigenständige Kommunikationsstruktur, welche gekennzeichnet ist durch:
die formale Organisation mit ihrem hierarchischen Aufbau und ihren als Prozess gegliederten Abläufen und die informale Organisation zwischen den Personen, welche durch die Systemgrenze als Betrachtungsmenge des Unternehmens definiert sind.
Aber das unabhängig davon vorhandene Netz verbleibt wirksam. Die Personen pflegen ihre exogenen Kommunikationsbeziehungen und verknüpfen diese mit der informalen betrieblichen Kommunikationsstruktur. Dabei hat nicht jede direkte zwischenmenschliche Kommunikation ihr Korrelat in einer elektronischen Verbindung. Die Interaktion entwickelt sich mit und ohne bzw. mit oder ohne digitalem Medium, je nach Vorliebe und Bedarf. In jedem Fall wird von den Mitarbeitern des Unternehmens mit großem Selbstverständnis die ITInfrastruktur genutzt, um sowohl die private als auch die betriebliche Kommunikation zu vollziehen.
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Abb. 10.5:
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Persönliche Kommunikation
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Unternehmen vor dem Hintergrund sozialer Kommunikation
Problematisch ist die Abgrenzung der endogenen und der exogenen Kommunikationsstruktur. Was die face-to-face-Interaktion angeht, schafft die räumliche Trennung zwischen der inner- und der außerbetrieblichen Sphäre eine hinreichende Distanz. Lediglich die Arbeitszeitabgrenzung schafft die Permeabilität. Auf digitaler Ebene bildet das Internet eine universelle Kommunikationsplattform, an die die meisten Personen unserer Gesellschaft angeschlossen sind. Bereits jeder dritte Deutsche verfügt über ein Smartphone. Zusammen mit
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
den heimischen Computern übersteigt die Dichte rein statistisch gesehen bereits die Bevölkerungszahl. Um einen geschützten Bereich auszubilden, bilden Unternehmen ein eigenes Netz, das Intranet. Aber die Permeabilität ist nicht gewährleistet, zumal die Nutzung und Verbreitung von Inhalten über externe Datenspeicher leicht miteinander verkoppelt werden können. Während die Übergabe von vertraulichen Betriebsdokumenten außerhalb des Unternehmens noch eindeutig als Entlassungsgrund herangeführt werden konnte, ist das Versenden von E-Mails mit Anhang im subjektiven Empfinden harmlos. Hier bedarf es Kontrollmechanismen, und die digitale Kommunikation hinterlässt auch Datenspuren, welche dafür herangezogen werden können. Aber eine sinnvolle Kontrolle benötigt Richtwerte, gegen die zu kontrollieren ist, und insofern sind zweckmäßigerweise Kommunikationscontrollingverfahren zu etablieren. Das gilt für den gesamten Abstimmungsbedarf innerhalb der formalen und in bestimmten Bereichen der informalen Kommunikation. Bruhn (2009, S. 15 f., vgl. Abb. 10.6) identifiziert sechs Bereiche der Entstehung von Defiziten in der Kommunikation.
Abb. 10.6:
Abstimmungsbedarf und Bereiche der Entstehung von Defiziten in der Kommunikation (nach Bruhn)
Im ersten Bereich geht es um die Abstimmung zwischen der internen und der externen Kommunikation, der zweite Bereich umfasst die Koordinierung der internen Kommunikation auf horizontaler Ebene zwischen den Abteilungen der Aufbauorganisation, der dritte Bereich strukturiert die interne Kommunikation in Abstimmung mit den vertikalen Prozessen der verschiedenen Hierarchiestufen. Weiterhin gilt es, die externe Kommunikation auf horizontaler (4) und auf vertikaler Ebene (5) abzustimmen. Ein exogener Anspruchssteller möchte auf jeder Abteilung einen homogenen Wissens- sowie Entscheidungsstand vorfinden und will sich auch nicht auf jeder Hierarchieebene wiederholen bzw. mit Inkonsistenzen auseinandersetzen. Hierzu bedarf es im sechsten Bereich einer formalen Abstimmung zwischen der horizontalen und der vertikalen Kommunikation.
Als Gegenstandsbereiche der Kommunikationspolitik definiert hierbei Bruhn (2010, S. 4; siehe Abb. 10.7 oberer Teil) drei Erscheinungsformen der Kommunikation:
10 Operatives Kommunikationscontrolling
639
die externe Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden, die interne Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern und die interaktive Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Mitarbeitern.
Es fehlen in diesem Bild die Interaktionen mit weiteren Anspruchsgruppen, das Dreieck von Bruhn kann daher zu einem Viereck vervollständigt werden (siehe Abb. 10.7).
Abb. 10.7:
Erscheinungsformen der Kommunikation
Was jedoch in dieser Modellierung gänzlich fehlt, ist der Hintergrund der informalen Kommunikationsbeziehungen des Umsystems. Der ist immer da und beeinflusst das Betrachtungssystem auch dann, wenn es sich nicht nur um ein Unternehmen handelt, sondern um eine Wertschöpfungskette. In der Abbildung 10.8 wird ein solcher Verbund vereinfacht dargestellt. Das Betrachtungsunternehmen U hat Lieferanten UL und einen Leistungsempfänger UE. Jedes Unternehmen ist über das Internet mit der Außenwelt verbunden und verfügt über ein eigenes Intranet. Begibt man sich außerhalb der innerbetrieblichen Sphäre geschützter lokaler Netzwerke, so betritt man Kommunikationsräume, welche erhebliche Risiken für das Unternehmen U mit sich bringen. Es gilt hier Schutzmechanismen einzurichten, die nicht nur technischer Natur sind. Es muss auch das soziale Verhalten verändert werden. Dennoch bemüht man sich zunächst, technische Lösungen zu finden, um sich den mühsamen Prozess der individuellen Neuausrichtung zu ersparen.
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
Die Verbindung eines bestehenden Netzwerkes an öffentliche Netzwerke birgt das Risiko, dass Unbefugte von außen auf das Firmennetzwerk zugreifen können. Erst mit einer technisch abgesicherten Systematik – das Extranet – ist eine externe überbetriebliche Kommunikation zu verantworten. Hierbei ist die Verbindung zu den Partnern der Wertschöpfungskette zunächst die wichtigste, da hiermit unmittelbare Kostenreduktionen zu erzielen sind. Dabei kann unterschieden werden zwischen den Aktivitäten, welche dazu dienen, den operativen Prozess zu gewährleisten (wie die Beschaffungskommunikation und die dazugehörigen Transaktionen), und den Aktivitäten, welche zur innovativen Entwicklung des Unternehmens notwendig sind. Die Investitionskommunikation sowie Forschung und Entwicklung weisen eine andere Rhythmik auf (vgl. Jaspersen 2004, S. 299 f., siehe Abb. 10.8). C2C-Kommunikation
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Abb. 10.8:
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B2C-Kommunikation
Mediale Kommunikation
Wertschöpfungskette vor dem Hintergrund sozialer Kommunikation
In der Modellierung der Abbildung 10.8 hat das letzte Unternehmen UE der Wertschöpfungskette seinen Absatz mit einzelnen Personen, d. h. mit Endkonsumenten. Schon an der Struktur wird deutlich, welche Unterschiede auftreten. Die digitale Kommunikation erfolgt maßgeblich über das öffentliche Netz, die Personen werden individuell angesprochen, und sie sind jeweils in einer eigenen Vernetzung eingebunden, die sich leicht zu einem Ganzen formieren, aber ebenso leicht in die Vereinzelung zerfallen kann. Aus diesem Grund haben sich IT-Techniken und Kommunikationsmethoden gebündelt, die von ihren Nutzern mit für sie typischen Überschriften versehen worden sind:
10 Operatives Kommunikationscontrolling
641
Die technisch abgesicherte und von den jeweiligen formalen Organisationen geprägte Kommunikation wird mit dem Kürzel B2B (Business to Business) klassifiziert. Die in der Regel interaktive, aber auch teilautomatisierte und in jedem Fall protokollierte Interaktion mit dem Endkonsumenten wird als B2C (Business to Consumer) bezeichnet. Und die medial unterstützte, internetgeprägte sowie durch Social Media verstärkte Kommunikation zwischen Individuen wird mit dem Kürzel C2C (Consumer to Consumer) betitelt.
In diesem Fachbuch wird das technische Controlling vom wirtschaftlichen Controlling getrennt. Als dritte Kategorie wird das Kommunikationscontrolling in den Mittelpunkt gestellt. Es ist gegenüber den erstgenannten Controllingmethoden und -prozessen von einer Eigenständigkeit gekennzeichnet, für die eine Unterordnung unzweckmäßig ist:
Zum einen ist das Kommunikationscontrolling wie auch das technische Controlling gegenüber dem wirtschaftlichen Controlling von einer eigenen inkommensurablen Qualität bestimmt, der sozialen Interaktion. Zum anderen ist die Kommunikation immer doppelbödig. Jede Notation hat stets eine Konnotation. Auch bei formalen Interaktionen wirkt unter Menschen neben der Sachinhaltsebene stets die Beziehungsebene. Weiterhin umfasst das Kommunikationscontrolling Teilsysteme und nicht Subsysteme. E-Mails werden für alle endogenen und exogenen Belange des Unternehmens geschrieben. Es gilt also generelle Regelungs- und Steuerungsmechanismen zu gestalten sowie zu implementieren. Schließlich sind die betrachteten Systeme beim Kommunikationscontrolling sehr komplex, und dementsprechend besteht in der IT die Tendenz, Informationen aus verschiedenen Systemen zu koppeln, um die Ströme der Kommunikation zu regeln und zu steuern.
Es ist daher naheliegend, dass sich die Verfahren des Kommunikationscontrollings nicht nur auf die Belange der operativen Tätigkeiten im Unternehmen beziehen, sondern auch Aspekte – teilweise sogar zentral – der strategischen Ausrichtung fokussieren.
10.1
Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
Die Etablierung von standardisierten Informations- und Kommunikationssystemen ist – herkunftsbedingt – geprägt von der absatzorientierten Geschäftsprozessgestaltung und wird getrieben durch die Entwicklung sowie Verbreitung digitaler Interaktionstechnologien. Ihre Tendenz zur Integration aller unternehmerischen Aktivitäten ist unverkennbar, aber das betiebliche Marketing dominiert das Handlungsspektrum dieser Systeme. Das Management der Gesamtkommunikation als Top-down-Planung orientert sich nach Bruhn (2009, S. 167; vgl. Abb. 10.9) an der Regelkreisstruktur mit den Phasen der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle.
642
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Nach der Analyse der gesamten Kommunikationssituation erfolgt die Festlegung der Ziele, die Definition der Zielgruppen, die Auswahl der Kommunikationsinstrumente, die Integration der Planungselemente in die Strategie der integrierten Kommunikation, die Budgetierung, die Realisierung und die Erfolgskontrolle.
Abb. 10.9:
Managementprozess der Gesamtkommunikation (Top-down-Planung) (nach Bruhn)
So wie die Produktion von Leistung nach neuen Formen sucht, um sich flexibel zu organisieren, so trifft man auch im Absatzbereich neue Handlungsmuster, welche die betrieblichen Controllingaktivitäten stark beeinflussen. Auch hier wird der Rhythmus von der Entwicklung der Datenverarbeitung vorgegeben. Die internen Informationen sind bei den Unternehmensentscheidungen noch immer dominant. Wirtschaftliches Controlling ist ein endogenes Instrument. Aber die globale Vernetzung verändert das Bild. Plötzlich eröffnen sich Kommunikationsmöglichkeiten mit den Endabnehmern betrieblicher Leistung, die zu vollkommen neuen, exogen geprägten Planungsdaten führen. So können sich auch die Handlungsabläufe verändern und natürlich auch die korrespondierenden Controllingmechanismen. Hünerberg/Mann (1997, S. 168; vgl. Abb. 10.10) bilden den Paradigmenwechsel des Marketings in einer Darstellung ab, wo der traditionelle Ansatz der Kundenkommunikation dem elektronisch geprägten Kundendialog gegenübergestellt wird. Das Marketing des vergangenen Jahrhunderts ist geprägt durch die Massenkommunikation. Das Unternehmen führt einen Monolog mit dem Kunden, es kommt zu einer einseitigen Beeinflussung. Ziel ist der Besitzstandswechsel der angebotenen Leistung als kurzfristige Geschäftsabwicklung: das Transaktionsmarketing. Mit den Möglichkeiten der Individualkommunikation tritt eine Änderung ein. Mit der Hilfe von Kundendialogsystemen entsteht zwischen Kunde und Unternehmen eine Kommunikation zur gegenseitigen Abstimmung.
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
643
Ziel ist es, eine langfristige Partnerschaft aufzubauen. Im Beziehungsmarketing steht nicht der Verkauf im Mittelpunkt, sondern die Befriedigung eines spezifischen Bedürfnisses über einen längeren Lebensabschnitt. Man verkauft nicht mehr ausschließlich das Produkt, sondern die gesamte Dienstleistung, welche mit der funktionalen Nutzung des Produktes im Zusammenhang steht.
Abb. 10.10: Kundendialog und Beziehungsmarketing (nach Hünerberg/Mann)
Der Verkauf ist zwar nach wie vor von zentraler Bedeutung. Hier findet nicht nur der Besitzstandswechsel zwischen Unternehmen und Kunde statt, sondern auch die monetäre Umcodierung von betrieblicher Leistung in Geld. Der Umsatz, ausdifferenziert nach Zeit, Produkt, Ort und Kunde ist der betriebliche Kennwert zur Planungsausrichtung im Unternehmen. Aber der Kundendialog geht darüber hinaus. Die normierten Geschäftsprozesse in einem produzierenden Unternehmen wurden im Methodenspektrum der REFA um die Nutzungsphase und die Recylingphase erweitert (vgl. Werntze 1997, S. 163). Damit ist das inhaltliche Spektrum der gegenseitigen Abstimmung vergrößert. Es wird ein Kundendialog etabliert, der sich mit
der Informationsphase vor dem Kauf, der Serviceversorgung während der Nutzung und der Verwertung bei der Entsorgung
auseinandersetzt. Neben der rein quantitiativen Bewertung Kauf/Nichtkauf verschafft sich das Unternehmen einen Zugang zu qualitativen Anforderungen des Kunden an das angebotene Leistungsspektrum des Unternehmens. Mit der Auswertung der Verkaufskennziffern weiß man, dass eine Leistung angenommen bzw. abgelehnt worden ist. Mit der Nutzung von qualitativen Attributen aus Kundenwünschen weiß man, warum eine Leistung bevorzugt wird und wie man sich ändern muss, um eine direktere Kundenakzeptanz hervorzurufen. Fügt man diese neuartigen Kennzahlen in die betrieblichen Controllingverfahren ein, so eröffnet
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
sich eine neue Dimension der unternehmerischen Kundenorientierung. Um zu einer Innnovation durch Technik und Organisation zu gelangen, sind drei Problemfelder zu regulieren und zu steuern: die Probleme der Dezentralisierung, die Erweiterung des eigenen Leistungsspektrums durch produktbezogene Dienstleistung und die Production on Demand. Alle drei Themen sind unmittelbar verknüpft mit der Erweiterung der exogenen Informationssysteme und mit der verstärkten Einflussnahme von außen auf das Geschehen im Inneren des Unternehmens. Leidig/Stanke/Rüger/Thiele (1997, S. 396 ff.) schreiben dazu: „Viele Unternehmen müssen ihr Leistungsspektrum und das Geschäftssystem überdenken und sich entscheiden, wo sie ihre Schwerpunkte setzen bzw. welchen Nutzen sie ihren Kunden bieten wollen – und können. Auf der Basis der Leitlinien sind für das Kunden Management sechs Bausteine elementar, die es einzeln oder im Gesamtzusammenhang umzusetzen gilt.“
Das dialogorientierte Marketing führt zu einer individuellen Kundenansprache und setzt eine entsprechende Segmentierung der Kunden und eine Identifikation der segmentspezifischen Bedürfnisse voraus. Der innovative Produkt- und Dienstleistungs-Mix wird den veränderten Kundenanforderungen gerecht. Neben dem eigentlichen Produkt werden auch nutzenstiftende Dienstleistungen angeboten, wie Montage, Nutzerschulung, Finanzierungshilfen, Reparatur und Wartung. Mit einem professionellen Servicemanagement wie dem produktnahen Service – Auslieferung, technische Wartung und Reparatur – erweitern Unternehmen ihr Handlungsspektrum. Ein reaktionsschnelles Beschwerdemanagement muss als Kundendialogsystem ausgebaut werden. Durch eine prozessorientierte Vertriebsstruktur werden die Schnittstellen zum Kunden vereinfacht und reduziert, um Bearbeitungs- sowie Liegezeiten zu verkürzen und gleichzeitig die Flexibilität bei der Leistungserstellung zu erhöhen. Mit einem kundennahen Marktzugang wird der direkte und indirekte Vertrieb im Rahmen eines hybriden Mehrkanalsystems zu einem stimmigen Gesamtkonzept kombiniert, welches mit den Instrumenten des Telesales und des Databased Marketing operiert. Schließlich müssen durch zielgerichtete Anreizsysteme die Mitarbeiter ihr Denken und Handeln ganz auf den Kunden ausrichten. Mit einem erfolgsorientierten Einkommensmodell, welches nicht nur den Außendienst mit einbezieht, sondern alle Mitarbeiter des Kundenserviceteams einschließt, rückt der Kunde ins direkte Interesse der gesamten Belegschaft.
Die Auswirkungen der überbetrieblichen Datenverarbeitung auf die Organisation ganzer Wertschöpfungsketten ist unverkennbar. Unter dem Stichwort Efficient Consumer Response (ECR) begannen sich in den 90er-Jahren ganze Branchen neu zu formieren. Ziel ist es, auf Veränderungen des Kaufverhaltens schneller reagieren zu können und Sortimente, Warenbeschaffung und Bestandsführung, aber auch Werbung und Produkteinführung frrmenübergreifend zu optimieren. Diese Bewegung kommt aus den USA. Die Geburtsstunde – Anfang 1993 – kann mit der Veröffentlichung des Kurt-Salmon-Reports gleichgesetzt werden, der für die US-Lebensmittelbranche prophezeite, dass durch eine verstärkte Kooperation zwischen Industrie und Handel für die Wertschöpfungskette 10,8 % vom Umsatz einzusparen sei. Angesichts der durchschnittlichen Umsatzrenditen von 0,8 % sind die damit beginnenden
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
645
weltweiten Bemühungen der Operationalisierung unverkennbar (vgl. Blatzheim/Böttcher 1995, S. 1 ff.; siehe Abb. 10.11 und 10.12).
Abb. 10.11 Elemente des ECR (nach Blatzheim/Böttcher)
Das ECR konzentriert sich auf zwei Handlungsbereiche:
die Kooperation im Bereich des Informationswesens und der Logistik mit den Schwerpunkten der Standardvereinbarung, der Bestandsführung sowie der effizienten Verwaltung und die Kooperation im Bereich Marketing mit dem Ziel der konzertierten Sortimentsgestaltung, der Verkaufsförderung und der Produktentwicklung sowie -einführung.
Die Rationalisierungspotenziale in der Logistik sind offensichtlich. Jeder Hersteller verfügt über eine Lagerwirtschaft für seine Endprodukte mit variablen Kosten (k1). Dasselbe gilt für den Zwischenhandel und den Einzelhandel. Ein einzelnes Produkt wird somit mehrfach gelagert, bis es zum Endkonsumenten kommt, und diese Menge kann minimiert werden, womit die Gesamtkosten sinken. (46)
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
Wie in der Logistik, so ist auch im Marketing eine Synergie zu erzielen, wenn nicht jeder für sich verspricht, den Kunden zu informieren und mit seinem Angebot die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Eine effiziente Sortimentsgestaltung des Produzenten kann durch eine gezielte Auswertung der Scannerdaten an den Verkaufskassen erreicht werden. Promotionaktivitäten von Herstellern und Einzelhändlern werden nicht koordiniert, und für beide Seiten so teure Flops können dann vermieden werden, wenn bereits bei der Produktentwicklung und Einführung miteinander kooperiert wird. Beide Seiten verfügen über Kernkompetenzen. Der Hersteller kann Produktionsalternativen viel besser beurteilen als der Handel. In der Einführungsphase ist es jedoch umgekehrt. Händler verfügen über weit mehr Erfahrungen, da Produkteinführungen bei ihnen häufiger vorkommen als bei dem jeweiligen Produzenten. Eine ECR-Strategie bedeutet eine branchenweite Öffnung für die einzelnen Marktteilnehmer und ihre Controllingstrukturen. Die überbetriebliche Integration schafft neue „unternehmensfremde“ Entscheidungsparameter. Und sie erfordert auch ein neues „Habit“. Controlling ist im Unternehmen von seiner Tradition her intern an ein zentralistisch geprägtes Rechnungswesen gekoppelt. Die Daten sind „Betriebsgeheimnisse“. Neben der Einführung von technischen Neuerungen in der Datenverarbeitung kommt es insbesondere darauf an, dass die Mitarbeiter ihr Verhalten ändern und sich im Branchenkontext neu definieren. Die Grenzen dessen, was als Innen und als Außen bezeichnet wird, geraten in Fluss. Es gilt nicht mehr ausschließlich, das eigene Schaffen zu optimieren, sondern Planungskonzepte samt ihrer operativen Umsetzung und Kontrolle zu etablieren, welche auch die Branche nachhaltig stärken. Ein überbetriebliches Controlling setzt ein Verantwortungsbewusstsein voraus, das über die endogenen Betriebsinteressen hinausgeht und sich mit den Belangen der gesamten Wertschöpfung identifiziert.
Abb. 10.12: Wertschöpfungskette mit und ohne ECR (nach Blatzheim/Böttcher)
Die konventionellen Prozesse in der Wertschöpfungskette sind von „Push“ geprägt. Die Produktion drückt ihre Waren in die Lager des Handels, und der Einzelhandel versucht sie so schnell wie möglich an den Kunden weiterzuvermitteln. Das ECR lebt vom „Pull“Gedanken. Der Konsument bestimmt, was er will, und setzt den überbetrieblichen Leistungsprozess in Gang, um mit dem geringsten Gesamtaufwand auch das Gewollte zu bekommen (siehe dazu Abb. 10.12).
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
647
Eine überbetriebliche Koordinierung kann nur erfolgen, wenn innerbetrieblich eine Kultur der integrierenden Kooperation aufgebaut wird. Integration kann man nicht kaufen, sie ist ein Prozess, der sich langsam entwickelt. Es müssen zuerst Insellösungen geschaffen werden, alsdann sind gesamtbetriebliche Strategien umzusetzen, um so Voraussetzungen zu erwirken, die zu einer überbetrieblichen Kommunikation und Zusammenarbeit befähigen. Dies geschieht nicht auf Befehl von oben. Der Wille zu einer Veränderung muss in der Unternehmensführung vorhanden sein, die Realisierung erfolgt jedoch von unten. Jeder Einzelne im Unternehmen muss die intendierte Innovation verstehen und befürworten. Der Aufbau eines Logistik-Controlling, um beim Beispiel zu bleiben, erfolgt zweckmäßigerweise nicht nur Top-down sondern auch Bottom-up.
Abb. 10.13: Aufbau des Kennzahlensystems bei GARDENA (nach Schefold)
In der Praxis lässt sich das bereits in den 90er Jahren am Aufbau des Kennzahlensystems bei Gardena veranschaulichen (vgl. hierzu Schefold 1995, S. 85 ff.; siehe Abb. 10.13). Gardena stellt Produkte für den Hobbygärtner her, hat seinen Sitz mit Produktionsstätten in Süddeutschland und erwirtschaftet mit ca. 1.600 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. 422 Millionen (2006). Die über 600 Produkte und Systeme werden in 80 Ländern der Welt verkauft, der Exportanteil beträgt 45 %. Wichtigstes Ziel beim Aufbau des Kennzahlensystems der Unter-
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
nehmensführung war die Gewährleistung einer Logistikeffizienz. Hierzu werden drei Teilbereiche modifiziert:
Es erfolgte eine Sortenoptimierung durch die Verfolgung eines spezifischen Artikel/Umsatzverhältnisses und des Bestandteils an Varianten. Die Logistikstrukturen wurden reorganisiert, um die variablen Kosten und den Anteil der Logistikkosten im Verhältnis zum Umsatz zu senken. Die Bestände wurden optimiert, d. h., ihre Umschlagshäufigkeit vergrößert.
Im Zentrum dieser Strategie steht die Interaktion. Ohne eine integrale Kommunikationsstrategie nach innen und nach außen sind komplexe überbetriebliche Kooperationen und Koordinierungen mit den Endabnehmern nicht zu bewältigen. Und alle kommunikativen Kontakte unterliegen dem Muster des Stimulus-Organismus-Response-Modells (Bruhn 2010, S. 49; vgl. Abb. 10.14). Bei der Gestaltung der betrieblichen Kommunikationspolitik gilt es, ein zielbestimmtes Verhalten zu erwirken, und hierfür muss kommuniziert werden. Auch bei formellen Prozessen führen digital gestützte Interaktionen nicht nur zu kognitiven, sondern auch zu affektiven Reaktionen, welche das eigene Handeln sowie das Handeln des Kommunikationspartners begründen.
Abb. 10.14: Stimulus-Organismus-Response-Modell (nach Bruhn)
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
649
Aber die individuelle Sicht reicht nicht aus, um die Wirkungsweisen betrieblicher Kommunikationssysteme zu erklären und zu gestalten, um sie alsdann mit einer Controllingstruktur zu versehen. Die individuelle Verarbeitung als psychisches System von Information über die Mitteilung zum Verstehen, als Basis für das Erleben und schließlich das Handeln, ist eingebunden in die Interaktion des sozialen Systems. Hier findet auf formaler und informaler Weise eine durch das soziale System gesteuerte Kommunikation statt. Dabei besteht „der Kern dieser Begriffe von Kommunikation [...] in der nicht auflösbaren Differenzierung zwischen mitgeteilter bzw. gemeinter und empfangener bzw. verstandener Information. [...] Die psychischen Systeme sind nicht Bestandteile sozialer Systeme; sie sind lediglich an ihnen beteiligt“ (Krause 1999, S. 28 f.; vgl. Abb. 10.15). Aber die konative Reaktion, also die Verhaltensabsicht, bzw. das Verhalten wird geprägt durch die doppelte Kontingenz zwischen den physischen und den sozialen Systemen.
Abb. 10.15: Doppelte Kontingenz – Kommunikation – Handeln (nach Krause)
Seit den 90er-Jahren haben sich die betrieblichen sozialen Systeme innerbetrieblich und überbetrieblich stark formalisiert. Es geht dabei nach Luhmann um eine Komplexitätsreduktion für das Verstehen in der personellen Wahrnehmung. Es besteht das Bestreben, die soziale Kommunikation zu modellieren, um sie alsdann zu algorithmisieren und sie schließlich – zumindest teilweise – zu automatisieren. Luhmann (1973, S. 50) schreibt dazu: „Isolierte Reduktion reiner Kausalzusammenhänge oder reiner Wertverhältnisse auf eindeutige Formen (Erklärungen, Voraussagen, optimale Entscheidungen) muss eine präzise Ordnung voraussetzen – und das heisst nichts anderes, als dass der Mensch insoweit darauf verzichtet, Komplexität selbst zu bewältigen.“ Das geschieht, wenn FAQs (frequently asked questions) durch Standards beantwortet werden oder das Kühlregallager im Supermarkt feststellt, dass Milch fehlt und dies automatisch an die liefernde Molkerei meldet, damit hier ohne weitere menschliche Interaktion die Nachbe-
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
stellung erfolgt. Die standardisierten Informations- und Kommunikationssysteme zeichnen sich durch eine sehr hohe Komplexität aus. Um ihre Struktur und die sich daraus ergebenden Controllingaspekte – wie etwa Kennzahlen und Berichtssysteme – nachzuvollziehen, werden hier vier Bereiche fokussiert.
Zunächst wird die zentrale Strategie thematisiert, das CRM (Customer Relationship Management), eine Systematik, die viele Teilsysteme der betrieblichen IT zu einem kompatiblen bzw. teilkompatiblen Ganzen zu verbinden trachtet. Weiterhin wird ein Teilsystem vertieft betrachtet, das unter dem Kürzel CMS (Content Management System) firmiert. Es folgt eine Technik, die bereits beim wirtschaftlichen Controlling angeführt wurde, das Data Mining. Neue Kommunikationstechnologien, wie etwa Social Media, haben zu einem Begriffswandel geführt. Als Letztes wird das Wissensmanagement vertieft, wiederum eine Strategie, die informale Kommunikationsinhalte in Prozesse zu formalisieren trachtet.
Das operative Controlling im Bereich der betrieblichen und überbetrieblichen Kommunikation ist geprägt von zwei Aspekten. Zum einen von der Bemühung, dieser Problematik Topdown mit Megasystemen Herr zu werden. Das ist der Schwerpunkt dieses Hauptabschnitts. Zum anderen werden auch individuelle Techniken appliziert. Diese werden erst im nächsten Hauptgliederungspunkt abgehandelt.
10.1.1
Customer Relationship Management (CRM)
Das Customer Relationship Management (CRM) ist eine Strategie, in der ausgewählte computergestützte Systeme in Unternehmen miteinander verknüpft werden, um die kommunikativen Beziehungen mit dem Leistungsbezieher kurz- und mittelfristig zu planen, in den Abläufen zu operationalisieren und einer regelungstechnischen Kontrolle zu unterziehen. Wichtig ist dabei das Selbstverständnis einer gegenseitigen Kommunikationsbeziehung. Auf der einen Seite steht der Anbieter, auf der anderen Seite der Nachfrager, es entsteht somit eine nachfragegesteuerte wie auch eine unternehmensgesteuerte Kommunikation mit entsprechendem Medien- bzw. IT-Einsatz. Der wechselseitige Dialog erlaubt direkte und indirekte Rückkopplungen. Es entsteht somit ein Pool von Informations- und Interaktionsangeboten, die sowohl unternehmensgenerierte als auch nutzergenerierte Verhalten zum Kommunikationsgegenstand haben (vgl. Bruhn, S. 32; siehe Abb. 10.16). Der Wirkungsmechanismus des CRM ist demzufolge nicht mehr von einer PushKommunikation getrieben, sondern muss sich auch an einer Pull-Kommunikation ausrichten. Das klassische Kommunikationsmodell (Sender – Medium – Empfänger) wird durch eine interaktionsfundierte Struktur ersetzt. Für das Kommunikationscontrolling ist es von Relevanz, nach welchen Kriterien seine integrierte Erfolgskontrolle in der Kommunikation erfolgen kann.
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
651
Direkte und indirekte Rückkopplungen Nutzergesteuerte Kommunkationsmedien
Kommunikationspartner Anbieter
Nutzergenerierte Inhalte Pool von Interaktions- und Kommunikationsangeboten
Kommunikationspartner Nachfrager
Unternehmensgenerierte Inhalte Unternehmensesteuerte Kommunkationsmedien Direkte und indirekte Rückkopplungen Abb. 10.16: Kommunikationsmodell im Relationship Marketing (nach Bruhn)
Bruhn (ebenda S. 549; siehe Abb. 10.17) analysiert die Kommunikationskette, indem er die Elemente der Entscheidungskette
Zielgruppenstrategie, Budget, Intermediaselektion, Kreation, Reichweitenplanung, Platzierung und Timing
der Wirkungskette gegenüberstellt. Auf Outputebene ergeben sich die Kontakte sowie die daraus resultierenden kognitiven Auswirkungen. Hieraus resultieren auf Outcomeebene die affektive sowie die konative Wirkung, somit der Kauf und der Aufbau einer Loyalität. Der Outflow ist die strategische Wirkung: der Kundenwert. Die Kommunikationszielinhalte und die entsprechenden Maßnahmen determinieren die Erfolgskontrolle. Es ergeben sich daher folgende Anordnungskriterien für die Erfolgsgrößen (ebenda S. 551):
Vollständigkeit, kommunikationsbedingte Reagibilität, Kommunikationsbedingtheit, hohe Prädikatorleistung,
652
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Zurechenbarkeit, Relevanz, Messbarkeit, Operationalisierung, Wirtschaftlichkeit, Kontinuität, Transparenz, Prozessorientierung und Handlungsorientierung. Entscheidungskette Ziele Zielgruppen Strategie
Kontakte
Reichweite
Budget
Intermediaselektion
Konative Wirkungen
Recall, Reorganisation
Markenrecall
Output Ebene
Kreation
Reichweitenplanung
Affektive Wirkungen
Markenimage
Consideration
Outcome Ebene
Platzierung
Konative Wirkungen
Kauf
Loyalität
Timing
Strategische Wirkungen
Kundenwert
Outflow Ebene
Wirkungskette Abb. 10.17: Integrierte Analyse der Kommunikationserfolgskette (nach Bruhn)
Bruhn (2009, S. 97; siehe Abb. 10.18) strukturiert die Integrationsformen der Kommunikation nach Gegenstand, Ziele, Hilfsmittel und Zeithorizont. Dabei ergeben sich drei Aspekte der Abstimmung, welche zum Relationship Management unabdingbar sind:
die inhaltliche Integration, die formale Integration und die zeitliche Integration.
Für die Umsetzung einer CRM-Strategie ist es somit notwendig, die Inhalte der Kommunikation durch Verbindungslinien thematisch abzustimmen und sie auf Konsistenz, Eigenständigkeit und Kongruenz laufend zu überprüfen. Es gilt eine Einheitlichkeit der Botschaften, Argumente, Aussagen und Leitideen herzustellen und zu erhalten. Die formale Integration zielt auf die syntaktischen Merkmale der Kommunikation und somit der Gestaltungsprinzipien ab. Das betrifft nicht nur die Präsenz, die Prägnanz und die Klarheit in der Umsetzung von Markennamen, Schrift, Logo, Sprachgebrauch, Layout, Farben, Bildern und Bewegung sowie
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
653
Interaktionsstrukturen, sondern auch den verlässlichen und kontinuierlichen Einsatz der IT für Mitarbeiter und Kunden. In der zeitlichen Integration wird die Abstimmung innerhalb und zwischen den Perioden koordiniert. Konsistenz und Kontinuität ist nur gewährleistet, wenn das Change Management in der IT sich dem Umgebungswandel aller Kommunikanten anpasst und das technische sowie wirtschaftliche Controlling mit Kommunikationscontrolling zu einer integralen Einheit verbunden wird. Die Strukturvorgaben der inhaltlichen, formellen und zeitlichen Integration determinieren die Komponenten eines CRM-Systems. Es lässt sich untergliedern in den Elementen
des Back Office der Business Intelligence (BI) samt operativer IT und des Front Office.
Abb. 10.18: Formen der integrierten Kommunikation (nach Bruhn)
In der Abbildung 10.19 wird diese Konzeption schematisch dargestellt (vgl. Hippner/Rentzmann/Wilde 2004; vgl. Abb. 10.19). Im Back Office werden exemplarisch zwei ITSysteme herausgehoben, die je nach Unternehmensform und -branche sehr unterschiedlich ausfallen. Das Supply Chain Management (SCM) repräsentiert die integrale Struktur der technischen IT samt ihrer Controllingverfahren. Für die wirtschaftliche IT steht das ERP (Enterprise Resource Planning), wie etwa die SAP©-Architektur im Unternehmen. Ein CRM-System funktioniert nur, wenn auf allen Ebenen eine Interaktion zwischen den Subsystemen mit dem Back Office gewährleistet ist. Die Middleware enthält die operative Kundendatenbank und das komplexe Content Management System (CMS) und somit die Plattform für das Custo-
654
10 Operatives Kommunikationscontrolling
mer Data Warehouse und die beiden wichtigsten Verfahren des analytischen CRM, das Online Analytical Processing (OLAP) sowie das Data Mining. Das Front Office koordiniert technisch sowie inhaltlich die Marketingprozesse, die Vertriebsprozesse sowie die Serviceprozesse. Hierzu dienen die Customer Touch Points, wie Außen- und Innendienst, Website, Social-Media-Plattformen und Ähnliches. Die Kommunikation erfolgt über verschiedene Kanäle (Multi-Channel-Angebote) wie durch persönlichen Kontakt oder aber Internet, Telefon, Brief, Fax, E-Mail usw. Auf allen Ebenen des operativen CRM werden Regelkreise etabliert, welche Einzelprozesse und integrale Interaktionen einer mehr oder weniger hohen Automationsstufe zuführen.
Abb. 10.19: Komponenten eines CRM-Systems (nach Hippner/Rentzmann/Wilde)
Das Kommunikationscontrolling wird in der CRM-Strategie insbesondere mit der Middleware bewerkstelligt. Bensberg (2008, S. 74 f.; vgl. Abb. 10.20) spezifiziert das BI-System als integrales Moment zwischen den Marketingakteuren und den anderen Akteuren der unternehmensinternen sowie unternehmensexternen Prozesse. Die Marketingorganisation tätigt strategische, taktische und operative Entscheidungsprozesse innerhalb der Wertschöpfungskette von der Produktentwicklung, dem Vertrieb, dem Service bis hin zur Kommunikationsgestaltung und -forschung. Die Geschäftsprozesse der Unternehmung wie das SCM, Vertrieb und Serviceleistungen produzieren unternehmensinterne Datenquellen, welche ergänzt werden durch externe Datenquellen aus Kunden- und Konkur-
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
655
renzprozessen sowie aus Sekundärquellen. Hier setzt das BI-System an. Zunächst erfolgt ein ETL-Prozess (Extraktion, Transformation, Laden), um ein Data Warehouse auszubilden. Hieraus werden Data Marts durch Verteilung herausgebildet, welche eine homogene Datenbasis für Analyseanwendungen ausbilden. In spezifischen Fällen kann auch umgekehrt verfahren werden. Aus bestimmten endogenen bzw. exogenen Daten werden zunächst Data Marts erstellt, die alsdann zu einem eigenständigen Data Warehouse zusammengeführt werden, welches spezielle Auswertungen und Präsentationen ermöglicht (vgl. Becker/Knackstedt 2004, S. 199 ff.). Die Datenvorbereitung und -bereitstellung ist also ein sehr dynamisches System, da sich die IT-Bedingungen oder endogenen und exogenen Quellen in einem ständigen Wandel befinden. Entsprechend der Bedürfnisse der Marketingorganisation und ihren jeweiligen Entscheidungsprozessen erfolgen die Analyseanwendungen, die ebenfalls komplex sind und somit Systemcharakter aufweisen. Marketingorganisation
MarketingAkteure
Marketingleitung Direktmarketing
Produktentwicklung
Vertrieb
Verkaufsförderung
Marktforschung
Operative Entscheidungsprozesse
Taktische Entscheidungsprozesse
Strategische Entscheidungsprozesse
Entscheidungsprozesse
Werbung
Kundenservice
BI-System Portalsystem
Analyseanwendungen
Berichtssysteme
Tabellenkalkulationssysteme
Data MiningSysteme
OLAPSysteme
Dashboards
Data Marts
Datenvorbereitung und -bereitstellung Core Data Warehouse ETL-System
Orginäre Daten
Unternehmensinterne Datenquellen Supply Chain Management
Vertriebsprozesse
Serviceprozesse
Geschäftsprozesse der Unternehmung
Abb. 10.20: BI-Architekturmodell (nach Bensberg)
Unternehmensexterne Datenquellen Konkurrenzprozesse
Kundenprozesse
Prozesse d. Ext. Marktforschung
Unternehmensexterne Prozesse
656
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Es ergeben sich Outputs in
Berichtssysteme, Tabellenkalkulationssysteme, OLAP-Systeme, Data Mining Systeme und Dashboards.
Diese Informationsflut muss selektiv verteilt werden. Hierzu wird ein Portalsystem eingerichtet, mit dessen Hilfe die interne Kommunikation kanalisiert werden kann. Die Nutzer bekommen aus dem BI-System spezifische Informationen, wie etwa einen Einzelbericht oder aber – je nach Nutzungsrechten – konfigurierte Systemzugriffe, mit denen sich Informationskontingente nach Eigenbedarf zusammenstellen lassen. Aus der Vielfalt der Einzelverfahren sind für das standardisierte Kommunikationscontrolling drei Anwendungen von besonderer Bedeutung. Mit dem Content Management System wird die inhaltliche Integration ermöglicht. Das Data Mining weitet die Kommunikationsanalyse auf nicht alphanumerische Inhalte aus, und mit dem Wissensmanagement wird bei der zeitlichen Integration das Moment des lernenden Unternehmens zusätzlich aufgegriffen.
10.1.2
Content Management System (CMS)
Eine wesentliche Aufgabe des Kommunikationscontrollings ist die Gewährleistung der inhaltlichen Integration im Unternehmen (vgl. hierzu Bruhn 2006, S. 77 ff.). Der Umgang mit Contents, also elektronisch generierten und kommunizierten Inhalten, hat sich durch die heterogene Entwicklung von Inter-, Intra- und Extranetanwendungen in seinen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Entwicklung, der Strukturierung und der Verwaltung verändert. Contents umfassen Texte, Bilder, Grafiken, Video- und Soundfiles sowie weitere Datensätze aus technischen Applikationen. Ein Kennzeichen eines CMS ist die Trennung von Inhalt und Layout, also der Semantik und der Syntax der Präsentation, durch den Einsatz von Templates. Diese Trennung ermöglicht eine unabhängige Verwaltung der Komponenten elektronischer Inhalte von dem Einsatzmedium bei der späteren Verwendung. Die Komplexität der CM-Systeme ergibt sich aus der Vielzahl der endogenen und exogenen Quellen, bei der Erstellungen von Inhalten sowie aus der sehr heterogenen innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Verwendung. Durch die Möglichkeit der individuellen Speicherung und der kontinuierlichen Multiplikation der Inhalte ist die zusätzliche Zielsetzung der zeitlichen Integration und somit der Konsistenz, der Eigenständigkeit, der Kongruenz und der Kontinuität von Kommunikation (vgl. Bruhn 2010, S. 101 ff.) nur schwer zu realisieren. Es bedarf einer systematischen Planung, Umsetzung und Kontrolle. Grundsätzlich verfügt ein CMS über Funktionen aus den Bereichen (vgl. Jaspersen/Schulze 2002, S. 193, vgl. Abb. 10.21):
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
657
Dokumentenmanagement zur Verwaltung der Komponenten, Workflowmanagement zur Koordination der Arbeitsabläufe, Zugriffs- und Benutzerverwaltung, Importschnittstellen zur Integration von vorhandenem Content bzw. externen Dateiformaten und Exportschnittstellen zur Datenbereitstellung für externe Anwendungen.
Die Entwicklung, Pflege und Wartung umfangreicher und aufwendig produzierter Websites sind heutzutage das Ergebnis von Teamwork. Die Teams setzen sich aus verschiedenen Spezialisten zusammen, die entsprechend ihrem Aufgabenfeld für die Programmierung, das Design, die Administration oder für die redaktionellen Inhalte zuständig sind. Die Arbeitsteilung bedingt die Koordination der Arbeitsprozesse, die mit den in CMS integrierten Workflowmanagementfunktionen realisiert werden. Die Client-Server-Architektur von CMS erlaubt auch eine problemlose Einbindung externer Mitarbeiter in den Publikationsprozess.
Abb. 10.21: Grundsätzliche Komponenten von CMS (nach Jaspersen/Schulze)
Berchtenbreiter (2004, S. 214; vgl. Abb. 10.22) konstatiert vier Elemente des Content Managements:
die externe Contentredaktion mit der Bereitstellung von aufgearbeiteten Dokumenten, aber auch Daten, welche automatisiert in Dokumente eingezogen werden können, die in der Regel sehr viel gewichtigere interne Contentredaktion mit einer vergleichbaren Struktur, den Bereich der Contentstrukturierung, damit über verschiedene Kanäle zugegriffen werden kann und den Bereich der Contentnutzung für die endogenen Geschäftsprozesse sowie für die exogenen Kundenprozesse.
658
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Abb. 10.22: Elemente des Content Managements (nach Berchtenbreiter)
Aufgrund der Komplexität der Nutzerpopulation und der Vielschichtigkeit der Inhalte mit ihren unterschiedlichen Herstellungs- und Nutzungszeiten sowie ihrer Qualitäts- und Quantitätsproblematik sind CMS stets in einer heterogenen IT-Architektur eingebaut. Mülder (2010, S. 155; vgl. Abb. 10.23) verdeutlicht diese Struktur anhand einer exemplarischen vierschichtigen Architektur von Portalsoftware:
Die Komplexität der Datenherkunft wird als Backend gekapselt. Dabei sind die externen und die internen Datenquellen ebenso zu trennen wie auch die großen StandardsoftwareProdukte – etwa SAP© oder ein Customer Relationship Management System. In der Middleware erfolgt die inhaltliche Homogenisierung. Als Synonym zur Anwendungsintegration wird die Bezeichnung EAI (Enterprise Application Integration) verwendet. Auch hier verbergen sich differenzierte Softwaresysteme (vgl. Stegemerten 2010, S. 280 ff.). Erst die Anwendungslogik der Portalsoftware beinhaltet das Content Management als eine formalisierte Applikation neben der weiteren Nutzung von individuellen Anwendungsmodulen. Sehr viel bedeutender für die Einrichtung von Controllingstrukturen sind die Basisdienste, wie Suchfunktionen, Single Sign On, Rechte- und Benutzerverwaltung, Personalisierung und Prozesssteuerung. Hiermit können die Anforderungen an Erfolgsgrößen bei der Kontrolle von Kommunikationszielen (vgl. Bruhn 2010, S. 551) partiell operationalisiert werden. Die oberste Schicht bildet stets die Präsentationsebene, in der die unterschiedlichen Benutzerschnittstellen wie Browser oder Informationszugänge mobiler Geräte bzw. Personal Computer verwaltet werden.
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
Benutzerschnittstelle (Browser, PDA, PC, usw.)
659
Präsentation
Portalsoftware Portalanwendungen
Portalbasisdienste
Content Management
Suche
Community
Single Sign On
Collaboration
Rechte- u. Benutzerverwaltung
Shop
Personalisierung
Individuelle Anwendungsmodule
Prozesssteuerung
Middleware
Integrationsdienste / EAI
ERP
CRM
Externe Benutzerverwaltung
Anwendungslogik
Externe Datenquellen
Backend Datenbankmanagementsystem
Abb. 10.23: Architektur für Portalsoftware (nach Mülder)
Das Management von Inhalten erfordert eine Regelkreisstruktur. Sicherlich können nicht alle Kommunikationströme innerhalb und mit exogenen Partnern oder Kunden einer Controllingprozedur unterstellt sein. Es ist jedoch bedeutsam für ein Unternehmen, die überbetrieblichen und die kundenorientierten Leistungsbotschaften zu homogenisieren und diesen somit eine unternehmerische Gesamtgestalt zu geben. Die thematische Abstimmung der Inhalte durch Verbindungsrichtlinien und die Einhaltung formaler Gestaltungsprinzipien über mehrere Perioden (vgl. Bruhn 2009, S. 97) ist nicht ohne eine Formalisierung der Erstellungs- und Nutzungsprozesse von Content zu realisieren. Dementsprechend gilt es für die verwendeten Inhalte einen Content-Life-Cycle zu organisieren (vgl. hierzu Gerschof 2002, S. 76 sowie Berchtenbreiter 2004, S. 213; siehe Abb. 10.24). Die verwendeten Inhalte kommen aus einer Quelle, der Einfachheit halber als Idee bezeichnet. Diese werden beschafft und bearbeitet, somit wird der Content erstellt. Wichtig ist dabei, sich zu vergegenwärtigen, dass dieser Prozess bereits automatisiert ablaufen kann. Ein ERP-System ist – bei entsprechender Einstellung – in der Lage, verwendbare Informationsinhalte bereitzustellen. In einer Controllingstruktur gilt es daher zuvor eine Kontrollinstanz einzurichten, die den Prozess der Freigabe verwaltet. Ist der Content in einer
660
10 Operatives Kommunikationscontrolling
kommunikativen Nutzung eingebunden, so entsteht der – ebenfalls zu überwachende – Bedarf an Modifikation und somit die Notwendigkeit der Contentüberarbeitung. Ebenso wichtig ist die Kontrolle der Archivierung, sei es intern oder auch öffentlich. Große Probleme macht die Vernichtung. Die Möglichkeit, über „private“ Archive den Kreislauf zu speisen, führt häufig zu einer Kontamination von Informationsbeständen. Hiermit wird die Zielsetzung der Validität verletzt.
Abb. 10.24: Der Content-Life-Cycle (nach Berchtenbreiter)
10.1.3
Data Mining
Der Umgang mit immer größeren Datenbeständen macht es unmöglich, für alle Kommunikationsakte die Inhalte über eine geregelte Content Management Struktur zu kanalisieren. Man beschränkt sich auf die effiziente Abwicklung institutionalisierter Prozesse. Dennoch ist es notwendig, die Gesamtmenge der zur Verfügung stehenden Informationen auszuwerten, um Kommunikationsinhalte zu generieren, welche für Entscheidungssituationen wertvoll sind. Hierfür hat sich ein Bündel von Verfahren etabliert, die unter dem Oberbegriff Data Mining firmiert.
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
661
Abb. 10.25: Datenanalysezyklus (nach Mülder)
Es handelt sich dabei um eine Datenmustererkennung und beinhaltet die „Erforschung und Analyse großer Datenbestände hinsichtlich sinnvoller Muster, Zusammenhänge oder Regeln“ (Mülder 2010, S. 99). Somit können verborgene, bislang unbekannte Informationen herausgefiltert werden. „Eine andere Vorgehensweise der Datenanalyse umfasst die Verifikation bzw. Falsifikation bereits formulierter Annahmen (Hypothesis Testing). Hierbei wird ein vorhandener Datenbestand aufgrund von Annahmen der Benutzer hin analysiert. In der Praxis besteht keine scharfe Trennung zwischen datengetriebenen und hypothesengetriebenen Verfahren“ (ebenda; siehe Abb. 10.25). In der Kombination ergibt sich der Datenanalysezyklus.
Planung
Aktion
Wirkungsanalyse Aufgabendefinition
Data Warehouse
Data Mining-Prozess
Auswahl der relevanten Datenbestände Datenaufbereitung Auswahl von Data MiningMethoden
OLAP
Anwendung von Data MiningMethoden Interpretation und Evaluation der Data Mining-Ergebnisse Anwendung der Data MiningErgebnisse
Abb. 10.26: Data Mining-Prozess im Managementzyklus (nach Wilde)
662
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Wilde (2001, S. 15; siehe Abb. 10.26) integriert das Data Mining dementsprechend in einen Managementzyklus mit den Prozessschritten der
Aufgabendefinition, Auswahl der relevanten Datenbestände, Datenaufbereitung, Auswahl von Data Mining-Methoden, Anwendung der Data Mining-Methoden, Interpretation und Evaluation der Data Mining-Ergebnisse und Anwendung der Data Mining-Ergebnisse durch die Anpassung der operativen Geschäftsprozesse.
Hippner/Merzenich/Wilde (2004, S. 249) unterscheiden drei Gruppen von Data MiningVerfahren:
die Klassifikationsprognose mit den Einzelverfahren der Klassifikationsanalyse, der Diskriminanzanalyse, Entscheidungsbaum, Neuronale Netze sowie Regression, die Segmentierung durch Clusteranalyse oder mithilfe von Self Organizing Maps (SOM) und die Abhängigkeitsentwicklung durch Assoziationsanalyse oder Sequenzanalyse.
Als Anwendungsbeispiel führen die Autoren nach Stauss (2000, S. 452 ff.; siehe Abb. 10.27) die Verfolgung des Erfolgsbeitrages eines Kunden im Rahmen seines Beziehungslebenszyklus. Bei potenziellen Kunden ist die Aufgabe die Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen, bei aktiven Kunden gilt es die Beziehung zu festigen sowie zu intensivieren, und bei verlorenen Kunden kann das Data Mining für das Rückgewinnungsmanagement eingesetzt werden. Aufgrund der Intensivierung der elektronisch kanalisierten Kommunikation und der volatilen Machtkonstellationen, die sich aus dem Umgang mit Social Media ergeben, haben sich die Einsatzgebiete des Data Minings erweitert. Konzentrierte man sich zunächst auf die Extraktion großer, aber strukturierter Datenbestände aus ERP- oder CRM-Systemen, erweitert man inzwischen um die Verfahren der Mustererkennung unstrukturierter Datenbestände. Mülder (2010, S. 101) unterscheidet drei Bereiche:
das klassische Data Mining als die Analyse strukturierter Datenbestände, das Text Mining als Analyse unstrukturierter Texte und das Web Mining als Analyse von www-Datenquellen.
Das Data Mining wird für das Kommunikationscontrolling von Bedeutung werden, befindet sich aber noch in der Entwicklung. Bei der alle zwei Jahre stattfindenden Weltkonferenz zum Themengebiet Advances in Data Mining 2010 in Berlin wurden so unterschiedliche Themen diskutiert wie:
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
663
Mustererkennung in der Retina (vgl. Hijazi/Coenen/Zheng 2010, S. 197 ff.), Clusterung zur Vibrationserkennung (vgl. Hazan/Verleysen/Cottrell/Lacaille 2010, S. 362 ff.) oder Lernen von menschlichem Cartoon Design (vgl. Islan/Nahiduzzaman/Peug/Ashraf 2010, S. 606 ff.). Potentielle Kunden
Aktive Kunden
Verlorene Kunden
Reaktivierte Kunden
Kunden mit hohem Wert
Zielmarkt
Reagierer
Kunden mit hohem Potential
Neukunden
Erfolgsbeitrag eines Kunden
Aufgaben
Kunden mit geringem Wert
Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen
Festigung der Beziehungen
Intensivierung der Beziehungen
Freiwillige Kündiger
Zurückgewonnene Altkunden
Gezwungene Kündiger Zeit
Vermeidung von Kündigungen
Rücknahme von ungewollten Kündigungen
Interessentenmanagement
Kundenbindungsmanagement
Rückgewinnungsmanagement
Data MiningUnterstützung
• Zielgruppenselektion • Responseanalysen • etc.
• Warenkorbanalysen • Cross- und Up-Selling-Analysen • Kundenbewertungen • etc.
• Churn-Analysen • etc.
Verfügbare Daten
• Zugekaufte Adressen • Soziodemographie • Kontakthistorie • etc.
• Produktnutzung • Zahlungshistorie • Umfangreiche Kontakthistorie • Kommunikationspräferenzen • Selbstauskünfte • etc.
• Kündigungsgrund • etc.
Abb. 10.27: Data Mining im Beziehungslebenszyklus (nach Stauss)
Abb. 10.28: System-Workflow (nach Schirru/Obradovic/Baumann/Wortmann)
Es wird deutlich, dass sich die Mustererkennung von den alphanumerischen Datenbeständen abhebt und analoge Sachstände in zunehmendem Maße mit erfasst. In Facebook werden bereits biometrische Maße so standardisiert verwendet, dass in einigen Ländern die Polizei
664
10 Operatives Kommunikationscontrolling
damit Verkehrssünder verfolgt. Schirru/Obradovic/Baumann/Wortmann (2010, S. 490 ff.; siehe Abb. 10.28) beschäftigen sich mit der Ermittlung von Topics und Trends in der Blogosphere. Dabei wird zunächst das Blogangebot gefiltert, alsdann die Topics extrahiert und schließlich die relevanten Artikel herausgezogen. Zaidi/Archambault/Melancon (2010, S. 42 ff.; siehe Abb. 10.29) untersuchen die Internet Tomography über die Kommunikationsabläufe zwischen einzelnen Rechnern und ihren Verbindungen zu anderen Knotenpunkten. Bei diesem noch experimentellen Arbeiten werden neue metrische Verfahren entwickelt und getestet. Sie führen zu neuen Kennzahlen zur Erfassung der Strukturen in verdichteten kommunikativen Zusammenhängen, wie etwa das Spektrum des interaktiven Marketings und das Feld der Social Media.
Abb. 10.29: Spektrum des interaktiven Marketings und Social Media (nach Zaidi/Archambault/Melancon)
Die Verbindung von Bewegungsdaten, Beobachtungen, Zeichenerkennungen, Temperaturschwankungen, Biometrien, Vibrationen und anderen physikalischen, physischen sowie sozialen Aspekten mit den systematisch strukturierten relationalen Datenbanken, die endogen, aber auch exogen zur Verfügung stehen, schafft ein großes Potenzial, um die Kommunikation innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu verfolgen. Hier entstehen ganz neue Kenndaten für Controllingprozeduren. Diese Verfahren stehen aber nicht nur größeren sozialen Organisationen wie Unternehmen zur Anwendung bereit, sondern sie können – sind sie erst mal etabliert – auch von jedem Einzelnen benutzt werden. Damit verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, und der Aspekt der Transparenz gewinnt an Bedeutung, da verdeckte Momente schnell decodiert werden können.
10.1.4
Wissensmanagement
Die Basis der Kommunikation ist der menschliche Informationsaustausch. Somit wird beim Kommunikationscontrolling auch der Umgang mit Informationen geplant, umgesetzt und kontrolliert. Ein wesentlicher Aspekt der Informationshandhabung im Unternehmen ist das
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
665
Wissensmanagement. Kampker/Schuh/Schittny (2011, S. 170) stellen dabei sieben Funktionen in den Vordergrund: Wissen erkennen, erwerben, speichern, verteilen, nutzen, steuern und bewerten. Bei konsequenter Verfolgung dieser Maßnahmen führt Wissensmanagement dazu, dass:
Informationen in Wissen transferiert werden, Wissen in wertschöpfendes Handeln umgesetzt wird, die Informationsbeschaffung strukturiert ist, Wissen an den richtigen Stellen strukturiert ist, Fehler als Erfahrungsgewinn gesehen werden, Wissen durch Erfahrung systematisch entwickelt wird, Wissen wiederverwendet wird, die Fähigkeiten der Mitarbeiter bekannt sind, Informationen bedarfsgerecht vorliegen, ausreichend Zeit für das Teilen von Wissen unter Mitarbeitern zur Verfügung steht, einzelne Wissensinseln miteinander verknüpft sind, Mitarbeiter bereit sind, ihr Wissen miteinander zu teilen, Strukturen und Prozesse das Gestalten von Wissen unterstützen (ebenda).
Abele/Reinhart (2011, S. 36) leiten aus der funktionalen Unternehmensstruktur für die nachhaltige Entwicklung von Produktionsbetrieben vier Aktionsfelder ab:
neue Produkte für die Märkte der Zukunft, Organisation und Produktionsmanagement, Produktionstechnik und Ausrüstung und Mensch und Wissen.
Dementsprechend gilt es für die Verwaltung und Bereitstellung von Informationen für ausgewählte Teilnehmer Strukturen zu entwickeln, welche die betrieblichen Wissensträger in ihrem Qualitätsprofil monitorisieren, den Wissenscontent für das Unternehmen systematisieren und die Rechte sowie Pflichten der Rollenträger bei der Wissenverwendung sowie -mehrung verwalten (vgl. hierzu Mülder/Westheide 2010, S. 20 f.; Lassmann 2006, S. 482 f.). Der Umgang mit Wissen im Unternehmen kann nicht mit einem Controllingsystem gesteuert und geregelt werden, dazu ist der Handlungsgegenstand zu komplex. Dennoch lässt sich als Strategie ein Kreislauf etablieren, der einen wissensbasierten kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) nachhaltig unterstützt. Binner (2007, S. 699; siehe Abb. 10.30) entwirft einen Rahmen für das Wissensmanagement, in dem die betrieblichen Handlungen als prozessorientierte Wissensorganisation konzipiert werden, was zum wissensbasierten Prozessmanagement weiterentwickelt wird und schließlich zur wissensbasierten Prozessverbesserung sowie -bewertung führt. Hierzu ist kontinuierlich ein vierstufiger Ablauf als Regelkreis zu durchschreiten, in dem
666
10 Operatives Kommunikationscontrolling
zunächst auf Basis einer entsprechenden Mitarbeiterführungskultur der individuelle Wissenserwerb als Merkmal der Sozialisation gefördert wird, alsdann ein Wissenstransformationsprozess durch eine Externalisierung in die Organisation und somit in die betrieblichen Handlungsstrukturen zu vollziehen ist. Im dritten Schritt wird das erworbene sowie angewendete Wissen verallgemeinert und durch entsprechenden Technik- und IT-Einsatz im Content Management mit einbezogen, und schlussendlich kann das so vorgehaltene Wissen prozessbezogen für neue Aufgaben kombiniert werden, mit dem Ziel der Internalisierung auf individueller und betrieblicher Ebene.
Abb. 10.30: Kontinuierlicher Wissensverbesserungskreislauf (nach Binner)
In diesem Konzept wird die Generierung von Wissen als Wissensregelkreis organisiert (Binner 2007, S. 131) und kann dementsprechend sehr gut in eine formalisierte Controllingstruktur eingebracht werden. Der Wissensspeicher arbeitet mit elektronischen Dokumenten, ist jedoch organisatorisch personalisiert durch einen Process Owner, der jede Änderung in den korrespondierenden Dokumenten freigibt. Hier erfolgt die Wissensbereitstellung als Regler und somit als Vorgabe für die Wissensnutzung in der Regelstrecke. Die Prozesse der Wertschöpfungskette schaffen einen Wissensaustausch und liefern eine Rückmeldung, welche beurteilt werden muss. Die Eingliederung der neuen Erfahrung führt gegebenenfalls zur Modifikation des Wissensbestandes. Ferstl/Sinz (2008, S. 358 f.) machen jedoch darauf aufmerksam, dass computergestützte Modelle sich bevorzugt auf wohlkonstruierte Probleme anwenden lassen und für schlecht strukturierte Probleme nur begrenzt anwendbar sind. Sie führen dafür drei Gründe auf:
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
667
Da Erfahrungswissen durch assoziative Beziehungsmuster von Wissenseinheiten aufgebaut wird, kann die Wissensdarstellung nur unzureichend in ein imperatives Schema gebracht werden und ist damit fehleranfällig. Änderungen bzw. Erweiterungen von Erfahrungswissen erfolgen prozessbedingt lokal und zumeist in deklarativer Form. Das erschwert die Wissensauswertung. Schließlich ist komplexes Erfahrungswissen mit häufigen Änderungen verbunden, das erschwert die Wissenswartung bzw. macht sie unrentabel. Somit ist eine aktuelle Wissensverfügbarkeit ohne Qualitätsmängel schwer zu gewährleisten.
Abb. 10.31: Wissensregelkreis (nach Binner)
Dennoch ist die systematische Erfassung, Pflege und Verwendung von betriebseigenem Wissen im Rahmen einer kontrollierten Regelkreisstruktur vorteilhaft. Das meistzitierte Modell von Probst/Raub/Romhardt (2003, S. 19; siehe Abb. 10.32) gliedert das Wissensmanagement in acht Bausteine.
Mit den Wissenszielen werden normative, strategische und operative Wissensbereiche differenziert. Hierzu bedarf es zunächst der Wissensidentifikation und des Wissenserwerbs, bevor innerbetrieblich eine Wissensentwicklung institutionalisiert werden kann. Erst vorhandenes und operationalisiertes Wissen kann einer Wissensverteilung unterzogen werden, die alsdann der Wissensnutzung zugeführt werden kann. Genutztes Wissen bildet die Basis für die Wissensbewahrung sowie zur Wissensbewertung und damit zur Rückkopplung für die Revision der Wissensziele.
668
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Abb. 10.32: Das Genfer Wissensmanagement (nach Probst/Raub/Romhardt)
Abb. 10.33: Interdependenzen zwischen Prozessen (nach Oberweis/Paulzen/Sexauer)
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
669
Kennzeichnend für die Umsetzung des Wissensmanagements ist die Prozessorientierung. Verallgemeinerbares Wissen entsteht und ist notwendig bei der Interdependenz zwischen den Prozessen. Zur Koordination der betrieblichen Aktivitäten ist es sehr wohl vorteilhaft, wenn auf gemeinsame und somit abgestimmte Informationen zurückgegriffen wird. Oberweis/Paulzen/Sexauer (2004, S. 84; siehe Abb. 10.33) verdeutlichen diesen Sachstand an den Kundenprozessen Anregung, Evaluation, Kauf sowie After Sales und den sehr allgemein gefassten CRM-Prozessen Marketing, Vertrieb und Service. Dazwischen liegen die Wissensaktivititäten Identifizieren, Entwickeln, Nutzen, Ablage, Verteilen und Benutzen von Wissen.
Abb. 10.34: Modellierungsbeispiel (nach Oberweis/Paulzen/Sexauer)
Die Autoren verdeutlichen diese Struktur an einem Modellierungsbeispiel (ebenda S. 92; siehe Abb. 10.34). Der Kundenprozess Evaluation enthält die Tätigkeiten Überblick verschaffen, Vorauswahl spezifizieren und Beratung anfordern. Im Vertrieb gilt es Interessenten anzusprechen, Beratung durchzuführen und ein Angebot zu erstellen bzw. ggf. die Ablehnungsgründe zu erfassen. Dazwischen stehen der Wissensprozess von Kunden, das Wissensobjekt mit den jeweiligen Wissenskanälen und der Wissensprozess aus Unternehmenssicht. Der Kunde muss wissen,
670
10 Operatives Kommunikationscontrolling
wie er Marktinformationen einholt und ein Verfahren zur Versendung von Auswahlkritieren haben. Der Vertriebler benötigt Informationen für die Ermittlung und Information von Interessenten für die Angebotsarchivierung. Als Wissensobjekte kristallisieren sich bei diesem Handlungsumfeld das Wissen über Kunden, das Produktionswissen, das Unternehmenswissen und das Wissen über Serviceleistungen samt Kulanz, Betreuungen und Garantie heraus. Im kontinuierlichen Verbesserungsprozess geht es darum, die betrieblichen Abläufe durch die Bereitstellung von Wissen bzw. von Wissenden zu optimieren. Ähnlich der hermeneutischen Spirale beschreiben die KAIZEN-Spezialisten Nonaka/Takeuchi die Wissenserweiterung im Unternehmen als eine Abfolge der personengebundenen und mit implizitem Wissen behafteten Sozialisation über die gruppenorientierte Externalisierung hin zur Kombination als explizites Wissen in der Organisation. Das Resultat ist die Verbreitung der Wissensbasis innerhalb der Belegschaft bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung und Homogenisierung des betriebseigenen Wissens (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, siehe Abb. 10.33).
Abb. 10.35: Wissenspirale (nach Nonaka/Takeuchi)
Für das Kommunikationscontrolling im Rahmen des Wissensmanagement kristallisieren sich drei Bereiche heraus, innerhalb derer IT-Systeme eingerichtet werden können, welche Spezifiken der Informationsgenerierung und -verwaltung durch Berichtssysteme mit Plan- und Sollangaben unterstützen. Es sind die Handlungsfelder
10.1 Standardisierte Informations- und Kommunikationssysteme
der prozessorientierten Dokumentendefinition, -verfolgung, -modifikation; der leistungs-(produkt-)orientierten Wissenssammlung und der organisations- bzw. personengebundenen Wissensentwicklung.
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-kontrolle
sowie
Die ersten beiden Bereiche artikulieren sich sehr branchenspezifisch. Dagegen sind die Kennzahlen für die Entwicklung der Kompetenz- und Eignungsprofile für das Personalwesen generischer Natur. Binner (2007, S. 674; siehe Abb. 10.36) hebt sieben Kompetenzaspekte heraus, die im Rahmen des Wissensmanagements systematisch geplant, umgesetzt und kontrolliert werden können:
Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Leistungserbringungskompetenz, Lern- und Selbstbewertungskompetenz, soziale Kompetenz, Mitwirkungskompetenz und Führungskompetenz.
Abb. 10.36: Kompetenz- oder Eignungsprofildarstellung (nach Binner)
Wie bei allen Ausführungen des Kommunikationscontrollings zeigt sich auch hier die Relevanz der Interdependenz von verschiedenen betrieblichen Handlungsfeldern. Kommunikation ist immer ein Aspekt, der zwischen den Kommunikanten stattfindet. Das Controlling in diesem Feld kann nur interdisziplinär erarbeitet werden und ist zutiefst verbunden mit der Führungskultur des betroffenen Unternehmens.
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10.2
10 Operatives Kommunikationscontrolling
Individualisierte Kommunikationssysteme
Neben der Entwicklung von komplexen wohlstrukturierten Kommunikationssystemen, mit den entsprechenden Interdependenzen zu den anderen Subsystemen der Unternehmens-ITStruktur und ihren eigentlichen Controllingmechanismen, haben sich Kommunikationsverfahren etabliert, die individualgetrieben sind. Es sind im Wesentlichen Fortschritte der elektronischen Informationsverarbeitung und -verteilung wie die Homogenisierung und Ausdifferenzierung der Protokolle oder die Erweiterung der Infrastruktur zur Informationsübertragung und die Mobilisierung der Leistungssteigerung der informationsverarbeitenden Geräte, die zu dem Wandel führen. Selbstverständlich müssen sich die Unternehmen diesen Herausforderungen stellen und Konzepte entwickeln, um der individualisierten Kommunikation geplant und kontrolliert gerecht zu werden. In der betriebswirtschaftlichen Diskussion wird das exogene Moment fokussiert. Das ist sinnvoll, denn gerade der Absatzbereich wird von dieser kommunikativen Verdichtung besonders getroffen. Es ist jedoch nicht ausreichend. Die individualisierten Strukturen betreffen auch die endogenen Aspekte der Unternehmensführung und lassen einen großen Handlungsbedarf an der Neuausrichtung der Aufbau- und der Ablauforganisation erkennen. Die individualisierte Kommunikation betrifft alle und nicht nur die Kunden. Jeder Betriebsangehörige ist ein Teilnehmer und zwar als Privatperson und Mitglied der Unternehmensgemeinschaft. Privates Mailen oder „Facebooken“ wird – wenn es am betrieblichen Rechner geschieht – zum Arbeitszeitkiller. Und dienstliches Mailen oder „Facebooken“ kann sich – wenn es normal, also ohne Rückkopplung mit einem Vorgesetzten abläuft – leicht von den Interessen des Unternehmens abkoppeln. Andererseits ist es aber die Kommunikationsform, die auch realisiert werden muss, will man ein Mitglied der weltweiten Vernetzung sein und auf Augenhöhe Kontakt zu den exogenen Teilnehmern des Wertschöpfungsgehehens halten.
Abb. 10.37: Web 2.0-basierte Architektur (nach Schiele/Hähner/Becker)
Eines der großen Veränderungsmomente ist die reibungslose Generierung von dynamischen Inhalten, welche eine Kopplung der individuellen Kommunikation mit standardisierten Inhalten zulässt. Berchtenbreiter (2004, S. 225 f.) bezeichnet das konventionelle Abrufen von Inhalten als Staging-System, das dynamische und hybride Kommunikationsverfahren dagegen als Live-System. Technisch gesehen eröffnet das Protokoll von Web 2.0 für den Klienten quasi gleichzeitig mit einer Skriptstruktur das eigene Interagieren mit der Nutzeroberfläche und das Kommunizieren mit dem Webserver des Kommunikanten. Über eine standardisierte
10.2 Individualisierte Kommunikationssysteme
673
Schnittstelle werden Webseiten abgerufen, welche spezifische Segmente direkt aus einer operativen Datenquelle speisen. Die Legacy-Anwendung ermöglicht eine gefilterte OnlineAnbindung innerhalb eines vorfabrizierten Kontextes (vgl. Schiele/Hähner/Becker 2008, S.11 f.; siehe Abb. 10.37). „Das Nachladen von Daten durch den Klienten von einem Server bedeutete jedoch immer – auch bei Anwendung von Skriptsprachen – das Nachladen der kompletten Seite. Das resultierte in für den Nutzer störende Wartezeiten durch Blockieren der Klientenanwendung und erhöhte Kommunikation, was z. B. im mobilen Umfeld zusätzlich mit Kosten verbunden war. Diese sichtbaren Wartezeiten werden in Web 2.0-Anwendungen durch die Möglichkeit reduziert, Teile einer Webseite nebenläufig nachzuladen“ (ebenda). Das eröffnet neue Strukturen für die endogene und exogene Kommunikation. Während nach dem herkömmlichen Prinzip das Unternehmen Erfahrungsberichte, E-Shops und Werbeinhalte für den Kunden bereitstellte und dieser von zu Hause aus darauf reagierte und ggf. kaufte, erfährt das Live-System zwei zusätzliche Komponenten. Zum einen kann der Kunde mit dem Unternehmen einen Kundendialog aufnehmen, und zum anderen ist er in der Lage, sich mit den Unternehmensinformationen mit anderen Kunden zu vernetzen. Diese können wiederum als Gruppe eine Käufermacht formieren, die ebenfalls eine – etwas anders gelagerte – Kommunikation zum Unternehmen aufnimmt (vgl. hierzu Knappe/Kracklauer 2007, S. 94 ff.). Damit wird der individuelle Kommunikationsaufwand von Unternehmen zur Kundschaft, aber auch innerhalb des Unternehmens zur Abstimmung erheblich erhöht. Will man diesen mit dem gleichen Personalaufwand bewältigen, dann kann das nur durch die Einführung von automatisierten Routinen geschehen, die jedoch auch problembehaftet sind. Die Einführung eigenständiger Kommunikationscontrolling-Systeme ist unabdingbar. Die Web 2.0-basierte Informationstechnologie kann sowohl in der endogenen als auch exogenen Kommunikation eingesetzt werden. Beide Systemwelten durchdringen sich und schaffen Abgrenzungsprobleme. Knappe/Kracklauer (2007, S. 26; siehe Abb. 10.38) unterscheiden im Einsatz im Wesentlichen drei Komponenten:
die Ausbildung von Communities für soziale Netzwerke oder als Wissens- bzw. Interessentengruppen, die Nutzung von spezifischen technischen Plattformen zum Informationsaustauch und die Organisation von Online Collaboration zur Abwicklung von Arbeitsabläufen.
Die ökonomischen Effekte, welche mit dieser Technologie zu erzielen sind, liegen auf der Hand. Zum einen kann eine Umsatzsteigerung erwirkt werden mit dem Aufbau einer Markenloyalität, der Erhöhung der Kaufhäufigkeit und des Cross-Sellings bei gleichzeitiger Verringerung der Preiselastizität. Zum anderen lassen sich die Transaktionskosten und die Servicekosten verringern. Zusätzlich ergeben sich auch indirekte Effekte, wie die Erhöhung der Kundenzufriedenheit und der Weiterempfehlung, sowie die Akquirierung neuer Kunden, die Verbesserung der Markenwahrnehmung und die Früherkennung von Produktfehlern. Auch das Moment der negativen Kommunikation kann beeinflusst werden (vgl. hierzu Rös-
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ger/Herrmann/Heitmann 2008, S. 110). Die Tools im Web 2.0 bilden eine Schnittstelle zwischen den Kauf- und Verkaufsprozessen.
Abb. 10.38: Die drei wesentlichen Komponenten von Web 2.0 (nach Knappe/Kracklauer)
Geht man von den Standardabfolgen beim Kunden – Problem erkennen, Informationssuche, Alternativen evaluieren, Kaufentscheidung und Nachkaufevaluation – sowie im Unternehmen – Zielgruppenanalyse, Kontaktaufnahme, Akquisition, Verkauf und Service Aftersales aus, so bilden die sozialen Netzwerke, die Blogs und Podcasts ebensolche Interaktionsplattformen wie die gezielten viralen Maßnahmen des Unternehmens und die kundengesteuerten Aktivitäten im Rahmen des „Word of mouth“ (vgl. Knappe/Kracklauer 2007, S. 96; siehe Abb. 10.39). Problemerkenntnis
Soziale Netzwerke
Zielgruppenanalyse
Informationssuche
Blogs Podcasts Communities
Kontaktaufnhame
Alternativenevaluierung
Virale Massnahmen
Akquisition
Kaufentscheidung
Nachkaufevaluierung
Word of Mouth
Verkauf
Service Aftersales
Abb. 10.39: Web 2.0-Tools als Schnittstelle zwischen Kauf- und Verkaufsprozess (nach Knappe/Kracklauer)
10.2 Individualisierte Kommunikationssysteme
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Bauer/Martin/Albrecht (2008, S. 64) heben dabei hervor, dass die Kommunikation zwischen Kunden und Anbietern zu Kundenempfehlungen über Interneterfahrungen führt. Zusätzlich entstehen jedoch Produktempfehlungen bei der Kommunikation zwischen den Kunden, dem sogenannten Internet Word of mouth. Das virale Marketing wiederum ist die Kommunikationsstrategie dazwischen, in der sich Mitarbeiter des Unternehmens als Hybriden verhalten, einerseits in ihrer Rolle als private Person und andererseits als Vertreter des Unternehmens. Die hierbei entstehenden Abgrenzungsprobleme behandelt das nächste Kapitel.
Abb. 10.40: Social Media Management (nach Krause)
Die Macht der vernetzten Communities und die elektronisch bedingte Fragmentierung der Verkaufskanäle schaffen informierte und organisierte Kunden und führen zu einem partiellen Verlust des Markenaufschlages und somit zu einem bedingten Verlust der Kontrolle über die Märkte (Knappe/Kracklauer 2007, S. 68). Es ergibt sich somit eine strategische Herausforderung, der nur mit neuen Planungs-, Umsetzungs- und Kontrollmechanismen begegnet werden
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kann. Lange (2011, S. 232; siehe Abb. 10.40) formuliert die Aufgabenstellung in drei Fragen und entwirft entsprechend drei Handlungsaspekte:
Wie kann ich bessere Beziehungen aufbauen und Vertrauen schaffen? Antwort: Durch Social Media Relations, also allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit, Medienbeeinflussung und Stakeholder-Aktivierung. Wie kann ich meine Marke stärken, Kunden gewinnen und Kunden binden? Antwort: Durch Social Media Marketing, also internetbasierte Marktforschung, Multichanelvertrieb und interaktive Produktentwicklung sowie -einführung. Wie kann ich mein Unternehmen, meine Produkte und meine Services besser machen? Antwort: Durch Social Media Culture, also durch Recruiting und Mitarbeiterbeteiligung, Wissenstransfer und Co-Creation sowie durch ratinggestützte Kundenservices.
Die veränderten Kommunikationsstrukturen erfordern eine Veränderung der Unternehmenskultur. Social Media Governance macht eine transparente Kommunikation notwendig. Kontrolle genügt nicht. In einer repräsentativen empirischen Studie von 2010 der Fink & Fuchs Public Relation AG mit der Universität Leipzig (Zerfaß 2010) wird festgestellt, dass die materiellen und ideellen Ressourcen zwar vorhanden sind, jedoch die Regeln meist fehlen. You Tube, Facebook & Co gehören zum betrieblichen Alltag, und Erfahrungen sind vorhanden, jedoch sind die Kenntnisse nicht ausgereift. Vereinzelt existieren Strategien, aber ein übergeordneter Rahmen fehlt. Controllingsysteme schaffen keine Unternehmenskultur, wenn aber Regeln etabliert werden, dann ist es sinnvoll, Mechanismen zu schaffen, welche diese Regeln monitorieren.
10.2.1
E-Mails und interne Dienste
Die endogenen Verhaltensregeln der Kommunikation sind in den meisten Unternehmen unzureichend definiert. Beim konventionellen Schriftverkehr herrscht eine Etikette, wann ein Brief von einem Vorgesetzten oder Kollegen geöffnet werden darf. Auch beim Telefonieren haben sich die Regeln durchgesetzt, wann und wie privat telefoniert werden darf und welche Kontrollen zur Überprüfung zulässig sind, also nicht die Privatsphäre verletzen. Im Umgang mit dem persönlichen Rechner ist das nicht der Fall. Man stelle sich vor, ein Mitarbeiter hat in seinem Regal neben dem Ordner mit den Buchungsbelegen seine private musikalische CD-Sammlung, eine Abmahnung wäre selbstverständlich. Bekommt aber derselbe Mitarbeiter von seiner Kollegin eine E-Mail mit Anhang der neuen Einspielung von Lady Gaga, dann kann diese – in aller Regel und mit größter Selbstverständlichkeit – im PC gespeichert werden. Das gilt auch für Texte und Bilder, bei Bewegtbildern wird es kritisch, da interveniert das IT-Management wegen Platzmangel auf der externen Platte. Aber darf man den Rechner damit auf Inhalte überprüfen, und verletzt man die Intimsphäre? Ist der PC ein Arbeitsmittel des Unternehmens oder eine Servicebereitstellung des Betriebes, wie etwa ein Spind? Mit der Zunahme der elektronischen Kommunikation ist eine Situation geschaffen, die ohne Regelung sehr störanfällig wird. Das Problem ist jedoch nicht mehr einfach zu lösen, da sich ein kulturelles Selbstverständnis, ein individuelles Eigentumsrecht in den Unternehmen eingeschlichen hat, das betriebliche Ressourcen und Dienste bindet und Arbeitszeit beansprucht. Diese Momente sind infiltriert, und sie können nicht unmittelbar durch Reglementie-
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rungen in veränderte Verhaltensmuster überführt werden, sie ließen sich gar nicht kontrollieren, ohne sehr kleinteilige Prozeduren einzurichten, die sicherlich eine Konfrontation mit dem Betriebsrat nach sich ziehen. Exemplarisch kann der E-Mail-Verkehr betrachtet werden. E-Mails sind gerichtsfest. In einem Streitfall kann die jeweilige Partei schlecht leugnen, eine Aussage getätigt zu haben, wenn die Übersendung einer entsprechenden E-Mail nachgewiesen wird. Wird ein elektronisches Dokument vom Unternehmensserver gesendet, so existiert ein Protokoll, das den Sender eindeutig kennzeichnet. Eine E-Mail ist ein Schriftstück, das einem Schreiben auf dem unternehmenseigenen Briefbogen entspricht. Während es strikt untersagt ist, auf betrieblichem Briefpapier bspw. eine private Wochenendeinladung postalisch zu organisieren, wird es in den meisten Unternehmen zugelassen, dasselbe Unterfangen mit Mails zu tätigen. Tritt nun ein Rechtsstreit auf, in dem der E-Mail-Verkehr Relevanz erlangt, dann ist eine revisionssichere Archivierung von großem Vorteil. Wie aber kann zwischen den privaten und den dienstlichen Mails unterschieden werden, ohne die Inhalte zu lesen? Der Fachanwalt für Informationstechnologie und Arbeitsrecht Feil (2011, S. 13) führt dazu aus: „Arbeitgeber, die eine private E-Mail- und Internetnutzung gestatten, müssen mit den Mitarbeitern umfangreichere Vereinbarungen treffen. Ist es Mitarbeitern erlaubt, aus ihrem dienstlichen E-Mail-Postfach auch private E-Mails zu versenden, bedarf es sowohl aus telekommunikationsrechtlicher als auch aus datenschutzrechtlicher Sicht einer Einwilligung, wenn der Arbeitgeber in diesem Postfach betriebliche E-Mails einsehen möchte. Greift ein Arbeitgeber unberechtigt auf einen E-Mail-Account zu, kann das auch straftrechtlich relevant sein und eine Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses darstellen.“ Die Schwierigkeiten bei der Einführung von Regulierungen sind vorprogrammiert. Aber Regulierungen reichen nicht aus. Dazu hat sich die Rechtsprechung bereits auf einen Weg festgelegt, bei dem für die Unternehmen kaum noch Spielraum besteht und der mit zunehmender Kommunikationsdichte immer notwendiger, aber durch die ebenfalls zunehmende technische Komplexität auch komplizierter wird. Feil (ebenda S. 12) sagt dazu: „Das Oberlandesgericht Hamm und auch andere Gerichte haben in Entscheidungen deutlich gemacht, dass jedes Unternehmen für eine ordnungsgemäße Datensicherung sorgen muss. Dabei erwartet die Rechtsprechung, dass mindestens eine tägliche Datensicherung erfolgt. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil im Dezember 2003 ausdrücklich bestätigt. Wenn entsprechende Datensicherungen nicht durchgeführt werden, können Schadenersatzansprüche, bspw. gegen IT-Dienstleister, nicht durchgesetzt werden. Hier sieht die Rechtsprechung dann ein Mitverschulden des betroffenen Unternehmens. Es sollte nicht nur eine entsprechende Datensicherung installiert sein. Die Rechtsprechung erwartet auch ein entsprechendes Controlling und eine Überwachung, ob die Datensicherung ordnungsgemäß funktioniert und auch ‚brauchbar‘ Daten sichert.“ Die vollständige Problemlösung haben die Wirtschaftsinformatiker Knolmayer/Disterer (2007, S. 867 – 903) erarbeitet und in ihrem Beitrag „Anforderungsgerechte Dokumentation der E-Mailkommunikation: Rechtliche Vorschriften, technische Lösungen und betriebliche Regelungen“ publiziert. Aus technischer Sicht ist bei der E-Mail zwischen
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Header (Absender, Empfänger, Datum Betreff, ...) und Body (Text, Signatur, Anhänge, ...)
zu unterscheiden. Die Autoren führen aus: „Für die langfristige Speicherung können Archivierungssysteme ein- und ausgehende EMails am Mailserver für eine zentrale Archivierung abgreifen. Sie sollen den spezifischen Anforderungen an die Archivierung von E-Mails effizient Rechnung tragen:
An mehrere Adressaten versandte E-Mails werden im Unternehmen des Absenders nur einmal gespeichert. Eine an mehrere Adressaten eines Unternehmens versandte E-Mail wird im Unternehmen der Empfänger nur einmal gespeichert. Attachements werden im Body der E-Mail entkoppelt und z. B. als Binary Large Object (BLOB) in einem relationalen Datenbanksystem gespeichert, um dessen Sicherheitsmechanismen zu nutzen. Inhaltlich verwandte E-Mails können zu Gruppen zusammengefasst werden, um z. B. die zu bestimmten Geschäftsfällen gehörenden E-Mails zuordnen und leichter wieder auffinden zu können. Allerdings ist dies bei manueller Zuordnung aufwendig und sowohl bei manueller als auch bei automatischer Gruppenbildung fehleranfällig. Über diese Klassifikation hinaus kann die Bereitstellung einer Volltextsuche das Wiederauffinden von Dokumenten erleichtern. Gescannte Dokumente werden mit OCRTechnik ausgewertet; die Erkennungen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, erreichen aber noch nicht 100 %, sodass eine Volltextsuche für solche Dokumente nur beschränkt hilfreich ist. Unveränderbarkeit der archivierten Informationen. Datenkompression zur besseren Ausnutzung der Speichermedien“ (ebenda S. 881 f.).
Knolmayer/Disterer verweisen auf den Zielkonflikt Archivierung und Datenschutz. Ist der private E-Mail-Verkehr erlaubt, so wird das Unternehmen nach § 3 Nr. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG) zum Dienstleister und muss entsprechend des TKG § 85 das im Grundgesetz geschützte Post- und Fernmeldegeheimnis beachten. Eine Inhaltskontrolle ist somit unzulässig. Werden private Mails mittels Filter ausgelesen und nicht den Adressaten übermittelt, so hat man den Tatbestand der Datenunterdrückung und macht sich nach § 303a StGB strafbar. Daher empfehlen Knolmayer/Disterer (ebenda S. 884) den Unternehmen, ihren Mitarbeitern die private Nutzung von E-Mail-Systemen zu verbieten bzw. wie Feil rät, detaillierte Vereinbarungen mit der Mitarbeitervertretung auszuhandeln und in einem Reglement zu fixieren. Weiterhin ist zu klären, wann und wie archiviert werden soll. Zu entscheiden ist zwischen einer frühen Archivierung, also beim Eingang oder beim Ausgang der Mail, und einer späten Archivierung, die erst dann erfolgt, wenn die Information den Adressaten zugänglich gemacht worden ist. Die Archivierung kann automatisch erfolgen, vollständig oder nach Geschäftsregeln bzw. selektiert durch Text Mining, sie kann jedoch auch benutzerorientiert veranlasst werden.
10.2 Individualisierte Kommunikationssysteme
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„Werden nicht alle E-Mails automatisch archiviert, so besteht die Gefahr, dass das Archiv [...] unvollständig ist. In diesem Fall sind die Mängel, welche durch versehentliches, irrtümliches oder vorsätzliches Handeln der Mitarbeiter entstehen, gegenüber jenen abzuwägen, die auf nicht perfekt arbeitende Text-Mining-Programme zurückzuführen sind. Die Schwächen beider Vorgehensweisen werden reduziert, wenn eine benutzerinitiierte Archivierung vorgenommen wird, zusätzlich aber nicht archivierte E-Mails durch Text-Mining-Programme auf Archivierungsrelevanz geprüft werden“ (ebenda S. 889; siehe Abb. 10.41).
Abb. 10.41: Fallunterscheidung zum Zeitpunkt und zur Erkennung archivierungspflichtiger E-Mails (nach Knolmayer/Disterer)
Wie bei allen Content Management-Anwendungen unterliegt auch der Umgang mit Mails einem umfassenden Information Lifecycle Management. Buchungsunterlagen sowie der dazugehörige Schriftverkehr unterliegen der Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren, andere Unterlagen wie Handels- und Geschäftsbriefe sind nur sechs Jahre zu archivieren. In jedem Fall ist hier eine Regelkreisstruktur einzurichten, die entsprechend der Abbildung 10.24 eine Freigabe für die Nutzung, die Archivierung und die Löschung von elektronischen Objekten steuert sowie regelt und mit dem entsprechenden Berichtswesen hinterlegt ist. Komplexer wird der Sachverhalt durch die Archivierungsnotwendigkeiten von Webauftritten, Blogs und Newslettern. Eine Trennung der Informations- und Kommunikationssysteme ist empfehlenswert, aber die Regulierungen der individuellen Kommunikationsprozesse sollten homogen erfolgen. Stauss/Seidel (2007, S. 617; vgl. Abb. 10.42) unterscheiden ausdrücklich bei der Ausdifferenzierung von Corporate Blogs zwischen denen mit interner und externer Zielgruppe. Alle Inhalte, welche von Mitarbeitern im betrieblichen Zusammenhang verfasst und kommuniziert worden sind, egal ob in einer E-Mail, einem Anhang oder in einer Webseite bzw. einem Blog, sind vom Unternehmen zu verantworten. Sie erfolgen nicht in einem rechtsfreien Raum und können nicht als Privatangelegenheit gehandhabt werden. Es sind verbindliche Aussagen, welche mittelbar oder unmittelbar zur Rechtmäßigkeit der mit dem Unternehmen verbundenen Transaktionen beitragen.
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
Abb. 10.42: Arten von Corporate Blogs mit Relevanz für das Customer Care (nach Stauss/Seidel)
10.2.2
Social Media
Social Media umfasst als Oberbegriff die diffuse Vielfalt der Interaktionsbeziehungen im Internet. Je nach Verfasser werden unterschiedliche Unterbegriffe ausgebildet und thematisiert. Da sich die soziale Wirklichkeit in der Inter-, Intra- und Extranetkommunikation durch eine große Dynamik auszeichnet, hat sich bisher keine Kategorisierung durchgesetzt. Bruhn (2010, S.478) unterscheidet in folgende Erscheinungsformen:
Weblogs (z. B. blog.de), Virtuelle Netzwerke (z. B. xing.com, studivz.net), Webforen (z. B. giga.de), Micromedia (z. B. twitter.com), Bookmarks (z. B. scoop.at, mister-wong.de), Wikis (z. B. wikipedia.de, wikimapia.de, wiki.com), Podcasts (z. B. podster.de, podcast.de), Videos und Pictures (z. B. youtube.com, myvideo.de), Bewertungsportale (z. B. ratings.net, ciao.com).
Rudolph/Emrich/Meise (2008, S. 188f.; siehe Abb. 10.43) systematisieren die Erscheinungsformen Blogs, Foren und Communities sowie Homepages, Banner und Adwords in sechs Formen der Kundenbeziehung:
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offene Entwicklungsplattformen (Crowd Sourcing), in denen Unternehmen Kunden zur Mitgestaltung von Produkten einladen, virtuelle Standorte, in denen Unternehmen über Avatare in sogenannten Second LifeInternetspielen ihren Produkte eine virtuelle Präsenz schaffen und somit die Kunden „spielend“ zum realen Kaufen der Produkte anregen, Interest Community Groups wie Konsumentenforen, in denen Produktnutzer ihre Erfahrungen und Probleme mit anderen Konsumenten austauschen, vernetzte Aktivitäten, in denen das Unternehmen interaktive Programme zur Verfügung stellt, womit der Nutzer seine Produktvariante als Simulation konfigurieren und preislich fixieren kann, Web-Ansprechpartner, wo offizielle Unternehmensvertreter zusätzliche Informationen bereitstellen und persönlich interaktiv kontaktiert werden können und Social Commerce, in denen Kunden über Micro-Shops eine Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden kann, in denen sie individualisierte Produkte wiederum selbst verkaufen können.
Abb. 10.43: Interaktionsbeziehungen im Internet (nach Rudolph/Emrich/Meise)
Wie komplex allein die Institutionalisierung einer Technik ist, verdeutlichen die Autoren Zerfaß/Boelter (2005, S. 127; siehe Abb. 10.44), indem sie die Arten und Einsatzmöglichkeiten von Corporate Blogs systematisieren. Zunächst unterscheiden sie zwischen zwei Dimensionen:
der Kommunikationsstruktur, mit der Aufteilung interne Kommunikation und externe Kommunikation sowie Public Relations und der Kommunikationsart, mit den Klassifikationen der Information (Wissensvermittlung), der Persuasion (Themenbesetzung, Imagebildung, Vertragsunterstützung) und Argumentation (Beziehungskrise, Konfliktlösung).
In dieser Matrix positionieren Zerfaß/Boelter acht spezifische Blogs, die jeweils in ihrer Handhabung einer eigenständigen Planung, Umsetzung sowie Kontrolle bedürfen und
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10 Operatives Kommunikationscontrolling
selbstverständlich nur über hierarchisch konzipierte Berichtssysteme monitorisiert werden können:
Knowledge-Blogs, Service-Blogs, Kampagnen-Blogs, Themen-Blogs, Produkt- und Marken-Blogs, Kollaborations- und Projekt-Blogs, Customer/Voter Relationship Blogs sowie Krisen-Blogs.
Abb. 10.44: Arten und Einsatzmöglichkeiten von Corporate Blogs (nach Zerfaß/Boelter)
Das Kommunikationscontrolling befindet sich im Aufbau.Während sich die Methoden und Verfahren im technischen und wirtschaftlichen Controlling bereits über Jahrzehnte hinweg etabliert und konsolidiert haben, ist das Instrumentarium bei der Steuerung und Regelung der Kommunikation noch im Stadium der experimentellen Erprobung. Daher werden in diesem Zusammenhang bei der operativen Planung der Kommunikationspolitik mehr die Kritierien zur Typologisierung diskutiert, als die einzelnen Methoden ausgebildet. Bruhn (2010, S. 476 f.; siehe Abb. 10.45) typologisiert die Social Media-Kommunikation nach ihrer Interaktivität, dem Dialog und ihren Merkmalen. Ist die Interaktivität hoch, so wird auch ein aufwendiger Dialog notwendig, es bedarf also serviceorientierter dialogischer Anwendungen. Bei geringem Dialog und niedriger Interaktivität sind die unterhaltungsbezogenen reaktiven Anwendungen zu positionieren. Im Mittelfeld stehen die informationsorientierten interaktiven Applikationen. Bei der Ausgestaltung der Instrumente ist auf sechs Merkmale der Kommunikationsgegebenheit zu achten:
die Komplexität des angebotenen Produktes bedingt den Grad der Information, die Erwartungshaltung der Nutzer definiert den Informationsbedarf, je eigenständiger der Unterhaltungswert des Kommunikationsangebotes ist, umso geringer darf der Objektbezug sein,
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daher haben unterhaltungsbezogene Anwendungen eher eine Aktivierung zu veranlassen als dialogische Kommunikationsformen, welche eine Motivation der Kommunikation voraussetzen; entsprechend schaffen interaktive und serviceorientierte Kommunikationsformen eine höhere Kundenbindung und bedürfen dann auch einer höheren Einsatzpersistenz.
Abb. 10.45: Kriterien zur Typologisierung der Social Media-Anwendungen (nach Bruhn)
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Soziale Netzwerke entwickeln sich von selbst. Knappe/Kracklauer (2007, S. 16 f.) unterscheiden zwei Ursachen, die zu einer Gemeinschaftsbildung führen:
die identitätsgetriebenen Netzwerke beruhen auf dem Bedürfnis der Selbstdarstellung des Individuums und dem Bedürfnis, Kontakte herzustellen, die themengetriebenen Netzwerke orientieren sich an spezifischem Verhalten, welches eine soziale Gruppe zusammenführt und Kommunikationsbeziehungen veranlasst.
Selbstverständlich positionieren sich auch Mischformen. Hier bieten die Kommunikanten neben personenbezogenem Verhalten auch Inhalte zu bestimmten Themen an. Das Kommunikationscontrolling setzt auf diese dynamischen Strukturen auf, hat aber nicht zur Aufgabe, sie primär auszubilden, sondern mit ihnen umzugehen. Aus Unternehmenssicht ist das Ziel zu verfolgen, das betriebliche Kommunikationsverhalten zu optimieren, um einen nachhaltigen Unternehmensbestand zu gewährleisten. Dementsprechend gilt es die Faktoren zu definieren, welche von Unternehmensseite zu berücksichtigen sind, um die Kommunikationsqualität zu steigern. Die Praktiker Rösgner/Herrmann/Heitmann (2008, S. 106 f.) nennen vier Dimensionen:
den Umgang mit dem Content, die Kreativität, die Kompetenz und die Integration von Communities.
Bei der Handhabung der Inhalte zählen nicht nur die Informationsvermittlung, die Nutzerversprechen und die Integration von Konsumenten durch Erfahrungen sowie Tipps. Auch der Erzählstoff ist wichtig und sollte relevant, faktisch und differenzierend sein. Die Kreativität drückt sich in der Erlebnishaftigkeit und Emotionsvermittlung aus. Es bedarf der Abwechslung und der kontinuierlichen Ideengenerierung von allen Kommunikanten durch Anregungen und Wettbewerb. Weiterhin wird Kompetenz erwartet beim Transfer der Attribute, also Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität. Die Evaluierung der Konsumentenwünsche wird von den wechselnden Gemeinschaften als ebenso selbstverständlich angesehen wie die Vermehrung von Wissen, der Austausch mit dem Unternehmen und der konstruktive Umgang mit Kritik. Schließlich ermöglicht die Dimension der Community Ansatzpunkte zur eigenen Gestaltung und Stärkung gruppenbezogener Interaktion. So lassen sich Ansatzpunkte für Kollektivität schaffen mit Ritualen, Zeichen und Kontinuität. Interaktion mit anderen Verwendern, Erfahrungsaustausch und Diskussionen über den Nutzen der generierten Inhalte schaffen eine zu intendierende Gruppenkonsistenz. Zu sehr ähnlichen Kriterien gelangen auch die Autoren Bauer/Falk/Hammerschmidt (2008, S. 42 ff.; siehe Abb. 10.46), die sich in einer sehr umfangreichen empirischen Studie mit der Messung von Qualität elektronischer Dienstleistungen auseinandersetzen und diese branchenübergreifend validieren. Das originäre E-Servicequalitätsmodell SERVQUAL beschreibt fünf Dimensionen über 27 Items:
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technische Potenzialqualität (vier Indikatoren), Fachkompetenz (sechs Indikatoren), Sicherheit (sechs Indikatoren), funktionale Qualität (sechs Indikatoren) und Erlebnisqualität (fünf Indikatoren).
Die elektronische Servicequalität wirkt sich auf die Kundenloyalität und auf die Kundenzufriedenheit aus. In der Potenzialphase sind die Gestaltung und die Qualität der technischen Ressourcen ebenso von Bedeutung wie die Datensicherheit, der Datenschutz und die Sicherheitsgarantien. In der Prozessphase wirken die emotionale Aktivierung sowie das Vergnügen, aber auch die Benutzerfreundlichkeit sowie die schnelle Reaktion auf Kundenwünsche. In der Ergebnisphase sind die zuverlässige Leistungserstellung und die Aktualität der Informationen von Relevanz.
Abb. 10.46: Dimensionen der E-Servicequalität (nach Bauer/Falk/Hammerschmidt)
Neben der Definition von Leistungskriterien für die Applikationen von elektronischen Diensten und der entsprechenden Messung für die Einrichtung einer KommunikationscontrollingSystematik, ist es notwendig, die Kommunikationspfade zu verfolgen. Lommatzsch (2008, S. 6; siehe Abb. 10.47) hat die Wege zur Distribution und zum Auffinden einer Pressemitteilung in Form eines Social Media Releases modelliert und verdeutlicht, dass Pressemitteilungen, Suchmaschinen, E-Mails und Social Media Dienste sich in einer ständigen Interaktion mit Journalisten, Blogs und Online-Multiplikatoren befinden. So werden die Ziel- und Bezugsgruppen nicht nur die Fach-, Massen- und sonstigen Online-Medien mit Inhalten versehen, sondern auch unmittelbar für die Unternehmen als Quelle. Aber das System ist rückgekoppelt, die Ziel- und Bezugsgruppen sind selbst Lieferanten von Informationen, die sie alsdann in mehrfach gefilterter Form wieder präsentiert bekommen.
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Abb. 10.47: Wege zur Distribution und zum Auffinden einer Pressemitteilung eines Social Media Releases (nach Lommatzsch)
In Onlinesystemen werden die Reaktionen der Kunden nicht nur messbar, sondern es lässt sich auch eine Kopplung zwischen Werbe- und Vertriebsproduktionsprozess operationalisieren (vgl. Jaspersen 1996). Die innerbetriebliche Umsetzung von OnlineMarketingaktivitäten kann nicht mit der Durchführung etablierter Maßnahmen der Massenkommunikation verglichen werden. Zwar werden über Online-Dienste inzwischen auch Massen erreicht, aber in seiner Struktur verbleibt der einzelne Kommunikationsakt im Prozess der Individualkommunikation. Dementsprechend gilt es, eine Aufbau- und Ablauforganisation zu formalisieren, die ein sich kontinuierlich wandelndes Informationsprogramm gewährleistet und eine Reaktion auf individuell geäußerte Wünsche ermöglicht. Das Medium der Online-Dienste, also die Computer und ihre Netzorganisation, bildet eine technische instrumentelle Struktur, deren Inanspruchnahme sehr genau dokumentiert wird. Es wird nicht nur erfasst, wer wann und wie lange auf Datenbestände zugegriffen hat, sondern auch, welche Daten rezipiert worden sind. Die Qualität der Erfolgskontrolle erlaubt daher auch Aussagen über die Inanspruchnahme der Kommunikationsinhalte. Bei der Gestaltung der angebotenen Information kommt es darauf an, die Struktur von Stamm- und Bewegungsdaten voneinander zu trennen. Häufige Nutzer von Systemen erwarten bei jedem Kontakt neue Informationen. Daher unterliegt die gesamte Information einem Wartungsaufwand, der bei sich langsam verändernden Inhalten kleiner ist als bei schnell veraltenden Informationen. Jedes Unternehmen produziert Sekundärinformationen über die betriebseigene Produktpalette, welche prinzipiell über Online-Kanäle angeboten werden können. Aber darüber hinaus werden auch Daten über den Status von Aufträgen, die Nutzung von Ressourcen oder die Struktur der Kundschaft und der Inanspruchnahme der betrieblichen Leistung im Unternehmen verarbeitet. Diese Informationsbasis lässt sich für das Online-Marketing gut auswerten. Es gilt eine eigenständige, wartungsfreundliche relationale Datenbank zu bilden, welche den Interessen der exogenen Systemnutzer entspricht und möglichst viele Fragen beantwortet, ohne eine individuelle Rückkopplung notwendig werden zu lassen. Die Messkriterien der Online-Werbung befinden sich in der Entstehung. Das ist ganz selbstverständlich, da sich das Medium selbst erst in der Entwicklung befindet und sich in der nächsten Zeit auch noch
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in seiner Erscheinungs- sowie Nutzungsform wandeln wird. Dennoch haben wir bereits Bestrebungen, die Messkriterien zu normieren und zu vereinheitlichen. Das Kontaktkriterium „Hit“ als Brutto- bzw. Nettowert wird heute von Provider zu Provider unterschiedlich interpretiert und so andersartig gemessen. Die hieraus resultierenden Kennwerte sind zwar für den Serverbetreiber wertvoll, da sie ein relatives Maß der Veränderungen der eigenen Dienstleistung abbilden, sie sind jedoch nicht geeignet, einen objektiven Leistungsvergleich zwischen unterschiedlichen Providern zu ermöglichen. Pepels (2011, S. 204 f.) trennt bei der Erfolgsmessung zwischen den site-bezogenen, den werbeelementbezogenen und den benutzerbezogenen Messwerten. „Site-bezogene Messwerte sind vor allem:
Hits: Sie geben an, wie viele Einzeldaten einer Site abgefragt worden sind, sei es als HTML-Seiten, Grafiken o. Ä., ablesbar an der Zeilenanzahl im Logfile. Page Views/Page Impressions: Dies ist die Anzahl der abgerufenen Einzelseiten, wobei nur Content-Seiten gezählt werden. Sie ist ein Maß für den Sichtkontakt mit einzelnen Seiten. Visits: Dies sind zusammenhängende Besuche einzelner Benutzer auf einer Website unter Aufruf einer oder mehrerer Webseiten des Angebots einer Site. Ein Nutzungsvorgang ist ein technisch erfolgreicher Seitenzugriff eines Internet-Browsers auf das aktuelle Angebot. Fehlerlogs: Dies ist eine Auswertung der Fehlercodes beim Zugriff zur Optimierung der Website. Abandonment Rate: Darunter werden Seiten ausgewiesen, von denen aus eine Webseite verlassen wird.
Werbebezogene Messwerte sind vor allem:
Adclicks: Dies ist die Anzahl der Nutzungen von werbungstragenden Hyperlinks, die zur Website oder zu anderen Informationen des Werbungstreibenden führen. Ad Impressions: Dies ist die Anzahl der Sichtkontakte mit Werbemitteln im Internet. Click through Rate: Dies ist der Anteil angeklickter Werbemittel an allen besuchten Webseiten. Exposure Duplications: Dies ist der Anteil der Besucher, der einen Werbebanner mehrmals sieht. Banner Reach: Dies ist die Anzahl der Nutzer mit mindestens einem Sichtkontakt zum Werbemittel analog zur Reichweite. Banner Frequency: Dies ist die Anzahl der Sichtkontakte je Nutzer analog zur Kontaktintensität. Viewtime, d. h. die Zeitspanne, in der ein potentiell werbeführender Teil eines InternetAngebots sichtbar ist. Stickiness, d. h. die Verweilzeit auf einer Webseite ermittelt aus Frequenz, Dauer und Reichweite.
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Benutzerbezogene Messwerte sind vor allem:
Referring Pages: Hier wird festgestellt, von welcher Website der User kam und wohin er von der Site ging. Entry Pages/Exit Pages: Dies sind die Einstiegs- und Ausstiegsseiten einer Website; z. B. über Suchmaschinen indexiert. Navigationsmuster: Dies zielt auf die Erkennung von Bewegungschemata innerhalb einer Website ab. Visit Length, d. h. die Verweildauer vom ersten bis zum letzten Seitenaufruf innerhalb einer Visit. Unique Users, d. h. die Anzahl unterschiedlicher Besucher einer Website. Conversion Rate, d. h. der Anteil der Käufe eines Angebots (Transaktionen) an allen Besuchern der Site“ (ebenda).
Das Kriterium „Page Impression“ ist messbar, bedarf jedoch der eigenen Programmierung und erlaubt somit eine subjektive Filterdefinition. Es ist für die Nutzung des Serverangebots aussagefähig, lebt aber von der Ausprägung dessen, was die Provider als „eine Seite“ ausweisen. Das durchaus zweckmäßige Kriterium bedarf entsprechend noch der detaillierten Normierung. Mit der Messung von Ad Clicks (Werbe-Klicks) eröffnet das Medium neue Horizonte in der Werbewirkungsforschung. Noch nie konnten genaue Aussagen gemacht werden, ob eine Werbung wahrgenommen worden ist oder aber, ob man die Seite überblättert hat, bei der Werbesendung auf die Toilette gegangen ist oder aber sich bei der Filmwerbung mit seinem Freund beschäftigt hat. Mit dem Ad Click wird ein aktiver Schritt des Nutzers gemessen; er fordert, über das Aufrufen eines werbetragenden Objektes über eine Link-Funktion, die dahinterliegende Information des Werbetreibenden an. Das Messkriterium ist eindeutig, automatisierbar und mit Standardsoftware messbar. Der Medieninhalt wird nicht tangiert. Ein Nutzernachteil ergibt sich jedoch. Normalerweise werden Links direkt vermittelt. Um eine Messprozedur zu ermöglichen, muss die Verbindung über den eigenen Rechner geleitet werden. Diese zusätzliche Station kostet Zeit und verlängert, wenn alle es machen, die Antwortzeiten. Die Visits (Besuche) fassen alle aufeinanderfolgenden Seitenabrufe in einem definierten Zeitraum zusammen. Besuche gelten als beendet, wenn 15 Minuten lang kein Element abgerufen wird. Dieses Kriterium ist zwar inhaltsneutral und durchaus aussagefähig, birgt aber erhebliche Probleme bei der Messung. Zwar lässt sich die Prozedur durch Eigenprogrammierung (bei vielen Nutzern recht komplex) automatisieren, aber das technische Gesamtsystem der Online-Kommunikation wird eine definitorische Präzisierung notwendig machen. Es verbleiben drei Schwachstellen. Die größte Ungenauigkeit ergibt sich durch die Proxys. Das sind Dienste wie die der Telekom, von AOL oder Compuserve. Sie werden als ein Besuch gezählt, obwohl sich dahinter sehr viele Nutzer befinden, deren Einzelherkunft aber verdeckt bleibt. Eine zweite Nutzergruppe verbleibt dann undifferenziert, wenn sie ganze Inhaltspakete abruft und auf ihrem Rechner speichert, sodass für die weitere Verwendung keine Kommunikationsgebühren mehr anfallen. Wie viele dann die Information Offline benutzen, bleibt
10.2 Individualisierte Kommunikationssysteme
689
unerfasst. Der dritte Fall ergibt sich bei kurzen Abruffrequenzen unterschiedlicher Nutzer. Wenn in einer Organisation ein Gerät ausschließlich für eine spezifische Auskunft (z. B. Preise, Bahnauskunft, Flüge usw.) verwendet wird, und die Nutzerfrequenz unter 15 Minuten sinkt, dann werden die unterschiedlichen Kommunikanten wie ein Nutzer gezählt. Die Browsererfassung ist von begrenztem Aussagewert. Zwar standardmäßig zählbar, gibt sie jedoch nur Auskunft über ein technisches Detail des Nutzers, das einer zunehmenden Vereinheitlichung unterliegt. Heute kann man noch Rückschlüsse ziehen, ob eine nennenswerte Nutzergruppe einen Browser verwendet, der bevorzugt Texte unterstützt, und entsprechend kann der Provider seine Inhalte gestalten; in der Zukunft aber wird das Leistungsspektrum der wenigen auf dem Markt verbleibenden Browser beinahe deckungsgleich sein. Die User (Nutzer) eines Providers zu zählen ist zweckmäßig eindeutig und technisch einfach (durch Standardprogramme), wobei das Proxy-Problem auch hier greift. Um das zu beheben, schreibt der Deutsche Multi-Media-Verband (DMMV) noch ein Zusatzkriterium in seine Presseerklärung: „Die Personen müssen anhand bestimmter Kennzeichen identifizierbar sein (E-Mail-Adresse, Name, etc.).“ Dieser Zusatz ist problematisch. Zwar haben die meisten Internetnutzer die Option, ihre E-Mail-Adresse zu öffnen, und geben so bei jeder Kommunikation dem Partner die Möglichkeit, sie zu lesen und zu speichern, aber diese Option wird aus einem Anonymitätsbedürfnis heraus häufig nicht genutzt. Auch werden mit derselben Motivation, gerade gegenüber Werbetreibenden, bewusst Fehleintragungen (Bill Clinton, Einstein, Killroy) im Adressenfeld vorgenommen. Internetnutzer sind ein datenschutzbewusstes Völkchen, das einer geordneten Erfassung ein individuelles Chaos gegenüberstellt. Die Aussagefähigkeit ist dadurch begrenzt. Noch deutlicher wird das bei der nächsten Kennzahl: Identified User (demographisch identifizierbare Nutzer). Es ist eine Auswertung der vorherigen Kategorie, unter der Verwendung von demographischen Zusatzinformationen. Sicher, das WWW ist ein interaktives Medium und erlaubt daher die Erhebung sowie Auswertung von Informationen, deren Erhebung zuvor nicht möglich war. Aber eine individuelle Exploration der Nutzer ist nur möglich, wenn die Nutzer es wirklich bewusst wollen. Dementsprechend müssen die Provider einen Gegenwert im Inhalt bieten, damit sich die Nutzer öffnen und die Erhebung einer Kenndatenbasis zulassen. Das Repertoire hierfür ist vielfältig: Spiele, Ausschreibungen, Befragungen, Diskussionsforen, Nutzerbeschwerden können im Content, im Informationsumfeld, institutionalisiert werden. Die daraus zu destillierende Kundendatei ist mit der gleichen Sorgfalt zu bewerten und zu pflegen, wie Unternehmen es mit ihrer konventionellen Kundenkommunikation ohnehin schon tun. Ein Kriterium des DMMV ist der Werbekontakt (Ad Impressions), also die Anzahl der abgerufenen werbetragenden Objekte. Wenn jeder Dateiname, hinter dem sich ein Werbeinhalt befindet, mit einem Teilstring versehen wird, der darauf verweist, so kann dieses Messkriterium, automatisiert über Standardprogramme, erhoben werden. Es bedarf aber einer entsprechenden Klassifizierung aller dargebotenen Inhalte; der Filter ist somit der Subjektivität des Klassifikators unterworfen. Eine Überprüfung der Richtigkeit kann nur auf dieser Detaillierungsebene stattfinden. Für die Firma, welche eine Werbebotschaft plaziert, ergibt sich der große Vorteil, dass nicht nur zu erfahren ist, ob die Botschaft gesendet worden ist, sondern auch, wie oft und wie lange sie wahrgenommen wurde.
690
Abb. 10.48: Social Media Leitfaden (Daimler AG)
10 Operatives Kommunikationscontrolling
10.3 Schrifttum
691
Die elektronische Datenspur erlaubt eine Vielfalt an Messungen und eröffnet dem Unternehmen somit eine ausdifferenzierte Informationsbasis, die ein Kommunikationscontrolling speisen kann. Aber es löst nicht das Problem des hybriden Mitarbeiters, der einerseits Privatperson ist und andererseits in betrieblicher Funktion agiert. Hier kann das Unternehmen nicht mit Geboten sondern nur mit Empfehlungen operieren, um eine Unternehmenskultur zu kreieren. Als Beispiel veranschaulicht dies der Social Media Leitfaden der Daimler AG (2011, siehe Abb. 10.48).
10.3
Schrifttum
Abele, E.; Reinhart, G.: Zukunft der Produktion, München 2011. Abts, D.; Mülder, W. (Hrsg.): Masterkurs Wirtschaftsinformatik, Wiesbaden 2010. Bauer, H. H.; Dirks, T.; Bryant, M. D. (Hrsg.): Erfolgsfaktoren des mobilen Marketing, Heidelberg 2008. Bauer, H. H.; Falk, T.; Hammerschmidt, M.: Messung von E-Servicequalität: eine branchenübergreifende Validierung, in: Bauer, H. H.; Große-Leege, D.; Rösger, J. (Hrsg.): Innovatives Marketing im Web 2.0+, 2. Auflage, München 2008. Bauer, H. H.; Große-Leege, D.; Rösger, J. (Hrsg.): Innovatives Marketing im Web 2.0+, 2. Auflage, München 2008. Bauer, H. H.; Martin, I.; Albrecht, C.-M.: Virales Marketing als Weiterempfehlung des Empfehlungsmarketing, in: Bauer, H. H.; Große-Leege, D.; Rösger, J. (Hrsg.): Innovatives Marketing im Web 2.0+, 2. Auflage, München 2008. Becker, S.; Knackenstedt, R.: Das Data-Warehouse-Konzept im CRM, in: Hippner, H.; Wilde, K. D. (Hrsg.): IT-Systeme im CRM, Wiesbaden 2004. Bensberg, F.: Mobile Business Intelligence, in: Bauer, H. H.; Dirks, T.; Bryant, M. D. (Hrsg.): Erfolgsfaktoren des mobilen Marketing, Heidelberg 2008. Binner, H. F.: Pragmatisches Wissensmanagement, Darmstadt 2007. Blatzheim, U.; Böttcher, V.: Efficient Consumer Response, in: HDE Hauptverband des Deutschen Einzelhandes, Köln 1995. Blömer, A.; Jaspersen, T. (Hrsg.): Business Online, Hannover 1997. Brechtenbreiter, R.: Grundlagen von Content-Management-Systemen und Ansätze ihrer Bedeutung für das CRM, in: Hippner, H.; Wilde, K. D. (Hrsg.): IT-Systeme im CRM, Wiesbaden 2004. Bruhn, M.: Integrierte Kommunikation in den deutschsprachigen Ländern, Wiesbaden 2006. Bruhn, M.: Integrierte Unternehmens- und Marktkommunikation, strategische Planung und operative Umsetzung, 5. Auflage, Stuttgart 2009. Bruhn, M.: Kommunikationspolitik, 6. Auflage, München 2010. Clark, E. M.; Brock, T. C.; Stewart, D. W.: Attention, New Jersey 1994. Conrady, R.; Jaspersen, T.; Pepels, W. (Hrsg.): Online Marketing-Strategien, Neuwied und Kriftel 2002. Daimler AG: Social Media Leitfaden, in: www.daimler.com/unternehmen/daimler-im-web-2-0; letzter Zugriff: 19.05.2011. Faulstich, W. (Hrsg.): Grundwissen Medien, 5. Auflage, Paderborn 2004. Feil, T.: Klare Regeln für Netz, E-Mail und Facebook, in: Niedersächsische Wirtschaft, Hannover 8/2011. Ferstl, O. K.; Sinz, E. J.: Grundlagen der Wirtschaftsinformatik, 6. Auflage, München 2008. Fink & Fuchs Public Relations AG; Zerfaß, A.: Social Media Governence 2010, in: www.ffpr.de/news/studien/social_media_governance_2010; letzter Abruf 13.05.2011. FTK’97: Impulse – Innovationen durch Technik und Organisation, Berlin/Heidelberg 1997. Gattermeyer, W.; Al-Ani, A. (Hrsg.): Change Management und Unternehmenserfolg, 2. Auflage, Wiesbaden 2001.
692
10 Operatives Kommunikationscontrolling
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10.3 Schrifttum
693
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11
Strategisches Kommunikationscontrolling
11.1
Gestaltung und Wartung integraler Systeme
Das strategische Kommunikationscontrolling wird getrieben durch die technische Entwicklung der Informations- und Kommunikationssysteme sowie den damit einhergehenden sozialen Wandel. In der Abb. 11.1 wird die integrative Komponente für diese Entwicklung schematisch dargestellt. Innerhalb des gesellschaftlichen Umfelds befindet sich das Betrachtungsunternehmen zwischen den beiden Gliedern seiner Wertschöpfungskette: den Lieferanten und den Kunden. Für die kontinuierliche Verbesserung und stetige Anpassung an die durch zunehmende Volatilität geprägte Umwelt werden im Unternehmen drei dominante Strategien (vgl. dazu Oberweis/Paulzen/Sexauer 2004, S. 77 ff.) implementiert und verändert:
für die endogenen Belange steht die Geschäftsprozessentwicklung im Vordergrund und deren Koordinierung durch ein IT-gestütztes Business Process Management (BPM), die Interaktion mit den Lieferanten wird durch das Supply Chain Management (SCM) formalisiert und strategisch ausgebaut, der systematische Umgang mit den Kunden mündet in ein Customer Relationship Management (CRM).
Alle diese Strategien sind zueinander interdependent. Es kommt auf die jeweilige Umsetzung im Unternehmen an, wo die Grenzen der einzelnen Systeme gezogen werden. Und alle diese Systeme sind IT-gestützt. Zählt man die Tools, welche in einem mittelständischen Unternehmen verwendet werden, wie bspw. formalisierte Applikationen von Tabellenkalkulationen, so sind es Hunderte – bei großen Unternehmen Tausende – von Einzelsystemen bzw. „Systemchen“, die innerhalb von Strategien eine Gestalt bekommen. Und da ist die strategische Abgrenzung der Insourcing-Outsourcing-Schnittstelle, also der Belieferung sowie der Leistungsherstellung und alsdann der Leistungsveränderung sinnvoll, um Makrostrukturen auszubilden. Während das BPM endogen bestimmt ist, sind die Managementstrategien der Peripherie von exogenen Momenten durchdrungen: Das SCM berücksichtigt die Vorstellungen und Prozesse der Lieferanten, dass CRM ist abhängig von den Bedürfnissen und Wünschen sowie den Einflüssen durch Mitanbieter bei der Kundschaft. Alle drei Strategiekomplexe haben eine technische, eine wirtschaftliche und eine kommunikative Komponente. Technisch ist bei jeder Prozessentwicklung schon mal die Computerunterstützung, aber in der Regel werden logistische Aspekte sowohl endogen als auch bei der exogenen Interaktion wirksam.
696
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Bei produzierenden Unternehmen ist die physisch bestimmte Wertschöpfung dominant. Ebenso werden alle Prozesse mittelbar oder unmittelbar monetär umcodiert und haben damit eine wirtschaftliche Notation oder Konnotation. Schließlich werden alle Prozesse von Menschen verantwortet, das gilt auch mittelbar für hochautomatisierte Vorgänge. Daher ist die Kommunikation bei der strategischen und operativen Prozessgestaltung unabdingbar. Werden die Abläufe formalisiert und IT-gestützt, so entstehen spezifische
technische Prozesse, wirtschaftliche Prozesse und Kommunikationsprozesse.
Mit der Formalisierung geht eine systematische Planung, Umsetzung und Kontrolle einher, sie ist also nicht abgeschlossen, wenn nicht ein
technisches Controlling, wirtschaftliches Controlling und Kommunikationscontrolling
unternehmensspezifisch ausgebildet, eingerichtet und gelebt werden.
Abb. 11.1:
Unternehmenscontrolling in seiner Wertschöpfungskette
Das Phänomen der Social Media befindet sich in der gesellschaftlichen Ausformung. Welche Strukturen sich endogen und exogen ausbilden werden, wird die Entwicklung des zweiten Jahrzehnts dieses Jahrtausends zeigen. Sicher ist jedoch, dass sich das exogene Moment für die Prozessgestaltung in Unternehmen ausdehnt und dass es permeabler wird. Selbstbestimmung und Fremdbestimmung in der Strategieentwicklung werden handlungsfeldbedingt eine andere Gewichtung erfahren. Für sämtliche Prozessentwicklung, und das gilt auch für alle
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
697
Controllingsysteme in Summe, ist zu konstatieren, dass sie nicht für das Unternehmen allumfassend sind. Stets wird ein informeller Freiraum bleiben, und es ist in höchstem Maße sinnvoll, diesen zu pflegen. Erst in den Kapillaren des menschlichen Verhaltens manifestiert sich die informalisierte Kultur und das Vertrauen in das Unternehmen und die umgebende Wertschöpfungskette sowie die Gesellschaft. Das St. Galler Managementmodell wird einem ganzheitlichen Ansatz der Unternehmensführung und der entsprechenden Strategieentwicklung in besonderem Maße gerecht. Die Unternehmensentwicklung wird gleichermaßen als Struktur- und Verhaltensmodifikation gesehen, die sich in einer Wertschöpfungskette strategisch formulieren lässt: angefangen von der Managementphilosophie mit seiner Vision über das normative Management mit den Missionen, dem strategischen Management mit den Programmen bis hin zum operativen Management und seiner Auftragsgestaltung (vgl. dazu Bleicher 2001). Im St. Galler Managementmodell (vgl. Rüegg-Stürm 2003, S. 22; siehe Abb. 11.2) werden sechs zentrale Dimensionen der funktionalen Gestaltung definiert, für die eine Strategieentwicklung stets zu erfolgen hat. Boos/Völker/Schuh (2011, S. 52 f.) detaillieren sie in: „1. Umweltsphären Umweltsphären bilden den Kontext unternehmerischer Tätigkeit. Abhängig von der Branche und den Tätigkeitsschwerpunkten sind diese Umweltsphären auf wichtige Veränderungstrends hin zu untersuchen. 2. Anspruchsgruppen Anspruchsgruppen (Stakeholder) sind organisierte oder nicht organisierte Gruppen von Menschen, Organisationen und Institutionen, die von den unternehmerischen Aktivitäten (positiv und/oder negativ) betroffen sind. 3. Interaktionsthemen Mit Interaktionsthemen werden Gegenstände der Austauschbeziehungen zwischen den Anspruchsgruppen und dem Unternehmen bezeichnet; dabei wird einerseits zwischen personenund kulturgebundenen Elementen wie Anliegen, Interessen, Normen und Werte und andererseits zwischen objektgebundenen Elementen, d. h. Ressourcen unterschieden. Bei den Interaktionsthemen handelt es sich somit teils um thematische Felder der Auseinandersetzung, teils um handelbare Güter und Rechte. 4. Ordnungsmomente Unternehmerische Wertschöpfungsaktivitäten laufen in mehr oder weniger geordneten Bahnen ab, auch wenn die Kommunikations- und Handlungsmuster nicht immer erkennbar sind. Die Ordnungsmomente geben dem organisatorischen Alltagsgeschehen eine zusammenhängende Form, indem sie diesem eine Ordnung auferlegen und so die Aktivitäten auf die Erzielung bestimmter Wirkungen und Ergebnisse ausrichten. 5. Prozesse Alle Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens und die dazu notwendige Führungsarbeit werden in Prozessen erbracht. Prozesse lassen sich durch eine bestimmte sachliche und zeitliche Logik beim Vollzug spezifischer Aufgabenfelder beschreiben. 6. Entwicklungsmodi
698
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Die hohe Umweltdynamik, an deren Erzeugung die menschliche Neugierde und Kreativität maßgeblich beteiligt ist, bringt für jede Unternehmung das Erfordernis einer kontinuierlichen Weiterentwicklung mit sich. Die Entwicklungsmodi umfassen grundlegende Muster der unternehmerischen Entwicklung.“
Gesellschaft
Natur Technologie
Wirtschaft
Konkurrenz
Kapitalgeber
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er
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Kunden
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Managementprozesse
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eu
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Lieferanten
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Geschäftsprozesse Unterstützungsprozesse Ressourcen
Staat
Normen und Werte
Mitarbeitende
Anliegen und Interessen
Öffentlichkeit NGOs
Abb. 11.2:
Prozesse
Anspruchsgruppen
Ordnungselemente
Umweltsphären
Entwicklungsmodi
Interaktionsthemen
St. Galler Management Modell
Das strategische Kommunikationscontrolling wird insbesondere durch zwei Entwicklungsaspekte determiniert. Zum einen wächst das Moment der Systemintegration, und zwar sowohl inner- als auch überbetrieblich. Zum anderen erfasst das Change Management eine ganzheitliche unternehmensbezogene Interpretation und eine entsprechende Operationalisierung. Beide Entwicklungsstränge beeinflussen einander, die Überschneidungsmenge in der Literatur ist jedoch nicht groß, und daher werden diese Themenfelder auch in den folgenden Ausführungen innerhalb von zwei getrennten Abschnitten abgehandelt.
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
699
Die Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns haben sich verändert. Die Informationsverarbeitung und die Globalisierung setzen neue Voraussetzungen, um eine betriebliche Führung auszubilden. Die Instrumente des Rechnungswesens – modernisiert durch eine hierarchische Detaillierung und mit der jeweiligen Vorgabemöglichkeit von Sollwerten für die Planung, Durchführung und Kontrolle – reichen nicht mehr aus. Es entwickeln sich integrative Planungs- und Kontrollsysteme ganz eigener Art, wobei deutlich zwei Systemwelten diskriminierbar sind:
die innerbetriebliche Integration und die überbetriebliche Integration.
Abb.11.3:
Veränderte Rahmenbedingungen der Produktionsplanung und -steuerung (nach Köhler/Lämmle/Wiendahl)
Köhler/Lämmle/Wiendahl (1997, S. 199 f.; vgl. Abb. 11.3) umschreiben bereits 1997 den Strukturwandel durch einen inneren Kreis der Unternehmensführung. Hier ändern sie die Produktionsplanung und -steuerung in ihren Methoden, Werkzeugen und Strategien. Ursächlich verantwortet wird dies durch den äußeren Kreis der Unternehmensparameter:
Die Marktstruktur ist käuferorientiert, die Teilnehmer sind aggressiv und die Entwicklungen ebenso turbulent wie heterogen. Die Standorte sind durch gleichzeitige Dezentralisation und Regionalisierung geprägt. Es wird ein internationales „Global sourcing“ betrieben.
700
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Die geforderten Produkte sind variantenreich, haben kurze Produktlebenszyklen, sind komplex und haben den Trend zur Systemlösung. Die Prozesse im Betrieb erfolgen auf Bestellung, das Einzelunternehmen konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen und überlässt es anderen, die Dinge zu tun, die diese besser können. Es entstehen internationale Kooperationen und Allianzen. Schließlich ist die Gesellschaft durch eine Individualisierung der Bedürfnisse, durch hohe Qualitätsanforderungen und ein massiv gewachsenes Umweltbewusstsein gekennzeichnet.
Treiber der Entwicklung ist die Informationsverarbeitung, die, wie vieles in der Gesellschaft, Trendbrüche aufweist. Es besteht ein sowohl als auch. Die Informationssysteme entwickeln sich aus einer gesellschaftlichen Eigendynamik heraus: Sie werden multimedialer, individueller und damit informeller und vernetzter. Der Tendenz zu formalisierten, auf das Unternehmen bezogenen Strukturen mit „ordnender Wirkung“ steht eine Entwicklung gegenüber mit einer chaotischen, globalisierenden, kommunikativen Komponente. Die Aufgaben des Informationsmanagements im Unternehmen bilden einen funktionalen Zusammenhang aus, der zu den Tätigkeiten in Produktion und Absatz quer gestellt ist. Biethahn/Mucksch/Ruf (2004, S. 16) definieren: „Unter Informationsmanagement (IM) in einem Betrieb versteht man also die Beschäftigung mit der aufeinander abgestimmten Sammlung, Erfassung, Be- und Verarbeitung, Aufbewahrung und Bereitstellung von Information sowie der hierfür erforderlichen Organisation.“ Hier ergeben sich strategische und operative Aufgaben. Strategisch wird definiert, wie unternehmensweit gültige und langfristig wirksame Voraussetzungen für die Gestaltung der Informationsinfrastruktur und der korrespondierenden Administrationsstruktur ausgeprägt sein sollen.
Abb. 11.4:
Beispiel der Aufbauorganisation der IV (nach Biethahn/Mucksch/Ruf)
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
701
Die operative Aufgabenebene setzt sich mit der „Produktion“ von Information und Kommunikation auseinander (vgl. Heinrich 1992, S. 20 ff.), die sowohl in der Unternehmensführung als auch bei der betrieblichen Leistungsgenerierung und deren Veräußerung einen integrativen Bestandteil ausmachen. Betrachten wir die konkreten Aufgaben des Informationsmanagements an der idealtypischen Aufbauorganisation des Funktionsbereiches Informationsverarbeitung von Biethahn/Mucksch/Ruf (2004, S. 2 – 13; vgl. Abb. 11.4), so unterscheiden diese Autoren vier Kernbereiche: die Verwaltung des Rechenzentrums, die Verwaltung der individuellen Datenverarbeitung in Form von Soft- und Hardwarebetreuung, die Datenverwaltung und das eigentliche Gestalten von Informationsflüssen im Rahmen des Software-Engineering. Strukturell besteht eine Umbruchsituation, die gekennzeichnet ist durch einen strukturellen Wandel in
Hardwareentwicklung und Softwareentwicklung,
vor allem aber durch die qualitative Ausdifferenzierung und die quantitative sprunghafte Zunahme der Informationsverarbeitung und der Kommunikation. Es ergibt sich daher die Notwendigkeit des Reengineering der tradierten Informationsstrukturen. Die Zunahme der informationsorientierten Aktivitäten muss als Handlungsmoment aller betroffenen betrieblichen Mitarbeiter „nach unten“ verlagert werden, und dementsprechend ist die Struktur sowie die Ausprägung der großen und von vielen genutzten ganzheitlichen Informationssysteme neu zu überdenken. Wichtigstes Ziel des Unternehmens ist es, den Abnehmer seiner Leistung zufriedenzustellen, um somit das eigene Überleben langfristig zu gewährleisten. Hierzu muss nicht nur das vom Kunden Gewünschte produziert werden, sondern es muss auch schnell und termingerecht lieferbar sein, ohne dabei ein Preislimit zu überschreiten. Die Produktion im Kundenauftrag setzt sich als Regelprozess durch. Sie erfordert
verkürzte robuste Prozessketten, wandlungsfähige Produktionskonzepte, integriertes Auftragsmanagement und Lernfähigkeit zur Selbstoptimierung.
Um das zu ermöglichen, haben sich in der betrieblichen Informationsverarbeitung zwei Konzepte konsolidiert, die parallel im Unternehmen ausgebaut werden: das integrierte Informationsmanagement mit einer einheitlichen Datenbasis sowie einer homogenen widerspruchsfreien Softwarestruktur und die dezentrale Bearbeitung von unterschiedlichen, teilweise redundanten und sich widersprechenden Datensätzen mit heterogenen Softwarepaketen. Für das Controlling ist das von großer Tragweite. Während das erste Konzept zu hochkomplexen Lösungen führt, die einer strengen Aufbau- und Ablauforganisation bedürfen, erlaubt die heterogene Lösung auch überbetrieblich verteilte eigendynamische Kompetenzstrukturen.
702
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Auch auf der Absatzseite bilden sich zwei unterschiedliche Informationssphären aus, die wiederum einzelne Informationssysteme als Sub- oder Teilsysteme aufweisen. Zwischen diesen informationsverarbeitenden Strukturen entwickelt sich eine unterschiedlich dichte Interaktion, die teilweise automatisiert, teilweise zwischenmenschlich abgewickelt wird. Da der Absatz eine wesentliche physische Allokationskomponente aufweist, gilt hier das Moment der Parallelität zwischen materiellen Prozessen und begleitender Information. Dabei ist der Verkauf einer Leistung, d. h. eines Produktes als Träger der primären Information, ebenso ein kommunikativer Akt wie die Präsentation einer Werbung (sekundäre Information). Hinzu kommt die DV-technische Erfassung von Planungs-, Durchführungs- und Kontrollmomenten vieler Aktivitäten beim leistenden Unternehmen und bei allen Handlungsträgern des externen Umsystems vom Betrachtungsunternehmen wie Kunden, Händlern, Konkurrenten, sonstigen Marktteilnehmern und alle weiteren Institutionen, die mit dem Leistungsprozess in Verbindung stehen (vgl. Abb. 11.5).
Abb. 11.5:
Interne und externe Marketing-Informationen
Ausgangspunkt der Methodeninnovation ist die Präzisierung von Geschäftsprozessen und Unternehmensdaten. Dabei unterscheiden sich Durchführungsdaten und Führungsdaten.
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
703
Für beide gelten die gleichen Grundprozesse
der Datengewinnung (Datenerfassung und -ermittlung), der Datenverarbeitung (Datenaufarbeitung, -transport, -speicherung sowie -archivierung, -darstellung sowie -visualisierung, -pflege und -wartung) und der Datennutzung (Datenverwendung und -vernichtung).
Die Durchführungsdaten begleiten den Verbrauchs- und Leistungsprozess sowohl im Wertschöpfungs- als auch im Unterstützungsprozess. Die Führungsdaten hingegen dienen der Planung und Steuerung sowie der Entscheidung. Beide Mengen durchdringen einander. Die Herkunft der Führungsdaten ist endogen sowie exogen bestimmt (vgl. dazu Werntze 1997, S. 164; siehe Abb. 11.6). Es werden sowohl außerhalb des Unternehmens externe Daten erfasst und verdichtet als auch über die mächtigen Informationssysteme innerhalb des Betriebes. Es ist aber gerade die Zusammenführung beider Quellen, welche den Entscheidern zu zusätzlichen Absolutwerten verhilft, die zu Kennzahlen verrechnet und DV-gerecht visualisiert werden. Diese Trendermittlung hilft bei der Planung und der Fixierung von Sollwerten auf allen Ebenen. Aber die Datenverwendung reicht für die Unternehmensführung nicht aus. Ohne eine unmethodische Erfahrungskombination, ohne Intuition kann kein Betrieb gelenkt und geleitet werden.
Abb. 11.6:
Führungsdaten (nach Werntze)
704
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
11.1.1
Innerbetriebliche und überbetriebliche Integration
Integration und Dezentralisierung sind prinzipiell widersprüchlich. Informationssysteme mit einer Sowohl-als-auch-Struktur leben mit Kompromissen. Eine vieldiskutierte Frage ist die Größe von Informationssystemen. Wann tragen Systeme noch zur Koordinierung von betrieblicher Handlung bei, wann werden sie undurchschaubar, unflexibel und letztendlich für den Nutzer in ihren Aussagen nicht mehr interpretierbar. Jagels (1998, S. 575) formuliert diese Probleme, die sich bei der Einführung und Erprobung eines integralen Systems bei der Continental AG ergaben. Sie werden hier in fünf Problembereiche generalisiert:
Integrale Systeme operieren mit Standardsoftware. Die verwendeten Module passen für viele Anwender, aber nicht für alle. Es werden nicht alle Anforderungen abgedeckt, und eine Anpassung des Unternehmens an die Software ist nachteilhaft. Die Anpassung eines integralen Systems an wechselnde Anforderungen ist komplex und muss häufig von Spezialisten durchgeführt werden, welche zwar Kenntnisse vom System haben, nicht aber die abzubildende betriebliche Realität aus praktischer Erfahrung kennen. Der Übergang zur mehr ganzheitlichen Arbeitsweise muss von den Mitarbeitern gelernt werden, deren Erfahrung aus einer Vielzahl unterschiedlicher EDV-Systeme stammt. Integrale Systeme lösen Berichte ab, die zuvor individuell über PC-Zusatzprogramme gefertigt worden sind. Zwar bekommt jeder Mitarbeiter mehr Informationen, er bekommt sie jedoch automatisch, ohne selbst noch darüber nachdenken zu müssen, wie sie eigentlich entstanden sind. Die Beschaffung und Aufbereitung von Informationen wird einfacher, solange nicht Grenzen zwischen den Menschen zu überschreiten sind. Wenn man an die Systemgrenzen stößt, wird man unflexibel.
Es gibt bereits eine Reihe von Unternehmen, die über jahrelange Erfahrung mit integralen Systemen verfügen und die sich von den generellen Integrationstendenzen abwenden. Hauptargumente sind die komplexe Systemwartung in Hard- und Software, aber vor allem auch in der Datenhaltung. Weiterhin sind die Systeme zu unflexibel, um eine konsequente Kundenorientierung zu ermöglichen. Und schließlich erwiesen sich die Systeme als zu komplex. Die Konsequenz war eine Säkularisierung gepaart mit einer erneuten betrieblichen Reorganisation. Ein renommiertes Beispiel hierzu war die Daimler Benz Aerospace AG in Augsburg. Die DASA stellte alles von einfachen gefrästen Profilteilen bis hin zu voll ausgerüsteten Rumpfmittelteilen militärischer Kampfflugzeuge her. Sie hatte 1.500 Mitarbeiter und erwirtschaftete 1997 bis 2000 ca. 400 Mio. DM Jahresumsatz. Aufgrund der gekürzten Haushalte und der Talfahrt des Dollars war eine Reorganisation unabdingbar und das Überleben des Standortes wirtschaftlich zu vertreten. Köhler/Lämmle/Wiendahl (1997, S. 209) umreißen die Problemstellung: „Hohe Komplexität in den Abläufen, hierarchische Steuerung und Kontrolle, Probleme durch funktionale Abhängigkeiten und vielfältige Zielgrößen kennzeichneten diese Situation. Die PPS war klassisch organisiert, durch tiefe Fertigungsstrukturen geprägt und lieferte Ergebnisse, die häufig mit hohem Zusatzaufwand an äußerst unterschiedliche Materialflüsse und Werkstattabläufe angepasst werden mussten. Nur wenige Spezialisten waren mit der Materie vertraut. Zentrale IV-Systeme mit gigantischer Funktionalität, unbefriedigender Verfügbarkeit und hohen Be-
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
705
triebskosten waren die Folge jahrelanger Anpassungen und Erweiterungen von Eigenentwicklungen auf Hostsystemen oder veralteter Entwicklungswerkzeuge. Ihre Betreuung und Weiterentwicklung blieb wenigen Insidern vorbehalten.“ Es erfolgte eine konsequente Neustrukturierung. Die alte Organisation wurde von dem Zentralbereich, der Werkleitung, dominiert. Unter steigendem Druck gliederten sich funktionell, hierarchisch und kontrolliert Segmente, die wiederum in Supplemente geteilt waren. In der neuen Führung wird programmiert, eigenverantwortlich und unterstützend gearbeitet. Die Werksleitung konzentriert sich auf das Programmmanagement und strukturiert das Unternehmen in Bereiche, welche wiederum nach Leistungszentren bzw. Supportzentren aufgebrochen werden. Leitgedanke der Reorganisation ist die Dezentralisierung in Sinne von Warneckes Fraktale Unternehmen (1993). „Kerninhalt der Dezentralisierung ist das Schaffen kleiner, weitgehend unabhängiger Leistungseinheiten, die ganzheitlich Aufgaben erfüllen. Die Diskussion um dezentrale Einheiten wird wesentlich von dem Begriff des sog. Fraktalen Unternehmens geprägt. Der Begriff Fraktal steht hier für eine selbständig agierende Unternehmenseinheit, deren Ziel und Leistungen eindeutig beschreibbar sind. Fraktale als dezentrale Leistungseinheiten organisieren und optimieren sich selbst und folgen widerspruchsfrei den Zielen des Gesamtunternehmens. Wichtigstes Strukturierungsprinzip ist die Selbstähnlichkeit, d. h. auf unterschiedlichen Maßstäben findet man in sich ähnliche Formen. Übertragen auf das Unternehmen als Ganzes werden wesentliche Merkmale auf seine Unternehmenseinheiten vererbt, die wiederum als fraktal zu betrachten sind“ (ebenda S. 202, vgl. hierzu auch Köhler/Lämmle/Wiendahl 1997, S. 203; siehe Abb. 11.7).
Abb. 11.7:
Zielvereinbarung und Zielsysteme für dezentrale Leistungseinheiten
706
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Bezogen auf die DASA ergaben sich für das Gesamtunternehmen die Zielsysteme Produktivität, Lieferzeit, Termintreue, Durchlaufzeiten, Lagerbestände, Produktionsbestände und Qualität. Für die Supportzentren Vertrieb, Arbeitsvorbereitung, Qualitätssicherung und Versand galten spezifische Unterziele. Und bei der Produktion greift das Prinzip der Fertigungsfraktale mit den Zielen
keine Terminverzüge, hohe Produktivität (Auslastung) und hohe Qualität (kundenadäquat).
Zwischen den Supportzentren und den Leistungszentren entstanden auftragsspezifische Zielvereinbarungen ebenso wie zwischen dem Einkauf und den Lieferanten, wie auch zwischen den externen Kunden und dem Gesamtunternehmen. Zwischen den produzierenden Frakturen bildeten sich dezidierte Lieferbeziehungen. Die Organisation eines fraktalen Unternehmens hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Informationssysteme (vgl. Wiendahl 2010, S. 50 f.). Köhler/Lämmle/Wiendahl (1997, S. 213; vgl. Abb. 11.8) verdeutlichen dies an der Neuorientierung der Produktionsplanung und -steuerung.
Abb. 11.8:
Neue Abbildung der Produktionsstruktur (nach Köhler/Lämmle/Wiendahl)
„Um die Chancen der neuen Strukturen auch ausschöpfen zu können, muss das installierte PPS-System diese Struktur widerspiegeln. Hierzu ist es zunächst erforderlich, die Produktstruktur neu abzubilden. Durch das Zuordnen von Produkten zu Leistungszentren wird die komplexe und monolithische Produktstruktur des Endprodukts aufgebrochen und in die ent-
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
707
sprechenden Produkte der Wertschöpfungskette unterteilt. Es entstehen überschaubare und dadurch fehlertolerante sowie prozessorientierte Produktstrukturen. Auf diese Weise wird die Forderung nach übersichtlichen und beherrschbaren Produktstrukturen erfüllt. Die Redundanz bewirkt eine gewisse Entkopplung, insbesondere vereinfacht dies die Parallelisierung der Planung“ (ebenda S. 212 ff.; vgl. auch Abb. 11.9).
Abb. 11.9:
Neue Struktur der Produktionsplanung und -steuerung (nach Köhler/Lämmle/Wiendahl)
Um die Übersichtlichkeit der Informationssysteme für die Nutzer zu erhöhen und damit den Wartungsaufwand zu verkleinern und die Flexibilität zu steigern, wird nach Strukturen gesucht, die eine Kongruenz zwischen Handlungsbereich und IT-System aufweisen. Damit wird auch die Controllingaktivität dezentralisiert. Es gilt das Prinzip Eigenverantwortung. Solche Strukturen sind jedoch nur möglich, wenn auch die Kommunikation im Unternehmen verändert wird. Dezentral geführte Unternehmen ähneln in ihrer Interaktion eher einem Unternehmensverbund als einem in sich fest gefügten Organismus. Da gleichzeitig mit der innerbetrieblichen auch eine überbetriebliche Integration gesellschaftlich wirksam ist, liegt es nahe, nach gemeinsamen Konzepten zu suchen. Die Ausstattung mit Computern ist in den deutschen Unternehmen flächendeckend, ebenso koordinieren die Betriebe ihre Informationen mit lokaler Vernetzung. Es entsteht die gesellschaftliche Phase der überbetrieblichen Kommunikation. Unternehmen verknüpfen sich mit Wide Area Networks. Die Auswirkungen sind beträchtlich. Geht es bei der internen Kommunikation zunächst nur um die Informationsverarbeitung, so vollzieht sich auf überbetrieblicher Ebene zusätzlich ein Besitzstandswechsel. Die Informationssysteme wandeln sich zu Transaktionssystemen. Hierzu gilt es eine Reihe von technischen, organisatorischen und normativenVoraussetzungen zu schaffen. Der Geldfluss muss nonmateriell, d. h. virtuell erfolgen. Dazu sind die Geschäftspartner nur bereit, wenn der Datenverkehr sicher ist. Unter
708
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
diesen Voraussetzungen können sich virtuelle Unternehmen ausbilden, die mit Kundendialogsystemen im Unternehmensverbund Leistungen erstellen und veräußern. Die Einbeziehung von Zahlungsvorgängen erweitert die Information und die Kommunikation zur Transaktion (vgl. hierzu Blömer/Jaspersen 1997, S. 20 f.). Die Einrichtung und der Betrieb von Wide Area Networks (WAN) verursacht nicht nur Kosten durch die technischen Probleme, sondern vor allem auch durch die organisatorischen Restrukturierungen. In den Unternehmen selbst, zwischen Partnern, mit den Kunden und allen gesellschaftlichen Instanzen entwickelt sich eine neuartige Kommunikation, welche zunächst erprobt, dann strukturiert und weiterhin normiert werden muss. Dennoch, der Weg ist vorgezeichnet: Genauso flächendeckend wie die Computerausstattung und ihre innerbetriebliche Vernetzung wird sich die überbetriebliche Informationsverarbeitung ausbreiten. Jedes Unternehmen muss sich die Frage stellen, wie schnell dieser technologisch-soziale Wandel eingeleitet und ausgebaut werden soll. Die überbetriebliche Kommunikation verändert die elektronische Informationsverarbeitung in ihrer Qualität. Bilden doch Informationssysteme zunächst Modelle der Realität ab, so können mit dem Einsatz externer Netze faktische Sachstände geschaffen werden. Die Informationssysteme wandeln sich partiell zu Transaktionssystemen. Es entstehen nicht nur virtuelle Realitäten, sondern es werden auch interaktiv Geschäfte vollzogen, Dienstleistungen erbracht, Rechtsstände geschaffen und Gelder transferiert. Das reale Business erfolgt online. Neben der codierten Überweisung, bei der der Kunde am PC den Überweisungsauftrag mit verschlüsselten Daten übersendet und die Bank die entschlüsselten Anweisungen an den Händler vollzieht, konkurrieren hauptsächlich zwei Systeme (vgl. Brandt u. a. 1996, S. 49; siehe Abb. 11.10) :
das DigiCash oder E-Cash und das Kartensystem.
Abb. 11.10: Virtuelles Geld
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
709
Im Kartensystem erhält der Kunde eine Speicherkarte, die wie ein Portemonnaie mit einer bestimmten Geldmenge geladen werden kann. Händler oder stationäre Automaten leiten die verschlüsselten Kartendaten weiter und veranlassen damit die Zahlung des verausgabten Betrages auf das Empfängerkonto. Das E-Cash-Verfahren ist unabhängig von den bekannten Trägermedien wie der Chipkarte. Der Kunde weist die Bank an, von seinem Konto einen bestimmten Betrag als „virtuelles Geld“ auf seinem PC als verschlüsselte Daten zu transferieren. Er ist so in der Lage, über Internet mit dem virtuellen Geld zu bezahlen und bleibt dabei anonym. Im Gegensatz zur Zahlung mit einer Kreditkartennummer hinterlässt er hierbei keine Datenspur – es entspricht dem Bargeldsystem. Der Händler zahlt dann das digitale Geld als Datensatz auf der Bank ein und bekommt den Betrag auf seinem Konto gutgeschrieben. Hier sind Unternehmensverbünde denkbar, die in ihrem „internen-externen Geldverkehr“ auch ohne Bank auskommen können und so gegenüber den Geldinstituten eine neue Machtposition ausbilden. Geldpolitische Probleme liegen auf der Hand. Bei der Emission virtuellen Geldes von Nichtbanken wird die Geldmengensteuerung beeinträchtigt. Weiterhin führt die grenzenlose Struktur des Internets dazu, dass Leistungen und Bezahlungen nicht zwangsläufig innerhalb eines einheitlichen Währungsgebietes liegen müssen. Die Rationalisierungspotenziale bei der Leistungsallokation sind für Kunden, Händler, Produzenten und Banken ebenso groß wie offensichtlich. Der elektronische Geldverkehr wird zur Norm und das trotz des größten Hindernisses – der Sorge um die Datensicherheit. Die Öffnung der internen Datenkommunikation nach außen wird unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen vollzogen. Das ist auch notwendig, da die interne und externe Kommunikation unter verschiedenen Zielsetzungen geführt werden. Die innerbetrieblichen Prozesse sind weitgehend steuerbar; sie werden in ihrem Handlungsablauf aufeinander abgestimmt und können so eine langfristig gewachsene Vertrauensbasis voraussetzen. Die externe Kommunikation führt oft Partner zusammen, die sich nur bedingt gegenseitig verpflichtet sind und die häufig konkurrierende Interessen verfolgen: Der eine will bspw. billig kaufen, der andere teuer verkaufen. Entsprechend der endogenen betrieblichen Zielsetzung wird im internen Datenverkehr nach widerspruchsfreien, verständlichen, durchsichtigen und vor allem vernetzten, d. h. integrierten Lösungen gesucht. Ihr Funktionieren setzt einen großen Einfluss auf das Verhalten der Kommunikationspartner voraus. Eine Öffnung bringt doppelte Unsicherheit. Nicht nur die mangelnde Kontrolle des Verhaltens des „Fremden“ fällt ins Gewicht, sondern auch die interne Netzwerkstärke konvertiert sich zur Schwäche: Die Durchlässigkeit der einzelnen Kommunikationsräume im Betrieb beflügelt auch den externen Besucher, sich in der Informationsstruktur zu bewegen und in Dinge Einblick zu nehmen, die ihn nichts angehen, oder gar Transaktionen vorzunehmen, die ihm nicht zustehen. Der externe Datenverkehr muss zwei Kriterien erfüllen. Die Informationsübermittlung muss einerseits zuverlässig erfolgen, d. h. man muss sicher sein, das vom Partner zu bekommen, was dieser abgeschickt hat, und dem Partner das zu übermitteln, was man tatsächlich gesendet hat. Andererseits gilt es sicherzustellen, dass nur der Kommunikationspartner, den man ansprechen will, die Information bekommt, die man übermitteln möchte. Dabei darf kein Fremder im Namen eines anderen kommunizieren, wenn es ihm nicht zusteht. Das Gan-
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11 Strategisches Kommunikationscontrolling
ze sollte mit dem geringsten personellen Einsatz erfolgen. So weit wie möglich sind daher automatisierte Informationssysteme einzurichten, welche beiden Kriterien genügen und dabei minimale personelle Ressourcen binden. Das kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Die beste Sicherheit erzielt man durch menschliche Kontrolle samt der dazugehörenden Verantwortung, und genau die wird durch eine automatisierte Kommunikation abgebaut. Um dennoch den Anforderungen der externen Vernetzung gerecht zu werden, ist die entsprechende Kommunikation eigenständig zu organisieren. Hierzu gehört zunächst einmal die inhaltliche Ausdifferenzierung und damit die Schaffung von Systemen im Gesamtsystem mit eigenen technischen und organisatorischen Attributen. Eine gute Trennung ergibt sich durch die Aufteilung in
Einkauf (Leistungsbeschaffung), Produktion (Leistungsgenerierung) und Absatz (Leistungsveräußerung).
Die Kommunikanten bei der Erstellung einer betrieblichen Leistung sind Partner. Sie bilden einen Unternehmensverbund mit ähnlichen Interessen, nämlich möglichst günstig eine gemeinsame Leistung zu erbringen. Ausstattung, Professionalität und organisatorische Einbindung sind ähnlich. Sie betreiben eine BtB, eine Business-to-Business-Kommunikation und agieren als temporäre „betriebliche Einheit“, als „virtuelles Unternehmen“. Der Verkauf der betrieblichen Leistung erfordert andere Kommunikationsmechanismen. Der externe Kommunikant ist ein Laie; er muss für die spezifische Kommunikationssituation „angelernt“ werden. Es gilt hier selbst zu erlernende, ansprechende und attraktive Dienste zu schaffen.
11.1.2 Produktionsnetzwerke und virtuelle Unternehmen Produktionsnetzwerke bilden sich aus unterschiedlichen unternehmensspezifischen Gründen. Wiendahl/Scheffczyk (1997, S. 188; vgl. Abb. 11.11) unterscheiden vier grundsätzliche formalisierte Netzwerktypen:
Das strategische Netzwerk hat ein fokales Unternehmen, welches als Produzent auftritt. Über Logistikdienstleister organisiert dieses Unternehmen die Zulieferer so, dass ganze Leistungskomplexe von einem Lieferanten verantwortet werden, der sich Teilleistungen selber zuliefern lässt. Der Vertrieb erfolgt über Distributoren. Ein regionales Netzwerk basiert auf einer räumlichen Agglomeration hochspezialisierter kleiner und mittlerer Unternehmen derselben Branche. Es entsteht eine Kompetenzansammlung von hoher Flexibilität, die mit geringem Verwaltungsaufwand komplexe und innovative Leistungen erstellen kann (Beispiel Emilia-Romagna in Italien oder Silicon Valley in den USA). Ein operatives Netzwerk formiert sich finistisch, um Über- bzw. Unterkapazitäten auszugleichen. Es werden meist standardisierte Tauschaktionen vollzogen, die einzelne Aktivitäten des Wertschöpfungsprozesses betreffen und zumeist kurzfristigen Charakter haben. Es kommt zu kurz- und mittelfristig angelegten Ressourcenteilungen.
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
711
Das Virtuelle Unternehmen organisiert sich auf Zeit, um in einem Unternehmensverband eine Leistung als Projekt zu erbringen. Die Partner haben individuelle Kernkompetenzen und treten gegenüber dem Kunden als Einheit auf. „Als Anwendungsfelder dieses Typs werden Low-Tech-Wertschöpfungsprozesse mit sehr kurzen Produktzyklen (Bekleidung, Spielwaren), sich schnell entwickelnde High-Tech-Industrien (Elektronik, Biotechnologie) und vor allem Wertschöpfungsprozesse, die bereits in hohem Maße auf einer informationstechnischen Infrastruktur aufbauen wie in der Medien-Branche, gesehen. Aufgrund der beliebigen räumlichen Verteiltheit der Unternehmen ist aus logistischer Sicht entscheidend, dass es gelingt, Güterflüsse in verstärktem Maße durch Informationsflüsse zu substituieren, also bspw. statt eines Gütertransportes über weite Entfernungen lediglich die Auftragsinformation zu übermitteln und die (häufig kundenauftragsbezogene) Produktion des Gutes erst in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Kunden vorzunehmen“ (ebenda S. 189, vgl. dazu auch Wiendahl 2010, S. 26).
Abb. 11.11: Übersicht der Netzwerktypen (nach Wiendahl/Scheffczyk)
Die Etablierung virtueller Unternehmen hat ihre Tücken. Diskrepanzen zwischen den Ebenen des Basissystems, der Modellwelten und der Kommunikationsstrukturen können zu Fehlentwicklungen führen, die den Unternehmenszweck, ein Projekt erfolgreich zu bewältigen, konterkarieren. Dennoch ist die Entwicklung der globalen Vernetzung der betrieblichen Unternehmensnetze unaufhaltsam (vgl. hierzu Tapscott 1996, S. 17 ff.; siehe Abb. 11.12). Wirtschaftlich tätige Organisationen müssen sich nicht überlegen, ob sie virtuelle Unternehmen betreiben möchten, sondern wann und wie sie mit diesen neuen Arbeitsstrukturen umzugehen gedenken. Das Wichtigste ist hierbei die Besinnung auf die eigentlichen Handlungsträger: die Menschen und ihre Vertrauensbildung durch die Kommunikation. „Erst wenn sich die
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11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Mitarbeiter mit den Zielen der Organisation identifizieren können und ihren Vorgesetzten vertrauen, dass diese im gegenseitigen Interesse handeln, kann effektive geistige Arbeit geleistet werden“ (ebenda S. 58). Der Wandel von der individuell geprägten Leistung zur Teamarbeit, vom integrierten Unternehmen zum überbetrieblichen System bis hin zur vernetzten Wirtschaft ist nur möglich, wenn dieser Prozess durch eine vertrauensaufbauende Konsensbildung begleitet wird.
Abb. 11.12: Der Wandel der Wirtschaftsstrukturen durch die neuen Medien (nach Tabscott)
Die technologischen Voraussetzungen hierfür sind bereits geschaffen; Computer und ihre Vernetzung vervollkommnen sich durch die Eigendynamik ihrer Nutzung. Der Durchdringungsgrad in unserer Gesellschaft wächst exponential (vgl. hierzu Negroponte 1995, S. 11 f.). Der gesellschaftlich verträgliche Umgang entsteht jedoch nicht durch eine elaborierte Modellbildung, sondern durch die gegenseitige Verständigung und die immerwährende direkte menschliche Kommunikation. Große umfassende und detaillierte Informationssysteme bilden eine Basis für die Etablierung von ausgefeilten Controllingmechanismen. Je nach den Bedürfnissen der spezifischen Planungs-, Durchführungs- oder Kontrollsituation können die entsprechenden Daten konfiguriert werden. Für jede Entscheidungssituation lässt sich ein Informationsteppich ausrollen, der einen sicher zum anvisierten Zielhof führt. So die Theorie. In der Praxis stimmt das nicht. Trotz hervorragender integraler Systeme treten auch Verluste auf. Trotz der sorgfältigen und kenntnisreichen Nutzung von ausdifferenzierten Controllingstrukturen sind Gewinne nicht sicher. Ja im Gegenteil, monolithische und fest gefügte Organisationen können die Ursache sein, dass ganze Unternehmungsgebilde in große Schwierigkeiten geraten. Es ist sicher nicht die richtige Reaktion, in jedem Fall die vorhandenen Strukturen zu zerschlagen und mit einem Reengineering sein Glück in der Dezentralisierung zu suchen. Integrale Systeme sind, wenn sie situationsadäquat eingesetzt werden und funktionieren, sehr effizient. Die Koordi-
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
713
hoch
nierung dezentraler Systeme ist immer kompliziert und daher aufwendig. Es gilt die Parameter zu bestimmen, wo welche Informations- und Controllingstruktur die zweckmäßigste ist. 3
4
Strategische Netzwerke/ Kooperationen
Marktunsicherheit
Marktvernetzung: Kunde-Lieferant Strategische Allianzen: Wettbewerber Joint Ventures: ausländische Partner
Virtuelle Organisation
Aufgabenorientierte Ad-hoc-Teams Aufgabenorientierte Ad-hocKooperationen
Hierarchische Organisation
Modulare Organisation 2
Massenproduktion Standardisierte Dienstleistungen
Koordinationsaufgabe Modulare Organisation Prozessorientierung
niedrig
1
niedrig
hoch
Nutzeneffekte
Führung
Unterstützung durch Telemedien
Organisationsstrategie
Produktkomplexität 2
Modulare Organisation Dezentralisierung und Autonomie Aufgabenintegration und Delegation von Entscheidungsrechten an selbst-steuernde Einheiten/Teams räumliche Dezentralisierung Prozessorientierung/Seg
3
Vernetzte Organisation zwischenbetriebliche Kooperation und Wertschöpfungspartnerschaften Integration der Wertschöpfungsprozesse mit Lieferanten und Kunden Auslagerung von Prozessen und Dienstleistungen
4
Arbeitsplatzebene: - Vernetzung der Arbeitsplätze in der Gruppe - Zugang zu gemeinsamen Informationsressourcen von jedem Arbeitsplatz aus - Reduzierung interner Kommunikationsbarrieren durch neue Telemedien Prozessebene (Wertschöpfungsprozess): - Vernetzung vor- und nachgelagerter Bereiche der Wertschöpfungskette - Vernetzung aller Unternehmensstandorte
Arbeitsplatzebene: - Zugang zu externen Informations- und Kommunikationsdiensten der externen Kooperationspartner - Unterstützung der notwendigen Mobilität durch Mobilkommunikation
Arbeitsplatzebene: - Ausstattung wie bei modularer bzw. vernetzter Organisation
Prozessebene (Wertschöpfungsprozess): - Durchgängige Vernetzung/Standards mit kooperierenden Unternehmen/ Organisationen - EDI/Elektronische Märkte Führungsebene: - adäquates Anwendungsmodell neuer Medien: Autarkiemodell
Prozessebene(Wertschöpfungsprozess): - Hochflexible, dynamisch konfigurierbare Netzinfrastruktur - Intelligent/Virtual Private Networks
Führungsebene: - adäquates Anwendungsmodell neuer Medien: Kooperationsmodell Führungskräfte, primär in der Rolle des Coach - Einfachere und übersichtlichere Abläufe - Durchlaufzeitreduzierung - verbesserte Markt- und Kundenorientierung - höhere Flexibilität
Führungskräfte, primär in der Rolle des Networkers - bessere Nutzung knapper Ressourcen (finanzielle, materielle, intelektuelle) - Teilung der Risiken - Effizienter Leistungsaustausch/ Kooperation
Virtuelle Organisation Bildung temporärer aufgabenbezogener Kooperationsstrukturen flüchtige Organisationsformen wie Ad-hoc Teams und strategische Allianzen Projektorientierung
Führungsebene: - adäquates Anwendungsmodell neuer Medien: Mischmodelle/virtuelles Büro Führungskräfte, in der Doppelrolle als Networker und Coach - extreme Flexibilität/Anpassungsfähigkeit - Fokussierung aller Kräfte auf eine Aufgabe
Abb. 11.13: Organisationsstrukturen und ihre Unterstützung durch die Telekommunikation
714
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
1996 haben sich Reichwald und Goecke, beide Lehrstuhlinhaber für Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre an der TU München, mit dem Vorstandsmitglied Pribilla der Siemens AG zusammengesetzt, um Strategien für den globalen Wettbewerb zu entwerfen. In ihrer Buchveröffentlichung „Telekommunikation im Management“ (1996, S. 247; vgl. Abb. 11.13) definieren sie zwei Kriterien, nach denen ein Unternehmen seine Organisation und damit hochkorrelativ seine Informationsstruktur ausrichten sollte:
die Marktunsicherheit und die Produktkomplexität.
Sind beide Parameter niedrig wie bei der Massenproduktion standardisierter Leistung, so bildet eine hierarchische Organisation mit integraler Standardsoftware und einem darauf aufsetzenden Controlling die besten Führungsvoraussetzungen. Wächst die Produktkomplexität, wie man es im Falle der DASA bspw. gesehen hat, so kann mit einer modularen Organisation der Dezentralisierung und Autonomie von selbst steuernden Einheiten ein Optimum gefunden werden. Hat man es mit einer Wirtschaftssituation zu tun, in der eine hohe Marktunsicherheit besteht, dann bietet sich die vernetzte Organisation als Lösung an. Hier bilden Kunden und Lieferanten strategische Allianzen. Es entstehen zwischenbetriebliche Kooperationen und Wertschöpfungspartnerschaften. Sind beide Parameter hoch, so hat man also eine unsichere Marktsituation. Gilt es dabei ein komplexes Produkt zu generieren, dann bietet die virtuelle Organisation eine gangbare Alternative. Die Bildung temporärer und aufgabenbezogener Kooperationsstrukturen ist extrem flexibel und anpassungsfähig. Es stellt sich dabei jedoch die Frage, wie für solch volatile Strukturen Controllingmechanismen ausgebildet werden können, die eine sachgerechte Planung, Durchführung und Kontrolle ermöglichen. Es hat sich doch bisher gezeigt, dass ein Großteil der wirtschaftlichen Controllingverfahren sich aus dem Rechnungswesen ableiten und nur dann probat sind, wenn sie auf dem sicheren Boden einer soliden Finanzbuchhaltung aufsetzen. Um diese Frage zu klären, ist es notwendig, virtuelle Unternehmen in der Praxis zu analysieren, da aus der theoretischen Sicht nur Lösungsfragmente zu finden sind. Aber auch die Praxis ist nicht sehr aussagekräftig, es gibt kaum Fallbeispiele, die herangezogen werden können. Einer der wenigen Vertreter, die sich sowohl mit der Konzeption als auch mit der Umsetzung von virtuellen Unternehmen auseinandergesetzt haben, ist Günter Schuh (1997, und 1997a S. 3; vgl. Abb. 11.14). Er hat sowohl einschlägig veröffentlicht als auch mit seinem Institut für Technologiemanagement in St. Gallen die virtuelle Fabrik Euregio Bodensee ins Leben gerufen, in der zum 15.06.1997 bereits 32 Unternehmen organisiert waren. Zum Konzept schreibt Schuh: „Eine Virtuelle Fabrik ist eine zeitlich begrenzte Kooperation mehrerer, rechtlich unabhängiger realer Fabriken oder Unternehmensbereiche mit dem Ziel, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu erstellen. Jedes Unternehmen bringt nur die Aktivitäten in eine Virtuelle Fabrik ein, die es besser als andere beherrscht. Eine Virtuelle Fabrik ist ein dynamischer Produktionsverbund, der sich auftragsbezogen aus einem stabilen Netzwerk konfiguriert und gegenüber dem Kunden wie eine reale Fabrik auftritt. Nach Beendigung des Auftrags löst sich der Verbund wieder auf.“
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
715
Abb. 11.14: Netzwerk und Virtuelle Fabrik (nach Schuh)
Bei der Organisation eines Virtuellen Unternehmens sind daher zwei Sachstände zu gewährleisten. Einerseits muss ein Netzwerk von Unternehmen aufrechterhalten werden, in dem sich alle Mitglieder kennen und gegenseitig vertrauen. Andererseits sind dann die projektorientierten virtuellen Organisationen für die Auftragsabwicklung zu betreiben. Virtuelle Unternehmen erwachsen aus einer pflegeintensiven Infrastruktur, die eines Netzwerkcoaches bedarf, der den Aufbau und die Pflege des Netzwerkes betreibt, neue Akquisition von Partnern unternimmt und gegebenenfalls für das Herauslösen von Unternehmen sorgt, wenn die „Chemie“ zwischen den Netzwerkpartnern in Unordnung gerät. Weiterhin sind klare Regeln zu definieren, wie eine Auftragsabwicklung erfolgt. Auch hier gibt es stets Anpassungen zu erbringen, wenn Veränderungen in der Gesellschaft es erfordern. Für die eigentliche Auftragsbearbeitung empfiehlt Schuh (ebenda S. 4; vgl. Abb. 11.15) fünf weitere Tätigkeitsprofile:
den In-/Outsourcer, den Broker, den Leistungsmanager, den Auftragsmanager und den Auditor.
Der In-/Outsourcer koordiniert die Leistungsangebote der eingehenden Unternehmen, er hält die Kommunikation mit einem betriebseigenen Leistungskonfigurator aufrecht, da ja das vom Unternehmen gestellte Leistungsrepertoire sich sowohl wandeln als auch wechseln kann. Der Broker vermakelt die Einzelleistung, indem er einen Abgleich von Angebot und Nachfrage vornimmt und das gesamte Leistungspotenzial des Netzwerkes bei externen Kunden vermarktet. Beide Rollen dienen der Auftragsvorbereitung; für die eigentliche Auftragsabwicklung dienen hingegen der Leistungsmanager, der Auftragsmanager und der Auditor. Ist erst einmal ein Auftrag formiert, so muss das Virtuelle Unternehmen nach innen und nach außen vertreten werden. Der Leistungsmanager führt die Leistung zusammen und betreibt die Kommunikation mit dem Kunden. Der Auftragsmanager koordiniert die überbetriebliche Leistungerstellung und löst alle projektspezifischen Engineeringprobleme. Der Auditor
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11 Strategisches Kommunikationscontrolling
schließlich hat die Aufgabe des wirtschaftlichen Controllings. Die Wertestrukturen eines Auftrages müssen geplant und in der Zielsetzung verfolgt werden. Am Ende wird abgerechnet. Nach Abdeckung der Infrastrukturkosten wird der Mehrwert unter den beteiligten Unternehmen aufgeteilt. Die wichtige Kontrolltätigkeit schließt Aspekte des Konfliktmanagements und Schiedsfunktionen mit ein.
Abb. 11.15: Virtuelles Netzmanagement (nach Schuh)
Das virtuelle Netzwerkmanagement erfährt durch die auf Dauer besetzten Broker, In/Outsourcer und Netzwerkcoach einerseits sowie durch die auftragsspezifisch fluktuierenden Leistungs- und Auftragsmanager wie auch die Auditoren andererseits eine ausdifferenzierte Aufbauorganisation. Aus den St. Galler Erfahrungen ergeben sich bereits auch Formalisierungstendenzen im Ablauf (vgl. Schuh/Kampker/Rittstieg 2011, S. 521 ff.); siehe dazu Abb. 11.16). Die Prozesse der Auftragsabwicklung sind:
Aufträge akquirieren, Aufträge vermitteln, Auftragsabwicklung planen und koordinieren, Teilaufträge abwickeln und Projekte abrechnen.
Für das Kooperationsnetzwerk gelten folgende Aktivitäten:
Netzwerk aufbauen und pflegen, Netzwerk vermarkten und am Wichtigsten Partnerschaft im Netzwerk „leben“.
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme Auftragsabwicklung planen und koordinieren
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Teilaufträge abwickeln
Virtuelle Fabrik
Aufträge akquirieren
Aufträge vermitteln
Wettbewerb auf Kompetenzebene
Kooperationsnetzwerk Netzwerk aufbauen und pflegen Fabrik B
Netzwerk vermarkten K1
K2
Fabrik A
K2 K3
Legende Ki: Kompetenz i : Prozess
Markt Kein Wettbewerb der Netzwerkpartner auf Produktebene
Partnerschaft im Netzwerk "leben"
Abb. 11.16: Aufgaben und Wettbewerb in Virtuellen Unternehmen (nach Schuh/Kampker/Rittstieg)
Jedes Unternehmen stellt Teilprozesse seiner Kernkompetenzen zur Verfügung. Das können Ingenieurleistungen aus der Forschung und Entwicklung sein oder ebenso im Bereich der Arbeitsvorbereitung. Das können aber ebenso Produktionskapazitäten sein wie etwa Schweißvorrichtungen, Spritzgussverfahren oder Montagefazilitäten. Schließlich ist auch die Logistik im Einkauf oder Vertrieb als Teilleistung zu erstellen. Auf dem Markt werden Aufträge gesucht, die nicht von den Einzelunternehmen als Gesamtleistung angeboten werden. Das Netzwerk soll ein Verbund, nicht zum Konkurrenten eines oder mehrerer seiner Mitglieder werden. Die Unternehmen stehen lediglich im Wettbewerb auf Kompetenzebene, nicht aber auf Produktebene. Bei Auftragseingang wird unter den Netzwerkpartnern die Teilleistung ausgelobt. Die preisgünstigsten Angebote werden als Projekt terminiert und gegenüber dem Auftraggeber verhandelt. Ist die Virtuelle Fabrik billiger als andere externe Marktanbieter bei gleicher Qualität, so kommt es zum Zuschlag und der Auftrag wird abgewickelt. Die Ziele der Netzwerkpartner sind
die Kostensenkung durch Zusatzgeschäfte, die Erschließung neuer Märkte sowie vor allem die nachhaltige Gliederung und Stärkung des Unternehmensnetzes und somit aller beteiligten Teilnehmer.
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11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Der wirtschaftliche Erfolg ergibt sich nicht nur aus der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, sondern auch durch die Senkung des Initialaufwandes, da die Produktionskapazitäten ja schon vorhanden sind und nicht erst in den Aufbau investiert werden muss. Der virtuelle Unternehmer ist damit schneller auf dem Markt und kann über die Ausnutzung preisgünstiger Restkapazitäten den wirtschaftlichen Lebenszyklus verlängern. Die Erfahrungen am Bodensee zeigen, dass sowohl große (z. B. Siemens Schweiz AG oder Bühler AG) wie auch kleine Unternehmen mit 10 bis 100 Mitarbeitern ohne Schwierigkeiten an einem Kooperationsnetzwerk partizipieren können. Es wird jedoch deutlich, dass nur Betriebe integriert werden können, die über eine leistungsfähige IT-Struktur verfügen. Der Einsatz von Standardsoftware und die Kommunikation über LAN und WAN, wie etwa über formalisierte Strukturen im Intra- und Internet, ist eine Notwendigkeit. Notwendig ist aber auch ein ausdifferenziertes betriebliches Rechnungswesen und eine controllinggeprägte Untemehmenskultur. Nur Unternehmen, die einen sehr guten Überblick über ihre eigenen Kosten haben, können Teilleistungen in ihrer Wertestruktur berechnen und sich damit dem Wettbewerb auf Kompetenzebene stellen.
11.1.3
Sicherheit integraler Systeme
Ein besonderer Aspekt der Planung, Umsetzung und Kontrolle von Kommunikationen innerhalb integraler Systeme ist die Sicherheit. Informations- und Kommunikationssysteme sind umso sicherer, je persistenter, homogener und einfacher sie in Aufbau sowie Funktion sind. Aber gerade überbetriebliche Strukturen zeichnen sich durch ihre Dynamik und Heterogenität, ihre Volatilität und Komplexität aus. Somit sind diese Strukturen anfällig für Übergriffe und damit tendenziell unsicher. Sicherheit ist jedoch notwendig, da die integralen Systeme überhaupt erst funktionsfähig werden, wenn partielle Verfahren nicht mehr von dem unmittelbaren menschlichen Eingriff abhängig sind, sondern automatisiert ablaufen. Dazu bedarf es einer Kontrolle von Verlässlichkeit und Verfügbarkeit. Das gilt nicht nur für jeden einzelnen Arbeitsplatz, also für den Desktop Service (DTS), sondern auch für die Infrastruktur der lokalen, regionalen, überregionalen und weltweiten Netze. Immer wiederkehrende Prozesse mit unveränderter Verantwortlichkeit lassen sich gut systematisieren und alsdann automatisieren. Aber bei wechselnder Verantwortung und sich stetig ändernder Technologie kann Verlässlichkeit nur durch die Einrichtung von Controllingstrukturen gewährleistet werden. Nach Rannenberg (2000, S. 490; siehe Abb. 11.17) sind die Ziele der Informations- und Kommunikationssicherheit zu unterteilen in:
allgemeine Sicherheit (Privatheit, Verbindlichkeit) und technische Sicherheit (Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit, Authentizität).
Damit werden Sicherheitsaspekte in drei Bereichen angesprochen, die für das Controlling relevant sind:
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
719
die Unternehmensmitglieder, welche das Informationssystem (IS) nutzen, die IT-Systeme, mit welchen Informationen vermittelt werden und die einzelnen Nachrichten, welche kommuniziert werden.
Sicherheitsaspekte im Unternehmen sind allumfassend. Lässt man eine Lücke im Personal oder der Räumlichkeit, so kann das, was man sichern will, durch diese Lücke eröffnet werden. Sicherheitssysteme funktionieren auch nicht von selbst, sondern sie müssen geplant, umgesetzt und laufend kontrolliert werden. Somit kann die IT-Sicherheit nur durch ein engmaschiges Modell des IT-Controllings gewährleistet werden. Als Gefahren für die Informationssicherheit können ein Angriff oder eine Störung auftreten (vgl. Hoppe/Prieß 2003, S. 33).
Mit Angriff wird die Spionage (Abhören, logischer Diebstahl) oder die Sabotage (logische Manipulation, physische Manipulation bzw. physischer Diebstahl) in Informationssystemen bezeichnet. Die Störung von Informationssystemen kann durch Fahrlässigkeit (unsachgemäße Bedienung, Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften, mangelhaftes Systemdesign) oder durch höhere Gewalt erfolgen (technischer Defekt, Störausfall, Strahlung, Elektrostatik, Stoßwirkung, Feuchtigkeit, Explosion, Brand, Verschmutzung). Ziele der IT-Sicherheit
Allgemeine Sicherheitsziele
Technische Sicherheitsziele
Privatheit Die Privatsphäre und die eigenen Güter schützen
Vertraulichkeit Informationen nicht an die falschen Adressaten
Verbindlichkeit Inhalte von Informationen nicht abstreiten
Integrität Keine Verfälschung von Informationen Verfügbarkeit Kein Ausfall von Ressourcen oder Datenverlust Authentizität Echtheit des Kommunikationspartners
Abb. 11.17: Ziele der IT-Sicherheit (nach Rannenberg)
Die Sicherheit integraler Systeme ist eng mit dem menschlichen Verhalten der Mitarbeiter verknüpft. Die Organisation ist daher mit der Unternehmensleitung und mit dem Datenschutz
720
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
abzustimmen (ebenda S. 210). Die menschlichen Verursacher von Gefahren für die Informationssicherheit können sowohl aus dem Unternehmen kommen als auch Betriebsfremde sein. Insofern müssen für die IS-Sicherheit eine genaue Zutrittsberechtigung der Räume, Zugangsberechtigung der IT-Systeme und Zugriffsberechtigungen auf Modulebene definiert werden (vgl. Mohr 1993, S. 42; siehe Abb. 11.18).
Abb. 11.18: Klassifizierung menschlicher Gefahrenverursacher (nach Mohr)
IT-Sicherheitsmaßnahmen sind teuer. Es muss ein hoher organisatorischer Aufwand getrieben werden, es sind komplexe Hardwaremaßnahmen (z. B. Spiegelung) durchzuführen, und man bedarf spezifischer Software. Insofern werden alle Kostenarten der IT, also auch Kommunikation, Schulung, Personal, IT-Dienstleistungen und IT-Verbrauche in Anspruch genommen. Insofern sind die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen je nach Anspruch exponential steigend. Die Kosten für die Schäden hingegen sinken mit dem zunehmenden Aufwand für die ITSicherheit, da ja zunächst den kostenträchtigen Schadensfällen durch Sicherheitsmaßnahmen begegnet wird. Raepple (2001, S. 9; siehe Abb. 11.19) schlägt daher vor, ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis zu ermitteln, das sich an dem Gesamtwert der zu schützenden Systemkomponenten ausrichtet. Ein Austausch hat immer die Fernwirkung, dass zumindest Teile des gesamten Netzes in ihrer Verfügbarkeit betroffen sind. So sind verschiedene Backup-Szenarien zu analysieren, die dazu führen, dass Ersatzgeräte zur Sicherheit vorgehalten werden müssen. Vermittlungen über verschiedene Knoten und mehrere Hauszuführungen sind vorzusehen.
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
721
Abb. 11.19: Kosten-Nutzen-Verhältnis von Sicherheitsmaßnahmen (nach Raepple)
Die technischen Qualitätsmerkmale lassen sich analog zu denen der Desktopservices bestimmen. Küchler nennt (2004, S. 108):
„Einhaltung aller zyklisch/periodisch zugesicherten Services, Zeit bis zum Beginn der Fehlerbehandlung, abhängig von der Priorisierung des Problems, maximale Wartezeit im Call-Handling.
Sie werden ergänzt um:
Verfügbarkeits-Monitoring der zugesicherten Bandbreite, die in virtuellen Netzen umso schwieriger wird, z. B. gibt es in ATM-Netzen eine (niedrige) zugesicherte Bandbreite, die erst bei einer insgesamt hohen Auslastung des Netzes zu einer bedeutsamen Restriktion wird. Auslastungs- und Trendanalysen (auch als Voraussetzung zur Prognose).“
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Systemverfügbarkeit, das gilt auch für die DTS, ist aber für die Netzwerkverfügbarkeit von größerer Bedeutung, da bei Ausfällen von Knoten eine Vielzahl von Einzelsystemen nicht mehr kommunizieren können. a Ea Ast * Vges(in%) 1 *100 i 1 n AT * AS WZ
(47)
722
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Ea
= Anzahl der ausgefallenen Einheiten innerhalb der Servicezeiten
n
= Anzahl aller Einheiten
a
= Anzahl der Ausfälle eines Monats innerhalb der Servicezeiten
AT
= Anzahl der Servicetage innerhalb eines Monats
AS
= mittlere Anzahl der Servicestunden pro Tag
Ast
= Ausfallstunden innerhalb der Servicezeiten abzüglich vereinbarter
WZ
= in Anspruch genommene vereinbarte Wartungszeit innerhalb der Service-
Vges
= Gesamtverfügbarkeit
außerplanmäßiger Wartungen zeiten (in vollen Stunden aufgerundet)
Abb. 11.20: Dienstleistungen im Bereich Monitored und Managed Security Services (nach Hoos)
Ein Verfügbarkeitsniveau muss für jeden IT-Bereich festgelegt werden, und es ist stetig nachzuweisen, ob es vom IT-Provider auch gewährleistet wird. Das Gleiche gilt für die ITSecurity. IT-Sicherheit, so Hoos (2004, S. 102) gewinnt zunehmend an Bedeutung. „Computer-Kriminalität gilt als zweithäufigstes Delikt in der Wirtschaftskriminalität. […] Faktoren, die ein effektives Sicherheitsmanagement in den Unternehmen häufig behindern, sind u. a.:
Mangel an spezifisch qualifizierten Sicherheitstechnikern, Fehlende Ressourcen und Infrastruktur zur Unterstützung eines Sicherheitsprogramms, das rund um die Uhr besteht (24x7),
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
723
Rasant zunehmende Komplexität der Sicherheitstechnologien, Mangel an Zeit, um sich auf eine konsequente Sicherheitsverwaltung und stringente Betriebsabläufe zu konzentrieren, Fehleinschätzung der tatsächlichen Bedrohungspotenziale.“
Es ist vorteilhaft, die IT-Sicherheit unter Outsourcinggesichtspunkten zu betrachten. Zu dem Aufgabenbereich des MSSP (Managed Security Service Providing) zählen (ebenda S. 103; siehe Abb. 11.20):
Firewall Services, Intrusion Detection Services, Assessment Services, Compliance Services, Protection Services und Gateway Services.
Eigene IT-Security
Managed Security Services
Einstiegskosten
Hoch
Gering
Installation und Implementierung
Setz betriebsinterne Ressourcen
MSSP übernimmt Implementie-
voraus
rung
Amortisationsphase
Lang
Kurz
Fachkräfte,
Hohe Gehaltskosten, mit guter
MSSP stellt qualifizierte Exper-
Spezialisten
Qualifikation schwer zu finden,
ten zur Verfügung
trainingsintensiv,
langfristige
Bindung an das Unternehmen wichtig Sicherheitsrisiken Effizienz und Effektivität
Sicherheitsniveau
Unternehmen trägt das gesamte
MSSP übernimmt die Mitver-
Risiko selbst
antwortung für Betriebsrisiken
Eingeschränkte
Skalierbarkeit
Höhere Effizienz durch geplante
wirkt sich negativ auf Effizienz
Skalierbarkeit (1:x) ist Leistung
und Effektivität aus
eines SOC
Abhängig
von
Fachwissen
Kumulative
Expertise
eines
interner Mitarbeiter, organisati-
MSSP-Teams,
orischen Abläufen und Reakti-
Prozesse, kürzeste Reaktions-
onszeiten
zeiten, permanente Suche und
zertifizierte
Erforschung von Schwachstellen Reaktionszeiten
Abhängig von Fachwissen der
In SLAs definiert, u. a. 24x7-
internen Mitarbeiter, organisato-
Schutz, umgehende Warnmel-
rischen Abläufen und Reakti-
dungen bei kritischen Vorfällen
onszeiten
und Einleitung direkter Gegenmaßnahmen
Tab . 11.1: Gegenüberstellung: internes vs. externes Sicherheitsmanagement (nach Hoos)
724
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Es ist offensichtlich, dass die Security Services nicht singulär angeboten werden können, sondern ein Bestandteil eines umfassenderen Dienstleistungsangebotes sein sollten. Dazu sind das Monitoring und das Management zu eng mit der technischen Plattform insgesamt und mit dem Netzwerk insbesondere verknüpft. Dennoch sind die Installation und Implementierung, der Einsatz von Fachkräften, die Effizienz, ein hohes Sicherheitsniveau und eine schnelle Reaktionszeit eher von externen Dienstleistern in einer angemessenen KostenNutzen-Relation zu übernehmen. Der Aufbau einer eigenen IT-Security führt über hohe Einstiegskosten und bewirkt eine lange Amortisationsphase (ebenda S. 110, siehe Tab. 11.1). IT-Sicherheitsprozess
Initialisierung des IT-Sicherheitsprozesses: - Erstellung einer IT-Sicherheitsleitlinie - Einrichtung eines IT-Sicherheitsmanagements
Erstellung eines IT-Sicherheitskonzeptes
Erstellung eines IT-Sicherheitskonzeptes IT-Strukturanalyse: - Erfassung der IT und der IT-Anwendungen -Gruppenbildung
Schutzbedarfsfeststellung
IT-Grundschutzanalyse: - Modellierung nach IT-Grundschutz - Basis-Sicherheitschecks mit Soll-/Ist-Vergleich Umsetzung: Realisierung fehlender Maßnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Organisation, Personal, Technik, Kommunikation und Notfallvorsorge, insbesondere: - Sensibilisierung für die IT-Sicherheit - Schulung zur IT-Sicherheit
Aufrechterhaltung im laufenden Betrieb
Ergänzende Sicherheitsanalyse: - bei hohem Schutzbedarf - bei zusätzlichem Analysebedarf
Realisierungsplanung: - Konsolidierung der Massnahmen - Umsetzungsplan
Abb. 11.21: IT-Sicherheitsprozess und Erstellung eines IT-Sicherheitskonzepts (nach BSI – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik)
Bedingt durch die endogenen und umfangreiche exogene Komponenten der Kommunikationssicherheitskomponente kann die Verlässlichkeit der IT-Systeme nicht mit einem Controllingsystem abgedeckt werden. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2001, siehe Abb. 11.21) entwickelte daher einen Prozess zur Erstellung eines ITSicherheitssystems, das eher einer Strategie als einem Verfahren entspricht. Voraussetzung ist die Erstellung von unternehmenseigenen IT-Sicherheitsleitlinien und die Organisation des korrespondierenden Managements. Weiterhin bedarf es einer
IT-Strukturanalyse, Schutzbedarfsfeststellung,
11.1 Gestaltung und Wartung integraler Systeme
725
Grundschutzanalyse, inklusive Ergänzungen und einer Realisierungsplanung,
damit eine Steuerungs- und Regelungsstruktur etabliert werden kann. Aufgrund der Komplexität dieser Prozesse und der damit einhergehenden Controllingsysteme, hat sich in den 90er-Jahren eine eigenständige Norm entwickelt für den Prozess der Entwicklung eines Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS), die ISO 27000. Ähnlich wie die ISO 9000 handelt es sich um eine Normenfamilie (vgl. ISO 27000/2009, siehe Abb. 11.22) mit eigenständig
Terminologie (ISO 27000), eigenständigen generellen Anforderungen (ISO 27001 und ISO 27006), generellen Richtlinien (ISO 27002 bis 27005 und 27007) und sektorspezifischen Richtlinien (ISO 270011 und 27799).
ISO 27000 Overview and Vocabulary Provides background, terms and definitions applicable to the ISO 27K family
ISO 27006
ISO 27001
Certification Body requirements
Requirements
ISO 27002
ISO 27007
Code of Practice
Audit Guidance
ISO 27003
ISO 27005
Implementation Guidance
Risk Management
ISO 27004 Measurements
ISO 27011 Telecommunications Organizations
Key Normative Standards (Requirements)
Innormative Standards (Guidelines)
ISO 27799 Health Organizations
Line: Supports
Abb. 11.22: Zusammenhänge der Normenfamilie ISO 27K (nach ISO 27000/2009)
Disterer/Salomon (2011, S. 237) schreiben dazu: „Informationen und Informationssysteme sind durch die zunehmende Unterstützung von Geschäftsprozessen durch Informationstechnik sowie die vermehrte unternehmensinterne und -externe Vernetzung immer häufiger Ge-
726
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
fahren ausgesetzt. Ein effektives ISMS hilft dabei, Risiken zu verringern und Gefahren abzuwenden. Die Normen ISO 27000, 27001 und 27002 bilden ein Rahmenwerk zum Aufbau und zum Betrieb eines solchen ISMS, das auf langjährigen Entwicklungen beruht. Damit wird IT-Anbietern die Möglichkeit geboten, ihre Vorgehensweisen und Methoden zur Gewährleistung einer ausreichenden Informationssicherheit an einer internationalen Norm auszurichten. [...] In Europa und Asien haben die Normen ISO 27000, 27001 und 27002 große Verbreitung gefunden. Die Bedeutung eines Nachweises einer normkonformen Informationssicherheit bei den Entscheidungen zu Beschaffungen von IT-Dienstleistungen steigen.“
11.2
Change Management
Der Fachbegriff Change Management hat in seiner Verwendung einen Wandel erfahren. Während die Nutzung in der Informatik und Wirtschaftsinformatik eng umgrenzt im Rahmen der ITIL (Information Technology Infrastructure Libary)-Norm definiert ist und den Umgang mit der Veränderung der IT-Architektur verfahrensmäßig präzisiert, hat sich das Change Management in der Wirtschaftswissenschaft als die Handhabung der Gestaltung von Veränderungsprozessen etabliert. Hierbei werden nicht nur formale Aspekte der Aufbau- und Ablauforganisation berücksichtigt, sondern auch die sozialen Bedingungen des Wandels mit reflektiert. Dementsprechend definieren Vahs/Leiser (2004, S. 3; vgl. Abb. 11.23) vier Handlungsfelder des Change Managements:
die Strategie, also die Formulierung von Vision und Leitbild, die Technologie, die Organisation von Struktur sowie Prozessen und die Kultur von Führung und insbesondere die Kommunikation.
Wandel wird als Regelkreis behandelt, in dem die Kommunikation der erfolgswirksamste Faktor ist. Insofern haben wir es beim Change Management mit einer Form des strategischen Kommunikationscontrollings zu tun. Schuh/Kampker/Huesmann (2011, S. 285 – 321) verfolgen zwei Ansätze des Change Managements als Merkmale des Wandels: die Top-down- und die Bottom-up-Strategie. Die Herkunft des Top-down-Prinzips ist das Business Reengineering bzw. des Business Process Reengineering und der Ansatz der Process Innovation. Sie spezifizieren den Einsatz nach Müller (1999; siehe Abb. 11.24) als
geführter Wandel, unternehmensweit, effektivitätsfokussiert, radikal, episodisch und strategisch.
11.2 Change Management
727
Dagegen ist das Bottom-up-Vorgehen ein KAIZEN-Ansatz bzw. ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess sowie eine organisatorische Entwicklung und demnach ein
gesteuerter Wandel, gruppenbasiert, effizienzfokussiert, kontinuierlich, permanent und operativ.
Abb. 11.23: Die vier Handlungsfelder des Change Managements (nach Vahs/Leiser)
Insbesondere orientiert sich das Top-down-Konzept an den sogenannten „hard facts“, also nach Beer/Noria (2000) an den harten Faktoren des ökonomisch ausgerichteten Shareholder Value (Economic Value), also der E-Theorie. Hingegen ist der Ausgangspunkt des Bottomup-Ansatzes stakeholderorientiert und berücksichtigt die von weichen Faktoren geprägte OTheorie (Organisationswirksamkeit). Das Grundtheorem der Autoren beruht auf der Annahme, dass beim strategischen Wandel beide Ansätze gleichzeitig wirksam werden und daher immer eine Kombination der E- mit der O-Theorie entsteht. Die zentralen Schlussfolgerungen von Beer und Noria sind nach Schuh/Kampker/Huesmann (2011, S. 285):
728
„1. Ziele:
2. Führung: 3. Fokus: 4. Prozess: 5. System der Entlohnung:
6. Verwendung von Beratern:
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Das Paradoxon zwischen dem verfolgen des Economic Value und der Organisationswirksamkeit sollte explizit in der Strategieausrichtung bewahrt werden Gleichzeitiges Aktivieren der Basis (von unten) und der Delegierenden von oben sowohl auf den harten als auch auf den weichen Faktoren Ausrichten nach Spontaneität Finanzielle Reize können als Motivationsfaktor eingesetzt werden, sollten aber nicht alleinige Treiber des Wandels sein Berater fungieren unterstützend als Quellen des Wissens und der Erfahrung für Führung und Mitarbeiter
Abb. 11.24: Zuordnung der Change-Management-Ansätze zu den eingeführten Kriterien (nach Müller)
Da alle realen Wandelprobleme sowohl ‚harte‘, als auch ‚weiche‘ Seiten haben, setzen moderne Wandelkonzepte Akzente auf beide Theorien. Es gibt allerdings nur eine relativ kleine Anzahl von Ansätzen, die beide Theorien explizit und möglichst vollständig zu integrieren versuchen. Erwähnt seien an dieser Stelle der Motion-Change-Management Ansatz und das Modell ‚Model for Integrated Strategic Transformation‘ der Harvard Business School.“ Prozessebene und Führungsebene werden in einem Down-up-Prinzip miteinander verknüpft, sodass die Unternehmensstrategie und die Maßnahmen der Prozessoptimierung in einer integralen Veränderungslogik zusammenfließen (ebenda S. 291; vgl. Abb. 11.25).
11.2 Change Management
729
strategische Ebene Unternehmensstrategie
Führungsebene
Handlungsebenen
down
Prozessebene
Down-up
up
Maßnahmen zur Prozessoptimierung operative Ebene gering
hoch Umsetzungsstärke
Abb. 11.25: Down-up-Veränderungslogik (nach Schuh/Kampker/Huesmann)
Eine nachhaltige Veränderung lässt sich nur durch ein Performance-Controlling sicherstellen. Von der Idee bis zur Wirksamkeit ist der Wandel ein Prozess, dessen Inhalt einerseits die Positionierung durch das Strategieaudit und die Kernprozessidentifikationen konstituiert und andererseits durch die Wertschöpfung mit der Prozessanalyse und Prozessoptimierung definiert wird. Zwischen Positionierung und Wertschöpfung sind die Prozessstrategien anzusiedeln (ebenda vgl. Abb. 11.26; siehe hierzu auch Schuh 1998). Inhalt Prozess Initiierung Den Wandel vordenken Idee
Positionierung
Strategieaudit
Prozessanalyse
KernprozessIdentifikation
Veränderung
Prozessstrategien
Den Wandel gestalten
Prozessoptimierung
Wertschöpfung Performance Messung Abb. 11.26: Motion-Methode (nach Schuh)
Wirksamkeit
730
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Vahs/Leiser (2004, S.16; siehe Abb. 11.27) greifen das Moment der „weichen“ sowie „harten“ Faktoren auf und bilden drei Dimensionen aus, welche die Zielvariable Veränderungserfolg determinieren:
Die Dimension Prozessqualität beinhaltet die Erfolgsfaktoren Zielausrichtung, Systematik, Flexibilität, Timing, Ressourcen und Training. Die Dimension Managementqualität bindet die harten Erfolgsfaktoren Individualität, Integrationen und Führungsinstrumente sowie die weichen Aspekte Partizipation, Kommunikation und Führungsverhalten. Die Dimension Mikropolitik erfasst die weichen Faktoren Machtverteilung und Commitment sowie den harten Aspekt der Personalpolitik.
Zielvariable: Veränderungserfolg
Dimension 1: Prozessqualität
Dimension 2: Managementqualität
Dimension 3: Mikropolitik
H F 1.1 Zielausrichtung
H F 2.1 Individualität
H F 3.1 Machtverteilung
H F 1.2 Systematik
H F 2.2 Integration
H F 3.2 Commitment
H F 1.3 Flexibilität
W F 2.3 Partizipation
W F 3.3 Personalpolitik
H F 1.4 Timing
W F 2.4 Kommunikation
H F 1.5 Ressourcen
W F 2.5 Führungsverhalten
H F 1.6 Training
H F 2.6 Führungsinstrumente
W
“weicher” Faktor
H
“harter” Faktor
Abb. 11.27: Dimensionen des Erfolgsfaktorenmodells (nach Vahs/Leiser)
Bezogen auf die Prozessgestaltung ergeben sich somit die „weiche“ psychologische Ebene mit dem – für jeden Wandel notwendigen – Lernprozess und dem Resultat der Verhaltensänderung, aber auch die „harte“ sachliche Ebene des Veränderungsprozesses und dem Ergebnis der Organisationsänderung. Zwischen der organisatorischen Neuorientierung und der tatsächlich erzielten Verhaltensänderung kann sich eine Realitätslücke ausbilden, welche das Veränderungsergebnis kontaminiert. Reiß/Rosenstiel/Lanz (1997; vgl. Abb. 11.28) erklären diese Lücke aus einer potenziellen Diskrepanz zwischen der Veränderungsfähigkeit und der Veränderungsbereitschaft. Kommunikationsinstrumente erwirken die Kenntnis durch Information und Kommunikation sowie die Nutzung von Regelwegen und Sonderaktivitäten. Qualifikationsinstrumente wiederum verändern das Können, also die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz. Die Änderungsbereitschaft tangiert das Wollen und das Sollen. Mittels Motivationsinstrumenten lassen sich intrinsische und extrinsische Anreize portieren, Gegengeschäfte verhandeln oder Transparenz vermitteln. Die Organisationsinstrumente setzen
11.2 Change Management
731
Fakten durch konsequente Projektorganisation, verantwortliche Promotoren und klar strukturierte Partizipationen sowie Begleitung.
Akzeptanz der Änderung
Änderungsfähigkeit
Änderungsbereitschaft
Kennen
Können
Wollen
Sollen
• Information • Kommunikation • Nutzung der Regelwege • Sonderaktivitäten • ...
• Fachkompetenz • Methodenkompetenz • Sozialkompetenz • ...
• Intrinsische Anreize • Extrinsische Anreize • Gegengeschäfte • Transparenz • ...
• Projektorganisation • Promotoren • Partizipation • Begleitung • ...
Kommunikationsinstrumente
Qualifikationsinstrumente
Motivationsinstrumente
Organisationsinstrumente
Abb. 11.28: Zusammenhang zwischen Veränderungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft (nach Reiß/Rosenstiel/Lanz)
Fundamentale Veränderungen synchronisieren nicht Kennen und Können oder Wollen und Sollen. Fundamentale Veränderungen haben eine Kennkurve im Verlauf der Akzeptanz, welche stark von einer emotionalen Basis der Betroffenen geprägt ist. Insbesondere Conner (1995) und Tushman/O’Reilly (1997, S. 30 ff.) haben sich mit dem Aspekt der Aktivität, der Stabilität und der Passivität im Zeitverlauf von Wandlungsprozessen beschäftigt und einen Wellenverlauf festgestellt (vgl. dazu auch Schuh/Kampker/Huesmann 2011, S. 281 sowie insbesondere Haiss 2000; S. 65; siehe Abb. 11.29). Nach dem Veränderungsanstoß kommt zunächst die Immobilisierung, der Schock („Das kann doch nicht wahr sein ...“) mit Angst und Konfusion sowie anschließender Verweigerung. Es folgt die Wut, die Verneinung („Das stimmt nicht ...“), also der Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen und dann die Einsicht („Vielleicht doch …“), das Feilschen, der Versuch die Auswirkungen zu minimieren. Der Tiefpunkt bei den Veränderungsbetroffenen löst eine Depression aus, eine Frustration und ein Ausleben der Verliererposition, gleichzeitig aber auch eine Basis zur Akzeptanz („Es stimmt eigentlich ...“). Hier muss der Change Agent die Courage zur verantwortlichen Mitwirkung stärken, um zum Ausprobieren, zum Testen zu gelangen („Man könnte mal versuchen ...“), hin zur Erkenntnis („Es geht ja tatsächlich ...“). Das Veränderungsziel ist die Akzeptanz als positive Internalisierung („Ist selbstverständlich ...“).
732
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Wut:
Aktiv
Receipient: Versuch Kontrolle zurückzugewinnen Change Agent: Sachbezogene Legitimierun (”Versachlichung”)
Akzeptanz: Receipient:
Positivie Internalisierung Change Agent: Helfen, auf eigene Beine zu stellen
Feilschen: Veränderungsanstoss
Stabilität Verweigerung:
Receipient: Versuch, Auswirkungen zu minimieren Change Agent: Hineinfinden: Konfrontatives Receipient: Abfinden mit Situation Abtasten der Change Agent: Unterstützung Realität beibehalten
Receipient: Verteigung gegen unakzeptable Realität Change Agent: Vorsichtiges Abtesten der Realität beginnen
Testen: Receipient: Ausprobieren der neuen Alternativen Change Agent: Abstecken realistischer Optionen
Immobilisierung: Receipient: Angst, Konfusion Change Agent: Verständnis, Akzeptanz zeigen
Passiv
Depression: Receipient: Frustration, Ausleben der Verliererposition Change Agent: Courage zur verantwortlichen Mitwirkung stärken
Zeit Abb. 11.29: Reaktionsmuster bei fundamentalen Veränderungen (nach Haiss)
11.2.1
Strategie des Unternehmenswandels
Die vollständigste Strategie zur Organisation des Change Managements ist – im deutschsprachigen Raum – am Institut für Unternehmensführung und Organisation (OFP) der Universität Gießen unter der Leitung von W. Krüger entstanden. Das Orientierungsmodell der strategischen Erneuerung wird als 3W-Modell bezeichnet (vgl. Krüger 2006, S. 29; siehe Abb. 11.30) und kennzeichnet damit die drei gedanklichen Koordinaten:
Wandlungsbedarf, Wandlungsbereitschaft und Wandlungsfähigkeit.
Der Wandlungsprozess wird gleichsam vom Topmanagement sowie den Mitarbeitern getrieben und mittels eines konsequenten Projekt- und Programmmanagements umgesetzt. Die Strategien werden gestützt durch die Bereiche
Human Resource Management (HRM), Kommunikation, Controlling und spezifische Verfahren (Toolbox).
Dabei besteht zwischen den einzelnen Komponenten ein Beziehungsgeflecht (ebenda S. 38; siehe Abb. 11.31).
11.2 Change Management
733
Wandlungsbereitschaft Strategien Topmanagement
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse Strategische Erneuerung
Wandlungsbedarf Human Ressource Management Kommunikation Controlling Toolbox Wandlungsfähigkeit
Abb. 11.30: Orientierungsmodell der strategischen Erneuerung – 3W-Modell (nach Krüger)
Die Basiskomponente ist der Wandlungsprozess, mit dem Ziel, Einstellungen und Verhalten zu ändern, die in einer wohldefinierten Strategie fixiert sind und vom Topmanagement als erfolgsbestimmende Komponenten im Rahmen von Projekten und Programmen gestaltet werden. Strategie, Wandlungsprozess und Änderung von Einstellungen sowie Verhalten bilden einen Regelkreis. Als unterstützende Komponente dient die Toolbox, welche spezifische Instrumente liefert, damit der Wandlungsprozess
von systematischer Kommunikation durchzogen ist, programmatisch von den HRM unterstützt werden kann und durch Controllingprozesse überwacht wird.
Insofern orientiert sich das 3W-Modell an der Kategorisierung des St. Galler Modells, wo zwischen Management-, Kern- und Unterstützungsprozessen unterschieden wird. Entscheidend für den Erfolg eines strategisch geleiteten Wandlungsprozesses ist die Dekomposition des Gesamtvorhabens in Einzelprojekte. Die Veränderung von Verhalten ist ein langwieriger Prozess. Eine Zerlegung in überschaubare Maßnahmen ermöglicht die kooperative Einbeziehung der Mitarbeiter und somit die Berücksichtigung von kapillaren Aspekten betrieblicher Handlung. Krüger (2006, S. 84; siehe Abb. 11.32) sieht einen Gesamtablauf in den Phasen vor.
Initialisierung, Konzipierung, Modellisierung, Umsetzung und Verstetigung
734
11 Strategisches Kommunikationscontrolling realisieren
Erfolgsbestimmende Komponenten
ändert Strategie
erfordert
gestaltet
treibt
fordert
verlangen
trägt
ändert
Basiskomponente
Wandlungsprozess
durchzieht
Unterstützende Komponenten
Projekte/ Programme
Topmanagement
unterstützt
Kommunikation
HRM
instrumentiert
instrumentiert
Einstellungen und Verhalten
überwacht
Controlling instrumentiert
Toolbox
Abb. 11.31: Beziehungen zwischen den Komponenten des 3W-Modells (nach Krüger)
In überlappender Form werden entsprechend
das Strategieprojekt, die Kommunikationsprojekte, die Basisprojekte und die Folgeprojekte
geplant, durchgeführt und kontrolliert. Dabei bilden die Basisprojekte den Kernbereich des Wandels ab. Insofern ist es häufig empfehlenswert, spezifische Pilotprojekte vor einem Rollout vorzusehen, um den Änderungsansatz zu testen und ggf. noch zu modifizieren. Krüger (ebenda S. 93; siehe Abb. 11.32) stellt den Wandel in Unternehmen im Kontext der überbetrieblichen Wertschöpfungskette dar. Er spricht von einem horizontalen Gegenstrom in der Kombination von „Inside-Out“- und „Outside-In“-Perspektiven. Dabei erwirkt das Unternehmen eine Outside-In-Anpassung, wenn die Marktsituation durch neue Kundenbedürfnisse bestimmt ist und insofern die Wettbewerbsstrategie zu verändern ist. Hingegen ist die Inside-Out-Determinierung gestalterisch bestimmt. Die Ressourcen der Lieferanten und die eigenen Fähigkeiten ermöglichen die Ausbildung neuer Kernkompetenzen und schaffen somit einen Wettbewerbsvorteil. Die Institutionalisierung des Wandels erfolgt Top-down durch Leitbilder, Strategien, Standardziele, Entwicklungsziele, Anreize und die Vorbildfunktion des Managements. Bottom-up wirken die kontinuierlichen Verbesserungen, Best Practices und die Führung der Basis, das sogenannte interne Unternehmertum. Geleitet wird das Gegenstromverfahren durch die gesetzten Parameter
der Mitarbeiterführung und Unternehmenskultur, des Ziel- und Anreizsystems, der Personalentwicklung und Organisationen sowie
11.2 Change Management
735
Des IT-gestützten Planungs- und Kontrollsystems. sequentieller Ablauf
Kommunikationsprojekte
Strategieprojekte
Initialisierung
Konzipierung
Initialisierung
Konzipierung
Vorbereitungsprojekte
Basisprojekte
Mobilisierung
Mobilisierung
Folgeprojekte
Umsetzung
Umsetzung
Verstetigung
Verstetigung
Strategieprojekt “Simultaneous Engineering” = überlappende/ parallele Abläufe
Kommunikationsprojekte Planung
Durchführung
Vorbereitungsprojekte Planung
Pilotprojekte
Durchführung
Basisprojekte Planung
Durchführung
Folgeprojekte Planung
Durchführung Folgeprojekte
t Pilotprojekte
Ergebnis ist abzuwarten, bevor Folgeprojekte beginnen.
Folgeprojekte
Folgeprojekte, die voneinander abhängig sind, können höchstens überlappend, nicht jedoch parallel durchgeführt werden.
Zeitvorteil durch parallele Abläufe
Abb. 11.32: Projektdekomposition beim Change Management (nach Krüger)
Jedoch ist ein Unternehmenswandel kein reibungsloser Prozess. Stets sind im Kontext des Wandlungsbedarfes und der Wandlungsbereitschaft bzw. der Wandlungsfähigkeit Konflikte vorprogrammiert. Krüger (ebenda S. 137; siehe Abb. 11.34) verdeutlicht dies durch eine Ausbildung von Schnittmengen der drei Bereiche. Die gemeinsame Schnittmenge von Bedarf, Bereitschaft und Fähigkeit ist klein (7). Häufig sind Teilmengen disjunkt. So baut sich ein Reformstau auf (1) wenn keine Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit besteht, oder es bildet sich ein unbefriedigter Veränderungsdrang, wenn es an Bedarf und Fähigkeit mangelt (3). Sind Fähigkeiten vorhanden, die nicht vom Wandel berücksichtigt werden, so vergeudet das Unternehmen ungenutztes Fähigkeitspotenzial (5). Aber es kann auch zu anderen Interferenzen kommen. So besteht ein Fähigkeitsdefizit (2), wenn der Bedarf nicht durch die Wandlungsfähigkeit gedeckt wird, oder es entstehen fehlgeleitete Aktivitäten, wenn Bereitschaft und Fähigkeit nicht von einem gezielten Wandlungsbedarf befriedigt werden (4). Schließlich sind auch Willensbarrieren möglich, wenn zwar Bedarf und Fähigkeit vorhanden, jedoch die Handlungsbereitschaft obsolet ist (6).
736
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Mitarbeiterführung Unternehmenskultur
Top Down • Leitbilder • Strategien • Standardziele
Zielsystem Anreizsystem
• Verbesserungen • Best Practice
Outside in: “Anpassung” Marktsituation > Kundenbedürfnisse > Wettbewerbsstrategie Lieferanten/ Komplementoren
Kunden/ Wettbewerber Inside out: “Gestaltung” Ressourcen + Fähigkeiten > Kernkompetenzen > Wettebewerbsvorteile
Personalentwicklung/ Organisation
Planungs- und Kontrollsystem Informationssystem
• Internes Unternehmertum Bottom Up
• Entwicklungsziele • Anreize • Vorbildfunktion
Abb. 11.33: Wandel im Gegenstromverfahren (nach Krüger)
Fähigkeitsdefizite
Reformstau
1
Wandlungsbedarf
2
Wandlungsbereitschaft
3
Unbefriedigter Veränderungsdrang
7 Willensbarrieren
Fehlgeleitete Aktivitäten
4
6
Wandlungsfähigkeit
5
Ungenutztes Fähigkeitspotential
Abb. 11.34: Mögliche Missverhältnisse in den Koordinaten des Wandels (nach Krüger)
11.2 Change Management
737
Die Wandlungsbereitschaft bildet häufig einen Engpass (vgl. Capgemini 2003, S. 27). Das Management von Sachfragen bildet dementsprechend häufig nur den sichtbaren Teil eines Eisbergs. Die eigentlichen Probleme erfordern eine „hidden agenda“, sie befinden sich unter der Oberfläche dessen, was mit Qualität, Kosten und Zeit abgebildet wird (vgl. dazu Doppler/Lauterberg 2005, S. 205 sowie Krüger 1999, S. 887; siehe Abb. 11.35). Unternehmenswandel findet bei einigen Mitarbeitern Akzeptanz, das sind die Promotoren. Es bilden sich aber auch Opponenten heraus. Dazwischen sind die Unentschlossenen, welche im Rahmen des Wandlungsprozesses zu potenziellen Promotoren bzw. zu verdeckten Opponenten werden können. Somit ist für einen erfolgreichen Wandel das Management von Bewusstseinslagen mit dem Ziel der Einstellungsakzeptanz ebenso notwendig wie das Einflussmanagement zur Erreichung der Verhaltensakzeptanz. Qualität
Kosten
Zeit
Management von Sachfragen
Akzeptanz
Promotoren
po
sit
Einstellungsakzeptanz
Potenzielle Promotoren iv
po
Opponenten ne
Management von Bewusstseinsfragen
Verdeckte Opponenten
ga
tiv
g ne
at
si
tiv
Verhaltensakzeptanz
iv Einflussmanagement
Abb. 11.35: Eisbergmodell des Wandels (nach Krüger)
Becker (2006, S. 268; siehe Abb. 11.36) verweist dementsprechend auf die Bedeutung der Personalentwicklung im Rahmen des Change Managements. Die resultierenden Anforderungen sind
Wissen, Können,
738
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Verhalten und Einstellungen.
Mithin alles Merkmale, welche nur durch eine konstruktive Planung, Umsetzung und Kontrolle von Kommunikationsmaßnahmen nachhaltig beeinflusst werden können. Dabei definiert Becker vier Schichten des Wandels:
die Restrukturierung von Strukturen, Prozessen und Systemen, die das Realisationspotenzial von Wissen und Können beanspruchen, die strategische Reorientierung, welche auf das Können abzielt, die Revitalisierung von Können und Verhalten sowie die Remodellierung von Werten und Überzeugungen, d. h. die Veränderungen von Einstellungen.
Schichten des Wandels
Strukturen/Prozesse, Systeme, Realisationspotential
Resultierende Anforderungen
Wissen
RESTRUKTURIERUNG Strategie REORIENTIERUNG
Können
Fähigkeiten, Verhalten REVITALISIERUNG
Verhalten
Werte und Überzeugungen REMODELLIERUNG
Einstellungen
Abb. 11.36: Wandlungsbezogene Anforderungen an Mitarbeiter (nach Becker)
Unternehmenswandel ist jedoch nicht nur durch Kommunikationsmaßnahmen zu erzielen. Becker (2001, S. 136; siehe Abb. 11.37) verweist auf alternative Umbaustrategien. Ausgangspunkt ist der qualitative, räumliche und zeitliche Personalbedarf vor dem Wandel. Der Zielhof wird bestimmt durch den entsprechenden qualitativen, räumlichen und zeitlichen Bedarf nach dem Wandel. Hier entsteht ein interner Arbeitsmarkt, der durch Versetzungen bedient werden kann. Aber zumeist reichen diese Maßnahmen nicht aus und es kommt zu strategischen, betriebsbedingten Personalfreisetzungen. Reicht die interne Personalqualität bzw. -quantität nicht aus, so ist eine Personalbeschaffung notwendig. Change Management ist gekennzeichnet durch komplexe, multifunktionale und interdependente Prozesse, welche simultan und sukzessiv gesteuert und geregelt werden müssen. Ein Gesamterfolg ist möglich, wenn die Einzelmaßnahmen mit einer Controllingstruktur hinterlegt sind.
11.2 Change Management
qualitativer, räumlicher, zeitlicher Personlabedarf vor dem Wandel
739
Versetzung (interner Arbeitsmarkt)
Personalfreisetzung
qualitativer, räumlicher, zeitlicher Personalbedarf nach dem Wandel
Personalbeschaffung Austausch (externer Arbeitsmarkt)
Abb. 11.37: Alternative Umbaustrategien (nach Becker)
11.2.2
Erfolgskontrolle im Change Management
Change Management umfasst die Veränderung der Unternehmenskultur. Daher kann die Veränderung nicht durch eine Einzelmaßnahme umgesetzt werden, sondern sie muss im Kontext einer Strategie eingebunden sein, die den Transfer, also die Vermittlung im Mittelpunkt hat. Doppler/Lauterberg (2005, S. 150 ff.) erarbeiten acht Prinzipien zur Gewährleistung des Transfers im Rahmen eines Change Managements:
zielorientiertes Management keine Maßnahme ohne Diagnose ganzheitliches Denken und Handeln Beteiligung der Betroffenen Hilfe zur Selbsthilfe prozessorientierte Steuerung lebendige Kommunikation sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen
Hierfür determinieren die Autoren 20 Kritierien für eine erfolgreiche Unternehmensführung, die gleichzeitig ein Instrument zur Erfolgskontrolle ausbilden (ebenda S. 513; siehe Abb. 11.38). Es sind die positive Ausprägung von
Leitbild und Grundwerte, Markt- und Kundenorientierung, schlanke Organisation, Ergebnisorientierung, Führungsinstrumentarium, Innovation, Flexibilität, regelmäßiges Feedback, ganzheitliches Management
740
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Kooperation, Kommunikation, Entwicklung Mitarbeiterpotenzial, Nutzung Mitarbeiterpotenzial, Strategiebildung, direkte Kontakte Spitze-Basis, Qualifizierung Management, klare und sozial verträgliche Führung, Managementteam, Konfliktfähigkeit und lernende Organisation. ++
+
+/-
1 Leitbild und Grundwerte 2 Markt- und Kundenorientierung 3 Schlanke Organisation 4 Ergebnisorientierung 5 Führungsinstrumentarium 6 Innovation 7 Flexibilität 8 Regelmäßiges Feedback 9 Ganzheitliches Management 10 Kooperation 11 Kommunikation 12 Entwicklung Mitarbeiterpotenzial 13 Nutzung Mitarbeiterpotenzial 14 Strategiebildung 15 Direkte Kontakte Spitze-Basis 16 Qualifizierung Management 17 Klare und sozialverträgliche Führung 18 Management-Team 19 Konfliktfähigkeit 20 Lernende Organisation Abb. 11.38: Kriterien erfolgreicher Unternehmensführung (nach Doppler/Lauterberg)
-
--
11.2 Change Management
741
Weiche Faktoren
Harte Faktoren
Einstellungen und Verhalten
Strukturen, Abläufe, Spielregeln
Individuum Funktions-/ Arbeitsplatzanalysen
Vermittlung von Managementwissen
Zielvereinbarung und Kontrolle
Training sozialer Fertigkeiten, z.B. • Gesprächsführung • Moderation • Entscheiden • Konfliktlösung
persönliches Coaching
individuelle Laufbahn- und Lebensplanung und - beratung
MitarbeiterKapital- und Gewinnbeteiligungssysteme
Leistungsanreizsysteme
MitarbeiterBeurteilungs- und Auswahlverfahren (z.B. Assessment Center)
Sensitivity-Training (Selbsterfahrung) z.B. Gruppendynamik, Transaktionsanalyse u.a.
Personalentwicklungssysteme
Stellenausschreibungen
Gehalts-, Arbeits-, und Sozialsysteme
Arbeitsstrukturierung • Jobenlargement • Jobenrichtment •Job Rotation
soziale Module des Ab- und Aufstiegs
individuelle Laufbahn- und Lebensplanung und - beratung
Gruppen
Team-Strukturen, z.B. teilautonome Systeme
Soziogramm Teaminspektion Peergroup zur Selbsthilfe
Projektorganisation
Teamentwicklung Qualitätszirkel Konfrontrationstreffen
Profit-Center Organisation
Teamcoaching verbindliches Führungsinstrumentarium z.B. Zielsetzug
Unternehmen bzw. Bereiche Organisations-/ Bereichsdiagnose Corporate Identity Organisations-/ Bereichsentwicklung Corporate Culture
prozessorientierte Leitbildentwicklung
Lean Management Total Quality Management
Aufbau-/AblaufReorganisation
Mitarbeiter-Hearings und Workshops verbindliches Leitbild
regelmäßige Mitarbeiterbefratung Sensor-Team
Unternehmen und Umwelt
Strategie-Bildung, - Kommunikation und Controlling standardisierter Wettebewerbsvergleich
Werbekonzept Kundenbefragungen Kundenbeirat Öffentlichkeitsarbeit
Abb. 11.39: Instrumente, Methoden und Verfahren der Unternehmensentwicklung (nach Doppler/Lauterberg)
742
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Doppler/Lauterberg klassifizieren die Instrumente, Methoden und Verfahren der Unternehmensentwicklung (ebenda S. 218; siehe Abb. 11.39) nach Aufgabenfeldern
der Veränderung von Einstellung und Verhalten, also der weichen Faktoren und der Verbesserung von Strukturen und Abläufen inklusive der rules, der Spielregeln.
Hierbei sind fließende Übergänge zu berücksichtigen, die nach Ausprägung der Adressaten von zentraler Bedeutung sein können. Die Instrumente lassen sich entsprechend ihres Anwendungsfeldes in vier Kategorien gliedern:
Individuum, Gruppen, Unternehmen bzw. Bereiche und Unternehmen und Umwelt.
In diesem Zusammenhang steht das heterogene Moment der Strategiebildung mit der Verknüpfung von Kommunikation und Controlling im Vordergrund. Ein ganzheitliches unternehmerisches Wandlungskonzept kann nur erfolgreich sein, wenn es endogen und exogen kommuniziert wird. Es kann auch nur erfolgreich sein, wenn es sowohl innerhalb einer ganzheitlichen Controllingstruktur eingebunden ist als auch innerhalb einer Projektorganisation, die ein eigenständiges Projekt-Controlling erfordert. Letzteres wird im folgenden Kapitel ausgeführt. Bach/Steinhaus (2006, S. 334; siehe Abb. 11.40) trennen dementsprechend das Controlling des Change Managements in drei Bereiche:
Innerhalb des Controllings der Unternehmensentwicklung wird der Programmauftrag definiert und über einen Lenkungsausschuss gesteuert. Das Programm-Controlling detailliert sich im Programmplan und spezifiziert die einzelnen Projektaufträge. Der Programmplan ist eine Beschlussvorlage für den Lenkungsausschuss und definiert die Soll/Ist-Strukturen, welche gegebenenfalls nachgesteuert werden müssen. Auf operativer Ebene befindet sich das Projekt-Controlling mit den korrespondierenden Projektplänen und den entsprechenden Change Requests. Hier ergeben sich spezifizierte Ressourcenansprüche, Termine und Schnittstellen, welche vom Programmcontrolling gesteuert werden.
Wichtig ist dabei das Bewusstsein, dass die Projektorganisation den harten Faktoren zuzuschreiben ist. Dagegen muss der sehr viel größere Teil des Eisbergs beim Change Management, welcher unter der sichtbaren Fläche der veröffentlichten Ziele und Strukturen liegt, ebenfalls in der kontrollgerechten Sprache von Controllingmechanismen erfasst werden (vgl. dazu Doppler/Lauterberg 2005, S. 204 f.). Angst vor Versagen, vor Veränderungen, vor dem Verlust von Macht und vor politischen Veränderungen kann nicht objektiv gemessen werden. Die Kraft der Blockaden, von Neid und Missgunst, von Rivalitäten und Seilschaften kann
11.2 Change Management
743
nicht programmatisch verändert werden, sondern bedarf der Behandlung mit den weichen Faktoren der Kommunikationsgestaltung, die sich in Methoden wie persönliches Coaching, Teamentwicklung und Teamcoaching, Konfrontationstreffen und Corporate Culture manifestieren. Die Reichweite des Controllings ist begrenzt, sie dringt nicht bis in die kapillaren Verhaltensmomente der jeweiligen Anspruchsgruppen vor, aber sie schafft Orientierung. Daher sind Controllingprozesse beim Change Management sowohl aus der deduktiven gesamtheitlichen Sicht als auch in der induktiven vereinzelten Perspektive notwendig, und es ist ebenfalls notwendig, laufend die Interdependenz der beiden Betrachtungsweisen festzustellen.
Lenkungsausschuss Programmauftrag
Programmcontrolling
Beschlussvorlage Programmplan
Programmplan Soll
Ist
Nachsteuern innerhalb des Programms
Projektauftrag
Projektauftrag
Projektcontrolling
Projektplan
Change Request Inhalt: Auswirkungen: • Ressourcen • Termine • Schnittstellen
Soll
Ist
Projektplan
Nachsteuern innerhalb des Projekts
Abb. 11.40: Ablauf eines Planungsänderungsverfahrens (nach Bach/Steinhaus)
Demning (1986) verweist in seinen Ausführungen zum Thema „Out of crisis“, dass die Veränderungskommunikation stets durch Meilensteine der Zielerreichung von Veränderungsprojekten messbar und somit nachprüfbar sein muss. Der Demning-Zyklus der vier Elementarschritte von Planen, Durchführen, Überprüfen und Reagieren setzt eine Messbarkeit voraus. Auf operativer Ebene sind die Inputfaktoren wie bspw. Ressourcen, Spezifikationen, Kundenanforderungen oder Informationen zu definieren und dem Output wie bspw. Produkt, Qualität, Kosten gegenüberzustellen. Es geht um die Frage: „Tun wir die Dinge richtig?“, für die Input/Output-Relation, für die Effizienz. Es geht aber auch stets um die Effektivität beim
744
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Leistungserstellungsprozess, also der Relation zwischen Zielerreichung und Wirksamkeit und somit um die Frage: „Tun wir die richtigen Dinge zur Zielerreichung?“ (vgl. dazu Binner 2007, S. 56).
Input, z.B.:
Effizienz (Wirtschaftlichkeit)
- Ressourcen - Spezifikationen - Kundenanforderungen - Informationen
- Produkt - Qualität - Kosten - Reste
Input Output
Output, z.B.:
(Tun wir die Dinge richtig?)
Leistungserstellungsprozess Planung
Steuerung
Ausführung
Kontrolle
Effektivität (Zielerreichung / Wirksamkeit) (Tun wir die richtigen Dinge zur Zielerreichung?) Abb. 11.41: Bewertungskriterien der Leistungserbringung einer Organisation (nach Binner)
Aber die Summe der Detailbetrachtungen ergibt nicht das Ganze. Und – wie ausgeführt – spezifische Details können gar nicht in einer kontrollierbaren Form abgebildet werden, ergeben aber dennoch einen hohen Handlungsbedarf und schaffen wesentliche Attribute zur Zielerreichung des gesamtheitlichen Vorhabens eines Change Managements. Schuh/Kampker/Huesmann (2011, S. 316, vgl. dazu auch Shook 2009, S. 30 ff.; siehe Abb. 11.42) führen einen exemplarischen Aufbau für ein Berichtssystem aus, welches eine Steuerung durch Controlling bei der Nachhaltigkeit der Unternehmensentwicklung unterstützt. Sie bilden sieben aufeinander bezogene Aussagefelder aus:
Hintergrund des Problems mit der Spezifizierung des verstehensnotwendigen Kontextes und der Problemauswirkung, derzeitige Umstände, also das Abbild der derzeitigen Situation als Prozessabbild, die Unstimmigkeit des Systems und das quantitative Ausmaß des Problems, Ziele wie Prozessvorschläge, Maßnahmen und Kennzahlen, Ursachenanalyse mit der Problemliste und dem Ursachenbezug, vorgeschlagene Maßnahmen mit Bezug auf die ermittelten Ursachen, inklusive ihrer Beschreibung, die Verantwortlichkeit der betroffenen Mitarbeiter und die erwarteten Verbesserungen, Plan mit dem zeitlichen Ablauf aller Maßnahmen und dem Einbezug von Verantwortlichkeiten sowie der Unterstützung sowie Begutachtung der Tätigkeiten und schließlich Nachfolgeplan mit der Prüfung der Ergebnisse und der langfristigen Erfolgssicherung der Veränderungen.
11.2 Change Management
Hintergrund - Hintergrund des Problems - Verstehensnotwendiger Kontext - Auswirkungen des Problems
745
Vorgeschlagene Massnahmen - Massnahmenvorschlag mit Bezug auf ermittelte Ursachen - Beschreibung der Massnahmen - Verantwortlichkeiten und betroffene Mitarbeiter - Erwartete Verbesserungen
Derzeitige Umstände - Abbild der derzeitigen Situation, z.B. Prozessabbild - Unstimmigkeiten im System - Ausmass des Problems (z.B. Messwerte)
Plan - Zeitlicher Ablauf aller Massnahmen - Einbezug von Verantwortlichkeiten, Unterstützung und Begutachtung der Tätigkeiten
Ziele - Prozessvorschläge - Massnahmen - Kennzahlen
Nachfolgeplan Ursachenanalyse
- Prüfung der Ergebnisse - Wie wird der langfristige Erfolg der Veränderung gesichert?
- Problemliste - Ursachenbezug herstellen: Warum entstehen diese Probleme?
Abb. 11.42: Exemplarischer Aufbau eines Unternehmensentwicklungsberichts (nach Schuh/Kampker/Huesmann)
Das Controlling ganzheitlicher Unternehmensentwicklungen bedarf der ständigen Überprüfung und somit eines Monitorings des Veränderungsverlaufs. Welches Medium dabei verwandt wird, ob es sich um einen schriftlichen Bericht oder eine Darstellung als Dashboard handelt, ist zweitrangig. Wichtig ist die Kommunikation und die damit einhergehende Modifikation des Verhaltens aller betroffenen Anspruchsgruppen. Berichte müssen gelebt werden, sie sollten das tägliche Verhalten steuern und entsprechend die notwendigen Regelungsmechanismen auslösen. Schuh/Kampker/Huesmann (2011, S. 318; siehe Abb. 11.43) verdeutlichen den Aufbau eines Unternehmensentwicklungsberichtes anhand einer exemplarischen Umsetzung von einem fiktiven Unternehmen der Werkzeugherstellung. Hintergrund der Veränderung ist ein wachsender Kundenbedarf bei beschränkten Produktionsressourcen. Hierbei stehen Kosten und Qualität in konkurrierender Zielsetzung. Es werden entsprechende Kosten-, Zeit- und Qualitätsziele quantifiziert. Dadurch ergibt sich eine Ursachenanalyse der Bereiche Ausschuss, Verspätung sowie Bestand und der vorgeschlagenen Maßnahmen der technischen Verbesserung und Neuinvestitionen samt der jeweiligen Verantwortlichen. Daraus ergeben sich die Pläne der Durchführung sowie die zu initialisierenden Nachfolgepläne.
746
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Hintergrund der Veränderung 5
7
5
3
Vorgeschlagene Massnahmen
- Wachsender Kundenbedarf - Beschränkte Produktionsressourcen im Unternehmen
- Notwendige Investitionen in Neuanlage - Bedarf zur Prozessverbesserung
Ursache
Plan der Durchführung
4
57%
- Beschreibung der Anforderung - Einholen von Angeboten - Investitionsrechnung
B
6
24%
Ziele Ziele
Zieldiagramm Zieldiagramm
Verantwortung
Unterstützung
VerantKontrollwortlich größe
Ziele A
Zieldiagramm
VerantMüller wortung
UnterAbteilung stützung
Verant€/Teil wortlich
Ziele B
Zieldiagramm
VerantMayer wortung
UnterAbteilung stützung
Verant% wortlich
2 0 2009
2010
Verantwortlich
Beschreibung - Aufnahme der Betriebsdaten - Statische Analyse - Definition von Standardparametern
A
Derzeitige Umstände im Bereich
19%
Gegenmassnahme
2011
Ziele Produktionsverbesserung der aktuellen Anlage Vorschlag für Neuinvestition
Ziele der Veränderung Kosten:
Reduzierung Nacharbeitskosten
10%
Zeit:
Reduzierung Durchlaufzeit
15%
Qualität:
Reduzierung PPM
Flexibilität:
...
5% ...
Nachfolgeplan - Halbjährliche Kontrolle zur Sicherung der Zusammenarbeit - Wöchentliche Überwachung mit Messung der Kennzahlen
Ursachenanalyse Verspätung
Ausschuss - Form: 30% - Verzug: 15% - Flecken: 10%
Bestand
25% 41% 34%
A
B
Abb. 11.43: Beispiel eines Unternehmensentwicklungsberichts (nach Schuh/Kampker/Huesmann)
11.2.3
Projekt-Controlling
Change Management umfasst alle Mitarbeiter des Unternehmens, jedoch in unterschiedlicher Weise. Brehm/Petry (2006, S. 354 f.; siehe Abb. 11.44) sehen dementsprechend als ein Tool der Konzipierung die Betroffenheitsanalyse vor. Damit werden entsprechend der Einzelprojekte der Veränderung die Betroffenheitsaspekte Verantwortung, Handlungsspielraum, Auf-
11.2 Change Management
747
Produktmanager
Logistik
++
o
+
...
Handlungsspielraum
++
-
--
o
...
Aufgabenzuordnung
++
++
o
o
...
++
++
+/-
o
...
...
Sachbearbeiter
++
Vertriebsmitarbeiter
Cost Center Leiter
Verantwortung
Betriebsrat
Geschäftsführung
gabenzuordnung usw. aufsummiert und jeweils den betroffenen Personengruppen wie Geschäftsführung, Logistik, Betriebsrat etc. zugeordnet.
... Summe
Abb. 11.44: Betroffenheitsanalyse (nach Brehm/Petry)
Entscheidung Projekt ja/nein Schaffen Projektgrundlagen Auftaktveranstaltung Befragung Analyse und Diagnose Datenfeedback Konzeption Präsentation Konzepte Diskussion Konzepte Entscheidung Umsetzung Phase I Umsetzung Phase II Abschluss des Projektes Leitungsausschuss Information im Unternehmen
Abb. 11.45: Muster einer Projektmatrix (nach Doppler/Lauterberg)
Okt.
Nov. Dez.
Sep.
Juli Aug.
Mai
Juni
Apr.
März
Jan.
Feb.
Nov. Dez.
Okt.
Sep.
Juli Aug.
Mai
Juni
Apr.
März
Jan.
Projekt: Struktur 95
Feb.
Die Projekte weisen alsdann eine standardisierte Struktur auf, die in Form eines Balkendiagramms abgebildet werden kann (vgl. Doppler/Lauterberg 2005, S. 318; siehe Abb. 11.45). Mit der Projektentscheidung werden die Arbeitsgrundlagen geschaffen und die Betroffenen in einer Auftaktveranstaltung motiviert. Nach der Analyse und dem Feedback kommt es zur Konzeption, zur Präsentation und Diskussion, um die Umsetzungsalternativen zu evaluieren und die Änderungen kurz zu fixieren. Die Umsetzung erfolgt in Phasen.
748
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Aufgrund der Anlage und der Komplexität des Gesamtvorhabens lassen sich drei Merkmale in der Organisation und Abwicklung feststellen. Zum einen ist nicht nur ein Projekt abzuwickeln, sondern es sind eine Vielzahl von interdependenten Maßnahmen sowohl simultan als auch sukzessiv zu bewältigen, zum anderen sind alle Abteilungen des Unternehmens mehr oder weniger betroffen. Neben der operativen Tätigkeit im Betrieb ist also flächendeckend eine Mehrbelastung abzuarbeiten. Schließlich haben wir eine hierarchische Koordinierung zu bewältigen. Es entsteht so eine hierarchische Planungsstruktur, welche in sich eine Informationspyramide (vgl. Hahn 2001, S. 448 ff.; siehe Abb. 11.46) ausbildet. Dabei wird jede Planung so aufgebaut und durchgeführt, dass ein spezifischer Handlungskontext damit verfolgt werden kann. Bei der Strukturierung spezifischer Ebenen wird darauf geachtet, eine Planungssyntax zu verfolgen, die Konsolidierungen ermöglicht, um so Teilsysteme der unternehmerischen Handlung auszubilden wie bspw. den betrieblichen Investitionsplan.
Ebene 1
Ebene 2 Ebene 1
Ebene 1 Ebene 3
Ebene 2
Ebene 2
Ebene 3
Ebene 3
SUBSYSTEME DER INVESTITIONSPLANUNG
Netzplan mit mehreren Projekten ( Strategieplanung für das Top-Management ) Netzplan zur Konsolidierung im Rahmen der Investitionsplanung Detailnetzplan für die operative Investitionsumsetzung
Abb. 11.46: Sub- und Teilsysteme der Projektabwicklung
Die generelle Problemstellung bei der Umsetzung von Projekten besteht in ihrer Einmaligkeit. Das Unternehmen realisiert jedes Projekt nur einmal und steht somit immer wieder vor Aufgaben, für die es keine operativen Routinen entwickelt hat. Auch die ausgefeilte Netzplantechnik gibt nur eine begrenzte Hilfestellung beim Manövrieren in unbekannten Gewässern. Die regeltechnische Darstellung (RPS-System, regeltechnische Planung und Steuerung, nach Schleip) verwendet als Hilfsmittel zur Projektplanung folgende Elemente (Schleip/Schleip 1970, S. 28 f.): Der Block ist das zeitverbrauchende Element, er stellt also den Vorgang (Tätigkeit, Lieferzeit usw.) dar. Die Verbindungslinie dient zur Darstellung einer logischen, funktionellen oder zeitlichen Abhängigkeit zwischen den Vorgängen.
11.2 Change Management
749
Der kleine Kreis bedeutet Vereinigungspunkt oder „Sammler“. Der Punkt bedeutet Aufteilungspunkt oder „Verteiler“. Dies erlaubt eine übersichtliche Darstellung, indem die Beziehungen des Vorganges, seine Nummer, die Dauer und die Vorwärts- und Rückwärtsberechnung des kritischen Weges, der früheste und der späteste Vorgangsbeginn eingetragen werden können (ebenda S. 14; vgl. Abb. 11.47). 2 4
5 2
2
5
7 6
6
6
11 11
9 1
22
3
5
0 1
1
1
2
2
17 17
5 6 4
8 5
7
4
11 13
4 3
2
4
Nr. des Vorgangs
Dauer des Vorgangs
frühester spätester Beginn Beginn
Abb. 11.47: Beispiel für die Berechnung der Zeiten im RPS-Diagramm (nach Schleip/Schleip)
Selbstverständlich ist bei innovativen Projekten die Dauer spezifischer Vorgänge nicht exakt prognostizierbar. Dementsprechend werden beim PERT (Program Evaluation and Preview Technique)-Vorgehen drei geschätzte Zeitangaben pro Vorgang bestimmt: a = OD = optimistische Dauer, b = PD = pessimistische Dauer und m = ND = normale Dauer. Der Einsatz von ausgefeilten mathematischen Methoden hilft jedoch in der Regel bei der Bewältigung von innovativen Problemen nur geringfügig weiter. Der Wert von Planungstechniken mit mehr Informationsgehalt als die robuste und bewährte Planung mithilfe von Balkendiagrammen liegt in der Auseinandersetzung mit den Vorgängen und deren Interdependenzen im Vorfeld der Umsetzung. Die betroffenen Projektteilnehmer entwickeln auf diese Weise ein Problembewusstsein, das sie in die Lage versetzt, flexibler zu reagieren. Der
750
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Erfolg einer Projektplanung besteht nicht darin, dass sie eingehalten wird, sondern darin, dass sie einem dazu verhilft, Fehlentwicklungen frühzeitig zu entdecken und zweckmäßig zu reagieren und den anvisierten Zielhof termingerecht zu erreichen. Dementsprechend hilft es, wenn in der Planung die Vorgänge mit Kosten attribuiert werden und so die Prozesse nicht nur in ihrer Handlungs-, sondern auch in ihrer Kostenabweichung verfolgt werden können (ebenda S. 70 f.; siehe Abb 11.48).
1 1
1 1 5.000.-
3
4
2
4 6 6 15.000.-
1 10 10 10.000.-
3 3 3 10.000.-
5
6 2
11 11 5.000.-
2 6 9 10.000.0
0
0
1.
5.000,2.
3.
15.000,4.
5.
6.
32.500,7.
8.
40.000,9.
10.
50.000,11.
12.
55.000,13.
60.000
Euro 50.000
4 Kosten
40.000 30.000
( 32.500 )
4
20.000 10.000
5
3
Abb. 11.48: Kostenkurve und Netzplantechnik (nach Schleip/Schleip)
Die Abgrenzung von Projekten ist schwierig. Auf monetärer Ebene muss zunächst festgestellt werden, ob sie als Aufwendungen innerhalb des Zeitraumes des Projektablaufes abgeschrieben wurden oder ob sie als Investitionen zu aktivieren sind. Weiterhin ist die personelle Zuordnung und häufig auch die Verantwortungszuweisung problematisch. Schließlich sind verschiedene Innovationsstrategien häufig interdependent, sodass ein Kriterium wie das Change Management selten finanziell kumuliert wird. Betrachtet man bspw. die Phasen der Produktinnovation, so stellt man auch hier fest, dass viele, wenn nicht alle Abteilungen des Unternehmens mehr oder weniger beteiligt sind. Man hat Einflüsse von Prozessen, Maschine, Umfeld, Mitarbeiter, Lieferant, Kunden und Material zu berücksichtigen. Es gilt nicht nur eine Prozessentwicklung mit der
Betriebsmittelplanung, Betriebsmittelerstellung und Betriebsmittelerprobung
11.2 Change Management
751
zu bewerkstelligen, sondern auch die Produktentwicklung mit der
Komponentenkonstruktion, Komponentenintegration und Vorserie
ist zu vollziehen. Erst mit der Nullserie und dem Produktionsanlauf kann eine abgesicherte Produktion im operativen Betrieb gewährleistet werden (vgl. Abele/Reinhart 2011, S. 183; siehe Abb. 11.49).
Einflüsse Umfeld
Mensch
z.B. Richtlinien, Gesetze
z.B. Qualifikation, Motivation
Maschine
Lieferanten
z.B. Verfügbarkeit, Prozesseignung
z.B. Zusammenarbeit und Auswahl
Prozess
Material
z.B. Fertigungstechnologie, Prozessplanung
z.B. Qualität, Verfügbarkeit
Produktionsanlaufphase
Prozessentwicklung Betriebsmittelplanung
Betriebsmittelerstellung
Prozesserprobung
Nullserie
Komponentenkonstruktion
Komponentenintegration
Vorserie
Entwicklungsphase
Produktionshochlauf
Abgesicherte Produktion
Produktentwicklung Produktionsphase
Abb. 11.49: Phasen des Produktentstehungsprozesses und Einflussfaktoren auf den Produktionsanlauf (nach Abele/Reinhart)
Hinzu kommen noch die in der Abbildung 11.49 nicht berücksichtigten Momente der Interdependenz der Produktentwicklung mit den Kundenbedürfnissen und der damit verbundenen Marktveränderung. Auch Marketing, Vertrieb und Service sind involviert. Eine monetäre Kalkulation der Ausgaben ist abgrenzungsbedingt häufig nicht eindeutig, noch problematischer wird die Zuordnung von Innovation und Ertrag. Mit dem Ende der Umsetzungsphase beginnt die operative Produktion. Das klingt einfach und verweist auf einen eindeutigen Zeitpunkt. In der Praxis kann jedoch dieser Übergang durchaus fließend verlaufen. Dennoch stellt sich irgendwann die operative Routine ein, und es beginnt die Phase der Evaluation. Blohm/Lüder (1991, S. 13 f.) schreiben dazu: „Bei der Festlegung des organisatorischen Rahmens ist auf die Sicherstellung einer Nachrechnung in angemessenem Abstand von der
752
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Investitionsentscheidung zu achten.“ Dabei hat sich die Tätigkeit des Organisierens an dem Idealmodell des Regelkreises zu orientieren.
L Verantwortliches Leitungsorgan
01 18
02 Führungsgröße
Organisator
C
B
05
ModellAnalyse
O
11
00 Führungsgrösse
10
A Anforderungskatalog mit Bewertung
15
Modellanalyse
16
12 I zu organisierender Investitionsbereich
17
Abb. 11.50: Organisation des Innovationsbereiches (nach Blohm/Lüder)
„Der Anforderungskatalog (A), der die anzustrebenden Eigenschaften des Investitionsbereiches enthält, wird zunächst im ‚Modell‘ (B) z. B. in Gedankenexperimenten getestet (01); nur Anforderungen, die in der Modellanalyse in Bezug auf die Gesamtzielsetzung (00) der Auslese standhalten (05), werden im Anforderungskatalog aufgenommen (02), der von dem Leitungsorgan in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Stellen aufgestellt wird. Der Anforderungskatalog ist Gegenstand des Lernprozesses im Leitungsorgan (L), das dazu Rückmeldungen auszuwerten hat (Fragestellung: Entsprechen die geforderten Eigenschaften der Führungsgröße? Entsprechen die geforderten Informationen dem Bedarf?). Die Rückmeldungen zum Forderungskatalog A kommen teils direkt aus dem betroffenen Bereich (17), insbeson-
11.2 Change Management
753
dere über Organisationsprüfungen, die von möglichst unabhängigen Stellen durchgeführt werden, teils kommen sie von der Stelle, die für die Organisation verantwortlich ist (18). Selbstverständlich enthält der Kommunikationskanal (17) auch Meldungen, die von dem zu organisierenden Bereich selbst kommen, dann aber auch direkt an (0) gehen sollten (16). Der Organisator, beziehungsweise die organisierende Stelle (0) versucht, durch entsprechende Gestaltung der Organisation und des Berichtswesens (also durch Festlegung was, wann, wie, von wem, an wen zu berichten ist), die Forderungen des Anforderungskataloges (10) zu realisieren (11, 12). Auch (0) schaltet der Realisierung möglicher Alternativen eine Modellanalyse vor (11, C, 15). Alternativen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Erfüllung der Kataloganforderungen (A, 10) erwarten lassen, werden realisiert (12). Über die tatsächliche Bewährung unterrichten Rückmeldungen über Kanal (16) (Fragestellung: Werden durch die organisatorischen Festlegungen die Anforderungen an den Katalog erfüllt?). Die Alternativen (01, 11) sind Ergebnisse kreativer Akte“ (ebenda S. 326; vgl. Abb. 11.50). Diese geordnete technische Darstellung suggeriert den Eindruck der sozialen Kontrolle und der Überprüfbarkeit von Investitionsprozessen. In der Praxis resultieren hier die größten Probleme. Das ergibt sich nicht nur aus der Vielzahl der angewendeten Verfahren und Modelle oder der unterschiedlichen beteiligten Disziplinen sowie der Multipersonalität bei der Prozessdurchführung selbst. All diese Faktoren verkomplizieren die Evaluation, aber das entscheidende Moment für die Schwierigkeiten der Überprüfung ist durch die Zeitkomponente und die im Betrieb verfolgten Handlungsstränge gegeben. Zwar werden Planungs- und Entscheidungsvorlagen hierarchisch in Subsysteme gegliedert und in Teilsystemen konsolidiert, dies gilt jedoch im Wesentlichen nur im Rahmen der ersten beiden Phasen, also bei der Planung und Umsetzung der Investition als betriebliche Innovation. Hier sind in Einzelphasen gebündelte Operationen durchzuführen, welche die operative Routine verändern. Sie müssen also gegen den täglichen Trott durchgesetzt werden und haben dabei einen schlechten Stand. Der „tägliche Trott“ bringt nämlich das Geld, und bei den Innovationen steht ihre Rechtfertigung noch aus. Wenn jedoch die Investition ein Element der betrieblichen Routine wird, dann wird sie durch die neuen darauf folgenden Innovationen modifiziert und verändert, ähnlich einem Aquarell, dem weitere Lasurschichten zugefügt werden. Kommt nun der eigentliche Zeitpunkt für eine Überprüfung, also für die Nachkalkulation nach dem Ablauf der in der Investitionsrechnung vorgesehenen Nutzungsdauer des Investitionsobjektes, so weist das ursprüngliche Innovationsmodell kaum noch einen Realitätsbezug auf. Anlagewerte sind umgebucht, Aufwandsströme sind umgelenkt und Ertragsströme umdefiniert – alles im Geiste der neuen, jetzt gültigen Veränderungsbedingungen, die eine Priorität genießen. Die Umsetzung von Innovationen ist langwierig und erfasst in der Regel eine Vielzahl von Personen in verschiedenen Abteilungen. Die normalen Betriebsprozesse werden in ihrem Ablauf gestört, und dementsprechend ist die Koordinierung in mittelständischen Unternehmen Chefsache, wie alle Investitionsvorhaben ab einer bestimmten Größenordnung. Die zweckmäßige Organisationsform ist das Projekt, und es bedarf eines Projekt-Controllings. Hier sollte jedoch das Change Management keine Sonderrolle einnehmen, sondern es ist ratsam, eine einheitliche Form im Unternehmen zu fixieren, nach der Projekte geplant, entschieden, umgesetzt und kontrolliert werden. Genauso wie die finanziellen Ressourcen sind auch die personellen Möglichkeiten beschränkt. Die Verantwortung lastet auf den Leistungsträgern, welche in der Regel eine kleine Gruppe bilden und zusätzlich den operativen Betrieb
754
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
schultern. Die Mitglieder dieses Führungskaders haben sich miteinander abzustimmen und teilweise gegenseitig zu vertreten. Das geht am besten mit einem standardisierten ProjektControlling, mithilfe dessen alle Investitionsvorhaben im Unternehmen umgesetzt werden, und das in der Lage ist, auch den Spezifika der IT-Projekte gerecht zu werden. In jedem Fall gilt es, eine innovative Information zu entwickeln, die zu einem späteren Zeitpunkt als Routineinformation verwendet werden soll. Es ist daher unumgänglich, den Entwicklungsprozess organisatorisch vom betrieblichen Alltag abzukoppeln. Es entsteht neben der Aufbau- und Ablaufstruktur, als Primärorganisation im Unternehmen eine zweite Handlungsebene. Es ist die sekundäre Struktur der Projektorganisation.
Kalkulationsstruktur
TE 1
TE 2
TE 3
TE 4
Ziel: Personalaufwand pro Teileinheit Weg 1 Ganzheitliches Vorgehen Schätzobjekte sind die Teileinheiten des Ganzen
Parametrische Verfahren oder Analogieschluss zu ähnlichen Objekten
Weg 2
Weg 3
Nach Meilensteinen detailliertes Vorgehen Schätzobjekte sind die einzelnen Arbeitsergebnisse tragender Meilensteine einer Teileinheit
Sehr tief gegliedertes Vorgehen Schätzobjekte sind die einzelnen Arbeitsvorgänge der Objektstruktur einer Teileinheit
Mengenschätzung pro Arbeitsergebnis und kennzahlenorientierte Aufwandermittlung
Empirische Schätzung oder mit Hilfe von Experten
Plausibilisierung verschiedener Schätzergebnisse - Freigabe eines Schätzwertes Abb. 11.51: Linien- und Projektorganisation (nach Riedl)
Der Innovationsprozess ist demnach einem rollenden Verfahren gleichzusetzen, bei dem die Unternehmensziele ständig zur Überprüfung der unternehmerischen Leistung im Markt, der Produkttechnologie und der Produktion zwingen. Es besteht aber daher die Notwendigkeit, Projekte ggf. quer zu den Abteilungen einer verrichtungsorientierten Primärorganisation temporär einzubetten. Riedl (1990, S. 84; siehe Abb. 11.51) verdeutlicht dieses Vorgehen an der Ermittlung des Personalaufwandes im Projekt-Controlling. Zunächst erlaubt der Wissensstand über das intendierte Produkt nur ein ganzheitliches Vorgehen, indem der Personalaufwand in Analogieschluss zu ähnlichen Projekten geschätzt wird. Mit der zunehmenden
11.2 Change Management
755
Konkretisierung des innovativen Produktes kann eine Mengenschätzung pro Arbeitsergebnis bzw. nach Arbeitsvorgängen erfolgen. Unternehmen können nur ein bestimmtes Maß an Innovation verkraften, sonst leidet der operative Betrieb, von dem man lebt. Auch Informations- und Kommunikationsprojekte, in denen Standardsysteme eingeführt oder verändert werden, binden die Aufmerksamkeit vieler Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Stahlknecht/Hasenkamp (2002, S. 462; siehe Tab. 11.2) verdeutlichen die organisatorische Komplexität anhand einer Verantwortungsmatrix der ITProjektentwicklung. Bei der Projektbegründung und der Analyse ist die Unternehmensleitung entscheidend beteiligt, die Fachabteilungen sind betroffen und determinieren ihren Bereich, die Durchführung erfolgt durch die Systementwicklung. Entwurf und Realisierung betreffen lediglich die Fachabteilungen; die Systementwicklung hingegen sowie die Einführung tangieren alle Projektbeteiligten. Unternehmens-
Fach-
System-
leitung
abteilung
entwicklung
B
B
Projektbegründung - Vorschlag - Auftrag
(E)
E B
V
(E)
B, E
V
B
V
Analyse - Istanalyse - Sollkonzept Entwurf Realisierung - Programmierung
V
- Test
B
V
B
V
B,E
V
Einführung - Systemfreigabe - Systemeinführung Tab. 11.2:
(B)
Verantwortungsmatrix der IT-Projektentwicklung (nach Stahlknecht/Hasenkamp)
Alle Projekte des Unternehmens werden von dem Lenkungsausschuss koordiniert, hingegen sollte jedes IT-Einzelprojekt einem Projektmanager oder Projektleiter unterstehen. Das braucht nicht unbedingt ein Systementwickler zu sein, sondern es kann auch der Abteilungsleiter die Führung übernehmen, dessen Abteilung maßgeblich durch das IT-System betroffen ist. Die Projektmitglieder werden auch andere Aufgaben haben und gegebenenfalls als Funktionsspezialisten in mehreren Projekten gleichzeitig tätig sein. Eine Planung des Mitarbeitereinsatzes ist genauso notwendig wie die Einbettung von unternehmensfremden Personen, welche in der Regel bei IT-Projekten eingebunden sind. Das gilt auch für Projekte, welche gänzlich fremdvergeben worden sind und auch einen unternehmensfremden Projektleiter haben. Es besteht immer eine Schnittstelle zu Unternehmensmitgliedern, welche vom IT-System betroffen sind. Die Interaktion zwischen den fremden und den eigenen Mitarbeitern darf als Leitungsfunktion nach außen nicht vergeben werden.
756
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Projektmanagement-Methoden unterstützen die Planung und Steuerung von Projekten (vgl. dazu Daum 2003, S. 349 ff.). Unternehmen haben hierbei ein zweifaches Problem. Zum einen müssen sie alle laufenden Projekte neben der operativen Arbeit koordinieren sowie planungsgerecht vorantreiben, und zum anderen haben sie den sehr unterschiedlichen Spezifika von Innovationen zu genügen. Ein Verfahren zum Projekt-Controlling reicht nicht aus. Es sind mindestens zwei Methoden gleichzeitig anzuwenden:
ein Verfahren zur Einzelprojektplanung aus dem spezifischen Feld und ein Verfahren zum unternehmenseinheitlichen Monitoring aller Projekte.
Die wesentlichen Schritte der Projektplanung sind
Identifikation der Teilaktivitäten, Erstellung eines Projektstrukturplans mit Aktivitätsdauer, Analyse von Abhängigkeiten, Festlegung von Meilensteinen und Darstellung des zeitlichen Verlaufs in Form eines Netzplanes oder eines Balkendiagramms.
Aus der Entwicklung ist man es gewohnt, in Personentagen bzw. Personenstunden zu rechnen. In der Tat stellen die Personalausgaben einen wesentlichen Anteil der Gesamtkosten eines Projektes. Für den Mittelstand sollte jedoch eine Abrechnung angestrebt werden, die mit den Mitteln des Rechnungswesens auch erfassbar ist. Das bedeutet, es muss ein Projektkonto unter den transitorischen Aktiva eingerichtet werden, unter dem die gesamten Projektausgaben zusammengefasst werden können. Nach Projektabschluss werden die Ausgaben entweder als Aufwand oder als Aktiva umgebucht. Damit kann der operative Betrieb beginnen. Um diesen Umbuchungsvorgang von Beginn an ordnungsgemäß zu planen, sollte das Projektkonto über Unterkonten verfügen. Je nach Bilanzierungsrichtlinien können auch Aufwendungen, z. B. Personalkosten, aktiviert werden, dann sollten sie jedoch bereits beim Vorkontieren auf ihre spätere Position zugewiesen werden. Für das unternehmenseinheitliche Projekt-Controlling ist es empfehlenswert, ein hierarchisiertes System zu entwickeln. Drei Stufen sind besonders übersichtlich. In der obersten Ebene werden die Projekte nach der Abteilungsorganisation zusammengefasst, bspw. Fertigung, Absatz, Verwaltung und IT bzw. Informationskommunikation. In der zweiten Stufe werden alle Projekte der Abteilung geführt, also im Falle der IT z. B. Backendsystem, DeskTop Support, Outsourcing, ERP-Release, CAD-Release, CRM-Modul, Website Vers. 3. Auf der dritten Ebene werden dann die Projektphasen aufgelistet, wie etwa beim CRM-Modul: Problemanalyse, Anforderungsdefinition, Systementwurf, Modulentwurf, Implementierung, Test und Einführung. Für jede Phase wird ein Verantwortlicher benannt, das Projektanfangs- und enddatum (damit ist die Dauer fixiert) und das reale Phasenende. Jede Woche wird der Fertigstellungsgrad vom Verantwortlichen gemeldet. Damit kann ein Soll/Ist-Vergleich gemacht werden und es lässt sich hochrechnen, wie sich der Erfüllungsgrad der IT-Abteilung bzw. des Gesamtunternehmens bei der Projektabwicklung verändert (vgl. Abb. 11.52).
11.2 Change Management
757
Abb. 11.52: Hierarchisches Projekt-Controlling
Die Einschätzung der Fertigstellung auf Phasenebene ist sehr wichtig. In vielen ProjektControllingsystemen wird der Erfüllungsgrad durch Division der geleisteten Ist-Personentage durch die Plantage oder durch Division der Ist-Kosten durch die Plankosten ermittelt. Durch diese Kennzahlen kann man zwar das Über- oder Unterschreiten der Planwerte ermitteln, wenn die Phase abgeschlossen ist, aber der reale Projektfortschritt wird nicht erfasst. Es ist jedoch empfehlenswert, solche Kennzahlen beim Projektabschlussbericht zu reportieren (vgl. hierzu Stahlknecht/Hasenkamp 2002, S. 466; siehe Abb. 11.53).
758
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
PROJEKTABSCHLUSSBERICHT (Stand 14.12.2012) Projekt: Pw4221 Reorganisation des Programmsystems Lohn Projektleiter: Kummer Prozent
Termin Soll Anfang Ende
Ist Anfang Ende
Entwurf
13.0.9.12 08.10.12
17.09.12 05.10.12
35
28
3
81%
Realisierung
15.10.12 09.11.12
15.10.12 15.11.12
45
48
0
107%
Einführung
19.11.12 10.12.12
26.11.12 14.12.12
10
5
4
55%
Gesamt
13.09.12 10.12.12
17.09.12 14.12.12
90
81
7
91%
Stufen
Soll PT
Ist PT/PS
Analyse
Soll:
Anfang = geplanter Beginntermin Ende = geplanter Endetermin
PT = Personentage PS = Personenstunden; 1 PT = 7,5 PS
Abb. 11.53: IT-Projektabschlussbericht (nach Stahlknecht/Hasenkamp)
Die projektorientierte Plandatengenerierung hat sowohl eine betriebswirtschaftliche als auch eine technische und eine kommunikative Planungskomponente. Selbstverständlich unterliegt jede betriebliche Planung einer wirtschaftlichen Evaluierung. Dennoch weist die projektorientierte Datengenerierung zusätzlich noch Sonderaspekte auf, die eine eigenständige Planungskomponente erfordern. Hierfür sprechen drei Gründe:
Zum einen werden Projekte in der Regel zu einem Zeitpunkt geplant, zu dem man noch nicht weiß, ob sie tatsächlich umgesetzt werden, zum anderen werden zumeist mehrere Projekte geplant, von denen nur eine Teilmenge umgesetzt wird, und schließlich laufen Projekte häufig über mehrere Perioden und werden erst in die Erfolgsrechnung übernommen, wenn sie abgeschlossen sind. In der technischen Planung ist es üblich, die Herstellung von Produkten zunächst unabhängig von der Durchführung in Arbeitsgänge zu strukturieren. Wiendahl (2010, S. 195 f.) untergliedert die Arbeitsplanerstellung in auftragsunabhängige und auftragsabhängige Arbeitsplandaten (vgl. auch Eversheim 1990, S. 118 ff.). Die Überführung des Informationssatzes, welcher unabhängig von der Durchführung erstellt wird, in den Informationssatz, der bei der Durchführung verwendet wird, ist ein integrativer Bestandteil der technischen Planung. In der wirtschaftlichen Planung stellt die Kostenevaluierung eines Projektes und die Integration in ein gesamtbetriebliches Sollwertesystem ein Problem dar, welches nur betriebsspezifisch
11.2 Change Management
759
gelöst werden kann. Die objektorientierte Planung erlaubt die Handhabung von Projekten einer standardisierten Form, sodass die gesamtbetriebliche Planung mit und ohne Projekt simuliert werden kann. Die Voraussetzung hierfür ergibt sich in einer projektspezifischen Abgrenzung innerhalb der hierarchisierten Planungsstruktur. Die Abgrenzungsstrategie bedingt, dass jedes Projekt, welches wirtschaftlich und technisch überprüft werden soll, zunächst mit seiner projektspezifischen Begrifflichkeit abgebildet und geplant wird. Alsdann sind die spezifischen Planwerte in einen Standard zu konsolidieren, welcher in das Planungssystem integriert werden kann. Das gesamtbetriebliche Planungssystem wird zunächst mit allen Planobjekten belastet, man tut so, als ob alle Planungen als Auftrag tatsächlich realisiert würden. Hiermit lässt sich an der Konsolidierung des Gesamtsystems überprüfen, welche betrieblichen Kapazitäten überschritten werden. Für die Freigabe der Jahres- oder Monatsplanung wird jedoch eine Auswahl der Projekte getroffen, deren Realisierung als wahrscheinlich angesehen werden kann, bzw. der Projektmenge, die in ihrer Summe ein realistisches Bild der Auslastung, der Gesamtaufwendungen und -erträge sowie der damit korrespondierenden Finanzflüsse aufweist. Die Formulierungen von projektspezifischen Begriffsrepertoires und der entsprechenden Mengen- und/oder Wertattribuierungen ist für die Kontrolle der Projektdurchführungen unabdingbar. Dies ergibt sich aus den Verrechnungsmethoden der betrieblichen Buchhaltung, die sich auf die Abbildung der Projekte mit den Instrumenten der objektorientierten Planung auswirken. Projekte werden in die Erfolgsrechnung erst in ihrer Aufwands- und Erlösstruktur ausgewiesen, wenn sie abgeschlossen sind. Solange ein Projekt real durchgeführt wird, werden die betrieblichen Ausgaben aktiviert. Sind während des Durchführungszeitraumes Vorauszahlungen vorgesehen, so werden diese in der Rubrik „transitorische Passiva“ ausgewiesen. Es ergibt sich daher eine gute Kontrollmöglichkeit der Bilanzentwicklung einschließlich der Finanzflüsse, jedoch eine schlechte Kontrolle von Einzelaktivitäten, da die registrierten Kontobewegungen äußerst undifferenziert und bezogen auf das Projekt summarisch sind. Insbesondere kann erst bei Projektabschluss unmittelbar gesehen werden, ob das Vorhaben einen Erfolg aufweist, also dann, wenn auf die Projektentwicklung kein Einfluss mehr genommen werden kann. Die Bedeutung der begrifflichen Differenzierung der technischen, kommunikativen und wirtschaftlichen Handlungen nach den projektspezifischen Anforderungen besteht ebenfalls, da die Finanzbewegungen nur die Fortschritte der Handlung indizieren, aber keine Aussagen erlauben, ob eine negative Differenz zwischen einem Soll- und einem Istwert nun darauf zurückzuführen ist, dass das Projekt schneller voranschreitet als geplant oder aber, ob die aufgeführten Positionen nicht einfach teurer geworden sind.
760
11.3
11 Strategisches Kommunikationscontrolling
Schrifttum
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12
Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Die staatlichen Hochschulen befinden sich seit Mitte der 1990er-Jahre in einem tiefgreifenden Wandel. Wurden die Hochschulen in der Vergangenheit rein kameral mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 HGrG, § 7 BHO) finanziert, änderte sich die Sichtweise hin zu einer globaleren Finanzierung. Bei der kameralen Buchführung werden die vom Land bereitgestellten finanziellen Mittel einzelnen Haushaltstiteln der Hochschule fest zugeordnet. Ihr Rechnungsstil stellt sich als zahlungsorientierte Einnahmen- und Ausgabenrechnung dar und dient als Nachweis für die Einhaltung des Haushaltsrechts, des Haushaltsplans und der Haushaltsliquidität. Ergänzt wird die Einnahmen- und Ausgabenrechnung durch eine kamerale Vermögensrechnung, um die nach Artikel 114 Grundgesetz Abs. 1 geforderte Rechnungslegung über Vermögen und Schulden umzusetzen. Die Vermögensrechnung stellt allerdings nicht unbedingt bewertetes Vermögen dar (vgl. BMF 2009, S. 4). Die kamerale Haushaltsführung erfüllt in erster Linie externe Ansprüche des Landes, des Bundes, der Öffentlichkeit und von Verbänden. Sie wird daher dem externen Rechnungswesen zugeordnet. Nutzen die externen Anspruchsgruppen die Haushaltsrechnung vorwiegend als Kontrollinstrument, wird sie in Hochschulen auch zur Planung künftiger Einnahmen und Ausgaben eingesetzt (vgl. Kirchhoff-Kestel 2006, S. 16). Die Einnahmenund Ausgabenrechnung weist allerdings eine Vielzahl von Schwächen auf, die letztlich einem wirtschaftlichen und sparsamen Handeln entgegenwirken (vgl. Harms 2009, S. 5 f.):
Da u. a. keine Bewertungen des Sachvermögens stattfinden oder zahlungsunwirksame Vermögensveränderungen (z. B. Abschreibungen) unberücksichtigt bleiben, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten nicht gebildet werden, wird das Vermögen nicht vollständig erfasst und abgebildet. Eine bewertete Betrachtung des Ressourcenverbrauchs findet nicht statt. Somit kann das Land als „Shareholder“ der Hochschulen nicht beurteilen, ob der Grundsatz der Substanzerhaltung eingehalten wird. Ebenso wenig kann beurteilt werden, ob der Ressourcenverbrauch durch die Erträge derselben Periode gedeckt ist. Durch diese Sichtweise sollen künftige Generationen nicht überbelastet werden (Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit). Durch die fehlende Kosten- und Leistungserfassung kann keine Wirtschaftlichkeit im Sinne des ökonomischen Prinzips nachgewiesen werden. Die strengen inputorientierten Vorgaben der Kameralistik zu Haushaltstiteln gliedern die Ressourcen nicht nach Arten und Verursachern bzw. Leistungserbringern. Der Grundsatz der Sparsamkeit verlangt, dass Mittel (Ressourcen) nur angewandt werden dürfen, sofern sie für die Aufgabenerfüllung notwendig sind (vgl. Ott 2011, S. 11). Dies kann durch die Haushaltstitel nicht umfassend geleistet werden, da im Haushaltsplan keine Produktorientierung verfolgt wird.
764
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Kostenbewusstsein, ökonomische Entscheidungen und eine motivierende Verhaltenssteuerung werden durch die Kameralistik konsequenterweise nicht gefördert.
Infolgedessen und angesichts angespannter öffentlicher Haushaltsmittel wurden 1995 zunächst an drei niedersächsischen Hochschulen Globalhaushalte eingeführt, die eine weitgehende Finanzautonomie zulassen. Durch die Maßnahmen versprach man sich eine höhere Selbstständigkeit und eine größere Effizienz in der Leistungserstellung bei unveränderten Mitteln. Im Modellversuch sollten folgende Ansprüche erprobt werden (Sievers 1997, S. 2):
„Eine gewisse Autonomie der Hochschulen durch Globalisierung des Haushalts in Form von nur noch vier Titeln, mit weitgehender Deckungsmöglichkeit untereinander. Einführung der kaufmännischen Buchführung mit Bilanzierungspflicht, Führung der Hochschule als Landesbetrieb nach § 26 der niedersächsischen Haushaltsordnung. Übertragung von gewissen Aufgaben des MWK [Ministerium für Wissenschaft und Kultur] an die Modellhochschulen. Straffung der Leitungsfunktionen. Evaluierung von Lehre, Forschung und Verwaltung.“
Folgende Vorstellungen hat das niedersächsische MWK mit dem Modellvorhaben verbunden (Sievers 1997, S. 4):
„[I]nnerhalb der Hochschulen eine Stärkung der Selbständigkeit und Verantwortung, Anreize zu geben für einen wirtschaftlichen und erfolgsorientierten Einsatz der Mittel in Lehre, Forschung und Weiterbildung, Transparenz und Vereinfachung in der Mittel- und Stellenbewirtschaftung zu schaffen, Die Entwicklung eines zeitgemäßen Betriebssteuerungsinstruments sowie eines dem Bedarf der Hochschulen angepassten Controllings, Die Schaffung eines Evaluierungssystems zur Prüfung des Erreichens quantitativer und qualitativer Ziele.“
Mit der finanziellen Autonomie ergeben sich für Hochschulen Freiräume bezüglich der Ausgabengestaltung, da globale Haushaltszuweisungen keine tiefen und trennscharfen Titelzuweisungen vornehmen. Vielmehr steht eine stärkere Produkt- und Leistungsorientierung (sogenannter Output-Steuerungsansatz) im Fokus, wofür der staatliche Hochschulträger bereit ist, finanzielle Ressourcen bereitzustellen. Der Staat nimmt die Rolle des Prinzipals an, der gewissermaßen Leistungen der Hochschule „einkauft“. Er überlässt den Hochschulen als Agenten die alleinige Verantwortung für die Leistungserstellung. Basierend auf Informationsasymmetrien über Vorstellungen der Hochschulleistungen entstehen Spannungsverhältnisse zwischen den Beteiligten. Als Lösung des Problems werden gemeinsam Zielvereinbarungen über das Ausmaß zu erbringender Leistungen ausgehandelt und vertraglich fixiert. Dafür stellt der Staat Finanzmittel bereit. Zielvereinbarungen folgen dabei dem Führungsansatz des Managements by Objectives und können auch hochschulintern getroffen werden (vgl. Ziegele 2006; Liefner 2001; siehe Abb. 12.1). In Deutschland hat sich der outputorientierte Steuerungsansatz weitgehend durchgesetzt. Insbesondere die Instrumente Globalhaushalt, Zielvereinbarungen, aber auch die doppelte Buchführung mit einer Kosten- und
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
765
Leistungsrechnung und eine leistungsorientierte Mittelvergabe, die einen Teil des Globalhaushalts unter den Hochschulen wettbewerblich verteilt, sind weitgehend etabliert (vgl. König/Anger/Hoffmann 2010; Burkhardt/Quaißer 2005; Philipps 2005, S. 13 f.). Staat
Ziele und Rahmenbedingungen; insbesondere Bereitstellung von Ressourcen
Leistungen
Hochschulen: Aufnahme von staatlichen Zielen und Rahmenbedingungen sowie Entwicklung eigener Zielvorstellungen Hochschule 1
Hochschule 2
Hochschule 3
Hochschule n
Fakultäten: Aufnahme von Hochschulzielen und Rahmenbedingungen sowie Entwicklung eigener Zielvorstellungen Fakultät 1
Fakultät 2
Fakultät 3
Fakultät n
Forscher/Lehrende: Entscheidungen gemäß Zielvorgaben und Rahmenbedingungen sowie eigener Wertschätzungen Abb. 12.1:
Prinzipal-Agenten-Konstellationen im Hochschulwesen (nach Liefner)
Die veränderten Rahmenbedingungen veranlassen staatliche Hochschulen, verstärkt strategisch zu denken und zu handeln (vgl. Scheytt 2007, S. 15). Damit erlangen die Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungsfunktion zentrale Bedeutung für ein koordiniertes Handeln in Hochschulen. Die Kosten- und Leistungsrechnung kommt diesen Funktionen grundsätzlich nach, jedoch ohne unmittelbar koordinierend zu wirken (vgl. Küpper 2008, S. 43). Allerdings ergeben sich mit den neuen Steuerungsinstrumenten Defizite (vgl. Kirchhoff-Kestel 2009, S.70; Witte 2001):
766
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Die Steuerungsziele sind auf die Zwecke einer staatlichen Steuerung hin ausgerichtet. Selbst die Kosten- und Leistungsrechnung, als ursprünglich internes Steuerungsinstrument, unterliegt mitunter externen Einflüssen. Hochschulen geben ihre Leistungen in Forschung und Lehre unentgeltlich ab. Kritisch ist dabei, dass Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung ausschließlich mit Preisen bewertete Kosten und Erlöse, also einseitig monetäre Informationen abbilden (vgl. Schweitzer/Küpper 1995, S. 22). Die fehlende Marktperspektive der Hochschulen hat zur Folge, dass reine Kostenrechnungssysteme angewendet werden, die den Endpunkt der Leistungserstellung monetär messen. Zur ausgewogenen und qualitätsorientierten Steuerung von Forschung und Lehre ist ein Mess- und Bewertungsinstrument erforderlich, dass sowohl Kosten als auch nonmonetäre Leistungen erfasst und abbildet. Entscheidungsrelevante Informationen können kaum aus den Instrumenten abgebildet werden, weil ein hoher Anteil Personalaufwand langfristig gebunden und somit kaum zu beeinflussen ist.
Angesichts des Paradigmenwechsels stellen Dworski/Gramm/Gottlieb/Junga (2006, S. 32 f.) fest, dass zur internen Hochschulsteuerung künftig das Führen mit Zielen, die Kosten- und Leistungsrechnung sowie Leistungsvergleiche (Benchmarking) intensiv genutzt werden sollen. Obwohl demnach Steuerungsaspekte in Hochschulen steigen, stehen Instrumente zur Entscheidungsunterstützung noch nicht im Vordergrund. Dies hat zur Folge, dass insbesondere strategische Themen unter den hochschulischen Entscheidungsträgern nicht effektiv und effizient diskutiert werden. Witte (2001, S. 92 f.) fordert in diesem Zusammenhang, dass sich das Hochschulcontrolling verstärkt mit Berichts- und Kennzahlensystemen auseinandersetzen sollte, um damit die Wettbewerbsposition zu beschreiben und ein Benchmarking zu ermöglichen. Dahinter steht die Annahme, dass Hochschulen allein durch monetäre Größen nicht auf allen Ebenen und Handlungsfeldern zu steuern sind. Schließlich erbringen Hochschulen eine Vielzahl an Dienstleistungen im direkten oder indirekten Dialog mit ihren Anspruchsgruppen, wie etwa Projektpartnern, Kollegen, Studierenden, Vertretern aus der Wirtschaft oder aus der Fachgemeinschaft. In den folgenden beiden Abschnitten wird dargestellt, wie hochschulische Dienstleistungen in Hochschulen geplant und kontrolliert werden können. Die Ausführungen beziehen sich dabei zwar ausschließlich auf landesbetrieblich geführte Hochschulen in Niedersachsen – immerhin nutzt der größte Teil der niedersächsischen Hochschulen diese Rechtsform – doch lassen sich Varianten der Rahmenbedingungen in nahezu allen Bundesländern wiederfinden. Eine Analyse aller Bundesländer erscheint nicht zweckmäßig für die Konstruktion eines referenzbasierten Planungs- und Kontrollsystems. Zu unterschiedlich sind von politischer Seite her die Steuerungsinstrumente inhaltlich ausgestaltet worden, sodass sich kein generisches Controlling an deutschen Hochschulen etablieren lässt. Das Hochschulcontrolling ist primär an das Rechnungswesen gekoppelt. Deshalb wird ausführlich das Rechnungswesen behandelt, obwohl es zunächst einmal keine internen kommunikativen Interaktionen erwarten lässt. Wohl aber dient es als Exkurs, um zu demonstrieren, wie eine Controllingstruktur zur internen Kommunikation darauf aufgesetzt wird. Dementsprechend wird der gesamte Prozess durchlaufen, um sich die Rahmenbedingungen zu ver-
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
767
gegenwärtigen. Daneben existieren zahlreiche nonmonetäre Rahmenbedingungen, wie etwa Meldungen an das Statistische Bundesamt oder das Qualitätsmanagement mit seinen Evaluationsformen auf die ebenfalls kurz eingegangen wird (siehe hierzu ausführlich Täschner 2012). Erst danach wird in Abschnitt 12.2 das Referenzmodell beschrieben. Es ist als Berichtssystem zur Planung und Kontrolle ausgelegt. Die darin enthaltenen Begriffe sind aus dem Umsystem kommissioniert worden – also aus den hochschulischen Rahmenbedingungen – und bilden das Planungssystem aus, anhand dessen Anspruchsgruppen im Dialog iterativ ihre Wertvorstellungen quantifizieren. Insofern stellt das Berichtssystem die mediale Ausprägung eines hochgradig kommunikativen Controllingprozesses der Anspruchsgruppen dar. Zur Spezifikation des konstruierten Berichtssystems in einzelnen Hochschulen sowie zur technischen Umsetzung ist ein umfassendes Change Management zu betreiben, da mit der Einführung vielfältige Veränderungen im Aufbau und Ablauf der Organisation verbunden sind (vgl. Kapitel 11.2 sowie Kapitel 6; siehe Abb. 6.9). Zum einen sind natürlich die technischen Voraussetzungen zu schaffen und umzusetzen. Vor allem aber ist die Bereitschaft der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu mobilisieren und eine Akzeptanz für die anstehenden Veränderungen im Sinne einer kontinuierlichen Hochschulentwicklung zu schaffen.
12.1
Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
Die monetären Rahmenbedingungen für ein Controlling in Hochschulen stellen sich in Niedersachsen wie eine integrierte Verbundrechnung dar (siehe hierzu Budäus/Hilgers 2010, S. 511; vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.2). ZIELVEREINBARUNGEN I II III IV V VI VII VIII
LEISTUNGSORIENTIERTE MITTELVERGABE
Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte Studienangebot und Studienstruktur Vernetzung Akademische Karrieren Lehrerbildung Qualitätsentwicklung neue Zielgruppen Hochschulbau
10% leistungsorientiert
I II III
Lehre Forschung Gleichstellung
HOCHSCHULHAUSHALT Einnahmen - Ausgaben = Zuschuss
GuV
KAPITALFLUSSRECHNUNG d +/+/-/+ +/+/-/+ = + = + = = + =
BILANZ
d =
Hochschulerträge und Erlöse Hochschulaufwendungen Hochschul-(Betriebs-)Ergebnis Finanzerträge Finanzaufwendungen = Finanzergebnis = Ergebnis d. gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Steuern = Jahresüberschuss/-fehlbetrag +/- Vorträge, Rücklagen, Nettopositionen = Bilanzgewinn/-verlust
Aktiva
Passiva
Anlagevermögen Immateriell Sachanlagen Umlaufvermögen Vorräte Forderungen aus L. u. L Kasse, Guthaben Rechnungsabgrenzung
Eigenkapital Nettopositionen Gewinnrücklagen Bilanzgewinn/-verlust Sonderposten Investitionen Sondernposten Studienbeiträge Rückstellungen Verbindlichkeiten Rechungsabgrenzung
Aufwendungen, Erträge und Erlöse
KOSTEN UND ERLÖSRECHNUNG KOSTENARTENRECHNUNG
KOSTENSTELLENRECHNUNG Gemeinkosten
Zuschüsse Personalkosten Materialkosten (kalkulatorische Kosten) Einzelkosten
Erfassung
Abb. 12.2:
KOSTENTRÄGERRECHNUNG indirekt
Vorkostenstellen
Hauptkostenstellen
direkt
PRODUKTKATALOG
Studiengang
I
Studiengang
Forschungsprojekt
II
Forschungsprojekt
Weiterbildung
III Weiterbildung
Dienstleistung
IV Dienstleistung
Verrechnung
Integrierte Hochschulverbundrechnung (nach Täschner)
Jahresüberschuss/-fehlbetrag Abschreibungen/Zuschreibungen Anlagevermögen Zunahmen/Abnahmen Rückstellungen und andere Passiva Zunahmen/Abnahmen Vorräte und andere Aktiva sonstige zahlungswirksame Aufwendungen/Erträge Veränderung Sonderposten Investitionszuschüsse/Studienbeiträge Gewinn/Verlust Abgänge Anlagevermögen Cashflow/Geschäftstätigkeit Einzahlungen aus Abgängen Anlagevermögen Auszahlungen Investitionen in Anlagevermögen Cashflow Investitionstätigkeit Einzahlungen aus Kreditaufnahmen Auszahlungen aus Kredittilgungen Cashflow Finanzierungstätigkeit Zahlungswirksame Veränderungen Finanzmittelfonds Finanzmittelfonds am Anfang der Periode kurzfristige Verbindlichkeiten ggü. Kreditinstituten Finanzmittelfonds am Ende der Periode
768
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Ausgehend von Zielvereinbarungen zwischen den Hochschulen und dem Ministerium für Wirtschaft und Kultur über zu erbringende Leistungen werden die finanziellen Ressourcen dafür im Hochschulhaushalt veranschlagt. Von diesem Haushaltsbetrag werden 10 % wettbewerblich im Rahmen einer leistungsorientierten Mittelvergabe unter den Hochschulen verteilt. Die Einnahmen des Landes stellen in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) der Hochschulen Aufwendungen dar. Umgekehrt stellen die Hochschulerträge und -erlöse Ausgaben des Landes dar. Natürlich werden auch Drittmitteleinnahmen als Hochschulerträge verbucht. Die Aufwendungen und Erträge werden im Rahmen der Kosten- und Erlösrechnung erfasst und über Vor- und Hauptkostenstellen auf hochschulische Kostenträger verrechnet, um die Selbstkosten und den monetären Erfolg zu bemessen. Der Jahresüberschuss/fehlbetrag der GuV bildet zugleich die Basis der Kapitalflussrechnung, die am Ende den Finanzmittelbestand der Hochschule bemisst und zugleich dem Kassenbestand bzw. dem Bankguthaben der Bilanz entspricht. Die Bilanz erfasst das Anlage- und Umlaufvermögen auf der Aktivseite und das Eigenkapital, welches sich wie bei erwerbswirtschaftlichen Unternehmen durch den Bilanzgewinn oder -verlust ändert, die Sonderposten, die Rückstellungen sowie die Verbindlichkeiten auf der Passivseite. Transitorische Abgrenzungen sind auf Aktivund Passivseite vorzufinden. Die nächsten drei Abschnitte beschreiben die hier genannten Instrumente im Einzelnen. Im Anschluss daran werden nonmonetäre Instrumente des Qualitätsmanagements sowie interne Führungsprozesse beschrieben, die die Konstruktion einer Controllingstruktur ebenfalls beeinflussen.
12.1.1
Haushalts- und Wirtschaftsführung
Praktiziert das Land ein Haushaltsaufstellungsverfahren mit dem Ziel, einen Haushaltsplan für das oder die kommenden Jahre aufzustellen, müssen die Einnahmen und Ausgaben separat neben Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt werden. So wird in Niedersachsen bspw. zu jedem Haushaltsplanjahr – in der Regel ein Geschäftsjahr – für die als Landesbetriebe geführten Hochschulen ein Wirtschaftsplan aufgestellt, der jeweils eine Zielvereinbarung, einen Erfolgsplan und einen Finanzplan umfasst (vgl. § 49 NHG; Niedersächsisches (N)MWK § 8 Abs. 1 Betriebsanweisung). Obwohl Hochschulen grundsätzlich keine erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben und marktfähige Produkte oder Dienstleistungen anbieten, können sie als Landesbetriebe geführt werden, da ausschließlich der Staat Forschungs- und Lehrtätigkeiten wahrnimmt und anbietet. Bei deren Erbringung stehen die Hochschulen im Wettbewerb zueinander (vgl. VV Nr. 1.1.1 zu § 26 LHO). Die Hochschulen stehen zwar nach wie vor in staatlicher Verantwortung, deren Finanzierung sich seit den Reformen allerdings an erbrachten Leistungen orientiert (vgl. § 1 NHG). Dabei üben sie weiterhin das Recht auf Selbstverwaltung aus (vgl. § 15 NHG). Eine spezifische Betriebsanweisung regelt für die landesbetrieblichen Hochschulen die allgemeine Betriebsführung, Grundsätze zur Aufgabenerledigung, Wirtschaftsführung, Rechnungslegung und Prüfung sowie ergänzende Regelungen (vgl. NMWK 2003). Darin ist u. a. geregelt, dass das Vermögen den Hochschulen nur zur Nutzung übertragen worden ist und dafür die Hochschulen ein Nutzungsentgelt entrichten. Neben den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind auch die kaufmännischen Grundsätze relevant. Landesbetrieblich geführte Hochschulen betreiben zudem eine Finanzbuchhaltung nach der doppelten Buchführung und eine Kosten- und Leistungsrechnung. Sinngemäß gelten die Vor-
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
769
schriften aus dem dritten Buch des HGBs, und geprüft wird der Jahresabschluss wie bei großen Kapitalgesellschaften durch Abschlussprüfer (vgl. § 49 Abs. 1 NHG). Dafür ist ein einheitlicher Kontenrahmen unter Beachtung einer Bilanzierungsrichtlinie verbindlich anzuwenden. Für die Etablierung einer Kosten- und Leistungsrechnung ist ein Aufgabenheft vom NMWK herausgegeben worden. Hochschule n ergibt
… Hochschule 1 ZIELVEREINBARUNG 1. Profilierung der Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte 2. Weiterentwicklung des Studienangebots und der Studienstruktur 3. Vernetzung der niedersächsischen Hochschulen 4. Förderung akademischer Karrieren 5. Stärkung der Lehrbildung 6. Qualitätsentwicklung 7. Öffnung für neue Zielgruppen 8. Hochschulbau
Abb. 12.3:
Struktur niedersächsischer Zielvereinbarungen (nach Täschner)
Die Zielvereinbarung weist für alle Hochschulen eine feste Struktur auf (vgl. NMWK 2009; Täschner 2012; siehe Abb. 12.3) und stellt die zu erbringenden Leistungen nach außen dar. Zugleich ist sie Basis für den Erfolgs- und Finanzplan. Ausgehend von den politischen Zielen zur Hochschulentwicklung präzisieren die Hochschulen eigenständig ihre Zielvorstellungen und Erwartungen. Darin müssen Ziele folgender Kategorien gebildet werden:
Profilierung der Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte, Weiterentwicklung des Studienangebots und der Studienstruktur, Vernetzung der niedersächsischen Hochschulen, Förderung akademischer Karrieren, Stärkung der Lehrerbildung, Qualitätsentwicklung, Öffnung für neue Zielgruppen und Hochschulbau.
Nach der Entwurfsphase und ausgehandelten Änderungen erlangt jede Zielvereinbarung nach Unterzeichnung für den vereinbarten Zeitrahmen ihre Gültigkeit. Ergänzt wird die Zielvereinbarung um jährliche Studienangebotszielvereinbarungen, worin die Einrichtung, Ände-
770
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
rung und Schließung von Studiengängen sowie Sondermittel zur Bewältigung ansteigender Studierendenzahlen und Aufnahmekapazitäten bestehender Studiengänge ausgehandelt werden. Hochschule n ergibt … Hochschule 1 [Jahr]
HAUSHALTSPLAN Titel
Zw eckbestimmung
Ansatz Planjahr
Ansatz Jahr
+ = mehr - = w eniger
Ist Vorjahr
1000 EUR
1000 EUR
1000 EUR
1000 EUR
Einnahmen 111 10-2 Ablieferungen des Landesbetriebs für Studiengebühren Langzeitstudierender 111 15-3 Ablieferungen des Landesbetriebs für Verw altungskostenbeiträge Studierender 119 41-3 Rückzahlungen von Überzahlungen
Ausgaben 682 01-0 Zuführungen für laufende Zw ecke des Landesbetriebs 682 03-7 Zuführungen an den Landesbetrieb für die Unterhaltung der Grundstücke, der technischen und baulichen Anlagen 682 39-8 Zuführungen an den Landesbetrieb für die Beschäftigung von Ersatzkräften für Landesbedienstete im Mutterschutz 891 01-9 Zuführungen für Investitionen des Landesbetriebs Abschluss 1 Verw altungseinnahmen, Einnahmen aus Schuldienst und dergleichen Sum m e der Einnahm en 6 Ausgaben für Zuw endungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen 8 Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen Sum m e der Verpflichtungserm . / Ausgaben Zuschuss
Abb. 12.4: Haushaltsplan in Niedersachsen (nach Täschner)
Statt der detaillierten Feinsteuerung durch eine feste Mittelzuweisung auf einzelne Titel erhalten die Hochschulen auf Basis der Zielvereinbarungen Haushaltsmittel auf nur noch vier Titelgruppen (global) zugewiesen, mit denen sie weitgehend zweckfrei wirtschaften können (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.4). Diese betreffen:
Zuführungen für laufende Zwecke des Landesbetriebs, Zuführungen an den Landesbetrieb für die Unterhaltung der Grundstücke, der technischen und baulichen Anlagen,
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
771
Zuführungen an den Landesbetrieb für die Beschäftigung von Ersatzkräften für Landesbedienstete im Mutterschutz und Zuführungen für Investitionen des Landesbetriebs.
Den Zuführungen stehen Ablieferungen an das Land Niedersachsen gegenüber. Sie umfassen Studiengebühren für Langzeitstudierende nach § 13 NHG und Verwaltungskostenbeiträge des Landes für die Studierenden nach § 12 NHG. Aus Sicht des Landes stellen Ablieferungen der Hochschulen Einnahmen dar und die Zuführungen zu Hochschulen sind Ausgaben des Landes. Aus der Summe der Ausgaben und der Summe der Einnahmen ergibt sich der Zuschuss für jede Hochschule. Die Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt aus den Erträgen und Aufwendungen den Jahresüberschuss/-fehlbetrag für das abgelaufene Geschäftsjahr. Erweitert um Plandaten für die Haushaltsplanjahre ergibt sich der Erfolgsplan (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.5). Im Wesentlichen setzen sich die Erträge einer Hochschule aus den Zuführungen des Landes, Studienbeiträgen sowie öffentlichen und privaten Drittmitteln zusammen. Die Aufwendungen stellen überwiegend die Ausgaben der Hochschule dar. Bis auf wenige Ertrags- und Aufwandsposten gestaltet sich die Gewinn- und Verlustrechnung der niedersächsischen Hochschulen als Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Die Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Aufwendungen ergeben sich aus den ersten drei Zuführungstiteln des Haushaltsplans sowie Sondermitteln, wie z. B. Sonderprogramme des Landes für die Aufnahme zusätzlicher Studierender („Hochschulpakt 2020“) oder Mittel zur Graduiertenförderung. Zu den anderen Zuschussgebern zählen insbesondere öffentliche Drittmittel, also „solche Mittel, die zur Förderung von Forschung und Entwicklung sowie des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Lehre zusätzlich zum regulären Hochschulhaushalt (Grundausstattung) von öffentlichen [...] Stellen eingeworben werden“ (Statistisches Bundesamt 2011a, S. 8). Private Drittmittel werden als Umsatzerlöse klassifiziert. Dabei wird unterschieden nach Aufträgen Dritter („Auftragsforschung“), Aufträgen Weiterbildung sowie übrigen Entgelten. Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen zur Finanzierung von Investitionen ergeben sich aus dem vierten Zuführungstitel des Landes sowie Sondermitteln für Investitionsvorhaben (z. B. Bauförderprogramme) und von anderen Zuschussgebern (z. B. Mittel aus Private-Public-Partnership-Vorhaben). Als weitere Ertragsquellen ergeben sich Erträge aus Studiengebühren und Langzeitstudiengebühren sowie ggf. Bestandsveränderungen, anderen aktivierten Eigenleistungen und sonstigen betrieblichen Erträgen (z. B. Stipendien, Spenden, Sponsoring, und andere sonstige betriebliche Erträge wie etwa Gebühren, Inanspruchnahme von Personal und Geräten im Rahmen von Nebentätigkeiten, Verkaufserlöse von Waren etc.). Abgesehen von den Haushaltszuführungen aus den zuvor genannten vier Titeln, die weitgehend zweckungebunden sind, sind die Zuführungen aus anderen Mitteln des Landes, Studiengebühren, Drittmittel etc. in der Regel zweckgebunden zur Projektdurchführung, für zusätzliches Personal, für Studierende, zum Hochschulbau oder auch zur Anlagenbeschaffung.
772
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Hochschule n ergibt … Hochschule 1 [Jahr]
GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG Kontengruppe
1.
Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Aufwendungen a) des Landes Niedersachsen aus Mitteln des Fachkapitels aa) laufendes Jahr ab) Vorjahre b) des Landes Niedersachsen aus Sondermitteln c) von anderen Zuschussgebern
501 … … … 502 503
Zwischensumme 1: 2.
Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen zur Finanzierung von Investitionen a) des Landes Niedersachsen aus Mitteln des Fachkapitels b) des Landes Niedersachsen aus Sondermitteln c) von anderen Zuschussgebern
504 507 509
Zwischensumme 2: 3. Erträge aus Studienbeiträgen und Langzeitstudiengebühren a) Erträge aus Studienbeiträgen b) Erträge aus Langzeitstudiengebühren Zwischensumme 3: 4.
Umsatzerlöse a) Erträge für Aufträge Dritter b) Erträge für Weiterbildung c) Übrige Entgelte
510 - 512 513, 5402 *
Zwischesumme 4: 5. 6. 7.
Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an unfertigen Leistungen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge a) Erträge aus Stipendien b) Erträge aus Spenden und Sponsoring c) Andere sonstige betriebliche Erträge (davon Erträge aus der Auflösung des Sonderpostens für Investitionszuschüsse) (davon Erträge aus der Auflösung des Sonderpostens für Studienbeiträge)
52 53 * 542 540, 514 - 518 541, 543 - 545 548
Zwischensumme 7: 8.
Materialaufwand/Aufwendungen für bezogene Leistungen a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und andere Materialien b) Aufwendungen für bezogene Leistungen
60 61
Zwischensumme 8: 9.
Personalaufwand a) Entgelte, Dienstbezüge und Vergütungen b)
Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung (davon: für Altersversorgung)
62, 63 (ohne 638) 64
Zwischensumme 9: 10. Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen 11. Sonstige betriebliche Aufwendungen a) Bewirtschaftung der Gebäude und Anlagen b) Energie, Wasser, Abwasser und Entsorgung c) Sonstige Personalaufwendungen und Lehraufträge d) Inanspruchnahme von Rechten und Diensten e) f) g)
Geschäftsbedarf und Kommunikation Betreuung von Studierenden Andere sonstige Aufwendungen (davon: Aufwand aus der Einstellung in den Sonderposten für Investitionszuschüsse) (davon: Aufwand aus der Einstellung in den Sonderposten für Studienbeiträge)
65
674,676 679 66, 638 67 (ohne 674, 676, 679) 68 694 69 (ohne 694), 76 Teile aus 697 Teile aus 697
Zwischensumme 11: 12. 13. 14. 15.
Erträge aus Beteiligungen Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge Abschreibungen auf Beteiligungen Zinsen und ähnliche Aufwendungen
55 57 74 75
16. Ergebnis der gewöhnliche Geschäftstätigkeit 17. Außerordentliche Aufwendungen = Außerordentliches Ergebnis 18. Steuern vom Einkommen und Ertrag 19. Sonstige Steuern 20. Jahresüberschuss/-fehlbetrag 21. 22. 23. 24.
Gewinn-/Verlustvortrag Entnahmen aus Gewinnrücklagen Einstellungen in Gewinnrücklagen Veränderung der Nettoposition
25. Bilanzgewinn/-verlust * hochschulseitige Kosten
Abb. 12.5: Erfolgsplan (nach Täschner)
77 70,78
Planjahr +1 EUR
Planjahr EUR
Jahr EUR
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
773
Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen und sonstige betriebliche Aufwendungen stellen Zwischensummen der Aufwandsposten der Hochschul-Gewinn- und Verlustrechnung dar. Der Materialaufwand wird nach Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und anderen Materialien sowie bezogenen Leistungen unterschieden. Der Personalaufwand unterscheidet hinsichtlich Entgelten, Dienstbezügen und Vergütungen sowie sozialer Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung. Bei den sonstigen betrieblichen Aufwendungen wird nach deutlich mehr Aufwandsarten unterschieden. So werden unter dieser Aufwandskategorie Bewirtschaftungskosten für die Gebäude oder auch Lehraufträge verbucht. Werden neben den Ertrags- und Aufwandskonten noch das Finanzergebnis, bestehend aus Beteiligungserträgen (z. B. von An-Instituten oder Ausgründungen, an denen die Hochschulen noch beteiligt sind), sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, Abschreibungen aus Beteiligungen sowie Zinsen und ähnliche Aufwendungen berücksichtigt, ergibt sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Davon werden noch Einkommens- und Ertragssteuern sowie sonstige Steuern abgezogen. Erst dadurch berechnet sich der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag der Hochschule. Anschließend erfolgt die Überleitung zum Bilanzgewinn oder -verlust. Ausgehend vom Jahresüberschuss oder -fehlbetrag werden dabei der Gewinn- oder Verlustvortrag, Entnahmen und Einstellungen in die Gewinnrücklagen und die Veränderung der Nettoposition verrechnet. Die Gewinn- und Verlustrechnung stellt sich als ein nach den Gesamtkostenverfahren operierendes Konstrukt dar, das den monetären Erfolg einer Hochschule misst. Dabei wurden Begrifflichkeiten der Unternehmens-Gewinn- und Verlustrechnung vielfach übernommen. Gleichzeitig sind hochschulbezogene Begriffe integriert und eine Verknüpfung zur Haushaltsplanung vollzogen worden. Eine Besonderheit gegenüber der unternehmensbezogenen Gewinn- und Verlustrechnung stellt die Behandlung außerordentlicher Erträge und Aufwendungen dar. Sie fallen nach § 277 Abs. HGB bei ungewöhnlichen Ereignissen wie z. B. Katastrophen an. Nach § 37 Abs. 1 LHO bedürfen allerdings außerplanmäßige Ausgaben der Einwilligung des Finanzministeriums und dürfen nicht erteilt werden, wenn die Ausgabe bis zur nächsten Haushaltsplanung oder Nachtragshaushaltsplanung zurückgestellt werden kann. Des Weiteren sind außerplanmäßige Erträge nicht vorgesehen, da Hochschulen keine Erträge erwirtschaften, die nicht ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit zuzuordnen wären. Die außerordentlichen Aufwendungen entsprechen daher dem außerordentlichen Ergebnis. Wenngleich die Gewinn- und Verlustrechnung überwiegend pagatorisch ausgerichet ist, soll sie den Wertezufluss und -verzehr einer Hochschule darstellen und bildet damit die Grundlage der Wirtschaftlichkeitskontrolle und Erfolgsermittlung. Durch einen Soll-Ist-Vergleich der realisierten Werte mit den Plandaten lassen sich Aussagen zur Wirtschaftlichkeit ableiten. Der Jahresüberschuss/-fehlbetrag weist den Periodenerfolg aus. Die Zwischensummen sollen eine Beurteilung der Erfolgslage und deren Quellen erlauben. Zugleich bildet der Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag den Bezugspunkt zur Kapitalflussrechnung und zum Bilanzgewinn bzw. -verlust. Zur Ermittlung von Planungsaufwendungen und -erträgen sind allerdings Verfahren der Kosten- und Leistungsrechnung erforderlich, weil diese durch ihre interne Ausrichtung mit Kostenstellen stärker an den Ansprüchen der internen Organisationseinheiten ansetzt und deren Bedarfe monetär erfasst.
774
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Zur Beurteilung ihrer Finanztätigkeiten erstellen die niedersächsischen Hochschulen eine vereinfachte Kapitalflussrechnung (vgl. Täschner 2012; siehe Abb 12.6), die durch die Integration von Plandaten zum Finanzplan wird. Derivativ wird aus dem Periodenergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung der Finanzmittelfonds zum Ende der Periode ermittelt, welcher den Kassenbestand und das Guthaben bei Kreditinstituten abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in der Bilanz darstellt. Die Kapitalflussrechnung ist ein zahlungsmittelorientiertes Instrument, das sowohl Bezüge zur Gewinn- und Verlustrechnung als auch zur Bilanz aufweist und zahlungsunwirksame Posten korrigiert. Alternativ lässt sich die Kapitalflussrechnung direkt aus den Konten der Finanzbuchhaltung ermitteln. Zur Ermittlung des Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit werden vom Periodenergebnis Abschreibungen hinzuaddiert bzw. Zuschreibungen abgezogen. Zusätzlich werden Zunahmen bzw. Abnahmen zu Rückstellungen, Verbindlichkeiten sowie anderen Passiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind, korrigiert. Mit umgekehrten Vorzeichen wird analog bei den Posten der Aktiva verfahren. Gewinne oder Verluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens werden herausgerechnet, ebenso wie alle sonstigen zahlungsunwirksamen Aufwendungen und Erträge und bilanziellen Veränderungen der Sonderposten für Investitionszuschüsse und Studienbeiträge (Pos. 1 bis 7).
ergibt
Hochschule n … Hochschule 1 [Jahr]
KAPITALFLUSSRECHNUNG
Jahr TEUR
1. 2. 3. 4.
Periodenergebnis Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens Zunahme/Abnahme der Rückstellungen Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge Veränderungen des Sonderpostens Investitionszuschüsse Veränderungen des Sonderpostens Studienbeiträge Gewinn/Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens Zunahme/Abnahme der Vorräte, der Forderungen, sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind
+/+/+/-
5. 6.
+/+/-
7.
+/-
8.
=
Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (Summe aus 1. bis 7.)
9. 10. 11. 12. 13. 14.
+ + -
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition
15. =
Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 9. bis 14.)
16. + 17. -
Einzahlungen aus der Aufnahme von Krediten (einschl. Finanzierung Anteile) Auszahlungen aus der Tilgung von Krediten
18. =
Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 16. und 17.)
19. = 20. +
Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe der Zeilen 8., 15. und 18.) Finanzmittelfonds am Anfang der Periode
21. =
Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 19. und 20.)
Der Finanzmittelfluss setzt sich wie folgt zusammen: Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten abzüglich kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
Abb. 12.6:
Kapitalflussrechnung niedersächsischer Hochschulen (nach Täschner)
Vorjahr TEUR
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
775
Addiert man die Einzahlungen aus den Abgängen von Gegenständen des Anlagevermögens hinzu und rechnet Auszahlungen für Investitionen in das Anlagevermögen heraus, so ergibt sich der Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe der Pos. 9 bis 14). Der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit berechnet sich aus den Einzahlungen aus der Aufnahme von Krediten und den Auszahlungen für Kredittilgungen. Die Summen der Cashflows entsprechen den zahlungswirksamen Veränderungen des Finanzmittelfonds der Periode. Wird der Finanzmittelfonds vom Anfang der Periode addiert, ergibt sich der Fonds am Ende der Periode. Die Bilanz, als drittes Instrument der externen Rechnungslegung, bilanziert Vermögen und Kapital der Hochschulen (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.7). Sie ist eine Vermögensrechnung, die Aktiv- und Passivposten nach Prüfung auf Ansatzfähigkeit ausweist und bewertet. Die Struktur der Bilanz gliedert sich in Anlehnung an § 266 HGB, worin das Vermögen nach dem Grad der Liquidität aufgelistet wird. In ihr werden auf der Aktivseite zunächst die Kategorien Anlagevermögen, Umlaufvermögen und Rechnungsabgrenzungsposten gebildet. Innerhalb des Anlagevermögens wird zwischen immateriellen Vermögensgegenständen und Sachanlagen differenziert. Die immateriellen Vermögensgegenstände bilanzieren entgeltlich erworbene Nutzungsrechte (Software) und geleistete Anzahlungen. Die Sachanlagen bestehen aus den Klassen Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten, technische Anlagen und Maschinen, andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, mit der auch Bibliotheksbestände bilanziert werden, und geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. Das Umlaufvermögen setzt sich aus den Komponenten Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände und dem Kassenbestand mit Guthaben bei Kreditinstituten zusammen. Die beiden zuletzt genannten Konten bilden zugleich den Finanzmittelfonds vor Abzug kurzfristiger Verbindlichkeiten in der Kapitalflussrechnung. Die Vorräte werden nach Hilfsund Betriebsstoffen sowie nach unfertigen Leistungen und Waren ausgewiesen. Unter den unfertigen Leistungen sind insbesondere Auftragsforschungsprojekte zu verstehen, die zum Bilanzstichtag noch nicht abgeschlossen sind. Von den Projekten werden Personal- und Sachaufwendungen sowie Gemeinkosten aktiviert. Forderungen werden unterschieden nach Forderungen aus Lieferungen und Leistungen für noch ausstehende Zahlungen aus Auftragsforschungsprojekten, Forderungen gegen das Land Niedersachsen, die der Periodenabgrenzung nicht abgeschlossener Projekte dienen, und Forderungen gegen andere Zuschussgeber aus Zuschüssen Dritter. Forderungen bilden zusammen mit sonstigen Vermögensgegenständen die zweite Vermögenskategorie im Umlaufvermögen. Vom Kassenbestand bzw. Guthaben bei Kreditinstituten wird das Verwahrkonto bei der Landeshauptkasse separat ausgewiesen. Unter den Rechnungsabgrenzungsposten fallen transitorische Buchungen, mit denen im Voraus gezahlte Aufwendungen zur periodengerechten Erfolgsermittlung abgegrenzt und aktiviert werden (z. B. Wartungs- und Lizenzgebühren, wissenschaftliche Bücher, Zeitschriftenabonnements etc.).
ergibt
Abb. 12.7:
Bilanzstruktur niedersächsischer Hochschulen (nach Täschner)
Forderungen gegen andere Zuschussgeber Sonstige Vermögensgegenstände
3. 4.
EUR
[Jahr]
Rechnungsabgrenzungsposten Bilanzsumme
Erhaltene Anzahlungen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten gegenüber dem Land Niedersachsen Verbindlichkeiten gegenüber anderen Zuschussgebern Sonstige Verbindlichkeiten davon aus Steuern
F.
1. 2. 3. 4. 5.
Verbindlichkeiten
Rückstellungen sonstige Rückstellungen
Sonderposten für Studienbeiträge
Sonderposten für Investitionszuschüsse
Bilanzverlust (i. Vj. Bilanzgewinn)
Bilanzsumme
Kassenbestand bei Kreditinstituten davon auf Verwahrkonto der Niedersächsichen Landeshauptkasse
Forderungen gegen das Land Niedersachsen
2.
Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen E.
D.
Unfertige Leistungen und Waren
2.
B.
III.
Rücklage gem. §11 NHG
Gewinnrücklagen 1. Rücklage gem. §49 Abs. 1 Nr. 2 NHG 2. Sonderrücklage nichtwirtschaftlicher Bereich 3. Sonderrücklage wirtschaftlicher Bereich
II.
4.
Nettoposition
I.
A. Eigenkapital
C.
EUR
EUR
PASSIVA
Vorräte 1. Hilfs- und Betriebsstoffe
[Vorjahr]
[Jahr]
31.12.
C. Rechnungsabgrenzungsposten
III.
II.
I.
B. Umlaufvermögen
Technische Anlagen und Maschinen
Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung Geleistete Anzahlungen und Analgen im Bau
3. 4.
Sachanlagen 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten
II.
2.
Immaterielle Vermögensgegenstände 1. Entgeltlich erworbene Nutzungsrechte (Software) 2. Geleistete Anzahlungen
I.
A. Anlagevermögen
AKTIVA
BILANZ
Hochschule n … Hochschule 1
EUR
[Vorjahr]
31.12.
[Jahr]
776 12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
777
Während für den Ansatz von Vermögensgegenständen im Vergleich zur Unternehmensbilanz wenig Begrifflichkeiten auf die Belange von Hochschulen angepasst wurden, sind auf der Passivseite deutlich mehr Begriffe eingeführt worden. Auf der Passivseite wird das Kapital, bestehend aus Eigenkapital und Fremdkapital, ausgewiesen. Das Eigenkapital enthält eine Nettoposition, die sich aus dem Bilanzgewinn/-verlust des letzten Geschäftsjahres und dem Residualwert aus der Verrechnung von Vermögen und Schulden bzw. Rücklagen berechnet. Die Nettoposition kann demnach positiv oder negativ ausfallen. Der Residualwert beinhaltet einen „Aktivwert als Gegenposten zu den Rückstellungen für Urlaubsrückstände, Gleitzeitüberhänge und Jubiläumszuwendungen“ (NMWK/KPMG/PwC 2004, S. 63) und ggf. für Altersteilzeitverpflichtungen. Entsprechend sind Veränderungen dieser Rückstellungen mit der Nettoposition zu verrechnen. Gewinnrücklagen, die den Hochschulen zur Verwendung zustehen, gliedern sich in Rücklagen gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 NHG, welche aus nicht verbrauchten Zuführungen entstanden sind und innerhalb eines begrenzten Zeitraums von fünf Jahren zur Aufgabenerfüllung zusätzlich zur Verfügung stehen, und Sonderrücklagen, getrennt nach wirtschaftlichem und nicht wirtschaftlichem Bereich. Die Gewinnrücklage gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 NHG wird auch dann in Anspruch genommen, wenn Mittelaufwendungen höher ausfielen als Zuführungen, und wird im Falle eines vollständigen Verbrauchs im Folgejahr als Verlustvortrag ausgewiesen. Entnahmen und Einstellungen in Sonderrücklagen entstehen durch die Abrechnung abgeschlossener Drittmittelprojekte. Einstellungen aus ertragreichen Drittmittelprojekten gleichen defizitäre Projekte aus. Zu den Einstellungen werden zudem Gemeinkosten zur Deckung von Verwaltungstätigkeiten verbucht. Während im nicht wirtschaftlichen Bereich Sonderrücklagen aus Drittmittelausgaberesten als Zuschüsse Dritter (Antragsforschung) abgebildet werden, sind unter dem wirtschaftlichen Bereich alle Gewinne aus der Auftragsforschung (Aufträge Dritter) und anderen Mitteln Dritter, wie z. B. Weiterbildung, Spenden, Tagungen etc. subsumiert. Projekte, die dem wirtschaftlichen Bereich bzw. den Umsatzerlösen in der GuV zuzuordnen sind, unterliegen außerdem der Mehrwertsteuer, obwohl die Hochschulen gerade nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. Das Eigenkapitalkonto schließt mit dem Übertrag des Bilanzgewinns/-verlusts aus der erfolgsund periodenorientierten Gewinn- und Verlustrechnung. Sonderposten sind sowohl dem Eigenkapital als auch dem Fremdkapital zuzuordnen. Sonderposten an niedersächsischen Hochschulen weisen rechtlich unselbstständige Landesvermögenswerte aus, die aufgrund eines Gesetzes entstanden und zu einer zweckgebundenen Aufgabenerfüllung bestimmt sind (vgl. VV Nr. 2 zu § 26 LHO). In der Praxis werden unter den Sonderposten Investitionszuschüsse und Studienbeiträge verbucht. Investitionszuschüsse werden vom Land Niedersachsen für die Erneuerung des Anlagevermögens gewährt und gelangen zunächst über den Haushaltsplan in die Gewinn- und Verlustrechnung. Unter dem Posten „Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen zur Finanzierung von Investitionen“ werden sie erfolgswirksam verbucht. Die Investitionszuschüsse werden dann zum Bilanzstichtag erfolgsneutral passiviert, indem der Betrag im Sonderposten gegen ein Aufwandskonto gebucht wird (siehe Pos. 11g). Der Bilanzwert des Anlagevermögens stimmt folglich mit dem des Sonderpostens für Investitionszuschüsse überein. Buchungstechnisch wird bei Studienbeiträgen analog verfahren. Allerdings entspricht der Sonderposten keinem Aktivaposten, da gemäß § 11 NHG die Mittel zweckgebunden der Verbesserung von Studium und Lehre dienen und Aufwandskonten, wie z. B. Lehr- und Lernmaterial oder zusätzliches Personal be-
778
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
treffen. In einigen Fällen sind die Aufwendungen aktivierbar; bspw. bei der Verbesserung der IT-Infrastruktur oder baulichen Maßnahmen. Die in ihrer Höhe ungewissen Verbindlichkeiten werden als Rückstellungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung angesetzt. Neben den bereits genannten Positionen, die mit der Nettoposition verrechnet werden, zählen dazu insbesondere ausstehende Rechnungen, Bauunterhaltung, Jahresabschlusskonten, Prozesskosten, Reisekosten, Höhergruppierungen und Berufungszusagen. Die Verbindlichkeiten setzen sich zunächst aus erhaltenen Anzahlungen zusammen, welche sich ergeben, wenn Vorauszahlungen zu Auftragsforschungen seitens der Geldgeber getätigt wurden. Sie werden zum Bilanzstichtag erfolgsneutral passiviert und nach Abschluss des Projekts erfolgswirksam aufgelöst. Daneben entstehen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber dem Land sowie gegenüber anderen Zuschussgebern. Sonstige Verbindlichkeiten betreffen u. a. die Periodenabgrenzung und damit die periodengerechte Erfolgsermittlung. Hiernach werden Aufwendungen passiviert, wie z. B. noch zu zahlende Lehraufträge eines vollständigen Semesters, die erst im Folgejahr zu Ausgaben führen. Passive Rechnungsabgrenzungsposten entstehen durch vereinnahmte Erträge, die erst dem Folgejahr zuzuordnen sind. Auch sie werden aus Gründen einer periodengerechten Erfolgsermittlung passiviert. Dies können z. B. Einnahmen aus Tagungen oder Weiterbildungskursen sein, die erst im nächsten Geschäftsjahr durchgeführt werden. Im Rahmen der Haushalts- und Wirtschaftsführung legen die Hochschulen Rechenschaft hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Lage ab. Neben der Haushaltsplanung ist ein Rechnungswesen nach kaufmännischen Grundsätzen zu betreiben. Sofern auf Landesebene die doppelte Buchhaltung angewandt wird (siehe hierzu Budäus/Hilgers 2010, S. 512), ergibt sich die Notwendigkeit der Konsolidierung auf Landesebene, um ein realitätsnahes Bild der finanziellen Gesamtlage zu erhalten. Die Hochschulen befinden sich dann – ähnlich einer Konzernstruktur – in einem Tochter-Mutter-Verhältnis mit dem Land Niedersachsen. Findet keine Konsolidierung statt, besteht die Gefahr, bewusst oder unbewusst Intransparenz über die Gesamtsituation zu schaffen. Budäus/Hilgers (2010, S. 514) schreiben hierzu: „Es werden teilweise verselbständigte öffentliche Einheiten ganz bewusst als Schattenhaushalte geschaffen oder genutzt, um die Vermögens- und die Finanzlage der Gebietskörperschaft zu verschleiern.“ Bislang findet keine Konsolidierung der Hochschulen statt, da auf Landesebene noch eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung angewendet wird. Rein theoretisch betrachtet, sind jedoch mit hier erwähnten Instrumenten allerdings die Voraussetzungen für eine Konsolidierung geschaffen worden, wie dies in den Abbildungen auch angedeutet wurde. Für die Konstruktion eines Controllings ist festzuhalten, dass auf Landesebene pagatorisch der Haushalt für die Hochschulen geplant, umgesetzt und kontrolliert wird. Mit der doppelten Buchführung wird ein Rechnungslegungssystem betrieben, dass als Rechnungszweck mit der Bilanz in erster Linie den externen Anspruchsgruppen das Vermögen der Hochschulen kommuniziert. Die Hochschulen sind als Landesbetriebe verpflichtet, eine derartige Vermögensrechnung aufzustellen und prüfen zu lassen. Das Kapital wird stark durch den Sonderposten für Investitionszuschüsse des Landes gestützt, der jährlich das Anlagevermögen re-
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
779
präsentiert. Die Wertansätze der Bilanz sind in der internen Steuerung in dieser Form auch unter dem Blickwinkel bilanzpolitischer Bewertungen ungeeignet. Die hochschulische Erfolgsrechnung weist nicht den Erfolg im erwerbswirtschaftlichen Sinne aus. Stattdessen werden in Abhängigkeit des Investitionsvolumens vorwiegend die vereinnahmten und verausgabten Finanzmittel nach Kontenarten ausgewiesen. Die Erträge stellen dabei überwiegend die Zuweisungen und Zuschüsse des Landes dar, und die Aufwendungen sind weitgehend als Ausgaben zu titulieren. So ist nicht nur der Haushaltsplan, sondern auch die Erfolgsrechnung stark pagatorisch ausgerichtet.
12.1.2
Kosten- und Erlösrechnung
Im Gegensatz zum externen Rechnungswesen ist das interne Rechnungswesen, die Kostenund Erlösrechnung, ein endogenes Instrument zur Planung, Kontrolle und Steuerung. Für diese Zwecke werden monetäre Wertsätze gewählt, die den tatsächlichen Werteverzehr abbilden sollen und nicht den gesetzlichen Vorgaben unterliegen. Die Kosten sind dadurch nicht ausschließlich zahlungsorientiert (pagatorisch), sondern werden wertmäßig aufgefasst. Dies drückt sich bspw. durch den Ansatz von Abschreibungen aus. Zudem werden kalkulatorische Kosten (z. B. für Abschreibungen, Miete, Personalkosten) gebildet, die im Vergleich zu den Aufwendungen der Gewinn- und Verlustrechnung anders oder zusätzlich angesetzt werden (siehe hierzu bspw. Macha 2010, S. 23). Aufgrund ihrer internen Ausrichtung kann die Kosten- und Erlösrechnung daher keine externen Rechenschaftsfunktionen wahrnehmen (vgl. Witte 2001, S. 82). Mit Einführung einer Kosten- und Erlösrechnung verfolgten die Hochschulen verschiedene Rechnungszwecke. Der Entscheidungsunterstützung, der Wirtschaftlichkeitskontrolle und der Verhaltenssteuerung wurde dabei die höchste Bedeutung beigemessen (vgl. KirchhoffKestel 2006, S. 276 ff.). Unter Wirtschaftlichkeitskontrolle werden Zeitvergleiche und Soll-/Ist-Vergleiche ausgewählter Kostenarten, Betriebsvergleiche mit anderen Hochschulen, Kostenkontrollen einzelner Verantwortungsbereiche, zentraler Einrichtungen und von Verwaltungseinheiten sowie die Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen verstanden. Eine Entscheidungsunterstützung wird benötigt für die Streichung, Ergänzung oder den Neuaufbau von Studiengängen, die Selbstherstellung oder den Fremdbezug und für die Mittelverteilung nach Kosten- und/oder Erlöskriterien. Die Verhaltenssteuerung zielt auf das wirtschaftliche Handeln der Mitarbeiter einer Hochschule ab. Es wird deutlich, dass alle Rechnungszwecke rein monetär ausgerichtet sind. Mittlerweile ergibt sich die Anwendung der Kosten- und Erlösrechnung nicht nur aus dem § 49 NHG, sondern auch aus EU-rechtlichen Anforderungen. In Artikel 87 Abs. 1 EG-Vertrag, jetzt Art. 107 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, heißt es, dass „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar [sind], soweit sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen“. Die staatliche Finanzierung von Hochschulen gilt als Beihilfe. Von der Anwendung des Beihilferechts sind die nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgenommen. Dies erfordert eine Trennung der Kosten, um nachweisen zu können, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten wie Auftragsforschungen oder Dienstleistungen
780
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
subventionsfrei erbracht wurden und mit den wettbewerblichen Angeboten vereinbar sind (siehe hierzu bspw. Europäische Kommission 2006, Rupp 2008; Syring/Andersen 2010, S. 91 ff.; Andersen 2010, S. 1233 ff.; Kussauer/Mittag 2011, S. 371 ff.). Sowohl Hummel/Männel (2004, S. 83 ff.) als auch Schweitzer/Küpper (1995) unterscheiden zwischen Leistungs- und Erlösrechnung. Die Hochschulen als öffentliche Einrichtungen „‚produzieren‘ im gesamtwirtschaftlichen Interesse ‚öffentliche‘ Güter, für die ihnen vielfach nur ein die Kosten nicht deckender und sehr geringer oder sogar – wie etwa bei einem Angebot zum Nulltarif – überhaupt kein Entgelt zufließt. Daher schlägt sich der Wert der Leistungserstellung für die Betriebe dieser Art allenfalls teilweise in den für die dargebotenen öffentlichen Güter erzielten Einnahmen nieder. Zur Dokumentation der Erfüllung des Sachziels ist für sie daher das Aufzeichnen von Art und Umfang des Outputs ebenso wichtig, wie das Registrieren der vereinnahmten leistungswirtschaftlichen Entgelte zum Belegen die Erfüllung des Formalziels“ (Hummel/Männel 2004, S. 85). Die erbrachten Leistungen stellen die nicht monetäre Ergebnisdimension einer Hochschule dar. Mit der Begriffsunterscheidung lassen sich der „in Geldeinheiten ausgedrückte Wertzuwachs als Erlös“ und „[d]ie mengenmäßige Ausbringung einer Periode […] als Leistung definieren“ (Hummel/Männel 2004, S. 86). Wird davon ausgegangen, dass die angebotenen Dienstleistungen in Hochschulen sofort „verzehrt“ werden, kann der pagatorische Erlösbegriff den Kosten für die Leistungserstellung gegenübergestellt werden und das wirtschaftliche Handeln bewertet werden (vgl. hierzu Hummel/Männel 2004, S. 87). Damit verhält sich der pagatorische Erlösbegriff äquivalent zu den entstandenen Kosten (siehe hierzu auch Schweitzer/Küpper 1995, S. 29 ff.). Eine Bewertung der Leistungen nach Preisen findet in Hochschulen nicht statt. Die Kostenrechnung misst den Werteverzehr einer Periode und erfasst dabei alle Kosten, die im Leistungserstellungsprozess entstehen. Überlicherweise sind Kosten daher als betriebsbedingte Aufwendungen definiert und unterscheiden sich im Ansatz kalkulatorischer Kosten einerseits und neutraler Aufwendungen andererseits (vgl. hierzu Macha 2010, S. 23). Die niedersächsische Kosten- und Erlösrechnung in Hochschulen übernimmt allerdings auch den neutralen Aufwand aus der Finanzbuchhaltung. Begründet wird dies mit der Deckung des neutralen Aufwands durch den ebenfalls übernommenen Landeszuschuss als Erlöse und mit der Generierung einheitlicher Kosten- und Erlöskennzahlen zum Zwecke des staatlichen Monitorings und zur Beurteilung der Hochschulentwicklung (vgl. Dölle/Rupp/Niermann 2010, S. 19). Folglich umfassen die Kosten alle Aufwendungen der Finanzbuchhaltung und ggf. ergänzende bzw. bereinigende kalkulatorische Kosten. Die Kosten- und Erlösrechnung orientiert sich insofern am wertmäßigen Kostenbegriff. Die Kosten- und Erlösrechnung ist dreigeteilt. In der Kostenartenrechnung werden die Kosten nach Kostenarten und die Erlöse nach Erlösarten angesetzt. Die Kostenartenrechnung geht der Frage nach, welche Kosten entstanden sind. Dabei gliedert sie die Kosten systematisch nach Herkunft, Beschäftigung und Verrechnung. Bei der Unterscheidung nach Herkunft gliedern sich die Kosten nach Primär- und Sekundärkosten (vgl. hierzu Macha 2010, S. 38). Primärkosten stellen diejenigen Kostenarten dar, die durch den Verbrauch außerhochschulischer Leistungen entstehen. Dies sind in der Regel
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
781
Personalkostenarten (z. B. Vergütungen, Beamtenbezüge) und Sachkostenarten (z. B. Aufwendungen für Lehre und Forschung, Büro- und Geschäftsbedarf oder Werkverträge, Fremdund Dienstleistungen). Sie werden in der Regel auf dem Markt eingekauft und direkt aus der Finanzbuchhaltung übernommen. Kosten, die durch innerhochschulische Leistungsverrechnung entstehen, werden als Sekundärkosten bezeichnet. Neben den Primär- und Sekundärkosten können Kosten auch hinsichtlich ihres Verhaltens bei Beschäftigungsschwankungen unterschieden werden. Dabei unterscheidet man zwischen variablen und fixen Kostenarten. Fixe Kosten fallen kontinuierlich unabhängig von der Kapazitätsausnutzung oder der Ausbringungsmenge in gleicher Höhe an (z. B. lineare Abschreibungen). Variable Kosten verhalten sich proportional, progressiv, degressiv oder regressiv zur Ausbringungsmenge. Für die Kostenrechnung an Hochschulen ist die Kategorisierung von Kostenarten nach ihrer Beschäftigung nicht steuerungsrelevant, da Beschäftigungsschwankungen gering sind. Im Lehrbereich sind variable Kosten z. B. Kosten für studentische Hilfskräfte, Lehraufträge oder Sach- und Materialkosten. Im Forschungsbereich fallen z. B. Reisekosten oder Personalkosten aus Drittmitteln an (siehe hierzu KirchhoffKestel 2006, S. 160). Anders verhält es sich bei den sogenannten Bereitschafts- und Leistungskosten. Sie betrachten eher mittel- und langfristig Kapazitäten und die Betriebsbereitschaft in Bezug auf Aufbau- und Abbaufähigkeit (ebenda S. 159 ff.). Des Weiteren können Kosten nach der Art ihrer Verrechnung in direkte und indirekte Kosten unterschieden werden. Direkte Kosten, auch Einzelkosten genannt, werden einem Bezugsobjekt verursachungsgerecht zugeordnet. Bei der Kostenerfassung ist für die Auswertungszwecke insofern die Angabe des Bezugsobjekts mit anzugeben. Das kann bspw. ein Studiengang, ein Forschungsprojekt, ein Prozess oder eine sonstige Dienstleistung sein. Ist ein Mitarbeiter für ein drittmittelgefördertes Forschungsprojekt eingestellt worden, so sind seine Personalkosten diesem Projekt direkt als Einzelkosten zuordenbar. Diejenigen Kosten, die nicht einem Bezugsobjekt zugeordnet werden können, bezeichnet man als Gemeinkosten. Diese müssen durch Verrechnungsschlüssel in der Kostenstellenrechnung auf die Bezugsobjekte umgelegt werden. Einzelkosten in Hochschulen fallen nahezu ausschließlich bei drittmittelgeförderten Personalkosten und Lehraufträgen an. Der überwiegende Teil der Gesamtkosten muss über Kostenstellen auf die Kostenträger verrechnet werden. Üblicherweise werden die Kostenarten für Auswertungen im Berichtssystem hierarchisch kategorisiert. Die Abbildung 12.8 verdeutlicht eine Systematik nach Verbrauchsarten (vgl. Schubert 2008, S. 237 ff.; Täschner 2012). Natürlich variieren die darin genannten Kontenkategorien je nach Hochschule und Bundesland und hängen von den Informationsbedürfnissen und staatlichen Vorgaben ab. Aus der Finanzbuchhaltung werden monatlich die Aufwendungen sowie die Erträge und Erlöse übernommen. Sie setzen sich aus den Zuwendungen (50), Entgelten (51), Bestandsveränderungen (52), Eigenleistungen (53], Erlösen (54), Zinserträgen (57) und Spenden (58) zusammen. Die Kosten andererseits umfassen die Personalkosten der Kundengruppen Lohn (62), Vergütungen und Bezüge (63), die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung mit den sozialen Abgaben (64) und den sonstigen Personalaufwendungen (66). Die Sachkosten werden aus den Verbrauchsmaterialien (60), Abschreibungen (65), Mieten und Reinigungsaufwendungen (67), Aufwand für Formulare, Dienste und Reisekosten (68) und den Versicherungen, Gebühren und Beiträgen (69) gebildet. Zusammen mit den Personalkosten bilden sie die Aufwendungen der GuV ab. In der Kontengruppe (7) werden Steuern und Zinsen erfasst. Als Einzelkosten ausgewiesene interne Verrechnungen für Projekte und interne Dienstleistungen werden in der Kontengruppe (9) erfasst.
782
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Konten(unter)gruppe 5 50 51 52 53 54 57 58 6 62 63 64 66 60 61 65 67 68 69 7 70 75 9 91 95 Abb. 12.8:
Bezeichnung Erträge Zuwendungen Entgelte Bestandsveränderungen Eigenleistungen Erlöse Zinserträge Spenden Aufwendungen Lohn Vergütungen und Bezüge AG-Anteile zur Sozialversicherung, soziale Abgaben Sonstiger Personalaufwand Verbrauchsmaterialien Sonstige Aufwendungen Abschreibungen Miete und Reinigungsaufwand Aufwand Formulare, Dienste und Reisekosten Versicherungen, Gebühren und Beiträge Steuern und Zinsen Steuern Zinsen Interne Verrechnungen Projektabrechnung Interne Dienstleistungen
Gliederung der Kostenarten zur Primärkostenerfassung (nach Täschner)
Die Primärkosten können um kalkulatorische Kosten ergänzt (Zusatzkosten) oder ersetzt (Anderskosten) werden. Werden Gebäude von staatlicher Seite unentgeltlich überlassen und soll der Werteverschleiß in der Kostenrechnung abgebildet werden, können zusätzliche kalkulatorische Mieten angesetzt werden. Anderskosten korrespondieren zu finanzbuchhalterischen Sachkonten, ersetzen deren Werte aber zwecks Darstellung des tatsächlichen Werteverbrauchs. An Hochschulen können kalkulatorische Abschreibungen auf die Geräte nach den empfohlenen Nutzungsdauern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die bilanziellen Abschreibungen ersetzen. Kalkulatorische Personalkosten können aufgrundlage normativer Durchschnittssätze für das stellenbezogene Personal gebildet werden. Durch die Finanzministerien der Länder werden hierzu durchschnittliche Personalkostensätze je Entgeltgruppe zur Kalkulation festgelegt. Die Hochschulen selbst geben ebenfalls Personalkostensätze heraus. Deren Anwendung hat gegenüber den Istkosten der Finanzbuchhaltung den Vorteil, dass die Tarifstruktur im öffentlichen Dienst trotz Besitzstandswahrungen exakter dargestellt wird und erhöht damit die Aussagen der Kostenrechnung. Durch die normalisier-
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
783
ten Istpersonalkosten beschleunigt sich auch die innerbetriebliche Leistungsverrechnung zwischen Vor- und Endkostenstellen. Neben der Kostendatenübernahme aus der Finanzbuchhaltung und deren Aufbereitung liegt ein weiterer Zweck der Kostenartenrechnung darin, den Datentransfer an die Kostenstellenund Kostenträgerrechnung zu organisieren. Während die Einzelkosten direkt in die Kostenträgerrechnung transferiert werden, müssen die Gemeinkosten über die Kostenstellenrechnung zunächst über Verteilungsschlüssel auf Kostenstellen verrechnet werden, um sie dann Kostenträgern verursachungsgerecht zuzuweisen. Ein häufig angewendetes Verfahren ist das Kostenstellenumlageverfahren (Stufenleiterverfahren). Dabei werden die Kostenstellen so angeordnet, wie innerhochschulische Leistungen an nachfolgende Kostenstellen in der Regel abgegeben werden. Die Anordnung orientiert sich damit am dominierenden Kosten- und Leistungsstrom entsprechend der Wertschöpfung. Bilaterale Leistungen werden vernachlässigt. Stattdessen basiert das Verfahren auf der Annahme, dass einseitige Leistungsbeziehungen zwischen den Kostenstellen bestehen (siehe hierzu bspw. Eilenberger 1995, S. 268 f.). Es wird die gesamte Hochschule nach Abrechnungsbereichen definiert. Vorkostenstellen senden und empfangen Kostenverrechnungen. So erbringt bspw. das Präsidium für alle Organisationseinheiten Leistungen. Ebenso erbringen das Rechenzentrum und die Bi-bliothek Leistungen für Hauptkostenstellen, die in der Regel die fachlichen Einrichtungen einer Hochschule sind. Die Kostenverrechnung erfolgt in zwei Schritten:
Kostenstelleneinzelkosten sind diejenigen Gemeinkosten, die sich zwar nicht einem Kostenträger direkt, dafür aber einer Kostenstelle eindeutig zuordnen lassen. Kostenstelleneinzelkosten werden im ersten Schritt aus der Kostenartenrechnung auf die Kostenstellen direkt zugeordnet (Primärkostenverrechnung). Kostenstellengemeinkosten sind weder Kostenträgern noch Kostenstellen eindeutig zuzurechnen. Sie werden über Mengenschlüssel (z. B. Studierende, Beschäftigte, Nutzfläche, PC-Arbeitsplätze, Prüfungen etc.) oder Werteschlüsse (z. B. Personaleinzelkosten) entsprechend der gebildeten einseitigen Leistungsverrechnung stufenweise auf die Hauptkostenstellen umgelegt. Dadurch werden die Vorkostenstellen entlastet und die leistungserbringenden Hauptkostenstellen belastet. Dieser zweite Verfahrensschritt verrechnet damit die sekundären Gemeinkosten und wird als Sekundärkostenrechnung bezeichnet.
Rupp (2008, S. 18; siehe Abb. 12.9) verdeutlicht die Kostenverrechnung für niedersächsische Hochschulen. Hierbei werden die Vorkostenstellen als Verrechnungskostenstellen und die Haupt- als Endkostenstellen bezeichnet. Nach Übernahme der Primärkosten aus der Finanzbuchhaltung erfolgt die Verrechnung direkt auf die Kostenstellen und im Anschluss daran in drei Stufen von den Verrechnungskostenstellen über die zentrale und dezentrale Infrastruktur indirekt auf die Endkostenstellen. In der Regel erbringen die Vorkostenstellen nicht ausschließlich Unterstützungsleistungen für Forschung, Lehre, Dienstleistungen oder Weiterbildung, sondern sind selbst in diesen Hauptprozessen involviert. Dann erbringen sie wie die Hauptkostenstellen „echte Produkte“, und
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12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
die entstehenden Kosten sind entsprechend zu extrahieren und auf die Kostenträger der Vorkostenstellen zu kalkulieren. Verrechnungskostenstellen
Fibu
Primärkosten
1. zentrale Infrastruktur 2. dezentrale Infrastruktur 3. Endkostenstellen Abb. 12.9:
Grundstruktur der Kostenstellenrechnung in Niedersachsen (nach Rupp)
Kostenstellenberichte können bereits in eine Controllingstruktur eingebunden sein und ein gesamtzielorientiertes Handeln durch Budgetierungen erwirken (vgl. Schubert 2008, S. 182; siehe Abb. 12.10). Budgetwerte können kostenstellenbezogen für Personal- und Sachkosten nach individuellen Kriterien zugewiesen werden. Dabei kann sowohl top-down, bottom-up oder im Gegenstromverfahren vorgegangen werden (siehe hierzu Kapitel 3 und 8). Der Rest des Budgets für den Berichtszeitraum kann auch für die primären Kostenarten prozentual angegeben werden. Der Kostenstellenverantwortliche erhält so einen Realisierungsstand und Hinweise für seinen monetären Handlungsspielraum. Sekundäre Kostenarten vervollständigen die Gesamtkosten der Kostenstelle. Der Kostenstellenbericht kann um monetäre Personal- und Sachkostenkennzahlen und deren Anteile an den primären Kosten bzw. an den Kostenstellengesamtkosten ergänzt werden. Nicht monetäre Kennzahlen wie Angestellte, Professoren, Gebäudenutzung, Verwaltungspersonal, Netzports und Bibliotheksausleihen weisen auf die Zusammensetzung der Kostenstelle und den angewendeten Verrechnungsschlüssel hin. Beantwortet die Kostenstellenrechnung noch die Frage, wo die Kosten in der Hochschule angefallen sind, besteht die Aufgabe der Kostenträgerrechnung in der Selbstkostenermittlung von hochschulischen Leistungen bzw. Produktion und beantwortet die Frage, wer die Kosten in welcher Höhe verursacht hat. Die hochschulischen Leistungen (künftig: Produkte), die die Kosten zu tragen haben, lassen sich hierarchisch klassifizieren und in Produktkatalogen definieren. In ihrer gröbsten Form sind Forschung, Lehre, Weiterbildung und Dienstleistungen zu unterscheiden (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.9). Im Produktbereich Forschung können Produktgruppen entsprechend der angebotenen Fächergruppen wie bspw. Sprach- und Kulturwissenschaften, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften etc. gebildet werden. Auf einer weiteren Hierarchieebene – den Lehreinheiten gemäß § 7 (2) der Kapazitätsverordnung – werden Fachprodukte abgebildet. Eine Lehreinheit ist „eine für Zwecke der Kapazitätsermittlung abgegrenzte fachliche Einheit, die ein Lehrangebot bereitstellt. Die Lehreinheiten sind so abzugrenzen, dass die zugeordneten Studiengänge die Lehrveranstaltungsstunden möglichst weitgehend bei einer
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
785
Lehreinheit nachfragen“. Dazu müssen Forschungsprojekte ggf. anteilig zugeordnet werden, um aus den Lehreinheiten Lehr- und Forschungsbereiche (LFE) zu bilden. In der untersten Ebene des Produktbereichs Forschung können Forschungsprojekte dann differenziert nach Forschungsschwerpunkte, Nachwuchsförderung, Antragsforschung, Auftragsforschung und Sonderforschungsbereiche ausgewiesen werden. Im Produktbereich Lehre werden auf der untersten Ebene die Studiengänge als Kostenträger definiert. Kostenstelle
XY
Institut XY [Verantwortlicher]
Berichtszeitraum 01 - 12 2007
Stand: 14.01.2012
Budget [in Euro] Grundhaushalt Personalmittel Sachmittel
IST
Gesamtkosten
Rest
225.000,00
219.114,08
5.885,92
195.000,00
194.000,20
999,80
30.000,00
25.113,88
4.886,12
Primäre Kosten [in Euro] Personalkosten
IST 630000 Vergütung Angestellte
IST / PLAN in %
85.000,00
97,65
111.000,00
115.000,00
96,52
607100 Bücher
8.450,00
7.000,00
120,71
607400 Verbrauchsmaterial EDV
2.128,78
1.800,00
118,27
680100 Büromaterial
2.530,10
2.600,00
97,31
12.005,00
13.000,00
92,35
219.114,08
224.400,00
97,64
631100 Bezüge Professor
Sachkosten
PLAN
83.000,20
685100 Reisekosten Inland Summe primäre Kosten Sekundäre Kosten [in Euro] 970015 Umlage Gebäude 970018 Umlage zentrale Verwaltung
127.761,20 60.000,00
970022 Umlage Rechenzentrum
10.097,16
970023 Umlage Bibliothek
24.725,00
Summe sekundäre Kosten
222.583,36
Gesamtkosten
441.697,44
Monetäre Kennzahlen [in Euro]
IST MK0050 Personalkosten
MK0060 Sachkosten
194.000,20
25.113,88
Anteil in % an primären Kosten
88,54
an Kostenstellengesamtkosten
43,35
an primären Kosten
88,54
an Kostenstellengesamtkosten
43,35
Nichtmonetäre Kosten NK6300 Angestellte [Anzahl Personen]
3
NK6311 Professoren [Anzahl Personen]
1
NK9715 Nutzung Gebäude [Quadratmeter] NK9718 Verwaltung [Anzahl Personen] NK9722 Netzports [Anzahl Ports] NK9733 Bibliothek [Anzahl Ausleihen]
120 4 9 116
Abb. 12.10: Kostenstellenbericht mit Budgetvorgabe, Kosten und Kennzahlen (nach Schubert)
786
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Die Weiterbildung kann auf unterer Ebene in nicht wirtschaftliche und wirtschaftliche Angebote unterschieden werden, und die Dienstleistungen umfassen die Kostenträger Beratung, Patente, Wissens- und Technologietransfer und sonstige Dienstleistungen. Da Dienstleistungen („echte Produkte“) auch von zentralen Einrichtungen erbracht werden können, muss der Produktbereich um die Produktgruppe „zentrale Einheit“ ergänzt werden. Die Produktgruppe „zentrale Einheit“ kann keinem Lehr- und Forschungsbereich zugeordnet werden, sodass auch auf dieser Ebene Verwaltungseinheiten zuzufügen sind. Produktbereiche
Produktgruppen
Forschung
Lehre
Weiterbildung
Dienstleistung
Sprach- und Kulturwissenschaften
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
...
Zentrale Einheit
LFE 1
LFE 2
LFE ...
Verwaltungseinheiten
Fachprodukte
Kostenträger
Forschung:
Lehre:
Weiterbildung:
Dienstleistung:
- Forschungsschwerpunkte - Nachwuchsförderung - Antragsforschung - Auftragsforschung - Sonderforschungsbereiche
- Studiengänge
- nicht-wirtschaftlich - wirtschaftlich
- Beratung - Patente - Wissens- und Technologietransfer - Sonstige Dienstleistungen
Abb. 12.11: Beispielhafte Produkthierarchie (nach Täschner)
Hierarchische Produktkataloge fassen Kostenträger gleicher Art zusammen. Auf unterster Ebene sind dennoch den Projekten und Leistungen die Einzel- und Gemeinkosten zuzuordnen, um Selbstkosten und den Erfolg einer Periode zu kalkulieren. Wie bereits erläutert, erfolgt die Zuordnung von Einzelkosten auf Kostenträger direkt, da der Kostenträger diese Kosten allein verursacht hat. Gemeinkosten hingegen werden von den Hauptkostenstellen mittels Zuschlagssätzen auf die Kostenträger berechnet. Gemeinkostenzuschlagssätze werden ermittelt, indem die Gemeinkosten ins Verhältnis zu einer Bezugsgröße gesetzt werden, die einen Kostenblock der Einzelkosten darstellt und einen wesentlichen Einfluss auf die Gemeinkosten ausübt (vgl. Eisele/Knobloch 2011, S. 877 ff.). Allerdings werden die Hochschuleinrichtungen von den Kostenträgern unterschiedlich stark in Anspruch genommen, sodass auch Gebäude- oder IT-Kosten mitunter mit den Personalkosten in Relation gesetzt werden. Dies wird durch den generell hohen Anteil der Personalkosten in Hochschulen und die Entstehung dieser Gemeinkosten durch das Personal begründet. Eine vereinfachte Formel zur Berechnung eines Gemeinkostenzuschlagssatzes lautet daher (vgl. Kussauer/Mittag 2011, S. 398):
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
Gemeinkosten =
Summe Gemeinkosten Summe Personalkosten
787
x 100
(48)
Der berechnete Gemeinkostenzuschlagssatz darf bei der Kalkulation der Selbstkosten nur für die abgebildeten Gemeinkostenanteile verwendet werden. In diesem Fall sind die gesamten Gemeinkosten veranschlagt worden. Denkbar sind auch Zuschlagssätze mit anderen Bezugsgrößen und Gemeinkostenanteilen. Dann handelt es sich um eine differenzierte Zuschlagskalkulation. Ein mögliches Kalkulationsschema für die Ermittlung der Selbstkosten für einen Kostenträger im Produktbereich Forschung ist in Abb. 12.12 dargestellt (vgl. Schubert 2008, S. 81). Es werden die Einzelkosten getrennt nach Personal- und Sachkosten dargestellt. Die Gemeinkosten werden nach zentralen (hochschulweiten) und dezentralen (fakultäts-/fachbereichsspezifischen) Gemeinkosten ausgewiesen. Zuschlagsbasis der Gemeinkosten bilden die durch das Projekt entstehenden Personalkosten. Den Selbstkosten können zur Ergebnisermittlung die Drittmittelerlöse gegenübergestellt werden. Personalkosten • fest angestelltes Personal, das an dem Forschungsprojekt beteiligt ist • zusätzlich eingestelltes Personal Sachkosten • Reisekosten • Büroausstattung • Abschreibungen • Kosten im Rahmen von Managementaktivitäten • Kosten für Unteraufträge Zentrale Gemeinkosten • Gebäudekosten • Zentrale Verwaltung • Zentrale Einrichtungen Dezentrale Gemeinkosten • Dekanat einer Fakultät/eines Fachbereichs • Serviceeinrichtungen einer Fakultät/ eines Fachbereichs
Einzelkosten Forschungsprojekt
Selbstkosten Forschungsprojekt
Gemeinkosten Forschungsprojekt (Zuschlagsbasis Projektpersonalkosten)
Abb. 12.12: Kalkulationsschema für Kostenträger der Forschung (nach Schubert)
Im Bereich Lehre schlägt Schubert (2008, S. 82) vor, Lehrveranstaltungen als Kostenträger zu definieren und das fest angestellte Personal anteilig als Personalkosten anzusetzen. Die sich dann ergebenden Lehrveranstaltungspersonalkosten bilden die Zuschlagsbasis für die Zuordnung der zentralen und dezentralen Gemeinkosten (vgl. Abb. 12.13). Für die Produktbereiche Weiterbildung und externe Dienstleistung ist analog der beiden Schemata zu verfahren.
788
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Personalkosten • fest angestelltes Personal, das an der Lehrveranstaltung beteiligt ist Sachkosten • Büroausstattung • Kosten im Rahmen der Lehrveranstaltung Zentrale Gemeinkosten • Gebäudekosten • Zentrale Verwaltung • Zentrale Einrichtungen Dezentrale Gemeinkosten • Dekanat einer Fakultät/eines Fachbereichs • Serviceeinrichtungen einer Fakultät/ eines Fachbereichs
Einzelkosten Lehrveranstaltung
Selbstkosten Lehrveranstaltung Gemeinkosten Lehrveranstaltung (Zuschlagsbasis Lehrveranstaltungspersonalkosten)
Abb. 12.13: Kalkulationsschema für Kostenträger der Lehre (nach Schubert)
Mit der Definition von Produkten und deren Kostenermittlung wird mit betriebswirtschaftlichen Methoden versucht, die Einheit von Forschung und Lehre zu trennen. Dies kann durchaus kritisch gesehen werden (siehe hierzu Heise 2001, S. 119 f.). Dennoch ist die Anwendung von Trennungsverfahren angesichts der Erfordernisse aus dem EU-Beihilferahmen alternativlos. Dies gilt für die Bereiche Forschung, Weiterbildung und Dienstleistungen, da hier wirtschaftliche Tätigkeiten anfallen können und impliziert dadurch auch eine Trennung zur Lehre erfolgt. Für das Controlling ist die Kosten- und Erlösrechnung insofern interessant, als dass mit ihr der monetäre Wertefluss aus der Gewinn- und Verlustrechnung in der Kostenartenrechnung aufbereitet und über die Kostenstellen den Objekten einer Hochschule zugerechnet wird. Einerseits heißt das, dass die Objekte in Produktkatalogen sehr detailliert definiert werden, und andererseits, dass die gesamte Organisationsstruktur der Hochschule über Kostenstellen abgebildet wird.
12.1.3
Leistungsorientierte Mittelvergabe
Neben der Haushalts- und Wirtschaftsführung mit den beschriebenen staatlichen Steuerungsinstrumenten und der Kosten- und Erlösrechnung komplettiert die leistungsorientierte Mittelvergabe den Paradigmenwechsel in der Finanzautonomie der Hochschulen. Mit der leistungsorientierten Mittelvergabe ist ein Teil des zugewiesenen Globalhaushalts an die Erreichung staatlicher Ansprüche geknüpft. Insofern sind die staatlichen Vorgaben für alle Hochschulen gleich. Oftmals wird jedoch zwischen Fachhochschulen und Universitäten aufgrund divergierender Bildungsaufträge unterschieden. Vereinzelt sind Hochschulen vom Mittelvergabeverfahren befreit, z. B. bei Neugründungen, Teilungen oder besonderen Umständen. Die staatlichen Wertvorstellungen werden als Leistungsparameter transkribiert, d. h. es werden Ziele in Kennzahlen wie z. B. Studierende in der Regelstudienzeit oder eingeworbene Drittmittel übersetzt. Denjenigen Hochschulen, die die besten Kennzahlenwerte erreicht haben, wird mehr Geld zugewiesen. Allerdings hängt die Zuteilung nicht von der Erreichung von vorgegebenen Sollwerten ab, sondern von den erreichten Werten der anderen Hochschu-
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
789
len. Es entsteht dadurch eine Anreiz- und wettbewerbsähnliche Situation, welche letztlich die Gesamthöhe des finanziellen Handlungsspielraums der jeweiligen Hochschule bestimmt. Sind Zielvereinbarungen noch zukunftsgerichtet und fixieren die zu erreichenden Leistungen vertraglich, ist die leistungsorientierte Mittelvergabe ein ex post Steuerungsinstrument, das mit vergangenheitsbezogenen Daten einen Quasimarkt um zusätzliche finanzielle Ressourcen schafft (siehe hierzu Schröder 2004, S. 28 ff.; Leszczensky/Orr 2004, S. 45 ff.).
Lehre
Forschung
Gleichstellung
Studiengänge
Lehreinheiten (LE)
Aggregation Lehr- und Forschungseinheiten (LFE)
Formelfächergruppen (FFG) Abb. 12.14: Datenaggregation (nach Dölle/Brummer)
Das in Niedersachsen praktizierte Verfahren weist 10 % des Globalhaushalts leistungsorientiert den Hochschulen zu (siehe Titel 682 01; Abb. 12.4) und ist in einem Hochschulkennzahlensystem eingebunden, welches auch fachbezogene Beurteilungen zur Entwicklung des Hochschulwesens für parlamentarische Beratungen erlaubt. Das Kennzahlensystem erhebt deshalb Daten
zur leistungsorientierten Mittelvergabe und zum Haushaltsentwurf (vgl. Dölle/Brummer 2010, S. 1).
Jede Hochschule erhebt die erforderlichen Daten auf der Ebene der Lehr- und Forschungseinheiten (LFE). Ggf. müssen studiengangsbezogene Daten über Verflechtungsmatrizen den
790
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
LFE zugeordnet werden. Die Hochschulverwaltung oder zentrale Dienstleistungseinrichtungen werden zu zentralen Einheiten verdichtet. Der Wettbewerb um die anteiligen Zuschüsse erfolgt getrennt nach den Formelfächergruppen Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften an Universitäten und Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und technische Wissenschaften inkl. Gestaltung an Fachhochschulen in den drei Aufgabenbereichen Lehre, Forschung und Gleichstellung. Die Datenaggregation erfolgt so stufenweise über vier Ebenen für die drei Bereiche (vgl. Dölle/Brummer 2010, S. 17; siehe Abb. 12.14). Es werden in den drei Aufgabenbereichen, die in Abbildung 12.15 dargestellten Kennzahlen im Dreijahresdurchschnitt kalkuliert. „Der Erfolg einer Hochschule bemisst sich dabei an ihrem Anteil an der Gesamtausprägung des jeweiligen Parameters“ (Dölle/Brummer 2010, S. 9). An der Auswahl der Erfolgskennzahlen zeigt sich, dass sich der Hochschulerfolg nicht durch monetäre Maßstäbe ergibt, sondern allein leistungsbezogene (nicht monetäre) Werte bei der Beurteilung des öffentlichen Bildungsauftrags eine Rolle spielen.
Aufgabenbereich
Universitäten Parameter | Anteil *
Fachhochschulen Parameter | Anteil *
48 %
84 %
Lehre
Eingeschriebene Studienanfänger im 1. Hochschulsemester (21%) Mit der Regelstudienzeit abschlussgewichtete Absolventen (75%) Bildungsausländer (2 %) Outgoings
Forschung
48 % Drittmittelerträge** 74%
12 % Drittmittelerträge** (100 %)
Promotionen (24 %) Humboldt-Stipendiaten und Preisträger
Gleichstellung
4%
4% weibliches wissenschaftliches Personal (20 %)
weibliches wissenschaftliches Personal (30 %)
neu ernannte Professorinnen (40 %) Absolventinnen (20 %)
Absolventinnen (30 %)
Promotionen (weiblich, 20 %) Abb. 12.15: Gewichtung der Aufgabenbereiche und Leistungsparameter (nach Dölle/Brummer)
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
791
Um die Leistungen jeder LFE vollständig abzubilden, werden bei Mehr-Fach-Studiengängen auch Zweit- und Drittfächer einbezogen und für die lehrbezogenen Kennzahlen gewichtet (siehe hierzu Dölle/Brummer 2010, S. 10 f.). Ergänzend zu den leistungsbezogenen Kennzahlen werden für Monitoringzwecke und für die Aufstellung des Landeshaushalts nicht monetäre und monetäre Kennzahlen erhoben (vgl. Dölle/Brummer 2010, S. 12 f.; siehe Abb. 12.16 sowie 12.17). Die personal- und studienbezogenen Kennzahlen der Abb. 12.16 sollen weitere Beurteilungen des Leistungs- und Potenzialstandes jeder LFE ermöglichen. Die monetären Kennzahlen werden auf Hochschulebene dargestellt. Sie dienen der Beurteilung der finanziellen Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zu anderen Hochschulen und stammen aus der Gewinn- und Verlustrechnung.
Kennzahlen ab 2010 nicht wissenschaftliches Personal wissenschaftliches Personal darunter Professoren darunter Professorinnen Studierende insgesamt Absolventen gewichtet mit Abschlussgewicht
Abb. 12.16: Ergänzende nicht monetäre Kennzahlen auf Ebene der LFE (nach Dölle/Brummer) Nr.
Kennzahl
H1
Anteil landesfinanzierter Erträge (Kennzahl 2 Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H2
Ertrag aus Studienbeiträgen zum Gesamtertrag (Kennzahl 2b Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H3
Anteil drittmittelfinanzierter Erträge (Kennzahl 4 Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H4
Personalaufwand am Gesamtaufwand (Kennzahl 5 Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H5
Sachaufwand am Gesamtaufwand (Kennzahl 7 Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H6
Abschreibungsmodell am Gesamtaufwand
GuV
H7
Ertrag aus Sondermitteln zum Gesamtertrag (Kennzahl 3 Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H8
Anteil DFG-Ertrag zum Gesamtertrag (Kennzahl 4b Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H9
Personalaufwand zum Gesamtertrag (Kennzahl 6-neu Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
H10
Sachaufwand am Gesamtertrag (Kennzahl 8-neu Anlage 4 Haushaltsaufstellung)
GuV
Datenherkunft
Abb. 12.17: Ergänzende monetäre Kennzahlen auf Hochschulebene (nach Dölle/Brummer)
792
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Das Verfahren der leistungsorientierten Mittelvergabe läuft in fünf Schritten ab (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.18 am Beispiel dreier Fachhochschulen mit freien Werten): 1.
Die Zuführungen für laufende Zwecke des Landesbetriebes (Titel 682 01) werden auf die Formelfächergruppen und die zentralen Einheiten anteilig verteilt. Das Basisjahr der Bemessung liegt dabei jeweils zwei Jahre zur aktuellen Periode versetzt. Die Prozentwerte ergeben sich, wenn die Erträge der Hochschule auf Ebene der LFE aufgeteilt werden. Dies kann im Verhältnis der budgetierten Erträge oder für Fachhochschulen alternativ durch plausible Aufteilung erfolgen (siehe hierzu Dölle/Rupp/Niermann 2010, S. 9 und 20 f.).
2.
Im zweiten Schritt werden die Beträge der zentralen Einheiten auf die Formelfächergruppen prozentual verteilt. Es ergibt sich die wettbewerblich zu verteilende Masse der Hochschulen je Formelfächergruppe, wenn aus dem umgelegten Betrag 10 % kalkuliert werden.
3.
Die Verteilmasse wird auf die Bereiche Forschung, Lehre und Gleichstellung entsprechend ihrer Gewichtung und von dort auf die einzelnen Leistungsparameter verteilt (siehe Abb. 12.15).
4.
Die erreichten Werte der einzelnen Parameter werden auf Ebene der LFE im Dreijahresdurchschnitt ermittelt und auf Formelfächergruppen hin aggregiert. In Relation zur Gesamtsumme aller beteiligten Hochschulen ergibt sich für jeden Parameter getrennt nach Formelfächergruppe der anteilige Wert die Hochschule. Die Prozentwerte sind anschließend mit der für die Formelfächergruppen vorgeschlagenen Verteilmasse zu multiplizieren, um die Zuteilung je Parameter zu ermitteln.
5.
Die Summe der Zuteilungen abzüglich der Verteilmasse je Hochschule ergibt das Umverteilungsergebnis. Je höher die ermittelten Werte der Parameter, desto besser ist das Umverteilungsergebnis.
Das Verfahren bedingt, dass es „Gewinner“ und „Verlierer“ gibt. Selbst wenn sich Hochschulen gegenüber Vorjahren signifikant verbessert haben, kann trotzdem ein negatives Umverteilungsergebnis entstehen, wenn der Wettbewerb (noch) besser war. Für den Fall, dass zu hohe Diskrepanzen zwischen den Hochschulen auftreten und sich im Umverteilungsergebnis widerspiegeln, ist eine Kappungsgrenze bei 10 % eingerichtet worden, d. h. dass das Umverteilungsergebnis begrenzt wird, wenn es mehr als 10 % von der Verteilmasse einer Hochschule abweicht. Für die Etablierung von Controllingstrukturen zeigt sich, dass leistungsorientierte Werte den Erfolg von Hochschulen aus staatlicher Sicht ausmachen und monetäre Werte dadurch – zumindest teilweise – zugewiesen werden. Das Controllingziel ist die Erfolgssicherung der Hochschule und damit nicht monetär ausgepägt. Dies wird auch deutlich, wenn das Qualitätsmanagement betrachtet wird, das die Qualität der Leistungen plant, umsetzt und kontrolliert.
FH 1 FH 2 FH 3
€ € € €
FFG 1 FFG 2 342,0 € 271,2 € 235,5 € 349,4 € 560,2 € 404,9 € 1.137,7 € 1.025,5 €
10%
Haushaltstitel 682 01 FFG 1 FFG 2 FH 1 3.420 € 2.712 FH 2 2.355 € 3.494 FH 3 5.602 € 4.049 11.377 € 10.255
Verteilmasse
4%
4%
12%
12%
84%
84%
123,1 €
13,7 €
Absolventinnen (30 %)
45,5 €
18,2 €
41,0 €
12,3 €
16,4 €
FFG 1 FFG 2 13,7 € 12,3 €
neu ernannte Prof.innenn (40 %)
weibliches wiss. Personal (30 %)
136,5 €
FFG 1 FFG 2 136,5 € 123,1 €
861,4 €
955,7 €
Drittmittelerträge (100 %)
17,2 €
19,1 €
Outgoings (2 %)
17,2 €
646,1 €
19,1 €
716,8 €
FFG 1 FFG 2 200,7 € 180,9 €
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
15,9 19% 45,5 53% 24,3 28% 85,7 100%
16,2 26% 31,9 51% 14,2 23% 62,3 100%
425,1 43% 210,9 21% 347,1 35% 983,1 100%
120,5 31% 102,2 26% 164,0 42% 386,7 100%
1,0 20% 2,5 50% 1,5 30% 5,0 100%
225,2 52% 115,5 26% 95,7 22% 436,4 100%
1,0 18% 2,0 36% 2,5 45% 5,5 100%
FFG 1 % FFG 2 % 101,5 33% 94,2 40% 74,2 24% 50,9 22% 134,7 43% 89,4 38% 310,4 100% 234,5 100%
FFG 1 % FFG 2 % 5.124 € 38% 4.842 € 48% 3.563 € 26% 2.358 € 23% 4.782 € 36% 2.960 € 29% 13.469 € 100% 10.160 € 100%
15,1 36% 9,3 22% 17,4 42% 41,8 100%
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
21,1 43% 11,8 24% 16,2 33% 49,1 100%
289,5 31% 249,1 27% 401,2 43% 939,8 100%
FFG 1 % FFG 2 % 325,2 34% 389,7 39% 211,8 22% 289,1 29% 417,9 44% 325,7 32% 954,9 100% 1004,5 100%
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
Leistungswerte (3-Jahres-Ø)
Leistungsorientierte Mittelvergabe
Bildungsausländer (2 %)
Absolventen (75 %)
Studienanfänger (21 %)
Zuteilung der Verteilmasse
Lehre
Forschung
Gleichstellung
Input
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
FH 1 FH 2 FH 3
3,2 € 9,1 € 4,9 € 17,2 € 861,4 €
4,5 € 8,8 € 3,9 € 17,2 €
279,4 € 138,6 € 228,1 € 646,1 €
4,3 € 3,6 € 5,8 € 13,7 € 45,5 €
3,6 € 9,1 € 5,5 € 18,2 €
6,4 € 3,3 € 2,7 € 12,3 € 41,0 €
3,0 € 6,0 € 7,5 € 16,4 €
FFG 1 FFG 2 4,5 € 4,9 € 3,3 € 2,7 € 5,9 € 4,7 € 13,7 € 12,3 €
FFG 1 FFG 2 51,9 € 58,6 € 36,1 € 28,6 € 48,5 € 35,9 € 136,5 € 123,1 € 136,5 € 123,1 €
6,9 € 4,3 € 8,0 € 19,1 € 955,7 €
8,2 € 4,6 € 6,3 € 19,1 €
220,8 € 190,0 € 306,0 € 716,8 €
FFG 1 FFG 2 68,3 € 70,2 € 44,5 € 52,1 € 87,8 € 58,7 € 200,7 € 180,9 €
Zuteilungen
FFG 1 FFG 2 368,6 € 430,1 € 295,4 € 249,1 € 473,7 € 346,3 € 1.137,7 € 1.025,5 €
Angaben in T€
FFG 1 FFG 2 Σ FH 1 26,6 € 158,9 € 185,5 € FH 2 59,9 € - 100,3 € - 40,4 € FH 3 86,5 € 58,6 € - 145,1 €
FH 1 FH 2 FH 3
Umverteilungsergebnis
Output
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling 793
Abb. 12.18: Leistungsorientierte Mittelvergabe am Beispiel niedersächsischer Fachhochschulen (nach Täschner)
794
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
12.1.4
Qualitätsmanagement, Evaluation und Führungsprozesse
Durch die Dezentralisierung der Finanzverantwortung wächst die Entscheidungsautonomie hinsichtlich der Mittelverwendung in den Hochschulen. Dabei sind die finanziellen Ressourcen für die zu erbringenden Leistungen optimal einzusetzen (siehe hierzu Albers 1999, S. 589 ff.). Die Leistungen in Forschung, Lehre und Weiterbildung müssen aber auch qualitativen Kriterien genügen. Dabei spielt das Prinzip der qualitätsorientierten Steuerung eine große Rolle (siehe hierzu HRK 2006a und 2006b). „Eine gut funktionierende Qualitätssicherung ist unabdingbar für die Glaubwürdigkeit der Autonomie“ (Weder 2007a, S. 18). Zur Qualitätssicherung wenden Hochschulen u. a. Qualitätsmanagementverfahren der Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff. an (siehe hierzu Kapitel 6.1). Absolventen werden dabei als „Produkt“ und der Arbeitsmarkt als „Kunden“ der Hochschulen interpretiert (vgl. HRK 2007b, S. 23 ff.). Die Qualitätsmanagementverfahren sind vielfältig (siehe hierzu Kaufmann 2009, S. 30 ff.). Zu den wichtigsten Instrumenten zählen Akkreditierungsverfahren und Evaluationen. Mit Evaluationen sollen hochschulspezifische Bereiche der Lehre und Forschung systematisch auf ihre „Qualität“ hin überprüft werden. Ebenso sollen Akkreditierungen sicherstellen, dass Qualitätsmindestanforderungen für einzelne Studiengänge oder die gesamte Hochschule eingehalten werden (vgl. Banscherus 2011, S. 13 ff.). Nickel (2007, S. 44; siehe Abb. 12.19) entwickelt ein Grundmodell, in dem sich Qualitätsmanagementverfahren bewegen können, um den „Faktor ‚Qualität‘ aufgrund seiner wachsenden strategischen Bedeutung für Hochschulen intensiver und wirkungsvoller als bisher in das Entscheidungs- und Handlungssystem zu integrieren“ (Nickel 2008, S. 20). Hochschule Leitungsprozesse
Strategische Qualitätsziele
Input
Kernprozess Lehre Kernprozess Forschung Kernprozess Weiterbildung
Ergebnisprüfung
Wirkungsmessung
Unterstützungsprozesse
Feedback (Rückkopplung)
Umfeld
Abb. 12.19: Grundmodell eines Qualitätsmanagementsystems (nach Nickel)
Zunächst sind im Qualitätsmanagementsystem die strategischen Qualitätsziele zu definieren. Dabei sind die externen Ansprüche (z. B. Zielvereinbarungen, leistungsorientierte Mittelvergabe) mit einzubeziehen. Zur Durchführung der Kernprozesse Forschung und Lehre sowie Weiterbildung sind geeignete Inputs bereitzustellen. Dazu zählen Ressourcen wie
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
795
Personal, Finanzen und klare Entscheidungsstrukturen, aber auch geeignete Lehr- und Forschungsflächen. Die primären Prozesse werden durch Leitungs- und Unterstützungsprozesse der Dezernate, zentralen Einrichtungen und Fakultäten/Fachbereiche getragen. Die resultierenden Ergebnisse werden einer Prüfung unterzogen und die gesellschaftlich relevanten Wirkungen werden gemessen. Sowohl die Leitungsergebnisse als auch die Wirkungen werden schließlich zu den definierten Zielen der Hochschule zurückgekoppelt, um die Zielerreichung und damit den Hochschulerfolg nachzuvollziehen. Es entsteht ein Controllingkreislauf mit den Phasen der Strategiefindung und Zieloperationalisierung, Planung der Inputs, Durchführung der Kerntätigkeiten sowie einer Kontrolle der Ergebnisse und Wirkungen. Das Grundmodell kann als Analyseraster bereits bestehender Qualitätssicherungsverfahren dienen und Überlegungen zur Weiterentwicklung anregen. Die qualitätsorientierte Hochschulsteuerung wird im Rahmen der Systemakkreditierung bzw. des Quality Audits überprüft, die die Anforderungen an zu akkreditierende Studiengänge von externer Stelle aus beurteilt und so die Studienqualität sicherstellen soll. Binner (2009, S. 6) schreibt hierzu: „Bei der Systemakkreditierung werden die für Lehre und Studium relevanten Systemstrukturen und Prozesse darauf überprüft, ob sie zum Erreichen der Qualitätsziele und zur Gewährleistung hoher Qualität geeignet sind.“ Mit Methoden der Prozessanalyse lassen sich wiederkehrende Aktivitäten modellieren und neu gestalten, was zu einem organisatorischen Wandel beiträgt (vgl. Schmitt/Pfeifer 2010, S. 282; siehe Abb. 12.20).
Prozesskette
Prozess 1
Prozess 2
Prozess 3
Prozess 4
BOTTOM UP
TOP DOWN
Prozesskette
Prozess 1
Prozess 2
Prozess 3
Einzelne Vorgänge
Prozess 4
Einzelne Vorgänge
Abb. 12.20: Deduktives und induktives Vorgehen bei der Prozessanalyse (nach Schmitt/Pfeifer)
In Abbildung 12.21 ist der Prozess der Lehrevaluation exemplarisch aus dem Qualitätsmanagement-Handbuch der Hochschule Hannover dargestellt (Hochschule Hannover 2010, S. 149). Dabei werden die Interaktionen der am Prozess beteiligten Akteure modelliert. Zunächst werden ein Evaluationsplan vom Studiendekan erstellt und vom Sekretariat die Benutzerprofile mit Deckblatt angefordert. Nachdem die Deckblätter von der Hochschul-IT erstellt und an das Sekretariat verschickt wurden, werden die Deckblätter mit den Fragebögen in Umschlägen zusammengestellt. Der Dozent verteilt die Fragebögen, und die Studierenden bewerten daraufhin die Lehrveranstaltung und reichen den Umschlag mit den Fragebögen im Sekretariat ein, um sie von der Hochschul-IT auswerten zu lassen. Für den Fall, dass die Fragebögen am PC ausgefüllt wurden, kann die Hochschul-IT die Daten direkt auswerten. Anschließend werden die Fragebögen abgelegt bzw. gespeichert. Ein Teilbereich der Auswertung gelangt an den Studiendekan, um die Ergebnisse so hochschulintern zu veröffentlichen. Das gesamte Evaluationsergebnis wird dem Dozenten zugesandt, um Rückschlüsse zur Lehre zu erhalten und diese mit den Studierenden zu besprechen.
796
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Abb. 12.21: Prozess der Lehrevaluation (Hochschule Hannover)
12.1 Rahmenbedingungen im Hochschulcontrolling
797
Die Standardisierung und Dokumentation wiederkehrender Aktivitäten zeigt, dass eine Metaebene zu anderen Qualitätsmanagementinstrumenten wie Lehrevaluationen hergestellt und deren Effizienz durch Weiterentwicklungen gesteigert werden kann. Grundsätzlich werden folgende Ziele mit der Prozessanalyse verfolgt (siehe hierzu auch Schmelzer/Sasselmann 2010):
Die Dokumentation dient dazu, das Wissen über Abläufe transparent und verfügbar zu machen (Externalisierung von internem Wissen). Aufgrund dessen können Optimierungen geplant, durchgeführt und kontrolliert werden. Zudem ist es möglich, ein prozessorientiertes Benchmarking mit anderen Hochschulen durchzuführen und Optimierungspotenziale offenzulegen. Durch die Prozessstandardisierung können Verantwortlichkeiten abgegrenzt und Schnittstellen zu Umsystemen wie IT-Systemen und anderen Prozessen definiert werden. Die Prozessorientierung erlaubt eine Separierung von Aktivitäten im Sinne eines Outsourcings oder Restrukturierungen.
Mit der Festlegung von Prozessabläufen erhöht sich die Gefahr, dass mit zunehmender Standardisierung die Kreativität und Selbstständigkeit der Akteure unterdrückt wird und die Bürokratie zunimmt. Zudem könnte die Prozessstandardisierung die Innovationsfähigkeit der Hochschule hemmen. Sind Evaluations- und Akkreditierungsverfahren wenigstens zum Teil verpflichtend durchzuführen, ist die qualitätsbezogene Hochschulsteuerung primär eine interne Führungsphilosophie und damit veränderbar. Eine für das Hochschulcontrolling relevante interne Rahmenbedingung ergibt sich aus den Führungsprozessen, in denen Entscheidungen getroffen werden, die die Hochschulentwicklung betreffen. In der Abbildung 12.22 ist ein Muster der Führungsprozesse in Hochschulen dargestellt (vgl. Jaspersen 2008, S. 14). Zunächst werden im Landesentwicklungsplan der Hochschulen, der sich aus dem Entwicklungsplan des Bildungssektors ableitet, politische Ziele festgelegt. Entsprechend dem Landesentwicklungsplan werden mit jeder Hochschule Zielvereinbarungen geschlossen, in denen auch finanzielle Zuführungen des Haushaltsplans geregelt werden. Zusätzliche Mittel sind an die Erreichung leistungsorientierter Kennzahlen geknüpft. Eine Vielzahl an Hochschulen vereinbart mit den Leitungen dezentraler Organisationseinheiten interne Ziele und Leistungskennzahlen, um finanzielle Mittel zu budgetieren (siehe hierzu Jaeger/Leszczensky/Orr/Schwarzenberger 2005). Damit ist der Zielbildungsprozess der betrachteten Hochschule abgeschlossen. Anschließend werden die Zielvorgaben in Pläne konkretisiert. Hierfür sind nicht monetäre Aktions- bzw. Entwicklungspläne und monetäre Wirtschafts- oder Investitionspläne aufzustellen, die die Leistungen mit den Ausgaben koordinieren sollen. Die Hochschulleitung fügt nach der Koordinierung und Überprüfung der dezentralen Planung mit der Zielvereinbarung die Planungen zusammen zu einem Hochschulentwicklungs- und -investitionsplan. Die aufeinander abgestimmten Hochschulpläne werden im Leistungserstellungsprozess durchgeführt und im Jahresverlauf monitoriert (Kontrollphase). Zugleich sind die Hochschulpläne Basis künftiger Zielvereinbarungen mit dem Land Niedersachsen. Die drei Phasen der Zielbildung, Planung und Kontrolle sind informationell über Vor- und Rückkopplungsbeziehungen miteinander verknüpft. Die Ergebnisinformationen jeder Phase ermögli-
798
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
chen die nächste Phase mit dem Zweck, in der Durchführung die gesetzten Ziele zu erreichen. Es werden die klassischen Controllingphasen durchlaufen. Die dazu benötigten Informationen sind durch ihre Zielbezogenheit entscheidungsrelevant und werden in Berichtssystemen gespeichert, verarbeitet und kommuniziert (siehe hierzu Kapitel 8.2).
Abb. 12.22: Führungsprozesse in Hochschulen (nach Jaspersen)
12.2
Hochschulcontrolling
Das Hochschulcontrolling bezieht entsprechend der Entwicklungs- und Investitionsplanung monetäre und nicht monetäre Informationen ein, die sich sowohl aus externen als auch aus internen Rahmenbedingungen ergeben. Betrachtet man die Hochschule als „Black-BoxModell“ mit Input- und Output-/Outcome-Faktoren, so wie es im Qualitätsmanagementsystem (siehe Abb. 12.19) dargestellt ist, ergeben sich im Führungsprozess folgende Planungsgegenstände (siehe auch Kronthaler 2003, S. 55):
Der Investitionsplan operiert mit Einnahmen und Ausgaben als Basisgrößen und ist damit monetär ausgerichtet. Zu differenzieren sind die Arten von Einnahmen und Ausgaben sowie die Verursacher. Der Entwicklungsplan operiert mit Leistungs- und Zielindikatoren als Basisgrößen und ist grundsätzlich nicht monetär ausgerichtet. Zu differenzieren sind die Arten von Leistungen sowie die Erbringer.
12.2 Hochschulcontrolling
799
Das Basismodell für die Controllingstruktur in Hochschulen ist ebenfalls als „Black-Box“ mit Input- und Output-/Outcome-Faktoren zu betrachten (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.23). Um die Verursacher und Erbringer der Kosten (Ausgaben) und Leistungen darzustellen, ist eine Bezugsobjekthierarchie festzulegen, in der die Faktoren in höheren Ebenen ineinandergeführt werden können. Die Strukturierung der Hierarchie wird anders als in der Kosten- und Verlustrechnung nicht leistungs- bzw. produktorientiert vorgenommen, sondern nach organisatorischen Gesichtspunkten erfolgen. Das liegt daran, dass die Trennung von Forschung, Lehre und Weiterbildung nach Einnahmen und Ausgaben in der Kosten- und Erlösrechnung insbesondere für Landeszuschüsse nur über mehrdeutige Zuordnungen („Schlüsselungen“) erfolgt und somit nicht dem Identitätsprinzip entspricht. Riebel (1990, S. 76) schreibt zum Güterverzehr und zur Leistungsentstehung: „Zeigt es sich, dass ein Güterverzehr nicht mit der Entstehung nur eines, sondern mehrerer Leistungsträger (Einheiten oder Arten) gekoppelt ist, dann kann er auch nur der Gesamtheit dieser entstandenen Leistungsträger (Einheiten oder Arten) eindeutig zugerechnet werden, nicht aber den einzelnen Leistungseinheiten oder Leistungsarten.“ Dem Lehrstuhl als kleinste organisatorische Einheit fachlicher Einrichtungen sind Ausgaben und Einnahmen eindeutig zuzuordnen, wenn Kostenstellen auf dieser Ebene gebildet werden. Sie erbringen Leistungen (Outputs/Outcomes) der Lehre, Forschung und Weiterbildung durch das Personal in den bereitgestellten Flächen (Inputs). Durch die Bildung von Erfolgskennzahlen aus Ausgaben und Leistungen lassen sich im Zeitverlauf Aussagen über die Entwicklung der Lehrstuhlziele und im Vergleich zu anderen Lehrstühlen (sofern dies sinnvoll erscheint) ableiten.
Erfolgskennzahlen
Hochschule
• Bilanz
• Personal • Flächen • Studien • Forschung • Weiterbildung • Service
• GuV
t1 . .
.tn
Summe aus Lehr- und Forschungseinheiten (LFE = {LSt1, ..., Lstm}), zentrale Einheiten, An-Institute Erfolgskennzahlen • Bilanz
Organisationseinheiten
Erfolgskennzahlen
• Personal • Flächen • Studien • Forschung • Weiterbildung • Service
• Bilanz
• GuV
• Personal • Flächen • Studien • Forschung • Weiterbildung • Service
• GuV
t1
OE
t . .. n OE
t1 . .
.tn
Summe aus Lehrstühle Erfolgskennzahlen
Stellen
• Bilanz
Erfolgskennzahlen
• Personal • Flächen • Studien • Forschung • Weiterbildung • Service
• Bilanz
• GuV
• GuV
.tn t1 . .
12.23:
• Personal • Flächen • Studien • Forschung • Weiterbildung • Service
Lst Lst Strukturmodell im Hochschulcontrolling (nach Täschner)
t1 . .
.tn
Die Zuordnung von monetären und nicht monetären Größen zu Lehrstühlen und deren Aggregation zu Lehr- und Forschungseinheiten ist relativ zu sehen. Natürlich lassen sich nicht
800
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
alle Lehr- und Forschungsräume, Studierenden oder Beschäftigten einzelnen Lehrstühlen zuordnen. Genauso wenig ist es möglich, alle Ausgaben oder Einnahmen auf die Lehrstühle zu verteilen. Kennzahlen wie bspw. Studierende pro Fläche sind damit nicht aussagekräftig, wollte man alle Studierenden und Flächen auf die Lehrstühle verteilen. Die monetären und nicht monetären Größen werden in der Bezugsobjekthierarchie genau dann zugeordnet, wenn sie eindeutig abgrenzbar sind. Dies kann auf der zweiten Hierarchieebene erreicht werden, die die Lehr- und Forschungseinheiten, zentralen Einheiten und An-Institute bzw. In-Institute oder allgemeiner ausgedrückt Organisationseinheiten abbildet. Mindestens auf dieser Ebene sind Kostenstellen zu bilden. Zwar kann es auch auf dieser Ebene noch zu Verflechtungen kommen, die jedoch über Verrechnungen dann zu kompensieren sind (bspw. Lehrexporte, interdisziplinäre Forschung, Mehr-Fach-Studierende etc.). Lehr- und Forschungseinheiten sind Konstrukte und oftmals nicht Fakultäten/Fachbereichen eindeutig zuzuordnen. Sollte dies doch der Fall sein, so ließe sich eine weitere Hierarchieebene integrieren. Dies hätte den Vorteil, dass eine Instanz, vielmehr ein „Profit-Center“ mit einem verantwortlichen Dekan oder einer Dekanin sowie Studiendekanen für den Leistungsbereich geschaffen wird. Das Strukturmodell unterscheidet zwischen monetärer und nicht monetärer Grundrechnung und einer Auswertungsrechnung, in der Erfolgskennzahlen gebildet werden. Um Erfolgskennzahlen zu bilden, die monetäre und nicht monetäre Daten kombinieren, sollte die Datengranularität monatsweise ausgerichtet sein. Das Strukturmodell dient als Operationsverfahren, heterogene Handlungsfelder und ihre Ergebnismerkmale auf eine einheitliche Betrachtungsweise zu reduzieren (vgl. Eco 2002, S. 361). Dadurch entsteht „ein metasprachliches Elaborat, das es einem erlaubt, von anderen Klassen von Phänomenen als Zeichensystemen zu sprechen“ (ebenda). So ließen sich auch Kennzahlen wie „Ausgaben pro Student“ sinnvoll erstellen, denn üblicherweise werden studierendenbezogene Daten semesterweise ausgewiesen und ausgabenbezogene Daten nach dem Geschäftsjahr. Die folgenden Berichtstypen orientieren sich am Qualitätsmanagementsystem und bilden die Grundrechnung:
Der Erfolgsplan ist auf ein Geschäftsjahr ausgelegt und ermittelt monatlich das Ergebnis der Geschäftstätigkeit aus Einnahmen und Ausgaben. Der Erfolgsplan ist eine vereinfachte, pagatorische Gewinn- und Verlustrechnung und wird zum (strategischen) Investitionsplan, wenn fünf Geschäftsjahre geplant werden. Der Bilanzplan wird nur auf Hochschulebene jährlich angefertigt. Sein Horizont beträgt ebenfalls fünf Jahre. Der Personalplan ermittelt monatlich den Personalaufwand, den Personalbestand und die Personalentwicklung für ein Jahr. Erweitert um fünf Jahre ergibt sich ein strategischer Personalplan. Der Flächenplan bilanziert den Bestand und Bedarf für ein Geschäftsjahr in der Grundausstattung sowie für Drittmittel- und Zusatzflächen. Flächenentgelte setzen Anreize zur wirtschaftlichen Flächennutzung. Der Flächenplan kann wie die anderen Pläne um eine strategische Planung erweitert werden. Der operative Forschungsplan betrachtet die verausgabten Drittmittel nach Herkunftsart sowie das Ergebnis aus beantragten und bewilligten Forschungs- und Entwicklungs-
12.2 Hochschulcontrolling
801
projekten. Verwertungen aus den Projekten (z. B. Publikationen) oder Förderungen für Forschungs- und Nachwuchsaktivitäten sind ebenfalls in der jährlichen und strategischen Planung eingebunden. Der Studierenden-, Absolventen- und Lehrplan ist nach Winter- und Sommersemester für ein Studienjahr organisiert und weist die Studiengänge, Studierenden, Absolventen und die Lehre aus. Der strategische Leistungsplan umfasst entsprechend fünf Studienjahre. Der Weiterbildungsplan bildet Lehrangebote nach Winter- und Sommersemester und differenziert nach wirtschaftlich und nicht wirtschaftlich. Dabei werden ähnlich wie im Studienplan Studierende, Absolventen und die Lehre für bis zu fünf Studienjahre geplant. Darüber hinaus umfassen wirtschaftliche Lehrangebote monetäre Größen. Der Serviceplan unterscheidet interne und externe Dienste zentraler Einrichtungen wie Bibliotheken oder Rechenzentren. Interne Dienste beziehen sich auf nicht wirtschaftliche Unterstützungstätigkeiten der Lehr- und Forschungseinheiten sowie zentraler Einrichtungen. Externe Dienste sind als Marktleistungen unter wirtschaftlichen Größen operativ und strategisch zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren.
Die folgenden Abschnitte beschreiben den Erfolgs- und Investitionsplan, den Personal-, Flächen-, Forschungs- und Studienplan als wesentliche Teilplanungen der Entwicklungsplanung auf der Ebene der Organisationseinheiten sowie die entsprechenden Controllingprozesse. Zuletzt wird der Kennzahlenteil beschrieben, der die mehrdimensionalen Ziele jeder Ebene und jeder Organisationseinheit operationalisiert.
12.2.1
Erfolgs- und Investitions-Controlling
Die Erfolgsplan einer Organisationseinheit der Hochschule konsolidiert sich aus den Teilplänen der Mittelherkünfte (vgl. Jaspersen 2008, S. 17; siehe Abb. 12.24). Dabei wird nach Landesmitteln, Studienbeiträgen/Langzeitstudiengebühren, Drittmitteln und Mitteln aus dem Hochschulpakt als Sondermittel unterschieden. Selbstverständlich sind andere Mittelherkünfte denkbar. So ließen sich die Landesmittel getrennt nach Grundhaushalt und leistungsorientiertem Haushalt unterscheiden. Die Arten der Einnahmen und Ausgaben sind begrifflich zur Gewinn- und Verlustrechnung der Hochschule identisch, um Kontenzuweisungen für die Kosten- und Projektstellen der Organisationseinheit zu gewährleisten. Dadurch wird eine Generierung von Istdaten und durch Gegenüberstellung mit den Planwerten und deren Abweichungsanalyse ein Controllingsystem konstruiert. Es werden der Istwert des Vorjahres, der vorläufige Istwert nach Monaten sowie der Planwert für die laufende Periode dargestellt. Die Einnahmen werden als Erträge ausgewiesen und umfassen Landesmittel, Umsatzerlöse, Zuweisungen und Zuschüsse sowie sonstige Erträge. Die Ausgaben werden klassifiziert nach Aufwendungen, Personalaufwand, Instandhaltung und Bewirtschaftung sowie Rücklagen, die nicht verausgabte Mittel aus Vorjahren übertragen. Jede Hochschule muss selbstverständlich eigene Begrifflichkeiten definieren. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, die Aufwendungen detaillreicher zu benennen, etwa so wie in der Gewinn- und Verlustrechnung (siehe Abb. 12.5; Pos. 8 und 11). Die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben stellt schließlich das Ergebnis der Geschäftstätigkeit dar. Dadurch, dass der pagatorische Kostenbegriff im Erfolgsplan zugrunde gelegt wird, entspricht der Planwert mehr einer Budgetierung, der mit identischen Begrifflichkeiten zu einem
802
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
5-Jahres-Investitionsplan für die Hochschule erweitert wird, wenn die Organisationseinheiten vorab auf Hochschulebene konsolidiert wurden (vgl. Jaspersen 2008, S. 19; siehe Abb. 12.25). Teilplan Dritt- und Sondermittel Teilplan Studienbeiträge ergibt Teilplan Hochschulpakt Teilplan Landesmittel ERFOLGSPLAN Organisationseinheit
[Planjahr] Vorjahr
Jahr
Planjahr
I. Erträge aus Landesmitteln II. Umsatzerlöse, Zuweisungen und Zuschüsse III. Sonstige Erträge Summe Erträge IV. Aufwendungen/ Ausgaben V. Personalaufwand VI. Instandhaltung u. Bewirtschaftung VII. Rücklagen Summe Aufwendungen Ergebnis Geschäftstätigkeit Abb. 12.24: Operativer Erfolgsplan (nach Jaspersen)
Ausgehend von den strategischen Überlegungen zur Hochschulentwicklung sind die finanziellen Ressourcen langfristig zu planen und liefern einen Handlungsrahmen für die periodische Feinplanung der Organisationseinheiten. Im Gegenstromverfahren werden die Werte fixiert. Bei diesem Kommunikationsprozess zwischen den beteiligten Organisationseinheiten und dem Präsidium treten sowohl bei der strategischen Rahmenplanung als auch bei der operativen Feinplanung Interdependenzen zwischen Investitions- und Entwicklungsplanung auf (vgl. Jaspersen 2008, S. 16; siehe Abb. 12.26). So beeinflussen bspw. die Personalien einerseits die Höhe der Landesmittel, andererseits spiegelt der Personalaufwand die Personalsituation wider. Die Flächenausstattung kann nicht losgelöst von den Ausgaben für Instandhaltung und Bewirtschaftung geplant werden. Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie Weiterbildungen sind in den Umsatzerlösen und teilweise in den Aufwendungen (z. B. Reisekosten) enthalten. Aufwendungen entstehen ebenso durch Studien- und Serviceaktivitäten. Selbst innerhalb der Entwicklungsplanung sind gravierende Interdependenzen aufeinander abzustimmen. Es entsteht ein interdependentes Controllingsystem, welches iterativ von den internen Entscheidungsträgern langfristig und kurzfristig koordiniert mit Planwerten versehen wird, die entsprechend dem Führungsprozess und den darin festgelegten Zielen im Jahresverlauf durchzuführen und zu kontrollieren sind.
12.2 Hochschulcontrolling
ergibt
803
Erfolgsplan Organisationseinheit n … Erfolgsplan Organisationseinheit 1 HOCHSCHULERFOLGSPLAN
[Planjahr] Vorjahr
Jahr
[Planjahr]
Planjahr
+1
+2
+3
+4
I. Erträge aus Landesmitteln II. Umsatzerlöse, Zuweisungen, Zuschüsse III. Sonstige Erträge Summe Einnahmen IV. Aufwendungen/ Ausgaben V. Personalaufwand VI. Instandhaltung u. Bewirtschaftung VII. Rücklagen Summe Ausgaben Ergebnis Geschäftstätigkeit
Abb. 12.25: Taktisch-strategischer Hochschulinvestitionsplan (nach Jaspersen)
Teilplan Dritt- und Sondermittel Gliederung Entwicklungsplan fachlicher Einrichtungen
ergibt
Teilplan Studienbeiträge Teilplan Hochschulpakt Teilplan Landesmittel
0. Zusammenfassung 1. Personal 1.1 Derzeitiger Stand 1.2 Planungen
Interdependenzen
2. Flächenausstattung 2.1 Derzeitiger Stand 2.2 Planungen 3. Forschung und Entwicklung 3.1 Derzeitiger Stand 3.2 Planungen 4. Studienangebot 4.1 Derzeitiger Stand 4.2 Planungen 5. Weiterbildung 5.1 Derzeitiger Stand 5.2 Planungen
Erfolgsplan Organisationseinheit Vorjahr
Jahr
Planjahr
I. Erträge Landesmittel II. Umsatzerlöse/ Zuweisungen und Zuschüsse III. Sonstige Erträge Summe Erträge IV. Aufwendungen/ Ausgaben V. Personalaufwand VI. Instandhaltung u. Bewirtschaftung VII. Rücklagen Summe Ausgaben Ergebnis Geschäftstätigkeit
Abb. 12.26: Interdependenzen in der Entwicklungs- und Erfolgsplanung (nach Jaspersen)
12.2.2
Personal-Controlling
Der Personalplan einer Hochschulorganisationseinheit setzt sich aus den Teilplänen Personalaufwand, Personalbestand sowie Personalentwicklung zusammen. Die Teilpläne weisen die Werte für das Vorjahr und das Planjahr aus. Das laufende Jahr wird monatlich ausgewiesen, um steuernd auf den Planwert noch einwirken zu können.
804
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Aus dem monetär ausgerichteten Teilplan Personalaufwand werden die Summen für die Personalkategorien übernommen, um das Personal separat planen zu können. Zur Plandatengenerierung werden von der Hochschule bzw. vom Land Niedersachsen Personalkostensätze für den Besoldungs- und Tarifbereich jeder Gruppierung bereitgestellt, die in der Teilplanung integriert sind. Der Personalbestand wird nominal (nom.) und nach BeschäftigtenVollzeitäquivalenten (BVZÄ) entsprechend den Dienstbezeichnungsgruppen und Dienstbezeichnungen (siehe hierzu Statistisches Bundesamt 2011b, S. 196 ff.) kategorisiert und aggregiert im Personalplan der Organisationseinheiten ausgewiesen (vgl. Abb. 12.27). Danach wird das hauptberufliche Personal getrennt in wissenschaftliches und Verwaltungs-, technisches und sonstiges Personal und in nebenberufliches Personal wie Lehrbeauftragte. Als Ergebnis wird das Personal nach den drei Wertansätzen in den Personalkategorien und in Summe ausgewiesen. Davon werden als Teilergebnisse Frauen, weibliches wissenschaftliches Personal, neu ernannte Professoren, wissenschaftliches Personal und die gesetzlich vorgeschriebene finanzielle Obergrenze in Euro ausgewiesen. Teilplan Personalentwicklung ergibt Teilplan Personalbestand Teilplan Personalaufwand [Planjahr]
PERSONALPLAN Organisationseinheit Vorjahr nom.
Jahr
BVZÄ
€
nom.
Planjahr
BVZÄ
€
nom.
BVZÄ
€
I. Hauptberufl. wiss. u. künstl. Personal davon Professoren davon Neuberufungen davon wiss./künstl. Mitarbeiter II. Hauptberufl. Verw.-, techn. u. sonst. Personal davon Verwaltungspersonal davon technisches Personal III. Nebenberufliches Personal davon Lehrbeauftragte Ergebnis Personal davon Frauen davon weibl. wiss./künstl. Personal davon neu ernannte weibl. Professoren davon wissenschaftliches Personal davon finanzielle Obergrenze IV. Personalentwicklung Hauptberufl. wiss. u. künstl. Personal Inhalt Lehrveranstaltungen Didaktik Lehrveranstaltungen Forschungsbedingungen Zufriedenheit
mw
-
s
-
mw
-
s
mw
s
Hauptberufl. Verw.-, techn. u. sonst. Personal Aus- und Weiterbildung Vorgesetzte Zufriedenheit Commitment
Abb. 12.27: Operativer Personalplan (nach Täschner)
Der dritte Teilplan operationalisiert die Personalentwicklung des hauptberuflichen Personals. Anders als bei den anderen beiden Teilplänen kommt hier keine Standardverwaltungssoftware zur Istdatengenerierung zum Einsatz, sondern qualitätssicherungsorientierte Lehrevaluations- und Mitarbeiterbefragungssysteme messen durchgeführte Maßnahmen der Personalentwicklung mit Mittelwerten und Standardabweichungen. Ebenso weicht der zeitliche Hori-
12.2 Hochschulcontrolling
805
zont zu den anderen Teilplänen ab. Lehrevaluationen werden semesterweise oder für ein Studienjahr und Mitarbeiterbefragungen nur alle ein oder zwei Jahre durchgeführt. Der operative Personalplan kann in einer 5-Jahres-Planung der Hochschule eingebunden sein (siehe Abb. 12.28). So ist die Personalbedarfsplanung nicht nur abhängig von den Erfordernissen der Lehre, Forschung und Verwaltung, sondern auch von dem planmäßigen Freiwerden der Mitarbeiter der kommenden Jahre. Insbesondere für Professoren kann der Berichtstyp um eine Altersstrukturanalyse ergänzt werden, die aufzeigt, welche Pensionierungen in den nächsten fünf Jahren anfallen. Dadurch können auch Neuberufungen rechtzeitig initiiert, und so als Ergänzung unter der Position Professoren separat geplant werden. Personalplan Organisationseinheit 2 ergibt … Personalplan Organisationseinheit 1 HOCHSCHULPERSONALPLAN
[Planjahr] Vorjahr nom.
Jahr €
BVZÄ
nom.
+1
Planjahr €
BVZÄ
nom.
€
BVZÄ
nom.
+2 €
nom.
+3 €
nom.
+4 €
nom.
€
I. Hauptberufl. wiss. u. künstl. Personal davon Professoren davon Neuberufungen davon wiss./künstl. Mitarbeiter II. Hauptberufl. Verw.-, techn. u. sonst. Personal davon Verwaltungspersonal davon technisches Personal III. Nebenberufliches Personal davon Lehrbeauftragte Ergebnis Personal davon Frauen davon weibl. wiss./künstl. Personal davon neu ernannte weibl. Professoren davon wissenschaftliches Personal davon finanzielle Obergrenze IV. Personalentwicklung Hauptberufl. wiss. u. künstl. Personal Inhalt Lehrveranstaltungen Didaktik Lehrveranstaltungen Forschungsbedingungen Zufriedenheit
mw
-
s
-
mw
-
s
mw
-
s
-
mw
-
mw
-
mw
mw
Hauptberufl. Verw.-, techn. u. sonst. Personal Aus- und Weiterbildung Vorgesetzte Zufriedenheit Commitment
Abb. 12.28: Taktisch-strategischer Hochschulpersonalplan (nach Täschner)
12.2.3
Flächen-Controlling
Mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse sowie steigende Studienanfängerzahlen hat die wirtschaftliche Nutzung der Flächenressource in Hochschulen stark zugenommen (siehe hierzu Moog/Vogel 2006, S. 14 ff.; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 122). Dabei wird der Flächen- und Raumbedarf in der Lehre einerseits quantitativ durch die Anzahl der Studienplätze und der Studienanfänger, Verlaufs- und Übergansgquoten (Bachelor auf Master), Studiendauern, -umfang sowie Präsenzzeiten usw. beeinflusst, aber auch qualitativ durch die Studienstruktur und -organisation oder die Art der Lehrveranstaltungen wie Seminar, Übung oder Vorlesung (vgl. Vogel 2006, S. 67). Insbesondere ist in Zukunft von anhaltend hohen Studienanfängerzahlen bis zum Jahr 2025 auszugehen (vgl. KMK 2012, S. 1 ff.), sodass der Flächenbestand mit einem objektiv ermittelten Flächenbedarf
806
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
zu bilanzieren ist und den Organisationseinheiten sinnvoll Anreize zur wirtschaftlichen Nutzung gesetzt werden können, um die Ressource effizient zu steuern. Teilplan Prämien Teilplan Nutzungsentgelte ergibt Teilplan Flächenbedarf Teilplan Flächenbestand FLÄCHENPLAN Organisationseinheit
I. Grundausstattung Büroflächen Fachspezifische Flächen Werkstätten und Lager Bibliothek Praktika Rechnerräume Hörsäle Seminarräume
[Planjahr] Vorjahr 2 m
Jahr 2
m
Planjahr 2 m
Summe Grundausstattung davon kapazitätswirksam II. Drittmittel III. Zusatzflächen Ergebnis Flächenbilanz IV. Nutzungsentgelte V. Prämien Ergebnis Flächenentgelte Abb. 12.29: Operativer Flächenplan (nach Täschner)
Der Flächenplan bilanziert insofern die Teilpläne Flächenbestand und Flächenbedarf, indem für das Vorjahr in das laufende Jahr jeweils zum 1. Oktober die Flächenbestände angegeben werden und durch den Flächenbedarf als Planwert ergänzt werden. Dadurch werden Ist-Istund Plan-Ist-Abweichungsanalysen ermöglicht (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.29). Der Stichtag zum 1. Oktober ergibt sich aus dem Hochschulstatistikgesetz (§ 3 Nr. 5 HStatG) und die Ergebnisse des Flächenplans können, falls nötig, mit der externen Berichterstattung abgeglichen werden. Die Flächenplanung operiert mit der (Haupt-)Nutzfläche in Quadratmeter als Summe der nutzbaren Grundflächen differenziert nach kapazitätswirksamer Grund-
12.2 Hochschulcontrolling
807
ausstattung, unwirksamer Drittmittelforschung und Zusatzflächen, wie z. B. Sport oder Tierhaltung (vgl. DIN 277; Planungsausschuss für den Hochschulbau 2006, S. 73 f.). Die kapazitätswirksamen Flächen werden u. a. zur Berechnung der Studienplätze berücksichtigt (vgl. § 15 KapVO) und werden daher separat nach Organisationseinheiten ausgewiesen.
Abb. 12.30: Teilplan Flächenbedarf (nach Täschner)
Die Flächen der Grundausstattung und der Drittmittelforschung werden nach Nutzungsbereichen der Hochschul-Informations-System GmbH weiter klassifiziert (vgl. Ritter/Hansel
808
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
2005, S. 23), um bedarfsgerechte Flächenwerte ermitteln zu können. Zunächst wird im Teilplan Flächenbestand der Flächenbestand je Nutzungsbereich hinsichtlich Umlagen aus gemeinsamen Einrichtungen und zentralen Lehrflächen sowie Abzügen aus Kapazitätswirksamkeit oder Nutzungsuntauglichkeit zum bewerteten Flächenbestand korrigiert. Dieser lässt sich dem Flächenbedarf gegenüberstellen, der sich aus Parametern ergibt, die den Ansprüchen der Professoren, Mitarbeiter und Studierenden entsprechen (siehe hierzu auch Weidner-Russell 2005, S. 25 ff.). Das Verfahren der Flächenbedarfsermittlung operiert als Input-Output-Modell (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.30 mit Beispielwerten). Als Inputgrößen dienen Personalstellen und Normstudienplätze nach Semesterwochenstunden pro Curricularwert (SWS/CNW) sowie eventuell das Arbeitsprofil für fachspezifische Flächen, wie sie für die Elektrotechnik anfallen (siehe hierzu Ritter/Hansel 2005, Anhang A). Nach der Berechnung des Flächenbedarfs je Nutzungsbereich ergibt sich durch Addition der Flächenbedarf der Organisationseinheit.
Abb. 12.31: Koppelung grafischer und numerischer Datenbestände (nach Universität Hannover)
12.2 Hochschulcontrolling
809
Die operative Flächenplanung mit der Bilanzierung von Flächenbedarfen und Flächenbeständen integriert ein Anreizsystem. Durch Nutzungsentgelte für „überschüssige“ Flächen ist von der nutzenden Organisationseinheit ein Entgelt zu zahlen. Natürlich entspricht das Entgelt nicht den tatsächlichen Nutzungskosten im Sinne einer Miete. Stattdessen soll der Betrag einen Anreiz auslösen, die zu viel genutzte Fläche abzugeben. Die Abgabe von Flächen kann zusätzlich durch Prämienzahlungen honoriert werden. Das Anreizsystem verfolgt damit den Zweck, die genutzten Immobilien unter den Nutzern zu „mobilisieren“ und soll durch die Monetarisierung der überschüssigen Flächen zugleich das Kostenbewusstsein für die unentgeltlich genutzten Gebäude unter den Nutzern schärfen. Die Erträge können zweckgebunden für Bauinvestitionen zurückgehalten werden und in einen Pool verbucht werden. Die Höhe der Nutzungsentgelte sollte grundsätzlich die Organisationseinheiten nicht überbelasten, und die Aushandlung ist ebenfalls Teil des Planungsprozesses bzw. kann in den Gremien beschlossen werden. Die strategische Erweiterung um einen 5-Jahres-Flächenplan beinhaltet die Kommunikation der Entscheidungsträger zur baulichen Entwicklung in denjenigen Nutzungsbereichen, die eine permanente Unterauslastung ausweisen. Korrespondierende Bauinvestitionen zu den geplanten Vorhaben befinden sich im Hochschulinvestitionsplan. Die Umsetzung der baulichen Entwicklungsplanung ist nicht nur in den CAD-Systemen zu dokumentieren, sondern muss zu den kaufmännischen Datenbanken gekoppelt sein (vgl. Universität Hannover 2011, S. 8.; siehe Abb. 12.31), um ein Flächenmanagement zu ermöglichen, das auf einer Flächenbilanzierung aufsetzt, wie es hier vorgestellt wird. Dazu bietet sich der Einsatz von Computer Aided Facility Management (CAFM)-Systemen an, die erstens transaktionale Buchungen zu baulichen Veränderungen vornehmen und zweitens statistische Berichte anfertigen. CAFM-Systeme koppeln folglich grafische mit alphanumerischen Daten. Ausgangspunkt sind die Gebäudedarstellungen in Form von Grundrissen als CADDaten, die als numerische Daten in Tabellen exportiert werden, um sie alsdann weiterzuverarbeiten. „Die Informationsbasis eines CAFM-Systems bildet eine Datenbank, in der alle gebäudespezifischen Daten gespeichert sind, die dann entsprechend den Anforderungen aufbereitet den Nutzern zur Verfügung gestellt werden können. Die Bereitstellung kann in Listen (Inventar, Schlüssel, Anlagen, ...), Grafiken oder als Exportdaten für andere ITProgramme (z. B. MS-Excel, MS-Access) erfolgen. Mit den Daten ist es möglich, definierte Kennzahlen und Berichte, bspw. für Benchmarkings und Controlling zu erstellen sowie das Management bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen“ (Domscheit 2010, S. 5).
12.2.4
Forschungs-Controlling
Der operative Forschungsplan weist die verausgabten Drittmittel nach Mittelherkunft aus (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.32). Werden im Teilplan Drittmittel und Sondermittel des Erfolgsplans die Drittmitteleinnahmen und -ausgaben noch als Summe ausgewiesen, werden im Forschungsplan die beantragten und bewilligten Mittelabrufe sowie die verausgabten Mittel nach Vorjahr, Jahr und Planjahr je Mittelherkunft aus dem Teilplan Abrechnung je Forschungsprojekt entnommen und nach Herkünften klassifiziert. Der Teilplan Abrechnung ist so gestaltet, dass er in Summe den Teilplan Drittmittel und Sondermittel ergibt. Ergänzt werden die Informationen um die Anzahl an Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie
810
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
um laufende Anträge in Begutachtungsverfahren. Gegebenenfalls sind Konsolidierungen von An-Instituten, Kompetenzzentren o. Ä. durchzuführen, wenn die Teilpläne einer Organisationseinheit zugeordnet werden. Es werden für die leistungsorientierte Mittelvergabe relevante Drittmittel ohne Weiterbildung und die Anzahl der Forschungsschwerpunkte gesondert ausgewiesen. Beim Ausweis von kooperativen Projekten muss darauf geachtet werden, dass eine Konsolidierung über die betreffenden Organisationseinheiten stattfinden kann, da derartige Projekte oftmals mehr als eine Organisationseinheit betreffen. Teilplan Forschungsprojekt n - Abrechnung, Forschungsleistungen ergibt … Teilplan Forschungsprojekt 1 - Abrechnung, Forschungsleistungen [Planjahr]
FORSCHUNGSPLAN Organisationseinheit I. Drittmittel nach Herkunft DFG EFRE, ESF Bund EU Aufträge Dritter Sonstige Nachrichtlich: Sondermittel
Vorjahr Jahr Bea.* Bew.* Ver.* Bea.* Bew.*
Planjahr Ver.* Bea.* Bew.* Ver.*
Ergebnis Drittmittel nach Herkunft davon formelrelevant II. Forschungs- und Entwicklungsprojekte # Projekte # lfd. Ant. # Projekte # lfd. Ant. # Projekte # lfd. Ant. DFG EFRE, ESF Bund EU Aufträge Dritter Sonstige Nachrichtlich: Sondermittel Interne F&E-Projekte Ergebnis F&E-Projekte davon Forschungsschwerpunkte III. Verwertungen Publikationen Patente Auszeichnungen und Preise Ausgründungen Kooperationen IV. Förderung wiss./ künstl. Nachwuchs Promotionen Masterarbeiten Bachelorarbeiten Studienprojekte
#
#
#
Vorstudienjahr #
Studienjahr #
Planstudienjahr #
V. Forschungsförderung Lehrermäßigungen (LVS) Forschungssemester (#) Geldwerte Eigenleistungen (€) Hochschulfördermittel (€) Dezentrale Fördermittel (€) *Bea. = Beantragte Mittel
Abb. 12.32: operativer Forschungsplan (nach Täschner)
Bew. = Bewilligte Mittel
Ver. = Verausgabte Mittel
12.2 Hochschulcontrolling
811
Die Begriffskategorien des Forschungsplans orientieren sich an den Vorgaben der Arbeitsgruppe NDS Finanzen zur sachlichen Ertragsdifferenzierung in der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Dölle/Rupp/Niermann 2010, S. 17 f.). Danach ist eine Kontenzuweisung für die Istdatengenerierung gegeben, wenn entsprechende Kostenstellen für die Projekte (sog. Projektstellen) eingerichtet werden. Verwertungen beschreiben die Wirkungsperspektive von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Sie umfassen bspw. Publikationen oder Herausgeberschaften für die Fach-Community, die im Teilplan Forschungsleistungen natürlich differenzierter klassifiziert werden können. Weitere Verwertungen können Patente, Preise, wissenschaftliche Veranstaltungen oder Spin-off-Unternehmen sein. Wenn möglich, können auch Arbeitsplätze in der Wirtschaft oder Anschlussprojekte geplant werden. Mit der Forschungsplanung ist insbesondere auch die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses und die Integration der Forschung in die Lehre verbunden. Dazu zählen Promotionen und Habilitationen. Sofern aus der Forschung heraus Bacheloroder Masterarbeiten oder Studienprojekte entstehen können, sind diese ebenfalls zur Nachwuchsförderung zu planen. Die Forschungsförderung zielt auf die Forschung selbst ab. Die Forschungsförderung an Hochschulen beruht auf Lehrermäßigungen und Forschungssemestern. Darüber hinaus beteiligen sich die Hochschulen durch geldwerte Eigenleistungen in Form von Freistellungen von Stammpersonal oder bereitgestellter Infrastruktur wie Räumen, Geräten oder Hard- und Software an der Forschung. Forschungsförderung kann auch auf zentralen oder dezentralen Fördermitteln aus Forschungspools beruhen, die kriterien- oder richtlinienorientiert vergeben werden können. Parameter der leistungsorientierten Mittelvergabe können bei der Bildung von Kriterien herangezogen werden (siehe hierzu bspw. Kreysing 2008, S. 19 ff.). Die operative Forschungsplanung als periodische Feinplanung ist in der 5-Jahres-Planung eingebunden. Nach der Konsolidierung der Organisationseinheiten zu einem Hochschulforschungsplan steht die jährliche Rahmenplanung an. In der Rahmenplanung werden in monetärer Hinsicht nur die beantragten Mittel geplant, da Bewilligungen von den Mittelgebern abhängen. Verausgabte Mittel hängen wiederum von den Bewilligungen ab. Sie werden daher ebenfalls nicht geplant. Hinter den beantragten Mitteln stehen die Projekte selbst, die wiederum im Rahmenplan mitgeplant werden.
12.2.5
Studierenden-, Absolventen- und Lehr-Controlling
Die Planung der Studierenden hängt natürlich nicht nur von den hochschulseitig beeinflussbaren Studienbedingungen ab, sondern auch allgemein von den Eingangsvoraussetzungen der Studierenden sowie deren Studier- und Lernverhalten und sehr unterschiedlichen Kontextbedingungen, wie etwa Erwerbstätigkeiten (siehe hierzu Blüthmann/Lepa/Thiel 2008, S. 145). Dennoch können natürlich zielkonforme Plandaten auf Studiengangsebene gesetzt und entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden, um die Pläne zu verwirklichen. Der Studienerfolgsplan einer Organisationseinheit setzt sich aus Teilplänen der zugeordneten Studiengänge nach Studierenden und Absolventen sowie einem Teilplan Lehre zusammen (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.33). Der zeitliche Horizont beträgt ein Studienjahr.
812
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Organisationseinheit n ergibt … Organisationseinheit 1 HOCHSCHULSTUDIENPLAN
[Plansstudienjahr] Vorstudien- Studienjahr Planstudienjahr jahr
I. Studiengänge Bachelorstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend Masterstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend Ergebnis Studiengänge II. Studierende Aufnahmekapazität (#) Studienanfänger 1. Fachsemester (#) Studierende (VZÄ) davon weiblich Normstudienplätze (SWS/CNW) Bildungsausländer (#) Ins Ausland gehende Studierende (#) Studierende in der RSZ (VZÄ) 1. Studienabschnittsdauer Bachelor (mw in Sem.) Studiendauer Bachelor (mw. in Fachsem.) Exmatrikulationen (#) III. Absolventen Absolventenabschlüsse (#) davon Bachelor davon weiblich davon ausländischer Herkunft RSZ-gewichtete Absolventen Studienangebote/-bedingungen (mw) Zufriedenheit mit Abschluss (mw) Zufriedenheit berufliche Entwicklung (mw) IV. Lehre Auslastung (%)
Abb. 12.33: operativer Studienerfolgsplan (nach Täschner)
Die einzelnen Studiengangspläne weisen den Studienerfolg semesterweise aus. Zunächst werden die Studiengänge an sich hinsichtlich anlaufend und auslaufend konsolidiert. Zwar erhält man dadurch keine qualitativ-inhaltlichen Größen – dies erfolgt mindestens in den Modulhandbüchern der Studiengänge – aber der Ausweis fasst Planungen für die Einrichtung und die Abwicklung von Studiengängen quantitativ zusammen. Anschließend operationalisieren Studierendenzahlen den Studienerfolg. Um eine interne und externe Anschlussfähigkeit sowie Kommunikation sicherzustellen, orientieren sich die Begrifflichkeiten an der Kapazitätsverordnung, dem HIS-Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleich, der leistungsorientierten Mittelvergabe sowie weiteren Plangrößen, die auch zu Vergleichszwecken herangezogen werden können. Die absolventenbezogenen Plangrößen
12.2 Hochschulcontrolling
813
zielen ebenfalls auf eine kommunikative Anschlussfähigkeit ab und setzen sich aus Größen der leistungsorientierten Mittelvergabe, der HIS GmbH sowie des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung (INCHER) zusammen, um den Studienerfolg der Absolventen zum Wettbewerb vergleichen zu können. Obwohl durchaus kompatibel, lassen sich nicht alle Plangrößen der Teilpläne sinnvoll konsolidieren. So ist bspw. die Bachelorabschlussnote zwar sinnvoll vergleichbar auf Studiengangsebene und methodisch sogar bis auf Hochschulebene konsolidierungsfähig, aber inhaltlich nicht vergleichbar und damit inkommensurabel. Selbiges gilt für erworbene Kompetenzen, die auch abhängig sind von den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Der Lehrplan hat im Gegensatz zu den Studiengangsplänen zur Kapazitätsberechnung ein Studienjahr als zeitlichen Horizont. Aus dem Lehrplan wird getrennt nach Lehreinheiten für die Organisationseinheit die prozentuale Auslastung als Quotient aus der Lehrnachfrage und dem unbereinigten Lehrangebot (in Semesterwochenstunden) zur Berechnung übernommen (siehe hierzu Dölle/Rupp/Niermann 2010, S. 178). Der operative Studienerfolgsplan lässt sich in den Kategorien Studiengänge, Studierende und Absolventen zu einem hochschulweiten Studienerfolgsplan zusammenfügen und in einer 5Jahres-Rahmenplanung einbinden (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.34). Dies ist für die Kategorie Lehre nicht möglich, da Lehreinheiten nicht kommensurabel sind. Wenn auch durch Lehrimporte aus anderen Lehreinheiten Unterauslastungen kompensiert werden können, so gilt dies aus fachlichen Gründen nicht generell. Ingenieure lassen sich in der Lehre bspw. nur sehr bedingt für die Ausbildung von Designern einsetzen. Trotz der geringen Beeinflussbarkeit einer Kennzahl Gesamtauslastung der Hochschule wird aufgrund der politischen und kommunikativen Wirkung nach außen die Kennzahl ausgewiesen. Die Beeinflussbarkeit dieser Kennzahl ist erst auf Ebene der Organisationseinheiten gegeben. Organisationseinheit n ergibt … Organisationseinheit 1 HOCHSCHULSTUDIENPLAN
[Plansstudienjahr]
HOCHSCHULSTUDIENPLAN
Vorstudien- Studienjahr Planstudienjahr jahr
[Planstudienjahr] Planstudienjahr
I. Studiengänge Bachelorstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend Masterstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend
I. Studiengänge Bachelorstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend Masterstudiengänge davon anlaufend davon auslaufend
Ergebnis Studiengänge
Ergebnis Studiengänge
II. Studierende Aufnahmekapazität (#) Studienanfänger 1. Fachsemester (#) Studierende (VZÄ) davon weiblich Normstudienplätze (SWS/CNW) Bildungsausländer (#) Ins Ausland gehende Studierende (#) Studierende in der RSZ (VZÄ) 1. Studienabschnittsdauer Bachelor (mw in Sem.) Studiendauer Bachelor (mw. in Fachsem.) Exmatrikulationen (#)
II. Studierende Aufnahmekapazität (#) Studienanfänger 1. Fachsemester (#) Studierende (VZÄ) davon weiblich Normstudienplätze (SWS/CNW) Bildungsausländer (#) Ins Ausland gehende Studierende (#) Studierende in der RSZ (VZÄ) 1. Studienabschnittsdauer Bachelor (mw in Sem.) Studiendauer Bachelor (mw. in Fachsem.) Exmatrikulationen (#)
III. Absolventen Absolventenabschlüsse (#) davon Bachelor davon weiblich davon ausländischer Herkunft RSZ-gewichtete Absolventen Studienangebote/-bedingungen (mw) Zufriedenheit mit Abschluss (mw) Zufriedenheit berufliche Entwicklung (mw)
III. Absolventen Absolventenabschlüsse (#) davon Bachelor davon weiblich davon ausländischer Herkunft RSZ-gewichtete Absolventen (#) Studienangebote/-bedingungen (mw) Zufriedenheit mit Abschluss (mw) Zufriedenheit berufliche Entwicklung (mw)
IV. Lehre Auslastung (%)
IV. Lehre Auslastung (%)
Abb. 12.34 Taktisch-strategischer Hochschul-Studienerfolgsplan (nach Täschner)
+1
+2
+3
+4
814
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Der strategische Studienerfolgsplan bietet sich zugleich als Ausgangspunkt der gesamten Rahmenplanung an. Ausgehend von den erwarteten Studierendenzahlen in den kommenden Jahren ergeben sich vielfältige Interdependenzen an andere Planungsbereiche, die den Kommunikationsprozess unter den Entscheidungsträgern auslösen:
Die Lehrnachfrage der Studierenden muss durch das Lehrangebot der Dozenten aufgefangen werden. Es ergeben sich Anforderungen an die Personalplanung – insbesondere an die kapazitätswirksamen Mitarbeiter. Die Lehre findet in den Räumen der Hochschulen statt. Werden steigende Studierendenzahlen erwartet, sind zusätzliche Flächen zu planen und bereitzustellen. In Abhängigkeit von der Lehre wird an Hochschulen der verfügbare Rahmen für Forschungsaktivitäten festgelegt. Weiterbildung etabliert sich als weitere Form der Dienstleistungen in Hochschulen und ist deshalb nicht völlig isoliert zu anderen Planungsbereichen zu sehen. Die Weiterbildung findet in den Räumen der Hochschulen statt und wird teilweise von deren Dozenten erbracht. Die Anrechnung von geleisteten Stunden in das Lehrdeputat würde zu einer weiteren Verflechtung mit der Lehre führen und damit stringente Koordinationsmechanismen bzw. kommunikative Abstimmungsprozesse erfordern. Die vom Land und anderen Gebern zugesagten finanziellen Mittel sind weitere Restriktionen der Rahmenplanung und sind auf die Leistungserstellung in Forschung, Lehre und Weiterbildung sowie deren Inputs (Personal, Flächen, Sachmitteln) abzustimmen. Im Umkehrschluss kann eine intensiv geführte Rahmenplanung dazu beitragen, dem Land aufzuzeigen, welche finanziellen Mittel zur Leistungserstellung notwendig sind.
12.2.6
Hochschul-Balanced Scorecard
Obwohl mehrere theoretische Ansätze der Übertragung von erwerbswirtschaftlichen Balanced Scorecards auf öffentliche Einrichtungen existieren (siehe hierzu Kohlstock 2009, S. 22), wird deren Umsetzung in Hochschulen bislang selten verfolgt (vgl. HRK 2010, S. 11). Dennoch wird vermutet, dass eine Balanced Scorecard das Problem der einfachen Maßnahmenregulierung von Zielvereinbarungen überwinden kann (vgl. Ziegele 2006, S. 88) und langfristig gemeinsame Werte nach außen trägt und auch in die Organisation hinein kommuniziert. Durch die Bildung von verbindlichen Erfolgskennzahlen lassen sich Handlungen profilbildend hochschulweit koordinieren. Dadurch steigt letztendlich das oftmals von den Hochschulen geforderte strategische Denken und Handeln auf allen Ebenen der Hochschulen. Der Balanced Scorecard wird dabei in Zukunft die größte Bedeutung beigemessen (vgl. Dworski/Gamm/Gottlieb/Junga 2006, S. 32). Die Balanced Scorecard in Hochschulen operationalisiert das Zielsystem durch wenige Indikatoren nach Zielinhalt, Zielausmaß und Zeitbezug aus verschiedenen Perspektiven. Durch den Einbezug von Indikatoren als Erfolgskennzahlen werden indirekt die Sachziele der Hochschule gemessen. Ein Ziel kann durchaus mit mehreren Indikatoren operationalisiert werden, um das Operationalisierungsproblem zu lösen (vgl. Budäus/Buchholtz 1997, S. 325). „Indikatoren sollen über die Anforderungen an Kennzahlen hinausgehend auf einem theoretischen Konzept basieren“ (Krempkow 2009, S. 45). So operationalisiert das Berichtssystem durch wohldefinierte Indikatoren die Handlungsfelder, die in der Balanced Scorecard zu
12.2 Hochschulcontrolling
815
Erfolgskennzahlen verdichtet werden. Die Hochschul-Balanced Scorecard stellt sich damit als ein Konstrukt der Auswertungsrechnung dar, mit dem sich der Erfolg einer Hochschule messen lässt. Die Balanced Scorecard wird in diesem Kontext häufig auch als PerformanceMeasurement-Instrument klassifiziert (vgl. Gleich 2011, S. 24 f. sowie 190 ff.). Atteslander (2008, S. 43; vgl. Abb. 12.35) verdeutlicht den Operationalisierungsvorgang an einem kurzen Beispiel. Hiernach ergibt sich der Studienerfolg durch die Variablen attestierte Leistung und Fähigkeit zur kooperativen Problemlösung. Die attestierten Leistungen können wiederum durch die Indikatoren Noten, Studiendauer und Wiederholungen operationalisiert werden. Begriff
Variablen
Studienerfolg
attestierte Leistung
Fähigkeit zur kooperativen Problemlösung analytisch, wissenschaftlich
Indikatoren
Noten Klausurnoten
Studiendauer
Teamfähigkeit
Wiederholungen
Vordiplom Hauptdiplom
Abb. 12.35: Operationalisierung des Begriffs Studienerfolg (nach Atteslander)
Der Konsens zwischen der Hochschulleitung und den beteiligten Organisationseinheiten über die gemeinsamen Ansprüche und Wertvorstellungen bildet den Ausgangspunkt der Entwicklung einer Hochschul-Balanced Scorecard. Üblicherweise werden die Ansprüche verbal in Leitbildern im Rahmen von Strategieworkshops formuliert und können durch die Definition von Zielen und korrespondierenden Indikatoren mit (Soll-)Wertvorstellungen in der Hochschul-Balanced Scorecard formalisiert werden. Die Indikatoren kommissionieren sich aus den Berichten für die Hochschule und für jede Organisationseinheit. So gelten in allen festgelegten Berichtshierarchien der Hochschule identische und verbindliche Ziele und Indikatoren, zu denen die Organisationseinheiten ihre Wertvorstellungen als Sollwerte und Maßnahmen zur Zielerreichung in weiteren Workshops festlegen. Die Kopplung zum Berichtssystem bewirkt eine interpretationsfreie Kommunikation auf allen Ebenen sowie die automatisierte Istdatengenerierung in der Balanced Scorecard und Vorgaben für das Berichtssystem. Die geleisteten Istwerte werden im Berichtssystem gemessen und zu den festgelegten Indikatoren und Zeitpunkten in der Hochschul-Balanced Scorecard verdichtet. Dadurch wird der Zielerreichungsgrad der Organisationseinheiten sichtbar und Maßnahmen zur Beeinflussung können durchgeführt werden. Periodisch gesehen weisen die Zielerreichungsgrade einen Trend aus. Neben der Transparenz über den Erfolg der Zielerreichung kommuniziert die Balanced Scorecard nach innen und außen die
816
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
strategische Ausrichtung sowie die Profile der Organisationseinheiten und das der gesamten Hochschule. Die Hochschul-Balanced Scorecard kann in dieser Funktion natürlich auch in Zielvereinbarungsprozessen hilfreich sein, da sie eine klare Ausrichtung der Hochschule und der Organisationseinheiten vorgibt. Hochschulintern lässt sich ein Anreizsystem ähnlich der leistungsorientierten Mittelvergabe als Bestandteil der Budgetierung anbinden, um die Wirksamkeit und Nutzung des Modells zu unterstützen. Dabei muss vorausgesetzt sein, dass alle Indikatoren für alle Organisationseinheiten gelten. Selbstverständlich kann das Anreizsystem auch nur für fachliche Einrichtungen und getrennt nach Fächergruppen angewendet werden. Jeder Berichtstyp der Grundrechnung nimmt eine Perspektive ein, die unterschiedliche Fragestellungen der hochschulischen Anspruchsgruppen thematisiert:
Finanzen: Wie erhalten wir unsere finanzielle Handlungsfähigkeit? Personal: Wie entwickeln wir unsere Mitarbeiter? Flächen: Wie verbessern wir unsere Infrastruktur? Studierende, Absolventen und Lehre: Wie erfüllen wir unseren Bildungsauftrag? Forschung und Entwicklung: Was tragen wir zur Innovation bei? Dienstleistung: Wie verbessern wir unsere Prozesse und Angebote? Weiterbildung: Was tragen wir zum lebenslangen Lernen bei?
Ziele und Indikatoren
Balanced Scorecard Organisationseinheit n … Balanced Scorecard Organisationseinheit 1 HOCHSCHUL-BALANCED SCORECARD Ziel I. FINANZEN Finanzielle Handlungsfähigkeit Flächen Studium & Lehre Forschung II. PERSONAL Personalbesetzung
Indikator
16.03.2012
Zeitraum: 2010 - 2014 Trend
Halbjahr Ziel Zieler[2/2011] [2/2011] reichung
Maßnahmen
Ergebnis Geschäftstätigkeit (€) Investitionen pro Nutzfläche (€ / qm) Investitionen pro Studierender in der RSZ (€) Drittmittel pro Professur (€)
910 8,99 7590 29450
900 14,67 7530 31280
X X X
Keine In Planung Keine Keine
Ergebnis Personal (BVZÄ) Finanzielle Obergrenze (€) Frauenquote wiss. Personal (%) Zufriedenheit Verw.-, techn.-,u. sonst. Personal (mw)
744,4 17795 14,8% 2,7
746,4 17890 17,6% 3,2
X X X
In Planung In Planung In der Durchführung Keine
43795
49624
X
Keine
93% 1394 7971 12,1% 12,1% 77% 4,3
98% 1394 7965 13% 35% 75% 4,5
X X X X X
Keine In der Durchführung In der Durchführung Abgeschlossen Abgeschlossen Keine Abgeschlossen
5334890 5248200 54 51 29 59 42 42
X
Abgeschlossen Abgeschlossen In Planung Keine
26,7% 100417 49% 3,9% 39
X X X
Keine Keine Keine In Planung Keine
Weibliches wiss. Personal Mitarbeiterentwicklung III. FLÄCHEN Ergebnis Flächenbilanz (qm) Flächenbilanzierung IV. STUDIERENDE, ABSOLVENTEN & LEHRE (Studienjahr) Ergebnis Auslastung (%) Auslastung Aufnahmekapazität (#) Studierende Normstudienplätze (SWS/CNW) Bildungsausländerquote (%) Internationalität Outgoingquote (%) RSZ-Absolventenquote (%) Absolventen Zufriedenheit berufliche Entwicklung (mw) V. FORSCHUNG & ENTWICKLUNG Ergebnis Drittmittel nach Herkunft (€) Drittmittel Ergebnis F&E-Projekte (#) Forschungsprojekte Publikationen (#) Publikationstätigkeiten Promotionen (#) Förderungen VI. DIENSTLEISTUNG UND WEITERBILDUNG Vermittlungsquote (%) Career Service Ergebnis Buchausleihungen (#) Bibliothek Sachinvestitionen RZ an Sachinvestitionen (%) Rechenzentrum Erträge aus Weiterbildungen / Gesamterträge (%) Weiterbildung Weiterbildungsangebote (#)
30,0% 101000 49% 4,0% 39
Abb. 12.36: Hochschul-Balanced Scorecard (nach Täschner)
Mit diesen sieben Perspektiven entsteht entsprechend dem Qualitätsmanagementsystem (vgl. Abb. 12.19) ein Ursache-Wirkungs-Modell, wie es in der Strategy Map verfolgt wird siehe
12.2 Hochschulcontrolling
817
hierzu Kapitel 8.1.2). Sowohl die Finanzen als auch das Personal und die Flächen wirken sich auf die Ergebnisse der Leistungserstellung in Forschung, Lehre, Dienstleistung und Weiterbildung aus. Des Weiteren erfolgt auf Basis der interdependenten Handlungsfelder eine ausgewogene Betrachtung des Zielsystems, welches die Werte von Anspruchsgruppen wie Mitarbeitern, Studierenden, Koorperationspartnern etc. integriert. Um das Modell zu verdeutlichen, werden nachfolgend mit beispielhaften Zielen, Indikatoren und Werten der Aufbau und die Funktionsweise der Hochschul-Balanced Scorecard aufgezeigt (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.36). Die Perspektiven Dienstleistung und Weiterbildung sind dabei zusammengefasst worden. Natürlich lässt sich die Weiterbildung auch unter dem Handlungsfeld der Studierendenperspektive subsumieren oder gar eigenständig betreiben. O-Einheit:
Hochschule
Zeitraum:
Ziel:
Studierende
Indikator: Normstudienplätze (SWS/CNW)
Die Hochschule erhöht mittelfristig ihre Studierendenzahlen.
Perspektive:
Studierende, Absolventen & Lehre
Zeitbezug:
Studienjahr
Maßnahmen:
In der Durchführung
Maßnahmenbeschreibung und -begründung:
Stand der Zielerreichung:
WS/SS WS SS WS SS WS SS WS SS WS SS
bis
2014
16.03.2012
Indikatorbeschreibung:
Der Indikator misst die Studienkapazität aus dem Lehrangebot unter Berücksichtigung der Regelstudienzeit und des curricularen Normwerts.
Formel Indikator:
Lehrangebot (SWS) * RSZ / CNW des Studiengangs
Quellberichte Hochschulstudienerfolgsplan und Ansprechperson:
Fr. Lambert / Stud.verwaltung / Tel. -3456
Fina Pers Fläc Stud Fors Dien Ges Stud
02.2010: Ein Konzept zur Erweiterung des Studienangebots soll erarbeitet werden, um zusätzliche Studierende aufnehmen zu können
02.2010: Abschluss der Konzeption mit 3 neuen Studiengängen 02.2010: Beginn der Studiengangsentwicklung 08.2011: Studiengänge "Online-BWL" und "Design-Informatik" sind akkreditiert
Studienjahr 2010 2010 2011 2011 2012 2012 2013 2013 2014 2014
Zielwert
Istwert
7792 7730 7715 7965 7997 7965 7917 7917 8059 8038
7743 7745 7698 7971 7978
Trend 8100
X X X X X X X X
8000 7900
Wert
Zielbeschreibung:
2010
7800 7700 7600 7500 WS
SS
WS Zielwert
SS
WS
Istwert
SS
WS
SS
WS
SS
Gleitender Durchschnitt IST
Abb. 12.37: Ziel-Dashboard einer Balanced Scorecard (nach Täschner)
Die wenigen Indikatoren, die die Hochschulziele messen sollen, setzen sich aus den Begriffen der einzelnen Berichtstypen zusammen. Grundsätzlich werden für die HochschulBalanced Scorecard die verdichteten Begriffe ausgewählt, um das Berichtssystem begrifflich in Gänze erfassen zu können. Bspw. lässt sich der Begriff „Personalbestand“ in hauptberuflich wissenschaftliches und künstlerisches Personal, hauptberufliches Verwaltungs-, technisches und sonstiges Personal sowie nebenberufliches Personal einteilen. Die Wahl der Wertkategorie – in der Personalbesetzung entsprechend nominal, BeschäftigtenVollzeitäquivalente (BVZÄ) oder Euro – ist abhängig von der bezweckten Aussage. Ist z. B. die Besetzung der offenen Stellen ein primäres Organisationsziel, dann ist die Kategorie BVZÄ ausschlaggebend für den Wert des Indikators.
818
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
Daneben kann es natürlich eine Reihe von Ausnahmen geben, um spezifische Sachverhalte abzubilden, die einen strategischen Charakter aufweisen. So kann bspw. die Internationalität der Studierenden eine wichtige Rolle in der Ausbildung einnehmen. Die ins Ausland gehenden Studierenden („Outgoings“) sind schließlich eine Menge der gesamten Studierenden. Ein Indikator der das Ziel Internationalität erhöhen misst, wird dann durch das Verhältnis beider Begriffe gebildet. Ein weiterer Fall ist das Ziel Förderung von Frauen in der Wissenschaft. Auch hier können relative Kennzahlen zur Gesamtmenge gebildet werden, um die Zielerreichung zu messen. Wie es in integrierten Controllingsystemen verfolgt wird, ist die Hochschul-Balanced Scorecard damit begrifflich und wertmäßig vollständig zum Planungs- und Kontrollberichtssystem gekoppelt (siehe hierzu Kapitel 8). Die begriffliche und informationstechnische Kopplung beider Systeme bewirkt, dass die auf Hochschulebene quantifizierten Zielwerte für fünf Jahre (bzw. Erwartungen der Anspruchsgruppen) sodann die Vorgaben für die strategische Planung im Berichtssystem bilden. Durch Drill-down von der Hochschul-Balanced Scorecard werden in einem Dashboard die Ziele, Indikatoren, Zielwerte, Maßnahmen und weitere Informationen, die das Ziel charakterisieren, angezeigt und können kommentiert werden (vgl. Täschner 2012; siehe Abb. 12.37). Das Dashboard kann natürlich individuell gestaltet sein (siehe Eckstein 2009, S. 31 ff.), die Zeitangabe monatlich anzeigen oder die Darstellung der Zielerreichung dezentraler Organisationseinheiten umfassen. Der Zeithorizont beträgt dann nur ein Jahr und die Planwerte sind sodann Basis für den operativen Planungsprozess. Erst den Zielwerten aus der operativen Planung, die in den dezentralen Organisationseinheiten durchgeführt wird, werden die erreichten Istwerte schließlich auf den Ebenen gegenübergestellt und in der Hochschul-Balanced Scorecard konsolidiert. In den Organisationseinheiten und der Hochschule wird durch die Zielerreichungsmessung der Erfolg ersichtlich. Durch Korrelation zweier Kennwerte können in weiterführenden Analysen Wettbewerbspositionen und Profile ebenenspezifisch bestimmt werden und daraus Strategien für die Hochschulentwicklung in den Gremien diskutiert werden. In Abhängigkeit von der Informationstechnologie können durch Interpolation Simulationen „durchgespielt“ und im Dialog mit den Anspruchsgruppen optimiert werden. Denn „[d]ie Ziele, die die Stakeholder mit dem Betrieb Hochschule verknüpfen, sind nicht deckungsgleich, sondern je nach Stakeholdergruppe unterschiedlich. Dementsprechend lassen sich die Begriffe ‚Ergebnis‘ und ‚Erfolg‘ auch nicht allgemein, sondern nur stakeholderspezifisch interpretieren“ (Kirchhoff-Kestel 2006, S. 110).
12.3
Schrifttum
Albers, S.: Optimale Allokation von Hochschul-Budgets, in: Die Betriebswirtschaft, 59 Jg., Heft 5, 1999, S. 583 ff. Andersen, C.: Vollkostenrechnung in Hochschulen zur Erfüllung der EU-Anforderungen, in: CÖV, Heft 4/2010, S. 1233 ff. Atteslander, P.: Methoden der empirischen Sozialforschung, 13. Auflage, Berlin 2010. Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2010, Bielefeld 2010. Banscherus, U.: Qualitätssicherung von Studium und Lehre in der hochschulpolitischen Auseinandersetzung, Frankfurt 2011. BHO: Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) geändert worden ist.
12.3 Schrifttum
819
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820
12 Exkurs: Kommunikation und Controlling an Hochschulen
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12.3 Schrifttum
821
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Symbolverzeichnis A a AG a1m AS Ast AT at B b bm C C0 cn DB DLZ E e Ea EE Eges EP et EU f GK GM H i I
Abschreibung, Aktor, Aufgabe Ausgabe, Anzahl der Ausfälle eines Monats innerhalb der Servicezeit Arbeitsgang gegebene Parameter (z. B. Produktionskoeffizienten) mittlere Anzahl der Servicestunden pro Tag Ausfallstunden innerhalb der Servicezeiten abzüglich vereinbarter außerplanmäßiger Wartungen Anzahl der Servicetage innerhalb eines Monats Ausgabe in t, Abschreibungsbetrag in t Bestand Beziehung Kapazitätsgrenze Computer Kapitalwert Deckungsbeiträge eines Produktes Deckungsbeitrag Durchlaufzeit Empfänger, Erlös Element, Sicherheitsbestand Anzahl der ausgefallenen Einheiten innerhalb der Servicezeit Erfüllungsgrad eines Elementes Gesamtergebnis Erfüllungsgrad der Produkte und Prozesse Einnahmen in t Erfüllungsgrad für das Unternehmen Funktion, Sicherheitsfaktor Gesamtkosten Standardabweichung der Ist-Soll-Differenz Laufindex Händler Kalkulationszinssatz, Index Input, Information
824
I0 ID K K0 Kges Kl kl Kr kr L LE M m Mi Mip Mtg Mtw N n ND O OD P p PD Q q R r R0 Rn RD S s SS T TA
Symbolverzeichnis
Investition innovative Daten Kapital, Kommunikation, Kosten Kapitalbetrag zum Zeitpunkt t0 Gesamtkosten Bestellkosten, Lagerhaltungskosten Kosten pro Lagerung und Zeiteinheit, variable Lagerkosten Bestellkosten fixe Kosten pro Bestellvorgang Leistung Absatzmenge Mittel, Mensch, Maschine Absatzmenge Bedarf der Periode Planbedarf der Periode Bedarf pro Zeiteinheit Verbrauchsmenge bis zum Sicherheitsbestand während der Bestellzeit Laufzeit abgelaufene Perioden, Laufzeit, Anzahl aller Einheiten normale Dauer Objekt, Output optimistische Dauer Produktion, Laufindex Produkte Absatzpreis pessimistische Dauer Losgröße Gewichtungsfaktor, Abschreibungssatz Relation interner Zinsfuss Anschaffungskosten Restwert Routinedaten Bestellgrenze, Sensor, System, Sender, Stunden Bestellmenge Subsystem Zeitspanne zwischen zwei Bestellungen, Auftragszeit Amortisationszeit
Symbolverzeichnis
ta tAB tb TB TbB TD tds te tEB ter tg tgB th ths tl tn Tnetto tns tp ts TS tSAA tSAT tSS tSZ tt tv tvB tVB tw TW tzus tzws u V v Vges
Ausführungszeit Ausführungszeit Brachzeit Wiederbeschaffungszeitpunkt Belegungszeit Durchlaufzeit Durchführungszeit Zeit je Einheit Betriebsmittelzeit je Einheit Erholungszeit Grundzeit Betriebsmittelgrundzeit Hauptnutzungszeit Hauptdurchführungszeit Lieferzeit bei Fremdbezug Nebennutzungszeit gewünschter Verfügbarkeitstermin Nebendurchführungszeit Prüf- und Einlagerungszeit Sicherheitszeit Teilsystem ablaufbedingte Liegezeit Transportzeit störungsbedingte Unterbrechung zusätzliche Durchführungen Tätigkeitszeit Verteilzeit, Vorbereitungszeit für die Bestellung Betriebsmittelverteilzeit Rüstzeit Wartezeit Wiederbeschaffungszeit Zusatzzeit Zwischenzeit Stellsignal Vermögen Regelgröße Gesamtverfügbarkeit
825
826
W w WZ X x Y y Z z ZI ZK ZR
Symbolverzeichnis
Solllagerbestand, Führungsgröße Führungsgröße in Anspruch genommene vereinbarte Wartungszeit innerhalb der Servicezeiten (in vollen Stunden aufgerundet) Istlagerbestand, Regelgröße Bestellmenge, Stückzahl, Steuergröße Stellgröße Gesamtbedarf im Planungszeitraum, Stellgröße Zeichen, Zielvariable, Zielfunktion Störgröße Zielkostenindex Zufallsknoten triadische Relation
Abkürzungsverzeichnis ABC ABS AfA AfaA AfS AHK ANR APS AQAP AS ASP ATM AwS B-C B2B B2C BAB BARC BCS BDE BE BHO BI BIC BilMoG BK BLOB BMF BOA BPS B-Rep BS BSC BSI BVZÄ BW C2C CAB CAD CAE
Activity-Based-Costing Asset Backed Securities Absetzungen für Abnutzung Absetzungen für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung Absetzungen für Substanzverringerungen Anschaffungs- oder Herstellungskosten Artikelnummer Advanced Planning System Allied Quality Assurance Publications Arbeitssicherheit Application Service Providing (Applikationsdienste) Asynchronous Transfer Mode Anwendungssystem Beschaffungs-Controlling Business to Business Business to Customer Betriebsabrechnungsbogen Business Application Research Center Business Consolidation Betriebsdatenverfassung Bezugsgrößeneinheit Bundeshaushaltsordnung Business Intelligence Business Information Collection Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Budgetkosten Binary Large Object Bundesministerium der Finanzen Belastungsorientierte Auftragsfreigabe Business Planning & Simulation Boundary Representation British Standards Balanced Scorecard Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik Beschäftigten-Vollzeitäquivalente Business Warehouse Customer to Customer Change Advisory Board Computer Aided Design Computer Aided Engineering
828
CAFM CAID CAM CAMP CAO CAP CAPP CAQ CAT CATIA CAx CBO CCTA CDO CFD CFRoI CHM CIM CLO CMBS CMDB CMS CNC COBIT CPM CRM CSG CVA CVC DASA DB DBMS DCF DDL DFG DGQ DIN DLZ DMU DNC DPR DRS DRSC DSDL DSS DTS DV DW EAI
Abbildungsverzeichnis
Computer Aided Facility Management Computer Aided Industrial Design Computer Aided Manufacturing Capital Asset Pricing Model Computer Aided Optimisation Computer Aided Planning Computer Aided Process Planning Computer Aided Quality Assurance Computer-Aided Tolerancing Computer Aided Three-Dimensional Interactive Application Computer Aided Software Collateralized Bond Obligaton Central Computer and Telecommunication Agency Collateralized Debt Obligations Computational Fluid Dynamics Cashflow Return on Investment Change Management Computer Integrated Manufacturing Collateralized Loan Obligation Gewerbliche Hypothekendarlehen Change Management Database Content Management System Computerized Numerical Control Control Objectives for Information and Related Technology Corporate Performance Monitor Customer Relationship Management Constructive Solids Geometry Cash Value Added Continental Value Contribution Daimler Benz Aerospace AG Deckungsbeitrag Datenbankverwaltungssystem Discounted Cashflow Data Description Language Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutsche Gesellschaft für Qualität Deutsches Institut für Normung e.V. Durchlaufzeit Digital Mock-up Direct Numerical Control Direkte-Produkt-Rentabilität Deutsche Rechnungslegungsstandards Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. Data Storage Description Language Decision Support Systeme Desktop Service Datenverarbeitung Data Warehouse Enterprise Application Integration
Abkürzungsverzeichnis
EBIT EBITA EBITDA EBK ECR EDB EDM EDM EDV EFQH EFSF EN EP EPK ErbSt ERM ERP ESM ESt ETL EVA F-C F F+E FAQs FE-Analyse FE-Struktur FEM FEMA FGK FHK Fibu Fifo FIS FMEA FNCA FR FSZ FTP FZS GesST GewKSt GewST GKR GLP GMP GoB GPM GrESt
Earnings before Interest and Taxes Earnings before Interest and Taxes and Amortization Earnings before Interest and Taxes, Depreciation and Amortization Eröffnungsbilanzkonto Efficient Consumer Response Engineering Database Engineering Data Management Engineering Document Management Elektronische Datenverarbeitung European Foundation for Quality Management Europäische Finanzstabilisierungsfazilität Europäische Norm Economic Profit Ereignisgesteuerte Prozesskette Erbschaft- und Schenkungsteuer Entity-Relationship-Model Enterprise Resource Planning Europäischer Stabilisierungsmechanismus Einkommensteuer Extraktion, Transformation, Laden Economic Value Added Finanz-Controlling Framework Forschung und Entwicklung Frequently asked questions Finite-Elemente-Analyse Finite-Elemente-Struktur Finite-Elemente-Methode Failure Mode and Effects Analysis Fertigungsgemeinkosten Fertigungshilfskostenstelle Finanzbuchhaltung First in – first out Führungsinformationssystem Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse Normenausschuss Chemischer Apparatebau Normenausschuss Rohre, Rohrverbindungen und Rohrleitungen Fortschrittszahlensystem File Transfer Protocol Fortschrittszahlensteuerung Gesellschaftsteuer Gewerbekapitalsteuer Gewerbeertragsteuer Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie Good Laboraty Practice Good Manufacturing Practice Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Geschäftsprozessmanagement Grunderwerbsteuer
829
830
GrSt GuV HACCP HGB HGrG Hifo HIS GmbH HR HRM HStatG HTTP I-C IAS IASB ID IFA IFRIC IFRS IK IKR IM INCHER Incoterms IP IRIS IS ISACA ISMS ISO ISP IT ITC ITIL IV-C IV KapVO KBE KfzSt KiSt KKV KMU KNR KPI KSt KTA KWF TL KuE-C KVP
Abbildungsverzeichnis
Grundsteuer Gewinn- und Verlustrechnung Hazard Analysis and Critical Control Points Handelsgesetzbuch Haushaltsgrundgesetz Highest in – first out Hochschul-Informations-System GmbH Human Ressources Human Resource Management Hochschulstatistikgesetz Hyper Text Telnet Protocol Investitions-Controlling International Accounting Standards International Accounting Standards Board Innovative Daten Institut für Fabrikanlagen International Financial Reporting Interpretations Committee International Financial Reporting Standards Istkosten Industriekontenrahmen Informationsmanagement Internationales Zentrum für Hochschulforschung International Commercial Terms Internet Protocol International Railway Industry Standard Informationssystem Information System Audit and Control Association Informationssicherheits-Managementsystem International Organization for Standardization Information Service Providing Informationstechnologie Information, Technology and Communication Information Technology Infrastructure Library Informationsverarbeitungs-Controlling Informationsverarbeitung Kapazitätsverordnung Knowledge-Based Engineering Kraftfahrzeugsteuer Kirchensteuer Komparativer Konkurrenzvorteil Kleine und mittlere Unternehmen Kundennummer Key Perfomance Indicator Körperschaftsteuer Kerntechnischer Aussschuss Kapitalgewinnungsfaktor Telekommunikationsqualitätsleitfaden Kosten- und Erfolgs-Controlling Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Abkürzungsverzeichnis
L-C LAN LFE Lifo Lofo M-C MbO MBS MDE MES MGK MIS MPG MRP MSS MSSP MVA MWK NAM NC NHG NK NMWK NNTP nom. NOPAT OFP OGC OLAP OLTP OPT OTNr P-C PACD PDM PEP PERT PLM PLZ PPS PublG PuK QFD QM QM-AA QM-E QM-H QMS QM-VA
Logistik-Controlling Local Area Network Lehr- und Forschungseinheiten Last in – first out Lowest in – first out Marketing-Controlling Management by Objectives Mortgage Backed Securities Maschinendatenerfassung Manufacturing Execution System Materialgemeinkosten Managementinformationssystem Medizinproduktegesetz Manufacturing Resource Planning Management Support System Managed Security Service Providing Market Value Added Ministerium für Wissenschaft und Kultur Normenausschuss im Zeichnungswesen Numerical Control Niedersächsisches Hochschulgesetzbuch Normalkosten Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur Network News Transfer Protocol nominal Net Operating Profit after Taxes Unternehmensführung und Organisation Office of Government Online Analytical Processing Online Transaction Processing Optimized Production Technology Obere Teilnummer Produktions-Controlling Plan-Act-Check-Do Product Data Management Produktionsentwicklungsprozess Program Evaluation and Preview Technique Product Lifecycle Management Produktlebenszyklus Produktionsplanung und -steuerung Publizitätsgesetz Planung und Kontrolle Quality Function Development Qualitätsmanagement Qualitätsmanagement -Arbeitsanweisung Qualitätsmanagement -Element Qualitätsmanagement -Handbuch Qualitätsmanagementsysteme Qualitätsmanagement -Verfahrensanweisung
831
832
QS QSF RD REFA RFC RIO RL RMBS ROCE RoE ROGE RoI RoIC RP, RT, RPT RPZ SBK SC SCM SEC SEM SIC SK SLA SLM SMTP SOM SPC SQL SRM TCP TKG TNr TP TQC TQM TÜV UHD UIS UM US-GAAP USt UTNr VDA VDI VersSt VKD VR VSt
Abbildungsverzeichnis
Qualitätssicherung, Qualitätssysteme Qualitätssicherungsforderungen Routinedaten Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung Request for Change Rechnerinterne Objektdarstellung Rechnungslegung, Rentabilität und Liquidität Private Hypothekendarlehen Return on Capital Employed Return on Equity Return on Capital Employed Return on Investment Return on Invested Capital Rapid Prototyping/Tooling Risikoprioritätszahl Schlussbilanzkonto Supply Chain Supply Chain Management Amerikanische Börsenaufsicht Strategic Enterprise Management Standing Interpretations Committee Standardkosten Service Level Agreement Service Level Management Simple Mail Transfer Protocol Self Organizing Maps Statistical Process Control Structured Query Language Stakeholder Relationship Management Transmission Control Protocol Telekommunikationsgesetz Teilnummer Telnet Protocol Total Quality Control Total Quality Management Technischer Überwachungsverein User Help Desk Umweltinformationssystem Umweltschutz US Generally Accepted Accounting Principles Umsatzsteuer Untere Teilnummer Verband der deutschen Automobilindustrie Verband Deutscher Ingenieure Versicherungssteuer Vorgangskettendiagramm Virtual Reality Vermögensteuer
Abkürzungsverzeichnis
VtGK VwGK WACC WAN WAP WHU WpHG WSt ZDE
Vertriebsgemeinkosten Verwaltungsgemeinkosten Weighted Average Cost of Capital Wide Area Network Wireless Application Protocol Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung Wertpapierhandelsgesetz Wechselsteuer Zeitdatenerfassung
833
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3
Lagerhaltung als Regelkreis Unternehmensleistung Operatives und strategisches Controlling
Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3 Abb. 2.4 Abb. 2.5 Abb. 2.6 Abb. 2.7 Abb. 2.8 Abb. 2.9 Abb. 2.10 Abb. 2.11 Abb. 2.12 Abb. 2.13 Abb. 2.14 Abb. 2.15 Abb. 2.16 Abb. 2.17 Abb. 2.18 Abb. 2.19 Abb. 2.20
Routineinformationen und innovative Informationen Wirtschaftliche, technische und kommunikative Datenverarbeitung Modellbildung Basissystem, Modellsystem und Kommunikation Emotional-kognitive Entscheidung Black-Box-Modell Grundbegriffe zur Systemdefinition Schrittweiser Modellaufbau eines Produktionsunternehmens Prinzip einer Regelung Informationsbeziehungen zwischen Kommunikationssystemen im IS Teilsysteme des Gesamtsystems Unternehmung Bedeutungsmodell von Aristoteles Klassifikation der Wahrnehmung Zeichentheorie – Aspekte und Schnittmengen der Zeichenfunktion Element eines Gedächtnisnetzes Begriffsbildung und Quantifizierung Semantische Struktur einer Objektbewertung Begriffsbildung im Unternehmen Beispielhafte Verbund- und Parallelnummern Abstraktionszusammenhang zwischen ikonischer und begrifflicher Abbildung Modellierungsstufen von technischen Objekten Sinnbilder für Rohrleitungsanlagen Ausschnitt aus einem Rechennetzplan Modellkette
Abb. 2.21 Abb. 2.22 Abb. 2.23 Abb. 2.24
836
Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6 Abb. 3.7 Abb. 3.8 Abb. 3.9 Abb. 3.10 Abb. 3.11 Abb. 3.12 Abb. 3.13 Abb. 3.14 Abb. 3.15 Abb. 3.16 Abb. 3.17 Abb. 3.18 Abb. 3.19 Abb. 3.20 Abb. 3.21 Abb. 3.22 Abb. 3.23 Abb. 3.24 Abb. 3.25 Abb. 3.26 Abb. 3.27 Abb. 3.28 Abb. 3.29 Abb. 3.30 Abb. 3.31 Abb. 3.32 Abb. 3.33 Abb. 3.34 Abb. 3.35 Abb. 3.36 Abb. 3.37
Abbildungsverzeichnis
Verfahren zur Unternehmensplanung und -kontrolle Güter- und Finanzströme des Unternehmens Anspruchsgruppen der Unternehmung und ihre Ziele Administrative und geometriebezogene Auftragsbearbeitung Arbeitsteilung in Industriebetrieben Entwicklung der Aufbau- und Ablauforganisation aus den betrieblichen Aufgaben Merkmale der Aufgabenerfüllung Organisationsgestaltung und Effizienz Das Arbeitssystem Umwelt, Organisation, Gruppe und Individuum Grundmodell einer Verrichtungsorganisation Bildung von Subsystemen aus Verrichtungsaufgaben des Realgüterstroms Prozessmanagement als Primärorganisation Prozessmanagement als Sekundärorganisation Sekundärorganisation der Innovation Linien- und Projektorganisation Rechtliche Begriffsmerkmale von Unternehmen und Betrieb Ausprägungen von Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette Technisches IT-Controlling Logistische Versorgungskette Hardwarestruktur Softwarestruktur Komponenten eines Informationssystems Nutzung eines computerunterstützten Informationssystems Autonome Nutzung von DV-Modellen Interaktive Nutzung von DV-Modellen Kopplung von DV-Modellen Subsystembildung durch Detaillierung Dreidimensionaler Plandatenraum Hypermediastruktur Bestandteile von Datenverwaltungssystemen Darstellung von Entity- und Beziehungstypen Beziehungen zwischen Entities gleichen und Entities verschiedenen Typs Beziehung „liefert“ zwischen „Lieferant“ und „Artikel“ Beziehung „hat“ zwischen „Lieferant“ und „Anschrift“ Stücklistenstruktur Kommunikationsmodell
Abbildungsverzeichnis
Abb. 3.38 Abb. 3.39 Abb. 3.40 Abb. 3.41 Abb. 3.42 Abb. 3.43 Abb. 3.44 Abb. 3.45 Abb. 3.46 Abb. 3.47 Abb. 3.48 Abb. 3.49 Abb. 3.50 Abb. 3.51 Abb. 3.52 Abb. 3.53 Abb. 3.54 Abb. 3.55 Abb. 3.56 Abb. 3.57 Abb. 3.58 Abb. 3.59 Abb. 3.60 Abb. 3.61 Abb. 3.62 Abb. 3.63 Abb. 3.64 Abb. 3.65 Abb. 3.66 Abb. 3.67 Abb. 3.68 Abb. 3.69 Abb. 3.70 Abb. 3.71
837
Internetstruktur der Protokolle ISO/OSI-Referenzmodell und TCP/IP-Protokollfamilie Struktur des E-Business Internet, Intranet und Extranet Architektur von Beschaffungsanwendungen Bereiche des Customer Relationship Managements Objekt- und Organisationsentscheidung in einer Hierarchie Hologrammstruktur Anforderungen an Kennzahlen und Zielsysteme Arten von Kennzahlen Entwurf des konzeptionellen Data-Warehouse-Schemas OLAP-Navigation im Datenwürfel Komparativer Konkurrenzvorteil (KKV) St. Galler Managementkonzept Strategische Dimension des Investitions-Controlling Marktanteil-Marktwachstums-Matrix Portfoliokategorien und Strategieelemente Marktattraktivitäts-Geschäftsfeldstärken-Portfolio Prinzipien der Szenariotechnik Zielbeziehungen Unternehmen als System – als zielgerichtete Struktur Rollende, strategische und operative Planung Ablauf der Arbeitsplanerstellung Systematik der technischen Investitionsplanung im Rahmen der Fabrikplanung Prinzipieller Aufbau der Unternehmensplanung eines Produktionsunternehmens Elemente der Unternehmensplanung Planung und Kontrolle im Continental-Konzern Operativer Planungsprozess Budgetierung im Gegenstromverfahren Verfügbarkeit der monatlichen Reports der Manor AG Plan-Ist-Vergleiche Operative Budgetierung und Kontrolle Controlling und Informationen aus der Umwelt Scanning und Monitoring
838
Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. 4.3 Abb. 4.4 Abb. 4.5 Abb. 4.6 Abb. 4.7 Abb. 4.8 Abb. 4.9 Abb. 4.10 Abb. 4.11 Abb. 4.12 Abb. 4.13 Abb. 4.14 Abb. 4.15 Abb. 4.16 Abb. 4.17 Abb. 4.18 Abb. 4.19 Abb. 4.20 Abb. 4.21 Abb. 4.22 Abb. 4.23 Abb. 4.24 Abb. 4.25 Abb. 4.26 Abb. 4.27 Abb. 4.28 Abb. 4.29 Abb. 4.30 Abb. 4.31 Abb. 4.32 Abb. 4.33 Abb. 4.34 Abb. 4.35
Abbildungsverzeichnis
Prinzip des TQM – Total Quality Management Total-Quality-Management-Strategie Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems Normen und Regelwerke für QM-Systeme QS-Elemente im Qualitätskreis Informationsfluss der technischen Auftragsabwicklung Erweiterte Produktlebenszyklus Etappen der technologischen Vorbereitung im Rahmen der Erzeugnisentwicklung Stufen der Ideenbewertung und Ideenauswahl in der Produktfindung Kostenfestlegung und Kostenentstehung in unterschiedlichen Unternehmensbereichen Sterblichkeitskurve neuer Produktideen 1968 und 1981 Umfang eines Kundenauftrages Benötigte Informationen im Konstruktionsprozeß Prozeßketten Produkt- und Auftragsentwicklung Integrierte Auftragsabwicklung Aufgaben des Projektmanagements in der integrierten Produkt- und Prozessgestaltung Produktentstehungs- und Lebensphasen Wesentliche Restriktionen beim Konstruieren Möglichkeiten der Erzeugnisdarstellung Informationsinhalt von Einzelteilzeichnungen Einsatzfelder von Prototypen Gesichtspunkte der Erzeugnisgliederung Erzeugnisgliederung Stücklistenarten Gliederung von technischen Gebilden Kostenanalyse während der Konstruktion Prozessablauf der Zielkostenrechnung Zielkostendiagramm am Beispiel eines PKWs Integrationsmöglichkeit von Daten und Funktionen im CAD-System Hauptmodell und anwendungsspezifische Untermodelle Übersicht über die 3D-Modellierungsgrundlagen Ablauf bei der Modellbildung Lineare und zirkulare Interpolation 3D-Geometriemodelle Volumenmodelle
Abbildungsverzeichnis
Abb. 4.36 Abb. 4.37 Abb. 4.38 Abb. 4.39 Abb. 4.40 Abb. 5.1 Abb. 5.2 Abb. 5.3 Abb. 5.4 Abb. 5.5 Abb. 5.6 Abb. 5.7 Abb. 5.8 Abb. 5.9 Abb. 5.10 Abb. 5.11 Abb. 5.12 Abb. 5.13 Abb. 5.14 Abb. 5.15 Abb. 5.16 Abb. 5.17 Abb. 5.18 Abb. 5.19 Abb. 5.20 Abb. 5.21 Abb. 5.22 Abb. 5.23 Abb. 5.24 Abb. 5.25 Abb. 5.26 Abb. 5.27
839
Informationsbereitstellung und Bewertung Vorteile assoziativ verknüpfter Datenmodelle Erweiterter Funktionsumfang des Konstruktionssystems Vorgehensmodell für die Entwicklung mechatronischer Produkte und Systeme Ausgangssituation in der Digitalen Fabrik Aufbau eines Arbeitssystems Definition und Aufgabenbeispiele zur Arbeitsvorbereitung Aufgaben der Fertigungsplanung Durchlaufzeitanteile von Losen und Fertigungsaufträgen Aufteilung der Arbeitsvorgangsdurchlaufzeit in einem Betrieb der metallverarbeitenden Industrie mit Einzel- und Serienfertigung Logistisches Controlling im Regelkreis der PPS Ablaufarten bezogen auf Mensch, Betriebsmittel und Aufgabe Aufgaben der Materialbeschaffung Abgrenzung des Materialflusses Zusammenstellung der Materialbedarfsarten Regelwerk der Bedarfsermittlungsverfahren und Beschaffungsarten Methoden der Bedarfsermittlung Prozentuale Mengenanteile von A-, B- und C- Teilen Verbrauchskennlinien und Wiederbeschaffungszeit Modell der optimalen Bestellmenge Zeitarten bezogen auf die Betriebsmittel Durchlaufterminierung eines Eigenfertigungsteils Maßnahmen zur Kapazitätsanpassung Übersicht über Verfahren der Fertigungssteuerung Trichtermodell eines Arbeitssystems Funktionsweise eines KANBAN-Regelkreises Produktionsstruktur und zugehöriges Fortschrittszahlendiagramm Zeitarten bezogen auf den Menschen Zeitarten bezogen auf die Aufgabe Organisation der Produktion Erzeugnisunterlagen und DV-Systeme Aktuelle „CAx-Landschaft“. Der senkrechte Strich zwischen Prozessplanung und Prozesssteuerung bezeichnet den Zeitpunkt der Fertigungsfreigabe
840
Abb. 5.28 Abb. 5.29 Abb. 5.30 Abb. 5.31 Abb. 5.32 Abb. 5.33 Abb. 5.34 Abb. 5.35 Abb. 5.36 Abb. 5.37 Abb. 5.38 Abb. 5.39 Abb. 5.40 Abb. 5.41 Abb. 5.42 Abb. 5.43 Abb. 5.44 Abb. 5.45 Abb. 5.46 Abb. 5.47 Abb. 5.48 Abb. 5.49 Abb. 5.50 Abb. 5.51 Abb. 6.1 Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 6.4 Abb. 6.5 Abb. 6.6 Abb. 6.7 Abb. 6.8 Abb. 6.9
Abbildungsverzeichnis
Datenfluss zwischen PPS-System und CAP-System und der Verwaltung der arbeitsrelevanten Daten Hierarchie aller Baustrukturelemente im Zusammenhang mit dem geometrischen, technischen und baustrukturorientierten Partialmodell Kostenbestimmungsfaktoren Netzwerkmodell: Kapazitäts- und Zeitwirtschaft CAM-Struktur Zuordnung und Informationsaustausch der CA-Techniken Aufgaben der Qualitätssicherung Qualitätssicherung in der Fertigung Einordnung der Prüfplanerstellung in die Produktion Messen der Dichte a einer Platte Grundverfahren der Koordinatenmesstechnik CAQ-Aufgabenmodell PPS-Aufgabenmodell Struktur eines PPS-Systems PPS-System als Regelkreis Fertigungssteuerung als mehrfach gestuftes Regelkreissystem CIM-Daten Komplexität in Industriebetrieben Informationsmanagement als Bestandteil der Geschäftsprozesse eines Industrieunternehmens PDM als Integrationskonzept Aufbau der Informationspyramide für ein MIS Beispiel einer Supply Chain in der Automobilindustrie Grundstruktur eines Advanced Planning Systems Kapazitätsorientiertes Planungssystem in einem Supply Network Integriertes Prozessmanagement Die Wertschöpfungskette als externer/interner Kunden-/Lieferantenprozess Arbeitsweise von Workflow- und Dokumentenmanagementsystemen Drei Klassen von Geschäftsprozessen Prozesslandkarte einer deutschen Großbank Hierarchische Einteilung von Prozessen Die wichtigsten Elemente einer EPK im Überblick Vorgangskettendiagramm Vorgehensmodell zur Einführung und Verbesserung von Geschäftsprozessen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 6.10 Abb. 6.11 Abb. 6.12 Abb. 6.13 Abb. 6.14 Abb. 6.15 Abb. 6.16 Abb. 6.17 Abb. 6.18 Abb. 6.19 Abb. 6.20 Abb. 6.21 Abb. 6.22 Abb. 6.23 Abb. 6.24 Abb. 6.25 Abb. 6.26 Abb. 6.27 Abb. 6.28 Abb. 6.29 Abb. 6.30 Abb. 6.31 Abb. 6.32 Abb. 6.33 Abb. 6.34 Abb. 6.35 Abb. 6.36 Abb. 6.37 Abb. 6.38 Abb. 6.39 Abb. 6.40 Abb. 6.41 Abb. 6.42 Abb. 6.43 Abb. 6.44 Abb. 6.45
841
Entwicklung des Qualitätsmanagements Übersicht über Arten von Verschwendung Zwei-Säulen-Konzept von TQM Handlungsfelder des TQM Innovation und KAIZEN Integriertes Managementsystem für Qualität (QM), Umweltschutz (UM) und Arbeitssicherheit (AS) Architektur der DIN EN ISO 9000 ff. Zuordnung der QM-Elemente im Organigramm Aufbau und Inhalt eines QM-Handbuches Aufnahme des Geschäftsprozesses: Wareneingang Aufbau der QM-Dokumentation Hauptbildschirm des elektronischen QM-Handbuchs Drei Stufen der Bewertung von QM-Systemen Ablauf der Zertifizierung in vier Phasen Ergebnisübersicht des QS-Systemaudits Die sieben Werkzeuge der Qualitätssicherung House of Quality am Beispiel eines Außenspiegels Quality Function Development (QFD)-Anwendung auf unterschiedlichen Ebenen Ishikawa-Diagramm Beispiel einer Qualitätsregelkarte Eigenschaften eines Prüfmittels Ablaufschema einer produktbezogenen statistischen Qualitätslenkung European Foundation for Quality Management-Modell Bewertung der Kriterien im EFQM-Modell am Beispiel der Führung Ebenen des Informationsmanagements Kommunikationsfluss bei der IT-Dienstleistung Die wesentlichen SLA-Zyklen IT-Alignment – Ausrichtung der IT an den Geschäftsanforderungen Service-Support-Prozess ITIL Service-Management-Modell Prinzip der fachlichen Eskalation Störungsaufkommen ISO/IEC 20000 Service-Management-Prozesse Das COBIT-Rahmenwerk Prozesse der Domänen von COBIT Der COBIT-Würfel
842
Abb. 7.1 Abb. 7.2 Abb. 7.3 Abb. 7.4 Abb. 7.5 Abb. 7.6 Abb. 7.7 Abb. 7.8 Abb. 7.9 Abb. 7.10 Abb. 7.11 Abb. 7.12 Abb. 7.13 Abb. 7.14 Abb. 7.15 Abb. 7.16 Abb. 7.17 Abb. 7.18 Abb. 7.19 Abb. 7.20 Abb. 7.21 Abb. 7.22 Abb. 7.23 Abb. 7.24 Abb. 7.25 Abb. 7.26 Abb. 7.27 Abb. 7.28 Abb. 7.29 Abb. 7.30 Abb. 7.31 Abb. 7.32 Abb. 7.33 Abb. 7.34
Abbildungsverzeichnis
Das Grundmodell des industriellen Unternehmens Modell der Wertkette Wertschöpfungsgemeinschaft Gesamtkonzeption der Integrierten Informationsverarbeitung SCOR-Modell Adressaten der Rechnungslegung Steuerungssystematisierung nach Unternehmenselementen Abrechnungs- und Umsystem der Unternehmung Teilaspekte des betrieblichen Rechnungswesens und Rechnungszwecke Systematik des betrieblichen Rechnungswesens Aufgaben und Teilbereiche der Finanzbuchführung und Bilanz Kontenzuordnung in Bilanz und GuV Eröffnung und Abschluss von Konten Verrechnungszusammenhang von Einzelkonten, GuV und Bilanz Kontenarten und Rechnungsergebnisse Kontenrahmen im Vergleich Bestände und ihre Komponenten Größenklassen von Kapitalgesellschaften und Großunternehmen mit Prüfungs- und Offenlegungspflichten Lineare Abschreibung Unterscheidungsmerkmale der Rechnungsabgrenzungsposten Aufwand und Ertrag Funktionsweise von Zweckgesellschaften Rechnungslegung in Deutschland Anforderungen an die entscheidungsnützliche Information nach dem IASBFramework Erst- und Folgebewertung von Vermögenswerten Zusammenhang zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren bezüglich der Ermittlung des Betriebsergebnisses Beispiel einer Ergebnistabelle Grundstruktur des Kostendurchlaufes in Systemen der Direktkostenrechnung Aufwand und Kosten Typen der Perioden-Erfolgsrechnung Aufbau und Ablauf der Kostenartenrechnung Aufgaben der Kostenartenrechnung Grundrechnung nach Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen Abgrenzung und Funktion einer Kostenstelle
Abbildungsverzeichnis
Abb. 7.35 Abb. 7.36 Abb. 7.37 Abb. 7.38 Abb. 7.39 Abb. 7.40 Abb. 7.41 Abb. 7.42
843
Abb. 7.46 Abb. 7.47 Abb. 7.48 Abb. 7.49 Abb. 7.50 Abb. 7.51 Abb. 7.52 Abb. 7.53 Abb. 7.54 Abb. 7.55 Abb. 7.56 Abb. 7.57 Abb. 7.58 Abb. 7.59
Kostenstellenübersicht Kostenverrechnung im klassischen BAB Input-Output-Modell einer mehrstufigen Schleifbearbeitung Gliederung der Kostenträgerrechnung Kalkulationsverfahren und ihre Anwendung Grundschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation Prinzip der Kostenträgerzeitrechnung als Deckungsbeitragsrechnung Struktur der abrechnungstechnischen Verbindungen zwischen Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung „Traditionelle“ Kostenrechnung versus Kostenmanagement Ablauf der prozessorientierten Kostenrechnung Auflösung und Verdichtung der Unternehmensaktivitäten im Rahmen der Prozesskostenrechnung Planungsrechnung Struktur eines Kostenstellen-Kostenplans bei flexibler Planung Grundstruktur einer mehrstufigen Analyse von Erfolgsabweichungen Abschreibung nach Handelsrecht, Steuerrecht und kalkulatorisch Break-Even-Diagramm Fixe und variable Periodenkosten Fixe, proportionale und Sprungkosten Vereinfachtes System einer Finanzbuchhaltung mit Nebenbuchhaltungen Maschinenkosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung Ermittlung effektiver Arbeitszeit und tatsächlicher Personalkosten Entgeltformen Arbeitszeitregelungen Einsatzbereiche eines Personalinformationssystems Personalkennzahlen eines Automobilzulieferers
Abb. 8.1 Abb. 8.2 Abb. 8.3 Abb. 8.4 Abb. 8.5 Abb. 8.6 Abb. 8.7 Abb. 8.8 Abb. 8.9 Abb. 8.10
Strategischer Managementprozess Strategischer Kontrollprozess Planinhalte Planungspiele Informationsbedarf und Informationsversorgung Ausrichtung und Koordinierung des Berichtswesens Gestaltungsmerkmale von Berichten und ihre Rezeption Abgrenzung der Koordinationsaufgaben der Organisation des Controllings Controlling als integratives Informationssystem Controllingfunktionen
Abb. 7.43 Abb. 7.44 Abb. 7.45
844
Abb. 8.11 Abb. 8.12 Abb. 8.13 Abb. 8.14 Abb. 8.15 Abb. 8.16 Abb. 8.17 Abb. 8.18 Abb. 8.19 Abb. 8.20 Abb. 8.21 Abb. 8.22 Abb. 8.23 Abb. 8.24 Abb. 8.25 Abb. 8.26 Abb. 8.27 Abb. 8.28 Abb. 8.29 Abb. 8.30 Abb. 8.31 Abb. 8.32 Abb. 8.33 Abb. 8.34 Abb. 8.35 Abb. 8.36 Abb. 8.37 Abb. 8.38 Abb. 8.39 Abb. 8.40 Abb. 8.41 Abb. 8.42 Abb. 8.43 Abb. 8.44
Abbildungsverzeichnis
Controlling- und Informationskonzeption Das DuPont-Kennzahlensystem Das RL-Kennzahlensystem – Liquidität Das RL-Kennzahlensystem – Rentabilität Systematik eines erweiterten RL-Kennzahlensystems Controllingsystem Systembildende Koordination durch das Controlling bei der Gestaltung der Planungs- und Kontrollsysteme Integriertes Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanungssystem Budgetierung um Rahmen der Planung Interessengruppen und monetäre Ziele der Unternehmung CFRoI-Berechnung Grundschema der klassischen Planungs- und Kontrollrechnung Balanced Scorecard Generische Strategy Map Balanced Scorecard-Kaskadierung Implementierung einer Balanced Scorecard Defekte im Entscheidungsverhalten infolge von Grenzen der Informationsverarbeitungsfähigkeit Idealtypische Phasen eines Rationalitätssicherungsprozesses am Beispiel eines Willensbildungsmodells Beispiel eines funktionsintegrierten Anwendungssystems Beispiel eines objektintegrierten Anwendungssystems Ausprägungen der integrierten Informationsverarbeitung Der Betrieb als ein System von Regelkreisen Komponenten der Management-Support-Systeme Historie entscheidungsunterstützender Systeme Typische Architektur von Planungs- und Kontrollsystemen Struktur der SAP Business Suite SAP-Einführungsmethodik für den Mittelstand Projektmanagement-Methodik Dreidimensionale Darstellung von Ereignissen Semantische Datenmodellierung Schema eines Extraktions-Transformations-Lade-Systems Anreicherung durch Berechnung betriebswirtschaftlicher Kennziffern Einordnung und Abgrenzung von Business Intelligence Benutzergruppen und BI-Analysetechniken
Abbildungsverzeichnis
Abb. 8.45 Abb. 8.46 Abb. 8.47 Abb. 9.1 Abb. 9.2 Abb. 9.3 Abb. 9.4 Abb. 9.5 Abb. 9.6 Abb. 9.7: Abb. 9.8 Abb. 9.9 Abb. 9.10 Abb. 9.11 Abb. 9.12 Abb. 9.13 Abb. 9.14 Abb. 9.15 Abb. 9.16 Abb. 9.17 Abb. 9.18 Abb. 9.19 Abb. 9.20 Abb. 9.21 Abb. 9.22 Abb. 9.23 Abb. 9.24 Abb. 9.25 Abb. 9.26 Abb. 9.27 Abb. 9.28 Abb. 9.29 Abb. 9.30
845
Architekturvarianten für die Anordnung von Data Warehouse- und Data Mart-Komponenten Betriebswirtschaftliche Einordnung der SAP-Produkte SAP Strategic Enterprise Management Die Struktur der betrieblichen Planung Das erweiterte RL-Kennzahlen- und Controllingsystem Struktur des Controllingsystems Modellbildung im betrieblichen Controlling Hauptfunktionen der Führung Wertkategorien des Rechnungs- und Finanzwesens im System Unternehmen Controlling als Hologrammstruktur Prinzip der hierarchischen Bilanzierung und Erfolgsrechnung Idealrelation der objektorientierten Planung zur Buchhaltung Istwertezuordnung der objektorientierten Planung Struktur der Planerfolgsrechnung Struktur der Planbilanz Gliederung des Planungs- und Kontrollberichts Eigenfertigung und Bestandsänderung Einfache Konsolidierung der Verwaltungsaufwendungen Gemischte Konsolidierung der Verwaltungsaufwendungen Umschlag des Aktivvermögens und der Rendite Zusammenhang zwischen den Finanzrechnungen Mehrbereichsunternehmen mit Auslandsgeschäft Differenzierung gestalten und nutzen Gesellschaftsübergreifende Planungs- und Berichtsstruktur Ablauf der monatlichen Kontrollaktivitäten Kommunikation zwischen Informationssystemen BDE-Datenkreislauf bei der PPS Produktionsstrukturdiagramm Systemkommunikation zwischen Produktionsplanung und Rechnungswesen Vertriebsorganisation Objektorientierte Planung als Kopplungsglied zwischen technischer und wirtschaftlicher DV Phasenschema der Investitionsentscheidung Idealtypische Struktur eines Entscheidungsmodells
846
Abb. 9.31 Abb. 9.32 Abb. 9.33 Abb. 9.34 Abb. 9.35 Abb. 9.36 Abb. 9.37 Abb. 9.38 Abb. 9.39 Abb. 9.40 Abb. 9.41 Abb. 9.42 Abb. 9.43 Abb. 9.44 Abb. 9.45 Abb. 9.46 Abb. 9.47 Abb. 9.48 Abb. 9.49 Abb. 9.50 Abb. 9.51 Abb. 9.52 Abb. 9.53 Abb. 9.54 Abb. 9.55 Abb. 9.56 Abb. 9.57 Abb. 10.1 Abb. 10.2 Abb. 10.3 Abb. 10.4 Abb. 10.5 Abb. 10.6
Abbildungsverzeichnis
Investitionsentscheidung und -rechnung Investition und Wandel Strategie und Operation Inhaltliche Bezugsbereiche von Strategien Elemente der Branchenstruktur Der dreigliedrige Prozess des Turn-around Phasen des Investitionsprozesses Anpassung des Investitionsplanes Dreiphasenmodell des Investitionsprozesses Sequenzielle und permanente Bereitstellung von Informationen Zeitversetzte exogene Information Der typisierte Saisonindex und sein Vergleich mit dem effektiven Verlauf im Budgetjahr Von der Konjunkturprognose zum Budget Beispiel für die Differenzierung des Planungssystems Verknüpfung von strategischer und operativer Planung Kreislauf der FuE-Projektkalkulation, eingebunden in den Rahmen des kostenorientierten FuE-Projekt-Controllings Struktur eines Budgetsystems Investitions-Controlling als 5-Jahres-Planung Berichtsstruktur der 5-Jahres-Planung 5-Jahres-Planung Investitionsdifferenzrechnung Anlagekosten Formen der Marktbearbeitungsstrategien Strategische Kombinationsrichtungen Logistik-Controlling Zusammenhang zwischen Anreiz, Motivation und Leistung Externe Investition durch Unternehmenszukauf Investition im zusammengehörigen Unternehmensverbund Forschungsrichtungen der Kommunikation Symbolisierte soziale Kommunikation Darstellung der Suchhäufigkeit der Begriffe „Althaus“ und „Skihelm“ in Google Trends Ebenen der Kommunikation Unternehmen vor dem Hintergrund sozialer Kommunikation Abstimmungsbedarf und Bereiche der Entstehung von Defiziten in der Kommunikation
Abbildungsverzeichnis
Abb. 10.7 Abb. 10.8 Abb. 10.9 Abb. 10.10 Abb. 10.11 Abb. 10.12 Abb. 10.13 Abb. 10.14 Abb. 10.15 Abb. 10.16 Abb. 10.17 Abb. 10.18 Abb. 10.19 Abb. 10.20 Abb. 10.21 Abb. 10.22 Abb. 10.23 Abb. 10.24 Abb. 10.25 Abb. 10.26 Abb. 10.27 Abb. 10.28 Abb. 10.29 Abb. 10.30 Abb. 10.31 Abb. 10.32 Abb. 10.33 Abb. 10.34 Abb. 10.35 Abb. 10.36 Abb. 10.37 Abb. 10.38 Abb. 10.39 Abb. 10.40 Abb. 10.41 Abb. 10.42 Abb. 10.43
847
Erscheinungsformen der Kommunikation Wertschöpfungskette vor dem Hintergrund sozialer Kommunikation Managementprozess der Gesamtkommunikation (Top-down-Planung) Kundendialog und Beziehungsmarketing Elemente des ECR Wertschöpfungskette mit und ohne ECR Aufbau des Kennzahlensystems bei GARDENA Stimulus-Organismus-Response-Modell Doppelte Kontingenz – Kommunikation – Handeln Kommunikationsmodell im Relationship Marketing Integrierte Analyse der Kommunikationserfolgskette Formen der integrierten Kommunikation Komponenten eines CRM-Systems BI-Architekturmodell Grundsätzliche Komponenten von CMS Elemente des Content Managements Architektur für Portalsoftware Der Content-Life-Cycle Datenanalysezyklus Data Mining-Prozess im Managementzyklus Data Mining im Beziehungslebenszyklus System-Workflow Spektrum des interaktiven Marketings und Social Media Kontinuierlicher Wissensverbesserungskreislauf Wissensregelkreis Das Genfer Wissensmanagement Interdependenzen zwischen Prozessen Modellierungsbeispiel Wissensspirale Kompetenz- oder Eignungsprofildarstellung Web 2.0-basierte Architektur Die drei wesentlichen Komponenten von Web 2.0 Web 2.0-Tools als Schnittstelle zwischen Kauf- und Verkaufsprozess Social Media Management Fallunterscheidung zum Zeitpunkt und zur Erkennung archivierungspflichtiger E-Mails Arten von Corporate Blogs mit Relevanz für das Customer Care Interaktionsbeziehungen im Internet
848
Abb. 10.44 Abb. 10.45 Abb. 10.46 Abb. 10.47 Abb. 10.48 Abb. 11.1 Abb. 11.2 Abb. 11.3 Abb. 11.4 Abb. 11.5 Abb. 11.6 Abb. 11.7 Abb. 11.8 Abb. 11.9 Abb. 11.10 Abb. 11.11 Abb. 11.12 Abb. 11.13 Abb. 11.14 Abb. 11.15 Abb. 11.16 Abb. 11.17 Abb. 11.18 Abb. 11.19 Abb. 11.20 Abb. 11.21 Abb. 11.22 Abb. 11.23 Abb. 11.24 Abb. 11.25 Abb. 11.26 Abb. 11.27 Abb. 11.28
Abbildungsverzeichnis
Arten und Einsatzmöglichkeiten von Corporate Blogs Kriterien zur Typologisierung der Social Media-Anwendungen Dimensionen der E-Servicequalität Wege zur Distribution und zum Auffinden einer Pressemitteilung eines Social Media Releases Social Media Leitfaden Unternehmenscontrolling in seiner Wertschöpfungskette St. Galler Management Modell Veränderte Rahmenbedingungen der Produktionsplanung und -steuerung Beispiel der Aujbauorganisation der IV Interne und externe Marketinginformationen Führungsdaten Zielvereinbarung und Zielsysteme für dezentrale Leistungseinheiten Neue Abbildung der Produktionsstruktur Neue Struktur der Produktionsplanung und -steuerung Virtuelles Geld Übersicht der Netzwerktypen Der Wandel der Wirtschaftsstrukturen durch die neuen Medien Organisationsstrukturen und ihre Unterstützung durch die Telekommunikation Netzwerk und Virtuelle Fabrik Virtuelles Netzmanagement Aufgaben und Wettbewerb in Virtuellen Unternehmen Ziele der IT-Sicherheit Klassifizierung menschlicher Gefahrenverursacher Kosten-Nutzen-Verhältnis von Sicherheitsmaßnahmen Dienstleistungen im Bereich Monitored und Managed Security Services IT-Sicherheitsprozess und Erstellung eines IT-Sicherheitskonzepts Zusammenhänge der Normenfamilie ISO 27K Die vier Handlungsfelder des Change Managements Zuordnung der Change-Management-Ansätze zu den eingeführten Kriterien Down-up-Veränderungslogik Motion-Methode Dimensionen des Erfolgsfaktorenmodells Zusammenhang zwischen Veränderungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft
Abbildungsverzeichnis
Abb. 11.29 Abb. 11.30 Abb. 11.31 Abb. 11.32 Abb. 11.33 Abb. 11.34 Abb. 11.35 Abb. 11.36 Abb. 11.37 Abb. 11.38 Abb. 11.39 Abb. 11.40 Abb. 11.41 Abb. 11.42 Abb. 11.43 Abb. 11.44 Abb. 11.45 Abb. 11.46 Abb. 11.47 Abb. 11.48 Abb. 11.49
849
Abb. 11.50 Abb. 11.51 Abb. 11.52 Abb. 11.53
Reaktionsmuster bei fundamentalen Veränderungen Orientierungsmodell der strategischen Erneuerung – 3W-Modell Beziehungen zwischen den Komponenten des 3W-Modells Projektdekomposition beim Change Management Wandel im Gegenstromverfahren Mögliche Missverhältnisse in den Koordinaten des Wandels Eisbergmodell des Wandels Wandlungsbezogene Anforderungen an Mitarbeiter Alternative Umbaustrategien Kriterien erfolgreicher Unternehmensführung Instrumente, Methoden und Verfahren der Unternehmensentwicklung Ablauf eines Planungsänderungsverfahrens Bewertungskriterien der Leistungserbringung einer Organisation Exemplarischer Aufbau eines Unternehmensentwicklungsberichts Beispiel eines Unternehmensentwicklungsberichts Betroffenheitsanalyse Muster einer Projektmatrix Sub- und Teilsysteme der Projektabwicklung Beispiel für die Berechnung der Zeiten im RPS-Diagramm Kostenkurve und Netzplantechnik Phasen des Produktentstehungsprozesses und Einflussfaktoren auf den Produktionsanlauf Organisation des Innovationsbereiches Linien- und Projektorganisation Hierarchisches Projekt-Controlling IT-Projektabschlussbericht
Abb. 12.1 Abb. 12.2 Abb. 12.3 Abb. 12.4 Abb. 12.5 Abb. 12.6 Abb. 12.7 Abb. 12.8 Abb. 12.9 Abb. 12.10 Abb. 12.11
Prinzipal-Agenten-Konstellationen im Hochschulwesen Integrierte Hochschulverbundrechnung Struktur niedersächsischer Zielvereinbarungen Haushaltsplan in Niedersachsen Erfolgsplan Kapitalflussrechnung niedersächsischer Hochschulen Bilanzstruktur niedersächsischer Hochschulen Gliederung der Kostenarten zur Primärkostenerfassung Grundstruktur der Kostenstellenrechnung in Niedersachsen Kostenstellenbericht mit Budgetvorgabe, Kosten und Kennzahlen Beispielhafte Produkthierarchie
850
Abb. 12.12 Abb. 12.13 Abb. 12.14 Abb. 12.15 Abb. 12.16 Abb. 12.17 Abb. 12.18 Abb. 12.19 Abb. 12.20 Abb. 12.21 Abb. 12.22 Abb. 12.23 Abb. 12.24 Abb. 12.25 Abb. 12.26 Abb. 12.27 Abb. 12.28 Abb. 12.29 Abb. 12.30 Abb. 12.31 Abb. 12.32 Abb. 12.33 Abb. 12.34 Abb. 12.35 Abb. 12.36 Abb. 12.37
Abbildungsverzeichnis
Kalkulationsschema für Kostenträger der Forschung Kalkulationsschema für Kostenträger der Lehre Datenaggregation Gewichtung der Aufgabenbereiche und Leistungsparameter Ergänzende nicht monetäre Kennzahlen auf Ebene der LFE Ergänzende monetäre Kennzahlen auf Hochschulebene Leistungsorientierte Mittelvergabe am Beispiel niedersächsischer Fachhochschulen Grundmodell eines Qualitätsmanagementsystems Deduktives und induktives Vorgehen bei der Prozessanalyse Prozess der Lehrevaluation Führungsprozesse in Hochschulen Strukturmodell im Hochschulcontrolling Operativer Erfolgsplan Taktisch-strategischer Hochschulinvestitionsplan Interdependenzen in der Entwicklungs- und Erfolgsplanung Operativer Personalplan Taktisch-strategischer Hochschulpersonalplan Operativer Flächenplan Teilplan Flächenbedarf Koppelung grafischer und numerischer Datenbestände Operativer Forschungsplan Operativer Studienerfolgsplan Taktisch-strategischer Hochschul-Studienerfolgsplan Operationalisierung des Begriffs Studienerfolg Hochschul-Balanced Scorecard Ziel-Dashboard einer Balanced Scorecard
Tabellenverzeichnis Tab. 2.1
Erneuerung von Organen nach Untersuchung von Bertalanffy an Ratten
Tab. 3.1 Tab. 3.2
Ziele in mathematischen Entscheidungsmodellen Plandatentabelle einer G und V-Rechnung
Tab. 5.1
Erläuterung von Abkürzungen im CAx-Umfeld
Tab. 6.1
Beispielhafte Leistungsmerkmale in SLAs
Tab. 7.1 Tab. 7.2 Tab. 7.3 Tab. 7.4 Tab. 7.5 Tab. 7.6 Tab. 7.7 Tab. 7.8 Tab. 7.9 Tab. 7.10
Herstellungskosten nach Handels- und Steuerrecht Gliederung der Bilanz gemäß § 266 HGB Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode Sonderposten in der Konzernbilanz und Konzern-GuV Kapitalflussrechnung gemäß DRS 2 Free Cashflow Firm Beschränkungen und Zielkonflikte im Jahresabschluss Mindestinhalte der IFRS-Bilanz Beispiele zur Gliederung der IFRS-GuV
Tab. 8.1 Tab. 8.2 Tab. 8.3 Tab. 8.4
Iteratives Ermittlungsverfahren des CFRoI Ermittlung des Plan-CFRoI Ermittlung des Plan-CVA Entscheidungsregeln
Tab. 9.1 Tab. 9.2 Tab. 9.3 Tab. 9.4 Tab. 9.5 Tab. 9.6
Operative Jahresplanung mit Quartalssystem Darstellung der Planerfolgsrechnung Darstellung der Planbilanz Darstellung der personalen Planungskennzahlen Darstellung der Kapazitätskennzahlen Darstellung der Stückkostenanalyse
852
Tabellenverzeichnis
Tab. 9.7 Tab. 9.8 Tab. 9.9 Tab. 9.10 Tab. 9.11 Tab. 9.12 Tab. 9.13 Tab. 9.14 Tab. 9.15 Tab. 9.16 Tab. 9.17 Tab. 9.18 Tab. 9.19 Tab. 9.20 Tab. 9.21
Darstellung der bilanzorientierten Kennzahlen Struktur der Finanzplanung Darstellung der Konsolidierung im Unternehmensverbund Mittelfristige Erfolgs- und Erfolgsverwendungsplanung Formblätter Budgetplanung Planerfolgsrechnung und Planbilanz der Budgetierungsrechnung Verrichtungsorientierte Personalplanung Objektorientierte Personalplanung Vertriebsplanung Produktgruppenspezifischer Erlös, DB I und Erfolg je Leistungseinheit Kundenspezifische Erlöse und Forderungen je Leistungseinheit Detailplanung nach Leistungseinheiten Darstellung der Planbilanz Darstellung der Planerfolgsrechnung Struktur der operativen Investitionsplanung
Tab. 11.1 Tab. 11.2
Gegenüberstellung: internes vs. externes Sicherheitsmanagement Verantwortungsmatrix der IT-Projektentwicklung
Schlagwortverzeichnis A Abandonment Rate 687 Abbildungsmerkmal 17 ABC-Analyse 209 Abgrenzungsprobleme 406, 516 Ablauforganisation 68 Ablaufprinzip 133, 203, 225 Ablaufsteuerung 89, 254 Abrechnungssystem 255 Absatz-Controlling 500 Absatzplanung 420, 495, 561 Abschreibungsverfahren 352 Abstraktive Distanz 55 Abweichungsanalyse 430 Accrual Basis 370 Activity-Based-Costing 400 Ad Clicks (Werbe-Klicks) 687, 688 Ad Impressions 687, 689 Advanced Planning System (APS) 257 Affektivität 35 Aktionsplan 449 Ankereffekt 469 Anlagenbuchhaltung 413 Anreizsystem 465, 644, 809, 816 Anspruchsgruppen 63, 65, 450, 697 Appellation 636 Arbeitsplanung 72, 73, 130, 197, 201, 225, 232 Arbeitssteuerung 197, 201 Arbeitsteilung 73
Arbeitsvorbereitung 145, 153, 164, 197, 228 Arbeitszeitregelungen 417 Asset Backed Securities 360 Assoziationsanalyse 662 Aufbauorganisation 68, 73 Auftragsabwicklung 164 Auftragszeit 225 Aussagehorizont 552 Auszahlung 347 Automation 27, 239, 251 Autopoietische Struktur 158 Autoritätshierarchie 73 B Backend 105, 110 Balanced Scorecard 459, 814 Banner Frequency 687 Barwert 377 Basissystem 18, 464 Baugruppen 176 Baukastenstückliste 175 Bearbeitungszeit 200 Bedarfsermittlung 208, 209 Bedarfsmengen 209 Bedarfsträger 332 Begriffe 29, 516 Begriffsknoten 37 Begriffswandel 35 Beizulegender Zeitwert 377, 378, 379 Belastungsprofil 219
854
Belegungseinheitenkatalog 233 Benchmarking 400 Bereichs-Controlling 500 Bereitschaftskosten 389 Bergspitzeneffekt 140 Berichtssystem 305, 484, 489, 505, 798 Beschaffung 40, 66, 74, 203, 204, 420, 495 Betriebliche Innovation 11 Betriebliche Routine 11 Betriebsabrechnungsbogen 383 Betriebsdatenerfassung (BDA) 238, 558 Betriebskultur 72 Betriebsmittelzeit 217 Betroffenheitsanalyse 746 Bewegungsdaten 45, 255 Bewertungsansätze 350, 377 Beziehungslebenszyklus 662 Beziehungsmarketing 643 Bilanz-Controlling 499 Bilanzgliederungsprinzip 344 Bilanzierungsrichtlinie 769 Bilanzierungswahlrecht 373 Bilanzkennwerte 524, 532 Bilanzpolitik 337 Bilanzstruktur 348 Bottom-Up 135, 269, 647 Brainstorming 296 Break-Even-Point 155, 408, 409, 529, 532, 565 Bridgeprogramme 250 Buchwertmethode 363 Budgetierung 449, 505, 549, 570 Business Intelligence (BI) 478, 487, 488, 653 Business Process Management (BPM) 695
Schlagwortverzeichnis
Business Process Reengineering 726 Business Relationship Management 315 Business to Business (B2B) 108, 641 Business to Business (B2C) 109, 641 Business-to-Business-Kommunikation 710 C Capacity-Management 314 Cash Value Added (CVA) 452 Cashflow 365, 367, 443, 452, 774, 775 Change Management 313, 315, 317, 631, 726, 739, 753, 767 Chaotische Fehler 260 Click through Rate 687 Clusteranalyse 662 CNC-Maschine (Computerized Numerical Control) 237 COBIT (Control Objectives for Information and Related Technology) 319 Communities 673, 675 Computer Aided Design (CAD) 181 Computer Aided Engineering (CAE) 189 Computer Aided Quality Assurance (CAQ) 240 Computer Integrated Manufacturing (CIM) 251, 253 Configuration Management 313 Consumer to Consumer (C2C) 641 Content Management System (CMS) 650, 656 Content-Life-Cycle 659 Controller 4 Controllership 537 Controllinghorizont 61 Controllingphasen 60 Corporate Blogs 679, 681 Crowd Sourcing 681
Schlagwortverzeichnis
Customer Relationship (CRM) 109, 650, 695
855
Management
D Dashboard 818 Data Mart 489 Data Mining 478, 650, 660, 662 Data Warehouse 115, 484 Datenanalysezyklus 480, 661 Datenbank 50, 87, 97, 98, 412 Datenbeschaffung 480 Datenintegration 474, 480 Datenkreislauf 558 Datenmodell 485 Datenrückgewinnung 480 Datensicherheit 492 Decision Support Systeme 478 Deckungsbeitrag 387, 396, 523, 546 Demning-Zyklus 743 Designmodell 172 Desinvestitionsstrategie 617 Detailplanung 94, 572 Dezentralisierung 543, 705 Direkte-Produkt-Rentabilität 515 Direktkostenrechnung 383, 386 Diversifikation 586 Dokumentenmanagementsystem 268 Drahtmodell 187 Durchlaufzeit 200, 220, 225 E Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) 443 Economic Value Added (EVA) 443 Efficient Consumer Response (ECR) 644, 646 EFQM (European Foundation for Quality Management)-Modell 298, 306
Eigenfertigung 207, 518, 525 Eigenkapitalbewegungen 547 Eigenkapitalspiegel 361 Einsatzpersistenz 683 Einsatzzeit 225 Einsystem 381 Einzahlung 347, 540 Elektronische Servicequalität 685 Elektronischer Geldverkehr 709 Emotive Variable 20 Enterprise Resource Planning (ERP) 229, 254, 323, 472, 481 Entscheidung 41, 255, 467, 468, 552, 577, 589, 779 Entstehungszyklus 154 Entwicklung 35, 155, 157, 459, 697, 797, 798, 816 Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) 270 Erfolgs-Controlling 499, 528, 801 Erfolgsermittlungsverfahren 357 Erfolgskennwerte 524, 814 Ergebniskontrolle 430 Ergebnisplanung 127 Ergebnisrechnung 382 Ergebniszielorientierung 448 Erholungszeit 225 Erlösträger 515 Erzeugnisbedarfsplanung 207 Erzeugnisgliederung 128, 173 Evaluationsinstrumente 411 Executive Information Systeme (EIS) 478 Exogene Modelle 15 Extraktions-Transformations-LadeSystem 486 Extranet 106, 640
856
F Failure Mode and Effects Analysis (FEMA) 300 Fehlermöglichkeits- und einflussanalyse (FMEA) 298 Fehlplanungen 141 Fertigung 74, 175, 203, 217, 222, 238, 239, 248 Fibu-orientierte Controlling 499 Finanz-Controlling 499, 537 Finite-Elemente-Methode (FEM) 189 Firewall 106 Firmenverbund 545 First Level Support 316 Fischgrätendiagramm 301 Fixkostenblock 383 Flächenmodell 187 Flächenplan 800, 806 Fließ- bzw. Serienfertigung 510 Forecasting 550 Forschungsplan 800, 809 Fortschrittszahlenkonzept 223 Fraktale Unternehmen 705 Front Office 110, 653 Frontend 105, 110 Frühwarnsysteme 567 Führung 269, 277, 463, 464, 513, 703, 768, 794, 797 Führungsgröße 27 Führungsinformationssystem 439, 478 Fünf-Jahres-Planung 136 Funktionsabläufe 67 Funktionsintegration 474 Funktionsprinzip 227, 390 Funktionsprototyp 173 G Gegenstromverfahren 135, 427, 802
Schlagwortverzeichnis
Geometriedaten 51, 181 Geometrischer Prototyp 172 Gesamtkostenverfahren 359, 376, 397 Gesamtplanung 420, 429, 565 Geschäftsprozesse 254, 484, 702 Geschäftssegmentierung 79 Gewinn- und Verlustrechnung 44, 340, 356, 513, 771 Grundzeit 225 Gruppe 35, 36, 73, 354, 374 H Halo-Effekt 469 Handlung 20, 33, 59, 66, 82, 176, 279, 571, 577 Hauptkostenstellen 392, 768, 783 Hauptprozess 401 Haushalts- und Wirtschaftsführung 778 Haushaltsplan 768 Herstellungspreis 532 Heuristik 468 Hierarchie 22, 73, 584 Hilfskostenstelle 391 Hilfsregelstrecke 3 Hits 687 Holdingplanung 547 Hypermedia 96 I Identifizieren 41, 185 Identitätsprinzip 799 Ikon 31 Imparitätsprinzip 370 Incident Management 313 Industriekontenrahmen 344 Information Lifecycle Management (ILM) 679
Schlagwortverzeichnis
Information Technology Infrastructure Library (ITIL) 313 Informationsbedarfsanalyse 431, 432, 464, 682 Informationspyramide 748 InformationssicherheitsManagementsystem 700, 725 Informationssystem 255, 429, 435, 461, 464, 479 Innovation 11, 76, 134, 280, 501, 726 Innovative Daten 11 Innovative Modelle 14, 18 Insellösungen 233, 472 International Financial Reporting Standards (IFRS) 368 Internet 109, 709 Intranet 105, 638 Investition 120, 505, 530, 574, 578, 580, 582, 592, 600, 608, 609, 613, 619, 621, 624, 777 Investitions-Controlling 500, 598, 604, 801 Investitionsplanung 130, 455, 574, 592, 797, 798 Ishikawa-Diagramm 301 IT-Alignment 311 IT-Governance 317 IT-Security 720, 722 J Jahresplanung 506 K Kaizen 280 KANBAN-Prinzip 222, 223 Kapazitätsauslastung 219, 529, 530 Kapitalflussrechnung 361, 365, 539, 768, 774
857
Kapitalwert 451, 575 Kennzahlen 111, 113, 114, 323, 439, 528, 532 Kennzahlensystem 113, 440, 456, 478, 496, 497, 766 Kernprozess 269 Klassifizieren 41, 42 Kognition 21, 35, 37, 568 Kommunikation 20, 27, 28, 66, 102, 103, 106, 109, 131, 332, 431, 461, 474, 631, 634, 635, 650, 672, 676, 677, 708, 710, 763, 802 Kommunikationscontrolling 143, 631, 633, 695, 698 Kommunikationssicherheit 718 Kommunikationssysteme 631, 641, 672 Komparative Konkurrenzvorteil (KKV) 119, 472 Konsolidierung 362, 542, 543, 546 Konstruktion 153, 164, 166 Kontenplan 344, 516 Kontenrahmen 45, 344, 346, 769 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) 279, 665 Kontrollprozess 317, 426 Konzernabschluss 347, 361 Konzern-Controlling 499 Kooperationsnetzwerk 716 Korrelationsanalyse 298 Kosten- und Leistungsrechnung 336, 380, 382, 402, 403, 408, 779, 780 Kosten 178, 235, 380, 383, 384, 387, 388, 515, 522, 782 Kostenstellen 380, 391 Kostenträger 380, 392, 515, 768, 784 Kostenträgerstückrechnung 393, 397 Kostenträgerzeitrechnung 380, 393 Kostentreiber 401
858
Kundenbindung 683 Kybernetik 43 L Lagersystem 204, 206, 420 Lean Production 149 Lebensdauerkosten 159 Lehrevaluation 795 Leistungen 382, 768, 780 Leistungsmengenneutrale Kosten 402 Leitstand 224 Lineare Programmierung 89 Liquidität 325, 409, 442, 455, 533, 538 Local Area Network (LAN) 105, 594 Logistik 145, 197, 253, 495, 645 Logistik-Controlling 615, 647 Lohn- und Gehaltsbuchhaltung 413, 415, 420 M Managed Security Services 723 Management by Objectives (MbO) 429, 461, 764 Managementkonsolidierung 491 Market Value Added (MVA) 452 Marketing-Controlling 500, 561 Markt-Investition 120, 613 Marktzyklus 155 Maschinendatenerfassung (MDE) 238 Materialbeschaffung 204 Mengenstückliste 175 Mess- und Prüfmittel 216 Messprotokoll 244 Methodenbank 87 Middleware 105 Mittelfristplanung 134 Modell 14, 15, 22, 87, 99, 181, 253, 306
Schlagwortverzeichnis
Modellbank 87 Modellbildung 11, 13, 17, 577 Modellkette 55 Modellkopplung 92 Modellnutzung 11, 87 Modellwechsel 46 Monatsplanung 507 Montage 153, 203 N Nachliegezeit 200 Nebenbuchhaltung 323, 384, 411 Net Operating Profit after Taxes (NOPAT) 443 Nettokapitalwert 452 Netzplantechnik 748 Niederstwertprinzip 354 O Objektintegration 474 objektorientiertes Controlling 593 Objektorientierte Planung 9 Objektprinzip 227 Online Analytical Processing (OLAP) 116 Online Transaction Processing (OLTP) 257 Operations Research 89 Operationskosten 523, 607 Operatives Controlling 7, 61, 125, 498, 499, 631, 633, 710 Optimale Bestellmenge 212 Optimierungsalgorithmen 191 Organisation 73, 463, 637, 714 Organisationseinheit 270, 800 Organisationsklima 72 P Pagatorischer Kostenbegriff 385
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Page Views/Page Impressions 687, 688 Parallelnummern 43 Paretodiagramm 298 Periodengemeinkosten 389 Periodenkennzahlen 528 Personal 125, 420, 437, 463, 464, 529, 553, 739, 804 Personalbedarfsplanung 554, 803, 804 Personalinformationssystem 420 Personalkosten 415, 529 Personalziele 125 Planbilanz 522, 600 Plandatengenerierung 569, 572, 758 Plandatenraum 95 Plandatenverantwortung 111 Planerfolgsrechnung 386, 522 Planfortschrittskontrolle 430 Planungs- und Entscheidungssysteme 255 Planungs- und Kontrollfehler 470 Planungs- und Kontrollrechnung 458 Planungshorizont 133, 600 Planungsintervall 133 Planungsprozess 426, 565, 569, 572 Planungsspirale 429 Planungszyklen 134, 505 Portalsoftware 658 Portfolio-Analyse 121 Pragmatik 30 Prämissenkontrolle 426, 430 Primäraktivität 329 Primärbedarf 207 Primärkosten 390, 783 Primärorganisation 77, 754 Production on Demand, 644 Produktaudit 291 Produktdatenmanagement-System (PDM) 253
859
Produkteliminierung 155 Produktentwicklung 145, 147, 154, 160, 164, 228 Produktentwicklungskosten 181 Produktgestaltung 47, 172 Produktinnovation 155, 586, 613 Produkt-Investition 120, 613 Produktions-Controlling 500, 557 Produktionskosten 92, 518, 523, 607 Produktionsnetzwerke 710 Produktionsplanung und -steuerung (PPS) 201, 245, 531, 557 Produktionsplanung 215, 245, 246, 248, 420, 495 Produktionstiefe 175 Produktionsvorbereitung 482 Produktivitätskennzahlen 401 Produktlebenszyklus 145, 153, 154 Produktrenditerechnung 602 Program Evaluation and Preview Technique (PERT) 749 Programm-Controlling 742 Programmplanung 127 Projekt-Controlling 77, 158, 165, 500, 592, 742, 754, 756 Projektorganisation 69, 75, 77, 754 Proportionale Gemeinkosten 383 Prozessanalyse 400, 797 Prozesskosten 399, 401 Prozessqualität 730 Prüfmittel 216, 303 Prüfprozess 241 PuK-Kennzahlensystem 456 Pull-Kommunikation 650 Push-Kommunikation 650
860
Q Qualitätsmanagement 145, 148, 151, 206, 240, 265, 266, 272, 281, 285, 286, 291, 296, 298, 300, 768, 794 Quality Function Development (QFD) 267, 298, 300 R Rahmenplan 426 Realgüterstrom 74 Realinvestition 576 Realisierungsphase 482 Rechnungsabgrenzung 350, 355 Rechnungswesen (RW)-Controlling 499 Redundanzfreiheit 101, 473 Regelkreis 1, 3, 7, 191 Regionales Netzwerk 710 Relationale Datenbank 98 Release Management 313 Rentabilität 443, 515, 533 Rentabilitätskennzahlen 533 Repertoire 20 Return on Investment (RoI) 441, 452, 535, 603 Risikoprioritätszahl 301 RL-Kennzahlensystem 497 Rollende Planung 9, 127, 552 Rotationskennzahlen 533 Routinedaten 11 Routinemodelle 14, 18 Rückwärtsterminierung 219 Rüstzeit 200 S Sachinvestition 576 Second Level Support 316 Second Life 681
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Sekundärbedarf 203, 207 Sekundärorganisation 77 Semantik 30, 32, 38 Semiotik 30 Sequenzanalyse 662 Service Desk 314, 316 Service Level Agreement (SLA) 309 Service-Level-Management (SLM) 312, 314 Shareholder Value 452 Sicherheit 718 Sicherheitsbestand 210, 212 Social Media 650, 676, 680, 696 Soziale Investition 120 Soziale Kommunikation 635 Sprungkosten 410 Stabilität 304, 731 Stammdaten 45, 413 Statistical Process Controll (SPC) 298, 302 Stellgröße 27 Steuergröße 27 Steuern 518, 573 Störgröße 3 Strategische Planung 135, 138 Strategisches Controlling 7, 62, 498 Strategy Map 459, 816 Stückerlös 40, 397 Stückliste 175, 176 Studienerfolgsplan 811 Subbilanz 503 Subjektive Rationalität 582 Supply Chain Management (SCM) 256, 313, 695 Symbole 31 Syntaktik 30, 32 System 24
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Systemanalyse und -gestaltung 447 Systemische Denken 23 Systemkomplexität 39 T Target Costing 400 Technische Controlling 7, 131, 306 Teilefertigung 153, 203 Teilkostenrechnung 386, 396 Teilpläne 403 Teilprozesse 401 Terminplanung 217 Tertiärbedarf 207 Text Mining 662 Third Level Support 316 Top-Down 135, 269, 647 Total Quality Management (TQM) 145, 147, 266, 272, 273 Tragende Idee 35 Transmission Control Protocol (TCP) 103 Trichtermodell 222 U Überbetriebliche Kommunikation 708 Überbetriebliches Controlling 646 Übergangsmatrix 218 Umsatzkostenverfahren 359, 376 Umsatzrendite 536, 442 Umschlagshäufigkeit 441, 536 Umweltinformationssystem 596 Unternehmenscontrolling 8, 323, 425, 436 Unternehmenskultur 739 Unternehmensleitung 555, 556 Unternehmenspolitik 600 Unternehmungsphilosophie 78 Urdaten 255
861
Ursachen-Wirkungs-Diagramm 298 V Variable Kosten 383, 408, 516 Veränderungsbereitschaft 730 Veränderungsfähigkeit 730 Verantwortungsbereiche 528, 554 Verbundnummern 43 Verhalten 323, 436, 437, 463, 568, 779, 781 Vernetzte Organisation 714 Verrichtungsorganisation 73 Verrichtungsplanung 553, 555 Verteilzeit 225 Viewtime 687 Virtuelle Fabrik 711, 714 Virtuelle Organisation 714 Virtuelle Realität 258 Virtuelles Geld 709 Visits (Besuche) 687, 688 Vollkostenrechnung 386, 508 Vorgabezeiten 225 Vorgangskettendiagramm (VKD) 271 Vorkostenstelle 783 Vorliegezeit 200 Vorratsbewertungsverfahren 353 Vorsichtsprinzip 369 W Wahrnehmungsstruktur 47 Wandlungsprozess 35, 732 Web Mining 662 Werbekontakt (Ad Impressions) 689 Werkstattprinzip 222, 248 Wertezuwachskurve 400 Wertkette 328 Wertmäßiger Kostenbegriff 780
862
Wertschöpfungskette 267 Wide Area Network (WAN) 594, 708 Wirtschaftliches Controlling 7, 130 Wirtschaftsplan 768 Wissensmanagement 631, 650, 664, 665, 666, 667, 670 Word of mouth 675 Workflow-Management 268 Z Zeichenrepertoire 37 Zeichentheorie 30 Zeichenträger 30, 37 Zielinhalte 427 Zielkostenrechnung 179, 180 Zielplanung 66, 127, 278 Zielvereinbarung 768, 769 Zuschlagskalkulation 394 Zweckgesellschaft 360 Zweisystem 381 Zwischenzeiten 225
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Autorenverzeichnis A Abele/Reinhart 665, 751 Abts/Mülder 270 Adam 467, 468 Agthe 537 Aicher/Krampen 48 Albers 794 Albert/Preis 119 Altrogge 575, 576, 621 Andersen 780 Andler 215 Ansoff 586 Aristoteles 29 Ashton 147 Atteslander 815 B Baars/Lasi 488 Bach/Steinhaus 742 Backhaus 6, 119, 472 Baetge/Kirsch/Thiele 349 Banscherus 794 Bauer/Falk/Hammerschmidt 684 Bauer/Martin/Albrecht 675 Becker 6, 47, 448, 583, 596, 611, 614, 615 Becker/Knackstedt 655 Beer 727 Beer/Noria 727 Behrends 515 Bensberg 654 Bense 30, 46
Berchtenbreiter 657, 659, 672 Berners-Lee/Cailliau 85 Bernstein 535,536 Bertalanffy 43, 44 Beynon-Davies 106 Bibeault 588 Bichler 170, 173 Biethahn/Mucksch/Ruf 700, 701 Binner 148, 149, 151, 298, 665, 666, 671, 744, 795 Bissantz/Hagedorn 478 Blatzheim/Böttcher 645 Bleicher 69, 75, 119, 697 Blohm 432, 448, 476, 477 Blohm/Lüder 579, 751 Blömer/Jaspersen 708 Blüthmann/Lepa/Thiel 811 Böhm 181 Böhnlein/Ulbrich-vom Ende 478 Bolzano 30 Boos/Volker/Schuh 69, 119, 697 Boston Consulting Group 121 Brandt 708 Brankamp 154 Brauchlin/Wehrli 582, 583, 588 Bredemeier/Brandt/Beckmann/ Blömer/Kastning 85 Brehm/Petry 746, 747 Briggs 260 Briggs/Peat 261 Brixle 9
864
Brosda/Jaspersen 626 Bruhn 614, 633, 634, 638, 639, 641, 648, 650, 651, 652, 656, 658, 659, 680, 682 Bruhn/Janßen 634 Brümmer/Daum 408 Buchholz 368, 370, 371, 372, 378 Budäus/Buchholtz 814 Budäus/Hilgers 767, 778 Budzier/Flyvberg 484 Bühner 69, 77, 80, 81, 138, 613 Bullough 591 Burckhardt 35, 36 Burghardt 165 Burkhardt/Quaißer 765 Busse von Colbe 89 Busse von Colbe/Ordelheide/ Gebhardt/Pellens 359, 361, 362, 363, 365 C Capgemini 737 Chamoni/Beekmann/Bley 488 Chamoni/Gluchowski 478 Chen 99 Chmielewicz 386, 405, 410, 574 Chomsky 36 Clark/Brock/Stewart 634 Codd 98 Coenenberg 360, 365, 367 Coenenberg/Haller/Mattner/Schultze 340, 341, 344 Conner 731 Conrad 170, 175, 179, 184, 239, 254 D Dahrendorf 585 Damasio 21 Daum 408
Autorenverzeichnis
Daum/Lawa 562 Deisenhofer 180 Demning 743 Disterer/Salomon 725 Dölle/Brummer 789, 790, 791 Dölle/Rupp/Niemann 780, 792, 811, 813 Domscheit 809 Doppler/Lauterberg 737, 739, 742, 747 Dörner 22, 470, 568 Drucker 429 Dürr 567 Dutschke 241, 243, 244 Dworski/Gamm/Gottlieb/Junga 766, 814 E Ebert 384, 386, 387, 390, 393, 396, 399 Eckstein 818 Eco 800 Ehrlenspiel 179 Ehrmann 432 Eigner 187, 188 Eigner/Maier 182, 185, 187, 188, 189, 237 Eilenberger 335, 340, 343, 356, 380, 381, 383, 386, 387, 388, 398, 404, 406, 508, 783 Einhard 591 Eisele/Knobloch 332, 335, 350, 352, 355, 357, 359, 786 Ellinger 47, 393 Eversheim 159, 161, 164, 166, 168, 178, 191, 193, 197, 198, 202, 219, 232, 241, 251, 253, 519, 529, 572, 605, 758 Eversheim/Krause 172, 187 Eversheim/Maßberg/Pritschow/Tönshoff 164, 233, 237, 241 Exeler 562
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F Fechner 83, 311 Feigenbaum 273 Feil 677, 678 Ferstl/Sinz 3, 6, 18, 27, 100, 101, 472, 475, 479, 480, 666 Firnkorn, Fuchs 41 Fischer 135 Flusser 260 Frank 31, 32, 37 Freeman 65, 451 Friedman/Miles 65 Frese 69, 78, 461 Frese/Hahn/Horváth 609 Frick 272, 306 Friedrich 477 G Gadatsch/Mayer 265 Georg/Gruber 81 Gerschof 659 Glaap 152 Gleich 815 Gloor 96 Gluchowski/Gabriel/Dittmar 478, 487, 489 Goecke 714 Gräfer/Schneider 40 Grimm-Curtis 623 Grochla 635 Grosse 47 Grünberger 328, 369, 374, 375, 376, 379 Grünewald 140 Gründer/Leßmann 310, 311, 312 Günther 399, 400, 401
865
Günther/Tempelmeier 152, 197, 209, 227, 246, 247, 252, 257, 258, 259 Gusig 159 H Haas 600 Hahn/Hungenberg 94, 95, 123, 125, 126, 127, 131, 436, 438, 446, 450, 456, 459, 461, 495, 502, 503, 569, 577, 609, 748 Hahne 485 Haiss 731 Hamilton 154, 160 Hammer/Champy 59 Hansen 47 Harmon 37 Harms 763 Hauer/Ultsch 427 Haupt 393 Hayn/Waldersee 328, 369 Hazan/Verleysen/Cottrell/Lacaille 663 Heinen 90, 125, 430, 431, 437, 438, 569, 589 Heinrich 360, 701 Heise 788 Hentze 417, 420, 528, 554 Hering/Steparsch/Linder 275, 276, 277, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 294, 302, 303 Hesse 50 Hettler 636 Hijazi/Coenen/Zheng 663 Hippner 488 Hippner/Merzenich/Wilde 662 Hippner/Rentzmann/Wilde 653 Hippner/Wilde 110 Hlubek 85 Hodel/Berger/Risi 310
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Hofer 588 Hofstätter 38 Hoos 722 Hoppe/Prieß 106, 719 Horngren 410 Hornung 203, 204, 217, 225, 226 Horváth 3, 77, 147, 410, 436, 438, 446, 448, 449, 450, 529, 600, 602, 609 Horváth/Mayer 400 Humm/Wietek 477, 485 Hummel/Männel 780 Hummeltenberg 488 Hünerberg/Mann 642 I Ifrah 39, 48 Imai 280, 281, 301 Islan/Nahiduzzaman/Peug/Ashraf 663 J Jackson 147, 636 Jaeger/Leszczensky/Orr/Schwarzenberger 797 Jagels 704 Janßen 634 Jaspersen 4, 20, 23, 36, 83, 87, 103, 172, 571, 576, 584, 590, 592, 593, 604, 626, 633, 640,686, 708, 797, 801, 802 Jaspersen/Schulze 656 Jünemann 85 Jung 495, 501 K Käfer 345, 350 Kah 466
Autorenverzeichnis
Kahnemann/Slovic/Tversky 21 Kampker/Schuh/Schittney 75, 82, 110, 123, 124, 237, 241, 280, 665, 716, 726, 727, 731, 744, 745 Kaplan/Norton 459 Kaufmann 794 Kemper/Finger 486 Kettner/Bechte 221, 222 Kieser/Kubicek 73, 78, 566 Kilger 325 Kilger/Pampel/Vikas 399 King 37 Kirchhoff-Kestel 763, 765, 779, 781, 818 Kirsch 9, 349, 369, 569 Kittler 261 Klaas/Hebbler 153 Knappe/Kracklauer 673, 674, 675, 684 Kneschaurek 593, 595, 596 Kneschaurek/Graf 598 Knolmayer/Disterer 677, 678 Koch 432, 539 Koch/Black/Demonlin 38 Köhler/Lämmle/Wiendahl 699, 704, 705, 706 Kohlstock 814 König/Anger/Hoffmann 765 Korbion 50 Koreimann 431, 477 Kosiol 68 Kotler/Bliemel 121 Krause 50, 172, 184, 187, 189, 635, 636, 649 Krempkow 814 Kresse/Bause 319 Kreysing 811 Kronthaler 798 Krüger 732, 733, 734, 735, 737 Küchler 721
Autorenverzeichnis
Kuhn 582 Küpper 71, 79, 113, 114, 125, 399, 434, 437, 438, 440, 461, 463, 465, 466, 608, 765, 780 Küpper/Ortmann 71, 566, 585 Kupsch 334 Kurbel 43, 160, 215 Kurbel/Meynert 557 Kussauer/Mittag 780, 786 Küting 365 L Lachnit 497, 538 Lachnit/Ammann/Becker 448 Lachnit/Müller 445, 538 Lachnit/Reichmann 538 Lange 676 Langguth 443, 445, 452, 454 Laux/Liermann 111, 112 Leidig/Stanke/Rüger/Thiele 644 Leszczensky/Orr 789, 797 Liefner 764 Liessmann 179 Linß 150, 244, 245, 292 Lommatzsch 685 Lorentz 618 Losse 500 Ludewig 23 Luhmann 12, 78, 635, 636, 649 Lunze 38 M Macha 391, 392, 394, 399, 407, 415, 515, 779, 780 Machiavelli 78 Malorny 267, 277, 279, 281, 294, 295, 296, 298
867
Männel/Becker 611, 780 Mantscheff 50 Martin 675 Maser 30, 47 Mattes 108 Maturana 158 Mcllvaine 492 Meffert/Burmann/Kirchgeorg 561, 596, 617 Mertens 209, 330, 476 Mertens/Meier 211, 479, 480, 489, 490 Mertins 67, 247, 248 Meyer 348, 350, 361, 363, 365, 366, 367, 375 Meyer/Mattmüller 9, 585 Miska 251 Mohr 720 Moog/Vogel 805 Mülder 116, 117, 269, 270, 271, 658, 661, 662 Mülder/Westheide 665 Müller 37, 50, 54, 367, 445, 726 Müller-Mehrbach 22 N Negroponte 712 Nickel 794 Nonaka/Takeuchi 670 Noria 727 North 586 O Oberweis/Paulzen/Sexauer 669, 695 Oechsler 417 Oehler 484, 488 Olfert 384, 418, 420 Olfert/Rahm 215, 216
868
Olfert/Reichel 575, 576, 589 Olfert/Steinbuch 418, 420 Ortmann 71, 79, 566, 585 Osgood 38 Ott 763 Ould 268, 269 P Pahl 175, 187, 233, 234 Peirce 30 Pepels 109, 633, 636, 687 Peter 429, 436, 446 Peters 13, 541 Pfeifer 288, 298, 300, 302, 303, 795 Philipps 765 Picot 553, 621 Picot/Reichwald/Wigand 431, 432 Pietsch/Scherm 438 Piwinger/Porák 633 Platon 325 Plinke/Rese 325 Plinke/Rese/Kilger 325 Porter 328, 329, 586, 622 Preißler 3, 4, 7 Pribilla 714 Probst/Raub/Rohmhard 667 Q Quillian 37 R Radford 273 Raepple 720 Rall 543 Rannenberg 718
Autorenverzeichnis
Reichmann 114, 115, 401, 436, 438, 439, 440, 441, 445, 481, 489, 491, 495, 497, 535, 538, 560, 615, 633 Reichmann/Lachnit 440, 442, 498 Reichwald 431, 432 Reinhardt 66 Reiß/Rosenstiel/Lanz 730 Reuse/Gross/Macheleidt 138 Reuter 300 Riebel 389, 513, 518, 799 Riedl 78, 158, 159, 600, 601, 754 Ritter 216 Ritter/Hansel 807, 808 Roschmann 558 Rösger/Herrmann/Heitmann 674, 684 Rudolph/Emrich/Meise 680 Rüegg-Stürm 697 Rupp 780, 783, 792, 811, 813 S Sabisch 156, 160, 501, 572 Sachsse 44, 45 Salmon 644 Scheer 38, 85, 87, 88, 99, 183, 235, 236, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 270, 271, 516 Schefold 647 Scheytt 765 Schiele/Hähner/Becker 673 Schildbach 348 Schirru/Obradovic/Baumann/Wortmann 664 Schleip/Schleip 748 Schlipat 329 Schmalenbach 40, 385, 399, 576
Autorenverzeichnis
Schmelzer/Sasselmann 797 Schmidt 29, 43, 97 Schmitt/Pfeifer 795 Scholz 72 Schröder 7, 435, 459 Schubert 154, 781, 784, 787 Schuh 714, 715, 729 Schuh/Boos/Kampker/Gartzen 123, 124 Schuh/Kampker/Huesmann 110, 119, 123, 124, 237, 241, 280, 665, 697, 716, 726, 727, 731, 744 Schuh/Kampker/Rittstieg 82, 716 Schuh/Klappert/Schubert/Nollan 154 Schulte 63, 420, 619 Schumacher 554 Schumpeter 76, 138 Schwarze 106 Schweitzer/Küpper 399, 438, 766, 780 Schwickert/Theuring 104 Seelbach 574 Seliger 502 Shannon 102 Sharman 400 Shook 744 Siegwart 154 Sievers 764 Simon 582, 584, 585, 586, 588 Skrippek 83, 313, 314 Specht 249, 250, 273, 572 Spur 50, 251 Spur/Krause 184 Stachowiak 17, 18 Staehle 71, 495, 557 Stahlknecht/Hasenkamp 98, 99, 268, 755, 757 Stäudel 22, 568 Stauss 662
869
Stauss/Seidel 679 Steeb 482 Steffen 515, 528 Stegemerten 658 Stegemerten/Treibert 319, 320 Stegmann/Treiber 308 Steinmann/Schreyögg 425, 426, 495 Steinmetz 572 Streckenbach 360 Syring/Andersen 780 T Taleb 484 Tapscott 711 Täschner 271, 272, 767, 769, 770, 771, 774, 775, 781, 784, 792, 799, 806, 807, 808, 809, 811, 813, 817, 818 Theile 360, 361, 380, 407 Thome 98 Turban 487 Tushman/O’Reilly 731 Tversky/Kahnemann 21 V Vahs 75 Vahs/Leiser 726, 730 Vajna/Weber/Bley/Zeman 182, 185, 187, 189, 193, 197, 229, 231, 251, 253 Vandersleyen 48 Vogel 805 Völkel 492 Von Falkenhausen 543 W Wagenhofer 40
870
Walker 261 Wall 436, 438 Wall/Schröder 459 Walz/Gramlich 65, 435, 577 Warnecke 705 Watterott 461 Watzlawick 7, 636 Watzlawick/Beavin/Jackson 636 Weaver 102 Weber 35, 182, 185, 187, 189, 193, 197, 229, 231, 251, 253, 500, 537, 589, 615, 519, 794 Weber/Schäffer 134, 135, 142, 307, 437, 438, 468, 470, 471, 472 Weidner-Russell 808 Weis 47, 121, 505, 561 Wengel/Schnell 377, 378 Werntze 618, 643, 703 Westhaus 438 Westkämper 118, 273, 274, 283, 286, 291 Weston/Brigham 535 Wiendahl 24, 25, 26, 42, 50, 127, 130,
Autorenverzeichnis
131, 134, 150, 154, 155, 157, 160, 166, 170, 175, 178, 200, 201, 202, 208, 209, 218, 219, 220, 222, 223, 224, 251, 256, 257, 292, 300, 305, 306, 516, 519, 572, 618, 699, 704, 705, 706 Wiendahl/Scheffczyk 710 Wild 427, 428, 429, 446 Wilde 653, 662 Witte 765, 766, 779 Wöhe 41, 63, 89, 347, 385, 532, 541 Wöhe/Döring 365, 508 Wöhe/Kußmaul 342 Wöhe/Mock 338, 353, 403 Z Zaidi/Archambault/Melancon 664 Zerfaß 676 Zerfaß/Boelter 681 Ziegele 764, 814 Ziegenbein 3, 124, 142, 181, 207, 488