Börsenschiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und Russland: Zugleich eine Untersuchung zum Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit [1 ed.] 9783428525515, 9783428125517

Die vorliegende Arbeit ist an der Schnittstelle zwischen Kapitalmarktrecht und Schiedsrecht angesiedelt, indem sie die B

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German Pages 277 Year 2008

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Börsenschiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und Russland: Zugleich eine Untersuchung zum Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit [1 ed.]
 9783428525515, 9783428125517

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Schriften zum Bank- und Börsenwesen Band 9

Börsenschiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und Russland Zugleich eine Untersuchung zum Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit Von Cornelia S. Iffland

Duncker & Humblot · Berlin

CORNELIA S. IFFLAND

Börsenschiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und Russland

Schriften zum Bank- und Börsenwesen Heft 8

Börsenschiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und Russland Zugleich eine Untersuchung zum Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit

Von Cornelia S. Iffland

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6755 ISBN 978-3-428-12551-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Diese Dissertation wurde im Februar 2005 an der Universität Kiel eingereicht. Die mündliche Prüfung fand im Mai 2006 statt. Die Arbeit wurde bis einschließlich Mai 2007 aktualisiert. Spätere Änderungen wurden, soweit möglich, berücksichtigt und eingearbeitet. Dies betrifft insbesondere die Neuregelung der Börsenschiedsregeln der wichtigsten russischen Börse „micex“. Mein ganz besonderer Dank gilt in erster Linie meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Alexander Trunk, für seine fortwährende Unterstützung und die wertvollen Anregungen während des Entstehungsprozesses dieser Arbeit. Der Studienstiftung des deutschen Volkes danke ich sehr für die Förderung meiner Arbeit durch ein großzügiges Promotionsstipendium, ebenso dem Deutschen Akademischen Austauschdienst für die finanzielle Unterstützung während eines mehrwöchigen Recherche-Aufenthalts in Moskau. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Rudolf Meyer-Pritzl für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Nicht zuletzt gebührt mein herzlichster Dank Frau Claudia Miller und Frau Dr. Karla Gubalke, die sich trotz der unvertrauten Materie immer wieder auf spannende Diskussionen einließen und mich so auf manch fruchtbare Idee brachten. Schließlich danke ich auch meinen Eltern, die mich während des gesamten Prozesses unermüdlich unterstützten und mir durch manch schwierige Phase hinweghalfen. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Stuttgart, im Mai 2007

Cornelia S. Iffland

Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Erstes Kapitel Rechtsgrundlagen

30

A. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Russisches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 31 34 36

B. Rechtsanwendungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zueinander. . . . . . . . II. Das Verhältnis des internationalen zum nationalen Recht . . . . . . . . . . . . .

39 39 43

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Anwendungsbereich des UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Anwendungsbereich des EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der dem nationalen Recht verbleibende Anwendungsbereich. . . . . . . . . . IV. Insbesondere die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der russischen Schiedsgesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 48 55 56 56

D. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

Zweites Kapitel Grundlegende Begriffe

62

A. Begriff der Börse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Russisches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 71 74

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Börsenschiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die am Börsenhandel Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Schiedsregeln der Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 76 81 82 85

10

Inhaltsübersicht Drittes Kapitel Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

88

A. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbindliche Einsetzung von Schiedsgerichten durch Art. 30 WaBBHG und Art. 15 WpMG?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbindliche Schiedsgerichte in den Regelwerken der Börsen?. . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 90 91

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 1066 ZPO und internationale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeitsfragen des § 1066 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit und Wirksamkeit der statutarischen Schiedsklauseln . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 93 94 102 117

88

C. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Viertes Kapitel Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund individueller Vereinbarung

120

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Frage nach der richtigen Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Grundsatz der freien Rechtswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Objektive Anknüpfung mangels Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Reichweite des Schiedsvereinbarungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 121 122 126 128 137 140

B. Das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis . . . I. Nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nach russischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141 141 145 146

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hinreichende Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die objektive Schiedsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die subjektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Inhaltskontrolle der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Sonstige Unwirksamkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 147 148 154 171 186 206 213

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Inhaltsübersicht

11

Fünftes Kapitel Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

217

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinheitlichte Regeln der internationalen Übereinkommen . . . . . . . . . . II. Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

217 217 221 224 226

B. Insbesondere die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bezugnahme auf Schiedsgerichtsordnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhaltskontrolle von Verfahrensvereinbarungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 227 228 228 235

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internationale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 236 237 242

D. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Sechstes Kapitel Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

245

A. Internationales Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B. Deutsches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 C. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung der Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Aufhebung von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . IV. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche . . . . . . . .

246 248 249 253 256

D. Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

Siebtes Kapitel Schlussthesen

259

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Erstes Kapitel Rechtsgrundlagen

30

A. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. UNÜ und EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Moskauer Konvention von 1972. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Kiewer Übereinkommen von 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schiedsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Russisches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schiedsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 31 31 31 33 34 35 35 36 37 37

B. Rechtsanwendungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zueinander. . . . . . . . 1. Das Verhältnis zwischen UNÜ und EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis der Moskauer Konvention zu UNÜ und EuÜ . . . . . . . 3. Das Verhältnis des Kiewer Übereinkommens zum UNÜ . . . . . . . . . . . II. Das Verhältnis des internationalen zum nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . 1. Der grundsätzliche Vorrang der völkerrechtlichen Verträge. . . . . . . . . a) Nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nach russischem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung nationalen Rechts trotz grundsätzlichen Vorrangs des internationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 39 42 42 43 44 44 45

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Anwendungsbereich des UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Anwendungsbereich des Art. II UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die bisher vertretenen Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vorbehalte des Art. I Abs. 3 UNÜ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Anwendungsbereich des EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 48 48 49 49 51 54 55

46

14

Inhaltsverzeichnis III. Der dem nationalen Recht verbleibende Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 56 IV. Insbesondere die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der russischen Schiedsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Zweites Kapitel Grundlegende Begriffe

62

A. Begriff der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutsches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Materieller Börsenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Börsenbegriff vor Inkrafttreten des 4. FMFG . . . . . . . . . . . . . . b) Der Börsenbegriff nach Inkrafttreten des 4. FMFG . . . . . . . . . . . . . (1) Legaldefinition durch § 59 BörsG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konstituierende Merkmale des Börsenbegriffs . . . . . . . . . . . . . c) Insbesondere die Internalisierungssysteme der Börsen . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formeller Börsenbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 63 63 64 65 67 68 70 70 71 74

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Börsenschiedsgerichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung zu anderen Gremien, insbesondere dem Ombudsmannverfahren der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Börsenschiedsgerichte als institutionelle Schiedsgerichte . . . . . . . . d) Börsenschiedsgerichtsbarkeit keine echte Schiedsgerichtsbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die am Börsenhandel Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nach deutschem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nach russischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Schiedsregeln der Börsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die SchGO der FWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Statut und die SchGO der Schiedskommission der micex . . . . . . V. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 75 75 76 76 76 78 79 79 80 81 81 81 82 82 83 85

Inhaltsverzeichnis

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Drittes Kapitel Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund statutarischer Schiedsklauseln A. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbindliche Einsetzung von Schiedsgerichten durch Art. 30 WaBBHG und Art. 15 WpMG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbindliche Schiedsgerichte in den Regelwerken der Börsen? . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 1066 ZPO und internationale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeitsfragen des § 1066 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung der in den Regelwerken der Börsen enthaltenen statutarischen Schiedsklauseln als Anordnung eines Schiedsgerichts i. S. d. § 1066 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit des § 1066 ZPO nur auf sog. echte Schiedsgerichte a) Die Börsenordnung als Satzung des öffentlichen Rechts . . . . . . . . b) Schlussfolgerungen für § 1066 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit des § 1066 ZPO auf satzungsmäßige Schiedsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit und Wirksamkeit der statutarischen Schiedsklauseln . . . . . . 1. Öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage für die Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte: die Börsenordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung des Gesetzesvorbehalts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ermächtigung durch § 28 BörsG a. F.?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewohnheitsrechtliche Kompetenz der Börsen zur Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit in den Börsenordnungen? . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis: Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt . . . . . . . 2. Privatrechtliche Rechtsgrundlage für die Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nochmals: die Börsenordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Privatrechtliche Qualifizierung der Schiedsklauseln . . . . . . . . (2) Zulässigkeit der Schiedsklauseln als privatrechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Börsenusancen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur der Börsenusancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zulässigkeit der Schiedsklauseln in den Börsenusancen . . . . c) Die Schiedsgerichtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 88 89 90 91 92 93 94

94 95 96 98 99 102 103 103 106 107 109 109 110 110 111 113 113 115 115 116 117

C. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

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Inhaltsverzeichnis Viertes Kapitel Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund individueller Vereinbarung

120

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Frage nach der richtigen Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Grundsatz der freien Rechtswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsatz der freien Rechtswahl ohne Auslandsbezug? . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten der Anforderungen an die Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . III. Objektive Anknüpfung mangels Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Parallele Anwendbarkeit besonderer verbraucherschützender Kollisionsnormen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im deutschen Recht: Art. 29 ff. EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im russischen Recht: Art. 1212 ZGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ordre public und international zwingende Normen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeit von ordre public-Erwägungen bei Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die ständige Rechtsprechung des BGH zur Anerkennung von Schiedsvereinbarungen über ausländische (Waren-)Termingeschäfte bis zum Erlass des 4. FMFG . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Rechtslage nach dem 4. FMFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Reichweite des Schiedsvereinbarungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mindestanforderungen der Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 EuÜ . . 2. Beschränkungsfunktion des Art. II Abs. 3 UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 121 122 122 124 125 126 128

B. Das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis . . . I. Nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nochmals: die Rechtsform der Börsenusancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geltungserlangung der Börsenusancen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nach russischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141 141 141 145 145 146

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hinreichende Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinheitlichtes Sachrecht der Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 147 147 148 148 148

129 129 130 131 132 132

133 135 136 136 137 137 139 140

Inhaltsverzeichnis

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2. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die objektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kollisionsrechtliche Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinheitlichtes Kollisionsrecht der internationalen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Autonomes deutsches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Autonomes russisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Sachrecht: § 1030 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzliches. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einschränkungen: fehlende objektive Schiedsfähigkeit bei Finanztermingeschäften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Objektive Schiedsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche b) Russisches Sachrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines: Beschränkung auf zivilrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit des Wertpapierrechts? . (3) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit nicht kommerzieller Streitigkeiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit bei ausschließlichen Gerichtsständen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die subjektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kollisionsrechtliche Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kollisionsrechtliche Regelungen des internationalen und nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vereinheitlichtes Kollisionsrecht der internationalen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Autonomes deutsches Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Autonomes russisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ausgestaltung des Personalstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Maßgeblichkeit des allgemeinen Personalstatuts für die Bestimmung der subjektiven Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . (b) Anknüpfung der Kaufmannseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nach russischem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 152 153 154 154 154 156 157 158 159 159 159 160 161 163 163 165 166 168 170 171 171 171 171 171 173 173 174 174 175 177 178 178 179 179

18

Inhaltsverzeichnis (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Regelung des § 28 BörsG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Neuregelung des § 37h WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vereinbarkeit des § 37h WpHG mit UNÜ und EuÜ . . . . . . . . b) Russisches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinheitlichtes Sachrecht der internationalen Übereinkommen . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltliche Anforderungen des Art. II Abs. 2 UNÜ . . . . . . . . . . . . . c) Inhaltliche Anforderungen des Art. I Abs. 2a EuÜ . . . . . . . . . . . . . d) Über die Meistbegünstigungsregel anwendbares nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Russisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Autonomes Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Insbesondere § 1031 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 1031 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Russisches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Heilung von Formmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Schiedsklauseln in der Praxis der Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die deutsche Börsenpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die russische Börsenpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Inhaltskontrolle der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Sperrwirkung des internationalen Sachrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhaltskontrolle nach deutschem Recht: § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . a) Exkurs: § 305c Abs. 1 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des § 307 BGB auf Börsenusancen . . . . . . . . . . . . . c) Leitbildfunktion der staatlichen Gerichtsbarkeit i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . 3. Inhaltskontrolle nach russischem Recht: Art. 428 ZGB. . . . . . . . . . . . . 4. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Sonstige Unwirksamkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 180 182 183 185 185 185 186 186 186 187 188 189 190 190 192 193 193 193 194 197 198 200 200 200 201 202 202 203 205 206 207 207 207 208 209 211 212 213 213

Inhaltsverzeichnis

19

1. Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung mangels Freiwilligkeit ihres Abschlusses nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Art. 5 Pkt. 3 SchGG im russischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 D. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Fünftes Kapitel Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

217

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinheitlichte Regeln der internationalen Übereinkommen . . . . . . . . . . 1. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. IV, IX Abs. 1 lit. d EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

217 217 218 221 221 221 222 223 224 224 225 226 226

B. Insbesondere die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bezugnahme auf Schiedsgerichtsordnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhaltskontrolle von Verfahrensvereinbarungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Inhaltskontrolle nach deutschem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltskontrolle der Schiedsgerichtsordnungen der Börsen . . . . . . 2. Die Inhaltskontrolle nach russischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 227 228 228 229 229 229 232 235

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internationale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Kollisionsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtswahlklausel in § 49 BörsO FWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Russisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 236 237 237 237 239 240 242

D. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

20

Inhaltsverzeichnis Sechstes Kapitel Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

245

A. Internationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 C. Russisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung der Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Aufhebung von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im Bereich des SchGG, APK und ZPK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Bereich des IHSchG und APK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Art. 230 Pkt. 5 APK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Art. 232 Pkt. 2 APK und Art. 420 Pkt. 2 ZPK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . 1. Im Bereich des SchGG, APK und ZPK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Bereich des IHSchG und APK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. . . . . . . . . 1. Nochmals: der Vorbehalt des Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ. . . . . . . . . . . . . . 2. Die Regelungen in APK, IHSchG und ZPK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246 248 249 249 250 251 252 253 253 255 256 256 257

D. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Siebtes Kapitel Schlussthesen

259

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Abkürzungsverzeichnis a. a. A. ABl. EG Abs. ADR a. E. a. F. AG AGB AGBG AGP Alt. Anh. Anm. AP APK Art. ATS Aufl. BB Bd. Begr. Bek. Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BörsG BörsZulV BR-Drucks. BT-Drucks.

auch anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen (1952–1957: Gemeinschaft für Kohle und Stahl) Gemeinschaften (1958 ff.) Absatz Alternative Dispute Resolution am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) Arbitražnyj i graždanskij process (Zeitschrift) Alternative Anhang Anmerkung Arbitražnyj process Arbitrageprozesskodex Artikel Alternative Trading Systems Auflage Betriebsberater (Zeitschrift) Band Begründung oder Begründer Bekanntmachung Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Markt an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungsverordnung) Drucksache des Bundesrats Drucksache des Deutschen Bundestages

22 BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. ChiP ders. d. h. dies. DIS DIS-MAT DZWiR EG EGBGB Einl. EuGH EuGVO

EuGVÜ

EuÜ e.V. EVÜ EWG EWS f. ff. FMFG Fn. FS FWB G. GeschBed GG Grundz. GUS GWB Hdb. HGB

Abkürzungsverzeichnis Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Chozjajstvo i Pravo (Zeitschrift) derselbe das heißt dieselbe Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. DIS-Materialien Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einleitung Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 2000 Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen von 1968 Genfer Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1961 eingetragener Verein (Römisches) Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht (Zeitschrift) folgende fortfolgende Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Festschrift Frankfurter Wertpapierbörse Gesetz Geschäftsbedingungen (Börsenusancen) Grundgesetz Grundzüge Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handbuch Handelsgesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis hins. h. L. h. M. Hrsg. Hs. HStR i. d. F. i. E. IHSchG insb. InsO IntGesR IPR IPRax i. S. d. i. S. v. i. V. m. J. Int. Arb. JPS Kap. KG KMRK KommSchGG KWG lit. m. E. MG MGAP MKA MKAS

MünchKomm m. w. N. Mžmp NAUFOR NJW NJW-RR Nr. NVwZ

23

hinsichtlich herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Handbuch des Staatsrechts (Hrsg. Isensee/Kirchhof) in der Fassung im Ergebnis Gesetz über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit insbesondere Insolvenzordnung Internationales Gesellschaftsrecht Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Journal of International Arbitration Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Kapitel Kammergericht Kapitalmarktrechtskommentar Kommentar zum SchGG in Tretejskij sud Kreditwesengesetz litera meines Erachtens Modellgesetz Meždunarodnyj graždanskij i arbitražnyj process (Zeitschrift) Meždunarodnyj kommercˇeskij arbitraž (Zeitschrift) Meždunarodnyj kommercˇeskij arbitražnyj sud pri Torgovo-promyšlennoj palate Rossijskoj Federacii (Internationales Handelsschiedsgericht der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation) Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Moskovskij žurnal meždunarodnogo prava (Zeitschrift) Nacional’naja Associacija Ucˇastnikov Fondovogo Rynka (Nationale Vereinigung der Teilnehmer des Wertpapiermarktes) Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

24 NZG OLG OLGRspr. OVG Pkt. Pos. PrOVGE RabelsZ Rev. arb. RF RG RGBl. RGZ RheinZ RIW RJu Rn. RPS Rspr. S. s. SchGG SchGO SchiedsVZ sog. st. str. StVG SZ TS u. a. UdSSR UN UN-Doc. UNÜ Urt. US v. V.

Abkürzungsverzeichnis Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts Oberverwaltungsgericht Punkt Position Entscheidungen des (bis 1918 Königlichen) Preußischen Oberverwaltungsgerichts Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revue de l’arbitrage Russische Föderation Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozessrecht Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Rossijskaja justicija (Zeitschrift) Randnummer Recht und Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit (Beilage zu BB) Rechtsprechung Satz/Seite siehe Schiedsgerichtsgesetz Schiedsgerichtsordnung Zeitschrift für Schiedsverfahren so genannte(r, s) ständige(r) strittig Straßenverkehrsgesetz Sobranie Zakonodatel’stva Tretejskij Sud (Zeitschrift) und andere Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United Nations United Nations’ Document New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 Urteil United States vom/versus Verordnung

Abkürzungsverzeichnis v. a. VAS VerbrRSchG Verf RF VerwArch VGH vgl. VölkVG Vol. Vorbem. VwGO VwVfG WaBBHG WiRO WM WpHG WpMG YCA Zakon. z. B. ZBB ZEuP ZGB ZGR ZIP ZPK ZPO z. T.

vor allem Vysšij Arbitražnyj Sud (Oberstes Arbitragegericht) Gesetz zum Schutz der Verbraucherrechte Verfassung der Russischen Föderation Verwaltungsarchiv Verwaltungsgerichtshof vergleiche Gesetz über die völkerrechtlichen Verträge Volume Vorbemerkung Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Warenbörsen- und Börsenhandelsgesetz Wirtschaft und Recht in Osteuropa (Zeitschrift) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiermarktgesetz Yearbook Commercial Arbitration Zakonodatel’stvo (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zivilgesetzbuch Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozesskodex Zivilprozessordnung zum Teil

25

Einführung Die Börsenschiedsgerichtsbarkeit ist international eines der erfolgreichsten Streitbeilegungsverfahren, was nicht zuletzt daran liegen dürfte, dass die strikten Verfahrensordnungen des Börsenhandels darauf angelegt sind, Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden, und so Schiedsverfahren an den Börsen nicht häufig vorkommen. Obwohl der reibungslose Ablauf des Börsenschiedsverfahrens darauf hindeutet, dass in diesem Feld keine Schwierigkeiten auftreten, ergeben sich bei tieferer Betrachtung eine Reihe von Fragen, die es verdienen, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung genauer gewürdigt zu werden. Für das deutsche Recht betrifft dies insbesondere die Frage des Zustandekommens der Schiedsvereinbarung im Lichte des § 1066 ZPO, in Russland vor allem den Anwendungsbereich der nationalen Schiedsgesetze und ihr Verhältnis zueinander. Zudem wurde noch keine Arbeit zur Schiedsgerichtsbarkeit vorgelegt, die die deutsche und die russische Rechtsordnung gleichberechtigt nebeneinander dargestellt hätte. Die Aussagen dieses Rechtsvergleichs lassen sich in der Regel auch für andere Schiedsverfahren in Deutschland und Russland verallgemeinern. Dabei nimmt in dieser Arbeit das Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit einen besonderen Stellenwert ein, da die an der Börse stattfindenden Transaktionen heutzutage sehr häufig internationaler Art sind und daher das internationale Recht gerade im Börsenbereich seine besondere Berechtigung erfährt. Sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Russischen Föderation ist das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit1 (im Folgenden MG) Grundlage für die nationalen Schiedsgesetze gewesen. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtssysteme und Rechtstraditionen in den beiden Ländern sind die verbleibenden Unterschiede ebenso wie die praktische Umsetzung und Anwendung dieser Gesetze von großem Interesse. Besonderes Augenmerk ist dabei auf den Anlegerschutz zu richten, der in der Bundesrepublik Deutschland 1 UNCITRAL (United Nations Commission on International Trade Law) Model Law on International Commercial Arbitration, UN-Doc. A/40/17, Annex I, englischer Text im Internet abrufbar unter http://www.uncitral.org/en-index.htm. Dort findet sich auch unter " status: signatures and ratifications of conventions; adoptions of model laws and legislative texts ein aktueller Überblick über die Staaten, in denen das Modellgesetz bereits umgesetzt wurde.

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Einführung

schon seit langem erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist, in der Russischen Föderation jedoch erst seit neuerer Zeit in das öffentliche Interesse rückt. Schiedsgerichtsbarkeit an Börsen ist ein schneller, effizienter Streitbeilegungsmechanismus für die an der Börse abgeschlossenen Geschäfte. Wegen der von den Börsen vorgegebenen Schiedsverfahrensordnungen handelt es sich bei der Börsenschiedsgerichtsbarkeit um institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. Die hierbei auftretenden Probleme sind nicht so sehr durch den Hauptvertrag, d. h. den Vertrag, über welchen die Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde, bedingt, als vielmehr generell durch die typischen Merkmale des Börsenverkehrs. Ob eine Person beispielsweise subjektiv schiedsfähig ist oder ob eine Schiedsvereinbarung wirksam zustande gekommen ist, beurteilt sich unabhängig davon, ob das Hauptgeschäft nun über eine Ware oder ein Wertpapier abgeschlossen wurde oder gar einen Terminkontrakt betrifft. Daher wird in dieser Arbeit auch nicht speziell zwischen Wertpapier-, Waren- und Terminbörsen unterschieden. Da sowohl in Deutschland als auch in Russland das bedeutendste Handelsvolumen in Wertpapieren besteht, werden vor allem die Börsen, an denen sich der Wertpapierhandel vollzieht, mit ihren schiedsrichterlichen Regelungen als Bezugsgrößen herangezogen. Die Arbeit sieht sich somit in erster Linie im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit angesiedelt, was bedeutet, dass die im Zusammenhang mit dem Hauptvertrag auftretenden Probleme, d. h. die Streitigkeiten, für die die Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde, nicht erörtert werden. Ebenso wenig sind Gegenstand dieser Arbeit weitere, auch im Börsenbereich existierende außergerichtliche Streitbeilegungsmethoden wie z. B. Mediation. Nur soweit im Einzelfall ein Abgrenzungsproblem besteht, wird darauf eingegangen werden. Um den Rechtsvergleich übersichtlicher und einprägsamer zu gestalten und da das MG in beiden Ländern Pate für die nationalen „Schiedsgesetze“ stand, erfolgt er nicht nach dem klassischen Vorbild der beiden Länderteile mit sich anschließendem rechtsvergleichendem Schlussteil, sondern schon in den jeweiligen Kapiteln, die sich an den Stadien des Schiedsverfahrens orientieren. Nach einem einleitenden Überblick über die Rechtsgrundlagen in Deutschland und Russland (Erstes Kapitel) und der Klärung einiger, für den Gang der Untersuchung essentieller Begriffe (Zweites Kapitel) folgt die eigentliche rechtsvergleichende Untersuchung der Börsenschiedsgerichtsbarkeit. Hierbei wird vorrangig der Frage nachgegangen, ob speziell Börsenschiedsgerichte ihre Kompetenz nicht aus einer (individuellen) Schiedsvereinbarung, sondern aus der Geltung satzungsmäßiger Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen ableiten, was den Abschluss einer individuellen Schiedsvereinbarung entbehrlich machen würde (Drittes Kapitel).

Einführung

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Danach wird geprüft, wie Börsenschiedsgerichte durch eine (individuelle, zweiseitige) Schiedsvereinbarung wirksam ihre Zuständigkeit erlangen (Viertes Kapitel). Im Anschluss daran wird die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens speziell im Hinblick auf die an den Börsen geltenden (Verfahrens-)Regeln untersucht (Fünftes Kapitel). Den Abschluss bildet das Stadium der Aufhebung und der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs (Sechstes Kapitel), woraufhin die Schlussthesen in einem eigenen Kapitel nochmals zusammengefasst werden (Siebtes Kapitel).

Erstes Kapitel

Rechtsgrundlagen Nach einem einleitenden Überblick über die für diese Untersuchung wichtigsten Rechtsquellen (unten A., S. 30 ff.) sollen die völkerrechtlichen Regeln über das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zueinander und deren Verhältnis zum jeweiligen nationalen Recht dargestellt werden (unten B., S. 39 ff.). Zu trennen ist dieser Komplex von der Frage, in welchen Konstellationen überhaupt der Anwendungsbereich der verschiedenen Konventionen eröffnet ist und wie die Anwendungsbereiche der völkerrechtlichen Konventionen untereinander, aber auch zu demjenigen des nationalen Rechts abgegrenzt werden können (anschließend unter C., S. 47 ff.).

A. Rechtsquellen Da sowohl Deutschland als auch Russland die grundlegenden mehrseitigen Konventionen im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ratifiziert haben, sollen diese Regeln denjenigen des jeweiligen nationalen Rechts vorangestellt werden. Bedeutung speziell für den Bereich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit haben die internationalen Übereinkommen auch deswegen, weil beispielsweise von den mehr als 370 Marktteilnehmern der Frankfurter Wertpapierbörse (im Folgenden FWB) etwa 160 aus dem Ausland stammen1. Damit sind Fragen des internationalen Privatrechts und des internationalen Zivilprozessrechts, die auch Regelungsgegenstand der internationalen Konventionen sind, in der Börsenpraxis unmittelbar aufgeworfen. Für eine umfassende, an der Realität orientierte Darstellung der Börsenschiedsgerichtsbarkeit ist daher die Betrachtung sowohl völkerrechtlicher als auch nationaler Regelungen unumgänglich. Zwar ist international der Trend einer Vereinheitlichung des Schiedsrechts zu beobachten, der nicht zuletzt in der immer weiter fortschreitenden Umsetzung des MG in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen seine Ursache hat. Dies hat jedoch noch nicht dazu geführt, 1 Information der Deutschen Börse AG im Internet unter http://deutsche-boer se.com/dbag/dispatch/s/CF44394FDADC1EDAEEDC742ED57FE9AE/de/kir/gdb_ navigation/about_us/20_FWB_Frankfurt_Stock_Exchange/10_Profile; die Teilnahme am Handel vom Ausland aus (über Computernetzwerke) wird remote membership – Fernmitgliedschaft – genannt, s. Kümpel 3, Rn. 17.38.

A. Rechtsquellen

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dass internationale und nationale Regelungen einander vollständig angeglichen wären, weshalb auch nicht auf die Darstellung eines dieser Bereiche verzichtet werden kann. I. Internationales Recht 1. UNÜ und EuÜ Das New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (im Folgenden UNÜ) ist bis heute die international wichtigste Konvention im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit2. Es gilt – neben einer Vielzahl weiterer Staaten – sowohl für Deutschland3 als auch für Russland4. Die beiden genannten Staaten sind ebenfalls Mitglied des Genfer Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961 (im Folgenden EuÜ)5, das speziell für den Ost-West-Handel gedacht war, allerdings in der Praxis nie eine große Rolle gespielt hat6. 2. Die Moskauer Konvention von 1972 Im Verhältnis zur Russischen Föderation ist als weiterer internationaler Vertrag die Moskauer Konvention von 1972 (Übereinkommen über die schiedsrichterliche Streitbeilegung bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten aus Beziehungen der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit)7 zu erwähnen, die ursprünglich im Rahmen des Rats für gegen2

Weigand/Haas, Part 3, Preliminary Remarks, Rn. 1; Redfern/Hunter, 1–120. BGBl. 1961 II, 121, am 28.9.1961 in Kraft getreten, Bek. v. 23.3.1962 BGBl. 1962 II, 102; s. auch Jayme/Hausmann, Nr. 242 mit einer Liste der Staaten, im Verhältnis zu welchen das Übereinkommen gilt. 4 Vedomosti Verchovnogo Soveta SSSR 1960, Nr. 46, Pos. 421, für die UdSSR am 22.10.1960 in Kraft getreten. Für die Russische Föderation gilt sie als Rechtsnachfolgerin der UdSSR, s. Brunceva, S. 46 f., 66; Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 761; Pozdnjakov, S. 9 f.; Bek. v. 14.8.1992, BGBl. 1992 I, 1016 f.; Märkl, S. 40 Fn. 117. 5 Für die Bundesrepublik Deutschland: BGBl. 1964 II, 425, in Kraft getreten am 25.1.1965, BGBl. 1965 II, 107; für die Russische Föderation: Vedomosti Verchovnogo Soveta SSSR 1964, Nr. 44, Pos. 485, für die UdSSR in Kraft getreten am 7.1.1964; s. auch Jayme/Hausmann, Nr. 243 mit einer Liste der Staaten, im Verhältnis zu welchen das Übereinkommen gilt. Alle Mitgliedsstaaten des EuÜ sind heutzutage auch solche des UNÜ, s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3231. 6 Statt vieler: van den Berg, S. 93 f.; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3231, 3341; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4 (2), S. 650; Lionnet, S. 93 f.; Redfern/Hunter, 1–121. 7 Konvencija o razrešenii arbitražnym putem graždansko-pravovych sporov, vytekajušcˇich iz otnošenij e˙konomicˇeskogo i naucˇno-technicˇeskogo sotrudnicˇestva, rati3

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

seitige Wirtschaftshilfe8 gegolten hatte. Nachdem dieser Rat schon seit über 10 Jahren nicht mehr existiert und eine Reihe von Ländern offiziell ihren Austritt aus der Moskauer Konvention erklärt haben9, gehört die Frage der Weitergeltung dieser Konvention zu einem der umstrittensten Probleme der neueren russischen Literatur10. Nach wohl h. M. gilt die Moskauer Konvention derzeit noch im Verhältnis zwischen der Russischen Föderation, Bulgarien, Kuba, der Mongolei und Rumänien11. Allerdings besteht keine einheitliche Praxis der Vertragsstaaten hinsichtlich ihrer Anwendung und Auslegung12. Umstritten ist insbesondere der subjektive Anwendungsbereich, da die Moskauer Konvention aus ihrer sozialistischen Entstehungsgeschichte heraus ursprünglich nur auf Staatsunternehmen Anwendung fand, da nur solche überhaupt monopolartig eine Außenhandelstätigkeit ausüben durften13. Es wird daher diskutiert, ob von ihrem Anwendungsbereich solche (rein „privaten“) Unternehmen auszunehmen seien, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Konvention aufgrund des damaligen marktwirtschaftlichen Systems noch gar nicht existieren konnten14. Das zweite, weitaus gravierendere Problem betrifft die Frage der Freiwilligkeit des Abschlusses der Schiedsvereinbarung, da nach Art. I Pkt. 1 Mosfiziert vom Obersten Sovet der UdSSR am 20.4.1973, Vedomosti Verchovnogo Soveta SSSR 1973, Nr. 18, Pos. 227. 8 Sovet E ˙ konomicˇeskoj Vzaimopomošcˇi. 9 Darunter Ungarn, Polen, Tschechien sowie die Slowakei, s. Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4; Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 516. 10 s. dazu Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213 ff.; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4 ff.; Komarov, Zakon. 1997, Nr. 2, S. 8, 9. 11 s. Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 516; Brunceva, S. 50; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 5; Petrosjan, TS 2004, Nr. 1, S. 17, 24; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4 (3), S. 652; Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 215; Komarov, Zakon. 1997, Nr. 2, S. 8, 9. 12 Vor allem das Internationale Handelsschiedsgericht der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation (MKAS) als wichtigstes institutionelles Schiedsgericht der Russischen Föderation geht nach wie vor von der Weitergeltung dieser Konvention aus, s. Rozenberg, S. 14 f.; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 8 f., 11 f., m. w. N. zur uneinheitlichen Anwendung der Moskauer Konvention innerhalb desselben Vertragsstaats (hier der Russischen Föderation). 13 Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 7; auf diesen rechtlich-sozialen und wirtschaftlichen Kontext weist auch Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 517 hin sowie Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 217 f.; Lentz, S. 205. 14 Wozu der Großteil der derzeitig am Außenhandel beteiligten Unternehmen gehören dürfte, s. Komarov, Zakon. 1997, Nr. 2, S. 8, 9; befürwortend Lentz, S. 207; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 12 lehnt diese Form der Einschränkung des Anwendungsbereichs letztlich jedoch deswegen ab, da die im Anwendungsbereich der Konvention verbleibenden Staatsunternehmen dadurch unangemessen benachteiligt seien und diese ebenfalls nicht mehr nach sozialistischen Grundsätzen wirtschafteten; kritisch auch Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 218 f.

A. Rechtsquellen

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kauer Konvention die dort aufgezählten Streitigkeiten der verbindlichen schiedsrichterlichen Streitbeilegung unterliegen und nach Art. II Pkt. 1 Moskauer Konvention auch nur ein sehr eingeschränktes Wahlrecht hinsichtlich des Schiedsortes besteht (entweder der Staat des Beklagten oder ein dritter Vertragsstaat der Moskauer Konvention). Diese Position widerspricht dem allgemein anerkannten Prinzip der Freiwilligkeit des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung, wie es seit 1993 auch in der russischen Rechtsordnung verankert ist15. Es wird daher zum Teil auch für Streitigkeiten, die in den Anwendungsbereich der Moskauer Konvention fallen, unter Abänderung der Art. I Pkt. 1, II Pkt. 1 Moskauer Konvention eine freiwillige Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien verlangt16. Wegen dieser Unsicherheiten und Unwägbarkeiten bei der Anwendung der Moskauer Konvention wurde auch die Forderung erhoben, Russland solle aus dieser Konvention austreten17. Solange dies jedoch nicht geschehen ist, verbleibt es bei den dargestellten Problemen im Verhältnis zwischen den Mitgliedsstaaten dieser Konvention. 3. Das Kiewer Übereinkommen von 1992 Hinsichtlich einer weiteren Konvention herrscht in Russland große Uneinigkeit darüber, ob diese im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit anwendbar ist: dies ist das Kiewer Übereinkommen vom 20.3.1992 über das Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit18. Das Übereinkommen will die Erledigung von Streitigkeiten aus vertraglichen und anderen zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtern, indem in Art. 3 Abs. 2 Kiewer Übereinkommen das Recht eines jeden Wirtschaftssubjekts eines Mitgliedsstaats vorgesehen ist, sich ungehindert an die Gerichte eines anderen Mitgliedsstaates zu wenden. Zu diesen sog. „kompetenten Gerichten“ zählen gem. Art. 3 Abs. 2 Kiewer Übereinkommen auch Schiedsgerichte. Es wird daher vertreten, dass wegen Art. 3 Abs. 2 das Kiewer Übereinkommen auch auf Schiedsgerichte und die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anwendbar sei19. 15 s. Jarkov/Jarkov, Art. 233 Pkt. 3 APK, S. 517; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 13; Lentz, S. 206, sich auf das Prinzip der Vertragsfreiheit in Art. 421 Pkt. 1, 1 Pkt. 2 ZGB berufend. 16 So Jarkov/Jarkov, Art. 233 Pkt. 3 APK, S. 517. 17 Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 15. 18 Soglašenie ot 20.3.1992 o porjadke razrešenija sporov, svjazannych s osušcˇestvleniem chozjajstvennoj dejatel’nosti, Sodružestvo. Informacionnyj vestnik Soveta glav gosudarstv i Soveta glav pravitel’stv SNG. Vyp. 4, 1992, S. 53; veröffentlicht auch in Vestnik VAS RF 1992, Nr. 1 S. 114–118; dazu Karabel’nikov, 2–117; Brunceva, S. 66; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4 (4), S. 653 f.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

Dem ist mit gewichtigen Gründen widersprochen worden. Denn in Art. 8 Kiewer Übereinkommen ist die Ausgabe eines Vollstreckungstitels durch das „kompetente Gericht“ vorgesehen (für die erleichterte Anerkennung und Vollstreckung in einem anderen Mitgliedsstaat), welches ein Schiedsgericht jedoch nicht ausgeben darf20. Daher sei die Erwähnung der Schiedsgerichte in Art. 3 Abs. 2 Kiewer Übereinkommen ein redaktionelles Versehen; das Kiewer Übereinkommen sei nicht auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anwendbar21. Da das Kiewer Übereinkommen ohnehin nach richtiger Ansicht vom UNÜ verdrängt wird22, kann hier zumindest festgehalten werden, dass es für den Bereich der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen keine eigene Rolle spielt. Für einen vollständigen Überblick aller für Deutschland und Russland geltender internationaler Verträge im Bereich des Schiedsrechts wird auf die Spezialliteratur verwiesen23. II. Deutsches Recht Die Rechtsgrundlagen der Börsenschiedsgerichtsbarkeit finden sich an der Schnittstelle zwischen Kapitalmarktrecht und Zivilprozessrecht.

19 s. Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4, S. 645 und § 4 (4), S. 653 f.; Nešataeva, ChiP 1998, Nr. 1, S. 126 ff.; aus der Praxis der Arbitragegerichte s. Entscheidung des Präsidiums des VAS (postanovlenie prezidiuma) v. 6.8.2002 Nr. 9772/01, Vestnik VAS RF 2002, Nr. 11 S. 50, 51. 20 Karabel’nikov, 1–123; Muranov, Mžmp 2000 Nr. 1, S. 316, 359 weist nach, dass es z. T. unmöglich ist, ein Vollstreckungsdokument für Schiedssprüche zu erhalten, das dem Verfahren des Art. 8 Kiewer Übereinkommen genügen würde, da die entsprechenden nationalen Normen in der Regel fehlen. 21 Karabel’nikov, 1–123 ff.; vorsichtiger noch Muranov, Mžmp 2000 Nr. 1 S. 316, 359 (es sei wünschenswert, dass das UNÜ Priorität vor dem Kiewer Übereinkommen genieße). 22 s. dazu unten B.I.3. 23 Für die Bundesrepublik Deutschland s. Schwab/Walter, Kap. 41 Rn. 2 ff.; Schütze, Rn. 6; für die Russische Föderation s. Brunceva, S. 40 ff.; wegen des deutsch-russischen Blickwinkels der Untersuchung sei kurz darauf hingewiesen, dass das deutsch-sowjetische Abkommen über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschifffahrt v. 25.4.1958 (BGBl. 1959 II, S. 222), das im Verhältnis zur Russischen Föderation zunächst weiter gegolten hatte (Bek. v. 14.08.1992, BGBl. 1992 II, S. 1016), am 20.12.2000 außer Kraft getreten ist (Bek. v. 07.12.2001, BGBl. 2002 II, S. 40).

A. Rechtsquellen

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1. Schiedsrecht Da auch Börsenschiedsgerichtsbarkeit im Kern ein gewöhnliches Schiedsverfahren ist, finden zunächst die allgemeinen, für jedes schiedsrichterliche Verfahren geltenden Vorschriften des Buches 10 der ZPO24 (§§ 1025–1066 ZPO) Anwendung. In der Neuregelung von 199725 hatte der deutsche Gesetzgeber das UNCITRAL-MG über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit weitgehend in das nationale Recht übernommen26. Dabei hat er jedoch die Regelungen so umgesetzt, dass sie grundsätzlich sowohl auf nationale als auch internationale Schiedsverfahren (auf deutschem Territorium, s. § 1025 Abs. 1 ZPO) Anwendung finden27. Auch die Beschränkung des MG auf handelsrechtliche („commercial“) Streitigkeiten findet sich nicht im deutschen Recht28, wodurch die teilweise problematischen Abgrenzungen zwischen Handels- und Nicht-Handelssache wegfallen. 2. Kapitalmarktrecht Das deutsche Kapitalmarktrecht29 beruht im Wesentlichen auf zwei gesetzlichen Pfeilern: dem Börsengesetz (im Folgenden BörsG)30 und dem Wertpapierhandelsgesetz (im Folgenden WpHG)31. Das Börsengesetz enthält die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau und die Organisation der Institution Börse sowie für die Organisation des dort stattfindenden Handels, während das Wertpapierhandelsgesetz den allgemeinen Handel mit Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Derivaten und Finanztermingeschäften regelt (sowohl börslich als auch außerbörslich, vgl. § 1 WpHG). Im 24

Vom 12.9.1950, BGBl. 1950 I, 455, 512, 533, zuletzt geändert durch G. v. 24.8.2004, BGBl. 2004 I, 2198. 25 Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997, BGBl. 1997 I, 3224, in Kraft getreten am 1.1.1998. Zu den Abweichungen vom MG detailliert Lionnet, S. 139 ff. 26 Stellvertretend Schwab/Walter, Kap. 41 Rn. 8. 27 Böckstiegel, DIS-MAT IV, S. 1, 6; Bredow, DIS-MAT IV, S. 11, 13; Lionnet, S. 46, 136; Weigand/Roth, Part 5, Introduction Rn. 18; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 7. 28 Bredow, DIS-MAT IV, S. 11, 13; Böckstiegel, DIS-MAT IV, S. 1, 6; Lionnet, S. 136. 29 Zu dem Begriff s. Kümpel 3, Rn. 8.32 f.; Lenenbach, § 1 Rn. 1.49 und § 3 Rn. 3.1; Claussen, § 9 Rn. 1a. 30 Vom 21.6.2002, BGBl. 2002 I, 2010 (zugleich Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), zuletzt geändert durch Art. 72 V. v. 25.11.2003, BGBl. 2003 I, 2304. Das alte Börsengesetz vom 22.6.1896, RGBl. 1896, 157, wurde durch Art. 23 S. 2 G. 4110-8/1 v. 21.6.2002, BGBl. 2002 I, 2010 aufgehoben. 31 Vom 26.7.1994, BGBl. 1994 I, 1749, neugefasst durch Bek. v. 9.9.1998, BGBl. 1998 I, 2708, zuletzt geändert durch Art. 1 G. v. 28.10.2004, BGBl. 2004 I, 2198.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

Wertpapierhandelsgesetz findet sich auch die für die Schiedsgerichtsbarkeit wichtige Norm des § 37h WpHG. Geht es um die möglicherweise aus (fehlerhaften) Börsengeschäften resultierenden Ansprüche und damit um mögliche Streitgegenstände des schiedsrichterlichen Verfahrens, gibt es einige speziell kapitalmarktrechtliche Anspruchsgrundlagen wie beispielsweise die Prospekthaftung (§§ 44–48 BörsG), die Haftung im Rahmen der Ad-hoc-Publizität (§ 15 Abs. 6 WpHG), die Haftung wegen unterlassener Veröffentlichungen (§§ 37b, 37c WpHG) oder unzureichender Information (§ 37d WpHG). Da Wertpapiertransaktionen nach ganz h. M. Kaufverträge gem. §§ 433 ff. BGB32 unter Einschaltung von Handelsmaklern i. S. d. §§ 93 ff. HGB33 darstellen34, gilt daneben das allgemeine Zivilrecht. Insbesondere die Regelungen des BGB über Anfechtung und Leistungsstörungen können hierbei Bedeutung erlangen. Die Börsenschiedsgerichtsordnungen35 sowie die Börsenordnungen der verschiedenen Börsen, die gem. § 13 Abs. 1 BörsG Satzungsrang haben, regeln auf untergesetzlicher Ebene Einzelheiten des Verfahrens, z. B. die Besetzung des Schiedsgerichts oder die Durchführung des Börsenschiedsverfahrens36. III. Russisches Recht Die Regelungen hinsichtlich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit werden im russischen Recht mehreren Rechtsgebieten zugeordnet.

32 Vom 18.8.1896, RGBl. 1896, 195, neugefasst durch Bek. v. 2.1.2002, BGBl. 2002 I, 42, 2909, BGBl. 2003 I, 738, zuletzt geändert durch Art. 2 G. v. 15.12.2004, BGBl. 2004 I, 3396. 33 Vom 10.5.1897, RGBl. 1897, 219, zuletzt geändert durch Art. 12d G. v. 24.8.2004, BGBl. 2004 I, 2198. 34 s. nur Schwark2, § 1 BörsG Rn. 16; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 32; Claussen, § 9 Rn. 22; Kümpel 3, 8.444, 8.435, 10.2; allgemein zum Kommissionsverhältnis zwischen Kreditinstitut und Privatkunden unter Rn. 10.67 ff., zur Bedeutung der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte Rn. 10.49 ff. 35 Einige davon sind im Internet abrufbar, z. B. die Schiedsgerichtsordnung der Frankfurter Wertpapierbörse unter http://www1.deutsche-boerse.com/INTERNET/ EXCHANGE/zpd.nsf/KIR+Web+Publikationen/HAMN-52FAMH/$FILE/ FWB14-99-09-01-NeueR.pdf?OpenElement, die Schiedsgerichtsordnung an der Börse München unter http://www.boerse-muenchen.de/ (Börse München " Regelwerk " Schiedsgerichtsordnung), die Schiedsgerichtsordnung der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse unter http://www2.boerse-stuttgart.de/pdf/dt/schieds gerichtsordnung.pdf. 36 Die Schiedsgerichtsordnung der FWB wird nachfolgend unter B.IV.1 genauer vorgestellt.

A. Rechtsquellen

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1. Schiedsrecht Die allgemeinen Vorschriften über Schiedsverfahren sind in zwei verschiedenen Gesetzen geregelt. Zunächst ist das Gesetz der Russischen Föderation „Über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit“ vom 7.7.199337 (im Folgenden IHSchG) zu erwähnen, mit dem Russland das UNCITRAL-MG über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit fast wörtlich in nationales Recht umgesetzt hat38. Daneben gilt das Föderale Gesetz „Über die Schiedsgerichte in der Russischen Föderation“ vom 24.7.200239 (im Folgenden SchGG), das ebenfalls vom UNCITRAL-MG beeinflusst wurde40. Was die Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen betrifft, finden sich Regelungen hierzu nicht nur in den genannten Schiedsgesetzen, sondern auch im Arbitrageprozesskodex vom 24.7.200241 (im Folgenden APK) und dem Zivilprozesskodex vom 14.11.200242 (im Folgenden ZPK)43. 2. Kapitalmarktrecht Das russische Kapitalmarktrecht ist durch eine Fülle einzelner gesetzlicher und untergesetzlicher Rechtsakte gekennzeichnet44. Hier seien nur die 37

Zakon Rossijskoj Federacii v. 7.7.1993 „O meždunarodnom kommercˇeskom arbitraže“, Vedomosti S’’ezda narodnych deputatov i Verchovnogo Soveta RF 1993, Nr. 32, Pos. 1240, in Kraft getreten am 14.8.1993; eine deutsche Übersetzung findet sich bei Märkl, S. 204 ff.; Lentz, S. 401 ff.; Motyleva, in: Böckstiegel, DIS-Schriftenreihe Bd. 13, S. 277 ff.; Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 916. 38 Komarov, in: Böckstiegel, DIS-Schriftenreihe Bd. 13, S. 265; Pozdnjakov, S. 7; Lentz, S. 27; für einen vergleichenden Überblick zwischen MG und IHSchG s. Kostin, S. 88 ff. und Märkl, S. 43 Fn. 127 unter Nennung der modifiziert (Art. 1 Abs. 3a, 8 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 2, 31 Abs. 2) bzw. gar nicht (Art. 1 Abs. 3b und 3c, 28 Abs. 3) übernommenen Artikel des MG; zur Auslegung des IHSchG i. S. d. MG Komarov, TS 2004, Nr. 1, S. 6, 9; Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 761. 39 Federal’nyj Zakon RF v. 24.7.2002 Nr. 103-FZ „O tretejskich sudach v Rossijskoj Federacii“, SZ RF 2002, Nr. 30, Pos. 3019. 40 Kostin, S. 88, 89; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 3 (1), S. 641; Märkl, S. 199. 41 Arbitražnyj processual’nyj kodeks Rossijskoj Federacii v. 24.7.2002 Nr. 96-FZ, SZ RF 2002, Nr. 30, Pos. 3012, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 2.11.2004 Nr. 127-FZ, SZ RF 2004, Nr. 45, Pos. 4377. 42 Graždanskij processual’nyj kodeks Rossijskoj Federacii v. 14.11.2002 Nr. 138-FZ, SZ RF 2002, Nr. 46, Pos. 4532, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 29.12.2004 Nr. 194-FZ, Rossijskaja gazeta v. 30.12.2004. 43 Im Einzelfall können noch mehr russische Gesetze anwendbar sein, vgl. die Zusammenstellung in SchGGKomm, Art. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 6 (ohne Angabe zum Autor). 44 s. Belych/Vinic ˇ enko, S. 22.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

für diese Untersuchung wichtigsten Rechtsquellen herausgegriffen: das Gesetz „Über die Warenbörsen und den Börsenhandel“ vom 20.2.199245 (im Folgenden WaBBHG) und das Föderale Gesetz „Über den Wertpapiermarkt“ vom 22.4.199646 (im Folgenden WpMG)47. In beiden Gesetzen werden Börsenschiedsgerichte – neben anderen Gerichten – erwähnt (Art. 30 WaBBHG bzw. Art. 15 WpMG). Dabei regelt das WaBBHG nur die Organisation und die Tätigkeit von Warenbörsen, das WpMG dagegen die Emission und den Umlauf von Wertpapieren und die Tätigkeit der sog. professionellen Teilnehmer des Wertpapiermarktes (wozu auch die Wertpapierbörsen gehören, s. Art. 2, 9, 11 WpMG). Daneben spielen noch zahlreiche weitere Gesetze eine Rolle, die jedoch – um die Darstellung nicht unübersichtlich zu machen – erst dann aufgeführt werden, wenn sie relevant werden. Die an der Börse abgeschlossenen Transaktionen stellen zivilrechtliche Rechtsgeschäfte dar, wie sich beispielsweise aus Art. 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 (graždansko-pravovye sdelki) oder Art. 4 Abs. 1 WpMG (sdelki kupli-prodaži – Kaufverträge i. S. d. Art. 454 ff. ZGB) ergibt48. Daher ist auf die an der Börse abgeschlossenen Rechtsgeschäfte allgemeines Zivilrecht anwendbar, so dass gem. Art. 2 Pkt. 1 ZGB das Zivilgesetzbuch vom 30.11.1994 (Erster Teil)49, vom 26.01.1996 (Zweiter Teil)50 und vom 26.11.2001 (Dritter Teil)51 (im Folgenden ZGB) zu beachten ist. 45 Zakon Rossijskoj Federacii v. 20.2.1992 Nr. 2383–1 „O tovarnych biržach i birževoj torgovle“, Vedomosti S’’ezda narodnych deputatov Rossijskoj Federacii i Verchovnogo Soveta Rossijskoj Federacii 1992, Nr. 18, Pos. 961, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 29.6.2004 Nr. 58-FZ, SZ RF 2004, Nr. 27, Pos. 2711; deutsche Übersetzung bei Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 310. 46 Federal’nyj Zakon v. 22.4.1996 Nr. 39-FZ „O rynke cennych bumag“, SZ RF 1996, Nr. 17, Pos. 1918, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 28.7.2004 Nr. 89-FZ, SZ RF 2004, Nr. 31, Pos. 3225; deutsche Übersetzung bei Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 530. 47 Einen vollständigen Überblick aller Rechtsquellen des russischen Börsenrechts geben Belych/Vinicˇenko, S. 175 ff. 48 Das WaBBHG enthält eine Legaldefinition des Börsenrechtsgeschäfts in Art. 7 Pkt. 1, wonach dieses einen Vertrag oder eine Vereinbarung der Handelsteilnehmer darstellt, die über eine Börsenware im Börsengeschäftsgang abgeschlossen wurde. 49 Graždanskij kodeks Rossijskoj Federacii, c ˇ ast’ pervaja, 30.11.1994, SZ RF 1994, Nr. 32, Pos. 3301, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 30.12.2004 Nr. 217-FZ, Rossijskaja gazeta v. 31.12.2004; deutsche Übersetzung bei Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 200. 50 Graždanskij kodeks Rossijskoj Federacii, c ˇ ast’ vtoraja, 26.01.1996, SZ RF 1996, Nr. 5, Pos. 410, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 29.12.2004 Nr. 189-FZ, Rossijskaja gazeta v. 12.01.2005; deutsche Übersetzung bei Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 200 II.

B. Rechtsanwendungsfragen

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Weitere wichtige Rechtsquellen im Bereich des Börsenrechts sind auch die untergesetzlichen Rechtsakte der Börsen52 wie z. B. die Schiedsgerichtsordnungen der (institutionellen) Börsenschiedsgerichte, die Ausgestaltung und Durchführung des Verfahrens inhaltlich näher regeln53.

B. Rechtsanwendungsfragen Das Problem, welches Recht in einem konkreten Fall auf ein bestimmtes rechtliches Problem anwendbar ist, tritt in allen Stadien des Schiedsverfahrens auf. In diesem Kapitel sollen die grundsätzlicheren Probleme der Rechtsabgrenzung gleichsam vor die Klammer gezogen erörtert werden. Zunächst soll das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zueinander untersucht werden (unten I., S. 39 ff.). Im Anschluss daran wird auf das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zum nationalen Recht eingegangen (unten II., S. 43 ff.). I. Das Verhältnis der internationalen Übereinkommen zueinander 1. Das Verhältnis zwischen UNÜ und EuÜ Im Verhältnis des UNÜ zum EuÜ sind inhaltliche Divergenzen selten, da die Übereinkommen grundsätzlich unterschiedliche Regelungsgegenstände haben: so ist das UNÜ eher auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ausgerichtet, während das EuÜ Regelungen über den Abschluss des Schiedsvertrags, über das Schiedsverfahren und den Schiedsspruch enthält54. Dennoch sind Konflikte nicht ganz vermeidbar, worüber sich die Verfasser des EuÜ im Klaren waren. Für einen kleinen Teilbereich haben sie des51

Graždanskij kodeks Rossijskoj Federacii, cˇast’ tret’ja, 26.11.2001, SZ RF 2001, Nr. 49, Pos. 4552, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 2.12.2004 Nr. 156-FZ, SZ RF 2004, Nr. 49, Pos. 4855; deutsche Übersetzung bei Breidenbach, Hdb. WiRO Bd. 3, RUS 200 III. 52 Ebenso Belych/Vinic ˇ enko, S. 23 ff. 53 Die Schiedsregeln der Moskauer Interbankendevisenbörse AG (micex) werden unten unter B.IV.2. genauer dargestellt. 54 So auch MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 6, und Weigand/ Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 14, 15 mit Einzelheiten zu den möglichen Überschneidungen; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3236; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 34; laut Schlosser, Rn. 132; van den Berg, S. 94 f.; Lebedev, S. 93; Brunceva, S. 48, und Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3231, ist das EuÜ als „Ergänzung“ zum UNÜ gedacht.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

halb in Art. IX Abs. 2 EuÜ die Abgrenzung zum UNÜ explizit geregelt55. Darüber hinaus gelten in Konfliktfällen, in denen beide Konventionen von ihrem Anwendungsbereich her Geltung beanspruchen, die allgemeinen Abgrenzungsregeln: lex posterior derogat legi priori und lex specialis derogat legi generali56. Komplizierter wird die Lage jedoch durch weitere, speziell im UNÜ bzw. EuÜ enthaltene Prinzipien. Nach Art. VII Abs. 1 Alt. 1 UNÜ bzw. Art. X Abs. 7 EuÜ lassen die Bestimmungen dieser Übereinkommen die Gültigkeit zwei- oder mehrseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen geschlossen haben (bzw. im Falle des EuÜ auch noch schließen werden), unberührt. Dies ist als Rangrücktrittsklausel des UNÜ/EuÜ zu interpretieren, um Völkerrechtsverletzungen zu vermeiden. Kein Staat soll also durch seinen Beitritt zum UNÜ/EuÜ zu einem Völkerrechtsbruch verleitet werden57. Das zweite Prinzip der Meistbegünstigung in Art. VII Abs. 1 Alt. 2 UNÜ bedeutet, dass die Bestimmungen des UNÜ keiner beteiligten Partei das Recht nehmen, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen. Es ist zwar nur im UNÜ geregelt, findet jedoch über die Öffnungsklausel des Art. X Abs. 7 EuÜ auch für das EuÜ Anwendung, sofern sich die Regelungen des UNÜ als günstiger i. S. v. anerkennungsfreundlicher erweisen sollten58. Somit gilt zunächst, dass die Anwendung des jeweiligen Übereinkommens geltendes Völkerrecht nicht verletzen darf59. Ist dies ausgeschlossen, verbleibt es beim grundsätzlichen Vorrang des zuletzt unterzeichneten Übereinkommens – trotz der in beiden Übereinkommen enthaltenen Öffnungsklauseln (Art. VII Abs. 2 UNÜ und Art. X Abs. 7 EuÜ)60. Dennoch kön55

Ebenso Schlosser, Rn. 131. Schlosser, Rn. 131; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 39; einschränkend Weigand/ Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 6 (nur lex posterior-Regel). 57 Vgl. Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 27; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3236; Schlosser, Rn. 131; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 7; Weigand/Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 7 mit Beispielen für evtl. Völkerrechtsverletzungen. 58 Schlosser, Rn. 131, 815; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. X EuÜ Rn. 1. 59 s. auch MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 7; Schlosser, Rn. 133. 60 Sonst käme man immer zur Geltung des jeweils anderen Übereinkommens, s. Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 39 und Rn. 27, 34; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 8; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3237; a. A. Moller, EWS 1996, 297, 298 ff. (Vorrang des UNÜ); welches die lex posterior genau ist, kann nur für den konkreten Einzelfall entschieden werden, vgl. die Beispielsfälle bei Schlosser, Rn. 133, 134, je nachdem, ob zuerst das UNÜ oder das EuÜ ratifiziert wurde. 56

B. Rechtsanwendungsfragen

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nen über die Öffnungsklauseln i. V. m. dem Meistbegünstigungsprinzip die günstigeren Regelungen des jeweils anderen Übereinkommens (bzw. des nationalen Rechts, dazu sogleich unten II.2., S. 46) zur Anwendung kommen61. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Parteien die jeweils für sie günstigste Regelung aus den verschiedenen Regelungssystemen zusammenstellen dürfen62. Denn dies würde die Rechtslage in unzumutbarer Weise unübersichtlich machen; außerdem liegt den Regelungssystemen ein Wertungssystem zugrunde, das nicht zerstückelt werden darf63. Entgegen dem Wortlaut des Art. VII Abs. 1 UNÜ bzw. Art. X Abs. 7 EuÜ kann das Meistbegünstigungsprinzip bereits bei der Beurteilung der Wirksamkeit (in der Diktion des UNÜ und EuÜ „Anerkennung“, vgl. Art. II Abs. 1 UNÜ bzw. Art. VI Abs. 2 S. 2 EuÜ64) einer Schiedsvereinbarung (und nicht nur im späteren Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren eines Schiedsspruches) angewandt werden, da andernfalls Rechtsschutzlücken zu befürchten wären65, d. h. der Gleichlauf der Beurteilung einer Schiedsvereinbarung in den unterschiedlichen Stadien „Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung“ (im Einredestadium) und „Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches“ gefährdet wäre66. Abschließend sei ausdrücklich betont, dass manche Unstimmigkeit zwischen UNÜ und EuÜ ihre Schärfe verliert, wenn man bedenkt, dass das EuÜ als Ergänzung und Weiterentwicklung des UNÜ gedacht ist67.

61 Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 27, 34; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. X EuÜ Rn. 1; Schlosser, Rn. 134, 136 f., 815; bei der Behandlung der einzelnen Verfahrensstadien wird hierauf noch genauer eingegangen werden. 62 Schlosser, Rn. 136; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 4; Weigand/Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 13. 63 So zu Recht Schlosser, Rn. 136. 64 Schlosser, Rn. 256; Epping, S. 19 Fn. 6. 65 H. M., Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3242; Schlosser, Rn. 160; van den Berg, S. 87; Weigand/Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 1; MünchKomm-ZPO/ Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 4. 66 Mit Einredestadium ist das Stadium gemeint, in dem vor den staatlichen Gerichten in einem dort anhängigen Verfahren die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben wird. Da zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch kein Schiedsspruch existiert, geht es daher allein um die Beurteilung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Gleichbedeutend wäre die Erhebung einer Feststellungsklage darauf, die Schiedsvereinbarung für (un-)wirksam zu erklären. Zu den möglichen Beteiligungsformen der staatlichen Gerichte bei einem Schiedsverfahren s. a. Trunk, S. 125; Redfern/Hunter, 1–112; Novikov, S. 307, 314. 67 So van den Berg, S. 94 f.; Schlosser, Rn. 132; Lebedev, S. 93; Brunceva, S. 48; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3231.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

2. Das Verhältnis der Moskauer Konvention zu UNÜ und EuÜ Gem. Art. VI Moskauer Konvention sind früher von den Teilnehmerstaaten abgeschlossene zwei- und mehrseitige Verträge, die dieselben Fragen regeln wie die Moskauer Konvention, zwischen ihnen nicht anwendbar. Dies betrifft im Verhältnis zur Russischen Föderation, Rumänien und Bulgarien sowohl UNÜ als auch EuÜ. Die Mongolei und Kuba sind ohnehin nicht Mitgliedsstaaten des EuÜ, so dass man also sagen kann, dass im Verhältnis aller Mitgliedsstaaten der Moskauer Konvention zumindest das EuÜ nicht anwendbar ist68. Schwieriger ist die Frage hinsichtlich der Geltung des UNÜ zu beurteilen, da die Mongolei und Kuba beide erst nach 1972 dem UNÜ beigetreten sind. Gem. dem Wortlaut des Art. VI Moskauer Konvention und Art. VII Abs. 1 Alt. 1 UNÜ dürfte das UNÜ im Verhältnis zu Kuba und der Mongolei Vorrang haben, im Verhältnis zwischen den anderen Vertragsstaaten dagegen nicht. Allerdings dürfte es aufgrund des unterschiedlichen Anwendungsbereichs der beiden Konventionen zu keinerlei Konflikten kommen, da die Moskauer Konvention vor allem die sog. „zwingende“ Schiedsgerichtsbarkeit und die Frage des Schiedsorts regelt, während das UNÜ in erster Linie die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen und die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen im Zusammenhang damit zum Gegenstand hat69. In dem kleinen Bereich, in dem sich UNÜ und Moskauer Konvention überschneiden, gilt die Moskauer Konvention als lex specialis70. 3. Das Verhältnis des Kiewer Übereinkommens zum UNÜ Unter der Prämisse, dass das Kiewer Übereinkommen auch auf Schiedssprüche anwendbar ist71, soll dazu Stellung genommen werden, wie sich das Kiewer Übereinkommen insbesondere zum UNÜ verhält, da diese Diskussion in der russischen Wissenschaft in der letzten Zeit großen Raum eingenommen hat72. 68

Ebenso van den Berg, S. 93 (Fn. 236). s. van den Berg, S. 100 f.; auch Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 216, wonach keiner der Vertragsstaaten die Pflichten aus der Moskauer Konvention als mit dem UNÜ unvereinbar betrachtet. 70 Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 216. 71 s. dazu oben A.I.3. und Karabel’nikov, 2–124 f., mit einem Beispielsfall zum „Doppelexequatur“, in welchem Fall einzig das Kiewer Übereinkommen tatsächlich auf Schiedssprüche Anwendung finden kann. 72 Vgl. Karabel’nikov, 2–117 ff.; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4 (4), S. 653 f.; Nešataeva, ChiP 1998, Nr. 1, S. 126–128; dies., Sonderbeilage zu Vestnik VAS RF 1999, Nr. 3, S. 7 ff. 69

B. Rechtsanwendungsfragen

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Insbesondere von den (staatlichen) Arbitragegerichten wurde vertreten, dass das Kiewer Übereinkommen neben dem UNÜ anwendbar sei, da das Kiewer Übereinkommen z. T. speziellere Regelungen enthalte als das UNÜ73. Außerdem sei das Kiewer Übereinkommen auch günstiger im Verhältnis zum UNÜ, da es den ordre public-Vorbehalt nicht kenne74. Dem ist mit gewichtigen Argumenten entgegengetreten worden. Zum einen ist nicht zu begründen, warum das Kiewer Übereinkommen spezieller ist als das UNÜ. Es verhält sich vielmehr gerade umgekehrt: das UNÜ ist das speziellere Gesetz, da es vornehmlich nur auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche zugeschnitten ist, während das Kiewer Übereinkommen generell die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen „kompetenter Gerichte“ regelt (Art. 7, 8 Kiewer Übereinkommen), somit gerade kein Spezialgesetz ist im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit75. Zum anderen ist ebenso wenig einsichtig, dass der im Kiewer Übereinkommen fehlende ordre public-Vorbehalt günstiger ist als die Anerkennungs- und Vollstreckungsregelungen des Art. V UNÜ. Bei einer Gesamtbetrachtung der Art. IV, V UNÜ und der Art. 8, 9 Kiewer Übereinkommen ergibt sich, dass insgesamt das UNÜ günstiger ist für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, da Art. 9 Kiewer Übereinkommen zusätzliche Versagungsgründe enthält, die in Art. V UNÜ nicht aufgezählt sind76. Damit ist das Kiewer Übereinkommen im Verhältnis zum UNÜ nicht anwendbar; d. h. Schiedssprüche aus den Vertragsstaaten der GUS (Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Moldau, Russland, Tadschikistan, Ukraine und Weißrussland) sind untereinander ebenfalls allein nach den Regelungen des UNÜ anzuerkennen und zu vollstrecken. II. Das Verhältnis des internationalen zum nationalen Recht In diesem Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, ob und in welchen Konstellationen die internationalen Übereinkommen Vorrang vor den nationalen Rechtsordnungen beanspruchen und wie ihnen das nationale Recht diesen Vorrang gewährt. Es soll auch geklärt werden, ob dem nationalen Recht daneben noch ein Anwendungsspielraum verbleibt.

73 Entscheidung (postanovlenie) des Präsidiums des Obersten Arbitragegerichts Nr. 9772/01 vom 6.8.2002, Vestnik VAS RF 2002, Nr. 11, S. 50, 51. 74 Nešataeva, Sonderbeilage zu Vestnik VAS RF 1999, Nr. 3, S. 7, 12. 75 Ebenso Karabel’nikov, 2–121. 76 So auch Karabel’nikov, 2–126.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

1. Der grundsätzliche Vorrang der völkerrechtlichen Verträge a) Nach deutschem Recht Betrachtet man das Verhältnis zwischen nationalem Recht und den internationalen Übereinkommen, sind explizite Regelungen dazu nur in § 1061 ZPO enthalten, der für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche auf das UNÜ verweist, jedoch für den Bereich des Abschlusses der Schiedsvereinbarung keine Aussage trifft. Daher muss das Verhältnis der nationalen Regelungen zu den Regelungen der internationalen Übereinkommen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestimmt werden. Der Gesetzgeber hielt es schlicht für überflüssig, den in Art. 1 Abs. 1 MG geregelten Vorrang der Staatsverträge in nationales Recht zu transformieren, da er diesen Grundsatz als selbstverständlich ansah77. Methodisch gesehen ist die Begründung für diese Selbstverständlichkeit jedoch nicht so eindeutig, weil es weder einen derartigen ausdrücklich geregelten verfassungsrechtlichen Grundsatz gibt – aus Art. 59 Abs. 2 GG78 wird lediglich der Grundsatz abgeleitet, dass völkerrechtliche Verträge im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehen79 – noch dieses Ergebnis etwa über Art. 3 Abs. 2 S. 1 EGBGB ableitbar wäre, denn letzterer betrifft nur kollisionsrechtliche Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen80, ist also auf diejenigen Regelungen nicht anwendbar, die – wie z. B. Art. II Abs. 2 UNÜ – international vereinheitlichtes Sachrecht enthalten. Bei Anwendung des Grundsatzes lex posterior derogat legi priori81 käme man vielfach zu dem Ergebnis, dass die im Rang einfacher Bundesgesetze 77 BT-Drucks. 13/5274, S. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1025 ZPO Rn. 6; Epping, S. 21. 78 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949, BGBl. 1949, 1, zuletzt geändert durch Art. 1 G. v. 26.7.2002, BGBl. 2002 I, 2863. 79 Art. 59 Abs. 2 GG enthält selbst keine ausdrückliche Rangregel, ist jedoch trotzdem als Sitz dieser Regel zu betrachten. Überwiegend wird angenommen, dass der Rang des Rechtsetzungsakts, der die Transformation bzw. den Vollzug bewirkt, zugleich den Rang der übernommenen Regelung bestimmt, s. Geiger, S. 176; Verdross/Simma, § 861; Dellmann, in: Seifert/Hömig, Art. 59 GG Rn. 9; Bernhardt, Verfassungsrecht und völkerrechtliche Verträge, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 174 Rn. 29. In der Regel erfolgt die Zustimmung in der Form eines Bundesgesetzes, so dass völkerrechtliche Verträge innerstaatlich den Rang eines Bundesgesetzes innehaben. Damit unterliegen sie den allgemeinen Regeln über Rechtsanwendungskonflikte wie z. B. lex posterior derogat legi priori. 80 Stellvertretend MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 319; Art. 3 EGBGB Rn. 12. 81 Statt vieler Seidl-Hohenveldern, Rn. 593; Verdross/Simma, § 861; Epping, S. 21; Geiger, S. 176 f.; Bernhardt, Verfassungsrecht und völkerrechtliche Verträge, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 174 Rn. 29.

B. Rechtsanwendungsfragen

45

stehenden völkerrechtlichen Verträge durch späteres kollidierendes Bundesrecht außer Kraft gesetzt sind. Da dies jedoch nicht im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland steht, wird der Konflikt zwischen Völkerrecht und divergierendem nationalen Recht nach anderen Grundsätzen zu lösen versucht. Im Allgemeinen wird die Kollisionsregel lex specialis derogat legi generali herangezogen, um den Vorrang der völkerrechtlichen Verträge zu begründen82. Ein anderer Ansatz leitet den Vorrang der völkerrechtlichen Verträge aus dem Grundsatz des völkerrechtsfreundlichen Verhaltens her, wonach nationales Recht so auszulegen ist, dass bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen davon unberührt bleiben83. Da im Ergebnis der Vorrang internationaler Übereinkommen nicht bezweifelt wird und beide Ansätze zu demselben Ergebnis führen, kann die Entscheidung für einen davon offen gelassen werden84. Festzuhalten ist damit, dass, da auch der Gesetzgeber des Buches 10 der ZPO ausdrücklich vom Vorrang der völkerrechtlichen Verträge ausging85, UNÜ und EuÜ in ihren Anwendungsbereichen den Regelungen der ZPO vorgehen. b) Nach russischem Recht Gem. Art. 15 Pkt. 4 Verf RF86 sind die allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts sowie die völkerrechtlichen Verträge Bestandteil der russischen Rechtsordnung. Bei einem Normwiderspruch geht 82 Stellvertretend MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Art. 3 EGBGB Rn. 13; Geiger, S. 177. 83 BVerfG, Beschl. v. 26.3.1987, BVerfGE 74, 358, 370: „Gesetze [. . .] sind im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen und anzuwenden, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden sind als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag; denn es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will“; auch Verdross/Simma, § 860, § 861; Epping, S. 21 f.; Moller, NZG 2000, 57 spricht gar von einem Grundsatz lex posterior non derogat conventioni priori. 84 Ebenso wohl Bernhardt, Verfassungsrecht und völkerrechtliche Verträge, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 174 Rn. 29. 85 BT-Drucks. 13/5274, S. 31. 86 Verfassung der Russischen Föderation (Konstitucija Rossijskoj Federacii) v. 12.12.1993, Rossijskaja gazeta v. 25.12.1993, zuletzt geändert durch Föderales Verfassungsgesetz v. 25.3.2004 Nr. 1-FKZ, SZ RF 2004, Nr. 13, Pos. 1110.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

ein völkerrechtlicher Vertrag den nationalen Regelungen von Verfassungs wegen vor. Dieser Grundsatz findet sich (deklaratorisch) wieder sowohl in Art. 1 Pkt. 5 IHSchG als auch in Art. 1 Pkt. 4 SchGG. Gem. Art. 6 Pkt. 1, 2 lit. b des Föderalen Gesetzes „Über die völkerrechtlichen Verträge der Russischen Föderation“ vom 15.7.1995 (im Folgenden VölkVG)87 ist für die Verbindlichkeit völkerrechtlicher Verträge die Zustimmung („soglasie“) der Russischen Föderation notwendig, die sich in verschiedenen Formen wie z. B. der Unterschrift, der Ratifikation oder der Bestätigung äußern kann88. Nach Art. 5 Pkt. 3 VölkVG gelten die Bestimmungen der offiziell veröffentlichten völkerrechtlichen Verträge der Russischen Föderation, die keine innerstaatlichen Rechtsanwendungsakte fordern, unmittelbar. Damit wird deutlich, dass für die Verbindlichkeit völkerrechtlicher Verträge nicht in jedem Fall eine Ratifikation durch Föderales Gesetz notwendig ist (Art. 14 VölkVG). Vielmehr ist gem. der enumerativen Liste in Art. 15 Pkt. 1 VölkVG eine Ratifikation nur in begrenzten Fällen notwendig89, es sei denn, die Parteien haben die Ratifikation gem. Art. 15 Pkt. 2 VölkVG besonders vereinbart. Da sowohl UNÜ als auch EuÜ sowie die Moskauer Konvention offiziell veröffentlicht wurden, gelten sie gem. Art. 5 Pkt. 2, Pkt. 3 VölkVG unmittelbar und vorrangig (im Falle eines Abweichens) vor den nationalen gesetzlichen Regelungen90. 2. Anwendung nationalen Rechts trotz grundsätzlichen Vorrangs des internationalen Rechts Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit nationales Recht überhaupt keine Anwendung mehr findet. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die internationalen Konventionen nur Teilaspekte des schiedsrichterlichen Verfahrens regeln, so dass ergänzend nationales Recht herangezogen werden kann und muss91. 87 Federal’nyj Zakon v. 15.7.1995 Nr. 101-FZ „O meždunarodnych dogovorach Rossijskoj Federacii“, SZ RF 1995, Nr. 29, Pos. 2757. 88 s. allgemein auch Oksamytnyj/Rachmanina, in: Okun’kov, Art. 15 Verf RF, S. 61 ff. 89 Dies betrifft die Abweichung von innerstaatlichem Recht, Berührung der Grund- und Menschenrechte, der Staatsgrenzen, der Verteidigung und Sicherheit oder der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen, die mit einer Übertragung von Hoheitsbefugnissen verbunden ist. 90 I. E. auch Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4, S. 645 ff. 91 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3241; Schlosser, Rn. 156; Weigand/ Haas, Part 3, Art. VII UNÜ Rn. 20; Redfern/Hunter, 1–111.

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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Zum anderen gilt auch für das Verhältnis von UNÜ/EuÜ zu nationalem Recht das Meistbegünstigungsprinzip in Art. VII Abs. 1 UNÜ (für das EuÜ anwendbar über die Öffnungsklausel des Art. X Abs. 7 EuÜ92), wonach das für die Parteien günstigste Recht (i. S. v. anerkennungsfreundlichste) zur Anwendung kommt93. Dies ist dann häufig erst über kollisionsrechtliche Regelungen zu bestimmen. Da inzwischen jedoch mehr als 130 Staaten das UNÜ ratifiziert haben, ist der für das Kollisionsrecht verbleibende Anwendungsbereich äußerst schmal94. Hat ein Mitgliedsstaat des UNÜ – wie beispielsweise die Russische Föderation – Vorbehalte i. S. d. Art. I Abs. 3 UNÜ erklärt, was zur Einschränkung des Anwendungsbereichs des UNÜ führt, kann der Spielraum für das (nationale) Kollisionsrecht größer werden. Allerdings darf sich eine Partei nicht die jeweils für sie günstigsten Regelungen aus dem nationalen und internationalen Recht zusammensuchen; zur Anwendung gelangt jeweils nur ein Regelungssystem95.

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche Den internationalen Übereinkommen gebührt der grundsätzliche Vorrang vor den nationalen Regelungen nur unter der Voraussetzung, dass ihr Anwendungsbereich eröffnet ist. Daher soll nun untersucht werden, in welchen Konstellationen das UNÜ bzw. das EuÜ Geltung beanspruchen. Dadurch wird auch klargestellt, wann auf das nationale Recht zurückgegriffen werden kann.

92 Schlosser, Rn. 157, 815; s. oben B.I.1. schon für das Verhältnis zwischen UNÜ und EuÜ. 93 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 4; Stein/Jonas/Schlosser, Anhang § 1061 ZPO Rn. 159; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 24; Schlosser, Rn. 157; Lionnet, S. 105 f.; Weigand/Haas, Part 3, Art. VII Rn. 20; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3241, weist zu Recht darauf hin, dass wegen der Verweisung des § 1061 ZPO auf das UNÜ die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach deutschem Recht nicht mehr günstiger sein kann als nach UNÜ. Dafür kommt der Meistbegünstigungsregel infolge der Liberalisierung des nationalen Rechts, insbesondere der Formvorschriften, immer größere Bedeutung zu. Zur Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips schon bei Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung s. o. B.I.1. 94 Ebenso Komarov, TS 2004, Nr. 1, S. 6, 9. 95 Kein sog. „Rosinen-Picken“, vgl. Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 25; Schlosser, Rn. 158 m. w. N.; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 4; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3241.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

I. Der Anwendungsbereich des UNÜ 1. Allgemeines Entsprechend seiner Benennung findet das UNÜ vornehmlich auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Anwendung. Für diesen Fall stellt Art. I Abs. 1 S. 1 UNÜ als einziges Kriterium darauf ab, ob der Schiedsspruch in einem anderen Staat ergangen ist als in demjenigen, in welchem um die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird96. Jedoch regelt das UNÜ nach heute nicht mehr bestrittener Meinung auch – entgegen der zu eng gefassten Überschrift – Anforderungen an den Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung97. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Übereinkommens, wonach erst am letzten Tag der Verhandlungen der jetzige Art. II UNÜ aufgenommen wurde, die Benennung des Übereinkommens jedoch dem geänderten Regelungsbereich nicht mehr angeglichen wurde98. Art. II UNÜ enthält ausschließlich Regelungen über den wirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung, wodurch deutlich wird, dass der Anwendungsbereich des UNÜ nicht auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen beschränkt ist; Abs. 3 wendet sich sogar ausdrücklich an das (staatliche) Einredegericht. 96

s. schon van den Berg, S. 54 f.; Lionnet, S. 108. Das zweite Kriterium des Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ läuft praktisch fast leer, s. van den Berg, S. 22, 28. Die Bedeutung des zweiten Kriteriums liegt darin, die Vollstreckung von Schiedssprüchen, die im Inland gefällt wurden, ausnahmsweise dem UNÜ dann zu unterstellen, wenn sie die Gesetzgebung dieses Landes im Einzelfall einem fremden Recht zuweist, s. Schlosser, Rn. 65. Ein Anwendungsfall davon war die sog. Verfahrenstheorie, wonach die Nationalität eines Schiedsspruches sich nach dem auf das Schiedsverfahren angewandten Recht richtet unabhängig vom Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens. Wurde z. B. in einem in Deutschland stattfindenden Schiedsverfahren französisches Verfahrensrecht angewandt, wurde der daraus resultierende Schiedsspruch bei Vollstreckung in Deutschland als ausländischer angesehen. Die Verfahrenstheorie galt zuletzt nur noch in Deutschland, das diese aber nach der Reform des Schiedsrechts 1997 zugunsten des Territorialitätsgrundsatzes aufgegeben hat. Daher läuft Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ im deutschen Recht nun völlig leer, s. auch MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I UNÜ Rn. 12; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 466. Zur Anwendung des Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ durch die US-amerikanische Rechtsprechung s. Weigand/Haas, Part 3, Art. I UNÜ Rn. 17. Zu möglichen Anwendungsfällen des Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ im russischen Recht Karabel’nikov, 1–8 ff. 97 Stellvertretend MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I UNÜ Rn. 1 m. w. N.; van den Berg, S. 56; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 1; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3230; dezidiert Bork/Stöve, S. 47 f.; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 1; Karabel’nikov, 1–20 ff.; Brunceva, S. 46; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 4 (1), S. 647. 98 s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3252; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 29; van den Berg, S. 56; Lionnet, S. 110; Epping, S. 19 m. w. N.

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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2. Der Anwendungsbereich des Art. II UNÜ Strittig ist allerdings, wie im Einredeverfahren zu beurteilen ist, ob der Anwendungsbereich des UNÜ eröffnet ist. Denn zu diesem Zeitpunkt stehen die Anknüpfungspunkte des Art. I UNÜ noch nicht fest und Art. II UNÜ fordert selbst keine Beziehung zu der Rechtsordnung eines Vertragsstaates99. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass Art. II UNÜ wortlautgemäß alle Schiedsvereinbarung erfassen möchte100, seien sie nun „national“ oder „international“101. Zumindest rein nationale Schiedsvereinbarung sollen nicht unter Art. II UNÜ fallen102. a) Die bisher vertretenen Ansichten Darüber hinaus ist strittig, wie der Anwendungsbereich des Art. II UNÜ zu bestimmen ist. Nach der einen Ansicht reicht wegen der Zielrichtung des UNÜ, die schiedsrichterliche Entscheidung von Streitigkeiten weltweit zu vereinheitlichen und zu erleichtern, jeder internationale Zuschnitt der Vertragsbeziehung aus (z. B. ausländische Partei, internationales Element der Schiedsvereinbarung)103. Die andere Ansicht will das UNÜ im Interesse einer einheitlichen Bestimmung des Anwendungsbereichs nur dann anwenden, wenn die Schieds99 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 27; ders., Rn. 76; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3252; nach van den Berg, S. 56, wurde der Anwendungsbereich des Art. II UNÜ schlicht nicht definiert. 100 Schlosser, Rn. 76; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 27; Bertheau, S. 26; van den Berg, S. 63; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3252; Weigand/ Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 3. 101 Das UNÜ selbst enthält hierfür keinerlei Definition, s. Karabel’nikov, 1–3; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 581; Epping, S. 21 m. w. N.; zudem lässt sich eine allgemein gültige Definition von „nationaler“ oder „internationaler“ Schiedsvereinbarung nicht aufstellen, Redfern/Hunter, 1–17; vgl. dazu auch die unterschiedlichen Ansätze bei Gildeggen, S. 35, 36 m. w. N.; ähnlich Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 10; allgemein auch Böckstiegel, DIS-MAT IV, S. 1, 6; zu den internationalen Ansätzen Schlosser, Rn. 37; Berger, S. 51 f.; Redfern/Hunter, 1–20 ff. 102 Van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 581; Weigand/Haas, Part 3, Art. I UNÜ Rn. 19; Redfern/Hunter, 1–120; wobei wiederum Schwierigkeiten bestehen, diesen reinen Inlandsbezug zu definieren, vgl. Schlosser, Rn. 76; Redfern/Hunter, 1–18; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 10; man wird im Umkehrschluss zu Art. I UNÜ von einer rein nationalen Schiedsvereinbarung wohl dann sprechen können, wenn der daraus resultierende Schiedsspruch in demselben Staat vollstreckt werden soll, in dem sich auch der Schiedsort befand. 103 Van den Berg, S. 61 ff., und die US-amerikanische Rechtsprechung, Nachweise bei Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3254 Fn. 2.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

vereinbarung zu einem Schiedsspruch führen kann, der unter das UNÜ fällt, d. h. also wenn mit einem nach dem UNÜ anzuerkennenden Schiedsspruch zu rechnen ist104. Dabei wird überwiegend einschränkend darauf abgestellt, ob aus der Sicht des angerufenen Gerichts das Schiedsverfahren zu einem Schiedsspruch führen kann, der für dieses Land nach dem UNÜ anerkennungspflichtig sein wird105. Das bedeutet, dass aus der Sicht des angerufenen Gerichts, beispielsweise eines deutschen Gerichts, es zu einem für Deutschland nach dem UNÜ anerkennungspflichtigen Schiedsspruch kommen muss. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht in Deutschland läge (bzw. damit gerechnet werden könnte), da andernfalls nach dem Territorialitätsprinzip des § 1025 Abs. 1 ZPO der Schiedsspruch als inländischer gilt und somit nicht nach dem UNÜ anerkennungspflichtig sein würde106. Argument hierfür ist, dass nur so Rechtsschutzlücken vermieden werden könnten107. Denn da das UNÜ für das Aufhebungsverfahren (inländischer) Schiedssprüche nicht gelte, bestünde die Gefahr, dass der Schiedseinrede vor dem staatlichen Gericht unter Anwendung des Art. II UNÜ stattgegeben würde (da die Schiedsvereinbarung gemessen an Art. II UNÜ gültig sei), obwohl vorauszusehen ist, dass der im gleichen Staat zu erwartende Schiedsspruch wegen Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung nach nationalem Recht aufgehoben werden muss. Somit wäre immer dann, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in dem Land liegt, in welchem die staatlichen Gerichte auch über die Einrede der Schiedsvereinbarung zu entscheiden haben, das UNÜ in diesem Stadium nicht anwendbar. 104 Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 10; ebenso Karabel’nikov, 1–25 – das Problem wird, soweit ersichtlich, in der russischen Literatur nicht näher diskutiert. 105 So Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 28; Schlosser, Rn. 78; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3255, 3256; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 4; Epping, S. 21; wohl auch Gildeggen, S. 37; und Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 10. Zur Verdeutlichung sind mit van den Berg, S. 57, drei Anwendungsfälle zu unterscheiden: zum ersten eine Schiedsvereinbarung, die ein Schiedsverfahren in einem anderen Staat vorsieht als demjenigen, in dem über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entschieden werden soll, zum zweiten eine Schiedsvereinbarung, die ein Schiedsverfahren in demselben Staat vorsieht, der auch über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung zu entscheiden hat, und letztlich eine Schiedsvereinbarung, in der der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist. Die hier beschriebene Ansicht würde nur auf den ersten Fall das UNÜ anwenden. 106 Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 23; Bork/Stöve, S. 50; dies gilt entsprechend in allen Staaten, die das Territorialitätsprinzip des Art. 1 Abs. 2 MG umgesetzt haben. 107 Schlosser, Rn. 78; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 28; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3256; sehr verkürzt Gildeggen, S. 37.

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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b) Kritik Tatsächlich sollte im Interesse einer einheitlichen Bestimmung des Anwendungsbereichs sowohl für Schiedsvereinbarungen als auch für Schiedssprüche dieser in Anlehnung an Art. I UNÜ definiert werden, da die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen in Art. II UNÜ hauptsächlich im Hinblick auf deren spätere Vollstreckung geregelt ist und dieser Zusammenhang nicht zerrissen werden sollte108. Jedoch kann es entgegen der h. M. nicht darauf ankommen, ob die Schiedsvereinbarung aus der Sicht des staatlichen (Einrede-)Gerichts zu einem Schiedsspruch führen kann, der seinerseits für diesen Staat nach dem UNÜ anerkennungspflichtig sein wird, dass, mit anderen Worten, der Schiedsort sich – aus Sicht des (Einrede-)Gerichts – im Ausland befindet. Vielmehr muss das UNÜ auch dann im Einredestadium Berücksichtigung finden, wenn zu diesem Zeitpunkt feststeht oder absehbar ist, dass der Schiedsspruch nicht in diesem Land vollstreckt werden wird. Denn unbestritten ist es möglich, für ein Schiedsverfahren ein neutrales Land zu wählen109. Dies besagt aber noch nicht, dass der Schiedsspruch in diesem Land auch vollstreckt werden kann. Die nationalen Vollstreckungsregeln schweigen zu dem Problem eines inländischen Schiedsspruchs, der im Ausland vollstreckt werden muss, da dies grundsätzlich Sache des Exequaturstaates ist110. Jedoch ist dies genau die Konstellation, in der das UNÜ gem. Art. I UNÜ Anwendung verlangt111. Zu dem Argument der h. M., dass nur durch eine derartige Bestimmung des Anwendungsbereichs Rechtsschutzlücken vermeidbar seien, ist zunächst zu sagen, dass diese Interpretation in erster Linie nicht Rechtsschutzlücken zu vermeiden hilft, sondern viel eher Wertungswidersprüchen zwischen UNÜ und nationalem Recht ausweichen will112. 108 So auch van den Berg, S. 56 f.; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3255; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 10. 109 Stein/Jonas/Schlosser, § 1025 ZPO Rn. 3; nach Redfern/Hunter, 2-04, entspricht dies heutzutage üblicher Praxis. 110 So sind z. B. §§ 1060, 1061 ZPO nur auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in Deutschland anwendbar, seien sie nun in- oder ausländische, s. Henn, Rn. 497; indirekt wohl auch Musielak/Voit, § 1060 ZPO Rn. 2; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 2. 111 So explizit Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3246 m. w. N.: „Demgemäß unterliegt auch ein im Inland zwischen zwei deutschen Unternehmen nach deutschem Recht gefällter Schiedsspruch dem UNÜ, wenn er in einem anderen Vertragsstaat des Übereinkommens vollstreckt werden soll“; ebenso Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 2; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 17; van den Berg, S. 17 f.; Lionnet, S. 109. 112 So zu Recht Bork/Stöve, S. 50, die allerdings der h. M. folgen.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

Das Argument der h. M. trägt jedoch deshalb nicht, weil Wertungswidersprüche (und damit Rechtsschutzlücken) selbst dann nicht vermieden werden können, wenn man sich dieser Ansicht anschließt. Denn selbst wenn man eine Schiedsvereinbarung mit Schiedsort in Deutschland nach rein nationalem Recht beurteilt (wegen der zu befürchtenden Wertungswidersprüche im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO), dann würde ein ausländischer Vertragsstaat des UNÜ im anschließenden Vollstreckungsverfahren im Ausland dennoch das UNÜ anwenden. Die Wertungswidersprüche, die im nationalen Verfahren vor den deutschen Gerichten dann (noch) ausgeschaltet wären, tauchten spätestens bei dem Exequatur im Ausland wieder auf. Denn nach dem klaren Wortlaut des Art. I UNÜ würde sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach Art. II UNÜ beurteilen und nicht nach nationalem Recht, wodurch sich eine zunächst nach nationalem Recht als wirksam anerkannte Schiedsvereinbarung nach UNÜ als unwirksam herausstellen kann (genannt sei als Beispiel der nach deutschem Recht formwirksame Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, der jedoch nicht die Form des Art. II Abs. 2 UNÜ erfüllt113). Rechtsschutzlücken (und damit auch Wertungswidersprüche) können nur dann vermieden werden, wenn möglichst frühzeitig einheitliche Kriterien für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung gefunden werden, um so die Parteien davor zu schützen, dass ihnen die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung erst bei der Vollstreckung des Schiedsspruches entgegengehalten wird114. Auch deshalb wurde das MG als Vorschlag an die nationalen Gesetzgeber konzipiert, um so sicherzustellen, dass in möglichst vielen Staaten dieselben, aus dem UNÜ weiterentwickelten Regeln für Schiedsvereinbarungen gelten. Jedoch auch wenn das MG als Weiterentwicklung und Fortschreibung des UNÜ gedacht ist, darf nicht übersehen werden, dass die Anwendungsbereiche von MG und UNÜ nicht harmonisiert wurden115. Letztlich geht das UNÜ immer noch weiter als das MG, indem es auf die „grenzüberschreitende Vollstreckung“ abstellt, dagegen das MG nur punktuell den Schiedsort (zur Verortung der Nationalität eines Schiedsverfahrens116) im Visier hat. Es ist daher verfehlt anzunehmen, die Anwendungsbereiche der beiden Regelwerke würden sich nicht überschneiden. Dies verdeutlicht die simple Überlegung, dass ein nach dem Territorialitätsprinzip des MG inländischer Schiedsspruch sehr leicht zum ausländischen i. S. d. UNÜ wird, wenn er nicht im „Inland“ vollstreckt werden soll. 113

Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 50; ebenso van den Berg, S. 62. Explizit zu diesem Problem van den Berg, S. 61; Epping, S. 121, m. w. N. zu der gleichen Problematik bei Gerichtsstandsvereinbarungen. 115 Ebenso Lionnet, S. 123. 116 s. Stein/Jonas/Schlosser, § 1025 ZPO Rn. 2. 114

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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Die Einschränkung, es müsse aus der Sicht des mit der Beurteilung der Schiedsvereinbarung befassten Gerichts zu einem für dieses Land nach dem UNÜ anerkennungspflichtigen Schiedsspruch kommen, legt daher die Vermutung nahe, dass der dahinter stehende Denkansatz sich zu sehr an den durch das MG geprägten Kriterien „inländischer – ausländischer Schiedsspruch“ orientiert und damit diese Kriterien für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. II UNÜ verwendet117. Für den Anwendungsbereich des UNÜ kommt es aber gerade nicht darauf an, wie ein Vertragsstaat einen Schiedsspruch qualifiziert. An anderer Stelle wird zu Recht betont, dass Vertragsstaaten dem UNÜ nicht solche Schiedssprüche entziehen könnten, die sie selbst als inländische betrachten118. Für die Bestimmung, ob ein Schiedsspruch ein in- oder ausländischer ist, stellt Art. I Abs. 1 S. 1 UNÜ nur darauf ab, dass der Staat, in dem das Schiedsverfahren stattfand, nicht identisch ist mit dem Staat, in dem der Schiedsspruch vollstreckt werden soll119. Auch von den Autoren der h. M. wird (an anderer Stelle) zugegeben, dass dies, d. h. nur die (mögliche) Vollstreckung in einem anderen Staat, einziges Kriterium für die Anwendung des UNÜ ist120. Zu Recht wird auch darauf hingewiesen, dass die Nationalität der Parteien keinerlei Rolle spielt121. Darum ist es nicht überzeugend, wenn zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. II UNÜ auf einmal die Möglichkeit der späteren Vollstreckung des Schiedsspruches in einem anderen Land als demjenigen, in welchem das Schiedsgericht seinen Sitz hatte, nicht mehr ausreicht, sondern es einschränkend darauf ankommen soll, dass dieses Land den späteren Schiedsspruch selbst nach dem UNÜ vollstrecke122. Taugliches Abgrenzungskriterium ist daher allein, ob die Schiedsvereinbarung zu einem Schiedsspruch führen kann, der möglicherweise in einem anderen Staat als dem Anerkennungs- und Vollstreckungsstaat ergehen wird, d. h. dass Schiedsstaat und Exequaturstaat auseinander fallen. Ist dieses Kriterium erfüllt, ist auch das UNÜ auf die Schiedsvereinbarung anwendbar. 117

So wird immer wieder betont, dass das UNÜ nicht auf inländische Schiedssprüche anwendbar sei, vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I UNÜ Rn. 10; Schlosser, Rn. 78; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 28; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 2, 10. 118 Schlosser, Rn. 66. 119 Zu der zweiten Alternative in Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ, die jedenfalls in Form der Verfahrenstheorie keine Bedeutung mehr hat, schon oben C.I.1. 120 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 17; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I UNÜ Rn. 9; Lionnet, S. 108 f.; auch Karabel’nikov, 1–1. 121 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 27; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I UNÜ Rn. 9; van den Berg, S. 58. 122 A.A. Bork/Stöve, S. 50 mit dem Argument, dass die rein theoretische Möglichkeit der Vollstreckung des Schiedsspruches im Ausland es nicht rechtfertigen kann, das nationale Recht stets zu verdrängen.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

In welchen Konstellationen Schieds- und Exequaturstaat auseinander fallen, ist eine Entscheidung des Einzelfalles. Indizien können der bereits erwähnte Beispielsfall sein, dass ein Land bewusst als neutraler Schiedsstaat gewählt wurde oder wenn bekannt ist, dass die Parteien im Schiedsstaat keine vollstreckungsfähigen Rechtsgüter besitzen123. 3. Die Vorbehalte des Art. I Abs. 3 UNÜ Der Vertragsstaatenvorbehalt (oder Territorialitätsvorbehalt) des Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ sowie der Handelssachenvorbehalt des Art. I Abs. 3 S. 2 UNÜ sind auch bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung zu beachten124. Im Falle des Vertragsstaatenvorbehalts bedeutet dies beispielsweise, dass das UNÜ in einem Staat, der diesen Vorbehalt gemacht hat125, nicht anwendbar ist, wenn feststeht, dass der Schiedsort in einem Nichtvertragsstaat liegt126. Russland (als Rechtsnachfolgerin der UdSSR) hat einen nicht ganz mit dem Wortlaut des Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ übereinstimmenden Vorbehalt dahingehend erklärt, dass Schiedssprüche aus einem Nichtvertragsstaat in Russland nur im Falle der vereinbarten bzw. verbürgten Gegenseitigkeit vollstreckt werden127. Beim Handelssachenvorbehalt entscheidet jedes Gericht, dessen Staat diesen Vorbehalt erklärt hat, nach eigenem Recht, ob eine Handelssache vorliegt oder nicht128.

123 Van den Berg, S. 63, stellt in diesem Fall darauf ab, dass die Schiedsvereinbarung ein internationales Element hat, da ja „rein nationale“ Schiedsvereinbarungen nicht vom UNÜ erfasst sein sollen. Der Einwand, dass sich im Stadium der Beurteilung allein der Schiedsvereinbarung nicht zweifelsfrei bestimmen lasse, ob der Schiedsspruch tatsächlich in einem anderen Staat vollstreckt werden wird als im Schiedsstaat, gilt genau so für die a. A., die ja auch das UNÜ bereits dann anwenden will, wenn bei nicht feststehendem Schiedsstaat dieser möglicherweise im Ausland liegen sollte. Diese Unsicherheiten sind jedoch zugunsten einer weitestmöglichen Geltung des UNÜ im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit hinzunehmen. 124 H. M., vgl. nur Schlosser, Rn. 79; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 10. 125 s. dazu die Übersicht bei Jayme/Hausmann, Fn. 5 zu Art. I UNÜ, und Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 8; die Bundesrepublik Deutschland hat den Vorbehalt mit Wirkung zum 31.08.1998 zurückgezogen, BGBl. 1999 II, S. 7. 126 So auch Schlosser, Rn. 79; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3258; van den Berg, S. 60. 127 s. Karabel’nikov, 1–15; ob und inwieweit dieser Vorbehalt heute noch Wirksamkeit entfaltet, wird unten bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in Russland behandelt, sechstes Kapitel C.IV.1. 128 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3259 mit weiteren Beispielen; Schlosser, Rn. 79; Jayme/Hausmann, Fn. 6 zu Art. I UNÜ.

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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II. Der Anwendungsbereich des EuÜ Anders als das UNÜ hat das EuÜ nicht den Schiedsspruch, sondern die Schiedsvereinbarung zum Ausgangspunkt, worin ein entscheidender Fortschritt zum UNÜ gesehen wird129. Die praktische Bedeutung des EuÜ ist allerdings sehr gering, wenngleich es eine Reihe von Einzelverbesserung im Verhältnis zum UNÜ enthält, denen eine eigenständige Bedeutung zugemessen werden kann130. Der Anwendungsbereich des EuÜ wird in dessen Art. I Abs. 1 lit. a definiert und enthält zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Schiedsvereinbarung gem. Art. I Abs. 1 lit. a Alt. 1 EuÜ Streitigkeiten aus internationalen Handelsgeschäften betreffen. Der Begriff des internationalen Handelsgeschäftes ist vertragsautonom auszulegen, weil nur so im Interesse der Erleichterung der internationalen Rechtsverfolgung ein einheitlicher Anwendungsbereich des EuÜ gewährleistet werden kann131. Als internationales Handelsgeschäft wird jedes Geschäft angesehen, das auf eine Verbringung von Sachen, Kapital, Dienstleistungen oder sonstiger Leistungen gegen Entgelt von einem Land in ein anderes gerichtet ist132. Handeln jedoch dabei beide Vertragspartner in rein privater Funktion, so liegt kein Handelsgeschäft vor133. Zum anderen müssen die Vertragsparteien gem. Art. I Abs. 1 lit. a Alt. 2 EuÜ ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Was nun die Geschäfte an Börsen betrifft, so ist die Anwendbarkeit des EuÜ durchaus möglich, da zum einen die dort abgeschlossenen Geschäfte unter Beteiligung professioneller Handelsmakler als internationale Handelsgeschäfte angesehen werden können, sofern eine der angebotenen Leistungen grenzüberschreitend ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn beispielsweise ein deutscher Anleger Wertpapiere an einer ausländischen Börse ordert oder Terminkontrakte an einer ausländischen Börse abschließt. Zum 129 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3341; Schlosser, Rn. 86, 88; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I EuÜ Rn. 1. 130 Schlosser, Rn. 86; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 163, 164. 131 Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 14; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 167; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I EuÜ Rn. 4, 7. 132 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 167; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 14; ähnlich MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I EuÜ Rn. 5. 133 D. h. mindestens ein Vertragspartner muss in beruflicher Eigenschaft handeln, MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. I EuÜ Rn. 7; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 14; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 167; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3344.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

anderen ist durchaus denkbar, dass die Vertragsparteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben, da mit der Erstarkung des Computerhandels (namentlich XETRA) das Erfordernis weggefallen ist, am Börsenplatz physisch präsent zu sein. Hinzuweisen ist der Vollständigkeit halber noch auf das Zusatzübereinkommen zum EuÜ (Pariser Vereinbarung über die Anwendung des EuÜ)134, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Frankreich, Dänemark, Belgien, Italien, Luxemburg und Moldau gilt und Art. IV EuÜ modifiziert135. III. Der dem nationalen Recht verbleibende Anwendungsbereich Das autonome nationale Recht ist damit in reinen Inlandsschiedsverfahren anwendbar, die nach der hier vertretenen Ansicht nur solche sind, in denen der „Schiedsstaat“ (nach dem Territorialitätsprinzip der Staat, in dem der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt) mit dem Vollstreckungsstaat zusammenfällt. D. h. es darf weder eine Vollstreckung des Schiedsspruches im Ausland in Betracht kommen (Abgrenzung zum UNÜ) noch ein internationales Handelsgeschäft zugrunde liegen, bei dem die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben (Abgrenzung laut EuÜ). Darüber hinaus findet das nationale Recht dann Anwendung, wenn es über die (internationalen) Kollisionsregeln zur Anwendung berufen ist (s. o. B.II.2., S. 46 f.). IV. Insbesondere die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der russischen Schiedsgesetze Nach Art. 1 Pkt. 1 SchGG ist das SchGG immer dann anzuwenden, wenn sich das Schiedsgericht auf dem Territorium der Russischen Föderation befindet (Territorialitätsprinzip). Ausdrücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich ist gem. Art. 1 Pkt. 3 SchGG die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Aus dem systematischen Zusammenhang zwischen Art. 1 Pkt. 3 und Pkt. 4 SchGG, der das Verhältnis des SchGG zu internationalen Verträgen regelt, wird deutlich, dass es in Art. 1 Pkt. 3 SchGG nur um das Verhältnis der beiden russischen Schiedsgesetze zueinander geht136. Mangels eigener 134

BGBl. 1964 II, S. 448 ff. Vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. IV EuÜ Rn. 2; Schwab/Walter, Kap. 42 Rn. 16; Jayme/Hausmann, Fn. 1 zur Pariser Vereinbarung (Nr. 244). 136 Ebenso Kostin, TS 2003, Nr. 4, S. 31. 135

C. Abgrenzung der Anwendungsbereiche

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Definition der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit im SchGG ist der Begriff der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit dem IHSchG zu entnehmen. Auch in Art. 1 Pkt. 1 IHSchG ist das Territorialitätsprinzip verankert, wonach das IHSchG immer dann anwendbar ist, wenn sich der Ort des (internationalen Handels-)Schiedsverfahrens in Russland befindet137. Nach Art. 1 Pkt. 2 IHSchG gibt es nur zwei Alternativen, für welche Art von Streitigkeiten ein derartiges russisches internationales Handelsschiedsgericht zuständig werden kann. Zum einen kann es nach Art. 1 Pkt. 2 Abs. 1 IHSchG Außenhandelsstreitigkeiten oder andere internationale Wirtschaftsstreitigkeiten entscheiden, wenn sich zumindest eines der beteiligten Wirtschaftsunternehmen im Ausland befindet. Zum anderen besteht für Unternehmen mit ausländischen Investitionen sowie für internationale Vereinigungen und Organisationen, die auf dem Territorium der Russischen Föderation gegründet wurden, die Möglichkeit, für Streitigkeiten untereinander, für Streitigkeiten unter ihren Mitgliedern und für Streitigkeiten zwischen ihnen und anderen Rechtssubjekten der Russischen Föderation ein russisches internationales Handelsschiedsgericht i. S. d. IHSchG anzurufen (Art. 1 Pkt. 2 Abs. 2 IHSchG). Somit definiert Art. 1 Pkt. 2 IHSchG seinen Anwendungsbereich nach einem subjektiven und einem objektiven Kriterium. Subjektiv muss mindestens eine der beteiligten Parteien einen Bezug zum Ausland aufweisen, sei es durch Sitz im Ausland oder durch ausländische Kapitalanteile. Dieses internationale Element ist unabdingbare Voraussetzung für die Anwendbarkeit des IHSchG138. Das zweite objektive Kriterium, das der (internationalen) Handels- oder Wirtschaftssache139, wird vom IHSchG selbst nicht näher definiert140. Da das russische Gesetz in diesem Punkt sehr vom MG abweicht, erscheint ein Rückgriff auf die Materialien des MG, die travaux préparatoires, hier nicht möglich zu sein. Dennoch herrscht Einigkeit darüber, dass der Begriff der internationalen Wirtschaftsbeziehungen (meždunarodnye e˙konomicˇeskie svjazi) weit auszulegen ist141. Unter den russischen Spezialisten scheint es 137

In diesem Sinne auch Pozdnjakov, S. 7. Sehr ausführlich zum subjektiven Anwendungsbereich des IHSchG Märkl, S. 53 ff. 139 Die deutschen Übersetzungen des Begriffs „kommerc ˇ eskij“ differieren, Komarov, in: Böckstiegel, DIS-Schriftenreihe Bd. 13, S. 265, 266 übersetzt ihn mit geschäftlich, Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 762 dagegen mit Handels- bzw. Kommerz-; gemeint ist aber damit dasselbe, s. auch Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 762. 140 s. a. Märkl, S. 49; Lentz, S. 100. 141 Komarov, in: Böckstiegel, DIS-Schriftenreihe Bd. 13, S. 265, 266; Märkl, S. 49; Lentz, S. 37. 138

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

einen unausgesprochenen Konsens darüber zu geben, dass dieser Begriff unter Heranziehung der Definition des „e˙konomicˇeskij spor“ (wirtschaftliche Streitigkeit) im APK auszufüllen ist. Nach Art. 27 Pkt. 1 APK ist ein (staatliches) Arbitragegericht für alle wirtschaftlichen und unternehmerischen Streitigkeiten zuständig. Aus Art. 27 Pkt. 2 APK folgt, dass beide beteiligten Parteien Unternehmer oder juristische Personen sein müssen142. Eine eigene Definition der wirtschaftlichen Streitigkeit enthält aber auch der APK nicht143. Letztlich ist daher Art. 2 Abs. 3 ZGB heranzuziehen144, wonach eine unternehmerische Tätigkeit eine selbständige, auf eigenes Risiko ausgeübte Tätigkeit ist, die auf systematische Gewinnerzielung durch Verwendung von Vermögen, durch den Verkauf von Waren, Verrichten von Arbeiten oder Erbringung von Dienstleistungen gerichtet ist durch Personen, die als Unternehmer in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise registriert sind. Der Begriff der wirtschaftlichen Streitigkeit erfasst aber mehr als nur die Unternehmenssachen, so z. B. auch den Zugang zu dieser Tätigkeit und die Geltendmachung sonstiger Vermögensrechte i. S. d. Art. 2 Pkt. 1 Abs. 1 ZGB a. E.145. Dagegen spielt die in Art. 28 und 29 APK verankerte Unterscheidung der wirtschaftlichen Streitigkeiten in solche aus privatrechtlichen und solche aus öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen für den Anwendungsbereich des IHSchG keine Rolle, da sonst Fragen des Anwendungsbereichs mit solchen der objektiven Schiedsfähigkeit, die in Art. 1 Pkt. 5 IHSchG angesprochen ist, auf unzulässige Weise vermischt würden146. Damit sind z. B. Streitigkeiten unter Beteiligung eines Verbrauchers vom Anwendungsbereich des IHSchG ausgenommen, da sie nicht als wirtschaftliche Streitigkeiten gelten147. Damit ist der Anwendungsbereich des IHSchG im Vergleich zu Art. 1 Pkt. 3 MG eingeschränkt148. Dem SchGG kommt folglich eine Art Auf142 Jarkov/Jarkov, Art. 27 APK Pkt. 1, S. 51, Pkt. 2, S. 52 ff.; Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (3), S. 79; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 27 APK Pkt. 2, S. 89. 143 Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (3), S. 80; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 27 APK Pkt. 1, S. 86. 144 Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (3), S. 80; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 27 APK Pkt. 1, S. 87. 145 Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 27 APK Pkt. 1, S. 87; Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (3), S. 80. 146 Ebenso Lentz, S. 95; unrichtig daher Märkl, S. 50. 147 Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (3), S. 84; Komarov, in: Böckstiegel, DISSchriftenreihe Bd. 13, S. 265, 266; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 27 APK Pkt. 1, S. 87; Märkl, S. 50; und zwar unabhängig von der Frage, ob diese objektiv schiedsfähig sind, dazu unten viertes Kapitel C.III.2.b)(3). Zur Abgrenzung zwischen APK und ZPK, wobei das Kriterium der wirtschaftlichen Streitigkeit ebenfalls eine erhebliche Rolle spielt, s. unten sechstes Kapitel, C.I. 148 Ebenso Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 762, 763.

D. Zusammenfassung

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fangfunktion zu, da es nach Art. 1 Pkt. 3 SchGG nur auf internationale Handelsstreitigkeiten (auf russischem Territorium) nicht anwendbar ist. In seinen Anwendungsbereich fallen daher beispielsweise alle wirtschaftlichen Streitigkeiten von Unternehmen, die nicht eines der Merkmale des Art. 1 Pkt. 2 IHSchG erfüllen, ebenso wie Streitigkeiten zwischen Unternehmen und natürlichen Personen149. Ob es auch auf internationale Streitigkeiten, die nicht als Handelsstreitigkeiten i. S. d. IHSchG zu qualifizieren sind, anwendbar ist, wird in der russischen Literatur kaum diskutiert150. Manche Autoren setzen die Anwendbarkeit des SchGG auf „interne“ oder „innere“ Streitigkeiten in Anführungszeichen151, woraus der Schluss gezogen werden kann, dass sie nicht buchstäblich internationale Streitigkeiten vom Anwendungsbereich ausnehmen wollen. Auch vom Wortlaut ist eine derartige Einschränkung auf „innere Sachverhalte“ nicht erkennbar. Darum kann der Ansicht, das SchGG sei nur auf rein nationale Sachverhalte anwendbar, nicht gefolgt werden152. Entsprechend dieser Ausgangslage existieren in der Regel auch unterschiedliche Regelungen in den Schiedsordnungen der Börsen je nachdem, ob das Schiedsverfahren unter das IHSchG fällt oder nicht153.

D. Zusammenfassung Vergleicht man die Rechtsgrundlagen des deutschen und des russischen Rechts über die Börsenschiedsgerichtsbarkeit miteinander, findet sich zunächst in beiden Rechtsordnungen dieselbe Aufspaltung der Regelungen in zwei Rechtsgebiete: in das Schiedsrecht und das Kapitalmarktrecht. Das Kapitalmarktrecht regelt in beiden Ländern vor allem die Tätigkeit der Börsen und wirkt sich daher auch auf die an den Börsen ausgeübte 149 Dezidiert Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 3 (1), S. 641, und Svetlanov, S. 130; ebenso TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7 (unbekannter Autor); Fal’kovicˇ, Vestnik VAS 2003, Nr. 9, S. 63; auch schon Märkl, S. 200 im Vorausblick auf das damals noch nicht verabschiedete SchGG; a. A. Tarasov, S. 13 Fn. 15 mit Hinweis auf die außer Kraft gesetzten Vorgängerregelungen des SchGG. 150 Soweit ersichtlich, äußert sich hierzu nur Svetlanov, S. 138, der ausdrücklich darauf hinweist, dass das Problem der Schiedsgerichtsbarkeit für internationale nicht-kommerzielle Streitigkeiten vom russischen Gesetzgeber schlicht außer Acht gelassen wurde. 151 Sog. „vnutrennie spory“; s. Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 3 (1), S. 641; Kostin, TS 2003, Nr. 4, S. 31, 33; Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 3, S. 10 (Fn. 4); Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 1, S. 155. 152 So aber Karabel’nikov, 4–2; wie hier Svetlanov, S. 139. 153 Allgemein für institutionelle Schiedsgerichte Kostin, TS 2003, Nr. 4, S. 31, 33; hins. der Regelwerke der russischen Börsen s. unten zweites Kapitel, B.IV.2.

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1. Kap.: Rechtsgrundlagen

Schiedsgerichtsbarkeit aus. Dabei ist hier schon festzuhalten, dass die wohl einschneidenderen Regelungen im deutschen Recht zu finden sind. Hinsichtlich der Regelungstechnik gibt es jedoch in beiden Ländern signifikante Unterschiede. So ist das russische Kapitalmarktrecht in viele verschiedene Einzelnormen zersplittert und dadurch äußerst unübersichtlich. Dagegen existieren in Deutschland nur zwei für diese Untersuchung relevante Gesetze, die sich von ihrem Anwendungsbereich her ergänzen. Grundlage der an der Börse ausgeübten Schiedsgerichtsbarkeit ist in beiden Rechtsordnungen jedoch in allererster Linie das „allgemeine“ Schiedsrecht. In ihren jeweiligen Schiedsregelungen haben beide Länder das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit umgesetzt, wobei allerdings ein unterschiedlicher Ansatz gewählt wurde. In Deutschland wurden die Vorgaben des MG erweiternd für alle auf deutschem Territorium stattfindenden Schiedsverfahren transformiert, wobei die Schiedsregelungen traditionell in die ZPO integriert sind. Dies bedeutet, dass das deutsche Recht grundsätzlich nicht danach unterscheidet, ob durch das Schiedsverfahren eine Handelssache oder ein internationaler Sachverhalt betroffen ist oder nicht. Einzige Voraussetzung der Anwendbarkeit des deutschen Rechts ist der Territorialitätsgrundsatz, wonach sich der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens auf deutschem Territorium befinden muss. Wegen dieses generellen Ansatzes hat der deutsche Gesetzgeber jedoch Sondervorschriften für den Verbraucherschutz in das Schiedsrecht eingeführt. Russland hat dagegen zwei separate Schiedsgesetze erlassen, die grundsätzlich außerhalb der beiden großen Prozessrechtskodifikationen (APK und ZPK) stehen. Das IHSchG regelt das Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit auf russischem Territorium in Umsetzung des MG, wobei allerdings der Anwendungsbereich des IHSchG im Vergleich zu demjenigen des MG eingeschränkt wurde. Dem zweiten russischen Schiedsgesetz, dem SchGG, kommt eine Art Auffangfunktion für alle sonstigen, auf russischem Territorium stattfindenden Schiedsverfahren zu. Auch dieses Gesetz wurde vom MG wesentlich beeinflusst. Wegen dieser Auffangfunktion kann der Meinung einiger russischer Wissenschaftler, das SchGG finde nur auf rein nationale Sachverhalte Anwendung, nicht gefolgt werden. Regelungen über die Aufhebung und die Anerkennung und Vollstreckung inund ausländischer Schiedssprüche finden sich jedoch außer in den genannten speziellen Schiedsgesetzen auch noch in APK und ZPK, was die Frage aufwirft, welchem dieser Gesetze der Vorrang gebührt. Dies ist vor allem deswegen problematisch, weil die Regelungen zum Teil voneinander abweichen. Im Einzelnen werden diese Fragen in den folgenden Kapiteln erörtert. Das internationale Recht der Schiedsgerichtsbarkeit geht in beiden Ländern den autonomen nationalen Schiedsgesetzen vor, vorausgesetzt, der An-

D. Zusammenfassung

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wendungsbereich der völkerrechtlichen Verträge ist eröffnet. Für Russland ist neben den allgemein, unter anderem auch für Deutschland geltenden UNÜ und EuÜ nach wohl h. M. auch die Moskauer Konvention von 1972 zu beachten. Dagegen hat nach richtiger Meinung das Kiewer Übereinkommen von 1992 keine Auswirkung auf die Schiedsgerichtsbarkeit. Nach der hier vertretenen Auffassung ist das UNÜ immer bereits dann bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung anzuwenden, wenn zu erwarten ist, dass der Schiedsspruch in einem anderen Staat vollstreckt werden soll als in demjenigen, in welchem das Schiedsverfahren stattgefunden hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn bewusst ein neutrales Land als Schiedsstaat gewählt wurde. Es kann daher an dieser Stelle schon festgestellt werden, dass die Rechtsgrundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit in beiden Ländern auf demselben MG beruhen und somit zu erwarten ist, dass sich die Regelungen nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Bei der Auslegung der in das nationale Recht transformierten Regelungen des MG ist immer auch der internationale Hintergrund der Entstehungsgeschichte zu beachten, vor allem die Tatsache, dass letztlich die international konsensfähigen Regelungen des UNÜ und EuÜ Pate für die Regelungen des MG standen154.

154 UN-Doc. A/CN.9/207, para. 43 (Holtzmann/Neuhaus, S. 270); UN-Doc. A/CN.9/216, para. 23 (Holtzmann/Neuhaus, S. 276); UN-Doc. A/CN.9/264, para. 7, 8 (Holtzmann/Neuhaus, S. 291); Holtzmann/Neuhaus, S. 262; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 53 m. w. N.; Epping, S. 141; Komarov, TS 2004, Nr. 1, S. 6, 7; Boguslavskij/Karabel’nikov, ChiP 2003, Nr. 9, S. 134, 136; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXX, § 1 (2), S. 737 f.; Weigand/Roth, Part 5, Introduction Rn. 7; s. genauer noch unten viertes Kapitel A.V.1.; C.V.3.a)(2).

Zweites Kapitel

Grundlegende Begriffe Anhand einer genauen Begriffsbestimmung soll zunächst Klarheit darüber gewonnen werden, in welchem Bereich der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung angesiedelt ist. Von Bedeutung ist dies vor allem für den Begriff der Börse vor dem Hintergrund sich rasant entwickelnder elektronischer Handelssysteme, die den „klassischen“ Börsen zunehmend Konkurrenz machen. Aber auch die Schiedstätigkeit ist von anderen nicht staatlichen Streitbeilegungsmethoden abzugrenzen.

A. Begriff der Börse In diesem Kapitel geht es darum festzustellen, was genau im deutschen und im russischen Recht unter „Börse“ verstanden wird und ob und wie sich diese Begriffe inhaltlich decken. Die genaue Definition des Begriffes der Börse wirkt sich schon deshalb auf die Börsenschiedsgerichtsbarkeit aus, weil dadurch über den Tätigkeitskreis der Börse und damit mögliche Streitgegenstände des schiedsrichterlichen Verfahrens mitentschieden wird. I. Deutsches Recht Gem. § 1 Abs. 7 BörsG sind Wertpapierbörsen solche Börsen, an denen Wertpapiere oder Derivate i. S. d. § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 lit. a bis c und Nr. 2 WpHG, Devisen und Rechnungseinheiten gehandelt werden. Außerdem können an Wertpapierbörsen auch Edelmetalle und Edelmetallderivate i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. d WpHG gehandelt werden. Als Warenbörsen gelten gem. § 1 Abs. 8 BörsG solche Börsen, an denen Waren, Edelmetalle oder Derivate i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. d WpHG gehandelt werden. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass weder § 1 Abs. 7 BörsG noch § 1 Abs. 8 BörsG den Begriff der Börse definiert, da er nur bestimmt, was an der entsprechenden Börse gehandelt wird, nicht aber allgemeine Kriterien des Börsenbegriffes festlegt1. 1 Von einer ansatzweisen Definition spricht Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 18; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 1; Baumbach/Hopt, Einl. BörsG Rn. 1; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 22 ff.; dagegen Spindler, WM 2002, 1325, 1331

A. Begriff der Börse

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Genau diese Frage, was unter einer Börse zu verstehen ist und wie diese zu anderen Marktveranstaltungen2 abzugrenzen sind, ist im deutschen Recht schon seit langer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion3, die in letzter Zeit durch Einführung des Fünften Abschnitts des Börsengesetzes mit dem Titel „Bestimmungen über elektronische Handelssysteme und über börsenähnliche Einrichtungen“ (§§ 58–60 BörsG) neue Nahrung erhalten hat. Traditionell wird zwischen dem materiellen und dem formellen Börsenbegriff unterschieden. 1. Materieller Börsenbegriff Der materielle Börsenbegriff definiert die Institution Börse nach inhaltlichen Kriterien4. a) Der Börsenbegriff vor Inkrafttreten des 4. FMFG Vor Erlass des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes5 (im Folgenden 4. FMFG) wurde vorwiegend angenommen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Börse bewusst legal nicht definierte, um die weitere, vor allem technische Entwicklung nicht durch eine zu enge Begriffsbestimmung zu behindern6. Man sprach daher auch von der dynamischen Natur des materiellen Börsenbegriffs, da sich dieser der Fort- und Weiterentwicklung des Marktgeschehens anpassen sollte7. Nach herrschender Meinung war eine Veranstaltung dann als Börse zu qualifizieren, wenn sie ununterbrochen oder in kurzen Zeitabständen Ange(Fn. 68); Breitkreuz, S. 28 (oben); Kindermann, WM 1989, Sonderbeilage Nr. 2, S. 10. 2 Laut Huber, S. 600, der Oberbegriff für Märkte, Messen und Börsen; ebenso Göppert, S. 43; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 1; Baumbach/Hopt, Einl. BörsG Rn. 3. 3 Vgl. schon Nußbaum, § 1 BörsG Anm. II a; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 1 ff.; in letzter Zeit ausführlich Breitkreuz, S. 27 ff. 4 Huber, S. 636; Lenenbach, § 3 Rn. 3.3. 5 Vom 21.06.2002, BGBl. 2002 I, 2010. 6 Stellungnahme des Bundesrates zur BörsG-Novelle 1989, BT-Drucks. 11/4177, S. 22; Kümpel 2, Rn. 8.111 und 17.26; Hammen, WM 2001, 929, 930; Lenenbach, § 3 Rn. 3.3. Der Grund dafür, dass schon 1896 das Börsengesetz keine Legaldefinition des Begriffes der Börse enthielt, liegt allerdings darin, dass sich der Gesetzgeber nicht auf einen einheitlichen konstituierenden Begriff einigen konnte, s. Begründung des Börsengesetzentwurfes in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14 der amtlichen Drucksachen des Reichstags, S. 17; Göppert, S. 38, 52; Kümpel 3, 17.33; er setzte ihn vielmehr als „bekannt“ voraus, s. Huber, S. 610. 7 So Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 4; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 19; Breitkreuz, S. 29.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

bot und Nachfrage in vertretbaren, typischerweise nicht zur Stelle gebrachten Gegenständen nach grundsätzlich einheitlichen Geschäftsbedingungen mit dem Ziel zusammenführte, Vertragsabschlüsse herbeizuführen8. Damit waren auch schon vor den Änderungen durch das 4. FMFG sog. Computerbörsen als Börsen anerkannt9. Das ursprünglich für den Börsenbegriff konstituierende Merkmal der Ortsgebundenheit10 (daher auch der Begriff des Parkett- oder Präsenzhandels11) wurde durch die „Systemgebundenheit“ der Geschäftsabschlüsse ersetzt12: Geschäfte müssen direkt im System abgeschlossen und durchgeführt werden13, beim Computerhandel „matching“ genannt14. Wie §§ 17, 25 S. 1 BörsG zeigen, hat sich daran durch das 4. FMFG nichts geändert. b) Der Börsenbegriff nach Inkrafttreten des 4. FMFG Obwohl der Gesetzgeber auch bei Erlass des 4. FMFG von seinem Ansatz, den Begriff der Börse nicht definieren zu wollen, offiziell nicht abgewichen ist15, wird in der Literatur diskutiert, ob sich nicht doch durch die Einführung der §§ 58–60 BörsG Auswirkungen auf den materiellen Börsenbegriff ergeben16.

8 So oder ganz ähnlich Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 5; Kümpel 2, Rn. 8.71 ff., Rn. 17.29 ff.; Claussen, § 9 Rn. 1; Franke, in: Assmann/Schütze (Ergänzungsband), § 2 Rn. 9 ff.; Baumbach/Hopt, Einl. BörsG Rn. 1; Lenenbach, § 3 Rn. 3.4; Breitkreuz, S. 30; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 19; nach Huber, S. 610, sollte allerdings alles unter den Begriff der Börse fallen, was nach der Intention des Gesetzgebers von den reglementierenden Bestimmungen des BörsG erfasst sein sollte. 9 s. Regierungsbegründung zur BörsG-Novelle 1989, BT-Drucks. 11/4177, S. 13; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 4, 6; Kümpel 3, Rn. 17.38; Franke, in: Assmann/Schütze (Ergänzungsband), § 2 Rn. 12, 13; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 2; Schlüter, Rn. 47. 10 Vgl. Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 2, 3. 11 s. Kümpel 3, Rn. 17.35; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 20. 12 Kümpel 2, Rn. 17.41; ihm folgend Breitkreuz, S. 34; Lenenbach, § 3 Rn. 3.4; Baumbach/Hopt, Einl. BörsG Rn. 1. 13 So Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 6. 14 s. Kümpel 3, 17.46; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 6; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 20; Spindler, WM 2002, 1325, 1334. 15 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8017, S. 146; ebenso Kümpel 3, 17.37. 16 Spindler, WM 2002, 1325, 1333; Reuschle/Fleckner, BKR 2002, 617, 624; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 5; Kümpel 3, 17.74, 17.80.

A. Begriff der Börse

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(1) Legaldefinition durch § 59 BörsG? In § 59 S. 1 Hs. 1 BörsG wird die börsenähnliche Einrichtung legal definiert. Nach der bisher verwendeten Definition der Börse fällt zunächst auf, dass sich die Ansätze scheinbar nur in der Person des Betreibers unterscheiden: eine börsenähnliche Einrichtung kann nur ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Unternehmen im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 oder § 53b Abs. 1 S. 1 KWG17 (im Folgenden Finanzdienstleister) betreiben18. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers betreibt dagegen jeder, der nicht zu einem der in § 59 S. 1 BörsG aufgezählten Unternehmen gehört, eine Börse und bedarf demnach der Genehmigung nach § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG19. Aus diesem Grund sieht ein Teil der Literatur den Börsenbegriff als durch § 59 BörsG beeinflusst an. Denn es sei nahe liegend, dass die Begriffe der Börse und der börsenähnlichen Einrichtung bis auf die Person des Betreibers identisch sind20. Es gibt jedoch einen guten Grund dafür, den bisherigen materiellen Börsenbegriff unbeeinflusst von § 59 BörsG fortbestehen zu lassen. Dieser liegt in dem Merkmal des § 59 BörsG „Ermöglichung von Vertragsabschlüssen unter mehreren Marktteilnehmern innerhalb des Systems“21. Aus einer Gegenüberstellung mit § 58 BörsG und der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 59 BörsG nur auf sog. Handelssysteme mit Marktplatzfunktion angewandt wissen wollte22, d. h. Systeme, in denen – ohne zentrale Gegenpartei – Angebot und Nachfrage einer Vielzahl von Handelsteilnehmern zusammengeführt werden. Dass er diese Systeme klar von bilateralen Handelssystemen trennt, ergibt sich aus der ausdrücklichen Gegenüberstellung dieser beider Systeme in der Gesetzbegründung 17

Vom 10.7.1961, BGBl. 1961 I, 881; neugefasst durch Bek. v. 9.9.1998, BGBl. 1998 I, 2776, zuletzt geändert durch Art. 1 G. v. 21.12.2004, BGBl. 2004 I, 3610. 18 So auch Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8601, S. 16; Spindler, WM 2002, 1325, 1333. 19 Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8601, S. 16. 20 So Spindler, WM 2002, 1325, 1333. Zwar sei auch denkbar, dass der Börsenbegriff durch die Legaldefinition des § 59 BörsG unberührt bleibe, da der Gesetzgeber selbst bei Finanzdienstleistern nach § 59 BörsG noch zwischen Börse und börsenähnlicher Einrichtung differenzieren will, vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8601, S. 16. Dann sei jedoch nicht einleuchtend, warum jeder andere, der nicht Finanzdienstleister nach § 59 BörsG ist, nach der Vorstellung des Gesetzgebers zwangsläufig eine (zu genehmigende) Börse betreiben soll, s. Spindler, WM 2002, 1325, 1333. 21 Hervorhebung durch Verfasserin. 22 BT-Drucks. 14/8601, S. 16; ebenso Kümpel 3, 17.75.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

kurz zuvor23. Unter bilateralen Handelssystemen werden allgemein solche Systeme verstanden, an denen eine zentrale Gegenpartei bei allen Geschäften beteiligt ist, also nicht eine Vielzahl von Teilnehmern auf beiden Seiten auftritt24. Kennzeichnend für diese Art von Systemen sind die sog. MarketMaker-Systeme, bei denen die Geschäfte stets mit dem Systembetreiber abgeschlossen werden25. Rechtlich betrachtet kommen in bilateralen Systemen die Vertragsabschlüsse nicht unter mehreren Handelsteilnehmern zustande, sondern immer nur mit der zentralen Gegenpartei26. Sinn der Einschaltung einer zentralen Gegenpartei ist, den Handelsteilnehmern das Erfüllungsrisiko abzunehmen und so den Handel weiter zu erleichtern27. Würde man mit der Austrahlungswirkung des § 59 BörsG auf den materiellen Börsenbegriff ernst machen, so wären beispielsweise EUREX, die größte Derivatebörse der Welt28, sowie das an der Frankfurter Wertpapierbörse betriebene elektronische Handelssystem XETRA nicht mehr als materielle Börse anzusehen, weil bei beiden die Geschäfte über eine zentrale Gegenpartei abgeschlossen werden29. Die Konsequenz wäre, dass die Genehmigung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG aufzuheben und die Veranstaltung 23

BT-Drucks. 14/8601, S. 16 (li. Spalte oben) im Zusammenhang mit § 58 BörsG. Diese Unterscheidung entspricht auch der Praxis, s. Schlüter, Rn. 71 ff.; Kümpel 3, Rn. 17.118, 17.120. Als Oberbegriff hat sich wohl der Begriff der alternativen Handelssysteme oder ATS – alternative trading systems eingebürgert, s. Merkt, G 43 Fn. 136; Lenenbach, § 1 Rn. 1.22; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 28; Schlüter, Rn. 62 ff.; Kümpel 3, Rn. 17.115 f. Ausgeklammert aus der Definition der ATS sind reine Informationssysteme einschließlich der sog. Bulletin Boards, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie durch Vermittlung öffentlicher Angebote nur den Kontakt zwischen den Marktteilnehmern herstellen, den eigentlichen Vertragsabschluss aber den Parteien überlassen, der außerhalb des Systems erfolgt, Lenenbach, § 1 Rn. 1.22; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 26; Spindler, WM 2002, 1325, 1327; a. A. Kümpel 3, Rn. 17.116, der die Informationssysteme noch zu den ATS zählt. 24 Stellvertretend Spindler, WM 2002, 1325, 1334. 25 Kümpel 3, 17.76. 26 So auch Hoffmann, WM 2003, 2025, 2028; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 6. 27 Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 6; s. a. BIS/IOSCO, Recommendations for Central Counterparties, November 2004, Foreword, erhältlich über www.iosco.org bzw. www.bis.org, z. B. http://www.iosco.org/pubdocs/pdf/IOSCOPD176.pdf. 28 Information der EUREX Deutschland/Zürich im Internet unter http://www. eurexchange.com/about/company_info/overview.html. 29 Vgl. für EUREX 2.2. Handelsbedingungen EUREX Deutschland/Zürich i. V. m. 3.3., 4.5. BörsO EUREX Deutschland/Zürich (erhältlich über http://www.eurex change.com/download/rules/rules_exchangereg_download_de.pdf (BörsO) und http://www.eurexchange.com/download/rules/rules_tradconditions_ download_de.pdf (Handelsbedingungen)); für die FWB §§ 16a, 92 Abs. 3 BörsO für den Handel in inländischen, girosammelverwahrten Aktien; s. a. Schlüter, Rn. 92 ff.; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3 (S. 20 unten).

A. Begriff der Börse

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in private Rechtsformen zurückzuführen wäre, da mangels Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen gem. § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG weder eine Börse noch eine sonstige öffentlich-rechtliche Einrichtung entstehen kann30. Dies kann aber vom Gesetzgeber erkennbar nicht beabsichtigt gewesen sein, würde dieses Ergebnis doch zu einer Schwächung entgegen der intendierten Stärkung des Finanzplatzes Deutschland führen. Damit ist davon auszugehen, dass der bisher bestehende materielle Börsenbegriff unbeeinflusst von § 59 BörsG fortbesteht31. (2) Konstituierende Merkmale des Börsenbegriffs Unklar ist jedoch weiterhin, welche Merkmale konstituierend für den Begriff der Börse sind, was aus den zahlreichen unterschiedlichen Stellungnahmen in der Literatur folgt. Fest stehen dürfte, dass essentielles Kriterium nach wie vor die Zentralisierungsfunktion, d. h. die regelmäßige (oder ununterbrochene) Zusammenführung von Angebot und Nachfrage ist32. Im Unterschied zu § 59 BörsG ist das Merkmal des „Ziels, Vertrags- oder Geschäftsabschlüsse herbeizuführen“, nicht in dem Sinne auszulegen, dass nur multilaterale Handelssysteme erfasst wären; vielmehr kommt es nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise darauf an, ob letztlich – trotz Einschaltung einer zentralen Gegenpartei – eine Transaktion zwischen mehreren Handelsteilnehmern abgeschlossen wird33. Kein konstituierendes Merkmal des Börsenbegriffs ist dagegen die Preisfeststellung; hierdurch würden unzulässigerweise Tatbestand und Rechtsfolge miteinander vermengt34. Denn es wäre erkennbar nicht vom Sinn des 30 Weiterführend s. Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 32; Hoffmann, WM 2003, 2025, 2030. 31 So auch Hoffmann, WM 2003, 2025, 2030 f.; Kümpel 3, 17.86, der allerdings unter 17.68 eine neue Begriffsdefinition vorschlägt. 32 So schon zum alten Recht Kümpel 2, Rn. 8.74 und 17.30 ff.; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 6; Baumbach/Hopt, § 1 BörsG Rn. 1; Franke, in: Assmann/Schütze (Ergänzungsband), § 2 Rn. 12; Breitkreuz, S. 32 f.; neuerdings Lenenbach, § 3 Rn. 3.4; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3; Kümpel 3, 17.47; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 23, 25; Mues, ZBB 2001, 353, 356 weist völlig zutreffend darauf hin, dass keines der gängigen Merkmale des Börsenbegriffes wirklich ausreichend ist um zu bestimmen, wann § 1 BörsG eingreifen soll. 33 Hoffmann, WM 2003, 2025, 2030; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3, 6; dezidiert Schlüter, Rn. 93 ff.; dagegen Kümpel 3, Rn. 17.49, 17.80, der zum Grundverständnis der Börse zählt, dass diese nicht selbst an den Geschäftsabschlüssen beteiligt ist. 34 Darauf weisen zu Recht Spindler, WM 2002, 1325, 1335; Breitkreuz, S. 36; Lenenbach, § 3 Rn. 3.5; Reuschle/Fleckner, BKR 2002, 617, 623 hin; wohl auch Hoffmann; WM 2003, 2025, 2030 (Fn. 49); Hammen, WM 2001, 929, 930; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3; a. A. Kümpel 3, 17.50 ff., der auf die bör-

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

Börsengesetzes umfasst, wenn ein Markt, der geringere Anforderungen an die Preisfeststellung als diejenigen im Börsengesetz enthaltenen aufstellt, allein deswegen nicht als Börse anzusehen wäre, somit gegen diese Veranstaltung auch nicht als ungenehmigte Börse vorgegangen werden könnte35. Kein konstituierendes Merkmal des Börsenbegriffs ist weiterhin die Beschränkung des Handels auf zugelassene Teilnehmer. Auch hier wird wiederum Tatbestand mit Rechtsfolge vertauscht. Dass heute der Handel (noch) auf zugelassene Handelsteilnehmer beschränkt ist, ist allein Folge der Anordnung in § 16 BörsG36. Jedoch zeigt gerade die jüngste Diskussion in der Wissenschaft um die Disintermediation im Börsenbereich37, dass diesem Merkmal keine konstituierende Wirkung zukommt. Auch bisher schon zählten die nicht zum Handel an der Börse zugelassenen Privatkunden zu den mittelbaren Marktteilnehmern38, die als Träger des Angebots- und Nachfragepotentials eine wesentliche Funktion auf dem Kapitalmarkt erfüllen. c) Insbesondere die Internalisierungssysteme der Börsen Die sog. Internalisierungssysteme der Börsen nehmen eine Sonderstellung ein. Sie werden an den verschiedenen Börsen unter unterschiedlichen Namen betrieben: in Frankfurt z. B. als XetraBest, in Düsseldorf als Quotrix oder in Berlin/Bremen als BestEx. Bei diesen Systemen lässt sich ein bereits an der Börse zugelassener Handelsteilnehmer als – im Beispielsfall von XetraBest – Best Executor registrieren und kann dann Kundenaufträge internalisieren, d. h. er darf Wertpapiergeschäfte „mit sich selbst“ ausführen39. Ein Kundenauftrag gelangt so im Regelfall40 nicht in das Xetra-Orderbuch. Bei XetraBest sind die Preise, zu denen das Geschäft ausgeführt senspezifische Preisqualität (aus der Qualität der Preisermittlung und der Neutralität des Börsenpreises) als Abgrenzungsmerkmal abstellt (17.58, im Unterschied zur Regulierung und staatlichen Kontrolle der Preisermittlung, die nur Rechtsfolgen seien, s. 17.55; völlig zutreffend dagegen Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3); ihm folgend Groß, Vorbem. BörsG Rn. 25; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 19; Schlüter, Rn. 50 ff., 57. 35 Instruktiv Lenenbach, § 3 Rn. 3.5. 36 So auch Reuschle/Fleckner, BKR 2002, 617, 624; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 3; Breitkreuz, S. 37 f.; wohl auch Wastl/Schlitt, WM 2001, 1702, 1705. 37 Vgl. Köndgen, in: FS Lutter, S. 1401, 1415 ff.; Merkt, G 41 ff. 38 Vgl. schon Nußbaum, § 1 BörsG Anm. II a, Kümpel 3, 8.265 ff. 39 Nach Hammen, WM 2002, 2129 ist Internalisierung die eigene Ausführung von Wertpapiergeschäften durch Banken, entweder durch Kommission mit Selbsteintritt nach § 400 HGB oder durch ein Festgeschäft. 40 Zu den Ausnahmen s. § 46a BörsO i. V. m. § 37c Abs. 5 GeschBed FWB und Köndgen/Theissen, WM 2003, 1497, 1504; allgemein auch Kümpel 3, 17.146 ff.; 10.125 ff. zur Funktionsweise von XetraBest.

A. Begriff der Börse

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wird, gem. § 37c Abs. 2 GeschBed FWB um mindestens einen Cent besser als die im Xetra-Orderbuch quotierten Preise. Nach bis zum Erlass des 4. FMFG herrschenden Verständnis erfüllten derartige Internalisierungssysteme nicht den Börsenbegriff, da man es entweder an dem Merkmal der Vielzahl von Teilnehmern scheitern ließ41 bzw. forderte, dass der Marktveranstalter nicht selbst an den Geschäftsabschlüssen beteiligt sein durfte42 oder da man als konstituierendes Merkmal eine Börsenpreisbildung unter Einschaltung von Maklern verlangte43. Angesichts der nunmehr geforderten wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Geschäftsabschlüsse an der Börse und der Einführung bilateraler Systeme bei einigen deutschen Börsen (EUREX, Handelsplattform XETRA der FWB) können diese Kriterien jedoch nicht mehr als ausschlaggebend gelten. Allerdings haben sich bisher noch keine neuen sicheren Abgrenzungskriterien herausgebildet. Nach Kümpel soll die Neutralität der Preisermittlung bei der Börse ausschlaggebend sein44. Allerdings räumt er an anderer Stelle ein, dass ATS ebenfalls hohe Qualitätsanforderungen an die Preisermittlung bieten können45, so dass dieses Merkmal keine rechtssichere Abgrenzung erlaubt. Die Zwitterstellung dieser Systeme folgt daraus, dass sie einerseits als Inhouse-Crossing-Systeme qualifiziert werden, da (bzw. solange) die Aufträge nicht ins Orderbuch der Börse weitergeleitet werden46. Andererseits erklärt beispielsweise die FWB ausdrücklich, dass Handel in XetraBest als Börsenhandel aufzufassen sei, da XetraBest integrierter Bestandteil der Handelsplattform XETRA sei47. Versteht man Börsenhandel ganz einfach als Handel an einer Börse48, so besteht keine Schwierigkeit, den Handel in den börsenangegliederten Internalisierungssystemen als Börsenhandel aufzufassen, spätestens dann, wenn der Auftrag tatsächlich in das Börsenorderbuch gelangt49. 41 So Spindler, WM 2002, 1325, 1334, der XetraBest als Inhouse-Crossing-System qualifiziert, das gerade nicht Angebot und Nachfrage einer Vielzahl von Teilnehmern zusammenführt; inkonsequenterweise ordnet er es sodann als börsenähnliche Einrichtung (S. 1337) ein, wofür aber das soeben genannte Erfordernis genauso vorzuliegen hat, vgl. § 59 BörsG. 42 So Kümpel 2, 17.33; auch heute noch Kümpel 3, Rn. 17.49, 17.80; Lenenbach, § 3 Rn. 3.4. 43 In diesem Sinne Hammen, WM 2002, 2129 f. 44 Kümpel 3, 17.58. 45 Kümpel 3, 17.60. 46 Spindler, WM 2002, 1325, 1327; Kümpel 3, 17.136. 47 Nachweise bei Kümpel 3, 17.147, 17.136 ff. 48 So wie Hammen, WM 2002, 2129, 2131 f., Börsengeschäfte schlicht als Geschäfte an einer Börse versteht.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

d) Zusammenfassung Feststehen dürfte, dass der Streit um die konstituierenden Merkmale des Börsenbegriffes wegen der Überschneidung der Begriffsmerkmale der Börse und der börsenähnlichen Einrichtung i. S. d. § 59 BörsG noch lange nicht ausgetragen ist und der weiteren Konkretisierung der Rechtsprechung und Praxis bedarf. Die Rückbesinnung auf die Intention des Gesetzgebers, welche Veranstaltungen er als Börse den Vorschriften der §§ 1 ff. BörsG unterworfen haben wollte, was immer wieder zur Begriffsbestimmung der Börse vorgeschlagen wurde50, scheint angesichts der Regelung der börsenähnlichen Einrichtung ebenfalls im BörsG nicht hilfreich zu sein. Allerdings ist die Schnittmenge zwischen dem materiellen Börsenbegriff und dem Begriff der börsenähnlichen Einrichtung nach § 59 BörsG überschaubar, so dass sich die rechtlichen Unsicherheiten auf ein erträgliches Maß reduzieren dürften. 2. Formeller Börsenbegriff Eine Börse im formellen Sinn liegt vor, wenn eine Marktveranstaltung, die den materiellen Börsenbegriff erfüllt, nach § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG genehmigt wurde51. Da das BörsG – mit Ausnahme seines § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG – für seine Anwendbarkeit von einer formell genehmigten Börse ausgeht52, ungenehmigte Börsen der Intention des Börsengesetzes zufolge unerwünscht und verboten sind53, beschränkt sich auch die vorliegende Untersuchung auf die formell in Deutschland genehmigten Börsen. 49 Im Unterschied zu denjenigen Internalisierungssystemen, die nicht an eine Börse angegliedert sind, z. B. dem „Price Improvement Service“ (PIP) der Deutschen Bank AG, s. Kümpel 3, 17.144, der allerdings konsequenterweise XetraBest nicht zum Börsenhandel rechnet. 50 So schon Göppert, S. 44 f., 46; Huber, S. 610; Kümpel, 17.33; Mues, ZBB 2001, 353, 356, schlägt eine Börsendefinition unter Berücksichtigung der Ordnungsaufgaben des BörsG vor, d. h. der ordnungsgemäßen Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung. Allerdings ist diese Abgrenzung auch nicht griffig, da in den börsenähnlichen Einrichtungen ein ordnungemäßer Handelsablauf ebenso garantiert werden soll. 51 So bereits Göppert, S. 50 f.; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 4; Breitkreuz, S. 28; Lenenbach, § 3 Rn. 3.3; zu Recht weist Huber, S. 619, darauf hin, dass es auch „nur formelle“ Börsen geben kann, die zwar die formelle Genehmigung erhielten, aber nicht die materiellen Voraussetzungen erfüllen. Für die derzeit in Deutschland existierenden Börsen trifft dies allerdings nicht zu. 52 s. die Feenpalast-Entscheidung des Preußischen OVG, Urt. v. 26.11.1898, PrOVGE 34, 315, 332 f.; ebenso Göppert, S. 47, 48 f.; Reuschle/Fleckner, BKR 2002, 617, 623; Breitkreuz, S. 28; unscharf Cohn, ZBB 2002, 365, 368.

A. Begriff der Börse

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Aufgrund der historischen Entwicklung existiert in Deutschland ein Regionalbörsensystem aus derzeit sieben registrierten Wertpapierbörsen54. Dies ist zunächst die Frankfurter Wertpapierbörse als Deutschlands bedeutendste55 Wertpapierbörse; weitere Börsen sind die Börse Berlin-Bremen56, die Börse Düsseldorf, die Börse München, die Baden-Württembergische Wertpapierbörse (Stuttgart), die Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg und die Börse Hannover. Daneben gibt es die EUREX Deutschland mit Sitz in Frankfurt, die zusammen mit der EUREX Zürich die größte Terminbörse der Welt darstellt. Warenbörsen großen Stils gibt es in Deutschland nicht mit Ausnahme der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig57. Zu nennen ist allerdings die Warenterminbörse in Hannover.

II. Russisches Recht Nach russischem Verständnis ist eine Börse ein organisierter Großhandelsmarkt, welcher der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage dient58. Charakteristisch seien eine rechtmäßige und dauerhafte Versammlung von Handelsakteuren an einem bestimmten Ort zum Abschluss von Handelsgeschäften, die an einem anderen Ort zu erfüllen seien59. Fast übereinstimmend wird in der Literatur eine Reihe von Kriterien als Indizien aufgezählt, woran man eine Börse erkennen könne. Spezielles Handelsobjekt sei beispielsweise die Börsenware, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie nur in großen Partien und nach vereinheitlichten, standardisierten Merkma53 Grundlegend die Feenpalast-Entscheidung des Preußischen OVG, Urt. v. 26.11.1898, PrOVGE 34, 315, 331 f. (1898); Merkt, G 83; Huber, S. 615. 54 Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 23; Lenenbach, § 3 Rn. 3.2 (Fn. 4); Claussen, § 9 Rn. 4; Kümpel 3, 17.1. Zu den Trägern s. Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 26; Breitkreuz, S. 50. 55 An der FWB werden etwa 85% des Umsatzes an den deutschen Börsen getätigt, s. Porträt der FWB in Internet unter http://deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/ s/CF44394FDADC1EDAEEDC742ED57FE9AE/de/kir/gdb_navigation/about_us/ 20_FWB_Frankfurt_Stock_Exchange/10_Profile. 56 Fusion der Wertpapierbörsen Berlin und Bremen mit Wirkung zum 21.03.2003, s. die Presseinformation im Internet unter http://www.berlinerboerse.de/news_pop up.html?ID_SEQUENCE=25483&debug=; a. Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 26. 57 Schwark/Schwark, KMRK, § 11 BörsG Rn. 1; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 33; s. a. Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 9, 10. Die vielerorts bestehenden Immobilien- oder Jobbörsen erfüllen mangels Fungibilität ihrer Güter nicht den (materiellen) Börsenbegriff. 58 So Belych/Vinic ˇ enko, S. 4, 5, 19; Rezgo/Ketova, S. 47, 49; Ljalin/Vorob’ev, S. 88. 59 Šeršenevic ˇ , S. 235.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

len (ohne physische Präsenz am Börsenort) gehandelt wird60. Daneben werden auch die Beteiligung von Börsenmittlern, die Existenz der Börse in großen Industrie- und Handelszentren, ein öffentlicher, transparenter und regulierter Handel nach einheitlichen Regeln mit standardisierten Kontrakten und die freie Preisbildung als Merkmale einer Börse erwähnt61. Gem. Art. 2 Pkt. 1 WaBBHG wird unter einer Warenbörse eine Organisation [. . .] verstanden, die einen Großhandelsmarkt (optovyj rynok) durch Organisation und Regulierung des Börsenhandels bildet. Dabei findet der Börsenhandel öffentlich, an einem vorher bestimmten Ort und zu einer vorher bestimmten Zeit nach Regeln statt, die die Börse selbst aufstellt. Da in dieser Definition alle begriffswesentlichen Merkmale einer Börse enthalten sind, könnte auch von einer Legaldefinition gesprochen werden62. Das WpMG definiert eine Wertpapierbörse in Art. 11 Pkt. 1 als Organisator des Handels auf dem Wertpapiermarkt. Gem. Art. 9 Abs. 1 WpMG ist unter der Organisation des Handels das Erbringen von Dienstleistungen zu verstehen, die unmittelbar dem Abschluss zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte über Wertpapiere unter den Teilnehmern des Wertpapiermarktes dienen. Damit liegt bei dieser Definition der Schwerpunkt auf der Intermediation beim Abschluss der Börsengeschäfte. Die Definition einer Wertpapierbörse ist zwar knapper gehalten als diejenige einer Warenbörse, jedoch enthält auch sie die begriffswesentlichen Merkmale, einen Handels mit Wertpapieren zu organisieren (was die Kriterien der standardisierten Verträge, des bestimmten Ortes und der bestimmten Zeit mit einschließt), weshalb auch bei Art. 11 Pkt. 1 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 WpMG von einer Legaldefinition gesprochen werden kann. Kaum thematisiert wird in der Literatur der elektronische Börsenhandel, obwohl es diesen auch in Russland gibt63. Die Gesetze erwähnen selbst in keiner Weise die Möglichkeit des elektronischen Handels, was für das Merkmal der Ortsgebundenheit bei der Definition einer Warenbörse in Art. 2 Pkt. 1 WaBBHG und das Merkmal der Intermediation beim Geschäftsabschluss an Wertpapierbörsen in Art. 9 Abs. 1 WpMG zumindest problematisch werden könnte64. Formell bedürfen Börsen sowohl einer staatlichen Registrierung als auch einer Genehmigung. 60

Galanov, in: Galanov/Basov, S. 20; Belych/Vinicˇenko, S. 5. s. Belych/Vinicˇenko, S. 5; Rezgo/Ketova, S. 45 f. 62 In der russischen Literatur wird dies allerdings nicht erwähnt. 63 Einzig Galanov, in: Galanov/Basov, S. 21 f., erwähnt zumindest, dass es auch elektronischen Börsenhandel gibt. 64 So auch Galanov, in: Galanov/Basov, S. 22. 61

A. Begriff der Börse

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Die Pflicht zur staatlichen Registrierung folgt bei Warenbörsen gem. Art. 2 Pkt. 1 WaBBHG aus der Tatsache, dass diese als Organisation „mit den Rechten einer juristischen Person“ definiert wird, eine juristische Person aber schon gem. Art. 51 ZGB einer Registrierungspflicht unterliegt. Wiederholt wird dies von Art. 11 Pkt. 1 WaBBHG. Die im Einzelnen an die Registrierung zu stellenden Anforderungen hängen damit zusammen, in welcher Rechtsform die Warenbörse gegründet wird65, da das WaBBHG im Unterschied zum WpMG die Rechtsform nicht zwingend vorschreibt66. Darüber hinaus ist gem. Art. 12 WaBBHG eine spezielle Genehmigung für den Handel an einer Warenbörse erforderlich. Eine Wertpapierbörse kann gem. Art. 11 Pkt. 2 WpMG nur in den Rechtsformen einer nichtkommerziellen Partnerschaft oder einer Aktiengesellschaft gegründet werden, die als juristische Personen gem. Art. 50, 51 ZGB ebenfalls registrierungspflichtig sind. Die Registrierung richtet sich im Einzelnen nach den für diese Organisationsformen einschlägigen Bestimmungen in dem Föderalen Gesetz „Über die nichtkommerziellen Organisationen“ vom 12.1.199667 und dem Föderalen Gesetz „Über die Aktiengesellschaften“ vom 26.12.199568. Nach Art. 39 Abs. 1 WpMG bedürfen alle professionellen Tätigkeiten im Bereich des Wertpapiermarktes, zu denen gem. Art. 9 WpMG auch der Betrieb einer Wertpapierbörse gehört, einer Genehmigung. Wegen der Besonderheiten des russischen Börsenrechts ist eine genaue Unterscheidung zwischen Waren-, Wertpapier- und Devisenbörsen nicht möglich69. Denn gem. Art. 1 Abs. 2 WaBBHG dürfen Warenbörsen auch 65

So auch Belych/Vinicˇenko, S. 27 f. In der Literatur wird insbesondere diskutiert, ob eine Warenbörse in Form einer kommerziellen oder nicht-kommerziellen Organisation gegründet werden darf. Diese Unterscheidung ist in Art. 50 ZGB angelegt. Aus Art. 14 Pkt. 3 WaBBHG folgt, dass die Mitgliedschaft in einer Warenbörse zu Dividendenzahlungen (als Gewinn) berechtigen kann, weshalb Belych/Vinicˇenko, S. 27, zu dem Schluss kommen, dass eine Warenbörse auch in Form einer kommerziellen Organisation gegründet werden darf. Ebenso Verfügung der Regierung der RF (postanovlenie pravitel’stva RF) v. 24.2.1994 Nr. 151 „O sborach za vydacˇu licenzii tovarnym biržam“ (Über die Gebühren für die Lizenzerteilung einer Warenbörse), Sobranie aktov Prezidenta i Pravitel’stva RF 1994, Nr. 10, Pos. 786. A.A. Avilina/Kozyr’, S. 26; Sojfer, S. 15. 67 Federal’nyj zakon RF v. 12.1.1996 Nr. 7-FZ „O nekommerc ˇ eskich organizacijach“, SZ RF 1996, Nr. 3, Pos. 145, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 28.12.2002, Nr. 185-FZ, SZ RF 2002, Nr. 52 (Teil 2), Pos. 5141. 68 Federal’nyj zakon RF v. 26.12.1995 Nr. 208-FZ „Ob akcionernych obšc ˇ estvach“, SZ RF 1996, Nr. 1, Pos. 1, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 2.12.2004 Nr. 153-FZ, SZ RF 2004, Nr. 49, Pos. 4852. 69 So auch Belych/Vinic ˇ enko, S. 7. 66

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

sog. Wertpapier- oder Devisenabteilungen unterhalten, was umgekehrt gem. Art. 11 Pkt. 4 WpMG auch für Wertpapierbörsen gilt. Auch gibt es keine Aufteilung zwischen Börsen für den Kassa- und solchen für den Terminhandel70. Die in Russland größte und damit wohl auch wichtigste Börse „micex“ (Moskauer Interbankendevisenbörse AG) handelt z. B. entgegen ihrer Benennung auch mit Wertpapieren und sogar Waren. Weitere wichtige Börsen sind die ebenfalls in Moskau angesiedelte RTS als vollelektronische Börse, die St. Petersburger Wertpapierbörse sowie zahlreiche gemischte Börsen in regionalen Zentren wie Ekaterinburg, Rostov oder Krasnojarsk71. III. Vergleich Der (materielle) Begriff der Börse ist in Deutschland und Russland im Wesentlichen gleich definiert als besonders organisierter Markt für fungible Wirtschaftsgüter. Die in der deutschen Literatur aufgrund der Einführung des Begriffes der elektronischen Handelssysteme nicht abreißende Diskussion um den materiellen Börsenbegriff wird in Russland nicht geführt, obwohl es dort ein vergleichbares Problem zumindest mit dem Merkmal der Ortsgebundenheit der Börse für Geschäftsabschlüsse in elektronischen Systemen geben dürfte. Da in Russland für das Betreiben einer Börse eine (formelle) Genehmigung und eine staatliche Registrierung notwendig sind, könnte man auch in Russland mit gutem Grund von einem formellen Börsenbegriff sprechen. Die formalen Anforderungen an die Errichtung einer Börse in Deutschland und Russland sind miteinander vergleichbar, wobei die Voraussetzungen in Russland mit dem Doppelerfordernis der Genehmigung und Registrierung strenger sind als in Deutschland, wo nur eine Genehmigung verlangt wird. Damit findet sich im russischen Regelungssystem der Börsen eine dem deutschen formellen und materiellen Börsenbegriff vergleichbare Aufteilung wieder, ohne dass diese so bezeichnet würde. Allerdings weicht die Börsenstruktur in beiden Ländern erheblich voneinander ab. Die Börsen in Deutschland sind von ihrem Handelsgegenstand her klar voneinander getrennt in Wertpapierbörsen, Warenbörsen und Terminbörsen. Diese Unterscheidung gilt nicht für Russland, wo sich eine Art gemischtes System etab70

s. Galanov, in: Galanov/Basov, S. 21; deutlich wird dies z. B. auch an Art. 8 WaBBHG. 71 Eine Liste der russischen Warenbörsen (Stand 16.10.2003) ist im Internet abrufbar unter http://www.maprf.ru/ru/control_birj/list_licenses/, eine Liste der russischen Wertpapierbörsen findet sich unter http://www.fcsm.ru/catalog.asp?ob_no= 3195.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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liert hat dergestalt, dass an einer Börse verschiedene Sektionen oder Abteilungen bestehen für je den Handel in Waren, Wertpapieren oder Terminkontrakten. In beiden Ländern werden im Ergebnis nur solche „Veranstaltungen“ offiziell als Börse anerkannt, die die formalen Anforderungen der jeweiligen Gesetze erfüllen. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich daher auf die in diesen Ländern formal anerkannten Börsen.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit In diesem Kapitel soll untersucht werden, wie allgemein Schiedsgerichtsbarkeit – auch im Unterschied zu anderen außergerichtlichen Methoden der Streitbeilegung – definiert wird und was in den beiden Rechtsordnungen genau unter dem Begriff der „Börsenschiedsgerichtsbarkeit“ verstanden wird. I. Schiedsgerichtsbarkeit 1. Deutsches Recht Unter Schiedsgerichtsbarkeit ist ein freiwilliges (privates) Streitbeilegungsverfahren zu verstehen, das anstelle der staatlichen Gerichte einen Rechtsstreit für die daran beteiligten Parteien verbindlich entscheidet72. Dies bedeutet, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts – der Schiedsspruch – nur mit den eingeschränkten Mitteln angegriffen werden kann, die das Buch 10 der ZPO in § 1059 ZPO zur Verfügung stellt; darüber hinaus stehen den Parteien keine Rechtsbehelfe zur Verfügung. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung der Schiedsgerichtsbarkeit von anderen Streitbeilegungsverfahren (oft auch ADR genannt – alternative dispute resolution73) ist somit, dass der Schiedsspruch keiner bzw. einer nur sehr eingeschränkten (vgl. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO – ordre public) sachlichen Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte unterliegt. 2. Russisches Recht Unter Schiedsgerichtsbarkeit wird in Russland ein Streitbeilegungsverfahren durch neutrale Schiedsrichter verstanden, deren Entscheidung für die 72

In diesem Sinne auch Schwab/Walter, Kap. 1 Rn. 1; Lionnet, S. 48; Schütze, Rn. 1 ff.; ähnlich Berger, S. 53. 73 Umfangreiche Nachweise zu den zahlreichen Verfahren bei Redfern/Hunter, 1–49 ff.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

Parteien verbindlich und endgültig ist74. Endgültig bedeutet, dass die Entscheidung der Schiedsrichter, der Schiedsspruch, nur noch im speziellen Aufhebungsverfahren für Schiedssprüche angefochten werden kann75, das im 7. Kapitel des IHSchG, 7. Kapitel des SchGG und 30. Kapitel des APK bzw. 46. Kapitel des ZPK geregelt ist. Letzteres Kriterium dient auch der Abgrenzung zu anderen alternativen Streitbeilegungsverfahren, die sich in Russland zunehmender Popularität erfreuen76. An dieser Stelle sei ein kurzer Hinweis zur russischen Terminologie erlaubt. Traditionell gibt es in Russland sog. staatliche Arbitragegerichte, die insbesondere für Wirtschaftssachen zuständig sind, mit Schiedsgerichten allerdings überhaupt nichts gemeinsam haben77. Seit Übernahme des MG in das IHSchG hat sich jedoch im russischen Recht der Terminus „arbitraž“ für solche Schiedsgerichte etabliert, die nach den Regeln des IHSchG tätig werden, weshalb hier besondere Vorsicht geboten ist. Sonst werden Schiedsgerichte üblicherweise als „tretejskie sudy“ bezeichnet, so auch im SchGG78. II. Börsenschiedsgerichte 1. Deutsches Recht a) Begriff Unter der Geltung des § 28 BörsG a. F. war es wegen der darin enthaltenen tatbestandlichen Anknüpfung an ein Börsenschiedsgericht erforderlich gewesen, diesen Begriff genau zu definieren79. Zwar knüpft die Nachfolgeregelung zu § 28 BörsG a. F., § 37h WpHG, nicht mehr an den Begriff des Börsenschiedsgerichts an. Da dies jedoch nichts an der faktischen Existenz der Börsenschiedsgerichte ändert, soll auf die bisherige Definition eines 74 s. Brunceva, S. 30 für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit auf russischem Boden; Jarkov/Jarkov, Art. 230 APK Pkt. 2, S. 508; Tarasov, S. 8; Lentz, S. 33 f. 75 Jarkov/Jarkov, Art. 230 APK Pkt. 2, S. 508. 76 s. Jarkov/Jarkov, APK, Vvedenie S. XII f.; Darstellung der verschiedenen, neben der Schiedsgerichtsbarkeit bestehenden Methoden bei Brunceva, S. 20 ff.; Tarasov, S. 146 ff. 77 „Arbitražnye sudy“; s. Brunceva, S. 30; Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 3, S. 9; ausführlich, auch zum historischen Hintergrund Märkl, S. 22 ff. 78 s. auch Vinogradova, avtoreferat, S. 16. 79 Zu dem Streit um die Bedeutung des § 28 BörsG a. F. s. unten viertes Kapitel C.IV.2.a)(2).

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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Börsenschiedsgerichts zurückgegriffen werden, um diese von Nicht-Börsenschiedsgerichten abzugrenzen. Der BGH verstand unter Börsenschiedsgerichten nur solche Schiedsgerichte, die den besonderen Bedürfnissen des Börsenverkehrs dienten und mit diesem in einem organischen Zusammenhang standen80. Einerseits musste es sich dabei nicht um ein Börsenorgan handeln; andererseits war nicht jedes Schiedsgericht, das zur Entscheidung von Streitigkeiten aus Börsengeschäften berufen wurde, schon wegen seiner Aufgabe ein Börsenschiedsgericht. Ein Börsenschiedsgericht lag vielmehr nur dann vor, wenn es aus Personen bestand, die mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit an der Börse zu Schiedsrichtern berufen waren. In der Literatur wurde teilweise vertreten, dass ein Börsenschiedsgericht jedoch nur dann vorliege, wenn die Vertragspartner zum Kreis der am Börsengeschäft Beteiligten gehörten81. Darunter seien nicht nur die Börsenteilnehmer, sondern auch die (Privat-)Kunden der Kreditinstitute und Makler zu verstehen82. (Privat-)Kunden gehören, da sie gem. § 16 Abs. 2 BörsG nicht zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassen werden dürfen, nicht zu den Handelsteilnehmern und sind daher auch nicht unmittelbar am Börsenhandel beteiligt83. Dennoch nehmen sie über die Auftragserteilung über ihre Banken mittelbar am Marktgeschehen teil. Aus dieser Sicht ist es gerechtfertigt, auch sie zu den am Börsengeschäft Beteiligten zu zählen. Dem Definitionsansatz eines Börsenschiedsgerichts unter Berücksichtigung der Vertragsparteien ist zuzugeben, dass man von einem derartigen Schiedsgericht sicherlich nur dann sprechen kann, wenn sowohl der Streitgegenstand als auch die Parteien und Schiedsrichter im weitesten Sinne aus dem „Börsenmilieu“ stammen. Man wird kaum ein Schiedsgericht als Börsenschiedsgericht ansehen, wenn es zwar mit Schiedsrichtern besetzt ist, die an der Börse tätig sind, die Parteien aber z. B. über eine Mietminderung wegen behaupteter Mängel der Mietsache streiten84. Allerdings wird ein solches Schiedsgericht wohl kaum das in der Definition des BGH verwendete Merkmal erfüllen, dass es „den Bedürfnissen des Börsenverkehrs 80 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249; die Definition des BGH geht zurück auf Nußbaum, § 28 BörsG Anm. II a; ebenso Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 1. 81 So Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 1. 82 Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 1. 83 Dazu sogleich genauer unter B.III.1. 84 Aus diesem Grund gibt es in der Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins der Hamburger Börse in § 9 Abs. 2 und § 27 eine Regel, wonach das Schiedsgericht eine Entscheidung ablehnen kann; außer dem Namen hat jedoch der Waren-Verein nichts mit einer Börse zu tun.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

diene“. Bei vorzugswürdiger Auslegung dieses Merkmals können auch die Vertragsparteien angemessen berücksichtigt werden, weshalb insgesamt der Definition des BGH zuzustimmen ist85. b) Abgrenzung zu anderen Gremien, insbesondere dem Ombudsmannverfahren der Banken Keine Börsenschiedsgerichte sind demnach Schiedsgerichte börsenähnlicher Veranstaltungen, Schiedsgerichte für Geschäfte in Wertpapieren, die nicht an einer Börse gehandelt werden, sowie Sachverständigenkommissionen, soweit sie eine schiedsrichterliche Tätigkeit nicht ausüben86. Nicht entscheidend ist dagegen, ob das Börsenschiedsgericht als Organ einer Börse begriffen wird oder nicht. Abzugrenzen ist das Börsenschiedsverfahren insbesondere auch vom sog. Ombudsmannverfahren der Banken, das erstmals 1992 von den privaten Banken eingeführt wurde, inzwischen aber auch von den öffentlichen Banken und Sparkassen übernommen wurde87. Der Ombudsmann entscheidet über Kundenbeschwerden der Banken nach einer speziellen Verfahrensordnung. Die Besonderheit des Ombudsmannverfahrens liegt darin, dass die Entscheidung des Ombudsmannes für den Privatkunden gar nicht, für die Bank nur bis zu einem Streitwert von derzeit e 5000 verbindlich ist88. Wegen dieser beschränkten Bindungswirkung des Schlichtungsspruches des Ombudsmannes wird zum Teil davon gesprochen, ihn als Schiedsrichter anzusehen89. M. E. ist dies jedoch abzulehnen, da gerade die sehr eingeschränkte Bindungswirkung des mit gutem Grund so genannten Schlichtungsspruches nicht mit einem Schiedsspruch gleichzusetzen ist, sich auch das an einen verbindlich gewordenen Schlichtungsspruch anschließende 85 Der vermeintliche Gegensatz entschärft sich zudem, berücksichtigt man die Regelung des § 37h WpHG, die – aus Gründen der subjektiven Schiedsfähigkeit – Privatkunden aus dem Kreis der Personen ausschließt, die einen Streitfall (vor seiner Entstehung) einem Börsenschiedsgericht übergeben können; genauer zu § 37h WpHG s. unten viertes Kapitel C.IV.2.a)(3). 86 Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 2; auch schon Steiner, S. 23; ein Beispiel ist der Gutachterausschuss zur Prüfung der Lieferbarkeit von Wertpapieren gem. § 49a BörsO FWB. 87 Die Seiten der jeweiligen Verbände sind im Internet abrufbar unter http:// www.bdb.de/ombudsmann (Privatbanken), http://www.voeb.de (öffentliche Banken), http://www.bvr.de (genossenschaftliche Banken). 88 Maßgeblich ist der jeweilige nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehene Höchstbetrag für vermögensrechtliche Klagen vor den Amtsgerichten, vgl. Nr. 4. (5) a) Verfahrensordnung, im Internet abrufbar unter http://www.bdb.de/pic/artikelpic/ 052003/0302-Verfahrensordnung.pdf. 89 Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 8.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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Verfahren (dem Kunden steht es immer frei, die ordentlichen Gerichte anzurufen) deutlich von dem Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO unterscheidet. Wegen der fehlenden Bindungswirkung des Schlichtungsspruches insbesondere für den Kunden ist das Ombudsmannverfahren daher nicht als Schiedsverfahren anzusehen90. c) Börsenschiedsgerichte als institutionelle Schiedsgerichte Von eher theoretischer Bedeutung ist die Unterscheidung, ob Börsenschiedsgerichte institutionelle oder ad hoc Schiedsgerichte (d. h. Gelegenheitsschiedsgerichte) sind. Für letzteres spricht, dass sie nur äußerst selten zusammentreten. Versteht man jedoch institutionelle Schiedsgerichte nicht dahingehend, dass ein feststehender Spruchkörper ständig existieren muss, sondern sieht das entscheidende Kriterium vielmehr darin, dass eine Verfahrensordnung zur Verfügung gestellt wird, der sich die Parteien in ihrer Schiedsvereinbarung unterwerfen91, dann sind auch die Börsenschiedsgerichte mit ihren Börsenschiedsordnungen als institutionelle Schiedsgerichte zu begreifen92. d) Börsenschiedsgerichtsbarkeit keine echte Schiedsgerichtsbarkeit? Nach Schlosser sind die an den deutschen Börsen eingesetzten Schiedsgerichte, die zuständig würden, ohne dass es die Parteien vereinbaren müssten, keine echten Schiedsgerichte93. Die Börsenordnungen und die auf ihrer Grundlage ergangenen allgemeinen Anordnungen hätten die Rechtsnatur öffentlich-rechtlicher Rechtsnormen. Deswegen sei die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichts nicht kraft Parteivereinbarung gegeben, sondern kraft objektiven Rechts. Wenn aber durch eine öffentlich-rechtlich strukturierte oder genehmigte Satzung ein Schiedsgericht vorgesehen sei, dessen Rechtsprechung die Parteien ohne privatautonomen Beitritt zu der Vereinigung unterliegen, handele es sich nicht mehr um Schiedsgerichtsbarkeit. Schlosser lässt dabei offen, ob er damit den Bereich des § 1066 ZPO anspricht. Die von ihm aufgeworfenen Fragen sind so komplex, dass ihnen in 90 Auch Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 8 möchte, obwohl er die Ombudsmänner als Schiedsrichter ansieht, beispielsweise § 37h WpHG nicht auf das Ombudsmannverfahren anwenden; wie hier Hoeren, NJW 1992, 2727, 2731. 91 So Schwab/Walter, Kap. 1 Rn. 10; s. a. Redfern/Hunter, 1–77. 92 Ausdrücklich Börsenschiedsgerichte zu den institutionellen Schiedsgerichten zählend Schwab/Walter, Kap. 1 Rn. 10. 93 Schlosser, Rn. 9 ff.; Stein/Jonas/Schlosser, vor § 1025 ZPO Rn. 4.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

einem eigenen Kapitel nachgegangen werden soll94. Zunächst soll der Hinweis genügen, dass zumindest die Geschäftsbedingungen der Börsen, die sog. Börsenusancen, in denen ebenfalls die Einsetzung der Börsenschiedsgerichte ausgesprochen wird, nach heute h. M. nicht mehr als objektives Recht angesehen werden und daher der Börsenschiedsgerichtsbarkeit nicht von vornherein der Charakter echter Schiedsgerichtsbarkeit abgesprochen werden kann95. 2. Russisches Recht Die Börsenschiedsgerichte an den russischen Börsen, meist „birževye arbitražnye komissii“ genannt, sind als Streitbeilegungsorgane „mit den Funktionen eines Schiedsgerichts“ ausgestattet96. Eine spezielle Legaldefinition gibt es nicht, was allerdings nicht weiter ins Gewicht fällt, da diese Schiedsgerichte keinerlei besonderen Regeln unterworfen sind im Verhältnis zu anderen Schiedsgerichten. Gem. Art. 3 Pkt. 2 SchGG gehören Börsenschiedsgerichte zu den institutionellen Schiedsgerichten, was jedoch ebenfalls dann gelten müsste, wenn das Börsenschiedsgericht nach den Regeln des IHSchG tätig wird. Neben den tatsächlich an einer Börse eingerichteten, „echten“ Börsenschiedsgerichten existieren in Russland noch weitere institutionelle Schiedsgerichte anderer Vereinigungen wie z. B. von NAUFOR97 oder der Assoziation der russischen Banken98, die in Konkurrenz zu den Börsenschiedsgerichten treten. So entscheidet nach Art. 2 Pkt. 2.1. der Ordnung über das Schiedsgericht der Vereinigung russischer Banken dieses Schiedsgericht vor allem über Streitigkeiten, die aus der Tätigkeit der Banken und anderer Kreditinstitute erwachsen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit andere Streitigkeiten ausgeschlossen wären. So kann das Schiedsgericht beispielsweise auch für einen Streit zwischen einem Broker und seinem Klienten 94 Thematisch betrifft dies das Problem, ob § 1066 ZPO auf die satzungsmäßigen Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen angewandt werden kann, s. unten drittes Kapitel B. 95 s. auch schon Steiner, S. 45: „Börsenschiedsgerichte sind keine Sondergerichte sondern echte Schiedsgerichte, auch wenn nach dem Wortlaut der Börsenordnung und Satzungen oft etwas anderes vermutet werden könnte.“; zur Rechtsnatur der Geschäftsbedingungen s. unten drittes Kapitel B.III.2.b)(1), viertes Kapitel B.I.1. 96 s. Art. 30 Pkt. 2 WaBBHG. 97 Nacional’naja associacia uc ˇ astnikov fondovogo rynka (nationale Vereinigung der Teilnehmer des Wertpapiermarktes), Internetadresse unter http://www.naufor.ru abrufbar. 98 Associacia rossijskich bankov, Internetadresse abrufbar unter http://www. arb.ru.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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angerufen werden, der aus einem an der Börse abgeschlossenen Geschäft herrührt. Die genauere Abgrenzung der Kompetenzen zwischen diesen verschiedenen Schiedsgerichten soll allerdings nicht in diesem Kapitel, sondern erst weiter unten untersucht werden99. III. Die am Börsenhandel Beteiligten Um aufzuzeigen, für welche Personen ein Börsenschiedsgericht potentiell zuständig sein kann, soll in diesem Abschnitt dargestellt werden, wer wie am Börsenhandel in Deutschland und Russland beteiligt ist. 1. Nach deutschem Recht Wertpapiertransaktionen beruhen im deutschen Recht nach wie vor auf dem Prinzip der Intermediation100, wie § 16 BörsG beweist. Denn zur Teilnahme am (direkten) Börsenhandel ist gem. § 16 Abs. 1 BörsG eine Zulassung durch die Geschäftsführung erforderlich, die nur erteilt wird, wenn der börsenmäßige Handel gewerbsmäßig betrieben wird (§ 16 Abs. 2 BörsG) und das Unternehmen, sollte es sich nicht um ein Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder ein nach § 53 Abs. 1 S. 1 bzw. § 53b Abs. 1 S. 1 KWG tätiges Unternehmen handeln, ein Eigenkapital von mindestens 50 000 e nachweist (§ 16 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BörsG). Daraus wird deutlich, dass Privatanleger nicht direkt am Börsenhandel beteiligt sind, sondern ihre Aufträge über ihre Kreditinstitute abwickeln müssen101. 2. Nach russischem Recht Gem. Art. 19 Pkt. 1 WaBBHG sind Teilnehmer des Börsenhandels an Warenbörsen nur die Mitglieder der Börse (Art. 14 WaBBHG) und die gem. Art. 21 WaBBHG zugelassenen Besucher. Nur Brokerfirmen, die entweder Mitglied der Börse oder Besucher sind, können nach Art. 20 Pkt. 1, Art. 21 99

s. unten viertes Kapitel B.II. Von einer dreistufigen Intermediation spricht Köndgen, in: FS Lutter, S. 1401, 1415; von einer zweistufigen dagegen Merkt, G 42; gemeint ist aber in beiden Fällen dasselbe: sie basiert zunächst auf einem Introducing Broker (in Deutschland zumeist ein Kreditinstitut) sowie als weiteren Intermediären den Börsenhändlern und der Börse, wozu weitere Subintermediäre wie Skontroführer, market makers oder specialists hinzutreten können. 101 Dementsprechend sind die meisten der an der Börse zugelassenen Unternehmen auch Kreditinstitute, vgl. Claussen, § 9 Rn. 8. 100

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

Abs. 2 i. V. m. Art. 9 WaBBHG unmittelbar am Börsenhandel teilnehmen. Damit gilt der Grundsatz der Intermediation gem. Art. 9 WaBBHG für den Handel an Warenbörsen. Einzige Ausnahme sind Mitglieder der Börse, die nicht gleichzeitig auch Broker sind, die jedoch gem. Art. 20 Pkt. 2 WaBBHG am unmittelbaren Börsenhandel dann teilnehmen dürfen, wenn sie mit realen Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln. Eine (Privat-)Person, die kein Recht auf Teilnahme am Börsenhandel als ein- oder mehrmaliger Besucher i. S. d. Art. 21 WaBBHG hat, kann daher nur unter Einschaltung eines Brokers am Börsenhandel teilnehmen102. Nach Art. 12 Abs. 1 WpMG können am Handel einer Wertpapierbörse nur Broker, Dealer und „Verwalter“103 teilnehmen. Andere Personen können nur über die erstgenannten Personen am Handel einer Wertpapierbörse teilnehmen, weshalb auch hier das Prinzip der Intermediation verwirklicht ist104. IV. Die Schiedsregeln der Börsen Hier sollen exemplarisch die Börsenschiedsgerichtsordnungen vorgestellt werden, die in der Praxis in Deutschland bzw. Russland die wohl größte Bedeutung haben. In Deutschland ist dies die Schiedsgerichtsordnung der FWB (im Folgenden SchGO FWB), in Russland das Statut (položenie) und die Schiedsgerichtsordnung (reglament) der Schiedskommission der Moskauer Interbankenvalutabörse AG (abgekürzt micex) (im Folgenden Statut und SchGO micex). Anzumerken ist, dass die Regelungen der verschiedenen Börsenschiedsgerichtsordnungen in Deutschland bis auf kleinere Abweichungen aneinander angeglichen sind. 1. Die SchGO der FWB Nach § 1 SchGO FWB105 werden Streitigkeiten aus Wertpapiergeschäften, die in das EDV-System der Börsengeschäftsabwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse eingegeben wurden oder einzugeben waren, einschließlich 102

s. Belych/Vinicˇenko, S. 128 f. „Upravljajušcˇij“ – nach Art. 5 Abs. 1, 2 WpMG eine juristische Person, die entgeltlich im eigenen Namen treuhänderisch Wertpapiere und Gelder Dritter verwaltet. 104 Ebenso Belych/Vinic ˇ enko, S. 129. 105 Im Internet ist die SchGO FWB unter http://www1.deutsche-boerse.com/ INTERNET/EXCHANGE/zpd.nsf/PublikationenID/HAMN-52FAMH/$FILE/ FWB14-99-09-01-NeueR.pdf?OpenElement abrufbar. Die SchGO der Münchner Börse ist unter http://www.boerse-muenchen.de/ (Börse München " Regelwerk " Schiedsgerichtsordnung) zu finden, die der Stuttgarter Börse unter http://www. boerse-stuttgart.de/pdf/dt/schiedsgerichtsordnung.pdf. 103

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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der Frage, ob zwischen den Parteien ein Geschäft zustande gekommen ist, vom Schiedsgericht der Frankfurter Wertpapierbörse entschieden, sofern von den Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde106. § 2 SchGO FWB regelt Fragen der Bildung und Besetzung des Schiedsgerichts. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 SchGO FWB entscheidet das Schiedsgericht in der Besetzung mit zwei Beisitzern und einem Vorsitzenden, wobei gem. § 2 Abs. 2 S. 1 SchGO FWB jede Partei einen Beisitzer benennt. Als Beisitzer ist geeignet, wer entweder als Börsenhändler für ein an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassenes Unternehmen zugelassen ist oder war oder eine Person i. S. d. § 7 Abs. 4 Nr. 1 BörsG ist, sofern sie über die für das börsenmäßige Wertpapiergeschäft notwendige berufliche Eignung verfügt (§ 2 Abs. 1 S. 2 SchGO FWB). Die Beisitzer bestimmen gem. § 2 Abs. 2 S. 2 SchGO FWB den Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muss und über ausreichende Erfahrung im Börsen- und Wertpapiergeschäft verfügen soll. Er muss entweder die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 erfüllen oder in einer von der Geschäftsführung erstellten Liste geeigneter Personen aufgeführt sein. Gem. § 3 SchGO FWB bestimmt das Schiedsgericht den Gang des Verfahrens selbst, wobei im Übrigen die Vorschriften des Buches 10 der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren sinngemäß Anwendung finden. Die subsidiäre Geltung der §§ 1025 ff. ZPO ist allerdings auch schon in § 49 Abs. 2 BörsO FWB angeordnet107. Nach § 4 SchGO FWB darf ein Mitglied der Geschäftsführung bei den Verhandlungen anwesend sein. Weitere, für das Börsenschiedsverfahren wichtige Regelungen finden sich noch außerhalb der SchGO beispielsweise in der BörsO der FWB. Nach § 49 Abs. 1 BörsO entscheidet über Streitigkeiten [. . .] ein Schiedsgericht mit Sitz in Deutschland nach deutschem Recht. 2. Das Statut und die SchGO der Schiedskommission der micex Das Statut der Schiedskommission der micex108 regelt in erster Linie Statusfragen der Schiedskommission und allgemeinere Organisationsfragen wie 106

Eine ähnliche Formulierung enthält bereits § 49 Abs. 1 BörsO FWB. Dies gilt generell für fast alle BörsO, vgl. § 48 Abs. 3 BörsO München, § 58 Abs. 2 BörsO Stuttgart, § 68 Abs. 3 BörsO Düsseldorf, § 44 Abs. 2 BörsO Hamburg, § 44 Abs. 2 BörsO Hannover. 108 Položenie ob Arbitražnoj komissii pri zakrytom akcionernom obšc ˇ estve „MMVB“ (Stand 29.12.2004), im Internet abrufbar unter http://www.micex.ru/ off-line/legaldocs/legal_document_372.doc. 107

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

etwa den Ort der Schiedskommission und die Anforderungen an die Schiedsrichter, während die SchGO der micex109 im Wesentlichen Bestimmungen über die Durchführung des Schiedsverfahrens enthält. Dabei sind die Bestimmungen grundsätzlich so formuliert, dass sie sowohl den Bereich des IHSchG als auch denjenigen des SchGG abdecken. Es wurden also keine zwei verschiedenen Statute bzw. SchGO für die beiden unterschiedlichen Anwendungsbereiche der russischen Schiedsgesetze erlassen, was im Interesse einer Vereinfachung und Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen sicherlich zu begrüßen ist. Nach Art. 2 Pkt. 1 des Statuts entscheidet die Schiedskommission über Streitigkeiten aus Rechtsgeschäften oder Operationen auf dem Devisenmarkt, dem Wertpapiermarkt, dem Markt der abgeleiteten Finanzinstrumente (Derivative), anderen Segmenten des Finanzmarkts sowie den Warenmärkten ebenso wie über Streitigkeiten aus dem elektronischen Dokumentenverkehr und über andere bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten, welche Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein können110. Die wortgleiche Regelung enthält Art. 2 Pkt. 1 der SchGO. Nach Art. 4 Pkt. 1 des Statuts kann Schiedsrichter grundsätzlich eine beliebige natürliche Person russischer oder anderer Staatsangehörigkeit sein, die des Russischen mächtig ist, ihr schriftliches Einverständnis mit der Bekleidung des Schiedsrichteramts erklärt ist, nicht am Ausgang des Verfahrens interessiert ist und eine qualifizierte, objektive und unparteiliche Entscheidung des Streits gewährleistet. Gem. Art. 4 Pkt. 3 des Statuts dürfen allerdings Personen, die nach den Gesetzen der Russischen Föderation nicht Schiedsrichter sein können, dieses Amt bei der Schiedskommission nicht ausfüllen111. In Art. 14 Abs. 2 des Statuts ist festgelegt, dass sich der Ort der Schiedskommission in Moskau befindet. Art. 7 Pkt. 2 und 3 des Statuts zeigen nun, dass sich die Gesetzgeber des Statuts bewusst waren, dass auf das Schiedsverfahren unterschiedliche in109 Reglament tretejskogo razbiratel’stva Arbitražnoj komissii pri zakrytom akcionernom obšcˇestve „MMVB“ (Stand 29.12.2004), im Internet abrufbar unter http://www.micex.ru/off-line/legaldocs/legal_document_374.doc. 110 Zu diesem weiten Kompetenzbereich der Börsenschiedsgerichte schon Vinogradova, avtoreferat, S. 27. 111 Im Bereich des IHSchG finden sich kaum zwingende Anforderungen an die Person des Schiedsrichters abgesehen vom Gebot der Unparteilichkeit in Art. 12 Pkt. 1 IHSchG. Dagegen ist Art. 8 SchGG eine ganze Reihe zwingender Anforderungen an die Person des Schiedsrichters zu entnehmen. Gem. Art. 8 Pkt. 2 SchGG muss ein Einzelschiedsrichter bzw. der Vorsitzende eines Kollegialschiedsgerichts z. B. über einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften verfügen. Interessant ist auch Art. 8 Pkt. 5 SchGG, der vorbestrafte Personen als Schiedsrichter verbietet.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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nerstaatliche Gesetze anwendbar sein können. In Art. 7 Pkt. 1 Abs. 2 des Statuts wird insbesondere das IHSchG erwähnt sowie die im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit geltenden internationalen Verträge. Gem. Art. 8 des Statuts können die Parteien auch ein Schlichtungsverfahren vereinbaren. Wenn die Vereinbarung jedoch nur vorsieht, dass der Streit von der Schiedskommission entschieden werden soll, ist dies als (echte) Schiedsvereinbarung auszulegen. Art. 9 Pkt. 1 des Statuts bestimmt, dass die Schiedskommission die Streitigkeiten nach dem anwendbaren materiellen Recht der Russischen Föderation entscheidet unter Berücksichtigung der Vertragsbedingungen und der Gewohnheiten und Bräuche im entsprechenden Bereich der unternehmerischen Beziehungen. Die SchGO enthält in Art. 3 die Anforderungen an die Schiedsvereinbarung, die im Wesentlichen die Bestimmungen der Schiedsgesetze wiederholen. Art. 3 Pkt. 1 SchGO micex sieht vor, dass die Schiedskommission nur zuständig ist, wenn die Parteien eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben. Die folgenden Punkte regeln Näheres zur Form und der Art und Weise des Abschlusses der Schiedsvereinbarung. Art. 4 SchGO micex bestimmt das anwendbare Recht unter Rekurs auf die beiden russischen Schiedsgesetze. Art. 5 enthält nähere Anforderungen an die Schiedsrichter, z. T. unter Wiederholung von Art. 4 des Statuts. In Art. 6 SchGO micex sind die Regeln für das schiedsrichterliche Verfahren festgelegt; Art. 7 SchGO sieht Russisch grundsätzlich als Verfahrenssprache vor. Art. 9 und 10 SchGO micex stellen Anforderungen an die für das Schiedsverfahren einzureichenden Dokumente. Die weiteren Regelungen der SchGO betreffen die Gebühren (Art. 16), das fakultative vorgerichtliche Schlichtungsverfahren (Art. 17), die Modalitäten der Klageerhebung (Art. 11–15), die Benachrichtigung des Beklagten (Art. 19), die Formierung der Schiedskommission (Art. 20), die Vorbereitung des Verfahrens (Art. 21 ff.), die Durchführung des Verfahrens (Art. 27 ff.) und die Beendigung des Verfahrens durch den Schiedsspruch oder eine gütliche Vereinbarung (Art. 43 ff.) 112. V. Vergleich Der Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit ist in beiden Ländern übereinstimmend definiert als privates, freiwilliges, bindendes und damit grundsätzlich endgültiges Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten durch ein unabhängiges, drittes Gremium113. 112

s. hierzu unten fünftes Kapitel B.III.2.

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2. Kap.: Grundlegende Begriffe

Auch der Kreis der an den deutschen und russischen Börsen unmittelbar agierenden Personen gleicht sich noch, da beide Institutionen nach dem Prinzip der Intermediation aufgebaut sind, was bedeutet, dass nur speziell zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassene Personen direkt an der Börse handeln dürfen. Privatanleger gehören daher nach beiden Rechtsordnungen nicht zum unmittelbaren Kreis der am Börsengeschäft Beteiligten. Einzigartig ist allerdings die Stellung der Kreditinstitute im deutschen Recht, da ein Privatanleger in Deutschland in der Regel nur über seine „Hausbank“ Börsengeschäfte abwickeln kann. Dagegen kann sich in Russland der Privatanleger direkt an einen Broker der Börse wenden, ohne zwingend vorher sein Kreditinstitut einschalten zu müssen. Allerdings enden damit die Übereinstimmungen, denn sobald es in den Bereich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit geht, treten einige wesentliche Unterschiede zu Tage. Schon allein durch ihre bloße Länge unterscheiden sich die Schiedsgerichtsordnungen der deutschen und russischen Börsen. Die deutschen Börsenschiedsgerichtsordnungen enthalten ausführliche Regelungen nur zur der Frage, welche Art von Streitigkeiten das Schiedsgericht zu entscheiden hat und welche Anforderungen an die Schiedsrichter zu stellen sind, und verweisen im Übrigen auf die Bestimmungen der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren. Dadurch umfasst die SchGO der FWB kaum mehr als eine Seite. Ganz anders geht die russische Regelungstechnik vor. Hier werden prinzipiell alle Fragen des schiedsrichterlichen Verfahrens in den schiedsrichterlichen Regelwerken genau behandelt, wobei nicht scharf zwischen sog. allgemeinen Statusfragen und Verfahrensfragen unterschieden wird. Dies drückt sich in zwei verschiedenen Dokumenten aus, dem Statut (grundsätzlich für Statusfragen) und der Schiedsgerichtsordnung (prinzipiell für Verfahrensfragen). Wegen der beiden unterschiedlich geltenden Schiedsgesetze finden sich in den Schiedsregeln der russischen Börse z. T. auch unterschiedliche Regelungen je nachdem, in welchen Anwendungsbereich der Streit fällt. Deutlich wird dies z. B. in Art. 3 Pkt. 3 SchGO, der für den Fall der Eröffnung des Anwendungsbereichs des IHSchG den Abschluss der Schiedsvereinbarung durch rügelose Einlassung auf die Schiedsklage vorsieht und damit Art. 7 Pkt. 2 S. 2 IHSchG wiederholt114. Grundsätzlich aber sind die 113

Damit stimmt dieses Verständnis auch mit dem international vorherrschenden Verständnis von Schiedsgerichtsbarkeit überein, s. UN-Doc. A/CN.9/216, para. 17 (Holtzmann/Neuhaus, S. 157); Redfern/Hunter, 1-04. 114 Daraus könnte im Anwendungsbereich des SchGG argumentum e contrario der Schluss gezogen werden, dass dies dort nicht zulässig ist. Dies wird nachfolgend im vierten Kapitel C.V.4.c) und C.V.5.b) untersucht.

B. Börsenschiedsgerichtsbarkeit

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Regelungen so formuliert, dass sie beide möglichen Konstellationen, d. h. den Anwendungsbereich des IHSchG und des SchGG abdecken. Der Vorteil der russischen Technik ist, dass die Parteien im Streitfall alle wichtigen Schritte des Schiedsverfahrens dem Statut bzw. der SchGO entnehmen können, während bei der deutschen Technik ein Blick in die SchGO dafür nicht ausreichen dürfte. Hier muss dann vielmehr das Gesetz hinzugezogen werden. Andererseits birgt eine sehr ausführliche Regelung die Gefahr, in Widerspruch zu den zwingenden Normen des Gesetzes zu geraten. Dies zu untersuchen ist allerdings nicht Gegenstand dieses Kapitels, sondern der folgenden. Ein weiterer sehr bedeutsamer Unterschied ist hinsichtlich der Kompetenz des Börsenschiedsgerichts festzustellen. Nach § 1 SchGO FWB ist das Börsenschiedsgericht der FWB nur zuständig für Streitigkeiten aus Geschäften, die in die Börsengeschäftsabwicklung eingegeben wurden oder einzugeben waren. Dies betrifft lediglich den engen Kreis der direkt an der Börse abgeschlossenen Geschäfte, nicht dagegen etwa das Verhältnis zwischen Kunde und Kreditanstalt. Nach Art. 2 Pkt. 1 Statut micex kann die Schiedskommission der micex dagegen sowohl Streitigkeiten aus „Börsengeschäften“ im weitesten Sinn als auch andere bürgerlich-rechtliche Streitgkeiten entscheiden. Dies bedeutet, dass sie auch für Streitigkeiten zwischen Broker und Kunden angerufen werden kann115. Festzuhalten ist damit, dass der potentielle Zuständigkeitsumfang russischer Börsenschiedsgerichte wesentlich größer ist als der deutscher Börsenschiedsgerichte. Dennoch sind in der russischen Börsenschiedspraxis nicht mehr Streitigkeiten zu beobachten als in der deutschen.

115

s. Vinogradova, avtoreferat, S. 27, 29.

Drittes Kapitel

Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund statutarischer Schiedsklauseln Als Grundform der Zuständigkeitserlangung eines Schiedsgerichts ist nach den völkerrechtlichen Verträgen und dem nationalen Recht grundsätzlich der Abschluss einer (zweiseitigen oder individuellen) Schiedsvereinbarung vorgesehen. Jedoch gibt es auch Schiedsgerichte, die ihre Kompetenz nicht aus jener zweiseitigen Schiedsvereinbarung, sondern aus einem normativen Rechtssatz im weitesten Sinn ableiten. Darunter sind insbesondere satzungsmäßige Schiedsklauseln in Regelungswerken von Organisationen zu verstehen, wie sie z. B. auch in den Regelwerken der deutschen und russischen Börsen zu finden sind. In diesem Kapitel soll nun untersucht werden, ob insbesondere die Börsenschiedsgerichte ihre Kompetenz allein schon aus diesen satzungsmäßigen Schiedsklauseln ableiten und so eine individuelle Schiedsvereinbarung zwischen den Teilnehmern des Börsenverkehrs entbehrlich machen. Im Zusammenhang damit ist auch auf die Frage einzugehen, ob derartige Schiedsgerichte aufgrund ihrer Zuständigkeitserlangung durch eine satzungsmäßige Schiedsklausel als verbindliche bzw. zwingende Schiedsgerichte und damit nicht mehr als sog. „echte“ Schiedsgerichte qualifiziert werden können1.

A. Russisches Recht Im russischen Recht werden sog. verbindliche Schiedsgerichte (objazatel’nye tretejskie sudy) von den herkömmlichen „freiwilligen“ Schiedsgerichten unterschieden2. Letztere erlangen ihre Zuständigkeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, während erstere ihre Zuständigkeit aus Gesetz, einem internationalen Vertrag oder einem anderen normativen Akt ableiten, der für die Parteien verbindliche Kraft besitzt3. 1

Dazu schon oben Schlosser, zweites Kapitel B.II.1.d). s. allgemein Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 2 (1), S. 639; dies., avtoreferat, S. 11; Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 214; Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 516 (sog. zwingende Schiedsgerichtsbarkeit). 3 s. Vinogradova, avtoreferat, S. 11, 16; Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 3 SchGG Pkt. 2, S. 21; Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 516. 2

A. Russisches Recht

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I. Verbindliche Einsetzung von Schiedsgerichten durch Art. 30 WaBBHG und Art. 15 WpMG? Im Zusammenhang mit den Börsen wird insbesondere diskutiert, ob Börsenschiedsgerichte als derartige verbindliche Schiedsgerichte zu qualifizieren sind, weil sie in Art. 30 WaBBHG und Art. 15 WpMG, also durch Gesetz vorgesehen seien4. Nach Art. 30 Pkt. 1 WaBBHG werden Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Abschluss von Börsengeschäften von der Börsenschiedskommission, einem (ordentlichen) Gericht oder einem (staatlichen) Arbitragegericht entschieden. Nach Art. 30 Pkt. 2 WaBBHG wird eine Börsenschiedskommission als ein Organ geschaffen, das Streitigkeiten der Parteien schlichtet oder andere Funktionen eines Schiedsgerichts erfüllt. Art. 30 Pkt. 3 WaBBHG bestimmt schließlich, dass das Statut der Börsenschiedskommission und die schiedsrichterlichen Verfahrensregeln von der Börse in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen bestätigt werden. Nach Art. 15 WpMG werden Streitigkeiten zwischen den Handelsteilnehmern der Wertpapierbörse untereinander sowie zwischen den Handelsteilnehmern der Wertpapierbörse und ihren Klienten von den ordentlichen Gerichten, den (staatlichen) Arbitragegerichten oder Schiedsgerichten entschieden5. Eine den Bestimmungen des Art. 30 Pkt. 2 und 3 WaBBHG entsprechende Regelung fehlt im WpMG. Aus den unterschiedlichen Formulierungen der Gesetze ist prinzipiell kein praktischer Unterschied hinsichtlich der Einsetzung der Schiedsgerichte ableitbar6. Allerdings ist mehr als fraglich, ob dem Gesetzeswortlaut eine zwingende Streitentscheidung durch Schiedsgerichte entnommen werden kann. Dagegen spricht, dass neben den Schiedsgerichten in Art. 30 Pkt. 1 WaBBHG und Art. 15 WpMG auch noch die ordentlichen Gerichte und die Arbitragegerichte aufgezählt werden, so dass die Streitentscheidung durch die Schiedskommissionen fakultativ neben der Streitentscheidung durch die staatlichen Gerichte steht7. Dies stimmt auch mit Art. 11 ZGB 4

So Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 3 SchGG Pkt. 2, S. 21. Die offizielle Überschrift des Art. 15 WpMG lautet „Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Handel mit Wertpapieren an der Wertpapierbörse“. 6 Ebenso Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 3 SchGG Pkt. 2, S. 22; nach der Meinung des Autors kann allenfalls eine etwas weitere Kompetenz einer Schiedskommission an einer Wertpapierbörse angenommen werden, da die Formulierung des Art. 15 WpMG nicht wie Art. 30 Pkt. 1 WaBBHG auf den Abschluss des Börsengeschäfts abstellt und daher auch die Erfüllung derartiger Geschäfte erfassen kann. 7 Im russischen Text ist ein „oder“ zwar nicht enthalten, eine andere Interpretation ergibt jedoch keinen Sinn. 5

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3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

überein, wonach zivilrechtliche Rechte entsprechend den Zuständigkeitsregeln der Prozessgesetze von den ordentlichen Gerichten, den Arbitragegerichten oder Schiedsgerichten geschützt werden. Zudem ordnet zumindest Art. 30 WaBBHG an, dass die Schiedsregeln der Börsenschiedskommission in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen erlassen werden müssen, womit die Schiedsgesetze gemeint sind. Dort ist allerdings an keiner Stelle die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts ohne Schiedsvereinbarung vorgesehen. Daher sind auch Art. 30 WaBBHG und Art. 15 WpMG nicht in dem Sinne zu interpretieren, dass sie zwingend die Streitentscheidung durch Schiedskommissionen an den Börsen vorsehen und so eine Schiedsvereinbarung entbehrlich machen8. Sie erklären vielmehr deklaratorisch, dass Streitigkeiten aus an der Börse abgeschlossenen Geschäften auch von einer Schiedskommission entschieden werden können, sofern eine solche von der Börse eingerichtet wurde und die Parteien eine entsprechende Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben. II. Verbindliche Schiedsgerichte in den Regelwerken der Börsen? Des Weiteren wird in der russischen Literatur diskutiert, ob solche Schiedsgerichte, deren Zuständigkeit in den Regelwerken der Börsen für Streitigkeiten der Mitglieder untereinander oder der Mitglieder mit der Börse vorgesehen ist, als verbindliche Schiedsgerichte anzusehen sind9. Aus Art. 1 Spiegelstrich 10 Statut micex folgt beispielsweise, dass ein Teil der dort aufgezählten Streitigkeiten zu dieser Kategorie gerechnet werden kann. Dennoch werden derartige Schiedsgerichte von der wohl h. M. nicht als verbindliche Schiedsgerichte betrachtet, da auch bei ihnen Grundlage der Zuständigkeit eine Vereinbarung ist und nicht ein normativer Rechtsakt10. Denn die Aufnahme einer Schiedsklausel in den Gründungsvertrag oder die Satzung einer solchen Organisation stelle einen mehrseitigen Vertrag dar, womit das vertragliche Element überwiege und von einer normativen Anordnung eines Schiedsgerichts nicht gesprochen werden könne11. Zwar ist der vertragliche Charakter einer derartigen Klausel in den Gründungsdokumenten einer Organisation nicht ganz unbestritten12. Jedoch fällt 8

I. E. ebenso Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 3 SchGG Pkt. 2, S. 22. So insbesondere Vinogradova, avtoreferat, S. 11, 27 ff., die diesen Typ Schiedsgericht als solchen „geschlossenen Typs“ qualifiziert („tretejskij sud zakrytogo tipa“). Diese Einteilung hat sich jedoch, soweit ersichtlich, in der russischen Literatur nicht durchsetzen können. 10 Vinogradova, avtoreferat, S. 11, 28. 11 Vinogradova, avtoreferat, S. 28. 9

A. Russisches Recht

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auch nach der Gegenmeinung eine solche Klausel nichtsdestotrotz in den Anwendungsbereich der Regelungen über Schiedsvereinbarungen, da der vertragliche Charakter des die Schiedsklausel enthaltenden Dokuments nicht entscheidend sei13. Damit wird gleichzeitig deutlich gemacht, dass in statutarischen Schiedsklauseln vorgesehene Schiedsgerichte nicht zu den sog. verbindlichen Schiedsgerichten zu zählen sind, da mit den zitierten Bestimmungen des UNÜ und des MG (Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. 7 Abs. 2 MG) immer nur ein sog. „freiwilliges“ Schiedsgericht gemeint ist, d. h. ein Schiedsgericht, dessen Zuständigkeit auf dem freien Willen der Parteien beruht. Da es im Ergebnis nicht auf die Qualifizierung der statutarischen Schiedsklausel als vertraglich oder nicht vertraglich ankommt, kann dieser Streit dahingestellt bleiben. Die Gefahr einer solchen Klausel ist nach russischem Recht allerdings eine ganz andere. Denn oft bindet sie nur die Gründungsmitglieder untereinander, nicht aber die Organisation selbst, da letztere zum Zeitpunkt der Formulierung der Klausel noch nicht existiert. Daher bedarf es sorgfältiger Prüfung, wer tatsächlich von einer statutarischen Schiedsklausel erfasst ist. Soll auch die Organisation selbst, d. h. z. B. die Börse, an die Schiedsklausel gebunden sein, ist es nach russischem Verständnis oft notwendig, erneut einen Schiedsvertrag zwischen den Mitgliedern und der Gesellschaft abzuschließen14. III. Zusammenfassung Festgehalten werden kann damit, dass nach ganz übereinstimmender Meinung in der russischen Literatur nur solche Schiedsgerichte zu den aufgrund eines Gesetzes oder internationalen Vertrags verbindlich angeordneten gezählt werden, die ihre Zuständigkeit aus der Moskauer Konvention von 1972 ableiten15. Börsenschiedsgerichte gehören dagegen nicht dazu, auch wenn sie teilweise schon in den Gründungsdokumenten der Börse für die Entscheidung bestimmter Streitigkeiten vorgesehen sind. Auf die Qualifizierung der statutarischen Schiedsklauseln als vertraglich oder nicht-vertraglich kommt es dagegen nicht an, da beide Ansichten i. E. dieselben Bestimmungen darauf anwenden. 12 So insbesondere hinsichtlich von Schiedsklauseln in den Satzungen von (russischen) AGs Karabel’nikov, 1–68, 1–70. 13 Karabel’nikov, 1–68, 1–70, 1–71; dies gelte gleichermaßen im nationalen wie internationalen Rechtsverkehr. 14 Karabel’nikov, 1–73; Zykin, ChiP 1995, Nr. 5, S. 99, 103 f.; Märkl, S. 87. 15 Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 18 SchGG, S. 75 Fn. 2; dies., in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 2 (1), S. 639; Butler, in: FS Boguslavskij, S. 213, 214; Bardina, MKA 2004, Nr. 2, S. 4, 6; Rozenberg, Meždog, S. 11, 12.

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3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO In den Regelwerken aller deutschen Börsen finden sich Klauseln, in denen die Entscheidung über Streitigkeiten aus Geschäften, die in die Börsengeschäftsabwicklung der jeweiligen Börse eingegeben wurden oder einzugeben waren, einem Schiedsgericht überantwortet wird. Derartige Klauseln sind zunächst in den jeweiligen Börsenordnungen enthalten16, die ihrerseits wiederum auf die Schiedsgerichtsordnungen verweisen. In § 1 der Schiedsgerichtsordnungen ist zumeist geregelt, dass Streitigkeiten aus Wertpapiergeschäften, die in das EDV-System der Börsengeschäftsabwicklung der jeweiligen Börse eingegeben wurden oder einzugeben waren, einschließlich der Frage, ob zwischen den Parteien ein Geschäft zustande gekommen ist, vom Börsenschiedsgericht entschieden werden, sofern von den Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde17. Zuletzt enthalten auch die Geschäftsbedingungen oder Börsenusancen die Anordnung eines Schiedsgerichts für Streitfälle18. Wenn diese Klauseln bereits ausreichen, um die Zuständigkeit eines Börsenschiedsgerichts verbindlich festzulegen19, wäre eine individuelle Schiedsvereinbarung i. S. d. §§ 1029 ff. ZPO entbehrlich. Gem. § 1066 ZPO gelten die §§ 1025 ff. ZPO entsprechend für Schiedsgerichte, die durch eine nicht auf einer Vereinbarung beruhenden Verfügung angeordnet werden. Da Börsenschiedsgerichte auch als Verbandsschiedsgerichte bezeichnet wurden20 und die Verbandsschiedsgerichtsbarkeit der klassische Anwendungsfall des § 1066 ZPO ist21, liegt eine Überprüfung der Schiedsklauseln am Maßstab des § 1066 ZPO nahe. 16 Vgl. § 48 BörsO der Börse München, § 58 BörsO der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse; § 68 BörsO Düsseldorf; § 44 BörsO der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg; § 44 BörsO Hannover. § 49 Abs. 1 BörsO FWB lautet: „Über Streitigkeiten aus Geschäften, die in die Börsengeschäftsabwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse eingegeben wurden oder einzugeben waren, einschließlich der Frage, ob zwischen den Parteien ein Geschäft zustande gekommen ist, entscheidet ein Schiedsgericht mit Sitz in Deutschland nach deutschem Recht.“ 17 So z. B. § 1 SchGO FWB. 18 Vgl. §§ 16 Abs. 5, 48 GeschBed FWB; §§ 16 Abs. 5, 35 GeschBed Börse München; §§ 16 Abs. 5, 37 GeschBed Baden-Württembergische Wertpapierbörse. Die so genannten Vereinsschiedsgerichte sind dagegen heute nicht mehr zu finden. Dies waren Schiedsgerichte, die von einem Trägerverein der Börse (Börsenverein) für Börsengeschäfte nach den Statuten des Vereins (nicht der Börse) gebildet waren, s. Nußbaum, § 28 BörsG Anm. IIa; Kisch, RheinZ I, 13, 25; Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 1; die für die Einsetzung der Schiedsgerichte relevanten Klauseln finden sich heutzutage durchgängig bei allen deutschen Börsen in den Regelwerken der Börsen selbst und nicht ihres Trägers. 19 Dazu schon Kisch, RheinZ I, 13 und 20. 20 Bork, in: Gottwald/Schlosser, S. 284 f.; auch schon Steiner, S. 25.

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Dabei ist zunächst auf das Problem des § 1066 ZPO im internationalen Kontext einzugehen, da § 1066 ZPO im internationalen Vergleich als singuläre Vorschrift dasteht (I., S. 93 f). Nach Klärung einiger Anwendbarkeitsfragen (II., S. 94 ff.) stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit und Wirksamkeit der in den Regelwerken der Börsen enthaltenen statutarischen Schiedsklauseln (III., S. 102 ff.). I. § 1066 ZPO und internationale Übereinkommen Im Anwendungsbereich der internationalen Übereinkommen fehlt eine dem § 1066 ZPO entsprechende Regelung für satzungsmäßige Schiedsklauseln. Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass UNÜ und EuÜ derartige Klauseln nicht erfassten, wäre zu verkürzt. International ganz überwiegend werden Gründung oder Beitritt zu einer Institution im weitesten Sinne, die derartige Klauseln in ihren Regelwerken verwendet, als Vertrag aufgefasst22. Daher sind auch im Anwendungsbereich von UNÜ und EuÜ satzungsmäßige Schiedsklauseln wie eine sonstige Schiedsvereinbarung zu behandeln23. Für das UNÜ ergibt sich dies insbesondere daraus, dass es für seine Anwendung sinnvollerweise nur auf die wirksame privatautonome Unterwerfung unter eine Schiedsklausel und nicht auf die spezifischen Begriffselemente eines Vertrages ankommt – es spielt daher keine Rolle, dass die Schiedsvereinbarung für Streitigkeiten abgeschlossen wurde, die aus der Zugehörigkeit zu einer juristischen Person herrühren24. Probleme für die Wirksamkeit derartiger satzungsmäßiger Schiedsklauseln ergeben sich für das UNÜ jedoch regelmäßig aus dem Formerfordernis des Art. II Abs. 2 UNÜ, da im Rahmen des UNÜ für satzungsmäßige Schiedsklauseln keine Sonderregelungen bestehen. Auch das Bestimmtheitsgebot des Art. II Abs. 1 UNÜ kann, je nach Formulierung der Klausel, zu einem Wirksamkeitshindernis für die Schiedsvereinbarung werden25. Auch das EuÜ ist auf satzungsmäßige Schiedsklauseln anwendbar, da ein „internationales Handelsgeschäft“ i. S. d. Art. I Abs. 1 lit. a EuÜ auch der 21 Vgl. allg. Schwab/Walter, Kap. 3 Rn. 17, Kap. 32 Rn. 3; MünchKomm-ZPO/ Münch, § 1066 Rn. 1; zur Abgrenzung der Vereins- von der Verbandsgerichtsbarkeit s. Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 5. 22 EuGH, Urt. v. 10.3.1992, RIW 1992, 492, 493; Urt. v. 22.3.1983, IPRax 1984, 85, 87; Schlosser, Rn. 282. 23 So auch Schlosser, Rn. 282. 24 Schlosser, Rn. 282. 25 s. hierzu Schlosser, Rn. 282 und Rn. 284, und genauer noch unten viertes Kapitel C.II.

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Beitritt zu einer Personenhandelsgesellschaft oder juristischen Person sein kann26. Außerhalb des Anwendungsbereichs der internationalen Übereinkommen ist die Geltung statutarischer Schiedsklauseln nach dem Recht zu beurteilen, dem die Schiedsvereinbarung untersteht (Schiedsvereinbarungsstatut, s. unten viertes Kapitel A., S. 120 ff.)27. II. Anwendbarkeitsfragen des § 1066 ZPO Bevor mit der eigentlichen Überprüfung der satzungsmäßigen Schiedsklauseln am Maßstab des § 1066 ZPO begonnen werden kann, müssen einige Anwendbarkeitsfragen geklärt werden. Zunächst müssen die Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen auch als unbedingte, eine individuelle Schiedsvereinbarung ersetzende Anordnung des Börsenschiedsgerichts verstanden werden können (1., S. 94 ff.). Sodann ist zu untersuchen, ob die Börsenschiedsgerichte als sog. echte Schiedsgerichte i. S. d. § 1066 ZPO aufzufassen sind (2., S. 95 ff.). Zuletzt muss der in neuerer Zeit kontrovers diskutierten Frage nachgegangen werden, ob § 1066 ZPO überhaupt auf statutarische Schiedsklauseln anwendbar ist (3., S. 99 ff.). 1. Auslegung der in den Regelwerken der Börsen enthaltenen statutarischen Schiedsklauseln als Anordnung eines Schiedsgerichts i. S. d. § 1066 ZPO Die Anwendung des § 1066 ZPO setzt voraus, dass die Einsetzung des Schiedsgerichts direkt auf der statutarischen Schiedsklausel beruht, d. h. dass eine individuelle Unterwerfung der Parteien unter das Schiedsgericht nicht erforderlich ist. Anderenfalls wäre nicht § 1066 ZPO, sondern §§ 1029 ff. ZPO anwendbar28. Ob § 1066 ZPO eingreift, kann deshalb bezweifelt werden, weil die Einsetzung des Schiedsgerichts als dispositive Regelung ausgestaltet ist. Zwar ist dies den Anordnungen in den BörsO noch nicht anzusehen29; diese verweisen jedoch auf die Schiedsordnungen, die ihrerseits allesamt den Zusatz enthalten „. . . sofern von den Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde“. Dasselbe gilt für die Geschäftsbedingungen, die ebenfalls 26

Schlosser, Rn. 282. So Schlosser, Rn. 283. 28 So auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 2. 29 Eine Ausnahme ist § 48 Abs. 1 BörsO München, der schon die Einschränkung „sofern von den Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde“ enthält. 27

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nur unter der Voraussetzung „sofern keine abweichende Abrede getroffen wurde“ die Streitentscheidung durch Schiedsgerichte vorsehen30. Aus der Gesamtschau aller Regelungen über die Einsetzung des Börsenschiedsgerichts folgt, dass diese dispositiv ausgestaltet sind. Eine dispositive Regelung ist jedoch nicht damit gleichzusetzen, dass die Einsetzung des Schiedsgerichts erst aufgrund der individuellen Unterwerfung der Parteien erfolgt. Der Sinn der Klauseln in den Regelwerken der Börsen kann dahingehend ausgelegt werden, dass gerade dann, wenn keine abweichende, d. h. auch wenn überhaupt keine Vereinbarung getroffen wurde, die Streitentscheidung durch ein Schiedsgericht angeordnet wird. Damit ist eine individuelle Vereinbarung nach dem Wortlaut der Klauseln gerade entbehrlich. Der in der ZPO vorausgesetzte „Normalzustand“ ist folglich in den Regelwerken der Börsen gerade umgekehrt: verlangen §§ 1029 ff. ZPO zur Zuständigkeitsbegründung eines Schiedsgerichts eine individuelle Vereinbarung, so ist diese hier grundsätzlich entbehrlich, d. h. das Börsenschiedsgericht ist nur dann nicht zuständig, wenn die Parteien dies vereinbart haben31. Die statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen können daher in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie unmittelbar die Zuständigkeit des Schiedsgerichts – ohne individualvertragliche Grundlage – anordnen32. Der Zweck der Regelung in den Börsenordnungen ist darauf gerichtet, eine direkte Bindung der Handelsteilnehmer an das Schiedsgericht auszusprechen, wie es § 1066 ZPO voraussetzt. Ob dies für die Geschäftsbedingungen und die Schiedsgerichtsordnungen gleichermaßen gilt, soll an dieser Stelle noch offen gelassen werden; für die weitere Untersuchung soll der Hinweis genügen, dass die dort enthaltenen Klauseln zumindest auch in diesem Sinne interpretiert werden können33. 2. Anwendbarkeit des § 1066 ZPO nur auf sog. echte Schiedsgerichte § 1066 ZPO bezieht sich nur auf solche Schiedsgerichte, die durch Privatgeschäft eingerichtet werden, nicht dagegen auf solche, die ein Gesetz 30

Stellvertretend § 48 Geschäftsbedingungen FWB. Ebenso Stein/Jonas/Schlosser, vor § 1025 ZPO Rn. 4. 32 So schon Kisch, RheinZ I, 13, 19 f.; auch Huber, S. 626: „[Die Schiedsgerichtsordnungen] erwecken zum Teil den Eindruck, als gäbe es eine obligatorische Börsenschiedsgerichtsbarkeit.“ Er verneint diese obligatorische Börsenschiedsgerichtsbarkeit letztlich wegen § 28 BörsG a. F., dazu unten B.III.1.b). 33 Für die statutarischen Schiedsklauseln in den Schiedsgerichtsordnungen so schon Kisch, RheinZ I, 13, 14. 31

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3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

selbst an Stelle eines anderen Rechtswegs anordnet34. Erstere werden als echte, letztere als unechte Schiedsgerichte bezeichnet35. Zu untersuchen ist daher nun, ob § 1066 ZPO deswegen unanwendbar ist, weil die Regelwerke der Börsen, namentlich die Börsenordnungen, als öffentlich-rechtliche Satzungen und damit als materielle Gesetze zu qualifizieren sind, die in ihnen vorgesehenen Schiedsgerichte somit als unechte Schiedsgerichte anzusehen wären36. Sollte dies zu verneinen sein, dann kann an dieser Stelle eine genaue Qualifizierung der Schiedsordnungen und Geschäftsbedingungen der Börsen noch offen bleiben, weil dann auf sie § 1066 ZPO genauso anwendbar ist. a) Die Börsenordnung als Satzung des öffentlichen Rechts Die Frage nach der Rechtsnatur der Börsenordnungen ist eng verknüpft mit der Frage nach der Rechtsnatur der Börse, da grundsätzlich nur juristische Personen des öffentlichen Rechts auch öffentlich-rechtliche Rechtsnormen erlassen können37. Ist die Börse also öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, ist dies ein starkes Indiz für die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der Börsenordnung. Nach herrschender, wenn auch nicht unbestrittener Meinung wird die Börse überwiegend als (teilrechtsfähige) Anstalt des öffentlichen Rechts eingestuft38. Begründet wird dies zum einen mit dem überragenden staat34 H. M., s. Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 2; MünchKomm-ZPO/ Münch, § 1066 Rn. 1; Zöller/Geimer, § 1066 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit, § 1066 ZPO Rn. 1; Schwab/Walter, Kap. 32 Rn. 1. 35 Baumbach/Lauterbach/Albers, Grundz. § 1025 ZPO Rn. 1, 2, § 1066 ZPO Rn. 8; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 1 VwGO Rn. 21, 22. Grundlage der Unterscheidung ist wohl das voluntative Element bei den sog. echten Schiedsgerichten, da der Abschluss der Schiedsvereinbarung und damit die Zuständigkeitsbegründung des Schiedsgerichts auf der freiwilligen Unterwerfung der Beteiligten beruht; diese Freiwilligkeit der Unterwerfung fehlt naturgemäß bei den durch Gesetz, d. h. durch staatlichen Hoheitsakt eingesetzten Schiedsgerichten, weshalb die Bezeichnung als unechtes Schiedsgericht passend erscheint. 36 Da Schlosser, Rn. 9 ff., diese Anordnung den Börsenordnungen entnimmt, kommt er konsequenterweise zu dem Schluss, die Börsenschiedsgerichte seien keine echten Schiedsgerichte, s. a. schon oben zweites Kapitel B.II.1.d). 37 Nach der Definition des BVerfG sind (öffentlich-rechtliche) Satzungen Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden, Beschl. v. 9.5.1972, BVerfGE 33, 125, 156. 38 OLG Frankfurt, Urt. v. 18.1.2001, ZIP 2001, 730, 731; VGH Kassel, Urt. v. 19.3.1996, NJW-RR 1997, 110; Kümpel 3, 8.486, 17.306 ff., 17.317 ff.; Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 19; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 8 ff.; Schlüter,

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lichen Interesse an der Funktionsfähigkeit der Börsen39, zum anderen mit der verwaltungsrechtlichen Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens der Handelsteilnehmer sowie der Wertpapiere im BörsG und der BörsZulV40. Der Gesetzgeber hat zwar nicht ausdrücklich im Börsengesetz, wohl aber in der Gesetzesbegründung Stellung bezogen und sich der h. M. angeschlossen41. Damit hat er zumindest implizit von seinem Recht Gebrauch gemacht, die Rechtsnatur einer Organisationsform zu bestimmen42. In der Praxis und in der Literatur findet sich damit kaum mehr eine Gegenstimme gegen die de lege lata erfolgte Qualifizierung der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts. Mit dieser Qualifizierung kann aus der Befugnis des § 13 Abs. 1 BörsG zum Erlass der Börsenordnung als Satzung der Rückschluss auf die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur eben dieser Satzung gezogen werden43. Dass § 13 BörsG keine privatrechtliche Satzung meinen kann, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung44, aber auch aus einem Vergleich der Merkmale einer privatrechtlichen Satzung mit denen einer öffentlich-rechtlichen45. Zwar steht nach der Meinung des BVerfG an sich nur juristischen Personen des öffentlichen Rechts Satzungsautonomie zu46; die Rechtsfähigkeit Rn. 120 ff., 131 ff.; Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 32 f.; Groß, Vorbem. BörsG Rn. 36; Franke, in: Assmann/Schütze (Ergänzungsband), § 2 Rn. 16; Lenenbach, § 3 Rn. 3.8, 3.9; v. Olenhusen, S. 60; a. A. Uppenbrink, S. 52 ff.; Breitkreuz, S. 106 f. (Körperschaft des öffentlichen Rechts); für privatrechtliche Rechtsnatur Anschütz, VerwArch 11 (1903), S. 519 ff.; Nußbaum, § 1 BörsG Anm. IVa) und Claussen, ZBB 2000, 1 ff., 9 (wohl de lege ferenda); in Claussen, § 9 Rn. 18 ff., jedoch zugunsten der h. M. aufgegeben. 39 So vor allem Kümpel 3, 17.241 ff., 17.248 ff., 17.251 ff.; ihm folgend Peterhoff, in: Schäfer, § 1 BörsG Rn. 32 f.; grundsätzlich ist allerdings allein das öffentliche Interesse nicht ausreichend, worauf Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 16 und Lenenbach, § 3 Rn. 3.8 zu Recht hinweisen. 40 Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 15; Schwark/Beck, KMRK, § 1 BörsG Rn. 8; Lenenbach, § 3 Rn. 3.8. BörsZulV v. 15.4.1987, BGBl. 1987 I, 1234, neugefasst durch Bek. v. 9.9.1998, BGBl. 1998 I, 2832, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 5 G. v. 4.12.2004, BGBl. 2004 I, 3166. 41 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 14/8017 S. 146; BR-Drucks. 936/01 (neu) S. 198. 42 Allgemein zu diesem Festlegungsrecht s. Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 12. 43 Schwark/Schwark, KMRK, § 13 BörsG Rn. 1; ebenso zum alten Recht Peterhoff, in: Schäfer, § 4 BörsG Rn. 1. 44 BT-Drucks. 14/8017, S. 74 verweist darauf, dass § 13 BörsG im Wesentlichen dem bisherigen § 4 BörsG entspricht, wonach die Börsenordnung auch schon als öffentlich-rechtliche Satzung qualifiziert wurde. 45 Dazu dezidiert Breitkreuz, S. 80 f. 46 BVerfG, Beschl. v. 9.5.1972, BVerfGE 33, 125, 156; Urt. v. 14.7.1959, BVerfGE 10, 20, 49 f.

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3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

ist jedoch keine entscheidende Voraussetzung für die Qualifizierung einer Rechtsnorm als Satzung47. Wichtiger erscheint, dass der Gesetzgeber der Börse ausdrücklich in § 13 BörsG Satzungsautonomie verliehen hat; hinter dieser ausdrücklichen Ermächtigung tritt das Defizit der fehlenden (Voll-)Rechtsfähigkeit zurück. Die Börsenordnung nach § 13 BörsG ist damit als Satzung des öffentlichen Rechts zu qualifizieren. b) Schlussfolgerungen für § 1066 ZPO Somit stellt sich nun die Frage, ob in Satzungen des öffentlichen Rechts angeordnete Schiedsgerichte als unechte Schiedsgerichte angesehen werden müssen und damit aus dem Anwendungsbereich des § 1066 ZPO herausfallen. Teilweise werden zu den durch Rechtsnorm eingesetzten unechten Schiedsgerichten auch diejenigen gezählt, die in öffentlich-rechtlichen Satzungen angeordnet werden48. Unter Berücksichtigung der Verweisung in § 173 VwGO49 auf §§ 1025 ff. ZPO50, mithin also auch auf § 1066 ZPO, kann dies jedoch nicht richtig sein. § 1066 ZPO ist direkt nur auf in privatrechtlichen Satzungen angeordnete privatrechtliche Schiedsgerichte anwendbar. § 173 VwGO erweitert den Anwendungsbereich auf öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Für die Konstruktion, dass durch § 173 VwGO auf eine privatrechtliche Satzung zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten verwiesen werde, scheint es keinen Fall in der Praxis zu geben. Daher ist einzig sinnvolle Interpretation des § 1066 ZPO i. V. m. § 173 VwGO, dass auf in öffentlichrechtlichen Satzungen angeordnete Schiedsgerichte verwiesen wird. Diese Verweisung ergibt jedoch nur dann einen Sinn, wenn man durch öffentlich-rechtliche Satzung angeordnete Schiedsgerichte nicht als unechte Schiedsgerichte begreift. Andernfalls bestünde für § 1066 ZPO i. V. m. § 173 VwGO kein nennenswerter Raum mehr, da in öffentlich-rechtlichen Satzungen angeordnete Schiedsgerichte als unechte, durch Rechtsnorm (ma47 So auch Schwark/Schwark, KMRK, § 13 BörsG Rn. 1 m. w. N.; Forsthoff, S. 480. 48 So ausdrücklich Baumbach/Lauterbach/Albers, Grundz. § 1025 ZPO Rn. 1. 49 Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1.1960, BGBl. 1960 I, 17, neugefasst durch Bek. v. 19.3.1991, BGBl. 1991 I, 686, zuletzt geändert durch Art. 6 G. v. 21.12.2004, BGBl. 2004 I, 3599. 50 Dazu allgemein Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 173 VwGO Rn. 316 ff.

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terielles Gesetz) angeordnete Schiedsgerichte sofort wieder aus dem Anwendungsbereich des § 1066 ZPO herausfallen würden. Im Wege einer teleologischen Reduktion sind daher in öffentlich-rechtlichen Satzungen angeordnete Schiedsgerichte nicht zu den durch Rechtsnorm eingesetzten unechten Schiedsgerichten zu zählen51. Ergänzend sei bemerkt, dass weder der Anwendungsbereich des § 1066 ZPO noch der über § 173 VwGO erweiterte Anwendungsbereich auf die vorliegende Konstellation richtig passt. Der Grundfall des § 1066 ZPO sieht vor, dass eine privatrechtlich zu qualifizierende Satzung ein privatrechtliches Schiedsgericht52 einsetzt. Die Verweisung über § 173 VwGO meint öffentlich-rechtliche Schiedsgerichte in (öffentlich-rechtlichen) Satzungen, d. h. Schiedsgerichte zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten53. Im Falle der Börsenordnungen würde jedoch ein Schiedsgericht durch öffentlich-rechtliche Satzung zur Entscheidung über privatrechtliche Streitigkeiten54 eingesetzt. Für die Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten sind die Börsenschiedsgerichte nicht zuständig55. Damit ändert sich jedoch nichts an dem Ergebnis, dass § 1066 ZPO – gegebenenfalls über § 173 VwGO – anwendbar bleibt, und zwar gleichermaßen auf alle Regelungswerke der Börse. 3. Anwendbarkeit des § 1066 ZPO auf satzungsmäßige Schiedsklauseln Weiterhin ist strittig, ob § 1066 ZPO überhaupt auf statutarische Schiedsklauseln angewandt werden kann. Dieser Streit hängt damit zusammen, was unter einer „nicht auf einer Vereinbarung beruhenden Verfügung“ i. S. d. § 1066 ZPO zu verstehen ist, genauer, ob satzungsmäßige Schiedsklauseln darunter subsumiert werden können. 51 So auch Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 1 VwGO Rn. 22, 21; Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Einl. Rn. 179. 52 Unter einem privatrechtlichen Schiedsgericht ist ein privates Gericht zu verstehen, dem die Entscheidung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten an Stelle der staatlichen Gerichte durch private Willenserklärung übertragen ist, vgl. Schwab/Walter, Kap. 1 Rn. 1. 53 Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 1 VwGO Rn. 21. 54 Schwark 2, § 1 BörsG Rn. 16, qualifiziert das Börsenschiedsgericht insgesamt als privatrechtliches Schiedsgericht; es wird seiner Meinung nach nicht durch öffentlich-rechtliche Satzung eingesetzt, vgl. § 4 BörsG Rn. 17, dazu sogleich unter B.III.2.a). 55 s. den Wortlaut der statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen: nur Streitigkeiten aus Geschäften, die in die Börsengeschäftsabwicklung eingegeben wurden oder einzugeben waren.

100 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Unter einer nicht auf Vereinbarung beruhenden Verfügung wird allgemein ein einseitiger privatrechtlicher Akt verstanden56, d. h. die Einsetzung des Schiedsgerichts beruht nicht auf einer (individuellen) vertraglichen Vereinbarung, sondern auf einem einseitigen Rechtsgeschäft57. Der Streit um die Anwendbarkeit des § 1066 ZPO auf Schiedsklauseln in den Satzungen juristischer Personen, v. a. der Vereine, wird im Wesentlichen daran festgemacht, ob man der Vereinsgründung bzw. dem Vereinsbeitritt vertraglichen Charakter zubilligt oder nicht. Die wohl noch h. M. misst – unter Berufung auf die modifizierte Normentheorie – satzungsmäßigen Schiedsklauseln zumindest ab dem Zeitpunkt des Entstehens der juristischen Person keinen vertraglichen Charakter bei58. Die Verbindlichkeit der Satzungen beruhe auf deren Normcharakter; somit könne § 1066 ZPO auf derartige Schiedsklauseln angewandt werden59. Eine im Vordringen befindliche Ansicht qualifiziert dagegen Satzungen als Vertrag (Vertragstheorie)60. Die Verbindlichkeit von Satzungen beruht dieser Theorie zur Folge auf dem Vertragscharakter des Gründungs- bzw. Beitrittsgeschäfts. Wegen dieses vertraglichen Charakters könnten satzungsmäßige Schiedsklauseln konsequenterweise nicht unter § 1066 ZPO subsumiert werden. Es erscheint allerdings fraglich, inwieweit die Anwendbarkeit des § 1066 ZPO auf statutarische Schiedsklauseln tatsächlich von der dogmatischen Qualifikation der Satzung als vertraglich oder nicht-vertraglich abhängig gemacht werden kann. Die Gesetzessystematik legt es nahe, § 1066 ZPO schlicht als Gegenstück zur individualvertraglichen Schiedsvereinbarung des § 1029 ZPO zu sehen61. Wie K. Schmidt nachgewiesen hat, fasste 56 So vor allem die Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 43; Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit, § 1066 ZPO Rn. 1; Zöller/Geimer, § 1066 ZPO Rn. 1. 57 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1066 Rn. 1. 58 Die modifizierte Normentheorie sieht in der Aufstellung der Satzung einen Vertrag der Gründer, ab dem Zeitpunkt des Entstehens der juristischen Person in der Satzung eine Norm, vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 43; OLG München, Urt. v. 9.2.1999, NZG 1999, 780; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1066 Rn. 4; Musielak/Voit, § 1066 ZPO Rn. 7; Zöller/Geimer, § 1066 ZPO Rn. 1, 2; indirekt auch Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1066 ZPO Rn. 3; Henn, Rn. 216 f.; Maier, Rn. 95. Sie geht zurück auf Otto von Gierke, S. 142 ff., 151; i. S. einer reinen Normentheorie heute noch vertreten von MünchKomm-BGB/Reuter, § 25 Rn. 17. 59 So v. a. die Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 43. 60 Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 10; Schwab/Walter, Kap. 32 Rn. 5; Reformkommission zum Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz, BT-Drucks. 13/5274, S. 66 in Anlehnung an EuGH, Urt. v. 10.3.1992, RIW 1992, 492, 493; Soergel/Hadding, § 25 BGB Rn. 17; auch Staudinger/Weick, Vorbem. zu §§ 21 ff. BGB Rn. 37, 38, 48, § 25 BGB Rn. 15.

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schon der historische Gesetzgeber des § 1048 ZPO a. F., der (wörtlichen62) Vorgängerregelung des § 1066 ZPO, satzungsmäßige Schiedsklauseln als durch § 1048 ZPO a. F. gedeckt auf, d. h. er setzte sogar ausdrücklich ihre Zulässigkeit voraus63. Charakteristisches Merkmal für einen Verein ist, unabhängig nun davon, ob man der Vertragstheorie oder der (modifizierten) Normentheorie folgt, dass der Verein nach seiner Gründung zu einer autonomen, mehrheitlichen Willensbildung in der Lage sein muss (vgl. auch §§ 25, 32, 33, 40 BGB)64. Der Verein erlangt somit aufgrund seiner körperschaftlichen Struktur nach dem (auf privatrechtlichen Willenserklärungen beruhenden) Gründungsakt eine autonome, von Mitgliederbestand unabhängige Stellung65. Aufgrund dieser Charakteristika eines Vereins (als Grundbild der privatrechtlichen Personenvereinigung) erscheint es daher insgesamt angemessener, statt von einer vertraglichen oder nicht-vertraglichen Unterwerfung von einer nicht-individuellen (korporativen) Unterwerfung unter die Vereinsregeln zu sprechen66. Denn der Schwerpunkt der Vereinsexistenz liegt in seiner mehrheitsbestimmten Struktur, d. h. einer Struktur, die nicht von individuellen, sondern bestimmten korporativen Elementen geprägt ist. Dahinter steht das gesetzlich anerkannte Interesse des Vereins an der Einheitlichkeit der Rechtsbeziehungen zu allen Mitgliedern67, das zwangsläufig (im Bereich der Schiedsklauseln) mit dem Recht des Einzelnen auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten kollidiert68. 61

So auch MünchKomm-ZPO/Münch, § 1066 Rn. 1; K. Schmidt, JZ 1989, 1077, 1079. 62 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, S. 66. 63 K. Schmidt, JZ 1989, 1077, 1979 m. w. N.; dort (S. 1081) auch dazu, dass der historische Gesetzgeber derartige Klauseln nicht in den Anwendungsbereich des § 1027 ZPO a. F. (jetzt § 1031 ZPO mit verändertem Regelungsinhalt) fallen lassen wollte; ebenso die ältere Literatur, s. Kisch, RheinZ I, 13, 17: „Es kann aber keinem begründeten Zweifel unterliegen, dass unter die angeführte Vorschrift [§ 1048 ZPO a. F.] auch Bestimmungen einer Vereinssatzung und endlich die Artikel eines Börsenstatuts oder einer Schiedsgerichtsordnung unmittelbar fallen müssen.“ 64 Ebbing, NZG 1999, 754. 65 Ebbing, NZG 1999, 754. 66 Ganz ähnlich BGH, Urt. v. 25.10.1962, BGHZ 38, 155, 160 ff., für die Unterscheidung zwischen korporativer Schiedsvereinbarung (i. S. d. § 1048 ZPO a. F.) und individueller: erstere kann nur über Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen, also Gegenstand statutarischer Bindung bilden können, abgeschlossen werden, über Individualrechte kann dagegen nur eine individuelle Schiedsvereinbarung geschlossen werden. s. a. Henn, Rn. 217. 67 So namentlich Musielak/Voit, § 1066 ZPO Rn. 7. 68 Vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2000, NJW 2000, 1713.

102 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Das für die Abgrenzung zwischen § 1066 ZPO und §§ 1029 ff. ZPO relevante Gegensatzpaar lautet daher nicht „vertraglich – nicht-vertraglich“, sondern „individuell – nicht-individuell (korporativ)“. Den Bereich der individuellen Schiedsvereinbarung deckt §§ 1029 ff. ZPO ab, den korporativen Bereich übernimmt § 1066 ZPO. Von § 1066 ZPO sind daher neben dem Grundmodell der statutarischen Schiedsklauseln in den Vereinssatzungen auch solche in der Satzung einer AG erfasst69. Betont sei ausdrücklich, dass mit diesem Gegensatzpaar als Unterscheidungskriterium noch nichts über die von beiden Normen geforderte Freiwilligkeit der Unterwerfung als Grundpostulat der Schiedsgerichtsbarkeit gesagt ist. Wo die Freiwilligkeit der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit in Frage gestellt wird, ist im Bereich des § 1066 ZPO nicht das Merkmal der „Verfügung“ betroffen“, sondern dasjenige der Einsetzung des Schiedsgerichts in „gesetzlich (nicht) statthafter Weise“. In seiner Grundsatzentscheidung hat der BGH klargestellt, dass die Unterwerfung unter ein Schiedsgericht auch im Geltungsbereich statutarischer Schiedsklauseln auf dem freien Willen des Betroffenen beruhen muss70. Besonders kritisch sind daher Schiedsklauseln in Verbänden mit Zwangsmitgliedschaft zu beurteilen, bei denen – im Falle der nachträglichen Einführung einer Schiedsklausel – es dem Betroffenen nicht offen steht, den Verband zu verlassen, somit in seinem Verbleib keine konkludente Zustimmung zur geänderten Satzung gesehen werden kann71. Damit ist § 1066 ZPO jedoch grundsätzlich auf statutarische Schiedsklauseln anwendbar, wobei es nicht darauf ankommt, ob man der Vereinssatzung vertraglichen Charakter beimisst oder nicht72. III. Zulässigkeit und Wirksamkeit der statutarischen Schiedsklauseln Voraussetzung für eine wirksame Einsetzung eines Schiedsgerichts – auch in einer öffentlich-rechtlichen Satzung – ist, dass diese „in gesetzlich statthafter Weise“ i. S. d. § 1066 ZPO erfolgte. Dies bedeutet, dass § 1066 69 Nach dem hier vorgestellten Modell könnte auch der äußerst umstrittene Bereich der Schiedsklauseln in den Satzungen von Personengesellschaften gelöst werden, s. hierzu den Überblick über den Meinungsstand bei MünchKomm-ZPO/ Münch, § 1066 Rn. 10; Zöller/Geimer, § 1066 ZPO Rn. 4, 12–14. 70 Urt. v. 3.4.2000, NJW 2000, 1713 f. 71 So BGH, Urt. v. 3.4.2000, NJW 2000, 1713. Haas, ZGR 2001, 325, 347, weist allerdings zu Recht darauf hin, dass es an sich keinen Unterschied machen darf, ob die Schiedsklausel nachträglich durch Satzungsänderung eingeführt wird oder ob jemand einem Verein beitritt, dessen Satzung bereits eine derartige Klausel enthält. 72 Ebenso K. Schmidt, JZ 1989, 1077, 1079.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

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ZPO – gegebenenfalls i. V. m. § 173 VwGO – nicht die Zulässigkeit der Einsetzung von Schiedsgerichten begründet, sondern auf andere Normen verweist, die diese Möglichkeit statuieren73. Da die BörsO als Satzung des öffentlichen Rechts qualifiziert wurde, soll zunächst untersucht werden, ob das öffentliche Recht die Einsetzung derartiger Schiedsgerichte gestattet. Sollte dies nach öffentlichem Recht unzulässig sein, soll die Geltung der Klauseln auf privatrechtlicher Grundlage geprüft werden. 1. Öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage für die Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte: die Börsenordnungen Als öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage zur Einsetzung eines Schiedsgerichts kommt in erster Linie die Börsenordnung selbst als Satzung des öffentlichen Rechts in Betracht. Diese Einsetzung ist jedoch nur dann wirksam, wenn der Gesetzesvorbehalt nicht entgegensteht, woran auch eine öffentlich-rechtliche Satzung zu messen ist74. a) Bedeutung des Gesetzesvorbehalts Der Vorbehalt des Gesetzes besagt, dass in grundlegenden, normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber selbst geregelt werden müssen75. Abgeleitet werden die Vorbehalte aus Rechtsstaats- und Demokratieprinzip76. Sie gelten unabhängig vom überkommenen Eingriffsbegriff77 und auch für autonome Verwaltungseinheiten78. Die Zuständigkeit des parlamentarischen 73

Stein/Jonas/Schlosser, § 1066 ZPO Rn. 1; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1066 Rn. 1; K. Schmidt, JZ 1989, 1077, 1081. 74 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 66 Rn. 26; Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 25 Rn. 49; Maurer, § 4 Rn. 23; Möstl, in: Erichsen/Ehlers, § 19 Rn. 12 (str.). 75 BVerfG, Beschl. v. 9.5.1972 (Facharzt), BVerfGE 33, 125, 157 ff.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 38 ff.; Maurer, § 6 Rn. 8, 11. 76 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 32 f. 77 BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978, BVerfGE 49, 89, 126; Beschl. v. 21.12.1977, BVerfGE 47, 46, 78 f.; Beschl. v. 28.10.1975, BVerfGE 40, 237, 249; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 38, 42. 78 Facharztbeschluss des BVerfG v. 9.5.1972, BVerfGE 33, 125; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 25.

104 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Gesetzgebers für Grundrechtseingriffe folgt aus dem spezifisch kompetenzrechtlichen Gehalt der den Grundrechten beigefügten Gesetzesvorbehalte79. Aus dem Gesetzesvorbehalt folgt auch, dass im Bereich der Selbstverwaltungsautonomie Grundrechtseingriffe nicht einer unbeschränkten Satzungsautonomie überlassen werden dürfen80. Substantiiert wird der Gesetzesvorbehalt durch die Wesentlichkeitstheorie des BVerfG, denn das Wesentliche gehört – abgeleitet aus dem Demokratieprinzip – unveräußerbar zum Entscheidungsmonopol des Gesetzgebers81. Damit dient der Gesetzesvorbehalt in erster Linie dazu, gesetzlich nicht gesteuerten Rechtssetzungsakten der Exekutive entgegenzuwirken82. Der Begriff der Wesentlichkeit wird vor allem durch eine am Schutz der Grundrechte orientierte Betrachtungsweise ausgefüllt. Nach der Formel des BVerfG bedeutet „wesentlich“ im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“83. Allerdings erfährt der Gesetzesvorbehalt seine Grenzen an den eigenen Handlungsbereichen der Exekutive84. Dazu gehört auch und vor allem die Selbstverwaltung als zentralem Gestaltungsbereich der Exekutive. Eine Durchnormierung des dem Selbstverwaltungsträger zugeordneten Wirkungsbereichs widerspricht dem Begriff der Selbstverwaltung schon wesensmäßig85. Dies gilt vor allem für den grundgesetzlich verbürgten Bereich der Selbstverwaltung. Im Bereich der durch Gesetz verliehenen Selbstverwaltungsautonomie bildet die staatliche Ermächtigung zugleich ihre Grundlage und Grenze86. Im Falle der Einsetzung von Schiedsgerichten wird das verfassungsmäßig verankerte Recht des Einzelnen auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 79 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 66 Rn. 28; Bethge, NVwZ 1983, 577, 579. 80 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 66 Rn. 28. 81 BVerfG, Beschl. v. 20.10.1981, BVerfGE 58, 257, 277 f.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 42, 43. 82 Bethge, NVwZ 1983, 577, 578. 83 Sog. Grundrechtsrelevanz, BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977, BVerfGE 47, 46, 78 f.; Urt. v. 6.6.1972, BVerfGE 34, 165, 192; Beschl. v. 28.10.1975, BVerfGE 40, 237, 248 f.; Beschl. v. 27.1.1976, BVerfGE 41, 251, 260 f.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 45. 84 Vom BVerfG „Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung“ genannt, Urt. v. 17.7.1984, BVerfGE 67, 100, 139; Urt. v. 18.12.1984, BVerfGE 68, 1, 87; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 52 f. 85 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 57. 86 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 66 Rn. 21 hinsichtlich der Satzungsautonomie; ebenso schon Forsthoff, S. 141.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

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Abs. 1 S. 2 GG und das aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten berührt87. Beide Rechte gehören zu den sog. Justizgewährleistungsrechten88. Eine in einer Satzung ausgesprochene zwangsweise Streitentscheidung durch Schiedsgerichte ist wesentlich für die Verwirklichung dieser Rechte, weil dadurch ihre Verwirklichung völlig ausgeschlossen wird. Die Einsetzung zwingender Börsenschiedsgerichte stellt somit eine (grundrechts-)wesentliche Entscheidung dar. Dem kann die Börse auch nicht mit einem „Kernbereich börsenspezifischer Eigenverantwortung“ begegnen. Zwar hat der Gesetzgeber der Börse im BörsG einen von der Erfüllung der Aufgaben und Funktionen einer Börse umrissenen Selbstverwaltungsbereich eingeräumt. Dazu gehört als eines der wichtigsten Elemente die Befugnis zum Erlass der Regelungswerke der Börse, darunter vor allem die BörsO nach § 13 BörsG. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Falle der Börsen kein grundgesetzlich verbürgtes Selbstverwaltungsrecht in Anspruch genommen werden kann, sich dieses vielmehr aus der Ermächtigung des BörsG selbst als Grundlage und Grenze ergibt. Dort ist die zwingende Einsetzung von Börsenschiedsgerichten jedoch nicht explizit geregelt. Zwar mögen sich die Börsenschiedsgerichte in der Praxis durchaus bei der Erledigung von Streitigkeiten an der Börse bewährt haben, begriffsnotwendig für das geordnete Funktionieren der Börse sind sie jedoch nicht. Der Eingriff in jenen grundrechtssensiblen Bereich hätte vom Gesetzgeber somit selbst geregelt werden müssen, und zwar aufgrund der Wesentlichkeit des Eingriffs durch ein förmliches Gesetz89. Diese Regelung fehlt aber gerade im BörsG. Ein Eingriff der Verwaltung kann allenfalls aufgrund spezieller, dem Bestimmtheitsgebot entsprechender Ermächtigung gerechtfertigt werden90. Legt man diese Voraussetzungen an § 13 BörsG an, dann kann diese Bestimmung keinesfalls als gesetzliche Ermächtigung für die zwingende Einsetzung von Börsenschiedsgerichten angesehen werden, da sie diese nicht einmal erwähnt und damit dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht wird. Die zwangsweise Einsetzung von Börsenschiedsgerichten in den Börsenordnungen verstößt daher mangels gesetzlicher Grundlage gegen den Gesetzesvorbehalt. 87

BGH, Urt. v. 3.4.2000, NJW 2000, 1713 f. Vgl. dazu allgemein Papier, Justizgewähranspruch, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, § 153 Rn. 1 ff. 89 Ebenso schon Steiner, S. 38; zu den „verfassungsrechtlichen Zweifeln“ Schlosser, Rn. 17, der deshalb die Börsenschiedsgerichte nicht als echte Schiedsgerichte ansieht, s. oben zweites Kapitel B.II.1.d). 90 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 66 Rn. 26. 88

106 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

b) Ermächtigung durch § 28 BörsG a. F.? Denkbar wäre allenfalls, aus § 28 BörsG a. F. (vor der Neufassung des BörsG durch das 4. FMFG) eine derartige Kompetenz als eine Art reflexartige Nachwirkung herzuleiten, weil § 28 BörsG a. F. explizit von Börsenschiedsgerichten sprach91. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass zum einen § 28 BörsG a. F. überhaupt eine derartige Kompetenz der Börse zur Einsetzung von Schiedsgerichten in ihren Börsenordnungen vorsah, und zum anderen, dass der Gesetzgeber trotz Abschaffung des § 28 BörsG a. F. und der Neuregelung in § 37h WpHG an dieser Kompetenz nichts ändern wollte. Betrachtet man die Gesetzesmaterialien, so findet sich nichts dazu, dass in § 28 BörsG a. F. eine Kompetenz zur Einsetzung spezieller Börsenschiedsgerichte verankert sein sollte92. Bestätigt wird dies durch den Wortlaut des § 28 BörsG a. F., der ausdrücklich von (Schieds-)Vereinbarungen sprach. Damit wird grundsätzlich auf die Individualvereinbarung der §§ 1029 ff. ZPO verwiesen, wofür § 28 BörsG a. F. nur eine weitere, besondere Regel aufstellte93. Eine spezielle Kompetenz zur Anordnung statutarischer Schiedsklauseln in den Börsenordnungen nach § 1066 ZPO sollte weder beibehalten noch eingeräumt werden. Kann § 28 BörsG a. F. nicht im Sinne einer solchen Kompetenz ausgelegt werden, ist die Beibehaltung dieser nicht existierenden Kompetenz erst recht nicht möglich. Der Gesetzgeber bezweckte mit der Neuregelung des § 37h WpHG die Verbesserung des Anlegerschutzes und die Schaffung von Rechtsklarheit94; dazu sollte die Beschränkung des § 28 BörsG a. F. auf Börsenschiedsgerichte aufgehoben werden und § 37h WpHG künftig auf alle Schiedsverträge (über bestimmte Rechtsstreitigkeiten, vgl. § 37h WpHG) anwendbar sein95. Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber die 91 Davon, dass § 28 BörsG a. F. die Börse mit Selbstgerichtsbarkeit ausstattete, spricht Breitkreuz, S. 113, 116. 92 Begründung des Börsengesetzentwurfes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14 der amtlichen Drucksachen des Reichstages, S. 19, 20. 93 So auch RG, Urt. v. 14.11.1903, RGZ 56, 19, 21 f.: „[. . .] der Zweck des § 28 des [Börsen-]Gesetzes [ist] lediglich der, gegen eine leichtfertige Unterwerfung unter ein Börsenschiedsgericht zu schützen. Keineswegs sollte aber die in allgemeinen Geschäftsbedingungen übliche Schiedsgerichtsklausel in der Weise privilegiert werden, dass ihre Gültigkeit und Wirksamkeit [. . .] nur nach § 28 a. a. O. zu beurteilen wäre. Vielmehr setzt § 28 des Börsengesetzes, damit er überhaupt zur Anwendung kommen kann, einen gültigen und wirksamen Schiedsvertrag voraus.“; auch Steiner, S. 45 sieht in § 28 BörsG a. F. eine lex specialis zu § 1026 ZPO a. F. (jetzt § 1029 ZPO); ähnlich Huber, S. 636; Uppenbrink, S. 11, 44. 94 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017 S. 96.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

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Existenz spezieller Börsenschiedsgerichte durchaus anerkannt hat, er allerdings nur (individuelle) Schiedsverträge bzw. Schiedsvereinbarungen i. S. d. §§ 1029 ff. ZPO zur Begründung der Zuständigkeit dieser Schiedsgerichte vor Augen hatte. Somit kann weder § 28 BörsG a. F. noch die Nachfolgeregelung des § 37h WpHG in dem Sinne ausgelegt werden, dass daraus eine Kompetenz der Börse zur satzungsmäßigen Einsetzung von Schiedsgerichten ableitbar wäre. c) Gewohnheitsrechtliche Kompetenz der Börsen zur Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit in den Börsenordnungen? Jedoch könnte sich eine Kompetenz der Börsen bzw. ihrer Träger zur satzungsmäßigen Einsetzung von Schiedsgerichten auch aus Gewohnheitsrecht ergeben. Denn Börsenschiedsgerichte gibt es bereits seit über 200 Jahren; sie begannen sich noch vor der Kodifizierung des Börsenrechts durch das Börsengesetz vom 22.6.1896 um das Jahr 1880 herauszubilden96. Schon damals war in den meisten Börsenordnungen oder Börsenusancen die Streitentscheidung durch ein spezielles Börsenschiedsgericht angeordnet97. Die Kodifizierung des Börsenrechts im Börsengesetz durch die Börsenenquête-Kommission hatte zwar die Beseitigung einiger Missstände zum Ziel (wie z. B. die Missstände im Terminhandel), im Übrigen aber wurden die Regelungen ohne Änderung insbesondere nach dem Vorbild der preußischen Börsen so übernommen, wie sie sich in der Praxis herausgebildet hatten98. Sollte die Einsetzung der Börsenschiedsgerichte in den Regelwerken der Börsen tatsächlich auf Gewohnheitsrecht beruhen, dann wäre ein Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt zumindest fraglich, da vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht dem Gesetzesvorbehalt genügt99. 95 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017 S. 96. 96 s. Zänsdorf, S. 75, 76; Wiener, S. 16, 18 für die preußischen und hanseatischen Börsen; Merkt, in: Hopt/Rudolph/Baum, S. 61; Gömmel, in: Pohl, S. 173; nach Kaufhold, in: Pohl, S. 90, beruhte die Organisation der Börsen meist auf Gewohnheitsrecht; Samtleben, in: Hopt/Rudolph/Baum, S. 521 spricht gar davon, dass es Börsenschiedsgerichte „seit jeher“ gab. 97 s. die ausführlichen Nachweise bei Kisch, RheinZ I, 13 ff. (passim). 98 Göppert, S. 40; Zänsdorf, S. 83 f.; Wiener, S. 21; nach letzterem, S. 35, existierte bei Einführung des § 28 BörsG a. F. eine diesem entsprechende Regelung bereits an der Bremer Börse. 99 BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973, BVerfGE 34, 293, 303; Urt. v. 1.7.1980, BVerfGE 54, 224, 234; Maurer, § 6 Rn. 8; begründet wird dies mit Art. 123 Abs. 1 GG, wonach früheres Recht unabhängig von Rang und Rechtsquelle weiter gelte.

108 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Börsen wirklich eine gewohnheitsrechtliche Kompetenz zur verbindlichen Anordnung der Zuständigkeit von Börsenschiedsgerichten in Anspruch nehmen können. Dies ist streng zu unterscheiden von der tatsächlichen Existenz von Börsenschiedsgerichten, da diese noch nichts darüber besagt, wodurch die Börsenschiedsgerichte ihre Zuständigkeit erlangten. Zwar gibt es statutarische Schiedsklauseln in den Börsenordnungen, Schiedsgerichtsordnungen und Börsenusancen schon lange. Sie wurden jedoch aus zweierlei Gründen nicht als verbindlich angesehen, d. h. sie allein konnten nicht die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichts begründen. Zum einen wurde in der generellen Anordnung der Streitentscheidung durch die Schiedsgerichte ein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis des § 1026 ZPO a. F. (jetzt § 1029 Abs. 1 ZPO) gesehen100. Zum anderen bestand Einigkeit darüber, dass die Börsenordnung (als statutarische Rechtsquelle) nicht für die einzelnen Börsenbesucher (nach heutigem Sprachgebrauch die Handelsteilnehmer) ohne Rücksicht auf deren Willen privatrechtliche Pflichten und prozessuale Bindungen zu begründen vermag; hierzu habe sie gar nicht die rechtliche Kraft101. Interessant ist, dass eine derartige Bindung jedoch dann angenommen worden wäre, wäre die Regelung durch das Börsengesetz selbst erfolgt102. Damit war der Konflikt zwischen einer Regelung in einem formellen Gesetz und einer untergesetzlichen Rechtsnorm schon damals aktuell. Bemerkenswert erscheint, dass er auch damals schon – ohne die Existenz von Gesetzesvorbehalt oder der Wesentlichkeitstheorie nach heutigem Verständnis – in demselben Sinn entschieden wurde, dass nämlich die Börsenordnung „nicht die rechtliche Kraft“ habe, verbindlich, d. h. ohne oder gar gegen den Willen der Börsenbesucher die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichts anzuordnen103. Aus § 28 BörsG a. F. kann nichts anderes abgeleitet werden, da diese Norm als Einschränkung der allgemei-

100 Nußbaum, § 28 BörsG Anm. III b (m. w. N. auch zur Rechtsprechung); Kisch, RheinZ I, 13, 17; Rehm, § 28 BörsG Anm. 7a; Steiner, S. 65 ff.; ausführlicher dazu noch unten viertes Kapitel C.II.2. 101 Kisch, RheinZ I, 13, 21; Steiner, S. 38; ähnlich Nußbaum, § 4 BörsG Anm. 2, auch allgemein zum Charakter der Börsenordnung, die damals noch als privatrechtliche Norm angesehen wurde und als solche nicht unmittelbar, sondern nur durch Vermittlung eines dazukommenden privatrechtlichen Vertrages Rechte und Pflichten begründen könne. 102 Kisch, RheinZ I, 13, 21; Steiner, S. 38. 103 s. a. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 62 Rn. 41, 34: „So hat sich in Theorie und Staatspraxis schon längst vor Etablierung der Wesentlichkeitstheorie die Auffassung durchgesetzt, dass die politisch bedeutsamen Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihren Regelungsgegenstand vom Parlament getroffen werden müssen.“

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nen Regeln über den Abschluss eines Schiedsvertrags verstanden wurde104, also erst recht nicht neue Kompetenzen begründen sollte. Einhellig in Rechtsprechung und Literatur für unverbindlich gehaltene statutarische Schiedsklauseln vermögen jedoch kein Gewohnheitsrecht zu begründen, da es insofern an der dafür notwendigen Voraussetzung fehlt, dass die sich herausgebildet habende Übung in dem Bewusstsein vorgenommen wird, damit einem Gebot des Rechts nachzukommen105. Diese „begleitende“ Rechtsüberzeugung fehlt logischerweise immer dann, wenn eine Regelung als unverbindlich angesehen wird. Damit existiert auch keine gewohnheitsrechtliche Kompetenz der Börsen zur Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte. d) Zwischenergebnis: Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt Die in den Börsenordnungen enthaltenen Schiedsklauseln entfalten wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt keine unmittelbar für die Handelsteilnehmer verbindliche Wirkung106. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn man Börsenusancen und Schiedsgerichtsordnungen als Rechtsgrundlage heranziehen würde, vorausgesetzt, man sieht in ihnen Regelungen des öffentlichen Rechts107. Denn diese verstießen dann genauso gegen den Gesetzesvorbehalt wie die BörsO. 2. Privatrechtliche Rechtsgrundlage für die Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte Die Börsenordnung als Satzung des öffentlichen Rechts ist jedoch nicht das einzige Regelungswerk der Börse, das die Einsetzung von Börsenschiedsgerichten im weitesten Sinne vorschreibt. Als weitere Grundlagen kommen noch die Geschäftsbedingungen sowie die Schiedsgerichtsordnung selbst in Betracht. Daher soll nun untersucht werden, ob die genannten Rechtssätze privatrechtlich zu qualifizieren und als Grundlage für die Ein104 Nußbaum, § 28 BörsG Anm. III; Steiner, S. 45; Kisch, RheinZ I, 13, 36; RG, Urt. v. 14.11.1903, RGZ 56, 21. 105 s. Larenz, S. 356; auch oft mit Rechtsgeltungswillen bezeichnet. 106 I. E. ebenso schon Kisch, RheinZ I, 13, 21; Uppenbrink, S. 44 Fn. 46; allgemein zu den Rechtsfolgen bei Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt Maurer, § 4 Rn. 48. 107 Zur richtigen Einordnung von Börsenusancen und Schiedsordnungen s. unten B.III.2.b) und B.III.2.c).

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setzung der Schiedsgerichte ausreichend sind. Zum Teil werden auch die statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen als privatrechtliche Regelungen angesehen, weshalb zunächst nochmals auf sie eingegangen werden soll. a) Nochmals: die Börsenordnungen (1) Privatrechtliche Qualifizierung der Schiedsklauseln Teilweise werden in der Literatur die sog. fakultativen, d. h. über den zwingend in § 13 BörsG angeordneten Inhalt der Börsenordnung hinausgehenden Regelungen als privatrechtliche Regelungen angesehen108. Dazu gehörten auch die satzungsmäßigen Schiedsklauseln. Denn die Einsetzung eines Schiedsgerichts sei (auch schon nach altem Recht) nicht vom Zweck und Umfang der Satzungsautonomie gedeckt109. Diese Begründung für die privatrechtliche Natur der statutarischen Schiedsklauseln erscheint allerdings nicht sehr plausibel, erweckt sie doch den Eindruck, dass die privatrechtliche Qualifizierung nur deshalb gewählt wurde, um einen Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt bei öffentlich-rechtlicher Qualifizierung zu vermeiden. Entscheidend für die Zuordnung eines Rechtsatzes zu einem der beiden großen Rechtsgebiete ist dagegen, ob er die charakteristischen Eigenheiten einer der Teilrechtsordnungen erfüllt110. Im Hinblick darauf, dass das Börsenschiedsgericht als privates Schiedsgericht bezeichnet wird111, erscheint allerdings eine privatrechtliche Qualifizierung der statutarischen Schiedsklauseln als vertretbar. Zwar ist eine „Mischqualifizierung“ unterschiedlicher Regelungen innerhalb derselben Satzung unüblich, jedoch kommt es durchaus vor, dass innerhalb eines Regelungswerkes Normen teils privatrechtlich, teils öffentlich-rechtlich qualifiziert werden112.

Schwark 2, § 4 BörsG Rn. 17. Schwark 2, § 4 BörsG Rn. 17. 110 Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 12; ausführlich im Zusammenhang mit den Börsenusancen noch unten B.III.2.b)(1). 111 s. Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 2. 112 Hingewiesen sei auf §§ 1–6d StVG (v. 3.5.1909, RGBl. 1909, 437, neugefasst durch Bek. v. 5.3.2003, BGBl. 2003 I, 310, 919, zuletzt geändert durch Art. 11 G. v. 24.8.2004, BGBl. 2004 I, 2198, 2300) als öffentlich-rechtliche, §§ 7–18 StVG (Haftpflicht) dagegen als privatrechtliche Regelungen. 108 109

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

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(2) Zulässigkeit der Schiedsklauseln als privatrechtliche Regelung Es ist anerkannt, dass Verwaltungsträgern113 ein Wahlrecht zusteht, ob sie im Bereich der Leistungsverwaltung ihre Aufgaben in der Form des öffentlichen oder des privaten Rechts wahrnehmen wollen114. Dieses Wahlrecht kann jedoch immer nur innerhalb der vom Gesetzgeber verliehenen Satzungsautonomie ausgeübt werden. Denn der Verwaltung stehen zwar die privatrechtlichen Rechtsformen, nicht aber die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie i. S. d. Art. 2 Abs. 1 GG zu115. Dies bedeutet, dass auch wenn sich die Verwaltung der Formen des Privatrechts bedient, sie dadurch dennoch nicht die Stellung eines Privaten erlangt116. Es gibt Bindungen der öffentlichen Hand, die bei jeder Form des Tätigwerdens gelten, da sich diese (die öffentliche Gewalt einschränkenden) Rechtsgrundsätze nicht auf eine bestimmte Handlungsform beziehen, sondern die gesamte Rechtsordnung durchdringen117. Zuvorderst sind die auch für den hier diskutierten Bereich einschlägigen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Zuständigkeits-, Kompetenz- und Aufgabenbestimmungen zu nennen118. Eine Kompetenz, die der Verwaltung aufgrund der allgemeinen Vorschriften nicht zusteht, kann sie nicht über das Privatrecht für sich in Anspruch nehmen. Während also für ein privates Handlungssubjekt allein die Privatautonomie ausreichende Grundlage für die Wirksamkeit seines Handelns ist, benötigt ein öffentlich-rechtliches Handlungssubjekt eine aus seinem (öffentlich-rechtlich bestimmten) Aufgaben- und Funktionskreis abgeleitete Ermächtigung119. Es besteht daher für öffentliche Verwaltungsträger auch keine allgemeine Kompetenz i. S. d. § 1066 ZPO, Schiedsklauseln in ihre Satzungen (bzw. sonstigen Regelwerke) aufzunehmen120. Erforderlich ist eine spezialgesetzliche Ermächtigung hierzu121. 113

Zum Begriff vgl. Maurer, § 21 Rn. 1 ff. Grundlegend Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 II 2 Rn. 5 ff., § 23 IV Rn. 16; Bauer, in: R. Schmidt, § 10 II S. 493; Jarass, § 12 Rn. 19; Stober, § 32 I; Maurer, § 3 Rn. 9. 115 Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 V 2 Rn. 29; Maurer, § 3 Rn. 9; ebenso explizit für die Fähigkeit zur Einsetzung satzungsmäßiger Schiedsgerichte BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 44. 116 Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 V 1 Rn. 18. 117 Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 III Rn. 15. 118 Allgemein zu diesen begrenzenden Grundsätzen Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 III Rn. 15; BVerfG, Urt. v. 28.2.1961, BVerfGE 12, 205, 246; Bauer, in: R. Schmidt, § 10 II S. 493. 119 Schon BGH, Urt. v. 28.2.1956, BGHZ 20, 119, 124: „Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind jedenfalls grundsätzlich nur im Rahmen der ihnen durch Gesetz oder Satzung zugewiesenen Aufgaben- und Wirkungsbereichs zu einem rechtswirksamen Handeln befugt.“ 114

112 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Grundsätzlich hat der Gesetzgeber der Börse keine – wie etwa den Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts – unbegrenzte Satzungsautonomie eingeräumt („zur Regelung der eigenen Angelegenheiten“122); im BörsG sind lediglich einzelne, punktuelle Ermächtigungen123 enthalten124. Es fragt sich nun, ob die generelle Ermächtigung in § 13 BörsG zum Erlass der Börsenordnung ausreichend ist, um in dieser Börsenordnung eine Schiedsklausel aufzunehmen. Anerkannt ist, dass der Börsenrat nicht auf die in § 13 BörsG aufgezählten Regelungsgegenstände beschränkt ist, sondern weitere, für einen ordnungsgemäßen Handelsablauf an der Börse notwendige Regelungen treffen darf125. Aus dieser Überlegung heraus ist keine eindeutige Aussage möglich, ob (privatrechtliche) Schiedsklauseln in den Börsenordnungen geregelt werden dürfen. Allerdings ergibt sich die Antwort aus folgender Überlegung: wären die Schiedsklauseln in den Börsenordnungen als öffentlich-rechtliche Regelungen eingestuft worden, dann wäre eine satzungsmäßige Anordnung eines Schiedsgerichts wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt nicht möglich. Was im öffentlichen Recht jedoch nicht möglich ist, kann nicht über den Umweg des Privatrechts erreicht werden. Die im öffentlichen Recht bestehenden Bindungen können nicht über das Privatrecht umgangen werden126. Damit sind die statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen auch dann unwirksam, wenn man sie als privatrechtliche Regelungen betrachtet127.

120 So BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 44, für eine in der Satzung einer öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalt enthaltenen Schiedsklausel. 121 BGH, Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 44. 122 Obwohl auch diese nicht unbegrenzt ist, s. Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 III Rn. 15. 123 „Ermächtigung“ ist nicht im Sinne von Art. 80 Abs. 1 GG zu verstehen, der nach herrschender, wenn auch nicht unbestrittener Meinung auf Satzungen nicht anwendbar ist, s. BVerfG, Beschl. v. 9.5.1972, BVerfGE 33, 125, 157 f.; jedoch benötigen auch Satzungen als abgeleitete Rechtsquellen eine gesetzliche Grundlage, s. Maurer, § 4 Rn. 22, 23; Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 25 X 2 Rn. 49; Möstl, in: Erichsen/Ehlers, § 19 Rn. 12. 124 So auch Breitkreuz, S. 119. 125 Schon Rehm, § 4 BörsG Anm. 2; Schwark 2, § 4 BörsG Rn. 1, 2. 126 Ebenso Wolff/Bachof/Stober, VwR I, § 23 V 2 Rn. 32. Die hier dargestellte Argumentationskette ist wegen des öffentlich-rechtlichen Handlungssubjekts „Börse“ eine völlig andere als diejenige, die der BGH in seinem Grundsatzurteil zu den Monopolvereinen anführte, 3.4.2000, NJW 2000, 1713 f. Denn die Frage der (mittelbaren) Geltung der Grundrechte stellt sich bei privatrechtlichen Vereinen anders als bei privatrechtlichem Handeln der öffentlichen Hand. 127 Zu dieser Rechtsfolge vgl. BGH, Urt. v. 28.2.1956, BGHZ 20, 119, 123 f.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

113

b) Die Börsenusancen Rechtsgrundlage für den Erlass der Geschäftsbedingungen bzw. Börsenusancen ist § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG. Hierbei hat der Gesetzgeber jedoch nicht wie bei den BörsO in § 13 Abs. 1 BörsG die Rechtsform und Rechtsnatur der Börsenusancen im Gesetz vorgegeben. Wie diese genau zu qualifizieren sind und welchem Rechtsgebiet sie angehören, ist daher seit langem umstritten. (1) Rechtsnatur der Börsenusancen Die h. M. betrachtet die Börsenusancen als privatrechtliche Regelungen, wobei allerdings die genaue Qualifizierung strittig ist128. Eine Mindermeinung sieht in ihnen dagegen eine Satzung des öffentlichen Rechts129. Maßgeblich für die Zuordnung eines Rechtssatzes zum öffentlichen oder privaten Recht ist, ob der Rechtssatz die charakteristischen Eigenheiten einer der beiden Teilrechtsordnungen erfüllt130. Die Börsenusancen regeln ihrem Inhalt nach die genauere Ausgestaltung der an der Börse abgeschlossenen Geschäfte, die, wie bereits oben dargelegt, Geschäfte zwischen Privaten (den Handelsteilnehmern) darstellen131. Der Schwerpunkt ihrer Regelung liegt auf der Ausgestaltung von Rechten und Pflichten zwischen gleich geordneten Privatrechtssubjekten. Da sie somit die charakteristischen Merkmale des Privatrechts als einer auf Gleichordnung basierenden Rechtsordnung erfüllen, sind die Usancen insgesamt dem Privatrecht zuzuordnen132. So schon Pisko, in: Ehrenbergs Hdb., S. 527; in neuerer Zeit Schwark 2, Einl. §§ 50–70 BörsG Rn. 43, 44; MünchKomm-HGB/Schmidt, § 346 Rn. 19; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3; Heymann/Horn, § 346 HGB Rn. 18; Baumbach/Hopt, § 346 HGB Rn. 2; Kümpel 3, Rn. 8.435; Breitkreuz, S. 135; zur Rechtsformfrage sogleich unter B.III.2.b)(2). 129 Lenenbach, § 3 Rn. 3.24; z. T. findet sich auch eine doppelte Qualifizierung der Börsenusancen (Doppelnatur), s. v. Olenhusen, S. 62 ff., 67. 130 Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 12; zu den Kriterien hierfür, v. a. zu den Abgrenzungstheorien s. Maurer, § 3 Rn. 14 ff.; Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 13 ff. 131 s. erstes Kapitel A.II.; dies wird auch von der gegenteiligen Ansicht gesehen, Lenenbach, § 3 Rn. 3.24. 132 I. E. auch Schwark 2, Einl. §§ 50–70 BörsG Rn. 41 f.; Breitkreuz, S. 135. Allenfalls nach der Interessentheorie ließe sich die Zugehörigkeit zum öffentlich-rechtlichen Rechtskreis begründen, da die Börsenusancen auch (aber eben nicht nur) dem (öffentlichen) Interesse an einem reibungslosen Ablauf des Börsenhandels dienen. Dieses Interesse wird immer wieder zur Begründung der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Börse selbst hervorgehoben, stellvertretend Kümpel 3, 17.241 ff., 128

114 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Gegen die Ansicht, die die Börsenusancen als Satzung des öffentlichen Rechts ansieht, ist einzuwenden, dass allein die Rechtsnatur des Normgebers kein ausreichendes Indiz für die Rechtsnatur der Norm selbst ist, da anerkanntermaßen im Bereich der Leistungsverwaltung ein Wahlrecht hinsichtlich der Rechtsnatur der Regelung besteht133. Hauptargument der Gegenseite für den öffentlichen Charakter der Geschäftsbedingungen ist, dass sie einseitig den Handelsteilnehmern vorgegeben werden und für die zwischen ihnen geschlossenen Verträge unabhängig von ihrem Willen gelten134. Dies allein vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn mit dem Merkmal des „einseitigen Vorgebens“ finden sich Anklänge an die Terminologie des AGB-Rechts, vgl. § 305 Abs. 1 BGB, womit man sich wiederum im Bereich des Privatrechts bewegen würde. Denkbar wäre allenfalls, dass damit die (modifizierte) Subjekttheorie herangezogen werden sollte, wonach ein Rechtssatz dann dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, wenn er nur den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicher Gewalt zum Zuordnungssubjekt hat, wenn er sich also ausschließlich an den Staat wendet135. Jedoch statuieren die Börsengeschäftsbedingungen gerade kein Sonderrecht des Staates, sondern sie enthalten „Recht für jedermann“136 und können daher auch dieser Theorie nach nicht als öffentliches Recht angesehen werden. Gegen das Argument, dass die Usancen unabhängig vom Willen der Betroffenen gelten und deswegen öffentlich-rechtlich zu qualifizieren seien, ist zum einen einzuwenden, dass sie in § 1 dispositiv ausgestaltet sind und daher einem abweichenden Willen der Betroffenen durchaus Rechnung tragen. Zum anderen gibt es auch im Bereich des Privatrechts Konstellationen, in denen Bedingungen „unabhängig vom konkreten Willen der Betroffenen“ gelten. Gemeint sind in erster Linie AGB, auf deren Ausgestaltung der gewöhnliche Kunde keinerlei Einfluss hat, darunter fallen aber beispielsweise auch die Verfahrensordnungen institutionalisierter Schiedsgerichte. Wie zu Recht schon betont wird, beruht die Geltung einer Regelung aufgrund einer freien Willensbetätigung der Beteiligten häufig auf einer Fiktion. Damit sind die Börsenusancen als privatrechtliche Regelungen zu qualifizieren. 17.308. Jedoch reicht nach h. M. die Interessentheorie allein nicht aus, um die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Rechtsgebiet zu begründen, vgl. schon BVerwG, Urt. v. 25.10.1972, BVerwGE 41, 127, 130; Urt. v. 15.10.1964, BVerwGE 19, 308, 312; Maurer, § 3 Rn. 15, 19; Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 13. 133 Maurer, § 3 Rn. 14. 134 Lenenbach, § 3 Rn. 3.24. 135 Vgl. hierzu allgemein die Nachweise bei Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 15; Maurer, § 3 Rn. 17. 136 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 1 VwVfG Rn. 15.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

115

(2) Rechtsform Mit der Qualifizierung der Geschäftsbedingungen als zivilrechtliche Rechtssätze ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, als was sie ihrer Rechtsform nach einzuordnen sind. Dies ist entscheidend für den Anwendungsbereich des § 1066 ZPO, da dieser zwar für in Satzungen enthaltene Schiedsklauseln gilt, grundsätzlich nicht aber für solche in AGB. Ein Teil der Literatur betrachtet die Börsenusancen als Geschäftsbedingungen, auf die die §§ 305 ff. BGB nur eingeschränkt Anwendung finden137. Teilweise sieht man sie auch als Handelsbräuche i. S. d. § 346 HGB an138. Schließlich werden sie immer wieder als Rechtssätze sui generis, als objektives, dem Privatrecht zuzuordnendes Recht eingeordnet139. Die Qualifikation als Rechtssätze sui generis böte den leichtesten Ansatzpunkt für eine Subsumtion unter § 1066 ZPO, da unter einer „nicht auf Vereinbarung beruhenden Verfügung“ ein einseitiges privates Rechtsgeschäft verstanden wird, somit darunter auch eine Schiedsanordnung in einem Rechtssatz sui generis fallen könnte. Letztlich braucht die genaue Klassifikation jedoch dann nicht entschieden zu werden, wenn die i. S. d. § 1066 ZPO verbindliche Anordnung der Streitentscheidung durch Börsenschiedsgerichte in den Geschäftsbedingungen ohnehin unwirksam ist, und zwar unabhängig von der Rechtsform140. (3) Zulässigkeit der Schiedsklauseln in den Börsenusancen Damit die Schiedsklauseln in den Börsenusancen wirksam sind, müssen sie von der Ermächtigung in § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG gedeckt sein. Vom Wortlaut her ist keine eindeutige Beantwortung möglich, da § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG Schiedsklauseln nicht explizit nennt. Somit ist die Lösung wiederum in dem Spannungsfeld der Möglichkeiten und Grenzen der (Selbstverwaltungs-)Autonomie der Börse zu suchen. Insbesondere Schwark 2, Einl. §§ 50–70 BörsG Rn. 43, 44; ihm folgend MünchKomm-HGB/Schmidt, § 346 Rn. 19; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3; Heymann/Horn, § 346 HGB Rn. 18; Baumbach/Hopt, § 346 HGB Rn. 2, nicht eindeutig dagegen in § 13 BörsG Rn. 4; aus früherer Zeit schon Pisko, in: Ehrenbergs Hdb., S. 527 f. 138 Kümpel 3, Rn. 8.435 (ungeschriebener Handelsbrauch); Kisch, RheinZ I, 13, 29 (schriftlich fixierter Handelsbrauch); unentschieden (Handelsbrauch, sonst AGB); Baumbach/Hopt, § 13 BörsG Rn. 4. 139 Neuerdings Breitkreuz, S. 135; früher schon Cosack, S. 356 (§ 12 III). 140 Die Frage der Rechtsform der Börsenusancen wird unten viertes Kapitel B.I.1. nochmals aufgegriffen und entschieden. 137

116 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

Ausschlaggebend ist auch hier die Erwägung, dass, wäre eine Regelung in öffentlich-rechtlicher Form wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt nichtig, dieselbe Regelung dann nicht in der Form des Privatrechts ergehen kann, da sonst die öffentlich-rechtlichen Bindungen unzulässigerweise umgangen würden141. Somit sind die statutarischen Schiedsklauseln in den Geschäftsbedingungen, begriffen als (privatrechtliche) objektive, i. S. d. § 1066 ZPO verbindliche Anordnung eines Schiedsgerichts, unzulässig und unwirksam. Betrachtet man angesichts dieses Ergebnisses nochmals Sinn und Zweck der Geschäftsbedingungen, erscheint es sehr zweifelhaft, ob ihr Zweck wirklich darin liegt, eine i. S. d. § 1066 ZPO verbindliche Anordnung eines Börsenschiedsgerichts zu treffen. Dies kann tatsächlich nur bejahen, wer sie als objektives Recht (als Rechtssatz sui generis) begreift, da sie andernfalls immer nur im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft gelten und daher von einer satzungsmäßigen Anordnung nicht die Rede sein kann142. Unabhängig davon, ob man die Usancen als (schriftlich fixierten) Handelsbrauch oder als (aufgrund Handelsbrauchs entstandene) Geschäftsbedingungen versteht, ist m. E. die Annahme, es handle sich um objektives Recht, verfehlt. Die historische Entwicklung belegt, dass sich die Usancen als Bedingungen für die an der Börse abgeschlossenen Geschäfte im Laufe des Handels herausbildeten143. Sie schablonisierten die privatrechtliche Ausgestaltung der Börsengeschäfte zwecks Erleichterung des Handelsverkehrs. Dass später entstandenes AGB-Recht mit dem nun gängigen Verbraucherbegriff auf die tradierte Situation des Geschäftsabschlusses an den Börsen nicht mehr richtig passt, rechtfertigt es m. E. nicht, von objektivem Recht zu sprechen. Damit gelten die Usancen nicht kraft objektiven Rechts, sondern aufgrund individueller Vereinbarung144, was die Anwendung des § 1066 ZPO ausschließt. c) Die Schiedsgerichtsordnungen Nach dem bisher Gesagten erübrigt sich eine genaue Bestimmung der Rechtsnatur der Schiedsgerichtsordnungen, da deutlich wird, dass aus denselben Gründen, die gegen die Wirksamkeit statutarischer Schiedsklauseln 141 s. die ausführliche Argumentation oben im Zusammenhang mit der BörsO B.III.2.a)(2). 142 Ebenso schon Göppert, S. 194; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3; aus heutiger Zeit Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 13. 143 Vgl. Kisch, RheinZ I, 13, 28 f.; Zänsdorf, S. 80; ausführlich unten viertes Kapitel B.I.1., dort auch zu dem Streit zwischen Handelsbrauch und Geschäftsbedingung. 144 So schon Göppert, S. 111 f.; Huber, S. 630; a. A. Breitkreuz, S. 135.

B. Deutsches Recht: das Problem des § 1066 ZPO

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in der BörsO oder den Börsenusancen sprechen, auch eine Anordnung eines Schiedsgerichts i. S. d. § 1066 ZPO in den Schiedsordnungen unwirksam ist. Im Übrigen ist ebenfalls zweifelhaft, ob es überhaupt Zweck der Schiedsgerichtsordnungen ist, die Geltung des Schiedsgerichts verbindlich i. S. d. § 1066 ZPO anzuordnen145. Es spricht mehr dafür, die Schiedsgerichtsordnungen als organisatorische Normen zu begreifen, die das Schiedsverfahren inhaltlich näher ausgestalten. Sie regeln daher nicht die Voraussetzungen, nach denen das Schiedsgericht zuständig wird146. So betrachtet ist auch nichts gegen die Wirksamkeit der Schiedsgerichtsordnungen einzuwenden. Obwohl im Börsengesetz keine ausdrückliche Befugnis zur Aufstellung der Schiedsgerichtsordnung enthalten ist, ergibt sich diese doch als Annexkompetenz zu § 13 BörsG, wonach die Börse für die Gewährleistung eines reibungslosen Handels weitere Regelungen treffen darf147. Ist daher die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichts (durch individualvertragliche Vereinbarung) wirksam begründet, so entfalten die Schiedsgerichtsordnungen durchaus Geltung und sind beim weiteren Verfahren, insbesondere bei der Besetzung des Schiedsgerichts, zu beachten. IV. Zusammenfassung Den statutarischen Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen kann keine wirksame Anordnung eines Schiedsgerichts i. S. d. § 1066 ZPO entnommen werden. § 1066 ZPO ist grundsätzlich anwendbar. Denn zumindest die statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen können als unbedingte Einsetzung eines Schiedsgerichts (ohne Abschluss einer individuellen Schiedsvereinbarung) interpretiert werden. Zwar ließe der Wortlaut der Klauseln in den Börsenusancen und Schiedsgerichtsordnungen eine derartige Auslegung ebenfalls zu, jedoch ist von der ratio legis eine andere Interpretation her geboten. Denn die Börsenusancen gelten nur im Zusammenhang mit einem konkreten, an der Börse getätigten Geschäft und können daher nicht als sat145

So schon sehr differenziert Kisch, RheinZ I, 13, 19. Kisch, RheinZ I, 13, 19: „[Die Schiedsgerichtsordnung] bedeutet lediglich, dass das Schiedsgericht bestimmte Streitigkeiten zu entscheiden hat, wenn dieselben im Einzelfall seiner Zuständigkeit unterstehen. Ob aber letzteres anzunehmen sei, ob also eine bestimmte Angelegenheit vor das Schiedsgericht gehört, das ist gar nicht aus dem einzelnen Artikel der Schiedsgerichtsordnung zu entnehmen, sondern muss im Einzelfall aus sonstigen Normen erschlossen werden.“ 147 Schwark 2, § 4 BörsG Rn. 2; schon Nußbaum, § 4 BörsG Anm. I und § 28 BörsG Anm. I, der die Schiedsgerichtsordnung ausdrücklich als der Börsenordnung gleichwertige Ausführungsbestimmung qualifiziert; ähnlich Rehm, § 5 BörsG Anm. 32, 35; Uppenbrink, S. 11 unten. 146

118 3. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund statutarischer Schiedsklauseln

zungsmäßige Anordnung eines Schiedsgerichts verstanden werden. Die Schiedsgerichtsordnungen sollen das Verfahren nur näher ausgestalten, ohne eine Aussage darüber zu treffen, woraus das Börsenschiedsgericht seine Zuständigkeit erlangt. Des Weiteren können die Börsenschiedsgerichte als sog. echte Schiedsgerichte begriffen werden, da sie nicht auf einer gesetzlichen Anordnung beruhen. Denn eine Anordnung eines Schiedsgerichts in einer öffentlichrechtlichen Satzung ist mittels teleologischer Reduktion unter Berücksichtigung des § 173 VwGO nicht als gesetzliche Anordnung zu werten. Nach richtiger Auffassung ist schließlich § 1066 ZPO auch auf statutarische Schiedsklauseln anwendbar, und zwar unabhängig vom Streit um die (modifizierte) Normen- oder Vertragstheorie. Die richtige Interpretation des § 1066 ZPO erschließt sich aus seinem Pendant des § 1029 ZPO, der alle zweiseitigen Schiedsvereinbarungen erfasst, während § 1066 ZPO auf alle „mehrseitigen“ Schiedsvereinbarungen anwendbar ist. Trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des § 1066 ZPO auf die Schiedsklauseln der BörsO ist die dort vorgesehene satzungsmäßige Einsetzung von Börsenschiedsgerichten von der Kompetenz der Börse nicht gedeckt und erfolgt daher nicht „in gesetzlich statthafter Weise“ i. S. d. § 1066 ZPO. Denn es gibt weder eine öffentlich-rechtliche noch eine privatrechtliche Rechtsgrundlage der Börse hierzu. Qualifiziert man die BörsO als Satzung des öffentlichen Rechts, verstößt die Schiedsklausel mangels gesetzlicher Ermächtigung im BörsG gegen den Gesetzesvorbehalt. Qualifiziert man sie dagegen als privatrechtliche Regelung, ist diese ebenso wenig zulässig, da die Börse die bestehenden öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht über das Privatrecht umgehen darf. Ein deutsches Börsenschiedsgericht kann damit seine Zuständigkeit nicht aus den satzungsmäßigen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen ableiten.

C. Vergleich In Russland existiert keine dem § 1066 ZPO entsprechende Norm. Dementsprechend wird nur diskutiert, ob Börsenschiedsgerichte als verbindliche Schiedsgerichte anzusehen sind. Derartige Schiedsgerichte sind solche, deren Entscheidungszuständigkeit durch Gesetz oder anderen normativen Rechtsakt verbindlich vorgeschrieben ist. Dies entspricht in Deutschland dem Begriff des unechten Schiedsgerichts. Die Börsenschiedsgerichte gelten in Russland nicht als verbindliche Schiedsgerichte, weil ihre Einsetzung auf vertraglichem Charakter oder zumindest auf einem freiwilligen, voluntativen Element beruhe, was der An-

C. Vergleich

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nahme der Einsetzung durch hoheitlichen Akt widerspreche. Auch in Deutschland sind Börsenschiedsgerichte nach der hier vertretenen Auffassung als sog. echte Schiedsgerichte anzusehen, womit die Rechtsansichten in beiden Ländern übereinstimmen. Jedoch ist ein sehr bedeutsamer Unterschied hinsichtlich der Wirksamkeit der statutarischen Schiedsklauseln festzustellen. Während die satzungsmäßigen, mehrseitigen Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen in Russland als wirksam und damit bindend angesehen werden, entfalten sie in Deutschland keine Wirkung. Mit den statutarischen Schiedsklauseln der russischen BörsO ist jedoch auch nur ein Teil der möglichen Konstellationen abgedeckt, in denen ein Börsenschiedsgericht entscheiden kann. Daneben bleibt der Abschluss einer individuellen Vereinbarung für eine Reihe von Fällen immer noch notwendig, wie sogleich zu zeigen sein wird148. Ein deutsches Börsenschiedsgericht kann dagegen seine Kompetenz immer nur aus einer individuellen Schiedsvereinbarung ableiten. Damit ist Börsenschiedsgerichtsbarkeit auch in Deutschland als echte Schiedsgerichtsbarkeit anzusehen.

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s. viertes Kapitel B.II.

Viertes Kapitel

Zuständigkeitserlangung des Börsenschiedsgerichts aufgrund individueller Vereinbarung Die Schiedsvereinbarung ist das Herzstück eines jeden Schiedsverfahrens. Das die Schiedsgerichtsbarkeit beherrschende Prinzip lautet daher: ohne Schiedsvereinbarung kein Schiedsverfahren1. In diesem Abschnitt soll das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung spezifisch im Hinblick auf die an der Börse geltenden Gewohnheiten und Gebräuche untersucht werden. Zunächst ist das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht nach dem Schiedsvereinbarungsstatut zu bestimmen (A., S. 120 ff.). Danach ist auf die inhaltlichen Fragen des Zustandekommens (B., S. 141 ff.) und der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung (C., S. 147 ff.) einzugehen.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht Einige wichtige, jedoch nicht alle Fragen der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung werden durch internationales Einheitsrecht geregelt. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Normen ist es daher notwendig, das im Allgemeinen auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht zu bestimmen2. Dies ist Aufgabe des sog. Schiedsvereinbarungs- oder Schiedsvertragsstatuts, das über Zustandekommen und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheidet3. Es ist streng zu trennen vom Schiedsverfahrensstatut, nach welchem sich das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht richtet, und dem „Streitgegenstandsstatut“ oder Hauptsachestatut, welches das in der Hauptsache anwendbare Recht bestimmt4. 1 Für Deutschland stellvertretend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 2 (abgesehen vom Fall des § 1066 ZPO, dazu ausführlich oben drittes Kapitel); Lionnet, S. 54; für Russland Brunceva, S. 94; Lentz, S. 169; Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 764; Tarasov, S. 10; zum MG Weigand/Roth, Part 5, Art. 7 MG Rn. 1; international Redfern/Hunter, 1-06, 3-01. 2 Vgl. hierzu allgemein Schlosser, Rn. 219, 224 ff.; Geimer, Rn. 3785; Lachmann, Rn. 194; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 249; Lebedev, S. 88 ff. 3 Geimer, Rn. 3791 und Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91; Epping, S. 39; für den Bereich des UNÜ Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 40.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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Soweit allerdings für Einzelfragen besondere Kollisionsregeln wie etwa für die objektive oder subjektive Schiedsfähigkeit bestehen, sind diese gesondert anzuknüpfen5. I. Die Frage nach der richtigen Anknüpfung In der deutschen Doktrin6 ist umstritten, wie das Schiedsvertragsstatut anzuknüpfen ist: internationalprivatrechtlich7 oder internationalprozessrechtlich8. Grundlage dieser unterschiedlichen Anknüpfung ist der Streit um die dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung. Konsequenterweise knüpften früher die Vertreter der Ansicht, der Schiedsvertrag stelle einen materiellrechtlichen Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen dar, das Schiedsvertragsstatut internationalprivatrechtlich an9; die Vertreter der Ansicht, der Schiedsvertrag sei ein prozessrechtlicher Vertrag, dagegen internationalprozessrechtlich10. Konsequenz der Unterscheidung war, dass die Vertreter der ersten Meinung Art. 27 ff. EGBGB direkt11 oder analog12 anwenden wollen, die Vertreter der gegenläufigen Ansicht dagegen „eigene – wenn auch weitgehend übereinstimmende – Normen des internationalen Prozessrechts“13. 4 Geimer, Rn. 3721 ff.; Stein/Jonas/Schlosser, § 1025 ZPO Rn. 6; MünchKommZPO/Münch, § 1029 Rn. 13; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 18. 5 Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91; ähnlich Lebedev, S. 89; von einem „kollisionsrechtlichen Konglomerat“ der Schiedsvereinbarung spricht MünchKomm-ZPO/ Münch, § 1029 Rn. 13; s. a. Redfern/Hunter, 1-01, 2-03. 6 Soweit ersichtlich, wird eine entsprechende Diskussion in der russischen Literatur nicht geführt. 7 Dafür vor allem die Rechtsprechung, stellvertretend BGH, Urt. v. 28.11.1963, BGHZ 40, 320, 322 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.1995, RIW 1996, 239 f. (alle Entscheidungen ergingen zum alten Recht); wohl auch Schlosser, Rn. 244, 249 ff.; zum neuen Recht MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 13 (Fn. 60); MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 333 (ohne Auseinandersetzung mit dem neuen Schiedsrecht); allg. Epping, S. 44. 8 Vor allem Geimer, Rn. 3786; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91; neuerdings auch Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3387. 9 So vor allem die Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1963, BGHZ 40, 320, 322 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.1995, RIW 1996, 239 f.; aber auch MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 13 (Fn. 60). 10 So Geimer, Rn. 3786. 11 Basedow, JPS 1 (1987), 3, 8 ff.; BGH, Urt. v. 28.1.1963, BGHZ 40, 320, 322; explizit für das neue Recht Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1029 ZPO Rn. 11 (ohne Auseinandersetzung mit § 1059 ZPO); wohl auch Lachmann, Rn. 195. 12 Schlosser, Rn. 244: in Art. 37 EGBGB sind Schiedsverträge als Vorbehalt – anders als in Art. 1 Abs. 2 lit. d EVÜ – nicht enthalten, weshalb Art. 27 ff. EGBGB auf Schiedsverträge entsprechend angewandt werden könnten. 13 Geimer, Rn. 3786; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3387.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Im praktischen Ergebnis besteht heutzutage allerdings kein Unterschied zwischen den beiden unterschiedlichen Ansätzen, wenden doch beide dieselben (Kollisions-)Normen auf die Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts an14. Es erscheint daher angesichts dieser Übereinstimmung im Ergebnis gerechtfertigt zu sein, diesen Streit unentschieden zu lassen. Wie schon früher festgestellt wurde15, macht letztlich die Ausstrahlungswirkung der Kollisionsregeln der internationalen Übereinkommen die dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung entbehrlich, da ohnehin alle die Schiedsvereinbarung nach diesen Regeln anknüpfen, ohne allerdings zu sagen, ob sie diese nun als internationalprozessrechtliche oder -privatrechtliche Regelungen qualifizieren. Dabei ist nach dem Wortlaut der nunmehr gleich lautenden internationalen und nationalen Kollisionsregeln die Schiedsvereinbarung in allen Stadien immer eigenständig anzuknüpfen16. II. Der Grundsatz der freien Rechtswahl 1. Allgemeines Nach den Kollisionsregeln in Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und Art. VI Abs. 2 S. 1 EuÜ untersteht die Schiedsvereinbarung primär dem von den Parteien gewählten Recht17. Im deutschen autonomen Recht findet sich eine nun inhaltlich gleichlautende Kollisionsregel in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO18. Aufgrund des gleichen Wortlauts sämtlicher Kollisionsregeln ist für die Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts eine genaue Abgrenzung der Anwendungsbereiche der internationalen Übereinkommen zueinander und zum autonomen deutschen Recht nunmehr entbehrlich geworden19. 14 Vgl. einerseits MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 14 ff.; andererseits Geimer, Rn. 3786 ff. 15 Dezidiert Schlosser, Rn. 250. 16 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 13; im Prinzip ebenfalls Schlosser, Rn. 223, 246 im Umkehrschluss (dort noch zur unselbständigen Anknüpfung nach § 1044 ZPO a. F.). 17 Vgl. Geimer, Rn. 3786; Schwab/Walter, Kap. 43 Rn. 6; Lionnet, S. 169 f.; Karabel’nikov, 1–77; Lebedev, S. 90, 93; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 16. 18 Dafür, dass § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO als Kollisionsregel zu begreifen ist, spricht schon der Wortlaut, der demjenigen in Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ bzw. Art. VI Abs. 2 S. 1 EuÜ nachgebildet ist; vgl. aber auch die Gesetzesbegründung BTDrucks. 13/5274, S. 43; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 254; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91a; Epping, S. 45 f.; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 40. 19 So auch Epping, S. 47.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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Eine inhaltlich entsprechende Norm enthält mit Übernahme des MG nunmehr auch das IHSchG in Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1 bzw. Art. 36 Pkt. 1 Nr. 120. Dagegen fehlt eine Regelung bezüglich des Schiedsvereinbarungsstatuts im SchGG21. Konstellationen internationaler Art, die nicht unter den Anwendungsbereich des IHSchG fallen, sind jedoch durchaus denkbar, wenn beispielsweise ein ausländischer Privatanleger an einer russischen Börse Wertpapiere kauft oder verkauft22. Da Russland den besonderen Vorbehalt erklärt hat, nur im Falle der vereinbarten und verbürgten Gegenseitigkeit Schiedssprüche eines Nichtvertragsstaates nach Maßgabe des UNÜ zu vollstrecken, muss eine Kollisionsnorm für diejenigen Fälle gefunden werden, die weder unter den Anwendungsbereich des UNÜ noch unter denjenigen des IHSchG fallen. Es bietet sich an, in diesem Fall auf die allgemeine Kollisionsregel des Art. 1210 ZGB zurückzugreifen. Zwar sind die Normen des ZGB gem. Art. 2 ZGB grundsätzlich nur auf zivilrechtliche Rechtsbeziehungen anwendbar. Nach h. M. wird in Russland die Schiedsvereinbarung als gemischt materiellrechtlich-prozessrechtlicher Vertrag verstanden23. Da das Schiedsvereinbarungsstatut gerade auch die Fragen der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung regelt, die als materiell-rechtliche Fragen qualifiziert werden24, ist es gerechtfertigt, auf diesen Teil der Schiedsvereinbarung Art. 1210 ZGB anzuwenden. Bestätigt wird dies durch Art. 1186 Pkt. 1 S. 2 ZGB, wonach die Kollisionsregeln der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht im ZGB, sondern im IHSchG enthalten sind. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Kollisionsregeln für Sachverhalte außerhalb der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom ZGB erfasst sind25. 20 Ebenso Brunceva, S. 103; Makovskij/Karabel’nikov, MKA 2004, Nr. 3, S. 16, 30; von versteckten Kollisionsregeln sprechen Märkl, S. 134; Lentz, S. 178; zum MG schon Lebedev, S. 100. 21 Dort heißt es in Art. 42 Nr. 1 nur, dass die Schiedsvereinbarung unwirksam ist nach den Gründen, die in diesem föderalen Gesetz bzw. in einem anderen föderalen Gesetz vorgesehen sind; eine ähnliche Formulierung enthält Art. 46 Pkt. 2 Nr. 1 SchGG. Aus den inhaltlich fast gleich lautenden Art. 233 Pkt. 2 Nr. 1 APK und Art. 421 Pkt. 2 Nr. 1 ZPK ist ebenfalls keine Kollisionsregel ableitbar. 22 s. schon oben erstes Kapitel C.IV. Grundsätzlich existieren keine Beschränkungen hins. des Erwerbs russischer Aktien mit Ausnahme der Aktien von GAZPROM, s. Ukaz Prezidenta Rossijskoj Federacii (Ukaz des Präsidenten der RF) v. 28.5.1997 Nr. 529 „O porjadke obrašcˇenija akcij rossijskogo akcionernogo obšcˇestva ‚GAZPROM‘ na period zakreplenija v federal’noj sobstvennosti akcij rossijskogo akcionernogo obšcˇestva ‚GAZPROM‘ “, SZ RF 1997, Nr. 22, Pos. 2569. In Pkt. 2 des Ukaz’ ist festgeschrieben, dass Ausländer insgesamt nicht mehr als 9% der Aktien besitzen dürfen. Zur Definition des Verbrauchers nach russischem Recht s. unten viertes Kapitel C.III.2.b)(3). 23 s. Vinogradova, avtoreferat, S. 20 f.; Jarkov/Jarkov, Art. 4 APK Pkt. 6, S. 10 f. 24 So Vinogradova, avtoreferat, S. 20 f.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Gem. Art. 1210 Pkt. 1 ZGB besitzen die Parteien völlige Freiheit, welches Recht sie als auf den Vertrag anwendbares wählen. Somit gilt nach russischem Kollisionsrecht ebenfalls der Grundsatz der freien Rechtswahl. Die genannten Kollisionsregeln finden, soweit ihr Wortlaut dies nicht ohnehin zulässt, entsprechend auch im Einredestadium vor dem staatlichen Gericht und selbst im Verfahren vor dem Schiedsgericht Anwendung, um den internen und internationalen Entscheidungseinklang zu fördern26. 2. Grundsatz der freien Rechtswahl ohne Auslandsbezug? In der deutschen Literatur mehren sich in jüngster Zeit die Stimmen, die eine Rechtswahl auch dann zulassen wollen, wenn ein Auslandsbezug fehlt27. Diesem ist zuzustimmen, da nach dem Wortlaut des Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und des Art. VI Abs. 2 S. 1 EuÜ – und jetzt auch übereinstimmend § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO – kein Bezug zwischen der Schiedsvereinbarung und dem gewählten Recht bestehen muss28. Nach der Systematik der ZPO findet § 1059 ZPO dann Anwendung, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens gem. § 1025 Abs. 1 ZPO in Deutschland liegt. Das Recht, die Schiedsvereinbarung einem frei gewählten Recht zu unterstellen, ist nach dem Wortlaut des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO an keine weitere Voraussetzung gebunden, weshalb auch nicht länger an dem ohnehin schwachen Erfordernis des internationalen Bezugs29 festgehalten werden sollte. Eine Unterscheidung nach nationaler oder internationaler Schiedsvereinbarung scheint daher nach deutschem Recht für die Frage der Rechtswahlfreiheit entbehrlich zu sein. 25 Ebenso Vel’jaminov/Zykin, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1186 ZGB Pkt. 3, S. 291. 26 Ganz h. M.; vgl. Schlosser, Rn. 251; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 14 f.; Lebedev, S. 93; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 59, 61; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3304, 3390 f. und Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 254; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 9; Epping, S. 46; Schwab/Walter, Kap. 43 Rn. 2; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91b; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 40; Gildeggen, S. 137; BT-Drucks. 13/5274, S. 43; Karabel’nikov, 1–77; Märkl, S. 135; a. A. Schütze, Rn. 93. 27 Geimer, Rn. 3787; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 16; Lachmann, Rn. 195; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 250; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3392; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 17; zweideutig dagegen Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 28. 28 Stellvertretend Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 77; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 10; Bertheau, S. 35. 29 So auch Geimer, Rn. 3787; zu den (nach altem Recht) erforderlichen Anhaltspunkten, bei denen bereits ein internationaler Bezug angenommen wurde, Schlosser, Rn. 231.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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Eine entsprechende Diskussion wird in der russischen Literatur, soweit ersichtlich, nicht geführt. Da im Anwendungsbereich des SchGG mangels eigener Kollisionsregel auf Art. 1210 ZGB zurückgegriffen werden muss, ist gem. Art. 1186 ZGB die Rechtswahlfreiheit des Art. 1210 ZGB nur eröffnet, wenn es sich um einen „internationalen Sachverhalt“ handelt. Gleiches gilt für die Kollisionsregeln der Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1, 36 Pkt. 1 Nr. 1 IHSchG. Denn da der Anwendungsbereich des Art. 1 IHSchG zwingend ein internationales Element erfordert, ist die Interpretation ausgeschlossen, dass eine Rechtswahl auch ohne Auslandsbezug zulässig ist. Damit erscheint im russischen Recht eine Rechtswahl nur bei einem „internationalen Sachverhalt“ zulässig zu sein, wobei die Anforderungen an die Internationalität je nach Kollisionsnorm verschieden sind. 3. Besonderheiten der Anforderungen an die Rechtswahl Die Rechtswahl kann ausdrücklich oder konkludent30 getroffen werden, wobei vor allem die Voraussetzungen einer konkludenten Rechtswahl und ihrer Abgrenzung zur subsidiären Anknüpfung an den Schiedsort kontrovers diskutiert werden31. Streit wirft insbesondere die Frage auf, wie sich eine Wahl zugunsten des auf die Hauptsache anwendbaren Rechts auf die Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts auswirkt, da in der Rechtspraxis kaum je eine ausdrückliche Rechtswahl hinsichtlich des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts getroffen wird32. Einerseits soll nach „allgemeinen Regeln“ und mangels abweichender Vereinbarung eine Rechtswahl des Hauptsachestatuts auch das Schiedsvereinbarungsstatut umfassen33. Dagegen wird angeführt, dass dies mit dem Grundsatz der Selbständigkeit der Schiedsklausel gegenüber dem Hauptvertrag kaum vereinbar ist34. Eine Erstreckung der Rechtswahl des Hauptver30 Da für sie kein Formerfordernis aufgestellt ist, vgl. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 77; van den Berg, S. 292 f.; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 10; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 18; Lebedev, S. 90; kaum erörtert von Karabel’nikov, 1–85 ff. Vgl. zu den im Einzelnen an eine konkludente Rechtswahl zu stellenden Anforderungen Lachmann, Rn. 196; Epping, S. 51 ff. 31 Ausführlich zum Meinungsstand im deutschen Recht Epping, S. 50 ff. 32 So Karabel’nikov, 1–85; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3392; Lionnet, S. 170. 33 So Brunceva, S. 103, 121; anders sei es nur, wenn die Schiedsvereinbarung nachträglich, d. h. erst nach Abschluss des Hauptvertrags abgeschlossen wurde; wohl auch Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 42; und die frühere deutsche Rechtsprechung, s. BGH, Urt. v. 28.11.1963, BGHZ 40, 320, 323; BGH, Urt. v. 12.2.1976, NJW 1976, 1591. 34 Karabel’nikov, 1–85, 1–86; Lionnet, S. 170; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 18; nach Lebedev, S. 90, ist die Wahl eines institutionellen Schieds-

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

trags auf die Schiedsvereinbarung ist auch deswegen abzulehnen, weil sich die Zwecke von Haupt- und Schiedsvertrag zu stark voneinander unterscheiden. Dagegen entspricht es den Interessen der Parteien und dem inneren Entscheidungseinklang, gerade einen Gleichlauf zwischen Schiedsverfahrens- und Schiedsvereinbarungsstatut anzunehmen35. Damit ist eine Rechtswahl zugunsten des in der Hauptsache anwendbaren Rechts nicht als (konkludente) Rechtswahl hinsichtlich des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts zu werten. Die Gültigkeit der Rechtswahl selbst richtet sich im internationalen und deutschen Recht nach dem von den Parteien „anscheinend“ gewählten Recht36. Art. 1210 ZGB enthält keine Regelung bezüglich der Frage, nach welchem Recht über die Gültigkeit einer Rechtswahl zu entscheiden ist. Obwohl der Abschnitt VI des ZGB über das internationale Privatrecht große Ähnlichkeit zum Römischen Schuldrechtsübereinkommen (EVÜ) aufweist, können die Regeln des EVÜ (insbesondere Art. 3 Abs. 4 EVÜ) nicht ergänzend zur Ausfüllung dieser Lücke herangezogen werden, da die russische Föderation ihre Regelungen autonom ohne jegliche Verpflichtung hinsichtlich der Umsetzung des EVÜ getroffen hat. Nichtsdestotrotz erscheint aus logischen Gründen ein anderer Schluss als derjenige, dass sich die Gültigkeit der Rechtswahl nach dem „anscheinend“ gewählten Recht richtet, nicht sinnvoll zu sein. III. Objektive Anknüpfung mangels Rechtswahl Gem. Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und Art. VI Abs. 2 lit. b EuÜ ist mangels ausdrücklicher oder konkludenter Rechtswahl der Parteien das Recht des Landes anzuwenden, in welchem der Schiedsspruch ergangen ist bzw. ergehen soll37. gerichts als konkludente Wahl des Rechts des Schiedsorts als des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts zu werten. 35 BGH, Urt. v. 23.4.1998, NJW 1998, 2452; Geimer, Rn. 3724, 3789 f.; Zöller/ Geimer, § 1029 ZPO Rn. 95; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 16; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 256; ders., in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3394; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 18; Epping, S. 55, Schlosser, Rn. 251. Ein Rückschluss vom gewählten Verfahrensstatut auf das Schiedsvereinbarungsstatut (als konkludente Rechtswahl) ist jedoch dann abzulehnen, wenn die Schiedsrichter das Verfahrensrecht festgelegt haben. 36 BGH, Urt. v. 10.5.1984, NJW 1984, 2763, 2764; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3306; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 64; Epping, S. 57; Gildeggen, S. 131 f. (zum UNÜ). Im deutschen Recht folgt dies aus den Gedanken der Art. 3 Abs. 4 EVÜ/Art. 27 Abs. 4 EGBGB, s. Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91a.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO wiederholt dies für Deutschland, da die deutschen (Kollisions-)Regeln grundsätzlich gem. § 1025 Abs. 1 ZPO nur dann Geltung beanspruchen, wenn der Ort des Schiedsverfahrens in Deutschland liegt. Entsprechendes gilt gem. Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1 i. V. m. Art. 1 Pkt. 1 IHSchG für Russland38. Im Anwendungsbereich des SchGG muss mangels eigener Kollisionsregeln39 wiederum auf das ZGB zurückgegriffen werden. In Betracht kommt die Kollisionsregel des Art. 1211 ZGB. Allerdings passt die Systematik der Pkt. 2, Pkt. 3 (Erfüllung der Verbindlichkeit, welche für den Vertragsinhalt entscheidende Bedeutung besitzt) nicht besonders gut auf eine Börsenschiedsvereinbarung. Einzig Art. 1211 Pkt. 4 Nr. 3 ZGB könnte hierfür herangezogen werden, da die Schiedsvereinbarung für ein an der Börse getätigtes Geschäft abgeschlossen wird, somit auf das Recht des Landes zurückgegriffen werden kann, in welchem sich die Börse befindet40. Zu demselben Ergebnis kommt man allerdings auch, wenn man sich überlegt, was bei einer (Börsen-)Schiedsvereinbarung das Element ist, das die engste Verbindung i. S. d. Art. 1211 Pkt. 1 ZGB darstellt. Im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit dürfte wohl inzwischen international anerkannt sein, dass der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens das Element ist, das fast überall über die „Nationalität“ eines Schiedsverfahrens entscheidet. Dieses Territorialitätsprinzip ist auch in den beiden russischen Schiedsgesetzen in Art. 1 Pkt. 1 IHSchG und Art. 1 Pkt. 1 SchGG verankert. Nach Art. 1211 Pkt. 1 ZGB i. V. m. Art. 1 Pkt. 1 SchGG besteht daher im Falle einer Schiedsvereinbarung die engste Verbindung zu dem Land, in welchem sich der Schiedsort befindet41. Damit stimmt das nach den nationalen Kollisionsregeln anwendbare Recht mit dem Recht des Staates überein, in welchem das Schiedsverfahren i. S. d. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ stattgefunden hat42. Rück- und Weiterver37 s. Lebedev, S. 90, 93; Karabel’nikov, 1–86, (lex arbitri); wohl ebenso Brunceva, S. 103; Schlosser, Rn. 240 f.; van den Berg, S. 294; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 19; zweideutig Lionnet, S. 170. 38 So i. E. Makovskij/Karabel’nikov, MKA 2004, Nr. 3, S. 16, 30, jedoch ohne auf konkrete Normen zu verweisen; desgleichen Komarov, MKA 2004, Nr. 1, S. 6, 13; Märkl, S. 134. 39 Meiner Ansicht nach ist es nicht vertretbar, Art. 46 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 SchGG als Kollisionsregel aufzufassen. 40 Obwohl mit der Formulierung des Art. 1211 Pkt. 4 Nr. 3 ZGB wohl in erster Linie der Hauptvertrag gemeint sein dürfte, also das direkt an der Börse abgeschlossene Geschäft, für das die Schiedsvereinbarung gelten soll. 41 Was bei einer Börsenschiedsvereinbarung das Land ist, in welchem sich die Börse befindet. Generell gilt dies auch bei ausländischem Schiedsort, s. Märkl, S. 134.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

weisungen sind unbeachtlich; die Kollisionsregeln sind als Sachnormverweisungen aufzufassen43. Sie gelten wiederum (zumindest analog) in allen Stadien des schiedsrichterlichen Verfahrens44. Schwierigkeiten bereitet allerdings der Fall, in dem der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist. Nach h. M. ist in diesem Fall auf Art. VI Abs. 2 lit. c EuÜ zurückzugreifen, der die lex fori des angerufenen Gerichts zur Entscheidung beruft45. Damit ist jedoch nicht viel gewonnen, da weder das deutsche bzw. russische Kollisionsrecht noch das deutsche/russische Sachrecht diesen Fall regeln. Man wird daher doch auf die Wertung des Art. 28 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 1211 Pkt. 1 ZGB zurückgreifen müssen, der auf die engste Verbindung abstellt46. Diese wird dann häufig – mangels anderer Anhaltspunkte – im Statut der Hauptsache gesehen47. IV. Schranken Der Freiheit der Rechtswahl oder der objektiven Anknüpfung können durch besondere Rechtsnormen Schranken gezogen werden. Welche dies sind, soll in diesem Abschnitt untersucht werden.

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Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 78 für das deutsche Recht. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 14; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91a; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 9; van den Berg, S. 291; ausführlich Epping, S. 47 ff.; zum alten Recht ebenso noch unter Hinweis auf Art. 17 EVÜ/Art. 35 Abs. 1 EGBGB Schlosser, Rn. 234. 44 Stellvertretend Schlosser, Rn. 251; Karabel’nikov, 1–77. 45 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 186; Schwab/Walter, Kap. 43 Rn. 2; Epping, S. 46; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3307, 3376; Lebedev, S. 94; Schlosser, Rn. 241; zu den Schwierigkeiten der Bestimmung der lex fori des Schiedsgerichts, Schlosser, Rn. 209, 726. 46 Zum deutschen Recht MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 17; Staudinger/ Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 258; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3398; Epping, S. 46. 47 Geimer, Rn. 3789; Schlosser, Rn. 245; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 258; Epping, S. 46; zu den Gründen, warum es im Übrigen keinen Zusammenhang zwischen Hauptsache- und Schiedsvereinbarungsstatut geben sollte, Geimer, Rn. 3724; Schlosser, Rn. 254. 43

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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1. Parallele Anwendbarkeit besonderer verbraucherschützender Kollisionsnormen? a) Im deutschen Recht: Art. 29 ff. EGBGB Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob nicht doch trotz gem. Rechtswahl oder kraft objektiver Anknüpfung anwendbaren ausländischen Rechts die verbraucherschützenden Sachvorschriften des deutschen Rechts über Art. 29 ff. EGBGB Anwendung finden müssen. Das OLG Düsseldorf hatte dies 1996 für einen Vertrag über Börsentermingeschäfte so entschieden, in dem eine Rechtswahl zugunsten englischen Rechts und eine Schiedsklausel zugunsten des London Court of International Arbitration enthalten war, und kam so zur Anwendung deutschen Rechts48. Inhaltlich reduziert sich die Frage darauf, ob für das neue deutsche Schiedsrecht neben der Kollisionsregel des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO noch auf Art. 29 ff. EGBGB zurückgegriffen werden darf. Während einige § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO als abschließende Regelung betrachten49, befürworten andere eine zumindest analoge Anwendung der Art. 29 ff. EGBGB50. Voraussetzung für eine Analogiebildung ist neben der Ähnlichkeit des ungeregelten Sachverhalts mit dem in der analog anzuwendenden Vorschrift geregelten Sachverhalt, dass eine planwidrige Regelungslücke für diesen Sachverhalt besteht51. Dafür, dass die §§ 1025 ff. ZPO den Verbraucherschutz (planwidrig) unvollständig regeln, könnte die Rezeption des UNCITRAL-Modellgesetzes sprechen, da dieses an sich nur für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit konzipiert ist und daher nicht den Schutz des Verbrauchers zum Gegenstand hat. Jedoch sprechen Regelungen des deutschen Gesetzes wie etwa § 1031 Abs. 5 ZPO gegen das Vorhandensein einer derartigen planwidrigen Lücke, da der deutsche Gesetzgeber den Verbraucherschutz in der Umsetzung des MG durchaus bedacht hat. Auch außerhalb der §§ 1025 ff. ZPO gibt es speziell auf die Schiedsgerichtsbarkeit abzielende verbraucherschützende Vorschriften wie z. B. § 37h WpHG52. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Kollisionsregeln des UNÜ, 48 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1996, WM 1996, 1489 ff.; die Entscheidung erging allerdings nach altem Recht. 49 So Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 257, 254 m. w. N. auch zu (derselben) h. M. bezüglich des Modellgesetzes; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3391, 3396; Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 91; Epping, S. 46; Hau, IPRax 1999, 232, 234. 50 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 15 a. E. 51 Larenz, S. 381. 52 Dazu unten C.IV.2.a)(3).

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

die Vorbild für diejenigen des MG und damit auch derjenigen der ZPO waren, nicht zwischen Unternehmern und Verbrauchern unterscheiden, sofern nicht der Handelssachenvorbehalt nach Art. I Abs. 3 S. 2 UNÜ erklärt wurde, was jedoch Deutschland nicht getan hat. M. E. ist es aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt, über Art. 29 ff. EGBGB ein Sonderkollisionsrecht für die Zwecke des Verbraucherschutzes zu schaffen. Es bleibt damit allein bei der Anknüpfung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO53. Daraus folgt, dass auch eine Rechtswahl nicht mehr durch Art. 29, 29a und 30 EGBGB eingeschränkt werden kann. Einzige Schranke der Rechtswahlfreiheit ist somit der ordre public-Vorbehalt nach Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ bzw. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO54. b) Im russischen Recht: Art. 1212 ZGB Art. 1212 ZGB hält im russischen Recht eine entsprechende verbraucherschützende Kollisionsregel bereit. Allerdings wird nicht diskutiert, ob Art. 1212 ZGB auf das Statut der Schiedsvereinbarung Anwendung finden sollte, obwohl dies nach dem Anwendungsbereich des ZGB her zumindest auf den materiell-rechtlichen Teil der Schiedsvereinbarung möglich wäre. Soweit das IHSchG betroffen ist, dürfte ein Rückgriff auf Art. 1212 ZGB aus sachlichen Gründen ausgeschlossen sein. Denn gem. Art. 1 IHSchG sind Beziehungen zu einem Verbraucher – als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 1212 ZGB – vom Anwendungsbereich des IHSchG nicht erfasst. Anders sieht dies allerdings im Bereich des SchGG aus, da 53 Ausdrücklich ebenso Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3396. Die oben zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1996, WM 1996, 1489 ff., zur Anwendbarkeit der Art. 29 EGBGB konnte selbstverständlich damals noch nicht unter den soeben dargestellten Gesichtspunkten untersucht werden. Sie ist dennoch im Schrifttum auf scharfe Kritik gestoßen, insbesondere weil sie die Klauseln als überraschende Klauseln i. S. d. § 3 AGBG (jetzt § 305c Abs. 1 BGB) wertete, dazu sogleich unter A.V. s. a. Samtleben, ZEuP 1999, 974 ff.; Thorn, IPRax 1997, 98 ff.; Mankowski, RIW 1996, 1001 ff.; Aden, RIW 1997, 723 ff. Im Übrigen weist Schlosser, FS Steindorff, S. 1379, 1384 zu Recht darauf hin, dass in Konstellationen wie derjenigen, die der Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1996, WM 1996, 1489 ff., zugrunde lag, wonach eine ausländische Brokerfirma mit der Durchführung von Börsengeschäften an einer ausländischen Börse (im Fall der Londoner Börse) beauftragt war, häufig der Ausschlusstatbestand des Art. 29 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EGBGB gegeben sein wird; eine andere Beurteilung ist ihm zufolge nur geboten, wenn eine inlandsansässige Firma die „Vermittlung“ dieser Geschäfte übernimmt, außer wenn diese Firma als Bevollmächtigte der ausländischen Firma angesehen werden kann. 54 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3306; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 10; Gildeggen, S. 127 ff.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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hier ohnehin auf die allgemeinen Kollisionsregeln des ZGB zurückgegriffen werden muss. Damit besteht für das SchGG die theoretische Möglichkeit der Anwendung des Art. 1212 ZGB, obwohl dies in der russischen Literatur und Praxis nicht diskutiert wird. 2. Ordre public und international zwingende Normen Die Gründe für die Annahme eines ordre public-Verstoßes sind außerordentlich vielfältig. Wegen des börsenrechtlichen Zuschnitts dieser Untersuchung sollen hier nur die für diesen Bereich relevanten herausgegriffen werden. In Betracht kommen insbesondere zwingende wirtschaftsrechtliche Vorschriften, deren Missachtung einen ordre public-Verstoß zur Folge haben kann55. Im deutschen Recht soll insbesondere auf die Spruchpraxis des BGH bis zum Erlass des 4. FMFG zur Anerkennungsfähigkeit von Schiedsvereinbarungen eingegangen werden, in denen die Entscheidung durch ein ausländisches Schiedsgericht vorgesehen war und die der BGH regelmäßig am ordre public-Vorbehalt scheitern ließ56. Danach sollen die in der russischen Literatur derzeit aktuellen Überlegungen zum ordre public-Vorbehalt erläutert werden.

55 s. a. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 145; ähnlich Traspov, MGAP 2003, Nr. 7, S. 28, 30. Ordre public und international zwingende Normen unterscheiden sich in der Perspektive des Rechtsanwenders, haben aber sonst eine gemeinsame Funktion: bestimmten Normen auch dann zur Geltung zu verhelfen, wenn im Übrigen ein anderes Recht angewandt wurde. So dient die Figur der international zwingenden Normen in der Regel dazu, aus der Sicht des Rechtsanwenders ausländischem Recht Geltung zu verschaffen. Beim ordre public geht es dagegen darum, ob das ausländische „Recht“ gegen zwingende eigene Bestimmungen verstößt. Diese zwingenden Bestimmungen können daher einmal als international zwingende Normen oder als ordre public-Verstoß eine Rolle spielen, weshalb sie hier zusammen erörtert werden sollen. s. a. Wagner, S. 361 (Fn. 66). 56 Zu der dogmatischen Frage, ob dieser Streit konsequenterweise besser bei Art. 34 EGBGB festzumachen gewesen wäre, vgl. Häuser/Welter, in: Assmann/ Schütze, § 16 Rn. 556, 542; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 302; Bork/Stöve, S. 22 ff.; da der BGH allerdings in ständiger Rechtsprechung immer auf den ordre public abstellte, soll die Diskussion auch unter diesem Punkt geführt werden.

132

4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

a) Deutsches Recht (1) Zulässigkeit von ordre public-Erwägungen bei Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung In der deutschen Literatur ist umstritten, ob Erwägungen des ordre public bereits im Einredestadium berücksichtigt werden dürfen und so eine Schiedsvereinbarung unwirksam machen können. Eine Ansicht verneint die Anwendbarkeit von ordre public-Erwägungen im Einredeverfahren57, weil gem. Art. II UNÜ der ordre public-Vorbehalt für die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen gerade nicht gelte, sondern nur für Schiedssprüche. Die andere Ansicht bejaht die Anwendbarkeit von ordre public-Erwägungen bereits bei Beurteilung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung58, da es unvernünftig sei, wenn das Gericht bei feststehender ordre public-Widrigkeit die Parteien auf das Schiedsverfahren zu verweisen hätte, nur um dann später den Schiedsspruch zu kassieren. Grundsätzlich darf die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches nur versagt werden, wenn der Verstoß gegen den ordre public nicht nur möglich oder wahrscheinlich ist, sondern feststeht59. Für das Einredeverfahren, d. h. das Stadium der Beurteilung allein der Schiedsvereinbarung, darf nichts anderes gelten. Unzulässig ist insbesondere die pauschale Unterstellung, dass das ausländische Schiedsgericht zu einem Schiedsspruch kommen werde, dessen Tenor mit dem ordre public nicht vereinbar sei. Denn dies kann im Einredestadium noch nicht festgestellt werden60. Verfehlt ist außerdem, auf die Sicht des im Einredeverfahren angerufenen Gerichts abzustellen, da gar nicht absehbar ist, ob der Schiedsspruch in diesem Land überhaupt zur Vollstreckung gelangen wird. Damit wäre dann das Argument der befürwortenden Ansicht entkräftet61. Ordre public-Erwägungen im Ein57 Schütze, JPS 1 (1987), 94, 98; Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), S. 158 Fn. 42; wohl auch Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 597; wohl auch Lüer, 7 J. Int. Arb. 1 (1990), 127, 136. 58 BGH, Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153, 1155; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 301; Gildeggen, S. 259 ff.; Berger, ZBB 2003, 77, 92; Gundlach, in: FS Schimansky, 613, 627 f.; wohl auch Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 25 (Fn. 69). 59 s. BGH, Urt. v. 23.4.1959, BGHZ 30, 89, 94; Bork/Stöve, S. 65. 60 So auch Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 302; Berger, ZBB 2003, 77, 92; Bork/Stöve, S. 65, 66: „. . . es gehört schon ein starkes Selbstvertrauen zu der These, bei dem Schiedsverfahren im Ausland könne ohnehin nur ein Ergebnis herauskommen, das dem deutschen ordre public widerspreche, und deshalb versage man der Schiedsvereinbarung lieber gleich die Anerkennung“. 61 Ebenso Bork/Stöve, S. 65.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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redestadium haben daher nur dann einen berechtigten Platz, wenn es darum geht, ob die Entscheidung des Einredegerichts (und nicht die eventuelle ordre public-Widrigkeit des künftigen Schiedsspruches), d. h. die „Verweisung“ an ein ausländisches Schiedsgericht, gegen den ordre public verstößt62. Dies kann dann der Fall sein, wenn gewisse (international zwingende) inländische Normen im Falle einer Verweisung an ein ausländisches Schiedsgericht (kombiniert mit einer Rechtswahl zugunsten des ausländischen Rechts) nicht angewandt würden63. Dabei ist jedoch, um eine vorschnelle Bejahung dieser Frage auszuschließen, zu berücksichtigen, dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden darf, das Schiedsgericht werde international zwingende Normen nicht anwenden64. Anzumerken ist, dass sich der BGH mit der Problematik der Zulässigkeit von ordre public-Erwägungen im Einredeverfahren nie ausdrücklich auseinandergesetzt hat, sondern der Schiedsvereinbarung gleich die Anerkennung versagt hat65. (2) Die ständige Rechtsprechung des BGH zur Anerkennung von Schiedsvereinbarungen über ausländische (Waren-)Termingeschäfte bis zum Erlass des 4. FMFG Vor der Börsengesetznovelle von 198966 war die deutsche Gesetzeslage im Bereich der Börsentermingeschäfte im Grundsatz dadurch gekennzeichnet, dass die deutschen Gesetze, insbesondere die deutschen Anlegerschutzvorschriften, weltweite Geltung beanspruchten67. Die wesentlichen Normen, auf die sich der BGH zur Begründung stützte, waren §§ 61, 53, 58 BörsG und §§ 762, 764 BGB. So versagte der BGH in ständiger Rechtsprechung Schiedsvereinbarungen über Börsentermingeschäfte an ausländischen Börsen die Anerkennung, in denen die Entscheidung durch ein ausländisches Schiedsgericht vorgesehen war, das nach ausländischem Recht entscheiden sollte68. Denn die von ei62 So auch Bork/Stöve, S. 66, 67 ff.; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3477. 63 Bork/Stöve, S. 67. 64 Genauso Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 4. 65 Dagegen richtet sich auch die Kritik von Bork/Stöve, S. 52 f.; dazu sogleich im nächsten Abschnitt. 66 BGBl. 1989 I, 1412. 67 Vgl. die Nachweise – auch zur internationalen Kritik – bei Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 553. 68 BGH, Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153; dazu auch Bork/Stöve, S. 42. Gleiches galt für Gerichtsstandsvereinbarungen, s. BGH, Urt. v. 12.3.1984, WM 1984, 1245 f.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

nem ausländischen Schiedsgericht zu erwartende Nichtbeachtung des deutschen Termin- und Differenzeinwandes gem. §§ 53, 58 BörsG a. F. i. V. m. §§ 764 (a. F.), 762 BGB verstoße gegen den deutschen ordre public, da beide Einwände zu den zwingenden verbraucherschützenden Normen zählten69. Im Einzelnen waren für nicht börsentermingeschäftsfähige Personen ausländische Börsentermingeschäfte aufgrund des Termineinwandes gem. § 53 i. V. m. § 61 BörsG a. F. unwirksam70; für börsentermingeschäftsfähige Personen galt dasselbe aufgrund des Differenzeinwandes, der gem. § 58 BörsG a. F. i. V. m. §§ 764, 762 BGB a. F. gegen sog. „inoffizielle Börsentermingeschäfte“ erhoben werden konnte, wozu auch an ausländischen Börsen getätigte Termingeschäfte zählten71. Nach der Börsengesetznovelle von 1989 war dieser Standpunkt aufgrund geänderter Gesetzeslage nicht mehr aufrechtzuerhalten. Denn § 61 BörsG i. d. F. v. 1989 stellte klar, dass deutsches Recht bei Auslandsberührung nun nicht mehr ohne weiteres angewandt sein wollte72. Außerdem konnte seit der Neufassung des § 58 BörsG nicht mehr zwischen in- und ausländischen Geschäften unterschieden werden73. Darum zeichnete sich auch in der Rechtsprechung eine Wendung ab. 1991 entschied der BGH, dass bei termingeschäftsfähigen Personen der Differenzeinwand nicht mehr zum deutschen ordre public gehöre74. Eine Nichtbeachtung des Termin- und Differenzeinwandes war nach Meinung des BGH zudem generell dann nicht zu befürchten, wenn ein deutsches Schiedsgericht unter Anwendung deutschen Rechts zu entscheiden hatte, und versagte darum einer derartigen Schiedsklausel nicht die Anerken69

BGH, Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153, 1154. BGH, Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153, 1154; Rechtsprechungsübersicht hierzu bei Bundschuh, WM 1986, 725, 727 f.; ausführlich – auch zu kollisionsrechtlichen Fragestellungen Bork/Stöve, S. 17 f.; Veltins, JPS 3 (1989), 126, 132 f.; s. dazu auch die beachtliche Kritik von Mann, FS für von Caemmerer, S. 737, 741 ff., 744 ff. 71 Schon BGH, Urt. v. 12.6.1978, WM 1978, 1203, 1204; Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153, 1154; vgl. auch Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 546, 549; Samtleben, IPRax 1992, 362, 364; ausführlich Bork/Stöve, S. 18–28. 72 Art. 1 Nr. 27 G. v. 11.7.1989, BGBl. 1989 I, 1412 ff. Der Wortlaut des § 61 BörsG a. F. ist abgedruckt bei Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 534. Danach wurden Rechtswahlklauseln für Streitigkeiten aus Börsentermingeschäften für zulässig erachtet, s. Schütze, in: Assmann/Schütze, § 29 Rn. 15. 73 Art. 1 Nr. 26 G. v. 11.7.1989, BGBl. 1989 I, 1412 ff.; s. a. Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 563, 564: bedingt durch die Änderung des § 58 BörsG entfaltete der Differenzeinwand praktisch keine Bedeutung mehr, da er nun zum Termineinwand parallel verlief. 74 BGH, Urt. v. 26.2.1991, WM 1991, 576, 577; dazu Samtleben, IPRax 1992, 362 ff. 70

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

135

nung75. 1998 urteilte der BGH dann, dass auch der Termineinwand jedenfalls bei nicht aufklärungsbedürftigen, nicht termingeschäftsfähigen Inländern nicht mehr zum deutschen ordre public zähle76. Ab diesem Zeitpunkt konnte daher Schiedsvereinbarungen, die für ein ausländisches Termingeschäft abgeschlossen waren und ein ausländisches Schiedsgericht vorsahen, in Deutschland nicht mehr die Anerkennung wegen ordre publicVerstoßes versagt werden. (3) Die Rechtslage nach dem 4. FMFG Seit dem 4. FMFG sind die Regelungen, die zu der sehr umstrittenen Rechtsprechung des BGH geführt hatten, aufgehoben. In concreto betrifft dies §§ 53 ff., 61 BörsG a. F. und § 764 BGB a. F. Das Recht der Termingeschäfte ist in §§ 37d–37g WpHG völlig neu geregelt, die sog. Börsentermingeschäftsfähigkeit ist vollständig weggefallen77. Hätten nicht schon vor dem 4. FMFG Termin- und Differenzeinwand nicht mehr zum deutschen ordre public gezählt, so wäre dieser Praxis spätestens mit Erlass des 4. FMFG der Boden entzogen worden. Dem deutschen Privatanleger verbleibt daher nach neuer Gesetzeslage nur noch der Spieleinwand nach § 762 BGB, um ein Finanztermingeschäft unverbindlich zu machen. § 37e WpHG schließt diesen Einwand aus Gründen der Rechtssicherheit allerdings dann aus, wenn an dem Geschäft mindestens ein Unternehmen als Vertragsteil beteiligt ist, das gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebe erfordert, Finanztermingeschäfte abschließt [. . .]. Durch diesen Ausschluss zeigt der Gesetzgeber zugleich, dass § 762 BGB nicht den gewichtigen Stellenwert in der deutschen Rechtsordnung besitzt, um zum ordre public gezählt zu werden78. Heute gelten daher im Bereich des Börsenrechts keine Besonderheiten mehr, wenn es um Erwägungen des ordre public oder international zwingende Normen geht. Einer Schiedsvereinbarung kann pauschal nicht mehr die Anerkennung in Deutschland allein deswegen versagt werden, weil sie 75 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248 ff.; so schon OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1990, WM 1990, 842 ff.; dazu auch Bork/Stöve, S. 39 ff. 76 BGH, Urt. v. 21.4.1998, WM 1998, 1176, 1177; vgl. auch den Rechtsprechungsüberblick zum Börsenterminhandel bei Ellenberger, WM 1999, Sonderbeilage 2; Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 199–206. 77 Nach der Neuregelung durch das 4. FMFG wird dieser Bereich nunmehr über Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Aufklärung bei Termingeschäften abgedeckt, vgl. § 37 d IV WpHG; s. auch Berger, ZBB 2003, 77, 85. 78 Allerdings wurde auch früher schon, soweit ersichtlich, § 762 BGB nicht zum deutschen ordre public gezählt.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

ein ausländisches Schiedsgericht und die Wahl ausländischen Rechts vorsieht – darin ist keinesfalls ein Verstoß gegen den ordre public zu sehen. b) Russisches Recht In der russischen Literatur nimmt in jüngster Zeit die Diskussion um die richtige Auslegung des ordre public-Begriffes einen gewichtigen Stellenwert ein79. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der ordre public häufig als Notanker missbraucht wird, um ein bereits verlorenes Schiedsverfahren vor den staatlichen Gerichten noch zu „retten“ und durch ihn die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches vor russischen Gerichten zu verhindern80. Zum Teil war diese Taktik zumindest vor den Untergerichten auch erfolgreich, die den ordre public im Sinne einer révision au fond benutzten – ohne zu beachten, dass dies seit Inkrafttreten des SchGG unzulässig ist81. Was nun die Problematik einer gegen den ordre public verstoßenden Schiedsvereinbarung betrifft, findet sich hierzu sehr wenig in der russischen Literatur. In Anlehnung an westliche Kommentierungen wird vereinzelt als Beispiel für einen solchen Verstoß eine Schiedsvereinbarung angeführt, die durch Korruption (wohl im Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft) abgeschlossen worden sei82. Speziell für den Bereich der an den russischen Börsen abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen gibt es kein Beispiel für einen möglichen ordre public-Verstoß, so dass davon auszugehen ist, dass Schiedsvereinbarungen insofern als wirksam betrachtet werden. c) Vergleich Zwar sind die zum ordre public in der deutschen Literatur angestellten Erwägungen wesentlich tiefgreifender als diejenigen im russischen Recht, jedoch sind die Gründe, aus denen der BGH Börsenschiedsvereinbarungen die Anerkennung auf Grundlage eines ordre public-Verstoßes versagte, nun79

s. Boguslavskij/Karabel’nikov, ChiP 2003, Nr. 9, S. 134 ff.; Morozova, Vestnik VAS RF 2000, Nr. 7, S. 142 ff.; Žil’cov, MKA 2004, Nr. 2, S. 16 ff.; Traspov, MGAP 2003, Nr. 7, S. 28 ff. sowie die ausführliche Kommentierung bei Karabel’nikov, 3–148 ff. 80 Boguslavskij/Karabel’nikov, ChiP 2003, Nr. 9, S. 134, 135 f., 140. 81 Vor allem so auch Boguslavskij/Karabel’nikov, ChiP 2003, Nr. 9, S. 134, 142. Die Obergerichte hoben diese Entscheidungen aber regelmäßig wieder auf, s. hierzu die Rechtsprechungsübersicht bei Romanenko, S. 543 ff. 82 So Brunceva, S. 100, die als weitere Beispiele Piraterie, Völkermord, Sklaverei und Rassendiskriminierung nennt, sogleich aber auch einräumt, dass Schiedsvereinbarungen in diesen Bereich höchst selten vorkommen dürften.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

137

mehr seit Geltung des 4. FMFG obsolet geworden. Damit gibt es aktuell weder im deutschen noch im russischen Recht Besonderheiten für Börsenschiedsvereinbarungen im Hinblick auf international zwingende Normen oder einen ordre public-Verstoß. V. Reichweite des Schiedsvereinbarungsstatuts Das Schiedsvereinbarungsstatut entscheidet insbesondere über das Zustandekommen und die materielle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, d. h. vor allem über die Auswirkungen von Willensmängeln, die Abgabe und den Zugang der Erklärungen und die Auslegung der Vereinbarung83. Dies steht allerdings unter der Voraussetzung, dass das vereinheitlichte Sachrecht hierzu keine Regelung bereithält84. Welche dies sind, soll in diesem Kapitel untersucht werden. 1. Mindestanforderungen der Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 EuÜ Den Formerfordernissen der Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 EuÜ sind gewisse Mindestanforderungen an die „Vereinbarung“ zu entnehmen, die das Schiedsvereinbarungsstatut insoweit überlagern und verdrängen85. Insbesondere gilt dies für die Frage der Einbeziehung einer in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Schiedsklausel oder, allgemeiner formuliert, einer nicht im „Hauptdokument“ nach Art. II Abs. 2 UNÜ enthaltenen Schiedsklausel. Wie auch Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ (jetzt Art. 23 Abs. 1 EuGVO)86 wird Art. II Abs. 2 UNÜ ganz überwiegend in der Praxis der Vertragsstaaten in dem Sinne ausgelegt, dass er selbst die materiellen Anforderungen für eine wirksame Einbeziehung der Klausel regele87. Diese materiellen Anforderungen besagen, dass eine Einbeziehung nur dann bejaht werden kann, wenn der Vertragspartner bei Unterzeichnung der Ver83 Geimer, Rn. 3791; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 41; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261. 84 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Stein/Jonas/ Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 40. 85 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; sehr ausführlich und überzeugend Epping, S. 133 ff., 137 ff. (insb. zur Abgrenzung zwischen Schiedsvereinbarungsstatut und Art. II Abs. 2 UNÜ), 140, 144; van den Berg, S. 208 ff., 287; Gildeggen, S. 141; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 332; wohl a. A. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 41; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 65. 86 EuGVÜ: BGBl. 1972 II, 774; EuGVO: ABl. EG 2001, Nr. L 12, S. 1; Überblick und Nachweise bei Epping, S. 133–135. 87 Nachweise bei Epping, 140; auch Schlosser, ZEuP 1994, 682, 690, 692.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

tragsurkunde oder bei Zugang der verweisenden Vertragserklärungen eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Schiedsklausel hatte88. Diese Interpretation hängt nicht zuletzt in entscheidender Weise mit der Klarstellung des Art. 7 Abs. 2 MG als konsensfähige Fortentwicklung des UNÜ zusammen89. Daraus folgt, dass das nach dem Schiedsvereinbarungsstatut anwendbare nationale Recht insoweit verdrängt ist, als es hinsichtlich des Zustandekommens der Schiedsvereinbarung besondere abschlusskontrollierende Vorschriften aufstellt. Mit anderen Worten geht Art. II Abs. 2 UNÜ allen abschlusskontrollierenden Vorschriften des nationalen Rechts vor90. Daher war die bereits oben erwähnte Entscheidung des OLG Düsseldorf91, in der die Rechtswahlklausel ebenso wie die Schiedsklausel als überraschende Klauseln i. S. d. § 3 AGBGB (jetzt § 305c BGB) angesehen und deshalb für unwirksam gehalten wurden (richtig an sich: nicht Vertragsbestandteil geworden waren), mit Art. II Abs. 2 UNÜ unvereinbar92. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung wurde im Schrifttum korrekterweise auch darauf hingewiesen, dass die Anwendbarkeit des § 3 AGBGB nicht aus Art. 29 EGBGB abgeleitet werden konnte, wie das OLG Düsseldorf meinte, sondern nur im Wege der Sonderanknüpfung nach Art. 31 Abs. 2 EGBGB93. Übersehen wurde aber, dass im Rahmen des UNÜ und des EuÜ für eine derartige Sonderanknüpfung kein Raum bleibt, da Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und Art. VI Abs. 2 EuÜ insoweit abschließende Regelungen bereithalten94. Nach dem soeben aufgezeigten materiellen Gehalt der Art. II 88 Van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 585; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 35; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Epping, S. 140, wobei Unterschiede hinsichtlich der Zumutbarkeit gemacht werden je nachdem, ob die Parteien „Professionelle“ sind oder nicht, s. Schlosser, ZEuP 1994, 682, 690; Gildeggen, S. 57 ff.; s. genauer noch bei Art. II Abs. 2 UNÜ unten C.V.1.b). 89 UN-Doc. A/CN.9/207, para. 43 (Holtzmann/Neuhaus, S. 270); UN-Doc. A/CN.9/216, para. 23 (Holtzmann/Neuhaus, S. 276); UN-Doc. A/CN.9/264, paras. 7, 8 (Holtzmann/Neuhaus, S. 291); UN-Doc. A/40/17, para. 87 (Holtzmann/Neuhaus, S. 301); Holtzmann/Neuhaus, S. 262; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 Rn. 53 m. w. N.; Epping, S. 141 f.; Weigand/Roth, Part 5, Art. 7 MG Rn. 12. 90 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Samtleben, ZEuP 1999, 974, 977; Epping, S. 140 f.; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 9; Gildeggen, S. 140 ff.; genauer zum deutschen Recht, insbesondere § 1031 Abs. 3 ZPO s. unten C.V.3.a)(2). Eine Inhaltskontrolle wird dagegen im Umkehrschluss für zulässig erachtet, genauer dazu unten C.VI.1. 91 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1996, WM 1996, 1489 ff. 92 Der im dortigen Fall auch anwendbar war, s. Samtleben, ZEuP 1999, 974, 977. 93 Thorn, IPRax 1997, 98, 103 f.; Mankowski, RIW 1996, 1001. 94 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Epping, S. 161; Gildeggen, S. 134 f.; a. A. Thorn, IPRax 1997, 98, 103 f.

A. Das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht

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Abs. 2 UNÜ und Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ ist ein Rückgriff auf § 305c BGB im Zusammenhang mit Schiedsklauseln ohnehin versperrt. Verfehlt wäre es aus den eben genannten Grundsätzen auch, die Einbeziehung einer in AGB enthaltenen Schiedsklausel daran zu messen, ob die Klauseln insgesamt nach dem Hauptsachestatut Bestandteil des Vertrages geworden sind95. Dies ist unvereinbar mit dem Grundsatz der Autonomie der Schiedsklausel96. 2. Beschränkungsfunktion des Art. II Abs. 3 UNÜ Heutzutage kann hinsichtlich des Regelungsinhaltes des Art. II Abs. 3 UNÜ als anerkannt gelten, dass Vertragsstaaten des UNÜ bei der Anerkennung von Schiedsvereinbarungen nicht mehr frei sind, deren Unwirksamkeit an beliebige Gründe zu knüpfen97. Den Worten „hinfällig, unwirksam oder unerfüllbar“ kann soviel an einheitlicher Sachregelung entnommen werden, dass es den nationalen Rechtsordnungen nicht mehr unbenommen ist, international völlig aus dem Rahmen fallende Unwirksamkeitsgründe anzuerkennen98. Beispielsweise würde die bloße Befürchtung, das Schiedsgericht werde aufgrund einer von den Parteien getroffenen, kombinierten Schieds- und Rechtswahlklausel zwingende Normen des Rechts am Sitz des staatlichen Einredegerichts nicht anwenden, für die Annahme der Nichtigkeit der Schiedsklausel nach Art. II Abs. 3 UNÜ nicht ausreichen99. Genau dies nahm der BGH jedoch jahrelang in ständiger Rechtsprechung an, ohne allerdings auf Art. II Abs. 3 UNÜ überhaupt einzugehen100. Angesichts 95

So aber das Handelsgericht Zürich, 25.8.1992, abgedruckt in ZEuP 1994, 682,

683. 96

Völlig zutreffend Staudinger/Hausmann, Anh. II Rn. 261; Epping, S. 136. Schlosser, Rn. 247; ähnlich Komarov, MKA 2004, Nr. 1, S. 6, 12. 98 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 300; Bork/Stöve, S. 63; kritisch zu der sehr weitgehenden Interpretation des Art. II Abs. 3 UNÜ der US-amerikanischen Rechtsprechung Schlosser, Rn. 248. 99 Riley v. Kingsley [10th Circuit, 17.7.1992], YCA XIX (1994), 775, 778; s. auch Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 300. 100 s. dazu auch die Kritik von Bork/Stöve, S. 63 mit der weiteren Erwägung, dass schon der Schluss von der Unwirksamkeit des Hauptvertrags – des Vertrags über das ausländische Börsentermingeschäft, der wegen entgegenstehenden Terminbzw. Differenzeinwandes unverbindlich sei – auf die Unwirksamkeit der darüber abgeschlossenen Schiedsvereinbarung ein derartiger aus dem Rahmen fallender Nichtigkeitsgrund sei. Der Schluss von der Unwirksamkeit des Hauptvertrags auf die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung wird gem. Art. II Abs. 3 UNÜ aber gerade als unzulässig angesehen, s. auch Schlosser, Rn. 248. 97

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

der neuen Gesetzeslage hat diese Rechtsprechung ihre Bedeutung verloren, so dass auch das deutsche Recht keine derartigen, im Rahmen des Art. II Abs. 3 UNÜ nicht berücksichtigungsfähigen Unwirksamkeitsgründe mehr bereithält. VI. Zusammenfassung Grundsätzlich bestimmen sowohl nach internationalem als auch nach deutschem und russischem Kollisionsrecht in erster Linie die Parteien das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht (Parteiautonomie). Soweit das russische Recht im Anwendungsbereich des SchGG betroffen ist, folgt dies aus den allgemeinen Kollisionsregeln des ZGB, sonst aus eigenständigen Kollisionsregeln der Schiedsgesetze. Richtigerweise ist dabei eine Wahl zugunsten des auf die Hauptsache anwendbaren Rechts nicht als konkludente Rechtswahl hinsichtlich des Schiedsvereinbarungsstatuts zu werten. Allerdings bestehen nach russischem und deutschem Recht Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen der Rechtswahlfreiheit. Während nach inzwischen wohl herrschendem deutschen Verständnis die Rechtswahlfreiheit einzig vom ordre public-Vorbehalt eingeschränkt wird, d. h. nicht mehr länger am Erfordernis des „internationalen Bezugs“ festgehalten wird, wird in Russland diese Freiheit nur dann gewährt, wenn es sich um einen „internationalen Sachverhalt“ handelt. Bei Fehlen einer Rechtswahl der Parteien ist subsidiär auf das am Schiedsort geltende Recht zurückzugreifen (lex arbitri). Zwei Arten von Grenzen sind im Zusammenhang mit dem Schiedsvereinbarungsstatut zu beachten: zum einen Grenzen der Rechtswahl oder der objektiven Anknüpfung, zum anderen Beschränkungen, die sich direkt aus dem vereinheitlichten Sachrecht der internationalen Verträge ergeben. Zur ersten Art von Grenzen gehört die Diskussion, ob neben den „allgemeinen“ Kollisionsregeln zusätzlich auf besondere verbraucherschützende Kollisionsregeln des nationalen Rechts zurückgegriffen werden darf. Im deutschen Recht und im Rahmen des IHSchG ist ein solcher Rückgriff ausgeschlossen. Anders sieht es theoretisch im Anwendungsbereich des SchGG aus, obwohl diese Frage in der russischen Literatur und Praxis nicht diskutiert wird. Eine andere Schranke dieser Art ergibt sich aus dem ordre public-Vorbehalt. Nach der Abschaffung des Termin- und Differenzeinwands im deutschen Recht ergeben sich jedoch in diesem Bereich keine Besonderheiten mehr für die Anerkennung von Börsenschiedsvereinbarungen, die einen ausländischen Sitz des Schiedsgerichts oder die Anwendung ausländischen Rechts vorsehen.

B. Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis

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Die zweite Art der Grenzen betrifft Fragen der Einbeziehung einer nicht im Hauptvertrag enthaltenen Schiedsklausel, womit insbesondere Schiedsklauseln in AGB gemeint sind. Das Schiedsvereinbarungsstatut wird in diesen Fragen vom internationalen Einheitsrecht des Art. II Abs. 2 UNÜ überlagert. Außerdem erlegt Art. II Abs. 3 UNÜ dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht gewisse Beschränkungen auf, indem er völlig aus dem (internationalen) Rahmen fallende Unwirksamkeitsgründe einer Schiedsvereinbarung unberücksichtigt lässt.

B. Das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis I. Nach deutschem Recht Grundsätzlich gibt es zwei Wege, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen: man kann dies ausdrücklich oder konkludent tun. Eine ausdrückliche Schiedsvereinbarung wird an der FWB aufgrund des weitgehend automatisierten Handels über XETRA kaum vorkommen. Als konkludenter Abschluss kommt die Bezugnahme auf die Geschäftsbedingungen in Betracht. 1. Nochmals: die Rechtsform der Börsenusancen Die Klärung der Rechtsnatur der Usancen ist vorentscheidend für die Frage, wie die Börsenusancen im Einzelfall für ein konkretes Geschäft Geltung erlangen. Tatsächlich ist es schwierig, die Konstellation der Börsenusancen, bei denen die Börse für Dritte, d. h. für die agierenden Handelsteilnehmer, Bedingungen für die zwischen diesen geschlossenen Verträge erlässt, in eine der bekannten Rechtsformen zu überführen. Dass es sich dabei nicht um objektive Rechtssätze sui generis handelt, wurde schon oben begründet101. Betrachtet man die historische Entwicklung an den Börsen, so wird angenommen, dass sich zunächst Handelsbräuche durch die Handelsteilnehmer selbst herausbildeten102. Diese wurden dann später vom Börsenvorstand 101

s. drittes Kapitel B.III.2.b)(3). Dabei spielte eine wichtige Rolle, dass sich das Börsenrecht vielfach autonom entwickelte, d. h. seine Ausprägung nicht durch Regeln fand, die von oben diktiert wurden, s. Bericht der Börsenenquête-Kommission S. 31 f.; Begründung des Börsengesetzentwurfes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14, der amtlichen Drucksachen des Reichstags, S. 12; Göppert, S. 37 f., 40 zur geschichtlichen Entwicklung; s. a. Zänsdorf, S. 83 f.; Wiener, S. 21. 102

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

schriftlich fixiert, da es als Erleichterung empfunden wurde, bereits geltende Verkehrssitten schriftlich festzuhalten103. Die verschiedenen Definitionen für den Begriff der Börsenusancen belegen prinzipiell diese Entwicklung, da sie nicht scharf zwischen Handelsbrauch und Vertragsbedingung unterscheiden. So werden sie teilweise als „Geschäftsgebräuche“ begriffen, die lediglich als Vertragsbestandteil rechtliche Wirksamkeit erlangen104. Teilweise werden sie als „Handelsgebräuche“ qualifiziert, die sich aus längerem Geschäftsbetrieb entwickeln und regelmäßig zur größeren Klarheit auch durch ein zuständiges Organ der Börse ausdrücklich festgesetzt und schriftlich niedergelegt werden105. Die Unklarheit rührt daher, dass manche der Börsenusancen auf einem Handelsbrauch beruhen, andere dagegen nicht106. Handelsbräuche sind gem. § 346 HGB die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche; sie werden auch als die Verkehrssitte des Handels bezeichnet107. Von einem Handelsbrauch spricht man, wenn sich innerhalb einer bestimmten Branche eine verpflichtende Regel etabliert hat, die auf gleichmäßiger, einheitlicher und freiwilliger Übung über einen angemessenen Zeitraum beruht und der eine einheitliche Auffassung der Beteiligten zugrunde liegt108. Gegen die Qualifizierung als Handelsbrauch könnte sprechen, dass sie auf Grundlage des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG ergehen, mithin als Resultat der Selbstgesetzgebung der Börsen erscheinen109. 103 So Kisch, RheinZ I, 13, 28 f.; ähnlich Zänsdorf, S. 80; nach Steiner, S. 34, spielte bei der Herausbildung der Börsenusancen das Börsenschiedsgericht eine nicht geringe Rolle. 104 Nußbaum, BörsG, Vorbem. zum IV. Abschnitt Abs. 7; Huber, S. 630; wohl auch Göppert, S. 194; als Geschäftsbedingungen qualifizierend auch Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3; Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 13; wohl auch MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 346 Rn. 19. 105 Kisch, RheinZ I, 13, 28 f.; ähnlich Rehm, § 4 BörsG Anm. 14, § 28 BörsG Anm. 8; Baumbach/Hopt, § 13 BörsG Rn. 4, qualifiziert die Usancen als Handelsbrauch, sonst AGB. 106 s. MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 346 Rn. 19: Usancen sind vom Börsenrat „als maßgeblich veröffentlichte Vertragsbedingungen. Solche Usancen sind nicht Handelsbräuche, sondern Geschäftsbedingungen. Sie können allerdings gleichzeitig Ausdruck eines Handelsbrauchs sein, wenn sie sich mit diesem decken.“; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3: „Häufig geben die Usancen Handelsbräuche wieder, die bereits bei ihrer Veröffentlichung bestanden“. Ganz ähnlich Schwark/ Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19. 107 Stellvertretend MünchKomm-HGB/Schmidt, § 346 Rn. 1 m. w. N. 108 St. Rspr., stellvertretend BGH, Urt. v. 25.11.1993, NJW 1994, 659; Baumbach/Hopt, § 346 HGB Rn. 1. 109 So Lenenbach, § 3 Rn. 3.24.

B. Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis

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Gegen die Klassifizierung als AGB wird angeführt, dass die Börsenusancen von einem Dritten (der Börse) eingeführt werden, der nach der Definition von AGB in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB nicht als Verwender angesehen werden kann110. M. E. ist es in der Tat verfehlt, im Zusammenhang mit Börsenusancen von AGB zu sprechen, da so ein nicht gewollter Assoziationszusammenhang zu §§ 305 ff. BGB hergestellt wird. Denn die an der Börse geltenden „Bedingungen“ gab es schon lange, bevor überhaupt das AGB-Recht im heutigen Sinne entstand. Daher „passt“ auch die Definition von AGB in § 305 Abs. 1 BGB nicht auf die Börsenusancen, da die Börse nicht Vertragspartei und daher auch nicht Verwender in diesem Sinn sein kann. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, die Usancen dennoch als Geschäftsbedingungen (nicht i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB) anzusehen. Der Schlüssel zur richtigen Qualifizierung der Börsenusancen scheint neben der aufgezeigten historischen Entwicklung auch in der Kompetenz der Börse gem. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG zu liegen. Es kann nicht geleugnet werden, dass diese Kompetenz zur Festsetzung der Börsenusancen in gewisser Weise den Voraussetzungen eines Handelsbrauches widerspricht, insbesondere dem Erfordernis der Herausbildung einer freiwilligen Übung. Denn für einige Bereiche kann die Börse tatsächlich neue Bedingungen festsetzen oder bestehende ändern. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Einführung des Internalisierungssystems XETRA-Best (§§ 46 ff. BörsO FWB), die auch in den Börsenusancen ihren Niederschlag gefunden hat (§ 37c GeschBed FWB). Um eine unnötige Aufsplitterung der Börsenusancen je nach Regelungsgegenstand zu vermeiden, erscheint es angebracht, diese insgesamt als Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, mögen sie auch teilweise aufgrund Handelsbrauchs entstanden sein. Sie werden von den Handelsteilnehmern stillschweigend ihren Geschäftsabschlüssen zugrunde gelegt111. Speziell nun hinsichtlich der fehlenden Kompetenz der Börse zur verbindlichen Anordnung der Streitentscheidung durch das Börsenschiedsgericht und dem damit zusammenhängenden Verstoß der statutarischen Schiedsklauseln in den Börsenordnungen gegen den Gesetzesvorbehalt sei für die Börsenusancen nochmals betont, dass es sich hierbei nicht um „Regelschaffung“ bzw. Rechtsetzung seitens der Börse handelt. Denn in diesem 110 So Lenenbach, 3.24; a. A. Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19, der allerdings auch die Anwendung der §§305 ff. BGB ablehnt, weil die Usancen nicht einseitig eingeführt würden, sondern vom alle Börsenteilnehmer repräsentierenden Börsenrat. 111 So schon Huber, S. 690; Göppert, S. 111 f.; wobei zum Teil angenommen wird, dass ihre Geltung auf Handelsbrauch beruht, so Göppert, S. 194; Schlegelberger/Hefermehl, § 346 HGB Rn. 3.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Fall wurde tatsächlich nur eine bereits bestehende Übung festgehalten. Im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt ist dies unbedenklich. Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob die Börse selbst Regeln schafft oder ob sie nur bereits etablierte Geschäftsgebräuche aufschreibt. Dass es bereits eine derartige Regel gab, für Streitigkeiten aus an der Börse abgeschlossenen Geschäften das Börsenschiedsgericht zu vereinbaren, belegt gerade § 28 BörsG a. F. Denn grundsätzlich beurteilte der Gesetzgeber die Streitentscheidung durch spezielle Börsenschiedsgerichte als durchaus positiv112. Das BörsG sollte der erklärten Intention des Gesetzgebers auch nur dort eingreifen, wo ein vorgefundener Zustand als Misstand empfunden wurde, im Übrigen jedoch die weitere autonome Entwicklung der Börsen möglichst nicht behindern113. Die ratio des § 28 BörsG a. F. lag also v. a. darin, die Aufdrängung der (Börsen-)Schiedsgerichtsbarkeit für solche Personen zu verhindern, die nicht zu den Handelsteilnehmern gehörten114. Dies beweist, dass es bereits bei Schaffung des § 28 BörsG eine tatsächliche Übung gab, für Streitigkeiten aus Börsengeschäften das Börsenschiedsgericht zu vereinbaren, die bereits solche Ausmaße angenommen hatte, dass sich der Gesetzgeber genötigt sah, zum Schutz des nicht unmittelbar an der Börse tätigen Publikums regulierend einzugreifen.

112 s. Begründung des Börsengesetzentwurfes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14, der amtlichen Drucksachen des Reichstags, S. 19: „Nach den Erfahrungen im Warenhandel gewähren die Schiedsgerichte den Vorteil, Rechtsstreitigkeiten durch Berufsgenossen, die über die Bedürfnisse des Verkehrs und die tatsächlichen Verhältnisse genau unterrichtet sind, zur schleunigen Entscheidung zu bringen.“; auch Bericht der Börsenenquête-Kommission, S. 60: „Die Kommission war der Ansicht, dass sich die an den Börsen bestehenden Schiedsgerichte an sich durchaus bewährt haben.“ 113 Begründung des Börsengesetzentwurfes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14, der amtlichen Drucksachen des Reichstags, S. 12; Bericht der Börsenenquête-Kommission, S. 29. 114 s. Begründung des Börsengesetzentwurfes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14, der amtlichen Drucksachen des Reichstags, S. 19: „Ungerechtfertigt aber ist es, dass durch allgemeine Geschäftsbedingungen, in denen für alle Abschlüsse die Usancen einer bestimmten Börse als maßgebend erklärt werden, das Börsenschiedsgericht vielfach solchen Personen aufgenötigt wird, welche nicht zu den Börsenbesuchern gehören und häufig die Tragweite des im voraus erklärten Verzichts auf richterliche Entscheidung nicht zu übersehen in der Lage sind.“ In Anlehnung an den Bericht der Börsenenquête-Kommission, S. 60; ebenso RG, Urt. v. 14.11.1903, RGZ 56, 19, 21 f.; Nußbaum, § 28 BörsG Anm. I; Wiener, S. 102.

B. Zustandekommen der Schiedsvereinbarung in der Börsenpraxis

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2. Geltungserlangung der Börsenusancen Nach dem soeben Gesagten wird deutlich, dass es verfehlt ist, eine Einbeziehungskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB vorzunehmen115, da die gesamte Systematik der AGB-Kontrolle auf die Situation der Börsenusancen nicht passt, gleichgültig, ob man sie nun als Vertragsbedingungen oder als Handelsbrauch qualifiziert. Damit gelten die Börsenusancen bei Vertragsschluss als mit vereinbart, und zwar für jedes konkrete, an der Börse getätigte Geschäft, so dass gem. den jeweiligen Börsenusancen (z. B. § 48 GeschBed FWB) für jedes Geschäft auch eine Schiedsvereinbarung geschlossen wird116. Soweit die gem. § 11 GeschBed FWB (im Parketthandel) zu erteilende Schlussnote dabei auf die Geschäftsbedingungen Bezug nimmt, liegt eine ausdrückliche Vereinbarung vor117; soweit ein solcher nicht erteilt wird, wie es bei dem Handelssegment XETRA der Fall ist (vgl. § 42 GeschBed FWB), kann von einer konkludenten Vereinbarung gesprochen werden118. II. Nach russischem Recht Der Abschluss der Schiedsvereinbarung in der russischen Börsenpraxis richtet sich danach, zwischen wem die Schiedsvereinbarung abgeschlossen werden bzw. für welche Streitigkeiten sie gelten soll. Geht es um eine Schiedsvereinbarung für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern der Börse untereinander, enthält teilweise bereits der Gründungsvertrag der Börse eine mehrseitige Vereinbarung der (Gründungs-)Mitglieder untereinander, für alle unter ihnen möglicherweise auftretenden Streitigkeiten das Börsenschiedsgericht anzurufen119. Die russischen Börsenschiedsregeln im engeren Sinne, z. B. das Statut und die SchGO der micex, enthalten selbst keine Schiedsklausel, setzen eine solche vielmehr voraus. Sind dagegen Streitigkeiten zwischen einem Mitglied der Börse und einem Nicht-Mitglied betroffen, etwa zwischen einem Broker und seinem Klienten, dann kann die Schiedsklausel des Gründungsvertrags nicht automatisch auch auf das Nicht-Mitglied erstreckt werden. In diesem Fall wird I. E. ebenso Schwark 2, Einl. §§ 50–70 BörsG Rn. 44; Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19. 116 So schon Kisch, RheinZ I, 13, 28 ff.; Nußbaum, § 28 BörsG Anm. III b; Göppert, S. 256; auch Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 4. 117 Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 4 Fn. 13. 118 Zu den sich in diesem Fall anschließenden Problemen für die Formgültigkeit der Schiedsvereinbarung s. unten C.V.5.a). 119 s. Vinogradova, avtoreferat, S. 28; s. a. schon oben drittes Kapitel A.II. 115

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

aus der satzungsmäßigen Schiedsklausel des Gründungsvertrags ein unwiderrufliches öffentliches Angebot des Brokers an alle potentiellen Kunden konstruiert, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen, das der Kunde nur noch anzunehmen braucht120. Die Annahme des Angebots erfolgt häufig erst durch Erhebung der Klage vor dem Schiedsgericht121. Allerdings kann auch in der Auftragserteilung zwischen Broker und Kunden eine explizite Schiedsklausel enthalten sein122. Schließlich kann die Schiedsklausel auch zwischen zwei Klienten bestehen, wobei es aufgrund des Prinzips der Intermediation, d. h. da beide Klienten nur über die Börsenintermediäre miteinander in Kontakt treten, einer sorgfältigen Prüfung bedarf, ob der Broker zum Abschluss der Schiedsklausel für seinen Klienten bevollmächtigt war123. Die Formulierung der Klausel dürfte entscheidend dafür sein, welches der verschiedenen, potentiell zuständigen Schiedsgerichte im Einzelfall den Streit zu entscheiden hat124. Für Mitglieder der Börse, die gleichzeitig Mitglieder von NAUFOR sind, dürfte ein Wahlrecht bestehen, ob das Schiedsgericht der Börse oder dasjenige von NAUFOR angerufen wird. Besteht keine Bindung der Börsenmitglieder durch eine satzungsmäßige Schiedsklausel oder geht es um das Verhältnis zwischen einem Gründungsmitglied und einem sonstigen Handelsteilnehmer, führt kein Weg am Abschluss einer individuellen Schiedsvereinbarung vorbei. III. Vergleich Im deutschen Recht werden Schiedsvereinbarungen an der Börse nur im zweiseitigen Verhältnis abgeschlossen. Da der hauptsächliche Handel an der FWB im Handelssegment XETRA stattfindet, ist von einem konkludenten Abschluss der Schiedsvereinbarung auszugehen. 120

s. Vinogradova, avtoreferat, S. 29. Vinogradova, avtoreferat, S. 29 f. 122 Ein Beispiel hierfür ist der Mustervertrag zwischen Broker und Klienten der RTS, s. Anlage 2 zur Handelsvereinbarung der RTS, im Internet abrufbar unter http://www.rts.ru/?tid=236&mtid=10000. Auch die micex empfiehlt die Verwendung einer Musterschiedsklausel unter http://www.micex.ru/off-line/legaldocs/legal _document_371.doc. 123 s. Informationsbrief (Informacionnoe pis’mo) v. 3.8.1993 Nr. S-13/OP-250 des VAS (Obzor praktiki razrešenija sporov, svjazannych s ispolneniem i rastorženiem birževych sdelok), Vestnik VAS RF 1993, Nr. 10, S. 100. Zu den verschiedenen Rechtsbeziehungen, in welchen eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen werden kann, s. a. Vinogradova, ChiP 1992, Nr. 3, S. 106, 109. 124 s. oben zweites Kapitel B.II.2. 121

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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Im russischen Recht entfalten dagegen die unter Umständen in den Gründungsverträgen der Börsen enthaltenen Schiedsklauseln durchaus Wirksamkeit zwischen den Gründungsmitgliedern. Sind allerdings andere Handelsteilnehmer betroffen, wozu im Unterschied zum deutschen Recht auch die (Privat-)Kunden der Broker gehören, ist es erforderlich, eine individuelle Schiedsvereinbarung abzuschließen. Aus der Bindung eines Mitglieds an eine statutarische Schiedsklausel wird im Verhältnis zu Nicht-Mitgliedern eine öffentliche Offerte zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung konstruiert.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung richten sich grundsätzlich nach dem Schiedsvereinbarungsstatut125. Bestehen jedoch Sonderregeln für die Anknüpfung einzelner Aspekte der Schiedsvereinbarung, sind diese vorrangig heranzuziehen. Die Darstellung dieser Regeln ist Hauptanliegen dieses Kapitels. Besondere Probleme hinsichtlich der Schiedsvereinbarungen über „Börsengeschäfte“ werfen die inhaltliche Bestimmtheit, die subjektive Schiedsfähigkeit und die Form auf. Soweit in der Vergangenheit allerdings für weitere Aspekte Besonderheiten bestanden wie z. B. für die objektive Schiedsfähigkeit, ist auf diese ebenfalls einzugehen. I. Allgemeines 1. Deutsches Recht Ist nach dem Schiedsvereinbarungsstatut deutsches Recht anwendbar, richten sich die grundsätzlichen Anforderungen an den wirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung nach §§ 1029–1031 ZPO. Daneben gelten, da die Schiedsvereinbarung einen Vertrag darstellt, ergänzend die allgemeinen Regeln für den Abschluss von Verträgen, insbesondere §§ 145 ff. BGB126. Allerdings werden diese Regeln auch hier teilweise vom Sachrecht der internationalen Übereinkommen überlagert. 125

s. oben A. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3403; strittig ist nur die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung; s. einerseits die traditionelle Qualifizierung v. a. der Rechtsprechung als materiell-rechtlichen Vertrag mit prozessualen Wirkungen, BGH, Urt. v. 29.2.1968, BGHZ 49, 384, 386; Urt. v. 22.5.1967, BGHZ 48, 35, 46; Urt. v. 28.11.1963, BGHZ 40, 320, 322; andererseits die Qualifizierung als prozessrechtlichen Vertrag, stellvertretend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 6; Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 1. Auf diese Qualifikation kommt es für die Anwendbarkeit der §§ 145 ff. BGB allerdings nicht an, wie Wagner, S. 278 ff., 287 126

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

2. Russisches Recht Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung richtet sich nach russischem Recht in erster Linie nach den in Art. 7 IHSchG und Art. 7 SchGG enthaltenen speziellen Anforderungen, die allerdings hauptsächlich die Form der Schiedsvereinbarung betreffen. Ob darüber hinaus auf die allgemeinen Regeln des ZGB zurückgegriffen darf, v. a. auf die dort enthaltenen Unwirksamkeitsgründe (Kapitel 9 § 2 ZGB, Art. 166 ff.), wird entsprechend der Qualifizierung der Schiedsvereinbarung unterschiedlich beurteilt127. Allerdings geht die wohl überwiegende Mehrheit der russischen Experten davon aus, dass die Art. 166 ff. ZGB zumindest analog auch auf eine Schiedsvereinbarung angewandt werden können128. II. Hinreichende Bestimmtheit 1. Vereinheitlichtes Sachrecht der Staatsverträge Das vereinheitlichte Sachrecht der internationalen Konventionen genießt in ihrem Anwendungsbereich Vorrang gegenüber den nationalen Regelungen. Hierzu gehört auch Art. II Abs. 1 UNÜ129, dem zufolge sich die Schiedsvereinbarung auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art beziehen muss. Nach dem Wortlaut kommt es nicht darauf an, ob sich die Schiedsvereinbarung auf eine bereits entstandene oder erst künftige Streitigkeit bezieht130. Der Begriff der Bestimmtheit i. S. d. Art. II Abs. 1 UNÜ ist unabhängig von kollisionsrechtlichen Verweisungen autonom unter Beachtung des Sinn und Zweckes des UNÜ auszulegen131. Unwirksam sind daher insbelegt, da die §§ 145 ff. BGB ganz allgemein auf Verträge, gleich welcher Rechtsnatur, anwendbar sind. 127 Zum Streit um die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung s. Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVIII § 1 (1), S. 656 ff.; Jarkov/Jarkov, Art. 4 APK Pkt. 6, S. 10 ff.; Lentz, S. 172 f. 128 s. Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 3, S. 515; Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 2, S. 156; Novikov, S. 307, 313. 129 H. M., s. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 33; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB, Rn. 295; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 19, 15; van den Berg, S. 173 ff. 130 Ebenso Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3261; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 35; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 22; wohl auch Redfern/Hunter, 3-02, 3-06; dazu genauer noch unten C.IV.2.a)(4). 131 Ganz allg. M., s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 2; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB, Rn. 295; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3260; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 7 m. w. N. zur Auslegungspraxis der

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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besondere generalklauselartige Schiedsvereinbarungen, damit unerfahrenen Parteien nicht die Möglichkeit zur Anrufung der staatlichen Gerichte für eine unabsehbare Vielzahl von Fällen genommen wird132. Dagegen wird eine Rahmenvereinbarung als ausreichend angesehen, aus der erkennbar wird, auf welche Streitigkeiten sich die Schiedsklausel bezieht133. Bezogen speziell auf die Schiedsklauseln in den Geschäftsbedingungen der Börsen besteht keine einheitliche Rechtsprechung der Vertragsstaaten zum Bestimmtheitserfordernis. In der nationalen US-amerikanischen Rechtsprechung werden Schiedsklauseln in den Regelwerken der Börsen, die sich wie die deutschen auf den Geschäftsverkehr der Mitglieder untereinander beziehen (und nicht wie sonst in Satzungen üblich auf das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Verein und Mitglied), als unmittelbar bindend betrachtet134. Gleiches gilt für die nationale schweizerische Rechtsprechung, wonach dem Bestimmtheitsgebot bereits dann Genüge getan ist, wenn sich die Schiedsvereinbarung auf ein Rechtsverhältnis bestimmter Art bezieht wie z. B. auf Börsengeschäfte zwischen Börsenmitgliedern135. Einen anderen Weg hat die deutsche Rechtsprechung gewählt136. Zwar ist das Bestimmtheitsgebot des UNÜ autonom zu bestimmen, jedoch besteht angesichts der sehr ähnlichen Formulierungen im nationalen wie im internationalen Recht die Gefahr, dass ein Richter dennoch auf seine national gewohnte Auslegungsweise zurückgreift, zumal der Wortlaut des UNÜ keine eindeutige Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten bedingt. Allerdings scheint eine an das US-amerikanische Vorbild angelehnte Interpretation des Bestimmtheitsgebots mit der schiedsfreundlichen Grundhaltung des UNÜ am besten übereinzustimmen, da zum einen auch in Deutschland die enge Position der Rechtsprechung kritisiert wird137 und zum anderen das EuÜ, das als Ergänzung des UNÜ herangezogen werden kann, seinerseits auf das Bestimmtheitserfordernis ganz verzichtet. Dieser Verzicht ist in Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ verankert. Einigkeit besteht darüber, dass insoweit der Rückgriff auf schärfere BestimmtheitsanfordeGerichte der Vertragsstaaten; Schlosser, Rn. 372; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 36. 132 Ebenso MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 6; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 19; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 295; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3262. 133 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 6; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3262; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 19. 134 Nachweise bei Schlosser, Rn. 284 Fn. 1. 135 Nachweise bei Steiner, S. 63. 136 Dazu sogleich C.II.2. 137 s. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 33 Fn. 148; aus neuerer Zeit gibt es keine Beispiele aus der Rechtsprechung.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

rungen der jeweiligen lex causae unzulässig ist138. Soweit der Anwendungsbereich beider Übereinkommen eröffnet ist, findet Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ Beachtung, d. h. eine Schiedsvereinbarung ist auch dann anzuerkennen, wenn sie nicht dem Bestimmtheitserfordernis des Art. II Abs. 1 UNÜ entspricht139. Dies folgt aus der Regel lex posterior derogat legi priori, da die meisten Vertragsstaaten beider Übereinkommen zuerst das UNÜ ratifiziert haben, bzw. im umgekehrten Fall aus dem Meistbegünstigungsprinzip des Art. VII Abs. 1 UNÜ140. Die Schranke des Art. I Abs. lit. a EuÜ liegt im ordre public des jeweiligen Anerkennungsstaates141. Zu widersprechen ist der Meinung, dass § 28 BörsG a. F. (jetzt: § 37h WpHG) zum deutschen ordre public gehöre und sich daraus ergebe, dass Schiedsvereinbarungen über künftige börsenrechtliche Streitigkeiten nicht uneingeschränkt gültig seien142. Zum einen wurde, soweit ersichtlich, § 28 BörsG a. F. nie zum deutschen ordre public gerechnet143. Zum anderen ist § 28 BörsG a. F. kein spezielles Bestimmtheitserfordernis für künftige Börsengeschäfte zu entnehmen, ebenso wenig wie § 37h WpHG144. 2. Deutsches Recht Teilweise wird vertreten, dass bei deutschem Schiedsort aus § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a i. V. m. § 1025 ZPO folge, das Bestimmtheitserfordernis wie die Form des § 1031 ZPO unabhängig vom Statut der Schiedsvereinbarung, d. h. stets nach deutschem Recht anzuknüpfen145. Dies mag kolli138 BGH, Urt. v. 20.3.1980, BGHZ 77, 32, 37; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 295; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3346; Musielak/ Voit, § 1029 ZPO Rn. 16; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 5; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 94. 139 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 18; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3348. 140 Ebenso Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3348. 141 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3346. 142 So allerdings Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 5. 143 s. Bork/Stöve, S. 70; vgl. auch die einschlägigen Kommentierungen zu § 28 BörsG a. F.; zum ordre public wurde dagegen §§ 53, 58 BörsG a. F. (i. V. m. §§ 762, 764 BGB a. F.) gerechnet, vgl. hierzu schon oben A.IV.2.a); dass § 37h WpHG zum ordre public zähle, ist bisher ebenfalls, soweit ersichtlich, nicht vertreten worden. 144 Zum genauen Regelungsgehalt des § 37h WpHG und sein Zusammenspiel mit Art. II Abs. 1 UNÜ s. unten C.IV.2.a)(3). Die Problematik liegt entgegen der von Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 5, vertretenen Auffassung nicht im Bestimmtheitsgebot, sondern in der Verknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit mit der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nur über bereits entstandene Steitigkeiten. 145 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 296; genauer s. unten bei dem Parallelproblem der Form C.V.2.a).

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sionsrechtlich richtig sein, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei einem „internationalen Sachverhalt“, ohne den man derartige Anknüpfungsfragen nicht stellen würde, die international vereinheitlichten Sachnormen des UNÜ und EuÜ selbstverständlich § 1029 Abs. 1 ZPO vorgehen. Gem. § 1029 Abs. 1 ZPO muss sich die Schiedsvereinbarung ebenfalls auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beziehen. Die Formulierung ist Art. II Abs. 1 UNÜ bzw. Art. 7 MG entlehnt146, so dass auch nach nationalem deutschen Recht im wesentlichen dieselben Maßstäbe an die Bestimmtheit anzulegen sind wie im internationalen. So wird auch nach deutschem autonomem Recht dieser Begriff zugunsten einer größtmöglichen Geltung der Schiedsklausel sehr weit verstanden147. Das der Schiedsvereinbarung zugrunde liegende Rechtsverhältnis gilt dann bereits als ausreichend bestimmt, wenn es zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung auf eine individuelle oder individualisierbare Grundlage zurückgeführt werden kann148, d. h. das Rechtsverhältnis, aus dem die Streitigkeit entstehen kann, muss letztlich nur bestimmbar sein149. Dies kann auch ein Rahmenvertrag sein150. Im Falle von Schiedsvereinbarungen für Streitigkeiten aus Börsengeschäften wurde entschieden, dass Klauseln wie etwa „alle Streitigkeiten der Mitglieder [der Börse] aus ihrem geschäftlichen Verkehr“151, „Streitigkeiten aus der Berufstätigkeit der Mitglieder [der Börse]“152 nicht hinreichend bestimmt seien153. Ebenso wurde für die sich aus der Satzung ergebende Verpflichtung entschieden, sich in allen Streitigkeiten einem börseninternen Schiedsgericht zu unterwerfen154. Der Unterschied zu sonstigen, in Satzungen angeordneten Schiedsklauseln besteht darin, dass diese üblicherweise für Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu dem Verein gelten und damit bestimmbar sind. Bei den Börsensatzungen wird die Unterwerfung unter ein Schiedsgericht jedoch gerade nicht für das Verhältnis 146

Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 16; zum Zusammenhang mit Art. 7 MG vgl. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 30. 147 So Schwab/Walter, Kap. 3 Rn. 1a; a. A. Steiner, S. 65 (rechtsvergleichend). 148 So MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 32. 149 Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 48; ähnlich Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 16. 150 s. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 33. 151 OLG Hamm, Urt. v. 17.6.1907, OLGRspr. 15, 123. 152 OLG Celle, Urt. v. 10.2.1915, OLGRspr. 33, 138. 153 Da es bereits nach früherem Recht das Bestimmtheitserfordernis gab, kann die Rechtsprechung dazu auch zur Auslegung des heutigen Rechts herangezogen werden, s. Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 16. 154 OLG Breslau, Urt. v. 22.12.1916, OLGRspr. 35, 147; vgl. auch den Überblick bei Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 5.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

des „Mitglieds“ zur Börse, sondern für die Geschäftsbeziehungen der Handelsteilnehmer untereinander angeordnet. Rechtsstreitigkeiten daraus können der „allerverschiedensten Art sein“, so dass „ihr Kreis [. . .] bei der Mannigfaltigkeit der Beziehungen, die sich aus der Berufstätigkeit der Börsenmitglieder ergeben, zunächst durchaus im Unklaren [bleibt] und [. . .] sich näherer Festlegung [entzieht]“155. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Parteien entsprechend Usancen oder Handelsbrauch für jedes einzelne Geschäft der Schiedsklausel unterwerfen156. Dies gilt umso mehr, als die heutige Formulierung der Klauseln in den Regelwerken der Börsen auf das jeweilige, in die Börsengeschäftsabwicklung einzugebende Geschäft abstellt, also nicht mehr pauschal auf das Mitgliedschaftsverhältnis bzw. die „Berufstätigkeit“. Dieses dürfte für den Streitfall individualisierbar sein, so dass für die heutigen Klauseln keine Bedenken hinsichtlich ihrer Bestimmtheit bestehen157. 3. Russisches Recht Sowohl Art. 7 Pkt. 1 IHSchG als auch Art. 5 Pkt. 2 SchGG verlangen, dass der Streit, über den die Schiedsvereinbarung abgeschlossen wird, einem konkreten Rechtsverhältnis (konkretnoe pravootnošenie) entspringt. Allerdings ist in der russischen Literatur und Rechtsprechung kaum etwas dazu zu finden, wie dieser Begriff inhaltlich auszufüllen ist. Z. T. wird nur gefordert, dass der Streitgegenstand einen hinreichend engen Bezug zu dem Vertrag haben muss, ohne die Voraussetzungen im Einzelnen zu konkretisieren158. Z. T. wird das Bestimmtheitserfordernis auch in der Weise ausgelegt, dass das Schiedsgericht bzw. die Schiedsinstitution in der Schiedsvereinbarung hinreichend bestimmt konkretisiert sein muss159. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass dieses Merkmal zumindest bisher keinerlei entscheidende bzw. problematische Rolle gespielt hat160. 155

OLG Celle, Urt. v. 10.2.1915, OLGRspr. 33, 138; angezweifelt von MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 33 Fn. 148. 156 So schon Nußbaum, § 28 BörsG Anm. III b. 157 Ebenso Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 5: bei Börsenteilnehmern, die entsprechend Usancen oder Handelsbrauch stillschweigend das Schiedsgericht vereinbaren, erfolgt die Bezugnahme erneut bei Abschluss jedes Handelsgeschäfts, so dass die Anforderungen für die Bestimmtheit des Rechtsgeschäfts erfüllt sind. 158 So Brunceva, S. 98; Lentz, S. 184. 159 In diesem Sinn Sergeeva, AGP 2003, Nr. 1, S. 30, 32; Lentz, S. 184 f. mit umfangreichen Nachweisen zur Auslegung von unrichtigen Benennungen des Schiedsgerichts. 160 In den Kommentaren zum SchGG findet sich, wenn überhaupt, hinsichtlich dieses Merkmals nur eine lapidare Widerholung des Gesetzestextes, s. Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 5 SchGG Pkt. 2, S. 30.

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4. Vergleich Sowohl das Sachrecht des UNÜ als auch das autonome deutsche und russische Recht fordern, dass die Schiedsvereinbarung über ein bestimmtes Rechtsverhältnis abgeschlossen wird. Das EuÜ enthält dagegen kein Bestimmtheitserfordernis. Problematisch ist, dass sich, soweit ersichtlich, trotz des Gebots der autonomen Auslegung des UNÜ bisher keine einheitlichen Standards zur Auslegung des Bestimmtheitsbegriffes etabliert haben. Dies legt die Befürchtung nahe, dass ein Richter im Anwendungsbereich des UNÜ auf seine nationale Auslegungsweise des Bestimmtheitsgebots zurückgreifen wird. Am striktesten ist die deutsche Rechtsprechung mit der Auslegung dieses Gebots, das in der Vergangenheit im Bereich der Börsengeschäfte eine große praktische Bedeutung erlangte. Dagegen wird es überhaupt nicht in der russischen Literatur und Rechtsprechung thematisiert, woraus gefolgert werden kann, dass es in der Praxis keine Bedeutung hat. Bestätigt wurde dies durch die Befragung russischer Spezialisten, die in den üblicherweise im Börsenverkehr verwendeten Schiedsklauseln kein Problem hinsichtlich des Bestimmtheitserfordernis’ sahen. Betrachtet man insgesamt, wie das Bestimmtheitsgebot in den verschiedenen Vertragsstaaten des UNÜ ausgelegt wird, und berücksichtigt man insbesondere die Tatsache, dass das EuÜ (als lex posterior im Verhältnis zum UNÜ, über die Meistbegünstigungsklausel des Art. VII Abs. 1 UNÜ oder schlicht als Weiterentwicklung des UNÜ) dieses Gebot nicht mehr aufstellt, so erscheint die rigide Haltung der deutschen Rechtsprechung zum Bestimmtheitserfordernis fraglich zu sein. Immerhin hat sich diese nicht auf die praktische Wirksamkeit der über Börsengeschäfte abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen ausgewirkt, da mit der Konstruktion des konkludenten Abschluss’ einer Schiedsvereinbarung für jedes einzelne an der Börse abgeschlossene Geschäft eine Lösung gefunden wurde, die dem Bedürfnis der Börse nach der Wirksamkeit von Börsenschiedsvereinbarungen Rechnung trägt. Da die erwähnte Rechtsprechung jedoch aus den 20-iger Jahren und früher stammt und bisher nicht durch ein Urteil neueren Datums bestätigt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass ein heutiges Gericht unter Berücksichtigung des internationalen liberaleren Trends zum Bestimmtheitsgebot anders entscheiden würde. Festgehalten werden kann damit, dass weder nach UNÜ/EuÜ noch nach russischem oder deutschem Recht besondere Hindernisse für Schiedsvereinbarungen über Börsengeschäfte in Gestalt des Bestimmtheitsgebots bestehen, obwohl die Konstruktion hierfür nach deutschem Sachrecht unnötig kompliziert erscheint.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

III. Die objektive Schiedsfähigkeit Unter der objektiven Schiedsfähigkeit versteht man die abstrakte Tauglichkeit der Streitsache als Gegenstand eines Schiedsverfahrens, unabhängig von den Personen der Beteiligten oder der Besetzung des Schiedsgerichts161. D. h. der Gegenstand des Streits muss auf schiedsrichterlichem Weg geregelt werden können, wie es Art. II Abs. 1 UNÜ formuliert. Nach Erörterung der Probleme, die sich kollisionsrechtlich für die Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit stellen, soll auf die objektive Schiedsfähigkeit derjenigen Streitigkeiten nach nationalem Recht eingegangen werden, die möglicherweise im Zusammenhang mit Börsen(termin)geschäften entstehen können. 1. Kollisionsrechtliche Probleme a) Vereinheitlichtes Kollisionsrecht der internationalen Übereinkommen Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ und Art. VI Abs. 2 S. 2 EuÜ verweisen beide für die Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit auf die lex fori mit dem einzigen Unterschied, dass sich Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ an den Exequaturrichter richtet, Art. VI Abs. 2 S. 2 EuÜ dagegen den Richter im Einredeverfahren zum Adressaten hat. Art. II Abs. 1 UNÜ a. E. erwähnt ebenfalls die objektive Schiedsfähigkeit im Rahmen der Schiedsvereinbarung, ohne allerdings eine kollisionsrechtliche Anknüpfung für diesen Fall bereitzuhalten. Jedoch ist auch dann Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ analog heranzuziehen162, da nur so die innere Stimmigkeit („internal consistency“) des Übereinkommens gewährleistet ist163. Bestätigt wird dies durch Art. VI Abs. 2 161 So MünchKomm-ZPO/Münch, § 1030 Rn. 7; Schlosser, DIS-MAT IV, S. 49, 51; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 583; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 49; Redfern/Hunter, 3–21; ähnlich Musielak/Voit, § 1030 ZPO Rn. 1; Karabel’nikov, 1–136; vgl. zur Abgrenzung zu dem Begriff „arbitrability“ nach USamerikanischem Recht Redfern/Hunter, 3–21 Fn. 61; Epping, S. 173. 162 s. Schlosser, Rn. 299; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3324 (m. w. N. international); Karabel’nikov, 1–141 f., 1–143; van den Berg, S. 152 f.; Epping, S. 207 ff.; str. 163 Van den Berg, S. 152; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 58; Bork/ Stöve, S. 54; i. E. ebenso Thorn, IPRax 1997, 98, 102 mit anderer Begründung (ausschlaggebend sei, dass durch eine Schiedsvereinbarung dem staatlichen Gericht die durch dessen lex fori begründete Zuständigkeit entzogen werde, Funktion der objektiven Schiedsfähigkeit sei aber, dem Staat vorbehaltene Rechtsprechungsmonopole abzusichern, daher sei auch die Frage der objektiven Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes an der lex fori des angerufenen Gerichts zu messen).

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S. 2 EuÜ164. Die Verweisung des Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ ist dabei wiederum als solche auf das Sachrecht zu verstehen165. Manche wollen allerdings die objektive Schiedsfähigkeit neben Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ kumulativ bzw. ausschließlich nach Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ, dem Schiedsvereinbarungsstatut, anknüpfen166. Denn zu den Fragen, die über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden, gehöre auch die objektive Schiedsfähigkeit. Die Gegenmeinung belässt es dagegen bei der alleinigen Anwendung des Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ167. Grundlage des Meinungsstreites ist, ob Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ als abschließende Regelung der objektiven Schiedsfähigkeit anzusehen ist, mithin als lex specialis gegenüber Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ. Bei kumulativer Anknüpfung könnten sich unüberwindliche Komplikationen ergeben, die zu keinem befriedigenden Ergebnis führen würden168. Daher erscheint es sachgerechter, Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ als lex specialis zu betrachten169. Da die objektive Schiedsfähigkeit gesondert als eigener Versagungsgrund der Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches aufgeführt wird, entspricht es allgemeiner Gesetzesdogmatik, hierin eine spezielle Regelung zu sehen. Aus der speziellen Regelung der objektiven Schiedsfähigkeit in Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ folgt auch, dass die Parteien nicht berechtigt sind, das auf die objektive Schiedsfähigkeit anwendbare Recht zu wählen, da ihnen hierfür die Dispositionsbefugnis fehlt170. Damit beurteilt sich die objektive Schiedsfähigkeit kollisionsrechtlich stets nach der lex fori des mit der Sache befassten Gerichts171. 164

Van den Berg, S. 152 (Fn. 94); Bork/Stöve, S. 54; Karabel’nikov, 1–144. Ausführlich Epping, S. 204 (m. w. N. international). 166 Für kumulative Anknüpfung MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 9; Bork/Stöve, S. 58; wohl auch Brunceva, S. 101, und Redfern/Hunter, 2-06, 2-09; die belgische und US-amerikanische Rechtsprechung wenden dagegen Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ außerhalb der Exequatursituation nicht an, s. stellvertretend Tribunal de Commerce de Bruxelles, 5.10.1994, Rev. Arb. 1995, 311, 315 f. m. w. N. zur belgischen Rechtsprechung; U.S. District Court (EDNY), 29.3.1991, YCA 1992, 686, 690 ff.; dagegen Epping, S. 210 f. 167 Schlosser, Rn. 299; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 43 (Fn. 167 m. w. N. international); § 1030 Rn. 19; van den Berg, S. 152 ff.; Epping, S. 207 ff.; Karabel’nikov, 1–143. 168 Ausführlich hierzu Schlosser, Rn. 299; auch Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 43. 169 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 43; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 58. 170 Ebenso MünchKomm-ZPO/Münch, § 1030 Rn. 12. 171 Für das Schiedsgericht stellt dieses Ergebnis freilich eine besondere Herausforderung dar, da es die lex fori des Schiedsgerichts in diesem Sinne nicht gibt, so auch Trunk, S. 125. Oberste Pflicht des Schiedsgerichts ist es, der Schiedsvereinbarung und dem darauf folgenden Schiedsspruch zur Wirksamkeit zu verhelfen. Es 165

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Die objektive Schiedsfähigkeit ist, wie sich aus Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ und dem eben Gesagten ergibt, stets selbständig anzuknüpfen172. b) Autonomes deutsches Kollisionsrecht Im deutschen Recht existiert für das Aufhebungsverfahren nunmehr mit § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO eine beinahe wörtlich mit den Kollisionsregeln der internationalen Übereinkommen übereinstimmende Vorschrift, die bestimmt, dass die objektive Schiedsfähigkeit stets nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Allerdings fehlt wiederum eine Kollisionsregel für die übrigen Stadien des Schiedsverfahrens. Jedoch ist davon auszugehen, dass § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO aus Gründen des inneren Entscheidungseinklangs zumindest entsprechend auch außerhalb des Aufhebungsverfahrens anwendbar ist173. Anknüpfungsprobleme könnten sich allerdings dann ergeben, wenn der Schiedsort noch nicht feststeht oder ein ausländischer Schiedsort gewählt wurde und ein deutsches Gericht über die objektive Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes zu entscheiden hat. Mit der Verweisung auf deutsches Recht in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO ist nämlich noch nichts darüber gesagt, ob damit die lex fori oder das am Schiedsort geltende Recht gemeint ist174. Denn wegen § 1025 Abs. 1 ZPO besteht aus der Perspektive eines deutschen Gerichts im Rahmen des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO kein Unterschied zwischen der lex fori und dem am (deutschen) Schiedsort geltenden Recht. Da jedoch § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO den internationalen Kollisionsregeln nahezu wörtlich nachgebildet ist und diese alle auf die lex fori verweisen, ist auch § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO als lex fori-Verweisung zu verstehen175. Somit hat ein deutsches Gericht auch dann, wenn ein ausländischer Schiedsort feststeht, die objektive Schiedsfähigkeit stets nach deutschem Recht zu beurteilen176. hat daher nicht nur die objektive Schiedsfähigkeit nach der lex arbitri zu berücksichtigen, weil sich danach die spätere evtl. Anfechtung des Schiedsspruches bestimmt, sondern auch die Regelung der objektiven Schiedsfähigkeit in weiteren Ländern, in denen der Schiedsspruch evtl. vollstreckt werden wird, s. Makovskij/Karabel’nikov, MKA 2004, Nr. 3, S. 16, 29. 172 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1030 Rn. 12. 173 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 298; Epping, S. 202 f.; Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 165; i. E. ebenso Zöller/Geimer, § 1030 ZPO Rn. 26. 174 So zu Recht Epping, S. 202. 175 Ebenso Epping, S. 202 m. w. N. zur Gesetzesbegründung S. 202, 203. 176 Epping, S. 203; i. E. ebenso Zöller/Geimer, § 1030 ZPO Rn. 26; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1030 Rn. 12.

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Der Streit um die kumulative Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit existiert ebenfalls im deutschen Recht, ist aber aus den bereits für die internationalen Übereinkommen angeführten Gründen auch hier in dem Sinne zu entscheiden, dass § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO als lex specialis dem Schiedsvereinbarungsstatut des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO vorgeht, die objektive Schiedsfähigkeit somit allein nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO zu beurteilen ist177. c) Autonomes russisches Kollisionsrecht Obwohl in der russischen Literatur und Rechtsprechung das autonome russische Kollisionsrecht keine weitere Erwähnung findet, müsste mit der Übernahme des MG in das IHSchG der Schluss zulässig sein, dass Art. Art. 34 Pkt. 2 Nr. 2 Abs. 1 IHSchG und Art. 36 Pkt. 1 Nr. 2 Abs. 1 IHSchG als autonome russische Kollisionsregeln zur Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit interpretiert werden können178. Entsprechend der Vorlage des MG sind diese Regeln unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 IHSchG ebenfalls in dem Sinne auszulegen, dass die lex fori gemeint ist. Auch hinsichtlich des SchGG ist keine Stellungnahme in der russischen Literatur ersichtlich, die aus den Regelungen des SchGG eine Kollisionsregel zur Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit ableiten würde. Da die Regelungen des Art. 42 Nr. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Pkt. 1 SchGG (Aufhebung des Schiedsspruchs) bzw. Art. 46 Pkt. 2 Nr. 2 Abs. 1 SchGG i. V. m. Art. 1 Pkt. 1 SchGG (Versagungsgrund für die Anerkennung und Vollstreckung) nahezu identisch sind mit den Kollisionsregeln des IHSchG179 und damit letztlich den Kollisionsregeln des UNÜ nachgebildet sind180, ist m. E. die Annahme gerechtfertigt, diese in internationalen Fällen als autonome russische Kollisionsregeln zur Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit zu werten. Nichts anderes dürfte auch für die fast gleich lautenden Regeln der Art. 421 Pkt. 3 Nr. 1 ZPK bzw. Art. 233 Pkt. 3 Nr. 1 APK (Aufhebung des Schiedsspruchs) und Art. 426 Pkt. 2 Nr. 1 ZPK bzw. Art. 239 Pkt. 3 Nr. 1 APK (Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines inländischen Schiedsspruchs)181 gelten. 177 s. Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 19; Epping, S. 218; BT-Drucks. 13/5274, S. 59; wohl auch Zöller/Geimer, § 1030 ZPO Rn. 24, 26; a. A. Musielak/ Voit, § 1030 ZPO Rn. 10 (kumulative Anknüpfung); Schütze, Rn. 97 (nur Schiedsvereinbarungsstatut). 178 Wohl ebenso Lentz, S. 180, beschränkt allerdings auf das Stadium der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs. 179 Ebenso Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 1, S. 155. 180 So Skvorcov, KommSchGG Art. 42 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 4, S. 10. 181 Dazu Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 1, S. 155; Jarkov, KommSchGG Art. 46 Pkt. 8, TS 2003, Nr. 4, S. 25. Der Streit darum, welche dieser

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Alle genannten Kollisionsregeln sollten zumindest analog auch in den der Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs vorausgehenden Stadien des Schiedsverfahrens angewandt werden, um die innere Stimmigkeit der Regelungen nicht zu gefährden. Nicht diskutiert wird im russischen Recht, ob die objektive Schiedsfähigkeit kumulativ nach dem Schiedsvereinbarungsstatut anzuknüpfen ist182. Da dieses Problem in der russischen Doktrin nicht existiert, ist von der alleinigen Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit nach den oben dargestellten Kollisionsregeln auszugehen. d) Vergleich Im Ergebnis verweisen sowohl die völkerrechtlichen als auch die autonomen russischen und deutschen Kollisionsregeln für die Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit auf die jeweilige lex fori. Dabei mag wegen des von Russland erklärten Vorbehalts für die Anwendbarkeit des UNÜ nur bei vereinbarter und verbürgter Gegenseitigkeit dem autonomen russischen Kollisionsrecht mehr Anwendungsspielraum verbleiben als etwa dem deutschen autonomen Kollisionsrecht. Bemerkenswert ist, dass trotzdem keine Diskussion um etwaige autonome russische Kollisionsregeln in der russischen Literatur und Rechtsprechung geführt wird. Erklärt werden könnte dies evtl. damit, dass nach russischer Meinung ohnehin dieselben internationalen wie autonomen Regelungen für die Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit gelten und daher eine genaue Abgrenzung für entbehrlich gehalten wird. Im Bereich des SchGG ist die fehlende Diskussion um die Kollisionsregeln wiederum dadurch bedingt, dass dieses Gesetz nur auf nationale Sachverhalte für anwendbar gehalten wird. Da sowohl die Regelungen des IHSchG als auch diejenigen des SchGG über die Bestimmung der objektiven Schiedsfähigkeit den Kollisionsregeln des UNÜ und des MG fast wörtlich nachgebildet sind, erscheint m. E. der Schluss zulässig, diese als derartige Kollisionsregeln zu interpretieren. Abzulehnen ist die in der internationalen und deutschen Literatur vertretene Meinung der kumulativen Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit nach dem Schiedsvereinbarungsstatut. Damit bleibt es bei der stets selbständigen Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit nach der lex fori in allen Stadien des Schiedsverfahrens. Regeln vorrangig ist, mag wegen des identischen Inhalts dahingestellt bleiben. Für das Aufhebungsverfahren ordnet Art. 41 SchGG wohl den Vorrang des ZPK an, mag man sonst auch das SchGG für die lex specialis halten. 182 So auch Lentz, S. 180.

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2. Sachrecht Das jeweilige autonome Sachrecht bestimmt, welcher Streitgegenstand konkret von der schiedsrichterlichen Streiterledigung ausgenommen ist. Wegen des deutsch-russischen Blickwinkels der Untersuchung soll hier auch nur auf das deutsche und russische Sachrecht eingegangen werden. a) Deutsches Sachrecht: § 1030 ZPO (1) Grundsätzliches Gem. § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Für die Definition des vermögensrechtlichen Anspruchs kann auf die bisher entwickelte Begriffsbildung zurückgegriffen werden183. Darunter sind die (prozessualen184) Ansprüche zu verstehen, die aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis185 abgeleitet werden, sowie Ansprüche aus einem nichtvermögensrechtlichen Rechtsverhältnis, sofern sie auf eine vermögenswerte Leistung gerichtet sind186. Vermögenswert ist eine Leistung, wenn der prozessuale Anspruch auf Geld oder geldwerte Gegenstände (Sachen oder Rechte) gerichtet ist187. Für die möglicherweise aus Börsengeschäften resultierenden Ansprüche folgt daraus, dass diese, da sie auf Geld oder geldwerte Gegenstände gerichtet sind, nach obiger Definition als vermögensrechtliche Ansprüche zu qualifizieren sind und daher gem. § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO objektiv schieds183

Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 2; Epping, S. 193. Was gleichbedeutend mit Streitgegenstand ist, s. Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, Einl. II Rn. 11; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1030 Rn. 8; vgl. auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 2. 185 Dies ist ein Rechtsverhältnis, welches auf Gewinn oder Erhalt von Geld oder geldwerten Gegenständen gerichtet ist, s. Putzo, in: Thomas/Putzo, ZPO, Einl. IV Rn. 1. 186 So schon RG, Urt. v. 15.3.1934, RGZ 144, 158, 159; BGH, Urt. v. 22.6.1954, BGHZ 14, 72, 74; s. auch Epping, S. 191 m. w. N.; jedoch können auch Ansprüche aus nichtvermögensrechtlichen Rechtsverhältnissen, die nicht auf eine Geldleistung gerichtet sind, dann vermögensrechtlich sein, wenn der Kläger im wesentlichen oder sogar ausschließlich wirtschaftliche Zwecke verfolgt bzw. wenn sich aus dem Klagebegehren oder offenkundigen Umständen ergibt, dass das Rechtsschutzbegehren des Klägers in wesentlicher Weise auch der Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange dienen soll, BGH, Urt. v. 27.2.1954, BGHZ 13, 5, 9; Urt. v. 17.10.1995, NJW 1996, 999, 1000; s. auch Epping, S. 191 f. m. w. N. 187 Und zwar ohne Rücksicht auf die Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, BGH, Urt. v. 22.6.1954, BGHZ 14, 72, 74; auch MünchKomm-ZPO/ Münch, § 1030 Rn. 8. 184

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fähig sind188. Auf die Vergleichsberechtigung nach § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO kommt es nicht an189. (2) Einschränkungen: fehlende objektive Schiedsfähigkeit bei Finanztermingeschäften? Die (objektive) Schiedsfähigkeit kann gem. § 1030 Abs. 3 ZPO eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Im Jahr 1987 hatte der BGH die objektive Schiedsfähigkeit eines Börsentermingeschäfts190 an einer ausländischen Börse, das zugleich Differenzgeschäft war, inzident verneint191, weil in der Schiedsklausel ein ausländisches Schiedsgericht zusammen mit der Wahl ausländischen Rechts vereinbart war und dies dazu geführt hätte, dass das ausländische Schiedsgericht den (deutschen) Termin- und Differenzeinwand nicht beachtet hätte. Von der Verneinung der objektiven Schiedsfähigkeit derartiger Ansprüche aus (Waren-)Termingeschäften hat sich der BGH später jedoch ausdrücklich distanziert192. Der Hauptkritikpunkt der Literatur war, dass eine Garantie dafür, dass wirtschaftsrechtliche Vorschriften nicht über den Umweg der Schiedsgerichtsbarkeit missachtet werden, nicht eine Begrenzung der objektiven Schiedsfähigkeit, sondern der ordre public-Vorbehalt zu leisten hat193. Es begann sich herauszukristallisieren, dass die objektive Schiedsfähigkeit nur dann fehlen sollte, wenn sich der Staat im Interesse besonders schutzwürdiger Rechtsgüter ein Rechtsprechungsmonopol in dem Sinne vorbehal188 So auch Epping, S. 197; Schlosser, DIS-MAT IV, S. 49, 65 f.; schon Steiner, S. 61, qualifizierte die Ansprüche aus Börsengeschäften als vermögensrechtliche. 189 Allgemein dazu Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 6; MünchKommZPO/Münch, § 1030 Rn. 9. 190 Aufgrund heftiger Kritik an der Regelung der §§ 53 ff. BörsG a. F. über Börsentermingeschäfte gestaltete der Gesetzgeber im 4. FMFG dieses Rechtsgebiet neu in den §§ 37d ff. WpHG. Der „Nachfolger“ des Börsentermingeschäfts ist nunmehr das Finanztermingeschäft, das in § 2 Abs. 2a WpHG legal definiert ist, vgl. auch Lenenbach, § 6 Rn. 6.130. 191 BGH, Urt. v. 15.6.1987, WM 1987, 1153, 1155; außerdem stützte er die Nichtanerkennung der Schiedsvereinbarung (vornehmlich über ausländische Börsentermingeschäfte) auf ordre public-Erwägungen, s. oben A.IV.2.a)(2); dagegen Schlosser, Rn. 323; Bork/Stöve, S. 52 f., 59, 64 ff.; Thorn, IPRax 1997, 98, 102; zusammenfassend Samtleben, ZEuP 1999, 974, 978; Ebbing, WM 1999, 1264, 1265 ff. 192 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249: „. . . dass auch nach seiner [des BGH] Auffassung der Gegenstand der ihm vorliegenden Schiedsvereinbarung als solcher der Parteivereinbarung nicht grundsätzlich entzogen war“. 193 Explizit Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 145; allgemein zum Zusammenhang zwischen der objektiven Schieds(un)fähigkeit und dem ordre public Weigand/Haas, Part 4, Art. V UNÜ Rn. 97.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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ten hatte, dass nur der staatliche Richter in der Lage sein sollte, durch seine Entscheidung eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen194. Für vermögensrechtliche Ansprüche besteht nach dem Willen des Reformgesetzgebers heutzutage grundsätzlich kein Rechtsprechungsmonopol mehr195, auch nicht für die aus Börsen- und Börsentermingeschäften resultierenden Ansprüche196. Im Übrigen wäre eine derartige Einschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit mit § 1030 Abs. 3 ZPO nur schwer vereinbar, da dieser hierfür eine gesetzliche Grundlage fordert197. Einzig in Betracht käme § 37h WpHG, der jedoch auf rein subjektive Kriterien abstellt, so dass daraus argumentum e contrario keine Einschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen und Finanztermingeschäften abgeleitet werden kann198. (3) Objektive Schiedsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche Wegen der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Börse soll an dieser Stelle kurz auf die objektive Schiedsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche eingegangen werden. 194

So BGH, Urt. v. 29.3.1996, BGHZ 132, 278, 283; Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249; ebenso Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 2; Lachmann, Rn. 204; Epping, S. 173; Musielak/Voit, § 1030 ZPO Rn. 2; Bork/Stöve, S. 32; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 53. 195 BT-Drucks. 13/5274, S. 34; auch Zöller/Geimer, § 1030 ZPO Rn. 1; Lachmann, Rn. 205. 196 So schon nach früherer Gesetzeslage BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249; dezidiert Bork/Stöve, S. 32, 59; Ebbing, WM 1999, 1264; Samtleben, IPRax 1992, 362, 364; Thorn, IPRax 1997, 98, 102; Gundlach, in: FS Schimansky, 613, 627; a. A. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3469, für § 37h WpHG. 197 Zu der Problematik der ungeschriebenen Einschränkungen des § 1030 ZPO zutreffend Epping, S. 196 ff. 198 So schon zu der äußerst umstrittenen Vorgängerregelung des § 28 BörsG a. F. Schütze, JPS 1 (1987), 94, 96 mit dem zutreffenden Argument, dass andernfalls nicht einmal die in § 28 BörsG a. F. (jetzt: § 37h WpHG) aufgezählten Personen wirksam ein Börsenschiedsgericht vereinbaren könnten; ders., in: Assmann/Schütze, § 29 Rn. 12; Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 4; Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), S. 154; Samtleben, ZEuP 1999, 974, 978 f.; Bork/Stöve, S. 32, 59; unrichtig daher Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3469 (die Vorschrift sei nicht beschränkt auf deutsche Nicht-Kaufleute, sondern auch auf ausländische Nicht-Kaufleute anwendbar, daraus folge eine Beschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit. Hausmann verkennt, dass mit § 37h WpHG aber entscheidend auf subjektive Kriterien, namentlich die Beteiligung bestimmter Personen an den Geschäften, abgestellt wird, woraus eine Beschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit folgt). Zu § 37h WpHG genauer unter C.IV.2.a)(3).

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

§ 1030 Abs. 1 ZPO unterscheidet selbst nicht zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Ansprüchen. Man könnte nun meinen, dass auch jeder vermögensrechtliche öffentlich-rechtliche Anspruch per se objektiv schiedsfähig sei199. Jedoch reicht dies nach dem Willen des Gesetzgebers noch nicht aus; hinzutreten muss die Befugnis der Parteien, über den Streitgegenstand einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG200 schließen zu können201. Gem. § 54 S. 1 VwVfG ist von der grundsätzlichen Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags auszugehen, selbst dann, wenn die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen könnte (§ 54 S. 2 VwVfG), soweit nicht besondere Rechtsvorschriften entgegenstehen. Daraus folgt, dass ein gleich geordnetes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien keine Voraussetzung mehr für die objektive Schiedsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche ist202. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags ist nicht nötig203. Damit sind beispielsweise die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel gem. § 30 bzw. § 49 BörsG oder Aussetzung und Einstellung der Notierung sowie Widerruf der Zulassung gem. § 38 BörsG, die von der h. M. als Verwaltungsakte qualifiziert werden204, einer Regelung durch Verwaltungsvertrag grundsätzlich zugänglich und damit auch objektiv schiedsfähig. Allerdings finden die §§ 54 ff. VwVfG gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG keine Anwendung für die Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungsund ähnlichen Prüfungen von Personen. Darunter sind unvertretbare, einmalige und situationsgebundene Prüfungen in Gegenwart des Prüflings zu verstehen205. Entscheidend ist, ob die Behörde ihre Entscheidung gerade auf den höchstpersönlichen Eindruck von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung stützen soll206. Damit ist die Prüfung der beruflichen Eignung 199

So an sich völlig zu Recht Schlosser, DIS-MAT IV, S. 49, 59 f. Verwaltungsverfahrensgesetz v. 25.5.1976, BGBl. 1976 I, 1253; neugefasst durch Bek. v. 23.1.2003, BGBl. 2003 I, 102, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 8 G. v. 5.5.2004, BGBl. 2004 I, 718. 201 BT-Drucks. 13/5274, S. 35; ebenso Zöller/Geimer, § 1030 ZPO Rn. 23; Musielak/Voit, § 1030 ZPO Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 35; wohl auch Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1030 ZPO Rn. 2; Grundz. § 1025 ZPO Rn. 23; vgl. auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 3. 202 Dies folgt schon aus § 54 S. 2 VwVfG; a. A. Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 2 (zum früheren Recht). 203 H. M., stellvertretend Kopp/Ramsauer, § 54 VwVfG Rn. 1. 204 Stellvertretend Schwark/Heidelbach, KMRK, § 30 BörsG Rn. 5, § 38 BörsG Rn. 19, 20; Schwark/Schwark, KMRK, § 49 BörsG Rn. 13, jeweils m. w. N. 205 Kopp/Ramsauer, § 2 VwVfG Rn. 43; BVerwG, Urt. v. 28.4.1981, BVerwGE 62, 169, 172. 206 BVerwG, Urt. v. 28.4.1981, BVerwGE 62, 169, 172. 200

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der Börsenhändler i. S. d. § 16 Abs. 5, Abs. 6 S. 2–4 BörsG einer Regelung durch Verwaltungsvertrag gem. §§ 54 ff. VwVfG nicht zugänglich207 und damit auch nicht objektiv schiedsfähig. Bis auf die Zulassung der Börsenhändler nach § 16 Abs. 5, Abs. 6 BörsG wären die oben bereits genannten Aufgabenfelder der Börse (Zulassung von Wertpapieren, Aussetzung, Einstellung und Widerruf gem. § 38 BörsG) einer verwaltungsvertraglichen und damit auch schiedsvertraglichen Regelung zugänglich. De facto ist allerdings bei Streitigkeiten darüber in den Regelwerken der Börse kein Schiedsverfahren vorgesehen; das Börsenschiedsgericht soll nur bei Streitigkeiten der Handelsteilnehmer untereinander entscheiden208. b) Russisches Sachrecht (1) Allgemeines: Beschränkung auf zivilrechtliche Streitigkeiten Das russische Recht enthält an zwei Stellen Hinweise auf die objektive Schiedsfähigkeit: zum einen in Art. 1 Pkt. 4 IHSchG, zum anderen in Art. 1 Pkt. 2 SchGG. Sinngemäß heißt es dort jedoch nur, dass die beiden Schiedsgesetze andere Gesetze nicht berühren oder einschränken, nach denen bestimmte Streitigkeiten nicht von einem Schiedsgericht entschieden werden können (Art. 1 Pkt. 4 IHSchG) bzw. positiv formuliert, dass alle zivilrechtlichen Streitigkeiten der schiedsrichterlichen Streiterledigung fähig sind, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Art. 1 Pkt. 2 SchGG). Damit ist nach dem Gesetzeswortlaut eine mögliche Beschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit grundsätzlich nur aus anderen Gesetzen ableitbar209. 207 Wie hier (§ 2 Abs. 3 VwVfG als Ausnahme vom Anwendungsbereich der §§ 54 ff. VwVfG) Gurlit, in: Erichsen/Ehlers, § 29 Rn. 9; zum Teil wird § 2 Abs. 3 VwVfG auch als besonderes Vertragsformverbot i. S. d. § 54 S. 1 Hs. 2 VwVfG qualifiziert, s. Kopp/Ramsauer, § 54 VwVfG Rn. 41 f., 43. Inhaltlich ändert sich jedoch durch diese Qualifikation nichts daran, dass Prüfungsentscheidungen einer schiedsvertraglichen Regelung nicht zugänglich sind. 208 Eine Ausnahme bildete nur das „Primary Markets Arbitration Panel“ der FWB, das über Streitigkeiten nach den Zulassungsbedingungen für den Neuen Markt auf schiedsrichterlichem Wege entscheiden sollte. Nach der Abschaffung des Neuen Marktes hat dieses Schiedsgericht allerdings nun sein Aufgabenfeld verloren und ist, soweit ersichtlich, auch nicht durch ein anderes, für Zulassungsfragen zuständiges Schiedsgericht ersetzt worden. 209 Darauf weist auch Karabel’nikov, 3–135 hin; nach Komarov, Vestnik VAS RF 2001, Nr. 4, S. 87, 92 und ders., in: Böckstiegel, DIS-Schriftenreihe Bd. 13, S. 265, 266 folgt aus Art. 11 ZGB, dass ein beliebiger Streit zivilrechtlicher Art Gegenstand der Schiedsvereinbarung sein kann, solange er nicht ausdrücklich aus der Kompetenz des Schiedsgerichts ausgenommen ist.

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Dennoch ist beiden Gesetzen eine eigene immanente Beschränkung zu entnehmen: die Beschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit auf zivilrechtliche Streitigkeiten (spory, vytekajušcˇie iz graždanskich pravootnošenij). Für das SchGG folgt dies direkt aus Art. 1 Pkt. 2210, im Falle des IHSchG aus einer Zusammenschau des Art. 1 Pkt. 4 mit Art. 1 Pkt. 2211. Indirekt bestätigt wird dies durch Art. 4 Pkt. 6 APK bzw. Art. 3 Pkt. 3 ZPK, wonach eine Schiedsvereinbarung (nur) über zivilrechtliche Streitigkeiten bis zur Sachentscheidung des (staatlichen) Arbitragegerichts bzw. ordentlichen Gerichts abgeschlossen werden kann212. Im Gegenschluss folgt hieraus, dass eine Schiedsvereinbarung über nicht-zivilrechtliche Streitigkeiten überhaupt nicht abgeschlossen werden kann, d. h. öffentlichrechtliche Streitigkeiten (als Gegensatz zu den zivilrechtlichen Streitigkeiten, s. z. B. Art. 2 Pkt. 3 ZGB und Art. 28, 29 APK) nicht objektiv schiedsfähig sind213. Als weitere Gegenstände, die nach russischem Recht nicht objektiv schiedsfähig sind, werden Sachen des besonderen Verfahrens nach dem ZPK (dela osobogo proizvodstva) und Feststellungsklagen hinsichtlich juristisch bedeutsamer Tatsachen nach dem APK (dela ob ustanovlenii faktov, imejušcˇich juridicˇeskoe znacˇenie, Kap. 27 APK) genannt214 sowie die ausdrückliche Ausnahme in Art. 6 Pkt. 1, 32 Pkt. 1, 33 Pkt. 3 des Föderalen Gesetzes vom 26.10.2002 Nr. 127-FZ „Über die Insolvenz (Bankrott)“215. 210 Ebenso Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2, S. 7 mit Rekurs auf Art. 1 Pkt. 1, 9 Pkt. 1 ZGB; Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 3, S. 158; dazu, dass Art. 1 Pkt. 2 SchGG die objektive Schiedsfähigkeit regelt, ausdrücklich KommSchGG Art. 1 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 6 (ohne Angabe des Autors). 211 So Karabel’nikov, 3–135, 3–145, 4–91 und 4–94; Morozova, Vestnik VAS RF 2000, Nr. 7, S. 142, 144. 212 Ebenso Šerstjuk, in: Jakovlev/Jukov, Art. 4 APK Pkt. 6, S. 31; Jarkov/Jarkov, Art. 4 APK Pkt. 6, S. 10 unten; Jarkov, KommSchGG Art. 46 Pkt. 8, TS 2003, Nr. 4, S. 25; wohl auch Brunceva, S. 98, die zwar im Anwendungsbereich des IHSchG das Wort „dogovornye“ (vertraglich) in Art. 1 Pkt. 2 weit auslegen und so auch quasivertragliche und verwaltungsrechtliche (administrativnye) Streitigkeiten erfassen möchte, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das [auf die objektive Schiedsfähigkeit] anwendbare Recht dies zulässt. 213 Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2, S. 7; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 2 (1), S. 638; KommSchGG Art. 1 Pkt. 2, TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7; wohl ebenso Karabel’nikov, 4–94; Lentz, S. 117 Fn. 166. 214 Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 2 (1), S. 638; Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2, S. 8. Vorsicht ist auch geboten im Bereich des Patent-, Warenzeichen-, Geschmacksmuster- und Urheberrechts, s. Lentz, S. 118 f. 215 Federal’nyj Zakon v. 26.10.2002 Nr. 127-FZ „O nesostojatel’nosti (bankrotstve)“, SZ RF 2002, Nr. 43, Pos. 4190, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 31.12.2004 Nr. 220-FZ, SZ RF 2005, Nr. 1 (Teil 1), Pos. 36; KommSchGG Art. 1

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Schiedsgerichte auf dem Territorium der Russischen Föderation können daher nur für zivilrechtliche Streitigkeiten i. S. d. Art. 1 Pkt. 1, 2 ZGB eingesetzt werden. (2) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit des Wertpapierrechts? Problematisch insbesondere für den Bereich der Börsengeschäfte über Wertpapiere erscheint diese Schlussfolgerung jedoch deshalb, weil sich nach russischem Verständnis gerade der Bereich des Wertpapierrechts der eindeutigen Zuordnung zum Zivilrecht entzieht216 bzw. überhaupt die These vertreten wird, das Wertpapierrecht sei generell nicht objektiv schiedsfähig217. Begründet wird dies v. a. mit dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Wertpapierrechts, da die nationale Gesetzgebung in der Regel die Beachtung öffentlicher Mechanismen bei der Erfassung und der Registrierung der Wertpapierrechte vorschreibe und die Schiedsrichter aufgrund ihres nichtstaatlichen Status’ keinen Zugang zu den Wertpapierdaten hätten, daher auch nicht den Wertpapiererfassungsorganen verbindliche Vorschriften machen könnten218. Daraus jedoch zu folgern, dass Börsenrechtsgeschäfte über Wertpapiere als verwaltungsrechtliche Rechtsverhältnisse generell nicht objektiv schiedsfähig seien, wäre sicherlich verfehlt. Ist nämlich die Zuordnung eines Rechtsbereichs zum öffentlichen Recht oder Privatrecht zweifelhaft, kommt es auf die Analyse der konkret streitigen Rechtsbeziehung an219. Grundsätzlich ist für zivilrechtliche Rechtsverhältnisse gem. Art. 1 Pkt. 2 ZGB das ihnen zugrunde liegende private Interesse kennzeichnend, das sich in der Willensfreiheit der Beteiligten widerspiegelt220. Gem. Art. 1 Pkt. 1, Art. 2 Pkt. 1 ZGB gründen sich zivilrechtliche Rechtsverhältnisse auf der Gleichheit der beteiligten Rechtssubjekte221. Ihnen sind nach Art. 2 Pkt. 3 ZGB die verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnisse gegenübergestellt, die durch ein von öffentlicher Macht geprägtes Über-Unterordnungsverhältnis gekennzeichnet sind222. Ihnen liegt ein öffentliches Interesse des Staates zuPkt. 2, TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7; Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2, S. 8. 216 So Jarkov/Jarkov, Art. 28 APK Pkt. 1, S. 55 explizit zum WpMG. 217 Karabel’nikov, 3–129. 218 So Karabel’nikov, 3–129. 219 Jarkov/Jarkov, Art. 28 APK Pkt. 1, S. 55. 220 s. auch Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 97. 221 Ebenso Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 98; KommSchGG Art. 1 Pkt. 3, TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7. 222 In diesem Sinn auch KommSchGG Art. 1 Pkt. 4, TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 98.

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grunde223. Zudem ist der Staat in Form seiner Organe oder anderer Amtsinhaber immer als eine der Parteien an dem verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnis beteiligt224. Als ausdrückliches Beispiel für ein verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis nennt Art. 2 Pkt. 3 ZGB steuerrechtliche Rechtsbeziehungen. Bei den an einer Börse abgeschlossenen Geschäften über Wertpapiere geht es nicht um die Erfassung und Registrierung dieser Rechte, sondern um deren Übertragung von einer Person auf eine andere. Dass diese Transaktion zivilrechtlichen Charakter trägt, wird bereits aus Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 9 Abs. 1 WpMG deutlich. Es kann aber auch aus den Regelungen der Art. 142 ff. ZGB über Wertpapiere gefolgert werden, insbesondere aus Art. 146 ZGB über die Übertragung eines Wertpapiers. Sie kann wegen ihrer systematischen Stellung im ZGB und dem in Art. 2 Pkt. 1 ZGB festgelegten Anwendungsbereich des ZGB für zivilrechtliche Rechtsverhältnisse dem Zivilrecht zugeschrieben werden. Die an der Börse abgeschlossenen Transaktionen über Wertpapiere sind daher dem Zivilrecht zuzuordnen und als solche objektiv schiedsfähig. (3) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit nicht kommerzieller Streitigkeiten? Teilweise wird in der russischen Literatur die These vertreten, nichtkommerzielle Streitigkeiten seien nicht objektiv schiedsfähig225, womit insbesondere Streitigkeiten unter Beteiligung eines Verbrauchers gemeint sind226. Was jedoch den Wortlaut der russischen Gesetze betrifft, kann dies nur für das IHSchG bestätigt werden, das schon von seiner Benennung her auf internationale Wirtschaftsstreitigkeiten beschränkt ist227. Der Wortlaut des SchGG ergibt für eine derartige Auslegung jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Zwar mag der Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt haben, mit dem SchGG nur wirtschaftliche Binnenstreitigkeiten zu erfassen. Diese Absicht hätte aber Eingang in das Gesetz selbst finden müssen, um beachtet werden zu können228. 223

Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 98. Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 98. 225 So Karabel’nikov, 3–115, 3–131, 1–124. 226 s. Karabel’nikov, 3–131. Nach der Legaldefinition im VerbrRSchG (Präambel Abs. 2) sind Verbraucher Bürger, welche beabsichtigen, Waren (Arbeiten, Dienstleistungen) ausschließlich für persönliche, familiäre, häusliche oder andere Bedürfnisse, die nicht mit einer unternehmerischen Tätigkeit zusammenhängen, zu bestellen oder zu erwerben, oder welche derartige Waren bestellen, erwerben oder benutzen. 227 Dazu schon oben erstes Kapitel C.IV. 224

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Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn Streitigkeiten unter Beteiligung eines Verbrauchers nicht mehr zum Privatrecht gezählt werden könnten und sie daher aus diesem Grund, d. h. wegen ihrer Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht, nicht objektiv schiedsfähig wären. Als Argument könnte die prinzipielle Ungleichheit zwischen Verbraucher und Produzent bzw. Verkäufer angeführt werden. Zwar erscheint es vertretbar, die Rechtsbeziehungen zu einem Verbraucher als nicht auf dem Prinzip der Gleichheit basierend anzusehen, allerdings sind diese nicht, wie vom Sinn des Art. 2 Pkt. 1 ZGB gefordert229, von öffentlicher Macht geprägt. Den Rechtsverhältnissen liegen primär private Interessen zugrunde, mag auch der Staat ein (öffentliches) Interesse daran haben, den Verbraucher zu schützen. Ausschlaggebend ist m. E., dass das Föderale Gesetz vom 7.2.1992 „Über den Schutz der Verbraucherrechte“230 (im Folgenden VerbrRSchG) selbst in Art. 1 Pkt. 1 VerbrRSchG konstatiert, dass die Rechtsverhältnisse im Bereich des Verbraucherschutzes vom ZGB (neben dem VerbrRSchG) geregelt werden. In der Präambel werden beispielhaft Verträge aufgezählt, auf welche das VerbrRSchG anwendbar sein soll und die allesamt dem Zivilrecht zuzuordnen sind (z. B. auch ein Kaufvertrag). Deshalb wurde das Verbraucherschutzrecht auch in dem „Klassifikator der Rechtsakte“ durch den Präsidenten dem Zivilrecht zugeordnet231. Das VerbrRSchG ist daher insgesamt dem Zivilrecht zuzuordnen, weil es zivilrechtliche Rechtsbeziehungen inhaltlich näher (nach den Vorgaben des VerbrRSchG) ausgestaltet und es von seinem Zweck her gerade darum geht, die Gleichheit der Parteien wiederherzustellen232. Unklar ist allerdings, ob Art. 17 Pkt. 1 VerbrRSchG als föderales Gesetz i. S. d. Art. 1 Pkt. 2 SchGG zu qualifizieren ist, das die Entscheidung von 228 s. a. Fal’kovic ˇ , Vestnik VAS 2003, Nr. 9, S. 63; nach Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 3 (1), S. 641 haben „die Bestimmungen des neuen Föderalen Gesetzes [gemeint ist das SchGG, Anm. d. Verf.] das rechtliche Vakuum gefüllt, das die Schaffung und Tätigkeit der „inneren“ Schiedsgerichte für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Organisationen und natürlichen Personen (Bürgern) verhinderte.“ 229 So zu Recht Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 29 APK Pkt. 1, S. 98. 230 Zakon Rossijskoj Federacii v. 7.2.1992 Nr. 2300-1 „O zašc ˇ ite prav potrebitelej“, Vedomosti S’’ezda narodnych deputatov Rossijskoj Federacii i Verchovnogo Soveta Rossijskoj Federacii 1992, Nr. 15, Pos. 766, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 21.12.2004 Nr. 171-FZ, SZ RF 2004, Nr. 52 (Teil 1), Pos. 5275. 231 Ukaz Prezidenta RF v. 15.3.2000 Nr. 511 „O klassifikatore pravovych aktov“, SZ RF 2000, Nr. 12, Pos. 1260, geändert durch Ukaz v. 5.10.2002 Nr. 1129, SZ RF 2002, Nr. 40, Pos. 3905 (Unterabteilung 030.100.050); s. a. E˙rdelevskij/Maleina, Art. 1 Pkt. 1 VerbrRSchG, S. 17. 232 I. E. ebenso E ˙ rdelevskij/Maleina, Art. 1 Pkt. 1 VerbrRSchG, S. 18 m. w. N. dazu, wann die Rechtsbeziehungen dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind (dann, wenn sie Befugnisse der Verwaltungsbehörden regeln).

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Streitigkeiten unter Verbraucherbeteiligung ausschließt233. Nach Art. 17 Pkt. 1 VerbrRSchG wird der Verbraucherschutz durch die Gerichte verwirklicht. Es stellt sich also die Frage, ob damit nur die staatlichen Gerichte gemeint sind. Zunächst einmal ist zu beachten, dass nicht nur die Gerichte, sondern auch andere (Staats-)Organe dem Verbraucherschutz dienen, insbesondere das föderale Antimonopolorgan nach Art. 40 ff. VerbrRSchG, der gerichtliche Schutz des Art. 17 Pkt. 1 VerbrRSchG somit kein ausschließlicher ist234. Weiterhin ist unter dem Begriff des Gerichts gem. Art. 11 Pkt. 1 ZGB ein (staatliches) allgemeines Gericht, (staatliches) Arbitragegericht oder Schiedsgericht zu verstehen. Da es bei Art. 17 VerbrRSchG um den Schutz zivilrechtlicher Rechte geht, erscheint es vertretbar, auf Art. 11 ZGB zurückzugreifen. Damit gehören Schiedsgerichte zu den Organen des gerichtlichen Rechtsschutzes für bürgerliche Rechte235, können somit auch den Verbraucherrechtsschutz gewährleisten. Nicht zuletzt folgt auch aus dem SchGG selbst, genauer aus Art. 3 Pkt. 2 Abs. 2 SchGG, dass Streitigkeiten mit Verbrauchern unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen. Andernfalls würde die explizite Erwähnung ständiger Schiedsgerichte von Verbraucherverbänden im Gesetz selbst keinen Sinn ergeben236. Denn diese Schiedsgerichte verlören sogleich wieder ihren Sinn, wenn Streitigkeiten mit Verbrauchern nicht objektiv schiedsfähig wären. Damit sind auch nicht kommerzielle Streitigkeiten objektiv schiedsfähig. (4) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit bei ausschließlichen Gerichtsständen? Als ausdrückliche Ausnahme und gesetzliche Regelung nicht schiedsfähiger Streitgegenstände wird in der russischen Literatur der ausschließliche 233

So explizit Makovskij/Karabel’nikov, MKA 2004, Nr. 3, S. 16, 39. Diese Ansicht findet sich allerdings in keinem der Kommentierungen zu Art. 1 Pkt. 2 SchGG. Dort wird einzig Art. 6 Pkt. 1, 32 Pkt. 1, 33 Pkt. 3 des Föderalen Gesetzes vom 26.10.2002 Nr. 127-FZ „Über die Insolvenz (Bankrott)“ als explizites, die objektive Schiedsfähigkeit ausschließendes Gesetz aufgeführt, s. Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2 S. 8; KommSchGG Art. 1 Pkt. 2, TS 2003, Nr. 1, S. 6, 7. 234 Ebenso E ˙ rdelevskij/Petrovicˇeva, Art. 17 Pkt. 1 VerbrRSchG, S. 79. 235 s. Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 1 SchGG Pkt. 2, S. 7. 236 Nach Meinung des unbekannten Autors in KommSchGG Art. 3 Pkt. 3, TS 2003, Nr. 1, S. 16, unterstreicht die explizite Aufzählung dieser Schiedsgerichte die Wichtigkeit, die der Gesetzgeber diesen Schiedsgerichten beimisst. s. a. Suchanov, in: Makovskij/Suchanov, Art. 3 SchGG Pkt. 2, S. 21.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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Gerichtsstand in Art. 248 APK angeführt237. Begründet wird dies mit der Dominanz des öffentlich-rechtlichen Elements der in Art. 248 APK enthaltenen Streitgegenstände238. Damit ist dies an sich nur eine Fortsetzung des bereits oben herausgearbeiteten Prinzips der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse. Dass der ausschließliche Gerichtsstand des Art. 248 APK den dort aufgezählten Streitigkeiten die objektive Schiedsfähigkeit nehme, ist allerdings auch gerade in der neueren russischen Literatur bestritten worden239. Denn zum einen seien durch ausschließliche Gerichtsstände nur Gerichtsstandsvereinbarungen betroffen, zum anderen ergebe eine Zusammenschau mit anderen Gesetzen, die ausdrücklich den Abschluss von Schiedsvereinbarungen über Gegenstände des Art. 248 APK zulassen (wie z. B. das Föderale Gesetz vom 30.12.1995 Nr. 225-FZ „Über Vereinbarungen zur Aufteilung der Produktion“240), dass der ausschließliche Gerichtsstand des Art. 248 APK nicht in der Weise interpretiert werden dürfe, dass er die objektive Schiedsfähigkeit ausschließe241. M. E. ergibt sich schon aus dem APK selbst, dass Art. 248 APK die objektive Schiedsfähigkeit unberührt lässt. Gem. Art. 244 Pkt. 2 APK darf einem ausländischen Schiedsspruch neben den im IHSchG vorgesehenen Gründen (Art. 244 Pkt. 2, 239 Pkt. 4 APK i. V. m. Art. 36 IHSchG) nur dann noch die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn gerade die Vollstreckung des Schiedsspruchs gegen den ordre public verstoßen würde (Art. 244 Pkt. 2 i. V. m. Pkt. 1 Nr. 7 APK). Im Umkehrschluss folgt daraus, dass sämtliche anderen, in Art. 244 Pkt. 1 APK aufgezählten Gründe der Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils für einen Schiedsspruch irrelevant sind. Zu diesen für einen Schiedsspruch irrelevanten Gründen gehört auch die Nichtbeachtung der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 248 APK gem. Art. 244 Pkt. 1 Nr. 3 APK. Entsprechendes gilt im Bereich des ZPK gem. Art. 412 i. V. m. Art. 416 ZPK für den ausschließlichen Gerichtsstand des Art. 403 ZPK. 237 Svetlanov, S. 140; Karabel’nikov, 3–135, 3–136, allerdings wieder aufgegeben in MKA 2004, Nr. 3, S. 16, 27 (zusammen mit Makovskij); unentschieden auch Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVII § 2 (1), S. 638 f.; für den ausschließlichen Gerichtsstand des Art. 403 ZPK wird eine entsprechende Diskussion nicht geführt, aus logischen Gründen müsste aber dasselbe gelten. 238 Karabel’nikov, 4–91. 239 s. Komarov, MKA 2004, Nr. 1, S. 6, 15 ff. 240 Federal’nyj Zakon v. 30.12.1995 Nr. 225-FZ „O soglašenijach o razdele produkcii“, SZ RF 1996, Nr. 1, Pos. 18, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 29.11.2004 Nr. 199-FZ, SZ RF 2004, Nr. 49, Pos. 4840; s. Komarov, MKA 2004, Nr. 1, S. 6, 16 m. w. N. 241 Komarov, MKA 2004, Nr. 1, S. 6, 16.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Damit schließen ausschließliche Gerichtsstände nicht die objektive Schiedsfähigkeit dieser Streitgegenstände aus242. c) Vergleich Bei einer Gegenüberstellung der Ausgestaltung der objektiven Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten in Deutschland und Russland fällt auf, dass der deutsche Ansatz liberaler ist als der russische. Nach deutschem Recht können sogar öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, sofern sie der Regelung durch einen Verwaltungsvertrag zugänglich wären, der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen werden. Dies ist im russischen Recht schon vom Wortlaut der Schiedsgesetze her ausgeschlossen: dort sind allein zivilrechtliche Streitigkeiten objektiv schiedsfähig. Während sich in der deutschen Literatur und Rechtsprechung eine Formel herausgebildet hat, wonach das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit bestimmt werden kann (Bestehen eines staatlich-gerichtlichen Rechtsprechungsmonopols), fehlt eine derartige Definition in der russischen Literatur und Rechtsprechung. Nur so ist erklärbar, warum hinsichtlich der objektiven Schiedsfähigkeit so viele Streitpunkte existieren wie beispielsweise hinsichtlich der objektiven Schiedsfähigkeit bei ausschließlichen Gerichtsständen oder bei der Beteiligung eines Verbrauchers. Nach richtiger Auffassung ist auch nach russischem Recht in beiden Fällen die objektive Schiedsfähigkeit derartiger Streitigkeiten zu bejahen. In beiden Ländern werden Streitigkeiten aus Börsengeschäften dem Zivilrecht zugerechnet. Die frühere deutsche Rechtsprechung zu den Börsentermingeschäften ist auf die Neuregelung der Finanztermingeschäfte nicht übertragbar, so dass nach inzwischen ganz h. M. auch Streitigkeiten aus Termingeschäften objektiv schiedsfähig sind. Damit sind in beiden Ländern aus Börsengeschäften resultierende Streitigkeiten objektiv schiedsfähig.

242 Anzumerken ist, dass allgemein Zweifel, ob eine Regelung des nationalen Rechts als Ausschluss der objektiven Schiedsfähigkeit zu verstehen ist, zugunsten der Geltung des MG, d. h. gegen einen Ausschluss ausgelegt werden sollten, weil andernfalls das Ziel, die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit weitest möglich zu vereinheitlichen, nicht erreicht würde. Nur eine ausdrückliche Formulierung soll die objektive Schiedsfähigkeit auch tatsächlich i. S. d. Art. 1 Abs. 5 MG ausschließen können, s. Weigand/Roth, Part 5, Art. 1 MG Rn. 16.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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3. Zusammenfassung Kollisionsrechtlich ist die objektive Schiedsfähigkeit sowohl nach den vereinheitlichten Regelungen der völkerrechtlichen Verträge als auch nach autonomem deutschem und russischem Kollisionsrecht stets selbständig nach der lex fori anzuknüpfen. Dies gilt für alle Stadien des Schiedsverfahrens. Nach deutschem und russischem Sachrecht sind zumindest aus Börsengeschäften resultierende Streitigkeiten objektiv schiedsfähig. Sie werden nach beiden Rechtsordnungen dem Zivilrecht zugeordnet. IV. Die subjektive Schiedsfähigkeit Unter der subjektiven Schiedsfähigkeit versteht man die Fähigkeit der Parteien, eine für sie bindende, d. h. wirksame Schiedsvereinbarung einzugehen243. Nach der Behandlung der kollisionsrechtlichen Probleme, die sich bei der Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit stellen, soll auf die subjektive Schiedsfähigkeit nach autonomem Recht eingegangen werden, wobei im deutschen Recht insbesondere § 37h WpHG eine wichtige Rolle spielt. 1. Kollisionsrechtliche Fragestellungen Zunächst sollen die kollisionsrechtlichen Regeln, nach denen die subjektive Schiedsfähigkeit bestimmt wird, im internationalen und nationalen Recht dargestellt werden. Da darin eine Verweisung auf das Personalstatut des mit der Prüfung befassten Gerichts enthalten ist, wird im nächsten Abschnitt die Ausgestaltung des Personalstatuts im russischen und deutschen Recht speziell im Hinblick auf die Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit untersucht werden. a) Kollisionsrechtliche Regelungen des internationalen und nationalen Rechts (1) Vereinheitlichtes Kollisionsrecht der internationalen Übereinkommen Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ verweist für die Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches auf das Recht, „das für [die Parteien] persönlich maßgebend ist“. Zwar ist die subjektive Schiedsfähigkeit als Voraussetzung der 243

Schlosser, DIS-MAT IV, S. 49, 51; Schütze, Rn. 73; Lachmann, Rn. 210.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung (entgegen der objektiven Schiedsfähigkeit, dem Bestimmtheitserfordernis und der Form) in Art. II UNÜ nicht explizit erwähnt. Jedoch ist ganz allgemein anerkannt, dass die fehlende subjektive Schiedsfähigkeit eine Schiedsvereinbarung unwirksam macht und daher bei der Überprüfung im Rahmen des Art. II Abs. 3 UNÜ zu berücksichtigen ist244. Auch hier ist zur Bestimmung der subjektiven Schiedsfähigkeit auf Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ zurückzugreifen. Denn da nach dieser Regelung über die (fortbestehende) Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung (im Anerkennungsverfahren) zu befinden ist, darf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung im Erkenntnisverfahren nicht anders beurteilt werden245. Mit dem Recht, „das für die Parteien maßgeblich ist“, wird nach ganz h. M. auf das Personalstatut verwiesen246. Ob sich dieses nach der Staatsangehörigkeit der Parteien, ihrem Domizil oder gewöhnlichen Aufenthalt richtet, hat das Übereinkommen bewusst offen gelassen247. Hierüber entscheidet das IPR des mit der Prüfung der Schiedsvereinbarung befassten Gerichts (sei es nun im Einrede- oder Vollstreckungsverfahren)248. Das EuÜ knüpft in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem UNÜ die subjektive Schiedsfähigkeit gem. Art. VI Abs. 2 EuÜ ebenfalls an das Personalstatut an, so dass sich also in diesem Bereich keine Unterschiede zwischen den beiden internationalen Übereinkommen ergeben249. Im Ergebnis ist dies auch in Russland anerkannt, obwohl in der russischen authentischen Übersetzung des UNÜ und des EuÜ für den im Deutschen gebräuchlichen Begriff der subjektiven Schiedsfähigkeit verschiedene Ausdrücke gebraucht werden250. 244 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3329; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 25. 245 I. E. ebenso Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3329; Bork/Stöve, S. 61. 246 Stellvertretend Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 44, 79; van den Berg, S. 276 f.; Schlosser, Rn. 325; Karabel’nikov, 1–88, 3–26; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 21. 247 Schlosser, Rn. 325; van den Berg, S. 276 f.; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 21; ähnlich Brunceva, S. 101. 248 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 8; Schlosser, Rn. 325; Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 5; Berger, ZBB 2003, 77, 82 m. w. N.; Brunceva, S. 101; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3329, 3378; wegen des klaren Wortlauts des Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ bestimmen auch diejenigen, welche in der Fähigkeit zum Abschluss der Schiedsvereinbarung eine besondere Form der Partei- und Prozessfähigkeit sehen, die subjektive Schiedsfähigkeit nach dem Personalstatut, d. h. nach IPR-Regeln, vgl. Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 18. 249 s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII UNÜ Rn. 6 ff., Art. VI EuÜ Rn. 8; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3378. 250 Der Begriff der „subjektiven Schiedsfähigkeit“ ist im russischen Recht nicht üblich. Stattdessen wird entweder der Begriff der „Geschäftsfähigkeit“ (deesposob-

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(2) Autonomes deutsches Kollisionsrecht Vor der Neuregelung des Schiedsrechts 1997 war umstritten, nach welchen autonomen Kollisionsregeln über die subjektive Schiedsfähigkeit zu entscheiden war. Die wohl h. M. stellte auf das Personalstatut ab, mithin Art. 7, 5, 12 EGBGB251. Nunmehr findet sich nach dem Vorbild der Kollisionsregeln der internationalen Übereinkommen252 eine eigene Kollisionsnorm zur Bestimmung der subjektiven Schiedsfähigkeit in § 1059 II Nr. 1 lit. a ZPO253, die ebenfalls auf das Personalstatut verweist. Dies gilt im Interesse des internen und internationalen Entscheidungseinklanges nicht nur im Aufhebungsverfahren, sondern in jedem Abschnitt des schiedsrichterlichen Verfahrens254. Damit verläuft die Bestimmung der subjektiven Schiedsfähigkeit im nationalen Kollisionsrecht parallel zu derjenigen der internationalen Übereinkommen. (3) Autonomes russisches Kollisionsrecht Das IHSchG enthält sowohl in Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 als auch in Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 1 Hinweise auf die Geschäftsfähigkeit der Parteien. Obwohl dies im russischen Text direkt nicht zum Ausdruck kommt – dort heißt es sinngemäß nur, dass ein Anfechtungsgrund gegeben ist, wenn eine der Parteien nicht geschäftsfähig war (nedeesposobna) –, ist damit wohl auch eine Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit am Personalstatut gemeint255. nost’, so der offizielle russische Text des UNÜ) oder gar Rechtsfähigkeit (pravosposobonost’, so im EuÜ) verwendet. Gemeint ist damit aber dasselbe, s. Karabel’nikov, 1–89, 3–25, Brunceva, S. 101 Fn. 6. Der Unterschied scheint eher technischer Art zu sein, da nach russischem Verständnis der Begriff der „deesposobnost’“ in der Regel nur im Zusammenhang mit natürlichen Personen verwandt wird, der Begriff der „pravosposobnost’“ dagegen auch für juristische Personen, s. Brunceva, S. 101 Fn. 6; Karabel’nikov, 1–89 Fn. 69; Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK, S. 617 spricht gar von „pravodeesposobnost’“. 251 s. Schütze, JPS 1 (1987), 94, 97; Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), 149, 157. 252 BT-Drucks. 13/5274, S. 59; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 19; Geimer, Rn. 3815b; Musielak/Voit, § 1059 ZPO Rn. 6; auch schon Weber/Weber-Rey, JPS 3(1989), 149, 157 Fn. 39. 253 Schütze, Rn. 73; Geimer, Rn. 3815b; Epping, S. 174; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 50. 254 So auch Berger, ZBB 2003, 77, 82; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 50; Epping, S. 174; a. A. wohl Schütze, Rn. 73 (nur im Aufhebungsverfahren). 255 So wohl Brunceva, S. 101, die die russischen Normen in Zusammenhang mit der Kollisionsnorm des Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ setzt und im Folgenden Ausführungen zu den Anknüpfungsmöglichkeiten des Personalstatuts macht.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Im Bereich des SchGG fehlt wiederum eine eigene Regelung. Dort ist das Erfordernis der Geschäftsfähigkeit der Parteien nicht einmal ausdrücklich erwähnt. Allerdings findet sich in Art. 417 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 ZPK ein Versagungsgrund für die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruches, der fast wörtlich mit Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 1 IHSchG übereinstimmt. In Fällen, in denen ein Ausländer an einer Schiedsvereinbarung beteiligt ist, die in den Anwendungsbereich des SchGG fällt (d. h. wenn der Schiedsort sich in Russland befindet), kann daher entweder Art. 417 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 ZPK (bei Streitigkeiten ohne wirtschaftlichen (kommercˇeskij) Bezug) oder Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 1 IHSchG analog (bei Streitigkeiten mit wirtschaftlichem Bezug, die allerdings nicht unter den Anwendungsbereich des Art. 1 IHSchG fallen) als Kollisionsregel zur Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit herangezogen werden. b) Die Ausgestaltung des Personalstatuts Da es alle Kollisionsregeln dem nationalen IPR überlassen, das Personalstatut inhaltlich auszugestalten, soll an dieser Stelle auf das Personalstatut nach deutschem und russischem IPR eingegangen werden. (1) Nach deutschem Recht Für natürliche Personen ist das Personalstatut im deutschen autonomen Recht in Art. 7, 5 und 12 EGBGB geregelt. Hinsichtlich des Gesellschaftsstatuts für juristische Personen fehlt im deutschen IPR eine gesetzliche Regelung256. Nach dem Daily Mail- und dem Centros-Urteil des EuGH257 ist die v. a. von der Rechtsprechung und h. L. vertretene Sitztheorie (im Gegenssatz zur Gründungstheorie) unter Druck geraten. Nichtsdestotrotz hält die wohl überwiegende Meinung nach wie vor daran fest258. Für die Anknüpfung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit von natürlichen Personen wird allerdings in der deutschen Lehre im Allgemeinen danach 256 s. Soergel/Lüderitz, Anh. Art. 10 EGBGB Rn. 7; Staudinger/Großfeld, IntGesR Rn. 18; von Hoffmann/Thorn, § 7 Rn. 22. 257 Daily Mail-Urteil v. 27.9.1988, NJW 1989, 2186 ff.; Centros-Urteil v. 9.3.1999, NJW 1999, 2027 ff. 258 OLG Hamm, Beschl. v. 1.2.2001, und OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.3.2001, IPRax 2001, 343; OLG Brandenburg, Urt. v. 31.5.2000, NJW-RR 2001, 29, 30; Staudinger/Großfeld, IntGesR Rn. 121; Soergel/Lüderitz, Anh. Art. 10 EGBGB Rn. 4; weiterführend von Hoffmann/Thorn, § 7 Rn. 32 f.; MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 162 ff.

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unterschieden, ob es sich um die sog. allgemeine Geschäftsfähigkeit oder um eine besondere Geschäftsfähigkeit handelt. Erstere wird gesondert nach dem Heimatrecht gem. Art. 7 Abs. 1 EGBGB angeknüpft, bei letzterer ist umstritten, ob sich diese ebenfalls nach dem allgemeinen Geschäftsfähigkeitsstatut richtet oder aber dem Wirkungsstatut, d. h. dem Recht, das den Geschäftsinhalt bestimmt, unterliegt259. (a) Maßgeblichkeit des allgemeinen Personalstatuts für die Bestimmung der subjektiven Schiedsfähigkeit Man kann nun mit guten Gründen annehmen, die subjektive Schiedsfähigkeit sei – wie etwa Delikts- oder Testierfähigkeit – eine derartige besondere Geschäftsfähigkeit. Dennoch richtet sich diese nach dem klaren Wortlaut der Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ, Art. VI Abs. 2 EuÜ sowie § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO nach dem Personalstatut und nicht nach dem Wirkungsstatut – eine andere Interpretation wäre mit den genannten Vorschriften nicht vereinbar, da sie andernfalls die dort vorgesehene Unterscheidung zwischen Personal- und Wirkungsstatut obsolet machen würde260. Damit bestimmt sich die subjektive Schiedsfähigkeit gem. Art. 7 Abs. 1 EGBGB nach dem Heimatrecht der Parteien261. Rück- und Weiterverweisungen sind, da es sich um eine IPR-Gesamtnormverweisung handelt, zu beachten262. 259 Vgl. allgemein von Hoffmann/Thorn, § 7 Rn. 6; die wohl h. M. geht von der Geltung des Wirkungsstatuts aus, sofern eine besondere Geschäftsfähigkeit betroffen ist, s. Schlosser, Rn. 336; MünchKomm-BGB/Birk, Art. 7 EGBGB Rn. 40; Staudinger/Hausmann, Art. 7 EGBGB Rn. 45; Soergel/Kegel, Art. 7 EGBGB Rn. 8. 260 Geimer, Rn. 3815b; a. A. wohl Schlosser, Rn. 336: „Soweit [. . .] für besondere Geschäftsfähigkeiten auf allgemeines Geschäftsfähigkeitsrecht verwiesen wird, ist das allgemeine Personalstatut anzuwenden; soweit für besondere Geschäftsfähigkeiten [. . .] Sonderregeln ausgebildet sind, muss man auf das Wirkungsstatut [. . .] rekurrieren. [. . .] Auch besondere Ausprägungen der Geschäftsfähigkeit gerade beim Abschluss eines Schiedsvertrages müssen dann nach dem auf den Schiedsvertrag anwendbaren Recht behandelt werden.“ 261 s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3467; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 8. A.A. Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 3 ff., der auf die Wertungen der §§ 31 Abs. 3, 37d Abs. 6 WpHG abstellen und daher an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfen will. Dogmatisch ist dies nicht haltbar, da weder §§ 31 Abs. 3, 37d Abs. 6 WpHG als Kollisionsregeln ausgestaltet sind noch ein systematischer Zusammenhang mit § 37h WpHG besteht, der in einem eigenen Abschnitt geregelt ist. Verfehlt ist auch eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt analog Art. 29 EGBGB, wie Samtleben, ZBB 2003, 69, 77 (Fn. 90) vorschlägt, da die Voraussetzungen einer Analogiebildung nicht vorliegen. Man mag die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit gem. Art. 7 Abs. 1 EGBGB für rechtspolitisch verfehlt halten, de lege lata führt jedoch kein Weg daran vorbei. 262 Schlosser, Rn. 328; Epping, S. 174.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Es stellt sich nun die Frage, ob auch besondere Einschränkungen der subjektiven Schiedsfähigkeit nach allgemeinem Personalstatut anzuknüpfen sind oder ob hierfür doch das Wirkungsstatut (= Schiedsvereinbarungsstatut) heranzuziehen ist. Für den Bereich der Börsengeschäfte geht es vor allem um § 37h WpHG, der (auch) als Einschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit qualifiziert werden kann263. Konsequenz bei Anknüpfung über das allgemeine Geschäftsfähigkeitsstatut wäre, dass nach deutschem IPR, d. h. Art. 7 Abs. 1 EGBGB, alle Deutschen, die weder Kaufleute noch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, für Schiedsvereinbarungen, die vor Entstehen des Streitfalles abgeschlossen werden, subjektiv nicht schiedsfähig sind264. Andernfalls, d. h. bei Anknüpfung nach dem Wirkungsstatut, würde § 37h WpHG gem. Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO immer dann zur Anwendung gelangen, wenn deutsches Recht als auf die Schiedsvereinbarung anwendbares gewählt wurde oder mangels Rechtswahl der Schiedsort in Deutschland liegt. Dies würde dazu führen, dass alle „Nicht-Kaufleute“ und „Nicht-Juristische Personen des öffentlichen Rechts“ in Deutschland, unabhängig von ihrer Nationalität, nicht subjektiv schiedsfähig wären. Für die erste Ansicht, d. h. die Anknüpfung nach dem Personalstatut, spricht wohl die Intention des Gesetzgebers des § 37h WpHG, die deutschen Privatanleger weltweit zu schützen265. Ebenfalls für die erste Lösung lässt sich die Begründung zum Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz anführen, wonach durch das neue Schiedsrecht das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland als Austragungsort internationaler Schiedsstreitigkeiten gefördert werden sollte266. Diesem Ansehen würde gewaltigen Abbruch getan, wenn auf einem so international bedeutenden und etablierten Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit wie der Börsenschiedsgerichtsbarkeit alle Privatanleger in Deutschland, gleich welcher Nationalität, für Börsenstreitigkeiten keine Schiedsvereinbarung vor Entstehen des Streitfalles abschließen könnten. Auch dogmatisch ist die Sonderanknüpfung der Einschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit am Wirkungsstatut nicht zwingend. Spezielle Ge263

Ebenso Berger, ZPP 2003, 77, 82; ausführlich dazu sogleich unter C.IV.2.a). Dies gilt gleichermaßen für alle Rechtsordnungen, deren Personalstatut auf die Staatsangehörigkeit verweist, nicht dagegen für diejenigen, deren Personalstatut am Domizil oder allgemeinen Aufenthaltsort anknüpft; das Heimatrecht wäre dann allenfalls über eine Rück- oder Weiterverweisung zu beachten. 265 BT-Drucks. 14/8017, S. 96: „Problematisch ist hierbei [bei § 28 BörsG a. F., Anm. der Verfasserin] beispielsweise, dass durch die Vereinbarung eines ausländischen Schiedsverfahrens der Schutz der inländischen Privatanleger ohne weiteres umgangen werden kann.“ 266 BT-Drucks. 13/5274, S. 1. 264

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schäftsfähigkeiten werden ja nur deshalb nicht am allgemeinen Personalstatut, sondern am Wirkungsstatut angeknüpft, weil im Allgemeinen das Wirkungsstatut die Voraussetzungen für ein gültiges Rechtsgeschäft bestimmt und es daher auch in seiner Kompetenz liegt, diese strenger oder leichter zu fassen267. Im Falle der subjektiven Schiedsfähigkeit knüpfen aber alle Kollisionsregeln (sowohl der internationalen Übereinkommen wie auch des autonomen deutschen Rechts) diese in Abweichung von diesem Grundsatz nach allgemeinem Geschäftsfähigkeitsrecht an. Da mithin in diesem Spezialfall nicht das Wirkungsstatut (Schiedsvereinbarungsstatut) über die Voraussetzungen des Vorliegens der subjektiven Schiedsfähigkeit entscheidet, sondern speziell für diesen Fall ein besonderes „Statut der subjektiven Schiedsfähigkeit“ ausgebildet wurde, sind auch Einschränkungen der subjektiven Schiedsfähigkeit nach diesem besonderen „Schiedsfähigkeitsstatut“ zu bestimmen268. Allerdings stellt sich im Zusammenhang mit einer potentiellen Einschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit durch § 37h WpHG im internationalen Rechtsverkehr noch ein ganz anderes Problem: das der Vereinbarkeit des § 37h WpHG mit Art. II Abs. 1 UNÜ269. Dadurch, dass Art. II Abs. 1 UNÜ eine Regelung des vereinheitlichten Sachrechts ist, kommt es auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung gar nicht an, weshalb der soeben erörterte dogmatische Streit in der Praxis nicht zur Entscheidung stehen dürfte. (b) Anknüpfung der Kaufmannseigenschaft Da es nach deutschem Recht für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen über Börsengeschäfte, die vor Entstehen des Streitfalles abgeschlossen werden, entscheidend darauf ankommt, ob die jeweilige Partei Kaufmann (oder juristische Person des öffentlichen Rechts) ist, soll ebenfalls kurz darauf eingegangen werden, nach welchem Recht bestimmt wird, ob eine bestimmte Person diese notwendige Eigenschaft besitzt. Die Meinungen zur Lösung dieser Frage sind außerordentlich vielfältig270. So wird eine Sonderanknüpfung am Ort der gewerblichen Niederlas267

s. nur MünchKomm-BGB/Birk, Art. 7 EGBGB Rn. 40. So explizit zur Beschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit – allerdings zum alten Recht – Schütze, JPS 1 (1987), 94, 97; a. A. Schlosser, in: FS Steindorff, 1379, 1388: „Selbst wenn man die [. . .] geschilderte Rechtsprechung des BGH systematisch in den Bereich der Börsengeschäftsfähigkeit als einer besonderen Geschäftsfähigkeit einordnen wollte, würde, wie für alle besonderen Geschäftsfähigkeiten auch, das Wirkungsstatut gelten.“; ders., Rn. 336. 269 s. dazu sogleich C.IV.2.a)(4). 270 s. die Nachweise bei MünchKomm-BGB/Kindler, IntGesR Rn. 78 ff. 268

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

sung vorgeschlagen271. Vorzugswürdig indessen erscheint die Ansicht, die die Kaufmannseigenschaft unselbständig nach dem Wirkungsstatut des jeweiligen Geschäfts anknüpft. Denn nur so werden unnötige Spannungen zwischen Niederlassungsrecht und Geschäftsfähigkeitsstatut und die daraus resultierenden Anpassungsprobleme vermieden272. Ob eine Person Kaufmann ist und daher unter die Privilegierung des § 37h WpHG fällt, bestimmt sich somit in diesem Sonderfall nach dem allgemeinen Personalstatut, da hier nicht gesondert nach dem Wirkungsstatut angeknüpft wird, dieses vielmehr mit dem allgemeinen Personalstatut zusammenfällt. (2) Nach russischem Recht Die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person bestimmt sich gem. Art. 1197 Pkt. 1 ZGB nach dem Personalstatut des Art. 1195 ZGB273. Gem. Art. 1195 Pkt. 1 ZGB ist Hauptanknüpfungsmoment die Staatsangehörigkeit einer Person. Hat die Person auch die russische Staatsangehörigkeit, geht diese nach Art. 1195 Pkt. 2 ZGB vor, sonst entscheidet im Falle mehrerer Staatsangehörigkeiten der Wohnsitz nach Art. 1195 Pkt. 4 ZGB. Hat allerdings eine Person ihren Wohnsitz in der Russischen Föderation, ist dies vorrangig für die Anknüpfung des Personalstatuts (Art. 1195 Pkt. 3 ZGB). Die russische Literatur und Praxis unterscheidet nicht zwischen der Anknüpfung einer sog. allgemeinen oder besonderen Geschäftsfähigkeit. Für das Personalstatut einer juristischen Person verweist Art. 1202 Pkt. 1 ZGB auf das Recht des Landes, in dem die juristische Person gegründet wurde. c) Vergleich Sowohl das vereinheitlichte Kollisionsrecht der völkerrechtlichen Verträge als auch die autonomen kollisionsrechtlichen Regelungen des deutschen und russischen Rechts knüpfen die subjektive Schiedsfähigkeit im Er271 Palandt/Heldrich, Art. 7 EGBGB Rn. 7 m.w.N; Berger, ZBB 2003, 77, 82 (Fn. 51). 272 Staudinger/Hausmann, Art. 7 EGBGB Rn. 60; MünchKomm-BGB/Birk, Art. 7 EGBGB Rn. 45; i. E. ebenso Schlosser, Rn. 336; wohl auch Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 9; dezidiert MünchKomm-BGB/Kindler, IntGesR Rn. 77 ff., 101 ff. m. w. N. 273 Nichts anderes gilt für den Fall, dass man i. S. d. subjektiven Schiedsfähigkeit statt Geschäftsfähigkeit Rechtsfähigkeit fordern würde. Denn Art. 1196 ZGB verweist für die Anknüpfung der Rechtsfähigkeit ebenfalls auf das Personalstatut des Art. 1195 ZGB.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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gebnis am Personalstatut an. Dies gilt für alle Stadien des Schiedsverfahrens. Allerdings wird dies im russischen Recht im Anwendungsbereich des SchGG nicht diskutiert. In diesem Gesetz findet sich auch keine eigene Kollisionsregel für die Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit. Jedoch kann hierfür auf die Kollisionsregel des IHSchG analog oder auf Art. 417 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 ZPK zurückgegriffen werden. Über die genaue Ausgestaltung des Personalstatuts entscheidet das IPR des mit der Prüfung der Schiedsvereinbarung befassten Gerichts. Sowohl deutsches als auch russisches IPR verweisen für die Bestimmung des Personalstatuts auf die Staatsangehörigkeit der Parteien. Die Sonderdiskussion im deutschen Recht, ob besondere Geschäftsfähigkeiten (wie etwa die subjektive Schiedsfähigkeit) nach dem Wirkungsstatut anzuknüpfen sind, findet sich nicht im russischen Recht und ist im Ergebnis auch für die Anknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit im deutschen Recht abzulehnen. Damit entscheidet sowohl im deutschen als auch im russischen Recht das Recht des Landes, welchem die Partei angehört, über die subjektive Schiedsfähigkeit dieser Partei. Dagegen ist das Gesellschaftsstatut einer juristischen Person in Deutschland und Russland unterschiedlich ausgestaltet. Während in Deutschland die Sitztheorie nach wie vor herrschend ist, folgt Russland in Art. 1202 Pkt. 1 ZGB der Gründungstheorie. 2. Sachrecht Aufgabe des Sachrechts ist es zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen nach autonomem Recht die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung eingehen können. a) Deutsches Sachrecht (1) Allgemeines Entgegen der objektiven Schiedsfähigkeit (§ 1030 Abs. 1 ZPO), der Form (§ 1031 ZPO) und dem Bestimmtheitserfordernis (§ 1029 Abs. 1 ZPO) ist die subjektive Schiedsfähigkeit im 2. Abschnitt des Buches 10 der ZPO über die Schiedsvereinbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Fehlt sie jedoch, ist nach ganz h. M. die Schiedsvereinbarung ebenso unwirksam wie bei Verstoß gegen die eingangs aufgezählten Wirksamkeitsvoraussetzungen274. 274

Stellvertretend Schütze, Rn. 94; international auch Redfern/Hunter, 3–15.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Woraus allerdings die subjektive Schiedsfähigkeit abzuleiten ist, ist umstritten. Häufig wird sie als Ausfluss der allgemeinen Geschäftsfähigkeit verstanden275; manche wollen jedoch zusätzlich – als Folge der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung – auf die Prozessfähigkeit abstellen276. Für den hier behandelten Bereich ergeben sich jedoch keine Unterschiede, da gem. §§ 51, 52 Abs. 1 ZPO die Prozessfähigkeit aus der Geschäftsfähigkeit resultiert277. Subjektiv schiedsfähig ist damit grundsätzlich, wer geschäftsfähig bzw. prozessfähig ist. Gem. § 1030 Abs. 3 ZPO kann die subjektive Schiedsfähigkeit jedoch für manche Bereiche eingeschränkt oder ausgeschlossen werden278. Dass § 37h WpHG als derartige Einschränkung zu verstehen ist, wird ein Vergleich mit der äußerst umstrittenen Vorgängerregelung des § 28 BörsG a. F. zeigen. (2) Die Regelung des § 28 BörsG a. F. Die Rechtsprechung sah in § 28 BörsG a. F. nur eine Spezialregelung für Börsenschiedsgerichte279, d. h. sie verstand § 28 BörsG a. F. als besondere Beschränkung, spezielle Börsenschiedsgerichte zu vereinbaren. Derartige Schiedsgerichte konnten nur unter den Voraussetzungen des § 28 BörsG a. F. vereinbart werden, d. h. § 28 BörsG a. F. verbot die Vereinbarung von Börsenschiedsgerichten für andere als die gem. § 53 Abs. 1 BörsG a. F. termingeschäftsfähigen Personen280. Eine entsprechende Anwendung auf andere Schiedsgerichte lehnte der BGH ausdrücklich ab281. 275 Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 562; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 19; differenzierend Schlosser, Rn. 337: die subjektive Schiedsfähigkeit folgt aus der Geschäftsfähigkeit, aber das Auftreten im Schiedsverfahren setzt Partei- und Prozessfähigkeit voraus, welche sich primär nach dem Recht richtet, dem das Schiedsverfahren unterliegt (Schiedsverfahrenstatut); wohl auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1030 ZPO Rn. 7. 276 So Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 5; § 1059 ZPO Rn. 6. 277 Unterschiede ergeben sich nur dort, wo Geschäfts- und Prozessfähigkeit nach dem Heimatrecht auseinander fallen, z. B. in Ehe- und Entmündigungssachen, vgl. MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 459; Soergel/Kegel, Art. 7 EGBGB Rn. 9. 278 So z. B. § 160 II Nr. 3 InsO (v. 5.10.1994, BGBl. 1994 I, 2866, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 22 G. v. 15.12.2004, BGBl. 2004 I, 2296 (Nr. 69)); vgl. Schütze, Rn. 73. 279 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249. § 28 BörsG a. F. lautete: „Eine Vereinbarung, durch welche die Beteiligten sich der Entscheidung eines Börsenschiedsgerichts unterwerfen, ist nur verbindlich, wenn beide Teile zu den Personen gehören, welche nach § 53 Abs. 1 Börsentermingeschäfte abschließen können, oder wenn die Unterwerfung unter das Schiedsgericht nach Entstehung des Streitfalls erfolgt.“

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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Die Literatur war gespalten. Ein Teil unterstützte die Rechtsprechung des BGH: mit § 28 BörsG a. F. sei nur eine Unterwerfung unter eine spezielle Börsenschiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen, nicht aber die Verbindlichkeit einer Schiedsvereinbarung überhaupt282. § 28 BörsG a. F. sei Ausfluss des Gebots überparteilicher Rechtspflege, indem er die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung nicht termingeschäftsfähiger sowie der kraft Information termingeschäftsfähigen (§ 53 Abs. 2 BörsG a. F.) Personen dann einschränke, wenn sich die Beteiligten einer speziellen Börsenschiedsgerichtsbarkeit unterwerfen283. Der Regelungsgehalt des § 28 BörsG a. F. wurde somit ausschließlich darin gesehen, dass die Vereinbarung spezieller Börsenschiedsgerichte (nur) für bestimmte Personen (nämlich den nach § 53 I BörsG termingeschäftsfähigen) erlaubt sei284. Aus dieser Interpretation folgte gleichzeitig, dass – 280 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1249; auch schon RG, Urt. v. 14.11.1903, RGZ 56, 19, 21 f. 281 BGH, Urt. v. 6.6.1991, WM 1991, 1248, 1250: „Auch eine entsprechende Anwendung des § 28 BörsG kommt angesichts des dargelegten Gesetzeszweck nicht in Betracht“; dort (S. 1249) auch zu den Merkmalen spezieller Börsenschiedsgerichte, s. bereits oben zweites Kapitel B.II.1.a); dagegen Samtleben, IPRax 1992, 362, 364. 282 Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 9; ebenso Bork/Stöve, S. 34; Thorn, IPRax 1997, 98, 103; früher schon Mann, in: FS v. Caemmerer, 737, 754; wohl auch Häuser/ Welter, in: Assmann/Schütze, § 16 Rn. 595. 283 Da es unzulässig ist, ein Schiedsgericht nur mit Verbandsmitgliedern zu besetzen, wenn nicht beide Parteien dem Verband angehören, BGH, Urt. v. 19.12.1968, BGHZ 51, 225, 257; somit wäre es unzulässig, das Börsenschiedsgericht nur mit zum Börsenhandel zugelassenen Personen zu besetzen, wenn nur eine Partei auch selbst an der Börse zugelassen ist, was allerdings die Schiedsgerichtsordnungen so vorsehen, s. § 2 Abs. 1 Schiedsgerichtsordnung FWB, § 2 Abs. 1 Schiedsgerichtsordnung Börse München, § 2 Abs. 1 Schiedsgerichtsordnung Baden-Württembergische Wertpapierbörse; die Nicht-Termingeschäftsfähigen oder kraft Information Termingeschäftsfähigen waren aber regelmäßig nicht „Mitglieder“ der Börse, d. h. nicht zum Börsenhandel gem. § 7 BörsG a. F. (jetzt: § 16 BörsG) zugelassen, Bork/Stöve, S. 32 ff., insb. 34–36. 284 Dabei berief man sich auf die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 28 BörsG, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97, erster Anlagenband, Nr. 14 der amtlichen Drucksachen des Reichstages: § 28 BörsG soll verhindern, „dass durch allgemeine Geschäftsbedingungen, in denen für alle Abschlüsse die Usancen einer bestimmten Börse als maßgebend erklärt werden, das Börsenschiedsgericht solchen Personen aufgenötigt wird, welche nicht zu den Börsenbesuchern gehören und häufig die Tragweite des von ihnen im voraus erklärten Verzichts auf richterliche Entscheidung zu übersehen nicht in der Lage sind“; Zitat auch bei Nußbaum, § 28 BörsG Anm. I; um diesen Missstand der Aufdrängung von Börsenschiedsgerichten durch allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber außerhalb der Börse stehenden Personen abzuhelfen, wurde daher entschieden, die Zuständigkeit von Börsenschiedsgerichten auf Streitigkeiten zwischen den Börsenteilnehmern zu beschränken, s. Weber/WeberRey, JPS 3 (1989), 149, 152.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

wegen der beschränkten Anwendbarkeit des § 28 BörsG nur auf Börsenschiedsgerichte – in § 28 BörsG keine Einschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit gesehen wurde285. Der andere Teil der Literatur wandte sich gegen diese Interpretation und sah in § 28 BörsG a. F. eine Einschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit nicht börsentermingeschäftsfähiger Personen i. S. d. § 53 Abs. 1 BörsG a. F.286. Als Argument wurde ebenfalls die ratio des § 28 BörsG a. F. angeführt, wonach über Ansprüche aus Börsentermingeschäften zwischen nicht termingeschäftsfähigen Personen nur die ordentlichen Gerichte entscheiden sollen, damit der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz Unerfahrener bei gefährlichen Geschäften gesichert sei287. Aus denselben Erwägungen sei § 28 BörsG a. F. zumindest analog auch auf andere Schiedsgerichte als Börsenschiedsgerichte anzuwenden288, was bedeutet, dass § 28 BörsG a. F. auch im internationalen Rechtsverkehr zu beachten sei289. (3) Die Neuregelung des § 37h WpHG Vergleicht man den Wortlaut des neuen § 37h WpHG290 mit dem bisher Gesagten, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber in seiner Neuformulierung der Ansicht, § 28 BörsG a. F. sei nur auf spezielle Börsenschiedsgerichte anwendbar, eine klare Absage erteilt hat. Völlig weggefallen ist die Bezugnahme auf Börsenschiedsgerichte; § 37h WpHG stellt nun nur noch auf die Parteien der Schiedsvereinbarung und den speziellen Regelungsgegenstand ab291. Klargestellt hat der Gesetzgeber damit, dass er die ratio des § 37h 285 Instruktiv Bork/Stöve, S. 70 Fn. 107; ebenso Thorn, IPRax 1997, 98, 103; kritisch dagegen Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), 149, 155; Schütze, JPS 1 (1987), 94, 97. 286 Schütze, JPS 1 (1987), 94, 96; ders., Rn. 73; Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), 149, 156; Samtleben, ZEuP 1999, 978; wohl auch Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 6. 287 So Schütze, JPS 1 (1987), 94, 96. 288 Statt vieler: Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 3, 6. 289 Weber/Weber-Rey, JPS 3 (1989), 149, 152; wohl auch Schütze, JPS 1 (1987), 94, 96, und Samtleben, IPRax 1992, 362, 364; zuletzt Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 50. 290 § 37h WpHG lautet: „Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften sind nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind.“ Zu den einzelnen Begriffen s. die Legaldefinitionen in § 2 Abs. 2a, 3 und 3a WpHG. 291 BT-Drucks. 14/8017, S. 96, 97: „Zur Verbesserung des Anlegerschutzes und zur Schaffung von Rechtsklarheit wird die in § 28 BörsG geregelte Beschränkung auf Börsenschiedsgerichte aufgehoben, so dass die Regelung nunmehr auch Schiedsverträge vor anderen Gerichten als Börsenschiedsgerichten erfasst.“

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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WpHG im Anlegerschutz sieht292. Im Übrigen zeigt der Gesetzgeber dadurch, dass er die Regelung aus dem Börsengesetz herausgenommen und im Wertpapierhandelsgesetz angesiedelt hat, dass er mit der einschränkenden Auslegung der Rechtsprechung nicht einverstanden war. Festzuhalten ist somit, dass § 37h WpHG durch die Neuformulierung nun unmissverständlich als Beschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit gilt293. Allerdings verknüpft § 37h WpHG die subjektive Schiedsfähigkeit auf eigentümliche Weise mit der Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung über künftige Streitigkeiten. Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung über künftige Streitigkeiten wird üblicherweise als Schiedsklauselfähigkeit bezeichnet294. Daraus ergeben sich besondere Probleme im Anwendungsbereich des UNÜ und EuÜ. (4) Vereinbarkeit des § 37h WpHG mit UNÜ und EuÜ Art. II Abs. 1 UNÜ und Art. I Abs. 1 lit. a EuÜ verbieten eine unterschiedliche Behandlung von Schiedsvereinbarungen über bereits entstandene Streitigkeiten und solchen über künftige Streitigkeiten295. Im Anwendungsbereich des UNÜ und EuÜ sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Schiedsvereinbarungen über künftige Streitigkeiten in demselben Umfang zuzulassen wie für bereits bestehende Streitigkeiten. Somit verstößt § 37h 292 s. auch die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/8017, S. 96 („zur Verbesserung des Anlegerschutzes“), S. 95 („im Interesse des Anlegerschutzes). 293 Ebenso Schwark/Zimmer, KMRK, § 37h WpHG Rn. 3; Samtleben, ZBB 2003, 69, 77; Berger, ZBB 2003, 77, 82; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 10; a. A. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3469 (Beschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit). 294 s. nur Schlosser, Rn. 311; denn entgegen der Legaldefinition in § 1029 Abs. 2 ZPO, wonach unter „Schiedsklausel“ eine Klausel in einem Vertragswerk zu verstehen ist (im Gegensatz zu einer verselbständigten Schiedsvereinbarung), wird im internationalen Kontext unter Schiedsklausel allgemein eine Schiedsvereinbarung über künftige Streitigkeiten verstanden, s. a. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1066 ZPO Rn. 35; auch „arbitration clause“ oder „clause compromissoire“ genannt (im Gegensatz zum „submission agreement“ oder „compromis“, das sich auf eine bereits entstandene Streitigkeit bezieht), s. van den Berg, S. 133; Redfern/Hunter, 1–32, 3-02; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 4. Lehmann, SchiedsVZ 2003, 219, 221 bezeichnet denn die Regelung des § 37h WpHG aussagekräftig als „subjektive Schiedsklauselfähigkeit“. 295 Ganz h. M., van den Berg, S. 133 f.; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1066 ZPO Rn. 35; ders., Rn. 299; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 22; Lehmann, SchiedsVZ 2003, 219, 224; Naón, Arbitration International, Vol. 5 Nr. 2, S. 137, 145; Mezger, RabelsZ 29 (1965), 231, 244 f.; von Hülsen, RabelsZ 35 (1971), 132, 135; die Regelung geht auf das Genfer Protokoll von 1923 zurück.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

WpHG durch seine Verknüpfung der subjektiven Schiedsfähigkeit mit der Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen nur über bereits entstandene Streitigkeiten gegen Art. II Abs. 1 UNÜ und Art. I Abs. 1 lit. a EuÜ296. Man mag nun einwenden, dass § 37h WpHG nur ein Minus im Vergleich dazu sei, Privatpersonen die subjektive Schiedsfähigkeit für derartige Streitigkeiten in toto abzusprechen, wozu ein Vertragsstaat aufgrund der Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ bzw. Art. VI Abs. 2 EuÜ auch befähigt wäre. Logisch gesehen ist die teilweise Schiedsunfähigkeit ein Minus im Vergleich zur vollständigen Schiedsunfähigkeit. Diesem Argument ist aber durch die Wertung der Art. II Abs. 2 UNÜ/Art. I Abs. 1 lit. a EuÜ der Boden entzogen: er macht die teilweise Schiedsunfähigkeit nicht zu einem Minus, sondern zu einem Aliud297. Durch die vereinheitlichte Sachregelung des Art. II Abs. 1 UNÜ wird die kollisionsrechtlich äußerst schwierig zu beantwortende Frage vermieden, wie § 37h WpHG kollisionsrechtlich zu qualifizieren ist298. Verwundern mag nur, dass die Problematik der Verknüpfung mit der Schiedsklauselfähigkeit nicht auch im Bereich des § 28 BörsG a. F. thematisiert wurde. Dies kann nur damit erklärt werden, dass der Anwendungsbereich des § 28 BörsG a. F. vor allem von der Rechtsprechung so ausgelegt wurde, dass er im internationalen Rechtsverkehr keine Rolle spielte299. Damit entfaltet § 37h WpHG im Anwendungsbereich des UNÜ und des EuÜ keinerlei Wirksamkeit. Dies mag zwar der Intention des Gesetzgebers widersprechen, der den (deutschen) Anleger weltweit schützen wollte, jedoch ist die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verpflichtet, die Regelungen des UNÜ zu beachten. § 37h WpHG spielt somit nur noch eine Rolle im rein innerdeutschen Rechtsverkehr. Im innerdeutschen Rechtsverkehr können somit nur Kaufleute und juristische Personen des öffentlichen Rechts wirksam eine Schiedsvereinbarung über künftige „Börsenstreitigkeiten“ abschließen; allen anderen Personen fehlt diesbezüglich die subjektive Schiedsfähigkeit. Allerdings können letz296

Ebenso Lehmann, SchiedsVZ 2003, 219, 224. So schon treffend im Zusammenhang mit § 91 GWB a. F. (v. 27.7.1957, BGBl. 1957 I, 1081) Mezger, RabelsZ 29 (1965), 231, 246. 298 Ebenso auch Lehmann, SchiedsVZ 2003, 219, 223. In Betracht käme sowohl das „subjektive Schiedsfähigkeitsstatut“ in Art. V Abs. 1 lit. a Alt. 1 UNÜ, das Schiedsvereinbarungsstatut nach Art. V Abs. 1 lit. a Alt. 2 UNÜ oder gar eine von Schlosser, Rn. 336, vorgeschlagene Verweisung auf das Statut für die Bestimmung der objektiven Schiedsfähigkeit. 299 s. oben C.IV.2.a)(2); denn auch § 28 BörsG a. F. verknüpfte die Schiedsklauselfähigkeit mit der Börsentermingeschäftsfähigkeit i. S. d. § 53 Abs. 1 BörsG a. F.; unzutreffend daher Lehmann, SchiedsVZ 2003, 219, 220. 297

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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tere eine Schiedsvereinbarung nach Entstehen des Streitfalls schließen, sei es auch stillschweigend durch rügelose Einlassung300. b) Russisches Sachrecht Das russische Sachrecht hält keinerlei Besonderheiten für die Geschäftsfähigkeit beim Abschluss von Schiedsvereinbarungen bereit301. Es gilt daher die allgemeine Regel, dass wer geschäftsfähig ist, auch eine wirksame Schiedsvereinbarung eingehen kann302. c) Vergleich Bei Betrachtung der sachrechtlichen Regelungen zur subjektiven Schiedsfähigkeit im deutschen und russischen Recht scheint auf den ersten Blick gerade im Bereich der Börsengeschäfte das deutsche Recht mit § 37h WpHG wesentlich strenger zu sein als das russische. Denn nach § 37h WpHG können nur Kaufleute und juristische Personen des öffentlichen Rechts vor Entstehung des Streitfalles eine wirksame Schiedsvereinbarung abschließen, während für Privatanleger diese Möglichkeit erst nach Entstehung des Streitfalles eröffnet ist. Im russischen Recht gibt es dagegen hinsichtlich der subjektiven Schiedsfähigkeit keinerlei Einschränkungen für an der Börse oder im Bereich des Kapitalmarktes abgeschlossene Geschäfte. Allerdings wird § 37h WpHG im Anwendungsbereich des UNÜ von dessen Art. II Abs. 1 verdrängt. Dadurch dürfte diese Bestimmung des deutschen Rechts im internationalen Rechtsverkehr kaum mehr eine Rolle spielen. Dies mag zwar den Intentionen des deutschen Gesetzgebers widersprechen, führt jedoch zu einem insgesamt wünschenswerten Ergebnis, da § 37h WpHG mit seiner Beschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit im internationalen Vergleich fast als anachronistische Regelung aufzufassen ist. 3. Zusammenfassung Geht es um die Frage, ob eine Partei subjektiv wirksam eine Schiedsvereinbarung abschließen kann, ist in internationalen Fällen entweder über das vereinheitlichte Kollisionsrecht der völkerrechtlichen Verträge oder über das autonome Kollisionsrecht zunächst das Personalstatut nach dem IPR des 300 Vgl. Schwark 2, § 28 BörsG Rn. 10; Schwab/Walter, Kap. 5 Rn. 6, 7 m. w. N.; genauer zur rügelosen Einlassung unten C.V.4. 301 Ebenso Sergeeva, AGP 2003, Nr. 1, S. 30, 31. 302 s. Brunceva, S. 101; Lentz, S. 137.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

mit der Sache befassten Gerichts zu bestimmen. Damit überlassen es die Kollisionsregeln dem jeweiligen Staat, wie er das Personalstatut ausgestaltet. Sowohl Deutschland als auch Russland knüpfen im Regelfall das Personalstatut an die Staatsangehörigkeit der Parteien an. Während das russische Recht die subjektive Schiedsfähigkeit nur an die allgemeinen Regelungen der Geschäftsfähigkeit anlehnt, findet sich im deutschen Recht in § 37h WpHG für den Bereich der Börsengeschäfte eine auf den ersten Blick besonders einschneidende Regel. Sie entfaltet jedoch aufgrund des Vorrangs der völkerrechtlichen Verträge, genauer des Art. II Abs. 1 UNÜ, nur noch im rein innerdeutschen Rechtsverkehr Wirkung. V. Die Form Eine Schiedsvereinbarung ist nur wirksam303, wenn sie die formalen Erfordernisse erfüllt, die entweder das international vereinheitlichte Sachrecht oder das eventuell über die Meistbegünstigungsregeln anwendbare günstigere nationale Recht an sie stellt. 1. Vereinheitlichtes Sachrecht der internationalen Übereinkommen a) Allgemeines Die internationalen Übereinkommen regeln die Form der Schiedsvereinbarung innerhalb ihres Anwendungsbereichs in der Form international vereinheitlichten Sachrechts304. Dies bedeutet, dass die Regelungen der Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2a EuÜ den nationalen Regelungen vorgehen, da sie unabhängig von kollisionsrechtlichen Verweisungen und unabhängig von dem im Übrigen auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht gelten305. 303 Zumindest das autonome deutsche Recht hat das Formerfordernis mit Gültigkeitsfunktion ausgestaltet, hins. des UNÜ str., bejahend Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 33; Lionnet, S. 171; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3263, 3264; a. A. van den Berg, S. 181 f.; Berger, S. 100 f.; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 25; Russland hat eine Mischform zwischen Beweis- und Gültigkeitsform gewählt, s. Art. 162 ZGB, Chalfina/Koršunov, in: Abova/Kabalkin, Art. 162 ZGB, S. 495; in Art. 7 Pkt. 2 SchGG wohl i. S. d. Gültigkeitsfuntkion geregelt; kritisch dazu Novikov, S. 307, 314; zu anderen Rechtsordnungen s. Schlosser, Rn. 362; allerdings sind die Auswirkungen einer Unterscheidung zwischen Gültigkeits- und Beweisfunktion in der Praxis so gering, dass man sie vernachlässigen kann, s. Epping, S. 60; Berger, S. 101. 304 Schlosser, Rn. 370, 359; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3260; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 24; Epping, S. 63; Gildeggen, S. 45 f. 305 So auch MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 13; Geimer, Rn. 3794; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3260; Berger, S. 98.

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Im Anwendungsbereich von UNÜ und EuÜ bleibt daher für strengere nationale Formvorschriften (wie z. B. § 1031 V ZPO) kein Raum306, ebenso wenig für liberalere Formvorschriften307. Allenfalls über die Meistbegünstigungsregel des Art. VII Abs. 1 UNÜ bzw. Art. X Abs. 7 EuÜ können liberalere Formvorschriften anderer Staatsverträge oder nationalen Rechts Anwendung finden308. Nach ganz h. M. sind die Sachvorschriften des Art. II Abs. 2 UNÜ und Art. I Abs. 2a EuÜ sowohl im Einrede- als auch im Exequaturverfahren zu beachten309. b) Inhaltliche Anforderungen des Art. II Abs. 2 UNÜ Inhaltlich ordnet Art. II Abs. 2 UNÜ die sog. doppelte Schriftform310 an, d. h. die Schiedsvereinbarung, die auch in einem Gesamtvertrag enthalten sein kann, muss entweder von beiden Parteien (handschriftlich) unterschrieben sein (Alt. 1)311 oder in Briefen oder Telegrammen enthalten sein, die die Parteien gewechselt haben, wobei bei dieser 2. Alternative eine Unterschrift der Parteien nach dem Wortlaut für entbehrlich gehalten wird312. Ob 306

Sog. maximum rule; s. van den Berg, YCA XXVII (2003), S. 584; i. E. ebenso Schütze, Rn. 108; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 36, 54, 78 und § 1031 ZPO Rn. 21, 23; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 13. 307 Wegen Anwendbarkeit der Meistbegünstigungsregel strittig, richtigerweise dennoch zu bejahen, s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 12; van den Berg, S. 173 ff., 178 f.; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 15, 24; Epping, S. 98 f. m. w. N. zum Meinungsstand; a. A. Berger, S. 98. Nach van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 584, wird die „minimum rule“ zunehmend in Frage gestellt, da sie als nicht mehr den Bedürfnissen des internationalen Handelsverkehrs entsprechend angesehen wird. 308 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 33, 50; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 13; Geimer, Rn. 3794; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 248; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 15; Epping, S. 100, die deshalb davon spricht, dass Art. II Abs. 2 UNÜ die Formwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung nicht abschließend regele; genauer s. unten C.V.1.d). 309 Schlosser, Rn. 368; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 580 f.; YCA XIV (1989), S. 546 f.; Epping, S. 101 m. w. N. 310 s. Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 271; Epping, S. 65; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3269, spricht von voller (im Gegensatz zu „halber“) Schriftform. 311 Van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 587; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 51; ders., Rn. 373; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 10; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 33; Epping, S. 63; Karabel’nikov, 1–52. 312 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 52; ders., Rn. 373; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 587; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 11; van den Berg, S. 194 m. w. N. zur internationalen Rechtsprechung; Weigand/ Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 36; Epping, S. 64; Karabel’nikov, 1–58.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

eine Schiedsvereinbarung diesen Anforderungen entspricht, ist autonom zu bestimmen313. Nach vertragsautonomer teleologischer Auslegung umfasst die 2. Alternative des Art. II Abs. 2 UNÜ auch andere Formen elektronischer Kommunikation mit schriftlicher Fixierung wie z. B. Telefax oder „Computerverbund“314. Somit sind entgegen manchen Vorschriften des nationalen Rechts im Anwendungsbereich des UNÜ insbesondere mündliche oder stillschweigende Schiedsvereinbarungen unzulässig315. Dies wird vom internationalen Wirtschaftsverkehr zunehmend als Problem empfunden, da in der Praxis häufig Schiedsklauseln in AGB verwendet werden, die durch die Geschäftspartner stillschweigend angenommen werden. Dem wird nach wohl inzwischen h. M. durch eine Interpretation des Art. II Abs. 2 UNÜ im Lichte des Art. 7 Abs. 2 MG abgeholfen316. Danach sind Schiedsklauseln in AGB dann (form-)wirksam vereinbart, wenn auf die Geltung der AGB schriftlich hingewiesen wurde und der andere Vertragspartner in zumutbarer Weise von ihnen Kenntnis nehmen konnte317. c) Inhaltliche Anforderungen des Art. I Abs. 2a EuÜ Grundsätzlich enthält Art. I Abs. 2a EuÜ dieselben Anforderungen an die Schriftform wie Art. II Abs. 2 UNÜ. Allerdings genügt gem. Art. I Abs. 2a 313

Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3269 mit umfangreichen Nachweisen zur internationalen Rechtsprechung in Fn. 3; Schlosser, Rn. 370. 314 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 52; Epping, S. 65; van den Berg, S. 205; ders., YCA XXVIII (2003), S. 588 f.; Karabel’nikov, 1–56; Berger, S. 102 f.; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 35. 315 Van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 549, 550; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 38. 316 UN-Doc. A/CN.9/207, para. 43 (Holtzmann/Neuhaus, S. 270); UN-Doc. A/CN.9/216, para. 23 (Holtzmann/Neuhaus, S. 276); UN-Doc. A/CN.9/264, paras. 7, 8 (Holtzmann/Neuhaus, S. 291); Holtzmann/Neuhaus, S. 262; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 Rn. 53 m. w. N.; Epping, S. 141 f.; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 585; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 35. 317 Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 45; van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 551, 590: „The test appears to be that the other party is able to check the existence of an arbitration clause.“; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Epping, S. 140, 144. Wenn die Klausel auf der Rückseite des Schriftstücks abgedruckt ist, reicht ein einfacher Hinweis; ausdrücklich muss auf sie verwiesen werden, wenn sie in einem anderen Schriftstück enthalten ist, es sei denn, die Klausel ist etwa aus vorheriger Geschäftsbeziehung bereits bekannt oder derartige Klauseln sind in der entsprechenden Branche üblich; s. van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 551; Epping, S. 130. Zu weiteren, UNÜ-konformen Lösungsmöglichkeiten des Problems der wirksamen Einbeziehung von Schiedsklauseln in AGB s. van den Berg, YCA XXVIII (2003), S. 585 f.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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EuÜ a. E. im Verhältnis zwischen Staaten, die in ihren Rechtsordnungen für Schiedsvereinbarungen nicht die Schriftform fordern, auch jede Vereinbarung, die in den nach diesen Rechtsordnungen zulässigen Formen geschlossen ist. Dies ist als Sachnormverweisung318 auf das Recht derjenigen Staaten zu verstehen, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz i. S. d. Art. I Abs. 1a EuÜ haben319. Dabei muss das Recht beider in Frage kommender Rechtsordnungen eine leichtere Form als die doppelte Schriftform zulassen. Soweit das deutsche Recht in Frage steht, sieht § 1031 Abs. 2 ZPO eine Formerleichterung vor, womit insbesondere der Fall des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben erfasst werden sollte320. Im Gegensatz zum früheren Recht ist eine ohne schriftliche Bestätigung rein nach Handelsbrauch abgeschlossene Schiedsvereinbarung nach neuem deutschem Recht nicht mehr formwirksam i. S. d. § 1031 ZPO321. Das russische Recht sieht in Art. 7 Pkt. 2 IHSchG sowie Art. 7 Pkt. 1 SchGG keine Formerleichterungen im Verhältnis zu UNÜ und EuÜ vor. d) Über die Meistbegünstigungsregel anwendbares nationales Recht Ein an die Form der Schiedsvereinbarung geringere Anforderungen stellendes nationales Recht kann trotz Art. II Abs. 2 UNÜ gleichwohl über Art. VII UNÜ Berücksichtigung finden. Dies gilt selbst dann, wenn das nationale Recht, auf das zurückgegriffen werden soll, im Anerkennungsfall nicht schiedsfreundlicher als das UNÜ ist322. Welches Recht dies ist, ist aufgrund Kollisionsrechts bzw. vorrangig anwendbarer anderer Staatsverträge zu ermitteln323. Soweit im jeweiligen nationalen Recht das UNCITRAL-MG umgesetzt wurde, sollte in einer dem Art. 7 MG entsprechenden Umsetzung der Form318

Schlosser, Rn. 376; Epping, S. 69 m.w.N; Gildeggen, S. 105. Inzwischen wohl h. M., s. Schlosser, Rn. 376; Epping, S. 68 m. w. N. 320 BT-Drucks. 13/5274, S. 36. 321 Stellvertretend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 14; genauer unten C.V.3.a)(1) zum deutschen Recht. 322 Wie z. B. das deutsche Recht, s. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 159; einschränkend Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 18 (nur bei deutschem Schiedsort). 323 Zum Kollisionsrecht sogleich unter C.V.2.; die unmittelbare Anwendung des deutschen Sachrechts, wie z. B. von Bork/Stöve, S. 51, 52 vertreten, ist vom Wortlaut des Art. VII Abs. 1 Hs. 2 UNÜ nicht geboten und widerspricht der Systematik des Übereinkommens, s. Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 24; Epping, S. 120. 319

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

vorschriften ohnehin kein Widerspruch zu Art. II Abs. 2 UNÜ erblickt werden, da Art. 7 MG als authentische erweiternde Interpretation des Art. II UNÜ gesehen werden kann324. 2. Kollisionsrecht Die Konstellationen, in denen nicht die Sachvorschriften von UNÜ und EuÜ angewandt werden können, sind angesichts des oben definierten Anwendungsbereichs der Übereinkommen als selten einzustufen325. Das nationale Kollisionsrecht kann daher nur dann noch zum Zuge kommen, wenn es im Rahmen der Meistbegünstigungsklausel des Art. VII UNÜ darum geht, welches nationale günstigere Recht im Einzelfall zur Anwendung berufen ist326. Auch andere im Rahmen des Art. VII UNÜ zur Anwendung berufene günstigere internationale Übereinkommen wie z. B. das Genfer Abkommen von 1927327 oder das deutsch-amerikanische Abkommen vom 29.10.1954328 verweisen auf nationales Kollisionsrecht, da sie in der Regel keine Sonderregelungen für die Form enthalten329. a) Deutsches Kollisionsrecht Nachdem Deutschland den Vertragsstaatenvorbehalt i. S. d. Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ zurückgenommen hat330, sind aus der Sicht der deutschen Gerichte die Vorschriften des UNÜ auch im Verhältnis zu Nicht-Vertragsstaaten anzuwenden, so dass in der Praxis wohl sämtliche Fälle vom Anwendungsbereich des UNÜ erfasst sein dürften. Da allerdings die Frage des auf die Form einer Schiedsvereinbarung anwendbaren nationalen Kollisionsrechts vor der Reform des deutschen Schiedsrechts 1997 umstritten war331, 324 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 159 und Rn. 53; MünchKommZPO/Münch, § 1031 Rn. 17 (Fn. 73); vgl. auch BT-Drucks. 13/5274, S. 37: Art. 7 Abs. 2 S. 3 Modellgesetz entspricht im deutschen Recht § 1031 Abs. 3 ZPO. 325 Auch nach Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB verbleibt dem nationalen Kollisionsrecht nur ein äußerst schmaler Anwendungsbereich; Epping, S. 120. 326 Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 24. 327 RGBl. II, S. 1269 (Bek. v. 5.1.1930); das Genfer Abkommen spielt neben dem UNÜ nur noch eine Rolle im Verhältnis zu den wenigen Staaten, die zwar das Genfer Abkommen, nicht aber das UNÜ ratifiziert haben, s. Jayme/Hausmann, Nr. 241 Fn. 1; Epping, S. 104. 328 BGBl. 1956 II, S. 487. 329 s. Epping, S. 104 ff. 330 s. BGBl. 1999 II, S. 7. 331 Darstellung des Meinungsstandes bei Epping, S. 94 m. w. N.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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soll hier ebenfalls darauf eingegangen werden. Leider hat die Neuregelung nicht viel mehr Klarheit gebracht. Zumeist wird danach differenziert, ob sich der Schiedsort im Inland oder Ausland befindet. Letzterem Fall wird der Fall gleichgestellt, dass der Schiedsort noch nicht feststeht. Bei inländischem Schiedsort wird ganz überwiegend § 1025 Abs. 1 ZPO als einseitige Kollisionsregel für die Form der Schiedsvereinbarung angesehen, die als lex specialis den Kollisionsnormen des EGBGB vorgeht, da § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO eine nach § 1031 ZPO formgültige Schiedsvereinbarung voraussetze332. Bei ausländischem bzw. nicht feststehendem Schiedsort besteht dagegen keine Einigkeit mehr über die kollisionsrechtliche Anknüpfung. Teilweise wird auf eine Anknüpfung nach der lex fori in Übereinstimmung mit den Regeln über Gerichtsstandsvereinbarungen abgestellt333. Andere befürworten eine reziproke Anwendung des § 1025 Abs. 1 ZPO, sofern ein ausländischer Schiedsort feststehe334. Die wohl überwiegende Meinung stellt nach wie vor auf Art. 11 EGBGB ab335. Zu berücksichtigen ist, dass immer mehr Staaten das UNCITRAL-MG übernehmen und damit auch das Territorialitätsprinzip des Art. 1 Abs. 2 MG (= § 1025 Abs. 1 ZPO). Es spricht daher vieles dafür, in umgekehrter Anwendung des § 1025 Abs. 1 ZPO (bzw. des Art. 1 Abs. 2 MG) auf das (Sach-)Recht des Schiedsortes abzustellen336. So erscheint auch gewährleistet, dass die Form (und damit die Wirksamkeit) der Schiedsvereinbarung im Einrede- und im Sitzstaat nach den gleichen Grundsätzen beurteilt wird. Eine Anknüpfung an die lex fori erscheint schon deshalb nicht zwingend, weil die Schutzvorschriften zugunsten der schwächeren Partei wie beispielsweise § 1031 Abs. 5 ZPO, deren Anwendbarkeit die Anknüpfung nach der lex fori ja gerade gewährleisten soll, im Anwendungsbereich des UNÜ ohnehin durch Art. II Abs. 2 UNÜ verdrängt sind. Außerdem mag zwar die 332 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 9; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 286; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 17; Epping, S. 95; wohl auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 1; a. A. (ohne sich allerdings mit dem neuen Schiedsrecht und § 1025 ZPO auseinanderzusetzen) Schütze, Rn. 108; Kronke, RIW 1998, 257, 259. 333 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 287; wohl auch Geimer, Rn. 3797. 334 Epping, S. 122. 335 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 10; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 17; auch Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 54 und Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 17, beide allerdings ohne Unterscheidung nach aus- oder inländischem Schiedsort; auch Epping, S. 123 bei nicht feststehendem Schiedsort. 336 Näher zur Begründung der Sachnormverweisung Epping, S. 122.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Wirkung von Schieds- und Gerichtsstandesvereinbarungen gleich sein (Abbedingung der Zuständigkeit der staatlichen bzw. bestimmter staatlicher Gerichte), darüber hinaus sind beide jedoch durchaus unterschiedlich geregelt, so dass es nicht ohne weiteres gerechtfertigt erscheint, die Erwägungen des § 38 ZPO für die Bestimmung des auf die Form der Schiedsvereinbarung anwendbaren Kollisionsrechts zugrunde zu legen. Gegen die Anwendung des Art. 11 EGBGB (außer in den Fällen des nicht feststehenden Schiedsortes) schließlich spricht, dass die Vielzahl der Anknüpfungsmöglichkeiten dem internationalen Entscheidungseinklang entgegensteht337. Damit ist im Ergebnis festzuhalten, dass bei inländischem Schiedsort § 1025 Abs. 1 ZPO als einseitige Kollisionsregel heranzuziehen ist, bei ausländischem Schiedsort das ausländische Sachrecht in umgekehrter Anwendung des § 1025 Abs. 1 ZPO. Steht der Schiedsort nicht fest, kann auf Art. 11 EGBGB zurückgegriffen werden. b) Russisches Kollisionsrecht In der russischen Literatur und Rechtsprechung finden sich keinerlei Hinweise auf eine Diskussion eines russischen autonomen Kollisionsrechts für die Anknüpfung der Form. Dabei erscheint eine Notwendigkeit hierfür durchaus vorhanden: zum einen ist der Anwendungsbereich des UNÜ für Russland durch die erklärten Vorbehalte kleiner, zum anderen muss bei Anwendung des Meistbegünstigungsprinzip zunächst das Kollisionsrecht bestimmt werden, das erst den Weg zum anwendbaren Sachrecht weist. In Anlehnung an die Ausführungen zum deutschen Kollisionsrecht, die wesentlich auf der Überlegung der immer weiter fortschreitenden Verbreitung des UNCITRAL-MG fußten, liegt der Schluss nahe, die dem MG entsprechenden Vorschriften der Art. 1 Pkt. 1 IHSchG ebenfalls als einseitige Kollisionsregeln zur Anknüpfung der Form zu werten. Denn Art. 34 Pkt. 2 Nr. 2 Abs. 1 respektive Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 1 IHSchG verlangen auch eine nach Art. 7 IHSchG formwirksame Schiedsvereinbarung. Das Gleiche muss dann für Art. 1 Pkt. 1 i. V. m. Art. 46 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 1 SchGG gelten, die ebenfalls nach dem MG bzw. IHSchG modelliert wurden338. Diese Kollisionsregeln greifen jedoch nur, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens bereits feststeht. Bei nicht feststehendem Schiedsort kann auf die allgemeine Kollisionsregel des Art. 1209 ZGB zurückgegriffen werden, der in Pkt. 1 die Geltung 337

Ausführlich dazu Epping, S. 121 ff. s. Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 7 SchGG Pkt. 1, S. 38 f.; nur auf die Ähnlichkeit mit dem IHSchG wird verwiesen in KommSchGG Art. 7 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 26. 338

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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der Ortsform vorschreibt. Dies ist in Fällen der Börsengeschäfte der Ort der Börse339. 3. Autonomes Sachrecht Das autonome Sachrecht enthält die Anforderungen an die Schriftform, soweit nicht das vereinheitlichte Sachrecht der völkerrechtlichen Verträge eingreift. Es kann allerdings auch trotz Anwendbarkeit des vereinheitlichten Sachrechts der völkerrechtlichen Verträge dann zur Anwendung gelangen, wenn es in Verbindung mit der Meistbegünstigungsklausel und den autonomen Kollisionsnormen günstigere Bedingungen für die Einhaltung der Schriftform bereithält. a) Deutsches Sachrecht Das deutsche Sachrecht entspricht in § 1031 Abs. 1, 3 und 6 ZPO der Vorgabe durch Art. 7 Abs. 2 MG340. Dabei ist § 1031 Abs. 1 ZPO an Art. II Abs. 2 UNÜ angelehnt341, weshalb auch für die Auslegung der dort verwendeten Begriffe auf das UNÜ verwiesen werden kann342. (1) Allgemeines Grundsätzlich verlangt § 1031 Abs. 1 ZPO wie Art. II Abs. 2 UNÜ „doppelte Schriftlichkeit“, was jedoch im unternehmerischen Verkehr (Umkehrschluss zu § 1031 Abs. 5 ZPO) durch die Absätze 2 bis 4 erleichtert wird. Mit der Formulierung in § 1031 Abs. 1 ZPO „andere Formen der Nachrichtenübermittlung, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen“ soll die Offenheit des Gesetzestextes für neue Kommunikationstechniken zum Ausdruck kommen343, so dass darunter jeder visuell wahrnehmbare, körperlich reproduzierbare Teil einer Vereinbarung zu verstehen ist, solange er „zur Sicherstellung des Nachweises“ abgespeichert werden kann, wie es z. B. auf Emails zutrifft344. 339 Allerdings wird bei einer Börsenschiedsvereinbarung in der Regel die an der dortigen Börse existierende Schiedsgerichtsordnung den Ort des Schiedsverfahrens schon festschreiben, so dass hier an sich nicht auf Art. 1209 ZGB zurückgegriffen werden muss, s. z. B. Art. 8 Statut micex. 340 Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 1. 341 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 1; Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 2. 342 Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 2; genauer dazu sogleich bei § 1031 Abs. 3 ZPO. 343 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 13. 344 Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 4; Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 225, 226; Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 3.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

§ 1031 Abs. 2 ZPO erleichtert die Formanforderungen im Hinblick auf die Verkehrssitte, worunter Handelsbräuche nach § 346 HGB zu verstehen sind, da § 1031 Abs. 2 ZPO für Verbraucher gerade nicht gilt345. Danach genügt die sog. „einseitige Schriftform“. Zugeschnitten ist diese Regel auf den Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben346. Ausgeschlossen ist aber jedwede insgesamt nicht förmliche oder konkludente Schiedsvereinbarung kraft Handelsbrauchs, wie es nach dem Schiedsrecht vor der Reform von 1997 zulässig war347. Denn in diesem Fall fehlt es an der obligat schriftlichen Erklärung zumindest einer Vertragsseite. (2) Insbesondere § 1031 Abs. 3 ZPO § 1031 Abs. 3 ZPO trägt den praktischen Geschäftsgepflogenheiten Rechnung, wonach häufig Schiedsklauseln z. B. in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind. Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung der in einem anderen Schriftstück enthaltenen Schiedsklausel ist zum einen, dass das verweisende Schriftstück selbst den Anforderungen des § 1031 Abs. 1 oder 2 ZPO genügt, zum anderen, dass der darin enthaltene Verweis dergestalt ist, dass er die Schiedsklausel zum Vertragsbestandteil macht348. Grundsätzlich gilt dabei für § 1031 Abs. 3 ZPO ebenso wie für Art. II Abs. 2 UNÜ, dass ohne entsprechende Bezugnahme eine Schiedsvereinbarung nicht wirksam zustande kommen kann, mit anderen Worten: ein Handelsbrauch kann die Bezugnahme nicht ersetzen349. Andererseits muss kein spezieller Hinweis auf die Schiedsklausel gegeben werden350; es ist ausreichend, wenn allgemein auf die Geschäftsbedingungen verwiesen wird und die andere Partei diese kennt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn Streitschlichtung durch Schiedsgerichtsbarkeit in der entsprechenden Branche üblich ist351. Zum Teil wird allerdings vertreten, dass ein Hinweis ganz entbehrlich sei, dann nämlich, wenn branchentypische Geschäftsbedingungen verwendet 345

Stellvertretend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 14. BT-Drucks. 13/5274, S. 36; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 16. 347 H. M., MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 14; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 8; Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 218, 229, 280; Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 1; zweideutig Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3404. 348 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 17; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 9; Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 231 ff. 349 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 17; Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1031 ZPO Rn. 7. 350 Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 9, 24; Epping, S. 144 f. m. w. N. 351 Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 234; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 10; ähnlich schon Berger, S. 111 zum MG. 346

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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werden, der Vertragspartner branchenkundig ist und es sich um ein branchentypisches Geschäft handelt352. Für die (materielle) Einbeziehung bzw. Einigung wird dies im innerdeutschen unternehmerischen Verkehr auch ganz überwiegend angenommen353. Im Rahmen des § 1031 Abs. 3 ZPO geht es jedoch darum, ob die formalen Anforderungen an die Bezugnahme überhaupt nach dem materiell auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht bestimmt werden können – so offenbar der deutsche Gesetzgeber354 und ihm folgend einige Stimmen aus der Literatur355 – oder ob § 1031 Abs. 3 ZPO ebenso wie Art. 7 Abs. 2 S. 3 MG und Art. II Abs. 2 UNÜ selbst einen autonom zu bestimmenden materiellen Gehalt für die Bezugnahme enthält356. Die Lösung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: wie bereits oben dargelegt357, sind Art. II Abs. 2 UNÜ auch die materiellen Anforderungen zu entnehmen, welche an die Einbeziehung einer nicht direkt im Vertragstext oder in den gewechselten Dokumenten enthaltenen Schiedsklausel zu stellen sind. Des Weiteren ist allgemein anerkannt, dass das UNCITRAL-MG als Fortentwicklung des UNÜ betrachtet werden kann, seine Regelungen mithin auf die Auslegung des UNÜ ausstrahlen358. Art. 7 Abs. 2 S. 3 MG, dem § 1031 Abs. 3 ZPO wörtlich nachgebildet ist, sollte gerade für den umstrittenen Bereich der Einbeziehung von Schiedsklauseln den international kompromissfähigen Standard fixieren, was einerseits bei der Auslegung des Art. II Abs. 2 UNÜ zu beachten ist. Andererseits ist auch für die Aus352 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 19; sich berufend auf Berger, DZWiR 1993, 466, 467 (Fn. 8) (dort allerdings zum alten Recht). 353 Stellvertretend Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 AGBG Rn. 83; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 91, 92; Palandt/Heinrichs, § 305 BGB Rn. 57. 354 BT-Drucks. 13/5274, S. 37, mit einem Verweis auf das AGB-Gesetz, jetzt §§ 305 ff. BGB; auf die Idee, dass aufgrund einer Rechtswahl der Parteien das Schiedsvereinbarungsstatut gar nicht unbedingt deutsches Recht sein muss bzw. die Anforderungen an eine wirksame Einbeziehung gar autonom wie bei Art. II Abs. 2 UNÜ zu bestimmen sind, kommt der Gesetzgeber offenbar nicht. 355 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 19; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 6; wohl auch Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 31 (allerdings ohne Differenzierung zwischen abschluss- und inhaltskontrollierenden Vorschriften); Palandt/Heinrichs, § 307 BGB Rn. 143. 356 Epping, S. 144; in den aktuellen Kommentierungen des § 1031 Abs. 3 ZPO wird diese Problematik meist übersehen. 357 s. oben A.V. 358 UN-Doc. A/CN.9/207, para. 43 (Holtzmann/Neuhaus, S. 270); UN-Doc. A/CN.9/216, para. 23 (Holtzmann/Neuhaus, S. 276); UN-Doc. A/CN.9/264, paras. 7, 8 (Holtzmann/Neuhaus, S. 291); Holtzmann/Neuhaus, S. 262; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 53 m. w. N.; Epping, S. 141 f.; Weigand/Roth, Part 5, Art. 7 MG Rn. 12; a. A. wohl Lionnet, S. 172.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

legung des Art. 7 Abs. 2 MG/§ 1031 Abs. 3 ZPO die Tatsache zu berücksichtigen, dass mit dieser Formulierung nicht der von Art. II Abs. 2 UNÜ gesteckte Rahmen verlassen werden sollte359. Da bereits Art. II Abs. 2 UNÜ ein begrenzter materieller Gehalt für die Frage der Einbeziehung zugebilligt wurde, ist dies aus den genannten Wechselwirkungsgründen auch auf Art. 7 Abs. 2 MG, mithin auch § 1031 Abs. 3 ZPO übertragbar. Die Anforderungen an eine wirksame Einbeziehung nicht direkt im Vertragstext enthaltener Schiedsklauseln bestimmen sich daher autonom und unabhängig vom Schiedsvereinbarungsstatut nach § 1031 Abs. 3 ZPO/Art. 7 Abs. 2 S. 3 MG. Dies bedeutet, dass auch im Bereich des § 1031 Abs. 3 ZPO auf die abschlusskontrollierenden Vorschriften des deutschen Rechts, insb. §§ 305 Abs. 2 und § 305c BGB, nicht zurückgegriffen werden darf360. Unter Berücksichtigung der für Art. II Abs. 2 UNÜ entwickelten Grundsätze an eine materielle Einbeziehung ergibt sich, dass inhaltlich die Einbeziehung dergestalt sein muss, dass der andere Vertragsteil eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme haben muss361. Damit ist auch klar, dass der Hinweis auf die Geschäftsbedingungen nach dem autonom zu bestimmenden Gehalt des § 1031 Abs. 3 ZPO nicht etwa konkludent gegeben werden kann, auch wenn dies sonst für die Einbeziehung im unternehmerischen Verkehr nach deutschem Recht für ausreichend erachtet wird. Der Hinweis muss wie für Art. II Abs. 2 UNÜ ebenfalls schriftlich gegeben werden362. 359

Zu dieser Wechselwirkung UN-Doc. A/40/17, para. 87 (Holtzmann/Neuhaus, S. 301); Berger, S. 102 Fn. 539; van den Berg, YCA XXI (1996), 394, 421; Epping, S. 142. 360 s. Epping, S. 141; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; dazu, dass § 305c BGB systematisch zur Abschlusskontrolle gehört, s. die Nachweise bei Thorn, IPRax 1997, 98, 104. Für die gegenteilige Ansicht, die §§ 305 Abs. 2, 305c BGB anwenden möchte, ist zu bedenken, dass § 1031 Abs. 3 ZPO ohnehin nur im unternehmerischen Bereich gilt und daher § 305 Abs. 2 BGB gem. § 310 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet, so völlig zutreffend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 19; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 331; der Unterschied zwischen beiden Ansichten beschränkt sich daher nur auf die Anwendbarkeit des § 305c BGB. 361 s. bereits oben C.V.1.b); Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; Epping, S. 144, 140; damit wird auch deutlich, dass die Unterschiede zu der Meinung, die dennoch das deutsche Recht anwenden will, minimal sind, da auch das deutsche Recht grundsätzlich auf die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme abstellt, s. im Verkehr mit Verbrauchern § 305 Abs. 2 BGB. Im unternehmerischen Verkehr gilt § 305 Abs. 2 BGB wegen § 310 Abs. 1 BGB an sich nicht, dennoch werden im unternehmerischen Verkehr im Wesentlichen dieselben Anforderungen gestellt, s. OLG München, Urt. v. 29.9.1994, NJW 1995, 733, 734; Palandt/Heinrichs, § 305 BGB Rn. 57; MünchKomm-BGB/Basedow, § 305 Rn. 89, 91; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 AGBG Rn. 79.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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(3) § 1031 Abs. 5 ZPO Der Vollständigkeit halber soll ebenfalls auf die speziell für Verbraucher zugeschnittene Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO eingegangen werden, obwohl an den deutschen Börsen die Verbraucher nicht direkt an den Börsengeschäften und damit auch nicht direkt an den im Zusammenhang damit abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen beteiligt sind. Ursprünglich enthielt § 1031 Abs. 5 ZPO einen eigenen Verbraucherbegriff, der allerdings durch die Änderungen im Zusammenhang mit dem Fernabsatzgesetz und der Einführung einer allgemeinen Definition des Verbrauchers in § 13 BGB gestrichen wurde363. Eine inhaltliche Änderung sollte sich für § 1031 Abs. 5 ZPO dadurch nicht ergeben364. Damit kann auf § 13 BGB zur Definition des Verbrauchers zurückgegriffen werden. Sinn und Zweck des § 1031 Abs. 5 ZPO ist es, Verbrauchern die besondere Tragweite des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung mit der Folge der Unzuständigkeit der staatlichen Gerichte vor Augen zu führen (Warnfunktion)365. Er verbietet daher Schiedsklauseln i. S. d. § 1029 Abs. 2 Alt. 2 ZPO in allgemeinen Geschäftsbedingungen; zulässig sind allein selbständige Schiedsabreden (§ 1029 Abs. 2 Alt. 1 ZPO). Nach der Rechtsprechung genügt allerdings eine gesondert und separat unterschriebene Abrede auf einer Vertragsurkunde366. Eine Schiedsvereinbarung erfüllt nicht die Form des § 1031 Abs. 5 ZPO, wenn sie lediglich in den in Bezug genommenen AGB enthalten ist367. Der Hinweis auf das Schiedsverfahren muss direkt in der Abrede selbst enthalten sein. Ist jedoch ein internationaler Sachverhalt betroffen, etwa wenn ein Verbraucher (Privatkunde) direkt mit dem Makler einer ausländischen Börse in Kontakt tritt, gelten andere Regeln. Häufig werden auch für den mit dem dortigen Makler abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag Schiedsklauseln vereinbart368. In einem solchen Fall ist in der Regel der Anwendungs362 s. schon oben für den Bereich des UNÜ; ausdrücklich so auch Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 6; Epping, S. 145 f. 363 s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/3195, S. 32, 37; s. auch MünchKomm-ZPO (Aktualisierungsband)/Münch, § 1031 Rn. 1. 364 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/3195, S. 37. 365 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 3; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 1. 366 BGH, Urt. v. 25.10.1962, BGHZ 38, 155, 162 f.; wohl strenger MünchKommBGB/Basedow, § 307 Rn. 329. 367 Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 10. 368 Stellvertretend Schlosser, FS Steindorff, 1379, 1383; Horn, Arbitration International, Vol. 16 Nr. 3, S. 279, 284, 286 f.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

bereich der internationalen Übereinkommen, d. h. zumindest derjenige des UNÜ eröffnet. Unklarheiten ergeben sich nur dort, wo der Handelssachenvorbehalt nach Art. I Abs. 3 S. 2 UNÜ erklärt wurde, was aber nicht unbedingt die Anwendbarkeit des UNÜ auf „Verbraucher“ ausschließen muss369. Sollte danach die Anwendbarkeit des UNÜ ausgeschlossen sein, ist bei einem internationalen Sachverhalt zunächst nach kollisionsrechtlichen Grundsätzen das anwendbare nationale Recht zu bestimmen370. Steht dieses fest, entscheidet es auch über eine mögliche Differenzierung der Anforderungen an die Form wie beispielsweise § 1031 Abs. 5 ZPO. b) Russisches Sachrecht Art. 7 Pkt. 2 IHSchG ist eine genaue Wiedergabe des Wortlauts des Art. 7 Pkt. 2 MG. Er verlangt daher ebenso wie Art. II Abs. 2 UNÜ Schriftlichkeit der Schiedsvereinbarung, die entweder durch Unterschrift beider Parteien unter ein Schriftstück oder durch den Austausch zweier Schriftstücke erfüllt werden kann. Die Papierform wird bei dieser zweiten Variante nicht unbedingt gefordert, kann sie doch auch in „anderen Formen der elektronischen Verbindungen“ gewahrt werden, die eine „Fixierung“ dieser Vereinbarung sicherstellen371. Nach der Spruchpraxis des MKAS genügt für die zweite Variante eine generelle (schriftliche) Verweisung auf eine in früheren Verträgen zwischen denselben Parteien enthaltene Schiedsklausel372. Art. 7 Pkt. 1 SchGG enthält ebenfalls diese beiden Varianten der Schriftlichkeit der Schiedsvereinbarung, wobei der Wortlaut allerdings noch weiter geraten ist als bei Art. 7 Pkt. 2 IHSchG. Denn in Art. 7 Pkt. 1 SchGG sind 369 Die Schwierigkeit hierbei ist zu bestimmen, wann nach dem innerstaatlichen Recht des den Vorbehalt erklärenden Vertragsstaates eine Handelssache vorliegt, s. den Wortlaut des Art. I Abs. 3 S. 2 UNÜ und Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 24; Redfern/Hunter, 1–28. Nach deutschem Verständnis mag eine Handelssache durchaus als kontradiktorisches Gegenteil zur Verbrauchersache angesehen werden; dass dies aber nicht so sein muss, beweist schon ein Blick in das französische Recht, erst Recht ein Blick in das Recht der Common-Law-Staaten, die eine Trennung zwischen Zivil- und Handelsrecht i. S. d. deutschen Rechtsordnung gar nicht kennen, s. die Nachweise bei Redfern/Hunter, 1–27; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 24, 25. Ob also ein erklärter Handelssachenvorbehalt die Anwendbarkeit des UNÜ auf Verbraucher ausschließt oder nicht, kann nur nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geklärt werden. Damit ist auch eine autonome Begriffsbestimmung des „Verbrauchers“ entbehrlich. 370 Zum deutschen Kollisionsrecht s. oben C.V.2.a). 371 „. . . ili s ispol’zovaniem inych sredstv e ˙ lektrosvjazi, obespecˇivajušcˇich fiksaciju takogo soglašenija“. 372 s. die Nachweise bei Märkl, S. 81, womit sich diese Auslegung mit der Auslegung des Art. II UNÜ in Einklang befindet; s. oben C.V.1.b).

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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neben der elektronischen Verbindung auch noch andere Verbindungen zulässig, die eine Fixierung der Vereinbarung sicherstellen373. Zur Ausfüllung der Anforderungen an die Schriftform wird in der Schiedsgerichtspraxis auf die Formvorschriften des ZGB (insbesondere Art. 160, 434) zurückgegriffen374. Das Schiedsgericht von NAUFOR hatte den Fall zu entscheiden, ob ein Faksimile-Stempel als Ersatz der eigenhändigen Unterschrift unter die Schiedsvereinbarung die Schriftform wahrt375. Die Parteien hatten den Vertrag nacheinander unterschrieben und sich die Urkunden durch einen Kurierdienst zuschicken lassen. Dies würde an sich der Schriftform des Art. 7 Pkt. 1 S. 2 Alt. 2 SchGG genügen376. Nicht im SchGG geregelt ist allerdings die Frage, wodurch genau die Unterschrift zu gewährleisten ist, ob also auch ein Faksimile-Stempel genügt. Das Schiedsgericht griff auf Art. 160 Pkt. 2 ZGB zurück und kam so zu dem Schluss, dass die Parteien gesondert hätten vereinbaren müssen, dass ein FaksimileStempel die eigenhändige Unterschrift ersetzt. Da jedoch keine derartige Vereinbarung geschlossen wurde und auch keine anderen Rechtsakte dies vorsehen, genügte im vorliegenden Fall ein Kautschuk-Stempel nicht, um die Schriftform zu wahren377.

373

Ebenso Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 7 SchGG Pkt. 1, S. 39. Nicht diskutiert wird in der russischen Literatur, ob neben den Bestimmungen der Art. 7 Pkt. 2 IHSchG und Art. 7 Pkt. 1 SchGG überhaupt auf die Art. 434, 160 ZGB zurückgegriffen werden darf, da ersteren evtl. ein eigenständiger, abschließender Regelungsgehalt zu entnehmen ist. 375 Der Fall wird berichtet von Jarkov/Lenc ˇ inenko in Vestnik NAUFOR 1999, Nr. 10, S. 62, 64. 376 Das Schiedsgericht stellte im konkreten Fall allerdings auf Art. 434 Pkt. 2 ZGB ab, wonach ein schriftlicher Vertrag entweder durch die Erstellung eines einzigen, von den Parteien unterschriebenen Schriftstücks abgeschlossen werden kann oder durch den Austausch von Schriftstücken mittels Post, Telegraf, Fernschreiben, Telefon oder einer elektronischen oder anderen Verbindung, die es ermöglicht zuverlässig festzustellen, dass das Schriftstück von einer Vertragspartei stammt. Damit ergeben sich inhaltlich keine Unterschiede zu Art. 7 Pkt. 1 S. 2 SchGG. 377 Aus der Schilderung des Sachverhalts geht nicht eindeutig hervor, ob die Parteien tatsächlich einen einheitlichen Vertrag durch ein einziges Dokument oder aber den Vertrag durch den Austausch verschiedener Dokumente abgeschlossen haben. Im letzteren Fall ist m. E. die Berufung auf die fehlende eigenhändige Unterschrift verfehlt, da diese nach dem Wortlaut der Art. 7 Pkt. 2 IHSchG und Art. 7 Pkt. 1 SchGG entbehrlich ist. Insofern überlagern die Vorschriften der Schiedsgesetze die Art. 434 Pkt. 2, 160 Pkt. 2 ZGB als lex specialis. 374

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

4. Heilung von Formmängeln a) Internationales Recht In den internationalen Übereinkommen enthält nur Art. V EuÜ eine ausdrückliche Möglichkeit, Formmängel durch Verletzung der Rügeobliegenheit unbeachtet sein zu lassen378. Im UNÜ fehlt eine explizite Heilungsmöglichkeit formunwirksamer Schiedsvereinbarungen. Dennoch wird überwiegend angenommen, dass es der autonom zu bestimmende Normzweck des Art. II Abs. 2 UNÜ gestatte, auf das Formerfordernis zu verzichten. Denn die Parteien bedürfen nicht mehr der Schutz- und Warnfunktion des Art. II Abs. 2 UNÜ, wenn sie durch Klageerhebung und Klageerwiderung den Vollzug ihrer formnichtigen Vereinbarung angezeigt haben. Das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens ist auch ein dem UNÜ innewohnendes Prinzip, somit ist zur Beurteilung der Heilungsmöglichkeiten ein Rückgriff auf nationales Recht entbehrlich379. b) Deutsches Recht Im autonomen deutschen Recht gestattet § 1031 Abs. 6 ZPO die Heilung formunwirksamer Schiedsvereinbarung durch rügelose Einlassung, und zwar sowohl für Verbraucherschiedssachen wie auch für sonstige. Zum Teil wird § 1031 Abs. 6 ZPO als lex specialis zu § 1040 Abs. 2 ZPO für die Heilung von Formfehlern gesehen380, teilweise aber auch einfach als Doppelregelung neben § 1040 Abs. 2 ZPO381. Da sich aus dieser Meinungsverschiedenheit keinerlei praktische Auswirkungen ergeben, kann der Streit dahingestellt bleiben. Eine Heilung sonstiger, neben den Formfehlern bestehender Mängel der Schiedsvereinbarung kann nicht über § 1031 Abs. 6 378

Genauer zu dieser prozessualen Lösung Epping, S. 83–85; zu den inhaltlichen Anforderungen Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 179. 379 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3292; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 281; OLG Schleswig, Beschl. v. 30.3.2000, RIW 2000, 706, 707 f.; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 10; van den Berg, S. 185; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 46; wohl auch Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 55; Weigand/Haas, Part 3, Art. II Rn. 92, 91; a. A. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 16, der nur einen formwirksamen Neuabschluss der Schiedsvereinbarung durch schriftliche Klageerhebung und schriftliche Klageerwiderung nach Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ zulassen will; den Meinungsstand zusammenfassend Epping, S. 82 f. 380 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 29; wohl auch Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 14. 381 Stein/Jonas/Schlosser, § 1031 ZPO Rn. 14a; Zöller/Geimer, § 1031 ZPO Rn. 40.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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ZPO, sondern nur über § 1040 Abs. 2 ZPO erreicht werden382. Für die tatbestandlichen Voraussetzungen einer solch heilenden rügelosen Einlassung wird auf die Spezialliteratur verwiesen383. c) Russisches Recht Im russischen Recht ist nur in Art. 7 Pkt. 2 IHSchG explizit die Möglichkeit vorgesehen, eine Schiedsvereinbarung durch Klageerhebung und Klageerwiderung abzuschließen, in welcher die erwidernde Partei keine Einwendung dagegen erhebt384. Daraus, dass Art. 7 Pkt. 1 SchGG diese Möglichkeit nicht enthält385, wollen manche auf die Unwirksamkeit einer solchen Schiedsvereinbarung gem. Art. 7 Pkt. 2 SchGG schließen, da nur durch Gesetz Schweigen in Zustimmung umgewandelt werden könne386. Andere weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass das Verbot des missbräuchlichen Verhaltens auch ein Grundsatz des Prozessrechts ist und daher unter Umständen eine andere Beurteilung rechtfertigt387. Dieser Grundsatz ist in Art. 41 Pkt. 2 S. 1 APK sowie Art. 35 Pkt. 1 S. 2 ZPK enthalten. Auch Art. 4 IHSchG als speziell schiedsrechtliche Norm ist Ausfluss dieses Gebots, indem er die verspätete Ausübung eines (dispositiven) Rechts als Verzicht auf dieses Recht wertet. Als allgemeingültiger prozessualer Grundsatz muss er dann auch für ein Schiedsverfahren nach dem SchGG gelten. Wenn sich eine Partei also in Kenntnis der Tatsache, dass eine Schiedsvereinbarung nicht abgeschlossen wurde, auf das Schiedsverfahren einlässt und erst bei für sie ungünstigem Ausgang das Fehlen der Schiedsvereinbarung rügt, kann dies mit guten Gründen als Missbrauch ihrer prozessualen Rechte gewertet werden. In einem solchen Fall sollte das staatliche Gericht den Schiedsspruch zumindest nicht aus dem Grund aufheben, dass keine formwirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde388. 382 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 29; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 14, 15; Epping, S. 91. 383 Stellvertretend MünchKomm-ZPO/Münch, § 1031 Rn. 30 f. 384 Der Terminus der „rügelosen Einlassung“ ist im russischen Recht nicht gebräuchlich, in der Sache ist aber dasselbe gemeint; a. A. Lentz, S. 195, der auf S. 195 ff. jedoch ebenfalls auf die praktisch kaum durchführbare Unterscheidung zwischen Bestätigung einer schon früher formunwirksam abgeschlossenen Schiedsvereinbarung und dem Neuabschluss durch Klageerhebung und -erwiderung hinweist. 385 Ebenfalls Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 7 SchGG Pkt. 1, S. 39; KommSchGG Art. 7 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 26. 386 So Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 7 SchGG Pkt. 1, S. 39; wohl auch Novikov, S. 307, 310. 387 So in KommSchGG Art. 7 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 26 f. 388 Ebenso im KommSchGG Art. 7 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 1, S. 27.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Zum Teil wird auch vertreten, der Gesetzgeber des Art. 7 Pkt. 1 SchGG habe nur deshalb nicht explizit die Möglichkeit des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung durch rügelose Einlassung darin aufgenommen, weil er diese Art, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen, schon durch den Wortlaut des Art. 7 Pkt. 1 S. 2 Alt. 2 SchGG gedeckt sah389. Denn unter „gewechselten Schreiben“ könne auch der Wechsel von Klageerhebung und Klageerwiderung verstanden werden, in welcher die beklagte Partei keine Einwände gegen das Schiedsverfahren erhebt. Festzuhalten bleibt damit, dass nach russischem Recht sowohl im Anwendungsbereich des IHSchG als auch im Anwendungsbereich des SchGG eine rügelose Einlassung und damit eine Heilung einer formunwirksamen Schiedsvereinbarung möglich ist. 5. Die Schiedsklauseln in der Praxis der Börsen In diesem Abschnitt soll nun untersucht werden, ob die tatsächlich an den Börsen verwendeten Schiedsklauseln den Anforderungen des internationalen und nationalen Rechts an die Form entsprechen. a) Die deutsche Börsenpraxis Wird ein Geschäft im Parketthandel abgewickelt, ist vom Makler gem. § 11 GeschBed FWB eine Schlussnote i. S. d. § 94 HGB zu erstellen. Soweit in der Schlussnote auf die Geschäftsbedingungen verwiesen wird, genügt dies den Anforderungen des Art. II Abs. 2 UNÜ, da ein Hinweis auf eine nicht mit übersandte Schiedsklausel dann als ausreichend zur Wahrung der Schriftform erachtet wird, wenn die Parteien beruflich einer Branche verbunden sind, in der ständig und monopolartig uniforme Geschäftsbedingungen verwandt werden, die nicht einseitig von einer Partei geschaffen worden sind und in denen insbesondere die Zuständigkeit gängiger institutioneller Schiedsgerichte vereinbart wird390. Dies trifft auf die Geschäfts389

Explizit Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXVIII § 1 (2), S. 661. H. M., s. nur Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 58; Schlosser, Rn. 373; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 276, 278; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3285; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 11; Epping, S. 130; Gildeggen, S. 70 f.: grundsätzlich muss der Text des die Schiedsklausel enthaltenden Dokuments der anderen Partei bei Vertragsschluss zugänglich gemacht werden, wobei dann ein einfacher Hinweis auf die AGB insgesamt ausreicht. Grund für die hier zu machende Ausnahme ist, dass in diesem Fall damit gerechnet werden kann, dass der Empfänger Kenntnis von der Schiedsklausel aufgrund seiner Branchenzugehörigkeit hat, weshalb das Vorlegen des Klauselwerks entbehrlich ist. 390

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bedingungen der deutschen Börsen zu, zumal diese auch untereinander abgeglichen werden391 und daher im Sinne von branchenspezifischen Bedingungen angesehen werden können. Senden die Parteien die ihrerseits unterschriebenen Schlussnoten an den Makler zurück, ist Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ erfüllt, da der Makler als Empfangsbevollmächtigter für beide Parteien anzusehen ist392. Soweit allerdings das Börsengeschäft im Computerhandel über XETRA abgewickelt wird, wird mangels Beteiligung eines Maklers auch keine Schlussnote i. S. d. § 11 GeschBed FWB, § 94 HGB erstellt393. Die Geschäftsabwicklung ist vollständig elektronisiert, d. h. die Handelsteilnehmer bekommen nur elektronische Auszüge über das im Computer „gematchte“ Geschäft. Dieser elektronische Auszug erfüllt die grundsätzlichen Anforderungen des § 1031 Abs. 1 ZPO an ein Schriftstück. Soweit sich darin jedoch kein (schriftlicher) Hinweis auf die Geltung der Geschäftsbedingungen findet, genügt dies nicht dem Formerfordernis des Art. II Abs. 2 UNÜ respektive § 1031 Abs. 3 ZPO. Denn allein ein Handelsbrauch des Inhalts, dass für die an der Börse abgeschlossenen Geschäfte das Börsenschiedsgericht als vereinbart gilt, kann keine formgültige Schiedsvereinbarung zustande bringen394. b) Die russische Börsenpraxis Im elektronischen Handel an den Börsen werden die dort abgeschlossenen Geschäfte in der Regel nicht ausgedruckt, sondern bleiben in Form von Tabellen oder Grafiken auf dem Computer gespeichert395. Umstritten ist, ob diese Form das Schriftformerfordernis des Art. II Abs. 2 UNÜ (bzw. das entsprechende des autonomen Rechts in Art. 7 Pkt. 2 IHSchG, Art. 7 Pkt. 1 SchGG) wahrt396. Bisher konnte es vermieden werden, zu diesem Problem 391 s. Baumbach/Hopt, § 13 BörsG Rn. 4; Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19. 392 LG Hamburg, 19.12.1967, YCA Vol. II (1977), 235; ebenso MünchKommZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 11; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 61; ders., Rn. 373; Kümpel, WM 1991, Sonderbeilage Nr. 4, S. 8; Lenenbach, 4.37; Berger, S. 104 Fn. 558. 393 Vgl. auch § 42 GeschBed FWB, wonach § 11 GeschBed bei Geschäftsabschlüssen in XETRA keine Anwendung findet. 394 Allgemein dazu, dass ein Handelsbrauch nicht das Formerfordernis des Art. II Abs. 2 UNÜ erfüllt, MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. II UNÜ Rn. 14; Staudinger/ Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 279; van den Berg, S. 221; missverständlich dagegen Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3269. 395 s. Karabel’nikov, 1–63. 396 Zweifelnd Karabel’nikov, 1–67 unter Anführung der Praxis des Internationalen Handelsschiedsgerichts (MKAS) (Fn. 58).

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

eine genaue Position zu beziehen. Denn in der Regel war in dem Dokument, durch welches der Broker Zugang zu dem elektronischen Handelsnetz der Börse erhält, ebenfalls eine Schiedsklausel enthalten, die den konservativen Anforderungen an die Schriftform, d. h. also der Papierform entsprach397. Allerdings ist schwer vorstellbar, wie es miteinander vereinbar sein soll, einerseits auch einen „Computerverbund“ als die Schriftform wahrend anzusehen, während man andererseits dann doch „konservativ“ das Papier fordert. M. E. sollte genügen, dass derartige „Grafiken und Tabellen“ bei entsprechendem Erfordernis auch ausgedruckt werden können. Dass sie also in der Regel nur im Computer gespeichert sind, ist kein Hindernis für die Wahrung der Schriftform des Art. II Abs. 2 UNÜ. Ohnehin dem Formerfordernis entsprechen die schriftlichen Schiedsklauseln in den Gründungsverträgen der Börse sowie die im Verkehr zwischen Broker und Kunden verwendeten schriftlichen Schiedsklauseln im Auftragsdokument. Als Beispiel für den formwirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Verweisung auf ein anderes Dokument i. S. d. Art. 7 Pkt. 2 S. 2 IHSchG bzw. Art. 7 Pkt. 1 S. 2 SchGG wird in der russischen Börsenschiedspraxis die in einem Kaufvertrag über Wertpapiere enthaltene Verweisung auf Pkt. 7.1 der Handelsvereinbarung der RTS genannt398. Darin ist die Entscheidung beliebiger Streitigkeiten aus dem Vertrag durch das Schiedsgericht von NAUFOR vorgesehen. Nicht diskutiert, jedoch dennoch zu beachten ist, dass es zum UNÜ bereits eine autonome Auslegungspraxis für die Einbeziehung derartiger Verweisungsklauseln gibt, die über das MG auch für das nationale Recht zu berücksichtigen ist. Zurückzukommen ist hier nochmals auf die eingangs erwähnte Klausel in § 2 Pkt. 4 SchGO micex, wonach im Anwendungsbereich des IHSchG eine Schiedsvereinbarung auch durch rügelose Einlassung geschlossen werden kann. Da diese Klausel nur Art. 7 Pkt. 2 S. 2 IHSchG wiederholt, ist sie keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Problematisch erscheint allerdings, dass aus ihrer Formulierung sehr leicht der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass dies im Anwendungsbereich des SchGG nicht zulässig ist. Wie 397

s. Karabel’nikov, 1–65; dieses Dokument erfasst alle im elektronischen Netz der Börse abgeschlossenen Geschäfte. Darauf, dass in diesem Fall im russischen Recht keine Probleme mit dem Bestimmtheitserfordernis auftreten, wurde schon oben C.II.3. hingewiesen. 398 s. Jarkov/Lenc ˇ inenko, Vestnik NAUFOR 1999, Nr. 10, S. 62, 63. Nach derzeitiger Regelung enthält allerdings der Kaufvertrag selbst schon eine Schiedsklausel zugunsten des Schiedsgerichts von NAUFOR, s. Anlage 2 zur Handelsvereinbarung der RTS, im Internet abrufbar unter http://www.rts.ru/?tid=236&mtid=10000. Im Übrigen ist die (schieds-)richterliche Streiterledigung nun in Pkt. 9 der Handelsvereinbarung geregelt.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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soeben gezeigt, ist dieser Schluss jedoch nicht richtig. Da die Klausel der SchGO micex den Umkehrschluss selbst nicht enthält und damit auch nicht die Unmöglichkeit einer rügelosen Einlassung im Anwendungsbereich des SchGG statuiert, ist rechtlich nichts dagegen einzuwenden. Allerdings wäre eine andere Formulierung – etwa durch Streichung des Zusatzes „im Anwendungsbereich des IHSchG“ – wünschenswert, um nicht zu unrichtigen Schlüssen zu verleiten. Damit entsprechen die in der russischen Börsenpraxis anzutreffenden Schiedsklauseln den Formerfordernissen des internationalen und nationalen Rechts. 6. Zusammenfassung und Vergleich In den international außerordentlich seltenen Fällen, in denen nicht das vereinheitlichte Sachrecht der völkerrechtlichen Verträge die Form einer Schiedsvereinbarung regelt, ist eine kollisionsrechtliche Bestimmung des Formstatuts notwendig. In Deutschland wird diese Frage kontrovers diskutiert, in Russland dagegen fehlt eine entsprechende Diskussion völlig. In beiden Rechtsordnungen erscheint eine Auslegung der das Territorialitätsprinzip enthaltenden Normen der § 1025 Abs. 1 ZPO, Art. 1 Pkt. 1 IHSchG bzw. Art. 1 Pkt. 1 SchGG als einseitige Kollisionsnormen am zweckmäßigsten zu sein. Dies bedeutet, dass der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens das auf die Form der Schiedsvereinbarung anwendbare Recht bestimmt. Die sachrechtlichen Regelungen in beiden Rechtsordnungen sind im Wesentlichen mit den Bestimmungen des MG identisch und damit letztlich mit Art. II Abs. 2 UNÜ. So ist nach allen sachrechtlichen Regelungen grundsätzlich Schriftform vorgesehen, die entweder durch beiderseitige Unterschrift unter ein gemeinsames Schriftstück oder durch den Austausch von zwei Schriftstücken erfüllt werden kann, wobei bei letzterer Variante eine eigenhändige Unterschrift nach dem Wortlaut für entbehrlich gehalten wird. Ausgeschlossen ist nach sämtlichen Regelungen der Abschluss einer insgesamt mündlichen oder konkludenten Schiedsvereinbarung etwa durch Bezugnahme auf einen Handelsbrauch, wie er jahrelang an den deutschen Börsen praktiziert wurde. Dieser Handelsbrauch existiert zwar nach wie vor, er erfüllt jedoch nach „neuem“ Recht nicht mehr das Schriftformerfordernis des § 1031 ZPO. Wichtig wird der Einfluss des UNÜ insbesondere bei der Frage der Einbeziehungskontrolle von Schiedsvereinbarungen, die nicht direkt in dem Schriftstück enthalten sind, sondern auf die verwiesen wird. Dieser Fall ist im deutschen und russischen Recht nun ausdrücklich geregelt (§ 1031

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Abs. 3 ZPO, Art. 7 Pkt. 2 S. 2 IHSchG respektive Art. 7 Pkt. 1 S. 2 SchGG, die alle Art. 7 Abs. 2 S. 2 MG entsprechen), wobei jedoch der Inhalt autonom zu bestimmen ist, d. h. letztlich unter Rückgriff auf die vereinheitlichten Wertungen des UNÜ. Für das deutsche Recht hat dies die besondere Konsequenz, dass dadurch eine Einbeziehungs- bzw. Abschlusskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB versperrt ist. Das autonome deutsche Recht enthält im Unterschied zum russischen Recht, das sich genau an die Vorgaben des MG hält, an zwei Stellen Abweichungen vom MG. Einmal betrifft dies eine Erleichterung des Formerfordernis’, einmal eine Erschwerung. Die Erleichterung ist gem. § 1031 Abs. 2 ZPO für das sog. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorgesehen. Dies kann Bedeutung erlangen im Rahmen des Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ, sollte ein anderer Vertragsstaat des EuÜ eine entsprechende Formerleichterung vorsehen. Anderenfalls ist § 1031 Abs. 2 ZPO im Rahmen des UNÜ nur über die Meistbegünstigungsregel i. V. m. auf deutsches Recht verweisendes Kollisionsrecht anwendbar. Die zweite Abweichung des deutschen Gesetzes vom MG betrifft § 1031 Abs. 5 ZPO, der vorschreibt, dass bei Beteiligung eines Verbrauchers nur eine selbständige Schiedsabrede die Form wahrt. Auch hierfür gilt allerdings, dass Art. 1031 Abs. 5 ZPO im Anwendungsbereich des UNÜ von Art. II Abs. 2 UNÜ verdrängt wird. Das russische Recht enthält im Verhältnis zu Verbrauchern kein spezielles Formerfordernis. Der russische Gesetzgeber hat einen anderen Weg gewählt, um die schwächere Partei zu schützen399. Die in der deutschen und russischen Börsenpraxis verwendeten Schiedsklauseln entsprechen in der Regel dem Schriftformerfordernis. Allerdings erfüllt ein Handelsbrauch nach neuem deutschem Recht nicht mehr das Schriftformerfordernis, wie es jahrelanger Usus an den deutschen Börsen war. VI. Inhaltskontrolle der Schiedsvereinbarung Da in der Börsenpraxis eine Schiedsvereinbarung in der Regel nicht separat, sondern durch Bezugnahme auf die Geschäftsbedingungen geschlossen wird, liegt zumindest nach deutschem Recht eine Inhaltskontrolle der Schiedsklausel am Maßstab des § 307 BGB nahe. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das deutsche Recht überhaupt nach dem Schiedsvereinbarungsstatut zur Anwendung berufen ist und internationales Sachrecht eine Inhaltskontrolle nicht von seinem Anwendungsbereich her versperrt. 399

s. unten C.VII.2.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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1. Keine Sperrwirkung des internationalen Sachrechts Wie oben gezeigt, verdrängen die staatsvertraglichen Formvorschriften alle Vorschriften des nationalen Rechts, die eine Abschlusskontrolle ermöglichen400. Demgegenüber ist eine Inhaltskontrolle der Schiedsklauseln unter dem Gesichtspunkt der unangemessenen Benachteiligung nach dem kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen nationalen Recht zulässig, da die Sachvorschriften des Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ insoweit keine Sperrwirkung entfalten401. Damit kann auch auf § 307 BGB zurückgegriffen werden, vorausgesetzt, das deutsche Sachrecht ist kollisionsrechtlich zur Anwendung berufen. 2. Inhaltskontrolle nach deutschem Recht: § 307 BGB Nach der hier vertretenen Meinung ist eine Abschlusskontrolle von Schiedsvereinbarungen nach nationalem Recht, d. h. auch eine Überprüfung der Klausel am Maßstab des § 305c Abs. 1 BGB nicht zulässig402. Einzige Ausnahme ist die Prüfung der Einbeziehung von Schiedsklauseln im Zusammenhang mit Verbrauchern, da insoweit § 1031 Abs. 3 ZPO/Art. 7 Abs. 2 S. 3 MG keinen Vorrang beansprucht403. Daher soll kurz auf den Maßstab des § 305c Abs. 1 BGB eingegangen werden, sei es auch nur, um zu zeigen, dass sich in der Praxis keine großen Unterschiede zwischen den beiden unterschiedlichen Meinungen ergeben. Danach soll die eigentliche Inhaltskontrolle nach § 307 BGB erläutert werden insbesondere mit Blick auf die in den Regelwerken der Börsen anzutreffenden Klauseln. a) Exkurs: § 305c Abs. 1 BGB Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Klauseln, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht zum Vertragsbestandteil. 400 s. A.V. und C.V.3.a)(3); Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 261; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3309; Samtleben, ZEuP 1999, 974, 977; ähnlich Schlosser, ZEuP 1994, 682, 690 ff.; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 9; van den Berg, S. 288; Epping, S. 141; Gildeggen, S. 142. 401 Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBGB Rn. 257, 261, 263; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3309; Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 9; van den Berg, S. 287 f.; Epping, S. 141; Gildeggen, S. 142. 402 s. oben C.V.3.a)(2). 403 Weil das MG auf Verbrauchersachen nicht anwendbar ist, s. Weigand/Roth, Part 5, Art. 1 MG Rn. 13; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 17.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Wegen § 1031 Abs. 5 ZPO ist zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu unterscheiden. Nach gefestigter Rechtsprechung und übereinstimmender Meinung in der Literatur müssen Unternehmer stets mit einer Schiedsklausel rechnen; diese kann daher an sich – wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles hinzutreten – nicht überraschend i. S. d. § 305c BGB sein404. Für Verbraucher kann eine Schiedsabrede, die den formalen Anforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO entspricht, nicht der von § 305c BGB geforderte Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt405 innewohnen. Sie kann daher auch für Verbraucher nicht überraschend sein406. Damit ist grundsätzlich sowohl im unternehmerischen Verkehr als auch im Verkehr mit Verbrauchern eine Schiedsklausel bzw. Schiedsabrede nicht als überraschend i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen. Die Unterschiede zu der anderen Auffassung, die eine Einbeziehungskontrolle nach nationalem Recht als durch Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ und § 1031 Abs. 3 ZPO versperrt ansieht, sind somit minimal. b) Anwendbarkeit des § 307 BGB auf Börsenusancen Die Frage der Anwendbarkeit des § 307 BGB auf die Börsenusancen hängt eng mit ihrer rechtlichen Qualifizierung zusammen. Wer sie als Handelsbrauch qualifiziert, kommt schwerlich zu einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB. Da die herrschende, auch hier vertretene Meinung in den Börsenusancen jedoch Geschäftsbedingungen sieht, kommt eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zumindest in Betracht. Vielfach wird jedoch betont, dass die §§ 305 ff. BGB auf die Börsenusancen – wenn überhaupt – nur eingeschränkt anwendbar seien407. Damit ist aber bei genauerer Be404 Schon BGH, Urt. v. 24.9.1952, BGHZ 7, 187, 192 f.; OLG Köln, Urt. v. 16.12.1992, IPRax 1993, 399, 401; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 11; Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 26; Staudinger/Hausmann, Anh. II zu Art. 27–37 EGBG Rn. 219; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 3407; Gildeggen, S. 210; Schwab/Walter, Kap. 5 Rn. 13. 405 Dazu BGH, Urt. v. 17.5.1982, BGHZ 84, 109, 112; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 329; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG, Rn. 622. 406 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 11; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 329; a. A. Raeschke-Kessler, WM 1998, 1205, 1209 mit dem schwer nachvollziehbaren Argument, dass eine (der Form des § 1031 Abs. 5 ZPO entsprechende) Schiedsabrede für den Kunden überraschend sei, wenn der Kunde nicht den Anforderungen des deutschen Rechts entsprechend aufgeklärt worden sei und der die Klausel verwendende Vermittler von Börsentermingeschäften es daher von Anfang an mit bedingtem Vorsatz darauf angelegt habe, dem Kunden gegenüber eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu begehen.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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trachtung nur das gemeint, was schon oben betont wurde, dass nämlich die Definition der AGB in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB und die Art der Einbeziehung gem. §§ 305 ff. BGB auf die Börsenusancen nicht passen408. Dem steht jedoch nicht entgegen, die Geschäftsbedingungen auf ihre inhaltliche Angemessenheit nach § 307 BGB zu kontrollieren. Zum Teil wird sogar ausdrücklich betont, die Geschäftsbedingungen unterlägen der gerichtlichen Kontrolle nach § 242 BGB409. § 307 BGB ist nichts anderes als eine genauere Ausgestaltung des § 242 BGB für die Kontrolle vorformulierter Klauselwerke. Damit sind die Börsenusancen auch am Maßstab des § 307 BGB überprüfbar. Selbstverständlich muss dabei berücksichtigt werden, dass sie nicht i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB einseitig gestellt sind, insbesondere dass sie Geschäfte regeln, bei denen Käufer- und Verkäuferrolle häufig in ein- und derselben Person wechseln410. c) Leitbildfunktion der staatlichen Gerichtsbarkeit i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB? Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann anzunehmen, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist411. Im Zusammenhang mit Schiedsklauseln stellt sich die Frage, ob dem staatlichen Gerichtsverfahren eine derartige Leitbildfunktion zukommt. Eine besondere Rolle für die Beantwortung dieser Frage spielt die von Deutschland nicht in §§ 307 ff. BGB umgesetzte Bestimmung im Anhang Nr. 1q der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen412, wonach Klauseln unwirksam sind, „die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe vor Gericht einzulegen [. . .] genommen [. . .] wird, und zwar insbesondere dadurch, dass er ausschließlich auf ein nicht s. nur Schwark 2, Einl. §§ 50–70 BörsG Rn. 44. Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19; Lenenbach, § 3 Rn. 3.24; übersehen wird häufig, dass zumindest § 305 Abs. 2 BGB gem. § 310 Abs. 1 BGB nicht anwendbar ist, da die Handelsteilnehmer ohnehin Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB sind, vgl. § 16 BörsG. 409 Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19, womit wohl eine Inhaltskontrolle gemeint ist. 410 s. Schwark/Schwark, KMRK, § 9 BörsG Rn. 19. 411 Gem. § 310 Abs. 1 BGB ist § 307 BGB auch gegenüber Unternehmern anwendbar, weshalb die Frage der Leitbildfunktion Unternehmern und Verbrauchern gegenüber gleichermaßen von Bedeutung ist. 412 ABl. EG Nr. L 95 S. 29. 407 408

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

unter die gesetzlichen Bestimmungen fallendes Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird“. Die Bestimmung ist trotz fehlender nationaler Umsetzung bei der Auslegung der §§ 307 ff. BGB zu beachten413. Die Auslegung der Begriffe „nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallendes Schiedsverfahren“ hat viel Kontroverse hervorgerufen. Insbesondere dann, sobald ein Verbraucher an der Schiedsvereinbarung beteiligt ist, neigt ein Teil der Literatur dazu, die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens generell für unwirksam wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers zu halten, da ihm der ordentliche Rechtsweg versperrt sei414. Die Vertreter dieser Ansicht verkennen jedoch, dass auch im Verhältnis zu Verbrauchern dem staatlichen Gerichtsverfahren keine Leitbildfunktion zukommt, sondern nur dem „unter die gesetzlichen Bestimmungen fallenden Schiedsgerichtsverfahren“415. Damit ist die Leitbildfunktion letztlich den §§ 1025 ff. ZPO zu entnehmen. Die andere Ansicht wäre auch nicht vereinbar mit der vom Gesetzgeber postulierten Gleichwertigkeit des Schiedsverfahrens mit dem staatlichen Gerichtsverfahren416. Die wohl h. M. verneint somit zu Recht eine Benachteiligung zumindest dann, wenn das vereinbarte Schiedsverfahren den gesetzlichen Bestimmungen entspricht417. 413

OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.5.1996, WM 1996, 1903, 1906; MünchKommBGB/Basedow, § 307 Rn. 329. 414 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. S 4 (Wirksamkeit nur bei besonderem Bedürfnis für die Einsetzung eines Schiedsgerichts, was aber im Verhältnis zu Verbrauchern kaum vorkomme); auch Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rn. 622 (Schiedsklausel nur wirksam bei besonders schutzwürdigem Verwenderinteresse, was nur in Ausnahmefällen zutreffe); Gildeggen, S. 222 f.; Spieker, ZIP 1999, 2138, 2142; Baumbach/Lauterbach/Albers, § 1031 ZPO Rn. 7; Raeschke-Kessler, WM 1998, 1205, 1207 ff. 415 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.5.1996, NJW-RR 1997, 372, 374; MünchKommZPO/Münch, § 1029 Rn. 11a, 12; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 6; ähnlich Zöller/ Geimer, § 1031 ZPO Rn. 31; MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 329. Dies wird sogar von Vertretern der Befürwortung eine generellen Benachteiligung von Verbrauchern bei der Verwendung von Schiedsklauseln gesehen, s. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rn. 621. 416 s. BT-Drucks. 13/5274, S. 34; Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rn. 6; RaeschkeKessler, DIS-MAT IV, S. 81, 83. 417 MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 329, auch unter Berufung auf einen unveröffentlichten Beschluss des BGH v. 26.6.1986, III ZR 200/85; Schwab/Walter, Kap. 5 Rn. 14; Weigand/Haas, Part 3, Art. II UNÜ Rn. 66. Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 26, weist zu Recht darauf hin, dass mit der Formulierung „unter die gesetzlichen Bestimmungen fallendes Schiedsverfahren“ nicht das absurde Ergebnis gemeint sein kann, dass nicht wesentlich von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden darf. Denn dort, wo das Gesetz eine Verfahrensausgestaltung ausdrücklich der Parteiautonomie überlässt, bewegen sich die Parteien immer noch innerhalb des gesetzlichen Rahmens, wenn sie von ihrer Freiheit Gebrauch machen; nur im kaufmännischen Bereich dagegen Gildeggen, S. 218 f.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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d) Unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB Um den Regelungsbereich des § 307 BGB richtig zu bestimmen, ist eine Abgrenzung zu § 1034 Abs. 2 ZPO notwendig. § 1034 Abs. 2 ZPO regelt den Sonderfall einer unangemessenen Benachteiligung bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts418 und ist für alle Fragen im Zusammenhang damit lex specialis zu § 307 BGB419. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1034 Abs. 2 ZPO ist eine Schiedsklausel dagegen am Maßstab des § 307 BGB zu messen. Aus den oben genannten Gründen ist eine Schiedsklausel allerdings nicht schon allein wegen der Versperrung des ordentlichen Rechtswegs unwirksam; hinzutreten müssen noch besondere Umstände wie z. B. die Wahl eines deutschen Schiedsortes allein aus dem Grund, um der schwächeren, weit von Deutschland entfernt lebenden Partei die Wahrung ihrer Rechte erheblich zu erschweren420. Die Bestimmungen in den Geschäftsbedingungen der Börsen sind also nicht allein deshalb unwirksam, weil sie ein Schiedsverfahren für Streitigkeiten aus Börsengeschäften vorsehen; auch sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich421. Aus Anlass einer Entscheidung des OLG Düsseldorf422 zu einer kombinierten Rechtswahl- und Schiedsklausel für Börsentermingeschäfte soll darauf hingewiesen werden, dass eine Inhaltskontrolle von Rechtswahlklauseln am Maßstab des § 307 BGB generell unzulässig ist423. Dies ergibt sich aus methodischen Erwägungen. Denn sollte die Rechtswahlklausel auf deutsches Recht verweisen, kommt zwar eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB grundsätzlich in Betracht. Die für die unangemessene Benachteiligung maßgeblichen Gründe sind aber regelmäßig schon bei der Frage berücksichtigt worden, ob die Klausel überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist424. Verweist die Klausel auf ausländisches Recht, ist sie auch nur nach dieser 418 Hier wird an sich die scharfe Trennung zwischen Schiedsvereinbarung und Schiedsverfahrensvereinbarung unterlaufen, da genau genommen Fragen der Besetzung des Schiedsgerichts zu den Verfahrensvereinbarungen gehören. Probleme, die thematisch zum Anwendungsbereich des § 1034 Abs. 2 ZPO gehören, werden daher auch erst weiter unten bei den Schiedsverfahrensvereinbarungen behandelt. 419 Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 26; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1029 Rn. 11; Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 10; ähnlich Schwab/Walter, Kap. 5 Rn. 14. 420 Beispiel bei Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 26. 421 Die Wirksamkeit der Verfahrensbestimmungen wie z. B. die Besetzung des Börsenschiedsgerichts wird im Abschnitt über die Verfahrensbestimmungen geprüft; darüber hinaus soll keine Aussage über andere, nicht mit der Schiedsgerichtsbarkeit zusammenhängende Fragen der Geschäftsbedingungen getroffen werden. 422 26.5.1995, WM 1995, 1349 ff. 423 So schon Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002; Aden, RIW 1997, 723, 725. 424 MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 316.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Rechtsordnung zu messen; eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ist mit Art. 27 EGBGB unvereinbar425. Keinesfalls kann die Behauptung aufgestellt werden, das ausländische Recht sei in seiner Gesamtheit eine unangemessene Benachteiligung des deutschen Verbrauchers426. 3. Inhaltskontrolle nach russischem Recht: Art. 428 ZGB Art. 428 Pkt. 2 ZGB sieht vor, dass die sich dem Vertrag „anschließende“ Seite die Aufhebung oder Änderung des Vertrags verlangen kann, wenn der „Beitrittsvertrag“427 zwar nicht dem Gesetz oder anderen Rechtsakten widerspricht, aber Rechte entzieht, die gewöhnlich bei Verträgen derselben Art vorgesehen sind, oder die Haftung der anderen Partei für Pflichtverletzungen ausschließt oder einschränkt oder andere für die andere Seite offensichtlich belastende Bedingungen enthält, welche sie aus ihren wohlverstandenen Interessen heraus nicht angenommen hätte, sofern sie die Möglichkeit gehabt hätte, die Vertragsbedingungen mitzugestalten. In den einschlägigen Kommentaren zu Art. 428 ZGB finden sich keinerlei Stellungnahmen zu dem Problem der Verknüpfung des Art. 428 ZGB mit Schiedsvereinbarungen. Im Gespräch mit russischen Schiedsexperten wurde zwar eingeräumt, dass theoretisch eine Überprüfung einer Schiedsvereinbarung am Maßstab des Art. 428 Pkt. 2 ZGB möglich sei; in der Praxis sei dies allerdings noch nie vorgekommen428. Damit wird nach russischem Recht de facto eine Inhaltskontrolle von Schiedsvereinbarungen nicht durchgeführt.

425 MünchKomm-BGB/Basedow, § 307 Rn. 316; Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002 mit dem zutreffenden Hinweis, dass der frühere § 10 Nr. 8 AGBG gerade in der IPR-Reform von 1986 gestrichen wurde: eine Inhaltskontrolle bezüglich der Angemessenheit des gewählten ausländischen Rechts sollte im deutschen internationalen Schuldvertragsrecht nicht mehr stattfinden, s. auch BT-Drucks. 10/504, S. 95. 426 So zu Recht Aden, RIW 1997, 723, 725 mit dem zutreffenden Argument, dass andernfalls die Systematik des Art. 6 EGBGB nicht verständlich sei: den Wertentscheidungen des eigenen Rechts ist notfalls über Art. 6 EGBGB zur Geltung zu verhelfen; impliziert ist damit, dass die deutsche Rechtsordnung grundsätzlich andersartiges ausländisches Recht anerkennt. 427 Dogovor prisoedinenija, wörtlich übersetzt etwa Anschlussvertrag. Gemeint ist nach der Legaldefinition des Art. 428 Pkt. 1 ZGB ein Vertrag, dessen Bedingungen von einer Partei in einem Formular oder anderen Standardformen enthalten sind und der von der anderen Partei nicht anders als durch Zustimmung zu dem Vertrag als Ganzem angenommen werden konnte. 428 Die Gespräche wurden im Juli/August 2004 in Moskau mit Herrn Balajan, dem Vorsitzenden des Schiedsgericht der micex, Herrn Prof. Dr. Lisicyn-Svetlanov und Herrn Dr. Karabel’nikov geführt.

C. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung

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4. Vergleich Die europarechtlich geprägten Vorgaben zur Inhaltskontrolle im deutschen Recht existieren in dieser Form nicht im russischen Recht, obwohl dort der Verbraucherschutz zunehmend Eingang in die Gesetze findet. Dadurch fehlt im russischen Recht beispielsweise auch jede Diskussion um die Leitbildfunktion der staatlichen Gerichtsbarkeit, die unter Art. 428 Pkt. 2 ZGB durchaus geführt werden könnte. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass Schiedsvereinbarungen im russischen Recht nicht für sonderlich problematisch gehalten werden, da diese inhaltlich nicht kontrolliert werden. Im deutschen Recht ist dagegen die Inhaltskontrolle von Schiedsvereinbarung durchaus gängig, vor allem, wenn Verbraucher daran beteiligt sind. Hält sich die Vereinbarung allerdings in dem durch die ZPO vorgegebenen Rahmen, kann daran auch gem. § 307 BGB nichts ausgesetzt werden. VII. Sonstige Unwirksamkeitsgründe In diesem Abschnitt soll einigen spezifischen deutschen bzw. russischen Unwirksamkeitsgründen nachgegangen werden, die speziell die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung über Börsengeschäfte tangieren können. 1. Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung mangels Freiwilligkeit ihres Abschlusses nach deutschem Recht Denkbar wäre, dass die Handelsteilnehmer aufgrund ihrer Zulassung zur Börse i. S. d. § 16 BörsG oder gar aufgrund des Wortlauts der statutarischen Schiedsklauseln verpflichtet sind, das Börsenschiedsgericht für Streitigkeiten aus Börsengeschäften anzurufen. Dies würde die Freiwilligkeit des Abschlusses eines Schiedsvereinbarung tangieren und die Schiedsvereinbarung unwirksam machen429. Denn die Schiedsklauseln in den Börsenordnungen könnten auch in dem Sinn interpretiert werden, dass die Handelsteilnehmer verpflichtet sind, für Streitigkeiten aus Börsengeschäften das Börsenschiedsgericht anzurufen. Der Unterschied zu § 1066 ZPO ist, dass im Falle des § 1066 ZPO die Klauseln per se verbindlich wären, sie bei der soeben vorgeschlagenen Auslegung dagegen nur eine Verpflichtung der Handelsteilnehmer begründen würden, ihrerseits eine individuelle Schiedsvereinbarung abzuschließen430. 429 430

Stellvertretend Zöller/Geimer, § 1029 ZPO Rn. 46, vor § 1025 ZPO Rn. 4. Zu dieser Interpretationsmöglichkeit schon Kisch, RheinZ I, 13, 21 ff.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

Dieselbe Verpflichtung könnte auch aus der Zulassung zur Teilnahme am Börsenhandel i. S. d. § 16 BörsG abgeleitet werden. Durch die Zulassung als Verwaltungsakt431 entsteht ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, das den Regelungen des Börsengesetzes, der Börsenordnungen und den sonstigen Regelungen unterliegt432. Man könnte nun daraus schließen, dass sich der Handelsteilnehmer mit der Zulassung zur Befolgung der an der Börse geltenden Regeln433, mithin auch zur Anrufung des Börsenschiedsgerichts verpflichtet. Wenn der Börse, wie oben gezeigt, die Kompetenz zur Anordnung der Zuständigkeit der Börsenschiedsgerichte in ihrer Satzung bzw. in den sonstigen Regelwerken fehlt, dann kann sie auch keine Verpflichtung der Handelsteilnehmer zur Anrufung des Börsenschiedsgerichts aussprechen – dafür fehlt ihr dann genau so die Befugnis wie für die direkte Anordnung der Streitentscheidung durch Schiedsgerichte. Denn eine derartige Verpflichtung würde in der Sache auf dasselbe hinauslaufen wie die Anordnung i. S. d. § 1066 ZPO. Daher wurden auch früher schon Sanktionen der Börse, die für die Nichtanrufung des Börsenschiedsgerichts ausgesprochen wurden, in der Literatur heftig kritisiert und für unzulässig gehalten434. Damit sind die Handelsteilnehmer auch nicht aufgrund Börsenordnung bzw. Zulassung dazu verpflichtet, bei Streitigkeiten das Börsenschiedsgericht anzurufen. Eine solche Verpflichtung kann die Börse mangels hierfür notwendiger Regelungskompetenz nicht aussprechen435. Die an der Börse konkludent abgeschlossene Schiedsvereinbarung beruht daher auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und ist keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. 2. Art. 5 Pkt. 3 SchGG im russischen Recht Art. 5 Pkt. 3 SchGG regelt die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung in Gestalt des sog. Zustimmungsvertrag, der Art. 428 ZGB entnommen ist436 und in erster Linie Verbraucher zum Gegenstand hat. Danach ist eine Schiedsvereinbarung, die in den Bedingungen eines Formularvertrags oder 431

Stellvertretend Schwark/Schwark, KMRK, § 16 BörsG Rn. 4. Schwark/Schwark, KMRK, § 16 BörsG Rn. 5. 433 So explizit Rehm, § 4 BörsG Anm. 14. 434 Steiner, S. 66; Kisch, RheinZ I, 13, 23; Nußbaum, § 7 BörsG Anm. IV, § 28 BörsG Anm. III f; dies konnte bis zum Ausschluss von der Börse führen, s. Rehm, § 28 BörsG Anm. 8. Derartige Sanktionen finden sich heutzutage nicht mehr in den Regelwerken der Börsen. 435 I. E. ebenso Kisch, RheinZ I, 13, 23; Nußbaum, § 28 BörsG Anm. III f, Steiner, S. 66. 436 Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 5 SchGG Pkt. 3, S. 30. 432

D. Zusammenfassung

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einer anderen standardisierten Form enthalten ist und von der anderen Seite nur durch Zustimmung an den Vertrag als Ganzem angenommen werden konnte, nur wirksam, wenn eine derartige Vereinbarung nach Entstehung des Streitfalles abgeschlossen wurde. Zwar wird auch im Bereich der Börsengeschäfte mit standardisierten Verträgen gearbeitet, jedoch kann der Privatkunde nach Meinung russischer Experten durchaus noch Einfluss auf die genaue Vertragsausgestaltung nehmen. Mit den standardisierten Formen seien nur Verträge mit Anschlussund Benutzungszwang gemeint, wie etwa bei staatlichen Monopolen der Stromversorgung oder Beförderungsverträge im Eisenbahnverkehr437. Damit bleibt festzuhalten, dass Art. 5 Pkt. 3 SchGG für den Bereich der Börsengeschäfte wohl nicht einschlägig ist.

D. Zusammenfassung Das Schiedsvereinbarungsstatut wird nach internationalem und deutschem bzw. russischem Kollisionsrecht im Wesentlichen gleich angeknüpft. Primär steht es den Parteien frei, das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht zu wählen, sekundär ist das am Schiedsort geltende Recht anwendbar. In der Börsenpraxis in Deutschland werden Schiedsvereinbarungen in der Regel nur konkludent als zweiseitige Vereinbarungen abgeschlossen. In Russland dagegen entfalten die ggf. in den Gründungsdokumenten der Börsen enthaltenen Schiedsklauseln als mehrseitige Vereinbarungen zwischen den Gründungsmitgliedern Wirksamkeit. Ist dagegen das Verhältnis zu einem anderen Handelsteilnehmer betroffen, der nicht durch die satzungsmäßige Schiedsklausel gebunden ist, muss für die Zuständigkeitserlangung des Schiedsgerichts eine individuelle Vereinbarung abgeschlossen werden. Zu diesen Handelsteilnehmern gehören im Unterschied zum deutschen Recht auch die Privatkunden der Broker. Hinsichtlich der Wirksamkeit einer Börsenschiedsvereinbarung ist diese sowohl nach internationalem Einheitsrecht als auch nach deutschem oder russischem autonomen Recht keinen grundsätzlichen Bedenken ausgesetzt. Dies gilt sowohl für das Bestimmtheitsgebot als auch die objektive Schiedsfähigkeit. Letztere wird kollisionsrechtlich übereinstimmend in allen Stadien des Verfahrens nach der lex fori angeknüpft. Eine kumulative Anknüpfung nach dem Schiedsvereinbarungsstatut ist abzulehnen. Bezüglich 437 s. Kabalkin, in: Abova/Kabalkin, Art. 428 ZGB, S. 993, 994. Dasselbe wurde in Gesprächen mit Herrn Balajan, dem Vorsitzenden des Schiedsgericht der micex, Herrn Prof. Dr. Lisicyn-Svetlanov und Herrn Dr. Karabel’nikov im Juli/August 2004 in Moskau bestätigt.

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4. Kap.: Zuständigkeitserlangung aufgrund individueller Vereinbarung

des deutschen und russischen Sachrechts ist festzustellen, dass das deutsche Sachrecht wesentlich liberaler ist als das russische. Für den Bereich der Börsengeschäfte bestehen allerdings keine Unterschiede, da aus derartigen Geschäften resultierende Ansprüche nach beiden Rechtsordnungen objektiv schiedsfähig sind. Abzulehnen ist nach richtiger Auffassung die in der russischen Literatur teilweise vertretene Meinung, Schiedsvereinbarungen unter Beteiligung eines Verbrauchers seien nicht objektiv schiedsfähig. Kollisionsrechtlich wird die subjektive Schiedsfähigkeit sowohl nach internationalem als auch nach deutschem und russischem Kollisionsrecht am Personalstatut des mit der Prüfung der Sache befassten Gerichts angeknüpft. Das Personalstatut im deutschen und russischen Recht verweist auf die Staatsangehörigkeit der Parteien. Hinsichtlich des Sachrechts gilt in beiden Rechtsordnungen der allgemeine Grundsatz, dass subjektiv schiedsfähig ist, wer geschäftsfähig ist. Allerdings beschränkt § 37h WpHG im deutschen Recht die subjektive Schiedsfähigkeit natürlicher Personen, die nicht Kaufleute sind, für Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen und Finanztermingeschäften. In dieser Hinsicht ist das deutsche Recht wesentlich strenger als das russische. Wegen des in Art. II Abs. 1 UNÜ enthaltenen Diskriminierungsverbots zwischen „compromis“ und „clause compromissoire“ entfaltet § 37h WpHG allerdings im Anwendungsbereich des UNÜ und des EuÜ keine Wirkung. Hinsichtlich von Formfragen der Schiedsvereinbarung ist auf autonomes Kollisionsrecht nur noch dann zu rekurrieren, wenn das international vereinheitlichte Sachrecht des Art. II Abs. 2 UNÜ nicht eingreift bzw. über die Meistbegünstigungsregel günstigeres autonomes Recht ermittelt werden soll. Im deutschen und russischen Recht sind die das Territorialitätsprinzip enthaltenden Normen als einseitige Kollisionsregeln heranzuziehen, wonach der Ort des Schiedsverfahrens das auf die Form der Schiedsvereinbarung anwendbare Recht bestimmt. Die sachrechtlichen Regelungen sind im Wesentlichen Art. II Abs. 2 UNÜ angeglichen. Dadurch ist überall Schriftform vorgeschrieben; mündliche Schiedsvereinbarungen sind damit insgesamt nicht mehr wirksam ebenso wenig wie Schiedsvereinbarungen durch Handelsbrauch. Die im deutschen Recht abweichenden Regelungen für Verbraucher oder Kaufleute hinsichtlich des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben sind in internationalen Fällen nur sehr eingeschränkt wirksam. Damit ergibt sich im Bereich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit letztlich nur für die subjektive Schiedsfähigkeit ein substantieller Unterschied zwischen deutschem und russischem Recht, der im Anwendungsbereich des UNÜ allerdings wieder verschwindet.

Fünftes Kapitel

Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens Die für das Schiedsverfahren an der Börse wichtigsten Regeln sind im Allgemeinen in den Schiedsgerichtsordnungen der Börse enthalten. Ob und wie diese Regelungen ihre Wirksamkeit entfalten und inwieweit die Parteien daneben noch das Recht haben, eigenständige Verfahrensvereinbarungen zu treffen, soll in diesem Kapitel dargestellt werden.

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht Den Regeln, nach welchen sich das schiedsrichterliche Verfahren richtet, kommt erhebliche Bedeutung zu insbesondere auch für die Wirksamkeit bzw. „Aufhebbarkeit“ des späteren Schiedsspruches. Da speziell bei internationalen Schiedsverfahren oft nicht auf Anhieb klar und eindeutig bestimmbar ist, nach welchem Recht diese durchzuführen sind, ist in erster Linie das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht nach den Regeln der internationalen Übereinkommen zu suchen (unten I., S. 217 ff.). Außerhalb des Anwendungsbereichs der völkerrechtlichen Regelungen ist nach autonomem nationalem Kollisionsrecht das anwendbare Verfahrensrecht zu bestimmen (unten II., S. 221 ff.). Da sich letztlich das Verfahren nach einem bestimmten autonomen Recht richtet, soll die genaue Ausgestaltung des Schiedsverfahrens nach deutschem und russischem Recht untersucht werden (unten III., S. 224 ff.), um so am Ende einen vollständigen Vergleich über alle einschlägigen Regeln ziehen zu können (unten IV., S. 226 ff.). I. Vereinheitlichte Regeln der internationalen Übereinkommen Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ und Art. IV, IX Abs. 1 lit. d EuÜ enthalten Regeln zur Bestimmung des auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechts.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

1. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ Auf der Grundlage des UNÜ ist gem. Art. V Abs. 1 lit. d primär das von den Parteien vereinbarte Verfahrensrecht maßgeblich. Damit gilt auch für den Bereich des Verfahrensrechts der Grundsatz der freien Rechtswahl, denn die Freiheit der Rechtswahl unterliegt keinen Schranken, insbesondere muss kein Zusammenhang zwischen gewähltem Verfahrensrecht und der Rechtsordnung bestehen, zu dem der Fall Berührungspunkte aufweist1. Die Verfahrensfreiheit ist nach h. M. nicht kollisionsrechtlich, sondern unmittelbar inhaltlich, d. h. als Verweis auf die Verfahrensvorschriften des gewählten Rechts zu verstehen2. Grundsätzlich können die Parteien das Verfahren auch abweichend von einer nationalen Rechtsordnung regeln, etwa durch die Wahl einer Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts3. Dies folgt aus einer Gegenüberstellung des Wortlauts des Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ mit dem des Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ und der Systematik des Übereinkommens4. Die Rechtswahl kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden5. Aus der Wahl des Schiedsortes kann in der Regel auf den Willen der Parteien geschlossen werden, (zumindest hilfsweise) das dort geltende Verfahrensrecht anzuwenden6. Strittig ist allerdings, ob die Parteien trotz Rechtswahlfreiheit an die zwingenden Normen des staatlichen Verfahrensrechts am Sitzstaat gebunden sind. Die dies befürwortende Ansicht stützt ihre Meinung darauf, dass Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ nur im Rahmen der Aner1 Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 2 Fn. 3; ähnlich Brunceva, S. 122, ohne allerdings konkrete Normen zu nennen; wohl auch Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 65. 2 Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 122. 3 H. M., s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3331, 3300; MünchKommZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 30; Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 2. 4 Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ verweist auf die Vereinbarung selbst und nicht auf das Recht, das durch die Vereinbarung bestimmt wurde. Soweit das Übereinkommen nur eine Rechtswahl zulässt, stellt es dies wie in Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ ausdrücklich klar; s. auch MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 30 und Schwab/ Walter, Kap. 50 Rn. 2 auch mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 5 Stellvertretend Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 69. 6 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3333; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 30; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.6.1989, RIW 1989, 911, 912; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 69; Redfern/Hunter, 2-09; einschränkend Stein/ Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 122, 124, wonach auch eine konkludente Vereinbarung klar und eindeutig feststellbar sein muss, insbesondere für Erwägungen zum hypothetischen Parteiwillen und zur ergänzenden Auslegung der Verfahrensvereinbarung aufgrund des englischen verbindlichen Wortlauts kein Raum ist, was angesichts der subsidiären Geltung des Rechts am Schiedsort jedoch nicht weiter ins Gewicht fällt.

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht

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kennung und Vollstreckung gelte7. Die andere Ansicht lehnt eine Bindung an die zwingenden Normen des staatlichen Verfahrensrechts am Sitzstaat ab, was bedeutet, dass die Parteien in ihrer Rechtswahl völlig frei sind, sie somit auch zwingendes Recht des Sitzstaates abbedingen können8. Die Lösung ergibt sich aus einer Zusammenschau mit Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ. Danach kann der Schiedsspruch nach den Bestimmungen des Landes aufgehoben werden, in welchem er ergangen ist. Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ stellt somit klar, dass das zwingende Verfahrensrecht des Sitzstaates immer über das Aufhebungsverfahren des Schiedsspruches Beachtung finden kann9. Daraus folgt aber auch, dass einem Schiedsspruch nicht allein wegen Nichtbeachtung zwingenden Verfahrensrechts die Anerkennung versagt werden darf, solange er in seinem Heimatland nicht wegen gerade dieser Verletzung zwingenden Verfahrensrechts aufgehoben wurde10. Im Rahmen des Anwendungsbereichs des UNÜ können die Parteien daher gem. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ Verfahrensvereinbarungen ungeachtet des am Sitzstaat geltenden zwingenden Verfahrensrechts treffen. Dem Argument, dass sich Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ nur an den Exequaturrichter wende11, ist insofern zuzustimmen, als dass sich die Frage, ob Verfahrensfehler überhaupt vorliegen, häufig erst nach Abschluss des schiedsrichterlichen Verfahrens beantworten lässt, also dann, wenn ein Schiedsspruch schon erlassen ist. Geht es dagegen um die Frage, ob den Parteien Wahlfreiheit hinsichtlich des anwendbaren Verfahrensrechts zusteht, ist diese schon vor Erlass eines Schiedsspruches entsprechend Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ zu bejahen12. Allerdings ist die Verfahrensausgestaltungsfreiheit der Parteien auch nach dem UNÜ nicht schrankenlos; ihre Grenzen findet sie in Art. V Abs. 1 lit. b (Verletzung des rechtlichen Gehörs) und Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ (ordre public-Vorbehalt)13. 7 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 31; i. E. auch Lionnet, S. 123 f.; Redfern/Hunter, 2-09, 6-01; wohl auch Brunceva, S. 122, 183 (ohne Begründung). 8 Dezidiert Schlosser, Rn. 448, 455; zweifelnd Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3332. 9 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3335; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 31. 10 So völlig zu Recht Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 122; ebenso Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 67. 11 Neben MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 31 auch noch Schwab/ Walter, Kap. 50 Rn. 6; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3335. 12 Dezidiert Schlosser, Rn. 450. 13 H. M., s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 31; Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 5; Schlosser, Rn. 449; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 122 m. w. N.; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 23, 29, 66.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Subsidiär ist – mangels ausdrücklicher oder konkludenter Parteivereinbarung – nach Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ auf das nationale Verfahrensrecht am Schiedsort abzustellen14. Ein Beispiel für eine solche subsidiäre Funktion des nationalen Verfahrensrechts ist die Frage der Präklusion, die vom UNÜ nicht eigenständig geregelt wird15. Die Praxis hält wohl die schwierigsten Fragen bereit, die hier nicht weiter erörtert werden können, nämlich das Problem, worauf sich eine Rechtswahl der Parteien überhaupt bezieht: auf die Hauptsache, auf die Schiedsvereinbarung oder auch auf das Schiedsverfahren?16 Zudem sei nochmals ausdrücklich betont, dass die Regelungen der internationalen Übereinkommen innerhalb ihres Anwendungsbereichs vorrangig sind auch gegenüber den zwingenden nationalen Verfahrensvorschriften. In diesem Fall ist der Konflikt zwischen der weitgehenden Verfahrensautonomie der internationalen Übereinkommen und dem zwingenden nationalen Recht vorprogrammiert, der sich im Aufhebungsverfahren im Sitzstaat voll niederschlagen wird. Denn auch das UNÜ akzeptiert gerade in Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ die autonomen Aufhebungsgründe des Heimatrechts des Schiedsspruches. Ein Schiedsrichter tut daher gut daran, auch die zwingenden Verfahrensvorschriften des Sitzstaates zu beachten, will er nicht dort eine Aufhebung des Schiedsspruches riskieren17.

14 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. V UNÜ Rn. 33; Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 4; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3336; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 70; Brunceva, S. 121 f.; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 124 unterscheidet zwischen einer subsidiären (falls von den Parteien keine Rechtswahl getroffen wurde) und einer komplementären Funktion des Art. V Abs. 1 lit. d Alt. 2 UNÜ (sofern die Parteivereinbarung nicht alle Fragen erschöpfend regelt). 15 s. Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 124; Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 70. 16 s. dazu auch Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 7; Brunceva, S. 122. 17 Stein/Jonas/Schlosser, § 1042 ZPO Rn. 3 a. E.; Schlosser, Rn. 450, schlägt für den Fall, dass das Schiedsgericht von der Parteivereinbarung abweichen will, um so das im Sitzstaat geltende zwingende Verfahrensrecht zu beachten, die ergänzende Auslegung der Parteivereinbarung vor. Wollen die Parteien die aufgezeigten Konsequenzen allerdings in Kauf nehmen, dann sind die Schiedsrichter nicht befugt, sich über deren Vereinbarungen hinwegzusetzen; ebenso Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 68. In der Praxis werden die Auswirkungen jedoch nicht gravierend sein, da z. B. sowohl nach Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ als auch nach § 1042 Abs. 1 ZPO im deutschen Recht bzw. Art. 18 IHSchG im russischen Recht rechtliches Gehör zwingend gewährt werden muss. Zu einem Konflikt könnte es dagegen bei § 1042 Abs. 2 ZPO kommen, da es nach dem UNÜ keine entsprechende zwingende Regel gibt.

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht

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2. Art. IV, IX Abs. 1 lit. d EuÜ Art. IV EuÜ enthält nähere Regeln für den Fall, dass die Parteien sich auf ein institutionelles oder ad hoc-Schiedsverfahren geeinigt haben und verankert damit wiederum den Grundsatz des Vorrangs der Parteivereinbarung hinsichtlich von Verfahrensregelungen. Da das EuÜ unstreitig nicht aus der Perspektive des Exequaturrichters geschrieben ist, sind in seinem Anwendungsbereich eindeutig Verfahrensvereinbarungen auch außerhalb des Exequaturstadiums anzuerkennen18. Wie im Bereich des UNÜ schränken die zwingenden Bestimmungen des Verfahrensrechts am Sitzstaat des Schiedsgerichts auch im Bereich des EuÜ nicht die Parteiautonomie ein19. Allerdings enthalten Art. IV, IX Abs. 1 lit. d EuÜ im Gegensatz zu Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ keine Regel darüber, wie zu verfahren ist, wenn keine Parteivereinbarung getroffen wurde20. Da allerdings alle Vertragsstaaten des EuÜ inzwischen auch solche des UNÜ sind, kann dieses Problem leicht über Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ gelöst werden21. II. Kollisionsrecht Außerhalb des Anwendungsbereichs der internationalen Übereinkommen muss über das autonome Kollisionsrecht ermittelt werden, welches Recht zur Anwendung auf das schiedsrichterliche Verfahren berufen ist. 1. Deutsches Kollisionsrecht Eine Notwendigkeit, auf autonomes deutsches Kollisionsrecht zur Bestimmung des auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht zurückzugreifen, ergibt sich m. E. nur noch dann, wenn deutschen Gerichten ein Sachverhalt zur Beurteilung vorliegt, an dem zwei Nichtvertragsstaaten der internationalen Übereinkommen beteiligt sind bzw. zwar ein Vertragsstaat beteiligt ist, dieser allerdings Vorbehalte nach Art. I Abs. 3 UNÜ erklärt hat, die dazu führen, dass das UNÜ nicht anwendbar ist. Denn sobald Deutschland „beteiligt“ ist, findet das UNÜ auch gegenüber Nichtvertragsstaaten Anwendung. Häufig wird betont, dass das deutsche Recht – also auch das Schiedsverfahrensrecht – immer dann Anwendung findet, wenn sich der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland befindet22. Dies ist insoweit 18 19 20 21 22

Schlosser, Rn. 451. Schlosser, Rn. 451. Schlosser, Rn. 454. s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3231. Stellvertretend Geimer, Rn. 3831.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

richtig, als § 1025 Abs. 1 ZPO als einseitige Kollisionsnorm zu sehen ist23 und so i. V. m. § 1059 Abs. 2 lit. d ZPO dazu führt, dass bei deutschem Schiedsort auch das deutsche Verfahrensrecht Anwendung findet. Liegt der Schiedsort dagegen im Ausland, erscheint es in reziproker Anwendung des § 1025 Abs. 1 ZPO als richtig, das am ausländischen Schiedsort geltende Verfahrensrecht anzuwenden24. Dagegen versagen sämtliche Kollisionsregeln in dem Fall, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht feststeht. Da sowohl die internationalen als auch die nationalen Kollisionsregeln auf die Anknüpfung an den Schiedsort abstellen, kommt mangels anderweitiger einschlägiger Anhaltspunkte nur eine Anknüpfung an das Recht des voraussichtlichen Schiedsortes in Betracht. § 1042 ZPO ist hingegen keine eigene Kollisionsregel zu entnehmen; diese Vorschrift regelt nur die Anforderungen an das Schiedsverfahren, wenn schon feststeht, dass deutsches Recht anwendbar ist25. 2. Russisches Kollisionsrecht In der russischen Literatur und Praxis wird nicht erörtert, nach welchen Regeln das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht zu bestimmen ist, wenn der Anwendungsbereich der völkerrechtlichen Verträge nicht eröffnet ist. Aus Art. 1 Pkt. 1 IHSchG i. V. m. Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1 Abs. 4 IHSchG/ Art. 233 Pkt. 4 APK (Aufhebung eines Schiedsspruchs eines internationalen Handelsschiedsgerichts nach dem IHSchG auf russischem Territorium) bzw. Art. 1 Pkt. 1 SchGG i. V. m. Art. 42 Nr. 1 Abs. 4 SchGG/Art. 421 Pkt. 2 Nr. 4 i. V. m. Art. 418 Pkt. 1 ZPK (Aufhebung eines Schiedsspruchs eines Schiedsgerichts nach dem SchGG auf russischem Territorium über eine nicht wirtschaftliche Streitigkeit)/Art. 233 Pkt. 2 Nr. 4 APK (Aufhebung eines Schiedsspruchs eines Schiedsgerichts nach dem SchGG über eine wirtschaftliche Streitigkeit) ist jedoch ersichtlich, dass die russischen Regeln nur dann Geltung beanspruchen, wenn sich der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens auf dem Territorium der Russischen Föderation befindet. Art. 1 Pkt. 1 IHSchG bzw. Art. 1 Pkt. 1 SchGG können daher als einseitige Kollisionsnormen angesehen werden, die bestimmen, dass bei russischem Schiedsort auch das russische Verfahrensrecht zur Anwendung gelangen soll. 23 Vgl. schon oben bei den Fragen der Form einer Schiedsvereinbarung C.V.2.a); auch Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 14. 24 Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 14; s. a. oben schon zur Form C.V.2.a). 25 So schon Schlosser, Rn. 459; zum neuen Recht Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 15.

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht

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Art. 417 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 3 ZPK bestimmt, dass die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruches über einen nicht als wirtschaftlich zu qualifizierenden Streitgegenstand26 nur dann versagt werden kann, wenn die Besetzung des Schiedsgerichts oder die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht der Vereinbarung der Parteien oder mangels einer solchen nicht dem Recht des Landes entsprachen, in welchem sich der Ort des ausländischen Schiedsgerichts befand. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist zwar recht beschränkt auf die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs über einen „nicht-wirtschaftlichen“ Streitgegenstand, nichtsdestotrotz kann ihr ein verallgemeinerungsfähiger Inhalt dergestalt entnommen werden, dass sich in internationalen Fällen das auf das Verfahren anwendbare Recht nach dem ausländischen Schiedsort bestimmt. Damit kann Art. 417 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 3 ZPK (zumindest analog) als Kollisionsnorm in den Fällen eines ausländischen Schiedsorts herangezogen werden. 3. Vergleich Sowohl im deutschen als auch im russischen Recht können die das Territorialitätsprinzip enthaltenden Normen der Art. 1 Pkt. 1 IHSchG, Art. 1 Pkt. 1 SchGG, § 1025 Abs. 1 ZPO (i. V. m. den Regelungen über die Aufhebung des Schiedsspruchs aus Gründen von Verfahrensfehlern) als einseitige Kollisionsnormen zur Anknüpfung des auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechts herangezogen werden. Liegt der Schiedsort dagegen außerhalb des Anwendungsbereichs der genannten Gesetze, muss in Deutschland mangels anderweitiger Kollisionsnormen auf eine reziproke Anwendung des § 1025 Abs. 1 ZPO zurückgegriffen werden. In Russland steht mit Art. 417 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 3 ZPK (analog) eine eigene Kollisionsnorm für diese Fälle zur Verfügung27. Beide verweisen im Ergebnis auf das Verfahrensrecht des Landes, in welchem sich der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens befindet. Damit kann festgestellt werden, dass die Kollisionsregeln in beiden Rechtsordnungen inhaltlich gleich das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht immer am Ort des Schiedsgerichts anknüpfen. Auffallend ist allerdings, dass in Russland das russische Kollisionsrecht in der wissenschaft26

Nur dann ist der Anwendungsbereich des ZPK im Unterschied zu demjenigen des APK eröffnet, s. Art. 31, 32 APK und Art. 22 Pkt. 1 Nr. 5 und 6, Pkt. 3 ZPK. Genauer auch noch unten sechstes Kapitel C.I. 27 Im Übrigen wäre nicht ausgeschlossen, Art. 1 Pkt. 1 IHSchG bzw. Art. 1 Pkt. 1 SchGG genauso wie im deutschen Recht § 1025 Abs. 1 ZPO reziprok bei ausländischem Schiedsort anzuwenden.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

lichen Diskussion keinerlei Beachtung findet. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass der Anwendungsbereich für die nationalen Kollisionsregeln äußerst klein ist, sie insbesondere dann keine Beachtung finden, wenn der Sachverhalt schon vom Anwendungsbereich der völkerrechtlichen Verträge erfasst ist. III. Verfahrensrecht Das autonome Verfahrensrecht gibt vor, welche Regelungen im Einzelnen bei der Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens zulässig sind. Ihm sind insbesondere die Grenzen zu entnehmen, die eine bestimmte nationale Rechtsordnung der Ausgestaltungsfreiheit der Parteien setzt. 1. Deutsches Verfahrensrecht Ist deutsches Recht zur Anwendung berufen, gibt § 1042 ZPO den Rahmen für die inhaltliche Ausgestaltung der Verfahrensregelungen vor. Auch das deutsche Recht erkennt in § 1042 Abs. 3 ZPO den Grundsatz der Parteiautonomie an28. Insbesondere ist danach die Bezugnahme auf eine Verfahrensordnung – neben der selbständigen Regelung durch die Parteien – ausdrücklich gestattet. Allerdings ist die Verfahrensausgestaltungsfreiheit der Parteien nach deutschem Recht eingeschränkter als nach den internationalen Übereinkommen, was aus dem Wortlaut des § 1042 Abs. 3 ZPO („im übrigen“ und „vorbehaltlich“) folgt29. Daraus ergibt sich folgende Normenhierarchie: An erster Stelle stehen die zwingenden gesetzlichen (Verfahrens-)Regelungen, wie sie z. B. in § 1042 Abs. 1 und 2 ZPO angesprochen sind30, darauf folgt die Parteivereinbarung, den dritten Rang nehmen die dispositiven gesetzlichen Vorschriften ein und an letzter Stelle steht die Verfahrensausgestaltung aufgrund richterlichen Ermessens nach § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO31. 28 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 2; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 151. 29 s. auch MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 3. 30 § 1042 Abs. 1 und 2 ZPO sind nicht die einzigen zwingenden Regelungen der ZPO, s. für weitere den Überblick bei MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 9, und Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 155. 31 s. zu dieser Normenhierarchie auch Stein/Jonas/Schlosser, § 1042 ZPO Rn. 1; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 3; Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 15; Lionnet, S. 293 ff.; nicht ganz eindeutig Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 151, 155, 165. Für weitere, nicht börsenspezifische Einzelheiten des Verfahrens wird auf die Fachliteratur verwiesen, s. z. B. die Kommentierungen zu §§ 1042 ff. ZPO bei Stein/Jonas/Schlosser, oder Schwab/Walter, Kap. 15 ff. (Abschnitt III).

A. Das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht

225

2. Russisches Verfahrensrecht Ist russisches Verfahrensrecht zur Anwendung berufen, bestimmt im Anwendungsbereich des IHSchG Art. 19, welche Verfahrensregelungen zulässig sind. Entsprechendes gilt für Art. 19 SchGG im Anwendungsbereich des SchGG. Nach Art. 19 Pkt. 1 IHSchG sind Parteivereinbarungen unter Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes zulässig. Damit sind die zwingenden Normen des IHSchG gemeint, wie sie z. B. in Art. 18 IHSchG enthalten sind (Gleichbehandlungsgrundsatz und Gewährung rechtlichen Gehörs)32. Fehlt eine Parteivereinbarung, kann das Schiedsgericht gem. Art. 19 Pkt. 2 IHSchG ebenfalls unter Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes die Verfahrensregelungen so festlegen, wie es sie für richtig erachtet33. Damit sind die dispositiven Bestimmungen des IHSchG vorrangig vor der Ausgestaltung der Verfahrensregeln durch das Schiedsgericht. Art. 19 Pkt. 1 und Pkt. 2 SchGG enthalten ebenfalls an erster Stelle die Freiheit der Parteien, selbst die Verfahrensbestimmungen festzulegen34. Art. 19 Pkt. 1 SchGG bezieht sich dabei auf ein ständiges Schiedsgericht, Art. 19 Pkt. 2 SchGG auf ein Schiedsgericht ad hoc. Nach Art. 19 Pkt. 1, Art. 7 Pkt. 3 SchGG werden die Verfahrensregeln eines ständigen Schiedsgerichts zu einem unabtrennbaren Teil der Schiedsvereinbarung, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Ihre Grenzen findet die Freiheit der Parteien gem. Art. 19 Pkt. 3 SchGG in den zwingenden Bestimmungen dieses Gesetzes35. Zu diesen zwingenden Bestimmungen zählen die in Art. 18 SchGG enthaltenen Grundsätze des schiedsrichterlichen Verfahrens, zu denen auch der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlungsgrundsatz gehört36. Soweit weder die Parteivereinbarung noch die Regeln eines ständigen Schiedsgerichts noch das SchGG selbst das Verfahren regeln, darf gem. Art. 19 Pkt. 3 Abs. 1 SchGG das Schiedsgericht Verfahrensregeln festsetzen37. Damit ergibt sich nach russischem Recht folgende Normenhierarchie: Nach beiden Gesetzen sind die jeweils zwingenden gesetzlichen Bestimmungen vorrangig vor jeder Parteivereinbarung, wozu insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Gewährung rechtlichen Gehörs zählen. 32 In diesem Sinn auch Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 12; weitergehende Aufzählung bei Märkl, S. 47, 126 f. unter Rückgriff auf die Wertungen des MG. 33 So auch Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 11 f. 34 Ebenso Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 19 SchGG Pkt. 1, S. 84 f. 35 s. Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 19 SchGG Pkt. 2, S. 86. 36 So Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 19 SchGG Pkt. 2, S. 86. 37 s. a. Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 19 SchGG Pkt. 2, S. 86.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

An zweiter Stelle steht die Parteivereinbarung. Darauf folgen nach beiden Gesetzen die dispositiven Bestimmungen, bevor erst das Schiedsgericht an letzter Stelle das Verfahren bestimmen darf38. 3. Vergleich Dadurch, dass sowohl in der deutschen als auch in der russischen Rechtsordnung Art. 19 MG fast wörtlich in die nationalen Gesetze übernommen wurde39, ergibt sich in beiden Rechtsordnungen exakt dieselbe Normenhierarchie, angefangen von den zwingenden Bestimmungen der jeweiligen Schiedsgesetze über die Parteivereinbarung bis hin zu den dispositiven Normen der Gesetze. An letzter Stelle steht sowohl im deutschen als auch im russischen Recht die Ausgestaltung des Verfahrens durch das Schiedsgericht. Auch der Kreis der sog. zwingenden Bestimmungen ist gem. ZPO und IHSchG fast identisch, wozu in erster Linie der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Gewährung rechtlichen Gehörs zählen. Daneben sind als weitere zwingende Bestimmungen z. B. die Regeln über die Unparteilichkeit der Schiedsrichter oder das Verfahren zur Absetzung eines Schiedsrichters zu beachten. Im Bereich des SchGG erscheint auf den ersten Blick der Kreis dieser zwingenden Bestimmungen durch die sog. Prinzipien des schiedsrichterlichen Verfahrens gem. Art. 18 SchGG wesentlich erweitert zu sein. Bei näherer Betrachtung ist inhaltlich jedoch nichts anderes gemeint als in den Bestimmungen der Art. 18, 19 IHSchG respektive § 1042 ZPO. Denn auch hier zählt zuvorderst der Gleichbehandlungsgrundsatz und, etwas versteckt, der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs zu den unabdingbaren Regelungen des SchGG. Damit sind in beiden Ländern die Möglichkeiten zur Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens nahezu identisch. IV. Zusammenfassung Sowohl Völkerrecht als auch autonomes nationales Recht gewähren den Parteien die Möglichkeit, das schiedsrichterliche Verfahren selbst zu regeln. Allerdings ist im Anwendungsbereich von UNÜ und EuÜ diese Ausgestal38

Für Einzelheiten des Schiedsverfahrens wird auf die Fachliteratur verwiesen, stellvertretend Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXIX, S. 687 ff.; Brunceva, Abschnitt III S. 145 ff. 39 Für Deutschland s. a. BT-Drucks. 13/5274, S. 46.

B. Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen

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tungsfreiheit großzügiger als nach nationalem Recht, da nach richtiger Auffassung die Parteien im Bereich des UNÜ/EuÜ nicht an die zwingenden Bestimmungen einer nationalen Verfahrensordnung gebunden sind. Die Grenzen der Rechtswahlfreiheit nach UNÜ und EuÜ liegen in der Verletzung des ordre public (Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ) oder der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ bzw. Art. IX Abs. 1 lit. b EuÜ). Der Konflikt zwischen völkerrechtlichen und autonomen Regelungen wird dadurch entschärft, dass das UNÜ in Art. V Abs. 1 lit. d die Aufhebungsgründe des nationalen Rechts anerkennt. Zudem decken sich auch die national zwingenden Normen zumindest im Fall der Verletzung rechtlichen Gehörs mit dem Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ. Subsidiär stellen die vereinheitlichten Regeln von UNÜ und EuÜ auf das am Schiedsort geltende Verfahrensrecht ab. Damit befinden sich die Kollisionsregeln des deutschen und russischen Rechts im Einklang mit den vereinheitlichten Regelungen der völkerrechtlichen Verträge. Auch das deutsche und russische Verfahrensrecht ist wegen der nahezu unveränderten Übernahme des Art. 19 MG praktisch identisch.

B. Insbesondere die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen Da sowohl nach den vereinheitlichten völkerrechtlichen Regeln als auch nach autonomem nationalem Recht die Parteien in entscheidender Weise das schiedsrichterliche Verfahren selbst bestimmen können, soll an dieser Stelle besonders auf die inhaltliche Zulässigkeit und Wirksamkeit dieser Vereinbarungen eingegangen werden, wobei die an den Börsen üblicherweise geltenden Verfahrensregeln gesondert zu untersuchen sind. I. Die Form Verfahrensvereinbarungen sind sowohl nach internationalem Recht als auch nach deutschem und russischem Recht formfrei möglich, da sich die Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ, § 1031 ZPO, Art. 7 Pkt. 2 IHSchG und Art. 7 Pkt. 1 SchGG nach ganz einhelliger Meinung nur auf Schiedsvereinbarungen, nicht dagegen auf Schiedsverfahrensvereinbarungen beziehen40. 40 Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 69; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 43; Zöller/Geimer, § 1042 ZPO Rn. 23; Schlosser, Rn. 452; Vinogradova, in: Makovskij/Suchanov, Art. 19 SchGG Pkt. 2, S. 86; dies., in: Jarkov, AP, Kap. XXIX § 3 (1), S. 704.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

II. Bezugnahme auf Schiedsgerichtsordnungen Sowohl das deutsche Recht in § 1042 Abs. 3 ZPO als auch das russische Recht erlauben die Bezugnahme auf eine Schiedsverfahrensordnung eines ständiges Schiedsgerichts. Im Bereich des SchGG folgt dies aus Art. 19 Pkt. 1, Art. 7 Pkt. 3 SchGG, im Bereich des IHSchG aus Art. 2 Abs. 4 i. V. m. Art. 19 IHSchG41. Haben die Parteien also ein institutionelles Schiedsgericht vereinbart, ist damit zugleich eine stillschweigende Unterwerfung unter dessen eigene Schiedsgerichtsordnung verbunden42. Die Börsenschiedsgerichte sind als derartige institutionelle Schiedsgerichte zu qualifizieren – trotz ihres seltenen Zusammentretens43. Mit der (konkludenten) Vereinbarung der Geschäftsbedingungen für jedes an der Börse abgeschlossene Geschäft, d. h. mit dem darin enthaltenen konkludenten Abschluss der Schiedsvereinbarung unterwerfen sich die Parteien zugleich der an der jeweiligen Börse geltenden Schiedsgerichtsordnung. Bei einer Bezugnahme i. S. d. § 1042 Abs. 3 ZPO wird allgemein keine Kenntnis vom Inhalt der Verfahrensordnung verlangt44. Dogmatisch kann § 1042 Abs. 3 Alt. 2 ZPO als eigenständige Regelung im Verhältnis zu § 305 Abs. 2 BGB gelten, der auch die Art und Weise der Einbeziehung nach eigenen Maßstäben regelt. Die Wirksamkeit der Bezugnahme auf die Schiedsgerichtsordnungen der Börsen trifft auf keinerlei rechtliche Bedenken. III. Inhaltskontrolle von Verfahrensvereinbarungen In diesem Abschnitt sollen die Verfahrensvereinbarungen nach ihrer inhaltlichen Zulässigkeit untersucht werden, wobei besonderes Gewicht auf die Kontrolle der Schiedsgerichtsordnungen der Börsen gelegt wird, da die Parteien in der Regel keine eigenen Verfahrensvereinbarungen treffen, sondern durch Verweis auf die Schiedsgerichtsordnungen konkludent deren Regelungen zum Bestandteil ihrer Schiedsvereinbarung machen. Allerdings bleibt es den Parteien sowohl nach deutschem als auch nach russischem Recht unbenommen, trotz Bezugnahme auf eine Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts eigenständige Verfahrenregeln zu treffen. Dies folgt aus der verfahrensrechtlichen Normenhierarchie mit ih41

Ausdrücklich Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 11; Märkl, S. 126; Lentz, S. 249. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 49; Stein/Jonas/Schlosser, § 1042 ZPO Rn. 3; Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 11. 43 s. oben zweites Kapitel B.II.1.c) und B.II.2. 44 s. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 49; KG, Beschl. v. 15.10.1999, RPS 2000, 13, 15 (Beilage 8); RG, Urt. v. 3.1.1939, RGZ 159, 92, 95. 42

B. Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen

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rem gesetzlich verankerten Vorrang der Parteiautonomie. In der Praxis, insbesondere in der Börsenpraxis, werden eigenständige Verfahrensvereinbarungen der Parteien aufgrund des standardisierten Verfahrens an den Börsen jedoch so gut wie nie vorkommen. 1. Die Inhaltskontrolle nach deutschem Recht a) Allgemeines Strittig ist, wonach sich die Inhaltskontrolle von Schiedsverfahrensvereinbarungen richtet. Zum Teil sollen derartige Klauseln am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden aus dem einfachen Grunde, weil sie AGB seien45. Richtigerweise ist jedoch § 1034 Abs. 2 ZPO als lex specialis für die Inhaltskontrolle von Schiedsverfahrensvereinbarungen heranzuziehen, der die §§ 307 ff. BGB verdrängt46. Auch die Verfahrensordnungen institutioneller Schiedsgerichte sind an § 1034 Abs. 2 ZPO zu messen, da diese Vorschrift zu den unabdingbaren Normen des Verfahrensrechts gehört, sich also auch ein institutionelles Schiedsgericht nicht darüber hinwegsetzen kann. b) Inhaltskontrolle der Schiedsgerichtsordnungen der Börsen Nachfolgend sollen die Klauseln der Börsenschiedsgerichtsordnungen, die das Schiedsverfahren regeln, am Maßstab des § 1034 ZPO überprüft werden. Übereinstimmend sehen alle Schiedsgerichtsordnungen der deutschen Börsen die Besetzung des Schiedsgerichts mit drei Schiedsrichtern vor, s. § 2 Abs. 1 SchGO FWB, § 2 Abs. 1 SchGO Börse München, § 2 Abs. 1 SchGO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. Zum Teil ist eine derartige Regelung zur Besetzung des Schiedsgerichts bereits in den Börsenordnungen enthalten, s. § 48 Abs. 2 BörsO München, § 68 Abs. 2 BörsO Düsseldorf, was jedoch nichts an ihrer Qualifizierung als verfahrensrechtliche Vorschriften und damit der Kontrolle am Maßstab des § 1034 Abs. 2 ZPO ändert. Da die Besetzung des Schiedsgerichts mit drei Schiedsrichtern der subsidiären gesetzlichen Regelung des § 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO entspricht, ist dagegen nichts einzuwenden. Nach § 2 Abs. 2 SchGO FWB, § 2 Abs. 1 SchGO Börse München, § 2 Abs. 1 SchGO Baden-Württembergische Wertpapierbörse benennt jede Par45

Raeschke-Kessler/Berger, Rn. 632, 634. s. bereits oben viertes Kapitel C.VI.2.d), dort auch zur Abgrenzung zu § 307 BGB, stellvertretend Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 ZPO Rn. 26. 46

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

tei einen Beisitzer, die dann ihrerseits den Vorsitzenden bestimmen. Eine Benachteiligung einer Partei i. S. d. § 1034 Abs. 2 ZPO ist nicht erkennbar, zumal dieses Verfahren ebenfalls dem subsidiär in § 1035 Abs. 3 S. 2 ZPO angeordneten entspricht. Auch die Bestellung eines Schiedsrichters durch die Geschäftsführung der Börse gem. § 2 Abs. 3 SchGO FWB, § 2 Abs. 2 SchGO Börse München, § 2 Abs. 2 SchGO Baden-Württembergische Wertpapierbörse, wenn eine Partei ihrer Verpflichtung zur Ernennung eines Schiedsrichters nach Aufforderung der anderen Partei nicht unverzüglich nachkommt oder sich die Beisitzer nicht auf einen Vorsitzenden bzw. Obmann einigen können, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Aus § 1035 Abs. 4 ZPO ergibt sich implizit die Zulässigkeit der Entscheidung eines Dritten (hier der Geschäftsführung), falls sich die Parteien nicht einigen können. Die Frist für die Bestellung eines Schiedsrichters ist zwar im Vergleich zu § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO wesentlich verkürzt („unverzüglich“ statt Monatsfrist), daraus folgt aber keine unangemessene Benachteiligung, da die kurze Frist für beide Parteien gleichermaßen gilt, im Übrigen eine andere Verfahrensausgestaltung durch § 1035 Abs. 1 ZPO gedeckt ist und sie letztlich aus dem Bedürfnis der Börse resultiert, über bestehende Streitigkeiten möglichst schnell Klarheit zu finden, um den reibungslosen Geschäftsablauf nicht zu gefährden. Schließlich sind auch die Regelungen über die an die Schiedsrichter zu stellenden Anforderungen in § 2 Abs. 1, 2 SchGO FWB, § 2 Abs. 1 SchGO Börse München, § 2 Abs. 1 SchGO Baden-Württembergische Wertpapierbörse gem. § 1035 Abs. 5 S. 1 ZPO unbedenklich. Danach müssen diese als Börsenhändler an der betreffenden Börse zugelassen (gewesen) oder eine Person i. S. d. § 7 Abs. 4 Nr. 1 BörsG sein, sofern letztere über die für das börsenmäßige Wertpapiergeschäft notwendige berufliche Eignung verfügt. Der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt haben und soll über ausreichende Erfahrung im Börsen- und Wertpapiergeschäft verfügen. Die Klausel in § 49 Abs. 1 BörsO FWB, wonach über Streitigkeiten [. . .] ein Schiedsgericht mit Sitz in Deutschland nach deutschem Recht entscheidet47, enthält zwei Komponenten: zum einen die Festlegung des Sitzes des Schiedsgerichts in Deutschland, zum anderen eine Rechtswahl. Sie ist dagegen nicht als vom Willen der Parteien unabhängige Einsetzung des Börsenschiedsgerichts zu verstehen. Gem. § 1043 Abs. 1 S. 2 ZPO kann das Schiedsgericht bei fehlender Parteivereinbarung den Schiedsort bestimmen. Da jedoch bei Vereinbarung eines institutionellen Schiedsgerichts die dafür geltende Verfahrensordnung konkludent als mit vereinbart gilt, kann insofern von einer konkludenten 47 Außer der BörsO FWB enthält, soweit ersichtlich, eine derartige Klausel nur noch die BörsO EUREX unter 2.3.

B. Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen

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Parteivereinbarung gesprochen werden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Festlegung eines deutschen Schiedsorts für Streitigkeiten über an einer deutschen Börse abgeschlossene Geschäfte dem § 1043 Abs. 1 S. 3 ZPO entspricht. Die Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts bedarf der Auslegung, welche Rechtswahl damit gemeint sein soll: die für das auf die Hauptsache anwendbare Recht oder jene für das Verfahrensrecht. Zwar ist mit der Festlegung eines deutschen Schiedsortes wohl auch gemeint, dass deutsches Recht auf das Schiedsverfahren angewandt werden soll48. Jedoch bezieht sich die Wahl deutschen Rechts nach dem Satzzusammenhang eindeutig auf die Streitentscheidung („Über Streitigkeiten[. . .] entscheidet ein Schiedsgericht [. . .] nach deutschem Recht.“), also auf das in der Hauptsache anwendbare Recht. Zudem sind Verfahrensregelungen an anderer Stelle angesprochen, genauer in § 3 SchGO FWB, weshalb die Klausel insgesamt als Rechtswahl hinsichtlich des auf die Hauptsache anwendbaren Rechts aufzufassen ist, diese aber nicht unter die möglichen Verfahrensregelungen des § 1042 Abs. 3, 4 ZPO fällt49. § 3 SchGO FWB, § 3 SchGO Börse München, § 3 SchGO Baden-Württembergische Wertpapierbörse bestimmen, dass das Schiedsgericht den Gang des Verfahrens selbst bestimmt, im Übrigen aber die §§ 1025 ff. ZPO sinngemäß Anwendung finden. § 49 Abs. 2 BörsO FWB, § 58 Abs. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse und § 48 Abs. 3 BörsO München bestimmen, dass auf das Verfahren §§ 1025 ff. ZPO sinngemäß Anwendung finden, wobei § 48 Abs. 3 BörsO München noch ausdrücklich § 37h WpHG erwähnt. Eine Auslegung dahingehend, dass das Schiedsgericht Regeln contra legem i. S. d. § 1042 Abs. 1, 4 ZPO zu treffen befugt ist, d. h. die in § 1042 ZPO angelegte Normenhierarchie außer Acht lassen darf, ist damit sicherlich nicht gemeint, was sich auch aus der Verfahrensregelung in den Börsenordnungen ergibt. Gemeint ist damit, dass das schiedsrichterliche Ermessen des § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO in dem Sinne ausgeübt wird, dass das Verfahren letztlich nach den §§ 1025 ff. ZPO geregelt werden soll. Eine derartige Verweisung ist zulässig50. Nach § 1 Abs. 2 SchGO Börse München, § 1 Abs. 2 SchGO der BadenWürttembergischen Wertpapierbörse entscheidet das Schiedsgericht selbst 48

Vgl. auch § 3 SchGO FWB; dazu sogleich. Ebenso allgemein zu Rechtswahlklauseln hinsichtlich des auf die Hauptsache anwendbaren Rechts MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 9; die Klausel wird daher auch erst bei § 1051 ZPO behandelt, s. C.II.1.b). 50 Zu der im Rahmen der Ausübung des richterlichen Ermessens nach § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO möglichen Verweisung auf ein Regelwerk, wozu auch die ZPO-Regeln zählen können, s. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1042 Rn. 50. 49

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

über seine Zuständigkeit. Bei Ablehnung einer Entscheidung steht den Parteien der ordentliche Rechtsweg offen. Damit wiederholen die Schiedsgerichtsordnungen nur § 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO, weshalb diese Regelung unbedenklich ist. Dass der ordentliche Rechtsweg offen steht, sollte das Schiedsgericht eine Entscheidung ablehnen, ist ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Alle zuvor genannten Schiedsgerichtsordnungen der Börsen statuieren in § 4 ein Anwesenheitsrecht eines Mitglieds der Geschäftsführung bei der Verhandlung des Schiedsgerichts. Da davon auszugehen ist, dass das Mitglied der Geschäftsführung an Vertraulichkeit genauso gebunden ist wie die Schiedsrichter und die Parteien, allerdings auch ein Interesse der Geschäftsführung daran besteht, über Streitigkeiten an der Börse informiert zu sein, ist die Regelung als zulässig anzusehen. 2. Die Inhaltskontrolle nach russischem Recht Im russischen Recht wird der Terminus „Inhaltskontrolle“ nicht verwendet. Dennoch folgt aus der Natur der zwingenden Bestimmungen der Schiedsgesetze, dass diese nicht durch Parteivereinbarungen oder Regelungen institutioneller Schiedsgerichte umgangen werden können. Daher können auch nach russischem Recht die Verfahrensregelungen des Statuts und der Schiedsgerichtsordnung der micex am Maßstab der zwingenden Normen der Schiedsgesetze überprüft werden. Nach Art. 4 Pkt. 6 Statut i. V. m. Art. 5 Pkt. 1 SchGO micex entscheidet das Schiedsgericht entweder in der Besetzung mit einem oder drei Schiedsrichtern. Die Zahl der Schiedsrichter hängt gem. Art. 20 Pkt. 1, 12 Spiegelstrich 8 und Art. 19 Pkt. 3 SchGO micex von der Parteivereinbarung ab. Dies entspricht Art. 10 IHSchG und Art. 9 SchGG, wonach in erster Linie die Parteien die Zahl der Schiedsrichter bestimmen. Mangels Parteivereinbarung sowie bei einem Streitwert von über 300.000 RUB entscheidet ein Dreier-Schiedsgericht, Art. 20 Pkt. 4 SchGO micex. Bei entsprechender Parteivereinbarung (und der Bezahlung der Honorare) kann gem. Art. 20 Pkt. 3 SchGO micex allerdings auch ein Dreier-Schiedsgricht über Streitwerte unter 300.000 RUB entscheiden. Art. 9 Pkt. 1 SchGG sieht zwingend eine ungerade Zahl der Schiedsrichter vor, dem die Schiedsregelungen entsprechen. Haben die Parteien einen Einzelschiedsrichter vereinbart, wird dieser gem. Art. 20 Pkt. 6 Spiegelstrich 5 SchGO micex (im Umkehrschluss) von den Parteien aus der Schiedsrichterliste der micex nach Art. 4 Pkt. 6 Statut micex einvernehmlich gewählt. Zwar heißt es in Art. 5 Pkt. 3 SchGO micex, dass die Parteien sowohl Schiedsrichter aus der Liste als auch nicht gelistete Schiedsrichter wählen dürfen. Jedoch wird in der russischen Bör-

B. Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen

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senpraxis wohl Art. 4 Pkt. 6 Statut micex der Vorrang eingeräumt. Falls die Parteien sich nicht einigen können, ernennt der Vorsitzende der Schiedskommission der micex den Schiedsrichter aus der Liste. Bei einem DreierSchiedsgericht ernennt jede Partei aus der Liste einen Schiedsrichter oder bittet alternativ um Ernennung eines Schiedsrichters durch den Vorsitzenden der Schiedskommission (Art. 20 Pkt. 6 Spiegelstrich 1, Art. 19 Pkt. 3 S. 2 SchGO micex). Die so gewählten oder ernannten Schiedsrichter wählen gem. Art. 20 Pkt. 4 SchGO micex, Art. 4 Pkt. 6 Statut micex den vorsitzenden Schiedsrichter aus der Schiedsrichterliste. Können sich die Parteien nicht auf einen Vorsitzenden einigen, ernennt diesen der Vorsitzende der Schiedskommission gem. Art. 20 Pkt. 6 Spiegelstrich 4 SchGO micex. Art. 10 Pkt. 2 SchGG gestattet es einem institutionellen Schiedsgericht ausdrücklich, seine eigenen Regelungen für die Wahl oder Ernennung der Schiedsrichter aufzustellen. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung fehlt in Art. 11 IHSchG, jedoch ergibt sich dasselbe indirekt aus Art. 11 Pkt. 4 IHSchG. Damit bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Art. 4 Statut micex, Art. 5, 12, 19 und 20 SchGO micex. Gem. Art. 4 Pkt. 2 Statut micex kann jede beliebige natürliche Person Schiedsrichter werden, solange sie die russische Sprache beherrscht und ihr schriftliches Einverständnis mit der Ernennung erklärt. Nach Art. 5 Pkt. 3 SchGO micex dürfen die Parteien sowohl gelistete als auch nicht gelistete Personen als Schiedsrichter wählen. In die Schiedsrichterliste der micex werden nur solche Personen aufgenommen, welche einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften haben und über unternehmerische oder wissenschaftliche Erfahrung auf dem Gebiet des Zivilrechts, des Bank- und Börsenrechts sowie der Handelsschiedsgerichtsbarkeit verfügen. Allerdings müssen die Einzelschiedsrichter sowie der Vorsitzende eines DreierSchiedsgerichts aus der Liste der Börsenschiedsrichter gewählt werden51. Dass im Falle eines Einzelschiedsrichter dieser bzw. im Falle eines DreierSchiedsgerichts der Vorsitzende einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften haben muss (Art. 4 Pkt. 6, Pkt. 4 Abs. 2 Statut micex), entspricht der zwingenden gesetzlichen Regelung des Art. 8 Pkt. 2 SchGG. Das IHSchG enthält keine entsprechende Bestimmung52. Jedoch folgt aus der Kompetenz eines institutionellen Schiedsgerichts, seine eigenen Verfahrensregelungen aufzustellen, auch die Kompetenz, besondere Anforderungen an die Schiedsrichter zu stellen, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausreichen. Daher ist gegen diese Bestimmung auch im Anwendungsbereich des IHSchG nichts einzuwenden. 51 Die Liste der Schiedsrichter der micex ist im Internet veröffenticht unter http://www.micex.ru/off-line/legaldocs/legal_document_377.doc. 52 s. Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Außerdem dürfen gem. Art. 5 Pkt. 2 SchGO micex, Art. 4 Pkt. 3 Statut micex Personen nicht als Schiedsrichter tätig werden, welche nach russischem Recht nicht als solche zugelassen sind. Gemeint ist damit insbesondere Art. 8 Pkt. 5 SchGG, wonach Vorbestrafte von der Ausübung des Schiedsrichteramtes ausgeschlossen sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass mafiöse Strukturen Eingang in die Schiedsgerichtsbarkeit finden53. Gem. Art. 14 Abs. 2 Statut micex i. V. m. Art. 23 SchGO befindet sich der Ort des Schiedsverfahrens in Moskau. Dies kann gem. Art. 20 Pkt. 1 S. 2 IHSchG als konkludente Parteivereinbarung gewertet werden. Im Übrigen würden bei einer Börsenschiedsvereinbarung auch die in Art. 20 Pkt. 1 S. 2 IHSchG genannten objektiven Umstände auf Moskau als Sitz der Börse deuten. Im Anwendungsbereich des SchGG darf ein institutionelles Schiedsgericht gem. Art. 20 Pkt. 2 S. 1 SchGG den Schiedsort selbst bestimmen, weshalb auch hier nichts gegen Art. 14 Abs. 2 Statut micex einzuwenden ist. Art. 7 Pkt. 1 Abs. 2 Statut micex bestimmt, dass sich das Verfahren nach der SchGO micex richtet, subsidiär nach den Bestimmungen der russischen Gesetze. Wenn allerdings der Anwendungsbereich des IHSchG eröffnet ist, gelten gem. Art. 7 Pkt. 1 Abs. 2 Statut micex auch die Bestimmungen der internationalen Übereinkommen im Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Im Übrigen, d. h. im Anwendungsbereich des SchGG, steht das Verfahren im Ermessen des Schiedsgerichts, Art. 7 Pkt. 1 Abs. 3 Statut micex. Dadurch könnte der Eindruck entstehen, dass – argumentum e contrario – Art. 7 Pkt. 1 Abs. 3 Statut micex im Anwendungsbereich des SchGG eine von den Börsenschiedsregeln abweichende Parteivereinbarung nicht erlaubt. Jedoch hat auch dann eine Parteivereinbarung gem. Art. 19 Abs. 1 SchGG Vorrang vor den Verfahrensregeln eines institutionellen Schiedsgerichts. Zu vermuten ist, dass die Formulierung des Art. 7 Pkt. 1 Abs. 3 Statut micex aus den Regeln der Art. 7 Pkt. 3, Art. 19 Pkt. 1 SchGG entstanden ist, wonach die Regeln eines institutionellen Schiedsgerichts Teil der Parteivereinbarung sind. Art. 7 Pkt. 1 Abs. 3 Statut micex ist daher nicht in dem Sinne auszulegen, dass die Parteien nichts mehr anderes vereinbaren dürfen bzw. diese Parteivereinbarung keine Priorität besitzt. Dies folgt ausdrücklich auch aus Art. 1 Pkt. 2, Art. 6 Pkt. 1 SchGO micex. In diesem Sinne ist Art. 7 Pkt. 1 Abs. 3 Statut micex keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Nach Art. 7 Pkt. 1 Abs. 1 S. 2 Statut micex wendet das Börsenschiedsgericht die gesetzlichen Bestimmungen dann an, wenn dies notwendig ist. Zwar wurden häufig die gesetzlichen Regelungen wörtlich in die Regel53

So auch Kostin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 8 SchGG Pkt. 5, S. 42.

B. Zulässigkeit und Wirksamkeit von Schiedsverfahrensvereinbarungen

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werke der Börse integriert, jedoch erschließt sich der genaue Sinn einer Börsenregelung – wie etwa Art. 3 Pkt. 3 SchGO micex hinsichtlich der rügelosen Einlassung – erst durch Rückgriff auf die Gesetze. Mit der oben zitierten Formulierung bleibt jedoch die in Art. 19 SchGG, Art. 19 IHSchG angeordnete Normenhierarchie gewahrt. Daher sind die gesetzlichen Bestimmungen auf jeden Fall immer neben den Regelwerken der Börsen anwendbar. IV. Zusammenfassung und Vergleich Sowohl nach internationalem als auch nach deutschem und russischem Recht sind Verfahrensvereinbarungen formfrei und auch durch Bezugnahme auf eine Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts möglich. Wegen der durch die Übernahme des MG bedingten identischen Normenhierarchie der Verfahrensregelungen in beiden Ländern, wonach die gesetzlich zwingenden Regelungen auch von institutionellen Schiedsgerichten zu beachten sind, unterscheiden sich die SchGO der Börsen nur in Details. Die Regelungen sind keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Z. B. dürfen in Russland Einzelschiedsrichter und der Vorsitzende eines Dreier-Schiedsgerichts nur aus einer speziellen Schiedsrichterliste, die bei der entsprechenden Börse geführt wird, ernannt werden54. In Deutschland sind derartige Listen an sich unüblich, im Bereich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit dagegen anzutreffen, was § 2 Abs. 2 S. 2 SchGO FWB beweist55. Nach der russischen Börsenregelung haben die Parteien ein Wahlrecht, ob ein Ein-Mann-Schiedsgericht oder ein Dreier-Schiedsgericht entscheiden soll, während in Deutschland die Zahl der Schiedsrichter immer drei ist. Das Verfahren zur Ernennung des Schiedsgerichts ist in beiden Regelungswerken fast identisch. Auch die Anforderungen an die Schiedsrichter gleichen sich, da nach beiden Regelwerken ein Börsenschiedsrichter über die im Börsenverkehr für die Beurteilung der Rechtslage notwendigen Kenntnisse verfügen muss. Einzigartig ist allerdings das in Art. 8 Pkt. 5 SchGG enthaltene Kriterium, wonach im Anwendungsbereich dieses Gesetzes kein Vorbestrafter Schiedsrichter sein darf. Anzumerken bleibt, dass die Neuregelung der russischen Börsenregeln der micex im Sinne der 54 Dies war gängige Praxis in Russland und entsprach beispielsweise auch dem Verfahren zur Bestellung der Schiedsrichter für das internationale Handelsschiedsgericht der russischen Handelskammer (MKAS) bis 1995. 55 Auch die Schiedsrichter von EUREX können nur aus einer bestimmten Schiedsrichterliste der EUREX gewählt werden, s. 2.3. S. 2 BörsO EUREX, im Internet abrufbar unter http://www.eurexchange.com/about/rules/exchangereg_de. html.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Übersichtlichkeit nicht sonderlich geglückt ist, was beispielsweise die zwischen Statut und SchGO micex zerstückelten Anforderungen an die Schiedsrichter beweisen.

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht Sache des Hauptsachestatuts ist es, das Recht zu bestimmen, das über das streitige Rechtsverhältnis in der Sache entscheidet. Auch hier sind die Regelungen der internationalen Übereinkommen vorrangig vor den Regeln des nationalen Rechts. I. Internationale Übereinkommen Das UNÜ regelt nicht die Frage, welches Recht auf die Hauptsache anzuwenden ist56. Dagegen enthält das EuÜ in Art. VII eine internationale Kollisionsnorm zur Bestimmung des Hauptsachestatuts, die als lex specialis allen nationalen und staatsvertraglichen Kollisionsnormen des internationalen Vertragsrechts vorgeht57. Primär können die Parteien gem. Art. VII Abs. 1 S. 1 EuÜ das auf die Hauptsache anwendbare Recht frei wählen, wobei dem Wortlaut nach eine Beziehung des Sachverhalts zum gewählten Recht nicht erforderlich ist58. Eingeschränkt wird diese Rechtswahlfreiheit allerdings durch zwingend gesondert anzuknüpfende Vorschriften wie beispielsweise Rechts- oder Prozessfähigkeit, wenn nach rechtsvergleichendem Standard diese Fragen zwingend gesondert anzuknüpfen sind59. Aus dem Wortlaut ergibt sich zwar keine derartige Einschränkung; für Rechts- und Geschäftsfähigkeit folgt sie allerdings aus Art. VI Abs. 2 S. 1 EuÜ. Die darüber hinausgehende Einschränkung auf nach rechtsvergleichendem Standard zwingend gesondert anzuknüpfende Fragen (wie etwa das Vollmachtstatut) ergibt sich daraus, 56

s. auch Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3381. H. M., s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII EuÜ Rn. 3; Stein/Jonas/ Schlosser, § 1051 ZPO Rn. 2 und Anh. § 1061 ZPO Rn. 197; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3381; wohl auch Brunceva, S. 122, 131. 58 Stellvertretend Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3382; MünchKommZPO/Gottwald, Art. VII EuÜ Rn. 3; Redfern/Hunter, 2–24 f., 2–27; Stein/Jonas/ Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 198: einzige Schranke ist der ordre public; ähnlich Brunceva, S. 123 (Grenze in den zwingenden Normen der Rechtsordnung, die (wohl) gewählt wurde oder in deren Territorium vollstreckt wird). 59 H. M., s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII EuÜ Rn. 4; Schlosser, Rn. 739 und Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 198; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Rn. 3382; Schwab/Walter, Kap. 55 Rn. 1; a. A. Moller, NZG 2000, 57, 68, der die Grenze nur im ordre public sieht. 57

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht

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dass ein derartiger Eingriff in das internationale Privatrecht der Vertragsstaaten durch Art. VI EuÜ nicht beabsichtigt war60. Mangels Rechtswahl ist der Rechtsstreit gem. Art. VII Abs. 1 S. 2 EuÜ nach dem Recht zu entscheiden, auf das die Kollisionsnormen hinweisen, deren Anwendung das Schiedsgericht für richtig erachtet. Das Schiedsgericht hat damit – im Gegensatz zu den Parteien – nur die Möglichkeit, ein passendes Kollisionsrecht zu bestimmen61. Das den Schiedsrichtern eingeräumte Ermessen üben sie in der Regel nur dann fehlerfrei aus, wenn sie von den Kollisionsnormen der von dem Rechtsstreit „berührten“ Rechtsordnungen ausgehen62. II. Kollisionsrecht Da im UNÜ eine eigene (Kollisions-)Regel fehlt, sind die Fälle als wesentlich häufiger einzustufen, in welchen das auf die Hauptsache anwendbare Recht nicht durch die Kollisionsregeln des EuÜ bestimmt wird, da nur ein Bruchteil der Staaten des UNÜ gleichzeitig Mitgliedsstaaten des EuÜ sind. In diesen Fällen ist dann auf das autonome Kollisionsrecht zurückzugreifen. 1. Deutsches Kollisionsrecht a) Allgemeines § 1051 Abs. 1 und 2 ZPO enthält ein Sonderkollisionsrecht für Schiedsgerichte zur Bestimmung des Hauptsachestatuts63. Das Vorbild hierfür war Art. 28 MG, der nahezu wörtlich ins deutsche Recht übernommen wurde64. § 1051 Abs. 1 und 2 ZPO stellen klar, dass auch das Schiedsgericht als 60 MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII EuÜ Rn. 4; Schlosser, Rn. 739 weist zutreffend darauf hin, dass andernfalls die Parteien eine Rechtswahl auch dann treffen könnten, wenn das Kollisionsrecht der Vertragsstaaten wegen zwingender Anknüpfung eine solche Rechtswahlfreiheit nicht zulässt, was kaum dem Willen der Vertragsstaaten entsprechen dürfte. 61 Wohl h. M., s. MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. VII EuÜ Rn. 5; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3383; Stein/Jonas/Schlosser, Anh. § 1061 ZPO Rn. 199; Redfern/Hunter, 2–80; Komarov, in: FS Boguslavskij, S. 313, der darauf hinweist, dass es aufgrund der Formulierung des Art. VI Abs. 1 S. 2 EuÜ auch keine lex fori des Schiedsgerichts gibt, das Schiedsgericht damit freier ist als ein staatliches Gericht. 62 Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3383. 63 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 1; Stein/Jonas/Schlosser, § 1051 ZPO Rn. 1. 64 BT-Drucks. 13/5274, S. 52 f.; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 3.

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5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Normadressat das staatliche (Privat-)Recht zu beachten hat, womit der Streit um die lex fori der Schiedsgerichte entschärft sein dürfte65. § 1051 Abs. 1 ZPO gewährt den Parteien primär Rechtswahlfreiheit und entspricht damit Art. VII Abs. 1 S. 1 EuÜ66. Die Rechtswahl kann ausdrücklich oder konkludent sein67. Allerdings ist auch nach deutschem Recht diese Rechtswahlfreiheit – wie bei Art. VII Abs. 1 S. 1 EuÜ – nicht unbeschränkt. Denn aus Entstehungsgeschichte und dem Zusammenhang mit den Regeln des internationalen Privatrechts folgt, dass sich die Freiheit der Rechtswahl nur auf diejenigen Rechtsregeln bezieht, die auch sonst durch Parteivereinbarung festgelegt werden können68. Dies bedeutet, dass separat anzuknüpfende Statute unberührt bleiben ebenso wie Einschränkungen wegen besonderer Schutzbedürfnisse wie z. B. Art. 29, 29a EGBGB69. § 1051 Abs. 1 S. 2 ZPO stellt klar, dass die Rechtswahl der Parteien in der Regel (d. h. ohne ausdrückliche anderweitige Vereinbarung) als Wahl des Sachrechts aufzufassen ist. Subsidiär hat nach § 1051 Abs. 2 ZPO das Schiedsgericht mangels Rechtswahl der Parteien das Recht des Staates anzuwenden, mit dem der Gegenstand des Verfahrens die engste Verbindung aufweist. Dies ist im Vergleich zu Art. 28 Abs. 2 MG eine Abweichung, da dort wie bei Art. VII Abs. 1 S. 2 EuÜ ebenfalls nur auf Kollisionsrecht verwiesen wird. § 1051 Abs. 2 ZPO eröffnet dagegen direkt den Weg zum Sachrecht („das Recht des Staates“) ohne kollisionsrechtliche Bestimmung des anwendbaren Rechts70. Als normatives Anknüpfungsmoment nennt § 1051 Abs. 2 ZPO die engste Verbindung des Verfahrensgegenstandes. Damit macht § 1051 Abs. 2 ZPO eine Anleihe bei Art. 28 EGBGB71. Im Unterschied zu § 1051 Abs. 1 ZPO kann das Schiedsgericht jedoch nur eine Gesamtrechtsordnung wählen, was aus der Entstehungsgeschichte des Art. 28 MG und den unter65 Stein/Jonas/Schlosser, § 1051 ZPO Rn. 1; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 1; zu dem Streit um die lex fori des Schiedsgerichts s. Schlosser, Rn. 209, 726 ff., 731; MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 276 ff. 66 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 8. 67 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 9; wobei die Wahl nicht auf eine Gesamtrechtsordnung beschränkt ist, BT-Drucks. 13/5274, S. 52; Lionnet, S. 376. 68 Stein/Jonas/Schlosser, § 1051 ZPO Rn. 3, 5; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 11. 69 BT-Drucks. 13/5274, S. 53; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 11; a. A. Musielak/Voit, § 1051 ZPO Rn. 3. 70 MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 13; ähnlich Musielak/Voit, § 1051 ZPO Rn. 7. 71 Weil sich der Gesetzgeber an das EVÜ für gebunden hielt, BT-Drucks. 13/5274, S. 52 f.; s. a. MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 14; Stein/Jonas/ Schlosser, § 1051 ZPO Rn. 8; Weigand/Wagner, Part 4 Rn. 368.

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht

239

schiedlichen Formulierungen („Recht“ im Gegensatz zu „Rechtsvorschriften“) folgt72. b) Die Rechtswahlklausel in § 49 BörsO FWB Hier ist nun nochmals auf die Zulässigkeit der Rechtswahlklausel in § 49 BörsO FWB einzugehen. Darin wird deutsches Recht als auf die Hauptsache anwendbares Recht bestimmt. Zwar ist diese Klausel im Vergleich zu Klauseln in den Regelungswerken der anderen deutschen Börsen singulär und entspricht auch nicht den sonst üblicherweise von institutionellen Schiedsgerichten in ihren Schiedsgerichtsordnungen verwendeten Klauseln73. Allerdings ist eine Wahl eines bestimmten Rechts in einer Schiedsgerichtsordnung, auf die die Parteien (konkludent) Bezug genommen haben, wirksam und damit beachtlich74. Damit kann die Klausel als konkludente Rechtswahl der Parteien gesehen werden. Dem steht auch nicht Art. 2 lit. d MG entgegen, wonach die Wahl des auf die Hauptsache anwendbaren Rechts von den Parteien nicht auf Dritte übertragen werden kann, worunter auch das Schiedsgericht zu verstehen ist. Dennoch bleibt eine Festlegung des anwendbaren Rechts durch das Schiedsgericht nach Art. 28 MG genauso zulässig wie eine konkludente Rechtswahl75, wie sie hier vorliegt. Auch unter Anlegung der Maßstäbe des Art. 28 MG/§ 1051 Abs. 2 ZPO i. V. m. Art. 28 Abs. 2, 5 EGBGB wäre eine Wahl deutschen Rechts unter den speziell für Börsenschiedsvereinbarung geltenden Umständen zulässig. Denn die für Börsengeschäfte vertragscharakteristische Leistung ist am Börsenort zu erbringen (Abs. 2), zu dem regelmäßig auch die engste Verbindung besteht (Abs. 5)76. Damit ist es unter Anwendung der Kriterien des 72

Stellvertretend Lionnet, S. 382. Nur in 2.3. S. 1 BörsO EUREX ist auch noch eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts enthalten, im Internet abrufbar unter http://www.eurexchange.com/ about/rules/exchangereg_de.html. Sonst ist in Schiedsgerichtsordnungen in der Regel entweder die direkte Wahl des Sachrechts durch das Schiedsgericht vorgesehen oder eine Wahl des Kollisionsrechts in Anlehnung an Art. VII EuÜ, s. Schwab/Walter, Kap. 55 Rn. 10 ff., nie dagegen eine a priori Festlegung bereits auf ein ganz bestimmtes Recht wie hier das deutsche. 74 Schlosser, Rn. 734. 75 Weigand/Roth, Part 5, Art. 2 MG Rn. 3. 76 MünchKomm-BGB/Martiny, Art. 28 EGBGB Rn. 377; a. A. Soergel/v. Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 365 f., der auf das Aufenthalts- bzw. Niederlassungsrecht des Erbringers der vertragscharakteristischen Leistung abstellen möchte. Soweit allerdings das Börsengeschäft auf Grundlage der allgemeinen Geschäftsbedin73

240

5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

§ 1051 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt, dass ein deutsches Börsenschiedsgericht deutsches Recht als dasjenige Recht anwendet, zu dem der Verfahrensgegenstand die engste Verbindung hat. Schließlich entspricht dies auch dem Grundsatz des qui elegit arbitrum, elegit ius, wonach die Parteien grundsätzlich mit der Wahl des Schiedsrichters auch das auf die Hauptsache anwendbare Recht wählen77. Dieser Grundsatz soll zwar für alle örtlich „radiziert“ tätigen Schiedsgerichte nicht gelten, da er § 1051 Abs. 1 ZPO sogleich wieder obsolet machen würde78. Dem ist hinsichtlich der großen Schiedsinstitutionen wie der DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit), dem London Court of International Arbitration oder der ICC (International Chamber of Commerce) in Paris sicherlich zuzustimmen, würde der Grundsatz in diesen Fällen sonst immer zu Anwendung deutschen respektive britischen bzw. französischen Rechts führen. Bei den Börsenschiedsgerichten ist die Ausgangslage jedoch eine andere, da ein Sachzusammenhang mit dem Ort des Schiedsgerichts und den seiner Zuständigkeit überantworteten Streitigkeiten besteht. Daher ist hier von der Gültigkeit des oben zitierten Grundsatzes auszugehen. Die Klausel in § 49 Abs. 1 BörsO FWB ist somit wirksam, obwohl sie durchaus ungewöhnlich im Vergleich zu anderen Rechtswahlklauseln hinsichtlich des in der Hauptsache anwendbaren Rechts erscheint. 2. Russisches Kollisionsrecht Art. 28 MG wurde bis auf seinen Abs. 3 wörtlich in Art. 28 IHSchG übernommen und enthält damit im Anwendungsbereich des IHSchG eine eigene Kollisionsregel zur Anknüpfung des Hauptsachestatuts79. Primär ist die Hauptsache gem. Art. 28 Pkt. 1 IHSchG nach dem von den Parteien gewählten Recht zu entscheiden, wobei eine solchermaßen getroffene Rechtswahl direkt auf das Sachrecht verweist, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Nach wohl h. M. bezieht sich Art. 28 Pkt. 1 IHSchG nur auf das internationale Schuldrecht80. Um zu entscheiden, ob die Parteien ausdrücklich oder konkludent ein auf die Hauptsache anwendbares gungen der jeweiligen Börse abgeschlossen wurde, sei ein stillschweigender Parteiwille anzunehmen, das Geschäft dem Recht des Börsenortes zu unterstellen. 77 s. Redfern/Hunter, 2–76, was heute allerdings kein echtes Indiz mehr sei; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 9. 78 So MünchKomm-ZPO/Münch, § 1051 Rn. 9. 79 s. Boguslavskij, Kap. 19 § 3 (S. 572); Brunceva, S. 122; Vel’jaminov/Zykin, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1186 ZGB Pkt. 3, S. 291 f. mit Hinweis auf die Übereinstimmung mit Art. VII EuÜ; Lentz, S. 179, 306. 80 Stellvertretend Komarov, FS Boguslavskij, S. 313, 321 f.; Žil’cov, MKA 2004, Nr. 2, S. 16, 24 f.

C. Das auf die Hauptsache anwendbare Recht

241

Recht gewählt haben, kann auch im Anwendungsbereich des IHSchG auf die Regeln des Art. 1210 ZGB zurückgegriffen werden81, da das IHSchG dafür keine eigenen Anhaltspunkte enthält. Besonderes Augenmerk ist allerdings darauf zu richten, dass Art. 28 Pkt. 1 IHSchG in Übereinstimmung mit Art. 28 Abs. 1 MG, allerdings im Unterschied zu Art. 1210 Pkt. 1 ZGB den Terminus „Rechtsnormen“ anstelle von „Recht“ verwendet. Damit soll deutlich gemacht werden, dass die Parteien nicht nur eine nationale Rechtsordnung wählen können, sondern auch Normen völkerrechtlicher Verträge und gar transnationale Konstruktionen wie etwa die sog. lex mercatoria82. Zu beachten ist allerdings, dass Russland nicht Art. 28 Abs. 3 MG übernommen hat, wonach das Schiedsgericht bei ausdrücklicher Bevollmächtigung durch die Parteien auch ex aequo et bono oder als amiable compositeur entscheiden darf. Diese Möglichkeit ist im russischen Recht im Umkehrschluss zu Art. 28 Abs. 3 MG ausgeschlossen83. Mangels Rechtswahl hat das Schiedsgericht nach Art. 28 Pkt. 2 IHSchG das anwendbare Recht nach den Kollisionsnormen zu bestimmen, die es anzuwenden für richtig erachtet. In der russischen Literatur wird darauf hingewiesen, dass ein „russisches“ Schiedsgericht in diesem Fall nicht verpflichtet ist, Art. 1211 ZGB anzuwenden, dass es jedoch de facto von Art. 1211 ZGB als Teil der nationalen Rechtsordnung ausgehen wird84. Im Anwendungsbereich des SchGG enthält Art. 6 SchGG eine Liste der Normen, die ein Schiedsgericht bei seiner Entscheidung zu beachten hat. Bei näherer Betrachtung kann daraus jedoch keine Kollisionsregel abgeleitet werden, da nach dem Konzept des SchGG, nur auf „innere“ Streitigkeiten anwendbar zu sein, der Fall der Beteiligung einer ausländischen Person oder eines Sachverhalts mit „ausländischem Element“ nicht bedacht wurde. In diesem Fall kann daher auf die allgemeinen Kollisionsregeln des Abschnitts VI des dritten Teils des ZGB über das internationale Privatrecht zurückgegriffen werden. Art. 1186 Pkt. 1 Abs. 2 ZGB entfaltet in diesem Fall auch keine Sperrwirkung, da darunter nur die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, mithin das IHSchG, subsumiert werden kann85. Denkbar wäre allerdings auch, Art. 28 Pkt. 2 IHSchG analog anzuwenden. 81

Komarov, in: FS Boguslavskij, S. 313, 314; Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 19. So Komarov, in: FS Boguslavskij, S. 313, 316 ff.; Lentz, S. 308; Märkl, S. 130 Fn. 431; zur Rechtsnormqualität der lex mercatoria im russischen Recht Mata, TS 2004, Nr. 3, S. 70 ff.; noch abwartend dagegen Märkl, S. 131, 140 ff. 83 Ebenso Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 18; Veršinin, in: Gottwald, S. 759, 769; zu den historischen Hintergründen Märkl, S. 137 ff.; a. A. Lentz, S. 323 ff. 84 So Komarov, in: FS Boguslavskij, S. 313, 318; Märkl, S. 145; Lentz, S. 314 f.; Pozdnjakov, S. 23. 85 Ebenso Vel’jaminov/Zykin, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1186 ZGB Pkt. 3, S. 291. 82

242

5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Gem. Art. 1210 Pkt. 1 ZGB dürfen die Parteien das auf die Hauptsache anwendbare Recht frei wählen. Die Rechtswahl muss nach Art. 1210 Pkt. 2 ZGB ausdrücklich getroffen werden oder sich eindeutig aus den Vertragsbestimmungen oder den Gesamtumständen ergeben86. Daraus, dass die Rechtswahl bestimmt sein muss, wird der Schluss gezogen, dass im Zweifel eher davon auszugehen sei, dass eine Rechtswahl nicht getroffen worden sei87. Neben den in Art. 1210 ZGB genannten Voraussetzungen an eine Rechtswahl sind keine weiteren Anforderungen einzuhalten; abzulehnen ist insbesondere die Meinung, auf die Rechtswahl seien die Formvorschriften für Außenhandelsgeschäfte anwendbar88. Mangels ausdrücklicher oder konkludenter Rechtswahl ist nach Art. 1211 Pkt. 1 ZGB das Recht des Landes anwendbar, mit welchem der Vertrag am engsten verbunden ist. Bei Börsengeschäften knüpft Art. 1211 Pkt. 4 Nr. 3 ZGB an das Recht des Landes an, in welchem sich die Börse befindet, an der das Geschäft abgeschlossen wurde, sofern sich nichts anderes aus dem Gesetz, den Bestimmungen oder dem Wesen des Vertrags oder aus den Gesamtumständen ergibt89. Damit ist gem. Art. 1190 Pkt. 1 ZGB eine Sachrechtsverweisung gemeint90. III. Zusammenfassung und Vergleich Nach staatsvertraglichem und autonomem deutschem und russischem Recht entscheiden primär die Parteien über das auf die Hauptsache anwendbare Recht. Die Rechtswahl kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden, wobei die russische Praxis besonders zurückhaltend bei der Annahme einer konkludenten Rechtswahl ist. Haben die Parteien keinen Gebrauch von diesem Recht gemacht, differieren die Regelungen. EuÜ und das russische IHSchG enthalten ebenso wie das MG einen Verweis auf das Kollisionsrecht der „berührten“ Rechtsordnungen. Im Bereich des SchGG fehlt wiederum eine eigene Regelung. Wendet man Art. 28 IHSchG analog an, ergibt sich hier ein sicherlich wünschenswerter Gleichlauf der Regelungen. Andernfalls ist nach Art. 1211 86 Diese Formulierung wurde aus dem EVÜ entnommen, vgl. Kabatova, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1210 ZGB Pkt. 2, S. 400. 87 Komarov, in: FS Boguslavskij, S. 313, 315. 88 s. Art. 1209 Pkt. 2, 161 i. V. m. Art. 162 Pkt. 3 ZGB; dezidiert Rozenberg, Meždog, S. 13 ff.; Kabatova, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1210 ZGB Pkt. 2, S. 399 f.; Märkl, S. 133; a. A. Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 6, 19. 89 s. dazu auch Bardina/Boguslavskij/Zykin/Kabatova, in: Abova/Boguslavskij/ Svetlanov, Art. 1211 ZGB Pkt. 4, S. 411. 90 s. a. Boguslavskij, in: Abova/Boguslavskij/Svetlanov, Art. 1190 ZGB Pkt. 5, S. 306.

D. Zusammenfassung

243

ZGB das Recht des Landes mit der engsten Verbindung anzuwenden. Ob sich daraus allerdings praktisch große Unterschiede ergeben, kann zumindest im Bereich der Börsenschiedsgerichtsbarkeit bezweifelt werden, da zum einen die engste Verbindung (nach Art. 1211 ZGB) häufig zur Börse bestehen wird, zum anderen auch eine Abwägung der Kollisionsrechte der berührten Rechtsordnungen häufig zugunsten des Kollisionsrechts des Lands der Börse ausgehen dürfte. Im deutschen Recht allerdings findet sich für den Fall der fehlenden Rechtswahl der Parteien in § 1051 Abs. 2 ZPO eine Befugnis des Schiedsgerichts, direkt das Sachrecht zu bestimmen. Regelungstechnisch stellt dies einen bedeutsamen Unterschied dar, in der Sache aber wird sich kaum ein anderes Ergebnis abzeichnen, da auch § 1051 Abs. 2 ZPO auf das Recht des Landes abstellt, mit dem der Gegenstand des Verfahrens die engste Verbindung aufweist91.

D. Zusammenfassung Die Regelungen hinsichtlich der Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens sind aufgrund der Übernahme des MG im Großen und Ganzen fast identisch. Das staatsvertragliche und das autonome deutsche und russische Kollisionsrecht gestatten es den Parteien primär, das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht frei zu wählen. Mangels Rechtswahl ist nach allen Kollisionsregeln das am Schiedsort geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Verfahrensvereinbarungen können sämtlich formfrei und durch Verweisung auf eine Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts getroffen werden. Die in der deutschen und russischen Börsenpraxis verwendeten Verfahrensregeln der Schiedsgerichtsordnungen und Statute entsprechen dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen und halten daher einer Inhaltskontrolle stand. Alle hier untersuchten Kollisionsregeln sehen vor, dass die Parteien frei das auf die Hauptsache anwendbare Recht bestimmen können. Bei fehlender Rechtswahl differieren allerdings die Regelungen. Während sich das russische IHSchG eher am MG und damit letztlich am EuÜ orientiert und nur eine Wahl eines Kollisionsrechts zulässt, ist nach deutschem Kollisionsrecht dem Schiedsgericht direkt der Weg zum Sachrecht eröffnet. Im Bereich des SchGG ist dagegen ein Mittelweg gangbar über die allgemeinen 91 s. a. BT-Drucks. 13/5274, S. 52 f.; Lionnet, S. 382; Bredow, DIS-MAT IV, S. 11, 23.

244

5. Kap.: Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens

Kollisionsnormen des ZGB, die das (Sach-)Recht des Landes mit der engsten Verbindung für anwendbar erklären. Etwas ungewöhnlich ist die Regelung des § 49 BörsO FWB nicht nur im Vergleich zu russischen Börsenordnungen, sondern auch im Vergleich zu anderen deutschen. Die darin vorgesehene Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts als auf die Hauptsache anwendbares trifft jedoch auf keine rechtlichen Bedenken, berücksichtigt man die Besonderheiten des Börsenschiedsverfahrens.

Sechstes Kapitel

Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs Obwohl die Aufhebung respektive die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen eines Börsenschiedsgerichts keinerlei Besonderheiten im Vergleich zu der „gewöhnlicher“ Schiedssprüche birgt1, soll an dieser Stelle dennoch kurz darauf eingegangen werden, da im russischen Recht einige Unsicherheiten hinsichtlich der hierfür richtigerweise anwendbaren Rechtsgrundlage bestehen. Hierbei soll das Schwergewicht der Darstellung allerdings weniger auf den Verfahrensfragen liegen als vielmehr auf den Gründen, aus denen ein Schiedsspruch angefochten bzw. seine Anerkennung und Vollstreckung versagt werden kann. Obwohl die Aufhebung eines Schiedsspruchs an sich ein anderes Verfahrensstadium eines Schiedsspruchs betrifft als die Anerkennung und Vollstreckung, sollen die Gründe hier dennoch gemeinsam behandelt werden, da sie – soviel sei vorweggenommen – entsprechend der Vorgabe der Art. 34, 36 MG und Art. V UNÜ inhaltlich parallel ausgestaltet sind.

A. Internationales Recht Ausgerichtet auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ist für diesen Bereich klassischerweise vor allem das UNÜ vor jeglichen Regelungen des nationalen Rechts heranzuziehen. Die Aufhebung eines Schiedsspruches ist dagegen im UNÜ nicht geregelt. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass die im MG enthaltenen Anfechtungsgründe dem Art. V UNÜ entlehnt sind und so die Wertungen des UNÜ vor allem in denjenigen nationalen Gesetzen zu berücksichtigen sind, die das MG ohne Änderungen umgesetzt haben2.

1

Für die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches kommt es grundsätzlich – bis auf die Bestimmung der Nationalität eines Schiedsspruches – nicht mehr darauf an, welches Schiedsgericht ihn erlassen hat. 2 Ebenso Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 403, 465, 472.

246 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

B. Deutsches Recht Für die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen wird im deutschen Recht gem. §§ 1060, 1061 ZPO danach unterschieden, ob es sich um einen in- oder ausländischen Schiedsspruch handelt3. Die Nationalität eines Schiedsspruches richtet sich entsprechend dem Territorialitätsprinzip des § 1025 Abs. 1 ZPO nach dem Ort, an dem das schiedsrichterliche Verfahren stattgefunden hat4. Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche wird in § 1061 Abs. 1 ZPO – vorbehaltlich anderer Staatsverträge – vollumfänglich auf das UNÜ verwiesen5. Die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche sind gem. § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO dem § 1059 Abs. 2 ZPO zu entnehmen, der die Aufhebungsgründe für einen (inländischen) Schiedsspruch aufzählt. Mit dieser Verweisungstechnik wird erreicht, dass sich die Gründe, aus denen ein Schiedsspruch aufgehoben oder die Anerkennung und Vollstreckung eines inländischen Schiedsspruchs versagt werden kann, inhaltlich voll decken6. Da diese wörtlich dem MG entnommen sind und dieses wiederum auf den Wertungen des UNÜ basiert, sind die Anerkennungs- und Vollstreckungsversagungsgründe für in- und ausländische Schiedssprüche nach deutschem Recht nahezu identisch7. Für weitere Einzelheiten zum Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung sowie zur genauen inhaltlichen Ausgestaltung der Versagungsgründe wird auf die Spezialliteratur verwiesen8.

C. Russisches Recht Die Regelungen für die Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen sind im russischen Recht auf nicht weniger als vier verschiedene Gesetze verteilt: APK, ZPK, IHSchG und SchGG. Hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung unterscheidet das russische Recht in APK und ZPK danach, ob der Schiedsspruch ein in- oder 3

s. a. Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 402. Stellvertretend Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 404. 5 Damit gilt das UNÜ auch gegenüber Nichtvertragsstaaten, s. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Rn. 3388. Ein eigenes autonomes nationales Recht für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gibt es somit in Deutschland nicht mehr, s. Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 465, 470. 6 Ebenso Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 412. 7 BT-Drucks. 13/5274, S. 58; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 403, 472; zum MG Holtzmann/Neuhaus, S. 1055, 1057. 8 Stellvertretend Lionnet, S. 417 ff.; Weigand/Wagner, Part 4, D. Germany Rn. 412 ff. Vgl. a. die einschlägigen Kommentierungen zu §§ 1059 ff. ZPO. 4

C. Russisches Recht

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ausländischer ist: Kapitel 30 § 2 APK (Art. 236 ff., insb. Art. 236 Pkt. 1 APK) und Kapitel 47 ZPK (Art. 423 ff.)9 regeln die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche, Kapitel 31 APK (Art. 241 ff.) und Kapitel 45 ZPK (Art. 409 ff.) die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Dagegen sind die Art. 35, 36 IHSchG gem. Art. 35 Pkt. 1 IHSchG ausdrücklich auf die Anerkennung und Vollstreckung sowohl in- als auch ausländischer Schiedssprüche anwendbar. Nach dem Anwendungsbereich des Art. 1 Pkt. 1, 3 SchGG dürften die Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in Art. 44 ff. SchGG dagegen nur für die nach dem SchGG erlassenen Schiedssprüche gelten, mithin also nur für inländische. Daneben ist noch das Föderale Gesetz v. 21.7.1997 Nr. 119-FZ „Über das Vollstreckungsverfahren“10 einschlägig, wenn der Schiedsspruch auf dem Territorium der Russischen Föderation vollstreckt werden soll. Gründe für die Aufhebung eines Schiedsspruches finden sich in Kap. 30 § 1 APK (Art. 230 ff., insbesondere Art. 233), in Kap. 46 ZPK (Art. 418 ff., insbesondere Art. 421), in Art. 34 IHSchG und Art. 40 ff. SchGG. Interessanterweise erwähnt Art. 230 Pkt. 5 APK ausdrücklich die Möglichkeit der Aufhebung eines ausländischen Schiedsspruchs, worauf im Folgenden genauer eingegangen wird. Dieses Sammelsurium unterschiedlicher Gesetze macht eine Abgrenzung dahingehend notwendig, nach welcher Rechtsgrundlage sich die Anfechtung bzw. Anerkennung und Vollstreckung im Einzelfall richtet und welches Gesetz im Falle eines normativen Widerspruches Vorrang genießt. Dabei soll zunächst allgemein der Anwendungsbereich der vier verschiedenen Gesetze untersucht werden, um schon dadurch Widersprüche auszuschließen. Für den Bereich der verbleibenden Überschneidungen sollen danach die Abgrenzungsregeln im Einzelnen für Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung untersucht werden. 9 Dass das Kapitel 47 des ZPK nur die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche regelt, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit den vorhergehenden Kapiteln 45 und 46. Kapitel 46 und 47 sind in einem eigenen Abschnitt VI (razdel VI) über das Verfahren der Anfechtung von Schiedssprüchen (Kap. 46) und der Ausgabe eines Vollstreckungsdokuments für die Zwangsvollstreckung von Schiedssprüchen (Kap. 47) zusammengefasst. Art. 418 Pkt. 1 ZPK erwähnt für die Anfechtung ausdrücklich, dass es sich für die Anwendbarkeit der Vorschriften um Schiedssprüche handeln muss, die auf dem Territorium der Russischen Föderation ergangen sein müssen. Dagegen ist im vorhergehenden Abschnitt V im Kapitel 45 seiner Überschrift zufolge nur die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile und Schiedssprüche geregelt. 10 Federal’nyj Zakon v. 21.7.1997 Nr. 119-FZ „Ob ispolnitel’nom proizvodstve“, SZ RF 1997, Nr. 30, Pos. 3591, zuletzt geändert durch Föderales Gesetz v. 22.8.2004 Nr. 122-FZ, SZ RF 2004, Nr. 35, Pos. 3607.

248 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

I. Abgrenzung der Anwendungsbereiche Die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeiten zwischen den ordentlichen Gerichten und den Arbitragegerichten erfolgt nach den Regeln der Art. 22 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK und Art. 31 APK. Danach entscheiden die ordentlichen Gerichte über die Anfechtung von Schiedssprüchen und über die Ausgabe eines Vollstreckungstitels für Schiedssprüche, sofern nicht Gegenstand des schiedsrichterlichen Verfahrens ein wirtschaftlicher Streit i. S. d. Art. 1, 27 ff. APK ist. Denn für Schiedssprüche über eine wirtschaftliche Streitigkeit sind nach Art. 31 APK die Arbitragegerichte zuständig11. Damit sind an sich Überschneidungen zwischen APK und ZPK sachlich ausgeschlossen: die Arbitragegerichte entscheiden alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, auch wenn es dabei um die Anfechtung oder die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches geht, die ordentlichen Gerichte dagegen alle „übrigen“ zivilrechtlichen Streitigkeiten12. Des Weiteren sind Widersprüche zwischen dem IHSchG und ZPK ebenfalls aufgrund ihres unterschiedlichen Anwendungsbereichs ausgeschlossen. Denn auch das IHSchG hat gem. Art. 1 Pkt. 2 und 3 IHSchG nur wirtschaftliche Streitigkeiten zum Gegenstand, die jedoch nicht von den ordentlichen Gerichten entschieden werden. Die Regeln des IHSchG und des SchGG widersprechen sich ebenfalls aufgrund ihres unterschiedlichen Anwendungsbereiches nicht, was ausdrücklich in Art. 1 Pkt. 3 SchGG festgelegt ist. Zu Konflikten kann es demnach sowohl zwischen dem SchGG und APK und ZPK kommen, da das SchGG gleichermaßen wirtschaftliche wie nichtwirtschaftliche Streitigkeiten erfasst, als auch zwischen dem IHSchG und APK. Den Abgrenzungsregeln für diese Fälle ist daher nachfolgend genauer nachzugehen.

11 s. Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 2 (4), S. 99, 101. Probleme ergeben sich nur im Zusammenhang mit Art. 6 Pkt. 2 IHSchG, der an sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte vorsah. Jedoch wird allgemein angenommen, dass der später erlassene Art. 31 APK Art. 6 Pkt. 2 IHSchG abändert, was auch aus logischen Gründen besser passe, da nun die Arbitragegerichte generell für alle wirtschaftlichen Streitgegenstände zuständig sind, Jarkov/Jarkov, Art. 31 APK Pkt. 3, S. 60; Andreeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 31 APK Pkt. 1, S. 108. 12 Von Ausnahmefällen abgesehen, s. Jarkov, in: ders., AP, Kap. IV § 1 (6), S. 94.

C. Russisches Recht

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II. Die Aufhebung von Schiedssprüchen Sowohl die Anfechtungsregelungen in APK und ZPK als auch diejenigen in den jeweiligen Schiedsgesetzen basieren auf dem MG und damit letztlich auf den Wertungen der internationalen Verträge, insbesondere auf Art. V UNÜ13. Dadurch ist nunmehr in Russland erreicht, dass sich die Anfechtung von Schiedssprüchen allgemein nach dem international konsensfähigen Standard richtet, was insbesondere der früher entsprechend der „Vorläufigen Ordnung über das Schiedsgericht zur Entscheidung wirtschaftlicher Streitigkeiten“14 zulässigen Überprüfung eines inländischen Schiedsspruches der Sache nach einen Riegel vorschiebt15. Nach der Behandlung der Abgrenzungsprobleme zwischen SchGG, APK und ZPK bzw. zwischen IHSchG und APK soll auf einige Sonderregeln des russischen Rechts im Bereich der Anfechtung von Schiedssprüchen eingegangen werden. Für das allgemeine Verfahren und die dabei zu beachtenden Regeln wird auf die russische Spezialliteratur verwiesen16. 1. Im Bereich des SchGG, APK und ZPK Betrachtet man die Regelungen über die Anfechtung von Schiedssprüchen genauer, wird deutlich, dass zumindest für den sich überschneidenden Bereich zwischen SchGG, APK und ZPK in Art. 41 SchGG eine „Kollisionsnorm“ existiert, die das Verhältnis zwischen den drei Gesetzen zugunsten eines Vorrangs der APK und ZPK löst17. Die Anfechtungsgründe des Art. 42 SchGG sind daher subsidiär zu denjenigen der Art. 421 ZPK und Art. 233 APK. Zu wirklichen Normwidersprüchen kommt es dennoch nicht, da die Formulierung der drei genannten Artikel nur in Einzelheiten voneinander abweicht, damit in der Sache jedoch nichts anderes gemeint ist18. Ein Beispiel hierfür ist Art. 42 Nr. 1 Abs. 1 SchGG, wonach ein Anfechtungsgrund dann gegeben ist, wenn die Schiedsvereinbarung aus Gründen, 13 Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 24; Karabel’nikov, 4–111, 4–173, 4–175, 4–177; Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK Pkt. 1, S. 616. 14 Vremennoe položenie o tretejskom sude dlja razrešenija e ˙ konomicˇeskich sporov, Vedomosti S’’ezda narodnych deputatov Rossijskoj Federacii i Verchovnogo Soveta Rossijskoj Federacii 1992, Nr. 30, Pos. 1790, dort insbesondere Art. 26 Abs. 3; aufgehoben durch Art. 47 Pkt. 2 SchGG. 15 Karabel’nikov, 4–111, 4–172; ähnlich Nešataeva in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK Pkt. 2, S. 617. 16 Stellvertretend Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXX, S. 736 ff.; Karabel’nikov, Kap. 4 (S. 232 ff.). 17 So auch Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 1, S. 155. 18 Ebenso Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 42 SchGG Pkt. 1, S. 155.

250 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

die in diesem Gesetz (d. h. dem SchGG) oder einem anderen föderalen Gesetz vorgesehen sind, unwirksam ist; in Art. 421 Pkt. 2 Nr. 1 ZPK bzw. Art. 233 Pkt. 2 Nr. 1 APK heißt es dagegen nur, dass die Schiedsvereinbarung aus Gründen, die in einem föderalen Gesetz vorgesehen sind, unwirksam ist. Das SchGG wird zwar wörtlich nicht erwähnt, sinngemäß sind es jedoch gerade seine Bestimmungen, vor allem Art. 5, 7 SchGG, die über die inhaltliche Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden19. 2. Im Bereich des IHSchG und APK Im Anwendungsbereich des IHSchG konkurrieren auf den ersten Blick die Aufhebungsgründe des Art. 34 IHSchG mit denjenigen des Art. 233 APK. Im Unterschied zu Art. 41 SchGG fehlt hier eine ausdrückliche Regelung, welches Gesetz im Konfliktfall entscheidend ist. Jedoch kann eine Lösung mithilfe der folgenden Erwägungen gefunden werden: Art. 233 APK unterscheidet ausdrücklich zwischen Schiedsgerichten (tretejskie sudy, Pkt. 1–3) und internationalen Handelsschiedsgerichten (meždunarodnyj kommercˇeskij arbitraž, Pkt. 4). Zwar sind grundsätzlich nach der Legaldefinition des Art. 230 Pkt. 1 APK unter Schiedsgerichten (tretejskie sudy) sowohl Schiedsgerichte (tretejsie sudy, ergänzend ist wohl „i. S. d. SchGG“ hinzuzufügen) und internationale Handelsschiedsgerichte (meždunarodnye kommercˇeskie arbitraži) zu verstehen. Die Aufspaltung der Pkt. 1–3 des Art. 233 APK einerseits und des Pkt. 4 andererseits macht aber wenig Sinn, wenn man den Terminus „treteskij sud“ in den ersten drei Punkten im Sinne des Oberbegriffs nach Art. 230 Pkt. 1 APK versteht. Zudem wird aus Art. 230 Pkt. 1 APK auch deutlich, dass der Terminus „tretejskij sud“ doppelt besetzt ist – zum einen als Oberbegriff für alle Arten von Schiedsgerichten, zum anderen als Bezeichnung für die Schiedsgerichte i. S. d. SchGG. Interpretiert man daher richtigerweise Art. 233 Pkt. 1–3 APK als Spezialregelung für Schiedsgerichte i. S. d. SchGG, verweist Art. 233 Pkt. 4 APK für internationale Handelsschiedsgerichte auf die Aufhebungsgründe in internationalen Verträgen (z. B. in Art. IX EuÜ) und in Art. 34 IHSchG20. Mit dieser Verweisungstechnik sind Wertungswidersprüche zwi19

Ebenso Novikov, S. 307, 313 f. Ebenso Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK Pkt. 4, S. 622; a. A. Karabel’nikov, 4–185, der Art. 233 Pkt. 4 APK in der Weise interpretiert, dass hierdurch für russische Gerichte die Möglichkeit eröffnet sein soll, Schiedssprüche insbesondere nach Art. V Abs. 1 lit. e Alt. 2 UNÜ aufzuheben, sofern materielles russisches Recht angewandt worden sei. Diese Interpretation ist sehr zweifelhaft. Richtig ist dagegen, dass das UNÜ keine eigenen Anfechtungsgründe bereithält sondern nur Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs, Karabel’nikov, 4–185. 20

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schen IHSchG und APK ausgeschlossen. Prinzipiell bestehen allerdings ohnehin kaum Widersprüche zwischen Art. 34 Pkt. 2 Nr. 1 und 2 IHSchG und Art. 233 Pkt. 2 und 3 APK21. 3. Art. 230 Pkt. 5 APK Art. 230 Pkt. 5 APK räumt den russischen Gerichten die Möglichkeit ein, einen ausländischen Schiedsspruch aufzuheben, wenn dies von einem internationalen Vertrag so vorgesehen ist und wenn bei seinem Erlass Rechtsnormen der Russischen Föderation angewandt wurden. Üblicherweise ist dagegen die Aufhebung eines Schiedsspruchs Sache desjenigen staatlichen Gerichts, in dessen Territorium sich der Schiedsort befunden hat. Mit anderen Worten können grundsätzlich nur inländische Schiedssprüche aufgehoben werden. Nach einhelliger Meinung im russischen Schrifttum soll durch diese Formulierung auf Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ Bezug genommen werden22, wonach die Anerkennung und Vollstreckung dann versagt werden kann, wenn der Schiedsspruch [. . .] von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem er oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilig gehemmt ist23. Nach richtiger Meinung ist Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ ein Relikt der Verfahrenstheorie, die damals in Deutschland und Frankreich gegolten hatte24. Danach wurde die Nationalität eines Schiedsspruchs nicht nach dem Territorialitätsprinzip bestimmt, d. h. nach dem Ort, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfindet, sondern nach dem auf das schiedsrichterliche Verfahren anwendbaren Recht. Nachdem nunmehr auch Deutschland und Frankreich mit Übernahme des MG zum Territorialitätsprinzip übergewechselt sind, ist Art. V Abs. 1 lit. e Alt. 2 UNÜ als Fall der Verfahrenstheorie gegenstandslos. Ein internationaler Fall ist daher 21

Ebenso Karabel’nikov, 4–173 ff.; Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK Pkt. 4, S. 622. Anlass zu Streit bietet allein Art. 34 Pkt. 2 Nr. 2 Abs. 1 IHSchG, wonach ein Anfechtungsgrund dann gegeben ist, wenn der Schiedsspruch der öffentlichen Ordnung (publicˇnyj porjadok) der Russischen Föderation widerspricht. In Art. 233 Pkt. 3 Nr. 2 APK wird dagegen die Formulierung „der Schiedsspruch verletzt grundlegende Prinzipien (osnovopolagajušcˇie principy) des russischen Rechts“ verwendet. Z. T. wird daraus eine unterschiedliche Interpretation der beiden Begriffe abgeleitet, s. Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 233 APK Pkt. 4, S. 622; richtigerweise ist wohl eine einheitliche Interpretation geboten, s. Karabel’nikov, 4–179; unentschieden Jarkov/Jarkov, Art. 233 APK Pkt. 8, S. 521. 22 Stellvertretend Jarkov/Jarkov, Art. 230 APK Pkt. 9, S. 511; Karabel’nikov, 4–114; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXX § 2 (1), S. 741 ff. 23 Hervorhebung durch Verfasserin. 24 Pointiert Vinogradova, RJu 2002, Nr. 6, S. 31, 32; dies., in: Jarkov, AP, Kap. XXX § 2 (1), S. 742.

252 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

kaum denkbar, so dass auch Art. 230 Pkt. 5 APK in Russland wohl ohne Anwendungsfälle verbleibt25. 4. Art. 232 Pkt. 2 APK und Art. 420 Pkt. 2 ZPK Auch Art. 232 Pkt. 2 APK und Art. 420 Pkt. 2 ZPK halten eine Sonderregel bereit, die aus dem für das Verfahren zur Aufhebung von Schiedssprüchen zu erwartenden Rahmen herausfällt. Danach kann das staatliche Gericht auf Antrag beider Parteien die Materialien des schiedsrichterlichen Verfahrens fordern, auf Grundlage derer der Schiedsspruch ergangen ist. Dies geht weit über die sonst dem Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs beizufügenden Dokumente nach Art. 231 APK bzw. Art. 419 ZPK hinaus26. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass diese Regelung die Gefahr einer unzulässigen révision au fond birgt, da die Aufhebungsgründe der Art. 233 APK bzw. Art. 421 ZPK allein mit den Materialien bewiesen werden können, die nach Art. 231 APK bzw. Art. 419 ZPK bei Antragstellung einzureichen sind27. Schwerer wiegt jedoch noch der Konflikt mit Art. 5 IHSchG, wonach eine staatliche Einmischung zumindest im Bereich des IHSchG nur in den darin vorgesehenen Fällen gestattet ist. Im IHSchG fehlt jedoch eine dem Art. 232 Pkt. 2 APK entsprechende Regelung. Ein Teil der Literatur sieht daher Art. 232 Pkt. 2 APK wegen Verstoßes gegen Art. 5 IHSchG als rechtswidrig an, da den Regeln des IHSchG wegen der dahinter stehenden Autorität des MG, das durch die Vollversammlung der Vereinigten Nationen angenommen wurde, der Vorrang gebühre28. Für den Bereich des SchGG und Art. 420 Pkt. 2 ZPK ist ein derartiger Schluss nicht so leicht möglich, da eine Umsetzung des Art. 5 MG wie in Art. 5 IHSchG im SchGG fehlt. Fest stehen dürfte jedoch, dass Art. 232 Pkt. 2 APK und Art. 420 Pkt. 2 ZPK eine wenig wünschenswerte Regel bereithalten, wobei nur zu hoffen bleibt, dass diese wegen der Notwendigkeit eines Antrags beider Seiten kaum zur Anwendung gelangt29. 25 s. allerdings Karabel’nikov, 1–8 ff. und oben erstes Kapitel C.I.1. zu möglichen Anwendungsfällen. 26 Hinsichtlich der beizufügenden Dokumente gibt es einige Unterschiede zwischen APK und ZPK einerseits und SchGG andererseits, die aber zugunsten eines Vorrangs von APK und ZPK zu entscheiden sind, s. Zajcev, TS 2004, Nr. 1, S. 38 (Komm. zu Art. 424 ZPK). 27 Karabel’nikov, 4–153, 4–149. 28 Karabel’nikov, 4–155, 4–158. 29 Als Grund für diese Regelung wird zum Teil angegeben, dass diese eine anachronistische Übernahme einer Regelung aus der Vorläufigen Ordnung über das Schiedsgericht zur Entscheidung wirtschaftlicher Streitigkeiten darstelle, wonach be-

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III. Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche sind in folgenden Artikeln der russischen Gesetze enthalten: Art. 46 SchGG, Art. 36 IHSchG, Art. 239 APK und Art. 426 ZPK. Zu Widersprüchen kann es wiederum zwischen SchGG, APK und ZPK sowie zwischen IHSchG und APK kommen. Art. 238 Pkt. 2 APK bzw. Art. 425 Pkt. 2 ZPK halten zwei den Art. 232 Pkt. 2 APK und Art. 420 Pkt. 2 ZPK entsprechende Regelungen bereit, wonach das (Arbitrage-)Gericht auf Antrag beider Seiten die Materialien des schiedsrichterlichen Verfahrens herausverlangen kann. Hier gilt das oben Gesagte entsprechend, so dass auf eine erneute Kommentierung verzichtet werden kann30. 1. Im Bereich des SchGG, APK und ZPK Die Gründe für die Versagung der Vollstreckung inländischer Schiedssprüche in Art. 46 SchGG, Art. 239 APK und Art. 426 ZPK stimmen fast wörtlich miteinander und mit den Aufhebungsgründen der Art. 44 SchGG, Art. 233 APK und Art. 421 ZPK überein31. Allerdings fehlt eine dem Art. 41 SchGG entsprechende Kollisionsregel, die im Zweifelsfall APK oder ZPK den Vorrang einräumen würde. Dennoch soll auch im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung den Vorschriften der großen Kodifikationen Priorität gebühren32, was auf den Grundsatz lex posterior derogat legi priori gestützt wird33, sich jedoch auch mit einer Analogie zu Art. 41 SchGG begründen ließe. kanntlich eine révision au fond zulässig war, s. Karabel’nikov, 4–159; zum Teil wird der Sinn der Regelung im Schutz der Vertraulichkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gesehen, die dadurch gewährleistet sei, dass beide Parteien die Herausgabe der Materialien beantragen müssten, s. Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXX § 2 (6), S. 750; dies., KommSchGG Art. 22, TS 2003, Nr. 2, S. 28. Am besten würde die Vertraulichkeit jedoch dadurch geschützt, wenn es gar keine Möglichkeit für ein staatliches Gericht gäbe, Einsicht in die Materialien des Schiedsverfahrens zu bekommen. 30 s. C.II.4.; s. auch Vinogradova, KommSchGG Art. 22, TS 2003, Nr. 2, S. 28. 31 So auch Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 46 SchGG Pkt. 5, S. 169; Jarkov/Jarkov, Art. 239 APK Pkt. 1, S. 527; Vinogradova, in: Jarkov, AP, Kap. XXX § 3, S. 751 behandelt sogar sämtliche Anfechtungsgründe und Versagungsgründe für die Vollstreckung gemeinsam. 32 So Jarkov, KommSchGG, Art. 46 Pkt. 1, TS 2003, Nr. 4, S. 21. 33 So Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 45 SchGG Pkt. 5, S. 169 (zwar tragen SchGG und APK dasselbe Datum, jedoch ist gem. Art. 1 des Einführungsgesetzes

254 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

Einziges Novum im Vergleich zu Art. 46 SchGG und den Aufhebungsgründen ist Art. 239 Pkt. 2 Nr. 5 APK bzw. Art. 426 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK. Nach Art. 239 Pkt. 2 Nr. 5 APK kann einem Schiedsspruch dann die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn der Schiedsspruch für die Parteien des Schiedsverfahrens noch nicht verbindlich geworden ist oder er aufgehoben oder von einem Arbitragegericht oder einem anderen Gericht der Russischen Föderation oder einem Gericht eines anderen Staates, in dem oder nach dessen Recht dieser Schiedsspruch ergangen ist, in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist. Art. 426 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK ist etwas anders formuliert; danach kann die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn der Schiedsspruch für die Parteien des Schiedsverfahrens noch nicht verbindlich geworden ist oder von einem Gericht entsprechend dem föderalen Gesetz aufgehoben wurde, auf dessen Grundlage er ergangen ist. Der Rekurs in Art. 239 Pkt. 2 Nr. 5 APK auf ausländische Gerichte macht im Zusammenhang mit der Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche keinen Sinn, da ein solcher Schiedsspruch entsprechend dem Territorialitätsprinzip als ausländischer zu qualifizieren wäre, hierfür aber Art. 239 APK gar nicht einschlägig ist34. Art. 426 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK ist dagegen „richtig“ formuliert. Der (verbleibende) Sinn dieser Regelungen erschließt sich daraus, dass in den russischen Verfahrensordnungen die (örtlichen) Zuständigkeiten für die Aufhebung von Schiedssprüchen und ihre Anerkennung und Vollstreckung auseinander fallen35. Deshalb bildet die Aufhebung auch eines inländischen Schiedsspruchs einen eigenständigen Anerkennungsversagungsgrund.

zum APK (SZ RF 2002, Nr. 30, Pos. 3013) der APK später in Kraft getreten als das SchGG. 34 s. Karabel’nikov, 4–280, 4–278; ähnlich Musin, in: Makovskij/Suchanov, Art. 46 SchGG Pkt.1, S. 170 (Fn. 1); beide sehen den Grund dieser Formulierung darin, dass Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 5 IHSchG unbesehen in Art. 239 Pkt. 2 Nr. 5 APK übernommen wurde. Die Regelung in Art. 36 IHSchG hat dagegen ihren Sinn, da Art. 36 IHSchG gem. Art. 35 Pkt. 1 IHSchG auch auf ausländische Schiedssprüche anwendbar ist, was offensichtlich bei Art. 239 APK übersehen wurde. 35 Vgl. Art. 230 Pkt. 3 APK für das Aufhebungsverfahren (Arbitragegericht, in dessen Gebiet der Schiedsspruch erlassen wurde) und Art. 236 Pkt. 3 APK für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren (Arbitragegericht am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Schuldners), Jarkov/Jarkov, Art. 239 APK Pkt. 1, S. 527, Art. 238 APK Pkt. 3, S. 526. Entsprechendes gilt für Art. 418 Pkt. 2 ZPK und Art. 423 Pkt. 2 ZPK.

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2. Im Bereich des IHSchG und APK Die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines (inländischen) Schiedsspruchs in Art. 36 IHSchG sind wörtlich dem MG entnommen und entsprechen daher Art. V UNÜ36. Zu beachten ist dabei, dass Art. 36 Pkt. 1 Nr. 1 Abs. 5 IHSchG im Falle der Anerkennung und Vollstreckung eines inländischen Schiedsspruches nur einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich besitzt, da diese Regelung (der Schiedsspruch wurde für die Parteien noch nicht verbindlich oder von einem Gericht des Landes, in dem er oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder einstweilen gehemmt) an sich für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gedacht ist. Strittig beurteilt wird in der russischen Literatur das Verhältnis zwischen den einzelnen Punkten des Art. 239 APK. Teilweise wird Art. 239 Pkt. 4 APK im Verhältnis zu den ersten drei Punkten für überflüssig gehalten, da alle Fragen schon in Art. 239 Pkt. 2 und 3 APK geregelt seien; ein eigenständiger Gehalt wird ihm nur noch i. V. m. Art. 244 Pkt. 2 APK zugesprochen37. Zum Teil wird Art. 239 Pkt. 4 APK wegen des darin enthaltenen Ermessens (das Arbitragegericht kann die Anerkennung und Vollstreckung verweigern) auch dahingehend interpretiert, dass das Arbitragegericht in Fällen eines Schiedsspruchs eines Handelsschiedsgerichts nicht die Regeln des IHSchG anwenden muss, sondern auf Art. 239 Pkt. 2 und 3 APK zurückgreifen darf38. M. E. besteht jedoch keine Notwendigkeit, hier die in der gesamten russischen Gesetzesdogmatik angelegte Unterscheidung zwischen IHSchG und SchGG aufzuheben. Neben den schon oben genannten Gründen39 spricht auch die Gesetzessystematik dafür, ebenso wie bei Art. 233 APK zwischen Art. 239 Pkt. 1–3 APK einerseits und Art. 239 Pkt. 4 APK andererseits zu unterscheiden. In Pkt. 2 und 3 spricht das Gesetz von einem Schiedsspruch eines „Schiedsgerichts“ (rešenie tretejskogo suda), in Pkt. 4 dagegen von einem Schiedsspruch eines internationalen Handelsschiedsgerichts (rešenie meždunarodnogo kommercˇeskogo arbitraža). Darum sollte Art. 239 Pkt. 4 APK als Spezialregelung für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit aufgefasst werden, wodurch auch evtl. Wertungswidersprüche zwischen 36

s. Kostin, TS 2001, Nr. 5/6, S. 27. Dieser regelt die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, so Karabel’nikov, 4–286. 38 Jarkov/Jarkov, Art. 239 APK Pkt. 3, S. 528. Zur richtigen Interpretation dieser (unechten) Ermessensvorschrift, die aus dem UNÜ stammt, Weigand/Haas, Part 3, Art. V UNÜ Rn. 4; MünchKomm-ZPO/Münch, § 1059 Rn. 2. 39 s. C.II.2. 37

256 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

APK und IHSchG vermieden werden, da Art. 239 Pkt. 4 APK vollumfänglich auf das IHSchG verweist. IV. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1. Nochmals: der Vorbehalt des Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ An dieser Stelle soll nochmals auf den Gegenseitigkeitsvorbehalt eingegangen werden, den die Sowjetunion erklärt hatte und der für die Russische Föderation als Rechtsnachfolgerin fortgilt. Die Erklärung lautete dahingehend, dass im Verhältnis zu Nicht-Vertragsstaaten das UNÜ nur bei vereinbarter und verbürgter Gegenseitigkeit anzuwenden ist. Steht die Gegenseitigkeit somit im Verhältnis zu einem Nicht-Vertragsstaat nicht fest, so sind bei Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs auf russischem Territorium nicht die Regeln des UNÜ, sondern die nationalen Regeln anzuwenden. Gem. Art. 241 Pkt. 1 APK werden im Anwendungsbereich des APK ausländische Urteile und Schiedssprüche in Russland anerkannt und vollstreckt, wenn dies von einem völkerrechtlichen Vertrag oder einem föderalen Gesetz so vorgesehen ist. Darunter kann auch das IHSchG subsumiert werden, insbesondere Art. 35 Pkt. 1 IHSchG, wonach ein Schiedsspruch anerkannt und vollstreckt wird, gleich aus welchem Land er stammt, unter Berücksichtigung der Regeln der Art. 35, 36 IHSchG40. Art. 36 IHSchG wurde wörtlich dem MG entnommen und enthält daher eine abschließende Aufzählung der Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen. Damit ergibt sich jedoch, dass jedenfalls nach den Regelungen des IHSchG die Anerkennung und Vollstreckung nicht deswegen abgelehnt werden darf, weil diese nicht auf vereinbarter oder verbürgter Gegenseitigkeit beruht, da dieser Grund nicht im Katalog der Gründe des Art. 36 IHSchG enthalten ist41. Bei allen anderen Schiedssprüchen, die nicht in den Anwendungsbereich des APK fallen, müssen die Vorschriften des ZPK herangezogen werden. Eine dem Art. 421 Pkt. 1 APK entsprechende Regelung fehlt im ZPK, da Art. 409 Pkt. 1 ZPK, der Ähnliches für die Anerkennung und Vollstreckung 40

Ebenso Karabel’nikov, 1–16. Sonst wird in den Kommentaren zu Art. 241 APK dagegen als Föderales Gesetz nur das Gesetz über die Zahlungsunfähigkeit (Bankrott) erwähnt, s. Jarkov/Jarkov, Art. 241 APK Pkt. 1, S. 530; Nešataeva, in: Jakovlev/Jukov, Art. 421 APK, B, S. 640. 41 Dezidiert ebenso Karabel’nikov, 1–16; i. E. zustimmend Jarkov/Jarkov, Art. 241 APK Pkt. 2, S. 530.

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ausländischer Urteile vorsieht, in der die Schiedsgerichtsbarkeit betreffenden Verweisung des Art. 416 ZPK nicht erwähnt ist. Auch unter Betrachtung des gesamten Regelungssystems der Schiedsgerichtsbarkeit sind die in Art. 417 ZPK enthaltenen Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs als ausschließliche anzusehen. Damit ergibt sich auch im Anwendungsbereich des ZPK dasselbe Ergebnis: da die fehlende vereinbarte und verbürgte Gegenseitigkeit nicht als Anerkennungsversagungsgrund in Art. 417 ZPK ausgestaltet ist, darf einem Schiedsspruch nicht deshalb die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden. Damit spielt der im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des UNÜ erklärte Gegenseitigkeitsvorbehalt trotz fehlender offizieller Rücknahme im russischen Recht keine Rolle mehr42. 2. Die Regelungen in APK, IHSchG und ZPK Wie bereits oben erwähnt, spielt das SchGG bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche keine Rolle mehr. Zu Konflikten kann es demnach nur noch zwischen APK und IHSchG kommen. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ist im APK in Art. 241 ff. APK geregelt. Art. 244 Pkt. 2 APK verweist auf Art. 239 Pkt. 4 APK, der seinerseits wiederum auf Art. 35, 36 IHSchG verweist. Im Ergebnis gelten somit die Regeln des IHSchG, so dass es zu keinen Wertungswidersprüchen kommt. Einzig der Verstoß gegen den ordre public ist im APK eigens in Art. 244 Pkt. 2 i. V. m. Pkt. 1 Nr. 7 APK geregelt, obwohl er auch in Art. 36 Pkt. 1 Nr. 2 Abs. 2 IHSchG enthalten ist. Daraus ergeben sich jedoch inhaltlich keinerlei verschiedene Auswirkungen, zumal auch dasselbe Wort (öffentliche Ordnung – publicˇnyj porjadok) verwendet wird. Im Bereich des ZPK regeln die Art. 416 und 417 ZPK die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Die Versagungsgründe des Art. 417 ZPK sind ebenfalls dem MG entlehnt und entsprechen daher letztlich Art. V UNÜ. Für den Versagungsgrund des Verstoßes gegen den ordre public gibt es allerdings zwei divergierende Grundlagen. Die üblicherweise gebräuchliche Formel enthält Art. 417 Pkt. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPK. In Art. 416 Pkt. 1 ZPK wird allerdings auf Art. 412 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK verwiesen, der die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung auslän42 Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche geht im russischen Recht somit wesentlich weiter als die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, dazu Breig/Schröder, IPRax 2003, 359 ff. (passim).

258 6. Kap.: Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs

discher Gerichtsurteile regelt. Dort heißt es, dass die Vollstreckung dann versagt werden darf, wenn diese der Souveränität der Russischen Föderation Schaden zufügen kann oder die Sicherheit der Russischen Föderation bedroht oder der öffentlichen Ordnung der Russischen Föderation widerspricht. Ob dadurch materiell etwas Unterschiedliches gemeint ist, wird die Praxis der russischen Gerichte zeigen. M. E. sollte ein möglichst einheitlicher Auslegungsrahmen für APK und ZPK gelten, so dass letztlich aus Art. 412 Pkt. 1 Nr. 5 ZPK nichts substantiell anderes folgen darf als aus Art. 417 Pkt. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPK.

D. Vergleich Die russischen Regelungen zur Anfechtung und Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen erscheinen durch die Aufspaltung in vier verschiedene Gesetze als unnötig kompliziert. Erstaunlicherweise kommt es bei der hier vorgeschlagenen Interpretation zu wenig bis überhaupt keinen Normwidersprüchen. Diese Interpretation hat allerdings in der russischen Literatur und Praxis bisher keine Berücksichtigung gefunden. Das deutsche Recht hat dagegen durch die Verweisung auf das UNÜ für ausländische Schiedssprüche einen eleganten Weg gewählt, um die Rechtsgrundlagen übersichtlich zu halten und auch die Zahl der anwendbaren Vorschriften möglichst zu minimieren. Abschließend kann festgestellt werden, dass letztlich alle nationalen Regelungen sich fest an das Vorbild des Art. V UNÜ halten, dessen Wertungen über Art. 34 MG auch den nationalen Aufhebungsregeln zugrunde liegen. Damit besteht in Deutschland und Russland ein einheitlicher Rahmen für die Aufhebung und Anerkennung und Vollstreckung in- und ausländischer Schiedssprüche.

Siebtes Kapitel

Schlussthesen Die aufgrund der Übernahme des MG in beiden Rechtsordnungen zu erwartende Angleichung der Regelungen über die Schiedsgerichtsbarkeit hat sich am Ende der Arbeit voll bestätigt. Sowohl die deutschen als auch die russischen Regelungen halten sich im Wesentlichen im Rahmen des MG, wobei festzustellen ist, dass der russische Gesetzgeber das MG wortlautgetreuer umgesetzt hat als der deutsche. Aufgrund des von Russland übernommenen Vorbehalts hinsichtlich der Anwendbarkeit des UNÜ ist der dem russischen Kollisionsrecht verbleibende Anwendungsspielraum als wesentlich größer anzusehen als der dem deutschen verbleibende. Allerdings spielt die vereinbarte oder verbürgte Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung eines (ausländischen) Schiedsspruchs in Russland aufgrund der Ausgestaltung der nationalen Regelungen keine Rolle mehr. Erstaunlich ist allerdings, dass dem Kollisionsrecht in der russischen Literatur und Praxis wenig bis keine Beachtung geschenkt wird. Dies gilt insbesondere im Bereich des SchGG, das fälschlicherweise, dafür in der russischen Literatur umso verbreiteter auf internationale Sachverhalte nicht für anwendbar gehalten wird. Diese Annahme ist jedoch keineswegs haltbar, betrachtet man unvoreingenommen die Anwendungsbereiche des IHSchG und des SchGG. In der jüngsten Diskussion mit russischen Experten zeichnet sich ein langsamer Wandel dahingehend ab, dass dem SchGG tatsächlich die Auffangfunktion (im Verhältnis zu dem eng begrenzten Anwendungsbereich des IHSchG) zugeschrieben wird, die ihm aufgrund seines Wortlauts auch zukommt. Nachdem Deutschland den Vertragsstaatenvorbehalt zurückgenommen hat, sind wohl sämtliche „internationale“ Fälle als vom Anwendungsbereich des UNÜ erfasst anzusehen. Das nationale Kollisionsrecht kommt nur noch dann zum Zuge, wenn es darum geht, im Rahmen der Meistbegünstigungsregel das günstigste nationale Recht zu bestimmen. Allerdings ist die Rolle des nationalen Kollisionsrechts nicht überzubewerten, da zumindest nach der hier vertretenen Auffassung der Anwendungsbereich des UNÜ sehr weit ist und alle Fälle abdeckt, die dazu führen können, dass Schieds- und Vollstreckungsstaat auseinanderfallen. Im Interesse einer möglichst frühzeitigen einheitlichen Bewertungsgrundlage für

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7. Kap.: Schlussthesen

alle Fragen des Schiedsverfahrens scheint dieser Ansatz von großem Vorteil zu sein. Die Unterschiede zu der den Anwendungsbereich des UNÜ enger bestimmenden Ansicht minimieren sich jedoch zusehends, da die Regeln des nationalen Rechts, sofern sie dem MG entnommen sind, letztlich auch auf den Wertungen des UNÜ fußen. Geht es speziell um die Börsenschiedsgerichtsbarkeit in beiden Ländern, gibt es neben den vorherrschenden Gemeinsamkeiten vor allem in der Ausgestaltung des Verfahrens zwei bedeutsame Unterschiede. Im deutschen Recht kommt den in den Regelwerken der Börsen enthaltenen Schiedsklauseln keine Wirkung zu, d. h. sie können den Handelsteilnehmern nicht verbindlich die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichts vorschreiben. Dies liegt daran, dass die Börse als öffentlich-rechtliches Rechtssubjekt die diesen Subjekten auferlegten verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten hat. Die verbindliche Einsetzung von Börsenschiedsgerichten durch die Regelungswerke ist wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt unwirksam, da die zwangsweise Streitentscheidung durch Schiedsgerichte aufgrund der Wesentlichkeit dieser Entscheidung durch ein förmliches Gesetz hätte geregelt werden müssen. § 13 BörsG, der die Befugnis zum Erlass der BörsO enthält, kann nicht als ausreichende Rechtsgrundlage herangezogen werden, da er nicht dem Bestimmtheitsgebot genügt. Nichts anderes ergibt sich, qualifiziert man die statutarischen Schiedsklauseln als privatrechtliche Regelung, da die Börse die öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht über das Privatrecht umgehen darf. In Russland dagegen entfalten derartige Klauseln, sofern sie überhaupt in den Gründungsdokumenten der Börse enthalten sind, Wirksamkeit und binden daher die Gründungsmitglieder unmittelbar. Der Abschluss einer individuellen Schiedsvereinbarung ist darüber hinaus nur noch im Verhältnis zu Nicht-Mitgliedern notwendig, während nach deutschem Recht nur so überhaupt die Zuständigkeit eines Börsenschiedsgerichts vereinbart werden kann. Auch hinsichtlich des möglichen Zuständigskeitsumfangs eines Börsenschiedsgerichts bestehen in Deutschland und Russland bedeutsame Unterschiede. Derjenige eines deutschen Börsenschiedsgerichts ist eng begrenzt nur auf Streitigkeiten, die in die Geschäftsabwicklung der jeweiligen Börse eingegeben wurden oder einzugeben waren. Dies betrifft nur Geschäfte zwischen den unmittelbaren Handelsteilnehmern, d. h. den von der Börse zum Handel zugelassenen Personen, nicht dagegen das weitere (Auftrags-)Verhältnis zwischen unmittelbarem Handelsteilnehmer und seinem (Privat-)Kunden. Nach den russischen Schiedsgerichtsordnungen und Statuten sind dagegen der Zuständigkeit eines Börsenschiedsgerichts sowohl börsliche als auch außerbörsliche Streitigkeiten überantwortet. Beide Begriffe

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sind weiter belegt als im deutschen Recht, so dass ein russisches Börsenschiedsgericht wesentlich mehr Streitigkeiten entscheiden kann als ein deutsches. Vor allem kann es auch für Streitigkeiten zwischen Handelsteilnehmern und Privatkunden tätig werden. Erklärt werden kann die eingeschränkte Kompetenz der deutschen Börsenschiedsgerichte mit § 28 BörsG a. F. und seiner Nachfolgeregelung, § 37h WpHG. Schon § 28 BörsG a. F. hatte dazu geführt, dass Börsenschiedsgerichte nur einem sehr eng begrenzten Personenkreis zur Verfügung standen. Daran hat sich durch § 37h WpHG prinzipiell nichts geändert. Denn nunmehr, da § 37h WpHG unmissverständlich als Beschränkung der subjektiven Schiedsfähigkeit für natürliche Personen ohne Kaufmannseigenschaft ausgestaltet ist, gilt er für alle Schiedsgerichte, die über künftige Streitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften zu entscheiden haben. Allerdings entfaltet § 37h WpHG im internationalen Rechtsverkehr wegen Verstoßes gegen die vereinheitlichte Sachrechtsregelung des Art. II Abs. 1 UNÜ keine Wirkung. Denn Art. II Abs. 1 UNÜ verbietet die Diskriminierung zwischen Schiedsvereinbarungen über künftige Streitigkeiten und solchen über bereits entstandene, wie sie § 37h WpHG durch die eigentümliche Verknüpfung der subjektiven Schiedsunfähigkeit mit der Unwirksamkeit für nur künftige Streitigkeiten anordnet. Damit spielt § 37h WpHG nur noch im rein innerdeutschen Rechtsverkehr eine Rolle. Im internationalen Vergleich ist dieses Ergebnis sicherlich zu begrüßen, da heutzutage kaum eine Rechtsordnung eine derartig weitreichende Schutzregelung für Privatanleger bereithält. § 37h WpHG begründet dagegen den Verdacht, dass dadurch nur das an sich schon überwunden geglaubte Misstrauen des Staates gegen Schiedsgerichte wieder zum Vorschein kommt. Die Annahme, Börsenschiedsgerichte urteilten schlechter als andere Schiedsgerichte, ist durch nichts zu rechtfertigen. Im Gegenteil, da die Schiedsgerichtsordnungen in der Regel vorschreiben, dass ein Börsenschiedsgericht mit Experten aus diesem Bereich zu besetzen ist, erscheint gewährleistet, dass der denkbar größte Sachverstand über derartige Streitigkeiten entscheidet. Dieser Sachverstand wird Privatanlegern in Deutschland momentan durch § 37h WpHG vorenthalten. Eine Abschaffung des § 37h WpHG erscheint daher zumindest überlegenswert, zumal Verbraucher durch das Schriftformerfordernis in § 1031 Abs. 5 ZPO ausreichend geschützt sind.

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Stichwortverzeichnis Anerkennung des Schiedsspruchs 245 ff. Anleger 55, 184, siehe auch Privatanleger Anlegerschutz 23, 106, 133, 183, 184 Arbitragegericht 43, 58, 76, 89 f., 164, 168, 248, 253 ff. Arbitrageprozesskodex 37 Aufhebung des Schiedsspruchs 245 ff. Besetzung des Schiedsgerichts 83, 84 f., 229 f., 232 ff., 235 Bestimmtheitserfordernis 93, 105, 108, 148 ff., siehe auch Schiedsvereinbarung Börse 62 ff., 67 ff., 70, 71 ff., 74, 96 Börsenähnliche Einrichtung 63, 65, 70 Börsengesetz 35, 62 Börsenhandel 69, 72, 77, 81 f. Börsenordnung 36, 92, 96 ff., 103, 106, 107 f., 110, 112, 213 f., 229 – Rechtsnatur 96 ff., 110 ff. Börsenschiedsgericht 76 f., 79, 80 f., 87, 88, 89, 91, 92, 105 f., 107, 110, 118 f., 144, 180 ff., 213 f., 228, 260 f. Börsenschiedsgerichtsbarkeit 27 f., 30, 34 f., 36, 59 f., 75 ff., 79, 86, 119, 144, 181, 216 Börsenschiedsgerichtsordnung 36, 59, 79, 82 ff., 86, 116 f., 229 ff., 232 ff. Börsenschiedsklauseln 92 ff., 108, 112, 115, 202 ff., 213 f., 239 ff. Börsenschiedsregeln siehe Börsenschiedsgerichtsordnung Börsenschiedsverfahren 36, 78, 82 f., 229 ff., 232 ff.

Börsentermingeschäft 129, 133 f., 135, 160 f., 182; 211 Börsenusancen 92, 107, 113 f., 141 ff., 145, 208 f. – Rechtsnatur 113 f. – Rechtsform 115 f., 141 ff. Computerbörse 64, 203 Differenzeinwand 134 f., 160 Eu-Übereinkommen 31, 39 ff., 45 f., 55 ff., 93 Finanztermingeschäft 35, 135, 160 f., 182, 261 Gesetzesvorbehalt 103 ff., 109 f., 116, 144 Handelsbrauch 116, 142 f., 152, 189, 194, 203, 205 Handelssache 35, 54, 57 f., 60 Handelssachenvorbehalt 54, 130, 198 Handelssystem 65 f., 67 Hauptsachestatut 120, 125, 236 ff. – Rechtswahlfreiheit 236, 238, 240 – Kollisionsrecht 237 ff., 240 ff. Internalisierungssystem 68 f., 139 International zwingende Normen 131, 133, 135 Internationales Handelsschiedsgesetz 37, 57 ff. Kapitalmarktrecht 59 f. – deutsches 35 – russisches 37

Stichwortverzeichnis Kaufmann 177 f. Kiewer Übereinkommen 33 f., 42 f., 61 Kreditinstitut 65, 77, 80, 81, 86 Moskauer Konvention 31 ff., 42, 46 Normentheorie, modifizierte 100 Ombudsmannverfahren 78 f. Ordre-public-Vorbehalt 130, 131, 132 ff., 136, 140, 150, 160, 219, 257 Personalstatut 171 f., 173, 174 ff. Privatanleger 81, 86, 123, 135, 176, 185, 261, siehe auch Verbraucher Qualifikation der Schiedsrichter 83, 84 f., 230, 232 ff. Schiedsfähigkeit 121, 154 ff., 171 ff. – objektive 58, 121, 154 ff., 156 f., 159 ff., 161 ff., 163 ff., 168 ff. – subjektive 171 ff., 178, 179 ff. Schiedsgericht siehe auch Börsenschiedsgericht – echtes 95 f., 118 – institutionelles 228 – unechtes 96, 98 f. – verbindliches 88, 90, 118 Schiedsgerichtsbarkeit 28, 75 f., 79 Schiedsgerichtsgesetz 37, 56 ff. Schiedsgerichtsordnungen der Börsen siehe Börsenschiedsgerichtsordnung Schiedsgesetze – deutsche 35 – russische 37 Schiedsklausel 88 ff., 137 ff., 194 ff., 202 ff., siehe auch Schiedsvereinbarung – in allgemeinen Geschäftsbedingungen 137 ff., 188, 194 ff.

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– statutarische (= satzungsmäßige) 88, 90 f., 92 ff., 99 ff. Schiedskommission 83 ff., 233 Schiedsrichter siehe Besetzung des Schiedsgerichts Schiedsspruch 245 ff. Schiedsvereinbarung 120 ff., 123, 127, 141 ff., 147 ff. – Abschluss 141 ff. – Abschlusskontrolle 137 ff., 145 – Bestimmtheit 148 ff. – Form 186 ff., 190 ff., 193 ff., 198 ff. – Inhaltskontrolle 206 ff. – Unwirksamkeitsgründe 213 ff. Schiedsvereinbarungsstatut 94, 120 ff., 123, 147 – objektive Anknüpfung 126 ff. – Rechtswahlfreiheit 122 ff. Schiedsverfahren 217 ff., 224 ff. Schiedsverfahrensstatut 120, 217 ff. – Rechtswahlfreiheit 218 f., 221 Schiedsverfahrensvereinbarung 227 ff. – Form 227 – Inhaltskontrolle 228 ff. – und Schiedsgerichtsordnungen 228 Schiedsvertragsstatut siehe Schiedsvereinbarungsstatut Termineinwand 134, 160 Termingeschäft siehe Finanztermingeschäft Territorialitätsprinzip 50, 56 f., 246 Territorialitätsvorbehalt 54 UN-Übereinkommen 31, 39 ff., 45, 46, 48 ff., 93 UNCITRAL-Modellgesetz 27, 35, 37 Verbandsschiedsgericht 92 Verbraucher 58, 166 ff., 197 f., 200, 207 f., 210, 214

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Stichwortverzeichnis

Verbraucherschutz 60, 129 f., 167 Vereinheitlichtes Sachrecht 44, 137, 147, 148, 177, 186, 207 Vertragsstaatenvorbehalt 54, 190 Vertragstheorie 100 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz 64, 69, 133, 135 Vollstreckung des Schiedsspruchs 245 ff.

Warenbörse 71, 73 f. Warenbörsen- und Börsenhandelsgesetz 38, 72 f. Wertpapierbörse 71, 73 f. Wertpapierhandelsgesetz 35 Wertpapiermarktgesetz 38, 72 f. Wirtschaftssache siehe Handelssache Zivilprozesskodex 37 Zivilprozessordnung 35