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German Pages 491 [496] Year 1821
Biblische
Lasual-Reden und Entwürfe zu
den amtlichen Verrichtungen der
evangelischen Geistlichen. Nebst
einigen Predigten bei außerordentlichen Gelegenheiten,
von C.
E.
Gebauer,
Prediger ju Lietzen, »ur Hochfürstlichen Herrschaft Neuhardenberg gehörig«
Frankfurt 7
4.
Gott ftp
uns
gnädig
und
segne uns!
Er lasse uns fei» Antlitz leuchten, daß wir auf Erden erkennen seinen Weg, unter al
len Völkern sein Heil,
daß wir von sei
nen Zeugnissen nicht weichen,
Gebote halten. ser Gott!
Es segne uns Gott,
Es segne uns Gott,
Welt fürchte ihn, i. Wenn wir,
und seine un
und alle
Amen, m. a. Z., von dem Werthe
des Christenthums nur einige schwache Ahndung haben, so kann es uns schon nicht gleichgültig seyn,
daß wir Christen sind, und Gelegenheit hatten, es zu werden; daß wir schon in den ersten Tagen un
sers Daseyns, unsrer noch unbewußt, durch die
Taufe diese christliche Bestimmung erhielten; daß wir hernach , als der Verstand sich entwickelte und
mehr und mehr reifte, auch unterrichtet und be
kannt gemacht wurden mit den Wahrheiten der
Lehre, die nach ihrem großem Inhalte, wie nach dem Zeugnisse ihres Stifters, die Lehre Gottes selbst
ist.
Wer unter uns erinnerte sich nicht heute noch
mit Rührung jenes Tages, der ihn in die Gesell
schaft der Bekenner Jesu durch die kirchliche Ein segnung ausnahm:
wem wärm nicht die vorhan
denen Anstalten zur Erhaltung der Kirche Jesu auf Erden, wenigstens einigermaßen heilig und werth?
58 Denn was ist der Mensch ohne Gott und Jesum, was kann er seyn ohne Religion?
2. Wenn wir die Ueberzeugung haben, daß irgend etwas gut und segensreich sey, dann müssen wir ja andern,
mit denen wir es wohl meinen,
das Gute auch gönnen, also auch diesen Kindern den Segen bcs Christenthums wünschen.
Warum
wollten wir das auch nicht? Gute Menschen sind
für die menschliche Gesellschaft ein offenbarer Ge winn.
Das Christenthum macht den Menschen
gut und fromm; cs ist also die Sache eines jeden
würdigen Mitgliedes der Gesellschaft, nicht nur zu wünschen, sondern auch zu sorgen, soviel an ihm
ist,
daß die Gesellschaft auch ferner aus guten
Gliedern bestehe.
Wenn daher neue Genossen in
dieselbe einzuführen sind, so kann es keinem gleich
viel seyn, was für welche? und was er sich zu ih
nen, die ihm jetzt beygeordnet werden, zu versehen habe oder nicht? — Also auch, daß diese Kinder
gut seyn und bleiben möchten,
kein Fluch der
Menschheit werden, sondern ein Segen: von die sem'Wunsche muß ein jeder, schon feines eigenen Vortheils halber, ergriffen und durchdrungen seyn.
Und dazu,
daß sie so gut werden und bleiben,
wurden sie unterwiesen in der heilsamen Lehre des Christenthums, sollen sie jetzt durch die Confirmation aufs neue feyerlich verpflichtet werden, und
demnächst die Vorrechte verständiger Christen empfahen, unter welchen die Theilnahme am Abend mahl« Jesu das Bedeutungsvollste, Wichtigste ist.
—
og
—
Die Menschcnfamilie im Allgemeinen ist Ein großes Vaterhaus, und was in diesem Hause vor
geht, wenn'6 einigermaßen für Las Wohl seiner Glieder von Einfluß und Bedeutung ist: nimmt billig ein jeder, Kenntniß.
davon
zum Hause Gehöriger,
So auch wir davon, was heute hier
an dieser heiligen Stätte geschehen soll.
Die Ein
führung neuer Christcnthumögenoffen ist für jeden,
der bereits in diesem Religionövereine lebt,
von
der größten Wichtigkeit. Aus diesem Gesichtspunkte
haben wir denn auch diese kirchliche Handlung zu betrachten, und Gott zu bitten, daß sie nicht nur
für diese Kinder, sondern auch für die Gesellschaft, der sie angehören,
für uns alle von segenreichen
Folgen sey.
5. Zu Euch aber, Worte Jesu, Luc. 12,
m. K.,
spreche ich die
Fürchte dich nicht, du
kleine Heerde, denn es ist Eures Vaters, Eures himmlischen Vaters Wohlgefallen, auch Euch das
Reich zu geben.
Auch auf Euch, (ob Ihr wohl
nur wenige seyd) ist Gottes gnädiges Aufmerkcu mit Liebe gerichtet.
Auch Ihr seyd theuer erkauft
durch den, der sich für Euch in den Tod gab. so fürchtet Euch nicht,
Al
und habet guten Muth,
auch jeht hier in dieser Stunde,
um das Wort
dec ewigen Weisheit und Wahrheit, das Euch ver
kündigt ist, und welches Ihr angenommen habt,
mit Freudigkeit zu bekennen.
Nach der Prüfung.
i. Jesus sagt m seinem Evangelio, Joh. 16. s4: Bildet, so werdet ihr nehmen, eure Freude vollkommen sey.
daß
Betet also
für Euch selbst, Ihr Kinder! lernet beten,
daß
aus dem Euch mitgetheilten Unterricht Euch Heil
und Segen erwachse,
daß Euch das Verständniß
immer mehr geöffnet werde, einznsehen, was da sey- des Herrn Wille, und es Euch nie gebreche an Entschlossenheit und Kraft, diesen Willen zu voll
bringen. —
Und auch Ihr, Zeugen dieser heili
ges Christenhandlung, betet aufrichtig und inbrün-
stig für diese neuen Bekenner des Ramens Jefu.
Eure eigene Freude, euer eigenes Glück, wie das Glück der Menschheit wird dadurch vermehrt, wenn
die, fetzt in Eure Christenmitte Aufzunehmenden,
niemals ander«., als würdige Genossen der Ge sellschaft Jesu. sind. 2. Ihr, m. K., werdet hernach die an Euch
gerichtete Frage, ob Ihr als wahre Christen glau ben und handeln,
leben und sterben wollt, ifitt
Ja beantworten.
Keiner unter Euch wird seyn,
der Nein spräche; Ja werdet Ihr alle sagen. Aber ach! wenn Einer unter Euch, nach der Erzählung
Jeff» im Evangelio, jenem Sohne gleichen sollte, zu dem der Vater sprach: gehe hin und arbeite in
meinem Weinberge,
und so,
wie jener,
sagte:
ich will's thun; hernach aber gütige er doch nicht —> Wehe einem solchen! Anstatt Segen des Vaters
4i km Himmel über sich zu bringen, würde er sich nur Fluch bereiten mit diesem seinem Geständniß, und seine Seligkeit auf ewig verscherzen.
a) Sehet also zu, daß Ihr vorsichtig wandelt,
Eükem Bekenntnisse getreu, Eures Gelübde würdig, und bedenkt das Ende, so werdet Ihr nimmermehr Uebels thun.
Hier, auf
der schlüpfrigen Bahn durch- Leben, wo wir
wegen der vielen Gefahren, dis uns drohen, mit unserer Tugend nie auf festem Boden
stehen, ist stets die größte Vorsicht nöthig,
daß wir nicht ausgleiten und fallen, und ernste Erwägung der Folgen, des Ziels, dem wir
rntgegengehn.
Wenn's auch noch so lange ei
nerley wäre, was es doch auch nicht ist; einst
zum Schluffe wird es nicht einerley seyn,
was der Mensch geglaubt, dacht und gelebt Hat;
Gerichts,
und wie er ge
dann, am Tage de-
wird der Fromme getrost seyn,
der Sander aber zitter» vor der sich aufge-
tadenen Schuld. b) Und laßt Euch nicht verführen.
Den Ver
führer verdammt seine That, aber den Ver führten nicht minder; das Gesetz der Freyheit,
die ihm blieb, ob er der Verführung folgen wollte, oder nicht,
nstvd ihn richten! Süß
ist das Gift der Sünde, aber desto schädlicher und tödtlicher.
rer Hut.
Drum seyd dagegen auf Eu
Wie sollten wir ein solch großes
—• 4s Uebel thun und wider Gott sündigen!
so
ruft Euch mit Joseph Kraft zum Widerstand in die Seele, und meidet, fiiehet jeden Um
gang, der Euch gegen das Gute gleichgültig machen will, so sehr alö Ihr könnt. c) Zu dem Ende erneuere ein jeder von Euch
die heute gefaßten guten Vorsätze und gethanen Gelübde mit den Worten des ngten
Psalms V. 90.:
deine
Befehle
gessen,
m i t.
Ich will,
0 Gott!
nimmermehr
ver
denn du erquickest mich da-
Fleißig und gern wiederholt das Ge
lernte bey Euch selbst im Stillen, oft Ihr dazu auch äußerlich,
und so
zu Hause und
in der Kirche Gelegenheit habt.
Hier, wo
Gottes Wort jedem verkündigt wird, daß es seine Seele heilige und beselige,
und bey
Jesu Christo erhalte, hier findet Euch sonnunb festtäglich ein,
wie es ordentlichen Ge
nossen der Kirche Jesu gebührt.
Dieselbe
Liebe zu Gottes Wort, die heute Eure Her zen erfüllt,
bleibe unveräußerlich Euer Ei
genthum, so lange Ihr hier oder an andern
Orten die Erdenbahn durchwandert. Jetzt ist er gekommen der feyerliche Augen blick, wo Ihr Gott und Jesu zum festen Glauben und schuldigen Gehorsam Euch und Euer ganzes
Leben weihet.
Wie Euer Mund jetzt spricht, so
meine es auch Euer Herz.
Bleibet und wachset
45 m -er Gnade und Erkenntniß unsers Herrn und
Heilandes, Jesu Christi.
sey Ehre
Demselben
nun und zu ewigen Zeiten!
Schlußgebet nach
Heilige,
der Einsegnung.
Gott und Vater,
heilige
diese, von dir zu Gnaden angenommenen, Jünger und Jüngerinmn Jesu in deiner Wahrheit;
Laß
dein Wort ist die Wahrheit.
sie heute
seyn,
nicht
diesen Tag
wiedergeboren
aus unvergänglichem Saamen,
dem neuen Leben,
Jejus gebot.
laß sie in
zu welchem sie berufen
sind, unausgesetzt wandeln. su Freunde,
sondern
aus vergänglichem,
Sie sind Je was chnen
wenn sie thun,
Das mögen sie heute seyn,
das mögen sie immerdar bleiben, rem
eigenen Heil
Gesellschaft, Einst,
der
und
zum Segen
der
sie christlich angehören.
wenn der Herr kommen wird in
seiner Herrlichkeit,
zu richten die Leben
digen und die Todten:
dann,
sey es dieser Kinder hoher Trost, sich zu dir gehalten haben,
rct
zu ih
wurden;
genöspruch:
o Gott!
daß sie
wie sie geleh-
dann beglücke sie der SeKommet her,
ihr Gesegne-
44
—
segneten meines Vaters! ererbet baS Reich! das euch bereitet ist vom Anbe ginn der Welt. — Friede sey mit ih nen und allen, die in Christo Jesu sind, Amen.
UI. Beichtreden. A. In allgemeiner Beziehung. i.
Josua 24,
15.
Eaß uns, Jesu, innig schätze»
Dein uns cherr'r erwarb «es Heil; Nie es aus dm Augen setzen,
Daß an dir nur habe Theil,
Wer auf deine Stimme hört,
Im Gehorsam dich verehrt, Und in deinem Dienst auf Erden
Immer frömmer sucht zu werden. Ich
und mein Haue,
wir wollen
dem Herrn dienen. So sprach einst Josua, Israels Heerführer
an Moses Statt,
nachdem er das versammlete
Volk aufmersam gemacht hatte auf Gottes Größe und Herrlichkeit, und seinen Untergebenen nun die
Wahl ließ,
ob sie diesem Gott auch dienen woll
ten, oder einem andern.
Gefällt es euch nicht,
(so redete er ste mit edler Unbefangenheit an) daß
46 ihr dem Herrn dienet, so erwählet euch heute, wel
chem ihr dienen wollt.
Bey mir aber steht eS
fest: Ich und mein HciuS, wir wollen dem Herrn
dienen. 1. 0 auch heute noch ist das der feste from me Entschluß jedes rechtschaffenen Christen, sollte
er auch wenig ermunternde Beyspiele neben sich, wenig Vorgänger und Nachfolger haben; sollten auch viele gegen die Religion gleichgültig und ih rem Glauben untreu werden: er bleibt standhaft
und wanket nicht. Er mit den Seinen, die Gott ihm gegeben, und für deren Seelenheil er, wie für ihr
zeitliches Wohl,
redlich Sorge getragen hat von
Kindheit auf, der Christ kann nicht anders, als
Gott, und den Gv'tt gesandt hat, Jesum Chri stum, ehren, und seinem Dienste mit ungeheu
chelter Liebe zugethan seyn.
2. Wie dient er daher Gott, Gott als Christ?
wie dient er
Vornehmlich innerlich, mit
Gefühl für Frömmigkeit, mit redlichem Sinn, mit einem vorsätzlich nie abweichenden Verhalten, mit
einem der Tugend wirklich und ganz angehörenden Leben, ohne diese blos zur Schau tragen und da mit glänzen zu wollen vor den Augen der Welk.
Dennoch verschmäht's der Christ auch äußerlich nicht, sich als einen Diener Gottes und Jesu zu
beweisen; er unterläßt nicht, die sichtbaren Zei chen der Religion seiner Väter,
die heiligen Ge
bräuche der Kirche zu ehren, deren Mitglied er ist, und vereng würdiges Mitglied zu seyn er sich überall
— befleißigt.
47
—
Diese Theilnahme an dem, was wohl
anständige Christensitte ist, äußert er zunächst aus edlem Triebe des Herzens, der ihn bewegt, sich
gern religiösen Empfindungen zu überlassen, und diese nicht zu verläugnen;
mer Folgsamkeit,
Heile zu fügen,
aber auch aus from
um sich in die Ordnung des
welche Gott selbst getroffen hat,
die Menschen gerecht und selig zu machen und sei
ne Ehre zu befördern. —
Endlich legt der Christ
diese Theilnahme vorzüglich darum gem zu Ta
ge, weil er seine Kinder und Hausgenossen, und alle, auf die er durch sein Beyspiel einwirken kann, ermuntern will zu ähnlichen Uebungen der Gott
seligkeit. 3. Dem ächten Diener Gottes und Jesu ist
demnach insbesondere jene fromme Stiftung heilig, welche der göttliche Stifter des Christenthums zur
Erhaltung seines Gedächtnisses auf Erden eingesetzt
hat, und zu deren wiederholter Feier die gegenwärti gen Bekenner ihres Heilandes hier andächtig ver
sammlet sind.
Eben so gesegnet, als feierlich sind
dem Christen diese Augenblicke, wo er beym Tische
des Herrn erscheint; und ist es ihm vergönnt, mit fehlem Hause hier zu erscheinen, dessen Genossen zu gleichem Glauben erzogen, und von demselben
Geiste beseelt, ihm ähnlich denken und empfinden;
vermißt er noch kein theures Glied aus der Fami lienkette, welche die alles zernagende Zeit gewiß
und wer weiß, wie bald? — auflösen wird: solch trauliches Beysammenseyn erhöhet für ihn selbst.
48 rind für jeden mitfühlenden Zeugen, der Andacht Werth, und auch der Gedanke an das, vielleicht
bald eintretcnde. Aufhören so lieber Verhältnisse
und Verbindungen schlägt sein Vertrauen nicht nieder.
Die Verbindung mit Gott und Jesu und
allen auserwählten Gerechten, die seine Seele liebt, iss nicht für die Erde, ist für den Himmel geschaf
fen: sie trennt kein Mißgeschick, kein Verhängniß, kein Tod. 4. Unnennbar groß ist der Nutzen und Se
gen eines so ungeheuchelten Gottes - und Jesusdienstes, dem der würdige Genuß des Abendmahls der Christen eine eigenthümlich heilige Kraft und Weihe giebt.
Wahrer Gottes-und Jesusdienst läßt das
Herz nicht leer und unbefriedigt, dienst und Erdendienst.
wie Menschen
Der wahre Dienst Got
tes und Jesu veredelt den inwendigen Menschen,
und erhebt den Geist über die Eindrücke dec sicht
baren Welt.
Wahrer Gottes - und Jesusdienst
lehrt das Leben desto froher genießen, well es so
einzig und allein ohne Vorwürfe genossen werden
kann.
Wahrer Gottes- und Jesusdienst söhnt das
Gemüth aus mit dem Schicksal,
ja macht die
Christen selbst mit dem Tode befreundet, well- er ihnen die Thore des ewigen Friedens öffnet.
5. Wähle also, wer da will, ein Anderes; ich aber und mein Haus, so spreche bey sich selbst
an diesem Elitäre mit Josua jeder Christ, wir wol len dein Herrn dienen, feine Gebote festiglich Hal
ten, seine Wege freudig gehn.
Nichts, weder Tod
—
4g
—
noch Leben, weder Engel noch Fürstenthum, noch
Gewalt,
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,
weder Hohes noch Tiefes, noch irgend eine andere
Kreatur soll uns scheiden von der Liebe Gottes, die
in Christo Jesu ist.
2.
Psalm 25,
i.
Hilf mir, mein Gott! hilf, daß nach dir
Don Herzen mich verlange; Daß ich luch suche mir Begier, Und standhaft dir anhang e. Herr, gieb, daß ich mit Freuden dich In deiner Güte schaue; Im Glauben rein, auf dich allein Mein ganzes Glück stets baue.
Kein Wunsch und kein Verlangen darf billia reger und lebendiger in uns werden,
Wunsch,
Gott wohlzugefallen,
versichert zu seyn.
als der
und feiner Huld
Denn gefallen wir Gott wohl,
so haben wir ihn zum Freunde,
nnd ist Gott für
uns, wer mag wider uns seyn? Dann erschüttert nichts unsern Muth in noch so großer Anfechtung
und Noth; dann strauchelt nicht unser Fuß auf des
Lebens noch so fchlüpfrigmr Pfade: dann gewinnt
das Herz im Guten Festigkeit, und übt sich unser der Trübsal in Hoffnung und Geduld; also unsere
Besftrung, und die Ruhe der Seele nicht minder, Ge-arr«'- Anletrrm-rn.
au
kann nicht anders, sie muß dadurch gar sehr be fördert werden,
1. Unsere Besserung.
Ein heiligerer
Gegenstand kann ja überhaupt die Seele nicht be
schäftigen, als der Gedanke an Gott, der uns zur und vor dem auch die
Heiligung berufen hat, kleinste Sünde
macht.
schon
unwerth
und
verwerstich
Beseelt uns rechtes Verlangen nach des
Höchsten Gunst und Gnade, so ist ein zweytes Verlangen nach Rechtthun und Tugend mit dem
ersten unzertrennlich verbunden,
und das kann
tzenn auf unser Wohlverhalten von keinem andern,
als dem segensreichsten Einfluß seyn. Oder könnte«, wir uns einbilden, der Allcrvollkommenste werde
uns sein Wohlwollen dennoch schenken, wenn wir die bisherigen Fehler und Gebrechen ferner an uns
dulden und mit ihrer Ablegung nie einen ernstli
chen Anfang «nachen, um sie völlig von uns abzuthun?
Nein, Untugenden und Sünden scheiden
Nur «ver ihn
uns und Gott ewig von einander.
fürchtet und recht thut,
der ist ihm angenehm,
und sichert
s. seine Seelenruhe. Wir schwache, hin
fällige Geschöpfe,
in tausend Fällen außer Stand,
uns zu rathen und zu helfen, ob wir gleich dan-
kenSwerthe Gaben und Kräfte empfangen haben zur nützlichen Anwendung, sind und bleiben einer
hohern Macht allezeit untergeordnet.
Auch die
größte Vorsicht wehrt allem Uebel nicht, auch die
klügsten Anschläge
gelingen
nicht
immer nach
51 Wunsch.
Eines bleibenden,
durch nichts je un«
terbrochenen, Glücks erfreut sich so leicht hier kei
ner, auch schwerere Anfechtungen treffen das Leben
der Meisten; höchst selten, so lehrt eS die Erfah
rung, macht das Schicksal eine Ausnahme davon. Heil uns, in guten und bösen Tagen, wenn wir beyde ertragen können mit Weisheit und frommer Ergebung, wenn uns der Trost nicht gebricht: wir gefallen Gott wohl, und die Hoffnung uns bleibt,
er werde uns nie verlassen, noch versäumen. nach dir,
Also
mich!
Herr,
verlanget
so spricht der Christ mit David;
deines
göttlichen Wohlgefallens werth zu seyn, bestrebe ich mich,
und wird mir dies zu Theil, wie selig
Wie wächst dann mein Eifer und
bin ich dann!
Muth, immer weiter zu kommen in der Heiligung
und im Fleiß zu guten Werken; wie geh' ich dann
der Zukunft fester» Schrittes entgegen, und ver gesse die Leiden der Zeit; wie bleibe ich dann nicht
stehen mit meinen Erwartungen und Wünschen bey
der Eitelkeit dieses Lebens, und seinem vergängli chen Glück,
sondern richte mein Auge glaubens
voll auf das Bessere, Ewige hin, wo die, welche dir, o Gott! hier schon angchörken, dort dir noch
naher kommen,
und mit dir in Seligkeit werden
vereinigt werden. Wer diese Hoffnung festgegründet, dies Ver
langen nach Gott und seiner höheren ewigen Ge
meinschaft recht inö Leben gerufen Hat, das ist Je sus, an den wir glauben, als an den Sohn Gsk»
D 2
Ü2
les, dessen Lehre wir bekennen, als eine göttliche
Lehre, und dessen Abendmahl wir jeht feyern wol
len, als ein Unterpfand unserer getreuesten Ver bindung mit Gott, da der Stifter dieses heiligen Mahles, Jesus Christus, von Gott selbst gesandt
ist,
daß wir durch ihn zu Gott kommen solle».
Ja, ein frommer würdiger Genuß des Bundes
mahles der Christen giebt uns die Versicherung, daß wir Theil haben an der Gnade Gottes in Chri sto Jesu,
unserm Herrn, an der Vergebung der
Bußfertigen,
an der Kindschaft der Gerechten;
daß alle Heilsgüter unser sind, lium verheißt.
die das Evange
Ein frommer und würdiger Genuß
dieses Mahles macht uns den Beyfall Gottes im
mer lieber und werther, und zugleich vorsichtiger,
besorgter,
desselben nie wieder verlustig zu wer
den durch Fehler und Sünden.
Ein frommer und
würdiger Genuß bey dieser Tafel der ewigen Liebe stärkt alle, im Sinne und Geiste Jesu dabey Er
scheinende,
zum Frieden und zur Liebe, die aller
Tugenden größte,
und das Band der Vollkom-
menheit ist, das uns mit dem Himmel vereint.
Gott,
zige,
der Gnädige und Barmher
der uns in Christo Jesu reich ma
chen will an allen Gütern, förderlich sind zum
die der Seele
ewigen Leben,
gebe
den hier versammleten Christen seine aller-
theuerste Gnade, das Verlangen,
daß
der Wünsch und
ihm wohlzugefaüen,
ein
53
recht lebendiges Verlangen sey, und kei ner diese heilige Statte verlasse, ohn« Segen für sein Herz, großen ewigen Se gen, davon zu tragen, Amen. o* Psalm 5i, 5. 4. 12 —14, Schaff' in mir, Höchster!
«ine reine Seele,
Em neues Her;, das deine Wege wähle, Befördert und starke mein Bestreben,
Nur dir zu leben.
Verwirf mich nicht von deinem Avgestchte, daß er mich unterrichte. Und auf der Tugend und der Wahrheit Wege Gieb deinen Geist,
Stets leiten möge. Von dem Wunsche, von sich zu entfernen ,
sich zu bessern, Fehler
gute Eigenschaften aber
immer weiter bey sich auszubilden, und mit neu«» Tugenden zu vermehren,
genug, auf eine höhere
Stufe der Vollkommenheit zu treten, — von die sem Wunsche wird wohl zuweilen ein jeder ergrif
fen.
Nicht allein der, welcher öfter eine Ahnung
des Bessern hat,
und nie ganz schlecht handelt,
kann diesem Wunsche Raum gebe«; nein, selbst
der Lasterhafte,
Verworfene,
der Sclave seiner
Lüste, und dem das Sündigen fast zur andern Na tur geworden ist, hat mit unter unbefangene Au genblicke,
wo er sich in seiner wahren Gestalt er-
54 kennt, Mißfallen an sich selbst hat, und zum Gu ten so viel Neigung fühlt, daß man meinen sollte,
er werde dem Uebel der Sünde nun wirklich ernst lich wehren,
und mit der Umschaffung seines
Sinnes und Wandels sofort den Anfang machen. Gleichwohl bleibt der Sünder so oft, was er ist, die Anregung zum Besseren hat für ihn keinen Erfolg.
Er geht von dem Spiegel seines Herzens, der ihm
sein Inneres darstellt, leichtsinnig hinweg, und ver
gißt, wie er gestaltet war.
Ihn umfangen neue
Versuchungen zum Bösen, und'er hängt ihren Reizen
Unbesonnen nach, ohne so wenig durch die Folgen seiner unsittlichen Handlung, als durch diese selbst sich abschrecken und zu einem entgegengesetzten Ver
halten bestimmen zu lassen.
Ernstlich also muß es gemeint seyn mit dem Wunsche nach Verbesserung unsers Sinnes und
Lebens, so ernstlich, daß der, von seinem Gewis sen Verwundete, im schmerzlichsten Gefühle seines großen Seelenschadens mit David betet;
sey
mir
Gott,
gnädig nach deiner Güte und
tilge meine Sünde nach deiner großen
Barmherzigkeit.
Wasche mich wohl von
meiner Missethat, und reinige mich von meiner
Gott, einen
mich nimm
mir.
Sünde,
ein
und
schaffe
reines Herz,
neuen gewissen
in
und gieb mir
Geist.
Verwirf
nicht von deinem Angesicht,
deinen
Tröste
heiligen
mich
mir,
und
Geist nicht von
wieder mit deiner
Hülfe,
unb- der freudige Geist enthalte
mich, biete mir Schwachen die Hand, und hilf mir, wenn ich sinken will, liebevoll auf. David hatte doppelt schwer gesündigt.
Vom
Propheten Nathan erschütternd gewarnt, gieng er
in sich und brach in die Worte seines,
von auf
richtiger Reue zeugenden, erwccklichcn Bußpsalms aus.
Was konnte er auch zunächst anders thun?
Gort hatte er durch dje Uebertretung seiner Gebote
am meisten beleidigt.
Gott mußte er also zuerst
seine große Verschuldung abbitten, um seiner Mis sethat, wo möglich, entledigt zu werden.
aber? —
Wie
David wendet sich in dieser angstvollen
Herzensangelegenheit lediglich an Gott,
und er
wartet von Gott die ganze Abhülfe des Schadens?
Nicht also;
und wäre es dennoch, so hätte auch
David geirrt.
Die Kraft zur Bekehrung liegt im
Menschen selbst,
Gott hat sie ihm gegeben, wie
alle gute und vollkommene Gaben.
Aber so hat
sie auch der Mensch, diese Kraft, sich zu bestem.
Gebrauchte-er sie nicht, verließe er sich bequem auf
fremde Hülfe, wär' es auch die Hülfe Gottes selbst, bliebe er an seinem Theil unthätig zu einem edlem Selbstmtfchluß, dann wehe ihm l Bey allen-sei nen , auch noch so inbrünstigen Gebeten und Buß
übungen, bey allem seinem frommen Zufluchtneh
men zu Gott und seiner Gnade, wäre er und blie
be er ein beharrlicher Sünder, tung verloren. Was ist demnach zu thun?
und ohne Ret
56 1. Bekenne Gott deine Sünde und bitte ihn um Gnade und Vergebung, so wie um Kraft zu immerwährendem Abscheu des Bösen und zur auf richtigen Liebe für Tugend und Frömmigkeit, Recht und Pflicht; aber erwarte doch
2. von dir, von deinem ernsten und festen
Willen, dich zu bekehren, und dem Guten nach zukommen, das Meiste.
Wahne nicht,
der All
mächtige werde dich auch unwillkührlich und wider
deinen Willen in die neue bessere Bahn hineinwer
fen, dich an dieselbe feffeln und mit Gewalt dar auf erhalten.
Wo bliebe dann die FreyheHt und
deiner Bekehrung ganzer Werth? Vielmehr musst du dich selbst zum Guten und Rechten erheben, dich augenblicklich dazu entschließen,
und diesen
Entschluß alsobakd treulich ausführen, unter auch
noch so schwierigen Verhältnissen und Umständen, von welchen dein Geist und dein Herz desto unab
hängiger bleiben wird, je öfterer du 5. als Christ an Jesum denken,
dir seine
große Liebe, mit der er dich bis iti den Tod geliebet hat, vergegenwärtigen,
dich trösten wirst,
und seines Friedens
des Friedens vornehmlich mit
einem versöhnten Vater,
dessen Langmurh und
Barmherzigkeit nun aber nicht weiter durch vorsähliche Abweichungen freventlich versucht werden
darf.
Der,
dem Kreuzestod« sich weihende,
hin
scheidende Erlöser fißte das heilige Abendmahl ein
-
57
"
mit den Worten beym Kelche:
Nehmet hin
und trinket alle daraus,
das ist mein
Blut
des
euch ant)
neuen Testaments,
für
für viele vergossen wird zur
Vergebung der Sünden.
haben Sünden an uns,
nur zu wünschen, suchen ist.
das
Ach!
auch wir
deren Vergebung nicht
sondern ernstlich bey Gott zu
Lasset unü vor dem Allwissenden un
fern Zustand uns nicht verhehlen, vielmehr erken ne ein jeder seine Missethat mit schmerzlicher Reue, und sehe sich ganz nach der Wahrheit, wie er ist. Demnächst werde die wirkliche Umkehr von der
Sünde und Hinkehr zur Tugend und Pflicht keinen Augenblick aufgeschoben, sondern angefangen heute,
diesen Tag, und durch tägliche Erneuerung fortge-
seßt bis zur Vervollkommnung und Vollendung. Das regeste Verlangen nach Besserung durch
dringe jetzt in dieser Segensstunde unser aller Her zen,
und die treueste Vollführung kröne unsern
Entschluß,
nen,
daß wir hinfort der Sünde nicht die
sondern der Gerechtigkeit leben in Christo
Jesu, unserm Herrn.
4.
Matth. 7f 2 4. 26. -Aeil uns, wenn unsre Seligkeit
Auf Wahrheit ist gegründet; Wenn falscher Wahn und Sicherheit Don keiner Schuld entbindet;
58 Wenn sich der Glaube durch die That Zu Tage legt, wie Jesus hat Gelehrt aus heilgrm Munde. Jesus,
unser Herr und Erlöser, sagte zunr
Schlüsse seiner Bergpredigt, die das Wesentlichste
seiner
ganzen Lehre enthält,
Wer
Wort:
diese
dies merkwürdige
meine Worte
und thut oder befolgt sie,
höret
den vergleiche
ich einem klugen Manne, der sein Haus
einen Kelsen
auf diese
nicht,
meine Rede der
gleich, bauete;
sein
aber
thut sie
und
höret
ist einem
Der
Wer
bauete.,
thörichten Manne
Haus
auf den Sand
und kann damit nichts anders beab
sichtiget haben,
als daß er seine Bekenner zum
wahren Christenthum verpflichten wollte, nach dem nächsten Zusammenhang,
Worte stehen, Jesu sagen,
welches
worin diese
nicht im bloßen Herr, Herr! zu
nicht in leeren Worten,
Formeln
und Gebräuchen, sondern in der That und Wahr
heit bestehet.
i. Ein geringes Nachdenken lehrt uns dassel be.
Was hülfe dem Menschen alle, auch noch so
gute, Einsicht und Erkenntniß, ein noch so sorg
fältiges Aufbewahren
der gelernten Wahrheiten
im Gedächtniß und Gemüth? Wenn er nicht auch darnach thut,
nicht Gebrauch macht von seinem
bessere Wissen, wo es eben nöthig ist, so wird'S ihn nur verdammen, nach einem andern, eben so wahren Ausspruch unsers Herrn:
Welchem viel
-
59
-
gegeben ist, bey dem wird man viel suchen, und welchem viel befohlen ist, von dem wird man viel
fordern.
Ja, was hülfe dem Menschen selbst sein
noch so heißes Verlangen nach Seligkeit in Christo
Jesu, wie die von Gott vorgeschriebene Ordnung
des Heils es festgesetzt hat;
seine noch so kühne
Hoffnung, in den Himmel zu kommen? Sie kann
nie befriedigt werden diese Hoffnung, es kann nie gestillt werden jenes Verlangen,
wenn's nicht
Grund hat im Sinn und Verhalten,
Herz fern von Jesu,
wenn das
wenn e§ nicht sein wahres
und bleibendes Eigenthum ist; wenn das Alltags
leben und gewöhnliche Thun und Treiben des Men schen von den,
von ihm angehörten und aufge
faßten, Lehren, auch von den, zuweilen über seine
Lippen gehenden, Aeußerungen sich so durchaus un
terscheidet, daß auch nicht die geringste Spur von wahrhaft christlicher,
Jesu verwandter,
Gesin
nung bey ihm attzutreffen ist. 2. Also begnüge sich keiner mit dem bloßen Erkennen und Wissen dieser oder jener Lehrwahr-
heit des Christenthums, das gemeinhin auch ober flächlich und dürftig genug ist;
keiner auch nicht
mit einer ohngefähren Uebersicht des Lebens Jesu und seiner edlen Thaten, so heilsam, ja unerläß
lich, «ine solche, möglichst genaue, Uebersicht al
lerdings jedem ist, der Jesu Namen führt; eben
so wenig keiner mit dem blos äußerlichen Bekennt niß und was damit zusammcnhängt, um eine Art von Christengemeinschaft doch scheinbar zu behaup-
6o ten.
Wer an sich und sein Christenthum keine
höheren Ansprüche macht, als damit nur zu be
stehen in den Augen der leichtgetauschten, und in
diesem Stück nur allzugcnügsamen Welt; wer nicht
Gott liebt über alles, und seinen Nächsten als sich selbst,
nicht ein wirklicher Nachfolger Jesu ist,
durch geduldige Tragung seines Kreuzes und Ver-
läugnung seines eigenen Sinnes: der führt sich ein Gebäude der Glückseligkeit auf, das einen viel zu lockern Boden hat, als daß cs unter den Stür-
men und vielfältigen Anfechtungen des Lebens fest stehen könnte,
der verfährt ganz aufs Ungewisse
und betrügt sich selbst;
er bauet sein Haus auf
Sand.
5. Auf einen Felsen soll unser Christenwerth
und unser Christenglück gegründet seyn.
dieser Fels.
Jesus ist
Jene Bauleute der jüdischen Kirche
haben ihn zwar verworfen;
doch ist er zum Eck
stein geworden, zur Grundlage alles wahren, zeit lichen und ewigen Friedens.
Nicht bloß gelehret,
auch selbst auß treueste geübet, hat er, der Herr, jede Tugend, und sich damit aufs unwiderleglichste
beglaubiget als den Gesetzgeber der Walt. Vor ihm, depr großen Lehrer der Wahrheit,
beuge sich die Gemeine der Christen und preise ihn, dm Mächtigen von Thaten und Worten vor Gott und allem Volk.
Vorzüglich erglühe das Herz
von Ehrfurcht, Dank und Liebe in einer Stunde der Andacht, wie die gegenwärtige, welche Christengenosscn zum Empfange des heiligen Abend-
6i mahls versammlet,
daß sich ein jeglicher prüfend
hier frage: ob er bisher nicht blos gehört, sondern
auch befolgt habe den treuen Unterricht seines Mei sters und Herrn; ob er den Grund seiner Seligkc.t
in sich selbst zu legen angefangen habe durch Fleiß in guten Werken? Kein herkömmliches Gewohn-
heitöwerk, und gedankenloses Beginnen, kein trü gerischer Heuchelschein und Menschen täuschender Vorwand,
so wenig als hartnäckiges Beharren
entweihe diese heilige
bey dem, was unrecht ist,
Handlung vor dem HerzenSkündiger.
Nein, wah
re aufrichtige Liebe des Heilands und Treue in sei
nem Dienste und in der Uebung der Gottseligkeit sey das eben so schuldige,
als würdige,
Opfer,
womit wir, wir alle hier möchten erschienen seyn,
um es Jesu darzubringen.
5. Matth, li,
s8.
(AuS der Zeit der Drangsal, im Herbst des Jahres 1806.)
Du,
Herr! hast aus Barmherzigkeit, Zum Denkmahl deiner Gnaden, Die fromm« Schaar der Christenheit Wohlthätig eingeladen.
Du rufst: Mühsel'ge, kommt zu mir! Jetzt kommen, Heiland! wir zu dir,
Mühselig und beladen. Du, Herr! bn weißt, was unS gebricht, Entzeuch «ns dein; Gnade nicht.
62 In der gegenwärtigen drangsalsvolien Zeit, WS
Krieg und Kriegsgeschrei uns umringt,
wo der
mit großer Macht durchziehende Feind so oft uns
Heimsucht und unsere Ruhe grausam stört, da hat jeder, nur einigermaßen unglücksfreye, Tag, den
wir unangefochten verleben, ja jede ruhige Stunde einen doppelten Werth für uns,
und fordert uns
auf zum, Dank gegen Gott, der sie uns zu eitriger Erholung schenkt.
Auch die gegenwärtigen,
Andacht gewidmeten.
der
Stunden haben wir aus
diesem Gesichtspunkte zu betrachten.
Sie sind ei
ne wehmüthige Erinnerung ,an die vorige, in ihrem
hohen Werth oft nicht, erkannte, Friedenszeit, die wir jetzt so schmerzlich entbehren, nach nichts uns
mehr sehnend, als nach ihrer baldigen Wiederkehr, na>h der Rückkehr einer Zeit,
wo wir uns wieder
sicher zur Andacht sammlen können, ohne zu fürch
ten, wie jetzt, daß dieselbe durch feindlichen Ueberfall dürfte unterbrochen werden.
Deshalb ma
chen unö aber auch die gegenwärtigen, dem schwe
ren Verhängniß, das über uns waltet, gleichsam abgedrungenen, Stunden kein Wort der Schrift
wichtiger,
als die herz- und liebevolle Aufforde
rung des Heilandes:
alle,
Kommet her zu mir-
die ihr mühselig (ermüdet) und be
laden seyd,
ich will euch erquicken,
ich
will euch trösten, die ihr von Schmerz und Trau
rigkeit überwältiget seyd, und im Hinblick auf das
Dunkel der Zukunft fast keine Hoffnung mehr
habt.
63 1. Wer sind die Mühseligen,
Beladenen,
welche der Herr Jesus hier meint? Dies Wort des Herrn mag zunächst auf die Juden jener Zeit gehen,
die sick> unter dem Religionszwange vieler
hergebrachten Förmlichkeiten ihrer beschränkten Leh
rer befanden, und stch schon insofern sehnen muß ten nach einem gereinigten Gottesdienst.
Dann
werden insbesondere die den Fluch des Gesehes Füh
lenden ,
die Last ihrer Sünden Tragenden darun
ter verstanden, die ihr Gewissen ängstigt, daß sie
sich an Gott versündiget und seine Gnade verscherzt haben! Und endlich, wer wollte diesem Ausspruche
Jesu nicht auch die allgemeine Bedeutung einräu men, daß jeder Unglückliche, mit harten Schick
salen Kämpfende, den Druck der Zeit beseufzende
Erdenpilger ein solcher Mühseliger und vor andern Beladener heiße; wer könnte in Abrede seyn, daß
diese Worte jetzt auf uns eine nahe Anwendung
leiden, auf uns, deren äußere Lage, der fremden Willkühr Preis gegeben, in aller Art so traurig ist?
2. Uns will der Herr erquicken und unsere Wünsche stillen,
wenn wir irgend eines so hart
-rückenden Uebels wegen in Unruhe und Verlegen
heit sind.
Sind es also Sünden, die dein Gewis
sen beschweren, und deren reuevolles Andenken dich
fast
zur Verzweistung bringt,
Wort:
Jesus
nimmt
die
höre des Herren Sünder
kein Bußfertiger naht sich ihm trostlos. —
an; Oder
sind es die Lasten der Zeit, an denen ein jeder zn heben und zu
tragen hak;
ja waren es beyde
—
61
—
Uebel zusammen, die äußere Drangsal und die Gewisscntzschuld,
andere
in
und schärfte das eine Uebel
böser Wechselwirkung
auf das also
doppelt angefochtene Gemüth: der Herr ladet hülfreich zu sich ein: Einer,
Kommt her zu mir alle,
nicht Etliche,
nicht
alle sollen Barmherzigkeit
erlangen und Gnade finden, Erleichterung,
Er
ledigung, wie sie jeder bedarf. 5. Wie kommen wir zu Jesu?
Persönlich
können wir freylich ihm hier uns nicht nahen: daS war seinen damals lebenden Zeitgenossen vorüber
gehend vergönnt, das ist, wir hoffen es, künftig seinen Treuen bleibend Vorbehalten im Himmel. Hier kommen wir zu Jesu:
a) wenn wir an ihn wahrhaftig glauben als an
den Sohn Gottes und Erlöser der Welt, als
den, den Gott gesandt hat, daß er uns- ftey mache vom Dienst der Sünde und ihrer Stra
fe und Schuld, wie von der Herrschaft der Unwissenheit, des Irrthums und der Finster niß ; wenn wir daher jede Gelegenheit ergrei
fen,
uns immer mehr bekannt zu machen
mit dem, was die Schrift von Jesu zeuget,
und so dieß Zeugniß
fw ganz untrüglich
halten; b) wenn wir ihn uns zum Muster nehmen im Sinn und Verhalten,
ganz in seine Fuß
tapfen treten, und nicht allein mit Worten, sondern mit der That und Wahrheit seine frommen Verehrer sind.
65 •) Wenn wir uns vornehmlich trösten mit der Betrachtung,
daß Leiden und Trübsal nicht
selten die besten Menschen trafen,
und daß
selbst Jesus daö Acußerste erdulden mußte, ehe er eingicng zu seiner Herrlichkeit.
Em
vorzügliches Mittel, zu Jesu zu kommen, ist:
d) die andächtige Feier
mahlö,
des heiligen Abend«
um sich ün seiner Liebe festzuhalten;
und sich alle Heils - und Segensgüter seines
Bekenntnisses zuzuwenden durch fromme Er« innerung an sein Leben, Leiden und Sterben. 4. So wollen denn auch wir jeht,
die wir
uns in unserer großen Unruhe und Mühseligkeit
hieher geflüchtet haben, ay diesen Altar des Herrn ungesäumt kommen, ja eilen zu Jesu, und zuvör derst Gott anrufen,
daß er unö ungestört von in
nen und außen diese Andacht vollbringen und sie uns also halten lasse,
daß unser Herz und Geist
dadurch genähret werde zum ewigen Leben.
Hilf uns dazu, liebevoller Heiland voll
göttlichen Segens und göttlicher Huld! Zu
dir sollen wir kommen, und aus deiner Nahe «immer weichen.
Im Glauben und Gehor
sam wollen wir dich suchen, und du wirst dich von uns finden lassen.
Muthig wollen
wir in uns die Macht der Sünde bekämpfen,
und desto standhafter ertragen die Drangsal der Zeit. Verlaß uns nimmer und bleibe Gebauer S Anleitungen. Q
66 bey uns alle Tage »ach deiner Verheißung mit deiner schützenden,
segnenden Kraft.
Mache uns int Voraus bereit, dir zu folgen, wenn du unS naher zu dir ruffst.
Dann
werden wir aller East entledigt, die hier nns brückt, und über alle Unruhe erhaben, fromm
und freudig von hinnen gehen, und deinen Frieden mit uns nehmen, den uns kein Feind
je rauben kann. 6. Matth. 18,
n.
Frieden, Trost und Seelenruh' Fließt, Herr, von dir unS allen zu Im Leben und im Sterben. Du, unser Heiland, JesuS Christ, Du suchest, Vas verlöre» ist, Und rettest vom Verderben.
Ist je ein unvergängliches Wort dessen, der gesagt hat: Himmel und Erde, werden vergehen, aber seine Worte nicht, zu unser aller Heil gespro chen, so ist eö dieses: Des Menschen Sohn
ist gekommen,
zu
suchen
machen, das verloren ist.
und
selig zu
Eine jede Rede
und lehre Jesu ist theuer und werth dem Christen,
und muß es ihm seyn: aber über alles heilig und
wichtig bleibt ihm diese Versicherung^ welche der ?spostel in den bekannten Worten wiederholt: da
ist ja gcwisilich wahr und ein theuer wer-
—
67
—
khes Wort, daß Jesus Christusg^kommen ist,
die Sünder selig zu machen.
1. Wer find aber die Verlornen, die ZesuS sucht?
Ihre Zahl ist groß;
denn ohne Wider-
spnrch find hierher zu rechnen a) alle, die sich zwar selbst nicht für Verlorne halten, es aber darum nichts desto weniger
alle Stolze,
sind:
von sich Eingenommen
ne, ihrer Meinung nach völlig Schuldlose, Tugendhafte und Fromme,
die verblendet
genug sind, selbst ihre Fehler für etwas Gu
tes zu halten,
also nimmer an Besserung
denken, und wie sie auf dem Wege her Bu ße und Bekchrung Vergebung der Sünden
empfangen möchten.
b) die offenbaren Verächter der göttlichen Gnade, die sich über alles Christliche und Gott Wohl
gefällige muthwillig hinwegschcn, ihr Herz gegen die Währheit verhärten, und sich durch
Nichts,
weder durch Lehre,
noch Beyspiel,
weder durch Drohung, noch Verheißung der Schrift
zur Sinnesänderung wollen bewe
gen lassen.
e) Auch trte an sich selbst Verzweifelnden, über
ihr begangenes Unrecht tief niedergeschlage nen,
affen Trost von sich weisenden Seelen
die da meinen, wie Cain, ihre Sünde sey grö ßer,
als
könnte,
daß sie ihnen vergeben werden
und deren Gewissenswunden aller
dings sehr böse und gefährlich find.
E 9
Endlich
68 d) alle, mehr oder weniger Abgewichene, Ver irrte,
welche di« ihnen von Jesu vorgezeich
nete Bahn nicht pünktlich halten,
denen es
die meisten Male an dem nöthigen Ernste und an der treuen Beharrlichkeit fehlt,
wenn eS
auf Beherzigung und Besorgung dessen an kömmt,
was zu ihrem wahren Heil und
Frieden gereicht.
2. Sie sucht Jesus
») durch sein Evangelium, durch den Inhalt feiner Lehre,
läßt;
die er jedem ans Herz legen
durch den Unterricht,
dem Jüngling,
gegeben wird,
der nicht nur
der schon dem zarten Alter
daß er frühzeitig seiner Wir
kung nicht verfehle; sodann durch die öffent
lichen Vorträge der Religion, die an die Er wachsenen gehalten werden,
und die nicht
uur als nützliche Wiederholungen,
sondern
als gute Zugaben und Erläuterungen des
früher Gelernten anzusehen sind. b) durch sein heiliges Vorbild und Leben.
Da
zu sind wir berufen, daß wir sollen Nachfol gen seinen Fußtapfen.
Die höchste meyschli-
che Vollkommenheit stellte er, der Herr, an sich im reinsten Bilde dar, das wir nie ohne
Segen anschauen, das uns zur Nachahmung reizt, und Sinn und Wandel heiliget zum ewigen Leben.
, erwögt es, was der Mund
Da versprach! Zu eu'rem Frommen Dringt an diesem Weihaltar
Jesu neue Andacht dar!
Jesu- Christus, unser Herr, sagte einst zu seinen Jüngern die merkwürdigen Worte:
bin der Weinstock,
Ich
ihr seyd die Reben;
wer in mir bleibet und ich in ihm,
bringet viele Frucht,
der
denn ohne mich
könnet ihr nichts thun. Gern, wir sind es so vom Herrn gewohnt, spricht er in Gleichnissen, so auch hier; und ein geringes Nachdenken über den Sinn dieser Worte
zeigt uns die innige Verbindung an,
in der wir
mit ihiu stehen sollen, wenn er hier sich uns dar
stellt unter dem. Bilde eines frischen Weinjiocks, dem gesunde Reben entsprießen, die aber getrennt
-
«9
-
vom Stamm, dahinwelken und verdorren.
wir,
Auch
wir alle, Kleine und Große, Junge und
Alte, sollen so eng mit ihm verbundan seyn, als
Reben am Weinstock,
sollen als Glieder an un
serm Haupte hangen, und nichts so sehr- fürchten,
aber auch nichts so weise verhüten, als Trennung von ihin.
Dazu gehört aber:
1. Die gewissenhafte Untersuchung, ob wir bisher Jesu angehörten, wie wir sollten, ob wir
»ins nichts, gar nichts unchristliches bewußt sind» was, wenn auch nur auf Augenblicke, Trennung
vom Haupte zur Folge haben könnte, ob wir auch
in der Anfechtung und Widerwärtigkeit, unter dem Druck des Kreuzes, oder bey den Schmeicheleyen des Glücks, in der Stunde der Versuchung, und
wo die Verführung ihre Netze auswirft, im Ver ein mit Jesu bleiben, ohne uns das Kleinste nach-
zuschen? 2. Die aufrichtigste Erinnerung und unge
säumteste Ausführung des Vorsatzes, jedes stören de Mißverhaltniß zwischen uns und Jesu zu he
ben, und aus unserm nunmehrigen Verhalten zu entfernen, weil auch schon die kleinste Abweichung
von ihm zu wahrhaft christlichen Gesinnungen und Thaten untauglich macht.
Solches Eifers und
Bestrebens, mit ihm immer im heiligen Bunde
zu seyn,
ist er, auf dessen wieder zu gewinnen
des Vertrauen es hier ankommt,
stritten werth.
ja wohl unbe
Ja, laßt uns ernstlich um seine
verlorne Liebe werben, wir sind sonst in Gefahr,
—
9°
—
wie abgestorbene Reben behandelt zu werden, de« nen der Stamm,
dem sie gehören,
Kraft und kein Leben mehr giebt.
nun feine
Dann laßt uns
5. die gottesdienstlichen Anstalten in der Chri stenheit schätzen, in welchen und durch welche jede
Frucht des heiligen Geistes um so eher zur geseg
neten Reife kommt, je erbaulicher und ansprechen der diese sind für den Geist und das Herz, und je siejßiger und zahlreicher die öffentlichen Vcrsammlungshäuscr der Christen sich mit andächrigen Theil«
nehmern füllen;
aber auch im andern Fall,
je
mehr überall treue Botschafter an Christi Statt das Evangelium des Friedens verkündigen und ih ren großen Beruf ehren, daß sie die ihnen Anver-
trautcn bitten und ermatzncn: Lasset euch ver söhnen mit Gott! vorzüglich, wenn das Abend
mahl des Herrn zum Genusse bereit ist,
daß es
durch die Vergegenwärtigung des Todes Jesu das seligmachendc Wort von der Versöhnung in uns
aufrichte und bestätige. 4. Was aber die Hauptsache ist, wir sollen
«nS einer freudigen Nachfolge unsers großen Vor gängers befleißigen,
schwer.
sey sie auch mühevoll und
Dazu sind Christen berufen durch alles,
was ihnen nur irgend heilig seyn kann, vorzüglich
aber durch diese edle Bestimmung, als Glieder sei
nes Leibes nicht unfruchtbare Reben zu seyn.
Denn
wer
5. so in Jesu bleibet und Jesus in ihm, der bringet viele Frucht,
und ohne ihn können wir
—
91
—
nichts thun, nichts wahrhaftig Gutes wirb uns nämlich ohne Jesum gelingen. Was nicht auS -em Glauben gehet, sagt die Schrift, das ist Sün de dem, der den Glauben haben und nach besserer Einsicht und Ueberzeugung handeln kann, aber eS zu thun unterläßt. Also auch wenn wir Christen seyn wollen, und doch uns lossagen von Jesu, können wir wenigstens als Christen nichts Gutes zu Stande bringen, einen christlichen Werth gäbe es uns nicht, was immerhin Gutes von unS
geschahe. Das sollen wir beherzigen als eine hei lige Wahrheit, und demnach Jesu innig angehoren, wie ftische Reben dem Weinstock, daß wir von ihm unser edelstes Leben, unsere beste Kraft empfahen, und insbesondere jetzt hier bei diesem Altare Jesu aufs neue verpflichten zur treuesten Beharrung.
Auf diese Beharrung kommt bey jedem Chri sten alles an, vorzüglich bey Euch, ihr jungen Pflanzen im Weinberge des Herrn, die ihr dem selben erst vor Kurzem anvertrauet wurdet unter heißen Segenswünschen und Gebeten für ein ftöhliches Gedeihen. Heute zum ersten Male genießt Ihr das Vorrecht der Christen, bey der Tafel der Gnade zu erscheinen, die der Herr zum Heil und Trost allen denen bereitet hat, die ihn wahrhaftig lieb haben. O liebet ihn von ganzem Herzen, denn er hat Euch erst geliebet. Noch sind ja wohl die guten Eindrücke jenes, für Euch so wichtigen, Ta ges nicht erloschen, als Ihr (eben hier an dieser
92 Stätte) Euer Christengelübde ablegtet, Jesu bis in den Tod gehorsam und treu zu seyn.
Jene
ftyerliche Zusage erneuert Ihr heute als Mitge
nossen seines Mahls.
Dank und neue Liebe,
Weihet ihm heute neuen
mit rechter Inbrunst der
Seele und frommer Geisteserhebung.
Und so wir
alle! Der Andacht heilige Segenskrast soll das Al
ter, wie die Jugend, durchdringen, keine Zeit und Fein Gebrauch soll je das Gute schwächen.,
das
Jesu Abendmahl für's Herz und Leben Hat,
weil
jede wiederholte Feyer desselben uns mit ihm, un serm Herrn, neu verbindet, und seiner seligen Ge
meinschaft,
zu welcher wir berufen sind, immer
fähiger macht. Unaussprechlich sel'ge Frucht Schmeckt, wer sich mit dir verbindet, Dich, den Herrn, von Herzen sacht,
In dir seinen Heiland findet. Laß uns edle Neben seyn An dir, Herr.' So find wir dein.
Amen.
err, du hast auch mir bereitet, Was jum wahren Wohl mich leitet: Licht, den Weg des Heils zu finden, Trost bey dem Gefühl der Sünden,
Kraft, der Bessrung nachzujagen, Mnth, des LebcnS Last zu tragen,
—
willig Entbehrte,
standhaft Erduldete,
Ach überschwenglich entschädigen wird. 5. Das heilige Abendmahl soll diesen Glau ben an Jesum,
diesen Trost des Glaubens, diese
Hoffnung deö ewigen Lebens in uns stärken. -Wer konnte denn hier anders erschienen seyn, als mit
so andächtiger, zu Gott erhobener Seele, worin nur fromme Gefühle wahrer christlicher Besserung
sich reg"», so wie herzlicher Liebe zu Jesu und ei
nes aufrichtigen Dankes? Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig.
Diese 'evangelische
Wahrheit rufe sich in diesen Augenblicken der An
dacht ein jeder selber zu mit treuem Munde und
Herzen, daß er in dieser Wahrheit wandle, und allezeit beständig darin erfunden werde durch die Kraft des heiligen Geistes.
1O1 14« Röm.
IS,
18.
(Bald darauf, als mehrere Gemeindeglieber ohne erhebliche Ursache sich gerichtlich
verklagt hatten.)
Der du die Liebe selber bist Und gern uns Menschen segnest. Ja selbst dem, der dem Feind auch ist. Mit Wohlihun noch begegnest: O bilde unsern Sinn nach dir, Und laß uns, o Erlöser, hier,
Wie du gewandelt, wandeln. Die können keine Christen seyn, Die ßch nicht andrer Wohlfahrt freu'n, Und unversöhnlich handeln.
Jst's möglich,
so
viel an euch ist,
so haltet mit allen Menschen Frieden. So wahr und dringend ermahnt der Apostel
des Herrn zu einer Tugend, die in der menschlichen Geselffchaft und für dieselbe von so großem Wer the ist, daß da, wo sie entweichet, nicht nur al
les Glück des Lebens fieucht,
sondern auch der
menschlichen Pflichterfüllung große Hindernisse in den Weg treten, an deren Hinwegräumung bey sich
selbst und bey andern, jedem Rechtschaffenen gar viel gelegen seyn muß.
Billig sollte die Bewah,
rung der christlichen Friedfertigkeit allgemeiner und
strenger
in Ehren
gehalten werden;
namentlich
sollte man überhaupt in christlichen Gemeinen bey
102
jedem Anlaß zum Streit,
der freylich wohl nie
ganz umgangen werden kann, mehr darauf bedacht
seyn, zu halten die Einigkeit im Geist durch das
Band des Friedens;
sollte nicht aus jeder uns
nicht wohlgefälligen Handlung des Andern,
aus
jedem zweydeutigen Wort, ja aus jedem zu viel oder zu wenig sagenden Blick, alsobakd Grund zum
lauten Mißvergnügen, oder gar zur gerichtlichen Klage nehmen, vielmehr vergeben,
und zum Besten kehren,
entschuldigen
was möglich ist, und
erst nach wiederholten Beweisen einer absichtlich
zugefügten Kränkung den Schuh der Gesetze dage gen suchen. — nicht.
Aber gewöhnlich geschieht das
Häufig giebt es Partheyen, große und klei
ne, die feindlich einander gegen überstehen.
Kei
ner will nachgeben, keiner den Anfang machen mit
der Wiedervereinigung; und so wurzelt diese arge Gesinnung immer tiefer,
dis sie so leicht durch
nichts mehr aus der Seele auögerottct werden kann.
Möchten Erfahrungen dieser Art seltener ge macht werden; möchte, wenn, wie jetzt hier, eine christliche Gemeine sich sammlet zum Tisch des
Herrn, diese aus lauter würdigen Gliedern bestehen, welche, weit davon entfernt, mit unversöhnlichen
Herzen herzuzunahen, zuvor nicht unterlassen ha
ben, hinzugehen, um sich mit dem Bruder zu ver söhnen, der auch vielleicht nur etwas wider sie hatte,
und so allererst gekommen seyn, Christengabe.
zu opfern ihre
Ist daS unter uns gehörig beob-
—
io3
—
achtet worden? Ist Keiner, auch »licht Einer, hier vorhanden, der den Gang zum Richter seines Geg
ners wohl finden konnte, nur nicht den Gang zu seinem Herzen? Keiner, der nicht alte Grollschaft
bey sich nährte,
selbst hier noch vor dem Bilde
des Gekreuzigten sein Herz damit entweihte, wenn gleich der Streit schon beygelegt ist durch richter
liche Entscheidung? — 0 was hätte ein solcher
wohl dringender zu thun, als unwillig über sich selbst zu werden, sich vor Gott zu demüthigen und das
bisher so unchristlich Versäumte nachzuhohlen> so
bald er diese Stätte verläßt.
Nichts muß ihm
wichtiger seyn, als seiner Seele den Frieden zu er
kaufen, der ihn selbst der Gesellschaft, zu der er
gehöret,^ wiedergiebt,
von dem der Friede mit
Gott und der Friede^mit sich selbst ft sehr abhängr,
ja dessen gute beglückende Folgen von unendlicher Dauer sind.
Mit Recht fordert darum der Apostel
des Herrn: ist's möglich, soviel an euch ist, so haltet mit allen Menschen Frieden l
i> Mit allen: zunächst mit denen,
mit
welchen wir in näherer und nächster Verbindung stehen,
als Familienglieder,
nahe Angehörige,
Verwandte und Hausgenossen; dann als Nachbar»
und Ortsgenossen, denen so vieles gemein, und
wo des Einen Sache auch Angelegenheit des An dern ist,
also die Glieder Einer Gemeine,
di«
Teilnehmer an Einer Kirche und Einer Tafel beym heiligen Abendmahl.
Aber dann weiter auch mit
Vielen, die uns nicht so nahe sind, mit allen,
—
j o4
—
sobald wir mit ihnen in Berührung kommen und Versuchung da ist,
daß das Band der Liebe und
des Vertrauens getrennt werden möchte, welches
die
rmyerdorbene MenschenKatur gern mit allen
unterhält; jedoch mit der Einschränkung,
welche
der Apostel sehr bestimmt und vorsichtig hinzufügt s. ist's möglich,
insofern die Fortdauer
oder Herstellung des Friedens und guten Verneh,
men- nicht mit höheren Pflichten streitet.
So darf
denn der, welcher wegen seines Verhältnisses, Am? teö und Berufs auf Zucht und Ordnung halten
soll, aus unzeitiger Verträglichkeit nicht nachsehen
und alles gut seyn lassen.
Wem es irgend obliegt,
im Kreise und Orte seines Wirkens und Berufs,
für Wahrheit und Pflicht, Billigkeit und Gerech tigkeit zu reden und zu handeln,
Furcht,
den Frieden zu stören,
der darf aus
nicht still dazu
schweigen, der soll selbst die Feindschaft nicht scheuen,
die ihm dadurch erwächst.
Endlich, wenn alles
wiederholte Bemühen und jedes nur zu bringende Opfer, um den aufgebrachten Gegner zu gewin
nen, vergeblich seyn sollte, so daß nur eigene gros se Gefahr zu befürchten stände für den zu viel
nachgevendcn Theil, und an jedem guten Erfolg
einer, auf alle Weise versuchten, Annäherung ver zweifelt werden müßte: dann, unter solchen Um
standen ist die Wiederherstellung des Friedens und die Beendigung des Zwiespaltes nicht m»hr von unserer Möglichkeit bedingt;
dann kann Keinem,
der in solchem Fgli ist, ein Vorwurf darüber ent-
—
io5
—
stehen, daß er den Frieden entbehrt; er ist nun des,
halb gerechtfertigt vor seinem Gewissen, vor Gott pnd der Welt,
Aber weil gemeiniglich nicht die Unmöglich keit, sondern die eigene Unbereitwilligkeit den Frie den aufhält und stört: so ist die Ermahnung zum
Frieden, wie sie Paulus giebt,
erheblich,
als
zu wichtig und
daß sie nicht besonders dann zu
Herzen genommen werden müßte,
wenn im hei
ligen Abendmahle Christen das Andenken an den
Versohnungötod Jesu fcyern.
Nur der bösen Sa
che von Herzen widerstrebend und feind, der Men schen Freund, verläugnen sie gegen den, der das Böse übte, auch wenn er es gegen sie selbst übte,
ihre christliche Gesinnung nicht,
meinen es auch
mit dem Feinde gut, so will es ja daß Christen thum, und suchen den Widersacher auf bessere We
ge zu leiten, empfehlen ihn, wenn sie weiter nichts vermögen, der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, frey von Zorn - und Rachgefühl.
Anders, meine Christen, dürfen wir vor Gott
und Jesu nicht erscheinen, als so, daß wir Liebe unter einander haben,
als so, daß wir abgelegt
haben alle Bosheit, unb allen Betrug, und Heu-
cheley und Neid, und alles Afterreden; als so, daß
ein friedfertiger, versöhnlicher Sinn uns wieder ei gen
werde,
sollte er uns fremd geworden seyn.
Nur daran wird jeder erkennen, daß wir Jesu achte Jünger sind; nur so werden wir würdig sein
—
io6
—
Abendmahl halten und seiner Liebe und alles wah ren Friedens versichert seyn.
15. Röm. 14,
17.
Gerechtigkeit, und Fried' und Freude Im heil'gen Geist beseligt dort
Und hier die Frommen, frey vom Leide, Kein Uebel trifft sie mehr hinfort. Dank dir, 0 Herr der Herrlichkeit,
Solch Heil hast du auch mir bereit.
Nach der Erde wartet unser der Himmel, und es giebt ein zukünftiges Gottesreich:
fest ist
diese Hoffnung in der heiligen Schrift und in der
Natur der menschlichen Seele gegründet. 'Und weil dieses Reich als etwas so Hohes und Wünschenswerthes geschildert wird, daß ihm der Vor zug gebührt vor allen Reichen der Welt und ihrer
Herrlichkeit, weil es auch an und für sich Keinen, er sey nahe oder fern, arm oder reich, klein oder groß, aus seinem Besitze auöschließt, dieser viel
mehr jedem offen steht:
so lehrt uns das Evan
gelium Jesu, mit heiligen: Ernste nach diesem Rei che trachten, hier schon ganz eigentlich dafür leben und wirken, und um das Glück, das es verheißt,
gehörig und zeitig bemühet seyn.
Was aber ge
hört dazu? Daß sich damit nicht vereinigen könne
ritt böses gottloses Wesen, daß Gott, das höchste Gut, so offenbare Unvollkommenheiten, als Süw-
—-
io7
den und Untugenden find,
könne,
— an denen nicht dulden
die einst gewürdiget werden sollen, jene
Welt zu ererben, und mit ihm in seinem Reiche selig zu seyn;
das ist wohl jedem einleuchtend.
Jedoch auch eine kümmerliche Bereitschaft,
ein
ohngefährer Wunsch nach dem Himmel beym un» verkürzten Genusse dieser Welt, ein gemeinhin von
körperlicher Schwachheit ausgepreßter Seufzer nach Seligkeit am öden Endpunkte des Lebens, oder int Laufe desselben zuweilen gepflogene Frömmigkeit
und bloße Werkheitlgkeit ist dazu eben so wenig genug.
Nein, das Reich Gottes, die christliche
Würdigkeit zum Reiche Gottes, sagt Paulus, be
steht nicht in etwas so vorübergehendem Aeußeen,
als z. B. Essen und Trinken ist,
nicht in Be«
freyung von dem Zwang der alttestamentlichen Kirche, wo die Menschen etliches genießen durften
und etliches nicht;
ist
sondern das Reich Gottes
Gerechtigkeit, Friede und Freude in
dem heiligen Geist.
i. Gerechtigkeit.
Keine ärmliche Unbe-
schoktenheit und Tadellosigkeit der Sitte, die sich nur
frey erhielte von groben Fehlern und Sünden, und von Lastern und Gebrechen, die schon die weltliche Obrigkeit nicht ungeahndet lassen kann.
Nein,
eine Gerechtigkeit und Unsträflichkcit, die vor Gott gilt und allerdings mehr ist, als wenn die Welt
uns nicht verdammt: ein entschiedener Haß gegen
alles Döse, und eine ungetheilte Liebe für alles Gltte; ein wirklich frommer, ächt christlicher Sin»
—
-—
io8
lind Wandel, der nach der Lehre und dem Vorbil
ds Jesu sich bildete, und für das dennoch Mangel»
hafte der schwachen menschlichen Tugend Verge
bung angedeihen läßt jedem, der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist, daß Gott in Christo war, und die Welt mit sich selber versöhnet hat,
daß
durch ihn, unsern Erlöser und Herrn, die Recht
fertigung des Lebens über alle Menschen gekommen und aller Zweifel verschwunden ist, ob Gott auch
mit unserer Frömmigkeit, wenn wir eö redlich da mit meinen, zufrieden seyn werde.
Also
2. Friede, Beruhigung bey dem Andenken
an Gott, dessen Vatcrliebe, wenn wir seine Kin der sind,
feststehet durch Jesum Christum, und
der die Seinen nie verlassen noch versäumen wird.
Dann Friede mit uns selbst, unserer Handlungen mit
Uebereinstimmung
unsern Ueberzeugungen
nach dem Willen Gottes-, und das daher entstehen
de
genügende Bewußtseyn
von
treu geleisteter
Psticht; und endlich Friede mit dem Nächsten, so weit es möglich, so weit es christlich ist,
diesen
Frieden zu unterhalten, und höhere Gebote nicht
das Gegentheil von uns fordern. 5. Freude in dem
heiligen -Geist;
nicht, wie sie die Welt giebt, eitle, schnöde Freude,
die nicht nur wegen ihrer Flüchtigkeit, mehr noch
wegen ihrer Unlauterkeit und wegen ihrer verderb
lichen Folgen, keinen sonderlichen Werth hat; nein, Freude, wie sie Jesus giebt, eine reine, unschul-
—
log
~
dige, das Herz in Wahrheit erhebende, Freude,
die niemals gereuet und ewig bestehet.
Ist solche Gerechtigkeit, solcher Friede, solche Frellde in dem heiligen Geist unser Eigenthum auf
Erden, und weichen diese edlen Vorzüge und Tu
genden aus unsern Herzen nicht:
dann ist schon
hier Mich Gottes und Heil in diesem Reich, em Vorgefühl des künftigen.
Die Seele ist dann zu
friedengestellt -bey jedem Wechsel der Zeit.
Aach-
theilig wirkt dann so leicht nichts AeußcreS mehr auf das, dem Himmel im Voraus schon angehö-
tende, Gemüth. Das Reich Gottes ist nicht Esten und Trin ken. Nothwendig beziehen sich diese Watte auch auf daS heilige-Abendmahl, wenn man daöey an
«eiter nichts, als an die sichtbaren Zeichen, Btod
und Wein, gedenken, und mit diesem Esten und Trinken keinen höheren geistigen Sinn und Werth
verbinden wollte.
Was hier am heiligen Tische
der Christen genährt und gestärkt werden soll, ist nicht der Leib, es ist die Seele, der Geist und das Herz.
Wären wir aber nur dem Leibe und nicht
auch der Seele nach hier, fänden wir keine beson dere Erweckung zum Guten,
keinen vermehrten
Trost im Leiden, keine neue Belebung unsrer Hoff nungen auf die Theilnahme akn Reich Gottes, bey dem Andenken an den Heilands dachten und em
pfänden wir entweder gar nichts,
oder doch das
Rechte picht, wenn uns im Namen Jesu zuge-
sprochen wird: Nehmet hin und esset, das
IIP
ist
mein leib, unb trinket, das ist mein
Blut: ach! welch ein vergebliches, ja schädliches Beginnen wäre dann unser Abendmahlhalten. 2bir äßen und tränken uns selber das Gericht nach des
Paulus Ausspruch, darum weil wir nicht meinten,
was göttlich, sondern was menschlich ist, und das
Heilige von dem Gemeinen nicht nnürschieven.
Möchten
denn entgegcngesttzte,
bessere Ge
danken und Gefüple unsern Geist und Sinn zu Jesu richten. solche,
Möchten wir uns betrachten als
die gewürdiget sind,
selige Genossen deS
Reiches Gottes zu werden, das hier durch Gerech
tigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geist seinen Anfang nimmt in der Menschen Harzen, und
sich fortbaut in Ewigkeit.
Das gebe Gott! Seine Gnade sey uns nahe, seine Gerechtigkeit heilige uns, sein Friede tröste uns, seine Freude bese lige uns, Amen. iGt
r Cor.
1, So.
dich, erlöß'te Seele, Gläubig, nach des Herrn Befehle, Sein Gedächtniß fromm zu feyery,
Deinen Dank ihm zu erneuern. Auch für dich hat er sein Lebe»
Zur Erlösung hingegeben,
Dir auf Zeit und Ewigkeiten
Heil und Frieden zu bereiten.
111
Ueber den Zweck und Werth der Sendung
Jesu kann wohl so leicht kein, mäßig unterrichteter,
auch nur mittel
Christ in gänzlicher Unge
wißheit seyn; denn daß wir durch den uns gegebe
nen Gottes - und Menschensohn sollen gebessert und fromm,
ruhig und zufrieden, und einst künftig
selig werden, —
so viel,
wenn's nicht mehr ist,
wird sich ja ein jeder,
von dem Grunde seines
Glaubens als Christ,
zu denken und zu sagen
wissen.
Wer sich aber ein wenig in der Schrift
umsieht, die von Jesu Christo zeuget, der findet den ganzen großen Umfang des Zwecks der Er
scheinung Jesu bezeichnet in den Worten des Pau
lus:
Christus Jesus ist uns gemacht von
Gott zur Weisheit,
und zur Gerechtig
keit,
und zur Heiligung und zur Erlö
sung,
und ist so von dieser Schriftstelle geleitet,
gesichert vor jeder unrichtigen Vorstellung.
i. Zur Weisheit. Duelle der Weisheit,
Eine unversiegbare
woraus wir schöpfen und
lernen sollen, waö uns gut und heilsam ist,
die Lehre Jesu.
ist
Ihre Vorschriften alle sind Re
geln zum lebensklugen Verhalten; wer sie achtet
und befolget,
der ist wahrhaftig weise und klug.
So zeugt auch jede Handlung Jesu von höchster göttlicher Weisheit.
Wenn wir uns ihn zum
Muster nehmen, so werden wir vorsichtig wandeln,
nicht als die Unweisen, sondern als die Weisen, so wird unser ganzes Thun und Lassen christlich klug
112
und ohne Borwürfe, und für die fernste Zukunft berechnet seyn.
2. Zur Gerechtigkeit, zur Beförderung
wahrer Frömmigkeit und Rechtschaffenheit im Den« ken und Handeln, wie dazu. Jesus Christus die
sicherste Anleitung gegeben hat durch Lehre und Exempel. Der Lehre Jesu unir seinem Vorbilde
folgen, heißt Gottes Willen thun.
Wer aber die«
scn allerhöchsten Willen nach (erntn Kräften redlich
thut, sich vor Sünden hütet, Gott sein Leben
ei,
llget, und mit diesem ernsten Streben, gut zu seyn
und immer besser zu werdm,
der ist gerecht.
vor Gott besteht,
Auch
3. zur Heiligung ist Christus uns gegeben, daß wir uns gewöhnen,
wie wir ihn zum Lehrer
und Muster haben, das Gute, und nur das Gute zu schätzen und zu lieben , zu wollen und zu wah» len, das Böse aber, weil es böse und wider Gvk«
tes Gebot ist, zu hassen und zu meiden; daß wir unser Herz in seinen geheimsten Falten und Trieben reinigen von der Sünde, und unser Leben Gott
Widmen in der Tugend treuestem Dienst. 4. Zur Erlösung von Unwissenheit und
Aberglauben, als der Macht der Finsterniß; von
der Sclaverey der Sünde und dem Dienst der Un
gerechtigkeit; von der ängstlichen Furcht vor Got tes Zorn und Strafen, die aus der Brust jede-
sich auftichtig bekehrthabenden völlig verscheucht
ist; von allem dem, was uns irgend noch hindern tvollte, die Kindschaft zu empfangen, oder zu der
115 herrlichen Freyheit der Kinder Gottes zu gelangen, die Gott als Vater lieben und durch Gehorsam eh ren; von allem Uebel endlich des LribeS und der Seele hier und in der Ewigkeit. Das ist der ganze hohe und heilige Zweck der Sendung Jesu, weshalb ihn Gott sandte. Die ser wichtige Zweck müsse nun an uns nicht verlo ren seyn. Wir sollen, darum gab Gott uns Je sum, durch ihn weise, rechtschaffene, heilige und von allem drückenden Uebel erlösete Menschen seyn
und werden. Allein durch Erreichung dieses Zwecks kann sich auch der Glaube der Christen in seiner ganzen Kraft bewähren, der freylich stets mehr in der That* und innerer Ueberzeugung von der Wahr heit, als in Worten und äußerem Bekenntniß bestehet. Zur Belebung dieses Glaubens, und daß auch wir den Zweck der Sendung Jesu, weshalb wir Bekenner seiner Lehre sind, an uns erreichen lassen, dazu dient vornehmlich die christliche Abendmahl^feyer, zu deren recht andächtiger Begehung wir hier mögen erschienen seyn, weil wir wohl durch nichts mehr und stärker an Jesu gestimmtes Wirken zum Segen der Menschheit erinnert werdm können, als wenn uns des Erlöstes Bild vor schwebt ganz nahe am Ziele, das seinem rastlosen Wirken für Menschenwohl ein blutiger Kreuzestod fetzte, und zu dem er sich aufs rührendste weihte, als er mit den Seinen die Abschiedsmahlzeik genoß» Was er, der Herr, zu unserm Heil gelehrt und Gebaner'g Anleitungen.
— gethan,
114
— wie er uns
entbehrt und erduldet hat,
von Gott gegeben ist zur Weisheit und zur Gcrech,
tigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung: das wird bey dem Andenken an die lehren Stunden unsers Herrn unsern Begriffen und Vorstellungen klarer und lebendiger.
Neue fromme Bereitwilligkeit
durchdringt unser Innerstes, seiner,
für uns sich
opfernden, Liebe nicht unwerth zu seyn.
Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, ist das
heilige Abendmahl eine Christcnanstalt, an der kein
Andächtiger Antheil nimmt ohne großen Segen für sein Herz.
Hier stellt sich uns der Herr, in wel
chem wir haben die Erlösung Lurch fein Blut, näm lich die Vergebung der Sünden, selbst dar, und
fordert einen jeden zur frömmsten Benutzung so tyeurer Segensgaben auf.
Nun weiß ein jeder
Nachdenkende, was er hier soll und will,
näm
lich Gottes und Jesu liebevolle Absichten an sich er reichen lassen, und weise, gerecht, geheiligt und
erlöset seyn.
Gieb hierzu, gnadenreichster Vater, jedem, der um seine Seligkeit wahrhaftig bekümmert ist, deinen Segen, daß ihm Jesus alles sey und werde, er sich seiner, als seines Erlösers, wahrhaftig tröste und freue und mit ihm lebe ewiglich.
115
>7»
2 Cor» 5,
i4. 15.
(In der Nähe des CharfreykagS»)
Ach ! sieb' ihn dulden, bluten, sterben, O meine Seele, sag' ihm frommen Dank! Sieh' Gortes eig'nen Sohn und Erben, Wie mächtig ihn»die Menschenliebe drang» Wo ist ein Freunds der je, was er gethan, Der so, wir er, für andre sterben kann. Im weiten Umfange des Gebiets der Lehren
unserer allerlheuersten Religion giebt es keine hei ligere Wahrheit, als dieser Jesus ist für uns gestoxben, er hat durch seine Aufopferung die
Folgen der Sünde aufgehoben und unwirksam ge
macht, ist durch seinen Tod geworden der Men
schen Heil und Trost und der Grund aller ihrer Hoffnung zur Seligkeit.
Diesen Lehrsatz hebt die
heilige Schrift des neuen Bundes überall so sehr hervor;
darauf gründet insonderheit der Apostel
Paulus unsere ganze Errettung und Seligkeit, wenn er uns zuruft: Die Liebe Christi drin
get uns;
sintemal wir halten,
Einer für alle gestorben ist, alle gestorben.
däß, so
so sind sie
Und er kst darum
für
alle gestorben, auf daß die, so da leben,
hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem,
der für sie gestorben und aufer-
fianden ist». H s
116 i. Die Liebe Christi,
der «ns sein höchstes
Wohlwollen bis in den Tod geschenkt, der diesen
selbst bis auf das bitterste für uns gelitten hat, dringet uns, und wozu mehr, als zur aufrichtig
sten Gegenliebe, die sich darthut a) durch fromme Erwägung und Anerkennung seiner großen Verdienste um die Menschheit,
und durch rechte Freude und Wohlgefallen an seiner heiligen Lehre.
Jeder Gedanke an
Jesum fordert unS zur Liebe gegen ihn auf, denn anders,
als liebend, Heil bringend,
segnend können wir uns ihn, den großmü
thigen Menschenretter,
den hütfreichen Er
barmet, den vollkommensten Friedensstifter
zwischen Gott und den Menschen, nicht vor stellen; ihn, der uns die besten Aufschlüsse
giebt über das Wesen Gottes und unser Der-
hältniß zu ihm, als seiner begünstigten Kin der, der uns beruhigt über die Verworren
heit der Gegenwart und über das Dunkel der Zukunft, der durch sein eignes Exempel die Heiligkeit der Tugend bewies, die er lehrte; ja sterbend noch für seine Feinde beten, und
die so ihm stuchten, segnen konnte.
Jeder
rechtschaffene Bekenner Jesu fühlt sich also
selig, daß er ihn hat zum Führer und Vor
bilde, an den er sich liebend anschließt, und den er, wie sich'ö gebühret,
b) durch Gehorsam würdig ehrt,
durch Be
folgung seiner Gebote und Nachahmung seiner
—
Tugenden,
"7
—
deren treue Uebung, vorzüglich
dec. Liebe gegen die Brüder und eines thä tigen Strebens für Menschcnwohl der un-
zwtydeutigste Beweis der Gegenliebe seyn
wird, die wir Jesu schuldig sind. 2. Christus ist für alte gestorben, so sind sie
alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie
gestorben und auferstanden ist. a) Für alle ist Christus gestorben, für alle, di« von ihm wissen und wissen wollen,
die
an ihn glauben und von ihm lernen;
für
alle,
di- Segen schöpfen aus seiner Lehre,
welche er als göttliche Wahrheit mit dem
Kreuzestod« besiegelt hat; für alle, die in seinem Tode und wie er starb, das Vorbild
ihres eigenen Todes sehen, wie sie einst wün schen müssen,
zu sterben;
für alle endlich,
die seinen Tod für versöhnend halten mit
Gott, für Schlüd ausgleichend', genügthuend, um der durch die Sünde verlorenen Gnade
Gottes wiederum versichert zu seyn. b) So sind sie alle gestorben.
Sterben soll
nämlich in uns der fündliche Mensch,
die
vorige sündliche bös« Beschaffenheit des Men
schen im Stande der Sünde soll aufhören lind von keinen verderblichen Folgen mehr seyn.
Der Tod Jesu und die Liebe,
aus
welcher dieser Tod geschah, soll uns drangen.
nS eine geistliche Tödtung an uns selber vorzu-
nehmen, wie sie der Seele heilsam ist, eine gön.lche Unterdrückung alles Gemeinen und
Schlechten im D«nken,
Thun und Lassen,
eine wahrhafte Verlaugnung alles ungöttli»
chcn Wesens und der weltlichen Lüste, völlige Lossagung von dem,
was uns ver
werflich machte in Jest» heili gen Augen.
die,
eine
Und
so ihrem Herrn angehören, sollcck hin
fort nicht ihnen selbst leb«n,
sondern dem,
der für sie starb und auferstand; sollen nicht ihren sinnlichen Neigungen folgen,
sondern
den Eingebungen des reinen heiligen Geistes,
den Jesu Lehre, in ihnen weckt, und in-einem
neuen Leben wandeln, daö ganz der Tugend angehört.
Heilig sey unS denn vor allen andern Lehr wahrheiten unsers christlichen Glaubens diese,
welche wir jetzt erinnert wurden:
storben, er ist gestorben für uns.
an
Christus ist ge Niemand hat
größere Liebe, als die, wenn er das Liebste, daö er
hat, fein Leben, für andere läßt.
Diese Liebe hat
Jesus erwiesen, unS erwiesen; auch wir sollen in ihm das Leben und volle Gnüge haben, wir der Sünde gestorben sind.
nachdem
Und kann diese
Liebe je uns drängen und zu christlich frommen Ent
schließungen mächtig bewegen, so wohl jetzt vorzüg
lich in den teidenswochen deß Heilandes, und in der
Nähe de« größten aller christlichen Andachtstage,
des Todestages unsers Herrn.
Ja, unter diesen.
—
1J9
—
auf das Gedächtniß des Todes Jesu vorbereiten
den, Umstanden erscheine uns sein HeiligesAbend
Es werde ein bleibender
mahl zwiefach feyerlich.
Segen für unsere Seele,
daß wir fest entschlossen
seyn, der Sünde abzusterben und der Gerechtigkeit zu leben, und daß diesen unsern Entschluß hinfort
nichts ändere, noch in der Ausführung störe.
Hier, bey diesem heiligen Altare, den
wir jetzt in feyerlicher Andacht umgeben,
bey deinem Leiden selbst, o Jesu, bey deinem Kreuzeötode, den du für uns littest und
starbest, und bey deiner Liebe, die dich zu dem allen bewegte, daß du das Theuerste
nicht achtetest, um die Menschen zu erret ten;
hier geloben wir dir unsere schuldige
Gegenliebe.
Unser ganzes Leben soll da
von Zeuge seyn, daß wir dir unsern Bund
Trey meint's unser Herz,
halten.
das Fleisch ist schwach.
Steh'
aber
uns in
unsrer Schwachheit bey, verlaß uns nim mermehr.
Amen.
18.
Philipp. 2, 5. Ä)elch hohes Beyspiel gabst du mir,
O Heiland, durch dein Leben! M^ht» ich nur stet- und mit Begier
120
Dir nachjuahmen streben. Drum flöße mit den Eifer ein. Wie du, o Herr, gesinnt;u seyn. als aus bloßen äußeren
AuS etwas mehr,
Handlungen soll unser Christenthum bestehen, durch
etwas Höheres noch und Würdigeres, als durch'S
bloße Namenbekenntniß,
soll unser Glaube sich
bestätigen, sonst würde die Religion wohl wenig
Nutzen und W-'rth für uns haben.
Zwar sollen
wir auch daö Aeußere der Kirche, ihre Herkömmli
chen Gebräuche, ihre in die Sinne fallenden Feyer. lichkeiten und öffentlichen Verhandlungen nicht g«' ring achten, noch verschmähen; wir sollen sie viel
mehr ehren als treffliche Belebungsmittel der An dacht, deren der sinnliche Mensch schwerlich ent behren kann,
um seinen Geist zu erheben, daS
Gemüth zu sammle»,
und den Wahrheiten deS
Evangeliums Eingang zu verschaffen in das, der
Welt sonst so leicht hingegebene, Herz.
Aber wo
zu Christen aufs höchste verpflichtet sind, und was ihnen immer die Hauptsache bleibt, das ist Nach
ahmung Jesu und seines uns gegebenen Vorbildes, das Bestreben, ihm immer ähnlicher zu werden im
Wollen und Wünschen,
Denken und Thun,
die Schrift dazu ermahnt in den Worten:
jeglicher sey gesinnet,
wie
Ein
wie Jesus Chri
stus auch war.
1. Gesinnet soll jeder also seyn, Christus uns em Muster war.
wie Jesus
Diese Aehnlichkeit
121
mit Jesu wird von allen verlangt,
die sich nach
seinem Namen nennen und äußerlich seine Ange hörigen sind.
Freylich können wir nicht in jeder
Hinsicht seyn, wie Jesus Christus war.
Als der
eingeborne Sohn Gottes und Mittler zwischen Gott
und den Menschen, als der Erlöser und das Ober haupt seiner Gläubigen ist er weiterhaben über alles,
was menschlich groß und edel ist; als solcher be sitzt er Gaben und Kräfte, die seine göttliche Na tur bezeichnen, und wodurch er ewig der Unerreich
bare seyn und bleiben wird.
Aber in der Gesin
nung können wir ihn nachahmen und sollen es, sollen denken und empfinden,
wünschen und be
schließen,' wie er. Keine halbe und dürftige Ent schiedenheit für'6 Fromme soll uns demnach genug seyn, sondern eine uns nur mögliche, ungetheilke
Eingenommenheit und Liebe dafür erfülle die See le, auf daß der Geist Christi in uns wohne und
nicht der Geist der Welt.
Mit dieser Gesinnung,
die sich in allem nach dem Vorbitde Jesu richtet, wie es uns in der evangelischen Geschichte zur Nach
folge aufgestellt ist, muß aber allerdings 2. auch verbunden seyn ein unsträfliches Le
ben,
ein solchem Sinn fürs Gitte durchaus ge
mäßer Wandel, der sich im täglichen Thun und
tasten durch Handlungen offenbart. gehört das Vollbringen,
Zum Wollen
sonst ist das Gute un
nütz und ohne Segen und Frucht.
Der frömmste
Glaube ohne rechtschaffene Werke ist todt an ihm selber, so ist auch das gute Herz mit allen seinen
122
Rührungen werthlos, wenn diese nicht zu Thaten werden, die dessen, was im Innern vorging, un
verdächtige Zeugen sind.
Also empfinde Mitleid
und Erbarmen mit anderer Noth, o Christenherz!
Wenn aber dem Mitleiden in weiter nichts bestän de, als daß du zu dem Elenden sprächest:
Gott
berathe dich, wärme dich und sättige dich, du gä best ihm aber nicht, (da du'S doch wohl könntest,)
was des Leibes Nothdurft ist, was hülfe ihm das, und was hülfe es dir selbst? weil deine barmher
zige Gesinnung dann nur Verstellung,
ja mehr
noch als Verstellung, Verspottung des Unglückli chen wäre.
Das sey ferne ! Lebendig bis zur That
sollst du dein menschliches Gefühl in dir erhalten. Auch wirklich so edel, als du vorgiebst, daß du'S
seyn kannst, sollst du dich zeigen, und an deinem Jesu ähnlichen, ächt christlichen Sinne keinem den
geringsten Zweifel übrig lassen. —
Sey gesinnt,
wie Jesus Christus auch war, anspruchslos, demü
thig und bescheiden, wie er; aber so sey das auch wirklich, so sey auch dein ganzes Betragen gegen den Nächsten ohne Stolz und Dünkel; damit nicht,
wie wohl zuweilen geschiehet,
sich hinter deiner
Demuth geheimer Stolz verberge und dich völlig verunstalte, anstatt, daß du dich Jesu, dem voll
kommensten Muster nachbildest. —
Dein Herz
erglühe dafür, aber dein Wandel folge nun auch willig nach,
und bewähre sich rechtschaffen und
treu in jeder Anfechtung.
125
Daß unsere Ähnlichkeit mit Jesu keine an dere, als eine so aufrichtige, seyn dürfe, das liegt wohl außer Zweifel. Auf eine solche, und keine geringere, besteht Christus, wie alle seine Apostel.— Will mir jemand nachfolgen, sagt Matthäus im Namen Jesu, der verläugne sich selbst. Ein Beyspiel habe ich euch gegeben, daß ihr thut, wie ich euch gethan, Johannes. Christus hat für
uns gelitten und uns ein Vorbild gelassen, Pe trus. Ein jeglicher sey gesinnt, wie JesuS Chri stus auch war, Paulus in den schon angezeiqten Worten. Und wahrlich, ein edleres Vorbild kön
nen wir uns nicht zum Muster nehmen, besser, und hiermit auch seliger, können wir nie berathen seyn, als in Jesu heiliger Rahe; und Entschlies sungen, ihm uns immer mehr zu nähern, sind gewiß die würdigste Vorbereitung zu der Andacht, weshalb wir hier versammlet sind. Wem könnte es hier, beym Tische des Herrn, an solchen Ent schließungen fehlen, wem aber an Kraft, sie zu vollbringen, wenn der Geist Christi in ihm wohnt.
Wir bitten dich, Barer! um diesen Geist des Sohnes, daß er uns heilige, regiere und starke, und uns Jesu Christo immer ähnlicher mache, der uns dazu er kaufet har, daß wir sein Eigenthum wer den und es bleibe« allezeit, Amen.
124
»9«
2 Timoth. 2,
8.
H» im Gedächtniß Jesum Christ,
O Seel«, der auf Erden
Do« Gottes Thron gekommin ist,
Ein Heiland dir ;u werden. Vergiß sein nicht; denn dir ZU gut Vergoß er sein so theures Blut; Dank ihm für diese Liebe. Daß wir das Adventen Jesu ehren, und von
einer so frommen Erneuerung feines Gedächtnisses
auch öffentlich und feyerlich Zeugniß ablegen von
Zeit zu Zeit: das ist eine von den Pflichten, von denen
sich Keiner
lossagen
kann und lossaget,
dem die Religion Jesu und der Glaube an ihn
nur einigermaßen wichtig ist.
Wir nennen uns
Christen, Bekenner des Heilands Lehre, gehören zu seiner Gemeine, und genießen die Vortheile und
Vorzüge der christlichen Gesellschaft; folglich kön nen wir uns ihres Stifters auch nicht oft genug
erinnern.
Auch uns ist es gesagt, einem jedem
unter uns, was Paulus feinem Freunde und Schü
ler Timotheus zuruft in den Worten; Halte im Gedächtniß Jesum Christum,
der auf
erstanden ist von den Todten.
i. Das nicht zu thun, feiner vielmehr zu vergessen, dessen Sendung, L chen und Schicksal ja
di« höchste Bedeutung und
Dichtigkeit für uns alle
har, f.ch ausznschließen von Der Gemeine des Herrn,
125
und selten oder nie sein Abendmahl mitzufeyern:
daS wäre schon wider den äußern guten Wohlstand, den wir als Mitglieder der christlichen Religionsgesellschaft zu beobachten haben, und also höchst unschicklich für uns.
Aber es wäre wenig, wenn
es nicht mehr wäre, es wäre
2. auch höchst unedel und undankbar, wenn
uns die theure Vcrpstichkung, die wir dem Anden
ken Jesu schuldig sind, so wenig rührte,
wenn
wir uns nicht gern und öfterer wieder erinnern wollten dessen, der für uns geboren ward und leb
te,
ja der zur Bestätigung seiner Lehre den blu
tigen Kreuzestod litt und starb, dann aber auch
durch Gottes Allmacht am dritten Tage das Grab
verließ zu unsrer aller Beruhigung und Trost, um
uns die Hoffnung zuzusichern auf ein zukünftiges Leben, das aus den Trümmern der Gegenwart hervorgehcn wird.
Im Gegentheil
5. wie gut und heilsam ist es nicht für uns,
für die Vermehrung des so wichtigen Abscheu's
gegen die Sünde, und für die Stärkung zur Tugend und Psticht, für die Erhaltung unserer Ruhe und
die Belebung unsrer Hoffnungen auf das Dunkel der Zukunft, daß wir an Jesum gedenken, und
seine Unterweisungen zur Seligkeit uns zu Gemüth führen können, daß wir uns die Bahn, die er vor uns gewandelt ist, merken und zum Muster neh men, daß wir uns erinnern können seiner Liebe, mit der er Freunden und Feinden begegnet, daß
wir uns erfreuen feines hülfreichen Erbarmen-
126
und seiner verzeihenden Großmuth, daß wir sein« Tugenden alle bewundern können, aber auch nach ahmen, und unsern Glauben an ihn, den Erlöser der Menschen, immer mehr befestigen» 4. Also ist eS unbedingt nothwendig, Jesum
im Gedächtniß zu behalten, und das Andenken fei
ner Tage zu heiligen und zu ehren.
Am wenigsten
darf die Feyer des heiligen Abendmahls bey Seite gesetzt und unterlassen werden, da der Herr Jesus in der Nacht, da er verrathen ward, ausdrücklich
zu seinem Gedächtniß diese Feyer verordnete, zu deren würdigen Wiederholung die Apostel Jesu so
dringend ermahnen,
nahe,
nicht minder das jedem so
natürliche Gefühl der schuldigsten Dank
barkeit. Möchte also keiner hier gegenwärtig seyn, dem es nicht ein erwecklicher Zuruf wäre,
Wort des Apostels:
das
Halte im Gedächtniß Jesum
Christum, der auferstanden ist von den Todten;
Keiner, dem bloß äußerer religiöser Anstand, ein aus der rechten Quelle nicht stießendeS Gefühl sür'S
Schickliche diesen Zwang angethan hätte, hier er
schienen zu seyn;
vielmehr sey vorzugsweise di«
große Pflicht dankbarer Erinnerungen der edle Be weggrund aller, warum sie sich abermals sammleten zum Altare des Herrn, damit sie sich ehrfürch tig und freudig den in ihrer Seele vergegenwärti
gen, der ihr Erlöser ward, und ewig ihr Fürspre cher seyn will, der sein Blut vergoß für Vleke zur
Vergebung der Sünden,
und jedem
christlich
127 Glaubenden, Liebenden und Hoffenden Segnungen
zuwendet, die nicht blos für diese Erde, die für
den Himmel Bestand
haben.
Heil un6, wenn
frommes Andenken an Jesum aus unsrer Seele nie
weichet, wenn wir in beständiger Erinnerung an seine Lehre und an sein Vorbild, immer neue Kraft
empfahen und neuen Muth zur Tragung unsrer Le« benslast; wenn wir ihm immer ähnlicher und sei
ner Liebe würdiger zu werden uns bestreben, und in dem allbeseligcndm Glauben, daß uns der auf erstandene Heiland einst alle zu sich sammlen wird,
fest und unbeweglich sind.
Dazu erwecke uns Gott, der Heilige
und Gnädige, unser Herz
daß wir durch alles, was
bewegen
kann,
insonderheit
auch durch diese Christenandacht in jeder Tugend gestartet,
und in der nahen oder
fernen Abschiedsstunde
getrost seyn,
aus
diesem Leben
und Welt und Zeit über
winden mögen in unzertrennlicher Gemein schaft mit dem,
auferstand,
der für uns starb und
Amen.
20« 1 Ioh. S,
1. 2.
§aß uns mit Ernst die Sünde scheu'», Für welche du, dich opfernd, starbst; Mit schnödem Mißbrauch nie entweih'»,
128
Was du» o Jesu! uns erwarbst. Nie führe uns zur Sicherheit Der Trost, den uns dein Lod verleiht. Meine Kindlein,
ob jemand sündi
get, so haben wir «inen Fürsprecher bey dem Vater,
recht ist-
Jesum Christum,
der ge
derselbige ist die Versöhnung
für unsere Sünde, nicht allein aber für
die unsere,
sondern auch für der gan
zen Welt. Diese Worte, so sehr sie allen Trost desEvan-
geliumS erschöpfen, und in ihrer kindlichen Zu
sprache auf fromme Chtistengcmüther einen wahr haft beseligenden Eindruck machen, sind doch leicht wohl auch schon unrecht verstanden, ja dergestalt gemißdeutet und gemißbraucht-worden,
daß sie
gegen das Gute gleichgültig gemacht,
manchen
Unerweckten, Schlummernden gänzlich eingeschläfert, manchen Thörichten,
Verkehrten in dem Wahne
bestärkt haben, als habe es mit der Sünde soviel
nun nicht auf sich, da Jesus sich für den Sünder
bey Gott verwende und durch seine Fürsprache wie
der gut mache, was noch so sehr verdorben war.
i. Jeder Bejsergesinnte fühlt es, daß die angezogene Stelle also nicht verstanden werden, ja daß eS keinen ärgern Irrthum geben könne, als
diesen verderblichen Selbstbetrug, der aller Sünde Thür und Thor öffnet.
129
2. Allerdings haben wir an Christo einen Für sprecher bey Gott.
Die heilige Schrift erklärt das
deutlich zu wiederholten Malen.
Christus yat den
Fluch der Sünde von uns genommen,
und uns
mit Gott versöhnt durch seinen blutigen Tod.
Furcht vor dem, die Sünde ahndenden,
Die
Richter
der Ewigkeit ist verschwunden, nachdem Jesus uns
die Versicherung gegeben hat,
Gott ist versöhnt
und seine Gnade ist wieder erworben,
so großes
zmd gerechtes Mißfallen auch in seinen heiligen Augen Sünden und Uehcrtretungen nothwendig erregen müssen. 5. Aber wenn allein können wir uns seiner
Versöhnung trösten?
a) Auch dann, wenn wir ferner in der Sünde wollten leben, der wir abgestorben sind, und im
wohlfeilen Glauben
den und Verdienste,
an
Jesu Tugen
uns selbst gar kerne
Verdienste und Tugenden erwerben, sondern gemach und getrost die alten bleiben wollt«»? Könnte der Glaube an Jesum uns auch nur das Geringste helfen, wenn ihn mchl auch
gute Werke begleiteten, und wir um nichts weniger bekümmert waren, als um "Nach-
folge Jesu und Veredlung unsrer Gesinnungen nach der Lehre und dem Vorbilde, das er uns gab; wenn wir so Christum zum Diener der Sünde,
Md die Schrift zum Deckel der
Bosheit machten, ohne dabey für das Heil LrSaner'S Anleitungen,
— der Seele die
läo
—
geringste Gefahr zu sehen?
Fern sey von uns ein solcher Glaube,
ein
solcher nichtiger Trost, der alles sittliche Bcsserwcrden des Menschen für überfiüßig hielte,
also an sich selbst unmöglich machte, und die
ärgste Lästerung
des heiligen Namens Jesu
und seiner Lehre wäre. b) Der ganze Zweck der Sendung Jesu und sei«
neS Evangeliums ist der,
werden, das Ende aber,
daS ewige Leben.
daß wir heilig die Folge davon,
Was diesem Zweck nicht
förderlich, was ihm so geradezu entgegen ist, als jene falsch verstandene Lehre von der stell
vertretenden Vermittlung Jesu^
das
kann
aus den Urkunden des Christenthums nie zu
nie Lehrsatz darin gewesen seyn.
erweisen,
Dann erst, wenn wir uns der Heiligung besteißigen,
ohne
Herrn sehen, werden,
welche wird niemand den
oder näher mit ihm vereinigt
wenn wir unsträstich wandeln und
fruchtbar sind in allen guten Werken, wenn wir Christi Geist haben: erst dann sind wir
sein;
dann
rechnet uns Gott die früheren
Sünden vor der Bekehrung nicht mehr als Schuld zur Strafe an;
dann ist Jesus die
Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber fqr die unsere, sondern auch für der gan zen Welt. Verabscheut werde daher von uns allen aufs
lebhafteste der Gedanke: auch für die neue Sünde,
—-
151
—
die der Mensch thut und thun will, ist leicht Ver gebung bey Gott, weil Christus einmal genug ge»
khan hat.
Nicht für fortgesetzte Sünden, die wir
uns selbst leichtsinnig vergeben, nein, allein für
Sünden, die uns von Herzen leid sind, erhalten
wir Vergebung und Gnade.
Der Vorsatz, fortzu
sündigen im Vertrauen auf Jesu Verdienst und Gottes erbarmende Gnade wäre Verhärtung, die
aller Gnade unfähig macht.
Wer könnte so je sein Herz verhärten,
der
den Namen Christi nennet, wer insbesondere könn
te das jetzt hier beym Hinzutreken zu Jesu heili gem Tische, an welchem ihm als einem sich be kehrthabenden, nicht aber als einem beharrenden,
Sünder Vergebung der Sünde verkündigt wird? Das heilige Abendmahl, diese erweckliche Erinne
rung an Jesum, werde daher auch diesmal von
unö allen so fromm wiederholt, daß von uns nicht
mißverstanden,
sondern
immer
reiner erkannt,
und zu jeder ächten Christentugend wirksam werden
möge die apostolische Wahrheit: Wir haben einen Fürsprecher bey dein Vater, Jesum Christum, der
gerecht ist, Amen.
21. Ebr. 12, s.
-^)err, du woll'st utts selbst bereiten Au deines Mahles Seligkeiten, Sey mitten unter uns, o Götti
152
Heil und Segen zu empfahen. Laß, Jesu, dir uns würdig nahen, Dir, Seeger über Welt und Tod.
Gewiß eß ist ein starker> unzweydeutigerBeweis
für die höhere Bedeutung und Bestimmung unsers gegenwärtigen Seynß und Lebens, daß wir mitten
unter den Sorgen und Zerstreuungen, mitsvelchen wir Hier umgeben sind,
doch das Bedürfniß in
uns fühlen, auch an etwas mehr zu gedenken, als diese Erde giebt und fordert, und Geist und Herz
zu labe« an der Heils - und Segensquelle der Re
ligion.
Dieses Gefühl liegt zu tief in unserm In
nern, ist zu wesentlich verbunden mit unserer gan zen Menschennatur,
als daß eß je ganz unter
drückt werden könnte
Warum ergreift zuweilen
fast unwittkührlich auch den Leichtsinnigsten der Ge danke an Gott, Vergeltung und Ewigkeit, und
bringt ihn zum Bewußtseyn seiner Psticht und sei ner Schuld; warum füllen sich sonn- und festtäg
lich die öffentlichen Andachtßhauser, doch wenig
stens äußerlich, andern Orten?
mit Theilnehmern hier und an Es geschieht dämm,
weil der
Mensch in Verbindung steht mit- der unsichtbaren Welt; und am wenigsten Christen können diese
höhere Verbindung aus der Acht lassen, wir, die wir das Evangelium von Jesu Christo kennen und
bekennen; wir, die wir auch den erwecklichen Zu ruf des Apostels Jesu kennen; Lasset unß auf
sehen
auf Jesum,
den Anfänger und
Vollender des Glaubens.
i55 1. Aufsehen!
Der nicht nothwendig zur
Erde nkedergesenkte, sondern mit zum Himmel ge
richteter Gestalt geschaffene, Mensch soll aufsehen. Hohe, edle Bestimmung!
Hier will unS wohl
Manches niederhalten und unterdrücken: die Sinn lichkeit mit ihren Lockungen und Reitzen, die f»
gern zu Schwachheiten verleitet, und den schno ben Genuß
des Augenblicks den dauerhaftesten
Freuden vorzieht;
die vielen Bedürfnisse dieses
Leibes und Lebens, die nicht immer nach Wunsch befr'edigt werde» können, und zur glücklichen Er
haltung und Fortsetzung desselben gleichwohl so er forderlich scheinen;
der Kummer über so manche
Unvollkommenheit,
die wir an andern gewahr
werden, nicht minder an uns selbst; dieser Leib
des Todes endlich, der rms mit seinem Heer von
Krankheiten und Gebrechen so schwere Fesseln an legt, daß sie, indeß sie zunächst die körperliche Na
tur empfindlich drücken und quälen,
gemeinhin
auch die geistige in ihrer freyen Thätigkeit hindern und stören: das und dem ähnliches versucht zum Unmüth, ja zu allerley Retigionszweifeln das angefoch tene Menschenherz.
Dennoch können wir aufsehen,
und also sollen wir es.
Hier ist unser Wissen,
Stückwerk,
hier ist auch unser Glückseligseyn
Stückwerk.
Hier ist noch nicht erschienen das
Vollkommene;
wenn gekommen seyn wird daS
Vollkommene, wird das Stückwerk aufhören. 2. Aufsehen sollen wir, und zwar auf Je sum
sollen wir hoffnungsvoll unsere erheiterten
134 Blick« richten, auf ihn, der hier war im Pilger
lande, um die Seinen hinüberzuleiten ins wahre Vaterland;
auf ihn, der hier sich erniedrigt hat
und gehorsam geworden ist bis zum Tode, ja zum
Tode am Kreuz, deü aber Gott erhöhet und ihm einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, und vor dem alle Zungen bekennen sollen, daß
« der Herr sey, zur Ehre Gottes des Vaters. 5. Wie also sollen wir aufsehen?
a) Glaubensvoll, als solche, die nicht zwei
feln an der Erfüllung der Verheißung, die
auch ihnen in Christo Jesu gegeben ist, daß in seinem Namen allein Heil, Trost und Se
ligkeit sey. b) Hoffnungsvoll,
die in ihm ihre theuer»
sten Wünsche und Hoffnungen genahret und gestärkt sehen,
bis sie einst werden erfüllet
werden.
o) Liebevoll, su haben,
die ihre höchste Freude an Je
und ihre herzliche Zuneigung zu
ihm zu erkennen geben durch Gegenliebe und Dank,
und besonders durch Liebe gegen die
Brüdek, welche auf uns eine Anweisung er
halten haben von Jesu, daß wir uns ihrer,
statt feiner, annehmen sollen, der nicht mehr persönlich bey und in unserer Mitte ist.
O jetzt in dieser Stunde, in welcher das Bild Jesu, des Gekreuzigten, unsern, von der Erde er-
155 hobenen,
zum Himmel gerichteten, Blicken recht
gegenwärtig wird; jetzt, wo wir, nach der eigenen
Einordnung detz Heilandes, seinen Abschied aus die
ser Welt mit jenen Jüngern mikftyero, und damit im Voraus zu unserm einstigen Abschiede die nö
thigen Anstalten zu treffen haben furchtlos ohne Gram und Zweifel;
jetzt insbesondere laßt uns
aufsehen auf ihn, den Anfänger und Vollender des
Glaubens, den Stister unserer Seligkeit, und un serm Führer und Vorgänger auf dem Wege, den wir dorthin wandeln sollen, willig folgen.
Dazu starke uns, o Gott, mit der Kraft deines Geistes, haß wir Christum nimmer verlieren aus unserm. Auge uud Herzen, daß seine Hülfe uns nahe sey in guten und bösen Tagen, sein Rath unS sicher leite bis zrun erwünschten Glaubens ziel; daß sein Friede und Trost die Seett erquicke, bis wir in ihm vollendet sitrd,
.—
B.
136
Bey besonderen Veranlassuntzen. a.
Bey der Privat - Communion eines AmtsBruders.
$nabe und Frieden von Gott, und Trost in
Jesu
und
Gemeinschaft des
heillgen
Geistes sey uns theuer allezeit, Amen. Bey den vielen und großen Segnungen, die
unser Bekenntniß zur Religion Jesu mit sich führt,
darf die Gemeinschaft, die wir am Evangekio ha ben, und der gleiche Antheil daran nicht übersehen werden,
daß wir uns alle Eines Glaubens und
Einer Hoffnung und Einer Liebe erfreuen,
daß
wir, wir mögen seyn, wer wir wollen, nahe oder
fern wohnen, hoch oder niedrig stehen, unterrich
tet werden oder unterrichten mit dem Worte der ewigen Wahrheit, aus der Einen großen SegenS-
quelle schöpfen und ihrer Freuden theihaftig wer
den können.
Verschiedene Ansichten von diesen
und jenen Lehren des Christenthums,
getheilte
Meinungen, Parthey - und Sektengeist, und Ver
schiedenheit der Confeffionen können zwar diese Ge meinschaft schwächen, aber ganz aufheben nie, das Wesentliche bleibet, die Unterweisung zur Selig-
—-
r.?7
~~
feit durch den Glauben an Christum Jesum.
Sv
ist's auch gleichviel, ob wir das Brod im heiligen
Abendmahl gebrochen oder in einzelnen Formen em-
pfahen; die Erinnerung an Jesum liegt zum Grun
de, zum Gedächtniß des Erlösers soll es geschehen,
daß es uns stärke, und zwar am meisten i. in unserm Glauben.
Ohne Glauben, ohne
Annahme aus Gründen reichen wir ja so leicht Mit keiner Erkenntniß aus, und nur mit sehr wenigen
Gegenständen des menschlichen Wissens kommen
wir, können wir sagen, ins Klare und aufs Reine. Besonders erlaubt uns unser Verhältniß zu dem Unendlichen ja nur eine unvollkommene Einsicht und
Wissenschaft; wie vielmehr muß hier uns der Glau be Ersah geben und leiten, und vorzüglich der Glau be an die Anstalten,
die Gott zu unserer Selig
keit dadurch getroffen hat, daß er seinen Sohn gab
für alle zur Erlösung.
Weder in un&, noch in
andern kann jemand einen andern Grund legen,
außer dem, der gelegt ist, Christus, der Gekreu zigte, den wir predigen, daß wahrer Glaube an ihn gerecht und selig macht.
9. In unserer Liebe. Die vollkommenste Liebe
hak uns Gott der Vater erzeiget, daß wir feine Kinder sollen heißen, so wie der Hochverherrlichte, der uns diese Liebe geoffenbaret und selbst sein Le
ben für die Brüder gegeben hat.
So gebührt
Gehmier'S AnlrirnriM.
2 go
Sein so früh geendetes Leben erlaubte ihm
mels.
kaum, schon sprechend sich zu äußern bey seinem kurzen Hierseyn auf dieser Welt. den Leidtragenden
Wie sollte jetzt
wörtliche Mittheilung werden
können von dem vorangegangenen zarten Liebling ihrer Herzen?
Aber jene zum Herzen redenden
Worte: beweint mich nichtl sprechen so nahe und natürliche Gefühle aus, daß es uns ja aller dings vergönnt seyn muß,
sie dem kleinen,
zur
Vollkommenheit erhobenen, Wesen in den Mund zu legen, als ob es dergestalt zu beruhigen suchte
über den durch seinen sikühen Tod erregten Schmer z,
i. Wohl ist der Tod eine schmerzhafte Bege benheit
für den Sterbenden
Tode vorangehk,
Was dem
selbst.
die Hitze der Krankheit,
der
Mangel des Schlafs, die körperliche Plage ist gar
drückend bis zum letzten schweren Aushauch, der nie ohne die größte Anstrengung «rftkgen kann. Nicht minder leiden die Umstehenden,
als nahe
theilnehmcnde Zeugen, bey diesem Ereigniß der Natur,
womit das Leben schließt.
Vorboten sind oft schrecklich.
zuckungen,
tiefes Seufzen,
Des Todes
Krampfhafte Ver lautes Stöhnen des
armen Leidenden und mit dem Tode Ringenden sind Wahrnehmungen am Sterbebett, die so oft
das Herz zerreißen und selbst der innigsten Freund schaft nichts wünschenSwerther machen, als für dem, ohne Rettung, Verlornen möglichste Beschleuni
gung seines Ziels.
—
—
2. Doch Gott hat es also geordnet, und
uns gebührt ehrerbietiges Schweigen. der
die
Menschen
lässet
Er ist es,
sterben
und
spricht, kommt wieder Menschenkinder; und nach
andern
einer
Schriftstelle
ist
alles
Fleisch wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen
wie
des
Grases Blume.
Das Gras ist verdorret und die Blume
abgefallen,
aber des Herrn Wort blei
bet in Ewigkeit.
Was nun Gott über das
Menschenleben verhangen hak, kann
kein Uebel seyn, scheint.
im Ganzen
auch wenn es den Sinnen so
Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt
sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit,
dar
sie geben eine friedsame Frucht
nach aber wird
der Gerechtigkeit denen, die durch sie grubet sin ,
und so ist, sowohl für die Sterbenden selbst, als
für die sie Ueberlebenden, auch aus diesen, Trauer verkündigenden, Auftritten der Natur Nutzen und
Segen zu hoffen. 5. Ja, was hier Verlust ist, wird künftiger
Gewinn.
Zwar ist noch kein Abgeschiedener zu
rückgekehrt inS disseitige Leben, um uns zu unter
Aber
richten über den Zustand in jener Welt.
waltet nicht derselbe Herr über die künftige,
diese Welt regiert?
Darf die Gartenblume der
Hand des Gärtners zürnen, wenn sie in andern Boden verpflanzt wird? Leben schadet's
der einen
Ihrem frischen
nicht, auch wenn sie eine kleine
Weile welket; daß sie nicht verwelke,
T a
ist ihres
sg2 Wärters Sache, der schon dafür sorgen wird, daß
sie wieder aufblühe, und schöner als zuvor.
In
des großen Gottes Hand geht nichts unter und Verlagen.
Was hier kränkelt, seufzt und fleht, wird
Gott herrlich dort erhöhen; irdisch' wird der Leib gesä t, himmlisch wird er ausrrstehen; zum Ver
wesen fällt er ein, dort wird er unsterblich seyn. 4. Hat sich also auch unter heißen Kämpfen
dieses Kindes Leben losgewunden aus den Schran
ken dieser Zeitlichkeit: nun trägt's nicht mehr die Fesseln der Erde.
Frey und froh wird's seinen
Eltern entgegen gehen, wenn sie zu ihrer Zett den
Ort der Seligen begrüßen werden.
Da wird sein
verklärter Mund lobend wiederholen, was hier der Glaube tröstlich fprid)t, daß alles Glück der Erde
Ln die Herrlichkeit nicht reiche, die der Himmel
seinen würdigen Bewohnern schenkt, und die nach -em Wort der Verheißung an unö allen soll gevffenbaret werden, wenn wir durch Geduld in gu
ten Werken trachten nach dem ewigen Leben.
Starke,
o Gott, in uns die Ueber
zeugung, daß der Betrübniß Freude folgt,
und Friede nach dem Streit.
ist zum Frieden gelangt.
Dies Kind
Wir, die wir es lie
ben, gönnen ihm die Ruhe, zu der es selig entschlafen ist.
Tage ersetzet
Die ihm hier verkürzten
ihm
die Ewigkeit.
Drum
Preis sey Dir, unserm Gott in Ewigkeit, Amen.
—
2^5---
5,
Pred. Sal. n, Das Lebe» so kurz und so flüchtig, Der Erde Freuden so nichtig, Die Ahnung so mächtig, so laut — Nein, nicht für die Erde geboren, Zum Himmel bin ich erkohrenr Dort ist mir die Hätte gebaut.
Laß
Herzen
die
Traurigkeit
und thue
aus
Deinem
da- Uehel von Dir;
denn Kindheit und Jugend find eitel. Diesen, in der heil. Schrift gegebenen, Rath,
unserer Traurigkeit Schranken zu setzen,
wenn
der Gedanke an de- zeitlichen Lehens Flüchtigkeit
uns niederbeugen will, können wir, genauer be trachtet, nicht anders
als wohlgegründet erken
nen und aller Befolgung werth.
Wenn wir die
Traurigkeit aus dem Herzen lassen, oder ihr doch Maaß und Zeit sehen sollen: so ist Traurigkeit
an sich
nichts durchaus Gott Mißfälliges
Unrechtmäßiges.
oder
Im Gegentheil finden wir in
der heil. Schrift ganz unumwunden dar Urtheil ausgesprochen: E- ist Trauern befstr denn Lachen,
denn
durch Trauern
wird das Herz gebessert.
Wie könnte daher auch gänzliche Unterdrückung so natürlicher Trauer-Gefühle, als die sind, wel che der Schmerz der Trennung aufregt, Mbrdingk
—
geboten seyn.
Lebens
—
sg4
Bey so angreifenven Auftritten des
kann und darf auch der Standhafteste
nicht ungerührt bleiben.
Aber
wie jede Sache
ihre Grenze hat, so auch die Traurigkeit.
Wir
sollen sie nur dann und insoweit aus unftrn Her
zen
lassen,
rathsamste
wir solches aus Gründen fürs
als halten
müssen; und hier ists ja so
schwer nicht, die Gründe aufzufinden; auch Kind heit und Jugend find eitel, wie das ganze Wesen
uni) Glück dieser Welt.
Wie bald ein Menschen
leben verblüht, wie schnell sich die kräftigst» Ge sundheit in Schwachheit
verwandelt und
unter
geht im Tode, davon ist dieses Kindes Leiche ein
neuer Beweis.
Wie befand fich'ö nicht noch vor
wenigen Tagen so froh im Kreise seiner ftohen
Gespielen, und that es den andern an Munter keit zuvor! Mit seinem kräftigen, so viel verspre
chenden Leben schien ihm die Welt anzugehören,
und heute schlummert es schon im engen Grabes raum.
Was folgt daraus zunächst Lehrreiches für
uns?
Welche Gründe liegen auch uns
nahe,
um die Gefühle der Traurigkeit für
nun
so
die
Ruhe der Seele wenigstens zu mildern, wo nicht ganz unwirksam zu machen?
i. Mit unserm Leben, und was wir find und haben, nie unser eigner Herr, gebührt es uns bey Allem, was wir uns vornehmen, die Einschrän
kung hinzuzufügen: so der Herr will. —
dings könnte uns solche Abhängigkeit von
Aller einer
fremden Macht, solch Gefühl unserer Unznläng-
—
29 5
—
lichktit in aller und jeder Beziehung beugen und mit Gram und Unruhe erfüllen.
Aber von wel
cher Macht sind wir abhängig?
Von keiner ty
rannischen, die uns nach harter Willkühr lieber mißhandelte, als erfreute.
0 nein, an die aller
schaffende und allerhaltende Gnade Gottes ist unser und der Unsrigen Heil gebunden: des können
und sollen wir uns trösten selbst in der tiefsten Traurigkeit.
Nun muß weise Güte walten, auch
wo wir nur Unglück sehen;
nun muß dieses Lei
bes Zerstörbarkeit, die hier uns überall entgegen tritt, selbst die Unvergäuglichkeit beweisen, zu der
wir dennoch geschaffen find; zu einer;üe versie genden Freudenquelle muß werden, was hier uns traurig macht. 2. Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer
aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewig keit. a) Die Welt vergeht. Der sichtbaren Din
ge wandelnde Gestalten sind,
wenn sie da
gewesen sind, Traumbildern gleich.
Das Fe,
steste wie das Loseste, das Größte wie das Kleinste zergeht und schwindet hin.
Was
hier auch noch so sehr vergnügt, es altert und wird unschmackhaft und erfreut nur kurze
Zeit.
b) Wer aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit, wer sich stets
an die heiligen Gesetze bindet,
die Gott ge
geben hat, der kann nimmer untergehn; den
—
2g6
---
schüht die ewige Macht vor Unfall und Zer* störung.
Sein Glaube an Gott und die Tu
gend und seine Treue im Guten macht ihn zu einem Kinde Gottes, das in der Hand
des himmlischen Vaters auch dann noch wohl
aufgehoben ist, wenn des Todes nicht scho
nender Wurm die so eben
sich entfaltende
Knospe des Lebens zernagt, 3. Etwas ist, das nicht vergeht, die Seele,
die von des Körpers Banden entfesselt und von allen Schranken der Endlichkeit frey, ungehindert (tn Fluges zum Himmel aufsteigt, und in demsel
ben zu immer höherer Vollendung.
Aber so folgt
auch daraus fromme Beherzigung des viel erfor dernden,
dingenden
aber auch die höchsten Segnungen be Gebots Jesu:
Ihr
sollt euch nicht
Schätze sammlen auf Erden, welche die Motten und der Rost fressen, und die Diebe nachgraben und stehlen,
vielmehr sammlet euch Schatze im
Jpimmel, die ewig Werth haben, Schatz ist, da ist auch euer Herz.
mel anvertrauten Lieben
und wo euer
Die dem Him
sind gleichsam
ein im
voraus dorthin gegebener Scbatz, an welchen die Zurückgebliebenen oft mir Sehnsucht gedenken, bis
sie ihnen einst werden näher komnren, und ewig mit ihnen vereinigt seyn.
Also
laß die Traurigkeit aus Deinem Her
zen, entschlage Dich ihrer, so will es die Religion. Dje Zeit hienieden stießt bald dahin, der Unend-
—
297
—
lichk-it Aläum« durchwandelt froh die himmlisch
verklärte Seele.
Was früh für den Himmel er»
tohren ist, kann freylich nicht länger der Erde
gehören.
6. Jes. 8, «I.
Wl- liebreich, Vater, leitest Dy
Uns auf dem Pilgerpfader Selbst in der Trübsal schaffst Du Ruh, Bist nah mit Trost und Gnade, Wohl dem, den deine Hand regiert. Den schmalen Weg zum Leben führt. Daß wir Menschen täglich, ja stündlich, dem
Wechsel gutör und böser Schicksale unterworfen sind,
ist eine zu bekannte,
Wahrheit, dürfte.
als
von jedem erfahrne
daß erst daran erinnert werden
Daß es so ist, dabey sollen wir mit um
fern Betrachtungen nicht stehen bleiben; aber reiss, liche Erwägung, warum es so ist, und in wiefern
beyde Veränderungen, sowohl
zum Bösen,
als
zum Guten, lehrreich für uns sind, darf nie um terlassen werden.
In den verschiedenen Erfahrun
gen des lebens ist es,
als faßte uns Gott
bey der Hand und unterwiese «ns in al
lem, was heilsam ist, wie JefaiaS sagt.
Die
unmuthigen Ereignisse sollen uns zum Dank und
zur weisen Benutzung des Segens ermuntern, der uns verliehen ward; und die widerwärtigen Wech-
—
2g8
—
ft! sonnen feinen andern Zweck haben, als den,
uns zu bewegen zur Demüthigung
zur Geduld und zum Verttauen.
unter Gott,
Gleichförmige
Bahnen, die ganz dieselben sind, werden wir dar um nie geführt, weil wir stets auf mancherley
Weise geübt werden sind.
müssen, bis wir
Auch der Tod unserer
Kinder,
vollendet
so tiefe
Wunden er schlägt, soll uns lehrreich werden 1. insofern, als wir uns dabey finden lernen sollet« in Gottes
len,
unabänderlichen Rath und Wil
wenn es nämlich wirklich ein solcher war.
Ueber den Tod der uns Werthen ist Gottes Rath
schluß aber dann erst als unabänderlich anzunehmcii, wenn wir von unserer Seite nichts unter
ließen, um die Unmündigen aus der Gefahr zu retten und beym Leben zu erhalten, so daß uns
auch im mindesten kein Vorwmf der Verwahrlo sung trifft.
Was dann Gott zu empfinden und
zu leiden uns gebeut, das muß empfunden und
gelitten werden.
Und dafür ist auch Trost für
selbstverschuldetes Unglück schwerlich.
2. Gott hat ein Recht zu unsern Kindern, ja ein näheres als wir, das erste Recht, denn er
ist ihr Vater von Ewigkeit.
Wenn er nun fein
Vaterrecht, sie zu sich zu nehmen, an ihnen auöübt, wer kann es ihm wehren, wer aber auch
darüber in Unruh seyn?
Da dieser rechte Vater
über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, seinen Angehörigen fein Leid zufügen
sann, sie vielmehr dem unvollkommnen Erdenstand
299 entreißen und ihre Bildung zur Vollendung auf
eine Art befördern will,
die nichts zu wünschen
übrig läßt. 5. Sollen
wir durch das frühe Absterben
der uns Theuren erinnert werden, daß alle Ban de des zeitlichen Lebens, auch die festesten, alle Au
genblicke getrennt werden können, wie es denn auch wirklich geschiehet.
Und diese Erinnerung wird
uns für unser Seelenheil sehr heilsam seyn.
dem eitlen Wahn, als sey diese Erde alles,
Vor
als
sey sie das Meiste, werden wir dann um so eher
bewahret bleiben, dagegen mit der höher« Weltdie der Frommen Erbtheil ist, desto zeitiger und
ernstlicher Verbindungen anknüpfeu und unterhal
ten, die keine Zeit zerstört. 4. Der Anfänger und Vollender unsres Glau bens Jesus Christus ist hingegangen, uns, wie den Unsrigen, eine gute Stätte zu bereiten. Für from
me treue Herzen giebt's dort einen sichern Verei
nigungspunkt.
Wenn wir wollen, so werden wir
sie dort wieder finden, die vor uns ausgenommen
worden find.
Sie, die in Unschuld früh Verklär
ten, nehmen im Reiche Gottes eine gewisse Stelle ein.
Werden wir den Kindern gleich, kehren wir
zu ihrer Einfalt der Sitten,
zu ihrer Reinheit
der Herzen zurück, unterlassen wir e6 also nicht,
eine
gründlich
heiligende Sinnesänderung bald,
und weil es noch heute für uns heißt,
mit uns
vorzunehmen: dann werden wir die von »ns Ge
trennten wiederfehn rind wieder haben.
Ein durch
5oo nichts mehr unterbrochenes Beysammenseyn wird ihre und unsere Seligkeit himmlisch vollenden.
Sie, leidtragende Eltern, wollen ßch's las sen gesagt seyn zu ihrem Heil und Trost: auch in ten härtern Schicksalen des Lebens faßt Gott die
Menschen bey der Hand und unterweiset sie Len Weg, den sie wandeln sollen.
Fromme Ergebung
in des höchsten Willen, Geduldtreue und Gehor sam sollen wir dann am meisten beweisen, wenn Gott Schweres von uns fordert.
7* Matth. 5, 8. Hebr. i2, i4« sehn wir einem höbern Segen, Den Gottes Hand in jener Welt
Den Seinen anfbrwahrl, entgegen; Und wenn der Leib in Stand jrrfällt,
So zaget unser Herz doch nicht; Wir schauen Gottes Angesicht-
So schmerzhaft eß für Eltern ist,
ihre,
zum Daseyn
kaum
wenn ste
aufgeblühten,
Lieben
durch den zeitlichen Tod von sich scheiden sehen; so traurig es also auch diesen weinenden Eltern
seyn muß, daß sie nur so kurze Zeit im Besitz ihres geliebten Sohnes waren: so giebt es doch
für Christen auch gegen solche Anfechtung die herr lichsten Trostgründe, wenn auf die Zurufungen
des Evangeliums gebührend geachtet wird.
Das
Evangelium sagt: selig sind,.die reines Her-
.-)O1
zen6 sind, denn sie werden Gott schauen. Kann es eine trostvollere Verheißung geben für Eltern, dir ein früh schlafen gegangenes Kind be trauern, daß es nicht mehr das ihrige ist?
1. Reines
HerzenS seyn
kann nichts
anders heißen, als unbefleckt von der Sünde, frey
von Fehlern und Irrthümern ffeyn.
Aber welcher
Sterbliche ist von aller Sünde frey?
Wer will
einen Reinen finden unter denen, da Keiner rein ist,
wer kann also Seligkeit hosten? —
Frey
lich hat die Macht der Sünde bey Erwachsenen
sehr um sich gegriffen und viel verdorben; dennoch ist es an und für sich keine Unmöglichkeit, von der Sünde frey zu weilen. Stete Aufmerksamkeit auf sich selbst und un-
partheyische
Prüfung aller unserer Handlungen,
vornehmlich die Vorstellung des Verderbens, das
die Sünde nach sich zieht, sichern davor, oder ver mögen doch, daraus zu retten und in einen bessern Zustand zu versetzen.
Wo aber noch völlige Sün-
denfreyheit und Unverdorbenheit, Herzensreinheit ist,
das ist bey zarten Kindern, deren Seelen
Gott darum so besonders Wohlgefallen, weshalb
er aus diesem bösen Leben so ost mit ihnen eilet. 2. Sie sind selig.
Das keine Herz wür
digt sie der Seligkeit, des himmlischen Friedens und Glückes, das von aller irdischen Beymischung frey, die daran Theilnehmenden für das, was sie
hier verlieren
tzült.
mußten,
überschwenglich
schadlos
Mit ihrer engelreinen Seele haben sie vor
002
Gottes Thron nur Heil zu erwarten, keine Strafe oder auch
Schuld.
nur Abrechnung
für zuvor
freudiger Zuversicht
Mit
gemachte
dürfen
die,
welche um den Verlust ihrer entschlummerten Zar ten jammern möchten,
von der Gerechtigkeit deö
Höchsten nur Gutes und Seliges für sie hoffen,
die nach Gottes Ebenbild geschaffen
und
dieses
edelsten Vorzugs noch nicht verlustig sind.
Alle,
die reines Herzens sind, sind selig; welch noch so großes Lebensgut geht über ein reines Herz! Hier
schon beseligt die
Schuldlosen süßer Friede mit
Gott und ftd) selbst, bey allem Druck der Gegen
wart;
die Hoffnung seliger Verwandlungen
des
Leins der Erde in reine Freude erhalt bey frohem Muth.
Dort werden sie ernten ohne Aufhören,
was sie, obwohl oft mit Thränen, hier Gutes ge-
saet haben.
Denn die Verheißung lautet:
3. sie werden Gott
schauen, Gott in
höherer Klarheit und im Licht der Vollkommen heit erkennen und von seiner heiligsten Nähe durch nichts mehr geschieden seyn.
Sie werden von des
Höchsten allgenygsiimer Liebe vollkommen überzeugt werden und seines himmlischen Segens sich freuen
ewiglich.
Wir, die wir das Bessere ahnen, besondere dort
Verbindungen
zu sehen wünschen,
und ins
wieder angcknüpft
die hier der Tod zerriß, wie
sehr haben wir alle nun die dringendste Ursache, reines Herzens
zu
seyn
und
dieser
uns ernstlich zu bestetßtgen; aber
Reinigung
eben deshalb
5o5 auch
der kräftigen Ermahnung des Apostels zü
folgen:
Jaget nach dem Frieden gegen je
dermann und der Heiligung,
ohne wel
che wird niemand den Herrn sehen.
Diese
Bedingung der Heiligung ist unnachlaßlich dem,
der des seligen AnschauenS Gottes gewürdigt wer den will.
Dieser Heiligung kann sehr förderlich
seyn: stete Aufmerksamkeit auf die Wege, die der Höchste hier uns leitet.
Wenn der zeitliche Tod
liebe Seelen von uns nimmt, sie sollen wir drum
nicht für verloren achten; wenn Leid und Trübsal
hier uns drückt, deshalb sollen wir nicht wähnen, als ob wir von Gott verlassen seyen.
Reinigung
und Heiligung des Herzens und Lebens kann ohne
Glaubensprüfung und ohne bewiesene Standhaf tigkeit in der Gottesfurcht und Tugend nicht von statten gehen.
Erst treu gekämpfter Kampf läßt
Sieg und Segen hoffen; und die, in zarter Kind
heit schon,
dem Kampfe dieses Lebens entgange
nen Streiter schmückt, nachdem sie dort bewäh
ret sind, die Krone der Unvergänglichkeit. Sind die christlich leidtragenden Eltern nun
so sehr zu bedauern?
muß man ihnen nicht viel
mehr Glück dazu wünschen,
daß ihr Geliebter
nicht mehr in ihren, sondern in den Armen der ewigen Liebe, in den Armen Gottes ruht? reiner Seele schaut er Gott.
Mit
Er ist ins bessere
Land verpflanzt, wo er schneller und vollkomme
ner als hier gedeihen wird.
Froh erhebe sich der,
hier so traurig zur Erde gesenkte,
Blick zum
—
5o4
—
Von dort jenseits kommt uns
Himmel empor.
Auch wir werden einst selig
Linderung und Heil.
Gott schauen, wenn wir keines Herzens sind.
8.
Matth. 6, 21.
©ott, du verwundest manch Vater - und Mutterber; durch die Trennung von gelieb
Auch diesen hier
ten Kindern im Tode.
gegenwärtigen betrübten Eltern
hast
Du
eine solche Wunde geschlagen, die gae schmerzlich empfunden wird. Dennoch sind Deine Absichten nicht böse, sondern Weis
heit und Güte.
Laß sie und uns solches
in Demuth erkennen,
daß wir Dich prei
sen allezeit, Amen. Zu den edelsten Gaben,
die der himmlische
Vater uns hier auf Erden anvertraut hat, daß
wir uns derselben erfreuen sollen, Zweifel die Kinder,
gehören ohne
die Gott uns gab.
Keine
andern Lebensfreuden sind, vermöge ihrer Natur und Bestimmung, so hoch am Werthe; von kei
nen andern Lebensgütern,
wenn wir sie haben,
trennen wie uns so schwer und ungern, als von unsern Kindern.
Daher empfinden auch gefühl
volle Eltern soviel schmerzhafte Betrübniß, wen»
der Tod kommt, und ihnen ihre Lieben entreißt.
5o5 Daher betrachten gute gefühlvolle Eltern ihre Kin
der gleichsam als einen Schatz, und verlieren sie
mit Gleichgültigkeit werden sie solchen Ver
ihn,
lust nicht erleiden, vielmehr mit sehnsuchtsvollem
Verlangen sich wünschen,
mit den Abgeschiedenen
witder vereinigt zu werden, wie Jcsuö, freylich
nicht in dieser, vielmehr in allgemeiner Beziehung
sagt: wo euer Schatz ist,
da ist auch euer
Herz.
1. Wohl sind Kinder ein Schatz für Eltern und müssen ihnen dafür gelten.
Zwar giebt es
leider auch Eltern, die anderer Meynung und de nen ihre Kinder nichts werth sind, die sie ver
wahrlosen an Seele >md ieib, die ihrer überdrüs sig werden, weil sie ihnen Sorge und Mühe ma chen, ja die in der Vergessenheit ihrer Pflichten
so weit gehen, daß sie ihre Kinder verfluchen und verwünschen und es recht gern sehen, wenn ihnen eins oder das andere durch den Tod genommen
wird.
Ader daß es so unnatürliche Herzen giebt,
die alles menschliche Gefühl verleugnen,
das än
dert in der Behauptung nichts: Kinder sind von Eltern als ein Schatz zu betrachten; und daß die
gegenwärtigen christlichen Eltern sie dafür halten, wer könnte das bezweifeln?
davon zeugen
ihre
Thränen.
a) Schon an und für sich selbst sind Kindes ein Schatz.
Deim, welch eine werthe, edle
Bestimmung haben sie! Ebenbilder der Gott
heit, sollen sie hier gute und verständige We-Eebmerö Anle!nurren.
U
—
5o6
fen mtb einst Genossen der ewigen Seligkeit
seyn. und
Ihre Anlagen und Kräfte des Leides vorzüglich der Seele erheben sie weit
über alle andere Erdenschöpfung,
zu deren
Herrschaft sie berufen sind, gleichwie wir,
und von deren rechten und geschickten Füh rung so ungemein viel abhängt für ihr eige
nes und der Menschheit Glück»
b) Diesen Werth erhalten jedoch allererst die Kinder vornehmlich durch gute Erziehung,
durch Bildung ihres Verstandes und Her zens zu gemeinnützigen Kenntnissen und zur
Gottesfurcht und Tugend, was ohne große
Sorgfalt und Bekümmcrniß, Liebe und Be wahrung von Seiten der Eltern nicht ge
dacht werden
kann.
Die
bloße Fähigkeit
zum Guten macht noch nicht gut, allererst
der Gebrauch, der von dieser Fähigkeit ge
macht wird, und ohne Unterweisung und Er ziehung sindet kein Wird
solcher Gebrauch statt.
diese den Kindern
zu Theil, dann
reicht keine Freude an diejenige, welche El
tern über ihre guten Kinder empfinden, und dann sind Kinder ein Schatz, zu dem das
Rechtverhalten -er Eltern den sichersten Grund
legt.
2. Verlieren Eltern frühzeitig solchen Schatz, die Kinder ihrer Hoffnung,
noch ehe ihre große
Jugend ihnen verstattete, schon viel zu ihrer Ver
edelung beyzirtragen, so ist das freylich tranrig;
— 5o7 trauriger aber doch wohl,
—wenn sie ihn späterhin
verlieren, weil nun schon so manche Sorge und Mühe mehr, dem Anschein nach wenigstens, ver
geblich daran gewandt ist. 5, Womit aber können christliche Eltern un
ter allen Umständen
sich
trösten,
deren Kinder
früh eine Beute des Grabes werden?
Damit,
daß sie sich's mit Paulus zurufen: wenn der ir dische Leib dieser Hütte zerbrochen wird, daß wir
einen Bau haben von Gatt erbauet, ein Haus,
nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Him
mel, und mit Jesus, der hingegangen ist, uns die Stätte zu bereiten.
Also befindet sich nun ihr
Schatz an keinem unsicher», sondern seligen Orte, und 4. Wo euer Schah ist, da ist auch euer Herz, wo ihr, das will Jesus damit sagen, das Liebste habt, da müßt ihr auch am liebsten weilen, da mit müssen sich auch eure Gedanken, Wünsche und
Hoffnungen am meisten beschäftigen;
vor allen
Dingen aber ists nothwendig, euch so einzurichten, daß am Orte Nr Seligen eine künftige Wiedervereini gung mit Seligen von eurer Seite statt finden kann,
daß kein dem Himmel entfremdeter Sinn euch von
seinen Bewohnern trennt. O, so klebe denn unser Herz nicht am Ir
dischen, nicht an dem Vergänglichen dieser Welt,
vielmehr sey es auf das gerichtet, was, keiner Zerstö rung mehr unterworfen, ewig dauert und ewig be
glückt. An das Nichtige der Gegenwart, und an das U a
5o8 über alles Wünschenswerthe der Zukunft, erinnert uns auch dieses Kindes frühzeitige Vollendung. Go lieb den Eltern das Wiedersehn ihrer Kinder,
so lieb uns allen die Seligkeit ist, so wenig kann darüber ein Streik entstehn, ob dem dissritigen pder jenseitigen Glück der Vorzug gebühre» Wohl dem, der es weiß, er hat einen Schah im Him-
mel, der für ihn ewig unverlörcn ist.
b) In besonderer Beziehung.
5 Mos. §2, 4.
(Hey einem Kinde, das am bösartigen Scharlachfieber starb).
W-« Gott thut, das ist wohigethanr Nur er weiß, was uns nützet. Der wandelt nicht auf sichrer Dahn, Der sich auf Gott nicht stützet. Ja seine Treu ist ewig neu: Drum will ich auf ihn bauen, Und seiner Hülfe trauen.
Was Gott thut, das ist wohlgekhan!
(so sangen wir andächtig in unserm Liede), so pflegen wir uns gutmüthig zuzusprechen, wenn
—
Sog
—
uns irgend etwas begegnet, was mit unsern Wün« schcn nicht stimmt, uns vielmehr zur Unzufrieden»
heil und bittern Klagen versucht.
Zuweilen denkt
man fich eben nicht viel bey diesem Ausruf,
ob
gleich allerdings sehr mit Unrecht: weil man da
durch nicht bloß eine gewisse Gedankenlosigkeit ver räth, sondern den Namen Gottes eher mißbraucht,
als ehrt.
Dagegen aus Ueberzeugung und mit
wahrer herzlicher Zustimmung also sprechen, daS
seht nicht nur Sammlung des Gemüths, sondern
«ine wirklich fromme
und Gott ergebene Gesin
nung voraus. So lange alles gut und nach unfern Wün
schen geht, heißen wir gern gut, was Gott ver hängt; nicht so in Leidenstagen.
Und so möchte,
bey der höchst schmerzhaften Erfahrung, die seit
Kurzem hier und in den Nachbarorten so häufig gemacht ward, und womit Gott diese hier jam
mernden Eltern gleichfalls hart angefochten, auch die
gegenwärtige
christliche Traukrversammlung,
zum Unmuth gereizt,
in dem Glauben an jene
heilige Wahrheit gestöret werden.
Denn gar groß
ist die Noth, die diese verheerende Krankheit über die unschuldige Kinderwelt bringt.
In Fülle der
Gesundheit und Lebensfroh, die Welt noch nicht von ihrer bösen Seite kennend, ergreift der Seu
che grausame Wuth ihr« Opfer, ohne zu schonen. Wird's zum Leben gehn oder zum Tode?
Selbst
nach anscheinlich erfolgter Genesung bleibt dieses längere Zeit unentschieden.
Unaussprechlich leiden
510
die Kranken, vom Anfang an.
Herzzerreißend iß
besonders der letzte schwere Kampf.
Wehmüthig
umringen die klagenden Eltern ihre Geliebtesten Tag und Nachts deren Pein so oft alle mensch
liche Abhülfe vereitelt, ohne daß sie auch nur ei nigermaßen gelindert werden könnte. Was urtheilt hierüber der Fromme, der fei
nen Glauben zu keiner Zeit verleugnet? O, auch er empfindet schmerzlich, solchen Elende ist.
wenn er Zeuge eines
Seine Augen fließen über von
Thränen, auch ihm entlockt sie die Natur. noch,
Den
so sehr auch ihn der Trauer drückende Ge
fühle überwältigen wollen, zürnt er drum mit dem
Herrn der Schicksale nicht.
Geduldige Ergebung
bleibt seiner Seele unveräußerliches Eigenthum. Er betet mit Mose, dem Manne Gottes: Gott ist «in Fels, seine Werke sind unsträf
lich und alles, was er thut, das ist recht.
Treu ist Gott und kein Böses an ihm,
gerecht und fromm ist er.
Selbst der Tod
vermag nicht, ihm diesen Glauben zu verkümmern.
1. Gott ist ein Fels; nicht hart, wie ein Fels, nicht unerbittlich und
ohne
Erbarmen, obgleich
freylich so oft nicht den menschlichen Wünschen ent
sprechend; vielmehr zuverläßig, beständig, und in sofern allerdings fest und unverändert in feinem,
nach höherer Weisheit gefaßten, Rath und Plan. Selig ist das Menschenherz, das sich
auf den
Herrn verläßt, und dem der Herr seine Zuver«
511
sicht ist.
Wer auf ihn seine Hoffnung setzt, hat
auf einen Grund gebauet, der niemals weicht. 2. Unsträflich sind seine Werke,
was er thut,
das ist recht.
unb
Roch nie war
Gott zu tadeln in seinen Anordnungen und Beschlüffen. Wollte gleich der Anfang zur Klage ver» suchen, das Ende bewährt sich als göttliche ÄZeiS-
heit. —
Spricht auch ein Werk zu seinem Mei
ster, warum machst du mich also? Welcher Sterb
liche vermag den Gang des Höchsten zu richten? 5. Treu ist Gott und kein Böses a» ihm, gerecht und fromm ist er. Wie anders
konnte Gott es auch meinen, als treu, wie könnte
der Heiligste am Bösen,
haben an dem,
der Gütigst« Gefallen
was Unheil bringt?
Wie sollte
Gott ein anderer, als gerechter und frommer Gott
seyn? —
Also lassen wir ihn walten^ ihn, der
nichts ohne Ursach so wenig zuläßt, als thut, und
der,
so auch in den
wie überall in der Natur,
Schicksalen seiner Menschenkinder,
tiefe Weisheit
offenbart Demnach dürfen christliche Eltern wdhl trauern
auf so dunklen Wegen,
die sie geführt werden;
nur nicht versinken in Schmerz und Verzweiflung.
Sie können glauben an Gott, und an Jesum Christum, und das Leben ist.
der ewig Vater,
der die Auferstehung
Ihr Kind lebt der Seele nach
in Himmelöwonne und Herrlichkeit, und den, von
Krankheit geplagten, Leib rührt keine Plage mehr an.
Gott kann nicht so grausam seyn, die Uw-
schuldige» zu peinigen, ohne sie nicht reichlich, ja überschwenglich und ewig zu entschädigen. Den natürlichere Mängeln und Gebrechen des ErdenlebenS unterworfen, mußten sie kämpfen ihren K ampf; aber diesem Kampfe folgt sicherer Sieg und Lohn. So herbe Erfahrungen im sterblichen Leben sichern uns Unsterblichkeit, und erheben unsern Glauben hoch über alle Zweifel. In diesem Glauben über winden wir weit. So scheidet nichts uns von der Liebe Gotteö, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn. 2.
Hiob i, 2i. (Als die Eltern zwey ihrer Kinder zugleich
begraben ließen.) Äon dem Grabe, das umschließet Euer moderndes Gebein, Müsse, bis es Licht umfließet, Gottes Frieden fern nie seyn. Ruhet sanft als Gottes Kinder Hier beysammen in der Gruft, DiS des Todes Ueberwinder Uns mit euch ins Leben ruft.
Der Herr hat es gegeben, der Herr hat ee genommen; der Name des Herrn sey gelobet! So hingegeben in den höhern Willen, so hart derselbe auch das Herz angriff, m so «nbe-
515 dingter Untdtrocvfimg, die sich auch das Bitterste mit lobendem Bekenntniß gefallen ließ,
empfieng
vorher schon von mancherley Leiden heimge-
-er,
suchte,
Hiob die Nachricht von dem plötzlichen
die unter den
TodeSfalk feiner geliebten Kinder,
Trümmern des eingestürzten Hauses ihv Grab ge funden hatten.
Unter so schmerzhaften Erfahrun
gen des Lebens nicht erliegen —
wer wollte es
läugnen, dazu gehört wahrlich viel Selbstüberwin
dung,
ja ein unerschütterlicher Glaube an Gott.
Gleichwohl ist's eben so wenig zu läugnen:
hier
kommen Menschen zuweilen in Lagen, wo das ei gene Gefühl und Verlangen fast verleugnet wer den muß, wenn nicht mit dem leiblichen auch das Wohl der Seele völlig zu Grunde gehen soll.
Auch diese hier weinenden Eltern, denen ein
böser schneller Tod zwey
ihrer Kinder so kurze
Zeit hinter einander nahm,
die Lieben deckt,
daß jetzt Ein Grab
sind ja vor vielen andern dcS
Trostes so bedürftig, den auch die alles lindernde Zeit kaum Herbe yführen wird.
noch einen Trost zulaßt, nicht?
Wenn ihr Herz
und warum sollte es
so giebt ihn die heilige Schrift,
nächst das Wort,
das den Hiob
und zu-
tröstete und
stärkte:
1. Der Herr hat es gegeben.
Woher
sollte auch sonst das wahrhaftige Gute kommen? Von uns selbst? Was vermögen wir, wenn Gott
uns nicht ausrüster mit seiner Kraft, und mit ftinm Gütern nicht versorget? Von andern?
Von
314 sind sie nicht auch nur Men
wem haben sie es?
schen, also auch eben so unvermögend, als wir? —
Darum
der Herr Hat's gegeben.
Auch Kinder
sind eine Gabe Gottes, und zwar eine theure, edle Gabe.
Die glückliche Geburt eines Kindes erfüllt
das Haus mit Fröhlichkeit ;
in den Kindern ver
das Liebste,
vielfältigt sich das Leben,
das wir
Haben: wem sollte in ihnen nichts Liebes zu Theil
geworden seyn? So lang« sie gesund und froh ge deihen an Seele und Leib, sind sie für Eltern ein
Gegenstand der Freude, der durch nichts übertrof-
fm werden kann.
Aber es giebt wenig Eltern,
denen solche Freude nicht auch getrübet würde. Und wen der Schlag des Schicksals,
rigkeit verkehret,
der sie in Trau
mit einem Mal doppelt trifft,
dem blutet das Herz doppelt.
den Kummer zu stillen,
Fast vermag nichts,
nichts den Schmerz in
die gehörigen Schranken zurückzuweisen.
Dennoch
muß es geschehen, weil das Gegentheil a) nichts hilft. —
Durch Ungeduld ward noch
nie ein Leiden glücklich besiegt,
nur dreyfach
und zehnfach geschärft. b) nur schadet der Seele,
in Absicht der
Ruhe, deren gänzlicher Mangel an den Ab
grund der Verzweistung bringt;
dem Leibe
aber auch, der in dem Uebermaß des Schmer
zes untergeht. 9. Der Herr hat es genommen.
Er,
der es n»s gab, hat ja auch ein Recht zu nehmen.
515 Dem Herrn über alles vermag dies Recht kein Sterblicher streitig zu machen. Und die Art und Weise, wie er es nimmt, und die Zeit, wann, steht auch allein bey ihm. Auch der trohigste Eigemville muß stch'ö gefallen lassen, was Gott be schließt. Ist es aber auch nicht besser, wenn der Herr nimmt, als ein anderer? Schwerlich könn
ten wir uns über den Tod geliebter Kinder zu frieden geben, wenn eigner Muthwille oder Ver wahrlosung sie todtste; eben so wenig, wenn frem de Bosheit und die Macht der Verführung sie uns entriß. Hat Gott sie genommen, so wissen wir, wo sie sind; daß sie es gut haben und besfer, als wenn sie rms geblieben waren. Also 3, der Name des Herrn sey gelobet! Er hat «nS damit nicht leid, er hat uns damit
wohkgethan. Und so entweihe deine Lippe» keine Unmuthskkage, so opfere Gott Dank! Damit wir aber bis zu diesem höheren Grade unsre Gottge lassenheit steigern können, so wollen wir beten, daß Gort selbst uns stärke mit seiner Kraft, so harte Schicksalsschläge mit Fassung zu ertragen, daß er uns beystehe in aller Noth, und der Verzweisiung wehre. In getroster Unterwerfung und mit geduldiger Abwartung des Ausganges werde hier schon Gott gelobet, volkkommner dort künftig, wo jede Klage verstummen, ja in Jubelgesang sich wandeln wird.
316 3.
Ps- 5g, 8* (Am Grabe eines Kindes,
dessen Eltern
schon oft ahnlichermaßev betrübt tvot#
den waren.)
besser Tross in Trauer,
Angst und
Plagen, Hilf, daß wir nie, jv keiner Zeit, verzagen. Was bii uns schickst, beugt's uns auch tief darnieder,
Es hebt uns wieder. Ein Land der Prüfungen und der Thräne»
ist dieses Erdenthal gewiß auch,
keineSwegeS ein
steter Schauplatz des Glücks und der Freude.
Erst
nach manchem sauren Tritt erreicht der Wanderer ganz ohne Anstoß und ohne alle Be
sein Ziel;
schwerden ward noch kein Menschenleben vollbracht.
Manche Pilgrimme machen sich zwar selbst Unruh und Betrübniß;
doch
selten Heimsuchungen
begegnen uns auch nicht und
Leiden
ohne
unsere
Schuld, die zu umgehen oder von uns zu entfer
nen uns völlig unmöglich war, die wir mithin be trachten müssen als eine von Gott selbst uns auf
gelegte Last.
Nirgend aber ist das mehr und ei
gentlicher der Fall, als da, wo der unabwendbare
Tod Grain und Zerstörung anrichtet. 1. Eine, ist
sehen
die erste Erfahrung dieser Art
herbe genug.
Fühlende
Eltern,
die
—
517
—
auch nur einmal am Sarge eines geliebten Kindes standen, Haben an solcher Wunde lange zu heilen, ehe sie zu bluten ganz aufhört.
Aber ach!
wie
trostakM und verlassen weinen zu wiederholten Ma len Eltern an den Grabern ihrer Verklärten, wie
allein und bloß erscheinen sie, wenn sie, über ei nen gewissen Punkt hinaus, am Leben behalten können,
keines ihrer Kinder
ihre Freude also im
mer in Traurigkeit verkehret wird! In diesem äus serst betrübten Falle sind die hier klagenden Eltern.
Langer als ins dritte Jahr erfreuten sie sich bis
her noch keines ihrer Lieben.
jetzt
dahin gewelkte,
Hoffnung.
Uebcrdieß war daß,
besonders ein Kind guter
Zärtlicher hatte noch keines sich an
ihr elterliches Herz geschmiegt,
lieblicher noch kei
nes sie angclächelt mit reiner kuidlichcr Freude,
keines noch schönere Anlagen verrathen, nun auch dahin Versammelte,
als das
wo die Vorange-
gangcnen ruhn. 9. Wohl sind die Kinderlosen, dieser Schläge
des Schicksals wegen,
des Trostes so bedürftig.
Wohl mögen sie beyde mit David ausrufen: Nun Herr, wes sollen wir uns trösten?
Unser
Trost und unsre Freude liegt im Grabe! Aber mö gen sie gleichfalls mit jenem begeisterten Psalmen
sänger sich ermukhigen und sagen:
Wir hoffen
auf dich. a) Das soll einmal ihre Prüfung seyn nach Gottes Willen.
Andere Sterbliche
werden
518 auf eine andere Art grübet in der Schule
der Leiden;
Sie auf diese.
leichte Probe,
Wahrlich keine
die Sie zu bestehen haben!
Wenn Sterben auch soviel heißen kann, al
ben Schmerz der Trennung empfinden im
letzten Todeskampf: so haben Sie gewiß öf terer, als einmal?, des Todes Bitterkeit ge fühlt.
Denn es konnte nicht fehlen,
was
Ihren Geliebten widerfuhr, griff ja so ganz
an Ihre beyderseitigen theilnehmenden Herzen, baß «S schien,
als sollten Sie sich auf der
Stelle dem Tode mit unterwerfen.
Wenn
Sie sich also in großer Beklommenheit die
Frage aufwerfen:
WeS sollen wir uns trö
sten, o Herr? Was können uns Eltern noch für Freuden übrig bleiben,
von uns nimmst:
da du sie alle
so mag Ihnen diese Fra
ge allerdings sehr verzeihlich seyn,
wie sie
sich David verzieh; besonders wenn Sie
b) wie er,
Ihr Vertrauen
wegwerfcn,
auf Gott nicht
sondern einmüthig sind, zu be
kennen: Wir hoffen auf dich, und zwar
«) auf deine höhere Weisheit.
Wir selbst ver
mögen es nicht einzusehen, was deine ver
borgene Absicht mit uns ist,
die dich ge
gen uns zu so wiederholten harten Prü fungen bewegt. Gott,
Aber deine Gedanken, o
und der Menschen Gedanken —
welch ein unermeßlicher Abstand!
Also
—
519
—
stellen wir dir anheim, forschlich ist.
was uns uner-
Der d» nie, o Gott, ohne
Zweck und Plan gehandelt hast bisher, du wirst es also auch jetzt hier nicht.
Wir
hoffen auf deine Weisheit; ß) auf deine Gerechtigkeit,
Groß waren die frühern An
herzigkeit.
die wir nach deiner Fügung
fechtungen,
erlebten;
stehen.
Gute und Barm
wir meinten, sie nicht zu über
O über unsere Kräfte wirst du uns
auch jetzt nicht lassen versucht werden; und je schwerer auf dieser Seite des Lebens
Last uns drückt,
desto unmerklicher und
leichter wird deine allgenugsame Hand uns über andere Mühseligkelten hinübcrführen;
ja selbst der letzte Feind muß einst uns
minder schrecklich seyn, da wir diesen Feind
schon kennen, und der Tod wenigstens in
sofern nicht mehr als Feind erscheint, als nur der Tod,
sonst nichts,
«nS mit den
lieben Vorangesendetcn wieder vereinigen
kann.
Also hoffen wir vor allen Dingen
-t) auf ein künftiges besseres Leben,
das du
denen, die dich lieben, aus Gnaden geben
wirst. — Welt,
Ja, der Glaube an die höhere
der sonst hier in der Zeitlichkeit
nicht immer so wirksam ist,
wie er seyn
sollte, ja leicht ganz untergeht, soll dadurch eine gewisse Zuversicht werden.
Das Nich-
5so tige,
Irdische kann Sie ja nicht tnehr
fesseln. Himmel;
Ihre früh Verklärten sind im wollten
Sie nicht bey
ihnen
seyn? — O, lassen Sie sich den heilsamen Rath der
heiligen Schrift empfohlen seyn, auf Gott zu hof fen und von Ihm daö Beste zu erwarten, selbst in
der großen Anfechtung, die Ihrer Tage Prüfung
ist, und zweifeln Sie, so wenig für sich, als für Ihre Verewigten, an der Weisheit und Liebe des Vaters im Himmel,
der Sie also
beruft zum
ewigen Leben.
4. Buch der Weish. 5, 1 —5«
(Bey dem Grabe eines Kindes, dessen Vater im
Felde geblieben, und das seiner Mutter letztes war.)
Lieben, die vorangegangen, Erregen fchmerjlich das Verlangen, Uns ihrer wieder zu erfreun. Für S.eelen, die die Liebe ehren, Einander treu sich angehören, Kann auch der Tod nicht Trennung seyn.
Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Quaal rühret sie an.
digen werden sie angesehen,
Von Unverstän
als stürben sie,
und
ihr Abschied wird für eine Pein gerechnet,
».nfc
521 ihr« Hinfahrt für ein Verderben; aber sie sind in Frieden.
So
sinnig und wahr weiß schon ein
Zeitgenoß
des
alten Bundes über den Tod zu
sprechen, der in dem Gemälde des Menschenle
bens immer die dunkelste Seite ist, die nur be,
leuchtet werden kann. gelium
tröstet,
Auch Wir, die das Evan
diese Worte so lehrreich
finden
und beherzigungSwcrth, daß, selbst bey dieser rüh renden Veranlassung, uns ihre Betrachtung vor
andern nühllch scheint. 1. Der
Wer sind diese?
Hand.
rechte ,
in Gottes
Gerechten Seelen find
nicht solche,
Schein begnügen,
Nicht vermeintliche Ge
die
sich mit dem bloßen
im Herzen aber unrein sind;
sondern Gerechte im Geist und in der Wahrheit, die der Heiligung nachjagten und der Gottseligkeit sich überall befleißigten,
so daß sie wirklich ge
rechtfertigt und zu Gnaden angenommen worden sind.
Zu den Gerechten
sind vorzugsweise
Seelen der Kinder zu zählen.
die
Sie, die Gott ihr
Leben so rein und schuldlos wiedergeben, als sie es von ihm empfangen haben/
Sünde und Ungerechtigkeit noch
und denen fremd ist,
jede
sie
sind gewiß in Gottes Hand, und wohl dort auf gehoben , wo sie fröhlich weiter gedeihen.
2. Keine Quaal rührt sie an,
sensquaal und Reue, auch kein und Leid.
keine Gewis
sonstiges Uebel
Jedes körperliche Uebel ist abgethan
mit den abgeworfenen Banden dieses Leibes, und
jedem Seelenübel ist in der Gesellschaft der SeliGehatter ö Aulelmn-err.
$
522 gen,
die ja keinen Anlaß zur Klage giebt und
geben kann, auf immer vorgebeugt.
5. Von Unverständigen werden s,L angesehen,
als stürben sie tu s. w. Eindrücken stehen,
Ja, bleiben wir bey den
die das Erstarren dieser Glie
der, das Hinschwinden
aller Kräfte, das Ver
scharrtwerden in der Erde feuchte Höhle auf uns macht: so deuten diese sinnlichen Wahrnehmungen freilich auf nichts anders, als auf Zerstörung hin. Auch ist der Abschied peinlich. Die Ab
sonderung von der lebendigen Welt, die Aufhe bung so mancher werthen Verbindung, die Tren
nung von Lieben und Freunden kann keine ange
nehmen Gefühle hccvorbriNgen, weder in den Her» zen der Scheidenden, noch der Zurückbleibenden. Die -Hinfahrt der Menschen ist nach dem Urtheil
der Sinne nur Untergang und Verderben.
So
schließen indeß nur Kurzsichtige und Unverständige,
nach dem Zeugniß der heil. Schrift. terrichtete,
Besser Un
die ein höheres Daseyn ahnen, und
nicht den bloßen Theil für das Ganze des Men.
schmlebrns halten, erheben sich alsvbatd von die sem niederschlagenden Anblick irdischer Hinfällig keit.
Sie können
sich nicht trennen von dem
Glauben an den, der einem Jeglichen gerecht ver gilt,
und alles leitet zu gutem Zweck und Ziel.
Sie finden den Unterschied zwischen Thier und
Mensch zu merklich, als daß sie vermuthen könn
ten,
beyde müße ein gleiches Schicksal treffen.
Durch jede Todrsbetrachtnng, die sie anzustellan
3s5 Gelegenheit haben, wird in ihnen die Ueberzeu gung befestigt, daß das, was zunicht wird im
Tode, nur dem Leibe angehört. 4. Die Seele ist in Frieden, sie ist gerettet,
vor aller Unruh der Erde,
geborgen,
vor aller
Anfechtung der Sinne, vor aller Gefahr der Versu
chung sicher gestellt.
Alles nur gedenkbare Heil
umfaßt das vielsagende Wort: Frieden.
Mehre
res und Besseres, als Menschengedanken zu be
greifen vermögen, reine unverwelkliche Freuden stehn den Seligen dort bevor.
5. Mit diesen Worten trösten Sie sich. Sie,
die nun allein da stehn, und viel Theures, nun das Letzte verloren haben für diese Welt.
Gleich
am Anfang jenes verhängnißvollen Jahres,
das
wegen des großen Völrerkampfö unvergeßlich ge
worden ist,
wand sich ihr treuer Gatte mit weh
müthiger Ahnung und unter reichlichen Thränen
aus Ihren Armen kos,
dem allgemeinen Aufruf
des Vaterlands folgend.
Er ist nicht hrimgekehrt.
In fremder Erde schlummert sein Leib.
Auf der
Gedächtnißtafel der, aus unserer Mitte für König
und Vaterland gestorbenen, Name. Hier
Helden prangt sein
Seine Seele aber ist in Gottes Hand.
ist er den Tod eines Gerechten gestorben,
der seine Pflicht erfüllte.
Dort lebt er ewiglich.
Jetzt am Grabe seines Sohnes, den er auf dieser Welt nicht sah, sey ihm von uns allen, die wir
uns seiner mit innig« Rührung erinnern,
eine
aufrichtige Zähre des Danks und der Liebe ge-
3E s
5a4 weiht,
nicht bloß von Ihnen, tiefgebeugte Düs«
denn»
Keines Ihrer
frühern Kinder war) f»
lange erhalten, daß es den süßen Namen: Mut
Alle welkten in des zar
ter! anssprechen konnte.
ten Lebens ersten Monden schnell dahin!
Dieser,
von Ihrem mütterlichen Herzen, jetzt nun auch
loögerisfene letzte Liebling ihres Lebens konnte es. Desto schmerzhafter blutet die Wunde.
Nur der
Glaube an Gott und sein Heil, das er bereitet
hat denen, die ihn lieben, vermag sre zu lindern und ewig zu heilen. Sanft ist das Kind hinübergeftblummert. Dort findet es Jesum, den gros
sen Kinderfreund, dort findet es auch seine früher
vollendeten Geschwister; dort findet eß seinen Va ter, dem eß Engel Gottes entgegen führen wer
den.
Dort wird auch die Mutter alle ihre Lieben
wiederhäben,
und ihr hier von Grund aus zer
störtes Familienglück neu üufblühn sehen zu ewi
ger Dauer.
6.
Ioh- 14, 19» (Bty
dem Tode eines Kindes,
dessen Hintritt
seinen biederherzigen Pflegeeltern überaus sehr
zu Herzen ging.)
Wie wohl thust Du, o Gott, den Deinen! Du führest sie zum Himmel ein. Da werben Leid, Geschrey und Weinen
."*2 5
—
'—
Wie ei« vergangnes Traumbild sey«; Da wird, auf bald verschmerzte Pein, Vsllkommne Seligkeit erfreun.
Die evangelischen Worte, deren sich einst Je» sus, unser Herr, bediente, um wegen seines bevorsichenden Todes seine Geliebten zu beruhigen, wenn er zu ihnen sagte: Ich lebe und ihr sollt auch
leben, können wir wohl auch betrachten, als den Zuruf eines vollendeten Geliebten an zurückgeblie»
bene Freunde,
die
seines Abschieds wegen
schmerzliche Betrübniß verseht sind.
trer ein solcher, für
in
Denn je bit
dieses Leben unersetzlicher,
Verlust empfunden wird, desto mehr beruhigt, ja
entschädigt den,
ein künftiges Leben
Christen der Trost, sich
austösende
hoffenden,
daß an die hier so traurig
irdische Verbindung
ein Zustand
ewiger Glückseligkeit sich anschließen werde.
Der
Tod eines geliebten Angehörigen ist
1. im allgemeinen ein Zuruf an uns: Ich
lebe, bin unverloren und habe zu sey» nie aufge» hört, wenn ihr gleich iyeinet, ich sey dahin; und so sollt auch ihr leben,
sollt nicht vertilgt seyn
aus der Reihe der Wesen,
sondern auch eurer
Wartet Fortdauer im Tode;
euer gegenwärtiger
nichtiger Leib soll in einen verklarten verwandelt werden» 2. Besonders aber ergehet dieser Zuruf, ich
lebe, und ihr sollt es auch, an Sie, wertheste Leid tragende, denen der Tod des früh Entschlummer ten zu Herzen geht, als wäre es Ihr leibliches
5s 6 Kind.
Habt Dank, so ertönt'S an» seinem Gra
be, daß ihr euch meines zeitlichen Lebens mit wah
rer Elternliebe annahmt,
und mir diejenigen so
treulich ersetztet, die ungckqnnt, vor mir entschla fen sind.
Nicht zwecklos und vergeblich habt ihr
an mir ein so edles Werk gethan, ich lebe den noch, üb es gleich scheint, als sey mein Leben im Tode
untergegangen.
Mein Knospenleben
auf
Erden treibt jetzt Blüthen und Früchte der Ewig
keit.
Oder könnt ihr noch an meinem Leben zwei
feln, wenn ihr -en GlaNben 8.) wie zu Leiden geschaffen zu seyn.
Ist eine An?
fechtung vorüber, so droht schon eine ander«. Oft
drängt die Noth von mehrer» Seiten,
kommt ein Unglück allein. —
ja selten
Künftig nicht also,
Dann unterbricht den reine» Genuß der Seligkeit kein Ungemach der Erde. Ayer Jammer der Un«
terwelt verwandelt sich dort oben in Wonne.
4) Das Erste ist dauert auch das Erste,
vergangen.
das Zeitliche,
Zwar in seinen
Folgen fort, und kann insofern nie vergehen. Aber die Vorbereitungszeit ist dahin und wohl vergan gen dem Frommen, nicht vergeblich, sondern hoch»
nützlich, nicht zum Schaden, sondern zum ewigen Segen.
Die seligen Genoffen der künftigen Welt
begrüßt bei ihrem Eintritt de- Heilands Friedens
spruch: kommt her, ihr Gesegneten des Vaters, ererbet das Reich!
gekämpft.
Ihr habt «inen guten Kqmpf
Unaussprechliche Himmelsfreude macht
alles Leid vergessen.
Möchte dieser Glaubenstrost unsere Seelen
aufrichten an den Gräbern der Unsrigen und unter
dem Druck jeder andern zeitlichen Roth, der wir hier unterworftn sind.
Die Auflösung von den
—
36y
—
Banden dieses Lebens erfolgt selten oder nie ohn« Schmerz. Wohl uns, wenn der hohe Trost göttlichen Wortes: Gott wird abwischen all« Thränen von unsern Augen, auch unser Theil ist, und wir es unsere vornehmste Sorge seyn las sen, zu der Zahl der Kinder Gottes zu gehören,
die seines seligen Erbes gewürdigt fmd.
» I« besonderer Beziehung.
Bey Greise».
1 Kin. 19, 4. Verleih uns Gott Beständigkeit;
haß uns mit Unerschrockenheit Und Much tu unserm Ziele gehen. Bewahre «ns vor Ueberdruß Des Lebens. Doch auch Frohgennß Soll nimm« uns entgegen stehen, Zu thun, waS recht und edel ich So lang es Tag noch für uns ich Cs ist ein, unter allen Umständen zwar ver zeihlicher, aber doch nur mit Vorsicht und Ein-
—
56g
—
schrankung zu hegender Wunsch, den bet Prophet EliaS hatte, als er, von der gottlosen Königin Isabel verfolgt,
sich in eine Wüste fluchtete und
lebensmüde zu Gott betete:
nimm nun,
Herr,
Es ist genu.-,
meine Seele,
nicht besser, als meine Väter;
fö
ich bin
mit andern
Worten: ich habe lange genug des Lebens Last ge tragen; laß mich der Natur ihren Zoll entrichten
und zu den Vätern versammlet, werden, da werde ich sicher seyn vor den Nachstellungen der undank
baren Welt, und zu der Ruhe gelangen, die ich hier nirgend finde.
i. Zu dergleichen Wünschen
wird also der
Mensch vermocht
a) theils durch die so oft hier fühlbar werdenden
Mängel und Unvollkommenheiten unter dem Druck der Leiden,
wenn körperliche Schmer
zen überwältigen wollen,
und eö an Muth
und Kraft gebricht, solch Schicksal zu ertra
gen;
oder wenn rechts und links aus unsrer
Verwandtschaft und Bekanntschaft alles um uns her abtritt, und wir allein übrig zu blei ben scheinen; ferner, wenn große allgemeine
Drangsale überhaupt gleichgültig machen ge gen das Leben;
endlich,
wenn die wenigen
schwachen Kräfte nicht mehr gestatt«:, nützlich thätig zu seyn,
hier
vielmehr die Ueber
zeugung immer mehr zunimmt, man sey bey
längerem Leben nur sich und andern eine Last.
—
309
—
b) theils durch die Hoffnung eines bessern Zu
standes jenseits des Grabes in der himmli schen Vollendung und Seligkeit. 2. Hier fragt sich:
Was ist recht?
a) Ueberdruß des Lebens ist an und für sich im
mer unerlaubt, zeugt von Geringschätzung des edelsten Geschenks Gottes und von Ungeduld
unter der Tragung der aufgelegten Last.
Dee
Christ behält auch im größten Unglück Muth
und Kraft, sein Leben fortzusetzen, und nimmt
sich'6 nicht heraus,
wegen der Dauer dem
Höchsten Regeln vorzuschreiben.
b) Auch der Christ sagt: eö ist genug; nun mag aber eher
sich schließen meiner Tage Lauf;
nicht,
Doch dann mir
als bis Gott ruft.
ganzer Seele, völlig gefaßt und bereit, be
ruhigt und getröstet über das sichtliche Da
hinschwinden der Kräfte,
über den mangel
haften Gebrauch der Sinne,
über die nahe
Trennung von hier. c) Der am spätern Ziele stehende rechtschaffene
Pilger,
der lange deö Tages Last und Hitze
getragen hat,
darf also allerdings auch im
Voraus seiner Erlösungsstunde sich freuen und den Verlust des Zeitlichen für wahren und
«iqentlichen gewinn
vollbrachtes
Leben,
Sein wohl
ansehen. seine
unverbrüchliche
Treue im Dienste seines Herrn, der ihn nun nicht länger mit dem Lohn aufhalten will; am Bebau,r'S Anleitung»«.
a
—
Syo
—-
meisten aber sein Glaube an Jesum und seine Erlösung durch ihn verbannt allen Zweifel aus seiner zu Gott erhobenen Seele, und er
füllt sie mit Hoffnung und freudiger Zuver sicht. Die vielen Vorangegangenen winken ihrerseits auch zur baldigen Nachfolge; aber nicht mit Ungestüm fordert er seinen Tod, nicht ungeduldig klagt er, Gott habe ihn ver gessen. Die Zeit, die Gott dazu ersehen hat, seine Seele abzufordern, ist ihm die willkommenste und beste, bis dahin wendet er auch den Rest seines Lebens, soviel ihm noch vergönnt ist, zur nützlichen Thätigkeit an. Und wenn er weiter nichts vermag, so sind es dienliche Rathschläge für die jüngere Welt, so sind es heilsame Anordnungen, wie es nach seinem Tode soll gehalten werden mit dem, was er zurückläßt, oder sonst vor bereitet hat zur weitern Ausführung. 5, Also wir sollen das Leben lieben, und uns den Tod nicht wünschen, aber auch den Tod nicht fürchten. Wenn die Pflicht gebietet, dürftn wir auch Todesgefahren nicht scheuen; aber ihnen auch
zu keiner Zeit leichtsinnig gleichgültig entgegenei len. Wir sollen standhaft beharren bis ans En de, und in keiner, auch noch so schweren, Lebens
lage verzweifeln oder verzagen, vielmehr alles als weife Beschlüsse des Ewigen erkennen und vereh ren, was uns widerwärtig dünkt, aber abzuändern
in unsrer Macht nicht steht.
on i
2.
o
Psalm 90, 10.
^5m schwachen Alter kämest du, Betagter Greis, zu deiner Ruh, Blöd und gebückt giengst du einher, Jetzt drückt dich keine Schwachheit mehr.
Unser Leben währet siebenzig Jahr, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahr, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist eö Mühe und Arbeit gewesen. Diese Worte sprach aus grauer Vorwelt her der Mann Gottes, Moses, als er die Nichtigkeit des mensch lichen Lebens zum Gegenstand seiner Betrachtun gen gemacht hatte, die, wenn wir es recht be denken, von uns um so eher müssen angestellt wer den, da die Anfangsworte unserer Schriftstelle jetzt nur seltener eine Anwendung leiden, und die Le bensdauer in unsern Tagen in der Regel geringer ist, als in jener älteren Zeit, vor viertehalbtausend Jahren. - Die Hälfte der, zum Leben gebornen, Menschen stirbt nämlich früh in der Kind heit und Jugend dahin. Verhältnißmäßig nur Wenige erreichen die sechsziger Jahre. Heute ist uns vergönnet, die Worte des MofeS als Leichen text zu benutzen, da wir einen Greis beerdigt ha ben, der dieses Ziel erreicht hat, das schon in je ner Zeit ein höheres hieß. — Was lernen wir bei diesem Todesfall; was ruft uns dieser Greis aus seinem Grabe Erwcckliches, Lehrreiches zu? Aa 2
1. Die Seltenheit dieses Ziels macht es uns
So
nicht wahrscheinlich, auch so alt zu werden.
viel Zeit, als der Vollendete hatte,
um sich auf
das Künftige vorzubereiten, werden wir nicht leicht Also schiebe deine Buße nicht auf,
haben.
bis du alt werdest, ermahnt Sirach (18, 22.)
sondern bessere dich,
gen,
weil du noch sündi
noch mit der That beweisen kannst,
ob
du der Sünde widerstehest oder nicht.
2. Je länger die Frist, desto größer die Rechen
schaft wegen der so lange treu verwandten.Zeit.' In einer langem Reihe. von Jahren
kann die
Summe des Guten größer sein, als in nur kurzer.
Ist sie das nicht,
so ist die Zeit verloren,
so
findet der Richter der Ewigkeit weniger zu beloh
nen,
als zu bestrafen,
und der Gedanke an die
Zukunft kann nur beunruhigend seyn. 3. Gleichwohl ist die Erreichung
eines so
späten Lebensziels nicht in jeder Hinsicht ein Glück
zu nennen,
wie das ein jeder zugeben wird.
In
demselben Verhältniß, als die Jahre zunehmen, nehmen die Lebenskräfte ab, giebt's keinen Genuß.
selbst und bunden.
und
ohne Kraft
Mit Beschwerde für sich
für andere ist das höhere Alter ver Diejenigen,
die dazu gelangen,
sind
nicht durchaus zu beneiden. 4. Wenn aber ist's köstlich gewesen?
wort: hat.
len.
Ank,
Wenn's an Mühe und Arbeit nicht gefehlt
Und wahrlich,
Arbeit,
daran muß es niemals feh
nützliche Anwendung der Kräfte,
selbst wenn sie mit Anstrengung geschieht, wahre Würze des Lebens,
ist die
und das beste Nlittel,
es zu erhalten und zu verlängern.
Nimmer soll
uns in gesunden Tagen die Arbeit lästig Ohne
sie ist keine Erholung,
möglich.
seyn.
keine Erquickung
Erst nach gethaner Arbeit ist gut ruhn.
5. Eben das macht das höhere Alter beson
ders beschwerlich,
daß mit der Kraft zur nühli-
chen Thätigkeit auch die Liebe dazu schwindet, und
der Greis nun andere an seiner Stelle sehen muß, die er mit eifersüchtigem Auge betrachtet, weil sie
ihn gleichsam verdrängt haben. 6. Doch dauert diese Kränkung nicht ewig.
Endlich kommt auch der Aelteste zu Grabe.
Wie
die reifen Garben alle eingeholt werden zu ihrer
Zeit, so bleibt kein Sterblicher zurück.
.0, daß
wir zur Zeit der Abholung alle reif erfunden wür den!^ Das werden wir aber nur dann, wenn 7. unser Wandel, sey uns auch das späteste Ziel
beschiedcn,
ein Wandel im Himmel,
ein
Gang zum Himmel und für den Himmel berech net ist. - Auf kürzerem oder längerem Wege kom
men wir alle zum Ziele.
Es kann kein anderes
als seliges seyn, wenn wir unterweges unsere wah re Heimat nicht vergeßen, treffen werden.
und wen wir dort an
Jesus, unser Herr, hat uns dort
eine gute Stätte bereitet;
nun kommt's auf uns
nur an, daß wir ihrer würdig seyn, daß wir al len Fleiß anwcnden, soviel an uns ist, xinzukom-
men zu diesem Freihafen der Seligen, welcher die
hier Abgehalten
ewig erquicken,
aber auch neu
rüsten und in Stand setzen wird zu immer höhe-
rer Wirksamkeit»
3» (Bey einem frommen erblindeten Greise.)
Jes. 60, 19. 20. 3» wandelte im finstern Thal;
Doch straltr mir des Glaubens Licht. Jetzt bin ich frei von aller Quaal, Golt war stets meine Zuversicht.
Wenn einer aus unserer Mitte scheidet,
wir wohl gekannt haben,
den
so ist das für die Zu
rückbleibenden nie ein ganz gleichgültiges Ereigniß; cs verursacht einige Rührung, auch wenn der Ab
geforderte
eben kein durchaus
seines Namens nach sich ließ.
gutes Gedächtniß
Wir vermißen ein
Glied in der Kette der uns näher Umgebenden, und können uns das wenigstens zurufen: einst, viel leicht bald, werden auch wir darin fehlen. wie wird es dann mit uns seyn?
Und
Wird man un
sern Austritt von hier als einen Verlust bedauern, oder wird keine Thräne um uns fließen, selbst von
Verwandten
wenn
und Angehörigen
wir mit
nicht? —
unsern Betrachtungen
Doch
auch nur
stehen bleiben bei dem so eben in Wirklichkeit ge
tretenen Todesfall —
unsere Gefühle verstärken
—
575
—
sich, wenn der Vollendete uns entweder nahe an» gieng , oder wenn seine Laufbahn eine fortgesetztere war, oder wenn er auf dieser länger« Pilgerreise manche merkwürdige, besonders harte, Schicksale erlebte, und endlich, wenn wir ihn meist, oder vielmehr ganz von guter Seite kannten. Wem unter uns sagte ich etwas Fremdes, wenn ich zuversichtlich behaupte, daß alle diese Beziehungen volle und wahre Anwendung leiden auf den vollendeten Greis, der ^un nicht mehr bey uns ist, unter dessen Augen, so lange sie sehend waren, wir gleichsam alle ausgewachsen sind; der einen guten ehrlichen Namen mitnimmt in sein Grab, und dessen Andenken bey uns allen «in Andenken in Ehren und im Segen ist, der als Gatte und Vater, als Einwohner und Nach
bar, als Bekannter und Freund, sich Liebe und Achtung erwarb in und außer seinem Hause; der, seiner Erblindung ungeachtet, noch im Hauswesen «ine seltene Thätigkeit bewies bis zum letzten seiner Tage, der auf seinem fast achtzigjährigen Lebens wege viel und mancherley, Gutes und Böses er lebte, und an den nun auch die Reihe gekommen ist, daß er seine irdische Hülle mit einer himmli schen gewechselt. O, ich gesteh' es gern, heute hier als Leichenredner aufzutreten, um nach der heiligen Schrift Worte der Erbauung und Rührung zu spre chen, ist mir ein vielwerther Beruf. Nicht im mer wird es dem Diener der Religion so gut, mit derselben Zuversicht und Beisiimmung des Herzens
eines Abgeschiedenen zu gedenken.
Gott gebe uns
Segen und Gnade zur frommen Fortsetzung unse rer Betrachtungen, Grunde liegen:
denen die Schriftworte zum
Die Sonne soll nicht mehr
des Tages dir scheinen,
und der Glanz
des Mondes soll dir nicht leuchten,
son
dern der Herr wird dein ewiges Licht umd
dein Gott wird dein Preis seyn.
Deine
Sonne wird nicht mehr untergehen, noch
dein Mond den Schein verlieren;
denn
wird dein ewiges Licht
seyn,
der Herr
und
die Tage deines Leides
sollen ein
Ende haben.
Erlosch ihm gleich der Sonne Licht, Des Glaubens Licht gieng schön ihm auf. Er blieb getrost und zagte nicht; Gott half vollenden seinen Lauf.
Der
nähere
Zusammenhang
dieser Worte
zeigt es deutlich, daß der Prophet im Geiste auf
eine bessere Zukunft hinblickt, und namentlich auf
die Zeit des neuen Testaments, auf die segensreiche Theilnahme an der Lehre Jesu.
Mache dich
auf, werde Licht, denn dein Licht kommt,
und die Herrlichkeit des Herrn gehet auf über dir.
Welcher Christ könnte in dieser,er-
wecklichen Anhebung unsers Textcapitels die Weis sagung des hellen evangelischen Lichtes verkennen, das der Kirche Jesu leuchtet! Was aber der Kir-
—
577
—
che Jesu im Allgemeinen verheißen ist, das ist jedem
ihrer frommen und rechtgläubigen Glieder verheis
sen.
Und da wir nach der Liebe glauben, ja fest
davon überzeugt sind, daß auch unser vollendeter Greis nahen Antheil gehabt habe an diesem im Text erwähnten Licht und Trost: so ist eS der hei
ligen Schrift kein Zwang angethan, und wir be
haupten nicht zuviel, wenn daß hier ausgesproche
ne Wort, an diesem unserm Simeon,
von dem
wir hier zu reden haben, in nahe und eigentliche
Erfüllung gegangen ist.
Denn
die Sonne des
Tages schien ihm lange nicht mehr, und des Mon des Glanz leuchtete ihm nicht; aber jezk geht sei
ne Sonne nicht mehr unter. ewiges Licht,
Der Herr ist sein
und die Tage seines Leides haben
ein Ende.
1. Die Sonne des Tages schien ihm lange nicht mehr und des MondesGlanz
leuchtete ihm nicht. Gottes Gedanken und Wege sind unerforschlich und seine Gänge verborgen unsern Augen. Menschenschicksal liefert hiezu Beweise genug.
Jedes Doch
Manches Schicksale stellen uns daß außer allem Zwei
fel.
Soviel der Himmel höher ist, denn die Erde,
so sind auch GocteS Wege höher, denn unsere Wege und seine Gedanken, denn unsere Gedanken. Und so
wissen wir nicht, warum Gott diesem Pilger ein so hartes auflegte, daß er dreizehn Jahre vor seinem Ende des Lichts seiner Augen gänzlich beraubt seyn
sollte, daß ihm die Sonne des Tages schon lange
—
578
—
nicht mehr schien, und des Mondes Glanz ihm nicht
leuchtete, daß er, in Finsterniß wandelnd, die schöne
Gotteserde nicht mehr sah, um die er sich doch als steißiger Ackermann verdient gemacht von Jugend auf.
Warum that das Gott an ihm?
hier fast fragen.
So möchten wir
Aber dürfen wir das?
Dürfen
wir hier vorwitzig fragen, wie die Jünger nach der
evangelischen Geschichte vom Blindgebornen: Wer
hat gesündigt, dieser, oder seine Eltern? Daß er ist blind geboren worden. 0, nein;
auch hier ist wenigstens die Antwort Jesu, die er sei
nen Begleitern gab, die einzig richtige: es ist da rum geschehen, daß die Macht Gottes of
fenbar würde, und daß alles von Gott kommt und in Gottes Hand steht, was die Menschen genie
ßen und haben.
Zugleich aber auch darum, daß die
Geduld und Standhaftigkeit der schwachen Men
schennatur sich noch mehr beweisen und bewähren möchte zu Gottes Ruhm und Preis. —
Wohl em
pfand der Vollendete die Härte und Schwere des auf
ihm liegenden Schicksals.
Im Stillen mag er oft
zu Gott goseufzet haben: womit hab ich das verschul det, daß du Herr also mit mir zürnest, und mich mit Blindheit schlägst. Aber laut murrete der from
me Dulder nie wider Gott.
Denen, die ihn seines
Unglücks wegen bedauerten, entgegnete er: „was kann's helfen? Gott hat mir dieß Leiden auferlegt,
ich mir nicht selbst; ich will's geduldig tragen." Und
er ertrug es wirklich mit einer seltenen Fassung und Ergebung.
Er kürzte sich die Zeit durch tägliche
— 3?9
—
Uebernehmung von häuslichen Geschäften, die ihm durch die lange Gewohnheit so sehr zur andern Natur geworden, daß sie ihm auch blindlings zu Gebot stau den: und so litt' er weniger. Die lange Weile, diese gewiß größte Pein für Erblindete, focht ihn nicht so sehr an; und in den stillen Stunden der Ruhe tröstete er sich mit Gottes Wort, das blieb seiner Füße Leuchte und ein Licht auf seinem Wege, der ihm aber auch von seinen Kindern und züm Hau se Gehörigen nicht erschwert, sondern erleichtert ward, wie er das selbst dankbar zufrieden gerühmt. So ertrug er es gelassen, daß die Sonne des Tages ihm lange nicht mehr schien, und des Mondes Glanz ihm nicht leuchtete. Aber 2. Er hat den Tag glücklich erreicht, wo seine Sonne nicht mehr untergeht. Der Herr ist sein ewiges Licht, und die Tage seines Leides haben ein Ende. Ob ihm gleich des Leibes Licht gebrach, so doch nicht der Seele Licht, des Glaubens und der Hoffnung Licht. Dies Licht gieng ihm hier nicht unter, er hatte sich'ö angezündet von Jugend auf, und seine heilige Flamme unterhalten durch die Kraft des göttlichen Wortes. Er war in gesun den und sehenden Tagen ein fleißiger Besucher des öffentlichen Gottesdienstes. Auch als er erblindet war, ließ er sich zuweilen in die kirchliche Ver sammlung führen, und hatte seinem Gedächtniß manch schönen biblischen Trostspruch, auch manch
38o rrweckliches Lied anvertraut, Elende geblieben.
das ihm in seinem
Den erbaulichen Gesang: Ich
habe meine Sach Gott heimgesiellt,
mach's mit mir, wie'S ihm gefällt,
er
ließ
er sich noch an jenem Abend andächtig vorlcsen,
als ihn: der
Schlagfluß schon den Todeöstreich
versetzt hatte, und worauf sich bald mit der Spra
che auch Gefühl und Bewußtseyn verlor. In die
ser Dunkelheit leuchtete ihm des Glaubens Licht. Heller ist'ö nun ihm aufgegangen, nachdem er ge-
langt ist zu, dem Erbtheil der Heiligen jm Licht, und Himmelswonne und Herrlichkeit ihn von allen
Seiten umglänzt.
ges Licht.
Denn der Herr ist sein ewi
Jetzt erkennt er das in der Wahrheit
feigem Lichte, was
er hier auf Erden nur dunkel
oder gar nicht sah.
Jetzt preiset er den Gott der
Gnade ewiglich, der hier sein Angesicht eine Zeit
lang vor ihn, verbarg. Jetzt wandelt er im Schauen, im seligen Anschauen aller Kinder Gottes, nach
dem er richtig vor-ihm gewandelt hat. Jetzt hat er die angehörigen Lieben Alle, die in Christo Je su vor ihm selig vollendet worden sind, wieder ge funden ; und er hat deren Viele vorangesandt. So
viele seiner Mitgenossen auf seiner langen Pilger straße,
die aber früher ein gutes Ziel erreichten,
begegnen ihm dort und heißen ihn willkommen und freuen sich seines und ihres Heils.
Die heiligste
Nähe und Gemeinschaft mit Jesu, seinem Erlö
ser, macht ihn überschwänglich selig, der ja auch für ihn, für ihn gewiß, eine gute Stätte bereitet
581 hat, daß sie ihn ewig aufnähme.
Die Tage sei
nes Leides haben ein Ende genommen,
alle seine
Traurigkeit ist verkehrt in Freude. —
Heil also
dem Vollendeten!
Mitten in der Dunkelheit, in
der er wandelte, hat es ihm an Licht nicht gefehlt
und er hat fromm überwunden.
Seine Sonne
wird nicht mehr untergehen und sein Mond den
Schein verlieren.
Ihm ist der Herr ein ewiges
Licht.
Was folgt für uns? Was ist unsere Pflicht, was kann unser aller Trost,
was soll er seyn?
Nicht nur, daß wir dem selig Entschlafenen eine fromme Thrän« Les gerührten Andenkens weihen; auch wir wollen uns
eines
Sinnes
befleißigen,
mit dem wir jedem Schicksal trostvoll können ent
gegen gehen.
Wohl uns, wenn man auch unse
rer ähnlicher Maaßen in Liebe einst gedenken wird;
aber vorzüglich und ewig uns wohl, wenn wir uns
in den Tagen der Trübsal,
wo die Sonne der
Gesundheit und der Freude untergehk, halten kön nen an Gottes Wort, und durch dasselbe das Licht des Lebens haben,
das auch im Tode nicht er
löscht.
Stärke uns, o Gott, auf unsere letz
ten
dunklen Augenblicke.
Licht und deine
Da sende dein
Wahrheit,
sicher leiten, Amen.
daß sie uns
38s 4. (Bei einem betagten Amtsbruder.)
Selig, wer dereinst am Ende Zn Gottes väterliche Hände
Getrost die Seele niedrrlegk!
Eellg, wem hier nicht vergebmS Der kleinste Theil des PilgerlrbenS Vorüber floß, wenn sie nun schlägt Die Abschiedsstunde. — Dann Sieht dir durchlauf«« Bahn Seine Seele mit Wonne, blickt
Zu Gott entjückr,
Und freut sich ew'gen Lohnes dort. Es ist ein gar ernster und schmerzhafter Auf
tritt des Lebens,
wenn der Tod Einen aus unse
rer Mitte und Bekanntschaft
Grab;
hinabzieht in das
wenn er Verbindungen aufiöst,
die auf
mehr als eine Weise dem Herzen theuer sind, und
die wir so ungern aufgeben, weil die lange freund liche Gewohnheit sie uns gleichsam unentbehrlich
gemacht.
Zugleich bewegen sich christlich fromme
erhebende Gefühle in unserer schmerzerfüllten Brust. Wir sehen hier den Menschen, wir sehen das gan
ze Leben in seinen beiden entgegen geseßten Punk
ten, in seiner größten Nichtigkeit und seiner höch
sten Herrlichkeit.
Wir sehen, was wir sind, Er
de und Staub, wie alle unsere Väter;
aber wir
denken uns auch, was wir seyn werden. Verwand
te der Gottheit,
Verklärte des Himmele:
denn
585 das Edlere des Menschen, der Geist, kommt wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. O können, ja dürfen es andere Empfindun
gen seyn,
die jetzt unser Innerstes durchdringen,
als so ernste schmerzliche,
und fromme erhebende
zugleich? So eben verließen wir ein Grab, in das
Keiner ohne tiefe Rührung hinabblicken
konnte,
das Grab eines Greifes, dessen Alter wie sein Amt
ihn nicht bloß dem Namen nach ehrwürdig mach
te, o der es auch war und allen so erschien, die. den
Vollendeten in seiner biederherzigen Eigen
thümlichkeit, in fernem öffentlichen und häuslichen
Wirken gekannt, und nach der Wahrheit geschätzt
haben.
Fast fünf und siebenzig Jahre vergönnte
ihm der Herr über unser Leben seine Pilgerreise
forrzusetzen, meist wohl und gesund in Munterkeit
uüd Kraft.
Ueber drei und vierzig Jahre war er und der beiden zu
Lehrer und Seelsorger dieser,
gehörigen Nachbargemeinen und pfianzte in die ihm anvertrauten Herzen den Saamen der Frömmig keit mit unermüdeter Treue ein.
Ihm ward das
seltene Glück zu Theil, ununterbrochen zu wirken, so lange es Tag für ihn war,
bis plötzlich, aber
ruhig und selig, seine Stunde schlug, vorgestern in der Frühe, kurz zuvor, ehe der neue Tag anbrach. Er ist ihm angebrochen der neue Tag, ein Tag
des Friedens und Segens.
Der Herr wird
sein ewiges Licht seyn da, rer werden
leuchten, wie
wo treue Leh
des
Himmels
Glanz, und die, so viele zur Gerecht,^
584 feit miesen wie die Sterne i mmer und ewiglich.
Und wer war er im häuslichen Krei
se? Ein treu liebender Gatte, ein rastlos sorgen
der Vater.
Nicht ohne Prüfungen und Sorgen,
aber auch nicht ohne Freuden
und
Segen
war
Er, der es mit den Seini-
sein Familienleben.
gen so redlich meinte, auch unter mancherley Drang
salen einer schwierigen Zeit nicht aufhörte, der ra thende und Rath schaffende Vorsteher seines Hau ses zu seyn, der, wie es dem treuen Vaterherzen
eigen ist,
seiner Lieben Bestes zu befördern be
müht war mit mancher Aufopferung und Entbeh
rung — er hat sie, die hier gegenwärtig trauern,
so wie die Theuren, welche das Verhängniß trenn
te, und — die hier nicht mehr weinen können — sich verpflichtet zu ewigem Dank, gen ruhet auf ihnen.
und sein Se
Denn ein Gerechter,
der in seiner Frömmigkeit wandelt,
des
Kindern, so sagt Gottes heiliges Wort, wird eswohlgehen in Zeit undEwigkeit. Aber
auch als Freund uud Nachbar,
werth muß nicht allen,
wie theuer und
sowohl abwesenden,
als
hier gegenwärtigen, Freunden und Bekannten seht
Andenken bleiben,
allen, die je sich seiner Nähe
und seines Umgangs und Bekanntseyns freueten. Wie war er nicht so gern fröhlich mit den Fröhlichen
und traurig mit den Traurigen!
Wie war
sein
Haus nicht oftmals der Sammelplatz der Freude
und Freundschaft, wie ehrte er nicht stets ein gu
tes nachbarliches Verhältniß, wie bereitwillig dien-
585 te er nicht und übernahm Arbeiten und Geschäfte im amtsbrüderlrchen Kreise,
so oft sich ihm dazu
Gelegenheit bot und die fand sich während seines vieljährigen Hierseyns oft genug. Nicht unerkannt
blieb daher auch von den Meisten sein unermüde
tes Streben,
und wie er Zu diesem Zwecke un
verdrossen selbst deß höher» Alters Hindernisse über wand. Doch sah auch er sich zuweilen von Man
chem verkannt und unrichtig beurtheilt,
wenn er
Neuerungen seinen Beifall versagte, denen von an dern fast zu unbedingt gehuldigt ward.
Daher
nahm das Vertrauen zu der Menschheit, selbst in
seinen nähern Umgebungen,
auch bei unserm er
blaßten Freunde mit den Jahren nicht zu, sondern ab.
Aber das hält die Thränenopfer der Werth-
schähung und Zärtlichkeit nicht auf, welche nähe
re Bekanntschaft, Verwandschaft und Freundschaft ihm weihen.
Sein Andenken wird, als ein ge
segnetes , fortleben bei den Mitgliedern seiner Ge
meinen, die sich des vieljährigen Lehrers, wie ei nes Vaters unter seinen Kindern, erinnern, so oft
sie die heilige Stätte zu andächtigen Zwecken ver sammlet,
so oft sie das Buch heiliger Gesänge
zur Hand nehmen, das er ihnen als der Erbau ung förderlicher mit gutem Rechte anempfahl. Bei weitem die Meisten der jezt hier Lebenden hat er, ein wahrer Simeon,
geschlossen,
als Kinder in seine Arme
und durch Taufe und Unterricht mit
Gebet und Danksagung in die Christenheit einge
führt. Nun,-Herr, lässest du deinen Diener Gebaner's Anleitungen,
P
386 in Frieden fahren.
unser Greis Er,
In
Frieden
zur himmlischen
über
schlummert Vollendung.
der so oft als wohlberathender Freund an und Trost und Frieden zu
Sterbebetten stand,
sprach beim Scheiden aus dieser Welt; er, der das
Evangelium des Friedens verkündigt hat noch am
letzt verwichenen Sonntage, dem letzten seiner Ta ge, wird selbst nicht verlegen gewesen seyn
um
Frieden und Trost, als er sprach: „Das wird mein Ausgang seyn;"
dann auch
und
alsobald das
Haupt neigend, im Arm seiner treuen Lebensge
fährtin verschied.
Nimm unsere Liebe und Freundschaft, unse re Achtung und Verehrung, mit in dein Grab, der du den Deinigen alles, einem jeden unter uns
viel gewesen bist.
Als einen frommen und
getreuen Knecht hat Gott dich nun über mehr gesetzt;
gehe ein zu deines Herrn.
Freude! Wohl ist der Gedanke uns schmerzlich;
auch Du giengst von uns. Du, an dessen Leben uns ein langer Umgang band, und der Du deinen An
gehörigen, bis zu solchem Ziel erhalten, doch zu früh entrissen wardst.
Aber mir freudiger Rührung
erheben wir über das Grab den, Höheres ahnen
den, Geist, das, nach Wiedersehn schmachtende, Herz.
Glaube, Hoffnung, Liebe erheitern unsern,
zur Erde gesenkten, Blick,
tung nach dem Himmel.
geben ihm die Rich Dort,
wo der From
men Vaterland ist, ist auch Dein Vaterland, ist
dir die Wohnung bereitet, ein Haus nicht mit
— Händen gemacht, mel.
Dort,
S«7
—
das ewig ist im Him
wo Gerechtigkeit thronet und die
Tugend nach ihrem wahren Werthe gilt,
Dir vergolten werden reichlich,
wird
und das Leid der
Erde vergessen seyn.
Einst,
bald oder spat, empfängt uns alle,
wie ihn, daö Grab; möchte der Uebcrgang dahin
für uns auch leicht und schmerzlos seyn!
bald oder spät, verlassen
auch wir die
Einst,
hiesigen
Hütten, um sie mit ewigen zu wechseln. ger Wechsel:
Seli
Glaubenden, Hoffenden, Liebenden
in Christo nie anders, als
erwünscht!
des Todes ist Tag des Lebens.
Der Tag
Die Sonne, die
ungetrübt untergehk, verkündigt einen neuen schö nern Tag.
O wie gedenk ich dein so gern, Du Tag des Lebens, Tag des Herrn! Wann wird dein Licht erscheinen? Tag, der gewiß mir wiedergiebt Die ewig meine Seele liebt, Die Seligen, die Meinen! So muß der Schmerz der Sterblichkeit Sich wandeln bald in Seligkeit, Amen.
B b ?
588
B e i
jungen
P e r s o n e n.
1. (Am Grabe eines früh vollendeten Freundes, der
seinem Vater und zwei Brüdern bald
nachfolgte.) 2 Sam. i, 26.
blühenden Alter des Lebens, Zin Lenz des Jahrs, sinkst du ins Grab! Beweglich klaget die Freundschaft: Wer trocknet die Thränen uns ab! Ein holdes festes Band ist die Freundschaft,
das sich so bald und leicht nie löst, ohne die tief sten Empstndungen aufzuregen.
Wer nichts fühl
te bei dem Verluste eines ihm im Leben nahe Ge wesenen, wer an dem Sarge und Grabe eines
Angehörigen und guten Bekannten felsenherzig da stände: unwerth wäre er des Namens eines Freun
in seinen Adern waltete kein
des, Blüt;
menschliches
er spräche sich gleichsam selbst daß Urtheil
der Verbannung aus jeder bessern Gesellschaft. Wer also je auf den Vorzug eines Recht
schaffenen, Edelgesinnten Anspruch machte, dem ist
die Freundschaft nicht fremd, sie ist ihm ein Hei-
ligthum, wo er es findet.
Ihres Glückes erfreut
—
5S9
—
er sich mehr als eines andern Lebensguts,
und
fordert sie Opfer und Beschwerden: auch diesen un terzieht er sich, bietet.
bis das Schicksal Trennung ge
Reichliche Thränen fließen dann über den
zu erleidenden
oder
erlittenen Verlust;
es äus-
sern sich Empsinduflgen, wie sie David hatte, als
er, den Tod seines Jonathan vernehmend, aus
ruft: Es ist mir leid um Dich, mein Bru der Jonathan, ich habe großeFreude und
Wonne an dir gehabt. Auch um dich, du früh Heimgegangener! ist's
uns leid.
Jeder hier Anwesende klaget mit mir
dem Guten,
der kaum dem Jünglingsalter ent-
reift, das freundliche Leben verlassen und die, ern
ste öde Reise zum finstern Grabe anstellen muß te. —
sNir ists so leid um dich, wie ist mir
so bang um das Herz! —
So klagt mit inni
ger Wehmuth Pie trostbedürftige Mutter, in dop
pelte und dreifache Trauer gehüllt, sie, die, noch nicht Ein Jahr des treuen Gatten beraubt', schon
damals den Gram über den Verlust zweier edler
Söhne in sich schloß,
und jetzt auch diese ihre
nächste Stütze, diese ihre meiste Hoffnung mußte
niedersinken, eben jetzt niedersinken sehen, wo ihr
bei dem baldigen Wechsel dieses ihr so siebgewordenen hiesigen Aufenthalts mit einem ungewissen andern, ein sie umgebender zuverlässiger Beistand
und
Rath
so nöthig seyn
wird: —
Es
ist
uns leid um dich! So klagen mit einem wohl meinenden Schwager zärtlich liebende Schwestern
—
5go
—
die eine Trauer, wie diese, überwältigen möchte bei dem jezt so unwillkührlich sich erneuendem Anden ken an alle die Theuren,
verloren;
welche sie seit Kurzem
hier bei der Todtenfeier des Biedern,
der mit seiner Regsamkeit und Thätigkeit dem lie ben Vaterhause fast unentbehrlich geworden war.— Es ist mir leid um dich, mein mir noch übrig
gebliebener Einziger!
So klagt der leßte Bru
der daheim, nicht persönlich Theilnehmend- an dem
Opfer der Liebe, das wir dem Abgeschiedenen brin
gen,
aber im Geiste doch zugegen jezt in dieser
Stunde,
wo dem so
früh Vollendeten gerechte
Thränen stießen. — Es ist mtv leid um dich, mein Bruder Jonathan! So klage ich selbst
mit unverholenem Schmerze hier, wo ich zum An denken des verewigten Freundes einige Worte der Rührung und des Trostes auszüfprechen,
aufge
fordert bin, und dieses schweren Berufs mich jezt entledige. —
Es ist uns leid um dich!
So
klagen und werden klagen auch die abwesenden und entfernten Familiengenoffen und Bekannten;
so
bald die Nachricht von dem unerwarteten Tode des
Freundes zu ihren Ohren dringt. —
Und gewiß
auch Keiner in dieser Versammlung, insbesondere
Keiner der hier gegenwärtigen Ortsgcnossen, die den Entschlafenen kannten von Kindheit an, wie er nie unbeschäftigt war, wie er jeden offen und frei und ohne Falsch behandelte, wie er dienstfertig und behülflich zu seyn, wo und soviel er konnte, für
eine der ersten und ihm angenehmsten Menschen»
—
5g i
pflichten hielt — Keiner,
— die allgemeine Theil
nahme zeuget davon, ist hier zugegen, der es nicht mit den werthen Verwandten und mit mir auf
richtig bedauerte,
daß der uns allen so lieb Ge
wesene, so früh davon gemußt, und eher, als er
für sich selbst die Früchte seiner Mühsamkeit gese
hen und genoßen; daß sein Leben so sichtbar da
hin welkte, und eine schnell daher schreitende Krank
heit mit den ihr eigenthümlichen, minder schmerz haften, aber mehr Gefahr drohenden, Anfällen im Verlauf von wenigen Wochen seine irdische Hülle
zerstörte. Herzverwundend ist dieser Trauerfall,
das
bezeugt die Freundschaft und Verwandschaft mit
unverstellter Liebe.
Auch der Fremdling gienge nicht
ungerührt vorüber,
wüßte er, daß diese von uns
umkreiste Grabstätte neben dem Ruheort des un
längst vorangcgangenen Vaters einen früh entseel ten Werthen deckt.
Aber, Freunde,
Geliebte!
Lrauerlaute und Klagetönc seyn,
dsrrfen eS bloß die Stimmen,
die an christlichen Gräbern erschallen?
Hat das
schmerzlich anziehende Bild menschlicher Hinfällig
keit, daö sich uns darstellt am Grabe,
gar
keine Lichtseite,
schwächte,
gailz und
die den widrigen Eindruck
den der Anblick eines Leichenbegängnis
ses auf uns macht? 0 Christen verstehen die Ant
wort auf diese Frage; "ja war ihnen ihr Glaube jemals theuer und werth, muß er cs ihnen seyn zu
aller Zeit: so ist er unentbehrlich-beim Hinblick auf
—
5g 9
—
das Letzte, womit sich die Schaubühne dieser Zeit lichkeit schließt. Da sagt die Religion, die wir freudig beken
nen und die uns im Angesicht des
Todes einzig,
tröstet: Er ist nicht todt, den du als einen Tod ten beweinst, so n d e r n
er schläft. Ein Schlum
mer ist der Tod, ein Ausruhn von genug getrage nen Lasten,
ein Sich erholen von mühsamen Ge
schäften, ein erwünschlicher Zwischenstand zwischen
dem alten und neuen Tage, eine nothwendige Be-
dingunL des Erwachens zum verjüngten Wieder seyn, das in der Entschädigung für erduldete Be schwerden in der Zukunft vollkommenstes Wohlseyn
begründet. — Die Religion sagt ferner mit zuver sichtlicher Stimme: Wir werden uns wieder sehen.
Trennung ist noch nicht nothwendig Schei
dung auf immer, ist nur Auöeinandergehn auf eine Zeitlang, um das Glück des nachherigen Beisam-
menseyns desto besser vorzubereiten.
O wie so viel
werth ist dieser Zuruf an den Gräbern derer, die für uns auf immer scheinen verloren zu seyn. Sie
scheinen das nur, es ist so nicht.
Sie gehen nur
voran; was zurückgeblieben ist, folget. geht verloren in Gottes Reich.
Nichts
Wer dieses Rei
ches Bürger ist, ist wohl vorhanden, es sey hier oder dort. —
Und den Abend lang wäh
ret das Weinen,
Freude.
aber'des Morgens die
Hier ist's gar bald Abend, kann's bald
Abend werden, wo der Tag sich geneigt.
Auf den
Morgen und Mittag folgt der Abend in nicht fer-
—
—
nem, obgleich genau nicht zu bestimmendem, Raum
der Zeit.
Denn es ist uns nicht gegeben, zu wissen
Zeit oder Stunde, welche der Vater im Himmel seiner Macht vorbehalten hat. Doch nur den Abend
lang währet das Weinen.
Damit trösten Sie sich,
christlich leidtragende Mutter! seit Kurzem Ihrer Kinder auf die Hälfte beraubt! — Noch sind Ih
nen Drey derselben geblieben,
die Ihnen Ihren
Lebensabend nach Möglichkeit erheitern,
Ihnen
den Abgang der, für diese Welt, Verlornen, so
viel an ihnen ist, ersehen und cs nicht fehlen lassen werden an redlichen Beweisen kindlicher Ergeben
heit und Pflicht.
Und will die Sehnsucht nach
den Vorausgeeilten zuweilen doch die Fassung über
wältigen und Seufzer abnöthigen der beängstigten
Brust: odie mit Thränen sä en, werd en mit Freuden ernten, und nach dem Abend,der bald
vergeht, winket des Wiedersehns lichtvoller Mor gen.
Fromm ihn begrüßen, ist Seligkeit. Diesen und ähnlichen heilsamen Zusicherungen der
Religion, deß Glaubens und Lebens für die höhere Welt wollen wir willig Gehör geben und cs wird
unsern Herzen wohlthun;
cs wird den gerechten
Schmerz lindern, von welchem wir wehmüthig er
griffen sind, und es wird auch insbesondere fürCie,
zart empfindende Werthe, die Sie, von den Ge schwistern die jüngste,
den guten;üngstcn Bru
der so gramvoll beweinen, von den beruhigendste»
Folgen seyn, wenn Sie, eine Christin, Glauben ha
ben und bewahren und der Ueberzeugung Raum
— gebet,,
M
—
daß Keiner verlassen und einsam bastehk,
ist er mit Gott im seligen Bunde. So schlaf denn wohl,
guter Sohn,
lieber
Bruder, redlicher Gefährte, treuer Freund, schlaf wohl, auf Wiedersehn! Der Morgen ber Ewigkeit
ist dir bereits angebrochen; gebe es,
wir hoffen es, Gott
dir zur überschwänglichen Freude und
Wonne! Zwar kannst du dich nicht mehr laben
am Schmuck und Reiz der schönen Erde, wie diese von selbst und durch der Menschen Fleiß dem er
götzten Aug« sich darbietet, besonders wenn es von den herrlichen hiesigen Höhen herab,
fruchtbare Thal überschauet, ausgedehnt da liegt.
das große
das prachtvoll weit
Aber es hat kein Auge
gesehen und kein Ohr gehöret, ist auch
in keines Menschen Sinn gekommen, über trifft alles vorstellbare Herrliche, was Gott, der
Herr,dort jenseits bereitethat denen,die ihn lieben. —
Zwar bereitet nun deine Hand
hier nicht mehr mühsam Ernten vor, wie du so gern zu thun pflegtest, nur noch drei Wochen vor deinem Ende, und schon erschöpft an Kräften.—
Aber in der Ernte der Ewigkeit wirst du drum
nicht leer ausgehn, wirst du für deine Rechtschaf fenheit und Herzensgüte Lohn und Vergeltung sin-
den.
Zwar fehlest du uns, so lange wir hier noch
wallen, in unsern hiesigen gesellschaftlichen Kreisen;
aber du fehlest dort nicht im Lande der Verklärten,
die dir vorangegangen sind. weiß, wie bald,
Zu seiner Zeit, wer
sollen wir, werden wir
folgen.
—
5g 5
—
Auf einen seligen Abschied seyen alle unsere Schrit te berechnet! Schlaf wohl in Frieden! Himmelsruh
Ströni' dir vom Thron des Ew'gen zu. Einst legen unsern Pilgerstab
Auch wir an unsern Grabern ab,
Herr unsrer Tage, führe du
UnS alle diesem Ziele zu, Daß uns nach hier geübter Treu Der Abruf einst nicht bitter sey, Amen.
2. (Bei einer solchen, die an einer verzehrenden Krank.-
heit starb.)
Ps. 15o, 6. 7. Gott, lenkst stillen Herzen Selbst Plagen zum Gewinn,
Zeigst mir in meinen Schmerzen, Wie nichts, gar nichts ich bin. Den Trost, die leere Freude
Der Welt, mit ihrer Lust: Wie nimmst du, wenn ich leide, Sie mir aus meiner. Brust!
Mag der Tod auftreten und sich zeigen voi» welcher Seite er will, mag er sich unvermerkt ein
schleichen und noch so schmerzlos ankündigen:
er
ist ein Schreckensbote, ein Feind, den alles, was
lebet und Odem hat, als ein großes Uebel furch-
—
tet.
5g6
—
Kommen aber noch allerlei erschwerende Um
stände hinzu, foltert der Grausame seine Beute mit
langwierigen
Plagen,
und greift er ein frisches
blühendes Daseyn, als wäre es das abgelebteste, aus der Reihe der Wesen heraus,
ohne zu schonen:
dann ist sein Erscheinen um so unholder, widerwär
tiger; uns dünkt die ganze Menschheit beklagenö-
werth,
die einem so hart waltenden Schicksale
unterworfen seyn muß.
Ein so schweres trauriges Loos war der früh Vollendeten beschieden, deren Hintritt aus dem Le ben uns jezt um ihren Sarg versammlet hat, daß wir die jugendliche Hülle,
die er umschließt, der
Erde überliefern wollen.
Einer zarten Blume
gleich,
von treuer Eltern Hand im Garten des
Lebens gepflegt, war sie in gesunden Tagen eines
jeden Freude, der sie sah.
Aber bald erbleichte
das Rosenroth der Wangen,
welkte dahin
und ihre Gestalt
Eine innere Krankheit zehrte seit
länger als einem Jahr an ihrem Leben.
Unter
großen Anstrengungen und Kämpfen seufzte sie der Stunde der Erlösung entgegen,
die endlich ein
trat, als ihr noch drei Tage am achtzehnten Jah re fehlten. Gleichwohl gebrachs der Frühverklärten auf
ihrem Siechbette nicht an Aufrichtung und Trost. Sie selbst rief solchen Trost aus Gottes Wort sich
zu und die Ihrigen kamen ihrem Gedächtniß zu Hülfe
mit Hersagung biblischer Kernsprüche
frommer Gebete.
und
Diese haben ihre Wirkung nicht
5g7
—
verfehlt.
—
Mit frommer Ergebung und Anwen
dung auf ihren Leidenözustand betete sie die Worte deö Psalms: Herrn
von
Meine Seele wartet auf den einer Morgenwache bis zur
andern, und Israel hoffe auf den Herrn. Denn bey dem Herrn ist die Gnade, und
viel Erlösung bey ihm. 1. Meine Seele wartetaufden Herrn. Zwar sehnte sie sich auch nach menschlicher Hülfe. Warum hatte sie das nicht gesollt?
Sie wünschte
Rückkehr ins gesunde kräftige Leben und Befrey-
ung von der sie beklemmenden Noth.
Sie ltesi
cs gern geschehen, daß sich die Ihrigen um ärzt liche Hülfe bemühten, und machte von den ihr
Verordneten Mitteln pünktlich Gebrauch.
Mit je
dem neuen Morgen gieng ihr neue Lebenshoffnung
auf, aber auch wieder unter! — Hülfe blieb aus.
Die menschliche
Ihre Seele wartete auf den
Allmächtigen, und zwar 2. von
einer Morgenwache
zur an
dern, also täglich, ja stündlich, und ermüdete in ihrem frommen Harren nie, so sehr sich auch die
Krankheitszufälle
mehrten,
die
Lage immer bedenklicher machten.
ihre
körperliche
Und wenn ihre
Geduld zu wanken anfieng in den überhand neh menden Leiden, so waren 5. die
Worte:
Israel hoffe auf den
Herrn, (wer zu Gottes Volk gehöret, verlasse sich auf ihn!) in der bekümmerten Seele von all-
—
3gs
—
beseligender Kraft, und vor Verzweiflung bewah-
rend.
Denn 4» bei dem Herrn ist die Gnade und
viel Erlösung bei ihm.
Seine Güte währet
ewiglich und er ersieht zur Errettung die rechte Er giebt den Müden Kraft und
Zeit. ke,
Star
die von Schmerz Ermatteten läßt er Erho
lung sehn. — So hat sich's an der Vollendeten itn reichen
Maaß bestätigt; sie ist erlöst.
Ihr stiller, mehr
nach Innen als Außen gekehrter, an den stören den Freuden dieser Wett wenig Theil nehmender, Sinn schien fast von Kindheit an auf baldige Ver
klärung hinzudeuten.
Ihren frühen Tod gleich
sam ahnend, benutzte sie die, ihr so genau zuge
Das
wogene, Zeit zu ernsteren Beschäftigungen»
war besonders schon vor Jahr und Tag bemerk bar, indem sie damals bey der Beerdigung einer
nahen Verwandten, die auch auf langem Leidens
wege zu ihrem Ziel gelangt war, trachtungen
in ernste Be
versenkt, wehmüthig da stand,
hätte sie nichts Gewißeres zu sagen, als:
werde ich dir Art! —
als
Bald
Nachfolge» und das auf ähnliche
Wie wahr isi's eingetroffen!
So hin
fällig ist das Leben, so leicht zernagt vom Todes wurm,
meine jungen Freunde und Freundinnen!
die aus ihren blühenden Reihen ein werthes Glied verloren haben.
0 wie sehr haben wir alle Ur
fach, unser Bestes wahrzunehmen und über das
Leben zu wachen,
daß wir eö von Jugend auf
—
399
—
aus dem richtigen Gesichtspunkt betrachten, näm lich als vorübereilend und nicht bleibend; um auch geschmückt
mit dem Reiz der Jugend und der
Jahre schönster Blüthe, dem Tode unerschrocken ins Auge zu sehn und auf den Herrn zu warten,
wenn und wie er uns rufen wird,
5,
(Bei einer Neuvermählten) Pred. Sal. 1, i4. ^es Schicksals Zwavg ist bitter.
Doch ihm zu widerstehn — wo ist die Macht auf Erden? Was es zu thun, zu leiden uns gebeut, DaS muß gethan, das muß gelitten werben.
Was ist die Ursach, warum sich auf allen Gesichtern ringö umher eine so ungewöhnliche Be
trübniß ankündigt, warum wir alle so betroffen da stehn, so in uns gekehrt, halb vernichtet; mit
Seufzern im Busen,
die Augen voll Thränen?
Warum theilt sich diese Traurigkeit so unwillkührlich der ganzen Versammlung mit, dem Alter wie der Jugend, den Fremden wie dm Nachbarn und Angehörigen?
Ach, der Arm des Todcs
hält
hier ein Leben umschlungen, das vor wenigen Wo chen am Traualtäre, im Brautgewande und mit allen Reizen der Jugend geschmückt,
schönere Bestimmung erhielt,
eine andere
und jetzt nach noch
400
Nicht erreichtem zwanzigsten Jahressommer hinsinkt
in des Grabes dunkle Höhle, der Verwesung siche rer Raub!
Eine zerstörende Krankhert, die allen
Heilmitteln trotzte, entzog die Erblaßte der Gesell
schaft der Lebendigen, zum grenzenlosen Schmerze des kaum mit ihr Verbundenen, zur großen Be
trübniß der Eltern', welche die letzte iyrer Töchter
sowohl versorgt glaubten,
zur nicht geringen Be
stürzung ihrer hiesigen Verwandten und Freunde, denen sie hier eine so willkommene Schwägerin und
Nachbarin war; zum allgemeinen Bedauern eines je den , der von diesem Falle hört und hören wird hier und an andern Orten.
Sie, die Blühende, die
in jugendlicher Fülle und Kraft jetzt erst anfangen
wollte, zu leben; sie, die äußerlich so Glückliche, mußte so bald davon.
Gerechte, reichliche Thrä
nen fallen auf ihr Grab, nicht nur von denen,
welchen sie angehörte, sondern von jedem, der
menschlicher Empfindung fähig ist. O wie wahr ist,
was Salomo sagt: Ich
sahe an alles Thun, das unter der Son nen geschiehet, und siehe, eS war alles
eitel und Jammer. i. Wechselnd und eitel ist alles Glück der Erde, Schönheit und Anmuth, Gesundheit
und Stärke, Eigenthum
gesellige Freude und Lebensgenuß,
und Vermögen, Ansehen und Ehre,
und was sonst Menschenherzen hienieden fesseln
kann.
Von ihrem kaum, begonnenen-Besitz heißt
—
4oi
—
es bald: er ist nicht mehr der unsrige, und be trübt, statt zu erfreun. s. Was lernen wir daraus?
len wir aus so
Oder sol
schmerzhaften Erfahrungen nichts
Gutes für uns ableiten, nichts dauerhaft Gutes, bey allem Gemisch und Wechsel der Freude und der Traurigkeit, des Unheils mit dem Glück? —>
0, das Erdenlebcn ist eine Anstalt, die den Geist zum Himmel bildet.
Was
uns also durch so
harte Schicksale, die uns treffen, zunächst zugerufen wird, ist:
a) fessele dein Herz nicht an die stüchkigen Freu den dieser Welk,
denn ste sind ihrer Natur
nach nicht fesselnd, sondern weichend und von
unhaltbarem Werth.
b)
Also
genieß das Leben mit weiser Mäßigung, mit Ueberlegung und Sparsamkeit und versündi ge dich nicht durch Mißbrauch, der stets nur
schadet, nie nüht. c)
Habe in jedem Alter und Stande,
in
jeder Umgebung und Verbindung etwas Hö
heres im Auge, als diese Erde giebt.
Ach,
sie giebt so oft zu wenig, um e6 der Mühe werth zu achten, nur nach ihrem Glück zu streben, das der Augenblick zerstört. d) Vertraue auf Gott, der auch in der äußer
sten Noth schwachen Herzen
Kräfte giebt,
um die Versuchung zu überwinden und zur Ergebung in das Schicksal auffordert, das sich leicht und selig endet, 'Anltttungen,
wenn (£ V
es nicht
402
eigne Verschuldung, sondern Verhangniß des
Höchsten ist. 5. 0, diesen Lehren seyen unsere Herzen geöffnet
hier an diesem Grabe, das so heilsame Lehren uns giebt, das unser Gemüth niederdrückt, aber nicht
erdrückt,
das uns den Tod zwar zeigt in seiner
ganzen Zerstörungswuth, aber doch nicht hindert,
das Leben zu erblicken, Freude,
der
des Lebens schönste
Liebe Seligkeit,
Hülfe und Trost.
und
das aus dem Grabe er
Hier ist alles eitel,
steht.
Pallasten.
der Freundschaft
Hier ist Jammer in Hütten
Wohlfahrt
und
Zufriedenheit
schlagen hier nimmer eine bleibende Stätte
auf.
Dorr jenseits wird es besser seyn, und keine Kum
merthräne mehr fließen, nur Thränen des Danks und der Wonne.
Die vollendete Selige ward
nicht einheimisch in ihrem hiesigen Hause, das sie
nur auf ein Paar Wochen bewohnen sollte; im
Vaterhause daheim sollte sie auch nicht länger ra
sten.
Das Vaterland dort oben war ihr zum
Erbtheil bestimmt.
Und wohl ihr nun! Könnte
sie sich uns mittheilen aus jenen unbekannten Hö
hen, zu denen sich der Geist empor geschwungen
hat, ohne Zweifel würden wir die trostvolle Ver sicherung Pf. i5a, v. 14, vernehmen: Das ist
meine Ruhe ewiglich; hier will ich woh nen, denn es gefällt mir wohl. Darum wollen wir auch hier bey so dunkeln Zulassungen Gottes in tiefster Demuth schweigen, und ih dem unvollkommnen Glück der Erde nicht
4o5 unser Alles erblicken.
Wir wollen unsere Füße
zeitig kehrest auf den Weg des Friedens, und die
sen Weg nicht verlassen. — So dornicht er auch ist, er führt zum seligen Ziel.
4. (Am Grgbe einer Unverehelichten, die nicht lange
nach einem begangenen Fehltritt dahin welkte
und starb.) Luc. 1, So— Matth. 5, 4.
Besiege hier dtS TodeS Graun
Mein Geist.' der Tod ist Weg jum Schau« Zn jenem bessern Leben. Er sey dir nicht mehr fürchterlich, Zur ew'gen Seligkeit wird dich Der Herr durch ihn erheben.
Fürchte dich nicht, du hast Gnade bey Gott gefunden.
So redete einst ein Gesand
ter des Himmels zu Maria,
dep Mutter Jesu,
als er derselben ihre hohe Bestimmung verkün digte.
Fürchte dich nicht,
Gott gefunden,
du hast Gnade bey
so kann man einem sterbenden
Christen zurufen, der vor dem Tode erbeben will,
-essen Gesinnung, Glaube und Hoffnung, ihn aber
berechtigen zur Ueberwindung solcher Furcht. 1. Gnade bey Gott müssen wir alle finden ohne Unterschied, zu aller Zeit, sonst
kann unö nicht geholfen werden.
Seine Liebe und C c 3
404
Gunst,
sein Wohlwollen und Wohlgefallen muß
unser theuerstes Eigenthum seyn und bleiben, wenn wir ruhig und getrost fortwallen und das jenseiti
ge Land begrüßen wollen im Segen.
Aber diese
Gnade wird
a) ungesucht nicht gefunden, sondern fieißig er worben durch gründliche Bekehrung,
durch
Herzensreinheit und kindliches Vertrauen auf
verheißene Vaterliebe
die in Christo Jesu
Gottes, durch ungeheuchelte Frömmigkeit und unausgeseHteö Bestreben,
den Willen des
Höchsten zu unserm Willen zu machen und sei nen Geboten zu folgen.
b) muß sie festgehalten und
bewahret werden,
daß unser Herz sie nie verliere, und daß sie
uns insonderheit in Anfechtungen und Küm mernissen rathend und tröstend zur Seite sey.
2. Gnade bey Gott müssen wir vor züglich dann gefunden haben, wenn alles
darauf ankommen wird,
uns ihr zu überlassen,
nämlich im sich nähernden Tode,
da,
wo wir
die Nichtigkeit alles Irdischen ganz unwidersprechlich einsehen und der Ewigkeit nahe, keinen Hä hern Wunsch haben, als den: Gott möge uns nicht
verwerfen vor seinem Angesicht. 5. Fürchte dich nicht! Du hast als Christ
nicht Ursach, dich zu fürchten.
hat Christus erlöst alle,
Von Todesfurcht
die an seihen Namen
glauben, und deren Sinn und Wandel durch ihn
geheiligt ist.
4o5 4. (Anwendung). Unsere früh Vollendete
hat auch Gnade bey Gott gefunden, wir zweifeln nicht, da sie auf ihrem langwierigen und beschwer
lichen Krankenlager so manche unverdächtige Spu
ren einer christlich empfindenden, zu Gott sich be
kehrenden, Seele zu erkennen gegeben hat. Gnade
bey Gott, die Wiedererlangung seiner Liebe und Gunst wird sie gefunden haben, sie,
die in den
letzten zwey Jahren ein geheimer Kummer
drück
te, ja eine gewisse Schwermuth, von den Folgen eines unbewachten Augenblicks erzeugt. heißt ja trostreich im Evangelio Jesu:
Denn es Selig
find, die da Lei-d tragen, denn sie sollen getröstet werden. —
WaS möchte uns also
verleiten, über die Vollendete strenger zu richtend Dem Herzenökündiger ist alles Gericht überlassen. Mancher, der unbescholten und als ein Tugend
hafter vor der Welt einhergeht,, erscheint gar an ders vor dem allwissenden Gott; und wen die Um stände begünstigten, sein Laster geheim zu hal ten —■ wie ist er oft desto verwerflicher, je ver
borgener er eö trieb. — Die- Bewohnerin dieses fri
schen Grabes hat Gnade vor Gott gefunden. Wir
fehlbaren Menschen können-, nicht anders, als ih rer in Liebe gedenken.
Dieser Zuruf sey heilkräf
tig für ihre, um die früh Verblühte tief trauern den Eltern und Geschwister.
Ihre Folgsamkeit
als Tochter, ihre Verträglichkeit als Schwester,
ihre Gelassenheit und zurückgekehrte Seelenruh auf ihrem Schmerzenslager,
ihr Lebewohl zum Ab-
4o6 schiede, das zwar kein Wort mehr, aber ein zärt
licher Handdruck bezeichnete, unvergeßlich seyn,
den Ihrigen
wird
so wie uns allen ihr in bester
Zugendblüthe dahin gewelktes Leben und ihr lei
denvoller Tod seyn wird.
im
bleibend
gerührten Andenken
Nichts störe unS in der Ueberzeugung;
sie hat Gnade vor Gott gefunden.
Dieser Gnade
bedurfte sie, dieser Gnade bedürfen wir alle, jetzt und
ift der letzten Stunde und am Tage des Gerichts.
S.
(Bey einem solchen,
der die Folgen seiner Un
mäßigkeit mit einem frühen Tode büßte.) Matth. 24, 42.
Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben
müssen, auf daß wir weise werden zur Ewigkeit, Amen. i. Groß ist der Schritt in die Ewigkeit und doch so bald gethan; wichtig sind dir Folgen un sers hiesigen Verhaltens, und doch so sicher,
lebt.
leben Viele
als ob's ganz einerley wäre, wie man
Gleichwohl kann's nicht einerley seyn, wenn
jemand ein Weiser oder Unverständiger ist, ein
Redlicher oder Treuloser:
hier.
das beweißt sich schon
Der Kluge, Vorsichtige, der zyr Ordnung
gewöhnte und Ordnung bewahrende Mäßige, Nüch terne weiß, wo es hinauswill und was er thut;
er giebt sich von seinen Handlungen Rechenschaft, und vermeidet sorgfältig, was ihn hernach gereut.
Dabey ist ihm wohl an Seele und Leib.
An
ders ist cs mit dem Sorglosen und Lasterhaften. Er ist unglücklich durch seine eigene Schuld und
macht andere mit unglücklich.
Er ist ein Gegen
stand der Bedauerung und Verachtung bey allen,
die in seiner Nähe sind und fein nichts werthes Daseyn zu beobachten Gelegenheit haben. Unt> doch möchte es hingehen, wenn es damit genug wäre, waö wir hier ernten, wenn es nicht int Evangelio am Abend zum Schaffner hieße: „rufe die Arbeiter und gieb ihnen den Lohn;"
wenn dieser Abend je ausbliebe oder es bann darauf ankommen könnte, den Vergelter zu bestechen. —
Aber Parteylichkeit ist nicht gedenkbar bey dem
Gerechtesten und der Abend des Lohns gewiß die meisten Male unvermuthet.
kommt Er ist
nicht bestimmt durch zuvor zu berechnende Stun
den. Die Sonne deß Lebens srnkct, wenn auch die Sonn« deß Tages noch hoch am Himmel s^eht. 2. So verhielt sich'S auch mit dem,
noch in
fast
den ersten Sommertagen dieses Lebens
erblaßten Erdensohn,
dessen abgebrochene Leibes
hütte jetzt zur Verwesung übergeht.
Kaum acht
und zwanzig Jahre und er befand sich am Ziele, und es heißt von ihm:
thue Rechnung von
deinem Haushalten, denn du kannst hin
fort nicht mehr Haushalter seyn.
Eine,
dem Anschein nach unbedeutende, Krankheit ward
4o8 ihm tödtlich in der ersten halben Woche.
plötzlich war ein Leben zerstört,
So
in das der Keim
einer frühern Zerstörung von der Natur selbst nicht gelegt war,
das unter andern Umstanden nicht
sobald unlergegangen seyn, sich vielleicht zweymal
so lange erhalten haben würde. —
jedoch nicht richten,
Wir wollen
vielmehr alles Gericht dem
überlassen, der den Werth oder Unwerth mensch
licher Handlungen
mit
untrüglicher Genauigkeit
würdigen kann. 2(ber, warum stießen keine Thrä nen hier an des Entschlummerten Grabe, warum
blieb alles so gleichgültig und kalt, als wir diese Gebeine verscharrten, die doch keinem abgelebten Greise,
auch keinem Fremdling angehört haben,
sondern einem fast noch jugendlichen Mitgenossen
und Nachbar, der hier einheimisch von Kindheit un, wenigstens Bruder und Schwager war, so
gar noch Sohn, wenn auch nicht Gatte und Va
ter?
Warum wird sein frühzeitiger Tod nicht
mehr als ein Verlust für die Seinigcn und für die
menschliche Gesellschaft angesehen, wohl gar
ule ein Gewinn? Es hat seine Ursachen — Doch,
wir wollen nicht richten; wir wollen auch ihn der Gnade des Allbarmherzigen anempfehlcn, uns aber insbesondre
3. einander zurufen, was Jesus seinen Jün gern anbefahl: darum wachet, denn ihr wis
set nicht,
me» wird.
weiche Stunde der Herr kom
Uns allen kann der Tod viel frü-
—
4og
—
her kommen, als wir eß meinen. Aber wehe uns,
wenn wir ihn beschleunigen,
wenn wir uns das
Leben verkürzen sollten durch irgend eine Unregel
mäßigkeit und Unaufmerksamkeit auf uns selbst.
Zu keiner Zeit wird uns der Tod übereilen, wenn wir nicht versäumen, zu leben, Gutes und Heil
sames zu wirken, so lange es Tag für uns ist; wenn wir uns so verhalten,
um uns stießen können,
daß auch Thränen
als um solche, die hier
nicht müssig standen, sondern treu das Ihrige tha
ten, eine siete Freudigkeit bewahrend auf den Tag
der Rechenschaft.
Heiligster Gott, alles dein Thun ist Wahrheit, und deine Wege sind recht, und was der Mensch säet, das wird er ernten. Laß uns das fromm bedenken. Wenn
wir fromm sind, so sind wir ange nehm; sind wir aber nicht fromm, so ruhet die Sünde vor der Thür, Darum lassen wir ihr nicht denWillen, sondern herrschen über sie.
4ie
Bey Wöchnerinnen.
Irrem. 4, 5i.
G°» ,
du unsre Zuversicht, Unser Theil »st einst das Leben.
Wenn auch hier das Auge bricht, Willst du dort doch Leben geben.
W-der Unruh', Angst, noch Tod, Trennt von deiner Lieb', o Gott!
Ich höre ein Geschrey alö einer Ge-
bahrerin,
eine Angst als einer,
den ersten Kindesnöthen ist.
die in
So beschreibt
der Prophet Jeremias die Zerstörung des jüdischen
Volks und Staats durch eine fremde, feindselige
Macht,
und das Jammern und Wehklagen, das
dieserhalb im Lande sich überall erheben würde.
1. Der Zustand einer Gebährerin war von je her ein schmerz - und gefahrvoller Zustand.
Unter
diesem Bilde bezeichnet die heilige Schrift an mehrern Orten das Daseyn einer großen Noth.
Und
allerdings ist der Zustand einer Gebährerin ein so drangseliger Zustand.
Er ist ein Theil des Fluchs,
der seit dem Paradiese her auf dem Menschenge schlechte lastet; und so wie Gott zum Manne sprach:
41t
Im Schweiß deines Angesichts sollst du
dein Brod essen, so sprach er zum Weibe: Dir will ich viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger bist, und du sollst mit Schmer
Aehnliches sagt Jesus:
zen Kinder gebähren.
Ein Weib, wenn sie gebieret, so hat sie
sie
aber das Kind
Traurigkeit,
wenn
geboren hat,
so denke sie nicht mehr an
die Angst,
um der Freude willen,
der Mensch zur Welt geboren ist. das aber nun nicht ist,
daß
Wenn
wenn der Geburtskampf
schwer und heiß, wenn er wohl gar für die Mut ter und das Kind der Todeskampf ist: ach, dann wird die Traurigkeit nicht in Freude,
noch größeres,
namenloses,
sondern in
Herzeleid verkehrt,
dann erfüllt banger Schmerz und laute Jammer klage das Haus,
das sich schon angeschickt hatte,
ein frohes Familienfest zu begehen. 2. Ein solches Herzeleid ist auch hier einge-
trettn zunächst für den, vor großer Betrübniß die Hände ringenden, Wittwer, der seine Gattin kaum ein Jahr die Seinige nannte; dann für die Mut-
ter der Erblichenen, deren spätere Lebenstage zu so Hartem aufgesparet worden sind.
Der Tochter er
stes Wochenbett sollte ihr Sterbebett seyn.
Sechs
grausenvolle, entsetzliche Tage erlitt die Vollendete
die wüthendsten Schmerzen.
Die herbcygeholte er
wartete Hülfe blieb ohne Erfolg.
Die Frauen und
Mütter dieses Orts, die stark genug waren, Zeu gen so schwerer Anstrengungen zu seyn, unter wel
412
chen ihre Mitschwester ihren Geist aufgab, werden es wohl nie vergessen, waö der Beruf, Mutter zu
werden,
für ein schwerer Beruf ist.
barmte sich Gott so großer Noth.
Endlich er
Der Leib der
Mutter war des Kindes Grab, wie sie selbst deS
Grades unentfliehbare Beute.
wie
5. O
unbegreiflich sind Gottes
Berichte und unerforschlich seine Wege, und wer hatdes Herrn Sinn erkannt, oder
wer ist sein Rathgeber gewesen!
wir mit Paulus aus,
So rufen
uns demüthigend vor der
Allgewalt des Schicksals, das dennoch kein anderer,
als ein ewig weiser und barmherziger Vater lenkt.
Lerne aber, o Mensch,
a) das Leben,
von seinem ersten Keim an bis
zu. seiner Vollendung,
als eine sehr ernste
Erscheinung betrachten, in welcher Gefahr du warst, noch ehe du geboren wardst, in wel
cher Deine Mutter schwebte, und preise dafür Gott, der dich und sie erhielt. b) Siehe den Ehestand als einen Stand an, der
keineewegeö leichtsinnig, sondern mit einem heil samen Ernste begonnen und geführt seyn will.
Jeder,
der in diesen Stand tritt, und der
in demselben lebt, muß sich's sagen, wie auch
er vielleicht zu schweren Opfern erkoyren seyn
könne; muß sich der Gnade Gottes empfehlen, aber auch jeder zaghaften Misbtlligung weh
ren,
daß eö also geordnet ist vom Herrn,
daß sich auch in die reinsten Lebensfreuden so
415 leicht bittere Wermuth mischt.
Nichts ver
kümmere dir den Glauben, Gott waltet nach
heiligen Gesetzen,
und auf vorübergehende
Jammerstunden folgt eine ewige und über alle Maaßen wichtige Herrlichkeit.
c) Zu dieser ist,
wir Hessen es,
die hart ge
prüfte Kämpferin nun eingegangen.
Ihr hier
so bald und fruchtlos verblühtes Leben wird schön verklart wieder erwachen.
Sie wird in
der neuen Schöpfung dem Vater im Himmel n>cht zürnen, sondern ihn ewig preisen, der sie einer unvollkommenen Welt entriß,
um
ihr desto früher die vollkommnere zu schenken.
2.
i Timoth. 2,
15.
D u führst mich, Gott, nach deinem Rach, Der anders nichts beschlossen hat, Als was mir Segen brmaet. Trifft gleich jetzt großes Leiden mich; So weiß ich dennoch, daß durch dich Der Ausgang wohl gelinget. Jeder Mensch, wie jedes lebende Wesen, hac seinen Lebensfeind.
In uns und außer uns sind
der Gefahren so viele, die mit dem Tode drohn, und diesen wirklich herbeyführen zu seiner Zeit,
plötzlich oder langsam, unter vielen und langwieri gen Leiden oder nach keinem so schweren vorange
gangenen TvdeSkampf; je nachdem es der Höchste
414 nach seinem unerforschlichen Rathe über uns be
So sind auch den beyden Geschlech
schlossen hat.
tern gewisse Todesarten eigen.
Mancher Mann,
den sein Beruf zur Vertheidiglmg des Vaterlan
des vor den Feind führte, fällt im Kriege.
Man
che Frau, deren Bestimmung ist, die Nachkom
menschaft zu erhalten und Kinder zu gebühren, fin det in dieser Bestimmung den Tod, und der eine,
wie der andere Fall, verseht die nachgelassenen Freun de in die schmerzlichste Betrübniß.
Ach, auch unsere werthe Vollendete, mußte
bey dieser ihrer weiblichen Bestimmung eine jäm
merliche Beute des Todes werden.
Vergeblich
war alle Kraft, die dem Tode Geweihte zu retten;
vergeblich des Gatten angstvolles Flehen und der Kinder Klaggeschrei, die noch unfähig sind, ihren
unersehlichen Verlust in seiner ganzen Größe zu empfinden; und jetzt erfüllen wir die traurige Pflicht, den lange genug gemarterten Leib zur Erdenruh zu
bringen.
Billig weinet die Wehmukh
der also
Vollendeten nach, aber billig ruft auch die Schrift
hierbey jenes' aufrichtende apostolische Wort uns zu:
Sie wird selig werden durch Kindetzeu-
gen,
so sie bleibet im Glauben und in
der Liebe,
und in der Heiligung sammt
der Zucht.
Paulus redet hier überhaupt von dem beson dern Verhältniß deß Weibes seiner natürlichen Be
stimmung nach.
Im Vorhergehenden heißt es;
Adam ist am erstm gemacht, darnach Eva; mit
—
415
«chern Worten: erst schuf Gott den Mann, dann das Weib, und Adam ward nicht verführet, die Frau aber ward verführet, und hat die Uebertre«
truig eingeführt in die Welt.
Doch soll ihr dies
nicht hinderlich seyn an ihrer Seligkeit,
sie wird
vielmehr selig werden durch Kinderzeugen,
wenn
sie sich der Seligkeit fähig macht durch edle Chri
stentugend, wenn sie bleibet oder beharret 1. im Glauben.
aus Gründen,
Glaube, Fürwahrhalten
Vertrauen auf Gott,
insonderheit
frommer Christenglaube ist zwar des rechtschaffenen
Mannes
wie des redlichen Weibes unveräußerli
ches Eigenthum. eindringender,
Aber wenn des Mannes tiefer mehr überlegender Verstand gern
den Grund jeglicher Behauptung einzusehen wünscht: so ist der Sinn des Weibes mehr dafür geschaffen, auch ohne so tiefe Untersuchungen irgend eine wer
the Zusicherung
als Wahrheit gelten zu lassen.
Dieser Glaube bewahrt sich vornehmlich zur Lei* denszeit, wo das Weib sehr oft mehr Geduld zeigt,
als der Mann, und er hat sich an der Vollendeten reichlich bewiesen.
Durch ihn war sie stark genug,
den so schmerzhaften Kampf zu kämpfen,
durch
ihn blieb sie Gott und Jesu auch in ihrem Tode getreu. 2. in der Liebe.
Tugend kann'S ja geben,
Keine schönere weibliche
als die Liebe.
Wohl
wollen, Freundlichkeit, friedlicher Sinn, ein zart
fühlende- Herz, Mitleid, Sanftmuth und Güte — wie fehlt dem Weibe alles, wenn ihm diese Eigen«
416 schäften mangeln! Der Seligen gebrach's an Liebe
nicht.
Mit Liebe schloß sie sich innig an Gatten
und Kinder an, so lange sie bey ihnen war.
Ihr
und von der ewigen
brechendes Auge war Liebe, Liebe schied sie kein Tod.
3. in der Heiligung sammt der Zucht.
Hochschätzung des Guten, Abscheu gegen das Böse, Ordnungsliebe,
Wohlanstandigkeit,
Sittsamkeit,
Mäßigkeit krönen das Weib schon hier im engen häuslichen Kreise.
künftig dem,
Wie vielmehr werden sie dort
der sie mit hinübeknimmt,
die an
genehmste Empfehlung seyn! Möge
Zweifel,
die Vollendete
frei von Furcht und
im Glauben und in der Liebe,
und in
der Heiligung sammt der Zucht fromm zurückgelegt
haben ihren Pilgerlauf,
der sich endigte mit so
schwerem Gang zum Grabe. den
durch Kinderzeugen,
Sie sollte selig wer
sollte auf diese Weife
zur Vollendung des Himmels gelangen,
und so
zerrissen die starken Bande leichter, die sie an das Leben
fesselten.
Allem Andrang
von Noth ent
nommen, dem sie hier erliegen mußte, ist ihr jetzt
unaussprechlich wohl.
Ihre letzte Angst und Trau
rigkeit hat sich verkehrt in ewige Freude.
417
Bey
Verunglückten.
1. (Bey Beerdigung
eines Greises,
der
an
den
Folgen einer ihm zugefügten tödtlichen Verletzung gestorben ist,) *)
Sprüch. Sal. 12, 28. Auch auf deS Todes Schreckenswegen Ist Tod nicht, sondern Sel-gkeit Dem, der dein großen Ziel entgegen
Hier richtig wandelt allezeit. Der Zukunft freut der Fromme sich;
Der Bosheit ist sie fürchterlich. Hier an dieftr heiligen Stätte, wie auf dem sie umgebenden Todtenacker, stoß so manche bitten re Thräne über Auflösung und Zerstörung, die der
*) Der Getödtete war rin gebückter gebrechlicher Al« ter von unbescholtenem Wandel,
Schäfer im Orte,
erst viele Jahre
jetzt Hüter des Gcmeinholzes.
Er hatte wegen dringenden Verdachts eines be
gangenen Holzdiebstahls mit aller Gelassenheit dem Verbrecher Vorstellung gethan, der aber, die'That
l äugn end, von seinem eben so boshaften Vater noch mehr dazu angestärkt, den Unglü^lichen mit
gut,
—
sie müßen die besten seyn, weil die höchste
Weisheit und Güte sie allen andern vorzog. Zugleich,
welch merkwürdiges Exempel von
der großen Nichtigkeit alles Irdischen und des sehr
unvollkommnen Glücks dieser Zeit stellt uns der frühe Tod der allverehrten Königin auf;
wie belehrend
also kann auch insofern die heutige rührende Erin nerung an die himmlisch Vollendete werden! War
auch sie in ihrem königlichen Glanze
einem so schnellen Wechsel unterworfen, mußte auch sie so bald sich trennen von allen hohen und höch
sten
hiesigen Gütern und Freuden:
auf mehr Dauerhaftigkeit rechnen,
können wir auf einen ge
wissen und bleibenden Besch dessen, das hier uns anziehk
und erfreut?
O wie eindrücklich einzig
verkündigt uns der unvermuthet frühe der Unvergeßlichen
unsere bevorstehende,
Hintritk so oft
ganz unvermuthete Trennung von der sichtbaren
Welt. Bereit zu dieser Trennung seyn unter allen Umständen des Lebens, ist Sache des Weisen, deö
Christen. — Dann soll uns dieser hohe Todesfall aber auch einen abermaligen merkwürdigen augen scheinlichen Beweis an die Hand geben von der
Wahrheit und Zuverlässigkeit unserer Hoffnungen auf Fortdauer im Tove und ein neues unvergäng
liches Seyn.
Gottes Gerechtigkeit, Weisheit und
Güte hört darum nicht auf,
weil sie hier nichts Gg s
468
mehr giebt, hier oft mehr nimmt, als giebt. Der Tugend schönster Lohn wird künftig seyn. Nicht ist sic, die früh Verklärte, deshalb unglücklich zu nennen, weil ihr dieses Lebens Sonne, Glanz und Freude niedersank. Sie ist selig, und so auch selig zu preisen. Ein neuer Tag, ein besserer Tag ist ihr aufgegangen, ein Tag, der nicht mehr un tergeht. Ihre Frömmigkeit und Tugend, ihre milde Freundlichkeit, ihre hohe Herzensgüte konnte nicht zeitig genug die rechte Belohnung finden; daher nahm he Gott zu höherem Segen auf, zu reinern himmlischen Genüssen, bie ihrer würdig waren. Auch für sie konnte Sterben nicht Nach theil, sondern Gewinn seyn, sonst lebte sie noch unter uns. Die Gerechten können es nicht anders, als gut haben, sie bleiben hier oder gehn weiter; denn ihre Werke folgen ihnen nach.
Ja, jetzt ist's klärer geworden der zur Ver klärung des Himmels gegangenen Theuren, waS Gottes Rathschluß mit ihr war. Jetzt ist ihr jeder Zweifel gelöset, jede Besorgniß verschwun den, ob auch gut sey, was Gott that. Aus dem Dunkel der Erde ist sie übergeführt zum höheren Licht. Die irdische Krone hat sie niedergelegt, daß die unvergängliche sie schmücke, würdig ihres Glau bens, würdig ihrer Tugend. Auch wir werden einst im Licht erkennen, was wir auf Erden dunkel
—
4t>9
—•
Auch unsern blöden Augen wird sich des
sahn.
Ewigen Weisheit und Gnade
klärer offenbaren.
Vollkommenheit folgt dem Stückwerk der Erde, dem
frommen Glauben seliges Schauen.
Hier
aber unter den mancherley Prüfungen des Glaubens erstehen wir uns Trost,
den Trost der bes
sern Welt, von dem Gott alles Trostes und aller
von Gott
möge zunächst
Gnade.
Dieser Trost
mindern
und heilen den tiefgefühlten Gram des
Königs, unsers Landesvaterö
und Herrn.
selbst wolle ihn aufrichten und mit ihm seyn.
Gott Die
theilnehmende Liebe und innige Verehrung eines je
den seiner treuen Unterthanen begleite den durch so harte Schicksale Geprüften,
aber nicht Ueber-
wundenen, sondern Standhaften im Unglück; und auf der schwierigen Regentenbahn,
bene Monarch wandelt,
die der erha
kröne des Höchsten Heil
und Segen alle seine Schritte und Handlungen. Der verewigten Theuern himmlischer Sinn und ihr Segen komme reichlich über ihre Kinder, und
verherrliche sich an ihnen noch in kommenden Ge schlechtern bis zur spatesten Nachwelt.
Verwandten
und Angehörigen unsrer
Allen hohen
früh Ent
schlafenen kehre Trost und Ruhe wieder.
Der
Glaube an die ewig waltende Gnade GottrS, die
seligen Hoffnungen des Christenthums mindern je den Herzenskummer!
—*
470
—-
Heilige, hiinmlischer Vater! diese from me Gedachtnißfeier der dieser Welt Ent nommenen, aber ewig Lebenden im Himmel, an unser aller Seelen, daß wir uns deinen Schickungen glaubensvoll unterwerfen, und weislich erwägen, was uns ewig heilsam ist, Acken.
4-
Zur Feier des Friedens, am 18 feit Januar 1816,
§^ich,
o Gott!
den König aller Könige
und Herrn aller Herren, in
wollen wir loben
deinem Heiligthum und in der Veste
deiner Macht;
dich wollen wir loben in
deinen Thaten und in deiner großen Herr lichkeit.
Denn
du hast Wohlgefallen
an
deinem Volke, du hilfst und segnest treulich.
Du hast unfern Gränzen Frieden geschaf fen,
und Wunder der Barmherzigkeit vor
unsern Augen gethan.
allein
Gott.
Gelobet
Du bist groß und
seyst du
ewiglich,
Amen.
Ja, danket dem Herrn, predigt sei nen Namen, machet kund unter den Völkern sein Thun. Verkündiget, wie sein Name so hoch ist. Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewie sen: solches sey kund in allen Landen!
—
47$
—
Geliebte Freunde und Zuhörer!
Haben wir
wohl alle schon manchmal im leben Veranlassung gehabt, dieser prophetischen, zum Dank und Preise
Gottes kräftig ermunternden Stimme (nach Jes.
12, v. 4 $ Gr. — — Der oreyfache Eoangelische Bund des Glauben-, der Hoffnung und der Liebe Eine Predigt über 1 Corintber 13, v. 13. gr. 8. Geh. 1814. 2 Gr— — Der christliche König. Ci» versuchter Entwurf, gr- rGeh. 1814. a Gr. — — Ei»' veste Bnrg ist unser Gott. Erläuterung des Lie des. 8. 1817. Geh. 2 Gr. ------ Dritter Evangelisch < Protestantisches Kirchen < Jubiläum, des von Gott veranstalteten Reformation« - Werkes, durch Dr. Martinum Lutherum. Gefeiert im Jahre nach Christi Geb. i8i7 und geschichtlich entworfen. 8. 1817. Geh. 2 Gr.
— — Gottes Gabe und Geschenk. Eine Erbauunqsrede über Röm. 8, 28 — 32 in der Bibelstundr, Donnerstags AbendS, am isten Märr, auf dem Saale des böhmische» Pfarr« und Schvlhause« gehalten, gr- 8 1812. 3 Gr. ------ Klagelieder Jeremiä. Nach unserer Sang-Weise und dem deutsche» Alphabet« in Lieder gebracht, gr- 8- 1814. 3 Gr. ------ Mission und Prophetie. Zu Freuden und Hoffnung er munternd. ia. 1814 Geh. 4 Gr. — — Reformation-< Gesänge. Mit geschichtlich erläuternde» Anmerkungen. 8- 1817. w » Gr. Bülow, E- von, über die Mittel zur Erhaltung der Grund besitzer, zur Rettung des Capitalvermögens des Staats, und iur Ausgleichung der Grundbesitzer und ihrer Gläubiger. 8. 1814. Geh. 14 Gr. Burdach, Dr E. G. H., der Erdenbewohner, nach seinen mannichfaltigen Beziehungen zu sich selbst, zu seines Gleiche» und zu der Welt. Ein Lesebuch für Kinder edler Bildung.
Zweyte, mit einem twoyfachen Anhang« vermehkte und «er, bessert« Auflage. Mit illum. Kupfern, s. isis. ®eb. i £l)tr. 8®r. Vurdach, Dr.