Bibliotheca Classica Orientalis: Band 6, Heft 1 [Reprint 2021 ed.] 9783112556528, 9783112556511


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German Pages 38 [52] Year 1962

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Bibliotheca Classica Orientalis: Band 6, Heft 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112556528, 9783112556511

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Bibliolliecü Classica Orien talis

DOKUMENTATION —

DER A L T E R T U M S W I S S E N S C H A F T L I C H E N

DER S O W J E T U N I O N U N D DER L Ä N D E R

DER

LITERATUR

VOLKSDEMOKRATIE

IM AUFTRAGE DES I N S T I T U T S F Ü R G R I E C H I S C H - R Ö M I S C H E ALTERTUMSKUNDE B E I DER D E U T S C H E N AKADEMIE DER W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N H E R A U S G E G E B E N VON JOHANNES I R M S C H E R

6. JAHRGANG HEFT

1 1961

A K A D E M I E - V E R L A G



B E R L I N

BIBLIOTHECA CLASSICA ORIENTALIS Dokumentation der altertumswissenschaftlichen Literatur der Sowjetunion und der Länder der Volksdemokratie Im Auftrage des Instituts für griechisch-römische Altertumskunde bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin herausgegeben von Johannes Irmscher Redaktionssekretäre: Gottfried Janke, Heinz-Jürgen Kühne, Wolfgang Schmitt Berichterstatter : Istvân Borzsâk, Hasan Ceka, Todor Gerassimoff, Oktawiusz Jurewicz Adelina Piatkowski, Stanislava Vidmanovâ-Rûziôkovâ, Sergej L. Uttschenko Redaktion: Berlin W 8, Otto-Nuschke-Straße 22/23 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin) Die Bibliotheca classica orientalis erscheint im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Straße 3-4

Die Bibliotheca classica orientalis verzeichnet Buchpublikationen und Zeitschriftenbeiträge aus dem Bereich der klassischen Altertumswissenschaft und ihrer Grenzgebiete, die in der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken sowie in den Volksrepubliken Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, Tschechoslowakei und Ungarn herauskommen. Sie beginnt mit den Veröffentlichungen des Jahres 1955; weiter Zurückliegendes wird nur dann berücksichtigt, wenn es durch 1955 oder später erschienene Publikationen fortgesetzt wurde. Artikel in Enzyklopädien und anderen allgemeinen Nachschlagewerken werden insoweit berücksichtigt, als sie auf weiteres Schrifttum der Berichtsländer hinweisen. Zu den verzeichneten Büchern und Aufsätzen — soweit sie in einer weniger geläufigen Sprache verfaßt und nicht mit einem in einer geläufigen Sprache geschriebenen Resümee versehen sind — bringt die Bibliotheca classica orientalis Zusammenfassungen, die in gedrängter Darstellung deren Inhalt nach Leitgedanken und Hauptthesen wiedergeben. Dabei handelt es sich gewöhnlich um Autorreferate; wo es notwendig ist, von dieser Regel abzuweichen, sind die betreffenden Beiträge mit dem Namen des Bearbeiters gezeichnet. Die Verantwortung f ü r den Inhalt der Zusammenfassungen liegt bei ihren Verfassern; die Tätigkeit der Redaktion beschränkt sich auf die Übersetzung und stilistische Durchsicht. Das vorliegende Material wird nach folgenden Sachgruppen gegliedert : I. Allgemeines (Bibliographien, Sammelwerke, Forschungs- und Tätigkeitsberichte) I I . Texte und Autoren I I I . Hilfsdisziplinen der Philologie IV. Hilfsdisziplinen der Alten Geschichte V. Ethnographie, Geographie, Topographie VI. Politische, Sozial- u. Wirtschaftsgeschichte VII. Sprachwissenschaft VIII. Literaturgeschichte I X . Archäologie und Geschichte der Kunst

X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII.

Geschichte der materiellen Kultur Religion und Mythologie Staat und Recht Philosophie und Pädagogik Antike Wissenschaft Mittel- und Neugriechisch Mittel- und Neulatein Nachleben der Antike. Geschichte der Altertumswissenschaft X V I I I . Altertum und Schule

Innerhalb der Sachgruppen sind die Beiträge alphabetisch nach Verfassernamen oder nach den gesperrt gedruckten Titelübersetzungen geordnet. Jeder Titel erscheint nur einmal; für die Arbeit auf Grenzgebieten empfiehlt es sich daher, auch die benachbarten Sachgruppen durchzusehen. Die Namen sowjetischer, bulgarischer und griechischer Autoren werden in kyrillischer bzw. griechischer Schrift und in Transkription angegeben. Für die Transkription russischer Namen wird die in „Der Große Duden", 15. Auflage, Leipzig 1957, S. 900—905 enthaltene Umschrift nach Steinitz zugrunde gelegt. Für die bulgarischen Namen gilt die gleiche Tabelle mit der Abweichung, daß in Übereinstimmung mit dem im diplomatischen Schriftverkehr zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Bulgarien eingebürgerten Usus „-OB" mit ,,-ofi" und „ t " durch „ y " wiedergegeben wird. Für das Neugriechische gelten die in „Berliner byzantinistische Arbeiten" 1, Berlin 1956, S. V I I I Anm. 1 festgelegten Transkriptionsregeln. Fremdsprachigen Titeln ist die deutsche Übersetzung, bei Übertragung klassischer Literatur der griechische oder lateinische Originaltitel beigegeben. Die Titel von Periodica bleiben unübersetzt.

An unsere verehrten Bezieher

In dem Bestreben nach größtmöglicher Vollständigkeit und Aktualität der Berichterstattung beschließt die Redaktion der Bibliotheca classica orientalis auf Grund der Leserumfrage vom September 1959, ab 1961 folgende Änderungen einzuführen: 1. Bücher und Aufsätze, die in einer geläufigen Sprache (Lateinisch, Französisch, Englisch, Deutsch, Italienisch) verfaßt oder resümiert sind, werden nur noch bibliographisch angezeigt. Der bibliographische Hinweis wird wie der Titelkopf einer zu referierenden Arbeit gestaltet, d. h. mit deutscher Übersetzung, soweit es sich um nicht geläufige Sprachen handelt; Verweise auf die Resümees (mit Angabe der Sprache) werden beigegeben. Die bibliographischen Anzeigen werden in die entsprechenden

Sachgruppen

eingegliedert. 2. Das bisherige Format der Bibliotheca classica orientalis bleibt erhalten. Von einer Umstellung auf Loseblattsystem wird mit Rücksicht auf die Wünsche der Bibliotheken abgesehen. Das bereits angekündigte Register für die ersten fünf Jahrgänge unserer Zeitschrift wird als Beiblatt zu den „Altertumskundlichen Publikationen, erschienen in der Deutschen Demokratischen Republik 1956—1960" (in den Schriften der Sektion für Altertumswissenschaft bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin) 1961 im Akademie-Verlag erscheinen. Die Redaktion der Bibliotheca classica

orientalis

BIBLIOTHECA CLASSICA

ORIENTALIS

6. Jahrgang — 1961 — Heft 1

I. ALLGEMEINES Bibliographien / Sammelwerke / Forschungs- und Tätigkeitsberichte A. SALAÖ, Zenevkâ jednäni o novoïeckych studiich [Verhandlungen über die neugriechischen Studien in Genf], Vëstnik Ceskoslovenké akademie véd 5-6/1958/461 f. Kurzer Bericht über die Zusammenkunft des vorbereitenden Komitees zur Gründung der Internationalen Gesellschaft für neugriechische Studien. Die Zusammenkunft fand vom 30. 3. bis 2. 4. 1958 in Genf statt. Sie arbeitete die Thesen des Statuts der Gesellschaft aus und wählte den vorläufigen Ausschuß: A. MIRAMBEL, Paris (Präsident), L. POLITIS, Thessaloniki (Vizepräsident), J . IBMSCHER, Berlin (Generalsekretär). Der Weg zur Gründung dieser Gesellschaft (Association Internationale des Études Néohelléniques) ist nunmehr geebnet, und nach der Erweiterung des Vorbereitungskomitees wird es möglich sein, die Eröffnungssitzung der neuen Gesellschaft einzuberufen. KAREL SVOBODA, Zpräva o iinnosti praiske JKF 1956—1958 a plan dal&i prâce [Berieht über die Tätigkeit der Präger J K F 1956-1958 und der Plan ihrer weiteren Arbeit]. Zprävy J e d n o t y klasickyclv filologù 1/1959/5-7. Die im Jahre 1886 gegründete Jednota ceskycli filologü (Verein der tschechischen Philologen) mußte während des zweiten Weltkrieges ihre Tätigkeit einstellen. An ihren Platz t r a t im Jahre 1955 die Jednota klasickych filologü (Verein der klassischen Philologen), die wie andere wissenschaftliche Vereinigungen der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften untergeordnet ist. Sie hat von ihrer Vorgängerin eine reiche Bibliothek geerbt, gibt jedoch heutzutage weder die Listy filologické (Philologische Blätter) heraus — dies obliegt dem Kabinett der antiken Studien der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften — noch wissenschaftliche Werke und Schulbücher, sondern nur die Nachrichten über ihre Tätigkeit. Ihre Hauptaufgabe ist jetzt das Veranstalten wissenschaftlicher Vorträge mit Diskussionen über alle Gebiete der klassischen Altertumswissenschaft sowie aus der Geschichte antiker Traditionen. Seit ihrer Neugestaltung fanden etwa vierzig Vorträge statt.

III. HILFSDISZIPLINEN DER PHILOLOGIE WOLFGANG SEYFARTH, G r a m m a t i s c h e B e m e r k u n -

gen zu lateinischen Inschriften Afrikas. Philologische Vorträge, Wroclaw 1959, 99—105 Anknüpfend an die Fertigstellung des Index-Kapitels X V I Grammatica quaedam zum VIII. Band des Corpus 1

Bibliotheca

Inscriptionum Latinarum teilt der Autor einige Beobachtungen aus dem vorliegenden reichhaltigen Material mit. Er betont eingangs, daß es sich hier nicht um umfangreiche Neuentdeckungen handelt und daß sich im großen und ganzen keine wesentlichen Unterschiede zur lateinischen Sprache anderer Gebiete des Römischen Reiches aufweisen lassen. Der erste Teil der Ausführungen ist der Frage der Wortbildung gewidmet, wobei die contractio, die syncope syllabarum, die haplologia (oder haplographia), die anaptyxe und die prothesis im einzelnen behandelt werden. Sprachgeschichtlich besonders interessant sind die Beispiele kontrahierter Formen von Zahlen wie vinti f ü r viginti (frz. vingt, ital. venti), quarranta für quadraginta (frz. quaranta, ital. quaranta) und nonanta f ü r nonaginta (südfrz. nonante, ital. novanta). Hinsichtlich abweichender Formen der Deklination beschränkt sich Vf. auf einige wenige Beispiele, von denen vielleicht diejenigen am meisten Interesse verdienen, die ein Zusammenfallen von Nominativ und Accusativ in der 3. Deklination erkennen lassen. Schwanken im Genus der Substantiva wird als häufige Erscheinung kurz erwähnt. Die Behandlung der Konjugation betrifft zunächst die 3. pers. pl. perf. act. auf -ere und die kontrahierten Formen des Perfektstammes. Einige Beispiele für die Bildung des perf. pass. nach dem Typus laudatua fui schließen sich an, während sich für passivische Anwendung des part. perf. eines Deponens ein Beispiel findet: poUicitis summis. Für die, vom Standpunkt der Schulgrammatik aus gesehen, falsche Verbindung einiger Kasus mit Präpositionen gibt es viele Belege, die Form depost (frz. depuis) erscheint in einer Inschrift, und andere Inschriften weisen „falsche" Anwendung von Präpositionen auf. Nach einer kurzen Behandlung des Gebrauchs des Pronomen reflexivum wendet sich der Autor der freizügigen Verwendung der Kasus zu und geht danach zur Behandlung der Partizipialkonstruktionen über, die gegenüber dem klassischen Sprachgebrauch manche Eigentümlichkeiten erkennen lassen. Der Accusativus absolutus tritt auf, wenn auch selten, und ein Beispiel findet sich für den Nominativus absolutus. Erwähnt werden ferner ungebräuchliche Copula und doppelte Negation, die sich nicht aufhebt. Als eine sehr häufige Erscheinung bezeichnet Verfasser die Constructio xara ovveotv. Einige Stilproben werden im letzten Teil der Ausführungen gegeben. Unter ihnen findet sich ein sehr schönes Anakoluth. Viele Beobachtungen konnten nicht berücksichtigt werden, darunter die zahlreichen &raf elgrjfiéva und in neuer Bedeutung auftauchende bekannte Wörter. Daß die seltenen punischen Wörter ebensowenig behandelt werden konnten wie griechische, erklärt sich aus dem durch die Umstände begrenzten Rahmen des Vortrags.

BIBLIOTHECA CLASSICA

ORIENTALIS

6. Jahrgang — 1961 — Heft 1

I. ALLGEMEINES Bibliographien / Sammelwerke / Forschungs- und Tätigkeitsberichte A. SALAÖ, Zenevkâ jednäni o novoïeckych studiich [Verhandlungen über die neugriechischen Studien in Genf], Vëstnik Ceskoslovenké akademie véd 5-6/1958/461 f. Kurzer Bericht über die Zusammenkunft des vorbereitenden Komitees zur Gründung der Internationalen Gesellschaft für neugriechische Studien. Die Zusammenkunft fand vom 30. 3. bis 2. 4. 1958 in Genf statt. Sie arbeitete die Thesen des Statuts der Gesellschaft aus und wählte den vorläufigen Ausschuß: A. MIRAMBEL, Paris (Präsident), L. POLITIS, Thessaloniki (Vizepräsident), J . IBMSCHER, Berlin (Generalsekretär). Der Weg zur Gründung dieser Gesellschaft (Association Internationale des Études Néohelléniques) ist nunmehr geebnet, und nach der Erweiterung des Vorbereitungskomitees wird es möglich sein, die Eröffnungssitzung der neuen Gesellschaft einzuberufen. KAREL SVOBODA, Zpräva o iinnosti praiske JKF 1956—1958 a plan dal&i prâce [Berieht über die Tätigkeit der Präger J K F 1956-1958 und der Plan ihrer weiteren Arbeit]. Zprävy J e d n o t y klasickyclv filologù 1/1959/5-7. Die im Jahre 1886 gegründete Jednota ceskycli filologü (Verein der tschechischen Philologen) mußte während des zweiten Weltkrieges ihre Tätigkeit einstellen. An ihren Platz t r a t im Jahre 1955 die Jednota klasickych filologü (Verein der klassischen Philologen), die wie andere wissenschaftliche Vereinigungen der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften untergeordnet ist. Sie hat von ihrer Vorgängerin eine reiche Bibliothek geerbt, gibt jedoch heutzutage weder die Listy filologické (Philologische Blätter) heraus — dies obliegt dem Kabinett der antiken Studien der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften — noch wissenschaftliche Werke und Schulbücher, sondern nur die Nachrichten über ihre Tätigkeit. Ihre Hauptaufgabe ist jetzt das Veranstalten wissenschaftlicher Vorträge mit Diskussionen über alle Gebiete der klassischen Altertumswissenschaft sowie aus der Geschichte antiker Traditionen. Seit ihrer Neugestaltung fanden etwa vierzig Vorträge statt.

III. HILFSDISZIPLINEN DER PHILOLOGIE WOLFGANG SEYFARTH, G r a m m a t i s c h e B e m e r k u n -

gen zu lateinischen Inschriften Afrikas. Philologische Vorträge, Wroclaw 1959, 99—105 Anknüpfend an die Fertigstellung des Index-Kapitels X V I Grammatica quaedam zum VIII. Band des Corpus 1

Bibliotheca

Inscriptionum Latinarum teilt der Autor einige Beobachtungen aus dem vorliegenden reichhaltigen Material mit. Er betont eingangs, daß es sich hier nicht um umfangreiche Neuentdeckungen handelt und daß sich im großen und ganzen keine wesentlichen Unterschiede zur lateinischen Sprache anderer Gebiete des Römischen Reiches aufweisen lassen. Der erste Teil der Ausführungen ist der Frage der Wortbildung gewidmet, wobei die contractio, die syncope syllabarum, die haplologia (oder haplographia), die anaptyxe und die prothesis im einzelnen behandelt werden. Sprachgeschichtlich besonders interessant sind die Beispiele kontrahierter Formen von Zahlen wie vinti f ü r viginti (frz. vingt, ital. venti), quarranta für quadraginta (frz. quaranta, ital. quaranta) und nonanta f ü r nonaginta (südfrz. nonante, ital. novanta). Hinsichtlich abweichender Formen der Deklination beschränkt sich Vf. auf einige wenige Beispiele, von denen vielleicht diejenigen am meisten Interesse verdienen, die ein Zusammenfallen von Nominativ und Accusativ in der 3. Deklination erkennen lassen. Schwanken im Genus der Substantiva wird als häufige Erscheinung kurz erwähnt. Die Behandlung der Konjugation betrifft zunächst die 3. pers. pl. perf. act. auf -ere und die kontrahierten Formen des Perfektstammes. Einige Beispiele für die Bildung des perf. pass. nach dem Typus laudatua fui schließen sich an, während sich für passivische Anwendung des part. perf. eines Deponens ein Beispiel findet: poUicitis summis. Für die, vom Standpunkt der Schulgrammatik aus gesehen, falsche Verbindung einiger Kasus mit Präpositionen gibt es viele Belege, die Form depost (frz. depuis) erscheint in einer Inschrift, und andere Inschriften weisen „falsche" Anwendung von Präpositionen auf. Nach einer kurzen Behandlung des Gebrauchs des Pronomen reflexivum wendet sich der Autor der freizügigen Verwendung der Kasus zu und geht danach zur Behandlung der Partizipialkonstruktionen über, die gegenüber dem klassischen Sprachgebrauch manche Eigentümlichkeiten erkennen lassen. Der Accusativus absolutus tritt auf, wenn auch selten, und ein Beispiel findet sich für den Nominativus absolutus. Erwähnt werden ferner ungebräuchliche Copula und doppelte Negation, die sich nicht aufhebt. Als eine sehr häufige Erscheinung bezeichnet Verfasser die Constructio xara ovveotv. Einige Stilproben werden im letzten Teil der Ausführungen gegeben. Unter ihnen findet sich ein sehr schönes Anakoluth. Viele Beobachtungen konnten nicht berücksichtigt werden, darunter die zahlreichen &raf elgrjfiéva und in neuer Bedeutung auftauchende bekannte Wörter. Daß die seltenen punischen Wörter ebensowenig behandelt werden konnten wie griechische, erklärt sich aus dem durch die Umstände begrenzten Rahmen des Vortrags.

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BIBLIOTHECA CLASSICA ORIENTALIS 6. Jahrgang - 1961 - Heft 1

IV. HILFSDISZIPLINEN DER ALTEN GESCHICHTE A.

H.

EojrryHOBA,

rpeiecKaa

MOTpHiecKaa

Hajj-

hhcb H3 ItepiH [A. I. B o l t t j n o w a , Eine griechische metrische I n s c h r i f t aus Kertsch]. CoßeTCKaa apxeonorHH 1/1959/168-173. I m April 1955 wurde a m Ostrande der S t a d t Kertsch auf einer P l a t t e aus feinkörnigem, gelblichem Sandstein eine Inschrift aufgefunden. Sie wird im Museum von Kertsch aufbewahrt. Die P l a t t e mißt 99 x 46 cm und ist 9 cm dick. Sie ist oben abgerundet und mit drei Akroterien verziert. Die Buchstaben der Inschrift sind 2—2,5 cm hoch und mit roter F a r b e ausgemalt. Der Text lautet: Xaigetv fiiv ngärtara \ nao' ävägäiv ävögaotv ?j die bereits im 1. Jahrhundert v. u. Z. entstanden, können christlich genannt werden, da der hebräische Terminus „Messias" (Retter), an den die Mitglieder der verschiedenen Sekten glaubten und den sie erwarteten, durch das griechische Wort „Christos" wiedergegeben wurde. Somit waren sowohl der „Lehrer der Rechtschaffenheit", dessen Name uns unbekannt ist, als auch Jesus von Nazareth, wenn es ihn gegeben hat, Christus. J e mehr die Unzufriedenheit der breiten Volksmassen mit der herrschenden Ordnung wuchs, um so mehr Christoi, unbekannte, namenlose Propheten, traten auf. Die Krisis des Römischen Reiches verschlechterte ohnehin die schwere Lage der Volksmassen und säte Unsicherheit in die Reihen der Besitzenden. I n die christlichen Gemeinden, die ursprünglich aus Sklaven und armen Leuten bestanden, begannen auch wohlhabende Leute einzutreten. Das mußte sich auf die sogenannte christliche Lehre auswirken. Sie sagte sich entschieden von allen Versuchen los, auf Erden Gerechtigkeit herzustellen, und verhieß ihren Anhängern lediglich die ewige Seligkeit im Jenseits. Es ergab sich die Notwendigkeit zur Schaffung eines vollkommenen Kultes des Religionsstifters, des einzigen Messias Christus, der bereits in der Vergangenheit auf die Erde herabgestiegen war. Und zu diesem Messias wurde Jesus von

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Nazareth erklärt. Seine Biographie wurde aus den Charakteristika aller jener zahllosen Christoi zusammengesetzt — ebenso, wie der Künstler aus einzelnen Steinchen ein Mosaikbild schafft.

XII. STAAT UND RECHT J U L I E NOVÁKOVA, S m é l b y t v e s t a r é m B í m é

in-

solvent« dluznik usmrcen? [Durfte im alten Rom der zahlungsunfähige Schuldner getötet werden ?]. Acta Universitatis Palackianae Olomucensis, Histórica 1/1960/49-57. Die Worte des Zwölftafelgesetzes Tertiis nundinis partes secando (III 6) werden von den Sachverständigen meistens in dem Sinne interpretiert, daß den Gläubigern erlaubt gewesen wäre, den Leib des insolventen Schuldners zu zerstückeln. Schwerwiegend ist nur die Interpretation des Gellius (20, 1); diese abzuschwächen bemüht sich unser Aufsatz. Erstens gibt es zahlreiche Belege dafür, daß die gebildeten Römer etwa seit dem 2. Jahrhundert u. Z. die älteren Wortbedeutungen hie und da nicht mehr verstanden; der juristische Terminus secare „teilen", nämlich das eingezogene Vermögen, ist schon zur Zeit der Republik außer Gebrauch gekommen, und heute wird er nur mit Hilfe der Ableitungen Sectio und sector rekonstruiert. Zweitens waren in der Literatur des 1. Jahrhunderts u. Z. und noch zu Zeiten des Gellius schauerliche Themen und Motive beliebt (Tod, Selbstmord, Zauberei, Kannibalismus und ähnliches); man war auch geneigt, die älteren Texte im Geiste diesps Zeitgeschmackes zu verstehen. Die Wendung partes secare in dem Zwölftafelgesetz bedeutet nach allem die Teilung des Vermögens des Schuldners; die Vorschrift Si'plus minusve etc. verrät, daß hier gar nicht das Geld-, sondern das Sachvermögen gemeint war. ELEMÉE PÓLAY, Die Blütezeit des römischen Wirtschaftslebens und die klassische Zeit des römischen Rechts. Acta antiqua Academiae scientiarum Hungaricae 5/1957/323-357!). W o d u ^ h erklärt es sich, daß die sogenannte klassische Periode des römischen Rechts mit der ökonomischen Verfallsperiode und nicht mit der Blütezeit des Wirtschaftslebens zusammenfällt, die vom Ende des Ersten Punischen Krieges bis zum Beginn des Prinzipats reicht? 1. Die moderne romanistische Forschung sieht die charakteristischen Züge desv Klassizismus im Gebiet der Rechtswissenschaft in ihrer literarischen Ausformung und im systematischen Aufbau ihrer Schöpfungen, ferner in der übereinstimmenden Wertung der Begriffe, in der Vermeidung aller überflüssigen Formalitäten, in der entwickelten juristischen Technik und in der sich auf alle Einzelheiten erstreckenden Ausarbeitung (WIEACKER). Fragt man sich nicht unwillkürlich, ob diese Besonder') Anzeige von MAX KÄSER siehe Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung, 75/1958/486.

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heiten nur in der sogenannten klassischen Epoche erscheinen oder auch schon die Blütezeit der warenproduzierenden, auf Sklavenarbeit beruhenden Wirtschaft kennzeichnen ? 2. In der progressiven Periode der warenproduzierenden Sklaverei wurde die Rechtsentwicklung durch die Rechtsgelehrten und die Prätoren bestimmt. Mit Beginn dieses Zeitabschnitts (Anfang des 2. Jahrhunderts v. u. Z.) trug die Rechtswissenschaft schon literarische Züge. Den ersten Versuch, ein System zu schaffen, unternahm Sex. Aelius Paetus Catus in den Tripertita. Das System des Q. Mucius Scaevola bedeutete einen großen Fortschritt, weil es schon auf inhaltlichen Kategorien beruhte. Einige Begriffe des Zivilrechts (dolus, paus, libertas, potestas, bona fides etc.) wurden von der Rechtswissenschaft der Republik ausgearbeitet. Unter griechischem Einfluß verbreitete sich auch die Methode der Definition von Begriffen. Diese Zeit entwickelte schon sogenannte regulae. Die Einheit des Stils und der Auffassung bildete sich zur Zeit der Republik, und zwar zum Teil in den Auseinandersetzungen der Juristen mit ihren Schülern. Der abstrahierenden Formulierung war selbst die Klärung der die geringfügigsten Einzelheiten betreffenden Begriffe nicht fremd. Die juristische Wirksamkeit der Prätoren berührte sich mit der Rechtswissenschaft in drei Punkten: a) die Streitparteien wandten sich um Rat an den Rechtsgelehrten, und dieser beeinflußte dann durch seine Meinungsäußerung den Prätor; b) die im prätorischen Edikt veröffentlichten Normen wurden von den Juristen erörtert und ausgelegt; c) das prätorische Rechtsmaterial wurde durch wissenschaftliche Kommentare und Auslegung soweit geordnet, gedeutet und fortentwickelt, daß es schließlich auch den Justinianischen Kompilatoren (vor allem aus den Kommentaren der Prinzipatszeit) bekannt wurde. In einer ersten Periode der republikanischen Entwicklung, die mit den Punischen Kriegen begann, bildeten sich entsprechend dem Fortschritt im Gebiet der Ökonomik neue juristische Formeln, und in der Zeit der Sklavenaufstände im 2. Jahrhundert eröffnete sich die Möglichkeit der Systematisierung des noch nicht verarbeiteten Juristenmaterials und der literarischen Behandlung von Rechtsfragen (Q. Mucius Scaevola, Servius). 3. In den ersten 2 I / 2 Jahrhunderten richtete sich die Rechtsentwicklung nach der Rechtsgelehrsamkeit (Scaevola-System). Der Prototyp des edictum perpetuum war ein System, das man in der Zeit der Republik ausgearbeitet hatte. Die in der Epoche des Prinzipats ausgebildeten Begriffe (aequitas, naturalis ratio etc.) entstanden schon in republikanischer Zeit. Die republikanische Jurisprudenz und das Edikt bildeten die Grundlagen des Eigentumsrecht aus, dessen Schutz in der Zeit des Prinzipats entwickelt worden war. Die „Schulen" der Republik (Scaevola, Servius) waren annähernd dieselben wie die des Prinzipats (Sabinianer, Prokulianer). Aus den bisherigen Feststellungen geht hervor, daß die von der rechtsgeschichtlichen Forschung der bürgerlichen Gesellschaft bestimmten Kriterien der Klassizität kaum geeignet sind, das Rechtsleben in der Zeit nach den Punischen Kriegen von dem als „klassisch" bezeichneten der ersten drei Jahrhunderte des Prinzipats zu unterscheiden, und zwar im wesentlichen aus zwei Gründen. Der eine Grund ist darin zu sehen, daß die erwähnten Kriterien zu abstrakt sind und sich auf jeden Zweig der Wissenschaft beziehen können, während wir solche Kri-

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terien zu suchen verpflichtet sind, die für die Klassizität der Rechtswissenschaft spezifisch sind. Der andere Grund besteht darin, daß die bisherigen Kriterien im allgemeinen formaler Art sind, während die Frage der Klassizität vom Gesichtspunkt des Inhalts her untersucht werden muß. Nach unserer Ansicht sind in der Rechtsentwicklung Kriterien der klassischen Zeit, der klassischen Rechtswissenschaft, der Klassizität a) die inhaltliche (und nicht die formale) Systematik, und zwar in dem Sinne, daß die Einteilung, die Gruppierung des Materials, die Reihenfolge der einzelnen Gruppen unter Berücksichtigung gewisser Zusammenhänge durchgeführt werden; b) die inhaltlich vollkommene und einheitliche Ausarbeitung der wichtigsten Rechtsinstitutionen jener Gesellschaft, in deren Rechtsentwicklung wir die klassische Periode suchen; c) die Abgeschlossenheit des Rechtsmaterials in dem Sinne, daß die wichtigsten Produkte, die sich im Laufe der weiteren Rechtsentwicklung in derselben Gesellschaft zeigen, das heißt die bedeutendsten Rechtsinstitutionen, nicht mehr zur Festigung der Produktionsverhältnisse derselben Gesellschaft, sondern derjenigen des nachfolgenden Gesellschaftssystems dienen sollen. Wir sind der Ansicht, daß diese drei Kriterien eine wesentlich schärfere Abgrenzung der klassischen Zeit des römischen Rechts ermöglichen. Als klassisches römisches Recht muß das inhaltlich geordnete und vom Standpunkt der weiteren Entwicklung abgeschlossene Rechtsmaterial .betrachtet werden, das der grundlegenden Rechtsinstitution der römischen Sklavenhaltergesellschaft, dem Sklaven- und Grundeigentum, den vollkommensten Schutz sichert. Die Blütezeit des römischen Wirtschaftslebens fällt mit der Fundierung des Privatrechts in dem warenproduzierenden römischen Sklavenhaltersystem zusammen, während die klassische Zeit des römischen Rechts, in der das vollkommene Schutzsystem des Privateigentums ausgebaut wird, auf die Verfallszeit des Sklavenhaltersystems zu verlegen ist. Dieses vollkommene Schutzsystem des Privateigentums ist eben die Konsequenz, die sich aus dem Verfall des Sklavenhaltersystems ergibt.

XIII. PHILOSOPHIE UND PÄDAGOGIK K a k e l JanAöek, Diogenes Lacrtius and Sextus Empiricus [Diogenes Laertius und Sextus Empiricus], Listy filologicke 7(82)/1959, Eunomia 3,2, 50-58. Der Verfasser bemüht sich zu beweisen, daß die meistenteils unerkannten Parallelstellen über die Verwerfung des Begriffes ahirn bei den Skeptikern (Sext. Emp., Adv. mathem. 9, 207-217; Diog. Laert. 9, 97-99) voneinander unabhängig sind; dadurch wird für diese Stellen der beiden Autoren die Existenz einer bisher unbekannten Quelle erwiesen, die vom jüngeren Diogenes glatt abgeschrieben wurde, vom älteren Sextus aber

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heiten nur in der sogenannten klassischen Epoche erscheinen oder auch schon die Blütezeit der warenproduzierenden, auf Sklavenarbeit beruhenden Wirtschaft kennzeichnen ? 2. In der progressiven Periode der warenproduzierenden Sklaverei wurde die Rechtsentwicklung durch die Rechtsgelehrten und die Prätoren bestimmt. Mit Beginn dieses Zeitabschnitts (Anfang des 2. Jahrhunderts v. u. Z.) trug die Rechtswissenschaft schon literarische Züge. Den ersten Versuch, ein System zu schaffen, unternahm Sex. Aelius Paetus Catus in den Tripertita. Das System des Q. Mucius Scaevola bedeutete einen großen Fortschritt, weil es schon auf inhaltlichen Kategorien beruhte. Einige Begriffe des Zivilrechts (dolus, paus, libertas, potestas, bona fides etc.) wurden von der Rechtswissenschaft der Republik ausgearbeitet. Unter griechischem Einfluß verbreitete sich auch die Methode der Definition von Begriffen. Diese Zeit entwickelte schon sogenannte regulae. Die Einheit des Stils und der Auffassung bildete sich zur Zeit der Republik, und zwar zum Teil in den Auseinandersetzungen der Juristen mit ihren Schülern. Der abstrahierenden Formulierung war selbst die Klärung der die geringfügigsten Einzelheiten betreffenden Begriffe nicht fremd. Die juristische Wirksamkeit der Prätoren berührte sich mit der Rechtswissenschaft in drei Punkten: a) die Streitparteien wandten sich um Rat an den Rechtsgelehrten, und dieser beeinflußte dann durch seine Meinungsäußerung den Prätor; b) die im prätorischen Edikt veröffentlichten Normen wurden von den Juristen erörtert und ausgelegt; c) das prätorische Rechtsmaterial wurde durch wissenschaftliche Kommentare und Auslegung soweit geordnet, gedeutet und fortentwickelt, daß es schließlich auch den Justinianischen Kompilatoren (vor allem aus den Kommentaren der Prinzipatszeit) bekannt wurde. In einer ersten Periode der republikanischen Entwicklung, die mit den Punischen Kriegen begann, bildeten sich entsprechend dem Fortschritt im Gebiet der Ökonomik neue juristische Formeln, und in der Zeit der Sklavenaufstände im 2. Jahrhundert eröffnete sich die Möglichkeit der Systematisierung des noch nicht verarbeiteten Juristenmaterials und der literarischen Behandlung von Rechtsfragen (Q. Mucius Scaevola, Servius). 3. In den ersten 2 I / 2 Jahrhunderten richtete sich die Rechtsentwicklung nach der Rechtsgelehrsamkeit (Scaevola-System). Der Prototyp des edictum perpetuum war ein System, das man in der Zeit der Republik ausgearbeitet hatte. Die in der Epoche des Prinzipats ausgebildeten Begriffe (aequitas, naturalis ratio etc.) entstanden schon in republikanischer Zeit. Die republikanische Jurisprudenz und das Edikt bildeten die Grundlagen des Eigentumsrecht aus, dessen Schutz in der Zeit des Prinzipats entwickelt worden war. Die „Schulen" der Republik (Scaevola, Servius) waren annähernd dieselben wie die des Prinzipats (Sabinianer, Prokulianer). Aus den bisherigen Feststellungen geht hervor, daß die von der rechtsgeschichtlichen Forschung der bürgerlichen Gesellschaft bestimmten Kriterien der Klassizität kaum geeignet sind, das Rechtsleben in der Zeit nach den Punischen Kriegen von dem als „klassisch" bezeichneten der ersten drei Jahrhunderte des Prinzipats zu unterscheiden, und zwar im wesentlichen aus zwei Gründen. Der eine Grund ist darin zu sehen, daß die erwähnten Kriterien zu abstrakt sind und sich auf jeden Zweig der Wissenschaft beziehen können, während wir solche Kri-

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terien zu suchen verpflichtet sind, die für die Klassizität der Rechtswissenschaft spezifisch sind. Der andere Grund besteht darin, daß die bisherigen Kriterien im allgemeinen formaler Art sind, während die Frage der Klassizität vom Gesichtspunkt des Inhalts her untersucht werden muß. Nach unserer Ansicht sind in der Rechtsentwicklung Kriterien der klassischen Zeit, der klassischen Rechtswissenschaft, der Klassizität a) die inhaltliche (und nicht die formale) Systematik, und zwar in dem Sinne, daß die Einteilung, die Gruppierung des Materials, die Reihenfolge der einzelnen Gruppen unter Berücksichtigung gewisser Zusammenhänge durchgeführt werden; b) die inhaltlich vollkommene und einheitliche Ausarbeitung der wichtigsten Rechtsinstitutionen jener Gesellschaft, in deren Rechtsentwicklung wir die klassische Periode suchen; c) die Abgeschlossenheit des Rechtsmaterials in dem Sinne, daß die wichtigsten Produkte, die sich im Laufe der weiteren Rechtsentwicklung in derselben Gesellschaft zeigen, das heißt die bedeutendsten Rechtsinstitutionen, nicht mehr zur Festigung der Produktionsverhältnisse derselben Gesellschaft, sondern derjenigen des nachfolgenden Gesellschaftssystems dienen sollen. Wir sind der Ansicht, daß diese drei Kriterien eine wesentlich schärfere Abgrenzung der klassischen Zeit des römischen Rechts ermöglichen. Als klassisches römisches Recht muß das inhaltlich geordnete und vom Standpunkt der weiteren Entwicklung abgeschlossene Rechtsmaterial .betrachtet werden, das der grundlegenden Rechtsinstitution der römischen Sklavenhaltergesellschaft, dem Sklaven- und Grundeigentum, den vollkommensten Schutz sichert. Die Blütezeit des römischen Wirtschaftslebens fällt mit der Fundierung des Privatrechts in dem warenproduzierenden römischen Sklavenhaltersystem zusammen, während die klassische Zeit des römischen Rechts, in der das vollkommene Schutzsystem des Privateigentums ausgebaut wird, auf die Verfallszeit des Sklavenhaltersystems zu verlegen ist. Dieses vollkommene Schutzsystem des Privateigentums ist eben die Konsequenz, die sich aus dem Verfall des Sklavenhaltersystems ergibt.

XIII. PHILOSOPHIE UND PÄDAGOGIK K a k e l JanAöek, Diogenes Lacrtius and Sextus Empiricus [Diogenes Laertius und Sextus Empiricus], Listy filologicke 7(82)/1959, Eunomia 3,2, 50-58. Der Verfasser bemüht sich zu beweisen, daß die meistenteils unerkannten Parallelstellen über die Verwerfung des Begriffes ahirn bei den Skeptikern (Sext. Emp., Adv. mathem. 9, 207-217; Diog. Laert. 9, 97-99) voneinander unabhängig sind; dadurch wird für diese Stellen der beiden Autoren die Existenz einer bisher unbekannten Quelle erwiesen, die vom jüngeren Diogenes glatt abgeschrieben wurde, vom älteren Sextus aber

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durch seine in Adv. math. 7—11 üblichen sachlichen Zusätze und stilistischen Besonderheiten charakteristisch gefärbt wurde. Zugleich wird eine Lakune in Diog. Laert. festgestellt und ergänzt. TADEUSZ KOTARBINSKI, Wyklady z dziejdw logiki [Vorlesungen über die Geschichte der Logik]. Lodz 1957. 251 S. Die „Vorlesungen über die Geschichte der Logik" verdanken ihr Entstehen dem Kursus „Geschichte der Logik", der an der Universität Warschau für Studenten der Philosophischen Fakultät zur Vervollkommnung ihrer formallogischen Kenntnisse abgehalten wurde. Die Arbeit besteht aus zwei sehr ungleichen Teilen, und zwar behandeln die ersten 32 von insgesamt 37 Abschnitten die Geschichte der Deduktionslehre, während nur die letzten 5 Abschnitte sich mit der Induktionstheorie in ihrer geschichtlichen Entwicklung befassen. Der erste Teil zerfällt wieder in zwei Abteilungen. Die erste umfaßt die einleitenden 18 Abschnitte und enthält eine Darstellung der Entwicklung der Deduktionslehre von Aristoteles bis Boole. Die zweite Abteilung mit 14 Abschnitten gibt eine Darstellung der Begriffe, Probleme und Erfolge der neuzeitlichen algebraischen Logik unter Berücksichtigung ihrer Gestaltungsfolge. Die einleitenden 18 Abschnitte sind in chronologischer Form aufgebaut. Die Hauptthemen dieser Abteilung sind: Der Begriff des „Organon" und die aristotelische Auffassung des kategorischen Syllogismus (Absch. 1), Systeme der assertorischen und modalen Syllogistik des Aristoteles (Abschn. 2f.), die aristotelische Logik und die sogenannten höchsten Denkgesetze, der Identitätssatz, das Widerspruchsprinzip, das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten (Abschn. 4), die aristotelische Definitionstheorie (Abschn. 5), die Grundsätze der rationellen Diskussion in aristotelischer Fassung nebst Analyse und Klassifizierung der Argumentationsfehler (Abschn. 6), die Logik der Megariker und die stoische Logik (Abschn. 7), die Isagoge des Porphyrius (Abschn. 8), der Universalienstreit im Mittelalter (Abschn. 9), die mittelalterliche Lehre von den „Konsequenzen", neue Gedanken der mittelalterlichen Logiker auf dem Gebiet der Semantik (Abschn. 10), die Logik des Petrus Ramus (Abschn. 11), die Logik des Arnauld und Nicole (Abschn. 12f.), Leibnizens logische Ideen (Abschn. 14), die Syllogistik Hamiltons (Abschn. 15), die Syllogistik und Relationstheorie des Augustus de Morgan (Abschn. 16) und der Boolesche Kalkül (Abschn. 17f). Der Verfasser hält es f ü r unerläßlich zu bemerken, daß er sich bei der Bearbeitung der aristotelischen und stoischen Logik vor allem auf die Forschungsergebnisse von JAN LIJKASIEWICZ stützt, namentlich auf folgende Schriften: „ 0 zasadzie sprzecznoäci u Arystotelesa" [Über den Satz des Widerspruchs bei Aristoteles], Kraköw 1910; „Aristoteles Syllogistic from the standpoint of modern formal logic", Oxford 1951 sowie „Z historii logiki z d a d " [Zur Geschichte der Aussagenlogik], Przeglqd filozoficzny 4/1934. LUKASIEWICZ weist nach, daß die aristotelischen Syllogismen Schemen von Bedingungsaussagen folgenden Typus darstellen: wenn MxP, und SyM, so SzP (wo x, y, z irgendeines von den Verbindungszeichen a, e, i, o sind), während die stoischen Syllogismen Argumentationsaussagen folgender Art bilden: p sowie q, also r, wobei die formale Bindung zwischen Prämissen und Konklusion nicht durch Bestandteile der subjektivprädikativen Struktur dieser Sätze bestimmt ist. E r hebt die bahnbrechende Rolle der Stoiker als Schöpfer

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des Aussagenkalküls hervor, mithin des Teiles der formalen Logik, der Satzvariable kennt (während die aristotelische Syllogistik innerhalb der mit den Namensvariablen operierenden Formen ihren Abschluß findet). In den folgenden 14 Abschnitten, welche die moderne formale Logik zum Gegenstand haben, besteht nicht chronologische, sondern systematische Anordnung, und nur im Laufe der Besprechung der einzelnen Abschnitte wird die Zeitfolge erwähnt. Hier eine Themenzusammenstellung der Abschnitte: Ausgewählte technische Vervollkommnungen des Aussagenkalküls (Abschn. 19), axiomatische Systeme des Aussagenkalküls (Abschn. 20), vielwertiger Aussagenkalkül (Abschn. 21), System der strikten Implikation (Abschn. 22), Theorie der All- und Existenzoperatoren (Abschn. 23, 24), Anwendungen von Diagrammen im Prädikatenkalkül (Abschn. 25), Grundriß der Relationslogik (Abschn. 26, 27), über das Wesen der Klasse (Abschn. 28), die Antinomien der formalen Logik und der Mengentheorie (Abschn. 29), Strukturfragen der Deduktionssysteme (Abschn. 30, 31), philosophische Probleme der formalen Logik, Logik und Wirklichkeit, Logik und Erfahrung, Logik und Psychologie, Logik und Mathematik (Abschn. 32). In dem der Induktion gewidmeten Teil ist die Vortragsfolge wieder chronologisch. Es werden hier der Reihe nach die Induktionstheorie im griechischen Altert u m (Abschn. 33), die Methodologie Francis Bacons (Abschn. 34), John Herschels Vorschriften über die induktive Erforschung der ursächlichen Zusammenhänge (Abschn. 35), John Stuart Mills Prinzipien des induktiven Verfahrens (Abschn. 36), endlich gewisse Ideen aus dem Vorrat der späteren Induktionslehren besprochen. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß der Autor, gestützt auf das Werk von PHILIPP DE LACY „Philodemos on methods of inference", Philadelphia 1941, in den aus dem 5. Jahrhundert v. u. Z. stammenden Schriften der griechischen Ärzte und in dem viel späteren Traktat des Philodemos (1. Jahrhundert v. u. Z.) die ersten Ansätze zur Formulierung des Übereinstimmungsprinzips sieht.

WLADYSLAW TATARKIEWICZ, Historia filozolii [Ge-

schichte der Philosophie], Bd. 1: Filozofla 'starozytna i sredniowieczna [Philosophie des Altertums und Mittelalters], Warszawa 1958. 5. Aufl. 436 S. Die „Geschichte der Philosophie" ist zuerst im Jahre 1931 zweibändig erschienen; der erste Band behandelte die antike und mittelalterliche Philosophie, der zweite die neuere bis 1830. Der ersten Auflage folgte die zweite 1932 und die dritte 1946. Die 4. Auflage, die in den Jahren 1949/50 erschienen ist, ergänzte die bisherigen zwei Bände durch einen dritten, der die Zeit von 1830 bis 1945 zum Inhalt hat. Die 5. Auflage (1958) ist ein anastatischer Neudruck der vierten, in dem nur einzelne Seiten neu gesetzt sind, hauptsächlich an den Stellen, wo die Literatur ergänzt werden mußte. Diese letzte Auflage ist in 25000 Exemplaren erschienen, und nachdem diese vergriffen waren, sind nach ein paar Monaten weitere 7500 Exemplare nachgedruckt worden. Der erste Band ist, abgesehen von bibliographischen Nachträgen, seit der 1. Auflage fast unverändert geblieben. Es war die Absicht des Verfassers, die Geschichte der Philosophie möglichst vielseitig und übersichtlich darzustellen. Zu diesem Zwecke entschloß er sich, den Stoff

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in verhältnismäßig kurze Abschnitte einzuteilen und diese äußerlich nach einem einheitlichen Schema zu gestalten. Diese schematische Form sollte durch eine lebendige Behandlung des Inhalts und der Sprache aufgewogen werden. Die Behandlung eines Philosophen enthält, folgende Abschnitte: Vorgänger, Leben, Schriften, Entwicklung, wissenschaftliche Orientierung, philosophische Ansichten, Hauptergebnisse des Denkers, seine Nachfolger, seine Gegner, die sich auf sein Werk beziehenden Streitfragen. In besonderen Abschnitten werden die Probleme auf gezählt, die jede Periode sich stellte, und Begriffe, die sie benutzte, erklärt. Ein Abschnitt wird der Einteilung der Periode nach Generationen gewidmet, ein anderer den Streitfragen, die sie weckt; schließlich werden Haupterscheinungen und Errungenschaften des Zeitalters auf dem Gebiete der Politik, Religion, Kunst, Wissenschaft, Technik mit den philosophischen Strömungen zusammengestellt. Auf diese Weise ist das Buch, obwohl es in erster Linie eine Philosophengeschichte darstellt, zugleich eine Problem- und Begriffsgeschichte. Die Bibliographie ist in der „Geschichte der Philosophie" ebenfalls schematisch zusammengestellt: es werden erstens die besten Gesamtausgaben der Werke des jeweiligen Philosophen angegeben, zweitens die polnischen Übersetzungen seiner Schriften (dies in Vollständigkeit), drittens die Sekundärliteratur. Das Buch hat drei Register: 1. der behandelten Philosophen, 2. der in der Bibliographie genannten Philosophiehistoriker, 3. ein ausführliches Sachregister (mit 229 Stichworten). In der Geschichte der Philosophie lassen sich dem Verfasser zufolge vier Entwicklungsstufen eines philosophischen Gedankenganges unterscheiden: Entwicklung und Reifung, Systembildung, Kritik und Schulbildung. Die erste pflegt die Vorbereitung, die letzte den Abschluß, die beiden mittleren den Höhepunkt der Entwicklung zu bilden. Die beiden mittleren unterscheiden sich dadurch, daß die Zeitalter der Systembildung vom Vertrauen auf die philosophische Erkenntnis und die der Kritik vom Mißtrauen getragen werden; jene bauen, diese verifizieren den Bau; jene gelten als klassisch, diese aber als Zeitalter der Aufklärung. Diese Vierheit läßt sich auch in der Entwicklung der antiken Philosophie erkennen und zu ihrer Periodisierung benutzen, allerdings mit der Besonderheit, daß das klassische Zeitalter und das Zeitalter der Aufklärung sehr schnell aufeinander folgten, beinahe gleichzeitig liefen. Deshalb behandelte die polnische „Geschichte der Philosophie" die beiden im Rahmen eines Abschnittes, der sowohl die Philosophie der Sophisten und des Sokrate» wie die Piatos und Aristoteles' umfaßt. Der Verfasser wollte und könnte im ersten Band (namentlich aber bei der Behandlung der antiken Philosophie) von den stabilisierten Ansichten nur wenig abweichen. Die Vorgeschichte der alten Philosophie wird nach drei Linien verfolgt, im religiösen Glauben, praktischen Können und in den Regeln der Lebensweisheit (S. 18f.). Im Rahmen der Darstellung des Thaies wird untersucht, worin der Übergang von der Religion und vom praktischen Können zur Wissenschaft lag (S. 23f.). Das ameigov des Anaximander wird als undifferenzierte und unbegrenzte Materie verstanden (S. 28f.). Die eleatische Philosophie wird in vier Punkten zusammengefaßt: Einheit und Unveränderlichkeit des Seins, Unzertrennlichkeit von Sein und Denken, Unterscheidung von Denken und Wahrnehmen, dialektische Methode der Philosophie (S. 35f.).

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Nicht nur Zenon und Melissos, auch Gorgias und die megarische Schule werden als Glieder der eleatischen Philosophie dargestellt (S. 40f.). Demokrit wird trotz sachlicher und chronologischer Bedenken der ersten Periode der antiken Philosophie als ihr reifster Vertreter zugeordnet (S. 54f.). Bei den Sophisten wird der Nachdruck auf ihre sensualistische, relativistische und praktizistische Erkenntnistheorie und ihre konventionalistische Kulturtheorie gelegt. Auch auf ihre Verdienste um die Ästhetik wird verwiesen (S. 18f.). Die Kyniker und die Kyrenaiker werden als Schüler der Sophisten und des Sokrates behandelt (S. 98f.). Bei der Darstellung der Philosophie Piatos (S. 108f.) wird gezeigt, daß er zwischen der transzendenten und der immanenten Auffassung der Ideen schwankte und daß seine Philosophie sowohl idealistisch als spiritualistisch War. Auf S. 130 wird der Versuch gemacht, den „Piatonismus" in der Ontologie, Psychologie, Erkenntnistheorie, Methodologie, Ethik und Ästhetik zu definieren. Das gleiche wird auf S. 154 mit dem ,,Aristotelismus" unternommen. Bei der Behandlung des Aristoteles wird der Standpunkt beibehalten, den der Verfasser früher in der Schrift „Die Disposition der aristotelischen Prinzipien" (in der Sammlung „Philosophische Arbeiten", Marburg 1910) dargelegt hatte. Stoiker, Epikureer und Skeptiker werden als Schulen behandelt, und auf die Leistungen ihrer Einzelvertreter wird wenig eingegangen. Die eklektische Philosophie, besonders die des Cicero, wird kurz, vielleicht zu kurz behandelt (S. 207). Dagegen wird auf das Schema der alexandrinischen Metaphysik, das die Grundlage mittelalterlicher Lehrmeinungen bildete, näher eingegangen, desgleichen auf die Lehren der Gnostiker, der Apologeten und Kirchenväter: Das Kapitel über die Apologeten enthält den Versuch, das Schema der Weltanschauung jener Übergangszeit darzustellen. Im Schlußkapitel über die antike Philosophie (S. 229f.) wird diese durch vier Merkmale, nämlich durch ihren Objektivismus, Intellektualismus, Universalismus und Finitismus charakterisiert.

XV. MITTEL- UND NEUGRIECHISCH Antonín Salaö, Poznámky o nové íeétiné [Bemerkungen zur neugriechischen Sprache]. O védeckém poznání soudobych jazykú. Praha 1958, 79—81. Der Vortrag gibt eine kurze Übersicht über die historische Entwicklung des gemeinsamen Namens für das griechische Volk und eine Einführung in die sprachlichen Probleme des Neugriechischen. Der gemeinsame Name für die Griechen {"E!./.r¡veq) ist verhältnismäßig spät, und sein Ursprung ist unsicher. Die byzantinischen Griechen nannten sich als Bürger des römischen Reiches 'Pw/ialoi, obwohl sie niemals romanisiert wurden, der Name "EXhqveq blieb den heidnischen Griechen vorbehalten. Unter der Türkenherrschaft bezeichnen sich die Griechen selbst im Gegensatz zu den Türken mit dem Namen Xpiaziavol. In der heutigen Volkssprache kommt wieder die Bezeichnung Pcopifli (= 'Pcofiaioi) vor, die Schriftsprache kehrte zu dem Namen "Ehhjveq zurück. Den Namen „rhomäisch" für das Neugriechische einzuführen, ist aussichtslos, weil die Griechen selbst sicher auf den Namen éKXr¡viy.r¡ oder veoe?J.cvixri nie verzichten werden.

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in verhältnismäßig kurze Abschnitte einzuteilen und diese äußerlich nach einem einheitlichen Schema zu gestalten. Diese schematische Form sollte durch eine lebendige Behandlung des Inhalts und der Sprache aufgewogen werden. Die Behandlung eines Philosophen enthält, folgende Abschnitte: Vorgänger, Leben, Schriften, Entwicklung, wissenschaftliche Orientierung, philosophische Ansichten, Hauptergebnisse des Denkers, seine Nachfolger, seine Gegner, die sich auf sein Werk beziehenden Streitfragen. In besonderen Abschnitten werden die Probleme auf gezählt, die jede Periode sich stellte, und Begriffe, die sie benutzte, erklärt. Ein Abschnitt wird der Einteilung der Periode nach Generationen gewidmet, ein anderer den Streitfragen, die sie weckt; schließlich werden Haupterscheinungen und Errungenschaften des Zeitalters auf dem Gebiete der Politik, Religion, Kunst, Wissenschaft, Technik mit den philosophischen Strömungen zusammengestellt. Auf diese Weise ist das Buch, obwohl es in erster Linie eine Philosophengeschichte darstellt, zugleich eine Problem- und Begriffsgeschichte. Die Bibliographie ist in der „Geschichte der Philosophie" ebenfalls schematisch zusammengestellt: es werden erstens die besten Gesamtausgaben der Werke des jeweiligen Philosophen angegeben, zweitens die polnischen Übersetzungen seiner Schriften (dies in Vollständigkeit), drittens die Sekundärliteratur. Das Buch hat drei Register: 1. der behandelten Philosophen, 2. der in der Bibliographie genannten Philosophiehistoriker, 3. ein ausführliches Sachregister (mit 229 Stichworten). In der Geschichte der Philosophie lassen sich dem Verfasser zufolge vier Entwicklungsstufen eines philosophischen Gedankenganges unterscheiden: Entwicklung und Reifung, Systembildung, Kritik und Schulbildung. Die erste pflegt die Vorbereitung, die letzte den Abschluß, die beiden mittleren den Höhepunkt der Entwicklung zu bilden. Die beiden mittleren unterscheiden sich dadurch, daß die Zeitalter der Systembildung vom Vertrauen auf die philosophische Erkenntnis und die der Kritik vom Mißtrauen getragen werden; jene bauen, diese verifizieren den Bau; jene gelten als klassisch, diese aber als Zeitalter der Aufklärung. Diese Vierheit läßt sich auch in der Entwicklung der antiken Philosophie erkennen und zu ihrer Periodisierung benutzen, allerdings mit der Besonderheit, daß das klassische Zeitalter und das Zeitalter der Aufklärung sehr schnell aufeinander folgten, beinahe gleichzeitig liefen. Deshalb behandelte die polnische „Geschichte der Philosophie" die beiden im Rahmen eines Abschnittes, der sowohl die Philosophie der Sophisten und des Sokrate» wie die Piatos und Aristoteles' umfaßt. Der Verfasser wollte und könnte im ersten Band (namentlich aber bei der Behandlung der antiken Philosophie) von den stabilisierten Ansichten nur wenig abweichen. Die Vorgeschichte der alten Philosophie wird nach drei Linien verfolgt, im religiösen Glauben, praktischen Können und in den Regeln der Lebensweisheit (S. 18f.). Im Rahmen der Darstellung des Thaies wird untersucht, worin der Übergang von der Religion und vom praktischen Können zur Wissenschaft lag (S. 23f.). Das ameigov des Anaximander wird als undifferenzierte und unbegrenzte Materie verstanden (S. 28f.). Die eleatische Philosophie wird in vier Punkten zusammengefaßt: Einheit und Unveränderlichkeit des Seins, Unzertrennlichkeit von Sein und Denken, Unterscheidung von Denken und Wahrnehmen, dialektische Methode der Philosophie (S. 35f.).

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Nicht nur Zenon und Melissos, auch Gorgias und die megarische Schule werden als Glieder der eleatischen Philosophie dargestellt (S. 40f.). Demokrit wird trotz sachlicher und chronologischer Bedenken der ersten Periode der antiken Philosophie als ihr reifster Vertreter zugeordnet (S. 54f.). Bei den Sophisten wird der Nachdruck auf ihre sensualistische, relativistische und praktizistische Erkenntnistheorie und ihre konventionalistische Kulturtheorie gelegt. Auch auf ihre Verdienste um die Ästhetik wird verwiesen (S. 18f.). Die Kyniker und die Kyrenaiker werden als Schüler der Sophisten und des Sokrates behandelt (S. 98f.). Bei der Darstellung der Philosophie Piatos (S. 108f.) wird gezeigt, daß er zwischen der transzendenten und der immanenten Auffassung der Ideen schwankte und daß seine Philosophie sowohl idealistisch als spiritualistisch War. Auf S. 130 wird der Versuch gemacht, den „Piatonismus" in der Ontologie, Psychologie, Erkenntnistheorie, Methodologie, Ethik und Ästhetik zu definieren. Das gleiche wird auf S. 154 mit dem ,,Aristotelismus" unternommen. Bei der Behandlung des Aristoteles wird der Standpunkt beibehalten, den der Verfasser früher in der Schrift „Die Disposition der aristotelischen Prinzipien" (in der Sammlung „Philosophische Arbeiten", Marburg 1910) dargelegt hatte. Stoiker, Epikureer und Skeptiker werden als Schulen behandelt, und auf die Leistungen ihrer Einzelvertreter wird wenig eingegangen. Die eklektische Philosophie, besonders die des Cicero, wird kurz, vielleicht zu kurz behandelt (S. 207). Dagegen wird auf das Schema der alexandrinischen Metaphysik, das die Grundlage mittelalterlicher Lehrmeinungen bildete, näher eingegangen, desgleichen auf die Lehren der Gnostiker, der Apologeten und Kirchenväter: Das Kapitel über die Apologeten enthält den Versuch, das Schema der Weltanschauung jener Übergangszeit darzustellen. Im Schlußkapitel über die antike Philosophie (S. 229f.) wird diese durch vier Merkmale, nämlich durch ihren Objektivismus, Intellektualismus, Universalismus und Finitismus charakterisiert.

XV. MITTEL- UND NEUGRIECHISCH Antonín Salaö, Poznámky o nové íeétiné [Bemerkungen zur neugriechischen Sprache]. O védeckém poznání soudobych jazykú. Praha 1958, 79—81. Der Vortrag gibt eine kurze Übersicht über die historische Entwicklung des gemeinsamen Namens für das griechische Volk und eine Einführung in die sprachlichen Probleme des Neugriechischen. Der gemeinsame Name für die Griechen {"E!./.r¡veq) ist verhältnismäßig spät, und sein Ursprung ist unsicher. Die byzantinischen Griechen nannten sich als Bürger des römischen Reiches 'Pw/ialoi, obwohl sie niemals romanisiert wurden, der Name "EXhqveq blieb den heidnischen Griechen vorbehalten. Unter der Türkenherrschaft bezeichnen sich die Griechen selbst im Gegensatz zu den Türken mit dem Namen Xpiaziavol. In der heutigen Volkssprache kommt wieder die Bezeichnung Pcopifli (= 'Pcofiaioi) vor, die Schriftsprache kehrte zu dem Namen "Ehhjveq zurück. Den Namen „rhomäisch" für das Neugriechische einzuführen, ist aussichtslos, weil die Griechen selbst sicher auf den Namen éKXr¡viy.r¡ oder veoe?J.cvixri nie verzichten werden.

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Am Anfang der historischen Entwicklung des Griechischen gab es keine gemeinsame Sprache (falls wir nicht die künstliche Sprache der Homerischen Gedichte berücksichtigen), sondern Dialekte. Die erste gemeinsame Sprache erscheint nach der Zeit Alexanders des Großen. Es ist die xoivtj, der der attische Dialekt zugrunde liegt, sie enthält aber auch dialektischfe und vulgäre Elemente. Der vom 1. Jahrhundert u. Z. an erscheinende attizistische Purismus wurde die Ursache der Spaltung der Volks- und der Schriftsprache in der weiteren Entwicklung. Das Problem der Diglossie (yXmaoixo £»jtrj/xa) wurde bisher noch nicht gänzlich gelöst, obwohl die Volkssprache, die auch schon in die Literatur eingedrungen ist, zweifellos immer mehr an Boden gewinnt. Die neugriechische Sprache, in die Elemente aus dem Lateinischen, Slawischen, Albanischen und Türkischen eingedrungen sind, kann zwar ohne Kenntnis des Altgriechischen gelernt werden, aber ein tieferes Eindringen in diese Sprache ist nur in Verbindung mit dem Altgriechischen möglich.

XVII. NACHLEBEN DER ANTIKE. GESCHICHTE DER ALTERTUMSWISSENSCHAFT 10. Maahccoh, Mojiofloä KyTopra ( E Bonpocy o

B03HHKH0B8HHII pyCCKOÖ HCTOpHieCKOfi HftyKH 00 s h t h w o c t h ) [J. Madisson, Der junge Kutorga (Zur Frage der Entstehung der russischen althistorischen Wissenschaft)]. Tartu Riikliku Ülikooli Toimetised 43/1956/3-39.

Reichhaltiges, bisher ungenutztes Urkundenmaterial im Staatlichen Historischen Zentralarchiv der Estnischen S SR in Tartu [RAKA (T)] sowie Dokumente aus der Handschriftenabteilung der Tartuer Universitätsbibliothek, insbesondere aus dem Morgensternschen Nachlaß, lassen darauf schließen, daß Kutorga schon während seiner Tartuer Periode (1828—1833) ein überzeugter Anhänger der fortschrittlichsten Lehre der zeitgenössischen Geschichtswissenschaft war, der Guizotschen Theorie des Rassen-(Klassen-)Kampfes, und daß er weder damals noch später der Niebuhrschen Methode gehuldigt hat, wie dies ohne hinlängliche Begründung in der Literatur über Kutorga behauptet wird (S. 27ff. und 31ff. der referierten Arbeit). Eine Neuwertung vom marxistischen Standpunkt erfährt auch der reaktionäre Neuhumanismus (S. 15fF.), der von einigen Universitätsprofeasoren (Blum und anderen) dazu benutzt wurde, um auf Kutorga einen Druck auszuüben. Kutorgas 1832 in lateinischer Sprache abgefaßte Dissertation „De antiquis tribubus atticis" (S. 24£f.) war das erste Teilstück seiner jahrzehntelangen Untersuchungen über die attischen Phylen und über die Entstehung der Klassen in Athen 1 ), das seine Theorie des ') Darunter die wichtigsten: KoJiena h cocjtobhh arnwecMie [Die Phylen und die gesellschaftlichen Stände in Athen] (1838) ; Beiträge zur Erklärung der vier ältesten Phylen, Bulletin de la classe historico-philologique de l'Académie des Sciences de St.-Petersbourg 8/1851/87-96.

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Klassenkampfes in der Geschichte des Alten Griechenlands begründete. Der Dissertation war eine in der Literatur bisher unbekannte bedeutende Forschungsarbeit über das trojanische Reich voraufgegangen (S. I8ff.). Der Verfasser weist nach (S. 29,32ff.), daß sich Kutorga auf seiner Auslandsreise nicht mit der Erforschung der Lehre und Methode Niebuhrs befaßt hat, wie dies fälschlich behauptet wird, sondern daß er mit großer Sorgfalt und Ausdauer in Berlin sowie kürzere Zeit auch in den Wiener und Münchener Bibliotheken an seiner Abhandlung über die Entwicklung der germanischen Stämme 1 ) gearbeitet hat, womit durch historische Vergleichung eine Grundlage zur Anwendung der Theorie des Klassenkampfes auf Fragen der Geschichte Athens geschaffen wurde. Der Schlußteil des Aufsatzes (S. 36f.) behandelt den Aufstieg Kutorgas zum Begründer der Geschichte des Alten Griechenlands und Roms in Rußland und erwähnt einen in der Literatur bisher unbekannten Konflikt Kutorgas mit Reaktionären der Wissenschaft aus Anlaß seiner Bewerbung um die Würde eines Akademiemitgliedes. Tadeusz Sinko, Mickiewicz 1 antyk [Mickiewicz und die Antike], Wroclaw-Kraków 1957, 539 S. Diese Monographie entstand anläßlich des Mickiewiczjahres, das nicht nur in Polen, sondern auch im Ausland auf Anregung des PEN-Clubs im Jahre 1955, dem 100. Todesjahr des größten polnischen Dichters, gefeiert wurde. E s wurde eine wissenschaftliche Kommission zur Vorbereitung dieser Feierlichkeiten von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau gebildet. Ich habe diese Monographie als eine Jubiläumshuldigung für den Dichter von Seiten der klassischen Philologen in Polen aufgefaßt, weil doch Mickiewicz klassischer Philologe war, der als Lehrer an einer Mittelschule in Kowno seinen Schülern zwei Jahre lang lateinische Autoren erklärte und sie die Geschichte der griechischen und lateinischen Literatur lehrte. Dann hielt er als Professor der lateinischen Literaturgeschichte in Lausanne Vorträge, auch als Professor der slawischen Literaturen behandelte er am Pariser Collège de France vier Jahre lang einzelne slawische, besonders serbische und polnische Dichtungen im Vergleich mit den entsprechenden griechischen und lateinischen Werken. Die Monographie umfaßt neben der Einleitung und dem Schlußteil 13 Kapitel. I n der Einleitung bespreche ich seine fast legendäre Universalität im Vergleich mit der gepriesenen Allseitigkeit Homers und Vergils und gebe eine Übersicht über die bisherigen polnischen Beiträge zu den Themen Mickiewicz-Homer, Mickiewicz-Vergil. Besonders fühle ich mich hier Wactaw Kubacki aus Krakau verpflichtet, der seit dem Jahre 1945 umfangreiches Material über das Verhältnis des jungen Mickiewicz zu den europäischen Literaturströmungen gesammelt hat, sowie Stephan ¿ólkiewski, dessen „Streit um Mickiewicz" (1952), auf der Grundlage des historischen und dialektischen Materialismus geschrieben, über Mickiewiczs Verbindungen zu den damaligen politischen und revolutionären Strömungen in Litauen und Rußland belehrt hat. Kapitel 1 ist überschrieben „ I n Nowogródek und im Elternhaus". IIoJiHTHiecKoe ycTpoöCTBo repinaimeB litische Ordnung der Germanen], 1837.

[Die po-

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Am Anfang der historischen Entwicklung des Griechischen gab es keine gemeinsame Sprache (falls wir nicht die künstliche Sprache der Homerischen Gedichte berücksichtigen), sondern Dialekte. Die erste gemeinsame Sprache erscheint nach der Zeit Alexanders des Großen. Es ist die xoivtj, der der attische Dialekt zugrunde liegt, sie enthält aber auch dialektischfe und vulgäre Elemente. Der vom 1. Jahrhundert u. Z. an erscheinende attizistische Purismus wurde die Ursache der Spaltung der Volks- und der Schriftsprache in der weiteren Entwicklung. Das Problem der Diglossie (yXmaoixo £»jtrj/xa) wurde bisher noch nicht gänzlich gelöst, obwohl die Volkssprache, die auch schon in die Literatur eingedrungen ist, zweifellos immer mehr an Boden gewinnt. Die neugriechische Sprache, in die Elemente aus dem Lateinischen, Slawischen, Albanischen und Türkischen eingedrungen sind, kann zwar ohne Kenntnis des Altgriechischen gelernt werden, aber ein tieferes Eindringen in diese Sprache ist nur in Verbindung mit dem Altgriechischen möglich.

XVII. NACHLEBEN DER ANTIKE. GESCHICHTE DER ALTERTUMSWISSENSCHAFT 10. Maahccoh, Mojiofloä KyTopra ( E Bonpocy o

B03HHKH0B8HHII pyCCKOÖ HCTOpHieCKOfi HftyKH 00 s h t h w o c t h ) [J. Madisson, Der junge Kutorga (Zur Frage der Entstehung der russischen althistorischen Wissenschaft)]. Tartu Riikliku Ülikooli Toimetised 43/1956/3-39.

Reichhaltiges, bisher ungenutztes Urkundenmaterial im Staatlichen Historischen Zentralarchiv der Estnischen S SR in Tartu [RAKA (T)] sowie Dokumente aus der Handschriftenabteilung der Tartuer Universitätsbibliothek, insbesondere aus dem Morgensternschen Nachlaß, lassen darauf schließen, daß Kutorga schon während seiner Tartuer Periode (1828—1833) ein überzeugter Anhänger der fortschrittlichsten Lehre der zeitgenössischen Geschichtswissenschaft war, der Guizotschen Theorie des Rassen-(Klassen-)Kampfes, und daß er weder damals noch später der Niebuhrschen Methode gehuldigt hat, wie dies ohne hinlängliche Begründung in der Literatur über Kutorga behauptet wird (S. 27ff. und 31ff. der referierten Arbeit). Eine Neuwertung vom marxistischen Standpunkt erfährt auch der reaktionäre Neuhumanismus (S. 15fF.), der von einigen Universitätsprofeasoren (Blum und anderen) dazu benutzt wurde, um auf Kutorga einen Druck auszuüben. Kutorgas 1832 in lateinischer Sprache abgefaßte Dissertation „De antiquis tribubus atticis" (S. 24£f.) war das erste Teilstück seiner jahrzehntelangen Untersuchungen über die attischen Phylen und über die Entstehung der Klassen in Athen 1 ), das seine Theorie des ') Darunter die wichtigsten: KoJiena h cocjtobhh arnwecMie [Die Phylen und die gesellschaftlichen Stände in Athen] (1838) ; Beiträge zur Erklärung der vier ältesten Phylen, Bulletin de la classe historico-philologique de l'Académie des Sciences de St.-Petersbourg 8/1851/87-96.

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Klassenkampfes in der Geschichte des Alten Griechenlands begründete. Der Dissertation war eine in der Literatur bisher unbekannte bedeutende Forschungsarbeit über das trojanische Reich voraufgegangen (S. I8ff.). Der Verfasser weist nach (S. 29,32ff.), daß sich Kutorga auf seiner Auslandsreise nicht mit der Erforschung der Lehre und Methode Niebuhrs befaßt hat, wie dies fälschlich behauptet wird, sondern daß er mit großer Sorgfalt und Ausdauer in Berlin sowie kürzere Zeit auch in den Wiener und Münchener Bibliotheken an seiner Abhandlung über die Entwicklung der germanischen Stämme 1 ) gearbeitet hat, womit durch historische Vergleichung eine Grundlage zur Anwendung der Theorie des Klassenkampfes auf Fragen der Geschichte Athens geschaffen wurde. Der Schlußteil des Aufsatzes (S. 36f.) behandelt den Aufstieg Kutorgas zum Begründer der Geschichte des Alten Griechenlands und Roms in Rußland und erwähnt einen in der Literatur bisher unbekannten Konflikt Kutorgas mit Reaktionären der Wissenschaft aus Anlaß seiner Bewerbung um die Würde eines Akademiemitgliedes. Tadeusz Sinko, Mickiewicz 1 antyk [Mickiewicz und die Antike], Wroclaw-Kraków 1957, 539 S. Diese Monographie entstand anläßlich des Mickiewiczjahres, das nicht nur in Polen, sondern auch im Ausland auf Anregung des PEN-Clubs im Jahre 1955, dem 100. Todesjahr des größten polnischen Dichters, gefeiert wurde. E s wurde eine wissenschaftliche Kommission zur Vorbereitung dieser Feierlichkeiten von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau gebildet. Ich habe diese Monographie als eine Jubiläumshuldigung für den Dichter von Seiten der klassischen Philologen in Polen aufgefaßt, weil doch Mickiewicz klassischer Philologe war, der als Lehrer an einer Mittelschule in Kowno seinen Schülern zwei Jahre lang lateinische Autoren erklärte und sie die Geschichte der griechischen und lateinischen Literatur lehrte. Dann hielt er als Professor der lateinischen Literaturgeschichte in Lausanne Vorträge, auch als Professor der slawischen Literaturen behandelte er am Pariser Collège de France vier Jahre lang einzelne slawische, besonders serbische und polnische Dichtungen im Vergleich mit den entsprechenden griechischen und lateinischen Werken. Die Monographie umfaßt neben der Einleitung und dem Schlußteil 13 Kapitel. I n der Einleitung bespreche ich seine fast legendäre Universalität im Vergleich mit der gepriesenen Allseitigkeit Homers und Vergils und gebe eine Übersicht über die bisherigen polnischen Beiträge zu den Themen Mickiewicz-Homer, Mickiewicz-Vergil. Besonders fühle ich mich hier Wactaw Kubacki aus Krakau verpflichtet, der seit dem Jahre 1945 umfangreiches Material über das Verhältnis des jungen Mickiewicz zu den europäischen Literaturströmungen gesammelt hat, sowie Stephan ¿ólkiewski, dessen „Streit um Mickiewicz" (1952), auf der Grundlage des historischen und dialektischen Materialismus geschrieben, über Mickiewiczs Verbindungen zu den damaligen politischen und revolutionären Strömungen in Litauen und Rußland belehrt hat. Kapitel 1 ist überschrieben „ I n Nowogródek und im Elternhaus". IIoJiHTHiecKoe ycTpoöCTBo repinaimeB litische Ordnung der Germanen], 1837.

[Die po-

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B1BLI0THECA CLASSICA O R I E N T A L I S 6. Jahrgang - 1961 - Heft 1

Kapitel 2, „ I n der Dominikanermittelschule in Nowogrödek", rekonstruiere ich auf Grund der Zeugnisnoten des Dichters in der lateinischen Schullektüre, im lateinischen Aufsatz und im Abfassen von lateinischen Gedichten. Es beleuchtet Mickiewiczs Pflichten als des sogenannten Direktors, dessen Obhut die schwachen Schüler reicher Eltern von den Schulbehörden anvertraut wurden, und der von diesen Behörden als eine Art Beamter bezahlt wurde. Zur Übernahme solcher Pflichten war der dreizehnjährige Schüler durch den Tod des völlig verschuldeten Vaters gezwungen. Die Rekonstruktion des ersten, in Abschriften umlaufenden Gedichtes von Mickiewicz: „Auf den Brand von Nowogrödek" und seine Versiflzierung des Romans von Florian „ N u m a Pompilius" auf Grund der polnischen Übersetzung von Stanislaus Staszic bilden den Abschluß des 2. Kapitels. Kapitel 3—4, „Die Universitätsstudien in Wilno", hat zum Gegenstand die Vorlesungen von G. E . Groddeck, eines Schülers von C. G. Heyne, und Groddecks Publikationen. Es enthält die Rekonstruktion der Magisterarbeit von Mickiewicz und bespricht den Einfluß, den zwei ältere Schüler Groddecks, Prof. L. Borowski und Joachim Lelewel, auf den Dichter ausübten. Das Kapitel 4 ist überschrieben „Selbstbildung unter den Philomathen" und berichtet über zwei satirische Artikel von Mickiewicz, die f ü r eine freimaurerische Zeitschrift in Wilno bestimmt waren, über mehrere Gelegenheitsgedichte Mickiewiczs, Czeczots und Zans, und über die Paraphrasen frivoler Erzählungen von Voltaire. Ausführlicher wird das heroisch-komische Gedicht „Kartoffel" mit der Prophezeiung von der Entdeckung Amerikas als des Landes der Freiheit untersucht. Parallel zu diesen Gedichten laufen des Dichters „Ästhetische und philosophische Studien" (Kapitel 5), Vorträge, die auf den Sitzungen der Philomathischen Gesellschaft vorgelesen oder vorgelegt wurden. Kapitel 6 behandelt Vorbilder Mickiewiczs aus der antiken Literatur. I m Zusammenhang mit Pindars Lobpreisungen von Dirke als seiner heimatlichen Quelle und Ismenos als seines heimatlichen Flusses schrieb Mickiewicz sein frühestes Sonett an den Njemen. Seine polnischen Nachahmer werden charakterisiert. Es folgen die antiken Motive in Mickiewiczs Gedicht „Über das WarcabenSpiel" und in dem Gedicht an Lelewel. Die Verbindung von klassischen mit romantischen Motiven gibt Anlaß, über die Antike bei anderen großen europäischen Dichtern (Keats, Shelley, Byron, Goethe, Schiller) und über die Gesetze der Inspiration zu sprechen. Auf Grund dieser Erkenntnisse wird im 7. Kapitel die berühmte „Ode an die J u g e n d " im Verhältnis zu ihrem Pindarischen Vorbild kritisch analysiert und erklärt. - Sie war usprünglich f ü r einen Almanach mit dem Titel „ H e b e " bestimmt, wurde jedoch aus Furcht vor der Zensur nicht gedruckt. Es werden Zusammenhänge mit der klassizistischen Poesie und der Praxis der klassizistischen Odographen in Warschau nachgewiesen und Reminiszenzen an diese Odographen angegeben wie auch Spuren von Pindar, Cebes, Archimedes und besonders von Schiller aufgedeckt. Über die Aufnahme dieser Ode bei den Philomathen und dann beim Warschauer Aufstand im Jahre 1830 wird gesprochen. I m Kapitel8 („Antike Echos in 'Grazyna', u n d i n d e r 'Ahnenfeier' Teil 1, 2 und 4") werden die antiken Spuren der unter diesem Titel angeführten Gedichte verfolgt, es

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wird speziell das Narzissus-Motiv behandelt, das antike Thema in der,,Ballade von Switezianka", einer litauischen Wassernymphe, entdeckt. Wir geben Erläuterungen zu Mickiewiczs Anschauungen über die klassische griechische Dichtung im Perikleischen Zeitalter, über die gelehrte Poesie der Alexandriner und über die klassische Literaturtradition in der französischen Literatur des 17. Jahrhunderts, wie sie in der Vorrede zu den Balladen und Romanzen und in der Vorrede der Petersburger Ausgabe der Gedichte („An die Warschauer Kritiker und Rezensenten") von ihm dargelegt wurden. Kapitel 9 ist überschrieben „Die Echos der Antike bei dem Verbannten in Rußland" und enthält Ausführungen über Mickiewiczs Übersetzungen der Gedichte Goethes und Byrons, über die 'Krimsonette', dann über die daktylischen Hexameter in der Erzählung Weidelots (in „Konrad Wallenrod"), endlich über die Darstellung des Mark Aurel in dem Gedicht „Das Monument Peters des Großen". Kapitel 10, „Der Tourist in Italien, der Gast in der Provinz Posen und der Emigrant in Dresden", gipfelt in der neuen Erklärung der Großen Improvisation Konrads im 3. Teil der Ahnenfeier. Am Ende werden antike Motive in den „Büchern der polnischen Emigration und des polnischen Volkes" behandelt. Das Kapitel 11, „ P a n Tadeusz", bildet eine Monographie über die Entstehung dieser nationalen Epopöe, die aus einem Familienroman (vgl. Walter Scott) zu einem homerischen Epos gewachsen ist. Mickiewicz nennt in den Briefen an seine Freunde seine „Geschichte des Adels" ein Dorf- oder ein idyllisches Poem und einmal (an Odyniec) ein Poem in der Art von „Hermann und Dorothea". Dieser Hinweis ist bisher falsch aufgefaßt worden. Ich sehe die Ähnlichkeit darin, daß, wie Goethe seine Kleinbürger im homerischen Stil besungen hat und sie durch Anlehnung an die große französische Revolution wachsen ließ, so Mickiewicz seine Helden aus dem niedrigen Adel homerisch stilisierte und sie in der napoleonischen Epopöe wachsen ließ; beide Dichter taten dies mit Humor. I m Verlauf der Erzählung f ü h r t Mickiewicz einen Vers von Trembecki an, einen anderen von Godebski und aus dem Mund des Mönches Robak einige gereimte Phrasen von dem Jesuiten Joseph Baka aus dem 18. Jahrhundert. Noch größere Ehre erwies er seinem ehemaligen Gegner Franz Xavier Dmochowski, indem er drei Verspaare aus seiner Iliasübersetzung in seine Epopöe eingeführt hat. Außer diesen Huldigungszitaten benutzt er öffentlich „Vergils Anregungen" und führt Telimene als eine neue Dido ein und vergleicht seine Pilzsammler mit den elysäischen Schatten Vergils. In den Gleichnissen ergänzt er sein Bild des täglichen Lebens so wie Homer in seinen Bildern, die Hephaistos auf Achills Schild dargestellt hat. E r vergißt auch nicht die Wolfsche Hypothese von der kollektiven Entstehung der Homerischen Gesänge. Das 12. Kapitel ist betitelt „Vorlesungen über lateinische Literatur in Lausanne" und basiert auf Entdeckungen von Georg Kowalski. Das letzte Kapitel „Vorlesungen über slawische Literatur am Pariser Collège de France" sammelt die dort vorgelegten Analogien aus der griechischen und römischen Literatur. Sie sind so zahlreich, daß sie die Hauptschriftsteller beider Literaturen umfassen und manche Polemik mit anderen Auffassungen enthalten. Es wird dabei festgestellt, daß Mickiewicz als Schüler von Groddeck, Borowski und Lelewel die klassische Philologie als eine historische Disziplin auffaßte, die sich nicht mit Erklärung und kritischer Edition

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BIBLIOTHECA CLASSICA ORIENTALIS 6. J a h r g a n g - 1961 - H e f t 1

der Texte begnügt, sondern die antike Kultur in allen Erscheinungen zu erkennen bestrebt ist. Groddeok hat zwar nach alten Vorbildern das private und öffentliche Leben der Griechen und Römer als sogenannte Realien behandelt, stand aber auch unter dem Einfluß von August Böckhs „Staatshaushalt der Athener". Dem Beispiele Groddecks folgend, hat Mickiewicz schon in seinen Vorträgen in Lausanne und noch mehr in den Pariser Kursen der slawischen Literaturen das ganze materielle und geistige Leben der Völker als die Grundlage der Literatur behandelt. Die Unmöglichkeit der Wiederholung der antiken Kunst der Griechen in unserer Zeit hat er dadurch erklärt, daß ihm diese ein Produkt des gesamten Lebens der Griechen gewesen ist.

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Am Schluß der Monographie werden ein unvollendetes, für die Kinder des Dichters geschriebenes Märchen unter dem Titel „Der König Bobo und seine Tochter Lala" auf Grund des Märchens von Apuleius (Amor und Psyche) ergänzt, die lateinische Ode „In Bomarsundum Captum" im Zusammenhang mit einer Schulaufgabe seines ältesten Sohnes erläutert, Mickiewiczs Anfang einer lateinischen Ubersetzung in Hexametern der „Zofijöwka" von Trembecki wie auch seine lateinischen Grabinschriften in Erinnerung gebracht und ein lateinischer Brief an den Dichter als Bibliothekar am Arsenal in Paris erklärt. Es sind lateinische Spiele des alternden Philologen, dem die heutigen klassischen Philologen in Polen ihre Huldigung als ihrem Patron darbringen.

H e r a u s g e b e r : I n s t i t u t f ü r griechisch-römische A l t e r t u m s k u n d e bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Verantwortlich f ü r den I n h a l t : Prof. Dr. J o h a n n e s Irmscher, Berlin. R e d a k t i o n : Berlin W 8 , Otto-Nuschke-Str. 22/23, Fernsprecher 2004 81, A p p a r a t 335. Verlag: AkademieVerlag G m b H , Berlin W 8 , Leipziger S t r a ß e 3/4, Fernsprecher 2 2 0 4 4 1 , Telex-Nr. 011773, P o s t s c h e c k k o n t o : Berlin 35021. Bestellnummer dieses H e f t e s : 1048/6/1. Die „Bibliotheca classica orientalis" erscheint zweimonatlich. Bezugspreis j e H e f t DM 4 , - . Satz, Druck und B i n d u n g : IV/2/14 V E B W e r k d r u c k Gräfenhainichen - 573. Veröffentlicht u n t e r der L i z e n z n u m m e r ZLN 5380 des Ministeriums f ü r K u l t u r , H a u p t v e r w a l t u n g Verlagswesen. P r i n t e d in Germany

HANS-JOACHIM D I E S N E R

Griechische Tyrannis und griechische Tyrannen (Lebendiges Altertum, Band 2) 1960. 48 Seiten -

gr. 8» - DM 2,80 I n dem zweiten Band der populärwissenschaftlichen Reihe beschäftigt sich der Verfasser mit der Tyrannis, die eine bestimmte Herrschaftsform des alten Griechenland darstellt, und einigen ihrer bekanntesten Vertreter in verschiedenen Stadtstaaten. E r geht der Bedeutung und dem Ursprung des W o r t e s Tyrannis nach, das bis zu unserer Zeit einen mehrfachen Bedeutungswandel erfahren hat. Dabei wird der progressive Charakter verschiedener Tyrannen herausgestellt und ihre positive Rolle bei der Vorbereitung der nachfolgenden Sklavenhalterdemokratien hervorgehoben.

WOLFGANG SEYFARTH

Neue sowjetische Beiträge zu einigen Problemen der alten Geschichte Das Problem der Bagauden und die Frage der freien Lohnarbeit in neuem Lichte (Lebendiges Altertum, Band 3) 1960. 22 Seiten -

gr. 8° - DM 1,80 Der Verfasser behandelt in diesem Band zwei Probleme der späten römischen Kaiserzeit, die in den letzten beiden Jahrzehnten die sowjetischen Historiker stark beschäftigt h a b e n : das Problem der Bagauden, wie die Aufständischen im Gallien des dritten und vierten J a h r hunderts genannt werden, und das Problem der freien Lohnarbeit innerhalb der Sklavenhaltergesellschaft. E r untersucht die soziale Lage und die Zugehörigkeit der Aufständischen zn den verschiedenen Schichten des niedrigen Volkes, und legt an H a n d des zweiten Problems dar, wie veraltete Ansichten in freimütiger Diskussion überwunden und berichtigt werden. Das Anliegen der Schrift ist es, an H a n d der beiden Probleme zu zeigen, welche Entwicklung die sowjetische Geschichtswissenschaft in der genannten Zeitspanne genommen hat.

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Römische Literatur der Augusteischen Zeit Eine Aufsatzsammlung besorgt von Prof. Dr. Johannes Irmscher und Prof. Dr. Kazimierz Kumaniecki (Schriften der Sektion für Altertumswissenschaft bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Heft 22) 1960. VI, 67 Seiten - gr. 8» - DM 9,80 In diesem Band haben Gelehrte aus mehreren Ländern ihre Diskussionsbeiträge veröffentlicht, die sie anläßlich der ersten Arbeitstagung zur Förderung der klassischen Studien in den sozialistischen Staaten in Erfurt gehalten haben. Die Beiträge gehen auf die klassische Periode der römischen Dichtkunst in der Zeit des Augustus ein. Allein vier Aufsätze beschäftigen sich mit Horaz, daneben sind Vergil und die Elegiker berücksichtigt. In größeren Überblicken werden die sibyllinischen Orakel in der augusteischen Dichtung sowie der Bergbau als literarisches Motiv bei den römischen Dichtern dargestellt. Die Verbindung von aktueller Einzelforschung mit Erörterungen grundsätzlicher Art verleiht der Sammlung ihre bleibende Bedeutung. STAMATIA KRAWCZYNSK1

O nOYÄOAOWS

(Der Pulologos)

Kritische Textausgabe mit Übersetzung sowie sprachlichen und sachlichen Erläuterungen (Berliner Byzantinistische Arbeiten, Band 22) 1960. XIX, 166 Seiten - gr. 8» - DM 3 8 Das frühneugriechische Versepos „Der Pulologos", das derbhumorvoll den auf einer Vogelhochzeit ausgebrochenen Rangstreit der geladenen Vogel-Gäste schildert, gehört in die Reihe der recht zahlreichen mittelalterlichen Tierepen, in denen in satirischer Form bestehende Mißstände kritisiert werden und die so äußerst interessante kulturhistorische Fakten vermitteln. Die vorliegende kritische Ausgabe wurde von der Dölger-Schülerin Stamatia Krawczynski besorgt und durch die Beigabe einer deutschen Übersetzung, eines Wort-, Sach- und grammatischen Kommentars sowie eines Wortindex auch einem weiteren Benutzerkreis zugänglich gemacht. GRZEORZ L. SEIDLER

Soziale Ideen in Byzanz (Berliner Byzantinistische Arbeiten, Band 24) 1960. 70 Seiten - gr. 8° - DM 9 , Der Verfasser behandelt hier, als ein Teilergebnis seiner umfassenden Studien zur Geschichte der politischen Doktrinen, deren Entwicklung im byzantinischen Reich. Die Darstellung ist leicht verständlich geschrieben und geht in ihrer Methode und der marxistischen Interpretation des Materials neue Wege.

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