Betrachtungen und Erfahrungen über den Krieg und dessen Führung: Teil 1 Von den großen Operationen [Reprint 2018 ed.] 9783111514215, 9783111146461


160 107 22MB

German Pages 378 [380] Year 1830

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichniß
Einleitung
Erstes Buch. Von den grossen Operationen
Erster Abschnitt. Betrachtungen
Zweiler Abschnitt. Erfahrungen
Recommend Papers

Betrachtungen und Erfahrungen über den Krieg und dessen Führung: Teil 1 Von den großen Operationen [Reprint 2018 ed.]
 9783111514215, 9783111146461

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Betrachtungen und Erfahrungen über

d e n

K r i e g und

dessen

Führung.

Von A u g it s t

Wagner,

Major tili Künigl· Preufsischen Generalstabe,

Erster

Theil

Von den g r o f s e n

Berlin, Gedruckt

und

Operationen.

1830. verlegt

b e î G. R e i m e r .

Seiner Königlichen Hoheit dem

Prinzen

Albrecht von Preufsen

ehrfurchtsvoll

zugeeignet.

V o r w o r t .

D a » gegenwärtige Werk ist als ein Stoff zum weitem Nachdenken anznsehn. Die Kriegskunst hat unendlich viel Seiten, und ein Soldat kann die Zeit der Ruhe nicht besser anwenden, als sich damit möglichst vertraut zu machen. Wenn Erfahrungen den Feldherrn bilden, so darf er die, welche andre vor ihm gemacht haben, nicht vernachlässigen; sie sind die beste Vorbereitung für die eignen. Diese Wahrheit erzeugte den Gedanken, die Operationen grolser Feldherrn sowohl als ihre Schlachten neben einander zu stellen, um dadurch das Studium der Kriegsgeschichte zu erleichtern, und dem vergleichenden Urtheile der Leser auf diese Weise entgegenzukommen. Es ist die Absicht, durch das lebendige Beispiel zu zeigen, wie die verschiedenen Chancen, sowohl die, auf wclchc man gerechnet hat, als die,

VI

welohe der Zufall herbeiführt, auf die Operationen und Bewegungen vor, in und nach der Scldacht einwirken, und wie die einen die andern oft paralysiren, neutralisiren, aufheben, oder auch sie unterstützen und ihnen zu Hilfe kommen. Die Ausübung ist nicht, wie es viele fälschlich wähnen, der Gegensatz der Theorie, sondern die Erläuterung derselben, und eine Theorie, welche durch die Erfahrung widerlegt wird, ist keine, oder eine fehlerhafte. Der Verfasser hat geglaubt die Ideen liinzufügen zu dürfen, auf welche diese Arbeit ihn gelbst geführt hat. Möge ein Jeder dieselben mit seinen eignen Erfahrungen und Ansichten vergleichen, und nach dem ihm angebornen Scharfsinn berichtigen! Berlin, im Decomber 1829.

Inhaltsverzcichnifs, Seile

Vorwort. Einleitung

.

E r s t e »

Β ti c Ii.

Y o n den g r o f s e n O p e r a t i o n e n

Erster

.

.

.

.

XV. XVI. XVII. XVIII. XIX. XX.

11

Abschnitt.

Betrachtungen I. Di» Strategie II. III. Hauptoperationsobjecte IV. Operationsplan V. Active und passive Operationsobjecle V I . Terrain VII. Feste Punkte; feste Plätze VIII· IX. X. XI. XII. XIII. XIV·

1

11 11 13.15. IG . 19 21 22

.

Festungssystem DefensMinie Operationsbasis Operationslinien Die Offensive Grundlage eines Ofiensivplans . . . . Noch einige dahin gehörige Wahrheiten . Die Hauptschlacht Die Verfolgung . . Ueberseeische Operationen Die Defensive Der Rückzug Der Feldherr

. .

.

. .

.

. .

.

23 27 29 30 33 36 47 53 60 G4 68 8G 90

Vili

Zweiter

Seite

Abschnitt.

Erfahrungen

103

Die Feldzüge Gustav Adolfs

108

Wallenstein

126

Die Feldiüge des Prinzen von Conde und des Marschalls ,

129

Die Feldzüge des Marschalls von Luxemburg in Flandern

Türenne

169

Die Feldzuge des Prinzen Eugen von Savoyen Die Feldzuge des Herzogs von Marlborough

;

.

.

198

.

,

223

.

263

.

273

Die letzten Feldzüge des Prinzen Eugen im spanischen Successionskriege

256

Die Feldzuge des Marschalls von Sachsen in Flandern Einige Bemerkungen über das Kriegssystera Friedrichs II· und seine Feldzüge E i n i g e F e l d z ü g e aus den n e u e r n

Kriegen.

Der Feldzug des Herzogs von Braunschweig im Jahre 1793

298

Der Feldzug in Deutschland 1796

310

Der Winlerfeldzug in Graubündten 1800

.

Der Feldzug in Preufsen 1807

f

.

. .

. i

336

327

:

,

.

·

358

Der Feldzug in Rufsland 1812 Der FelJtug in Frankreich 1814

345 .

E

D e r

i

Krieg ist

n

l

e

i

t

u

n

g

.

der Trozefs unler den Völkern,

die

Schlachten vertreten die Stelle der Beweismittel, und der Friedensschlufs ist das Endurtheil, die res judicata,

welche

nebst den Verträgen und Gewohnheiten die Rechtsverhältnisse unter den Staaten begründet. Kriege wird es gehen, so lange es Nationen giebt, die neben einander wohnen, die in ihren Ansichten, Meinungen und in ihrer Denkungsart von einander abweichen, die von verschiedenen L e i denschaften beherrscht w e r d e n ,

die ein ungleiches I n t e r -

esse haben, und die nicht immer geneigt s i n d , aus Liebe zum Frieden aufzuopfern.

dasselbe

E s ist w o h l manch-

mal die Meinung ausgesprochen worden, dafs ein jeder Krieg sich verhindern oder wenigstens vermeiden lasse, allein in moralischer Hinsicht ist eine solche Behauptung vermessen, und in intellectueller widersinnig.

So w i e

es im Privatleben wirklich streitige Gegenstände giebt, die blos durch den Ausspruch ciucs Tribunals

beseitigt

werden können, so treten in der politischen W e l t V e r wickelungen ein, welche nur das Schwert zu lösen v e r mag.

Man kann sagen, dafs in einem solchen Falle der

irngier iil>. ü. Kri- I. Ί Ii.

A

2 K r i e g gerecht s e y ,

u n d das w ä r e

zugleich e i n e r v o n

nen Sülzen p o l i t i s c h e r Moral, •welche, w e i l sie sich den S t a n d p u n k t

der

gewöhnlichen Moral

ganz aligeleugnet w o r d e n

ist.

welche

manchmal

der H a n d d u r c h g e s e t z t w e r d e n D e r K a m p f liegt ist e r

mit

und mit

den "Waffen

in

müssen.

inlellecluellen

K r ä f t e n und F ä l l i g k e i t e n a u s g e r ü s t e t . so

daraus e n t s t e -

in der Natur des M e n s c h e n ;

moralischen,

Streit g e r a t h e n ,

häufig

Die Staaten haben R e c h t e

und Verpflichtungen gegen e i n a n d e r , llen A n s p r ü c h e ,

erhellt,

jeüber

vereinigen

sich

und

"Wenn Nationen in die K r a l l e der

zelnen zu e i n e m G a n z e n , und das ist die A r m e e . m a n n w e i s aus der G e s c h i c h t e ,

wie

dazu

physischen Ein-

Jeder-

diese zuerst iu

ro-

h e n M a s s e n b e s t a n d , und sich nach und nach zu g e r e g e l ten H a u f e n a u s b i l d e t e ,

wie

die Erfindung

und

Vervoll-

k o m m n u n g der "Waffen i h r e K r ä f t e e r h ö h t e und fachte,

wie

wickelte,

endlich

welche

die E r f a h r u n g

die

erste

verviel-

gewisse Regeln

Grundlage

der

b i l d e t e n , die nach und nach sich zu der S t u f e von k o m m e n h e i t e r h o b e n hat, w o w i r sie jetzt E i n e A r m e e in Menschen,

Waffen,

Voll-

erblicken.

ihrer Zusammensetzung Pferden

ent-

Kriegskunst

b e s i e h t aus

o d e r andern für den K r i e g

b r a u c h b a r e n T h i e r e n , und das sind in dieser engen V e r b i n dung die S i r e i t k r ä f t e

einer Nation, dahingegen W a f f e n

uud T h i e r e f ü r s i c h , so w i e L e b e n s m i t l e i , K l e i d u n g s - und Ausrüstungsgegenstände besser S t r e i ( m i t t e l

zu n e n n e n

seyn m ö c h t e n , um die lebendige K r a f t von der todten ihr u n tergeordneten M a t e r i e

?u u n t e r s c h e i d e n .

selbst sind e n t w e d e r a c t i v e ,

Die

Streitkräfle

oder r u h e n d e ;

der I d e e

nach w ü r d e n die l e t z t e m zu den S l r e i t i n i l t e l n gerechnet w e r den m ü s s e n .

I n ihrer O r g a n i s a t i o n e r s c h e i n e n die S t r e i t -

k r ä f l e als drei v e r s c h i e d e n e W a f f e n g a t t u n g e n , von

denen

e i n e jede, s o w o h l in sich selbst als in B e z i e h u n g a u f d i e

3 Fläche,

worauf sie gebraucht w e r d e n ,

das T e r r a i n , uud

die darauf von der N a t u r o d e r des Menschen H a n d

her-

v o r g e b r a c h t e n Ungleichheiten, i h r e besondern E i g e n t ü m lichkeiten hat, die sich bei der verschiedenen A n w e n d u n g derselben aufserii. D i e Streitkräfle sind frei und ungebunden, die Streitinittel hängen an G r u n d u n d . B o d e n , an d e m L a n d e ; die S t r e i t k r ä f t e dienen zu F ü h r u n g d e s Kriegs, die Streitmitl e l , jene zu u n t e r h a l t e n , Streitkräfte e n t w a f f n e t u n d

die gänzliche Zerstörung aller m a c h t d e m K r i e g e auf der

Stelle ein E n d e , die E n t z i e h u n g

der Strcilmittel

lähint

j e n e , u n d f ü h r t d a h e r w o h l zu demselben R e s u l t a t e , j e doch auf längerem "Wege.

O l i n e den Besitz eines a n g e -

messenen L a n d e s , w e l c h e s die Streilinittel erzeugt, k a n n ISiemand K r i e g f ü h r e n , w e i l der Abgang bald

zwingen

würde,

derselben ihn

die W a f f e n niederzulegen.

Ein

faktischer Besitz aber ist hinreichend. D e r p o l i t i s c h e Z w e c k eines jeden K r i e g s ist, seineu W i l l e n mit den W a f f e n in der l l a n d durchzusetzen, der m i l i t ä r i s c h e ,

die möglichst schnelle

oder W e g n a h m e

feindlichen Sireitkräfte und Streil-

der

Zerstörung

inittel, die gänzliche V e r n i c h t u n g seiner W i d e r s t a n d e s l a h i g k e i t , unter möglichster eigenen K r ä f t e u n d M i t t e l , sie liefert.

J e n e s erzeugt

Erhaltung

und Schonung der

so w i e des L a n d e s , welches den A n g r i f f , dieses die V e r -

teidigung. Der Z w e c k d e r K r i e g s k u n s t

i s t , ein L a n d nicht

nur in seinem ganzen U m f a n g e widerstandsfähig zu m a chen,

und

es gegen

alle feindseligen

Unternehmungen

sicher zu stellen, sondern auch dessen Sireilkräfte zu e i n e m organischen G a n z e n zu vereinigen, uud dem militärischen Z w e c k e des K r i e g e s zur V e r t e i d i g u n g

g e m ä f s , z u m Angriff

anzuwenden.

.Man k ö n n t e daher Λ J

und sa-

4 gen, sie sejr die K u n s t , die siimmtlichen S t r e i t k r ä f t e u n d Su-eitmUlel e i n e s L a n d e s

f ü r den

Zweck

des Krieges

einzurichten u n d zu g e b r a u c h e n . D r e K r i e g s k u n s t fängt b e i der D r e s s u r des Mannes an, u n d hört mit d e r B e s i t z n a h m e

des feindlichen L a n -

des u n d d e r Z e r s t ö r u n g aller demselben dienenden Streit— kriiltβ auf.

U m d e n z w i s c h e n diesen beiden E n d p u n k t e n

liegenden w e i t e n R a u m besser ins A u g e zu fassen, ist es liüthig g e w e s e n ,

denselben

die K r i e g s k u n s t

in

in T h e i l e zu

verschiedene

Zweige

zerlegen,

und

abzusondern.

D i e n i e d e r e o d e r E l e m e η t a r t a c t i k begreift die A b lichtung und A u s r ü s t u n g des Mannes, oder v i e l m e h r des bewaffneten Mannes,

des S o l d a t e n , u n d

des Ufenles *)

f ü r das Gefecht, die Organisation k l e i n e r e r und gröfserer Ilaul'en z u m Gefecht, nach der Verschiedenheit ihrer B e w a f f n u n g , die nun den N a m e n T r u p p e b e k o m m e n , u n d endlich

die A u s b i l d u n g dieser T r u p p e z u m Angriff u n d

zur V e r t h e i d i g u n g , jede nach der E i g e n t ü m l i c h k e i t ihrer Waffe. —

Die

höhere

einer jeden W a f f e n n r t auf

Tactik

umfafst den Gebrauch

das T e r r a i n a n g e w e n d e t ,

die

Z u s a m m e n s e t z u n g der verschiedenen W a f f e n a r t e n zu Corps und Armeen,

die U n t e r h a l t u n g ,

Aufslellung und B e w e -

g u n g derselben in allen kriegerischen Gelegenheiten, u n d zuletzt i h r e n zweckmäl'sigen

Gebrauch

im Gefecht,

in

B e z u g auf die wechselseitige Unterstützung der W a f f e n , auf das T e r r a i n , Anstallen,

und seine

m i t B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r , beiden A r m e e n e i -

gentümlichen ten. —

die A u f s t e l l u n g des Feindes

moralischen

und

iutellectuellen

Fähigkei-

Eudlich alle A n s t a l t e n , E n t w ü r f e und U n t e r n e h -

m u n g e n , w o d u r c h die K r ä f t e eines L a n d e s f ü r den Z w e c k

*) Es bedarf wohl keiner b e s o n d e r n E r w ä h n u n g , dafs liier Mos \ o n u n s e r n a b e n d l ä n d i s c h - e u r o p ä i s c h e n A r m e e n die Hede ist.

5 îles K r i e g e s in Thätigkeit

gesetzt w e r d e n ,

oline gerade

das Gefecht unmittelbar z u m Gegenstande zu l i a b e u , g e hören in

das Gebiet der S t r a t e g i e .



Zwei

ganz

abgesonderte Z w e i g e der K r i e g s k u n s t sind : 1) die G e gaininlheit der auf dem

Terrain

z u m Angriff uud

zur

Vertheidigung gebrauchten künstlichen Mittel, die F ο ΓΙ i f i c a t i o n , und der damit verknüpfte F e s t u n g s k r i e g ; 2 ) die Technik der W a f f e n , die

Artillerie.

D i e höhere Tactik und die Strategie sind in m e h r e ren Theilen s o eng mit

einander v e r b u n d e n , dafs m a n

eie nur in der Idee zu trennen v e r m a g .

D a s D a s e y n der

Strategie wird allgemein gefühlt, aber keiue der bekannten Sprachen hat A u s d r ü c k e a u f z u w e i s e n , sen

derselben

mit Bestimmtheit und

bezeichnen, und darin liegen

u m das "We-

unterscheidend zu

die eigentlichen S c h w i e r i g -

keiten einer treffenden Definition.

Alan mufs sich daher

begnügen, den Unterschied zwischen diesen beiden w i c h tigen Z w e i g e n anzugeben.

der K r i e g s k u n s t mit möglichster Schärfe

W e n n die A r m e e in B e w e g u u g gesetzt w e r -

den s o l l , um sie gegen den Feind zu f ü h r e n , und

die

höhere Tactik darauf zu sehen hai, dafs dieselbe auf die leichteste Art aus der JVIarschordnung in die Schlachtordnung übergehen kann, so schreibt die Strategie, den m i litärischen Z w e c k des K r i e g e s im A u g e h a b e n d , ihr die AVege vor, die sie einzuschlagen hat, die

Operations-

1 i η i e u ; wenn jene eine Stellung aussucht, die die A r m e e mit Sicherheit bezieben k a n n , w o sie die nölhigeu Bedürfnisse, und in dem Terrain die Vortheile findet, die ihren o f - oder defensiven Z w e c k b e g ü n s t i g e n , ihr diese die G e g e n d e n , sucht werden

ì n u f s , mit Bezeichnung Basen

zeigt

der strategischen

V o r - uud Nachtheile derselbeu (in B e z u g der beiderseitigen

so

w o eine solche Stellung a u f g e auf die l l p g e

und Operationsobjecle);

wenn

G endlich jene die V o r b e r e i t u n g e n z u m Angriff des F e i n d e s so trifft, dais das T e r r a i n gehurig b e n u t z t w i r d , d i e W o l fen sich wechselseitig linterstützen, und alle K r ä f t e z w e c k mnfsig entwickelt w e r d e n , so m a c h t ihr diese den P u n k t in der feindlichen Schlnchtlinie

bemerkbar,

von

dessen

Besitz die Erreichung des militärischen K r i e g s z w e c k s allein, oder vorzüglich abhängt, den s t r a t e g i s c h e n g r il l's

u η k t,

und

wenn

dies

erlangt

A n-

und der

Feiud

geschlagen ist, zeigt sie d e n V e r f o l g e r n die W e g e ,

wel-

che zu der vollständigsten B e n u t z u n g des Sieges f ü h r e n . Dies lälst

sich auch

marschirt,

so

ruht,

zusammenfassen.

schlägt;

Die

Armee

w i e sie m a r s c h i r t ,

wie

sie ruht, w i e sie s d i l ä g t , das b e s t i m m t die h ö h e r e T a c tik, aber w o und w o h i n sie m a r s c h i r t , w o sie r u h t ,

wo

sie schlägt, d. h . w o sie angreift und sich zu v e r t h e i d i gen hat, das ist das Geschäft (1er Strategie. Die Strategie hat aber auch indem sie den

ein ihr eigenes Gebiet,

g a n z e n Verllieidigungsplan

eines L a u d e s

e n t w i r f t , die zwerkmiifsige V e r s a m m l u n g u n d Aufstellung der Slreiikiüfle anzeigt, die A n l e g u n g der Magazine und Depots b e s t i m m t , nien

die

zu

auffindet (die Ii isis

befestigenden T u n k t e u n d L i und die

Verteidigungslinien),

und don Operationsplan eines Feldzugs

oder des ganzen

K r i e g s angiebt. Die Offensive beabsichtigt

die Z e r s t ö r u n g der f e i n d -

lichen Streitkräfte, die D e f e n s i v e die E r h a l t u n g der eignen. Sie sind beide auf das e n g s t e v e r b u n d e n ; getrennt w ü r d e das eine die grölst e V e r w e g e n h e i t , das a n d e r e die gröfste Zaghaftigkeit anzeigen. Die K r i e g f ü h r u n g ist eine K u n s t , die mit allen ü b r i gen K ü n s t e n das gemein natürliche A n l a g e n

und

hat,

dafs zu ihrer A u s ü b u n g

Fertigkeiten,

Genie,

gehören;

w ä r e sie eine W i s s e n s c h a f t , so m ü f s t e m a n sie in l ' r o -

7 Meinen, Theoremen und Corollarieu ren können.

darstellen und leh-

Indessen läfst es sich nicht leugnen, dafs

die Kriegskunst

gewisse

wissenschaftliche

Seiten

hat,

welche besonders bei der Strategie hervortreten, in solera dieselbe nämlich sich mit der Aufstellung und Bew e g u n g der Truppen in alleinigem Bezug auf die Basis, die Operationslinien und die Operationsobjecte, ohne alle weitere Anweudung,

beschäftigt.

Diese enthält W a h r -

heiten a priori, die ihr das Ansehn und die Form eiuer Wissenschaft geben. D e r Feldherr gleicht einem Künstler, und die Regeln der Kriegskunst sind aus den Thaten grofser und genialer Feldherru abgeleitet.

Es sind Abstrnctionen, die als

solche das Gepräge ihrer Zeit tragen, und sich nach dem jedesmaligen

Stande der militärischen Einsicht und E r -

fahrung richten.

Die Kriegskunst schreitet vorwärts, wie

jede K u n s t , bis sie ihr höchstes Ziel erreicht hat.

So

lange sie im Vorgehen ist, so lange sind die Regeln selbst wandelbar.

Es giebt daher wenig absolute Grund-

sätze, und man mufs sich besonders hüten, frühere Kriegsthalen nach spätem Erfahrungen zu beurtheilen, wie es Napoleon mit Friedrich II. gemacht h a t , der ihn in der zu oberflächlichen Critik seiner Feldzüge mit allen den Hilfsmitteln und Erfahrungen

ausgerüstet

voraussetzt,

welche ihm selbst zu Gebote standen. Diejenigen, welche über die Kriegskunst schreiben, stellen Regeln auf, die sie aus den Erfahrungen der ihnen bekannten Kriege herleiten.

Jeder Feldherr bildet

sich gewisse Grundsätze, die ihm bei seinem Commando zur Richtschnur dienen, und diese beruhen zuerst auf dem Stande der militärischen Kenntnisse, Erfahrungen, und selbst der Vorurtheile seiner Zeit, dann aber auch aul' seinen eigeuen Einsichten un i Talenten.

Ein melilo-

8 d¡scher Kopf bleibt in den Schranken, w e l c h e ihm die Zeit vorschreibt, das Talent schwebt m e h r oder weniger in die Regionen der nächsten Möglichkeit hinüber, nachdem es v o m Glück begünstigt

je

und mit Unterneh-

mungsgeist begabt ist; das Genie bricht sich ungewohnte B a h n e n , und gefällt sich, hoch über das G e w o h n t e und Gewöhnliche empor zu steigen.

Gustav A d o l f , Condé,

Carl X I I . , Friedrich II., Napoleon, selbst Blücher in seiner Art gehören in die Classe der Genie's, Türenne w ü r d e eben dahin zu rechnen s e y n , w e n n er auf dem Throne geboren gewesen w ä r e oder ihm nahe gestanden hätte j Luxemburg, Cntinat, Vendome, Eugen, Marlborough, V i l lars, der Marscball von Sachsen, stehen in der Classe der talentvollen Feldherru ·, den noch lebenden wird die Nachwelt ihren Tlatz anweisen. Man hat den Krieg mit einem Spiel verglichen, und er hat allerdings eine gewisse Aeholichkeit mit allen den Spielen, w o Figuren auf einer Fläche iu Bewegung gesetzt werden, vorzüglich in allem w a s auf die Verschiedenheit in den T a l e n t e n ,

Fälligkeiten und Fertigkeiten

der beiden Gegenspieler Bezug h a t ,

wohin die grölsere

oder geringere Coinbinationsgabe, eine liefere Einsicht in die Natur des Spiels, eine genauere Kenntniis seiner Hegeln, eiue richtige Beurllieilung des Gegners, und nach Befinden selbst eine gröl'sere Aufmerksamkeit zu rechnen sind; dahingegen aber gehen auf der andern Seite die Verschiedenheiten ins Unendliche, und wenn man den Krieg ein Spiel neunen wollte, so w ü r d e es das höchste, das erhabenste seyn,

weil

es nicht nur die gröfste A n -

strengung und die höchste Ausbildung aller geistiger, m o ralischer und physischer Kräfte derer iu Anspruch nimmt, die die Stelle derSpieler vertreten, — der Feldherrn, — sundern auch verhältnil'siuäfsig selbst derer, die anstatt

9 der todlen Figuren mit ihrer lebendigen Kraft zur E i n heit des Spieles mitzuwirken berufen sind. —· Der militärische Zweck eines jeden Krieges, die V e r nichtung der feiudlichen Streitkrnfle, wird auf dem kürzesten W e g e durch eine Hauptschlacht erreicht, demnach

das Ziel

aller Anstrengungen,

aller Bewegungen und Manöver ist.

welche

die Catastrophe

Daher

zerfallt die

Kriegführung i;n G roteen, die eigentliche Kunst des F e l d herrn, in zwei Hauptabteilungen : die Führung der T r u p pen bis zur Schlacht, oder die grofsen Operationen, und die Schlacht selbst.

11

E r s t e s

B u

e Ii.

Von den grofsen Operationen.

Erster B e t

Abschnitt.

r a c h t u η g e il.

I. .Die

Slralegie

lehrt,

wie

man

seine

Sireilkräfte

îiu

Angriff u n d in der V e r t e i d i g u n g in T h ä l i g k e i t zu setzen h a t , u m den militärischen Z w e c k des Kriegs, oder eines F e l d z u g e s , oder auch einer einzelnen Operation mit m ö g lichst g e r i n g e m A u f w a n d an Zeit chen.

und Mitteln zu errei-

D a s , w a s auf die wirkliche Zerstörung der f e i n d -

lichen Streilkrnfle n b z w e c k t , gehört der T a c t i k Eine O p e r a t i o n Unternehmung,

ist jede bedeutende

die mit Rücksicht

an.

kriegerische

auf den H a u p t z w e c k

des K r i e g s ausgeführt w i r d . D a jeder K a m p f

einen Z w e c k

so sollte m a n dafür h a l t e n ,

gehabt haben inufs,

dafs die Slralegie so alt als

die K r i e g e selbst s e y , u n d so ist es auch. zügen,

Allen F e l d -

die auf eine geniale Art g e f ü h r t w u r d e n ,

liegen

12 strategische Ideen zum Grunde ; indessen gehört die Ausbildung der Strategie als Wissenschaft, der neuesten Zeit a n , und das ist ein B e w e i s ,

dafs oft Jahrhunderte ver-

gehen, bevor gewisse Ideen zur Reife kommen, und dafs nicht ein Jeder berufen i s t , diese Reife zu Einen subjectiven Z w e c k

hatte

befördern.

allerdings jeder Krieg,

und diesen suchte man durch wiederholte Angriffe oder A b w e h r u n g derselben

zu erreichen.

Es w a r

Maxime,

mehrere Armeen aufzustellen, die unabhängig von einander und in der Regel ohne Uebereinslimmung ngirten, welches die Chancen v e r m e h r t e ; grofseu Blassen.

ein kleiner Krieg mit

Ein jeder hoffte auf diese "Weise, dafs

sein Gegner am Ende ermattet und erschöpft vom K a m p f plätze alitreten und nachgeben w ü r d e . Dauer der f r ü h e m Kriege.

Daher die lange

Als der sogenannte Pfälzi-

sche K r i e g , am E n d e des siebenzelmlen

Jahrhunderts,

bereits ins sechste Jahr gedauert hatte, fiel es den F r a n zosen,

welche dabei mancherlei l'roben von

und Einsicht abgelegt hatten,

Verstand

erst e i n , dafs sie e t w a s

unternehmen niüfsten, wodurch ihre Gegner zum Frieden gezwungen w ü r d e n ; w a s das aber s e y , waren sie noch nicht weise genug herauszubringen, und doch halte L u d w i g X I V . über 1200,000 Mann auf deu Beiueii. 1697, dem zehnten l'eldzuge dieses K r i e g s ,

Im Jahre wurden in

derselben Absicht französischer Seits ungeheure Anstrengungen gemacht, und drei Armeen in Plaudern aufgestellt, wovon z w e i die feindlichen Armeen ballen,

die dritte aber Alh nehmen sollte.

im Schach Diese Bela-

gerung galt für eine sehr schwielige Sache, uud

war

deshalb lange unversucht gebliebeii ; sie dauerte aber nur dreizehu T a g e , worauf sich diese Festung ergab.

13 II. Z u jenen Zeiten hatte der Zufall ein weites Feld, und das Glück entschied beinahe ganz allein über den Ausgang der Kriege.

Die Strategie strebt das Reich des

Zufalls zu beschränken und dem Glück engere Griinzen anznweisen. Türenne,

In den Feldzügen

ron

Gustav Adolf und

in denen des Marschalls von Sachsen, F r i e -

drichs I L , Dümouriez's und des Siegers bei Arnberg und W ü r z b u r g werden

strategische Ansichten

als leitendes

Prinzip sichtbar; dem Genie Napoleons w a r es vorbehalten, die Grundwahrheiten der Strategie durch seine T h e ten in das hellste Licht za setzen, und der ganzen Kriegskunst dadurch eine

bestimmtere Richtung

anzuweisen.

Er unternahm es zuerst, w a s niemand vor ihm versucht, ja nicht einmal gedacht hatte, die Streitkräfte seines Gegners durch Zusammenziehung aller der seinigen mit einem Schlage zu vernichten, dieselben von ihren O p e r a tionslinien, von ihren Depots abzudrängen, das ganze L e bensprinzip des Landes, welches er bekriegte, durch B e setzung der Hauptstadt zu lähinen, und endlich dasjenige, w a s zum Unterhalte und zur Wiederbelebung der Streitkrafte dienen kann, die Streitmittel, seinem Gegner nicht nur zu entziehen, sondern dieselben f ü r sich zu benutz e n , und so jenem todtliche Streiche zu versetzen,

und

ihn auf längere Zeit zum Kriege unfähig zu machen. A u s seinen Kriegen hat m a n die L e h r e entnommen, dafs die Hauptstädte das Hnuplohject aller Operationen sind, und dafs die Schlachten

nicht blos nach tactischen

Prinzipien, sondern hauptsächlich

mit Rücksicht auf die

dadurch zu erreichende Besitznahme

des Hauptolijects,

oder dessen V e r t e i d i g u n g , geliefert w e r d e n müssen.

Es

w a r aber nicht die Besetzung der Hauptstadt allein, w e l che dem Kriege so rasch ein Ende m a c h t e , sondern die

14 Schnelligkeit der Opernlionen ganzen feindlichen A r m e e , bewirkte

limi die Vernichtung der

welche vorangingen.

Diefs

eine moralische und physische Lähmung

zu-

gleich, w e l c h e zu einein schnellen Frieden benutzt wurde. A u s diesem Grunde w a r die zweimalige Besitznahme der Hauptstadt Friedrichs II. im siebenjährigen Kriege keine strategische Operation,

sondern ein Husarenstreich,

der

auf die Entscheidung des Kriegs keinen EinfluCs halle. Die Wichtigkeit der Hauptstadt als Hauptoperationsobject beruht darauf, dafs sie der wahre Mittelpunkt der ( iviladministration ist, von

w o nicht nur das belebende

Γπ'ηζϊρ eines Staates ausgeht, soiidern w o alle Hilfsquellen zusanimenlliefsen, um von Canale geieilet zu werden.

da in die verschiedenen

J e mehr die Trovinzeii Selbst-

ständigkeit haben, desto geringer wird die

Wichtigkeit

der llauplstadl als Hauptopeialionsobject, und die Hauptstädte der Trovinzeu treteu nun an ihre Stelle.

Diefs ist

z. B. in Spanien der Fall, und daher hatte die Eroberung von Madrid im Jahre Í8CS auch nicht die l'olgen,

wel-

che Napoleon durch die Einnahme anderer Hauptstädte zu erreichen gewohnt war.

Es möchte v o r t e i l h a f t scheinen,

dem Angreifer mehrere Hauptoperationsobjecle darzustellen, und ihn so zu milbigen, seine Aufmerksamkeit sowohl als seine K r ä f t e zu zeistreun, indefs konnte eine solche Disposition dein Verlheidiger leicht mehr INachtheile bringen als dem Angreifer, weil es ihn in den ineisten Fällen hindern würde, seine gesainmten Slreitkräfle zu v e r einigen.

S o hatte, durch die preußischen Invasionen in

Böhmen veranlafst, Kaiser Joseph II. die Maxime,

in

diesem Lande keine Strafsen zu bauen; er übersah aber, dafs dieser Mangel ihm und seinen eignen Unlerlhanen noch weit nachtheiliger war.

15 III. Der K r i e g

"wird u n t e r n o m m e n ,

uin e i n e V e r ä n d e -

rung in dein Friedenszustande zu e r z w i n g e n , d. Ii. in r o llen Zeilen seinen W i l l e n , bei fortschreitender C i v i l i s a tion sein Recht mit G e w a l t durchzusetzen.

Dieser Z w e c k

w i r d auf dein nächsten W e g e erreicht, w e n n man die säinintlichen Streitkräfte seines Gegners vernichtet.

Man

darf nicht m e h r die F r a g e aufwerfen, ob es möglich sey, die Streitkrafte einer ganzen Nation m i t einem S c h l a g e zu vernichten, oder w e n i g s t e n s so zu r u i n i r e n , dafs sie auf längere Zeit nicht z u m W i d e r s t a n d e benutzt w e r d e n können.

Napoleon trat in seinen Kriegen i m m e r mit e i -

ner solchen Macht auf, dafs er seinen Gegner z w a n g , alle seine disponibeln K r ä f t e z u s a m m e n z u z i e h n ,

und so, w i e

Napoleon selbst, seine Existenz auf einen W u r f zu setzen. Der Verlust einer einzigen Schlacht inufste daher i m m e r tödtlich w i r k e n , hauptsächlich aber dadurch, dafs in Folge derselben der politische Organismus des besiegten Staates durch die feindliche Besetzung seiner Hauptstadt, a l s dein Central- und Herzpunkte des öffentlichen L e b e n s , gelähmt und aufser Thätigkeil gesetzt w u r d e , -welches sich unter gewissen Umständen noch w e i t e r erstreckte als auf die in die G e w a l t des Feindes gerathenen Provinzen. •wird dieser Nachtbeil g e r i n g e r ,

Nur dann

w e n n die zu Erleichte-

rung der Administration im Frieden gemachten Unterabtheilungen eines Staates, die Provinzen, so organisirt und in administrativer Hinsicht in sich abgerundet s i u d , sie als selbstständige Körper f o r t w i r k e n , w e n n Verband

mit

Der Besiegte

der Hauptstadt wird

dann

uin

momentan desto

gestört

eher

im

dafs

auch ihr wird. Stande

s e y n , die Hilfsquellen der P r o v i n z e n , w e l c h e nicht v o m Feinde besetzt sind, zu beniltzen uud neue Streitkrafte zu sammeln.

16 Die Offensivopernlionen werden auf die Hauptstadt des Feindes gerichtet, um demselben zu entziehen.

seine Streitinittel

E s giebt Provinzen, die reicher und frucht-

barer sind als die andern, und diese siud das z w e i t e Object der Operationen.

E s können aber auch par-

tielle and politische Zwecke sehr auf den Gang des Krieges einwirken.

A l s Gustav Adolf im dreißigjährigen Kriege

den bedrängten Protestanten zu Hülfe z o g , richtete er seine Operationen

besonders nach den Ländern seiner

Glaubensgenossen, theils uin sie zu unterstützen,

theils

u m sich selbst durch ihre Streilkräfte zu stärken, und ihre Streitinittel

zu Fortsetzung

des Krieges

zu

benützen.

Türenne hatte im Jahre 1673, w o er bis nach Franken vordrang, Befehl, die Reichsstnnde auf alle W e i s e zu schonen, welches ein grofses Hindernifs für seine Operationen wurde, und am Ende seinen Rückzug veranlafste. Der Krieg, welchen Preufsen in den Jahren 1792 bis 94 am Rhein führte, wurde ganes durch politische Z w e c k e geleitet, und die eigentlichen Operationsobjecte,

wenn

man sie so nennen w i l l , lagen sämtntlich innerhalb der Gränzen der Politik,

welches keine reiu

strategischen

Coinbinaüoneu gestaltete. IV. In der Idee ist der Snlz richtig, dnls der Zweck des Krieges auf dem sichersten W e g e durch die Vernichtung

der

feindlichen Widerstandsfähigkeit

erreicht

wird, allein in der Anwendung zeigen sich Modificationen, welche bei der kritischen Prüfung der Feldzüge selten gehörig gewürdigt werden.

Die civilisirlen Nationen

beginnen ihre Kriege gewöhnlich mit einer sogenannten Kriegserklärung, welche den Ausbruch des Krieges bezeichnet, der eigentlich schon in den Cabineten seinen

17 Anfang nimmt Die Streitigkeiten unter den Staaten entstehen gerade wie unter Privatleuten, durch den wechselseitigen Verkehr, und häufig durch falsche, oder wenigstens verschiedene Ansichten ron Recht und Unrecht, durch Leidenschaft u. s. w. Die Politik erwägt die Wichtigkeit des Streites, sucht ihm durch Unterhandlungen zuvorzukommen, und wenn sie sich am Ende zu Ergreifung der Waffen bestimmt, so geschieht es, weil es kein anderes Mittel giebt, wohl begründete Rechte, oder die man dafür hält, zu behaupten. Die Wichtigkeit de» Zwecks, combinirt mit dem der Wahrscheinlichkeit nach zu erwartendem Widerstande, entscheidet über die Anwendung der Mittel. Es wird nicht immer auf Leben und Tod gekämpft, und die Existenz steht nicht allemal auf dem Spiele. Die Politik ist allein im Stande, durch Hilfe der Diplomatie darüber zu urtheilen. Sie entscheidet, ob der zu erreichende Zweck der Mühe verlohnt, alle Kräfte aufzubieten, alle Anstrengungen zu machen, und ob der Gegner es auf das Aeulserste wird ankommen lassen. Oft glaubt man mit geringem Mitteln zum Ziele zu gelangen, oft täuscht man sich, es treten Chancen ein, an die kein Mensch gedacht hat, man wird wider seinen Willen fortgerissen und zu einein Kriege genöthigt, kurz der Zweck, den man durch den Krieg zu erreichen gedenkt, graduirt die Mittel. Sobald die Politik sich für den Weg der Waffen entschieden hat, d. h. sobald aus den Verhandlungen hervorgeht, dafs der Gegner sich auf keine Weise zur Nachgiebigkeit hinneigt, und vielleicht gar seine Kräfte im Stillen concentrirt, so tritt die Strategie auf, um den Operationsplan zu entwerfen. Dieser ist r e i n s t r a t e g i s c h , wenn er blos auf die Vorschriften und Combinationen der Kriegskunst basirt ist, und g e m i s c h t , wenn )f'agner

iib. d. K r > g ! . 'Γ!ι.

Β

18 dabei zugleich die A n f o r d e r u n g e n der Politik m i t in B e tracht kopnnen,

Gesetzt, der Z w e c k , -welcher durch den

Krieg erreicht w e r d e n s o l l , ist nicht v o n der W i c h t i g k e i t , u m deshalb alle seine K r ä f t e u n d alle seine Mittel in Tliätigkeit zu s e t z e n , die

kriegerklärende Bla cht hat

nicht gerade die Absicht Eroberungen zu m a c h e n ,

sie

glaubt mit geringerem A u f w a n d e ans Ziel zu gelangen, u n d hat iiberdiefs A l l i i r t e zu schonen,

oder w i r d durch

andere Conjuncturen verhindert, alle ihre Streitkräfte a u f zubieten, sie setzt gerade nur so viel in T l i ä t i g k e i t ,

um

einige Gränzprovinzen in Besitz zu n e h m e n , einige feste Plätze zu e r o b e r n , und dadurch eine drohende Stellung zu b e k o m m e n ,

wodurch

sie

Nachgiebigkeit des Gegners

entweder

die

bezweckte

herheizuführen hofft, oder

sich in einer L a g e befindet, w e i t e r e offensive Schrille zu m a c h e n : bei solchen Rücksichten w ü r d e der Operationsplan sehr beschränkt erscheinen, und rein militärisch betrachtet vielleicht Mängel und Blofsen zeigen. Bonaparte hat durili

seine zerstörende Politik

die

"Welt, vorzüglich die militärische, an grofse Oflensivoperationen, an Herbeiführung

einer schnellen Entscheidung

durch Aufbietung aller Mittel g e w ö h n t ; es ist Zeit zu erkennen,

dafs seine W e i s e nicht die einzige und auch

nicht die einzig gute ist.

F.ine gemäfsigtere Politik führt

andere Modifirationen h e r b e i ,

und

die

w e r d e n in der Zukunft seltner w e r d e n .

Invasionskriege B e v o r man die

A l l i i r t e n , die i m J a h r e 1792 die W a f f e n gegen F r a n k reich ergriffen, w e g e n ihrer Art den K r i e g zu luhren aus solchen Gründen V o r w ü r f e m a c h t , w e l c h e eine f ü n f u n d zwanzigiährige Erfahrung

erst zur R e i f e

gebracht

hat,

inufs man die L a g e der damaligen K r i e g s k u n s t und F o litik e r w ä g e n .

B e i Ausbruch des Revolutionskriegs w a -

ren beide T h e i l e ,

w i e es i m m e r zu g è s d t e h e n pflegt,

19 gleich weise. Hätte sich das Genie, welches nachher mit so gewaltiger Hand in das Getriebe der französischen Angelegenheiten eingriff, auf Seiten der Alliirten befunden, so würden andere Resultale erfolgt seyn, und wir ständen jetzt auf einem andern Standpunkte. Der Einflute, welchen die Politik auf die Entwerfung eines Operationsplans ausübt, konnte hier nicht unberührt bleiben ; die Politik steht in dieser Rücksicht eben so über der Strategie als diese über der Tactik: allein im Wege der Speculation wird die Strategie für sich allein betrachtet, eben so frei von dem Einflüsse der Politik als von dem der Tactik. Nur auf diese Art lassen sich ihre Grundsätze in die Form einer Wissenschaft bringen, welche man eben deshalb auch die r e i n e S t r a t e g i e nennen kann, zum Unterschiede von der a n g e w a n d t e n , welches eigentlich der Krieg selbst oder die Anwendung der Grundsätze der reinen Strategie auf einen wirklichen Fall ist. Es giebt aber noch einen zweiten Grund, der den Namen der reinen Strategie rechtfertigt, von welchem nachher die Rede seyn wird. V. Dafs die Ausbildung der Strategie der neusten Zeit angehört, hat mancherlei Ursachen, wovon folgende die vorzüglichsten scheinen : 1) Es gehört dazu eine schon weit vorgeschrittene Civilisation, Menschen, denen an Erhaltung ihrer Wohnplätze viel gelegen ist, die einen leb · haften Verkehr und vielerlei Verbindungen unter einander haben, bei denen eine regel tnäfsige Administration eingeführt ist, die sich auf die Cultur des Landes und die Industrie seiner Bewohner gründet, Sliidle und Tlälze, welche die Kräfte des Landes centrnlisireu, gebahnte und gebaute Strafseu, Uebergäuge über Gebirge und Flüsse, ΒU

20 kurz unsere ganze westeuropäische Cutlur. 2) Eine grofse Armee auf einem Funkte concentrirt. 3. Ein Souverain, der über die sämintlichen Sireitkräfte eines Landes unumschränkt gebietet, und der den Willen, die Einsicht und die Kraft hat, alles auf einen Wurf zu setzen. Diese drei Erfordernisse sind nicht allein die vorzüglichsten, sie sind auch solidarisch, d. h. ein jeder von ihnen allein ist nicht hinreichend, sie mufsten alle drei zusammenkommen, um diesen wichtigen Theil der Kriegskunst zur hellen Klarheit zu bringen. In unsern hochcivilisirten Ländern wird es besonders einleuchtend, dais das Leben eines Staats sich in der Hauptstadt concentrirt, und dais folglich eine feindliche Occupation derselben nach einer Hauptschlacht, eine schlagähnliche Lähmung oder Erstarrung hervorbringen mufs. Die Hauptstadt wird solchemnach dort immer das Hauptobject aller kriegerischen Operationen seyn, und indem jeder der kriegführenden Theile in den Besitz der Hauptstadt seines Gegners zu gelangen sucht, wird er sich zugleich bemühen müssen, die eigne sicher zu stellen. Man wird daraus als Grundsalz folgern können, dafs die Hauptstädte der kriegführenden Fartbeien wechselseitig ihre a c t i v e n und p a s s i v e n Hauptoperationsobjecte sind. Das eine bedingt die Offensive, das andere die Defensive, und es folgt daraus zugleich, wie es keine reine Offensive geben kann, ohne dafs mit derselben zugleich ein defensiver Zweck verbunden wäre. Der umgekehrte Satz wird durch die weitere Verfolgung dieser Betrachtungen klar werden.

21 VI. Der Inbegriff aller Streitkräfte it>t die Armee. Die Fläche d. i. der Grund und Boden, auf welchem sie operirt, erhält in dieser Beziehung den Namen T e r r a i n , wodurch man die auf der Oberfläche der Erde befindlichen Verhältnisse versteht, welche die militärischen Unternehmungen und Bewegungen entweder begünstigen oder stören. Das Terrain hat eine t a c t i s c h e und eine s t r a t e g i s c h e Bedeutung, je nachdem man dasselbe in Beziehung auf den Gebrauch der WalTen iin Gefecht, oder blos in Beziehung auf die Bewegungen und den Aufenthalt der Armee betrachtet. Die Terrainkenntnifs in tactischer Hinsicht erfordert die genauste Bekanntschaft mit allen Ungleichheiten, welche die Oberfläche der Erde in jeder Hinsicht darbietet : Hüben, Flächen, Vertiefungen, und deren natürliche oder künstliche Ungleichheiten, laufende und stehende Gewässer mit deren Uebergängen; Bäume, Büsche, Hölzer und W a l d u n g e n ; Häus e r , Gehöfte, Dörfer, Städte, feste Tosten nnd Plätze; Felder und deren A n b a u , so w i e die physische Beschaffenheit des Bodens. Die Strategie dagegen betrachtet das Terrain nur in allgemeinen Umrissen. Die Kenntnifs der Strafsen, Gebirgs- und Wasserzüge, und deren Verzweigungen und Uebergänge, so w i e ihrer physischen und climatischen Beschaffenheit sowohl als der Fruchtbarkeit des Bodens u. s. w . genügen den Anforderungen der Strategie vollkommen. Die Strategie fafst das Terrain in Gruppen a u f , w i e dasselbe durch die Natur in häufig scharf begränzte Abschnitte gelheilt sich successive als Gegenstand der Operationen darbietet. Sie übersieht mit einem Blicke den ganzen Lauf eines grofseu Flusses mit allen seinen Zuflüssen, in Bezug auf die Gestaltung der Ufer, die L a g e des Flufsbettes und die Stromlinie, den

22 sogenannten T h a l w e g , die schon vorhandenen sowohl als die möglichen Uebergänge von einem Ufer auf das a n dere, die Schiffbarkeit, die Schifffahrt selbst und die d a zu dienenden Fahrzeuge, so w i e die Cultur und Fruchtbarkeit der angrenzenden Gegend und des ganzen Flufsgebiets.

Ehen so w e r d e n Gebirgsketten

und

gebirgige

Gegenden theils in Bezug auf ihre Gangbarkeit z u m B e huf der Operationen, theils in Bezug auf die Subsistenz, w e l c h e sie einer dort betrachtet.

verweilenden A r m e e

darbieten,

Der wichtigste Theil der strategischen T e r -

rainkenntnifs bildet der Lauf der Strafsen und die verschiedene Brauchbarkeit derselben zu und A n n e e b e w e g u n g e n .

Truppenmärschen

Die sogenannten Stralsenknoten,

O r t e , w o sich mehrere Hauptstrafsen vereinigen, sind auch selbst in ebenen Gegenden nur u m solche als Centraipunkte

wichtige P u n k t e ,

nicht

f ü r die Bewegungen

der Truppen und die Communication zu b e n u t z e n ,

son-

dern auch weil sie der Natur der Sache nach auf einen bedeutenden Verkehr hindeuten, und daher muthmafslich grofse Ressourçen f ü r die Bedürfnisse der A r m e e enthalten.

I m Hochgebirge, w o

eine Armee oder ein Corps

sich n u r in den Thalern bewegen k a n n , sind daher die Thalverbindungen, und folglich der Lauf der Flüsse,

an

deren Quellen der Zusammenhang der Thäler zu suchen ist, von der gröfsten Wichtigkeit, und es läfst sich ohne die sorgfältigste Friifung und Kenntuifs derselben die mindeste Operation

im Gebirge

weder

nicht

entwerfen

noch ausführen. VII. Ein s t a r k e r nen ist d e r ,

oder

fester

Tunkt

im Allgemei-

avo sich geringe K r ä f t e gegen

bedeutende

Ueberinacht eine längere Zeit behaupten können.

Solche

23 T u n k t e bilden sich theils durch die natürliche Beschaffenheit des T e r r a i n s , w i e in der Betrachtung über das Gefecht w i r d gezeigt w e r d e n , theils durch theils durch beide.

die Kunst,

Hier ist zuerst von den festen T u n k -

ten die B e d e , w e l c h e die K u n s t allein schafft, nämlich von den

Feslungen.

J e d e Festung hat einen offensiven und einen defensiven Z w e c k : einen offensiven, um die Anhäufung der Streitmittel und die Versammlung der Streitkräfle zu b e günstigen, die Operationen der A r m e e dadurch zu erleichtern, das Vordringen

derselben in dits Herz des feindli-

chen L a n d e s zu unterstützen, und bei Unfällen derselben einen sichern Rückzug zu gewähren ; einen' defensiven, um eiuer feindlichen Streitinasse das Vordringen zu e r schweren, mit geriugen Kräften einen bedeutenden Theil derselben zu beschäftigen, sie dadurch aufzuhalten, und zu hindern in den Besitz ihrer Operationsobjecte zu gelangen.

E s kann daher w o h l vorkommen, dafs eine Ar-

m e e sich in eine Festung wirft, allein ein längeres V e r weilen derselben in der blofsen Absicht, den Gegner d a durch aufzuhalten, ist eine unnütze Verschwendung seiner Kräfte und Verkeunung der ei sten Regeln der K r i e g s kunst. VIII. Jede Festung, die nicht belagert oder durch ein Corps observirt wird, hat einen gewissen R a y o n , auf welchen sich ihre Wirksamkeit erstreckt, und dieser hängt zunächst von ihrer Gröfse und der Stärke ihrer Besatzung, dann aber auch von dem sie umgebenden Terrain ab.

Dieser

Rayon kann von zwei bis auf sechs ¡Heilen und darüber gehen, und kleinere feindliche Detachenients, Zufuhren, Couriere u. dgl. dürfen sich nicht ungestraft innerhalb desselben blickeu lassen.

24 Diese

Vertlieidîgungs-Wirksamkeit

einer

Festung

dehnt sich noch mehr a u s , oder wird wenigstens mehr consoliditi, wenn sie nicht isolirt liegt, sondern zu einer Reihe, oder besser, zu einem System von Festungen gehört, welches als eine künstliche Defensivlinie eine ganze Landesgränze zu decken bestimmt ist.

S o hat bekannt-

lich Vauban zuerst die permanente Befestigungskunst angewendet , und ihr dadurch nächst der tactischen auch eine strategische Bedeutung gegeben.

Die Grundsätze fur

die Anlage eines solchen Systems fester Flätze sind : sie müssen auf den Hauptstrafsen, da w o sich mehrere bedeutende und grofse Comraunicationen vereinigen, an Debouscheen, am Zusammenflüsse grofser G e w ä s s e r ,

auf

Sätteln und andern Gebirgspassngen, und an Uebergängen über grofse Flüsse liegen, die Annäherung zu dem Hauptoperationsobject decken, und so weit als es die Terrainverhältnisse erlauben, werden.

auf die Gränze hinausgeschoben

Ihre Gröfse hangt von der Wichtigkeit ihrer

L a g e ab, und ihre Entfernung untereinander von beiden. Vauban hat, w i e bekannt, drei Reihen solcher festen Flätze auf der Ostgränze von Frankreich, und zwar hinter einander disponili, wovon die hintern, als Reserven betrachtet, kleiner und in geringerer Anzahl sind. Die Nachtheile eines solchen Systems sind : 1) der ungeheure A u f w a n d , welchen die Erbauung und Erhaltung einer solchen Blasse von Festungen verursacht, und der am Ende mit dem Nutzen, den sie gewähren, nicht in Verhältnifs steht.

2) Die zu ihrer Besetzung erfor-

derliche Menge von Truppen, welche zusammen eine ansehnliche Armee bilden, die man weit besser im freien Felde gebraucht; und für die wenigen Fälle, w o eine Armee einen momentanen Schutz hinter Wällen sind einige grolle l'latze hinreichend.

sucht,

Endlich 3) kann

25 eine jede Festung, ohne deshalb den Aufwand einer B e ingerung zu machen, durch ein blofses Beobachtungscorps leicht neutralisirt und ihre Wirksamkeit auf die blofse Kanonenschufmeite

beschränkt werden.

Dieses

Corps

braucht nicht einmal die Stärke der Besatzung zu erreichen, w e i l jene sich doch nie ganz in das freie Feld wagen darf; ja es ist leicht möglich, dafs ein einziges schwaches Corps z w e i Festungen zugleich bindet. Man wird den Einwurf machen, dafs

solcheinnach

eine Armee dazu gehöre, um mehrere feste Plätze zu beobachten, die am Ende vereinigt weit mehr ausrichtet. Das kann seyn, und der Feldherr mufs entscheiden, w a s ihm wichtiger ist.

Hier handelt es sich von den W a h r -

heilen iin Allgemeinen ; ihre Anwendung gehört in das Gebiet der Kunst

Zu einer Invasion sind viel Truppen

erforderlich, weil ein Theil davon zu Beobachtung der Festungen verwendet werden mufs, wie bei der Invasion von Frankreich im Jahre 1 8 1 4 ,

w o es nicht darauf a n -

kam, eine dauerhafte Eroberung zu machen, sondern in der Hauptstadt der Hydra den K o p f zu zertreten.

Es

w a r daher auch weiter nichts nöthig, als diejenigen f e sten Plätze, welche in der Nähe der gewählten Operationslinien lagen, durch Beobachtungscorps zu neutralisiren, wozu der Ueberflufs an Soldaten, die noch nicht in freiem Felde brauchbar waren, sehr bequem angewendet wurde. Aus diesen Gründen ist Vauban in andern Staaten bis jetzt nicht nachgeahmt worden. im Jahr

In Oestreicli wurde

1 8 0 9 ein grofser Centralplatz erbaut, und die

Gränzen blieben offen; vielleicht hätten

die Traun

die Ens als Defeiisivliuien benutzt werden können.

und Es

ist überhaupt eine grofse Frage, deren Entscheidung, da sie nicht nur von den Localiläten, sondern auch von an-

26 d e m Partikularitäten

abhängt,

nicht

nach

allgemeinen

Grundsätzen erfolgen k a n n , ob ein oder einige Centraiplätze einein System von Gränzfestungen vorzuziehen sey. Hat ein Staat grofse Mittel, so Iäfst sich viel tliun; iin entgegengesetzten Falle rnufs m a n sich auf das W e s e n t liche beschränken.

Treufsens Festungen liegen

meistens

auf den Hauptpassagen und an grofsen Flüssen, oline gerade ein zusammenhängendes System und Linien zu bilden.

"Wenn in ßufsland die Gränzen nach Vaubans Ma-

nier durch drei Reihen

von Festungen gedeckt

werden

sollten, die noch dazu wegen des ebenen Terrains sehr nahe bei einander liegen müfsten, so würdeu einige H u n dert feeler Plätze kaum

ausreichen.

Daraus folgt, dafs

die Beschaffenheit des Landes und der Glänzen zu allererst in Betracht zu zielten ist.

Da w o Geldmittel m a n -

geln, darf man nicht vergessen, dafs Feldverschanzungeu mit starken Profilen beinahe die Stelle von

Festungen

vertreteu, dafs stark verschanzte Läger unangreifbar w e r den können, und dafs zur Zeit der N o l h , w i e das Beispiel von Comorrn im Jahre 1809 beweist, viel Hände viel schaffen, uud einen Tunkt oder einen Ort sehr bald auf längere Z e i t , und vielleicht

auf die Dauer des gan-

zen K r i e g s , haltbar machen k ö n n e n .

Die Kriegskunst

heifst eben darum eine Kirnst, w e i l ihre Hilfsmittel u n erschöpflich sind; aber nur das Genie kennt ihre verborgenen Tiefen, ein gewöhnlicher General hält sich an das Bekannte.

Die Aufgabe i s t : den Z w e c k des Krieges ge-

hörig zu erkennen und zu w ü r d i g e n ,

alle Mittel aufzu-

f i n d e n , welche zu dessen Erreichung hinführen, und sie mit der nöthigeu ü e k o n o i n i e , oder, wie es oben ausgedrückt worden, mit der gröfsten Schonung von Zeit und Kräften in Thätigkeit zu setzen.

Die Mittel, ihre M a n -

nichfaltigkeit und ihre Ausdehuung

können ein Gegen-

27 stand der Betrachtung eejrn; sie sind die E l e m e n t e

der

Kunst, ihr Gebrauch stempelt den Feldherrn. — IX. Es giebt auch F u n k t e , die von Natur so beschaffen sind, dafs sie von wenig Truppen gegen eine Ueberinacht behauptet w e r d e n können.

Dergleichen

finden

sich

am

häufigsten im Mittelgebirge, ζ . B . i m böhmischen

Ge-

birge, i m S c h w a r z w a l d e , in den Vogesen u . s. w .

Da-

her sind solche Gebirgszüge sehr leicht zu vertheidigen, und e s ist vortheilhaft, sie als Gränzdeckung zu habeD, w o sie eine natürliche D e f e n s i v l i n i e

bilden.

Eine

z w e i t e Art solcher L i n i e n , die ebenfalle ihre Vortheile b a t , kommt in Marschländern v o r , w o es Niederungen, Sümpfe und sumpfige Fliefse giebt, die sich oft auf eine L ä n g e von mehrern Meilen erstrecken, und nur w e n i g und leicht zu vertheidigende Uebergangspunkte darbieten. den

vorzüglichsten

Defensivlinien

rechnet

man

Zu

grofse

Flüsse und S t r ö m e , w e i l der l/ebergang über dieselben grofse Vorbereitungen erfordert, uud daher beschwerlich und leicht zu vereiteln ist. nen in

g e w i s s e r Rücksicht

Auch kleinere Flüsse als Defeusivlinien

kön-

benutzt

w e r d e n , w e i l sie immer ein natürliches Hindernifs sind. A l l e diese Linien können mit Ililfe der Befestigungskunst beinahe eben so stark gemacht w e r d e n , und dieselben Dienste leisten als eine Reihe Festungen des ersten R a n g e s , w e l c h e nicht jede Macht zu erbauen

die

Mittel hat. Bei Entwerfung eines Vertheidigungsplanes i ü r ein ganzes Land kommt es zuerst darauf an, die natürlichen Defeusivlinien aufzusuchen, sie, je nachdem die einzelnen Funkte dem Vertheidiger mehr oder mindere Vorlheile gewähren, mit Feldverschanzungen, Brückenköpfen, R e -

28 douten, Forts, festen Schlössern, kleinen und grofsen Festungen zu verstärken, um so einer feindlichen Armee theils den Eingang zu sperren, theils der eigenen diejenigen Hilfsmittel vorzubereiten, welche ihren Operationen Lei einem Kriege zu statten kommen können. Der Hauptzweck dabei ist: durch Geld und Arbeit Menschen zu sparen. Die Stärke einer Armee, und überhaupt einer Truppe, die sich schlägt, beruht darauf, dafs sie ihre ganze Front entwickelt; je weniger das Terrain solches gestattet, desto nachteiliger, und es tritt zuletzt ein Zustand von förmlicher Schwäche ein, wenn die Front sich bis auf Compngniebreite und darunter verkleinert. Man nennt die Terrainverhältnisse, welche eine solche Formation, Zusaininenschiebung der Frontlinie, notliwendig machen, Verengerungen, Defileen, und das sind die Orte, die sich •vorzüglich zur Verteidigung eignen, und wo eine künstliche Nachhilfe durch \'erschnnzungen ain zweckmäfsigslen ist. Alle DeGleen sind nicht von gleicher Natur, und es ist ein Unterschied, ob eine Armee ein meilenlanges Gebirgsthal, einen Wald oder Gehölz zu durchzieh e n , einen kleinen oder groisen Flufs zu überschreiten, oder durch Städte und Dörfer zu marschiren hat. Die Terrainverhältnisse sind so verschiedener Natur, dafs es nicht möglich ist, einen allgemeinen Satz über die Anlage der Versclianzungen aufzustellen. Der sonderbarste Sperrpunkt ist ohne Zweifel das Fort El Arisch in der W ü s t e , nicht weil es an einem Defilee liegt, sondern weil es den einzigen Brunnen enthält, oline dessen Besitz eine Armee nicht wagen darf, jene W ü s t e zu durchziehen. Ein fester Tlatz, der keinen andern Zweck hat ;tls deu, eine Sliafse zu sperren, ist rein defensiv; er be-

29 kömmt einen offensiven Charakter, wenn er zugleich als Unterlage und Basis diesseitiger Operationen dienen kann. Dieser Zweck spricht sich schon in dessen Anlage aus, nicht in der tactischen, d. h. in der Disposition und dem Bau der einzelnen W e r k e , sondern strategisch, in der W a h l des Punktes. Eine Festung, die auf dem diesseitigen Ufer eines Flusses liegt, wie ehedem Manheim und riiilippsburg für Deutschland, ist blos defensiver Natur, und hat noch dazu den Nachtheil, dafs sie in Feindes Hand offensiv wird ; denn es ist eine Generalregel, dafs eine Festung vor einem Defilee offensiv, und hinter demselben defensiv ist. Es ist daher wesentlich, eine Festung, die immer beide Zwecke erfüllen soll, auf beide Ufer eines Flusses zu legen, oder wenigstens das eine mit einem starken Brückenkopfe zu versehen, um. den Uebergang stets frei und gedeckt zu haben, und eine Belagerung zu erschweren. Eben dies gilt von den Sperrpunkten im Gebirge, und in diesem Sinne wird bei E r bauung von Kunststrafsen jedesinal die Lage der Deüleea und Flüsse, und eine mögliche feindliche Invasion in Erwägung gezogen. X. Ein Staat kann unter mancherlei Voraussetzungen in den Fall kommen, einen blofsen Vertheidigungskrieg zu führen und Angriffe abzuwehren ; in der Regel aber ist es nicht anders möglich, die Streitkräfte seines Gegners auf eine prompte Weise zu vernichten und ihm seiner Streitmittel zu berauben, als wenn man ihm auf den Leib geht und seine Provinzen, namentlich aber seine Hauptstadt in Besitz zu nehmen sucht, d. h . iin Ganzen durch eine kräftige Offensive. Eine Festung enthält die Kriegsinittel und Vorrälhe, welche eine offensiv agirende Armee gebraucht, und

30 wird ία dieser Beziehung sowohl, als weil sie der Armee bei Unfällen eine sichere Zuflucht gewährt, die Unt e r l a g e , auch in beschränkterem Sinne die B a s i s der Operationen genannt. Im weitern Sinne aber heifst die O p e r a t i o n s b a s i s hier dieselbe Reihe von Festungen, welche als Verteidigungslinie die Gränzen eines Landes zu decken bestimmt ist. Jenes war ihr defensiver, dies ist ihr offensiver Charakter. In allen Fällen, wo man genölhigt ist, die Kriegsvorräthe in offene Orte zu legen, entsteht die grofse Unbequemlichkeit, dais entweder die Armee genölhigt ist, nur in ihrer Nähe zu operiren, um sie nicht zu entblöfsen, oder Truppen zu ihrer Deckung zurückzulassen, und sich dadurch zu schwächen, und wenu ain Ende ein Rückzug nöthig wird, das was man mit so -vieler Mülie und Aufwand zusammengebracht hat, den Flammen Treis zu geben , oder es dem Feiude zu überlassen. So w a r es ζ. B. in den Jahren 180G in Sachsen und 1812 in Rufsland. Ein -vorsichtiger General wird lieber die Bequemlichkeit der Sicherheit aufopfern, und sich nicht leicht in eine solche Alternative setzen, oder wenigstens, wenn die N o t w e n d i g k e i t Opfer erheischt, so wenig als möglich Preis geben. XI. Die Strafsen, auf welchen eine Armee operirt, heifsen O p e r a t i o n s l i n i e n , auch Communication oder Verbindung, obgleich dieser letztere Ausdruck noch einen weitem Sinn hat. Es liegt in der Natur der Sache, dafs diese Linien von der Basis nach dem Operationsobject hinlaufen. Auf denselben werden der Armee alle Bedürfnisse zugeführt, und diese Zufuhren geschehen am sichersten und bequemsten, wenn der Feind die Opera-

31 tionslinie durch ausgesendete Detacliements weder « m í . reichen noch beunruhigen kaun. Daraus folgt als A χ i o m : für den Angreifer, dafs die Armee entweder eine «durch die Terrain Verhältnisse, z. B. durch einen Stroin, sicher gestellte Operationslinie wählen, oder sich immer so aufstellen mufs, dafs der Feind aufser Stande ist, ohne eigne Gefahr sich dieser Linie auf irgend eine Weise zu nähern ; für den Vertlieidiger, dafs er alles aufzubieten hat, die Zufuhren seines Gegners zu beunruhigen und sie ganz zu stören. Die Mittel des erstem liegen zum Theil in dem Terrain und dessen Benutzung, zum Theil in der Anzahl seiner Truppen und ihrer thätigen und zweckmässigen Verwendung entweder zu Besetzung der Fosten, •welche die Zugänge decken, oder zu Escorlen, mobilen Colonnen u. s. w . ; die Mittel des letztern sind leich!· Truppen und Guerilla's. Die Betrachtung der Basis, der Operationslinien und des Operalionsobjecls, verbunden mit den verschiedenen Möglichkeiten ihrer gegenseitigen Loge, hat auf gewieee Wahrheiten geführt, welche , "weil sie in ihrem Zusammenhange und in ihrer Forin mancherlei mit der reinen Mathematik gemein haben, mit dein Namen der r e i n e n S t r a t e g i e belegt worden sind Man hat sich aber auch dadurch verleiten lassen, einen zu grofsen, einen übertriebenen W e r t h auf die geometrische Gestalt der Basis zu legen, und daraus Grundsätze abzuleiten, welche, wenn gleich wahr in der Idee, doch in der Anwendung sich verschiedentlich modificiren, weil die Localverlinltnisse, die Distanzen, so wie die absolute Stärke und Beschaffenheit der gegen einander stehenden Armeen, und die Geschicklichkeit ihrer Führung einen grofsen Einíluís darauf äufsern. Es ist allerdings ein Vorthei!, wenn eine Basis sich concav gegen den Feind krümmt, und in dem

32 Feldzuge des Jahres 1 8 0 7 in Preufsen, namentlich

bei

den Bewegungen welche der Schlacht von Eylau vorangingen, kam dieser Vortheil den Franzosen wohl zu statten, allein das hat seine Gränzen,

und im Allgemeinen

gilt die Regel, dafs man vortheilliafte Terrainverhältnisse aufsuchen und benutzen,

nachtheilige vermeiden

muís.

Die Beschaffenheit des Terrains ist überhaupt eines von den Elementen, welche zu den Combinationen gehören, worauf sich der Operationsplan gründet. beschäftigt sich in Bezug

Die

Strategie

auf das Terrain blos damit,

in dessen Gestaltung diejenigen Verhältnisse aufzusuchen und zu bezeichnen, 'welche die Operationen einer Armee begünstigen oder denselben hinderlich seyn können,

ge-

rade wie die Taclik die Terraingegenstände angiebt, -welche für den Gebrauch der einzelnen Waffen

entweder

vorteilhaft sind, oder denselben hindern und stören. W a s ein Feldherr zu thun hat, der gegen eine concave Basis operirt, das hat der Marschall von Sachsen in dem Feldzuge 1746 am besten bewiesen. Auftrag, die Niederlande zu erobern.

E r halte den

Die Alliirten w a -

ren im Besitz aller Festungen an der Sambre und Maas, und im Centro des grolsen B o g e n s , welchen diese beiden Flüsse bilden, lag die Hauptstadt Brüssel, ebenfalls befestigt.

Der Marschau von Sachsen

rückte früh ins

F e l d , nahm zuerst Brüssel durch Ueberruinpelung,

und

dann alle Festungen vom linken Flügel an eine nach der andern.

Seine Gegner waren darüber so aufser Fassung

gesetzt, dafs s i e , nachdem sie lange am Rande dieses weiten Terrain - Abschnittes

w i e unstet heruingeirrt hat-

t e n , eine ziemlich matt angelegte Schlacht lieferten, in deren Geiste schon alle Symptome ihres Verlustes lagen. Als ein Nachtheil der Operationsbasis gilt auch, wenn sie von einem Strome durchschnitten wird, wie die Donau

33 in Bezug auf Oestreich; allein auch dieses ist nicht so schlimm als es aussieht, denn der Flufs kann schon an und für sich selbst nicht nur zur Deckung der Operationslinie, sondern auch für die Zufuhren und Transporte benutzt werden, und dann läfst sich dieser scheinbare Nachtheil durch mehrere an

einem solchen Strome lie-

gende feste Plätze verbessern, die aber nicht nur auf beiden Ufern angelegt seyn, sondern auch solide Brücken und Material

enthalten müssen,

um Notlibrücken

zu

schlagen, und so das Uebersetzen der Armee von einem Ufer auf das andere zu erleichtern und zu beschleunigen. S o würde ζ. B . die Befestigung

von Regenspurg und

Ingolstadt den Operationen einer Armee, die aus Oestreich durch Bayern vordringt, sehr zu statten kommen. XII. Die gegenseitige Lage der Operationsbasen, der D e lensivlinien, der Operationsobjecte und der Strafsenzüge, welche als Operationslinien benutzt werden können, bedingen den Gang der Operationen, und bilden milhin die Grundlage des Operationsplans. tionslinien

bestimmt

Die Anzahl der Opera-

im Allgemeinen

Möglichkeiten einer Offensive.

die Summe der

E s giebt zweierlei Arten

von Offensive: 1)

die m e t h o d i s c h e ,

g e n seine

Operationen

chen D e f e n s i v l i n i e n ,

w e n n m a n v o r allen

a u f die W e g n a h m e

ganz

oder theilweise,

sich dadurch d e n W e g n a c h

dem

iler

Din-

feindli-

lichtet,

um

Hauploperationsobjecte

zu öffnen.

2) Der I n v a s i o n s k r i e g , wenn man, unnufgeballen

durch

natürliche

und

künstliche Hindernisse,

der

feindlichen Armee kühn auf den L e i b geht, um dieselbe Wagner uh, U, Krieg 1. Th,

tj

34 zu cioer Hauptschlacht

zu z w i n g e n ,

und so mit einem

Sclilnge allen W i d e r s t a n d zu vernichten. in ihrer

jetzigen

Gestalt kannte man kein Hauptoperationsobject,

V o r der Ausbildung

der Strategie

und die

Begriffe waren noch so im Dunkeln, dafs m a n alle L i n i e n , w e l c h e w i r jetzt durch die Namen der B a s i s , und Operationslinien schaftlichen

unterscheiden,

Benennung

Die Offensive ergreifen,

Defensiv-

unter der

der Operationslinien hiefs damals

gemeinbegriff **).

nichts anderes als

eine F e s t u n g belagern oder eine Schlacht liefern, um den Feiud zu

nöthigen,

einen Terrainabschnitt

Oft w a r das letztere nicht

einmal

zu

der F a l l ,

räumen. und

die

Schlachten wurden, nach unsern jetzigen Begriffen, häufig ohne allen w e i t e r n Z w e c k geliefert, d. h. man w a r damit zufrieden,

dem

Feinde

L e u t e getüdtet, Material es schon als

einen

dafs gegen E n d e AUiirten

Abbruch

Beweis

und Mau

hoher Einsicht

des spanischen

unter L e i t u n g

getlian

zerstört zu haben.

annehmen,

Successionskriegs

des Herzogs

von

ilun kann die

Marlborough

darauf bedacht waren, diejenigen französischen F e s t u n g e n zu nehmen, wodurch der Eingang nach Frankreich eröffnet wurde, hatte,

ob man gleich dabei weiter nichts i m S i n n e

als die nahe gelegenen Granzprovinzen

ragiren.

In

Schlacht

Kriegsrath

der R e g e l

wurde

gehalten,

nach um zu

einer

nuszufou-

gewonnenen

bestimmen,

was

D i e A r m e e n waren damals stark an Cavallerie,

wel-

w e i t e r zu tliun sey. che man ernähren inufsle, und darnach wurden die O p e rationen geleitet.

Hatte

inan

eine Gegend

so wurde eine andere aufgesucht,

*)

, n

englischen Kriegsschriflcn

ausfourngirt,

w e l c h e reich an S u b -

findet

n i n g n o c h bis a u f den heutigen T a g .

s i c h diese I d e e n v e r w i r -

35 sislenzmîtteln und bis dahin verschont geblieben war. Die Morsche von einem Lager in das andere erforderten die größte Vorsicht. Der ganze W e g mit ollen seinen Seiten - Communicationen, Brücken , Zugängen, Dörfern, und andern Terrainverhällnissen, wurde vorher auf das genauste recognoscirt, die zu nehmende Stellung mit allen Vor- und Nachtheilen untersucht, die Zugänge durch Detaschements und Tosten gedeckt u- s. w . Kurz, alle diese Dinge beschäftigten den kommandirenden General dergestalt, dafs ihm nicht einmal Zeit genug übrig blieb, seine Ideen zu erheben, und sie auf wichtigere und grossere Gegenstände zu richten. In dem zweiten Abschnitte dieses Buchs sind die Feldzüge der berühmtesten Feldherrn nus jener Epoche nach dem Gange der Operationen skizzirt, und man wird diese Wahrheiten darin begründet finden. Die ganze Kriegskunst war nichts als ein kleiner Krieg mit grofsen Massen, und wer diesen am besten verstand, wer sich darin die meisten Erfahrungen, die meiste Geschicklichkeit erworben halte, der war Meister und wurde für den besten General gehalten. Die Maxime, dnfs man nur nuf den Vorposten und bei den leichten Truppen sich zum Feldherrn bilden könne, wurde damals allgemein angenommen ; jetzt ist dieselbe ein Vorurtheil geworden ; denn ein Stratege wird geboren, und bildet sich aus, indem er sich die Erfahrungen früherer Kriege durch das Studium derselben aneignet. Die Führung der Truppen und die Führung der Armeen oder grofser Corps sind zwei verschiedene Dinge geworden, wovon weiter unten die Rede seyn wird.

C 2

36 XIII. W e n n bei einem ausbrechenden Kriege beide Theile die Offensive ergreifen, d. h. w e n n beide sich stark genug glauben, u m sich mit einander zu m e s s e n , so wird es sehr bald zu einer Hauptschlacht k o m m e n , und es kommt nur darauf a n , ob dieselbe v o r ,

zwischen oder

hinter den Defensivlinien der geschlagenen Armee vorgefallen ist.

Einer der gröfsten Fehler w ü r d e es seyn, wenn die-

selbe sich ohne allen Rückhalt in eine Schlacht eingelassen hätte, oder welches dasselbe ist, wenn der Tunkt, w o sie Schutz und Sicherheit, so wie die Mittel zum Ersatz ihrer Verluste zu finden hoffen darf, so w e i t entfernt läge, dafs sie bei einem lebhaft drängenden Gegner Gefahr liefe, u n terwegs aufgerieben oder durch schuelle und w o h l combin i n e Bewegungen ganz davon abgeschnitten zu werden. A u f dem Rückzüge von W a g r a m , wo täglich ArrieregardenGefechte vorfielen, waren die Verluste der Oestreicber bedeutend ; die der Franzosen nach der Leipziger Schlacht waren

geringer, weil sie nicht gedrängt w u r d e n ; der

Rückzug aus Rufsland kostete ihnen beinahe die ganze Armee.

Es k o m m t dabei viel auf die innere Ordnung

und Disciplin an, so w i e auf die Anstalten zu ihrer V e r pflegung, welche uian unterwegs getroffen hat oder zu treffen im Stande ist.

Alan k a n n a n n e h m e n , dafs ein

dreitägiger Mangel an ordentlicher Verpflegung schon gewaltig auf die Disciplin w i r k t ,

und dafs es das Zeicheu

eines vortreflichen Geistes ist, wenn dadurch die innere Ordnung nicht erschüttert wird. Um überhaupt einen OiFensivplan zu entwerfen, hat inan sich folgende Fragen zu stellen : 1) Welches ist das Hauptoperationsobject,

das end-

liche Ziel aller Operationen ? 2) Welches sind die Defensivlinien des Feindes?

37 3 ) Welche Hindernisse liegen sonst in dem Terrain und der natürlichen Beschaffenheit der Gegend? 4 ) Welche Widerstandsiuittel hat der Feind disponibel, welche in R e s e r r e ? 5 ) W o zieht derselbe seine Armee zusammen, oder wo kann er sie wahrscheinlicherweise versammeln ? 6) Welche Operationslinie ist zu nehmen? 7) Welche Kräfte müssen zu dem Angriff verwendet werden? Zu 1)

Das H a u p t o p e r a t i o n s o b j e c t

ist zwar

immer die feindliche Hauptstadt, und nächst derselben die fruchtbaren Provinzen, allein nicht immer steht dasselbe in seiner ganzen Klarheit da, weil die vorbereitenden und einleitenden Operationen manchmal so weit aussehend sind, dais man nicht die Aussicht hat, in einem einzigen Feldzuge ans Ziel zu gelangen, wie dies mit den Kriegen der Fall war, welche Oestreich 1805 und 1809 gegen Frankreich unternahm.

Selbst im Jahre 1813

halten vielleicht nur sehr wenig Leute den Gedanken, dafs die Hauptstadt Frankreichs das definitive Operations object der Allianz sey.

In manchen Köpfen des Haupt-

quartiers herrschten gar seltsame Ansichten.

Zuerst muíste

man freilich darauf bedacht seyn, die Arinee zu Grunde zu richten, welche das Werkzeug war, durch dessen geschickte Handhabung Napoleon scherplatze behauptete.

sich

auf seinem Herr-

Daher konnte auch der erste

Operaliousplan, selbst rein militärisch, auf nichts anderes gerichtet werden, ohne die anderen Anforderungen der Strategie zu berücksichtigen.

Die durch vieles Glück und

mannigfache Siege bis zum Uebermulh gesteigerte Kühnheit des Gegners erleichterte allerdings dieses Stieben, dagegen war es aber ganz und gar nicht vorauszusehen, dafs sich in der Allianz so viele Truppen und überhaupt

38 so viel mittel finden w ü r d e n , um die furchtbaren Linien der E l b e , des Rheins und die dreifache R e i h e der F e stungen Frankreichs, so w i e alle übrigen von den F r a n zosen besetzten festen F u n k l e zu neutralisiren.

Selbst in

Frankfurt w u r d e das W o r t P a r i s , als das Ziel aller fern e m Operationen, erst dann ausgesprochen, als man die volle Ueberzeugung von den unzureichenden W i d e r s t a n d s initteln der Franzosen erlangt hatte. ganz einfach,

Manchen schien es

vielen k a m es dennoch

als eine grofse

K ü h n h e i t , und einigen sogar als eine Verwegenheit vor, je nachdem die Skale ihres moralischen Muthes höher oder tiefer stand.

Iin J a h r e 1815 w a r Napoleon in d e m -

selben F a l l e ; viel Feinde, viel Hauptstädte.

V o r allen

Dingen mufsten die Armeen geschlagen w e r d e n , ihn am nächsten bedrohten. lande diente eine vorzubereiten,

welche

Die Eroberung der Nieder-

weitere Offensive nach

Deutschland

und daher w u r d e Brüssel das erste O p e -

rationsol'ject. Manchmal ist eine A r m e e zu einer Nebenoperation bestimmt und hat den Zweck,

die Eroberung einer P r o -

vinz oder, richtiger ausgedrückt,

eines Terrainabschnitts

211 bewirken, w i e der Marschall 3Iacdonald, Fürst W r e d e und Fürst Schwarzenberg im J a h r e 1 8 1 2 ; manchmal wird auch nach der Eroberung der Hauptstadt der Krieg noch fortgesetzt,

w i e in den Jahren 1807 und 1809.

Hier

werden die Hauptstädte der P r o v i n z e n , oder die Festungen, von denen der Besitz derselben abhängt, die Operationsobjecte.

Die Feldzüge in Preufsen und in Schlesien

1807 liefern hierzu

die Belege.

Wenn

der Krieg iu

Oestreich 1809 w ä r e fortgesetzt worden, so würden w a h r scheinlich zwei üslreicliische Armeen aufgestellt worden seyu,

eine zur Deckung von Böhmen , vielleicht in der

Stellung vou Iglau, die audere zu ι Deckung vou Ungarn,

39 ία welcher Absicht bei Dotis ein verschauzles Lager vorbereilet war.

Diese Vertheilung der Streitkräfte lag zwar

in den Umständen, allein sie war ganz zum Vorlheil der Franzosen, welche, um mit Jomini zu reden, im Besitz der ¡uñero Linien gewesen wären, und solche wahrscheinlich eben so glücklich benutzt haben würden,

wie der

Erzherzog Carl im Jahre 1796. Zu

2)

Die D e f e n s i v l i n i e n

sind

elweder

t ü r l i c h e , oder k ü n s t l i c h e , oder b e i d e s . drei Arien

ist schon die llede gewesen.

na-

V o n allen Der Angrei-

fende inufs sie entweder ganz oder theilweise erobern, oder sie durchbrechen. ligste,

Der erstere Fall ist der n a c h t e i -

weil er den meisten Aufwand an Z e i t ,

und Mitteln erfordert.

Kräften

Der Verlheidiger luit daher be-

sonders dahin zu wirken, dafs sein Gegner iu diesen Fall kommt ; dahingegen inufs der Angreifer seinen Γΐηιι so einzurichten trachten, dafs er sich den W e g durch W e g nahme einiger fester Funkte, oder durch Maskirung derselben eröffnet, ohne sich gerade auf die Eroberung ganzen Linien einzulassen.

der

E s kommt hier auf den Zweck

der Operation an, und auf den Widerstand, den der A n greifende findet, so wie auf die Subsislenziniltel, die er anzutreffen hoffen kann, ferner darauf, ob die feindliche Armee bereits geschlagen ist, oder ob sie sich hiuter den DelensK-linien aufgestellt h a t , oder zwischen denselben, durch Festungen oder verschanzte Tosten gedeckt.

Auch

ist die Beschaffenheit der Defensivlinien selbst zu berücksichtigen, indem die durch Gewässer gebildeten andere Rücksichten als die in einem Gebirgslande erzeugen.

Ini

Jahre 1796 umging der General Bonaparte die Linien der Oeslreither in den Hochalpen;

im Jahre 1 8 1 4 that die

Hauptarmee der Alliirten dasselbe, Schweiz iu Frankreich einbrach.

indem sie durch die Wenn

in den Jahren

40 1 7 9 3 und 9 4 die preufsische Armee ihre Operationen bis in das Herz von Frankreich richten wollte, so mufste, aufser der Wiederuahtne von Maynz, die Eroberung von Fort Louis, Landau, Saarlouis und Metz denselben vorangehn.

W e n n es blos darauf ankommt, sich den W e g

durch eine Reihe von Festungen zu bahnen, so kann man sich begnügen, die auf der Operationslinie liegenden zu maskiren; dazu gehört

aber ein

Ueberflufs an Leuten,

•wie es im Jahre 1814 der Fall war, die man, ohne sich zu schwächen, entbehren kann. Den Tunkt des Durchbruchs sucht man in der Regel auf oder unfern der Operationslinie, man mag nun die sperrenden Plätze entweder zu nehmen oder zu maskiren beabsichtigen.

E s versteht sich von selbst, dafs man bei

mehrern Operationslinien diejenige wählt, w o man wenigsten Hindernisse zu erwarten hat.

die

A m Ende des

Jahres 1 8 1 3 hätte die Hauptarmee der Alliirten auf dem kürzesten W e g e hen können,

von Frankfurt aus über den Rhein ge-

weil die Widerstandsfähigkeit Frankreichs

in dem ersten Momente beinahe null w a r , indessen w a r der Marsch durch die Schweiz und die dadurch bewirkte Umgehung aller französischen Defensivlinien ein Zeichen von grofser Umsicht, und halle besonders für Oestreich den Vorzug, dessen Operationslinie bedeutend abzukürzen. Zu

3)

E s ist unentbehrlich,

die natürlichen Ver-

hältnisse einer Gegend auf das genaueste zu erkunden, bevor man eine Armee dahin führt, weil die Unkenntn i s derselben sehr traurige Folgen haben, einen ganzen Feldzug vereiteln, vielleicht selbst dein Kriege

die un-

glücklichste Wendung geben, und dadurch eine Nation ins Elend stürzen kann. vorsichtig genug seyu. zu ziehen:

Hier kann ein Feldherr nicht Dabei ist folgendes in Erwägung

41 a. Die climntischen Verhältnisse, welche von den Jahreszeiten und deren Wechsel abhängen; b. der Gesundheitszustand des L a n d e s ; c. die Fruchtbarkeit des Bodens und die Produkte desselben ; d. die Anzahl der Städte«Dörfer und ihrer B e w o h n e r ; e . die Charakter-Eigenschaften und die Stimmung der letzlern; f. ihr Culturzustand, Handel und Industrie; g. die Organisation und Verwaltung des Landes, und dessen Einkünfte; Ii. der Lauf und die Beschaffenheit der Flüsse und Canale, und ihrer Ufer, so w i e die Schifffahrt darauf, Brücken, Uebergäuge u. 8. w . ; i. die Strafsenzüge und ihre Verbindung, nebst einer genauen Beschreibung ihrer tactischen Verhältnisse; k . die Gebirge und ihre natürliche Beschaffenheit, besonders in Bezug auf ihre Fruchtbarkeit, W e g s a m k e i t , und die Mittel überhaupt, welche sie einer Armee darbieten. Man kann annehmen, dafs Deutschland, Italien und Frankreich in Bezug auf diese Gegenstände vieles mit einander geinein haben, und es w a r daher sicher eine der ersten Ursachen des Napoleoaischen Kriegsunglücks in Spanien und Rufsland, dafs e r , von seinen bis d a hin in jenen Ländern gemachten Erfahrungen irre geleitet, dort den Geist der Einwohner und hier das Clima falsch beurlheilte, so sehr er auch das Gegenlheil versichert. Zu 4 ) Es wird vorausgesetzt, dafs die Anzahl der Triippen, welche der Feind überhaupt ins Feld stellen kann, und die, welche er für den ersten Augenblick disponibel hat, bekannt sind. Die Volkszahl, verglichen

42 mit d e m üblichen Militairsystein w e i s e , liefert dahin sich a n n e h m e n ,

u n d der

gehörige Notizen.

dafs das Verhältnifs der

auszuhebenden Mannschaft

τοη

der

Rekrutirungs-

A l s Prinzip läfst f ü r den Krieg

mehr oder

minder

geregelten Organisation u o d Administration eines L a n d e s abhängt.

J e w e n i g e r die Civilisation Fortschritte gemacht

h a t , doso s c h w i e r i g e r ist die T r u p p e n a u s h e b u n g ,

wenu

nicht vielleicht die Nation von innen h e r a u s durch einen kriegerischen Geist, Beutegier oder F a n a t i s i n u s getrieben wird.

Ueberdein aber ist es nicht die A n z a h l der T r u p -

geu a l l e i n , w o r a u f

es hier a n k o m m t ,

sondern auch die

G ü t e derselben, d. Ii. ihre moralischen, iutellectuellen u n d physischen Eigenschaften und Fähigkeiten, w o v o n in d e m z w e i t e n B u c h e ausführlicher gesprochen Zu

j)

werden

wird.

Bekanntlich ist die A n l e g u n g d e r Magazine

ein sicheres K e n n z e i c h e n der P u n k t e , w o der Feind seine Truppen zusammenzieht.

Uehrigens

kommt

es darauf

an, oh derselbe die Offensive zu ergreifen, o d e r »ich auf der V e r t e i d i g u n g

zu halten

K u n d s c h a f t e r a m thatigsten,

gedenkt. und

sind

die

die Verlegenheit

Hier

der

niittehnarsigen Generale a m sichtbarsten. gründlich v e r s t e h t ,

W e r sein F a c h

der w i r d nicht allein die Absichten

seines Gegners bald e r r a t h e u , eondern er h a t auch seino Vorbereitungen

so getroffen, dafs e r ,

o h n e selbst

eine

Blül'se zu geben, in deesen P l ä n e eingreift, bevor sie zur Ileife k o m m e n ,

u n d dadurch die B e w e g u n g e n desselben

ganz den seinisen u n t e r w i r f t .

D i e s h a t der General J o -

m i n i d i e Initiative g e n a n n t , u n d keine Hegeln geben.

es lassen sich darüber

Ein talentvoller General

wird im-

m e r die Initiative haben, und die B e w e g u n g e n eines mit— teliniilsigen Gegners stets b e h e r r s c h e n . gen : dit; Absichten wickeln,

Man h ö r t oft s a -

des F e i n d e s m ü s s e n

sich erst

ent-

bevor m a u selbst einen Tlau e n t w e r f e n k ö n n e ;

43 dies ist in den meisten Fällen ein Nothbehelf für solche, die überbaupt nicht wissen, -was sie zu thun haben, und nach welchen

Grundsätzen

zu verfahren

ist.

Generale sind nicht einmal damit zufrieden, ertheilen ihren

Manche

sondern sie

Untergebenen gar Aufträge, deren Aus-

richtung kaum anders möglich ist, als dafs man den feindlichen Feldherrn höflichst um Mittheilung seines Flanes bittet.

Solche richten ihr Augenmerk nicht auf die data,

aus welchen durch Schlüsse herzuleiten ist, was sie zu wissen verlangen, sondern da sie nicht zu schliefsen gelernt haben, so wollen sie die Sache selbst wissen, und sind nicht einmal mit den Schlüssen zufrieden, die andere für sie inachen. —

Bonaparte's Feldzüge in den

Jahren 1 7 9 6 , 1 8 0 0 , 1 8 0 5 , 1806, 1807, 1809, 1 8 Í 2 sind hier als Muster zu studiren, nen ist,

ob es gleich nicht zu leug-

dafs seine Gegner eben so oft durch ihre eigne

Schwäche als durch die Ueberlegenbeit seiner Entwürfe unterlagen. Zu

6)

Die Operationslinie soll der kürzeste W e g

seyn, der nach dem Operationsobjecte hinführt ; sie soll alles enthalten, was den Marsch und die Zufuhren erleichtert, d. h. es mufs eine gebaute, eine gebahnte Hauptstrafse seyn,

oder wenigstens

die durch

fruchtbare

Provinzen führt; sie soll dem Feinde, der das Vorrücken auf derselben zu hindern sucht, wenig oder geringe tnctische Vortheile gewähren ; sie soll die feindlichen D e fensivlinien

entweder ganz umgehen oder da durchbre-

chen, w o sich die wenigsten Schwierigkeiten finden \ sie soll endlich den feindlichen Unternehmungen iin Kücken der vordringenden Armee so wenig als möglich

ausge-

setzt seyn. W e n n ein General in den Fall kommt, agiren,

olTeusìv zu

ohne eine Operationsbasis und vielleicht selbst

44 ohne starke Defensivlinien zu haben, wie diefs nuf der Weetgränze von llufsland und yon Oestreich vorkommt, so ist er verpflichtet, eeine Magazine sowohl als das passive Operationsobject durch seine eigenen Operationen zu decken. Hier ist die wahre Gelegenheit Talente zu entwickeln, und durch Thätigkeit und Kraft zu ergänzen, was man entbehrt. Die erste Regel ist hier die, dais die Hauptmasse sich auf der Linie bewegen inufs, w e l che der Feind entweder schon gewählt hat, oder allem Anscheiue nach wählen wird. So war es im Jahre 1S06 vorauszusehen, dafs die französische Armee, welche in Süddeutschland concentrirt stand, über Hof und auf dem rechten Saalufer vordringen würde. Im Fall einer Offensive hätte daher der Herzog von Braunschweig dieselbe Slrafse zu seiner Operationslinie wählen müssen, wie dies auch der Trinz von Hohenlohe stets vorschlug. Die Seitenstellung bei Jena würde au sich nicht zu tadeln gewesen seyn, wenn mit der uüthigen Klarheit, oder in sofern es an dieser nicht fehlte, mit mehr Festigkeit und Umsicht dabei verfahren worden wäre. Hällen die Treufseu den Sieg erfochten, so würden die llesultatsmensclien nachher eine andere Sprache geführt haben. Der Herzog von Braunschweig, dem man alle Schuld beimifst, hatte immer tiefe Kriegskenntnisse an den Tag gelegt, und wenn er einen Fehler begangen hat, so ist es wahrscheinlich blos der, nicht mit mehr Festigkeit und Nachdruck seine Ansichten durchgeführt zu haben. Es ist eine tief liegende psychologische Wahrheit, dafs jeder nur seine Entwürfe oder die, welche er zu den gelingen zu machen verstanden hat, auszuführen vermag. Eiuen Beweis hoher Einsicht und grofsartiger Selbstverleugnung legte daher der General Bonaparte ab, als er Moreau für die Eröffnung des Feldzugs 1 8 0 0 eiuen l'lan vorschrieb,

45 wodurch aller Wahrscheinlichkeit nach die demselben gegenüber stehende Armee vernichtet worden wäre, denselben aber sogleich aufgab, als es sich zeigte, dafs Morenti nicht Fähigkeit genug besafs, sich denselben zu eigen zu machen. Z u 7) Die L a g e des Hauptoperationsobjects und der Defensivlinien, die zu besiegenden Hindernisse, die Widerstandsmittel, welche der Feind disponibel h a t , die Beschaffenheit der T u n k t e , w o er sich zusammenzieht, und der Operationslinien, in tactischer Hinsicht sowohl als in Bezug auf die Subsistenz, entscheiden über die anzuwendenden Kräfte. Das Beispiel des jetzt beendigten Türkenkriegs kann dazu dienen, die Anwendung der Grundsätze deutlich zu machen. Man kann wohl zugeben, dafs bei Ausbruch desselben russischer Seits e t w a folgende Betrachtungen dem Entwurf des Operationsplans vorangegangen seyn mögen : Ein schneller und dauerhafter Friede könnte am sichersten durch die gänzliche Zerstörung aller Widerstandsmittel und die Einnahme der Hauptstadt erlangt werden ; dazu möchte gehören, dafs finaliter eine russische Armee von etwa 100000 Mann vor den Thoren von Constantinopel erscheine. Um überhaupt sich den W e g dahin zu eröffnen, sind Schwierigkeiten zu überwinden, feste Plätze zu erobern, zu deren Besetzung oder Beobachtung Truppen zurückbleiben müssen, Schlachten zu liefern, welche Menschen und Material kosten ; auch Krankheiten vermindern den Stand der A r m e e ; der Feldzug müfste daher wenigstens mit 200 bis 250000 Mann begonnen w e r den. W ä r e n nun Umstände vorhanden, entweder in B e zug auf die Verpflegsverliällnisse oder wegen politischer Conjuncturen oder aus andern Ureachen, welche nicht ge-

46 stallen eine so zahlreiche Armee zu dieser Unternehmung zu verwenden, so würde daraus folgen, dafs ein I n v a sionskrieg Iiier nicht anwendbar s e y , und dafs nach den Vorschrillen des methodischen Offensivkriegs damit angefangen werden müfste, die Defensivlinien

der Türken

entweder zu erobern, oder zu durchbrechen. Die W a h l der Operationslinie längs dem schwarzen Meer gewährt den Vortheil der freien Zufuhr, giebt dem linken Flügel einen sichern Stützpunkt, und durchschneidet die beiden Defensivlinien der Türken, die Donau und den Balkan, an denjenigen Punkten, w o sich die wenigsten Schwierigkeiten

finden.

Der erste Feldzug

wurde

dazu angewendet, den W e g zu eröffnen; der Besitz von Varna und Prawodü führte

die Russen in den Rücken

der Fosition von Srhumla,

und

im zweiten Feldzuge

wurden diese Umstände benutzt, um den Balkan zu überschreiten.

Das übrige sind zufällige Ereignisse, die kei-

ner Berechnung unterlagen. die Wittel.

Der Zweck bestimmt stets

W e r eine Offensivoperation unternimmt, der

mufs die Stärke der feindlichen Armee kennen, und diejenigen Kräfte nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung auszumitteln verstehen, welche zu deren Ueberwältigung erforderlich sind. die Truppenzahl

Dazu wird additionell noch

hinzugefügt,

welche

die Verluste in

Gefechten oder durch Krankheiten, oder auch was man detaschiren oder sonst zurücklassen mufs, ersetzen kann. Endlich müssen auch rückwärts Depots errichtet, dort die Ersatzinannschaften gesammelt

und immer so in B e w e -

gung gesetzt werden, dafs die active Armee stet· vollzählig erhalten wird.

Eine Unternehmung, die so basirt

ist, und wo noch überdiefs die Verpflegung der Truppen mit der gehörigen Sorgfalt eingeleitet wird, durch zufällige Umstände

scheitern.

kann

nur

47 W e n n ein Offensivkrieg darauf gerichtet w i r d ,

ein

von dein Feinde besetztes L a n d wieder zu erobern, so •werden die Operationen

nach den bisher

entwickelten

Trinzipieu geführt, und der Calcul des Herzogs yon W e l lington iin spanischen Kriege w a r auf ähnliche Grundsätze gegründet,

obgleich

auf einer andern Seite seine

Aufgabe viel leichter w a r als die seiner Gegner.

Da

w o politische Z w e c k e prädominiren, werden die militnirischen Operationen denselben immer untergeordnet bleiben.

I m Jahre 1S23 rückte eine französische A r m e e in

Spanien ein, um eine Tartliey zu sprengen, welche sich der höchsten Gewalt angemafst halte, und den König beinahe als ihren Gefangenen behandeile.

Diese Absicht

ist vollkommen geglückt, und daher unterliegen die O p e rationen keiner weitern Critik.

Die Sitze

dieser F a r -

tliey und ihre Zuiluchtsörter bildeten allein die Operationsobjecte, und mau könnte vielleicht blos fragen, w a r um beim Vordringen der Hauplnrinee nach Madrid nicht eiu Corps südlich eilte, um den W e g nach Cadix zu versperren. XIV. a.

Es kann der Fall eintreten, dafs man den Feind

überraschen und seine Aufmerksamkeit durch eine vorläußge Zusainineuziehung der Truppen nicht vor der Zeit aufregen w i l l ; am besten wird diese Absicht

dadurch

erreicht, dafs die Truppen sich auf mehreren Tunkten in kleinern Abiheilungen sammeln, und sich im Verhältuifs ihrer Entfernungen so in Bewegung setzen, dafs sie gerade ain Tilge vor dein Beginn der Feindseligkeiten auf dem allgemeinen Versammlungspunkte

ankommen.

So

halte Napoleon seine Truppen im Jahre 1815 in Corps zusammengezogen, doch hätten es auch schwächere A b theilungeu seyn können.

Man kann dies.e Versammlung

48 der A r m e e

vor Ausbruch

schen A u f m a r s c h

des Kriegs

den

strategi-

n e n n e n , und es lassen sich damit

allerhand Z w e c k e verbinden, je nachdem inan eine droh e n d e oder blos

eine schützende Stellung

zu nehmen

beabsichtigt. b.

Ob m a n , w e n n es wirklich zum Bruch k o m m t ,

die A r m e e in einer oder mehrern Colonnen in Bewegung setzt, hängt von der Nähe und dem Unlernehinungsgeiste des Feindes ab.

Beträgt die Entfernung nur einige

sche, so erfordert die Klugheit seine Truppen

fllär-

beisammen

zu haben, und w e n n sie auch in mehrern Colonnen inarschiren, so müssen die Zwischenräume u m so geringer s e y n , je eher m a n mit dem Feinde zusammenzutreffen erwarten k a n n .

Die Einmärsche Friedrichs II. in Sach-

sen und Böhmen in den Jahren 1750 und 1757 sind daher sehr gewagt zu n e n n e n , und können nur vor einem Feinde gelingen, der den damaligen Gegnern Friedrichs ähnlich ist. c.

Kurze Operationslinien sind ein Vortheil fiir den

Angreifer, nicht nur weil er in der Nähe seiuer Operationsbasis bleibt, und daher bei einem Unfälle leicht Schutz und Sicherheit findet, sondern auch weil er seine A r m e e mehr beisammen halten kann.

E s hat näinlich eine lange

Operationslinie den Nachlheil, dafs man Truppen zu D e k kung seines Rückens und des eroberten Landes zurücklassen , und sich folglich dadurch schwächen mufs, w i e es Napoleons Feldzug in Rufsland und noch mehr der in Spanien bewiesen haben. haupt, d a f s m a n

mit

Daraus folgt nicht nur übereiner

gegebenen

Anzahl

von T r u p p e n nur bis auf e i n e g e w i s s e Distanz in e i n f e i n d l i c h e s L a n d , d.h. ein s o l c h e s ,

wel-

c h e s W i d e r s t a n d l e i s t e t , e i n d r i n g e n k a n n , sondern auch dafs m a n bei Enlwerfung des Operationsplans

49 darauf Rücksicht zu nehmen h a t , um Truppen zu bestimmen, derlich sind.

die Anzahl

der

welche zu einer Invasion erfor-

Hierin, liegt das Minimum

eben s o ,

wie

sich das Maximum aus der Combination der Verpflegsund Transportmittel ergiebt.

W a s daraus entsteht, wenn

man die eine Gränze nicht erreicht und die andere überschreitet, das zeigen die Beispiele von Spanien und Rufsland.

A u f den Widerstand,

ten, hatte Napoleon

welchen die Spanier leiste-

nicht gerechnet, und darum waren

seine Mittel im Verhältnis zu gering.

Ob er überhaupt

bei dieser Expedition noch andere W a f f e n hätte gebrauchen können und sollen, ist eine andere F r a g e , Beantwortung nicht hierher gehört. Fall anders.

deren

In Rufcland war der

Ein weites Areal, eine dünne Bevölkerung,

die Civilisation auf einer niedern Stufe, das tief im Herzen des Landes liegende Hauptoperationsobject, waren einer Invasion nicht günstig.

Die in Thäligkeit gesetzten

Kräfte waren mehr auf die Ausdehnung des Landes als auf seine Hilfsmittel berechnet, fange des Feldzugs seiner Streitkräfte

weshalb gleich im A n -

dem Sieger ein bedeutender aus Mangel zu Grunde ging.

isolirte die Excentricität

der Operationen

Theil Zudem

das Centruin

und die Flügel, d. Ii. Moskau war zu unverliältnifsmäfsig weit von Tollotzk, Dünaburg undTinsk.

Hätte Napoleon

nach der Schlacht von Smolensk die russische Hauptarmee blos durch einige Corps' verfolgen lassen, und wäre entweder zur Verstärkung

seines

linken

oder rechten

Flügels inarschirt, so konnte er vielleicht beide in den Stand setzen, die ihnen gegenüberstehenden Truppen zu überwinden,

und darauf

weiter vordringen,

mit beiden in gleicher

welches ihm eine solidere

gewährt haben würde. /fuguer ¡lb. il. Krii-3 I. 'III.

D

Höhe

Stellung

50 d.

U m dein Nachtheil

einer

Inngen Operationslinie

zu begegnen, w ü r d e es rathsain seyn, sich bei dem V o r dringen in F e i n d e s L n n d eine neue B a s i s zu bilden» und dnzii e n t w e d e r

die eroberten Defensivlinien

des Feindes

zu benutzen, oder seine Magazine und Depots in Orte zu legen, die durch Verschanzungen einer gewissen Haltbarkeit fähig sind.

D a m i t es nicht nöihig w ä r e , die B e s a t -

zungen von der activen A r m e e zu entnehmen, w ü r d e es dienlich s e y n , ten

in

bilden ,

die Reservetruppen und Ersatzmannschaf-

den eroberten Provinzen zu formiren und auszuund

dadurch

einen dreifachen Z w e c k zu

errei-

chen, einmal, die eroberten Frovinzen im Z a u m e zu h a l ten, o h n e die Hauptarmee zu s c h w ä c h e n , dann den E r satz näher zu h a b e n ,

und

endlich

die

neue A r m e e auf

K o s t e n des Feindes zu formiren. e.

Die

günstigste L a g e ,

in

agirende A r m e e befinden k a n n ,

der sich

eine offensiv

ist, wenn

sie mit dem

Vortheil einer kurzen Operalionslinie den verbindet, m e h rere Operationslinien zu ihrer Disposition zu h a b e n , sie im Nothfall wechseln kann.

die

Hier zeigt sich vorzüg-

lich der Vorlheil einer concaven B a s i s , w e i l alle O p e r a tionslinien

convergiren,

werden küunen.

und

folglich

leicht

DnTs diese Convergenz

der Convergenzpunkt fernt liegeu d a r f ,

nicht zu

sehr

von

gewechselt

oder

eigentlich

der B a s i s e n t -

versteht sich von s e l b s t ,

und darnach

liefse sich die W e i l e des Bogens, w e n n es erfordert w e r den sollte, viel e h e r bestimmen als Herrn

von

Biilow

veranlnfst

hat,

nach d e m , die

was den

vorteilhafteste

K r ü m m u n g desselben auf 9 0 Grad festzusetzen,

da

hier

von einem Zirkelaussrhnitt gar nicht die R e d e seyn kann. f. Mittel der bei

Der

Wechsel

der

gegen Umgehungen. seinem Vordringen

Operationslinie

ist das

beste

Die Feldziige Friedrichs I I . , aus Sachsen

oder

Schlesien

51 nach Böhmen immer die Wahl unter den Strafsen halle, beweisen diefs am deutlichsten. Einer Umgehung in unserm Sinne war er nie ausgesetzt, und nur einmal kam er in Gefahr, als er bei der Operation auf Ollinütz iin Jahre 175S auf der äufsersten Liuie von seinem linken Flügel vorgerückt war. Nach der Schlacht bei Ligny redete dos Wechseln der Operationslinie die preufsieche Armee, und hätte Napoleon in der Schlacht von Belle Alliance beim ersten Erscheinen der preufsischeu Armee in seiner rechten Flanke den Entsclilufs gefafst, seine Operationslinie zu wechseln, w i e diefs in seiner Gewalt stand, so wäre er an diesem Tage, wenn auch nicht ungeschlagen, doch aber ohne eine so totale Niederinge zu erleiden, davon gekommen. g. Wer eine Offensivoperalion beabsichtigt, der hat vor allen Dingen zu fragen : 1) Steht der Feind vor oder hinter seinen Defensivlinien, und hat er überhaupt eine Basis und Linien? 2) Hat er ebenfalls eine OITensive im Sinne, oder beschränkt er sich auf die Vertheidigung? Wer keine Basis hat, mufs offensiv operiren ; da aber seine Magazine in offnen Orten liegen, so kann er sich nur in ihrer Nähe schlagen. Diese Umstände bedingen seine Operationen. Sind beide Theile in gleichem Falle, so kommt es auf die Einsicht und den Unternehmungsgeist der beiden koinmandirenden Generale an. Mit einer Schlacht gehen alle Vorräthe, das Material und zum wenigsten ein Terrainabschnilt verloren, und es kommt nun darauf an, welcher von den beiden Generalen zuerst die meisten Chancen auf seine Seite zu bringen weis. So mufs man in strategischer Hinsicht die ineisten der frühern Feldziige, besonders aus dem spanischen und östreichischen Successionskriege, so wie die Kriege Friedrichs II. beurtheilen. D 2

52 h.

Wenn

vorbereitet

beide T h e i l e

ihr Kriegstheater

und befes I igt h a b e n ,

auf eine starke B a s i s s t ü t z e n ,

gehörig

d. Ii.

Λven η beide sich

(welches

zu wenig b e o b -

achtet und häufig ganz vernachlässigt w i r d ) ,

so

kommt

es darauf an, ob noch ein Terrainabschnitt zwischen

bei-

den existirt, und w e l c h e Ausdehnung derselbe hat.

Eine

entscheidende Schlacht, d. h. eine solche, w o die ganzen Streitkräfte •werden,

des

ist

tionstheaters

einen

Theiles

zerstört

und

schwierig.

Ein

mittelmäfsiger

hier ganz iu den Händen seines Gegners, sein F a c h versteht. vrirkunst,

Sind

entscheidet

beide

ist

die feinste M a n ö -

iniUelinäfsig,

sind beide g e w a n d t ,

wahrscheinlich liefern,

Hier

General

w e n n derselbe

w i e es der letzte Feldzug T ü r e n n e ' s im J a h r

1675 beweist. Zufall;

vernichtet

bei einer geringen Ausdehnung des O p e r a -

in die L ä n g e .

um eine Festung

lagerung zu d e c k e n ;

so

zieht

so w a l t e t sich

Man wird

der

Krieg

eiue S c h l a c h t

zu belagern oder um eine

man

begnügt

sich

der

damit,

Be-

seinem

Gegner Abbruch zu thun, w i e in früheren K r i e g e n ; man macht Unternehmungen gegen seine Zufuhren u. s. w . i.

W e n n einer von beiden T h e i l e n sich hinter seine

L i n i e n , oder unter den Schutz einer Festung stellt, so ist es ein Z e i c h e n ,

dafs

den A u g e n b l i c k ,

denen seines Gegners nicht g e w a c h s e n

sind.

seine K r ä f t e ,

E r will denselben

rungen zu s c h w ä c h e n .

überhaupt

oder

für

n ö t h i g e n , sich durch D e t a s c h i A u f einen solchen F a l l

aber ist

der Angreifer schon vorbereitet, und findet Mittel seinen Z w e c k zu e r r e i c h e n , in

Nachtheil

ohne

zu s e t z e n ,

sich zu schwächen oder sich

und

wenn

er

nur durch

eine

Hauptschlacht dahin gelangen k a n n , so wird er alle seine Kräfte aufbieten,

tun seinen Gegner

dazu zu

zwingen.

Hier k o m m t es w i e d e r auf das gröfsere T a l e n t a n ;

sind

beide gleich, so würden wahrscheinlich die leichten T r u p -

53 pen und Sireifcorps sehr in Thätigkeit k o m m e n , um die Zufuhr zu beuuruhigea,

uud zuletzt könnte w o h l eia

Glücksfnll eine Eutscheidung herbeiführen, vorausgesetzt nämlich, dafs die gewählte Stellung unangreifbar ist. k.

Es giebt Fälle, w o nur die W e g n a h m e

einer

oder gar mehrerer Feslungen den. W e g eröffnet und die Operalionslinie frei macht.

Hat man einen Ueberflufs an

L e u t e n , so kann man dieselben vorbeigehen,

und sie

durch ein zurückgelassenes Corps entweder blokiren oder maskiren; i m entgegengesetzten Falle aber bleibt nichts andere übrig, als sich zu der Belagerung zu entschließen, und dazu gleich bei Eröffnung des Feldzugs die nöthigen Einleitungen zu treffen.

Die Belagerung wird durch eine

Observationsarinee gedeckt, und

w e n n der Feind z u m

Entsatz vorrückt, so inufc man diese Gelegenheit zu einer Hauptschlacht nicht vorüber lasseu. XV. Eine H a u p t s c h l a c h t

überhaupt ist diejenige, w o

die beiderseitigen Hauptarmeen mit einander ins Gefecht k o m m e n ; der Sieg ist vollständig und die Schlacht entscheidend, w e n n die Sireitkräfte des einen Theiles e n t weder ganz oder zum gröisten Theile, und z w a r mit verliällnifsmäfsig geringem Verlust von der vernichtet werden. Napoleon gelehrt.

andern

Seite,

W i e das a u s z u f ü h r e n , hat Kaiser Er erreichte diesen Z w e c k

weniger

durch die Schlacht selbst, als durch ihre Vorbereitungen und Folgen.

Seine Dispositionen waren immer so ge-

troffen , dafs er die Rückzugslinie des Gegners noch vor dem Schlagen in seiner Gewalt halte, und denselben in den Fall setzte, alle seine Anstrengungen

blos auf W i e -

dereröffnung_ seiner Communication zu richten.

Eine ge-

schlagene Armee bedarf R u h e , Erholung und Sicherheit,

54 tun sich wieder zu sammeln und ihre Verluste zu ersetzen; w e n n sie daber keinen Rückzug b a t , und folglich keine Verpflegung erhält, so m u b eine allgemeine Auflösung erfolgen, uud ihre Trümmer eiuzeln dem Feinde in die Hände fallen. Napoleon erreichte diesen Zweck durch die U m g e h u n g , und keiner der gegen ihn coinmandirenden Generale hat diesem Manöver zu begegnen oder dasselbe zu vereiteln verstanden, ob er gleich bei Rivoli die Anweisung dazu selbst gegeben hatte. Diese Bewegung ist iudessen nicht gefahrlos, und nicht unter allen Umstanden anzuralheu. Der General, dem ein umgehendes Corps anvertraut wird', inufs Proben abgelegt haben, dafs er selbstständig zu handeln v e r steht, denn er ist vou der Hauptarinee getrennt, und kann in den Fall g e r a l h e n , sich auf seine eigenen Kräfte verlassen und gegen Ueberinacht kämpfen zu müssen. Auch ist nicht jedes Terrain dazu geeignet, obgleich Napoleon, auf sein Glück und die Geschicklichkeit seiner Generale und Officieie hauend, wenig oder gar keine Rücksicht darauf nahm. So hätte die Entsendung des Marschalls Davoust bei Auerstedt ohne allerhand Glücksfnlle sehr zu seiuem Nachtheile ausschlngen können, und selbst der berühmte Alpenübergang im Jahre 1800 war an sich ein höchl gefährliches W a g s t ü r k . Indessen ist es ein altes, und auch auf militärische Unternehmungen anwendbares Sprüchwort: W e r gewinnen will, inufs wagen. Bei Moshaisk entsagte Napoleon seinem Lieblingsmanüver, w i e es scheint, freiwillig, obgleich das Terrain ganz dazu einlud. Hätte er die russische Armee durch eine Umgehung ihres linken Flügels in eine solche L a g e versetzt, w i e es ihm früher bei a n d i n i Gelegenheiten gelungen war, so wäre unstreitig der Friede bald und nach seinen Wünschen erfolgt; doch das Glück halte schon angelan-

55 geu ibiii den Rücken z u k e h r e n . — Wenn in der Schlacht bei Ligny das erste französische Arineecorps, wie es in dem Plan Napoleons gelegen zu haben scheint, bei Bry, i in Rücken der preußischen A r m e e , zur gehörigen Zeit angekommen w ä r e , so hätte diese Schlacht wahrscheinlich andere Folgen gehabt, und bei Belle Alliance wäre nicht zuin zweiten Male geschlagen worden. Solche Ereignisse gehören zu denjenigen, welche man gewöhnlich dein Glücke zuschreibt, weil sie von keinem menschlichen Verstände angeordnet werden. Bei Leipzig haben die Alliirten keine Umgehung versucht sondern es wurden vielmehr die Truppen, welche auf der Rückzugslinie der französischen Armee von Lindenau bis Naumburg standen, zurückgenommen, wozu moralische Gründe vorhanden gewesen seyn mögen. Die Folge davon war, dafs Napoleon seine Armee ohne weiter einen Unfall zu erleiden, wegführte, und sogar iin Stande w a r bei H a nau noch einmal zu schlagen. W i e ganz anders würde dieser Rückzug ausgefallen seyn, wenn ein mittelmäfsiger General an der Spitze der französischen Armee gestanden hätte! Auch hier zeigt sich die Supei-iorität des T a lentes, und eine Armee, die an eine strenge Disciplin gewöhnt ist, und Zutrauen auf ihre Führer h a t , wird μη kritischeu Lagen nicht leicht den Muth verlieren, und noch weniger sich auflösen. Es liegt in der Natur des militärischen Verbaudes uud ist ein allgemein bekanntes Axiom, dafs der Geist des Anführers auf die Truppen übergeht. Bei dem verhaiignifsvollen Rückzüge aus Rufsland hatte sich Napoleon, ganz seiner Gewohnheit zuwider, eine Menge Nacli*) Den Marsch nacli Connewitz wird wo Iii Niemand für eine Umgebung gelten lassen.

56 lässigkeiten zu Schulden

kommen

lassen,

welche

die

Truppen in die verzweifeltste L a g e brachten; allein das Vertrauen, -welches er ihnen einzuflöfsen gewufst halte, erleichterte alle Mühseligkeiten, und man mufs ihnen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dafs Officiere und Soldaten auf diesem langen

und beschwerlichen

Marsche,

w o jeder Tag neues Unheil brachte, eine w a h r h a f t heldenraiithige Hingebung bewiesen, und ihre Kräfte bis zu dem Augenblicke gänzlicher Erschöpfung aufgeboten haben. Die Umgehung kann tactisch geschehen, näinlich in der Schlacht selbst,

wenn

der Angriif in Flanke und

Rücken dirigirt wird, und strategisch, wenn ein starkes Corps vor der Schlacht in den Rücken des Feindes

raar-

schirt, und dessen Rückzugslinie bedroht oder in Besitz nimmt.

Tactisch w u r d e der linke Flügel der Oestreicher

in der Schlacht von W a g r a m umgangen, und strategisch der rechte liei Ulm.

So

kann man

Schlachtordnung Friedrichs II. hen betrachten.

auch die schiefe

als ein tactisches

Umge-

Das Terrain und die Anzahl der T r u p -

pen, über welche man disponiren k a n n , bestimmen die Wahl

zwischen

den

wird die Umgehung

beiden Umgehungen.

Manchmal

auch mit der ganzen Armee unter-

nommen, wie es bei Grofs - Gorschen der Fall w a r , und w i e es früher der General Bonaparte bei Arcóle versuchte,

nachdem

ilnn eine taclische Umgehung

Tage vorher mislungen w a r .

einige

Dazu ist aber erforderlich,

dafs man seine Operationslinie nicht in Gefahr setzt, oder dafs man deren mehrere zu seiner Disposition hat.

Alle-

mal aber mufs mit dem tactischen Umgehen ein Angriff verbunden seyn, wenn

es Erfolg haben soll.

Bei W a -

gram traf es sich, dafs der üufserste rechte Flügel der Oestreicher bis an die Brückeu der Frauzosen vorgedrungen war.

Dieser Zufall Italie sehr glorreiche Folgen h a -

57 bea k ö n n e n ,

-wenn zu gleicher Zeit von allen auf dein

rechten Ufer des Rufsbachs stehenden Truppen ein conrentrischer Angriff auf Raschdorf unternommen -worden •wäre. Die W a h l

des Flügels, den man zu umgehen ver-

sucht, hängt yon der L a g e des Operationsobjects a b ,

es

mag dasselbe die Hauptstadt oder eine Festung seyn, die man zu belagern im Sinne hat.

Der Angriffspunkt wird

so gewählt, dafs mnn im Fall des Gelingens den kürzesten W e g nach den

dein Objecte gewinnt.

strategischen

Angriffspunkt

Man kann dies nennen,

zum

Unterschied von dem t a k t i s c h e n , welchen die Terrainverhältnisse bestimmen.

E s ware ζ . Β .

wider die V o r -

schriften der Strategie gewesen, wenn bei Jena der rechte Flügel der preußischen Armee zum Angriffspunkte

ge-

wählt worden -wäre, weil es darauf ankam, dieselbe von ihrer Hauptstadt, von Sachsen, len abzudrängen.

und von ihren Hilfsquel-

E s kann indessen auch Fälle

geben,

w o es ganz gleich ist, -welchen Flügel man zum Angriffspunkte wählt, oder -wo es genug ist, den Feind blos aus dem Felde zu schlagen.

S o hatte bei Vittoria der Her-

zog von Wellington keine andere Absicht als die Franzosen durch eine Schlacht Spanien zu nöthigen.

zur völligen Räumung von

Die Schlachten, welche Napoleon

1814 den Alliirten lieferte, gehören in dieselbe Cathegorie.

Auch bei Friedlaud (nachdem

es erst

entschieden

w a r , dafs dort eine Schlacht vorfallen sollte) kam

es

blos darauf a n , die russische Armee zum Rückzug aus l'reufsen zu zwingen, und es war gleicbgiltig,

welcher

Flügel zum Angriffspunkte auserkoren wurde. Die Schlacht von Aspern hatte keinen andern Zweck als die französische Armee über die Donau zurückzuwerfen. besonderer Fall war der,

welcher

Ein ganz

das Treffen von Ha-

5S gelsberg (1813) veranlafste. Die preufsisclie Armee knui im Rücken der Franzosen a n , und muíste sie umgehen, um sie in der Front anzugreifen. Die Ursache war, w e i l dieses Corps von Magdeburg kam, um die eben bei GrofsBeeren geschlagene französische Armee zu verstärken, und daher mit der Front nach dieser Richtung gewendet campirle. Die Freufsen mufsten darauf bedacht seyn, diese Vereinigung zu liinlertreiben. Dein Nachtheil einer strategischen Umgehung kann man nur durch eine grofse Thätigkeit und Wachsamkeit ausweichen. Da man wissen k a n n , von welcher Seite sie am wahrscheinlichsten ist, so mufs man die Mittel, wodurch man schnell Nachricht von der Annäherung des Feindes erhält, dort vervielfältigen und die Patrullen w e i t vorsenden. Noch besser wird es seyn, ein Corps in diese Flanke zu delaschireu, welches den umgehenden Feiud wieder in die Flanke nimmt, oder in einer verschanzten Stellung sich seiner Bewegung entgegensetzt. Ist diefs nicht geschehen, und man wird überrascht, so bleibt kein anderes Mittel als ein schneller Rückzug. Rathsam ist es immer in die Bewegungen des Gegners einzugreifen, bevor sie zur Reife komineu ; doch das gehört zu den Vorzügeu der luitiative, welche ein Attribut des Talentes ist. Die Schlacht von L i e g n i t z , obgleich der Zufall die Hauptrolle dabei spielte, ist hier ein Muster. Gegen eine Umgehung in der Schlacht hilft nichts als eine schnelle Frontveränderung, oder das Beispiel von Rivoli, d. h. Beschäftigung des einen, Angriir des andern mit aller Kraft, Schnelligkeit, Gewandheit, Benutzung der Zeit und des Terrains. Dem Tliätigeu zeigen sich Chancen , und das Glück kommt ihm gewöhnlich zu l l i l f e ; dazu gehört aber eine sehr bewegliche, an das Feuer gewöhnte Truppe, und geschickte, taktfeste Ufíiciere. Ge-

59 wohnlich wird auf der angegriffenen Flanke ein Iiaken gebildet; das ist aber ein defensiver Noihbehelf, der in der Regel zu nichts führt, und dem die Erfahrung schon den Slab gebrochen hat. Die Idee, welche Napoleon i m letzten Moineute der Schlacht bei Belle Alliance gehabt zu haben angiebt, war grofs, eine Frontveränderung in grofseiu S t y l e , wozu ihm aber Kräfte uud Zeit fehlten. Hätten nicht andere Rücksichten es verhindert, so w ä r e bei W a g r a i n ebenfalls Gelegenheit zu einem so grofsen Manöver g e w e s e n , wenn in dein Augenblicke, w o die Franzosen die Anhöhen hinter Marggrafen Neusiedl n a h men, der ganze linke Flügel der Oestreicher eine R ü c k wärtsschweukung um das Fivot W a g r a m bis hinter den Rufsbach machte, während der rechte sich zu einem u m fassenden Angriff auf das, w a s bei Rnschdorf stand, uud durch die Entsendungen nach dem rechten Flügel bedeutend geschwächt war, in drei Colonnen formirte. Durchschneidet die Operationslinie die feindliche Stellung perpendikulair, so ist die Umgehung schwierig, w e i l der ganze Halbzirkel zu durchlaufen ist, um iu den l l ü k ken derselben zu gelangen, wobei man Gefahr läuft seinen eigenen Rückzug Treis zu geben. Bei Belle Alliance befand sich Napoleon in diesem F a l l e , und suchte den strategischen Angriffspunkt, indem er seine Operationslinie verfolgte, iin Centro der Engläuder, welches allerdings der kürzeste, wenn auch nicht der sicherste W e g i s t , um in einem ähnlichen Falle die Schlacht entscheidend zu machen. Das Durchbrechen der feindlichen Stell u n g , wovon hier die Rede ist, bleibt ein gefährliches Manöver, welches nur durch zufällige Umstände glücken kann, w i e bei Hochstedt, Narva, Holoi'zyn, Hohenlinden. Eine genaue Kenntnifs der feindlichen Truppen und i h r e s m o r a l i s c h e n Z u s t a n d e s kann

60 es e b e n f a l l s erleichtern. hatte

In dem angerührten Falle

der Herzog von W e l l i n g t o n

gerade

und besten Streitkräfte in seiner Mitte

seine ineisten

concentrirt,

nicht

nur w e i l es den Vortheil g e w a h r t e , diesen P u n k t seiner Schlachtlinie

besonders

auf diese W e i s e

stark zu m a c h e n ,

die Verstärkungen

sondern

auf dem

weil

kürzesten

W e g e nach allen S e i l e n hin gelangen konnten.



XVI. Ist eine Schlacht strategisch vorbereitet g e w e s e n , so ist, w e n n dieselbe gewonnen wird,

die Verfulgung

wei-

ter nichts als eine Fortsetzung der frühern Manöver. Aufgabe

ist,

und

nicht nur von dem Operationsobjerte,

sie

Die

die geschlagene A r m e e ganz zu sprengen, sondern

auch von allen Funkten abzudrängen, w o sie Schutz und Sicherheit

finden

könnte.

darauf an,

ob dieselbe sich weit v o r g e w a g t ,

überhaupt

ihr K r i e g s l h e a t e r

D i e Unfälle voti U l m ,

Es

kommt gehörig

dabei

besonders und ob s i e

vorbereitet

halle.

Kegenspurg, J e n a , würden ohne

Z w e i f e l iu ihren Folgen weit

weniger bedeutend g e w e -

sen seyn, w e n n man diejenigen Maafsregeln,

w e l c h e die

V e r t e i d i g u n g selbst in der Offensive e r h e i s c h t , m e h r in Obacht

genommen hätte.

Napoleon

w a r sehr hitzig itn

Verfolgen, und imponirte meistens durch seine K ü h n h e i t . W i e das G l ü c k , ein

unerhörter

die S c h w ä c h e Grad

von

eines

altes Mannes und

Tollkühnheit

ihm

nach

der

Schlacht von Marengo die ungeheuren Zugeständnisse in die Hände spielten, machten,

welche

das wird in der Zukunft

recht an den T a g k o m m e n . er es, iin Angesicht war,

diesen Sieg

so

bedeutend

wahrscheinlich

erst

A u c h im J a h r e 1 8 0 9 w a g t e

einer A r m e e ,

die z w a r geschlagen

aber in wenig T a g e n w i e d e r schlagfertig da sland,

den langen Marsch nach W i e n zu u n t e r n e h m e n ,

gerade

61 als ob jenseit «1er Donau keine Armee existir! balte, der es frei sland, in seinem Rücken über diesen Flufs zu gehen, und ihn in eine sehr nachtheilige Lage zu versetzen. Wenn eine Armee in der Nähe einer grofsen Festung, oder eines festen Punktes überhaupt, geschlagen wird, wo sie Schutz gegen die Verfolgung findet, so "wird die Schlacht keine grofsen Folgen haben. So war es bei Trag, und zu unsern Zeiten bei Aspern; diesen Fall inufs also der, welcher eine entscheidende Hauptschlacht sucht, zu vermeiden wissen. Hätten die Alliirten am 27. August 1S13 auch vor Dresden gesiegt, so würde dieser Sieg zu nichts geführt haben. Das hier zuin ersten Male gehrauchte Manövriren mit dem Hauptquartier war auf eine sehr glückliche Art angewendet worden, um Napoleon zu täuschen und Dresden zu überraschen. Eine Ueberraschung im Kriege besteht aber nicht darin, dafs man unverinuthet auf einem Funkte erscheint, sondern dafs man denselben unverinuthet angreift. Es lag der ersten Colonne ob, die schon am 2 3 . und 24. in der Nähe von Dresden ankam, diesen Angriff zu unternehmen, damit die Alliirlen in den Besitz dieser Stadt gelangten. Eine Schlacht auf dem rechten Elbufer würde ganz andere Folgen gehabt und, selbst wenn sie von den Alliirlen verloren wurde, dem Kriege eine verschiedene Wendung gegeben haben ; denn man darf nicht übersehen, dafs die Schlacht von Dresden eigentlich erst bei Culm entschieden wurde, und dafs, wenn dieser zweite Tbeil, wie der erste, für die Alliirlen verloren ging, ein Bückzug wenigstens bis Trag, w o nicht noch weiter, erfolgt wäre. Die erste Rolle bei der Verfolgung spielt die leichte Cavallerie und die reilende Artillerie, und hier ist es gut, wenn die Cavallerie auch zu Fufs zu fechten abgerichtet

62 ist, damit sie nicht in den Fall k o m m t , an Defileea bis zu Ankunft der Infanterie aufgehalten zu werden. M a rode und gedrückte Pferde bleiben ohne Nachtheil zurück , denn es ist nur das Schicksal des Besiegten, dafs er alles verliert, w a s nicht mit fort k a n n , während der Sieger bei einlretender Ruhe alles wieder an sich zieht. Ob und welche Vorsichtsmafsregeln der Verfolger anzuwenden h a t , das hängt theils von der Natur des erfochtenen Sieges ab, theils von dem Charakter und dem Unternehmungsgeiste des geschlagenen Gegners. Ist die besiegle Armee ganz aufgelöst, so hat man weiter nichts zu thun als sie überall aufzuscheuchen, w i e bei Belle Alliance, w o selbst kleinere Truppenabtheilungen hinreichen. Bei Ligny wechselten die Geschlagenen die Operationslinie, und entzogen dadurch ihrem Besieger die Früchte seines Sieges. Da der Rückzug der Alliirlen von Bautzen nicht die Folge einer Niederlage w a r , so bewies Napoleon bei seiner Verfolgung eine grofse Vorsicht, besonders weil er die zahlreiche Cavallerie der Verbündeten fürchtete. Tiireune w a r auf seinen Rückzügen eben so grofs als im Glücke, und verstand es den gesunkenen Muth seiner Truppen wieder zu erheben. Eben darin zeigte Friedrich II. seine Gröfse, w i e sein Benehmen nach den Schlachten bei Collin, Hochkirch, Cunersdorf, Maxen u. s. w . beweist. W e n n man die Feldzüge aller grofsen Feldherrn durchgeht, so wird man finden, dafs sie sämtlich auf eine strenge Disciplin gehalten haben, ohne in die sehr nahe liegenden Fehler der Kleinlichkeit und des Tedantismus zu lallen, welches die Klippen der Mittelinäfsigkeit sind. Nirgends zeigt sich die Superiorilät der Disciplin mehr als auf dem Rückzüge. F,in lockeres Band kann nie lange halten.

63 W i r d der Rückzug unvermeidlich, so ist es der K l u g heit angemessen, eine vollige Niederlage nicht erst abzuwarten.

So w u r d e bei W e g r a m , bei Bautzen, und f r a n -

zösischer Seils bei Leipzig verführen.

Es ist aber auch

nölhig, dafs man nicht früher davon gehe, als bis m a n seine Mitlei erschöpft hat.

Diesen Moment gehörig a u f -

zufassen, ist ein Attribut des Feldherrntalentes, gegründet auf eine richtige Beuriheilung des Geistes der Truppen. Ist nun die Armee so discipliuirt, dafs sie durch erschüttert w i r d ,

Diclils

dnfs sie die innere Orduung und die

Haltung auch bei Rückzügen nicht verliert, kurz dafs sie vollkommen als ein W e r k z e u g in der Hand des k o m inandirendeu Generals angesehen werden kann, so ist sie fähig mehr als gewöhnliche Dinge auszurichten, und die schwierigsten Aufgaben

zu lösen,

w i e Ueberfälle

des

Nachts und bei Tage, verstellte Rückzüge, u. s. w . Die Schlacht bei Culm hat den Sieg bei ueutralisirt.

Dresden

Hätten die Alliirten bei Hnynau etwas A n -

deres im Sinne gehabt, als den Franzosen eine Schlappe anzuhängen, so weifs mau nicht, w a s geschehen w ä r e . Das TreiTen bei Znayin endigte mit einein Waffenstillstände; die Oestreicher konnten es gewinnen, und dann hätten

die Franzosen

W a g r a m eingebüfst. wichtige Betrachtung.

alle Vortheile

der Schlacht von

Diese Ei-fahrungen führen auf eine Wenn,

vorbereitet gewesen w ä r e ,

was hier der Zufall that,

wenn die

kommandirenden

Generale bei Dresden, Bautzen, W n g r a m , erkennend dafs die Chancen der Schlacht gegen sie standen, dieselben in der Absicht abgebrochen h ä t t e n , sie am zweiten, dritten, vierten Tage zu erneuern,

w e n n sie sich dazu vorberei-

tet, alle Einleitungen getroffen, ihre Colonnen dein gemäfs dirigirt h ä t t e n , was hätte das Resultat seyn k ö n n e n ? — Es folgt daraus, dafs eine Schlacht nicht immer

64 auf demselheu Schlachtfelde ausgefochten w i r d , und dafs dem T a l e n t e mich l ier Hilfsmittel zu G e b o t e stehen, die ein gewöhnlicher Befehlshaber

nicht anzuwenden

wagen

E s ist für die Offensive noch der F a l l ü b r i g ,

wenn

darf.

— XVII.

überseeische L ä n d e r der Gegenstand der Operationen sind. D i e Grundlage

des Operationsplanes

bei jeder O f f e n s i v e , und der K r ä f t e ,

die Berechnung

bildet z u e r s t , des

wie

Widerslandes

w e l c h e zu dessen Ueberwindung ange-

wendet werden müssen,

mit Berücksichtigung der D e t a -

echirungen und des sonstigen Abganges durch K r a n k h e i ten und Gefechte,

so w i e die Anstalten zur Verpflegung

und zur Nachfuhr an Menschen und Kriegsmaterial. Krieg

über der S e e

keiten

lind verursacht ungeheure K o s t e n ,

die zu erwartenden werden.

allemal

Vortheile

Ein

unendliche S c h w i e r i g w e l c h e durch

nicht i m m e r

aufgewogeil

Ist eine genaue K e n n t n i f s und Berechnung der

gegenseitigen Kräfte so ist es hier. Krieg

hat

lange

und ihrer Dauer

irgendwo

nöthig,

A u f grofse Entfernungen hin kann kein

geführt

werden,

w e i l vielleicht

schon auf

der R e i s e zehn bis zwanzig Frozent von allem, w a s e i n geschifft wird, verloren g e h t ,

uud weil überhaupt dabei

ganz unbekannte K r ä f t e einwirken, uud nicht zu berechnende

Chancen

lierbeiführeu

können.

So

ist

es ζ. B .

vorauszusehen, dafs die Unternehmungen, w e l c h e Spanien zu Wiedereroberung von S ü d - A m e r i k a i m Sinne haben könnte,

schwerlich einen guten Fortgang haben werden,

es w ä r e d e n n ,

dafs der

g e s u n d e r e , einflufsreichere uud

bessere T h e i l der Nation, des irregulären, gesetzlosen Z u standes und des ewigen K a m p f e s

der Partheyen

sich nach Ordnung und R u h e sehnte',

müde,

uud die spanische

A r m e e mit allen ihren Mitteln au M e n s c h e n , Gelde und

65 sonstigen Kriegsbedürfnissen unterstützte, um die herrschende Farthey zu stürzen. Das erste Erfordernifs einer jeden überseeischen Operation ist, dafs man Herr zur See sey. Als solche hätten sich die Franzosen ohne Zweifel in Egypten behauptet, da sonst alles glücklich für sie lag, da sie Hilfsmittel aller Art zu ihrer Disposition hatten, und sogar Leute zu Rekrutimng der Armee. Die beständige Unterbrechung der Couimunikadon mit dem Mutterlande entrnuthigte, und erregte die Sehnsucht zur Rückkehr, die man sonst wohl iin Einzelnen hätte befriedigen und dadurch •vielleicht ersticken können, in einem so hohen Grade, dafs sie eine der Hauptursachen der nachherigen Capitulation wurde. Dieser Verlust der Communikation war eine Folge der Seeschlacht bei Abukir und der Superiorität der Engländer zur See. Es ist überhaupt der höchste Zweck einer Seeschlacht blos der, dem Gegner die freie SchUEfahrt zu verbieten, und seine Kriegs- und .Transportschiffe zu zerstören. Auf eine Nation, die gerade keine seefahrende ist, haben daher die Seesiege keinen grofsen Einflufs. So erfochten die Venetianer in den letzten Feldzügen des langen Krieges, welcher dem Carlowitzer Frieden voranging, eine Menge Siege zur See, die aber unstreitig auf den Frieden einen weit geringem Einflufs hatten als die Operationen zu Lande. Ein zweites Erfordernifs bei einer Expedition ist, dafs man die nöthigen Transportmittel habe, nicht nur um gleich eine ansehnliche Macht auszuschiffen, sondern auch für die Nachfuhr und den Ersatz. Endlich ist es bei einer Landung nötbig, dafs man in der Nähe des Landungsortes eine Insel im Besitz habe oder nehme, wo die Transportflotte sich sammelt und erholt, und welche zu Anlegung der Depots dienen kann, damit solche Wagner

üb, d. K r i t j I. T h .

E

Citi im Fall

eines Unglücks

nicht in Gefahr

kommen.

Ein

befestigter I l a f e n uuJ Seeplatz ist z w a r in g e w i s s e r R ü c k sicht

vorteilhafter,

allein

die Localiüiten

müssen

sehr

günstig seyn, und die gelandete A r m e e , so w i e den L a n dungsplatz v o l l k o m m e n sichern, damit nicht Unfälle e i n treten

wie

hei Corunna

iin

Jahr

1809.

Gustav

Adolf,

der ein Muster von Vorsicht ist, landete zuerst bei der Insel Rüden,

und nahm dann Usedom

Das

Landen

seihst

auf

und λΥυΙΙίη in

dein

festen

militätischer Hinsicht Aehnlichkeit gange; decken, bööte,

mit

Lande

Besitz. hat

in

einein Flufsüber-

die Stelle der Batterien, w e l c h e diese Operation vertreten

dort

kleinere

Schiffe

und

Canonen-

und da es nie zu einem Brückenschlage k o m m t ,

sondern alles mit Ueberschiffen und Ausschiffen abgethan w i r d , so ist ein Platz erforderlich, w o die Fregatten oder Canonenbööte dafs So

sie ist

sich so nahe

den

Landungsplatz

es auch

unter ihrem

das erste Geschäft,

schanzungen

zu

oder

noch

besser

an das L a n d legen können,

umgeben, wie

der ganzen Operation Λ ortheilhnller ist es,

gleich

Feuer

denselben einem

Brückenköpfe,

ein verschanztes L a g e r , als Basis

haben.

mit V e r -

und R e p l i

welches

dienen kann.

w e n n sich z w e i Landungsplätze in

geringer Entfernung f i n d e n , die zugleich benutzt werden können.

Dadurch w i r d die Ausschiffung s o w o h l als d i e

Einschiffung, w e n n sie nöthig werden s o l l t e , und inan läuft sammengedrängt

nicht Gefahr zu

werden.

auf

erleichtert,

einen engen Raum

Im

Jahre

1809 kam

zuder

A n t r a g vor, eine englische A r m e e zwischen der Elbe und W e s e r ans L a n d zu setzen.

An

der dorticen K ü s t e aber O

befinden sich gerade nur z w e i Landungspunkte,

Cuxhaven

und Bremerlehe ; verinuthlich w ü r d e die englische E x p e dition beide benutzt, und in Helgoland i h r e D e p o t s ange- J legt haben.

G7 Eine schwierige Rolle

hat

der Küsten vertheirfiger,

besonders w e n n die K ü s t e sehr zugängig ist.

E s ist liier

nicht die R e d e von den vorbereitenden Anstalten,

noch

v o n der A n l a g e der Verschauzungen und Küstenbatterien, oder von den bewaffneten Fahrzeugen, sondern von der Aufstellung und dem Gebrauch der Truppen.

Dabei ist

folgendes zu berücksichtigen : 1) ob und w i e stark jeder Tunkt

besetzt

werden

roufs, oder ob es hinreichend ist, ihn blos zu beobachten ; 2) w o die Reserven aufgestellt werden m ü s s e n , u m am schnellsten nach jedem bedrohten Tunkte hinzueilen ; 3) auf welche W e i s e von der Annäherung einer feindlichen Expedition, in S e e sowohl ;ils w e n n die Landung wirklich erfolgt i s t , die schleunigste Nachricht zu erlangen.

A u f der See braucht man leichte Fahrzeuge, Schnell-

segler,

selbst Kauffahrer und andere Schiffe, die unver-

dächtig sich einer solchen Expedition nähern können.

Die

Seeleute sind die gröisten Waghälse, w e n n sie einen sichern G e w i n n voraussehen. stangen,

Zu Lande dieneu

Signale, Telegraphen.

Das

Wahrscheinlichste

ist immer» dafs man zu spät ankommen w i r d , Landen zu hindern,

Allarmum das

und dafs daher nichts anderes übrig

bleibt als den Gelandeten so schnell als möglich, und bevor sie Zeit gehabt haben sich zu erholen und sich festzusetzen, auf den L e i b zu gehen, um sie w i e d e r in ihre Schiffe zu treiben.

In diesem Falle wird man

ausrei-

chen, die verschiedenen Landungspunkte zu beobachten, und die Truppen in

Reserve zu behalten.

Anzureihen

ist, sich gleich von Hause aus für eines von beiden zu entscheiden, um jede halbe Mnfsregel zu vermeiden.

Κ

08 XVIIÏ. Dnfs es bel jedem Kriege Objecte giebt, welche verteidigt

werden müssen,

ist

aus dem Vorhergehenden

kler; wenn aber diese Verteidigung der erste und Hauptzweck der Operationen sivkrieg.

wird,

so entsieht der D e f e n -

Die Fälle, welche denselben gewöhnlich her-

beiführen, sind folgende: 1) wenn man schwächer an Truppen i s t ; 2 ) bei ungünstigen Terrainverhältnissen, wenn man nämlich sich in der Notwendigkeit beGudet, ohne Basis zu operireu,

während des Feindes Linien stark und fest

sind ; 3 ) wenn man Truppen hat, die noch nicht an den Krieg gewöhnt, nicht kriegserfahren sind ; 4 ) bei Truppen, die von ihrem Gegner an Muth übertroffen werden; 5) wenn die Truppen weniger beweglich

und ma-

növrirfähig sind als die gegenteiligen ; 6) nach einer verlorenen Schlacht ; 7) wenn die Subsistenz und der Rückzug

in G e -

fahr sind; 8) wenn eine Armee eine Belagerung deckt; 9) auch politische Considerationen

können den D e -

fensivkrieg erzeugen, wie der letzte Krieg Friedrichs I I . beweist. Die Mehrzahl an Truppen giebt nicht in allen Fällen die Superiorität,

und Friedrich I I .

war in der Regel

schwächer als seine Gegner; allein hier ist von dem Falle die R e d e ,

wo die Mehrzahl

an Truppen eine Ueberle-

genheit hervorbringt, d. h. w o ihre übrigen Qualitäten sich gegenseitig ungefähr ausgleichen.

Da man als

erwiesen

annehmen darf, dafs eine reine Defensive, wenn

auch

nichl geradezu widersinnig, doch aber dem eigentlichen

69 Zwecke des Krieges ganz entgegen wäre, so entstellt die Frage, welche Mittel hier dein Schwachem zu Gebote stehen, nicht nur uin das Gleichgewicht herzustellen, sondern selbst um den Gegner mit Vorllieil anzugreifen. Die Uebermacht an Truppen bricht sich zuerst durch D e t a s c h i r u n g e n . Diese werden auf verschiedene Weise veranlafst, durch Scheinbewegungen, ausgesprengte Nachrichten, Bedrohung yon des Gegners Flanke und Rücken, u. s. w . Es gelingt nicht immer, und ein General, der nicht schreckhaft und seiuer Sache gewifs ist, labt sich nicht leicht irre führen. In einem der Feldzüge des französischen Revolutionskrieges standen die Oestreicher an der Queich, und der Erzherzog Carl wollte die Franzosen zum Detaschiren verleiten. Zu diesem Ende wurde der damalige Rittmeister Graf Bubna mit seiner Escadron (von Riesch Dragoner) beauftragt, sich im Rücken der Franzosen zu schleichen, und ihre Zufuhren zu beunruhigen. In einer dunkeln Nacht ritt Bubna ungesehen zwischen den Wachtfeuern der Franzosen gerade durch die Queich, beunruhigte die Strafsen, hob Detaschements auf, hatte ein sonderbares Gefecht mit einem Theil der Garnison von Landau, kam bis Weifseuburg, welches ihm die Thore öffnete, und erfüllte seinen Auftrag vollkommen, so dafs am Ende ein Corps von 7000 Mann zu seiner Verfolgung abgesendet wurde, welches ihn jedoch nicht hinderte glücklich wieder zurückzukommen· Auf eine andere Art bewirkte der General von Zach, General(|uartiermeister der östreichischen Armee in Italien» eine Detaschirung vor der Schlacht von Marengo. Er halte entdeckt, dafs sein Kammerdiener, der sich als Kundschafter gebrauchen liefe, wie diefs häufig der Fall ist, beiden Theilen diente. Diefs benutzend liefe er dein General Bonaparte Marschrouten in die Hände spielen,

70 nus welchen hervorging,

da fe die ostreichische

sich nach Genua ziehen wolle.

Armee

Diefs veranlagte, so wird

wenigstens geglaubt, die Absendung der Division Desaix und die Sicherheit der Franzosen,

welche bei Marengo

durch den Uebergang der Oestreicher Uber die Boriirida überrascht würden. Ein zweites Mittel gegen die Uebermacht sind Belagerungen

oder wenigstens B e o b a c h t u n g

liegender Festungen.

die vor-

Hier zeigt sich die Wichtigkeit der

Defensivlinien, und überhaupt eines wohlgeordneten V e r theidigungssystems.

Sind die festen P u n k t e gut gewühlt

und richtig angelegt, so darf der Feind sie nicht vorbeigehn,

sondern mufs sich en Ischl iefsen, sie zu belagern,

und die Belagerung durch seine A r m e e zu decken, folglìeben eie b«ì Sleiabeim stehen, den 19. Mixten sie sich gegen Ulm in Marsch; den 21. machten eie wieder e i lten viertägigen Halt, uud dann nahmen sie ihre Richtung gegen

ftiilippsburg,

wo sie am 6

R h e i n überschritten,

und 7. September den

um die Stellung am Speierbach zu

besetzen, welches vorläufig das Ziel ihrer Anstrengungen gewesen war.

An demselben Tage bezogen die Franzo·

sen die Stellung am Queich, hielten sich aber nur einen Tag dort auf, und gingen bis Hagenau zurück. •ibeln Gründe w a r e n ; war,

Die osten-

weil die Stellung zu ausgedehnt

weil der Queich zu viel Führte hatte, weil keine

Zeit zn Verschanaungen

übrig w a r , weil die Truppen

durch die langen Märsche ermüdet waren, und weil be« sonders die Cavallerie durch eine Krankheit Tferden viel verloren hatte,

endlich

unter den

weil die Alliirten

viel stärker waren. Der Triuz von Baden hatte nach der Schlacht von Hochstedt die Belagerung von Ingolstadt aufgegeben, und •war wieder zur Armee gestofsen. gen belagerte U l m ,

Der General T h ü n -

das sich am 16. September ergab.

Die alliirte Armee rückte bis Kron-Weifsenburg vor, und campirle längs der Lauter, um die Belagerung von L a n dau zu decken, welches am 2 5 . October capilulirle.

Die

Alliirten Daluuen darauf ihre Winterquartiere an der Mosel, nachdem sie Trier und Trarbach in ihre Gewalt bekommen hatten. Die Neigung zu listigen Streichen, welche den Prinzen Eugen charakterisirte, bewog ihn, diesen W i n t e r einen Anschlag auf A l t -

und Neu-Breisach

zu machen,

welches durch verkleidete Olficiere und Soldaten genommen werden sollte.

Allein

die Unternehmung

schlug

nicht allein fehl, souderu kostete auch vieleu braven L e u teu das Leben.

230 1 7 0 5 . Nachdem der Zweck des vorigen Feldzugs durch die Schlacht bei Hochstedt vollkommen erreicht war, entwarf Marlborough den Flan, mit der Hauptarmee an der Mosel zu operiren, und so durch Lothringen in Frankreich einzudringen. Die Ausführung dieses Projekts schien keinen grofsen Schwierigkeiten zu uuterliegen, indem es blos darauf ankam, Thionville oder Saarlouis zu nehmen, und dann gegen Metz vorzudringen, welches in schlechtem Stande war. Die Coalition liefs sich daher sehr bereitwillig finden, zu diesem Unternehmen die Hände zu bieten, und so wurden noch im Winter grofse Magazine in Coblenz und Trier angelegt, und Truppen dorthin bestimmt. Die Alliirten hatten überhaupt in diesem Feldzuge sieben Armeen auf den Beinen: 30,000 3Iann in Ungarn, 30,000 in Italien, 15,000 in Forlugall, 30,000 am Rhein, 60,000 au der Mosel, 30,000 an der Maas, 30,000 an der Scheide. Der Hauptarmee an der Mosel stellte L u d wig X I V Villars mit 75 Bataillons 110 Escadrons entgegen, Villeroi und der Churfürst von Baiern erhielten das Commando in Flandern, und Marsin am Rhein. Diese drei Armeen sollten in Vereinigung agiren, und einander selbst durch Truppenverslärkungen unterstützen, wenn es die Umstände erforderten. Villars hatte die Idee, noch vor Eröffnung des Feldzugs, eine Unternehmung auf Trier zu machen, die allerdings eiiiflufsreich gewesen, und die Verzögerung von Marlborougb's Operationen zur Folge gebäht haben würde; allein er fand die Anstalten zu dessen Verteidigung so gut, dafs er sie aufgab. A m 31. Mai bezogen die Alliirten ein L a g e r bei Conz an der Saar. Villar's Aufgabe war, die Belagerung von Thionville und Saarluuis zu vereiteln; zu diesen)

231 Zweck bezog er die Stellang bei Sirk am rechten Moselnfer, and liefe sie durch Verschanzungen verstärken. Am 3. Juni ging Marlborough auf der Conzer Brücke über die Saar, and nahm ein Lager bei Bourg, eine Meile yon Sirk. An demselben T a g e , gegen 6 Uhr Abends, rückte er mit seiner Cavallerie bis auf die Höhen von Anspach oder Apach, vorwärts Perle, vor. Villars stellte sich ihm auf der andern Seite eines tiefen Grundes mit 500 Reitern entgegen. Villars hatte Befehl, keine Schlacht zu wagen, weil die verlorne den Feinden den Weg in das Herz von Frankreich eröffnet haben würde. Seine Armee war 50,000 Mann stark. Marlborough, der nur 42,000 hatte, erwartete Verstärkungen, besonders den l'rinzen Louis von Baden mit 9000 3Iann, der aber nicht ankam, und Zugpferde aus Deutschland für das schwere Geschütz, welche ausblieben. Unterdessen aber hatte Villeroi ain 10. Juni Iiuy geuowtnen, und belagerte Lüttich. Darüber geriethen die Holländer in Schrecken, und Marlborough, der den schreckhaften Charakter der Generalstaaten kannte, und die Folge davon voraussähe, fafste augenblicklich den Entschlufs, ihnen zu Hilfe zu eilen, und das um so mehr, da die Holländer verlangten, dafs er 36 Bataillons an die Maas senden sollte. Marlborough marschirte am 17. wieder ab» Ob er aber seinen ganzen grofeen Feldzugsplan aufgab, oder, wie er andeutete, wieder zurückkommen wollte, bleibt unentschieden. Gewifs ist es, dafs er mit vielen W i derwärtigkeiten zu kämpfen hatte, die besonders von dem Prinzen von Baden, der nicht ganz zufrieden gewesen zu seyn scheint, erregt wurden, und man kann daraus abnehmen, wie auch ein genialer Feldherr, der nicht als Souverain über alle Kriegsmittel und Streitkräfte gebietet, oder dem wenigstens diese Macht nicht

233 zeitweilig anvertraut i s t , z w a r

grofse E n t w ü r f e machen,

a b e r Dicht i m m e r grofse T h e t e n ausführen kann. N a c h d e m Abmarsch der Alliirten sendete Villars, der die vergebliche Verfolgung derselben bald 3 5 Bataillons und

100 S c h w a d r o n e n , über

einsähe,

Luxemburg

und N a i n u r , nach F l a n d e r n , u m die A r m e e τ ο π Villeroi zu v e r s t ä r k e n , der sich auf die Nachricht von Marlborough's A n n ä h e r u n g uach seinen L i n i e n , Ghete,

zurückgezogen

hatte,

an der kleinen

ohne Lültich erobert zu

haben. Marlborough vereinigte sich mit den Holländern bei Mast rieht, ging am 2. Juli bei Y i s e t über die Maas, und nahm Huy

w i e d e r , das n u r schwach

zerstört w a r .

besetzt und halb

A m 17. liefe er die Linien der Franzosen

h a l b durch Ueberrumpelung n e h m e n ,

und

diese zogen

sich hinter die Dyle in eine starke Stellung bei L ö w e n . D o r t sollten sie am 3 0 . Juli angegriffen w e r d e n , und es w a r nicht allein das Schlagen der Brücken an drei T u n k ten, N e e r i s i h e , S. J o r i s w e r t und Corbeck, glücklich vollendet, sondern ein Theil der A r m e e w a r schon über die Dyle, als die Holländer, die zu sehr ins Feuer geriethen, die Unternehmung f ü r zu verwegen e r k l ä r t e n , und den H e r z o g von Marlborough dadurch v e r m o c h t e n , nein zweistündigen

hitzigen

Gefecht

nach e i -

die Sache

aufzu·

geben. Marlborough fafste nun den Entschluss, die F r a n z o sen zu einer Schlacht zu z w i n g e n , wagen

eingetroffen seyn

gust erfolgte.

nachdem seine B r o t -

w ü r d e n , welches a m 12. A u -

U m die A u f m e r k s a m k e i t

der

Franzosen

auf einen a n d e r n F u n k t zu leiten, erhielt d e r General S p o o r , d e r mit 12,000 Mann bei A n t w e r p e n s t a n d ,

Be-

f e h l , z w i s c h e n Gent und Brügge hindurch einen Einfall in Brabant zu u n t e r n e h m e n .

A m 15. brach Marlborough

233 TOD Meldert auf, and stand EM 17. zwischen Brain® la leud und Frickerinont, an den Ausgängen des W ä l d e s von Soignies. Diefs veranlafste Villeroi, die Oyle zu verlassen, und seinen rechten Flügel bis hinter die Ische zurückzunehmen , w o derselbe durch den W a l d von S o i g nies gedeckt war. Der linke blieb bei L ö w e n . Die Alliirten inufsten über die Ische g e h e n , wenn sie ihre Gegner angreifen wollten; Marlborough suchte sich daher zuvor über dieses Fliifschen die nölhigeu Nachrichten zu verschaffen, und setzte seine A r m e e den 18. in drei Colonnen in Bewegung. Sie gingen durch den W a l d von Soignies, und fanden das Terrain trocken, fest und mit vielen W e g e n durchschnitten. In der Nähe dea Feindes angekommen, eut warf Marlborough die Dispositionen zum Angriff. Jeder Militair weis, w i e sehr es bei dergleichen Unternehmungen darauf ankommt, seinen Tlaii geheim zu halten; Marlborough hatte aber von den Generalstaaten nur die beschränkte Eilaubnifs, ohne Kriegsrath nicht mehr als z w e i bis drei Märsche zu machen. Die holländischen bei der Armee befindlichen Deputirten spielten demnach eine grofse Rolle, und nahmen es in diesem Augenblick· sehr übel, dafs ihnen der Zweck des Marsches verheimlicht worden war. Sie fanden daher, in Vereinigung mit den holländischen Generalen, die eigentlich unter Marlborough's Befehlen standen, eine Menge Schwierigkeiten und Anständet und Marlborough muíste Zeuge seyn, w i e seine Untergebenen sich geradezu gegen die Ausführbarkeit des Angriffs erklärten, und dadurch denselben erst verzögerten, und dann ganz vereitelten. Aeufserst aufgebracht darüber wollte er die Armee augenblicklich verlassen, lief» sich aber besänftigen, und führte die Truppen nach Meldert zurück. Nachdem er die französischen Linien halte deinoliren lassen, mar-

234 achirle er Uber Díest, Hasselt, Tongern, nach Herenthals, w o er den 28. September eintraf.

Zu seiner Genugthuong

wurden zwar im folgenden Jahre

die

widerspenstigen

holländischen Generale abberufen, allein das Uebel war geschehen. — Lier.

Die Franzosen zogen in die Gegend von

Der Feldzug endigte ohne weitere Thaten, and

am 22. October verliefe Marlborough die Arinee, um eine Reise nach Wien, Berlin, Hannover und den Haag zu unternehmen. Frankreich

machte Friedensanträge;

dagegen

ver-

langte Oestreich, Marlborough solile nach der Mosel zurückkehren , allein derselbe hatte sich zu sehr über den Prinzen von Baden zu beschweren, um darein zu willigen.

E s wurde in Wien viel negociirt und intriguirt,

um die Zurücklierufung dieses Prinzen zu bewirken, bis er zuletzt durch die Eroberung der Linien von Hagenau seinen Credit von neuein befestigte. 1706.

Die unglücklichen Ereignisse in Spanien ver-

anlagten L u d w i g X I V , in diesem Feldzuge außerordentliche Anstrengungen zu machen.

Jede Infanteriecoinpag-

nie wurde mit 15 Maun vermehrt, und bei den Garden mit 20 Mann.

Ueberdiefs wurden 30 neue Regimenter

errichtet, wovon 5 von z w e i , die übrigen von

einem

Bataillon. Noch im Winter wurden alle Anstalten gemacht, um Barcelona wieder zu erobern, welches der östreichischen Parthei in die Hände gefallen war.

Vendome sollte die

Oestreicher an der Etsch angreifen, während la Feuillade Turin belagerte. sin an der Mosel

Villars war bestimmt am Rhein, Marzu coimnandiren.

Beide zusammen

sollten die Deutschen aus ihren Linien an der Motter -verjagen uud Fort Louis entsetzen, worauf Marsin angewiesen war, seine Truppen nach Flandern zuführen, und

235 •ich mi! dem Churforaten TOB Balera und Vitlerol Η verbinden, um Marlborough anzugreifen. Diese grobes Entwürfe aber sollten gleich τοη Hanse aus scheitern, und diesen Feldzog für die Franzosen zu einem der anglücklichsten des ganzen Kriegs machen. Auf Seiten der Alliirten hatte Marlborough, der e w i gen Anstände inüde, die ihm theils von den Holländern theils von dem Prinzen von Baden gemacht wurden, den Flan gemacht, eine Armee nach Italien zu f ü h r e n , und dort gemeinschaftlich mit dem Prinzen Eugen zu agiren. Gleichzeitig sollte eine Landung auf der französischen Küste, an den Mündungen der Charente, erfolgen, und die zu dieser Expedition bestimmten Truppen nach den Cevennen vordringen. (Dieser Theil des Operationsplans k a m aber gar nicht zur Ausführung). Der W i e n e r Hof dagegen w o l l t e , dafs Marlborough mit einer zahlreichen Armee an der Mosel operiren sollte ; den Prinzen von Baden wollte man am Oberrhein lassen, um dort einen blofsen Vertheidigungskrieg zu f ü h r e n , ohne ihm von dein grofsen Plane des Feldzugs e t w a s mitzutheilen. M a r l borough blieb aber bei seinem Vorsätze. A l s aber in den ersten Tagen des Monats Mai Villars den Prinzen von Baden überñel, ihn aus seinen Linien an der Motter trieb, und die Pfalz bedrohte, geriethen die Holländer in Schrecken, versprachen Marlborough alles, w a s er v e r langte, und überlielsen ihm selbst die W a h l der zu seiner Armee zu sendenden Deputirten. Er liefs sich dadurch bewegen, das Commando der Armee zu übernehmen, die sich bei Tongern versammelte, und bei welcher er am 12. Mai eintraf. Die Franzosen standen in den Linien hinter der Dyle. Eiu Eiuverstäudnifs in Namur gab Marlborough

236 Hoffnung, diese Feste zu überrumpeln. doppelten Z w e c k vor A u g e n :

E r hntte einen

e n t w e d e r es gelang, und

dann verlor der rechte Flügel des französischen Verlbeidigungssystems seinen Stützpunkt, oder die Franzosen mulsten demselben zu Hilfe k o m m e n und ihre Linien verlassen, w o b e i er Gelegenheit zu erhalten hoffte sie anzugreifen. Er

richtete

Tirlemont.

daher seinen Marsch nach der Gegend

von

Villeroi erhielt augenblicklich Befehl vorzu-

rücken, und zu Bettung von Nainur selbst eine Schlacht zu w a g e n .

Die Franzoäen erwarteten z w a r , w i e es die

Geueralidee w a r , Marsin, der mit 2 2 Bataillons 2 2 E s cadrons von war

der Mosel zurückkam » allein

die Besorgnifs, Nnmur zu verlieren,

verinulhlich überwiegend,

besonders da sie ohnediefs w u f s t e n , dafs die Hnnnoveraner noch zu entfernt w a r e n , Cavallerie zu

roarschiren

und

dnfs die

dänische

w e i g e r e , wenn sie nicht v o r -

laufig ihren rückständigen Sold bekäme.

Die

französi-

sche A r m e e ging daher über die Dyle, und wendete sich ebenfalls gegen Tirlemont. Marlborough fand indefs Mittel, die Dänen zu schwichtigen , zog die Engländer an s i c h ,

und

be-

brachte

auf diese W e i s e 7 3 Balaillons 123 S c h w a d r o n e n , 6 0 , 0 0 0 Mann, zusammen.

Mit diesen stand er a m 2 2 . Mai z w i -

schen Borchloen und C o r s w a r e n ,

und da er dort erfuhr,

d a f s die Franzosen über die grofse Ghete

gegangen

wä-

ren und gegen Judoigne vorrückten,

so liefs er sogleich

in 8 Colonnen links abinarscliiren,

um die Q u e l l e n der

kleinen Ghete zu umgehen

und den Feind anzugreifen.

A u f dem Marsche erfuhr er, dafs die Franzosen, i h m z u v o r k o m m e n d , im Begriff w ä r e n , die feste Stellung

von

Mont St. André zwischen den beiden Ghelen zu b e s e tzen, und als der Nebel sich hob, erblickte m a n sie dort wirklich in Schlachtordnung.

237 Hier fiel die Schlacht von Ramillies (No. 29.) vor, in welcher die Franzosen total geschlagen w u r d e n , and sich bis in ihre Gränzen zurückzogen. Diese Schlacht zerstörte alle OfFensivpläne der Franzosen, und versetzte sie auf diesem Theile des Kriegsschauplatzes dergestalt auf die Defensive, dafs sie den ganzen Feldzug über nichts weiter zn unternehmen wagten, obgleich üllarsin einige Tage nach der Schlacht eintraf, und später noch 30 Bataillons 26 Escadrons aus Deutschland herbeigezogen wurden. Sie (heilten ihre Armeen am 4. Juni in zwei Corps, und postirten das eine bei Alortagne an der Scheide, das andere bei Armentières an der Lys. Der Churfürst von Baiern warf sich nach Möns, und die B e satzungen aller Gränzfestungen wurden verstärkt. Der Hof war in der gröfsten Bestürzung, und Ludwig X I V erkannte endlich, dafs sein Freund Villeroi nicht eben ein grofses Feldherrntalent besafs. Er rief Vendome aus Italien, und übertrug ihm das Commando der Armee in Flandern. Für die Alliirten war die Wiedereroberung von Brabant und Flandern die unmittelbare Folge der Schlacht von Ramillies. Oudenarde ergab sich, und als Marlborough über die Scheide ging und Anstalt machte, Antwerpen zu belagern, capitulirte diese Festung freiwillig. Darauf wurde Ostende belagert und genommen, und so auch successive Menin, Dendennonde und Ath, ohne dafs es Vendome hindern konnte. Damit ging der Feldzug hin, und zu Anfang Novembers bezogeu beide Theile die Winterquartiere. Die Oestreicher und Hollander stritten sich über das Gouvernement der eroberten Frovinzeu, und verloren darüber das allgemeine Iuteresse aus den AugeD, so dafs nur Malborough's überwiegendes l'aient hier die Franzosen im Znume hielt.

238 1707.

In diesem Feldzuge standen der Churfürst

v o · Baiern und Veodome mit 123 Bataillone, 187 EscadroM gegen Marlborough in Flandern, der zwar nur 9 7 Bataillons 164 Escadrons befehligte, die aber der Kopfzahl nach im Ganzen genommen so stark als die Franzosen waren.

Von beiden Theilen wurde gar nichts un-

ternommen, als Marsche und kleine Streifereien, die za keinem Resultate führten.

Den Franzosen, denen der

Schreck von Ramillies noch in den Gliedern l a g , war diefs dem Anscheine nach sehr willkommen, denn sie hatten keine andere Absicht, als ihre Glänzen zu sichern, und ihre Armee so lange als möglich auf fremdem Gebiet und auf fremde Kosten zu erhalten.

Diesen kleinen

Zweck erreichten sie auch vollkommen.

Der Schlüssel

zu Marlborough's Unthätigkeit

liegt

vorzüglich

in der

von den Franzosen in Spanien gewonnenen Schlacht von Almanza (No. 33.) und den dadurch erlangten Vortlieilen.

Die Generalstaaten

waren

grolsen

von neuem in

Schreck gerathen, und sie wollten schlechterdings,

dafs

keine Schlacht gewagt werden sollte, besonders als später auch Villars in Deutschland Fortschritte machte. Dieses kiudische Benehmen konnte nur in einem Zeitalter vorfallen, w o man von den grofsen Zwecken des Krieges und den Mitteln, sie zu erreichen, noch gar keine Begriffe hatte.

Es gab aber doch auch noch aufserdem

manche gewichtige Gründe,

welche Marlborough's ge-

wöhnliche Thätigkeit für dieses Mal etwas abkühlten. Der Plan zu dein Einfalle in das südliche Frankreich, der in

diesem Jahre

von Fiemont

aus

unternommen

w u r d e , kam ursprünglich von England, und galt hauptsächlich der französischen Marine und den Etablissements zu Toulon.

Kaum sähe aber der Wiener Hof sich von

der Gefahr in Italien befreit, als derselbe alle von ihm

239 gemachten Verheifsuogen vergafs, dem Herzog von Savoyen sein Versprechen nicht hielt, mit Frankreich sich heimlich in Unterhandlungen eiuliefs, und einen Neuiralitätovertrag für Italien blos in der Absicht abschlofs, um Truppen nach Neapel zu senden, und dieses Reich für sich zu erobern. Dadurch erhielt Frankreich eine grofae Truppenmasse disponibel, welche es sehr zum Nachlheil der Alliirten auf andern Kriegstheatern verwendete. Die Unternehmung in Siidfrnnkreich miislnng gänglich, und diefs machte die Engländer kalt und Marlborough mifsmiithig. Beides w a r nicht geeignet, die Thatenlust zu befeuern, welche die Holländer ohnediefs am Kapzaume führten. Die letztern beschwerten sich noch aufserdem, dafs der W i e n e r Hof eigensiithtigerweise die Anstrengungen der übrigen Alliirten benutzte, um Privalzwecke zu erreichen. Das einzige glückliche Eieignifs für Marlborough w a r , dafs der Himmel seinen derzeitigen Nebenbuhler , den Prinzen von Baden, atn 4. Januar aus dieser W e l t abforderte, uud in das ewige Himmelreich versetzte. 1 7 0 8 . In diesem Jahre hatte L u d w i g X I V Befehl gegeben, 3 0 neue Infanterie-Regimenter, und 20 zu Pferde zu errichten. Villars erhielt das Commando in der Deuphiné, der Churlüret und Berwick am Oberrhein, der Herzog von Burgund und Veudoine in den Niederlanden· Die Armee der letztern bestand aus 139 Bataillons 204 Escadrons, gegen 100,000 Mann, und halte der Schlachtordnung nach drei Reserven, eine iin Centro, und eine auf jedem Flügel. Als eine Merkwürdigkeit verdient hier angeführt zu werden, dafs die französischen Obersten Befehl erhielten, bei ihren Regimentern zu cainpiren, auch sendete der Herzog von Burgund alle L u x u s wagen von der Armee w e g .

240 Auf Seilen der Alliirten reisten Marlborough und E u g e n , w i e gewöhnlich, im W i n t e r an den deutschen Höfen herum, um sie zu einer thätigern Mitwirkung zum Kriege zu bewegen. Der Kaiser halte auf Verlangen des englischen Parlaments versprochen, die Rheioannee mit 20,000 Mann zu vermehren, 12,000 Mann frische Truppen nach Italien zu senden, und Stahremberg mit 12,000 Mann nach Catalonien abzuschicken. Der Churfiirst von Hannover solile eine Armee von 60,000 Mann am Oberrhein couiinandiren. Der Trinz Eugen, der, •wie schon oben erwähnt, mit Marlborough gemeinschaftlich zu agiren bestimmt w a r , zog seine Armee an der Mosel zusammen, gleich als ob er einen Einfalt nach Lothringen beabsichtige; dann sollte er aber sich schnell nach den Niederlanden wenden, uud mit Marlborough vereinigt den Franzosen eine Schlacht liefern. Marlborough's Armee zählte zu Anfange des Feldzugs 113 B a taillons 180 Escadrons 90 Kanonen und 2 3 Haubitzen, zusammen e t w a 65,000 Mann. A m 26. Mai bezogen die Franzosen ein Lager bei Soignies, um die Eingänge nach Flandern zu sperren. Marlborough, der am 24. seine Armee bei Anderlecht, unweit Brüssel, versammelt hatte, stellte dieselbe z w i schen Belieghein und Hnll auf, den 29. zwischen Herfelingue und Tubise. Seine Absicht w a r zu teinporisiren, damit Eugen Zeit gewönne herbeizukommen, dem er jetzt schrieb, seinen Marsch zu beschleunigen, oder aber die Franzosen zu nötliigen, sich in den Miedeilanden durch Detascheinents zu schwächen. A m 1. Juni setzte sich die französische A r m e e in Marsch, und lagerte zwischen Braine la leud und Genappe. Marlborough, in der Ueberzeugung dafs ihre Absicht auf Löwen gerichtet sey, bi>Arh sein L a g e r init

241 solcher Eile ab, dafs die Cavallerie, die auf Fonragirung w a r , alles stehen und liegen lassen muíste, und marechirle in einem Zuge bis nach L ö w e n . Hier trat ein Stillstand ein, der von beiden Theilen mit Pouragirungen ausgefüllt wurde. Marlborough erwartete Eugen, und bei den Franzosen waren die beiden Anführer in der Regel entgegengesetzter Meinung. Indessen waren sie in der Stille nicht ganz unlhätig gewesen. Vendóme hatte immer f ü r eine Schlacht gestimmt, Burgund dagegen war der Meinung, sich mit geringem, aber gewissen Vortheilen zu begnügen, und so setzte er es durch, dafs die französische Armee am 4. Juli plötzlich aufbrach, und sich am folgenden Tage durch Ueberrumpelung in Besitz der Städte Gent und Brugge und des Forts Tlassendael setzte ; ja sie waren nahe daran Oudenarde zu nehmen, welches auf jenem Kriegsschauplatze für die Alliirten von der gröfsten Wichtigkeit war. Zugleich gingen sie bei Ninove über die Dender, und zerstörten alle Uebergänge über diesen Fluls und die Scheide. Marlborough folgte den Franzosen am 5. und glaubte sie noch vor ihrem Uebergange über die Dender einzuholen, welches aber nicht gelang. Er nahm blos einen Theil ihres Gepäcks, und machte einige Hundert Gefangene, worauf er bei Asche, eine Stunde von Alost, ein Lager bezog. Hier traf Eugen für seine Person ein. Um der Bestürzung, welche der Verlust zweier bedeutender Städte bei den Alliirten, besonders in Brüssel, hervorgebracht hatte, zu begegnen, beschlossen beide Heerführer, augenblicklich und ohne die Ankunft von Eugens Truppen abzuwarten, den Franzosen eine Schlacht zu liefern. W i e aber aus den beiderseitigen Bewegungen und A n nahmen am Ende die Schlacht von Oudenarde (No. 31.) doch noch wie aus dem Stegreif geliefert wurde, das ist Ifngntr

üb. d. Krieg 1. Tli.

Q

242 in der Beschreibung

derselben

weitläufig

auteioander

gesetzt. Die Franzosen wurden total geschlagen, und gingen nach Gent, w o sie sich hinter dein Canal γοη Brügge verschanzten.

Der Marschall

Berwick

kam

von

der

Rheinarmee a n , aber erst nach der Schlacht, und nahtn ein L a g e r bei Douay.

Sein Corps bestand aus 34 B a -

taillous 55 Escadrons, 15,000 Mann.

Marlborough liefe

die Linien vonYpern nehmen und demoliren, und schlug am 15. sein Lager bei Werwick auf.

Eugen war nach

Brüssel abgereist, um den Amnarsch seiner Truppen zu beschleunigen.

Marlborough's Hauptzweck war jetzt den

Franzosen Gent wieder abzunehmen, wozu sie nur durch Hunger gezwungen werden konnten, oder durch Bedrohung der französischen Gränzprovinzen.

Vorläufig liefs

er Artois und die Piccardie brandschatzen; die Franzosen rächten sich dafür an den holländischen Provinzen, namentlich Nähe der

dem

benachbarten Zeeland.

französischen Armee

und

Diefs und die

Uberhaupt

machte die

Holländer, wie immer, besorgt und zum Frieden geneigt. Um sie aufzurichten muíste daher eine grofse Unternehmung gemacht werden, und das war die Belagerung von Ryssel oder Lille.

Die HerbeischaiFung des Belagerungs-

trains

unendliche Schwierigkeiten,

verursachte

da

da·

Lager der französischen Armee bei Gent den Alliirten den Gebrauch der Scheide und L y s verwehrte.

E s blieb

daher nichts übrig, als das nöthige Geschütz zu L a n d · aus Maslricht und Holland kommen zu lassen, wozu bei 16,000 Pferde erforderlich

waren.

Marlborough's

ur-

sprünglicher Plan war, in Frankreich eiozudringen, ohne sich um die Festungen zu bekümmern, allein Eugen b e · stand darauf, dafs man erst einen groben Waffenplatz¡ baben müsse.

243 Der Belegerangstrain bestand aus 60 Mörsern, gegen 100 Stück Batteriegescbütz, und 3000 Wagen, und nahm 6 Stunden Weges in der Länge ein. Um die zu dessen Fortschaffung nöthigen Pferde zusammenzubringen, muíste die Armee selbst mit beitragen, indem jedes Bataillon zehn, jede Escadron fünf Pferde stellen muíste, und die Generale selbst die ihrigen hergaben. Vendome suchte etwas dagegen zu unternehmen, aber Eugen, der den Marsch deckte, wulste seine Mafsregeln so gut zu nehmen, dafs er nichts dagegen ausrichten konnte, und der ganze Train glücklich im Lager eintraf. Eugen übernahm die Belagerung mit 50 Bataillons 90 Escadrons, Marlborough deckte dieselbe mit 75,000 Mann, mit welchen er bei Elchin an der Scheide ein L a ger bezog. Zu A l b , Brüssel und Oudenarde waren die Depots. Die Belagerung begann den 13. und 14. A u gust und dauerte bis zuin 9. December. Sie gehört zu den merkwürdigsten Unternehmungen dieser Art. In der Festung coinmandirte der Marschall Bouffiers, und als Ingenieur ein Neffe des berühmten Vauban. Der Zweck der Franzosen w a r , Lille zu entsetzen. Zu diesem Ende suchte der Herzog von Burgund sich zuerst mit Berwick zu vereinigen, welcher sich mit 2 7 Bataillons 92 Escadrons am 25. August von Douay in Marsch setzte, und am 29. in Lessines eintraf, wo am folgenden Tage die Vereinigung mit dem Herzog von Burgund erfolgte, der 19 Bataillons im Lager bei Gent zurückgelassen hatte. Marlborough und Eugen waren zwar schon am 22. bei Elchin über die Scheide gegangen, suchten aber die Vereinigung der beiden französischen Armeen nicht zu hindern, sondern zogen sich vielmehr am 30. wieder über die Scheide zurück, und beQ 2

244 Eogen am 1. September ein Lager bei Feronne

hinter

der Marque. Nach ihrer Vereinigung rückten die beiden französischen Armeen am 3 1 . August in die Ebene von Leuse, überschritten am 2 . September die Scheide bei Tournay, uud stellten sich in Schlachtordnung.

Da aber von S e i -

ten der Alliirten darauf nichts erfolgte, so suckle der Herzog von Burgund in die Ebene von Lille zu debouschiren, und wählte dazu das Terrain zwischen der Marque und Deule, welches Marlborough und Eugen vorausgesebn

und

darnach ihre Mafsregeln

Die Franzosen

fanden

Schwierigkeiten,

in

getroffen hatten.

dem sumpfigen Boden

wodurch die Alliirten hinlänglich

gewannen sich zu verschanzen.

viele Zeit

Als daher jene am 10.

September zum AngrifF vorrückten, fanden sie die Alliirten in der besten Verfassung, so dafs sie sich nicht getrauten, ei neu Angriff zu unternehmen, und sich begnügten dieselben mehrere Tage hinter einander zu ren.

Am Í5.

cauoni-

zogen sie endlich wieder ab, und gingen

den 17. über die Scheide zurück. Da auf diese W e i s e ihre Absicht verfehlt w a r , so schlugen sie den W e g der Manöver ein, und suchten nun

der Belagerungsarmee

die

Zufuhr

abzuschneiden.

Zuerst verlegten sie ihr die Strafse nach Brüssel.

Dage-

gen ergriff Marlborough das Mittel, seine Bedürfnisse über Ostende aus England zu ziehen.

Als Vendome diefs

merkte, liefs er die D a m m e durchstechen und das Land unter Wasser setzen, welches aber nicht den gewünschten Erfolg hatte.

Dann machte er eine Unternehmung

auf einen grofsen Convoi, der von Ostende kam.

Seine

Truppen wurden aber am 2 8 . September bei W i n n e n daei geschlagen.

Ferner liefs er Lefiingen nehmen und

besetzen, wodurch der gerade W e g nach Ostende ge-

245 sperrt

-wurde.

Dagegen

zog Marlborough

Lebensrnittel

aus Artois, w e l c h e s die Franzosen nicht wehren konnten. Λ in E n d e k a m der Churfiirst τ ο η Baiern r o n der B l i e i n arinee a n , und belagerte mit einer kleinen A r m e e B r ü s sel.

Marlborough

und Eugen forcirlen

den

Uebergang

über die S c h e i d e , und verjagten den Churfürsten. L i l l e muíste zuletzt capiluliren. nach einer kurzen Belagerung,

Gent

fiel bald

und Briigge

iendael wurden von den Franzosen

Kurz, darauf

nebst F l a s -

freiwillig

geräumt,

w o m i t der Feldzug endigle. 1709.

D a s Hauptoperationsobject in diesem F e l d -

Euge w a r die Eroberung einiger französischen Gränzplätze, w e l c h e s zufälligerweise die Schlacht von Malplaquet h e r beiführte.

Der Winter

w a r sehr streng, besonders

in

F r a n k r e i c h , und es gingen dadurch eine Menge K r i e g s vorrätlie zu Grunde,

wodurch eine Theurung

entstand,

w e l c h e L u d w i g X I V auf Friedensgedanken brachte. nun die Generalstanten

Da

auch sehr friedfertige Gesinnun-

gen hegten, so kam es bald von Anträgen zu Unterhandlungen, und das Friedenswerk w a r schon sehr w e i t v o r gerückt, als Eugen und Marlborough noch zu rechter Zeit ankamen.

Es

lag nicht in beider I n t e r e s s e ,

den K r i e g

so schnell zu endigen ; auf ihren Antrieb steigerten die Alliirten ihre Forderungen alle weitem Gedanken

so h o c h ,

dafs L u d w i g

XIV

an den Frieden aufgebe« muíste.

V e n d ó m e verlor das Commando,

als Folge der B e -

schwerden des Herzogs von Burgund und seiner U m g e bungen über i h n ; an seine Stelle trat der Marschau V i l lars, der die französische A r m e e am 2 0 . J u n i in einem L a g e r bei R o b e c an der L y s zusammenzog,

und damit

den 2 4 . nach Douay marschirte, um hinter dem Canal, zwischen Aunay und Bethune, eine Stellung zu nehmen, die von Natur sehr fest, aufserdem aber noch durch V e r -

246 schanzungen verstärkt war. S i e hatte aber den Fehler etwas zu ausgedehnt zu seyn, so dafs die Armee nur in einer L i n i e dahinter stand, und blos hie und da einzelne Bataillons als Reserve aufgestellt werden konnten. V i l ' lars hätte gern Courtray belagert, wenn ihn nicht der Mangel an Lebensmitteln daran verhindert hätte, der überhaupt seinen Operationen sehr im W e g e stand. Die Alliirten, zusammen 110,000 Mann stark, s a m melten sich in der Gegend von TourcoiDg. A m 22. Juni setzten sie sich in Marsch, und rückten am folgenden Tage in die Ebene von Lille. Eugen, 66 Bataillons 103 Escadrons, hatte den rechten Flügel, Marlborough, 180 Bataillons 282 Escadrons, den linken. A m 24. näherten sie sich den französischen Linien in drei Colonnen, und es scheint auch ihre Absicht gewesen zu seyn, dieselben anzugreifen; allein da sie solche zu stark fanden, so gingen sie wieder zurück, und beschlossen ihre Operationen auf Tournay zu richten. Zu diesem Ende machten sie mehrere Scheinbewegungen, welche von den Franzosen dahin ausgelegt w u r d e n , dafs man sie aus ihren Verschanzungen herauslocken w o l l e . Aber schon a m 27. wurde Tournay mit 24 Bataillons und 45 Escadrons berennt. Der Marsch dahin war so geheim gehalten w o r den, und geschah in solcher S t i l l e , dafs ein Theil der Garnison, der auf Fourngirung ausgesendet w a r , abgeschnitten wurde. Marlborough führte die Belagerung mit 60 Bataillons 7 6 Escadrons, Eugen deckte dieselbe, und bezog ein L a g e r zwischen Tont à Tressin an der Marque und St. Amand an der Scarpe. Villars hatte noch e t w a s viel Aergeres befürchtet, und w a r ganz zufrieden, als die Absichten der Alliirten auf Tournay sich erst ganz entwickelt hatten. Nach seiner Meinung muíste sie diese Unternehmung einen gro-

247 /sen Tbeil des F e l d z u g · beschäftigen und ihre Kräfte consumiren, ohne denselben ein grofses Resultat zu gewähren.

E r halte Anfangs die Besorgnifs gehabt, die Alliir-

ten möchten ihre Uebermacht benutzen, um Aire und S . Venant zu nehmen, und so sich einen W e g in das Herz der Piccardie und selbst bis nach Taris zu eröffnen, womit er tiefe Einsichten in das damals noch unbekannte Gebiet der Strategie bekundete, die den alliirten Feldherren abgegangen zu seyn scheinen. D a s Geschäft des französischen Generals wäre gewesen, diese Belagerung zu hindern ; allein er hatte sich in den Kopf gesetzt, dafs dieser Platz sich fünf Monat halten würde, welches ihm erwünscht schien, und darum begnügte er sich mit kleinen Unternehmungen, die nichts fruchteten, liefs Warneton nehmen und die Festungswerke zerstören, die Gegend um Tournay, so weit er solche erreichen konnte, ausfouragiren, u. s. w .

Am

23. Juli verliefs er seine bisherige Stellung, mit A u s nahme der Milizen aus der Piccardie,

und bezog mit

122 Bataillons neue Linien, die 18 Stunden W e g e s lang w a r e n ; sie liefen von S . Venant über Bethune,

nach

Donay, und von da vorwärts gekrümmt über Helesine nach der Scheide.

Von diesem ungeheuern Bogen hatten

die Alliirten, die sich bei Orchies postirten, die Chorde. Der Hauptzweck dieser Verschanzungen,

wie auch ihre

Figur schon anzudeuten scheint, war, den Alliirten einen Einfall nach Frankreich zu wehren. A m 28. Juli ergab sich Tournay und am 3. September capitulirte die Citadelle. war nichts vorgefallen.

Die

Den ganzen Monat August beiden

alliirten Generale

hatten schon vor dem Fall der Citadelle von Tournay ihre Augen auf Möns gerichtet, welches nur besetzt war.

schwach

E s kam nur darauf an, die Linien an der

248 Trouille, (zwischen Möns

und Maubeuge) die nur mit

drei Dragoner-Regimentern besetzt waren, früher zu erreichen als die französische Armee Zeit gewönne sie zu besetzen.

Zu diesem E n d e wurden gleich am 3. S e p -

tember 1 6 , 0 0 0 Mann

unter dem Prinzen von

Hessen-

Cassel gegen Möns in Marsch gesetzt, und am Tage darauf folgte die ganze A r m e e in zwei Colonnen, mit Z u riicklassung τ ο η 26 Bataillons unter Lottum. Als Villars von den Dispositionen der Alliirlen Nachricht erhielt, liefs er einen Theil der Besatzung von Möns in die Linien rücken, und befahl dem Chevalier von L u xemburg, der mit 3 0 Escadrons und der Brigade Piccardie bei Condé stand, an die Trouille zu marschiren. Doch diese Anstalten kamen zu spät; am 7. sähe der letztere aus der Gegend von Ciply den Prinzen von Hessen bei Espienne das Thal der Trouille erreichen, worauf er die drei Dragoner-Regimenter

aus den Linien an sich zog,

und die nach Möns gehörigen Truppen wieder dahin zurücksendete.

Mit

seinem rechten Flügel brach

Villars

noch am 3. auf, und erreichte Quiévrain in der Nacht. Am 5. erfuhr er aber,

dafs die Alliirlen sich bereits bei

S . Simphorien zeigten, worauf er zurückging, und seine Truppen atn 7 . in der Nahe von Quiévrain vereinigte. An

diesem Tage

campirten die Alliirten zwischen

Quevy und Ciply, und erfuhren dort, dafs Villars in B e wegung sey.

Darauf wurde iu einem am 8 . gehaltenen

Kriegsrathe beschlossen, an die Deboucheen zu rücken, um den Franzosen den Eintritt in die Ebene von Möns zu sperren.

E s ist nämlich das Terrain in dem W i n k e l

zwischen der Haine und der Trouille

sehr durchschnit-

ten, und wird besonders durch einen W a l d gesperrt, der unter verschiedenen Gestalten und Benennungen sich τ ο η S . Ghislain bis beinahe

nach Maubeuge

hin erstreckt.

249 Derselbe hat mehrere Durchgänge oder trouées, welche ihren Nauien von den dabei liegenden Dörfern haben. Die vorzüglichsten sind : bei Louvières, Aulnoit oder Blaregnies, S a r t , Bouson, W a s m e s und Quaregnon. Diese Debouscheen waren es, vor welchen sich die alliirte A r m e e lagerte; Prinz Eugen hatte den rechten Flügel und reichte bis Quaregnon, Marlborough bildete den linken. Möns w u r d e mit 18 Bataillons blockirt. S . Ghislain g e hörte den Franzosen, wurde aber noch vor der Schlacht von den Alliirten genommen, Villars, der von seinem Hofe die Erlaubnis bekommen hatte, eine Hauptschlacht zu w a g e n , beschlofs nun den Alliirten auf den Leib zu geben, und hatte dazu die beiden südlichen Debouscheen oder trouées bei L o u v i è res und Aulnoit gewählt. Ein jetziger Feldherr w ü r d e wahrscheinlich ganz um die Südspitze des W a l d e s herummarschirt s e y n , um zwischen demselben und M a u beuge zu debouchiren. Hier w u r d e nun, nachdem vorher der Prinz Eugen die Opposition der holländischen Deputirten beseitigt hatte, die Schlacht von Malplaquet (No. 3 2 . ) geliefert, wodurch Villars Möns entsetzen wollte. Die Folge davon w a r die Einnahme dieser F e stung, welche am 21. October capitulirte, womit der F e l d zug beschlossen wurde. 1 7 1 0 . W ä h r e n d des W i n t e r s wurden neue F r i e densunterhandlungen angeknüpft, und die französischen und holländischen Deputirten kamen zu Gertruydenberg zusammen. ludessen begann der kleine Krieg schon in der Mitte Aprils, und die Alliirten, welche wufsten, dafs die Franzosen ihre Quartiere aus Mangel an Fourage nicht vor der Milte Mai's verlassen konnten, zogen ihre Armee bei Tournay zusammen. Der von Eugen und Marlborough entworfene Flan zu diesem Feldzuge w a r gigan-

250 tesk für jene Zeit, aber cu complicirt, und man möchte hinzusetzen, seiner Dauer nach zu wenig berechnet, weshalb der Z w e c k desselben auch nicht erreicht wurde, obgleich die Alliirten überall glücklich waren. Die Operationen sollten nämlich mit der Einnahme von Douay beginnen ; darauf sollte Arras folgen, welches die letzte Festung w a r , welche von Frankreich deckte.

die nördlichen Gränzen

Zugleich

sollte eine Landung

geschehen, und die gelandeten Truppen mit der Armee, versteht sich nach der Einnahme von Arras, gegen A b beville vordringen.

Den Schlufs sollte die Eroberung von

Boulogne und Calais machen.

Um diese grolsen Zwecke

zu erreichen, wurde die Armee bis an 1 4 0 , 0 0 0 Mann vermehrt, wogegen ain Rhein nur defensiv agirt werden sollte;

iu Spanien aber und dem südlichen

Frankreich

hatte man die Absicht, mit grofsem Nachdruck zu operiren.

Villars dagegen suchte vor allen Dingen den ge-

sunkenen Muth- seiner Truppen

aufzurichten.

Nach sei-

ner Qleinung muíste man eine Schlacht liefern, und darin bestand auch sein ganzer Operationspinn, welcher nicht getadelt werden kann

Indessen erhielt er vom Hofe In-

structionen, die ihn bald nölhigte», alle offensiven Operationen aufzugeben, und sich blos leidend zu verhalten. Der Anfang des Feldzugs war gauz dem Entwürfe der Alliirten geinäfs.

Schon am 21. April nahmen sie

die im vorigen Jahre so tapfer verlheidigten,

jetzt aber

nur schwach besetzten Linien von Douay, und begannen die Belagerung dieser Feste.

Villars, der noch sehr an

seiner bei Malplaquet erhaltenen W u n d e litt, zog eiligst die französische Armee bei Peronne zusammen, brach ain 24

Mai auf, ging den 2 8 .

bei Arras über die Scarpe,

und rückte ain 3 0 . in Schlachtordnung zum Angriff gegen die Alliirten v o r ,

welche unter Eugen und Marlbo-

251 rough

zwischen Vitry und M o n l i g n j

Stellung genommen hatten.

eîoe

verschanzte

Hier blieb er vier T a g e ste-

hen, ohne einen Angriff zu wagen, und Lehrte dann nach Arras zurück.

Douay ergab sich a in 2 5 . Juni.

hatte sich damit begnügt, die Gegend

Villaro

auszufouragiren,

und war am 17. bei Arras über die Scarpe zurückgegangen, hatte sich aber durch die Besetzung von

Ypero,

Aire, St. Venant, Bethune und Arras schwächen müssen. E r hoffte immer noch auf eine günstige Gelegenheit, um den Alliirten eine Schlacht

zu liefern ; unterdessen aber

bezog er nahe bei Arras ein unangreifbares Lager hinter dem Crinchonbacli, wodurch er den D a n derselben, der auf Eroberung dieser Festung gerichtet w a r , Marlborough machte mehrere Bewegungen, wegzulocken,

welche

jener

nicht

vereitelte.

ihn von da

begriffen zu

haben

scheint, und da sie nicht gelangen, so beschlofs er, anstatt Arras, die drei Tlätze:

B e t h u n e , Aire und S . V e -

nant zu nehmen, welche ebenfalls den W e g nach Abbeville eröffneten; allein damit verging die Zeit.

Aire e r -

gab sich erst am 12. November, worauf die Alliirten die Winterquartiere bezogen, obgleich die projeclirte

Lan-

dung erfolgt, und Montreuil von den gelandeten Truppen genommen war.

Villars halte sich begnügt, im zweiten

Theile des Feldzugs eine feste Stellung zwischen

den

Quellen der Scarpe und Canche zu n e h m e n , und den Krieg mit Tarlheien zu fuhren; überdiefs hatte er die Armee verlassen, um ins Bad zu gehen.

So machte auch

die Garnison von Namur, welches noch in französischen Händen war, häutige Streifereien, und brandschatzte selbst Löwen und Lüttich. 1711.

Diefs ist Marlborough's letzter Feldzug, und

zugleich das Ende seiner glorreichen Thaten.

E s erregt

trübe Empfindungen zu sehen,

glanzvolle

wie eine so

252 und rühm würdige Laufbahn ein so unrühmliches Ende nimmt.

Des Herzogs G e m a h l i n , früher die vertrauteste

Freundin der K ö n i g i n , halte sich die Ungnade ihrer Monarchin zugezogen, und das w i r d gewöhnlich als die erste und Hauptursache seines Falles erzählt; der wahre Grund davon lag aber in den ganz veränderten Gesinnungen der Königin, welche sich zu der Fartliei der T o ry's w e n d e t e ) und die W h i g s , zu deren Häuptern Marlborough gehörte, ganz fallen liefs.

Diefs veränderte Eng-

lands ganze Folitik, welches sich nun geneigt zeigte, die Friedensvorschläge der Franzosen anzuhören.

Die vor-

läufigen Bedingungen wurden schon in diesem J a h r e verabredet, welches auch auf die Operationen Einflufs hatte. Frankreich wünschen.

halte

grofse Ursachen

den

zu

Es fing an, an Menschen und au G e l d e , so

w i e überhaupt an Kriegsmilteln zu f e h l e n , wig X I V

Frieden und

Lud-

sähe sich daher genölliigt, alle seine K r ä f t e

blos auf Erhaltung dessen zu v e r w e n d e n , w a s ihm noch blieb.

Daher w u r d e eine stricte Defensive

beschlossen,

und die Streilkräfte hauptsächlich in Flandern unter V i l lars zusammengezogen, um sie der Hauptarmee d e r A l l i i r ten entgegenzusetzen.

Die V e r t e i d i g u n g

konnte,

nach

den damals herrschenden Begriffen, nur durch Linien g e f ü h r t w e r d e n , die eine ganze Landesgränze unigaben, u n d diefs waren entweder Flüsse oder eine

zusammenhän-

gende Verwallung mit abwechselnden Redans, ß e d u u t e u und Forts, welche oft mehrere Meilen lang w a r e n ,

wie

schon früher Gelegenheit gewesen ist zu e r w ä h n e n .

Die-

jenigen, auf w e l c h e man die Defensive des jetzigen F e l d zugs baute, lehnten ihren linkeu Flügel in der Nähe v o n Montreuil an das Meer, liefen von da nach Hesdin, d a n n längs der Canche bis zu ihrer Quelle, von da nach der Scarpe herüber, (zwischen Oppy, bei Rebreuve, und M o n t e n a n -

253 court), welcher Flufs bis über Arras a h Linie diente, nun von Biache über Sailly nach der Sensée hin, bei l'Ecluse, und dieser Fluh und die Scheide, von dessen Einflufs bei Bouchain an, bis Condé, dann Verschanzunzen bis Maubeuge an der Sambre, und nun läugs diesem Flusse und der Maas fort bis Namur. Um nicht wieder überrascht zu werden, zogen sich die französischen Truppen schon iin März bei Arras, V a lencienues und Guise zusammen, und füllten ihre Magazine sehr früh im Jahre. Von den Alliirlen versammelten sich etwa 20,000 Maiin am 1. April an der Scarpe, in der Gegend von Lille. Der Tod des Kaisers, der am 17. April an den Pocken starb, war Ursache, dafs Frinz F.ugen wenig oder keinen Antheil an diesem Feldzuge nahm. Die Stärke der alliirten Armee betrug 1S4 Bataillons 364 Escadrons, wovon 65 Bataillons 120 Escadrons zu des l'rinzen Eugen Armee gehörten. Villars hatte 131 Bataillons 156 Escadrons iin Felde. Am 25. April kam derselbe nach Arras; seine Armee stand zwischen Moucby le Preux und Bouchain, hinter den Linien. Marlborough hatte die seinige bei Orchies und die des Prinzen Eugen bei Pont-ii-Marque versammelt. Villars hatte die Absicht Douay zu belagern, liefs sich aber durch die Bewegungen der Alliirlen abhalten, welche am 1, und 2. Mai bei Lalain über die Scarpe gingen, und zwischen Ferin und Somain, iin Angesicht der Franzosen, ein L a ger bezogen. Hier blieben beide Armeen fünf Wochen lang ganz ruhig stehen, ohne sich auf etwas anders als kleine Streifereien einzulassen. Villars Defensive und ein königlicher Befehl, keine Schlacht zu liefern, hielten ihn hinter den Linien, und die Alliirten waren durch den Tod des Kaisers Joseph gelähmt. Eugen kam hier

254 auf einige T a g e IDS L a g e r , und besprach sich mit Marlborough zum letzten Mole in diesem Kriege. A m 12. Juni sendete Villars 15 Bataillons und 15 Escadrons nach dem Eisais. Kauin hatten es die Alliirten erfahren, so detaschirten sie 10,000 Pferde nach dem R h e i n , worauf sie am 15. zwischen Vitry und Douay über die Scarpe gingen, und ein Lager bei Lens bezogen. Diefs w a r eine offenbare Herausforderung, denn das neue Lager der Alliirten befand sich in einer freien Ebene. Villars zog sich nach Arras heran, stellte seine Armee zwischen Bieche und Montenancourt a u f , und berichtete nach Hofe, dafs Gelegenheit sey eine Schlacht zu liefern, -wozu aber die Einwilligung versagt wurde, obgleich V i l lars schon vorläufig alle Anstalten getroffen, die Gegend recognoscirt, 18 Brücken über die Scarpe geschlagen hatte, u. s. w . Am 28. Juni inufste Villars noch 10 Bataillons 26 Escadrons nach dem Elsafs senden. Marlborough heschlofs nun die Belagerung von Bouchain zu unternehmen. Er brauchte aber den ganzen Monat J u l i , uin durch mehrere sehr klug ausgedachte Manöver und theilweise drohende Bewegungen oder wirkliche Angrille, die französische Armee sowohl von dieser Festung als von den Posten, die er selbst einnehmen wollte, wegzulocken. Villars, der den Sinn von Marlborough's Bewegungen nicht begriffen zu haben scheint, der nicht aus seinen Linien herauskam, bildete sich ein die Initiative zu haben, während seine B e w e gungen den seines Gegners ganz untergeordnet w a r e n . Arn 6. August hatte Marlborough seinen Z w e c k vollkommen erreicht, und die Belagerung von Bouchain nahm ihren Anfang. V i l l a r s , der sich überwältigt sähe, wollte nun eiue Schlacht liefern, allein er konnte diefs eben so wenig bewirken als die Belagerung hindern oder

255 stören, da Marlborough sich mit der Observationsarmee bei Avesnes le sec poslirt hatte, und alle Unternehmungen des franzosischen Generals vereitelte.

Am

13. Septem-

ber ergab sich Bouchain, und Marlborough glaubte nun noch Lequesnoy belagern zu können ; Villars halte sich jedoch so aufgestellt, dafs er Bouchain sogleich genommen haben würde, wenn schirt wären.

Sie

die Alliirten

vrieder wegmar-

muhten daher in dessen Nahe

b e n , und damit verging der Feldzug.

blei-

Ueberdiefs fingen

die Friedenspräliminarien an ruchtbar zu werden, welches auch das seinige zu der weitern Unthätigkeit beigetragen haben mag.

256

Die letzten Feldzüge des Prinzen Eugen im spanischen Successionskriege. Marlborough -war jetzt ganz zurückberufen.

Er b e -

w ä h r t e durch sein B e i s p i e l , dafs e s k e i n e w a h r e Gröfse ohne T u g e n d giebt.

Es w u r d e n A n k l a g e n gegen ihn e r -

h o b e n , die leider gröfstentheils gegründet w a r e n . erregle den Unmuth der K ö n i g i n ,

und der

Diels

wachsende

Uebermuth seiner Gemahlin brachte ihn z u m Ausbruch; der w a h r e n , tiefer liegenden Ursache seines Sturzes ist schon

gedacht

worden.

Von

Marlborough's

Gegnern

w u r d e nach d e m B e i s p i e l , das Oestreich in dein F e l d zuge 1 7 0 7 gegeben h a l t e ,

der Grundsatz aufgestellt und

gellend gemacht, dafs es nun Zeit s e y , die (durch Hilfe der A l l i a n z ) in diesem K r i e g e erworbenen Vorlheile durch einen Separatfrieden zu sichern, und folglich die A l l i i r ten, ohne Rücksicht auf die von ihnen gebrachten Opfer, ohne der von ihnen geleisteten grofsen Dienste eingedenk zu s e y n ,

i h r e m Schicksal zu überlassen.

Marlborough

hatte, w i e man behauptete, Staatsümter verkauft und d a bei seine Ehre compromittirt, aber diese Politik coiupromitlirte die Ehre der ganzen englischen Nation. 1712.

Der "Winter und das Frühjahr w a r e n

kleinen Unternehmungen

vergangen.

mit

A m 2 0 . April traf

V i l l a r s von P a r i s zu Peronne ein ; der Prinz Eugen k a m erst i m Mai a u s dem Haag zurück, w o er sich alle m ö g liche M ü h e gegeben h a t t e , d i e Unterhandlungen zu h i n tertreiben. lons,

Die alliirte A r m e e

2 7 2 Escadrons,

bestand a u s 155 B a t a i l -

120 Geschützen,

und hatte

ihr

L a g e r bei A n c h i u , in der Gegend von Douay, h i n t e r d e m

257 Moulinetbach.

D i e Engländer, 18 Bataillons 16 Escadrons,

unter dein Herzog von Ormond, hatten den linken F l ü gel und standen bei Helesmes, am W a l d e von St. Amant. D i e französische Armee, welche die Marschälle V i l lars und Montesquieu commandirten, zählte 139 Bataillons, 257 Escadrons und nur 3 0 Geschütze.

Ihre Stel-

lung w a r zwischen Oisi und Monchy le Freux (zwischen Cambray und Arras).

Die Cavallerie mufste wegen F o u -

ragemangel in weitläuftige Quartiere verlegt werden, und hatte Befehl, sich auf das Signal von drei Kanonenschüssen zu concentriren. Da die Franzosen im Besitz von Arleux waren, und folglich die Sensée stauen konnten, wodurch sie Herren der Ueberschweinmung von Douay waren, so machte die Garnison dieser Festung eine Unternehmung dahin und zerstörte die dortigen Schleusen. Der

Operationsplan

des

Prinzen Eugen

war,

in

Frankreich einzudringen, vorher aber die Festungen L e quesnoy und Landrécies zu nehmen.

Die Franzosen be-

safsen aber auch noch aufserdem Arras, Cambray, Valenciennes und Conde, von den beiden erstem ist gar nicht die Rede, und die beiden letztern hielt der Prinz für zu stark.

W a s derselbe überhaupt sich bei Entwerfung die-

ses Plans gedacht hat, ist schwer zu ermitteln. liirten

waren

im Besitz

von Antwerpen,

Die AI-

Oudenarde,

Tournay, Ath, Meng, Denderinonde, Menin, L i l l e , thune, Aire, S . Venant, Douay und Bouchain.

Be-

Der W e g

nach Artois und der Piccardie stand ihnen folglich offen, und so war auch der Plan im Jahr 1710 entworfen worden.

Dieser aber schien ganz in Vergessenheit gerallien

zu seyn, und die Operationen wurden gerade dahin geführt,

w o die französische Granze am stärksten

war.

W i e der Besitz von Lequesnoy und Landrécies den W e g IVagntr

ub. d. Kriiß l . Tli.

R

258 nach Frankreich eröffnen sollte, w ä h r e n d Maubeug«, V a lenciennes, Cambray und Arras iin R ü c k e n und zur S e i t e liegen blieben, ist nicht recht klar. bei weiter nichts z u m G r u n d e , als Gränzprovinzen zu

brandschatzen

Vertnutlilich lag d a die nahe

liegenden

und

auszuiouragiren.

Der kleine K r i e g mit grofsen A r m e e n !

Dafs mit jedem

neuen Feldzuge der Operationsplan

gewechselt

wurde,

gehört in dieselbe Cathegorie. Um Villars zu tauschen

und ihn von den Tlätzen,

w e l c h e man belagern wollte, entfernt zu halten, ging der General Fagel mit 40 Bataillons,

8 Escadrons und

20

K a n o n e n ain 2. M a i hei Neuville über die Scheide, und verschanzte sich

bei L i e u S . Arnaud.

D a Villars sich

nicht rührte, so folgte die A r m e e am 2 6 . ,

und Eugen

nahm sein L a g e r hinler der S e i l e , sein Hauptquartier zu Haspres.

Zu

derselben Zeit erhielt Villars von

H o f e die Nachricht,

seinem

dafs die Engländer nichts gegen ihn

unternehmen würden.

Die B e w e g u n g der alliirten

Ar-

m e e b e w o g ihn, die Scheide aufwärts zu inarschiren, und sein L a g e r zu nehmen.

hinter C a m b r a y , zwischen Marcoiu und V i s Dadurch w u r d e Cambray und Arras gedeckt,

aber Valenciennes, Condé, L e q u e s n o y und Landrécies ihrem Schicksal überlassen ; doch waren dieselben gut besetzt und mit allem reichlich

versehen, w e s h a l b Villars

sie ihren eigenen Kräften überlassen zu können glaubte. Ein starkes

Detaschement

wurde von

demselben

nach

L ' é c l u s e gesendet, und ein anderes nach Arleu-s, um den holländischen General Albemarle zu beobachten, der z w i schen der Scarpe und Scheide stehen geblieben w a r . D a s damalige Kriegssystem ging, w i e schon oft g e s a g t , auf weiter nichts, als dem Feinde zu schaden und ihm Abbruch zu thun.

Darauf zielten alle Unternehmun-

gen allein, und darum w u r d e der kleine K r i e g mit gro-

259 fcer Thätigkeit betrieben.

Jetzt,

wo die Operationen In

der Regel auf die Vernichtung oder Lähmung der gesainten feindlichen Streitkrüfle gerichtet werden, ist die£» Nebensache geworden.

Während also der Prinz Eugen sich

bereit machte, Lequesnoy zu belagern, sendete er ein gemischtes Commando von 2800 Pferden unter dem General Grovestein aus, um Schrecken in der Champagne und Lothringen zu verbreiten.

Dasselbe marschirte in meh-

rern kleinem Abtheilungen aus dem Lager, vereinigte sich zwölf Meilen davon, war zuerst nur des Nachts in Bewegung, schlich sich zwischen Guise und Lacapelle durch, und fiel nun in das platte Land, plünderte die Diöcesen von Rheims und Chalons, nahm Geifseln mit, ging über die Aisne, brandschalzte das Verdunische und Lothringische, ging bei S. Mihiel über die Maas, und bei Tont à Mousson über die Mosel, plünderte die Gegend von Metz, und kam zuletzt mit 1500 Mann in Trarbach an, nachdem ihm der Prinz von Wurtemberg, der am Rhein cominandirte, ein Detascheinent zu seiner Aufnahme entgegengeschickt hatte.

Villars hatte ihm 4 0 0 0

Pferde und 8 Dragonerregimenter nachgesendet,

allem

diese konnten jene nicht erreichen. Der Herzog von Ormond erklärte dem Prinzen Eugen, dafs er Befehl habe, nicht offensiv zu agiren, dafs er mit den englischen Truppen nur bei der Armee bleiben dürfe, in sofern dieselbe sich auf der Defensive halten würde, und marschirte dem geinäfs, mit Ausnahme der deutschen in englischem Solde stehenden Truppen, am 17. Juni gegen Dünkirchen ab, als die Belagerung von Lequesnoy begonnen hatte.

Diese Festung

ergab

sich den 4. Juli, und der Fall derselben verursachte, dafe die Engländer und Franzosen einen zwischen ihnen abgeschlossenen Waffenstillstand

publicirten. R 2

Der Herzog

260 YOD Ormond hatte ein Lager bei Avesti es le sec gen omni en, und setzte nachher seinen Marsch bis in die Gegend Ton Brügge und Ostende fort. Dünkirchen wurde den Engländern in Folge des Waffenstillstandes von den Franzosen übergeben. Der Trinz Eugen hielt sich für stark genug, den Krieg allein fortsetzen zu können, und beschlofs mit um so mehr Nachdruck zu agiren, als er noch die Hoffnung hegte, durch glückliche Erfolge die Unterhandlungen zu brechen, und die Königin Anna wieder an die Allianz zu fesseln. Demnach übertrug er dem Fürsten von Anhalt-Dessau die Beingerung von Landrecies mit 30 Bataillons, 4 0 Escadrons, während er mit der Hnuptarinee bei Lequesnoy stehen blieb, um diese Belagerung zu dekken, Die Magazine, aus welchen die Armee verpflegt werden muíste, befanden sich zu Marcliiennes an der Scarpe, in einer Entfernung von 9 bis 10 Stunden; der Frinz Eugen verlangte, dafs dieselben nach Lequesnoy transportirt w ü r d e n , allein es wurde von den Generalstaaten verweigert. Die Zufuhrlinie ging nun e t w a s oberhalb Valenciennes über die Scheide, und w a r auf der ganzen Länge zwischen der Scarpe und Scheide den Unternehmungen der Franzosen blos gestellt. Um sie zu sichern, postirte der Prinz den holländischen General Grafen Albemarle mit 2 0 Bataillons und 10 Escadrons bei Denain an der Scheide, und liefs von da bis nach der Abtei Beaurepaire eine doppelte Reihe von Linien ( w i e eine grofse Caponlere) anlegen, die eine L ä n g e von drittehalb Stunden hatte, und die aus liedouten, Redans, und andern W e r k e n , mit Courtinen verbunden, nach der damaligen Kriegsmanier, bestanden. Der Marschau Villars erhielt von seinem Hofe den gemessensten Befehl, Landrecies zu entsetzen. Die/»

261 k o n n t e er, w i e er selbst erzählt, auf dreierlei W e i s e bewerkstelligen, entweder durch Zerstörung

der Circum-

vallationslinie, oder durch einen Angriff auf die Observalionsarmee, oder durch einen Angriff auf die C o m m u nication und Denain.

Villars zog das L e t z t e r e , als das

Sicherste vor, nachdem er vorher die Circiunvallation sowohl als die Stellung der Armee recognoscirt hatte.

Es

k a m darauf an, den Prinzen Eugen zu inducirán und i h m glauben zu machen, dais man eineu Angriff auf die Circumvallation,

als den entferntesten T u n k t ,

damit er seine Kräfte dahin zöge.

beabsichtige,

Das Geheimnifs w u r d e

so gut bewahrt, und die französischen Generale selbst so glücklich getäuscht, dafs diese Unternehmung, Trotz der Spione, welche Eugen in der französischen A r m e e Nachrichten ertheilten, den glorreichsten Erfolg hatte.

Der

Frinz Eugen ging vollkommen in die Falle, und

hatte

seine Truppen meistens nach Landrecies gezogen,

wäh-

rend Villars, der sich ain 23. vor seinem linken Flügel zeigte, bei Einbruch der Nacht plötzlich links schirte, bei Neuville,

abmar-

zwischen Bouchain und Denain,

über die Scheide g i n g , die Linien bei Denain angriff, und den General Albemarle beinahe mit seinem ganzen Corps gefangen nahm (24. Juli),

Der Prinz E u g e n ,

der

erst um 7 Uhr früh Nachricht von dieser Bewegung erhallen hatte, kam mit einem Theil der Armee aui rechten Ufer der Scheide an, als alles schon entschieden w a r . Die Unternehmung macht dem Marschall Villars die gröfste Ehre.

Sie hatte f ü r ihn alle Folgen einer g e w o n -

nenen Schlacht, und im Grunde noch mehr, da er seineo Gegnern einen so bedeutenden Verlust beigebracht hatte, ohne selbst dabei viel zu leiden.

Die nächste Folge d a -

von w a r , dafs Villars Mai-chiennes nahm, und dadurch die AUiirten nöthigte,

die Belagerung von

Landrecies

262 aufzugeben. Sie zogen sich bis hinter die Trouille, und die Franzosen nahmen Douay, Lequesnoy und Bouchain, womit der Feldzug endigte. 1 7 1 3 . In diesem Feldzuge blieb der Kaiser allein auf dem Kampfplatz, alle übrigen hatten mit Frankreich Frieden geschlossen. Die Franzosen stellten zwei Armeen auf, eine ain Oberrhein unler dem Marschall Villars, und eine an der Saar unter dem Marschall Besons. Sie fingen den Feldzug damit a n , dafs die Armee des Marschall Villars sich am Mittelrhein ausbreitete, während Besons Landau belagerte. Der Prinz Eugen hielt sich fiir zu schwach, um etwas zu unternehmen, und blieb in den Linien von Ettlingen, schickte aber 18,000 Mann in deu Schwarzwald, lief» überall schanzen, und trachtete besonders Freiburg in Vertheidigungsstand zu setzen. Die Belagerung von Landau dauerte vom 11. Juni bis zum 21. August, und 56 Tage nach Eröffnung der Laufgräben ; die Verteidigung leitete der Prinz Alexander von Würtemberg. Ain 11. September ging Villars mit 30 Bataillons und 20 Escadrons bei Fort Louis über den Rhein, und machte eine Demonstration gegen die Linien von Ettlingen, welches Eugen bewog, alle disponibeln Truppen an sich zu ziehen. Unterdessen wendete sich jener gegen deu Schwarzwald, forcirte die Verschanzungen auf dein Rofskopf am 20. und stand einige Tage nachher vor Freiburg, welches, vorn General Harsch vertheidigt, am 16. November capiluürte. Darauf erfolgten die Friedensunterhandlungen zu Rastadt.

263

Die Feldzuge des Marschalls von Sachsen in Flandern und den Niederlanden. 1746.

Dieser erste Feldzug des Marschalls

Stoff zu allerhand Betrachtungen.

bietet

Im vorigen Jahre hat-

ten die Franzosen Tournay, G e n t , O u d e n a r d e ,

Dender-

inonde, Ostende, Nieuwpoort, A t h , und einige andere kleinere D ä t z e erobert.

Die Álliirten hatten ihre W i n -

terquartiere in den Niederlanden bezogen, und besafsen Möns, St. Ghilain, Charleroi, Namur, Mastricht, A n t w e r pen, und Brüssel, welches in der Milte ihrer Quartiere lag.

Die Franzosen befanden sich in der Offensive, und

die Anordnung ihrer Winterquartiere zeigte, dais sie dieselbe furtzusetzen gedachten.

Die Alliirten

erwarteten

Verstärkungen, welche lange ausblieben, und konnten daher im Anfange an keine Unternehmung semnach war es vorauszusehen,

deuken.

Die-

dni's, in Bezug auf die

damalige Kriegsart, die keine weiten Operationen zuliefe, der Terrainabschnitt zwischen der Sambre, der Maas und der Scheide der Schauplatz des gegenwärtigen Feldzugs seyn würde.

Das Hauptoperationsobject der Franzosen,

wenn man es so nennen will, war Brüssel, die N e b e n operationsobjecte die Festungen an der Sambre und Maas. Da der Marschall von Sachsen durch eine kühne Offensivoperation eich noch während

des W i n t e r s in Besitz

von Brüssel setzte, so w u r d e der übrige Feldzug eigentlich ohne Hnuptobject geführt.

Dem Marschall lallt die-

ses weniger zur L a s t ; deun nachdem er die

Alliirten

nach dem Rande des Kriegstheaters hingedrängt

hatte,

konnte seine Aufgabe, im Geiste der damaligen Krieg-

264 f u h r u n g , k e i n e a n d r e s e y n , als die gemachten E r o b e r u n gen s o w o h l als die noch zu machende W e g n a h m e der F e s t u n g e n an der Salubre und Maas zu decken.

Die A l -

liirten scheinen es gar nicht geahnet zu h a b e n , dafs die W i e d e r e r o b e r u n g von Brüssel der erste Z w e c k ihrer O p e rationen

w a r , z u m wenigsten lassen ihre B e w e g u n g e n

k e i n e andere Meinung z u .

Dafs dieser Z w e c k , bei d e a

vielen eiDgebüfsten Y o r t h e i l e n , o h n e Schlacht nicht zu erreichen w a r ,

liefs sich leicht begreifen, und nachdem

sie ihre Verstärkungen an sich gezogen h a l l e n , w a r der Z e i t p u n k t dazu g e k o m m e n .

Statt dessen begnügten

sie

sich, an dem R a n d e des Kriegsschauplatzes zwecklos h e r u m z u i r r e n , w a g t e n nicht die Maas zu verlassen, machten eine leichte, f u r c h t s a m e D é m o n s t r a t i o n , u m N a m u r zu r e t t e n , liefcen sich aber durch

eine blofse G e g e n b e w e -

gung über die Maas z u r ü c k w e r f e n , und n a h m e n am Ende, vielleicht u m doch e t w a s gethan zu h a b e n , in der späten Jahreszeit dicht vor Lüttich eine Schlacht a n , E n d z w e c k nicht ganz klar i s t ,

deren

und die auch g e w o n n e n

wahrscheinlich keine groisen Folgen für dieselben gehabt haben w ü r d e ,

da es ihnen an den Eigenschaften

ganz

gefehlt zu haben scheint, ohne welche man w e d e r Schlachten g e w i n n t ,

noch g e w o n n e n e benutzt.

sammensetzung

der nlliirten A r m e e ,

die

Die b u n t e Z u verschiedenen

Interessen und die m u t h m a f s ü r h e Uneinigkeit i h r e r G e nerale, w e l c h e immer schwächend w i r k e n , m ö g e n dings dem coinmandirenden General den W e g gelegt haben.

aller-

viel H i n d e r n i s s e in

Zu bemerken ist aber a u c h noch

aufserdein, dafs gerade zu dieser Zeit die K u n s t , ein L a ger zu n e h m e n ,

in i h r e m höchsten Flor w a r ,

dafs alle

A u f m e r k s a m k e i t des Feldherru sich darauf h i n l e n k t e , aus e i n e m solchen Lager in das Andere zu g e l a n g e n , die Z u f u h r Preis zu g e b e n ,

dafs dabei jedesiual

ohne

mehrere

265 Poeten auf cUn Flanken and im Rücken besetzt werden mufsten, und dais alle diese Anstalten eine Sorgsamkeit erforderten, welche die Geisteskräfte in einer beständigen Spannung erhielten, so dafs vielleicht dieserhalb an g r e isere Operationen weniger gedacht wurde. Brüssel, welches, w i e schon gesagt, in der Mitte von den Quartieren der Alliirten lag, w a r mit 17 Bataillons, 5 Escadrons, 600 Husaren, 2 0 Stück Batteriegeschülz, 10 Mörsern, und der ganzen holländischem Feldartillerie, zusammen 12,000 Mann, besetzt. Der Mnrschall von Sachsen hatte beschlossen, diese Stadt noch iin W i n ter durch Ueberrumpelung und einen raschen Angriff zu nehmen. Er hatte dazu die in Flandern und den eroberten Provinzen befindlichen Truppen bestimmt, während die von Alh und aus dem Hennegau nach Binch r ü k k e u , und die Garnisonen von Möns, Charleroi und Nainur im Zaume halten sollten. Das schwere Geschütz wurde aus Douay genommen, und in Boulogne wurden scheinbar Anstalten zu einer Expedition nach England gemacht. A m 27. Januar versammelten sich die Truppen, 28,000 Mann stark, in Denderinonde, Gent, Oudenarde, Atli, Tournay und Maubeuge, und am folgenden Tage waren sie im Marsch gegen Brüssel. Der Marschall hatte seine Unternehmung auf den Frost berechnet, und hoffte seine Truppen in den Vorstädten von Brüssel unterzubringen, und solche zu besetzen, bevor die Belagerten daran denken konnten sie zu verbrennen, welches auch, halb durch die Schnelligkeit, halb durch Ueberredung und L i s t , gelang. In der Nacht vom 7. Februar wurde die Transchee eröffnet, und am 20. ergab sich dieser Flatz nach einer leichten Attake. Die Truppen der Alliirten waren theils auseinander gegangen, iheils zu sehr vertheilt, theils endlich zu schwach, als dafs der Prinz von

266 W a l d e c k , der aus deiu Haag herbeieilte, etwas zu in Enfiate dieser Stadt unternehmen konnte. —

Die französi-

sche A r m e e ging nachher in ihre Quartiere zurärk. A m 3 Mai zog der Marschau seine Armee vor Brüssel wieder zusammeu.

Am

folgenden Tage

Konig Ton Frankreich selbst ein.

traf

der

Von der Rheinarmee

langten 2 4 Bataillons und 37 Escadrons bei Maubeuge a n , und halten die B e s t i m m u n g , N a m u r zu bedrohen.

Möns, Charleroi, und

Die Alliirten hatten sich hiuter der

D y l e , zwischen Mecheln und L ö w e n , verschanzt ; sie w a r e n 50,000 Mann stark, den Oberbefehl erhallen.

und General Balhiany hatte

Als die Franzosen aber ain 6.

vorrückIen, verliefsen sie alle ihre Posten, und zogen sich erst hinter die Nelhe, von da nach Breda, und z u letzt gar bis Terheyde z u r ü c k , wo sie die Ankunft ihrer Verstärkungen

abzuwarten beschlossen.

Die Franzosen

folgten ihnen auf dein Fufse, besetzten A n t w e r p e n , und nahmen die Citadelle nach einer sethslägigen Belagerung. Da nach reiflicher Ueberlegung gegen die Alliirten nichls weiter unternommen

werden

der Marschall die Gegend

konnte, so begnügte sich

von Antwerpen auszufouragi-

ren, während die bei 3Iaubeuge zurückgebliebenen T r u p pen Möns belagerten. Zu Anfang Juli's waren die Verstärkungen der Alliirten an der Maas angekommen, worauf der MarschaU a m 8. hiuter die Nelhe zurückging, und sich bis hinler die Dyle in ein Lager zwischen llotselaer und Hevre zog, als der Trinz Carl von Lothringen,

der jetzt das C o m -

mando übernommen halte, mit 75,000 Mann gegen E i n d hofen vorrückte.

Da uulerdefs Möns und Charleroi ge-

fallen waren, so hatte der Trinz von Lothringen die A b sicht, Nainur vor einem ähulichen Schicksale zu b e w a h ren, und uiarschirte, die französische Armee in ihrer rech-

267 ten F l a n k e η m kreisend, an die Quellen der Deiner, setzt· über diesen Flurs, über den Jaar oder J e k e r , Mehaigne,

über die

und nahm die feste und unangreifbare Stel-

lung bei Onoz und Mazy.

Der Marschall begab sich z u -

erst an die Quellen d e r G h e t e , bezog ein Lager bei W a l hain, darauf bei Geinbloux, und endlich am linken Ufer der Mehaigne, in der Gegend von Asche, in der rechten Flanke der Alliirten, welches dieselben bewog, ihre feste Stellung, die dadurch im Rücken bedroht war, zu verlassen, und sich dem Marschall gegenüber, an der Mehaigne, aufzustellen. Der Marschall fand die Schwierigkeiten, diesen Flufs w e g e n seiner sumpfigen Ufer im Angesicht des Feindes zu überschreiten, zu grofs, und marschirte daher am 19. August abwärts bis Villers. auf ihrer Seite bis Bourdines.

Die Alliirten folgten ihm Des Marschalls Absicht

w a r , sie über die Maas zu drängen, und Namur zu n e h men.

Da sie ihre Subsistenz auf der Maas bezogen, so

liefe er am 21. H u y w e g n e h m e n , durch sperren.

und diesen Flufs d a -

Dann befahl er alle Mühlen an der S a m -

bre, dem Orneau und der Mehaigne zu ruiniren, welches den Prinzen von Lothringen sehr in Verlegenheit setzte. Er suchte sich indefs durch eine Unternehmung auf einen grofsen Convoi, den der Slarschall erwartete, L u f t zu inachen; als alter auch dieses durch einen unglücklichen Zufall fehl schlug, inufste er das linke Maasufer verlassen, und führte diefs am 29. August mit einer solchen Fräcision a u s , dafs der 3Iarschall es erst in

der

Nacht darauf e r f u h r , und seinem Uebergange keine H i n dernisse in den W e g legen konnte.

Der Marschall wollte

bei Huy eine Brücke schlagen, und den Alliirten folgen, um sie entweder durch eine Schlacht oder durch Manöver aus der Gegend von Namur zu entfernen, allein sie

268 zogen vorher a b ,

nachdem sie eine starke Besatzung in

dieser Festung gelassen Lallen, nahmen ihren W e g

über

V e r v i e r s , gingen über die Ourte, und standen am 7 . S e p tember hinter der M a a s ,

zwischen V i s e t

und Mastricht.

Nun wurde Namur von den Franzosen belagert, und der Marschall n a h m ein L a g e r bei Tongern, hinter dem J a a r . A m 1 1 . S e p t e m b e r hatte ein T h e i l der alliirten T r u p pen den Fetersberg, vor Mastricht, besetzt, der übrige ging unterhalb Mastricht über die Maas.

D e r Marschall setzte

sich in B e w e g u n g , um die e r s t e m anzugreifen, fand aber ihre Stellung zu stark, und nahm nun ein L a g e r zwischen dem J a a r und der Deiner, zwischen Tongern und Bilsen. E i n Corps a u f dem rechten Ufer des J a a r w a r bestimmt die Belagerung von Namur zu decken.

D i e Alliirten b e -

zogen eine Stellung vor Mastricht, zwischen Grofs Spauer und dein J a a r . llig. —

Vier Wochen

lang

blieb hier alles

ru-

A m 1 9 . S e p t e m b e r ergab sich die Stadt Nainur

und am 3 0 . das SchloTs. Z u Anfang

Octobers fand der M a r s c h a l l ,

Alliirten einen T h e i l

ihrer Truppen

dafs

auf dein

rechten

Ufer des J a a r aufgestellt hatten, w o r a u f er denselben zugreifen beschlofs,

und dazu

die an-

das jenseit dieses F l u s s e s

stehende Corps und die Truppen, welche Namur belagert hatten,

bestimmte.

Armee

über den F l u f s ,

seine Unternehmung

D i e Alliirteu zogen aber i h r e ganze welches

aufzugeben,

den Marschall und

hinter

zurückzugehen, w o er a m 8 . October zwischen

bewog,

den

Jaar

Tangern

und Horeille, lagerte. E r w o l l t e eben Anstalten treffen, in die W i n t e r q u a r tiere zu gehen, und w a r der Meinung, dafs die Alliirten es eben so machen w ü r d e » , als er auf einmal erfuhr, sie ständen u n w e i t L ü t t i c h , in einer sehr nachtheiligen S t e l lung,

z w i s c h e n Hoatain

und Grace.

Da

nun an k e i n e

269 Winterquartiere zu denken w a r , so lange der Prinz von Lothringen sich noch auf dem linken Maasufer zeigte, so brach der Marschall am 10. auf, in der Absicht, ihm eine Schlacht zu liefern. Bei seiner Annäherung brachen die Alliirten ihre Zelte a b , und stellten sich in Schlachtordnung. A m folgenden Tage fiel die Schlacht bei Rocoux vor (No. 52.), in deren Folge sie bis über die Maas z u rückgeworfen wurden. Der Zweck dieser Schlacht w a r den darauf gewendeten Opfern nicht angemessen; es trifft aber dieser Vorwurf mehr den Prinzen von L o t h ringen als den Marschall von Sachsen. A m 2 5 . October w a r die ganze französische Armee aus einander gegangen, und in den Winterquartieren in den Niederlanden, den Maasfeslungen, und den Seeplätzen, zerstreut; ein Theil wurde nach dem Elsals gesendet, und ein anderer Theil nach Bretagne, w o die Engländer, auch damals schon zu spät, gelandet waren. Die Alliirten unternahmen indefs nichts, und ein kleines Corps, welches vor Mastricht geblieben w a r , ging zu Anfang Novembers auch über die Maas zurück. 1 7 4 7 . Dieser Feldzug spielt auf demselben Kriegstheater w i e der vorige ; er ist aber in militairischer Hinsicht noch unbedeutender und ärmer an grofsen Operationen. Ueber die Alliirten hatte der Herzog von C u m berland das Commando übernommen, und ihre Slärke wird auf 150,000 Mann angegeben. Mit dieser Uebermacht hätten sie schon iin W i n t e r e t w a s unternehmen können, da sie ohnediefs dein Marschnll eine Revanche für Brüssel schuldig w a r e n . Eine grofse Offensivoperation , die ihnen allein die verlernen Vortheile w i e d e r schaffen konnte, scheint ihnen nicht in den Sinn gekommen zu seyn. Auf die Festungen der niedern Maas gestützt mulsten sie zuerst Antwerpen, dann Brüssel, Na-

270 m u r , und BO die andern Festungen wiedercunehmen suchen.

Sie scheinen nicht begriffen zu haben, -welche

Vortbeile ihnen die Maas gewährte, und wulsten keinen andern Nutzen davon zu ziehen als,

w i e im vorigen

Jahre, sich in ihrer Nähe schlagen zu lassen, welches allerdings ein Vorlbeil w a r , obgleich ein negativer. Der Plan der Franzosen

w a r auf holländisch Flan-

dern gerichtet, wodurch die Holländer gezwungen w e r den sollten, der Coalition zu entsagen.

Uin diefs zu ver-

bergen , sammelte sich eins der französischen Corps bei Sedan, und gegen Berg-op-Zooui wurden Recognoscirungen gemacht, als ob man damit anfangen wollte es zu belagern.

A m 31. Mai kam der Marschall nach Brüssel.

Auch der König wohnte diesem Feldzuge wieder bei. In den ersten Tagen des Aprils versammelten sich die Holländer bei Breda, die Engländer bei Eindhoven, die Oestreirher bei Mastrirlit.

Der Marschall befahl, dafs

seine Truppen am 15. April

beisammen

Die zur Eroberung

seyn

von holländisch Flandern

sollten. bestimmt

w a r e n , vereinigten sich bei Gent, Brügge und Denderm o n d e , und wurden in zwei Corps abgetlieilt; mit 24 Bataillons 5 Escadrons sollte Löwendahl die Seeplätze der Holländer, Sluis, Sas von Gent, Ysendyck, Fort P h i lippine, w e g n e h m e n ,

und Contades

mit 14 Bataillons

ö Escadrons die Forts Perle, Liefkenshoek, und die Städte Axel, H ü l s t , am

linken Scheideufer.

Die

Armee

stand zwischen der Dyle und der Dender. A m 25. April setzten die Alliirten sich mit gemessenen Schritten gegen Antwerpen in Bewegung, und bezogen ain 15. Mai ein Lager bei Bratschaten, in dessen Nähe.

Der Marschall zog seine Truppen naher an die

D y l e , verstärkte die Besatzung von A n t w e r p e n

bis auf

26 Bataillons, und ertheille Löwendahl, der seine E r o b e -

271 ruegen echón vollendet hatte, d a · Commando.

Am 26.

Mai verllefsen die Alliirlen jedoch die Gegend von A n t werpen wieder, und nahmen eine feste Stellung zwischen den beiden Nethen, unweit Lier, w o r a u f die französische Armee

ein schon

für sie ausgestecktes Lager zwischen

Mecheln und Rotselaër bezog.

Hier blieben beide un-

thälig stehen, und keiner schien L u s t zu eiuem Angriff zu haben.

A m Ende falste der Marschall den Entschlufs,

seine Armee rechts gegen Mastricht hin zu schieben und diese Festung zu bedrohen.

E r theilte seine Truppen in

mehrere Echelons, welche in angemessener Entfernung ihren Marsch über Tirleinont, S . T r o u , der Maas nahmen,

w o die Spitze

Tongern, nach

ain 2 2 . Juni eintraf.

Diefs bewog die Alliirten, sich am 2 4 . ebenfalls in B e wegung zu setzen und links abzumarschiren, indem

sie

ihren W e g über Diest nach Zouhoven nahmen, w o sie am 28. anlangten. Der Marschall hatte diesen Marsch beobachten

las-

sen, und sein erstes Echelon nach Tongern zurückgenommen , die übrigen

aber näher nach S . Trou hingezogen.

A m 29. Abends setzte er seine ganze Armee nach T o n gern in Bewegung, und liefs nur Löwendahl bei Tirlemont zurück, von Breda

weil ein feindliches Corps in der Gegend

geblieben

war.

Von dem Tongerberge en -

deckte man ein feindliches L a g e r ,

und diefs sollte am

1. Juli recognoscirt werden ; allein man fand die ganze alliirte Armee auf dein Marsche, und im Begriff vor M a stricht ein Lager zu beziehen. vermulhet auf einander.

Beide stiefsen

hier un-

Der Marschall traf sogleich alle

nöthigen Vorkehrungen, zog alle seine Truppen heran, und lieferte am folgenden T a g e die Schlacht von L a w e l d (No. 53.), in deren Folge die alliirte A r m e e , ohne w e i tern Nachtheil als den Verlust

an Menschen und Mate-

272 rial, auf das rechte Maasufer geworfen w u r d e , und dort unter dem Schulz von Mastricht stehen blieb.

Der Mar-

schau improvisirte diese Schlacht, w i e die itn vorigen Feldzuge, welches nicht anders seyn k a n n , wenn man ohne eigentliches Operationsobject agirt. Die Belagerung von Mastricht w a r wegen der Stellung der Alliirten auf dem rechten Maasufer nicht zu unternehmen; um aber den Sieg nicht umsonst erfochten zu haben, wurde die Belagerung von Berg-op-Zoom b e schlossen, worauf Löweudahl a m 12. Juni vor diese F e stung rückte, und ain 14. die Laufgräben eröffnen liefs. Sie w u r d e am 14. September mit Sturm genommen, ohne eigentlich von allen Seiten

eingeschlossen

gewesen zu

seyn.

1 I n dieser ganzen Zeit standen die beiden Haupt• armeen an der Maas einander im Gesicht, und b e -

schränkten sich blos darauf, von Zeit zu Zeit Verstärkungen nach B e r g - o p - Z o o m zu senden,

der eine den

Belagerten und der andere dem Belagerer. Nach dem Fall dieser Festung liefs der Marschall noch die Forts Lille, Friedrich und die Kreuzschanze wegnehmen,

um die Verbindung zwischen

Antwerpen

und B e r g - o p - Z o o m auf der Scheide zu sichern, w o r a u f jedermann in die Winterquartiere ging. In dem folgenden Feldzuge (1748) w u r d e Mastricht von den Franzosen wirklich belagert, und auch g e n o m men , allein blos in Folge einer Convention übergeben ; denn schon am S. Mai wurden die Friedenspräliminarien unterzeichnet.

273

Einige

Bemerkungen über das Kriegssystem Friedrichs II. und seine Feldzüge.

Das Kriegssystem Friedrichs II. hatte seine völlige Ausbildung

nur

Kriege erhalten.

einige Jabre

vor

dem

siebenjährigen

Den Beweis davon liefert die Folge

der Friedensmauöver,

welche er alljährlich zu Uebung

seiner Officiers sowohl als der Truppen vornahm.

Das

erste w u r d e i m Jahre 1743 gehalten, und stellte eine ganz einfache Lection dar.

Der König commandirte fünf

Bataillons gegen seinen B r u d e r , den Frinzen Heinrich, der mit eben so viel Truppen auf den Höhen bei Bornstedt, unweit Totsdam, stand.

Der Künig w a r der a n -

greifende T h e i l , und der Prinz muíste sich fechtend z u rückziehen; machte er Halt, so w u r d e er von dein rechten Flügelbataillon des Königs, welches ihn überflügelnd vorwärts s c h w e n k t e , in die Flanke g e n o m m e n ;

dagegen

forinirte er a m Ende mit seinem linken Flügelbataillon einen Haken, und damit endigte das Manöver, wobei es zu keinem eigentlichen Angriff mit dem Bajonett kam, welcher in der damaligen Kriegskunst, die sich ganz auf die Globulartactik beschränkte, nicht angewendet wurde. Nach und nach wurden diese Uebungen nach einein gröfsern Maafsstabe angelegt; der König setzte einen h o h e n W e r t h darauf, und behandelte sie mit dem gröfsten Geheimnifs.

Bei dem ersten Feldinanöver in gröfserin Styl,

welches 17Ö3 hinter Spandau statt hatte und zwölf Tage dauerte, w a r daher die ganze Gegend mit Husarenposteu umstellt, um alle Zuschauer zu entfernen;

nicht einmal

die Officiere, die nicht dazu gehörten, durften dabei erίΓι/gner

uh. ü. Krieg I. Th.

S

274 scheinen,

und es

erlassen.

Als der König nach Beendigung dieser Uebun-

waren

deshalb die strengsten Befehle

gen e r f u h r , dafs die fremden Gesaudien sich viel Mühe gäben zu erfahren, w a s dort eigentlich vorgegangen sey, muíste der Obristlieulenant von Balbi eine simulirle Beschreibung davon herausgeben, welche noch exislirt, und die nichts als die widersinnigsten

Sachen

enthalt.

Es

ist hier indefs nicht die Rede von seinen tactischen Einrichtungen, noch von der schiefen Schlachtordnung, durch die er mehrere Bataillen gewann, sondern von den Grundsätzen,

nach welchen er seine Operationen entwarf und

deu Gang derselben leitete. Als Friedrich II. sich an die Spitze seiner

Annee

stellte, w a r die Kriegskunst, gegeu ihre jetzige Ausbildung g e n o m m e n , noch sehr einfach.

Die Schwierigkei-

ten des damaligen Magazin- und Verpflegswesens sind in inehrern

militärischen Schriften geschildert worden ; die

Operationen

waren

auf

das

engste

damit

verbunden.

Kleine Armeen (in unsenn Sinne) und kurze Bewegungen bildeten das W e s e n der damaligen Kriegführung, und wenn man auch manchmal stärkere Armeen h a t t e ,

und

welche nicht gerade auf

eine

Bewegungen u n t e r n a h m ,

regelmäßige Verpflegung der Truppen basirt wareD, so kamen diese Fälle doch selten vor, und gehörten zu den Ausnahmen,

wie der Marsch

nach Leuthen im Jahre 17Ò7.

des Königs von Rofsbach An eine Ofiensivbewe-

gung bis ΛΥϊβη, wie es einige Schriftsteller verlaugt haben, w ü r d e in dem damaligen Geiste Friedrichs II. unstreitig selbst nur nach einer völligen Zerstörung

aller

feindlichen Streitkrälie gedacht haben. Als seine Hauptlinie, worauf sein ganzes O f Defensivsystem sich stützte, betrachtete der K ö n i g

und die

Oder und die an diesem Flusse liegenden festen Plätze >

275 diese salie er als das Centrum seiner ganzen V e r t e i d i gungskraft an, und wären sie in die Gewalt seiner Feinde g e r a t h e n , so w ü r d e er sich sicher für verloren gehalten haben.

Seine Offensivbewegungen nach Böhmen basirle

er auf den Besitz von Schlesien

und Sachsen.

Diese

beiden Provinzen lieferten ihm seine Kriegsbedürfnisse, welche er in den dortigen F e s t u n g e n , Magdeburg, D r e s den, Schweidnitz, IVeifse, Glatz, Brieg, Breslau, Glogau, anhäufte.

Eben diese festen IMätze dienten den Eingang

nach Schlesien und Sachsen zu decken.

Jeder derselben

enthielt Lebensrnittel und Kriegsvorräthe, welche hinreichend w a r e n , die damaligen Armeen eine Zeitlang zu erhalten.

Von ihnen

gingen die Operationslinien

aus,

deren grüfste Länge in der Regel sechs, in a u ß e r g e w ö h n lichen Fällen neun Märsche

betragen durfte.

w a r e n die Zufuhren organisirt.

Darnach

Da diese IMätze nahe

an einander lagen, so w a r es leicht die Operationslinie zu wechseln, oder überhaupt sich innerhalb eines R a u mes zu b e w e g e n ,

dessen Begrenzung durch die E n t f e r -

nung von sechs Märschen von allen im Besitz des K ö nigs befindlichen Festungen bestimmt w u r d e .

Innerhalb

der durch diese Rayons bestimmten Linie w a r er ganz sicher, und ein Abschneiden oder Abdrängen von

der

Operationslinie in unserm jetzigen Sinne, konnte gar nicht vorfallen.

Die einzige Gefahr dabei w a r der Verlust der

Transportmittel, und daran scheiterte die Operation auf Ollinütz im Jahre 1758. Die Erhallung von Schlesien «nd Sachsen w a r ihm von der grüfsten Wichtigkeit, und seine Defensivanstalten

waren

hauptsächlich

darauf gerichtet.

Die Verbin-

dung zwischen beiden, nämlich die Strafse von Dresden nach Schlesien, welches zugleich der schwächste Theil seines Kriegstheaters w a r , suchte er sich stets frei zu S 2

276 hallen,

und daher spielte die Position von Scbmolseifen

e i n e so w i c h t i g e Rolle,

denn sie diente iheils als Repli,

theils u m den Oestreichern

das Vordringen

nach

der

L a u s i t z zu w e h r e n .

So scheint in die Feldzüge des s i e -

benjährigen

Zusammenhang

kommen,

Krieges

und

Klarheit

zu

und es zeigt s i c h , -warum der König einen so

hohen W e r t h auf den Besitz von Sachsen legte. 3Ian k a n n Friedrich II. den Vorwurf m a c h e n , dnfs er seine Operationslinien

als Colonnenwege gebrauchte,

oder um mit J o m i n i zu r e d e n , nien zugleich operirte. nung scheint zu h a b e n ,

dnfs er auf inehrern L i -

Das Gefährliche dieser

Anord-

der König erst i m J a h r e 1778 eingesehen

indem er die schon angefangenen B e w e g u n -

gen contremandirte,

und seine Truppen näher an einan-

der zog. Der erste Feldzug des siebenjährigen K r i e g e s scheint blos auf die Besitznahme sen zu s e y n .

von Sachsen berechnet

gewe-

Vermuthlich glaubte der König die Sach-

sen noch in ihren Quartieren zu überraschen, und d a r um w a r es nöthig und gefahrlos, sich iu drei Colonnen zu zerspalten.

Noch in diesem J a h r e bis l'rag v o r z u d r i n -

g e n , scheint nicht in d e m D a n e des Königs g e l e g e n zu haben.

D a r u m gehört auch

die Schlacht von L o w o s i t z

für ihn unter die g e w o n n e n e n , w e i l die durch die Oestreicher

versuchte Befreiung

der

Sachsen

dort

scheiterte.

Napoleon betrachtet und heurlheilt diese Schlacht in seinem Sinne, nämlich als oinen Versuch zur Offensive nach Trag, und findet natürlich d a r a n , so w i e an der L e i t u n g des ganzen F e l d z u g e s ,

vieles auszusetzen.

Das nächste

J a h r begann mit der grofsen Offensivbeweguug nach B ö h men in mehrern getrennten Colonnen, die sich bei Trag, in der Nähe einer feindlichen Festung und im A n g e s i c h t

einer feindlichen A r m e e , concentrirlen.

Diese Disposi-

tion konnte nur dadurch gelingen, dafs die Oeslreicher ihre Kräfte ebenfalls theilfen, und einer jeden der vier (,'olonnen des Königs ein Corps entgegenstellten, welches zu schwach w a r , um einzelu e t w a s auszurichten.

Aus

eben dieser Ursache verloren sie auch die Schlacht von Trag, und nur die Nähe dieser Stadt, welche ihnen hier als Basis diente, rettete sie, und raubte dem König die Flüchte eines entscheidenden Sieges. Die Schlacht bei Collin setzte seiner Offensive in diesem Jahre ein Ziel.

Ol) er aber seine L a g e , in den

ersten Augenblicken nach der verlorneu Schlacht, nicht liir schlimmer gehalten hat als sie w a r , ob er nicht mit e t w a s mehr Zähigkeit gegen den zaudernden Daun doch noch seineu Z w e c k erreicht und Trag genommen

hätte,

dns sind Fragen, die man jetzt weit eher aufwerten als G e n u g , der König beschränkte

sich

von diesem Augenblicke an auf die V e r t e i d i g u n g ,

und

richtete seine Operationen

von

beantworten kann.

Schlesien und Sachsen.

blos

auf die Deckung

In dieser Absicht sendete er ei-

nen Theil seiner A r m e e über Gabel und

Rumburg

zu-

rück, um eine Stelluug bei Görlitz zu n e h m e n , und die Verbindung zwischen Schlesien uud Sachsen zu decken, während er bei Leitmeritz drohend stehen blieb, tun das Vordringen

der Oestreicher

nach Sachsen

zu

hindern.

Diese wagten es nicht, ihren besiegten Gegner zu beunruhigen, sondern zogen ein starkes Corps bei Zittau z u sammen, welches den König endlich nöthigte sich selbst über Dresden nach Görlitz zu begeben.

Die Stellung,

welche die östreichischen Generale bei Zittau genommen hatten, war ganz unangreifbar, aber auch rein defensiv. Der König bot ihnen mehrmals eiue Schlacht an, die sie aber nicht a n n a h m e n , v e r m u t l i c h um die W i r k u n g dei

278 Operationen abzuwarten, welche die verbündete Reichsund französische Armee eben nach Sachsen unternahm. Von hier an sind die Operationen des Königs einzig und allein darauf gerichtet, die Ueberlegenheit abzuwehren,

die ihn zu überwältigen droht.

Zuerst eilt er

nach Thüringen, und treibt die Franzosen bis Gotha zurück;

von da ruft ihn die Gefahr seiner Hauptstadt ab,

welche durch ein öst reichisch es Streifcorps

besetzt ist.

Seine Anuäherung reicht hin diese zu befreien; unterdessen aber haben sich die Franzosen erholt, und sind bis an die Saale vorgerückt.

Der König wendet sich vou

neuein gegen sie und gewinnt die Schlacht von Rofsbacli. Seine Abwesenheit

haben diu Oestreicher benutzt,

Fortschritte in Schlesien zu machen,

um

Schweidnitz und

Breslau zu nehmen, und eine Schlacht gegen den Herzog von Bevern zu gewinnen.

3Jit Blitzes Schnelle erscheint

er auf diesem Theile seines Kriegstheaters, um die Oestreicher bei Leuthen total zu schlagen, ihnen Breslau

wie-

der zu entreifsen, und Schweidnitz einzuschliefsen.

So

zeigt der König im zweiten Theile dieses Feldzuges, wie man sich

im Verteidigungskriege

mehrerer Gegner zu verhalten habe,

gegen

die Angriffe

uud wie eine rast-

lose Thäligkeit und eine geschickte Verlheilung der Truppen aul' dem Kriegsschauplätze die Uebermacht

bricht,

und den scheinbar Schwächern zum Sieger macht. Der Feldzug des Jahres 175S gleicht ganz dem des vorigen Jahres ; zuerst eine grofse OQensivoperation, und als diese nicht gelingt, das vertheidigende Abwehren der Angriffe von dreien Seiten; schnelle Harsche, Thäligkeit, Intelligenz, Gewandheil von der einen, Langsamkeit, Unsicherheit,

Zaudern,

von der andern Seile.

3Iangel an Einsicht,

Zaghaftigkeit

Die Oder, Schlesien und Sachsen

sind die empfindlichen Seileu des Königs ; wer sich ei-

279 ner derselben nähert, der bal es mit ihui selbst zu thun, dns Uebrige Uberläfst er seinen Generaleo. A m 16. April fiel Schweidnitz wieder in die Hände der l'reufsen.

Daun erwartete nun einen Einbruch

iu

B ö h m e n , und hatte sich deshalb bei Königingrätz breit und Test gelagert; der König aber hatte andere Dinge im S i u n e , inarschirte plötzlich links a b , und stand am 3. Mai

unerwartet

vor

Ollmütz.

Der Prinz Heinrich

li.itle den Auftrag, mit 3 3 Bataillons 4 0 Escadrons Sachsen gegen die Reichsarmee zu decken, die am Main stand. Er

führte

diesen

Grundsätzen,

Verteidigungskrieg

nach

denselben

die Friedrich I i . im vorigen J a h r e befolgt

hatte, und hielt sier die E l b e , nahm

seinen

Weg

über K e m h e r g

und

Düben

und gegen

D i e Oestreicher hatten die Reichsarmee an sich

Torgau.

zu ziehen versäumt, und wurden daher isolirt angegriffen und geschlagen.

Damit war der Feldzug zu Ende.

D i e östreichische A r m e e bei D r e s d e n , druff a u s , gen.

der K ö n i g

nahm ihre W i n t e r q u a r t i e r e

dehnte

die seinigen

und liefs Meifsen und Freiberg

his W i l s -

stark befesti-

D a s R e i c h s h e e r ging w i e i m m e r nach F r a n k e n zu-

rück, und die Russen zogen

sich nach P o l e n ,

sien w a r L o u d o n

zurückgeblieben

geblich

Die

belagert.

[n S c h l e -

und hatte K o s e l

russische Expedition

ver-

auf Culberg

295 MID Ende August WER unnütz, und hatte auch weiter keinen Einflub auf die Operationen ale zu zeigen, d a b die Alliirten w e d e r einen Plan zu machen, noch ihn auszuführen verstanden. Die Unternehmungen der Schweden sind eben deshalb bisher ganz unerwähnt geblieben, w e i l sie auf den Gang des Krieges im Groben keinen Einflub hatten. Ueber den Feldzug des J a h r e s 1761 ist nicht viel zu melden. Auf allen Seiten zeigte sich eine moralische Ermattuug, und es hat ganz das Ansehen, als ob die kriegführenden Partheien sämtlich des Krieges überdrüssig gewesen wären. Friedrich halte nur etwa 100,000 Mann, gröfstentlieils junge Truppen; seine Gegner, obgleich doppelt so stark, waren in gleichem Falle. Beide Theile hatten nun schon fünf Jahr hintereinander die Erfahrung gemacht, dafs sie einander nicht viel anhaben konnten, und das scheint ihren Eifer erkältet zu haben. In Sachsen geschah gar nichts; Daun stand im Lager bei Plauen und der Prinz Heinrich bei Mensen ; die Reichsarmee kam bis Bonneburg, und alles begnügte sich mit Streifzügen. Es w a r bestimmt, dafs man in Sachsen auf der Defensive bleiben sollte, und das echeiut uacli damaligem Sprachgebrauche weiter nichts geheifsen zu haben, als 80 —90,000 Mann dort unthätig stehen zu lassen. Dein Prinzen Heinrich, der nur 30,000 Mann uuter s e i nen Befehlen hatte, kam diese Auslegung sehr zu statten. Schlesieu sollte wieder der Schauplatz grol'ser Oflensivoperationen von Seiten der Alliirten werden. Dort stand Loudon mit 80,000 Mann, wollte aber nicht eher e t w a s unternehmen, bis er sich mit der russischen 60,000 Manu starken Armee unter Butturliu vereinigt hätte. Diese berührten die srlilesische Gränze erst am 8. J u l i , und der Küuig wufste mit 45,000 Mann ihre Vereinigung mit

296 Loudon bis zum 17. August lunzuhalten, w o dieselbe in der Nähe von Jauer erfolgte. A m 20. August bezog der König das Lager bei Buozelwitz, w o die mehr als dreim a l starkem verbündeten Heere ihn nicht anzugreifen -wagten. Die Russen zogen w i e d e r ab, und der Feldzug endigte ohne grofse Resultate. Nur Schweidnitz verlor der K ö n i g , welches ihm Loudon durch Ueberraschung entrifs, und Colberg, welches die Russen endlich dieses Jahr in ihre Gewalt bekamen. Hatte dieser Feldzug auch den Alliirten keine grofsen Vortheile gebracht, so befanden sich die Angelegenheiten des Königs doch in einer nichts weniger als erfreulichen Lage. Die Russen hatten durch die Eroberung von Colberg in Pommern festen Fuis gefnfst, und die Oestreiclier durch die W e g n a h m e von Schweidnitz in Schlesien. Sachsen w a r gröistentheils in Feindes Händen, und die Hilfsmittel des Königs näherten sich ihrer Erschöpfung. Da erklärte sich das Glück nochmals auf eine entscheidende W e i s e für ihn. Die Kaiserin von Rufsland starb im Monat Januar 1762, und ihr Nachfolger Peter III. schlofs mit Friedrich II. eine förmliche Allianz, indem er ihm 24,000 Mann Hilfstruppen überliefs, die seit dem vorigen Feldzuge bei der Loudonschen Armee gestanden hatten. Nicht genug. Es fehlte dein Köuig an Truppen. Da entliels der östreichische Hof plötzlich 20,000 Manu, welche gröfstentbeils in preußische Dienste übergingen. Diese Zufalle gaben dem Köuig ein Uebergewicht von beinahe 00,000 Mann, und wenn auch die iin Juli erfolgte Entthronung Peters III. diese günstigen Verhältnisse e t w a s luäfsigle, so hielt die neue Kaiserin duch den mit Preufsen geschlossenen Frieden, und zog h los ihr Ililfscorps nach Polen zurück.

297 Dessenungeachtet war der letzte Feldzug dieses langen Kriegs nichts als ein Vorspiel des nahen Friedens, welchen Ueberdrufs und Erschöpfung herbeiführten.

In

Schlesien richtete der König seine Operationen blos auf die Wiedernahme von Schweidnitz, welche erst im Spätherbst erfolgte, und in Sachsen gewann der Prinz Heinrich die Schlacht bei Freiberg.

Beide Ereignisse führten

zu einem Waffenstillstände, dem der Friede bald folgte.

'»J8

Einige Feldzüge aus den Kriegen.

neuem

Der Felclzug de» Herzogs von Braunschweig im Jahre Während zen

1793.

die östreichische A r m e e unler dem Γιϊιι-

von Coburg den Feldzug friil» im J;ilire eröffnete,

u m die Niederlande w i e d e r zu erobern,

halle der K ö n i g

von Preufsen sich verpflichtet, die Belagerung von 3Iainz zu ü b e r n e h m e n .

D i e Operationen

der preufsischen

m e e w a r e n ganz defensiver N a t u r ,

Feldzugs u m diese Belagerung zu decken, ten aus politischen G r ü n d e n .

Ar-

im ersten T h e i l e des

Es trat hier

u n d im z w e i der Fall ein,

dafs nach der F.innahme v o n Mainz n u r Considerationen der liüheru Politik

die weitern Schritte der preufsischen

A r m e e leiteten, und dnfs daher diese nicht blos nach den A n f o r d e r u n g e n der Strategie beurlheilt w e r d e n d ü r f e n . Z u E n d e des Monats Marz ging die preufsische A r m e e bei Bacharach

über den

llheiu.

Der General Cii-

sliue, der an der N a h e s t a n d , zog sich nach e i n e m k l e i nen Unfall bei AValdalgesheim,

w o b e i der f r a n z ö s i s c h e

General N e u w i n g e r gefangen w u r d e , fourg z u r ü c k .

D i e französischen T r u p p e n w a r e n in jener

Feriode des K r i e g s noch u n g e w o h n t , Iustig u n d

bis n a c h W e i f s e n -

f ü r ihre

eingebildete

aber dabei eclilag-

Freiheit

enthusiasm»!.

Gröfsere B e w e g u n g e n waren beinahe gar nicht m i t i h n e n

299 a u s z u f ü h r e n , weil alle· gleich io Verwirrung und Slokkeo gerietb, d. h. es fehlle a o höhern OfGcieren und Geraten.

Castine w a r der einzige, der einige Kenntnifs von

dem Collimando h a t t e ; Houchard "war ein Husar, der nur auf den Vorposten sich an seinem H a t z e befand, Dietinann verstand gar nichts, und Beaubernais hatte w o h l Kennluisse, w a r aber zu schwach und seiner Geburt w e gen oline Ansehen und Einflute.

Die deutschen Truppen

waren z w a r sicher in ihrer Tactik, allein jede Unternehmung, die gemacht werden sollte, w u r d e vorher von allen Seilen beleuchtet, überlegt, bedacht, es fehlle an g e genseitigem Vertrauen

unter den verschiedenen Genera-

len, und so geschähe es, dafs von beiden Seiten, obgleich aus verschiedenen G r ü n d e n , die Operationen mit keiner grufsen Lebhaftigkeit geführt wurden. Nach dem Uebergange über den Rhein wurde Mainz nuf beiden Ufern des Rheins eingescblossen ; die eigentliche Belagerung aber begann erst im Juni. derselben s o w o h l , alle Einfalle,

Z u r Deckung

als um die deutschen Länder gegen

Brnndschalzungen

und Requisitionen

der

Franzosen zu schützen, w u r d e die Observationsarmee «o weit als möglich vorgeschoben, und definitiv in vier Corps gelheilt, welche bei Germersbeiin, E d i n g b o f e n , Kaiserslautern, Ramstein, aufgestellt waren, und ihre Vorpostenkette so weit vorgeschoben hatten, dafs bei jedem A n griff auf einen dieser Posten Zeit genug übrig blieb, die nächsten zu averliren und zur Unterstützung herbeizuführen.

Jedem dieser Corps w a r zugleich eine feste Stel-

lung angewiesen, worin sich dasselbe bis zu A n k u n f t der Verstärkungen halten konnte.

Die Ausdehnung d e r V o r -

postenchaine w u r d e durch die

vielen

Communications-

strafsen molivirt; die A r m e e muíste ihre Fühlhörner w e i t vorstrecken, um zeitig von

alUm unterrichtet zu eeyn,

300 und auf die Allarinplälze rücken zu können.

Auf die

Veranlassung des Herzogs von Zweibrücken wurde diese Stellung allerdings g e n o m m e n , aber nicht aus der einzigen Ursache, dessen L ä n d e r zu d e c k e n , sondern weil er die nölhigen Nachrichten über die Beschaffenheit des L a n des, den Geist der Einwohner und über die Stärke oder vielmehr die S c h w ä c h e der

französischen

A r m e e init-

theilte, w e l c h e z u s a m m e n d a s Armeecominando

veran-

lagten , sich so w e i t vorzuschieben. D a s Stärkeverhältnils

der beiderseitigen Armeen im

Monat Mai und Anfang J u n i w a r folgendes: 44,000 Mann die B e l a g e r u n g s a r m e e von M a i n z , 3 8 , 0 0 0 Mann die O b servationsannee 5 bei Trier befand sich der l'rinz von Hohenlohe Kirchberg mit 16 Bataillons 24 Escadrons K a i serlichen.

D i e französische Moselarmee stand mit 1 3 , 0 0 0

Mann iui L a g e r von H o r n b a c h , der Gegend von Saarbrück.

und mit δ — 1 0 , 0 0 0 in

D i e Rheinarinee w a r

zu-

s a m m e n 4 0 , 0 0 0 Mann stark, und stand hinter der L a u ter bei W e i f s e n b u r g , ihr rechter Flügel unter F e r n e r e s bei Lauterhurg.

E s befanden sich dabei meistens Nalio-

i) η Ig arden uud nur sehr wenig Linientruppen. Z u der preufsischen Observationsnrmee war ein Corps Oestreicher Wunnser

von

1 2 , 0 0 0 Mann unter dein General

von

g e s l o f s e n , der ain 3 1 . März bei K e t s c h

den Rhein Gerinersheim

gegangen w a r , bildete.

und den linken

über

Flügel

bei

Unter seinen Befehlen sland

auf

dem rechten llheinui'er ein in lauter einzelne Tosten aufgelöstes Corps von 1 6 , 0 0 0 Mann Oestreichern Mann schwäbischen Kreistruppen.

und 8 0 0 0

Der General W u r n i -

ser w a r an die B e f e h l e des K ö n i g s a n g e w i e s e n ; es zeigte

sich b a l d , dais er noch andere

halte oder uach andern Motiven handeile.

allein

Instructionen Er

machie

Unternehmungen auf seine eigne F a u s t , erlaubte sich die

301 Befehle, welche ihm zugingen, nicht zu beachten, und zog sich deshalb mehrere Zurechtweisungen zu. Ueberdiefs war der Elsafs sein Vaterland, er hatte Ein Verständnisse in Strafsburg, und hoffte vielleicht, diese wichtige Festung dadurch in seine Hände zu bekommen. Eudlich war er auch in beständiger Besorgnifs, die Franzosen möchten über den Rhein gehen, und einen Einfalt in die üstreichischen Vorlande unternehmen. Der ganze Feldzug zerlallt, was diesen Kriegsschauplatz anbetrifft, in zwei Theile, wovon die Belagerung von Mainz den ersten ausfüllt. Die Feindseligkeiten w a ren in dieser Periode blos auf Mainz beschränkt; bei beiden Armeen fiel nichts Erhebliches vor, wovon die Ursachen schon angedeutet worden. Der Befehl über die Moselarinee wurde Houchnrd übergeben, der keine Fähigkeiten zum Coinmandiren besafs. In der Mitte Mai's wurde Cüstine zu dem Commando der Nordarmee beruf e n , und an seiner Stelle erhielt General Dietinann die Rheinarinee, wurde aber unter den Befehl Houchard's gestellt, bis in der Mitte Juni's Beauharnais das Commando über die Rheinarmee übernahm, deren Stärke in der ersten Hälfte des nächsten Monats bis auf 60,000 Mann, die der Moselarmee auf 40,000 Mann anwuchs. In der Mitte Juli's sollte von Seiten der Franzosen eine ernstliche Unternehmung zum Entsatz von Mainz gemacht werden, und schon am 13. verliefe Beauharnais seine Stellung an der Lauter, um gegen die Queich vorzurükk e n ; Houchard setzte sich ebenfalls in der Richtung über Cusel gegen Kreuznach in Bewegung. Alles dieses aber geschähe so langsam und ungeschickt, dafs die beiden französischen Armeen noch gar nicht weit gekommen waren, als sie am 23. Juli die Nachricht γοη dem Falle von Mainz erhielten. Die französischen Heerführer schei-

302 nen nicht Gewaudheit des Geistee haben,

genug besessen

zu

um Hire Unternehmung Trotz der verhinderten

Lage durchzuführen, gaben sogleich ihre ganze OlFeneivoperaüon a u f , und zogen sich in ihre alten Stellungen zurück.

Beauharnais nahm bald darauf seine Ditnission,

und überliefs das Commando dein General Landremont. Dieses Beispiel von Ungeschick und fllangel an richtiger Beurlheiluug seiner Lage, welches die Franzosen hier ablegten, blieb nicht ohne Nachahmung,

und wurde im

folgenden J a h r e bei der Schlacht von Fleurus, wie iin zweiten Theile dieses W e r k e s zu lesen, von den Alliirten buchstäblich wiederholt. Friedrich W i l h e l m

II.

halte

die

Belagerung

von

Mainz ganz auf seine Kosten geführt, und sie halle ihm ungeheure Ausgaben verursacht, indem er von seinen Verbündeten nicht die mindeste Unterstützung e r f u h r , und daher genöthigt w a r , alle Bedürfnisse auf die kostspieligste

Weise

von

weitem

herbeizuschaffen.

Treufsen

w a r im vorigen J a h r e der Allianz gegen Frankreich beigetreten, weil es der Hauptzweck

derselben w a r , L u d -

w i g X V I . den Händen der Meuterer zu entreifsen, und ihn in seine Rechte wieder einzusetzen.

In dem gegen-

wärtigen Feldzuge hatten sich die Umstände ganz verändert.

Es sollten Eroberungen gemacht w e r d e n , und der

König sollte seine Kräfte daran verschwenden, ohne alle Aussicht auf eine Entschädigung. waren

Auf einer andern Seile

dagegen Ereignisse eingetreten, welche Treufsens

ganze Aufmerksamkeit in Anspruch n a h m e n ,

und

die

Mitwirkung der A r m e e zu wichtigem Z w e c k e n erforderten.

A m Rhein inufste, nach der Einnahme von Mainz,

Fort Louis, L a n d a u , Saarlouis, Bilsch, mehrere Forts in den Vogesen, und zuletzt Strafsburg oder Metz

erobert

werden, bevor nach der damaligen W e i s e , den Krieg zu

303 führen, nnr an e i n · Offene!voperatiou zu denken war. Welche Aussiebten, und welchen Aufwand von Kräften hätte dies erfordert! S o waren ungefähr die Gründe beschaffen, auf

die der Operationsplan für den zweiten

Theil des Feldzugs basirt wurde.

Der Hauptzweck war,

die deutschen Reichslande gegen die Einfalle der Franzosen zu decken, und gelegentlich yon den nahe liegenden französischen Festungen, jedoch auf die mindest kostspielige W e i s e , zu nehmen, w a s man durch Biokaden, Ueberfall, geheime Einverständnisse oder sonst, nur ohne eine förmliche Belagerung zu unternehmen, kriegen konnte. Daher die Blokade von L a n d a u , die Beschießung von Fort L o u i s und der vergebliche Ueberfall auf Bitsch. Nach der Einnahme von Mainz trat ein Stillstand ein.

E s waren beiden Theilen neue Combinationen no-

ting, die man früher eben so gut hätte machen können und sollen, da der Fall dieser Festung unter die nächsten

Möglichkeiten

gehörte.

Alliirter

Seits

erwartete

man einen combinirten Operationsplan aus W i e n ,

wo

darum negoeiirt w u r d e ; allein er blieb aus, und das war ein neuer Grund zur Defensive.

S o paradox es auch in

doctrinärer Hinsicht klingen w ü r d e , so ist es doch nus diesem Beispiele klar, dafs eine Armee sich auch darum in der Vertheidigung befinden kann, weil sie nicht weis, w a s sie machen soll.

Dafs die französische Armee ei-

nen Stillstand machte, kam daher, weil sie um diese Zeit 20,000 Mann abgeben inufste, welche zu der Nordarmee abgingen, und sich daher durch Aufgebote zu ergänzen suchte, welche nur einige Bataillons gaben.

Ueber-

diefs war der General Landremont nicht sehr unternehmend, und Houchard wurde im Commando der Moselartnee durch Schauenburg

abgelöst.

304 In

der Bütte August's

nahmen

die

verschiedenen

Corps der verkündeten R h e i n a r m e e folgende Stellungen: der Geueral

Graf Kalkreuth mit

1 1 Bataillons

10 Esca-

drons bei W i e b e l s k i r c h e n ; der Prinz von Hohenlohe mit 1 4 Bataillons 3 5 Escadrons bei H o m b u r g ; der K ö n i g b e setzte m i t 1 0 | Bataillons 15 Escadrons die Stellung von Edinghofen,

und der Herzog von

Braunschweig

mit 1 9 Bataillons 1 5 Escadrons bis Pirmasens liefs den K e t t r i c h e r Huf weguehmen. ni η g im Gebirge

wurde

rückte

vor,

und

Diese neue P o s t i -

durch Feldverschanzungen

deckt, und alle W e g e verhauen.

ge-

Der General von W u r m -

ser, der nebst dein Corps der Prinzen Condé jetzt 3 2 , 0 0 0 Manu stark war, ging bis Bergzabern vor. eitigesclilossen.

L a n d a u wurde

D i e gerade Communication zwischen den

beiden französischen A r m e e n w a r dadurch abgeschnitten ; die R h e i n a r i n e e blieb indefs ruhig in ihrer Stellung h i n ter der L a u t e r ,

und

die Moselarinee

zog sich

tbeils

in

das L a g e r von Hornbach tlieils hinter die Blies zurück. D e r General Landremont hatte die Absicht, bei K e h l und Breisnch über den Rhein zu gehen, utn den K r i e g s schauplatz auf das rechte Ufer dieses Flusses zu v e r s e tzen.

In dem Augenblick a b e r , w o diese Operation b e -

gonnen h a l l e ( 1 - · S e p t e m b e r ) , selbst augegrilTeu,

wurden

die

Franzosen

und gaben sogleich ihren Oflensivplan

auf, um den bedrohten Punkten östreichische General

zu Hilfe zu eilen.

Pejaczevich

nämlich

Der

setzte sich in

B e s i t z des wichtigen Postens von Bondenthal, wurde aber den 1 4 . w i e d e r von da vertrieben.

An demselben

schlug der Herzog von B r a u n s c h w e i g Moselarmee

unter

dem

einen

General M o r a u x

neral L a n d r e m o u t

wurde zurückberufen In

versetzt.

dem

i'ranzüsischeu

der

bei P i r m a s e n s ,

und trieb denselben bis über die S a a r zurück. gestand

Theil

Tage

Der

Ge-

und iu A n k l a Hauptquartier

305 herrschte eine compiette Anarchie.

Kein Mensch wollte

das Commando übernehmen, jedermann nahm Anstand, sich dieser Verantwortlichkeit auszusetzen. senden Conventscommissarien

bestanden

Officiere vorzuschlagen, von welchem

Die a n w e -

darauf,

ihnen

Grade sie auch

wären, denen man diese Fähigkeit zutraute, und so geschähe e s , dafs Carlin, Capitan und Commandant eines Depotbataillons,

zum commandirenden General in A n -

trag kam und ernannt wurde.

In sich verschlossen und

mit einer wichtigen Miene kündigte derselbe d e n e n , die ihm ihren Piath anboten, an, dafs er keine kleinen Mafsregeln wolle, sondern auf einen grofsen Plan sinne, der den ganzen Feldzug auf das Glänzendste und mit einem Schlage zu beendigen

bezwecke.

Es zeigte sich nach-

her, dafs seine liefen Meditationen hauptsächlich darauf gerichtet w a r e n ,

die Armee, wie er es nannte, in ihr

natürliches Verhällnifs zu setzen, d. h. wenn ein Regiment,

das eine niedrigere Nummer trug, sich zufällig

auf dem linken Flügel befand, so wurde es nach dem rechten gesendet,

der bei Hüningen, und also fünfzig

Meilen davon stand u. s. w . Von W i e n langte endlich, nicht ein Operationsplan aü, den man erwartet hatte, sondern der General Ferraris, der den Auftrag hatte, über die weitern Operationen Verabredungen zu treffen, w o m i t man sehr weit kam.

ebenfalls nicht

Die Oeslreicher wollten den Elsafs und

besonders Strafsburg erobern, w o W u r m s e r Einverständnisse hatte; sie legten daher einen grofsen W e r t h auf den Besitz von Landau und Fort L o u i s , ohne zu e r w ä gen, dafs der W e g im Rheinthale nicht als Operationslinie für das Object Strafsburg dienen konnte.

Der H e r -

zog schlug vor Saarlouis zu n e h m e n , und -sich dadurch den W e g ins Gebirge zu öffnen, welches nicht genehmigt IVugncr

iib. d Krieg 1. Ί Ii.

1/

306 wurde. Der halbe Monat September wnr bereits vorüber. Die Ursachen, worum die preufsische Armee nicht in der L a g e w a r , grobe Offensiva nternehmungen za machen, sind bereits entwickelt worden. A m 22. September traf der General ron Knobeisdorff mit 12¿ Bataillons 15 Escadrons aus den Niederlanden bei der Armee ein, und nun geschähe von Seiten der preufsischen Armee im Gebirge eine allgemeine Vorrückung gegen den linken Flügel der Franzosen, welche eilig Bliescastel und das Hornbacher Lager verliefsen, und sich unter die Kanonen •von Bitsch und bis hinter die Saar zurückzogen. Den 29. September verliefs der König die Armee, und übergab das Commando derselben dem Herzog von Braunschweig. Durch das Vorrücken der Preufsen wurde der Angriff der Weifsenburger Linien vorbereitet, welchen der General W u r m s e r am 13. October unternahm, und mit dein glücklichsten Erfolg ausführte. Die Stellung der Franzosen hinter der Lauter lehnte sich mit ihrem linken Flügel an die Positionen im Gel>irge, und als diese verloren gingen, konnte sie nicht mehr gehalten werden. Die französische Armee zog sich bis Wanzenau zurück. Die Oestreicher nahmen eine Stellung hinter der Zorn. Fort Louis wurde belagert und ergab sich den 14. November. Der General Pichegru löste Carlin im Commando a b , und Hoche trat an die Spitze der Moselarmee. Der Herzog von Braunschweig und der Prinz von Hohenlohe standen jetzt im Lager bei Eschweiler, K a l k reuth und Knobelsdorf! an der Saar. Die Jahreszeit fing an sehr schlecht zu w e r d e n ; es regnete fortwährend, die W e g e wurden grundlos, die Verpflegung beschwerlich, Krankheiten rissen ein, u. s. w . Der Herzog w a r darauf bedacht, sich seinen Magazinen mehr zu nähern, und die Truppen in die Winterquartiere zu fuhren. Indefs

307 wurde vorher noch ein Versach gemacht die Bergfestung Bitsch, -wo man Einyenländniese hatte, durch Ueberrumpelung zu nehmen, welches indefs nicht gelang. Die Generale Kalkreuth und Knobeisdorff traten unmittelbar darauf ihren Rückzug an. General Uoche folgte ihnen, und es kam am 17. bei Biesingen zu einem lebhaften Gefecht. Der Herzog von Braunschweig führte die Truppen aus der Stellung von Eschweiler nach der Gegend •on Zweibrücken, und concentrate seine sämtlichen Kräfte bei Kaiserslautern. Der Prinz τοη Hohenlohe cantonnirte zwischen Anweiler und Bergzabern. Die beiden französischen Generale hatten die gemessensten Befehle Landau zu entsetzen. Sie konnten sich aber in ihren Ansichten nicht verständigen, und Hoche scheint nach einer Art von Unabhängigkeit gestrebt zu haben, indem er, anstatt sich mit seinem Collegen zu vereinigen, sich durch Linksbewegung immer mehr von demselben entfernte. Noch dazu liefe er sich verleiten, die rückgängige Bewegung der preufsischen Armee der Furcht zuzuschreiben, eilte derselben auf dem Fufse nach, und erhielt in der dreitägigen Schlacht bei Kaiserslautern (28. 29. 30. November) die Lection, welche der Aninafsung, ohne Klugheit und Erfahrung, gewöhnlich zu Theil wird. Er wurde geschlagen, und zog sich nach Pirmasens, Hornbach und Blieskastel zurück. Obgleich die beiden verbündeten Armeen, die preufsiscbe und die östreichische, gemeinschaftlich und, was die Operationen im Grofsen anlangt, auch in Uebereinstimmung handelten, so halte sich doch der General "Wurmser von Hause aus in einer gewissen Unabhängigkeit erhalten, welche zur Folge hatte, dafs beide eigentlich blos als abgesonderte Corps agirten, die sich zwar im Nothfalle durch ihre Bewegungen unterstützten, so U 2

308 -weit e s d a s l o s e B n n d ,

dos sie gleichsam nur Höflich-

keits halber z u s a m m e n h i e l t , erlaubte, die aber einander in der T h a t nie reelle Hilfe leisten konnten, weil dazu eine genauere Verschmelzung

der beiderseitigen Verhält-

nisse in ein einziges C o m m a n d o gehörte.

Die Angele-

genhelten konnten daher nur s o lange glücklich gehen, als jede der beiden A r m e e n f ü r sich allein stark genug und dem F e i n d e v o l l k o m m e n gewachsen w a r , und

so

lange nicht eine Concentrirung der beiderseitigen Streitkräfte unter einem Führer nothwendig wurde.

Der tie-

fen militätischen Einsicht des Herzogs von Braunschweig entgingen diese Verhältnisse nicht, und er suchte Anfangs durch guten Rath, dann durch thätigen B e i s t a n d ,

zuletzt

gar mit persönlicher Aufopferung den General von W u r m ser in den Stand zu setzen, sich in der von ihm g e w ä h l ten Stellung zu b e h a u p t e n ,

ob er gleich das ganze U n -

g l ü c k , welchem sich derselbe durch seine Halsstarrigkeit aussetzte, nicht nur vorausgesehen, sondern auch vorausgesagt hatte. Der Herzog balle dein General W u r m s e r vorgeschlag e n , die feste Stellung mit dem rechten Flügel

hinter dem Surbach zu nehmen, an den Liehfrauenberg

gelehnt,

der au sich selbst schon sehr fest war, und durch einige Schanzen unangreifbar gemacht werden konnte ; das Centrum wurde durch den Hageuauer Forst gedeckt, und den linken F l ü g e l ,

wo

das Terrain offen w a r , sicherte das

Fort L o u i s oder V a u b a n ,

welches

vor demselben

lag.

Der General von W u r m s e r bestand darauf seine Stellung weiter vorwärts zu nehmen, nud stellte sich vor deu H a genauer Forst g a n z in die E b e n e , indem er sich durch eine Anzahl

von 5 2 liedouten zu decken suchte.

Ver-

gebens suchte ihn der Herzog auf das Fehlerhafte seiner Stellung a u f m e r k s a m zu machen ; er beharrte hartnäckig

309 darauf, und Anfangs giog auch alles ziemlich glücklicli, « r schlug eine Menge von Angriffen zurück, die beinahe τ ο π der Mitte des Novembers an beständig wiederholt wurden. Aua Ende aber vereinigte sich der grüble Theil der Moselarmee mit der Rheinarniee ; der General Hoche ging a in 23. December gegen W e r d t vor und nabin den Oestreicliern drei ßedouten, welches ein grofses Loch in ihre Stellung machte. Vergebens führte ihnen der Herzog einen Theil der preußischen Truppen zu Hilfe, v e r gebens setzte er sich selbst an die Spitze mehrerer östreichischer Bataillons; die üble Jahreszeit, die unaufhörliche» Angriffe der Franzosen, die beständige Unruhe und die damit verknüpften Beschwerlichkeiten wirkten so nnchtheilig auf die Truppen, die Ofliciere nicht ausgenommen, dafs am Ende dem General W u r m s e r nichts übrig blieb, als sich eiligst über den Rhein zurückzuziehen. Die preufsiscben Truppen bezogen Winterquartiere vor Mainz; der Herzog von Braunschweig legte aus Verdrufs den Oberbefehl iiieder. Den Franzosen kam es besonders zu statten, dafs die bei ihren beiden Armeeu befindlichen ConveDtsdeputirteli einstimmig zu der Ueberzeugung von der N o t wendigkeit der Einheit im Commando gelangten, und daher beide unter den Befehl des Generals Horlie stellten, indem Pichegiu, ob er gleich zuerst gewählt war, noch nicht Gelegenheit gehabt halte, sich durch irgend eine That einen gegründeten Anspruch auf dos Obercommando zu erwerben.

310

Der Feldzug in Deutschland im Jal ire 1796. Während der General Bonaparte in Italien die S t r a tegie schuf, und dieses Land den Oestreichern durch eben so neue als tiefe Combinationen entrifs, wurden in Deutschland Beiträge anderer Art zu diesem wichtigen Theile der Kriegskunst geliefert. Die Franzosen hatten auf diesem Kriegstheater z w e i Armeen , eine am Niederrhein unter Jourdan, 8 7 Bataillons und 95 Escadrons, 76,000 Mann stark, und eine am Oberrhein unter Moreau, 78 Bataillons und 8 6 Escadrons, 78,000 Mann stark. Ihnen entgegen hatten die Oestreicher eine Armee unter W u r i n ser bei OfTenburg, 78 Bataillons und 134 Escadrons, 83,000 Mann, und eine zwischen der Lahn und Sieg unter dem Erzherzog C a r l , 101 Bataillons und 139 Escadrons, 92,000 Mann. Dazu gehörten aber die Garnisonen von Mainz, Ehrenbreitstein, Philippsburg und Mannheim, und diese vier festen Punkte waren die einzigen auf dein ganzen deutschen Kriegstheater, welche den Operationen der Oestreicher einige Haltbarkeit geben konnt e n ; übrigens waren alle Vorlheile des Terrains in strategischer Hinsicht auf Seiten der Franzosen, die noch überdiefs durch ein verschanztes Lager bei Düsseldorf festen Fufs auf dein rechten llheinufer gewonnen hatten. Es w a r nicht zu denken, dafs die Franzosen mit z w e i so starken Armeen uod unter so günstigen Terrainverliällnissen auf der Defensive bleiben w ü r d e n ; wöre es aber der Fall gewesen, so hätten die Oestreicher zuerst durch Eroberung einiger französischer Festungen, besonders auf ihren ganz entblüfsten Flanken, vorzugsweise

311 auf der linken, ihrer Basis eioige Festigkeit zu

geben

versuchen, und so die Linien der Franzosen nach und nach durchbrechen müssen.

Im Fall der Offensive von

französischer Seite aber würden die Oeslreicher dahin zu operiren gehabt haben, die Franzosen von ihrer Basis wegzulocken, und ihnen eine totale Niederlage beizubringen, um nachher selbst in die Offensive überzugehen. Da mit zwei Armeen von beiden Seiten agirt wurde, so uiufsten, als erstes Ziel niler Operationen, beide angewiesen seyn, vorkommenden Falls einem Feldherrn zu gehorchen, und dann muhten die Operationen

(welches

ebenfalls liir beide Theile gilt), übereiustiininend und so eingerichtet werden, dafs die beiden Armeen nicht nur nicht getrennt wurden, sondern immer so standen, dafs sie s k h in kürzerer Zeit zu vereinigen vermochten als der Gegner, mit einem W o r t e , sie inufsten, um mit Juinini zu reden, die innern Linien zu behalten suchen. Diesen letztem Theil der Aufgabe machten die Franzosen den Oestreichern leicht, Furcht einein General so

da das Directorium,

aus

grofse Kräfte anzuvertrauen,

seinen beiden Generalen den Auftrag erlheilte, immer auf die Flanken der Oestreicher zu wirken, wodurch sie stets von einander entfernt blieben.

Das Vorgefühl der

Directoren war ganz richtig, aber in Deutschland

war

der General nicht zu suchen, der ihnen den Gnndenstofs versetzen würde.

Dann aber brauchte das Directorium,

um sich zu erhalten, einen glücklichen Feldzug, und es zeigt daher eine grofse Beschränktheit der Begriffe, dafs ein rian entworfen wird, der in seiner Anlage den Keim des Millingens trügt, und folglich noch weit sicherer den Sturz der Directorial regierung herbeiführen mufs. Der Hofkriegsrath hatte es noch nicht aufgegeben Eroberungen zu innchen, und der Elsafs sollte der erste

31 '2 Gegenstand derselben e e y n ; daher wurde der Plan

ge-

macht, die französische Armee des Niederrheins über die Blies und die Mosel zu drängen, darauf Landau, und zuletzt

auch

Strafsburg

zu

nehmen.

Glücklicherweise

stimmte dieses Project mit den Grundsätzen überein. man aber die dazu erforderlichen

Da

Kräfte zu berechnen

versäumt hatte, so verfiel die Ausführung ganz dem Z u falle anheim, wie es überall zu geschehen pflegt, wo man das Verhältnifs der Ursachen und Wirkungen

nicht zu

übersehen vermag. — A m 1. Juni kündigten die Oestreicher den Waffenstillstand auf ; die beiderseitigen Armeen standen einander auf einer langen Linie gegenüber, die von der Schweizer Gränze

an auf

beiden Seilen

des

Rheins bis Mannheim, von da auf dem linken Rheinufer nach Kaiserslautern fortlief, sich über Kreuznach Neuwied krümmte,

und

bei Düsseldorf endigle.

nach Der

Offensivplan der Oestreicher wurde gleich bei Ausbruch der Feindseligkeilen gestört, indem 2 5 , 0 0 0 Mann von der Armee des Generals Wurmser nach Italien gesendet w e r den mufslen.

Die Franzosen

nahmen dagegen auf allen

Tunkten die Offensive, Kleber drang von Düsseldorf vor, Grenier ging bei Neuwied auf das rechte Rheinufer über, zwei andere Divisionen richteten ihren Marsch auf Coblenz.

Diese Bewegungen

nolhigten

den Erzherzog am

9. und 10. Juni ebenfalls über den Rhein zurückzugehn, und nur das verschanzte Lager Mainz,

von Hechtsheiin,

mit 2 2 Bataillons 2 2 Escadrons,

din, besetzt zu behalten.

vor

unter Mercan-

Am Oberrhein drängte Moreau

die Oestieiclier bis in das verschanzte Lager von Mundenheim zurück.

Am 18. Juni verliefe W u r m s e r die A r -

mee, und General Latour übernahm statt seiner das Commando , wurde aber glücklicherweise unter die Befehle des Erzherzogs gestellt, welches

unstreitig dem letztem

313 ein grofsee Uebergewìcht gab, und den Ausgang des ganzen Feldzugs entschied. Der General Jourdan w a r bis an die Lahn vorgerückt, als der Erzherzog mit 32 Bataillons 8 1 Escadrons anlangte, um das Commando daselbst zu übernehmen. Sein Plan war, zwischen Wetzlar und Leunen über den genannten Flufs zu gehen, und gegen die linke Flanke der Franzosen zu operiren. Diese Absicht gelang vollkommen. Jourdan wurde am 15. Juni bei Wetzlar g e schlagen, und zog sich theils über die Brücke bei Neuwied theils bis Düsseldorf zurück. Damit endigte der erste Act dieses Feldzugs, und es ist dabei weiter nichts zu erinnern, als dnfs der Erzherzog, als er gegen die Lahn vorrückte, den taclisclien Angriffspunkt vorzog, wozu er seine Gründe gehabt haben mag. Der strategische inufste auf dem rechten Flügel der französischen Stellung an der untern Lahn gesucht werden. Jetzt fing Moieau seine Bewegungen an. Die ostreichische Armee des Oberrheins befand sich noch in ihrer lang gedehnten Stellung von Basel bis Manheim. Um sie sicher zu machen, und nicht durch seine Vorbereitungen zu allarmiren, liefs er erstlich aussprengen, daf» ein Theil seiner Truppen nach Italien marschiren w ü r d e ; dann machte er am 20. Juni einen Scheinangriff bei Manheim , wobei er Sorge trug, recht viel Truppen zu zeigen; allein gleich nach dem Gefecht marscliirle alles ab, mn bei Kehl über den Rhein zu gehen. Dieser Uebergang begaun am 24. und gelang vollkommen; am 25. w a r die Brücke schon fertig, und der General von Stain, der mit den schwäbischen Kreistruppen am nächsten stand, suchte die Franzosen vergebens aufzuhalten. Den 27. halten die Oestreicher erst 17,000 Mann beisammen, welche an der Ilenchen und bei Bühl standen. An die-

314 sem Tage rückte Moreaa auf beiden Ufern der Kinzig vor. Die Oestreicher zogen sich zum Tbeil in das fiinzigthal, zum Theil hinter die Renchen; ihre Corps waren durch den Uebergang der Franzosen auf das rechte Rheinufer, getrennt, und jeder General fühlte sich zu schwach, um allein etwas zu unternehmen. So kam Freiich mit einigen Truppen ans dem Rreisgau und rückte mit dem Trinzen Condé vereint bis an die Schutter vor; Latour traute sich nicht über dieMurg, jeder suchte sicli durch einen Flufs zu decken. Moreau theilte seine Armee in drei Theile: Desaix mit 23,000 Mann agirte im Rheinthale gegen Latour und rückte an die Murg ; St. Cyr mit 17,000 Mann drang ins Gebirge ein und besetzte den Kniebis und Freudenstadt ; Ferino mit 19,000 Mann wendete sich gegen Freiich, der bis hinter die Elz zurückging. Der Erzherzog befand sich zu Walmerode auf dem rechten Ufer der Lahn, als er ain 26. Juni die Nachricht von dem Uebergnnge Moreau's erhielt. Er setzte sich augenblicklich mit einem Theil seiner Truppen (15 Bataillons 20 Escadrons) in Marsch. Ain 5. Juli sland er schon an der Murg. Die Idee war glücklich, die Ausführung schnell; er fafste die feindliche Operation bei der W u r z e l ; aber 36,000 Blann waren an der Lahn, 27,000 Mann bei Mainz zurückgeblieben. Am 9. kain es bei Malsch zu einer Schlacht, in welcher die Oestreicher offenbar blos deswegen den Kürzern zogen, weil sie nicht stark genug waren. Sie gingen bis Pforzheim zurück. Die Franzosen blieben in der Nahe von Malsch stehen. Mit mehr Kräften konnte der Erzherzog schon hier den General Mureau für den ganzen Feldzug aufser Thäligkeit setzen. Kaum halte der Erzherzog den Niederrhein verlassen, als Jourdan seine OiTensivbewegung von neuem be-

315 gaso. Den 28. Jam verlieb sein linker Flügel das verschanzte Lager bei Dusseldorf, and am 3. Juli ging der rechte bei Neuwied über den Rhein. Die Oestreicher unter Wartensleben waren nicht stark genug sich zu halten und wichen überall zurück. Erst am 10. Juli fiel bei Friedberg ein Treffen vor, in welchem die Letztern noch mit einem blauen Auge davon kamen, indem Jourdan versäumte, sie von der Strafse nach Frankfurt, ihrer kürzesten Verbindungslinie mit dem Erzherzog, abzudrängen, welches, wie man jetzt weis, eine Folge seiner Instructionen war. Sie gingen über den Main zurück, und nahmen ihre Richtung über Aschaflenburg auf W ü r z burg. Jourdan folgte ihnen auf dem rechten Ufer dieses Flusses, indem er seiner Instruction gemale seinen linken Flügel stets vorschob. Zu derselben Zeit vertrieb Moreau die Oestreicher vollends aus dem Rheinthale, und der Erzherzog eilte, sich so gut w i e möglich, bei Canstadt am Neckar zu concentriren. Frelicb, Condé und die Würtemberger zogen sich an die Quellen der Donau. Die französische Armee batte sich in einem weiten Halbkreise ausgedehnt, dessen beide Enden sich in grofsen Entfernungen an den Rhein lehnten, das eine in der Gegend von Carlsruhe und das andere oberhalb Basel; da· Centruin stand bei Horb am Neckar. Da beide Armeen sich in die Länge gezogen hatten, so konnte natürlich hier etwas Entscheidendes nicht vorfallen. Die damalige Kriegskunst forderte es einmal, dais man überall Truppen haben mufste, und es gehörte ein Genie wie das von Bonaparte dazu, um die Schwäche dieses Systems aufzufinden und zu benutzen. Am 21. Juli wurde der Erzherzog in seiuer Stellung bei Canstadt angegriffen, und zum Rückzüge genöthigt. Er schlug den Weg durch das Remsthal nach der Ge-

316 gend von Nördlingen ein.

Seine Absicht dabei war eine

doppelte, Ulm zu decken, wenigstens so lange bis die dort befindlichen Magazine und Depots weggeschafft w a r e n , und d a n n , auf dem linken Donauufer in der Nähe γ ό η Wartensleben zu bleiben, der sich auf dem linken Mainufer befand.

Der richtige Blick des commandir ¿n-

deu Generals zeigte i h m den rechten W e g , Kampf mit

aber der

dem alten System wirkte h e m m e n d ,

führte noch eine Bienge Incidenzien herbei. beiden Theilen hatte eigentlich den ganzen Feldzug entworfen.

und

Keiner von

einen grolsen Plan für Die Franzosen

sollten

in Deutschland vordringen, uud auf die Flügel der ihnen gegenüberstehenden Armeen sitz der Initiative.

wirken ; sie waren im B e -

Die Oestreiclier verfuhren defensiv,

d. h . sie vertheidigten, w a s ihnen nun so eben zu v e r tlieidigen nothwendig erschien.

Man mufs sich

daher

nicht wundern, wenn ihre Bewegungen nichts als e p h e mere Zwecke halten, w i e sie gerade die Ereignisse herbeiführten.

Sie gingen aus einer Stellung in die andere,

und entschlossen sich erst dann zur Offensive, als sie zu der Ueberzeugung gelangten, dais das Retiriren nicht i m m e r so fortgehen künne. —

Zu dieser Zeit traten die

Sachsen und die Schwaben

vom Kriegsschauplätze

wodurch die A r m e e des Erzherzogs

ab,

um 10,000 Mann

geschwächt w u r d e . Ein General, der sich auf dem Rückzüge befindet, selbst nach einer verlernen Schlacht, darf seine Verfolger aus zweierlei Ursachen nicht aus den Augen lassen, e i n m a l , um sich keiner Gefahr auszusetzen, dann aber auch, um jede Gelegenheit zu ergreifen, wodurch er das Glück wieder auf seine Seite lenken k a n n . chen

Moment

scheint

der

General

Würzburg versäumt zu haben.

Einen sol-

Wartensleben

hei

Jourdan hatte sich zieui-

317 Heb zerstreut. Ain 22. Juli standen vier seiner Divisionen zu Warneck, zwischen Zoizheiin und Arnstein, zwischen Arnstein und Müdesheim, und zu Carolstadt. Der östreichische General hatte eben den Flan zu einem Angriffe für den 23. entworfen, als die Nachricht, dafs Bernadette den 20. in Miltenberg angekommen sey, und seinen Marsch noch der Tauher fortgesetzt habe, ihn (ganz unuüthigerweise) für seinen Ilückzug besorgt machie. Er gab daher die Offensive etwas übereilt auf, und ging bis Zeil zurück. Jourdan zog sich nach Schweinfurt. Einer der ersten Grundsätze im Kriege ist z w a r , immer das Gegentheil von dem zu thun, was der Feind will; allein das setzt voraus, dnfs der Feind immer das zu erreichen strebt, was ihm die meislen Vortheile bringt. Hat er nun fehlerhafte Ansichten, wie liier Jourdan sich immer links schob und sich stets von seinem Collegen entfernte, dann ist es natürlich geralhen, ihm Wege zu öffnen und seine Verblendung zu benutzen. Je mehr die Franzosen sich links ausdehnten, desio mehr schob sich Wartensleben rechts, bis ihn am Ende der Befehl des Erzherzogs nach der Donau zu marsthiren, auf dea rechten W e g brachte. Der Erzherzog verliefs die Gegend von Nördlingen, als der General Moreau durch die Besetzung von Aalen seine rechte Flanke zu bedrohen schien. Der Erzherzog tchlofs daraus, dnfs Moreau's Flan sey, ihn auf das rechte Donauufer zu drängen, w o der Geueral Ferino mit 22 Bataillons 17 Escadrons gegen Freiich agirte, der nicht so viel Truppen hatte ( 9 j Bataillons 24 Escadrons). Auf der andern Seite entnahm der Erzherzog aus den Rapporten des Grafen Wartensleben, dafs eine Vereinigung mit demselben nicht sobald, und vielleicht erst zu Ingolstadt oder Itegensburg zu bewirken sey η würde. Diefs

318 veranlafsle ihn, auf dns rechte Donauufer überzugehen, uin den Manch nach Ingolstadt ungestört fortsetzen zu können.

Diese in ihren offenbar gewordenen Motiven

vielleicht mit zu grofser Vorsicht angelegte Bewegung hatte zufälligerweise den Vortheil, dafs der General Moreau sich dadurch verleiten liefs, später ebenfalls auf das rechte Donauufer überzugehen, und sich so yon seinem Collegen immer mehr zu entfernen. östreichischen Armee

sollte bei

Der Uebergang der

Donauwerth

erfolgen,

und damit derselbe ungehindert geschehen könne, wurde Moreau am 11. August bei Neresheim mit dem glücklichsten Erfolg angegriffen und geschlagen.

Zwei T a g e

darauf ging die öslreichische Armee bei Donauwerth auf das rechte Ufer der Donau, und nahm eine Stellung bei Nordheim.

Der Erzherzog rügt es selbst, dafs er nicht

lieber den Feind mit aller Kraft verfolgt habe, um desseu Niederlage total zu machen, welches er dem A b gänge der Munition durch den unerwarteten Rückzug des Farks zuschreibt.

Die eigentliche Ursache scheint aber

tiefer gelegen zu haben. der Defensive

Ein so schneller Uebergang von

zur Offensive verlangt grofse Anstalten

und setzt eine grofse Moblilität der intellectuellen Fähigkeiten voraus.

Alle Einleitungen waren zu dem Rück-

züge getroffen, und darum zog inan sich zurück. In der Zwischenzeit waren

die beiden

nördlichen

A r m e e n , Jourdan und Wartensleben, bis an die Fegnitz gekommen.

Der Erzherzog befahl dem General Wartens·

leben, sich bei Arnberg, w o derselbe am 11. August eingetroffen war, so lange als möglich zu halten, im Nothfalle aber hinter die Naab und selbst bis Regensburg zurückzugehen,

Des Erzherzogs Absicht war, seine beiden

Armeen zu vereinigen, und sodann über einen beiden

weit

getrennten

Gegner

herzufallen.

seiner

Am

15.

319 Augast brach er mit 28,000 Mann yon Nordhehn auf"; 30,000 Mann unter Latour und das Corps des Trinzen Conde blieben am Lech und in Vorarlberg stehen. Morena lagerte noch hinter der W e r n i t z , und Jourdan, der iin Thal der Pegnitz agirte, und mit seinen Operationen in eine sehr unwegsame rauhe Gegend gerathen war, konnte nur von Arnberg aus nach Neumarkt gelangen, w o er iin Stande war|, seinem Collegen die Hand zu bieten. Den 17. August ging der Erzherzog bei Neuburg und Ingolstadt wieder auf das linke Ufer der Donau zurück, und nahm seine Richtung nach der Altmühl. Bald darauf erhielt er die Nachricht, dafs Jourdan im Besitz von Arnberg und bis an die Naab vorgerückt sey, hinter welchem Fluise Wartensleben sich aufgestellt habe. Sein Dan w a r bald gemacht. Das Terrain, die Stellung der Franzosen und die L a g e ihrer Operationslinie zeigten, w a s zu thun sey. Bei Neumarkt stand der General Bernadette mit seiner Division. Dieser wurde am 23. mit grofser Uebermacht angegriffen, worauf sich derselbe e i ligst über Altdorf nach Lauf, hinter die Pegnitz, zurückzog. Jourdan, dessen rechte Flanke dadurch entblöst wurde, säumte nicht den Rückzug anzutreten, und setzte noch an demselben Tage sein Gepäck und den Artilleriepark in B e w e g u n g ; zugleich schob er eine Cavalleriedivision über Vilsliofen vor, uin seine rechte Flanke s i cher zu stellen. Der Erzherzog, dein diese Anstalten der Franzoseu zum Rückzüge nicht entgangen waren, befahl Wartensleben, den folgenden Tag über die Naab zu gehen, und seinen Gegner mit Nachdruck anzugreifen; er selbst rückte zu gleicher Zeit über Castell gegen Amberg vor. In der Nacht schon setzten sich die französischen Truppen gegen Arnberg in Bewegung. Warlensleben

320 folgte ihnen auf der Ferse, Oestreicher überall.

Das Glück begünstigte die

Jourdan

stellte

Amberg in Schlachtordnung.

seine A r m e e

bei

D e r Erzherzog stiefs bei

Castell auf die französische Cavallerie, die sich von Vilsliofen dahin gezogen h a t t e , und nölhigte sie zum R ü c k züge nach Amberg.

W a h r e n d Wartensleben die F r a n -

zosen in drei Colonnen angriff, erschien der Erzherzog in ihrer rechten F l a n k e , worauf Jourdan nicht ohne bedeutenden Verlust seinen Rückzug nach Sulzhach fortsetzte. So w a r die schün coinbinirte Bewegung

des Erzherzogs

nicht allein glücklich, sondern auch zu einem glücklichen Zeitpunkte gelungen. Die Bewegungen Moreau's

nach

dem Treffen bei

Neresheiui zeigen, dnfs er keine Ähnung von den weitern riänen

seines Gegners hatte.

Er

scheint mehr iiu

Finstern zu t a p p e n , als eine klare Ansicht von seiner Lage gehabt zu haben.

Den

19. August

ging er bei

Hochstedt, Dillingen und Lauingen auf das rechte Ufer der Donau, anstatt auf dem linken zu bleiben, und rückte bis an den Lech vor.

Der General Latour wufste kein

besseres Mittel, den Uebergang über diesen Flufs zu vertheidigen, als seine K r ä f t e auf den vier Tunkten,

Rain,

Augsburg oder Friedberg, Landsberg und Schongau, zu zerstreuen.

Dagegen zog Moreau beinahe seine ganze

A r m e e (41,000 3If>nn) vor Augsburg zusammen, w o L a tour nur 6 Bataillons 12 Escadrons h a t t e , und erzwang damit den Uebergang über den Lech an demselben Tage, w o die Schlacht bei Arnberg geliefert w u r d e . chische A r m e e

ging

hinter

die Isar

zurück.

Die «streiMoreau

scheint ungeachtet dieses glücklichen Erfolgs nicht begriffen zu haben, dafs mau seine Kräfte uin so eher z u s a m menballen m u l s , je mehr der Feind die seinigen streut.

Gleich

nach

dem Uebergange

über den

zerLech

321 machie er den sonderbare» IMan, in breiter Front vorzugehen, mit dem linken Flügel Ingolstadt zu nehmen, und den dortigen Brückenkopf zu zerstören, mit dem Centro zwischen Moosburg, Freising und München die Isar zu forciren, und mit dem rechten Flügel in Tyrol und Vorarlberg einzudringen. Das Fehlerhafte dieser Operation liegt darin, dafs sie e x c e n t r i s c h war, und dahin rührte, die Truppen zu zerstreuen, anstatt sie zusammenzuhalten. Glücklicherweise für Moreau verstand Latour sein Fach auch nicht viel besser. Am 1. September zog er 14 Bataillons 29 Escadrons zusammen, und rückte damit gegen Ingolstadt vor, um den linken Flügel der Franzosen anzugreifen, welcher vor dem dasigen Brückenköpfe stand. W e n n diese Operation einen Sinn haben sollte, so muíste wenigstens das doppelte dazu verwendet werden. Sie inifslang aus Maugel an Kräften, und da die Franzosen einige Tage darauf den Uebergang bei Moosburg in ihre Gewalt bekamen, so ging Latour bis hinter die grofse Laber zurück. Nach der Schlacht von Amberg nahm Jourdan seinen Rückzug auf Bamberg, und zwar auf sehr beschwerlichen Seitenwegen; dessenungeachtet kam er glücklich daselbst an. Die Oestreiclier, welche gleich nach diesem Gefecht Nürnberg nahmen und Bernadotte vertrieben, hatten die Hauptstrafse und den kürzern W e g dahin; es stand folglich in ihrer Gewalt, die Franzosen ganz von ihrer Communication und Rückzugslinie abzuschneiden. Der Erzherzog klagt sich dabei selbst der Langsamkeit an, und belastet sich vielleicht grofsinülhig mit fremden Sünden. Jourdan zog sich nach Schweinfurt, der Erzherzog aber warf sich nach Würzburg, welches die gerade, wenn auch nicht die einzige Rückzugslinie der Franzosen war. Jourdan beschlofs sich dieselbe wieder j y c g n e r Uli. U. Krieg i . T h .

X

32'2 zu eröffnen, und das führte die Schlacht von Würzburg a m 3. September herbei, welche er verlor.

Eigentlich

hätten die Franzosen hier eine totale Niederlage erleiden, und w e n n nicht die ganze A r m e e , doch den gröfsten Theil ihres Materials einbüfseo müssen ; da aber Oestreicher

die

strategischen

Verhältnisse

bei

die

dieser

Schlacht wieder unberücksichtigt gelassen hatten, so blieb den Franzosen der Rückzug über Arnstein, Hammelburg, Brückenau und Schlüchtern nach der L a h n , welche sie am 9. erreichten. Erzherzog

Man hätte erwarten sollen, dnfs der

die Verfolgung

der Franzosen dem

General

Grafen Wartensleben überlassen, und mit dem gröfsten Theile der Armee sich nach der Donau wenden w ü r d e , u m dem General Moreau ein ähnliches Schicksal zu bereiten.

Er zog es v o r , seinen geschlagenen Gegner u n -

gestört ziehen zu lassen, und auf der geraden Strafse über AschalFenburg nach Frankfurt zu inarschiren, w o er den 8. eintraf.

Das Corps, welches zur Blokade von Cassel

zurückgeblieben w a r , zog sich nach der L a h n , und vereinigte sich wieder mit Jourdan. Die französische A r m e e stand jetzt hinter der L a h n , zwischen Limburg

und Wetzlar.

griff der Erzherzog sie daselbst an.

Am

16. September

Diefsmal wählte er

den rechten Flügel zum Angriffspunkte, und dirigirte seine K r ä f t e auf L i m b u r g ; allein es gelaDg nicht, die Franzosen von ihrer Kückzugslinie abzudrängen,

und diefs lag

theils in dem Widerstande, den sie leisteten, theils aber auch in andern Ursachen, welche der erlauchte Verfasser dieses Feldzugs im 9. Capitel des dritten Theils von seinem W e r k e

mit

grofsem

Scharfsinn

auseinandersetzt.

Es geht daraus hervor, dafs ein commandirender General mit unendlichen Schwierigkeiten zu

k ä m p f e n hat,

dafs seine Einsicht und sein Scharfsinn,

und

w e n n sie isolirt

323 stehen, und nicht τοη den Unterbefehlshabern aufgefaút, begriffen and weiter milgetheilt werden, chen jene zu überwinden.

nicht ausrei-

Eine Armee ist ein W e r k -

zeug in der Hand des Feldherrn.

Zu ihrer Handhabung

gehört vor allen Dingen eine pünktliche Befolgung seiner Befehle; aber diese Pünktlichkeit bezieht sich nicht i m mer auf das Wort, sondern oft auch auf den S i n n , und das bestimmt den Wirkungskreis und die Flüchten der übrigen Führer, so wie die Ansprüche, welche man an ihre Fähigkeiten macht. —

A m 22. September

waren

die Franzosen theils bis über den Rhein, tbeils bis D ü s seldorf zurückgegangen, und der Feldzug war auf dieser Seite beendigt.

Der Erzherzog liefe 32,500 Mann dort

zur Beobachtung zurück, wozu vielleicht 20,000 Mann hingereicht hätten, und marschirte mit 16,000 Mann nach dem Main. In der Zwischenzeit hatte der Erzherzog dem Commandanten von Manheim, General retrasch, aufgetragen, iin Rlieintliale, wo eine tiefe Ruhe herrschte, zu agiren, und so die Zufuhr Moreau's zu beunruhigen; besonders wurde er angewiesen, mit 9 Bataillons von den Garnisonen aus Manheim und Philippskurg eine Unternehmung auf Kehl zu machen.

Diese wurde mit vielem Geschick

eingeleitet und mit Glück ausgeführt.

A m 18. Septem-

ber gelang es retrasch, das Fort K e h l durch Ueberraschung zu nehmen ; es ging

aber noch an demselben

Tage wieder verloren, weil die Truppen sich der Plünderung überliefsen, und weil man versäumt hatte, die grofse Brücke, welche nach Strasburg führt, zu zerstören.

E s scheint demnach, dafs der eigentliche Fehler,

wie das häufig der Fall ist,

in der Anlage zu suchen

seyn möchte, indem man wohl den Plan gemacht hatte, X

2

324 das Fort zu nehmen, aber dabei nicht auf die Büttel bedacht gewesen war, sich darin zu behaupten. Moreau

war

vom Anfang

des Monats

September

an ohne alle Nachricht von Jourdan, und schlofs daraus, dafs demselben irgend ein Unfall zugestoßen seyn müsse. Zu diesem Ende begab er sich auf das linke Donauufer, and schob eine Division bis Eichstädt vor.

Da er alter

hier die Gewifsheit erhielt, dafs Jourdan zu weit entfernt s e y , um irgend etwas zu seinen Gunsten zu unternehmen, so ging er auf das rechte Ufer der Donau zurück, und setzte sich hinter die Paar in der Absicht, dort die weitern Ereignisse abzuwarten.

Allein Latour, der

ihn auch auf dem linken Ufer der Donau im Auge behalten ,

und ihm den General Nauendorf

nachgesendet

hatte, liefs ihn jetzt in seiner rechten Flanke bedrohen, und nöthigle ihn dadurch, sich bis hinter die Iiier zurückzuziehen.

A m 24. September traf er zu Ulm ein, und

L a t o u r , der ihm auf dem Fufse folgte, zu Burgau.

Die

Oestreicher rückten ihm so nahe auf den L e i b , dais er bei Ulm nur unter ihrem Feuer die Donau pnssiren konnte, und daher seinen Rückzug nach dem Neckar uin so mehr fortzusetzen beschlofs, als er zugleich erfuhr, dafs die Ueberg.änge über den Schwarzwald

durch die Truppen

des Generals Fetrasch, der in Tübingen und Horb stand, beunruhigt würden. E s fiel Moreau erst später ein, das Beispiel, welches der Erzherzog bei Neresheim gegeben hatte, nachzuahm e n , und seiue Kräite zusammenzuziehen, um seinen Verfolgern eine Schlacht zu liefern ; denn diefs war in seiuer jetzigen L a g e das einzige Mittel, eich dieselben vom Leibe zu halten.

Unterdessen setzte er seinen Rück-

zug auf dem rechten Ufer der Dunau fort. tember stand er a m Federsee,

Den 29. S e p -

und Latour kam zu B i -

325 berach ao. Der Erzherzog ging au diesem Tage zwischen Manheim und Heldelberg über den Neckar. More au halte noch vier his fünf Märsche bis zum Gebirge, und es vrar min die höchste Zeit etwas zu unternehmen. Er verlor aber noch einen Tag, und wählte erst den 2. October zum Angriffe, welcher indefs vollkommen gelang. Der Erzherzog rügt die Uneinigkeit der östreicliischen Generale, und schreibt den Unfall, welcher hier die östrelcliische Armee betraf, ganz den mangelhaften Dispositionen zu, welche zu rechtfertigen schwer seyn dürfte. Nauendorf hatte den General Latour verlassen, um sich mit Petrasch zu vereiuigen, und Freiich stand südlich in der Gegend von Memmingen ; demuach blieben dem General Latour etwa 24,000 Mann übrig, als er angegriffen und geschlagen wurde. Am 4. October setzte Moreau seinen Rückzug fort, und nahm seine Richtung über Stockach und Neustadt nach dem Iiölllhale, w o er am leichtesten durchzukomineu hoffte. Sein linker Flügel vertrieb den General Petrasch aus Vellingen, und nöthigte denselben, sich nach dem Kiuzigthale zurückzuziehen. Der rechte Flügel und das schwere Geschütz der Franzosen nahmen ihren W e g durch die Waldstädte nach Hüningen. Latour folgte über Ostrach und Möfskirch. Am 11. brach die französische Avantgarde aus Neustadt auf; die Oestreicher hatten nur wenig Truppen im Hüllthale, welche überall zurückgeworfen wurden. A m folgenden Tage kamen die Franzosen bei Freiburg a u ; ihr Marsch durch das Höllthal dauerte bis zum 15. Latour folgte in Gewaltmärschen und suchte dadurch die verlorne Zeit wiederzugewinnen; doch der Befehl des Erzherzogs, sich durch das Elzach- oder Kinzigthal mit ihm zu vereinigen, rief ihn ab, und nur Freiich folgte Moreau mit einem kleinen

326 Corps. vor.

D e r Erzherzog

rückte selbst bis an die Kinzig

K e h l wurde eingeschlossen.

Diefo war der zu sei-

ner Zeit so gepriesene Rückzug des Generals Moreau. Nachdem die französische Armee im Rheinthale angekommen w a r , beschlola Moreau seinem Gegner entgegenzugehen, und sich die Verbindung mit Kehl zu eröffn e n ; allein der Erzherzog, obgleich schwächer an Truppen, kam ihm zuvor, zog alle seine Kräfte zusammen, und rückle gegen die Elz v o r , w o die französische A r mee stand.

Die Umstände nötliigten ihn, den Hauptan-

griff bis zum 19. October zu verschieben,

und diesen

T a g hatte Moreau ebenfalls zum Angriff bestimmt.

Der

Erfolg dieses Tages fiel ganz zu Gunsten der Oestreicher aus.

Moreau zog sich nach dem Oberrhein zurück, und

liefs einen Theil seiner Truppen linke Rheinufer übergehen.

bei Breisach auf das

Seine Absicht w a r ,

der starken Stellung bei Scbliengen

sich in

so lange zu halten,

bis diese bei Kehl wieder auf das rechte Rheinufer zurückgekommen seyn würden, um im Rücken der Oestreicher zu agiren.

Die rasche

Thätigkeit des

Erzherzogs

war aber dabei nicht init in Anschlag gebracht worden ; dieser griff Moreau am 24. in seiner Stellung a n ,

und

nölhigte ihn am folgenden Tage sich bei Hüningen ganz über den Rhein zurückzuzieJin. gentlichen Operationen,

obgleich

Hiermit endigen die eidie nun folgenden B e -

lagerungen von Kehl und Hüningen

noch als zu diesem

Feldzuge gehörig betrachtet werden müssen.

Der Wmterfeldzug in Giaubiindten 1800. Der Gebirgskrieg ist von jelier als einer der schwierigsten Theile der Kriegskunst angesehen worden.

Der

Hauptgrund davon liegt wohl darin, dafs dazu die genauste Kenntnifs des ganzen Gebirges und der sämtlichen Thalcommunicationen, mit allen gröfsern und kleinern Uebergängen und deren Gangbarkeit in den

ver-

schiedenen Jahreszeiten, gehört, und dafs man darüber selten zu einer rechten Klarheit zu gelangen im Stande ist, indem selbst die Nachrichten der Einwohner nicht überall und unter allen Umständen zuverlässig sind.

Eine

andere Schwierigkeit liegt in der Verpflegung und den cliinatischen Verhältnissen.

Gebirgsgegenden sind in der

Regel uufruchtbar, und nur in den hohen Sommermonaten zu begehen ; beides beschränkt die Operationen

so-

wohl als die Anzahl der dort zu verwendenden Truppen. Agiren kann man nur in den Thälern, und diefs erfordert wieder eine specielle Kenntnifs des Terrains, in sofern es Of- oder Defensivoperationen begünstigt oder sie hindert. Jedes Thal hat einen Eingang oder Ursprung,

und

einen Ausgnng oder Debouschee, entweder in ein anderes Thal oder in die Ebene, aufserdein aber eine Menge Lateralzugänge

durch

Nebenthäler

von

beiden

Seiten.

Im Hochsommer, w e n n das Gebirge offen und gangbar ist, müssen alle Lateralzugänge mit grofser Sorgfalt beobachtet und ins Auge genommen w e r d e n , welches die Aufmerksamkeit sowohl als die Truppen zerstreut.

In

den Monaten, w o die Natur die meisten dieser Zugänge

328 schliefst, trelea dagegen andere Beschwerlichkeiten eio. Ein Operationsplan im Gebirge mufs auf alle diese constanten und variabeln Gröfsen basirt seyn. Es ist sonach klar, dafs der Besitz des Gebirges von dem der Thäler abhängt. Für die Operationen wird es daher v o r t e i l h a f t seyn, wenn die ganze Configuration eines Gebirges so beschaffen ist, dafs mehrere Thaler von einem gemeinschaftlichen Centraipunkte auslaufen, welches die Leichtigkeit gewährt, von diesem Funkte in alle Thäler zu gelangen. Da diefs nach dem Naturgesetz der höchste oder einer der höchsten seyn mufs, so ist daraus das Axiom entstanden, dafs der im Besitz eines Gebirges ist, der die höchsten Funkte inne hat oder besetzt hält. Dieses Besetzen aber ist, wie schon bei einer andern Gelegenheit gesagt worden, nicht immer faktisch zu verstehen, sondern es ist hinreichend, dafs man sich zwischen einem solchen Funkte und dem Feinde, oder auch demselben näher als er beilüde, mit der Bemerkung jedoch, dafs der letztere Fall eine verdoppelte Aufmerksamkeit erfordert. Ein solcher Funkt oder Gebirgsknoten ist z. B. der S. Gotthardt in der Schweiz. Dort Hegen die Spitzen aller Thäler, welche in den Lago maggiore ausmünden, so wie die Eingänge in die Thäler der Rhone, Aar, Fieufs, des Rheins, des Engadeins, und des Veltlins, durch das hintere Rheinthal und die Bregaglia. Man hat diesen Satz auch so ausgedrückt: d u r c h den Besitz der h ö c h s t e n F u n k t e b e h e r r s c h t m a n e i n g a n z e s G e b i r g e , und in allgemeinem Ausdrücken: d e r B e s i t z d e r H ö h e n g e w ä h r t d e n d e r E b e n e , welches zu der, wohl hauptsächlich auf die Verpflegung gegründeten Controverse Veranlassung gegeben h a t : w e r i m B e s i t z d e r E b e n e i s t , i s t

329 i m B e s i t z d e s G e b i r g e s . Hier ist Wahres und Falsches auf beiden Seiten. Der erste Fehler liegt in der Abstraction, welche die Begriffe verwirrt hat. So hatte der Verfasser eines der französischen Bulletins im russischen Kriege sich sogar verleiten lassen, pomphaft anzukündigen, „dafs die französische Armee am Oginskyschen Canal (d. 1). an den Quellen der Zuflüsse des Dnepr) angekommen sey, und nun das ganze Land bis zum schwarzen Meere beherrsche." — Jede Armee hat, wie schon früher bemerkt worden, einen gewissen R a yon oder Wirkungskreis, Wirkungssphäre, sie mag in der Ebene oder im Gebirge stehen, und diese Sphäre dehnt sich aus oder verengert sich, je nachdem eine feindliche Armee fern oder nahe ist. Beherrschen oder D o m i n i r e n in diesem Sinne heilst aber weiter nichts als die Leichtigkeit haben, sich ohne Schwierigkeit nach allen Seilen hinzubegeben. Es beherrscht daher eine Armee, die iin Gebirge steht, die Ebene, und eine, die in der Ebene steht, das Gebirge, wenn kein Feind vorhanden ist, der es wehrt ; wenn aber zwei Armeen einander gegenüberstehn, die eine im Gebirge, die andere in der Ebene, so dominirt jede d a , wo sie sich eben befindet, und die eine hat eben so viel Mittel, die Ausgänge aus dem Gebirge zu sperren oder dort einzudringen, als die andere, herauszukommen oder die Eingänge zu vertheidigen. Nur wird in Bezug auf die Verpflegung die in der Ebene mit weniger Schwierigkeiten zu kämpfen haben und länger aushalten können. Dominirende Funkte in einer Gebirgsgegend werden also diejenigen seyn, durch deren Besitz man die Leichtigkeit erlangt, sich, ohne bedeutende Hindernisse auf dem Terrain anzutreffen, nach allen Seiten hinzubegeben. Diefs giebt die Operationsobjecle für den Augrilf, so wie

330 die Tunkte, welche bei der Defensive zu berücksichtigen sind, in lofern nämlich die Eroberung oder Verteidigung einer Gebirgsgegend, ohne alle Nebenzwecke, beabsichtigt 'wird.

Auch ist es ganz gleich, es inag entweder von

einem ganzen Gebirgslande oder nur von einer Gebirgsk e t t e , die ein Paar Märsche breit i s t , und vielleicht als Verteidigungslinie dient»

die Rede

seyn.

Erleichtern

wird es die Operationen, wenn man sich, im Angriff s o wohl als in der V e r t e i d i g u n g ,

Terrainabschnitte macht,

und jedes bedeutende Thal erst für sich allein mit allen tactischen V o r - und N a c h t e i l e n , und dann im Zusammenhange mit dem Ganzen betrachtet.

Verteidigungs-

linien im Gebirge lassen sich in allen Richtungen denken.

Ihre Festigkeit hängt

a b : 1) von der Zahl der

möglichen Durch- oder Uebergänge; je weniger, je besser; 2 ) von der Schwierigkeit des Zugangs,

und 3) von der

Leichtigkeit der Communication im Rücken derselben. AVenn eine Armee in die Schweiz eindringen sich in deren Besitz setzen wollte,

so würde sie,

welcher Seite auch der Angriff vorausgesetzt

und von

wird, in

einem der oben genannten Hauptthäler gegen den St. Gotthardt vorzudringen suchen, uin von da mit Leichtigkeit in die übrigen Thäler übergehen zu können. Verlheidiger zu t u n hat, ist für sich k l a r ;

W a s der

das Terrain

und die climatischen Verhältnisse weisen ihm seine Rolle an, denn die Fesligkeil der Verteidigungslinien, welche er wählen kann, hängt auch von der Jahreszeit .ib.

So

lange der Augreifer sich noch für keine Operationslinie entschieden nötig;

hat,

ist die

gespannteste

Aufmerksamkeit

alle Thnler, die im Bereich der Armee

liegen,

müssen mit vielen und weit vorgeschobenen Avertissemenlsposten

von leichter Cavallerie besetzt, diesen die

»trengste Beobachtung ihrer Pflichten auferlegt, und die

331 verschiedenen Möglichkeiten der Bewegungen mit den zu erwartenden Meldungen, iin Räume und in der Zeit, in die genauste Uebereinstimmung gebracht werden.