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German Pages 200 Year 1987
Besteuerung von Rohstoffrenten
Von
Dieter Cansier
Duncker & Humblot . Berlin
D I E T E R GANSIER
Besteuerung von Rohstoffrenten
Besteuerung von Rohstoffrenten
Von Dieter Cansier
DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Cansier, Dieter: Besteuerung von Rohstoffrenten / Dieter Cansier. — Berlin: Duncker und Humblot, 1987. I S B N 3-428-06211-6
Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45; Drude: W. Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06211-6
Für Hedda, Alexander und Adrienne
Vorwort Seit der Ölkrise von 1973 ist das Bewußtsein um die Knappheit der erschöpfbaren Ressourcen gestiegen. Auch die nationalökonomische Forschung widmet seither Rohstofffragen große Aufmerksamkeit. Als neuer Zweig ist die Ressourcentheorie entstanden. Für einen Finanzwissenschaftler, der zugleich einen ausgeprägten Forschungsschwerpunkt in der Umweltökonomie hat, lag es nahe, das neue Thema auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, zumal jüngere Reformen der Fiskalregime für den Bergbau in einigen Ländern interessante Perspektiven eröffneten und sich mit dem Aspekt einer allokationsneutralen Abschöpfung von Rohstoffrenten zugleich die wachstumspolitisch bedeutsame allgemeinere Frage nach einer investitionsneutralen Besteuerung verbindet. Der Verfasser hat sich dem Thema von der Steuertheorie her genähert. Er entdeckte dabei, wie aufschlußreich ein historischer Rückblick ist, so daß die Geschichte des Bergrechts und der speziellen Bergwerksabgaben Gegenstand des ersten Kapitels wurde. Um Ausgestaltungsfragen näher zu klären und die praktischen Anwendungsmöglichkeiten moderner theoretischer Lösungsansätze für eine echte Rentenbesteuerung besser beurteilen zu können, wurden die theoretischen Erörterungen über Ziele und Wirkungen von Rohstoffabgaben um einen Überblick über wichtige empirische Abgabensysteme und über bergbauspezifische Sonderregelungen des allgemeinen Steuerrechts ergänzt. Die Arbeit behandelt historische, theoretische und empirische Aspekte. Sie ist zwar für den Ökonomen geschrieben, sie dürfte aber auch für den Juristen und Wirtschaftsgeologen von Interesse sein. Sie versteht sich hauptsächlich als Beitrag zur angewandten Finanz- und Ressourcentheorie, möchte aber auch der praktischen Politik Anregungen für eine Reform der Rohstoffbesteuerung geben. Tübingen, im Oktober 1986
Dieter Cansier
Inhaltsverzeichnis I.
II.
Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
13
1. Bergregal und Bergzehnt 2. Die Entwicklung im 19. Jahrhundert 3. Das Wiederaufleben der Idee des Zehnten 4. Internationale Entwicklung Literatur
13 16 26 30
Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung als Ziele spezieller Bergbauabgaben
32
/. Rechtfertigungsansätze für Sonderabgaben 2. Rentenabschöpfung und Allokationsneutralität 3. Differentialrenten, absolute Renten nach dem Hotelling-Modell Monopolrenten 4. Schonendere Nutzung der Rohstoffvorkommen Literatur
III.
32 36 und 38 47 52
Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
54
/. 2. 3. 4.
54 56 61
Vorbemerkungen Auswirkungen von Abgaben im Hotelling-Modell Aussagefähigkeit Exkurs: Beeinflussung der Abbaureihenfolge unterschiedlicher stätten Literatur
IV.
23
Instrumente der Rentenabschöpfung unter Effizienzgesichtspunkten /. Abgabeformen und ihre Grundeigenschaften 2. Investitionsneutrale Besteuerung a) Entscheidungskriterien b) Wertabgaben c) Rentenabgabe in Form der Brown-Steuer d) Cash flow-Besteuerung nach Kapitalwiedergewinnung e) Gewinnabgaben mit Kapitalkostenabzug Literatur
Lager69 72
...
74 74 83 83 93 94 97 108 113
10 V.
Inhaltsverzeichnis Rentenbezogene Abgabensysteme in ausgewählten Ländern /. Rentenabgabe auf Uranerze in Saskatchewan 2. Progressive Rentensteuer nach Maßgabe der Umsatzrendite Republik Südafrika 3. Rentenabgaben in Papua-Neuguinea 4. Das Abgabensystem für den Tiefseebergbau 5. Besteuerung des Nordseeöls im Vereinigten Königreich 6. Besteuerung des Nordseeöls in Norwegen und Dänemark Literatur
VI.
VII.
115 115 in der 117 118 121 122 127 129
Die Besteuerung der Rohstoffproduktion in den USA
131
/. Royalties 2. Die verschiedenen Steuern 3. Bergbauspezifische Regelungen der Bundeseinkommensteuer a) Depletion Allowances b) Expensing c) Capital Gains d) Foreign Tax Credit e) Allgemeine Vergünstigungen
131 134 136 136 138 140 141 142
0 Minimum Tax 4. Windfall Profit Tax 5. Die Severance Taxes der Bundesstaaten 6. Das Kautionssystem für den Kohlebergbau Literatur
143 143 148 153 155
Das Fiskalregime für den Bergbau in der Bundesrepublik Deutschland
157
/. Die Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz a) Das Berechtsamwesen b) Feldes- und Förderabgabe 2. Die Behandlung des Bergbaus im Steuerrecht a) Einkommensbesteuerung b) Vermögensteuerliche Bewertung des Mineralgewinnungsrechts Literatur
157 157 161 180 180 186 190
VIII. Zusammenfassung
193
Sachverzeichnis
198
Verzeichnis der Tabellen Tab.
1: Belastung der Steinkohlenzechen des Ruhrgebiets mit Bergwerksabgaben und Steuern 1816-1913 (in Prozent vom Absatzwert der Kohle)
Tab. 2: Statische Restlebensdauer ausgewählter Rohstoffe Tab.
23 45
3: Freistellung der Kapitalwiedergewinnung bei der Resource Rent Tax
100
Tab. 4: Zahlenbeispiel zur progressiven Resource Rent Tax
100
Tab.
117
5: Tarif der Royalty auf Uranerz in Saskatchewan
Tab. 6: Major Provisions of Federal Law Governing Leasing of Federal Lands of Energy-Resource Development
132
Tab. 7: Einnahmen der Bundesstaaten aus Royalties (USA)
134
Tab.
139
8: Differenzierte Sätze der Depletion Allowance
Tab. 9: Provisions of the Windfall Profit Tax Tab. 10: Vergleich
der
Einnahmen
aus
den
146 State
Severance
Taxes
(USA)
151
Tab. 11: Aufkommen der Severance Taxes (USA)
151
Tab. 12: State Production Taxes on Coal, Oil, Natural Gas, 1979
152
Tab. 13: Abweichende Feldesabgabe in den einzelnen Bundesländern (Bundesrepublik) Tab. 14: Förderabgabe: Abgabensätze nach den Landesverordnungen über Feldes- und Förderabgabe, 1982/83 (Bundesrepublik)
167
Tab. 15: Förderabgabe: Ermäßigungen für schwierige Förderverhältnisse und neue und aufwendige Verfahren (Bundesrepublik) 1983
170
162
Tab. 16: Feldes-und Förderabgabe in Niedersachsen, Stand 1986
171
Lab. 17: Feldes-und Förderabgabe in Schleswig-Holstein, Stand 1986
173
Tab. 18: Aufkommen aus Förderzinsen und Förderabgaben in den einzelnen Bundesländern, 1970-1985 (Bundesrepublik)
179
Verzeichnis der Abbildungen Abb.
1: Absolute Rohstoffrente unter Vernachlässigung des Zinssatzes . . .
Abb. 2: Absolute Rohstoffrente im Hotelling-Modell Abb.
3: Zusammenhang zwischen Preissteigerungsrate und Anfangspreis bei gleichgewichtigem Abbaupfad
Abb. 4: Neutralität der Rentenabgabe Abb.
41 46 55 58
5: Optimale Abbaumenge für ein Erzbergwerk mit Vorräten von 5 Mio. t Roherz
Abb. 6: Produktion bei eingeschränktem Gewinnstreben
67 69
Abb. 7: Cash flow Zeitprofil von Erdölprojekten
84
Abb.
90
8: Das Erwartungsnutzenmodell
Abb. 9: Risikonutzenfunktion im Domar-Musgrave-Modell
92
Abb. 10: Tarif der Ertragsratensteuer
104
Abb. 11: Struktur der U K Petroleum Revenue Tax
126
Ι . Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben 1. Bergregal und Bergzehnt
Spezielle öffentliche Abgaben auf die Rohstoffgewinnung gibt es seit altersher. Im ägyptischen Reich gehörten Boden und Bodenschätze den Königen, die die Nutzungsrechte gegen Naturalabgaben verpachteten. Schon 3000 v. Chr. erhoben die Pharaonen für die Ausbeutung der Goldminen in Oberägypten laufende Abgaben.1 In Griechenland warder Staat Eigentümer der Mineralvorkommen. Der athenische Staat besaß große Grubenfelder, die er Privaten gegen ein einmaliges Einstandsgeld und gegen eine laufende Abgabe in Höhe von ein Vierundzwanzigstel des Bruttoertrags zur Ausbeutung überließ.2 Im römischen Reich unterschieden sich die Rechtsverhältnisse in Italien und in den Provinzen. In Italien und in einigen privilegierten Territorien der Provinz besaßen die privaten Grundbesitzer zugleich das Mineralgewinnungsrecht (ausgenommen Gold und Silber). In den Provinzen befanden sich dagegen Boden und Bodenschätze im Staatseigentum. Die Bergwerke wurden in eigener Regie betrieben oder verpachtet. Im Mittelalter sind die Bergwerksabgaben eng mit dem Bergregal verknüpft. Das Bergregal bildete sich im Frühmittelalter heraus, wurde mit der Ronkalischen Konstitution Friedrich des I. von 1158 als kaiserliches Recht allgemein anerkannt und gelangte im 13. und 14. Jahrhundert mit der Entstehung der Territorialstaaten und der Übertragung der Regalrechte auf die Kurfürsten 3 (bestätigt durch die Goldene Bulle von 1356) — und später nach dem Westfälischen Frieden (1648) auf alle Reichsstände (Adel, Geistlichkeit und Stände) — zur vollen Ausbildung. Das Wesen des Bergregals ist darin zu sehen, daß dem Souverän ein ausschließliches Verfugungsrecht über bestimmte Mineralien ohne Rücksicht auf die rechtliche Zuordnung der Bodenoberfläche zusteht.4 Die Mineralien können nur mit seiner Zustimmung oder durch ihn selbst gewonnen werden. Das Recht zur Nutzung der Oberfläche, einschließlich der oberflächennahen Vorkommen, ist von der Abbauberechtigung getrennt. 1
Livingstone, 1979, S. 63. Arndt, 1882, S. 21. 3 von Böhmen, Brandenburg, der Pfalz und Sachsen sowie der Erzbistümer Köln, Mainz und Trier. 4 Reimnitz, 1976, S. 10. 2
I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
14
Das Bergregal bedeutete anfangs nur, daß Bergbau auch auf eigenem Grund nicht ohne königliche Erlaubnis betrieben werden durfte. 5 Die Gewinnungserlaubnis bezog sich zunächst nur auf die Grundeigentümer. Sollte sich der Bergbau auf fremdem Boden abspielen, mußten sich Grundeigentümer und Inhaber der Erlaubnis einigen. Der Regalherr konnte sich nicht über den Willen des Grundeigentümers hinwegsetzen. Das änderte sich im 13. und 14. Jahrhundert. Den Landesfürsten, die ein starkes finanzielles Interesse am Bergbau hatten, gelang es, dem Bergbau den Vorrang vor dem Grundeigentum zu verschaffen. Sie gingen dazu über, „in Kraft des Regals" den Bergbau in bestimmten Gebieten für frei zu erklären. Begünstigt wurde diese Entwicklung dadurch, daß die Regalherren zugleich die bei weitem bedeutendsten Grundherren waren und mineralhaltige Grundstücke meist in landwirtschaftlich kaum nutzbaren Gegenden oder in Neusiedeiland lagen. Jeder durfte nach Bodenschätzen suchen („schürfen"), und jeder hatte bei Fündigkeit Anspruch auf Verleihung des Abbaurechts. Der Anspruch auf Zulassung des Abbaues bestand sowohl gegenüber dem Regalherrn als auch gegenüber dem Grundherrn (Bergbaufreiheit). So eröffnete sich für jedermann die Möglichkeit, Bergbau zu treiben. Es entstand die neue Schicht der freien Bergleute. Der Bergbau wurde frei von willkürlichen Maßnahmen der Regal- und Grundherren. Das Gewinnungsrecht wurde in der Regel unbefristet verliehen; es war vererblich und durch Kauf, Tausch oder Schenkung übertragbar. Es fiel an den Regalherrn zurück, wenn die Produktion nicht aufgenommen oder nicht regelmäßig betrieben wurde. Die Grundeigentümer erhielten ein Entschädigungsrecht, zumeist in Gestalt einer Beteiligung am Ertrag. Die Bergbaufreiheit konnte sich freilich nicht uneingeschränkt und überall durchsetzen. Nicht alle Gebiete und Mineralien wurden für frei erklärt. Die Landesfürsten behielten häufig die reichsten Gruben und die lohnendsten Mineralien für sich. So wurde zum Beispiel die Salzgewinnung typischerweise nicht für frei erklärt. Daß große Gebiete ausgenommen waren, bezeugt der umfangreiche Staatsbergbau in Deutschland und Österreich. Bis ins 20. Jahrhundert hinein befand sich der Bergbau in Preußen (Oberschlesien, Saarbrücken, Straßfurt, Hart) und in Württemberg weitgehend bzw. fast vollständig in staatlicher Hand. Für die Abtretung des Abbaurechts an Grundeigentümer und freie Bergleute forderte der Regalherr eine Abgabe, den Bergzehnten. Der Zehnte hatte den Charakter eines Preises, er war keine Steuer.6 Die Abgabe wurde daher auch nur von den regalen Mineralien und nicht von den Grundeigentümermineralien erhoben. Bemessungsgrundlage ist der Wert der geförderten Rohstoffe loco Grube. Aufbereitungs- und Transportkosten sind vom Ver5 6
Reimnitz, 1976, S. 20 ff. Arndt, 1882, S. 28 f.
1. Bergregal und Bergzehnt
15
kaufspreis abzugsfähig. So heißt es im Allgemeinen Landrecht von 1794 in Teil II, 16. Titel, 4. Abschnitt: „§ 98. Von allen zum Bergwerksregal gehörenden Metallen und Mineralien, welche die Beliehenen gewinnen, gebührt dem Staate der Zehnt. § 99. Zu den Berggewinnungskosten dieser Metalle und Mineralien trägt der Staat wegen seines Zehnten nicht bei. § 100. Es muß also von Bergprodukten, welche so, wie sie aus der Erde gebracht werden, ohne weitere Zurichtung verkauft werden können, der Zehnt in Natur, oder das dafür gelöste Geld ohne Abzug sofort entrichtet werden. § 101. Bei metallischen und mineralischen Werken hingegen, deren Produkte durch Feuer oder andere Zurichtung erst verkäuflich gemacht werden müssen, trägt der Staat zu den Poch-, Wasch-, Hütten- oder sonstigen Zubereitungskosten, nach Verhältnis seines Zehnten bei."7 Bemessungsgrundlage ist also der Gewinnungspreis, der Wert der Rohstoffe, so wie sie dem Boden entnommen werden. Die Abgabe soll sich als Preis für die Überlassung des Nutzungsrechts nach dem Wert des Rechts bzw. der Rohstoffe in situ richten, was allerdings nur ansatzweise gelingt, weil die Gewinnungskosten selbst nicht abzugsfähig sind. Das Aufkommen aus dem Zehnten fließt in den allgemeinen öffentlichen Haushalt und dient dem Gemeinwohl. Das Bergregal zählte zwar zu den niederen Regalien, war aber dennoch mehr als ein bloßes persönliches Finanzrecht des Landesherrn. Es war ein Instrument der Regierungsgewalt zur Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlichen Wohls,8 eine Funktion, die allerdings in der Zeit des Absolutismus deutlicher in den Vordergrund tritt. In Großbritannien ging das Bergregal der Krone mit dem Erstarken des Parlaments an die Grundherrn verloren. 9 Der vieljährige Streit um das Bergregal fand seinen Höhepunkt in dem unter Königin Elisabeth im Jahr 1568 von der Krone gegen den Earl of Northumberland geführten, als Great Case of Mines berühmt gewordenen Prozeß, wurde mit den Gesetzen König Wilhelms III. und Marias II. von 1689 und 1694 fortgesetzt — ein Anspruch der Krone auf Kupfer-, Zinn-, Blei-und Eisenerzvorkommen wurde grundsätzlich verneint — und endete, indem die Krone nur das Recht an den Edelmetallen Gold und Silber (royal mines) behielt. Gold und Silber waren die wichtigsten Bestandteile des Hartgeldes, so daß zur Absicherung des Münzregals das Bergregal an diesen Mineralien unverzichtbar erschien. Die Grundherrn erhielten für alle anderen Mineralien (base mines) das Recht am Boden bis in die ewige Teufe. Sie besaßen auch das alleinige Schürfrecht und das für den Bergbau wichtige Waldnutzungsrecht. Sofern die Bodenschätze nicht selbst ausgebeutet wurden, wurde die Nutzung anderen gegen einen festen Pachtzins (für die Bodenoberfläche) und einen Förderzins (royalty) überlassen. 7 8 9
Zitiert bei Willecke, 1981, S. 1340. Reimnitz, 1976, S. 9. Herr, 1952, S. 105 ff.
I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
16
In allen anderen europäischen Ländern konnten die Landesherrn ihr Verfügungsrecht über die Bodenschätze behaupten. Im deutschen Rechtsgebiet verstärkte sich der Einfluß des Staates auf die Bergwerke. Insbesondere seit Ende des 15. Jahrhunderts enthalten die Bergordnungen detaillierte Betriebsvorschriften. Während der Zeit des Absolutismus und Merkantilismus stand der Bergbau unter der Direktion des Staates (Direktionsprinzip). Diese Entwicklung wurde durch den seit Ende des 16. Jahrhunderts einsetzenden Niedergang des Bergbaus begünstigt, der die Landesherrn aus sozialen Gründen zur Zahlung von Zuschüssen und zum Aufkauf unrentabler Gruben zwang. Den Höhepunkt erlebte sie im Bergrecht des Allgemeinen Preußischen Landrechts von 1794. Die Leitung der Bergwerke wurde den Bergämtern übertragen. Die Gewerken waren nicht mehr an der Geschäftsführung beteiligt. Sie waren nur Geldgeber und trugen das Risiko. Für die Leistungen der Staatsbeamten wurden besondere Gebühren (Quatembergelder) erhoben, die der Unterhaltung der Bergämter dienten. Die zahlreichen Abgaben des privaten Bergbaus an den Staat (Zehnte, Quatembergelder, Rezeßgelder — sie mußten gezahlt werden, um das Mineralgewinnungsrecht zu behalten — Freikuxe) und an die Grundbesitzer und die Knappschaftskasse beliefen sich in Preußen auf etwa 15 bis 20 Prozent des Ertrags loco Grube, eine Belastung, die sehr hoch war und gegenüber der Konkurrenz der staatlichen Bergwerke und des Auslands nur verkraftet werden konnte, weil der Staat selbst die Preise hoch hielt und durch Zölle einen Schutz nach außen — insbesondere für den Steinkohlenbergbau durch das Zollschutzgesetz vom 20. Mai 1818 — bot. 10
2. Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
Mit der französischen Revolution beginnt ein neuer Abschnitt der Bergrechtsgeschichte. Zugleicht entsteht in dieser Zeit das fiir das 19. Jahrhundert charakteristische Ertragsteuersystem, aus dem dann Ende des Jahrhunderts die moderne persönliche Einkommensteuer hervorgeht. Die Durchsetzung der liberalen Ideen führt zur Abschaffung des Bergregals und zur Ersetzung des Zehnten durch eine Nettoertragsabgabe, die nicht mehr als Preis für das Mineralgewinnungsrecht, sondern als spezielle Gewerbesteuer aufgefaßt wird und die dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschwindet, weil nun auch der verliehene Bergbau der allgemeinen Gewerbesteuer unterworfen wird. In der Nationalversammlung (1791) setzten sich die Physiokraten für die Überführung des Mineralgewinnungsrechts in das Grundeigentum ein, andere — unter der Führung des Grafen Mirabeau — forderten „'que les 10
Arndt, 1882, S. 37.
2. Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
17
mines et les minières sont à la disposition de la nation".11 Die Forderung nach Beibehaltung der Trennung von Boden- und Bergbauberechtigung und Einführung eines modernen Konzessionssystems siegte. In seiner Rede vor der verfassungsgebenden Versammlung hob Mirabeau die (allokationstheoretischen) Vorteile einer Trennung der Rechte in überzeugender Weise hervor: „Wenn das allgemeine Interesse und die Gerechtigkeit die beiden Fundamente des Eigenthumes sind, so verlangt weder das Gemeinwohl noch die Billigkeit, daß die Bergwerke ein Accessorium der Oberfläche bilden. Das Innere der Erde ist keiner Theilung fähig, die Fossilien in ihrem unregelmäßigen Vorkommen sind dies noch viel weniger. Was die Oberfläche anbetrifft, so verlangt das Interesse der Gesellschaft, daß das Eigenthum getheilt sei, im Innern der Erde muß dasselbe dagegen vereinigt werden. Demgemäß würde eine Gesetzgebung, welche zwei Arten des Eigenthums in Abhängigkeit der einen Art von der anderen zuließe, und folgeweise die eine schon dadurch allein nutzlos machte, daß ihr die andere zur Grundlage und zum Maßstab diente, geradezu thöricht sein."12 Insofern änderte sich an den Rechtsverhältnissen nichts. Aufgegeben wurde aber mit dem französischen Berggesetz von 1791 die Vorstellung eines originären staatlichen Eigentums an den Bodenschätzen. Der Staat besaß nun lediglich einen Verleihanspruch. Bodenschätze galten zwar als Bestandteil des Grundeigentums und nicht als herrenlose Sache, Bergbau konnte aber nur kraft staatlicher Konzession betrieben werden. Auf diese Weise galt weiterhin die Trennung von Abbauberechtigung und Grundeigentum und war es möglich, die Interessen aller Beteiligten — der Allgemeinheit, der Bergwerksunternehmen und der Grundeigentümer — zu wahren. Für die Verleihung des Rechts wurden keine öffentlichen Abgaben erhoben, jedoch konnte dem Konzessionär zugunsten des Grundeigentümers eine Abgabe auferlegt werden.13 Grundsätzlich bestand Schürffreiheit. Wenn der Grundeigentümer nicht mit der Explorationstätigkeit auf seinem Grund und Boden einverstanden war, mußte die staatliche Genehmigung eingeholt werden, wobei zuvor die Entschädigungsfrage zu regeln war. Der Finder konnte allerdings keinen Rechtsanspruch geltend machen, und die Verleihung stand im Ermessen des Staates, wobei für ihn allein das öffentliche Wohl und die Lage des einzelnen Falles maßgebend waren. Der Finder bekam die Schürfkosten ersetzt und wurde für den Fund entschädigt.14 In Preußen, dessen Gesetzgebung richtungsweisend für die anderen deutschen Staaten war, setzten sich ähnliche Grundsätze durch. Das Direktionsprinzip, das sich angesichts der guten Erfolge relativ lange halten konnte,15 11 12 13 14 15
Arndt, 1882, S. 30. Zitiert bei Achenbach, 1862, S. 66. Arndt, 1909 I, S. 744. Reimnitz, 1976, S. 60. Treue, 1960, S. 360.
2 Cansier
18
I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
wurde durch das Miteigentümergesetz von 1851 und durch das Freizügigkeitsgesetz von 1860 (keinerlei Einfluß des Staates mehr auf die Einstellung und Entlassung von Arbeitskräften) aufgehoben. Alle Schlußfolgerungen der damals herrschenden liberalen Anschauungen zieht das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten von 1865. Die Idee der Bergbaufreiheit setzte sich in sehr weitgehender Form durch (Schürffreiheit bei Zustimmung und Entschädigung des Grundeigentümers mit Entscheidungskompetenz des Oberbergamts, wenn keine Einigung zustande kam; Rechtsanspruch auf Verleihung des — neu eingeführten grundstücksgleichen — privaten Bergwerkseigentums unter sehr liberalen Bedingungen und Vorrecht des Erstfinders). Da das öffentliche Wohl als Funktion der ungestörten Interessenverfolgung aller einzelnen begriffen wurde, galt nun derjenige, der Bodenschätze entdeckte und in der Lage war, sie ordnungsgemäß auszubeuten, als der originär Berechtigte. Anders als in Frankreich wurden die bergfreien Mineralien als herrenlose Sachen begriffen. Der Staat selbst hatte an ihnen keinerlei Rechte.16 Mit dieser neuen Rechtsauffassung vertrug sich eine Abgabe, die als Preis für die Gestattung des privaten Bergbaus aufgefaßt werden konnte, nicht mehr. Herrenlose Sachen darf sich jeder aneignen. Als bergfreie — ehemals regale — Mineralien nennt das Gesetz in § 1 (1) Gold, Silber, Quecksilber, Eisen ohne Raseneisenerze, Blei, Kupfer, Zinn, Zink, Kobalt, Nickel, Arsenik, Mangan, Antimon, Schwefel, Alaun- und Vitriolerze, (2) Steinkohle, Braunkohle und Graphit, (3) Steinsalz und Solquellen. In den Landesteilen Preußens, die dem Provinzrecht unterlagen, standen einige dieser Mineralien den Grundeigentümern zu (Stein- und Braunkohle in den vormals zum Königreich Sachsen gehörenden Landesteilen — in Sachsen zählten die Kohlen traditionell zu den Grundeigentümermineralien —, Eisenerze in Schlesien, Neupommern und in den Hohenzollernschen Landen, Salz und Solquellen in Hannover. Ebenso verlor der Zehnte im französischen Konzessionssystem seine Rechtfertigungsbasis. Er erhielt den Charakter einer speziellen Gewerbesteuer. Ziel der Steuerreform war es nach der Revolution, alle Personen gleich zu behandeln und jeden Staatsbürger „nach seinen Möglichkeiten" zu besteuern. Da die Ermittlung der Einkommen zu schwierig war, kamen Steuern zur Anwendung, die die Ertragsfähigkeit erfassen sollten. Es wurde die Grundsteuer verbessert (1790) und neben der Personal- und Mobiliarsteuer (1791) und der Fenster- und Türsteuer (1798) eine allgemeine Gewerbe-(Patent-)Steuer eingeführt (erstmalig 1791, endgültig 1798).17 Die 16
Reimnitz, 1976, S. 66. Die Grundsteuer knüpft mit der Bodenfläche, der Bodenbonität und dem Mietwert der Gebäude als Bemessungsgrundlage an äußere Ertragsmerkmale an. Die Personalsteuer ist eine kommunale Kopfsteuer. Sie wird ergänzt durch die Mobiliarsteuer, eine proportionale Steuer auf den Mietwert möblierter Wohnungen. Ziel dieser beiden Steuern — die ältere in ihren Belastungswirkungen willkürliche Steuern ablösten — war es, die nicht aus 17
2. Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
19
Gewerbesteuer bestand aus einer festen Abgabe — die nach Gewerbearten, Ortsklassen und später auch nach Betriebsumfang differenziert war — und einer proportionalen Steuer auf den Mietwert der Räume für den Gewerbebetrieb in Höhe von 10 %, 12,5 % und 15 %. Die verliehenen Bergwerke hatten zwar die allgemeine Grundsteuer zu zahlen — und zwar für die in Anspruch genommene Bodenoberfläche —, sie waren aber im Gegensatz zum Grundeigentümerbergbau von der Gewerbesteuer befreit. Der Zehnte galt als Ersatz für die Gewerbesteuer. Es war nicht die Intention des Gesetzgebers, den Bergbau höher zu belasten als andere Gewerbezweige. Die Konzeption des Mietwerts war für den Bergbau untauglich. Eine Reform des Systems der Bergbauabgaben brachte das Berggesetz vom 21. April 1810. Zum einen wurden die mannigfaltigen sonstigen speziellen Abgaben aufgehoben und durch eine feste Feldesabgabe (10 Francs je Quadratkilometer des konzessionierten Grubenfeldes) ersetzt. Außerdem wurde der Zehnt in eine Reinertragsabgabe (5 %) umgewandelt. Die Aufspaltung in eine feste und eine proportionale Abgabe orientierte sich an der Gewerbesteuer. Anders als dort ging man hier aber schon dazu über, den Reinertrag direkt zu besteuern. Die Sonderbehandlung des Bergbaus blieb bis ins 20. Jahrhundert bestehen. Heute werden in Frankreich folgende spezielle Bergbauabgaben erhoben: 1) als Staatssteuern die feste (Feldes-) Abgabe gemäß Artikel 234 des Allgemeinen Steuergesetzes und — für die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen — die progressive (Mengen-) Abgabe nach Artikel 31 des Berggesetzes, 2) als Steuern der Gemeinden und Departements die Gemeinde- und Landesabgaben nach Artikel 1519 und 1587 des Allgemeinen Steuergesetzes, wobei diese beiden (festen Mengen-) Abgaben die Gewerbesteuer ersetzen. Die deutschen Staaten übernahmen das duale System, hielten aber teilweise — wie Preußen — am „Bruttozehnt" fest und schafften schließlich nach Einführung der allgemeinen Gewerbesteuer die proportionale Sondersteuer ab. Bayern, Sachsen und Österreich erhoben eine Reinertragsabgabe. In den Reformdiskussionen spielte die Frage nach der richtigen Bemessungsgrundlage der Förderabgaben eine wichtige Rolle. Die Vor- und Nachteile von Brutto- und Reinertragsabgaben wurden deutlich gesehen. Der Begründung des Gesetzentwurfs zur Aufhebung der österreichischen Bergwerksfrohne (Förderabgabe auf den Wert loco Grube) ist aus moderner Sicht wenig hinzuzufügen, wenn es dort heißt: Die Beibehaltung der Bruttoabgabe würde „eine fortwährende Verletzung der Gerechtigkeit sein (ungleichmäßige Belastung von Unternehmen mit unterschiedlich hohen Gewinnen und Verlusten, D. C.) und mit den Grundsätzen einer richtigen VolkswirthGrundbesitz herrührenden Einkünfte ebenso einer regelmäßigen direkten Steuer zu unterwerfen. Die Tür- und Fenstersteuer belastete zusätzlich zur Grundsteuer Wohnungen und Wohngebäude. Sie hing von der Anzahl und Art der „Öffnungen" ab und war nach der Ortsgröße differenziert. Vgl. Wagner, 1889, S. 434 ff. τ
20
I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
schaftspflege im Widerspruche stehen (Beeinträchtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und negative Allokationseffekte, D. C.). Dadurch, daß sie vom Bruttoertrag . . . zu entrichten ist, wird sie in vielen Fällen (Unternehmen mit geringen Gewinnen und mit Verlusten, D. C.) für selbige eine erdrückende Last, indem sie allmälig das diesen Unternehmungen gewidmete Kapital selbst verschlingt (eine bereits krisenhafte Lage wird durch den Staat verschlimmert, D. C.). Es muß daher diese Steuer allerdings als eine Fessel des Aufschwungs des Bergbaus in den österreichischen Staaten bezeichnet werden, und es läßt sich mit Zuversicht erwarten, daß, wenn unter Aufhebung der Bergwerksfrohne die Bergwerksunternehmen durch ihre Belegung mit einer Steuer von fünf Prozent ihres Reinertrags in der Besteuerung mit den übrigen industriellen Unternehmungen der Monarchie gleichgestellt werden, Kapital und Intelligenz sich mehr und mehr zu solchen Unternehmungen wenden werden, um die Bodenschätze, mit denen die Monarchie so reichlich gesegnet ist, zu Tage zu fördern (Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Faktorallokation durch Beseitigung künstlicher steuerlicher Verzerrungen, D. C.). Der von einer gerechten Besteuerung zu erwartende Aufschwung des Bergbaus kann aber auch nicht verfehlen, für die übrigen Zweige der Industrie, indem er ihnen wohlfeile Roh- und Hilfsstoffe sowie die Möglichkeit verschafft, der Conkurrenz des Auslandes das Gleichgewicht zu halten, die ersprießlichsten Folgen herbeizuführen, und es muß dieser Aufschwung in verhältnismäßig kurzer Zeit durch seine vortheilhaften Rückwirkungen auf die Hebung der Industrie und des allgemeinen Wohlstandes wohl auch die Finanzen reichlichen Ersatz für den Entgang gewähren, welchen die Aufhebung der Bergwerksfrohne in der Gegenwart mit sich bringt." 18 In einem Bericht des zuständigen Reformausschusses werden diese Überlegungen mit Blick auf das besondere Risiko des Bergbaus weiter ausgeführt. Eine Bruttoabgabe sei gerade im Bergbau besonders ungerecht und ökonomisch schädlich: „Es giebt keine Unternehmung, welche von so zweifelhaftem Erfolg begleitet ist, wie der Bergbau; hier erscheint er ein müheloser glücklicher Fund, dort erfordert schon die Aufsuchung von Minerallagerstätten, noch mehr aber deren Ausrichtung zur Ausbeute Zeit, Mühe, umfassende Kenntnisse und große Kapitalien; in noch mehr Fällen bleiben alle Anstrengungen ohne Erfolg; und ohne Rücksicht auf so ungleiche Erfolge der Arbeit und der Vorauslagen, ohne Rücksicht auf die meistens nur allmälige Entwicklung der Unternehmung, ohne Rücksicht auf die Größe der für das Unternehmen gebrachten Opfer und daran gewandte Auslagen wird von der Finanzverwaltung die Frohne gefordert und eingehoben, selbst den Fall nicht ausgenommen, wenn bei Einbußzechen (Verlustbetrieben, D. C.) die Produktionskosten erwiesenermaßen weit größer als die produzirten Werthe." 19 Nur gelegentlich wurde bei Verlusten die „Zehntnachsicht" 18 ,y
Zitiert bei Brassert und Achenbach, 1862 I, S. 8 f. Zitiert bei Brassert und Achenbach, 1862 II, S. 279.
2. Die Entwicklung im 19. Jahrhundert
21
gestattet. Daß die zu besteuernden „Reinerträge" weitgehend dem echten Gewinn entsprachen, ersieht man aus dem Bayerischen Gesetz, die Abgaben von Bergwerken diesseits des Rheins betreffend, vom 1. Juli 1856. In diesem Gesetz werden die abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Ausgaben erschöpfend aufgezählt. Abzugsfähig sind alle wichtigen Kosten, auch die Reinertragsabgabe selbst sowie die Grund- und Haussteuern.20 Im deutschen Rechtsgebiet geht der „Zehnte" ab Mitte des 19. Jahrhunderts in der Gewerbesteuer auf (in Österreich 1862, in Sachsen 1865, in Bayern 1869 und in Württemberg, Baden und Hessen in den 70er Jahren). In Preußen, wo wie andernorts auch die spezielle Bergwerksabgabe anstelle der 1810 eingeführten Gewerbesteuer erhoben wurde, wurde die Steuer stufenweise herabgesetzt. Dies geschah vor allem unter dem Eindruck der aufkommenden ausländischen Konkurrenz. So beschloß die Nationalversammlung 1848 eine Ermächtigung für die Staatsregierung, provisorisch die Bergwerksabgaben bis zu 5 % des Ertrages zu senken, „wenn sonst die Gewerken zur Einstellung oder zur Verminderung ihrer Arbeiten genöthigt sein würden." 21 1851 wurde die Abgabe in den rechtsrheinischen Gebieten auf den Zwanzigsten ermäßigt, zugleich wurden die mannigfaltigen sonstigen Abgaben — insgesamt 24 — durch eine Aufsichtsteuer in Höhe von 1 % des Ertrages ersetzt.22 Ab 1862 traten weitere Steuersenkungen in Kraft, so daß ab 1865 alle verliehenen Bergwerke nur noch der Förderabgabe und der Aufsichtsteuer von jeweils 1 % unterlagen. Vom Eisenerzbergbau wurde nur die Aufsichtsteuer erhoben. Der Grundeigentümerbergbau unterlag nicht diesen Steuern. In den linksrheinischen Gebieten wurde später mit der Aufhebung der französischen Steuern eine ähnliche Regelung — eine zweiprozentige Steuer vom Wert der Produktion — eingeführt. Die Aufsichtsteuer hatte nichts mit der Überlassung des Mineralgewinnungsrechts zu tun, sie war eine Abgabe für die Leistungen der öffentlichen Verwaltung. Die speziellen Bergwerksabgaben wurden schließlich im Rahmen der Miquelschen Finanzreform durch das „Gesetz wegen Aufhebung direkter Steuern" vom 14.7.1893 mit Wirkung ab 1895 „außer Hebung gesetzt". Anlaß für die Abschaffung 2,1
Brassert und Achenbach, 1862 II, S. 284. Arndt, 1882, S. 38. 22 Bis zum Miteigentümergesetz von 1851 bestanden beispielsweise für den Ruhrkohlenbergbau folgende Steuern: der Zehnte, Freikuxgeld von 2 2/9 Pfg. auf die Tonne abgesetzte Kohle, Quatembergeld in Höhe von 4 4/9 Pfg. pro geförderte Tonne Steinkohlen, Rezeßgelder in Höhe von 7 Sgr. 6 Pfg. pro Grube und 15 Sgr. pro Erbstollen, Gedingegeld (Gebühr an das Bergamt für seine Leistung beim Abschluß der Gedinge — Das Aufkommen überstieg weit die Verwaltungskosten, so daß es steuerlichen Charakter hatte). Die ersten beiden Steuern flössen in den allgemeinen Haushalt, die letzten drei Abgaben waren an die Bergamtskasse zu entrichten. In Prozent des Gesamterlöses machte die Belastung etwa 12,7 % aus. Vgl. Holtfrerich, 1973, S. 35 ff. Vgl. zur durchschnittlichen Belastung der Ruhrkohlenzechen mit Bergwerksabgaben und Steuern Tab. 1. 21
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I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
war die Änderung der Finanzverfassung, nach der der Preußische Staat zugunsten der Kommunen auf die Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer) verzichtete und dafür die Einkommensteuer erhielt. Der tiefere Grund für die Aufhebung war, daß mit dem Untergang der Idee des Bergregals die Basis für die Erhebung des Bergzehnten verlorengegangen war und eine Sonderstellung des Bergbaus im Rahmen der allgemeinen Gewerbesteuer nicht geboten erschien. Als wichtigste Gründe für die Abschaffung der Förderabgabe wurden vom Gesetzgeber angeführt: (1) „Seitdem der Bergbau nicht mehr Gegenstand des Regals ist und die hiervon zu entrichtenden Abgaben den Charakter von Regalabgaben verloren und die reine Steuernatur angenommen haben, müssen sie auch nach allgemeinen steuerlichen Rücksichten behandelt werden."23 (2) Den Kommunalverbänden soll die volle Ausschöpfung ihrer neuen Steuerquellen nicht vorenthalten werden, zumal ihnen durch die Bergbaubetriebe hohe Aufwendungen entstehen. (3) Die Erhebung der Gewerbesteuer als zusätzliche Steuer neben der Förderabgabe hättte „gegen die Grundsätze gerechter Steuerverteilung" verstoßen und wäre auch aus gesamtwirtschaftlichen Gründen, insbesondere angesichts der ausländischen Konkurrenz, nicht vertretbar gewesen.24 Die Rechtfertigung der Aufsichtsteuer entfiel ebenfalls mit der Einbeziehung des Bergbaus in die Gewerbesteuerpflicht, denn die Gewerbesteuer, die neben der Einkommensteuer erhoben wurde, wurde selbst mit der Idee der Anlastung der dem Staat durch die Betriebe entstehenden Kosten (Äquivalenzprinzip) begründet. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Unter dem Einfluß des Liberalismus und der Herausbildung eines modernen Ertrag- und Einkommensteuersystems verschwand in Frankreich und in den deutschsprachigen Ländern im Laufe des 19. Jahrhunderts der Zehnte als Preis für die staatliche Überlassung des Abbaurechts an Private. Solange es den Zehnten noch gab, wurde er als Ersatz für die allgemeine Gewerbesteuer angesehen. Der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts ist die Vorstellung fremd, daß im Bergbau aufgrund der naturbedingten Knappheit der Rohstoffe Sondergewinne erzielt werden, die eine überdurchschnittlich hohe Belastung mit öffentlichen Abgaben rechtfertigten. Auch für Aufsichtsteuern war seit der Einführung des kombinierten Systems von Einkommen- und Gewerbesteuer kein Platz mehr. Beibehalten wurden dagegen die Feldesabgaben. Ihr wichtigster Zweck war es, „ein Gegenmittel für ungebührliche Feldesoccupationen zu bilden, welche, da sie einer Feldessperre gleichkommen, aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht unterstützt werden dürfen und möglichst verhindert werden müssen."25 23
Preußischer Gesetzentwurf vom 2. November 1892, in: Finanzarchiv 4893, S. 340. ' Preußischer Gesetzentwurf vom 2. November 1892, in: Finanzarchiv 1893, S. 339 f. 25 Hahn, 1869, S. 335. :
3. Das Wiederaufleben der Idee des Zehnten
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Tabelle 1 Belastung der Steinkohlenzechen des Ruhrgebiets mit Bergwerksabgaben und Steuern 1816-1913 (in Prozent vom Absatzwert der Kohle) Bergwerksabgaben
Steuern
Summe
0,5
13,5
9,5
0,5
10
1852-1861
6
0,5
6,5
1862
5
1
6
1863
4
1
5
1864
3
1
4
1865-1894
2
1
3
2
2
1816-1850 1851
1895-1913
13
—
Quelle: Holtfrerich, 1973, S. 40.
3. Das Wiederaufleben der Idee des Zehnten
Die Bergfreiheit förderte zwar nachhaltig den Aufschwung des Bergbaus, führte um die Jahrhundertwende aber auch zur geballten Aneignung und Hortung von Schürf- und Abbaurechten durch die großen Gesellschaften, insbesondere im Kohlen- und Kalibergbau, so daß die Gefahr einer monopolistischen Beherrschung dieser Bergbauzweige bestand.26 Der preußische Gesetzgeber antwortete hierauf zunächst mit der sog. lex Gamp vom 5. Juli 1905, die eine zweijährige Mutungssperre für Steinkohle und Kalisalze einführte. 1907 wurde dann für den Steinkohlen- und Kalibergbau als neue Rechtsform der (unechte) Staatsvorbehalt eingeführt, der Aufsuchung und Gewinnung dem Staat vorbehielt und damit das System der Bergfreiheit für diese Mineralien abschaffte. Der preußische Gesetzgeber begründete die Reform damit, „daß das Großkapital sich mit Vorliebe auf die Aufsuchung und Mutung der Steinkohle und der Salze . . . geworfen hat. Diese . . . haben daher geradezu ein Monopol in Beziehung auf den Erwerb von Bergwerkseigentum an Steinkohle und Salzen erlangt, und es sind ihnen durch ihre Betätigung auf diesem Gebiet vielfach Gewinne zugeflossen, die außer jedem Verhältnis zu der von ihnen entfalteten Tätigkeit und dem übernommenen Risiko standen."27 Der Staat wollte durch die Gesetzesänderung sicherstellen, „daß die Bergbaufreiheit auch tatsächlich der Gesamtheit zugute komme 26
Jakob, 1980, S. 44 f. Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juli 1865. Zitiert nach Jakob, 1980, S. 48 f. 27
24
I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
und nicht zu einer Quelle unverhältnismäßig hoher Gewinne für wenige bevorzugte Kreise ausarte."28 In der Folgezeit wurde der Staatsvorbehalt auch in den anderen deutschen Staaten eingeführt und auf andere Mineralien — so auch auf wichtige bislang den Grundeigentümern zustehende Rohstoffe, wie insbesondere Erdöl und Erdgas, deren volkswirtschaftliche Bedeutung zunehmend erkannt wurde — ausgedehnt. Bereits 1908 wurde im Großherzogtum Oldenburg das Recht am Erdöl dem Staat übertragen. 29 Als letzte Staaten folgten in Deutschland Preußen30 und Sachsen. In der preußischen Erdölverordnung werden als wichtigste Gründe für die Übertragung des Verfügungsrechts auf den Staat genannt: — „Wirtschaftlich ungerechtfertigte Bevorzugung der Grundeigentümer, auf deren Grund und Boden Erdöl angetroffen und gewonnen wird, ohne daß sie selbst fachlich und geldlich in der Lage wären, die Wechselfalle und Kosten eines solchen Betriebes auf sich zu nehmen."31 — Die Erschließung neuer unbekannter Rohstoffvorkommen sei für den Staat zu wichtig, als daß sie noch länger „davon abhängig gemacht werden darf, daß es dem Staat oder dem Unternehmer gelingt, dem Volksganzen förderliche Erdölgewinnungsverträge mit den berechtigten Grundeigentümern abzuschließen."32 — „Das Erdöl ist zudem regelmäßig nur in solchen Teufen anzutreffen, daß es einer natürlichen Auffassung widerspricht, das an sich unbegrenzte Verfügungsrecht des Oberflächeneigentümers auf ein seiner tatsächlichen Einwirkung entzogenes Erdölvorkommen zu erstrecken. Dies muß um so mehr gelten, als auch bei der Gewinnung von Erdöl niemals festzustellen ist, welchem oder welchen Grundstücken das flüssige Mineral entstammt."33 28 Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juli 1865. Zitiert nach Jakob, 1980, S. 48 f. 29 Arndt, 1909 I, S. 748. 3(1 Vgl. Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934. Mit dem Phosphoritgesetz vom 16. Oktober 1934 wurden auch die phosphathaltigen Mineralien dem Grundeigentum entzogen. Mit diesen Gesetzen wurde der echte Staatsvorbehalt eingeführt. Zwischen dem echten und dem unechten Staatsvorbehalt bestehen im wesentlichen nur rechtstechnische Unterschiede. Der unechte Staatsvorbehalt geht von der Konstruktion aus, daß sich der Staat selbst das Bergwerkseigentum verleihen lassen muß, um zum Abbau berechtigt zu sein. Beim echten Staatsvorbehalt ist er ohne weiteres, d. h. ohne Verleihung, zur Gewinnung und Übertragung des Nutzungsrechts àn Private befugt. 31 Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934, Begründung, S. 368. 32 Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934, Begründung, S. 368. 33 Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934, Begründung, S. 368.
3. Das Wiederaufleben der Idee des Zehnten
25
— Aufhebung der Rechtsverschiedenheit innerhalb Preußens, nachdem der Staatsvorbehalt für gewisse Gebiete in Preußen bereits mit Gesetz vom 22. Juli 1929 eingeführt worden war. 34 Von Bedeutung für die Änderung der Rechtsverhältnisse war auch, daß durch das Verfügungsrecht des Grundeigentümers die Rohstoffgewinnung erschwert und verteuert wurde. Auf diesen Aspekt wird vor allem in der Begründung des Bayerischen Gesetzes über die Graphitgewinnung vom 12. November 1937, das die seit 1899 wiederholt unternommenen Reformversuche zu einem Abschluß brachte, abgestellt. Es heißt dort: „Die Notwendigkeit, die deutschen Rohstoffquellen möglichst nachhaltig und wirtschaftlich auszunutzen, zwingt dazu, die Mißstände, die im Graphitabbau immer noch vorhanden sind, endgültig zu beseitigen. Diese Mißstände liegen vor allem darin begründet, daß im eigentlichen Graphitgebiet infolge der Genehmigung und der Parzellierung der Grundstücke ein Teil der graphithaltigen Grundstücke überhaupt nicht, ein Teil nur unter erheblichem Mehraufwand und nur unvollkommen ausgebeutet werden kann. Auch entstehen für Umgehungsanlagen und dgl. und für unverhältnismäßig hohe Grundeigentümerentschädigungen erhebliche Auslagen, die den wirtschaftlichen Abbau sehr erschweren und teilweise unmöglich machen."35 Die Rechtsordnung des Staatsvorbehalts knüpft gedanklich an das Bergregal an.36 Die originären Nutzungsrechte liegen beim Staat, der sie gegen Entgelt an Private übertragen kann. Die Übertragung geschah teils durch staatlichen Hoheitsakt, überwiegend aber durch Vertrag. 37 Obwohl gesetzliche Abgabenregelungen meist fehlten, 38 war es doch allgemeine Handhabung, daß für das Gewinnungsrecht ein laufendes Entgelt, der Förderzins, gezahlt wurde. 39 Die Idee des Zehnten setzte sich wieder durch. Allerdings hatte die Abgabe nun eher den Charakter eines vertraglich vereinbarten Preises (Förderzins). Förderzinsen gab es vor allem für Erdöl und Erdgas und für Salze und Eisenerze.40 Die Konzessionsverträge für Erdöl und Erdgas sahen über lange Zeit einen Förderzins in Höhe von 5 % des Werts ab Bohrloch vor. Die Bemessungsgrundlage war wie beim Zehnten der Verkaufspreis nach Abzug werterhöhender Aufbereitungs- und Transportkosten.41 Mit den Ölpreissteigerungen wurden auch die Förderzinsen 34
Erdölverordnung vom 13. Dezember 1934, Begründung, S. 368. Bayerisches Gesetz über Graphitgewinnung vom 12. November 1937, in: Zeitschrift für Bergrecht, 1937, S. 184. 36 Willecke, 1981, S. 1339. 37 Turner, 1970, S. 43. 38 Vgl. die Hinweise bei Wilke, 1970, S. 195. 39 Turner, 1970, S. 42 f. 40 Wilke, 1970, S. 195. 41 Willecke, 1981, S. 1339. 35
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I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
angehoben. Sie stiegen bis zum Erlaß des Bundesberggesetzes im Jahr 1980 auf 22 % an. Nach dem 2. Weltkrieg wurde mehrfach versucht, das stark räumlich und inhaltlich zersplitterte und mit der Konstruktion des Staatsvorbehalts umständliche deutsche Bergrecht zu reformieren. Mitte der 70er Jahre gab es acht Landesberggesetze, deren Geltungsbereich aber nur selten mit den jeweiligen Landesgrenzen übereinstimmte. Für Baden-Württemberg galten beispielsweise drei und für Niedersachsen vier Gesetze. Nach langen Beratungen und langwierigem Gesetzgebungsverfahren trat 1980 das Bundesberggesetz in Kraft. 42 Der Staatsvorbehalt wurde durch das rechtstechnisch elegantere Konzessionssystem ersetzt. Unter Konzession versteht das Gesetz die Zulassung eines Privaten zur Wahrnehmung einer hoheitlich geregelten Aufgabe, die im Interesse der Allgemeinheit durchgeführt werden muß. Wesentliches Merkmal ist das Tätigwerden im öffentlichen Interesse. Dafür ist es nicht erforderlich, daß eine bereits beim Staat vorhandene Rechtsposition übertragen wird. Mit dem Bundesberggesetz werden die Förderzinsen durch eine gesetzliche Förderabgabe abgelöst und wird die Abgabenerhebung auf alle „bergfreien" Bodenschätze ausgedehnt. Für das Schürfrecht wird die Feldesabgabe erhoben. Nicht abgabepflichtig sind die „grundeigenen" Bodenschätze, d. h. Rohstoffe im Eigentum des Grundeigentümers. Die bergfreien — staatlichen — Bodenschätze sind einzeln aufgelistet und umfassen praktisch alle Energieträger und metallischen Rohstoffe. Als grundeigene Bodenschätze bleiben dann vor allem Steine, Erden und einige Industrieminerale (ζ. B. Glimmer und Quarz). Ausgenommen sind auch bergfreie Mineralvorkommen, an denen alte Eigentumsrechte bestehen (das gilt vor allem für den Kohlenbergbau). Die Abgaben stehen den jeweiligen Bundesländern zu. Die Förderabgabe ist wie der Zehnte eine proportionale Abgabe auf den Marktwert der geförderten Rohstoffe loco Bohrloch/Grube. Feldes- und Förderabgabe haben nach dem Gesetz den Charakter öffentlich-rechtlicher Verleihungsgebühren. 43 Sie sind Entgelte für die Überlassung des exklusiven Nutzungsrechts an ökonomisch knappen Ressourcen.
4. Internationale Entwicklung
Auf internationaler Ebene ist die rechtliche Entwicklung wesentlich durch das französische und britische Bergrecht geprägt worden. Das Konzessionssystem des Code Napoleon von 1810 wurde frühzeitig Vorbild für die Bergrechtsordnungen nicht nur in den französischen Kolonien, sondern auch in 42 43
Bundesberggesetz, in: Zydek, 1980. Amtliche Begründung zum Bundesberggesetz, in: Zydek, 1980, S. 163.
4. Internationale Entwicklung
27
Spanien, Portugal, Belgien, Griechenland, der Türkei und anderen Ländern. 44 Es hat sich gegenüber der Ordnung des britischen Grundeigentümerbergbaus durchgesetzt. Auch in den Ländern, deren Rechtsordnungen vom Common Law geprägt worden sind — etwa so wichtige Bergbauländer wie Kanada, Australien und Südafrika — dominiert heute das Konzessionssystem. Für das Konzessionssystem ist kennzeichnend, daß sich die wichtigsten Mineralien in der Verfügungsgewalt des Staates befinden, der Staat zeitlich begrenzte Rechte zum Schürfen und zum Bergbau durch Verleihung vergibt und als Gegenleistung für die Einräumung der Bergbauberechtigung Schürfgebühren, Einstandszahlungen und Förderabgaben erhebt. Außerdem ist der Eigentümer der Bodenoberfläche zu entschädigen. In den Entwicklungsländern, wo sich alle Bodenschätze im Eigentum des Staates befinden, fordert der Staat in der Regel Kapitalbeteiligungen an den Rohstoffprojekten und verlangt hohe Abgaben und Steuern. In Großbritannien selbst wurde die Ordnung des Grundeigentümerbergbaus im Laufe der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts für die wichtigsten Mineralien abgeschafft. Die Kohlenvorkommen wurden durch ein Gesetz aus dem Jahr 1938 mit Wirkung vom 1. Juli 1942 verstaatlicht. Es zeigte sich, daß die alte Ordnung einen wirtschaftlichen Abbau sehr erschwerte. 45 Die Kosten waren wesentlich höher, als sie es sonst gewesen wären. Der Ausbau unterirdischer Anlagen stieß mit dem Erreichen benachbarter Grundstücke auf völlig unwirtschaftliche Grenzen. Der Abtransport der Kohle mußte gegen Abgaben durch andere Grundstücke geleitet werden. Außerdem wurde die Zusammenlegung von Betrieben erschwert, die aber angesichts der mangelnden Konkurrenzfähigkeit des ausgesprochen klein- und mittelbetrieblich strukturierten englischen Bergbaus seit dem ersten Weltkrieg sehr dringend wurde. Eigentümer der Kohlenvorkommen wurde die Coal Commission. Die bisherigen privaten Bergrechtseigner (royalty-Empfänger) wurden entschädigt. Die royalty-Zahlungen erhielt die Coal Commission. Die Förderzinsen entfielen, als die Kohlenindustrie im Jahr 1946 verstaatlicht wurde. Auch für andere — neue — Mineralien (Erdöl, Erdgas und Uran) wurde der Grundeigentümerbergbau abgeschafft. Mit dem Erdölgesetz von 1934 wurde das Eigentum an den Erdöl- und Erdgasvorkommen auf dem Festland der Krone übertragen. Die offshore-Vorkommen stehen von vornherein dem Staat zu. Das wichtigste Bergbauland der Welt, in dem sich der Grundeigentümerbergbau erhalten hat, sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Die britische Krone hatte keine eigene kolonialpolitische Aktivität in Nordamerika entwickelt. Alle Erkundungs- und Besiedlungsunternehmen waren von privaten Handelsgesellschaften oder Einzelpersonen ausgegangen. Königliche 44 43
Arndt, 1909 II, S. 785. Fabricius, 1946-1948, S. 208.
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I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
Patente (Charters) umschrieben ihre Rechte und ermächtigten sie, in den zugewiesenen Gebieten Verwaltungsbehörden einzusetzen und Gesetze zu erlassen.46 Aller Grund und Boden einschließlich der Mineralvorkommen wurde ihnen als Eigentum überlassen. Die Krone erhielt lediglich von den Gold- und Silberfunden den fünften Teil. Mit dem Common Law wurde auch das englische Bergrecht in den 13 englischen Kolonien übernommen. Mit den Landüberlassungen erhielten die Grundeigentümer zugleich das uneingeschränkte Eigentum an den Mineralvorkommen. Nur Gold und Silber behielten wie in Großbritannien teilweise ihre Sonderstellung. Nach den Unabhängigkeitskriegen wurde die Ordnung des Grundeigentümerbergbaus beibehalten. Die Einzelstaaten schufen ihr eigenes Bergrecht. Mit dem Zusammenschluß der 13 Urstaaten zum Bund der Vereinigten Staaten am 4. März 1789 trat neben diese Rechtsordnungen das Bergrecht des Bundes. Den Grundeigentümern gehörte alles über dem Boden und alles im Boden bis in die ewige Teufe. 47 Sie besaßen ein absolutes Eigentumsrecht. Als 1859 das erste Erdöl in Titusville, Pennsylvania, in einer Tiefe von 69 Fuß gefunden wurde, zeigte sich schnell, daß diese ad coelum-Doktrin des Common Law für Erdöl und Erdgas völlig ungeeignet war. Erdöl und Gas bewegen sich in den Speicherhorizonten; sie wandern dorthin, wo das Becken entleert wird. Da dem Grundbesitzer nur die Menge in seinem Boden zustand, mußte er mit Schadensersatzforderungen der Nachbarn rechnen, wenn er die Förderung aufnahm. Das System war von vornherein überholt und wurde schon bald durch die rule of capture ersetzt. Der Grundstückseigentümer erhielt das Eigentumsrecht an der von ihm geförderten Menge. Er wurde vor Schadensersatzansprüchen geschützt, solange er Bohrungen nur auf seinem Grundstück niederbrachte und nicht in Formationen des Nachbarn eindrang. Aber auch die rule of capture weist gravierende Mängel auf. Um den Nachbarn das Öl „abzugraben" und sich selbst zu schützen, werden die Bohrungen an der Grundstücksgrenze und in möglichst großer Zahl vorgenommen. Die Folge sind eine zu schnelle und nur unvollständige Ausbeutung der Vorkommen und Kostensteigerungen. Je zahlreicher die Stellen sind, an denen ein Pool angezapft wird, um so niedriger ist der natürliche Lagerstättendruck an den einzelnen Bohrlöchern. Die gewinnbaren Vorräte nehmen ab. Durch die Vielzahl der Bohrstellen und die Anwendung aufwendiger „künstlicher" Fördertechniken fallen unnötig hohe Kosten an. Angesichts der Überproduktion und der daher relativ niedrigen Preise werden manche Bohrstellen frühzeitig stillgelegt oder gar nicht erst in Betrieb genommen, weil die laufenden Erträge nicht mehr die laufenden Kosten decken.48 Als die 46
Guggisberg, 1979, S. 14 ff. und Herr, 1952, S. 113 ff. Vgl. z. F. Lowe, 1983, S. 8 ff. 48 Vgl. zu den volkswirtschaftlichen Kosten der „wettbewerbsmäßigen" Ausbeutung von Bodenschätzen auch Kapp, 1958, S. 93 ff. 47
4. Internationale Entwicklung
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Mängel der rule of capture augenscheinlich wurden, begannen die Bundesstaaten Conservation Laws zu erlassen, die auch heute zentraler Bestandteil der Gesetzgebung für die Erdöl- und Erdgasgewinnung sind. Die wichtigste Regelung betrifft das well spacing. Die Bohrlöcher müssen in bestimmten Abständen zu den Grundstücksgrenzen und zueinander stehen, so daß es nicht zu einer wesentlichen Überlappung des jeweiligen Einzugsgebiets kommt. Dies bedeutet zugleich auch, daß die Anzahl der Bohrlöcher je Feld begrenzt ist. Eine andere Regelung enthält Vorschriften über die Zusammensetzung des Öl-Gas- und Gas-Wasser-Gemisches bei der Förderung, um zu verhindern, daß sich der Lagerstättendruck vermindert. Der Betreiber muß die Förderung stoppen, wenn die Höchstwerte überschritten werden. Außerdem gibt es Vorschriften über die zulässige Fördermenge pro Tag, Woche oder Monat (sog. prorationing rules) sowie über die zwangsweise Zusammenlegung mehrerer oder aller Bohrstellen eines Feldes zu einer gemeinsamen Einheit. Der Grundeigentümerbergbau kommt generell nicht ohne relativ weitgehende Produktionsvorschriften aus. Beim „regalen" Bergbau besitzt der Staat in der geeigneten Festsetzung der Größe des Konzessionsgebietes von vornherein freiere Hand, weil er auf Grundstücksgrenzen keine Rücksicht nehmen muß. Die Beibehaltung der Grundeigentümerordnung in den USA erklärt sich einerseits aus der vorherrschenden liberalen Wirtschaftsdoktrin, wurde aber auch dadurch begünstigt, daß dem Bund und den Bundesstaaten große Teile des mineralhaltigen Landes gehören. So befinden sich etwa 40 % der bekannten Kohlenreserven auf Bundesland im Westen. (Etwa zwei Drittel der Erdgasreserven liegen im äußeren Kontinentalshelf, für den der Bund die Hoheitsrechte besitzt. Die Vorkommen in der 3-Meilen-Zone sind den Einzelstaaten vorbehalten.) Die Nutzungsrechte werden im allgemeinen von Bund, Bundesstaaten und privaten Eigentümern an Bergbaubetriebe gegen einen laufenden Pachtzins — für die Oberflächennutzung — und einen laufenden Förderzins verpachtet. Gelegentlich werden die Rechte auch versteigert, so daß dem Grundeigentümer als Einnahme noch Einstandszahlungen zufließen. Für die Vergabe der Abbauberechtigung auf Bundesland gibt es zwei Systeme, das alte, heute an sich überholte, „location claim system" und das Verpachtungssystem.49 Das location system gilt heute noch für die sog. hard-rock minerals (Metalle, Uran, Halbedelsteine). Die Abbauberechtigung wird erworben durch Fund, Besitzergreifung und Eintragung des Feldes. Dieses System geht zurück auf das sich seit dem kalifornischen Goldrausch von 1848 entwickelnde Gewohnheitsrecht und wurde durch das Berggesetz von 1872 festgeschrieben. Jeder Bürger durfte claims in der Größe von 20 Morgen abstecken, wenn dort Mineralien gefunden wurden. Gegen die Ansprüche anderer Prospektoren 49
McDonald, 1979, S. 6 ff.
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I. Geschichte des Bergrechts und der Bergwerksabgaben
konnte sich der Finder schützen, indem er jährlich mindestens 100 Dollar für Verbesserungen oder Arbeit auf dem Gebiet ausgab. Erwies sich das Vorkommen als abbauwürdig, so konnte er einen Rechtstitel (patent) an seinem claim erwerben, wenn er zuvor 500 Dollar investiert hatte. Für dieses patent mußte eine einmalige Gebühr von 5 Dollar je Morgen bezahlt werden. Royalties waren nicht zu entrichten. Aufgrund der offensichtlichen Mängel dieses Systems wurde durch das Mineral Leasing Act von 1920 für eine Reihe wichtiger Rohstoffe, inbesondere für die Energieträger, das Verpachtungssystem für den onshore-Bergbau eingeführt. Die Abbaurechte sollen hiernach bei Vorkommen in geologisch erkundeten Gebieten durch Versteigerung (competitive bidding) vergeben werden. Die Rechte in geologisch unerforschten Gebieten werden dagegen an den ersten qualifizierten Antragsteller gegen laufende Pacht- und Förderzinsabgaben vergeben. Insgesamt dominiert im onshore-Bereich die nichtkompetitive Vergabe der Abbaurechte. Zwischen 1960 und 1970 wurde beispielsweise nur 1 % der Rechte versteigert. 50 Im Falle der Versteigerung werden die näheren Konditionen der Vergabe der Nutzungsrechte durch das Innenministerium festgesetzt. Dazu gehört auch die Höhe des Pachtzinses und der Förderabgabe. Die Bundesstaaten verfahren in ihrem Bereich in gleicher Weise wie der Bund. Für die Erdöl- und Erdgasgewinnung im äußeren Kontinentalshelf gelten zwei Besonderheiten: Die Gewinnungsrechte müssen in jedem Fall versteigert werden, und neben dem cash bonus bidding kann auch das royalty bidding — bei dem die Einstandszahlungen fest vorgegeben sind und derjenige den Zuschlag erhält, der den höchsten Förderabgabensatz bietet — zur Anwendung kommen.
Literatur Achenbach, H.: Das französische Bergrecht, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 3,1862, S. 64 ff. Arndt, Α.: Die Besteuerung der Bergwerke, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 23,1882, S. 18 ff. Arndt, A . (1909 I): Bergbau, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 2, 3. Aufl., 1909, S. 742 ff. Arndt, A. (1909 II): Bergwerksabgaben, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 2, 3. Aufl., 1909, S. 784 ff. Bayerisches Gesetz über Graphitgewinnung vom 12. November 1937, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 78, 1937, S. 181 ff. Brassert, H . und Achenbach, H. (18621): Berg-Gesetzgebung, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 3, 1862, S. 1 ff. 50
Sprague und Julian, 1970, S. 516.
Literatur
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Brassert, H. und Achenbach, H . (1862 II): Berg-Gesetzgebung, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 3, 1862, S. 274 ff. Fabricius, F.: Die Berggesetzgebung in Großbritannien von 1934-1948, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 87-89, 1946-1948, S. 204 ff. Guggisberg, H . R.: Geschichte der USA, 2. verb. Aufl., Stuttgart u.a. 1979 Hahn, C.: Zur Berggesetzgebung in Bayern, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 10, 1869, S. 324 ff. Herr, G.: Das Bergrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 93, 1952, S. 98 ff. Holtfrerich, C.-L.: Quantitative Wirtschaftsgeschichte des Ruhrkohlenbergbaus im 19. Jahrhundert, Dortmund 1973 Jakob, K . F.: Der wirtschaftspolitische Einfluß des Staates auf die Berggesetzgebung, Diss. Technische Universität Clausthal-Zellerfeld 1980 Kapp, K . W.: Volkswirtschaftliche Kosten der Privatwirtschaft, Tübingen und Zürich 1958 Livingstone, D . F.: State Mineral Royalties in the Federal System, in: Australian National University Centre for Resource and Environmental Studies, Taxation of the Mining Industry, 1979 Lowe, J. S.: Oil and Gas Law, St. Paul, Minn., 1983 McDonald, S.: The Leasing of Federal Lands for Fossil Fuels Production, Baltimore und London 1979 Preußischer Gesetzentwurf vom 2. November 1892, in: Finanzarchiv, 10. Jg., 1893 Reimnitz, F.: Rechtlicher Inhalt und Bedeutung der Regelung des Berechtsamwesens im Regierungsentwurf eines Bundesberggesetzes von 1975, Diss. Universität Freiburg 1976 Sprague, J. W. und Julian, W.: A n Analysis of the Impact of an A l l Competitive Leasing System on Onshore Oil and Gas Leasing Revenue, in: Natural Resources Journal, Bd. 10, 1970, S. 515 ff. Treue, W.: Wirtschafte- und Sozialgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert, in: Gebhardt, W. (Hrsg.), Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. I I I , Stuttgart 1963, S. 315 ff. Turner, G.: Der Rechtscharakter von Förderzinsvereinbarungen beim Bergbau auf staatsvorbehaltenen Mineralien, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 111, 1970, S. 42 ff. Wagner,
Α.: Finanzwissenschaft, dritter Theil, Specielle Steuerlehre, Leipzig 1889
Wilke, H.: Rechtsstaatliche Erdölkonzessionierung, in: Zeitschrift für Bergrecht, Bd. 111, 1970, S. 193 ff. Willecke, R.: Die Förderabgabe im Bundesberggesetz, in: Glückauf, Bd. 117, 1981, S. 1338 ff. Zydek, H.: Bundesberggesetz, Essen 1980
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung als Ziele spezieller Bergbauabgaben
1. Rechtfertigungsansätze für Sonderabgaben
Wenn von einem Wirtschaftszweig neben den allgemeinen Steuern besondere Abgaben erhoben werden, die die Unternehmen anderer Sektoren nicht zahlen müssen, dann kann dies zwei Gründe haben: — Der Sektor kommt in den Genuß besonderer öffentlicher Leistungen, die aus Gerechtigkeitsgründen bzw. wegen der Allgemeinwohlverpflichtung des Staates einen Vorteilsausgleich verlangen. — Die Entwicklung des Sektors steht in Widerspruch zu wirtschaftspolitischen Zielen und erfordert ein Gegensteuern, wobei (Lenkungs-) Abgaben als geeignetes Mittel zur Korrektur des Marktergebnisses angesehen werden. Der Gedanke des Vorteilsausgleichs beruht auf der Überzeugung, daß der Staat grundsätzlich dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, d. h. „für alle da ist", und deshalb eine besondere, einem einzelnen erbrachte Leistung finanziell ausgeglichen werden muß.1 Durch die Zahlung wird vermieden, daß der Staat der Förderung der Interessen einzelner dient. Die Anwendung des Prinzips des Vorteilsausgleichs setzt voraus, daß die öffentlichen Leistungen individuell zurechenbar sind. Das gilt nur für einen Teilbereich. Die eigentlichen „öffentlichen Güter" kommen allen Staatsbürgern zugute. Niemand kann von der Nutzung über Preise ausgeschlossen werden. Den Finanzierungsbeitrag, der dem einzelnen hier durch Steuern auferlegt wird, kann man als eine Art von wirtschaftlichem Opfer betrachten. Die vorherrschende Gerechtigkeitsvorstellung geht dahin, daß jeder nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden soll. Die relative Nutzeneinbuße aus der geringeren Versorgung mit privaten Gütern soll für alle gleich sein. In der Praxis kommen beide Gerechtigkeitsprinzipien — Vorteilsausgleich- und Leistungsfähigkeitsprinzip — nebeneinander zur Anwendung. Die Bemessung einer Abgabe nach dem Kriterium des Vorteilsausgleichs hätte sich unter idealen Bedingungen nach dem empfangenen Nutzen zu richten (Äquivalenzprinzip i. e. S.), was aber im allgemeinen nicht praktikabel ist, so daß man 1
Kirchhof, 1981, S. 77
1. Rechtfertigungsansätze für Sonderabgaben
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sich auf eine Anlastung der anteiligen staatlichen Bereitstellungskosten beschränken muß (Kostenerstattungsprinzip). Mit der Idee des Vorteilsausgleichs werden neben den Gebühren — insbesondere den Verwaltungsgebühren und den Benutzungsgebühren — teilweise auch Steuern gerechtfertigt, wie in der Bundesrepublik die Gewerbesteuer. Mit Hilfe der Gewerbekapitalund Gewerbeertragsteuer sollen den einzelnen Betrieben die den Gemeinden aus der Produktion entstehenden Sozialkosten (Straßennetz, Verkehrseinrichtungen, Bildungs- und Gesundheitswesen) angelastet werden. Die Unternehmen des Bergbaus nehmen insofern eine Sonderstellung ein, als — sie das exklusive Nutzungsrecht an den Bodenschätzen erhalten und — sie unter Umständen stärker als andere Wirtschaftszweige staatliche Vorleistungen in Anspruch nehmen. Die Idee der Anlastung der Sozialkosten spielte nicht nur in der Geschichte der Bergbauabgaben eine gewisse Rolle, sondern ist auch heute noch vereinzelt von Bedeutung, so vor allem in den USA, wo in den Bundesstaaten neben den royalties zusätzliche Förderabgaben (severance taxes) erhoben werden. Eine Gewerbesteuer gibt es dort nicht. Da der Bergbau für Kommunen und Länder kostenintensiver als die meisten anderen Wirtschaftszweige ist, mag die Kostenerstattungsidee eine gewisse Berechtigung haben. Allerdings ist zu beachten, daß die Unternehmen mit der Konzessionserteilung auch die Verpflichtung übernehmen, für Umwelt- und Bergschäden sowie für die Rekultivierung der Landschaft nach Stillegung eines Bergwerks einzustehen. Ausgleichsfähig dürften nur die externen Kosten sein und dann auch nur insoweit, als sie für den Bergbau deutlich höher sind als für andere Wirtschaftszweige. Besondere Kosten entstehen dem Staat durch die Veränderung des Stadt- und Landschaftsbildes in Bergbaugebieten. Außerdem besteht das Risiko, daß die Unternehmen ihrer Verpflichtung zur Rekultivierung der Landschaft nach Stillegung der Bergwerke nicht nachkommen und der Staat die Sanierungskosten tragen muß. In Bergbau gebieten droht mit der Erschöpfung der Vorkommen der industrielle Niedergang, so daß der Staat auch rechtzeitig für die Ansiedlung neuer Industrien und für die Umschulung der Arbeitskräfte sorgen muß. Die Idee der gerechten Finanzierung der staatlichen Folgekosten spielt in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle. Wir werden auf diese Äquivalenzabgaben bei der Darstellung des Fiskalregimes für den Bergbau in den USA zurückkommen. Zentrale Funktion der Erhebung von Bergbauabgaben ist der Vorteilsausgleich für die Einräumung des exklusiven privaten Nutzungsrechts an den Bodenschätzen. Es handelt sich bei den laufenden Förderabgaben und Einstandszahlungen um Verleihungsgebühren. Der Staat beutet die ihm gehörenden Mineralvorkommen nicht selbst aus, sondern überläßt dies regelmäßig gegen Abgaben privaten Unternehmen. Die Bodenschätze stehen 3 Cansier
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II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
dem Staat zu, entweder weil dies allgemein als gerecht angesehen wird oder weil erst durch die Loslösung des Mineralgewinnungsrechts vom Oberflächeneigentum ein wirtschaftlicher Bergbau möglich ist (Effizienzaspekt). Die Rechtfertigung spezieller Bergbauabgaben knüpft an die normative Begründung des Konzessionssystems an: Die Bodenschätze sind Teil der Natur und ohne Zutun des Menschen entstanden. Finder können nicht für sich in Anspruch nehmen, daß die Vorkommen ohne sie nicht entdeckt worden wären und sie nur aufgrund ihrer Leistungen einen Wert haben. Die Knappheit der Rohstoffe ist nicht ihr Verdienst. Nach vorherrschender Meinung gelten daher die Bodenschätze als ein „Geschenk der Natur" an alle Menschen eines Gemeinwesens. Diese Gerechtigkeitsvorstellung liegt den meisten Rechtsordnungen in der Welt zugrunde. In jüngerer Zeit hat sich diese Idee auch für den Tiefseebergbau durchgesetzt. Mit der UN-Meeresbodengrundsatzerklärung vom 17.12.1970 ist der Meeresboden zum „gemeinsamen Menschheitserbe" erklärt worden.2 Eine internationale Meeresbodenbehörde soll als Treuhänder aller Staaten Exekutivgewalt erhalten und u.a. auch Förderabgaben erheben können. Als Geschenk der Natur gehören die Bodenschätze der Gemeinschaft als ganzer. Einzelpersonen können keine Vorrechte und Verteilungsvorteile beanspruchen. Finder und Produzent sollen die Explorations- und Produktionskosten ersetzt erhalten. Sie sollen auch die notwendige Mindestverzinsung des investierten Kapitals, einschließlich einer angemessenen Risikoprämie, erwirtschaften können. Der Wert der Bodenschätze ermittelt sich nach Abzug aller notwendigen Kosten, und er bringt dann zum Ausdruck, daß die Vorkommen im Boden einen eigenständigen knappen Produktionsfaktor der Rohstoffgewinnung darstellen. Dieser Wert entspricht der Summe der diskontierten Renteneinkommen aus der zukünftigen Rohstoffproduktion. Förderabgaben verfolgen vor diesem Hintergrund den Zweck, die Renteneinkommen aus der Rohstoffgewinnung zugunsten der Gesellschaft abzuschöpfen. Die Stellung des Staates gleicht der des privaten Grundeigentümers, der sein Nutzungsrecht an grundeigenen Mineralien verpachtet. Mit Hilfe der Abgabe eignet sich der Staat den ihm zustehenden Wert an. Prinzipiell geht es darum, die Renten voll abzuschöpfen. Der Allgemeinheit kommt die Liquidisierung ihres Vermögens dadurch zugute, daß die Steuern gesenkt oder zusätzliche öffentliche Leistungen bereitgestellt werden. Hinter der Rentenabschöpfung verbirgt sich letztlich das Ziel einer gerechten Finanzierung der Staatsausgaben. Vorteile ergeben sich für die Bevölkerung auch aus der Förderung des wirtschaftlichen Wachstums. Renteneinkommen sind eine ideale Quelle der Wachstumsfinanzierung. Da sie für die Erhaltung der wirtschaftlichen Anreize nicht notwendig sind, erlauben sie eine Förderung der privaten und öffentlichen Investitionstätigkeit ohne die Gefahr von 2
Schanze u.a., 1981, S. 165 ff.
1. Rechtfertigungsansätze für Sonderabgaben
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disincentives. Der Wachstumsaspekt spielt insbesondere in den Entwicklungsländern eine wichtige Rolle. Hier kommt hinzu, daß die Renten, wenn sie nicht weggesteuert werden, in die Heimatländer der multinationalen Unternehmen abfließen und für die heimische Wirtschaft verloren sind. Wenn das Konzessionssystem nur aus ökonomischen Zweckmäßigkeitsgründen den Vorzug vor dem System des Grundeigentümerbergbaus erhält, sind Sonderabgaben nicht gerechtfertigt, allenfalls nur insofern als ihnen die Aufgabe zufällt, die Effizienzverbesserungen, von denen die Unternehmen profitieren, abzugelten. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, daß das originäre Nutzungsrecht weiterhin den Grundeigentümern zustehen soll, der Staat nur als Ordnungsfaktor zwischengeschaltet ist. In der Praxis ist es aber anders. Dort, wo der Grundeigentümerbergbau aus Effizienzgründen abgeschafft worden ist, sind auch die gesamten Rechte auf den Staat übergegangen. Von der Internalisierung sozialer Kosten gehen meist zugleich auch Wirkungen auf die Produktionsentscheidungen aus. Inwieweit dies geschieht, hängt wesentlich von der Abgabenhöhe im Verhältnis zu den Kosten der Vermeidungsalternativen ab. Durch entsprechende Ausgestaltung können den Abgaben auch selbständige Lenkungsfunktionen zugewiesen werden. So wird in jüngerer Zeit gelegentlich gefordert, die Förderabgaben als umweltpolitisches Instrument einzusetzen. Man denkt dabei aber eher an die gerechte Finanzierung staatlicher Vermeidungsmaßnahmen als an die gezielte Förderung eines umweltschonenden Verhaltens der Bergbaubetriebe. Insgesamt bieten Förderabgaben kaum geeignete Ansatzmöglichkeiten für die eigenständige Wahrnehmung umweltpolitischer Aufgaben. Auch im Bergbau sollte der Umweltschutz auf das allgemeine umweltpolitische Instrumentarium zurückgreifen. Eine wichtige Rolle in der Diskussion um die Förderabgaben spielt dagegen das Ziel der Beeinflussung der intertemporalen Nutzung der Rohstoffvorkommen. Rohstoffe, die heute verbraucht werden, stehen zukünftigen Generationen nicht mehr zur Verfügung, obwohl auch ihnen ein Interesse an diesen Ressourcen nicht abgesprochen werden kann. Es erscheint willkürlich, die Idee von den Bodenschätzen als „Geschenk der Natur" nur auf die jeweils lebenden Generationen zu beziehen. Im Grunde wird postuliert, daß die erschöpfbaren Naturgüter allen Generationen zustehen. Zweifellos sind die Vorkommen irgendwann einmal erschöpft, so daß die Nutzung zwangsläufig zeitlich begrenzt ist. Worum es nur gehen kann, ist, daß der laufende Rohstoffverbrauch den zukünftigen Knappheiten Rechnung trägt und rechtzeitig Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Engpässe eingeleitet werden. In der ressourcentheoretischen Literatur nimmt die Frage nach der „richtigen" Abbaugeschwindigkeit der erschöpfbaren Ressourcen den größten Raum ein. Wenn man davon ausgeht, daß die Vorkommen durch den Markt eher zu 3*
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II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
rasch als zu langsam ausgebeutet werden und Nachteile für zukünftige Generationen entstehen, könnten Abgabenlösungen zur Korrektur dieser Fehlentwicklung eingesetzt werden. Aber auch dann, wenn hinsichtlich des intertemporalen Funktionierens des Marktmechanismus keine Bedenken bestehen, ist die Frage von Bedeutung, wie verschiedene Abgaben das zeitliche Abbauprofil beeinflussen.
2. Rentenabschöpfung und Allokationsneutralität
Die Abschöpfungsidee geht davon aus, daß kommerziell ausgebeutete Bodenschätze in der Regel einen eigenen Wert haben. Wenn die Nutzungsrechte an grundeigenen Vorkommen verpachtet oder verkauft werden oder der Staat Konzessionen durch Versteigerung vergibt, dokumentieren Marktpreise den ökonomischen Wert. In allen anderen Fällen sind die Werte versteckt vorhanden. Die kommerzielle Ausbeutung eines Bodenschatzes wird nur dann aufgenommen, wenn alle Arbeits- und Kapitalkosten, einschließlich der notwendigen Kapitalverzinsung, durch die Erlöse aus dem zukünftigen Verkauf der Rohstoffe abgedeckt werden. Vorkommen, die nur diese Kosten hereinbringen, haben keinen Wert. Bei höheren Erträgen ist ein Unternehmen bereit, dem Eigner einen Preis für das betreffende Vorkommen zu zahlen, und zwar maximal bis zur Höhe des Überschusses selbst (Rente oder „reiner" Gewinn). Dieser implizite Preis für die Materialien, „wie sie im Schöße der Natur gefunden werden" (Cassel), entspricht ihrem Wert. „Economic rent is said to be earned whenever a factor of production receives a reward that exceeds the minium amount necessary to induce the employed quantity of the factor to be supplied."3 Die Rohstoffrente stellt also den Teil der Erträge dar, der nicht benötigt wird, um die Bergbauunternehmen zu entschädigen. Sie ist insofern „funktionslos", als sich ihre Abschöpfung nicht hemmend auf die Explorations-, Erschließungs- und Produktionstätigkeit auswirkt. Bezogen auf die geförderten und verkauften Rohstoffe entspricht die Rente je Rohstoffeinheit (Stückrente) dem Marktpreis abzüglich der Arbeits- und Kapitalkosten. Der Wert des Bodenschatzes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist dagegen gleich dem zum herrschenden Marktzins berechneten Gegenwartswert der für die Zeit bis zur Erschöpfung der Vorräte erwarteten Renteneinkommen. Bei der Abgrenzung des Rentenbegriffs sollte eine langfristige Perspektive zugrunde gelegt werden. Es sollte von einer investitionstheoretischen Betrachtungsweise ausgegangen werden. Rohstoffprojekte umfassen die Exploration und Erschließung eines Vorkommens sowie die Produktion. Exploration und Erschließung sind Investitionsvorgänge, die mit Risiken 3
Baumol und Blinder, 1979, S. 537
2. Rentenabschöpfung und Allokationsneutralität
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verbunden sind und eine angemessene Kapitalverzinsung verlangen. Die erwarteten Erlöse aus der Verwertung der Vorkommen müssen auch diese vorproduktionellen Kosten abdecken. In der Produktionsphase könnte man zwar auch Erträge in Höhe der ursprünglichen und jetzt versunkenen Aufwendungen und Risikoprämien abschöpfen, ohne befürchten zu müssen, daß die Förderung eingeschränkt wird, auf lange Sicht würde aber die Investitionstätigkeit darunter leiden und das abschöpfungsfähige Rentenvolumen zurückgehen. Da der Staat die Interessen der Bürger in bestmöglicherWeise zu vertreten hat, muß es auch das Ziel der Abgabenerhebung sein, die Renteneinkommen möglichst vollständig abzuschöpfen. Andererseits sollten die Abgaben aber auch nicht die notwendige Kapitalverzinsung treffen, weil dann Rohstoffprojekte unterbleiben und der Bergbau gegenüber anderen Wirtschaftszweigen diskriminiert wird. Die ungleichmäßige Behandlung der (Kapital-) Einkommen widerspricht auch der Idee einer gerechten Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Nicht zuletzt wirkt sich eine Beeinträchtigung der Bergbautätigkeit ungünstig auf das wirtschaftliche Wachstum der betreffenden Region und des betreffenden Landes aus. In der Praxis sind Abstriche vom Ziel der maximalen Rentenabschöpfung zu machen. Die echten Renten sind dem Gesetzgeber und der Verwaltung nicht bekannt. Sie sind ex ante Größen und hängen von den Bedingungen des einzelnen Rohstoffprojekts und den wirtschaftlichen Verhältnissen der jeweiligen Unternehmung ab. Je höher die Abgaben festgesetzt werden, um so größer ist die Gefahr von disincentives. Die Politik kann je nach Bewertung einen gewissen trade-off zwischen Abschöpfungsquote und disincentives zulassen. Im Prinzip erhält das Postulat der Allokationsneutralität aber den Charakter einer Nebenbedingung. Eine Abschöpfung der Renten soll nur insoweit erfolgen, als keine Beeinträchtigungen der Bergbautätigkeit zu erwarten sind. Ziel ist es „to collect rent while preserving its total amount"4. Gewisse negative Auswirkungen lassen sich freilich nicht vermeiden. Mit der Wahl der Abgabenform hat es der Staat in der Hand, den Konflikt zwischen Rentenabschöpfung und Allokationsneutralität zu vermindern und die Abschöpfungsquote zu erhöhen. Die Abgabenformen in der Praxis sind vielfältig. Für feste Mineralien (insbesondere Roherze) findet man häufig Mengenabgaben (fester Geldbetrag je Mengeneinheit des geförderten Rohstoffes). Sie sind im Grunde überholt. Da sie sehr einfach zu erheben sind, kann man ihnen allenfalls noch für Rohmaterialien, für die es keine Marktpreise gibt, eine gewisse Berechtigung zubilligen. Weit verbreitet sind Abgaben auf den Wert der geförderten Rohstoffe, wobei die Aufbereitungs- und Transportkosten, manchmal auch Teile der Förderkosten, nicht bei der Wertermittlung berücksichtigt werden. 4
Gaffney, 1977, S. 4
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II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
Auch diese Abgaben sind einfach zu erheben, weisen aber — wie später zu zeigen sein wird — ebenfalls gravierende allokative Mängel auf, die der Abschöpfungspolitik enge Grenzen setzen. Erst in jüngerer Zeit, insbesondere seit den 70er Jahren, ist in den wichtigsten Bergbauländern eine Tendenz zur Reform der Abgabensyteme zugunsten rentenbezogener Abgaben zu beobachten.
3. Differentialrenten, absolute Renten nach dem Hotelling-Modell und Monopolrenten
Renteneinkommen entstehen, wenn das langfristige Angebot preisunelastisch ist, so daß das Angebot nur bei steigenden Preisen ausgedehnt werden kann. Die wichtigsten Gründe hierfür sind (1) steigende Grenz- und Stückkosten der Produktion, (2) Marktmacht und (3) natürliche Unvermehrbarkeit des Angebots. Referenzsituation für die Ableitung von Renten ist in der Literatur üblicherweise das Modell der vollständigen Konkurrenz bei langfristigem Marktgleichgewicht und beliebig vermehrbaren Gütern. In diesem Modell können nur vorübergehend Übergewinne auftreten. Wenn einzelne Anbieter effizienter als andere sind — sei es, daß sie schneller bessere Produktionsverfahren oder Produkte einführen oder es aus anderen Gründen verstehen, die produktiven Kräfte besser zu nutzen —, werden ihre Produktionsbedingungen früher oder später von den Konkurrenten kopiert, und die Ertragsraten gehen wieder auf das normale Maß zurück bei gleichzeitiger Ausdehnung des Angebots. Die Ertragsarbitrage der Investoren sorgt außerdem dafür, daß in allen Wirtschaftszweigen die gleiche Kapitalverzinsung in Höhe des Kapitalmarktzinses realisiert wird. Diese Ausgleichskräfte kommen nicht zum Tragen, wenn die langfristigen Grenzkosten mit steigendem Angebot zunehmen — und es daher zwangsläufig überdurchschnittlich effiziente Anbieter gibt (Differentialrenten) —, wenn das Angebot aufgrund naturgegebener Beschränkungen nicht vermehrbar ist (absolute Renten) und wenn die Anbieter vom Wettbewerb abgeschottet sind und Preise verlangen können, die über den Grenz- und Stückkosten liegen (Monopolrenten).
Differentialrenten: Ertragsunterschiede der einzelnen Anbieter sind ein typisches Merkmal des Bergbaus. Keine Lagerstätte gleicht der anderen. Andererseits gilt für einen Rohstoff ein einheitlicher Preis. Relativ kostengünstige und risikolose Lagerstätten erzielen Extragewinne. Der Marktpreis entspricht bei vollkommener Konkurrenz und langfristigem Gleichgewicht den Arbeits- und
3. Absolute Renten, Differential- und Monopolrenten
39
Kapitalkosten der letzten noch benötigten Lagerstätte mit den höchsten Kosten. Die Grenzanbieter erwirtschaften nur die normale Verzinsung des investierten Kapitals. Die marginalen Lagerstätten haben keinen eigenen Wert. Sie dürften nicht mit Abschöpfungsabgaben belastet werden. Die Lagerstätten unterscheiden sich in Qualität und Lage. Die Gewinnungskosten variieren mit der Mineralkonzentration (Verhältnis des gewinnbaren Rohstoffes zur Tonne Gestein), der Mächtigkeit und Tiefenlage der Erzkörper, Flöze (Kohle) oder Speicherhorizonte (Erdöl und Erdgas) sowie mit der geologischen Struktur. Lage und Form der Lagerstätten bestimmen die Abbau verfahren (Tage- oder Untertagebau, Abbautiefe, Anzahl der Schächte und Stollen etc.) und beim Erdöl den Entölungsgrad.5 Angesichts der unterschiedlichen Qualität der Rohmaterialien (ζ. B. bei Erzen Metallgehalt, Korngröße, Anteil wertsteigender oder wertmindernder Nebenbestandteile) sind die Aufbereitungskosten zur Herstellung eines marktfähigen Produkts im Einzelfall höher oder niedriger. Weitere Kostenunterschiede beruhen auf unterschiedlichen Explorations-, Standort- und Umweltbedingungen. Die Exploration ist in geologisch unbekannten Gebieten aufwendiger und riskanter als in gut erkundeten Regionen. Vorkommen in entlegenen Gebieten sind wegen der ungünstigen Verkehrslage, der fehlenden Infrastruktur und des Mangels an Arbeitskräften benachteiligt. Umweltschutzauflagen in Ballungsgebieten verteuern die Produktion gegenüber Bergwerken in dünn besiedelten Gebieten.
Absolute Renten nach dem Hotelling-Modell: Bodenschätze sind erschöpfbar, ihre Vorkommen auf der Erde sind letztlich begrenzt. Wegen der Unvermehrbarkeit können auch absolute Rohstoffrenten auftreten. Die Unvermehrbarkeit zeigt sich allerdings erst sehr langfristig. Auf lange Sicht kann man sich vorstellen, daß die aggregierte Nachfrage beim kostendeckenden Preis größer als der Rohstoffbestand ist und der langfristige Marktpreis über die Arbeits- und Kapitalkosten angehoben wird, so daß ein Überschuß erwirtschaftet wird. Damit die laufenden Marktpreise — bei vollständiger Konkurrenz — über den Grenz- und Stückkosten liegen, müßte die zukünftige Erschöpfung der Vorräte von den Anbietern eingeplant werden. Nach neoklassischer Auffassung antizipieren die 5 Der natürliche Lagerstättendruck, der mit laufender Förderung abfällt, gestattet nur eine teilweise Gewinnung des Erdöls und Erdgases im Boden. Dieser Entölungsgrad liegt im weltweiten Durchschnitt bei etwa 32 v. H. (1974). Unter günstigen geologischen Bedingungen sind Entölungsgrade von 60 - 70 ν. H. und mehr erreichbar. Die Ausbeutung läßt sich durch aufwendige Sekundär-und Tertiärfördertechniken steigern. Der Lagerstättendruck wird hier künstlich durch Einpressen von Gas oder Salzwasser (Sekundärtechnik) oder Zufuhr von Wärme in Form von Heißdampf (Tertiärtechnik) erhöht.
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II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
Anbieter die hohen zukünftigen Marktpreise, schränken als Folge die laufende Förderung zugunsten eines späteren Abbaus ein und heben auf diese Weise bereits in der Gegenwart den Marktpreis über die Stückkosten an. „Die künftige Knappheit übt also ihre Wirkung auf die Preise nicht erst in der Zukunft aus, sondern hat schon auf die heutige Preisbildung einen wichtigen Einfluß." 6 Die Preisbildung hat nicht nur die Funktion, Angebot und Nachfrage kurzfristig aufeinander abzustimmen, sondern sie hat bei erschöpfbaren Ressourcen „noch eine weitere spezielle Aufgabe, nämlich die, eine angemessene zeitliche Verteilung des Verbrauchs herbeizuführen, die Nachfrage so zu beschränken, daß ein gewisser Grad von Gleichmäßigkeit wenigstens für gewisse Zeit gewonnen wird." 7 Bei der Bestimmung der absoluten Rohstoffrente und des intertemporalen Abbauprofils handelt es sich um zwei Aspekte desselben theoretischen Sachverhalts. In Anlehnung an Hotelling8 werden die intertemporalen Aspekte von der neueren Ressourcentheorie anhand eines einfachen Grundmodells mit folgenden Annahmen analysiert:9 Alle Vorkommen eines Rohstoffes auf der Erde sind bekannt und erschlossen. Ländergrenzen gibt es nicht. Die Lagerstätten und Bergwerke sind identisch (gleiche Kostenfunktionen). In jeder Abbauperiode gilt die gleiche Nachfragefunktion. Die Grenzkosten der Gewinnung sind konstant. Sie sind unabhängig vom Umfang der laufenden Förderung und vom Abbaugrad. Sie stimmen mit den Stückkosten überein (fixe Kosten werden vernachlässigt). Alle heutigen und zukünftigen ökonomischen Größen sind bekannt. Ein unternehmerisches Risiko gibt es nicht. Die Bergbaugesellschaften verfolgen in jedem Zeitpunkt das Ziel, den Abbau der Vorräte so auf die Zeit aufzuteilen, daß der Gegenwartswert der Erträge maximiert wird. Daher ist laufend zu entscheiden, wieviel Rohstoffe heute und später abgebaut werden sollen. Die Diskontierung erfolgt zum Kapitalmarktzins. Der Kapitalmarkt ist vollkommen: Jeder Unternehmer kann zum herrschenden Zinssatz beliebige Geldbeträge entleihen oder in Wertpapieren anlegen. Der Zinssatz ist im Zeitablauf konstant und unabhängig von der Entwicklung des Rohstoffsektors. Das Modell ist ein Gleichgewichtsmodell. Die Anbieter realisieren in jedem Zeitpunkt die vermögensmaximierende Ausbeutungsrate. Angebot und Nachfrage stimmen in jeder Periode und über die Gesamtnutzungsdauer der Vorräte überein (kurz- und langfristiges Gleichgewicht). Der Preispfad mündet zum Zeitpunkt der Erschöpfung der 6
Cassel, 1932, S. 267 Cassel, 1932, S. 269 * Hotelling, 1931, deutsche Übersetzung 1979 9 Vgl. aus der umfangreichen Literatur Gordon, 1967; Herfindahl, 1967; Scott, 1967; Herfindahl und Kneese, 1974; Solow, 1974; Morse, 1976; Nordhaus, 1979. Vgl. außerdem die umfassenden Literaturangaben in Peterson und Fisher, 1977. Als deutsche Veröffentlichungen sind vor allem zu nennen Schneider und Schulz, 1976; Thole, 1980, Siebert, 1983, Buchholz 1984 und Endres, 1985 7
41
3. Absolute Renten, Differential- und Monopolrenten
Vorkommen in einen Höchstpreis ein, bei dessen Überschreiten auch die Nachfrage verschwindet. Die Mechanik des Modells läßt sich am einfachsten unter Vernachlässigung des Zinselements verdeutlichen. In Abb. 1 sind der Rohstoffbestand, die aggregierten Nachfragefunktionen (N) für vier Perioden und die Grenz- bzw. Stückkosten (c) eingezeichnet. Wenn der Preis den Höchstwert/w überschreitet, ist der Rohstoffe gegenüber Substituten nicht mehr wettbewerbsfähig. Der Wert der Vorräte ist offensichtlich dann am höchsten (gestrichelte Fläche), wenn die Anbieter die laufende Förderung soweit zurückhalten, daß sie in jeder Periode den Höchstpreis erzielen. Die Anbieter antizipieren die höchstmögliche Stückrente λ* (= pmax—c) und kalkulieren sie bei ihren laufenden Angebotsentscheidungen als Opportunitätskosten — der höchste entgangene Ertrag bei zukünftigem Abbau — ein. Sie bestimmen ihr laufendes Angebot (bei vollständiger Konkurrenz) in der Weise, daß die marginalen Produktionsund Opportunitätskosten mit dem laufenden Marktpreis übereinstimmen: ρ — λ* + c. Liegt der Marktpreis vorübergehend niedriger, geht das Angebot zurück und der Preis steigt wieder auf sein Gleichgewichtsniveau an. Die Stückrenten sind also in den einzelnen Abbauperioden gleich hoch (kurzfristiges Gleichgewicht), und sie sind identisch mit der höchstmöglichen Stückrente (langfristige Gleichgewichtsbedingung). Sie haben aus der Sicht des Bergbauunternehmens den Charakter von Opportunitätskosten.
Preis Stückkosten
P,max
Ν
Ν.
Ν
Ν
c Λ Rohstoffbestand
Abb. 1: Absolute Rohstoffrente
»
aggregierte Fördermenge
unter Vernachlässigung
des Zinssatzes
42
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
In der Realität ziehen die Wirtschaftssubjekte einen heutigen Ertrag einem gleich hohen späteren Ertrag vor. Unter Zugrundelegung infinitesimal kleiner Perioden und unter Beachtung der Restriktion, daß die Summe der Produktionsmengen q(j) den Rohstoffbestand Β nicht überschreiten kann, läßt sich das Maximierungsproblem nun folgendermaßen darstellen (W = Wert, G = Gewinn, i = Zinssatz):
Wo = max /
Gj (g(j))(1
+ /)" j dj - λ ( / q (j)dj -
j=0
B).
j=0
Wenn eine zusätzliche Rohstoffeinheit heute abgebaut und verkauft wird, kann der Ertrag zinsbringend angelegt werden. Soll der Abbau in einer zukünftigen Periode gleichwertig sein, muß der dann erzielbare Produktionsertrag um die Zinseszinsen höher liegen. Der Anbieter verhält sich indifferent hinsichtlich des Abbauzeitpunkts, wenn die diskontierten Stückrenten für alle Perioden übereinstimmen:
P
°
c — =z Ρ χ — P 2~ c = P* ~ c — _ Pz ~ c 1 -l· i (1 + 02 ~ (1 + 03 ~ ' " ~ (1 + if
Pi = Marktpreise zu Beginn des Abbaus (0) bis zur Erschöpfung der Vorräte (Z)
Die Rente je Rohstoffeinheit muß exponentiell mit dem Zinssatz steigen (Hotelling-Regel): Pi-c
= (po-c)(l
+ iY.
Bei konstanten Grenzkosten ist eine Zunahme der Stückrente nur möglich, wenn die Marktpreise ansteigen. Der Preispfad wird durch die Gleichung />j = ( / > o - c ) ( l + / ) j + c
beschrieben. Die erforderliche Preissteigerung beträgt
Für die Zunahme der Stückrente gilt dp/{p — c) = i. Die Hotelling-Regel ist notwendige Bedingung dafür, daß bei intertemporalem Abbauverhalten — im Rahmen der sonstigen Modellannahmen — Marktgleichgewicht in jeder Periode bestehen kann. Die Unternehmen
3. Absolute Renten, Differential- und Monopolrenten
43
bieten laufend gerade die Rohstoffmengen an, die zu den herrschenden Preisen nachgefragt werden. Bei schneller oder langsamer steigenden Preisen würden sie die gesamten Vorräte sofort bzw. erst in der fernen Zukunft anbieten. Beide Situationen stellen Marktungleichgewichte dar. Gleichgewicht über die Zeit besteht, wenn zum Zeitpunkt der Erschöpfung der Vorkommen die Preise soweit angestiegen sind, daß auch keine Nachfrage mehr besteht. Beim Höchstpreis ist zugleich die Stückrente maximal. Der Wert der Rohstoffvorräte in den einzelnen Zeitpunkten ist offensichtlich dann am höchsten, wenn die laufenden Stückrenten gleich der diskontierten maximalen Stückrente sind. Die Stückrente in der ersten Abbauperiode beträgt
ν
Λ—
Ρ max C
·
(1 + if Wegen der Hotelling-Regel erhält man dann für den gleichgewichtigen Preispfad p} = Pi =
λ (1 + ι')· + c bzw.
(/'max -
C)
(1
+
0"(Z-J) +
C.
Den jeweiligen Preisen entspricht gemäß der gegebenen Nachfragefunktion eine bestimmte Nachfrage in den einzelnen Perioden, so daß sich insgesamt mit Hilfe der vorgegebenen Daten auch die Gesamtausbeutungsdauer (Z) bestimmen läßt. Renteneinkommen treten also auf, wenn die Anbieter für die Zukunft mit Überschüssen rechnen und sie ihre Erwartung wirksam in eine Verknappung des laufenden Angebots umsetzen können. Sie haben es in der Hand, durch Streckung der Ausbeutung die Preise hoch zu halten. Es tritt ein ähnlicher Effekt ein wie auf monopolistischen Märkten, auf denen die Anbieter durch Angebotsverknappung ihre Marktmacht in Monopolrenten ummünzen. Im Modell sind alle Anbieter identisch, kalkulieren also auch mit den gleichen intertemporalen Opportunitätskosten, insofern ist die Erwartungsbildung genauso „einfach" wie im Monopol. In der Realität haben die einzelnen Anbieter aber unterschiedliche Erwartungen. Ein abgestimmtes Zukunftsverhalten ist bei Wettbewerb kaum möglich. Die Anbieter müßten stillschweigend von den gleichen Erwartungen ausgehen. Es müßte sich bei allen die Einstellung durchsetzen, daß sie durch Verlangsamung des Abbaus höhere Preise und Gewinne erwirtschaften können. Sie müßten davon ausgehen, daß mit abnehmenden Weltrohstoffbeständen die Preise ansteigen, weil die Nachfrager in der Konkurrenz um die knapper werdenden Ressourcen die Preise hochtreiben. Konkreter Anhaltspunkt für die Formierung allgemeiner
44
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
Preissteigerungserwartungen wäre die absehbare Erschöpfung der Vorkommen. Die Erschöpfung der Ressourcen auf der Erde ist aber ein sehr langfristiges und äußerst unbestimmtes Phänomen. Niemand weiß, wann ein Rohstoff nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Betrachtet man die Entwicklung in den letzten 10 bis 20 Jahren, so ist festzustellen, daß sich die bekannten Vorräte für die wichtigsten Rohstoffe nicht verringert, sondern eher erhöht haben. Die Explorationstätigkeit stellt ein Gegengewicht gegen den laufenden Verbrauch dar. Die Modellannahme, daß mit ständigem Verbrauch die Bestände abnehmen, gilt nur in einem vagen und sehr globalen Sinne. Für einige Mineralien erscheint die Reichweite der bekannten Vorkommen (statische Restlebensdauer) — nachgewiesene Reserven im Verhältnis zur laufenden Abbaumenge — relativ kurz, etwa für Flußspat, Asbest und Quecksilber mit 25 Jahren und für Erdöl (einschließlich Teersande und Ölschiefer) und Erdgas mit 50 Jahren (90 Jahren) bzw. 75 Jahren. Diese Zahlen sagen aber wenig aus. Worauf es ankommt ist, wie sich die Reichweite der bekannten Vorräte im längerfristigen Zeitablauf ändert (vgl. Tab. 2). Geht sie deutlich zurück, so ist dies ein Indiz für eine Verknappung in der Zukunft, das die Unternehmen auf breiter Front zu einer Drosselung der Produktion veranlassen kann. Eine solche Entwicklung ist aber auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Mit der Erschöpfung wichtiger Mineralien in den nächsten hundert Jahren wird kaum gerechnet.10 Vor diesem Hintergrund ist die praktische Bedeutung absoluter Rohstoffrenten eher gering einzuschätzen. Solange sich die Erschöpfung nicht durch eine kräftige und anhaltende Verminderung der Reichweite der bekannten Vorräte und durch eine langfristig abnehmende Ergiebigkeit der Explorationstätigkeit ankündigt, werden die laufenden Marktpreise kaum ein absolutes Rentenelement enthalten. Daher ist eine Sonderbesteuerung, die auf diese Überschüsse abzielt, erst in der Endphase der Nutzung einer erschöpfbaren Ressource gerechtfertigt: „Since most of the value of resource stocks is in the last few decades of their life ... taxes on resource use do not become significant until only a few decades of resource life remain ... There is no particular argument in favour of taxing the use of natural resources as such when hundreds of years of reserves exist."11
10 11
Schneider, 1980, S. 820 Kay und Mirrless, 1975, S. 170
36 42
1969 35 43
1970 33 44
1971 31 45
1972
Reserven (am 1.1. des nachfolgenden Jahres) % Fördermenge (des Vorjahres), Reserven = nachgewiesene wirtschaftlich gewinnbare Vorkommen. Vorläufig.
Bis 1975: Reserven ohne sehr große Vorkommen mit geringem Mineralgehalt.
c)
— für Energieträger: Esso AG, Presse- und Informationsabteilung, Hamburg 1982, BP statistical review of world energy 1981, London 1982. Zahlen bis 1981 zusammengefaßt in: Grathwohl, M., Energieversorgung, 2. völlig neu bearb. Aufl., Berlin und New York 1983, S. Ill und S. 131 — für mineralische Rohstoffe: US-Bureau of Mines, Commodity Data Summaries, Washington, D.C., Jahrgänge 1946-1976, ab 1977 fortgesetzt unter dem Titel Mineral Commodity Sumaries, Jahrgänge 1977-1986.
Quellen:
b)
31 50
33 48
1973 1974 30 48
1975 29 51
1976 29 49
1977 27 48
1983
34 34 57 56
1982 33 59
1981
33 56
1980
32 53
1979
29 49
1978
1984 1985b)
161 203 189 231 227 201 234 314 297 330 261 254 261 301 293 268 304 27 28 27 27 37 42 42 43 36 36 45 45 49 42 44 42 43 479 414 385 395 222 191 217 200 250 350 362 345 363 339 219 720 708 352 332 324 330 293 283 295 289 302 305 295 300 310 333 283 261 258 17 33 28 31 55 58 54 44 46 61 113 121 110 124 140 127 69 47 47 51 46 47 53 59 62 59 73 71 65 62 64 63 59 67 19 19 17 19 19 20 21 21 26 23 22 23 21 23 23 41 38 — — — — 32 44 47 45 43 42 53 48 59 65 84 77 77 20 19 21 21 21 21 24 27 26 26 40 42 41 40 46 45 46 29 18 18 17 18 44 45 45 44 41 38 41 40 41 47 14 15
34 43
1968
a>
162 27 537 373 13 52 20 — 16 24
II. Mineralische Rohstoffe Bauxit 161 146 167 Blei — — 29 Chrom 496 488 550 Eisenerz0 322 315 326 Flußspat 27 25 16 Kupfer 38 37 58 Quecksilber 12 12 22 Wolfram — — — Zink 18 17 17 Zinn 24 23 26
31 37
1967
31 42
31 36
1966
31 41
I. Energieträger Erdöl Erdgas
1965
Tabelle 2: Statische Restlebensdauera) ausgewählter Rohstoffe (in Jahren) 3. Absolute Renten, Differential- und Monopolrenten
45
46
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
Rohstoffnachfrage
Abb. 2: Absolute Rohstoffrente
im Hotelling-Modell
Monopolrenten: Wenn man die Marktform der vollständigen Konkurrenz als Vergleichsmaßstab heranzieht, treten in nahezu allen Wirtschaftszweigen Renteneinkommen auf, weil einzelne Anbieter fast überall über eine gewisse Marktmacht verfügen und sie Preiserhöhungsspielräume ausnutzen. Von praktischer Bedeutung sind Monopolrenten aber nur auf den hochkonzentrierten Märkten. Manche Vorzugsposition, die auf einer besonderen Leistung, etwa der Entwicklung eines neuen Produktes, oder auf anderen besonderen Umständen, zum Beispiel günstigen Voraussetzungen für eine Kartellierung, beruht, bricht langfristig zusammen, weil durch die überdurchschnittlich hohen Gewinne neue Anbieter angelockt werden und die Kartelldisziplin verlorengeht. Diese Monopolgewinne haben dann nur den Charakter von Quasi-Renten. Dauerhafte marktbeherrschende Positionen, die eher selten sind, sind vor allem Folge eines hohen Kapitalbedarfs, steigender Skalenerträge mit zunehmender Produktion, einer gesetzlichen Abschottung der Märkte und — im Rohstoffbereich — einer Konzentration der Bodenschätze in den Händen weniger Anbieter (Länder). Die Verhältnisse sind auf den einzelnen Rohstoffmärkten sehr unterschiedlich. Meist herrscht intensive Konkurrenz und können sich Kartelle nicht halten. Wichtigste Ausnahme ist der Erdölbereich. Die starken Ölpreiserhöhungen seit 1973 sind hauptsächlich Ergebnis einer Monopolisierung des Ölmarktes durch das OPEC-Kartell. 12 Der Anfang der 70er Jahre vor allem durch den Bericht des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums verbreitete Ressourcenpessimismus13 — für wichtige Rohstoffe wurde bis Ende dieses Jahrhunderts die 12 Vgl. zu einer ökonometrischen Überprüfung verschiedener Erklärungsansätze Griffin, 1985 13 Meadows, 1972
4. Schonendere Nutzung der Rohstoffvorkommen
47
Erschöpfung vorausgesagt, eine Prognose, die sich längst als falsch erwiesen hat — mag intertemporale Arbitrageerwägungen bei den Rohstoffanbietern gefördert und zur Entstehung absoluter Renten geführt haben, kann aber die explosionsartigen Ölpreiserhöhungen und das Verharren der Preise auf hohem Niveau nicht erklären. In den Förderländern außerhab der OPEC schlugen sich die Preissteigerungen in hohen windfall profits nieder, die die meisten Regierungen veranlaßten, ihre Förderabgaben kräftig zu erhöhen. Das betraf auch substitutive Rohstoffe. Da in anderen Wirtschaftszweigen Monopolgewinne toleriert werden, könnte man auch davon absehen, sie im Rohstoffsektor abzuschöpfen. Dies ist aber bereits aus praktischen Gründen nicht möglich. Aus normativen Gründen bleibt die Abschöpfung insofern gerechtfertigt, als dem Staat als originärem Eigentümer der Ressourcen auch die monopolistischen Übergewinne zustehen. Über die empirische Bedeutung der einzelnen Rentenformen, Differentialrente, absolute Rente und Monopolrente, läßt sich schwer etwas sagen. Die Ressourcentheorie betont die absoluten Renten. In der mehr praxisorientierten Literatur ist dagegen fast nur von Differentialrenten die Rede. Sofern absolute Renten neben den Differentialrenten eine Rolle spielen, braucht die Abschöpfungspolitik weniger Rücksicht auf disincentives zu nehmen. Dominieren die Differentialrenten, ist die direkt rentenbezogene Ausgestaltung der Abgaben besonders wichtig, um niedrig verzinsliche und marginale Projekte zu schützen.
4. Schonendere Nutzung der Rohstoffvorkommen
In neueren ressourcentheoretischen Arbeiten wird hervorgehoben, daß Abgaben je nach Ausgestaltung den Rohstoffabbau sowohl beschleunigen als auch verlangsamen können: „ . . . there exists a pattern of taxation that can generate essentially any desired path of resource usage; that is, taxation provides a sufficiently wide set of policy tools to influence resource depletion in, more or less, any manner that one cares to choose."14 Die schnellere Förderung kann in rohstoffreichen Entwicklungsländern als Ziel eine Rolle spielten, wenn es gilt, die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Die Grundvorstellung für einen intertemporal lenkenden Einsatz der Förderabgaben ist aber, daß der Markt die erschöpfbaren Ressourcen zu schnell ausbeutet und der Staat zugunsten der künftigen Generationen ein Gegengewicht bilden sollte. Daß die heutigen Generationen Verantwortung für ihre Nachkommen haben, wird in der Politik kaum bestritten. So lautet etwa der 14
Dasgupta, Heal und Stiglitz, 1980, S. 150
48
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
Leitsatz einer Publikation des Bundeswirtschaftsministeriums über Rohstofffragen: „Wir können und dürfen nicht nur an unsere heutigen Bedürfnisse denken, sondern müssen auch den nachfolgenden Generationen eine ausreichende Menge und Vielfalt von Rohstoffen hinterlassen."15 Auch wenn die These nicht unumstritten ist, so sprechen doch überzeugende Gründe dafür, daß die Bodenschätze durch den Markt tendenziell zu schnell ausgebeutet werden. Im Hotelling-Modell werden die zukünftigen Knappheiten vom Markt genau antizipiert. Die intertemporalen Opportunitätskosten — der diskontierte Wert der maximalen Stückrente — stimmen mit den diskontierten Nettonutzen (user cost), die zukünftigen Generationen aus einer zusätzlichen Rohstoffeinheit erwachsen, überein. Die Nutzen zukünftigter Generationen werden laufend durch den Markt internalisiert. Das intertemporale Abbauprofil der Vorräte spiegelt in vollkommener Weise die relativen heutigen und zukünftigen Knappheiten wider. Eine Reallokation würde nur die Wohlfahrtsverteilung über die Zeit verschlechtern. Da die zukünftigen Knappheiten von Beginn der Ressourcennutzung an erfaßt werden und die Preise ständig ansteigen, hat der Markt genügend Zeit und bestehen auch die notwendigen Anreize, um Substitutionsprozesse in Bewegung zu setzen, die dafür sorgen, daß keine Engpässe auftreten, wenn die Vorkommen einmal erschöpft sind. Dieses Bild überzeichnet die Vorteile des Marktsystems. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Zeithorizont des Marktes ist begrenzt. Dafür, daß die Ressourcen durch den Markt zu schnell ausgebeutet werden, sprechen vor allem folgende Gründe: — Die langfristigen Knappheiten sind nicht bekannt. Die Unternehmen können nicht mit ihnen kalkulieren. Der Staat kann dagegen trotz aller Unsicherheiten eine langfristig vorsorgende Politik betreiben. — Die Unternehmen verhalten sich risikoscheu. Die zukünftigen Preise, Absatzmengen und Kosten sind unsicher. Da die Unternehmen typischerweise dem Risiko abgeneigt sind — also einen bestimmten sicheren Geldbetrag einem gleich hohen durchschnittlich erwarteten Geldbetrag vorziehen — verschiebt sich die Ertragsbewertung zugunsten der aktuellen Erträge und wird die laufende Förderung begünstigt. Ebenso ist es sicherer, neue Explorationen und Lagerstättenerschließungen heute vorzunehmen als in der Zukunft. Das Risiko nimmt mit zunehmender zeitlicher Entfernung rasch zu und geht nach und nach in absolute Ungewißheit über. Von daher erklärt es sich, warum der Zeithorizont der Unternehmen eher kurzfristig ausgerichtet ist. Die Risikoabschläge sind zwar Kosten der Produktion, denn auch die Bereitschaft zur Risikoübernahme stellt einen knappen Produktionsfaktor dar, jedoch heißt dies nicht, daß die intertemporale Ressourcen15
Bundesministerium für Wirtschaft, 1982, S. 3
4. Schonendere Nutzung der Rohstoffvorkommen
49
allokation durch den Markt optimal ist. Wenn auch für die heutigen Anbieter der eventuelle zukünftige Abbau mit Risiken verbunden ist, so besteht doch in der Zukunft selbst diese Unsicherheit nicht. Für die Nutzenbewertung durch zukünftigte Generationen spielt diese Risikokomponente keine Rolle. Da die Problematik für den Staat objektiv erkennbar ist, kann er der zu schnellen Ressourcenausbeutung durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken. — Die Anbieter nehmen in ihrem intertemporalen Arbitragekalkül eine Diskontierung der erwarteten user cost vor. Daß die Nutzen künftiger Generationen abdiskontiert werden dürfen, ist aber umstritten. Für ein Individuum gilt zwar, daß es die zukünftigen Bedürfnisse geringer einschätzt als die Gegenwartsbedürfnisse. Auf das Verhältnis zwischen den Generationen kann diese traditionelle Begründung der Diskontierung aber nicht angewendet werden. Die heutige Gesellschaft ist eine andere als die zukünftige. Es gibt von vornherein keinen plausiblen Grund, weshalb die Menschen in der Zukunft einen gleichen realen Geldbetrag geringer bewerten sollten als die heute lebenden Generationen. Wenn die Bewertung die gleiche ist, darf keine Diskontierung vorgenommen werden. Manche Autoren lehnen deshalb die Diskontierung der Nutzen zukünftigter Generationen ab. Die Diskontierung „implies only that our telescopic faculty is defective." 16 Andererseits wird vorgebracht, daß der technische Fortschritt zu einer Steigerung des Lebensstandards in der Zukunft führt und wegen des fallenden Grenznutzens mit steigendem Realeinkommen eine Geldeinheit weniger wert sei als heute. Auch hier werden in etwas willkürlicher Weise heutige und künftige Generationen gleichgeschaltet, wird behauptet, daß das Gesetz vom fallenden Grenznutzen des Einkommens Gültigkeit besitzt, und vor allem wird unterstellt, daß die Menschen später einen höheren Versorgungsstand erreichen, was ja gerade wegen des Problems der Erschöpfbarkeit der Rohstoffe nicht selbstverständlich ist. Da Zukunftsentscheidungen in der privaten Wirtschaft immer der Diskontierung unterworfen sind, deuten sich hier prinzipielle Grenzen des Marktmechanismus an. Es ist eine Frage der politischen Bewertung, welche Argumente als gewichtiger angesehen werden. Für unsere Zwecke genügt es, festzuhalten, daß die Politik eine andere Wertung als der Markt vornehmen und die Interessen der zukünftigen Generationen besser zur Geltung bringen kann. — Die Bergbauunternehmen sind auf eine schnelle Wiedergewinnung des investierten Kapitals angewiesen. Das Management kann nicht in Erwartung hoher Renteneinkommen in der fernen Zukunft die laufende Förderung kräftig einschränken oder gar stillegen und sich darauf stüt16
Pigou, 1932, S. 25, vgl. auch Solow, 1974, S. 9
4 Cansier
50
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
zen, daß die Kapitalgeber die günstigen Erwartungen teilen und auf Dividenden-, Zins- und Tilgungszahlungen ad calendas graecas verzichten. Laufende Gewinne sind wichtiger als unsichere unrealisierte Wertsteigerungen. Vor allem wiederum aus Risikogründen ist die Zeitperspektive der Kapitalgeber eher kurzfristig. Hinzu kommt, daß das Management der großen Kapitalgesellschaften selbst auf Sicherheit bedacht ist. Es wird höchst riskante langfristige Angebotsspekulationen, die seine Position gefährden können und die die Kapitalgeber gar nicht erwarten, kaum als laufende Aufgabe der Geschäftsführung ansehen. — Dafür, daß der Markt auch mit einem zu langsamen Ressourcenabbau verbunden sein kann, wird auf das Monopolargument verwiesen. Der Monopolist verhält sich bei Vermögensmaximierung nach der Regel Grenzerlös gleich Grenzkosten (Produktions- und Opportunitätskosten). Der Grenzerlös ist kleiner als der Marktpreis. Es läßt sich zeigen, daß der Rohstoffabbau je Periode beim Monopol geringer als bei vollständiger Konkurrenz ist und die Vorkommen langsamer abgebaut werden, wenn die Elastizität der Nachfrage in bezug auf den Preis konstant ist. Bei variabler Elastizität kann man Gegenbeispiele bilden, aber insgesamt ist die zu langsame Ausbeutung die Regel.17 Dennoch ist von dieser Seite kein ausreichendes Gegengewicht gegen die Argumente, die für einen zu schnellen Rohstoffabbau durch den Markt sprechen zu erwarten, nicht zuletzt deshalb, weil auf den Rohstoffmärkten in der Regel Wettbewerb herrscht. Wenn die Entscheidung zugunsten einer Politik des langsameren Rohstoffverbrauchs gefallen ist, könnten zwei konzeptionelle Ansätze verfolgt werden, wobei freilich nur der zweite Weg für praktische Zwecke konkret genug ist. Die externen user cost analog dem Konzept der Pigou-Steuern den Unternehmen über Abgaben anlasten zu wollen, scheitert — ebenso wie im Umweltbereich — daran, daß die in der Zukunft entgangenen Nutzen nicht bekannt sind. Ähnlich wie im Umweltbereich ist es notwendig, daß der Staat politische Ziele setzt und danach die Maßnahmen ausrichtet. Ziel müßte es sein, die Rohstoffbasis von Generation zu Generation intakt zu halten.18 Dabei kann man natürlich nicht von der statischen Perspektive des Hotelling-Modells ausgehen und die Bodenschätze auf der Erde als einen „Kuchen" ansehen, der nur einmal verteilt werden kann. Rohstoffe sind nicht unersetzlich. Ihr Wert in der Zukunft hängt von den dann verfügbaren Ersatzstoffen und rohstoffsparenden Techniken ab. Nur der technische Fortschritt kann auf Dauer die Abhängigkeit von erschöpfbaren Rohstoffen beseitigen und den Lebensstandard auf hohem Niveau stabilisieren. Aus 17 18
Kay und Mirrless, 1975, S. 167 Page, 1977, S. 74
4. Schonendere Nutzung der Rohstoffvorkommen
51
langfristiger Perspektive kommt zwei Arten des technischen Fortschritts eine Schlüsselfunktion zu: — Innovationen, die es gestatten, Konsumgüter mit wenigen Rohstoffen und Energie herzustellen (rohstoffsparender technischer Fortschritt) und — Innovationen, die die Nutzung reichlich oder unbegrenzt vorhandener Rohstoffquellen zu vertretbaren Kosten ermöglichen (verfügbarkeitserhöhender technischer Fortschritt). Verbessertes Wissen und erhöhter Kapitaleinsatz ersetzen die natürlichen Rohstoffe als Produktionsfaktor bzw. helfen, neue Rohstoffpotentiale zu erschließen. Da eine völlige Einsparung natürlicher Rohstoffe kaum zu erwarten ist, erhalten Innovationen auf diesem Gebiet vor allem insoweit große Bedeutung, als sie eine Streckung der Nutzung der erschöpfbaren Rohstoffbestände ermöglichen und Zeitgewinn für den Strukturwandel schaffen. Eine Lösung des Mengenproblems kann letztlich nur vom verfügbarkeitserhöhenden technischen Fortschritt kommen. Hoffnungen macht man sich auf die Entwicklung von Techniken zur Erschließung unerschöpflicher Rohstoffquellen (Auffangtechnologien). Beispiele, die hier genannt werden, stammen aus dem Energiesektor (Nutzung der Sonnenenergie und Schnelle-Brüter-Technologie). Nach Ansicht der Geologen stellen die energetischen Ressourcen den wichtigsten Engpaßfaktor dar. Die meisten metallischen Rohstoffe mit ihren Ersatzstoffen gibt es reichlich, wenn auch nur in geringen Konzentrationen. Durch Auffangtechnologien könnte auch die sehr energieaufwendige Gewinnung dieser Vorkommen wirtschaftlich werden. Das gleiche gilt für die Verbesserung des Recycling. Es ist vorstellbar, daß der Teil der natürlichen Rohstoffe, der wirklich verloren geht, stark reduziert wird. Ebenso sind grundlegende Verbesserungen der Gewinnungs-, Aufbereitungs- und Veredelungstechniken denkbar. Wenn man davon ausgeht, daß der heutige Ressourcenverbrauch mit Nutzenentgängen in der Zukunft verbunden ist, dann impliziert dies, daß die Rohstoffe später durch den technischen Fortschritt nicht bereits obsolet werden. Wenn man mit Opportunitätskosten rechnet, so drückt dies die Vorstellung aus, daß möglicherweise mit der Verknappung und der Erschöpfung der Bodenschätze nicht rechtzeitig Alternativ- und Einspartechnologien zur Verfügung stehen und aus dem heutigen Handeln daher für künftige Generationen Risiken erwachsen. Da die Rohstoffpreise eher zu niedrig sind und sehr langfristige Investitionen für die Unternehmen große, ja unüberwindbare Risiken aufwerfen und häufig einen sehr hohen Kapitalaufwand erfordern, ist es nicht ausgemacht, daß die automatischen Marktkräfte für den notwendigen technischen Fortschritt sorgen. Die zukünftige Entwicklung ist ungewiß. Im Sinne eines fairen Kompromisses sollte die Politik dazu beitragen, die künftigen Risiken zu vermindern. Der eine Weg, dies zu tun, 4*
52
II. Rentenabschöpfung und schonendere Rohstoffnutzung
besteht in der Förderung der Erforschung und Entwicklung rohstoffsparender und verfügbarkeitserhöhender Techniken (staatliche Grundlagenforschung und Subventionierung der privaten Forschung), der andere in der schonenderen Nutzung bekannter Rohstoffvorkommen, durch die Strukturwandel und technischer Fortschritt Zeit gewinnen.19
Literatur Baumol, W. J. und Blinder, A . S.: Economics. Principles and Policy, New York u.a. 1979 Binswangen H.-Chr. u.a. : Wirtschaft und Umwelt. Möglichkeiten einer ökologieverträglichen Wirtschaftspolitik, Stuttgart 1981 Buchholz, W.: Intergenerationelle Gerechtigkeit und erschöpfbare Ressourcen, Berlin 1984 Bundesministerium für Wirtschaft, Mineralische Rohstoffe, Bonn 1982 Cassel, G.: Theoretische Sozialökonomie, 1. Aufl., 1918, 5. neubearb. Aufl. 1932 Dasgupta, P., Heal, G. M . und Stiglitz, J. E.: The Taxation of Exhaustible Resources, in: Hughes, G. H . und Heal, G. M . (Hrsg.), Public Policy and the Tax System, London 1980, S. 150 ff. Endres, Α.: Umwelt- und Ressourcenökonomie, Darmstadt 1985 Gaffney, M.: Objectives of Government Policy in Leasing Mineral Lands, in: Crommelin, M . und Thompson, A . (Hrsg.), Mineral Leasing as an Instrument of Public Policy, Vancouver 1977, S. 4 ff. Gordon, R. L.: A Reinterpretation of the Pure Theory of Exhaustion, in: Journal of Political Economy, Bd. 75, 1967, S. 274 ff. Grathwohl, W.: Energieversorgung, 2. völlig neubearb. Aufl., Berlin und New York 1983 Griffin, J. M.: OPEC Behavior: A Test of Alternative Hypotheses, in: American Economic Review, Bd. 75, 1985, S. 954 ff. Herßndahl, O. C.: Depletion and Economic Theory, in: Gaffney, M . (Hrsg.), Extractive Resources and Taxation, Madison und London 1967, S. 63 ff. Herfindahl, O. C. und Kneese, Α . V.: Economic Theory of Natural Resources, Columbus/Ohio 1974 Hotelling, H.: The Economics of Exhaustible Resources, in: Journal of Political Economy, Bd. 39, 1931, deutsch: Ökonomie erschöpfbarer Ressourcen, in: Siebert, H. (Hrsg.), Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, Darmstadt 1979, S. 39 ff. Kay, J. A . und Mirrless, J. Α.: The Desirability of Natural Resource Depletion, in: Pearce, D. W. und Rose, J. (Hrsg.), The Economics of Natural Resource Depletion, London und Basingstoke 1975, S. 140 ff. Vgl. ζ. B. Page, 1977 und Binswanger, 1981
Literatur
53
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I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
1. Vorbemerkungen
Wir betrachten hier die Auswirkungen von Abgaben auf das zeitliche Abbauprofil gegebener Rohstoffvorkommen. Es ist üblich, die Analyse mit Hilfe des Hotelling-Modells oder einer Variante dieses Modells durchzuführen.1 Es gelten die früher genannten Annahmen (gegebener erschlossener Rohstoffbestand, identische Anbieter, keine Ländergrenzen, vollständige Konkurrenz, vollkommene Information und Sicherheit der Entscheidungen, konstante Stück- und Grenzkosten). Der Überschuß der Erträge über die Kosten stellt die Rente dar. Für die Analyse sind zwei Wirkungsebenen zu unterscheiden: die Anpassung des einzelnen Anbieters bei gegebenem Preispfad (einzelwirtschaftlicher Aspekt) und die Änderung der Marktpreise (marktlicher Aspekt). Für die Abgabenwirkungen sind vor diesem Hintergrund die folgenden beiden Faktoren verantwortlich: — das intertemporale Arbitrageverhalten der Rohstoffanbieter, nach dem im Gleichgewicht die Grenz- bzw. Stückrente (p-c, ρ = Preis, c = Grenzbzw. Stückkosten) exponentiell mit dem Zinssatz i steigen muß:
p-c
Abgaben beeinflussen das Extraktionsprofil, indem sie das Verhältnis der Nettostückrenten verändern. — der intertemporale Preispfad, der durch die Hotelling-Regel und durch den gegebenen Höchstpreis festgelegt wird: j Pi Fi = λ ν(1 + )0 + c
P 1
mit λ = (P1u+n0 ~ g P
Vgl. zur formalen Analyse Burness, 1976; Dasgupta, Heal und Stiglitz, 1980, S. 150 ff.; Webb und Ricketts, 1980, S. 146 ff., Heaps und Helliwell, 1985, S. 421 ff. und Buchholz, 1986, S. 66 ff.
55
1. Vorbemerkungen
Formal sind die Abgabenwirkungen Ergebnis des Zusammenspiels der erforderlichen Preissteigerungsrate und des Endpreises bzw. des abgeleiteten Anfangspreises. Änderungen der Preissteigerungsrate bedingen Änderungen des Anfangspreises. Folgt etwa aus einer Abgabe eine höhere gleichgewichtige Preissteigerungsrate, so muß der Anfangspreis niedriger liegen (Verlagerung des Preispfades von p\ nach pu in Abb. 3). Bei niedrigerem Anfangspreis ist aber die Nachfrage größer und die Ressource wird schneller verbraucht. Bei gleicher Zeitspanne Zi liegt der Preispfad pu stets unter dem Preispfad pi, so daß die nachgefragte und produzierte Menge in jeder Periode größer wäre, was aber angesichts des begrenzten Rohstoffbestandes nicht möglich ist. Wenn die Abgabenerhebung umgekehrt mit einer geringeren Preissteigerungsrate verbunden ist, liegt der Anfangspreis höher und die Bodenschätze werden langsamer ausgebeutet.
l'ir.m
7
c —
II
Abb. 3: Zusammenhang zwischen Preissteigerungsrate hei gleichgewichtigem Abbaupfad
»
Zeit z
i
und Anfangspreis
Das Hotelling-Modell beschreibt eine gleichgewichtige und allokationsoptimale Nutzung einer Ressource von Beginn an bis zur Erschöpfung. Da die user cost richtig vom Markt antizipiert werden, ist die intertemporale Allokation effizient und nicht korrekturbedürftig. Es lassen sich daher im Modell zunächst nur allokationsverzerrende Wirkungen aufzeigen. Die Ergebnisse können aber auf die Frage nach der Eignung von Abgaben als Instrument zur Korrektur des Marktergebnisses übertragen werden, denn wesentlich für die Beeinflussungsrichtung ist das intertemporale Arbitrageverhalten und nicht die richtige Antizipation der user cost im fernen Erschöpfungsstadium der Vorkommen.
56
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
Wir wollen im folgenden die Auswirkungen mehrerer Abgabenformen, Abgaben auf den Wert des geförderten Rohstoffs, auf die Rente, den Gewinn und auf den Ertragswert des Bodenschatzes, untersuchen. Als beeinflußbare Größen tauchen im Modell nur der Preis, die Stückkosten und der Zinssatz auf. Es können nur die Wirkungen, die mit der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage und dem Tarif zusammenhängen, erfaßt werden. Detailregelungen wie etwa die steuerlichen Abschreibungen und der Verlustausgleich lassen sich nicht berücksichtigen, weil die Kosten nicht näher spezifiziert sind, Investitionen im Modell keine Rolle spielen und die Anbieter stets und mit Sicherheit Überschüsse erwirtschaften. Eine Rolle für die intertemporalen Wirkungen spielt der zeitliche Charakter der Abgabenerhebung. Bei vorübergehenden Änderungen wird das Abbauprofil in der Weise verändert, daß die Abgabenbasis — die Produktion — in den Perioden erhöht wird, in denen die Abgabensätze am niedrigsten sind. Die intertemporale Umverteilung hält solange an, wie die diskontierte Steuerersparnis größer ist als die Verminderung der diskontierten Bruttorente (bei gegebenem Preispfad). 2 Zeitliche Tarifänderungen können als Instrument der kurzfristigen Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit eingesetzt werden, aus langfristiger Perspektive interessieren dagegen die Wirkungen, die mit den Abgabenformen als solchen verbunden sind.
2. Auswirkungen von Abgaben im Hotelling-Modell
Wertabgabe: Eine proportionale, zeitlich konstante Abgabe auf den Wert der geförderten Rohstoffmenge X, T— t · ρ - X, vermindert den Nettopreis bzw. die Stückrente um t · p. Die Diskontierungsrate wird durch die Abgabe nicht verändert. Wenn die Stückrente mit dem Zinssatz steigt, erhöht sich der Preis mit einer geringeren Rate. Der diskontierte Preis fällt mit zunehmender zeitlicher Entfernung. Daher ist bei unverändertem Preispfad p* der Gegenwartswert der Abgabe je Rohstoffeinheit um so geringer, je später der Abbau erfolgt: t. pZ>
F
-LH-
(1 + ζ)
, ; > J
0
Das Gleichgewicht ist gestört. Es ist für die Unternehmen lohnend, den Abbau (ad infinitum) hinauszuschieben. Die Angebotsverknappung in der Gegenwart führt zu Preiserhöhungen, die Angebotsausdehnung in der Zukunft zu Preissenkungen. Bei Stabilität des Marktgleichgewichts passen sich 2
Ciriacy-Wantrup, 1968 (1. Aufl. 1952), S. 168 ff.
2. Auswirkungen von Abgaben im Hotelling-Modell
57
die intertemporalen Preisrelationen der neuen Datenkonstellation an. Auf dem neuen Gleichgewichtspfad muß die Nettorente mit dem Zinssatz steigen: dp (1 p{\-t)-c
- Q
Bei konstanten Stückkosten ist diese Anpassung nur über eine Verlangsamung des Anstiegs der Rohstoffpreise möglich. Es muß gelten: d
-l=i( p
1- 0
Die erforderliche Preissteigerungsrate vermindert sich durch die Abgabenerhebung. Der schwächere Preisanstieg neutralisiert den sonst bestehenden Anreiz, den Vorratsabbau ad infinitum aufzuschieben. Er stellt die Indifferenzlage wieder her. Folge des schwächeren Preisanstiegs ist aber ein höherer Anfangspreis, der zu Einschränkungen der Nachfrage führt und so den Ressourcenabbau verlangsamt (Bewegung von pu nach ργ in Abb. 3). Die Abgabe vermindert zwangsläufig die Nettorenten und den Wert der Bodenschätze, weil der Höchstpreis fest vorgegeben ist. Der diskontierte Abgabenbetrag ist jedoch geringer als bei fehlender Anpassung, so daß eine gewisse Überwälzung möglich ist. Als Instrument der Rentenabschöpfung wirkt die Wertabgabe nicht neutral. Bei konstantem Tarif vermindert sich im Zeitablauf die Abschöpfungsquote (tp)/{p—c), weil der Preis langsamer steigt als die Stückrente. Wenn diese Bedingung für eine Verlangsamung der Ressourcennutzung gilt, so kann man auch folgern, daß sich, wenn die Abschöpfungsquote im Zeitablauf konstant bleibt, auch das Abbauprofil nicht ändert. Bedingung hierfür ist, daß der Abgabesatz von Periode zu Periode genau um die Rate angehoben wird, um die die Stückrente schneller wächst als der Preis:1 dp p-c
dp
_
i -c
ρ
ρ
_
dt t
Die Tariferhöhung wirkt als Gegenkraft und neutralisiert gerade die Verlangsamungstendenzen. Wenn der Tarif schneller als mit der Rate i- c/p wächst, wird der Abbau beschleunigt. Für die Praxis ist freilich nur die zeitlich konstante Abgabe von Bedeutung. In ähnlicher Weise wie die Wert3
Dasgupta, Heal und Stiglitz, 1980, S. 163.
58
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
abgabe führt auch eine Mengenabgabe zu einer Verlangsamung des Ressourcenabbaus. Die Überlegungen lassen sich auch auf spezielle Rohstoffverbrauchsteuern, die auf nachgelagerter Stufe erhoben werden (Mineralölsteuer), ebenso wie auf die allgemeine Nettoumsatzsteuer übertragen. Beide Steuern vermindern ebenfalls den Nettopreis. Rentenabgabe: Die Stückrente muß im Gleichgewicht mit dem Marktzins steigen. Der Zinssatz hat eine Maßstabsfunktion. Merkmal einer Rentenabgabe ist es, daß sie sich nur auf die echten Überschüsse aus der Rohstoffproduktion bezieht. Zinserträge gehen nicht in die Bemessungsgrundlage ein. Durch eine proportionale Rentenabgabe (t = Abgabensatz) werden die Stückrenten einheitlich um den gleichen Prozentsatz vermindert. Das Verhältnis der intertemporalen Stückrenten bleibt konstant und entspricht dem bisherigen Diskontierungsfaktor: to-Ή1-')
= (i + /y.
ÌPo-c)(ì-t)
Die Unternehmen haben keine Möglichkeit, durch zeitliche Veränderung des Abbaus den Barwert der Gesamtabgabenschuld zu vermindern. Der Preispfad bleibt konstant. Der Wert der Bodenschätze vermindert sich in den einzelnen Zeitpunkten entsprechend dem Tarif (Vgl. Abb. 4). Was bei anderen Abgaben komplizierte temporale Tarifanderungen erfordert — Bedingung ist eine konstante Rentenabschöpfungsquote im Zeitablauf—, erreicht die proportionale, zeitlich konstante Rentenabgabe automatisch. Sie ermöglicht eine Abschöpfung der Renten ohne intertemporale Allokationsverzerrungen, kann allerdings auch nicht für Reallokationszwecke eingesetzt werden.
,i
Z Zeit
Abb. 4: Neutralität der Rentenabgabe
2. Auswirkungen von Abgaben im Hotelling-Modell
59
Mit der Nichtberücksichtigung der Zinserträge in der Bemessungsgrundlage weist die Rentenabgabe eine wichtige Neutralitätseigenschaft auf. Für den Anbieter spielt es im Gleichgewicht keine Rolle, ob er heute einen Rentenbetrag durch Produktion realisiert — z.B. in Höhe von 100DM — und zinsbringend — ζ. B. für eine Periode zum Zinssatz von 10 % — anlegt oder ob er die Wertsteigerung in Höhe des Zinssatzes abwartet und den Rohstoff erst später — nach einer Periode zum Betrag von 110 DM — verkauft. Bei einem Abgabensatz von ζ. B. 50 % verfügt er in beiden Fällen nach einer Periode über 55 DM. Die Befreiung der Zinsen und der proportionale Tarif sorgen für eine gleichmäßige fiskalische Behandlung beider Alternativen. Proportionale Einkommensteuer: Ein Unterschied der Einkommensteuer gegenüber der Rentenabgabe besteht darin, daß die Unternehmenseigner auch die Zinserträge versteuern müssen. Die Entscheidungsalternative „Produktion und zinsbringende Anlage der Überschüsse" wird diskriminiert. Die Steuer vermindert sowohl die Rente als auch die Diskontierungsrate. Die Stückrente muß nun im Gleichgewicht mit dem Nettozinssatz zunehmen: dp>
CÄ -
(1-0 _ / ( i —0Cl — 0
C)
Die Preissteigerungsrate wird durch die Besteuerung vermindert. Der Anfangspreis liegt höher. Eine proportionale, zeitlich konstante Einkommensteuer führt also ebenso wie Wert- und Mengenabgaben zu einem langsameren Abbau der Bodenschätze. Ursache hierfür ist die Doppelbesteuerung des finanziellen Sparens. Die Steuer vermindert sowohl den anlagefähigen Rentenbetrag als auch den darauf erzielbaren Zinsertrag. Die Vermögensrealisation über Kapitalgewinne wird dagegen nur einmal besteuert. In unserem Zahlenbeispiel zur Rentenabgabe erbringt die Alternative „produzieren und sparen" nun lediglich einen Ertrag von 52,50 D M im Vergleich zu 55,— D M bei der Alternative „horten und spätere Produktion". Damit sich die Anbieter indifferent hinsichtlich des Abbauzeitpunktes verhalten, müssen die aneutralen fiskalischen Impulse durch anfangs höhere und später niedrigere Preise ausgeglichen werden. Die Einkommensteuer unterscheidet sich von der Rentenabgabe auch dadurch, daß sie die gewünschte Mindest Verzinsung des investierten Kapitals trifft. Wenn wir uns vorstellen, daß die Kapitalverzinsung in den Kosten enthalten und dieser Anteil im Zeitablauf konstant ist, dann erhöht die proportionale Einkommensteuer einheitlich die Stückkosten, wobei der Barwert der Kostensteigerung um so geringer ausfällt, je später der Abbau erfolgt. Die Verlangsamung der Ressourcennutzung wird verstärkt.
60
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
Komplizierungen treten bei einer progressiven Einkommensteuer auf. Der in den einzelnen Perioden relevante Steuersatz hängt dann vom Gewinnverlauf ab. Da die Stückrenten im Zeitablauf ansteigen, die Fördermengen aber abnehmen, sind unterschiedliche Gewinnverläufe denkbar. Es bestehen nun auch Anreize, den Abbau in Perioden mit niedrigen Steuersätzen zu verlagern. Abgabe auf den Ertragswert der Bodenschätze: Der Bodenschatz selbst stellt ein Aktivum dar, das im Rahmen der Rentenabschöpfung besonders besteuert werden, daneben aber auch — wie in der Bundesrepublik — den allgemeinen vermögensabhängigen Steuern unterliegen kann. In der Bundesrepublik sind Mineralgewinnungsrechte als Teil der Gewerbekapital- und Vermögensteuer mit dem gemeinen Wert (§ 100 Bewertungsgesetz) zu versteuern. Der gemeine Wert ist dem Ideal nach gleich dem Gegenwartswert der zukünftigen Erträge aus dem Abbau eines Vorkommens. In der Praxis kommen pauschalierte Ertragswertverfahren zur Anwendung. Im Hotelling-Modell ist der Ertragswert eines Bodenschatzes gleich der Vorratsmenge multipliziert mit der jeweiligen laufenden Stückrente (die zukünftigen Stückrenten entsprechen abdiskontiert der laufenden Stückrente). Da die Stückrente mit dem Zinssatz steigt, erhöht sich auch bei Nichtabbau der Vorräte der Ertragswert nach Maßgabe des Zinssatzes. Für die Ressourceneigner ist es im Grunde gleichgültig, ob sie die Vorräte aufbewahren und von den unrealisierten Wertsteigerungen leben (Es kann in beliebiger Höhe Fremdkapital zum herrschenden Zinssatz aufgenommen werden, um den Lebensunterhalt zu finanzieren.) oder ob sie die Bodenschätze abbauen und Finanzvermögen bilden.
Die Rohstoffe im Boden unterliegen wiederholt der Steuer, das Finanzvermögen dagegen nicht. Die Entscheidung zugunsten eines späteren Abbaues wird diskriminiert. Wenn etwa — bei einer Zweiperiodenbetrachtung — im Ausgangszustand Gleichgewicht zwischen den Entscheidungsalternativen bestand
Po~ c —
1 +1
und die Steuer einseitig den Ertragswert bei Abbau nach einer Periode trifft
Pi 1+ /
(1-0,
dann muß im neuen Gleichgewicht die Bedingung
61
3. Aussagefähigkeit
Po— c =
1+/
erfüllt sein. Daraus errechnen sich dp Ρ
1 - t
Die notwendige Preissteigerungsrate steigt, der Anfangspreis liegt niedriger, und angesichts der höheren Nachfrage ist die Ressource schneller erschöpft. Diese Wirkungen sind Folge der Abgabenfreiheit des Finanzvermögens. Werden die verschiedenen Vermögensarten gleich behandelt, so wirkt die Vermögensbesteuerung neutral. 4 In der Praxis läßt sich das Finanzvermögen besser bewerten als Bodenschätze, so daß die pauschalierten Ertragswerte für Mineralgewinnungsrechte im Vergleich zu den Wertansätzen für das Finanzvermögen eher zu niedrig sind. Dann aber verlangsamt die allgemeine Vermögensteuer den Ressourcenabbau. Bei der Gewerbekapitalsteuer bleiben die beschleunigenden Effekte erhalten, denn die Kapitaleigner werden Finanzinvestitionen in den Privatbereich verlagern, um so Steuern zu sparen.
3. Aussagefähigkeit
Die einfachen Annahmen der Analyse wecken Zweifel an der Relevanz der Ergebnisse. In einer ersten Relativierung muß berücksichtigt werden, daß es Ländergrenzen gibt. Abgaben werden von einzelnen Staaten erhoben, die Rohstoffpreise sind dagegen meist international bestimmt. Angebotsveränderungen in „kleinen" Ländern schlagen nicht auf die Preise durch. Die meisten Länder gehören in diese Kategorie. Die bisherige Analyse bezog sich auf Länder mit dominierender Marktstellung. 5 Es stellt sich die Frage, wie Abgaben die Ressourcennutzung in einem Land beeinflussen, wenn der Preispfad für den Rohstoff konstant bleibt. Die Betrachtung beschränkt sich nun auf die einzelwirtschaftliche Ebene. Damit es ein unternehmerisches Gleichgewicht geben kann, muß man jetzt allerdings annehmen, daß die 4
Webb und Ricketts, 1980, S. 149. Beispielsweise entfallen bei den metallischen Rohstoffen bei 11 Rohstoffen mehr als Dreiviertel, bei 6 Rohstoffen mehr als Zweidrittel bis Dreiviertel und bei 10 Rohstoffen mehr als die Hälfte der Weltvorräte auf jeweils nur drei Länder. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, 1982, S. 41. 5
62
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
marginalen Förderkosten mit steigender laufender Produktion zunehmen. Das ist realistisch. Zumindest von hohen Auslastungsgraden der Förderkapazitäten ab, ist eine weitere Ausdehnung der Produktion nur bei überproportional steigenden Kosten möglich. Abgaben üben eine lenkende Wirkung aus, indem sie das Verhältnis der intertemporalen marginalen Renten beeinflussen. Zurückzuführen ist dies wiederum darauf, daß sich die diskontierte Abgabenbelastung je Rohstoffeinheit im Zeitablauf in bestimmter Weise verhält. Wenn etwa die diskontierte Abgabe je Einheit mit zunehmender zeitlicher Entfernung abnimmt und die Produktion aufgeschoben wird, vermindern sich bei variablen Kosten die Grenzkosten der laufenden Produktion, und es erhöhen sich die zukünftigen Grenzkosten, so daß ein Gegengewicht gegen den Vorteil aus einem späteren Abbau gebildet wird. Die Nettostückrente kann wiederum mit dem Zinssatz steigen.6 Der Zusammenhang läßt sich auch mit Hilfe der Preis-Grenzkosten-Regel veranschaulichen. Ein Unternehmen dehnt sein Angebot in jeder Periode so weit aus, bis der gegebene Marktpreis ρ gleich den marginalen Gewinnungskosten c (variabel in Abhängigkeit von der laufenden Produktionsmenge) plus den marginalen Opportunitätskosten ist (c m i n gegeben):
P =
P
Cmin
(1+ 0 Z
(l + i) j + cj.
Eine Wertabgabe vermindert den Nettopreis stärker als die Nettorente, so daß sich die Marginalbedingung für die bisherige Angebotsmenge folgendermaßen ändert:
/>(!--cj)(1-0=
^ i + ^ z
- 0
J·
Wenn die Abgaben bei gegebenem Preispfad in die gleiche Richtung wirken wie im Hotelling-Modell, dann ist das nicht verwunderlich, denn die dort zwar letztlich für die Beeinflussung des Abbauprofils maßgebende Veränderung des Preispfades ist ja Folge einer entsprechenden Anpassung der einzelwirtschaftlichen Verhaltensweise. Das Hotelling-Modell ist insofern für die Abgabenanalyse nicht notwendig, es behält aber seine Berechtigung, weil es auch Veränderungen des Preispfades zu erklären vermag. Die Bedeutung der aufgezeigten Wirkungen hängt entscheidend davon ab, wie ausgeprägt das intertemporale Arbitrageverhalten der Rohstoffanbieter in der Praxis ist. Wir hatten uns schon früher kritisch zum intertemporalen Verhalten geäußert. Es ist vor allem auf folgende Aspekte hinzuweisen: — Die Unsicherheit der Erträge nimmt mit zunehmender zeitlicher Entfernung des Abbaues rasch zu und ist früher oder später nicht mehr kalkulierbar. Arbitrageüberlegungen spielen daher nur kürzerfristig eine Rolle. Verschiebungen des Abbaues halten sich in engen Grenzen. — Der Kapitalmarkt ist nicht vollkommen. Die Unsicherheit über die zukünftige Ertragsentwicklung einer Gesellschaft hält Kapitalgeber davon ab, in jedem Fall Rohstoffe in situ als Sicherheiten zu akzeptieren und auf den laufenden Kapitaldienst zu verzichten. Unrealisierte Wertsteigerungen, die das Management eventuell erwartet, sind kein Ersatz für laufende Erträge. Das Management selbst ist sicherheitsbewußt und hat wenig Veranlassung, sich bei den Entscheidungen über die laufende Produktionsmenge auf gewagte Spekulationen einzulassen. Die laufende Förderung muß mindestens so groß sein, daß die Zins- und Tilgungsverpflichtungen und die Dividendenansprüche der Anteilseigner — die sich nach dem Kapitalmarktzins richten — erfüllt werden können. — Die Verlängerung der Abbaudauer ist mit zusätzlichen Kosten verbunden. Der Kapitalstock unterliegt einer zeitlich bedingten Abnutzung (durch Witterungs- und spezielle gebirgstechnische Einflüsse, Entwertung durch den technischen Fortschritt etc.), so daß Ersatzinvestitionen notwendig werden. Außerdem gibt es eine Reihe anderer Aufwendungen, die auch dann anfallen, wenn die Produktion eingeschränkt wird (laufende Instandhaltung der Lagerstätte und der Betriebseinrichtungen, Verwaltungskosten, Pachtzahlungen für die Bodenoberfläche,
64
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
Steuern u.a.m.). Die Stillegung eines Bergwerks kommt von vornherein nicht in Frage, weil die Kosten einer späteren Wiederinbetriebnahme sehr hoch sind. — Der u-förmige Verlauf der Grenzkostenkurve ist angesichts der technischen Gegebenheiten im Bergbau nicht sehr ausgeprägt.7 Die Grenzkosten steigen erst in der Nähe der Kapazitätsgrenze kräftiger an. Sowohl das spekulative Vorziehen der Förderung als auch das Aufschieben auf später stoßen schnell an physische und kostenmäßige Grenzen. Das Modell erfaßt die Explorations- und Erschließungstätigkeit im Bergbau nicht. Nur ein Teil der vorhandenen Vorkommen ist bekannt und erschlossen. Durch ständige Neuerkundungen werden immer neue Lagerstätten entdeckt. Die bekannten Vorräte müssen nicht abnehmen. Die einzelne Gesellschaft ist bestrebt, durch rechtzeitige Exploration für Nachschub zu sorgen, wenn die alten Lagerstätten erschöpft sind. Aus ihrer Sicht stellen die Vorkommen keine feste begrenzte Menge dar, die man entweder heute oder morgen abbauen kann. Auch morgen stehen aufgrund neu explorierter Lagerstätten genügend Rohstoffe zur Verfügung, um eine dann eventuell günstige Marktsituation auszunutzen. Die entgangenen Erträge bei Verzicht auf ein intertemporales Abbauverhalten fallen weniger ins Gewicht. Die Exploration vermindert tendenziell die Neigung zu spekulativen Abbauverschiebungen. Die Idee der schnelleren oder langsameren Ausbeutung der Bodenschätze könnte auch auf die noch nicht bekannten und noch nicht erschlossenen Vorkommen ausgedehnt werden. Wenn Exploration und Erschließung aufgeschoben werden, kommt es ebenfalls zu einer Streckung der Ressourcennutzung. Ein intertemporales Verhalten kann man aber für diesen Bereich ausschließen. In der Phase der Aufsuchung neuer Vorkommen weiß man nicht, ob man Erfolg haben wird, wie groß die Vorräte sein werden, welche Beschaffenheit sie aufweisen und wann gegebenenfalls mit der Ausbeutung begonnen werden kann. Die Erwartungen sind ausgesprochen unsicher. Die Exploration ζ. B. um 5 Jahre aufzuschieben, weil bei einem um 5 Jahre späteren Produktionsbeginn die Preise während der Ausbeutungsdauer der Lagerstätte günstiger sind, dürfte keine realistische Verhaltensweise sein. Möglicherweise ist dann auch nicht für den rechtzeitigen Nachschub für die auslaufenden Lagerstätten gesorgt. Wichtigstes Ziel der Exploration ist aus unternehmerischer Sicht die Lagerstättensicherung, denn nur auf diese Weise kann ein Bergbauunternehmen über ein spezielles Projekt hinaus existieren.8 Wartet es ab, muß es auch damit rechnen, daß andere Unternehmen ihm bei der Lizenzvergabe zuvorkommen. Besitzt es bereits die 7 8
Thole, 1980, S. 123 ff. Harms u.a., 1978, S. 14.
3. Aussagefhigkeit
65
Explorationslizenz, muß es im allgemeinen unverzüglich mit der Aufsuchung beginnen, weil die Rechte befristet sind. Für die Erschließungsphase gelten ähnliche Einwände. Die produktionelle Erschließung eines entdeckten und erkundeten Vorkommens ist vorteilhaft, wenn der Kapitalwert der Investitionen nicht negativ ist, das heißt, die Investition risikobereinigt mindestens eine Verzinsung in Höhe des Kapitalmarktzinses erwarten läßt. Wenn wir annehmen, daß sich im Bergbau absolute Renteneinkommen erwirtschaften lassen, dann ist der Kapitalwert immer positiv. Der Kapitalwert stimmt mit dem Wert des Bodenschatzes (im Zeitpunkt der Investitionsplanung) überein und ist gleich dem Gegenwartswert der später erwirtschafteten Renteneinkommen. Eine Aufschiebung der Investitionen würde sich lohnen, wenn — bezogen auf den Planungszeitpunkt — der Kapital wert höher wäre. Im Gleichgewicht des HotellingModells wächst der Wert eines Bodenschatzes mit dem Zinssatz, so daß der jeweilige Gegenwartswert konstant ist und der Investor hinsichtlich des Erschließungszeitpunktes indifferent ist. Wenn die Stückrenten schneller (langsamer) zunehmen, ist der Kapitalwert bei einer möglichst späten (schnellen) Erschließung am höchsten. Die Richtung der Abgaben Wirkungen ist die gleiche wie früher. Die Investitionstätigkeit bleibt unberührt, solange die Abgabenbelastung nicht über den Kapitalwert hinausgeht. In der Praxis dürften intertemporale Überlegungen dieser Art hier ebensowenig eine Rolle spielen wie bei Explorationsmaßnahmen. In Studien über die Investitionstätigkeit in der Rohstoffwirtschaft findet man jedenfalls keine Anhaltspunkte für die praktische Bedeutung dieses Kriteriums. Die Grundschwierigkeit für ein intertemporales Verhalten besteht wiederum darin, daß die genauere Preis- und Kostenentwicklung über sehr lange Zeitspannen nicht vorhersehbar ist. Im übrigen verlangen die Bergrechtsordnungen regelmäßig die zügige Erschließung neu entdeckter Vorkommen. Nachdem die Entscheidung über den Erschließungszeitpunkt gefallen ist, stellt sich die Frage, wie groß die Förderkapazität bemessen werden soll. Die Betriebsgröße wird im allgemeinen von Anfang an für die gesamte Abbaudauer einer Lagerstätte festgelegt. Je größer die Förderkapazitäten sind, umso kürzer ist die Ausbeutungsdauer und umgekehrt. Die optimale Betriebsgröße hängt zum einen von den Kostenbedingungen ab. Die Stückkosten in Abhängigkeit von der Betriebsgröße weisen einen u-förmigen Verlauf auf (vgl. Abb. 5).9 Sie fallen zunächst wegen der hohen Fixkosten bzw. wegen der mangelnden Teilbarkeit der Produktionsfaktoren. Größere Maschinen und Anlagen sind innerhalb gewisser Grenzen effizienter. Die allgemeinen Erschließungs-, Infrastruktur- und Verwaltungskosten verteilen sich auf eine größere Produktionsmenge. Von bestimmten Größen9
Gocht, 1983, S. 109 f.
5 Cansier
66
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
Ordnungen ab nehmen die Stückkosten wieder zu, weil sich Engpässe insbesondere als Folge der räumlichen und geologischen Gegebenheiten einer Lagerstätte restringierend auf die Produktivität der eingesetzten Faktoren auswirken. Gocht weist daraufhin, daß die Kapitalkosten überproportional zunehmen und daß auch die Kosten der Wasser- und Energieversorgung überproportional steigen können.10 Zieht man nur den Marktpreis und die langfristige Stückkostenfunktion in Betracht, so liegt die optimale Betriebsgröße beim Stückkostenminimum. Abgaben haben dann keinen Einfluß auf die Wahl der Betriebsgröße. Die Stückrente ist auch nach Erhebung einer Wert-, Renten- oder Gewinnabgabe im bisherigen Kostenminimum maximal. Zweiter Einflußfaktor ist die Diskontierung. Vergleichen wir die Betriebsgrößen V und W (im Hinblick auf die diskontierte Kostensumme), dann bleibt V eindeutig vorteilhaft, vergleichen wir aber die Förderkapazitäten V und U, so kann der Kostenvorteil von V unter Umständen durch die Diskontierung angesichts des langsameren Abbaues ausgeglichen werden. V bleibt optimal, wenn die (durchschnittliche) diskontierte Stückrente hier am größten ist. Für die Abgabenwirkungen erhält man nun folgende Ergebnisse: Eine proportionale Rentenabgabe vermindert die diskontierten Stückrenten gleichmäßig. Sie verändert die Betriebsgröße nicht. Eine Wertabgabe fällt dagegen um so weniger ins Gewicht, je später sie gezahlt werden muß. Es kann daher zu einer Verminderung der Betriebsgröße und Ausdehnung der Abbauzeit kommen. Für eine Gewinnabgabe gilt das gleiche. Dritter Einflußfaktor ist die Entwicklung des Marktpreises. Wenn eine relativ kurze Abbaudauer festgelegt wird, können eventuelle spätere Preissteigerungen nicht ausgenutzt werden. Die Investoren können diesen Nachteil einkalkulieren und sich unter Umständen für kleinere Betriebsgrößen entscheiden. Aber auch hier dürften intertemporale Erwägungen auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen. Die Unsicherheit über zukünftige Preisdifferenzen ist zu groß. Eine Unternehmung kann sicher nicht sagen, ob dann, wenn die Abbauzeit von 20 auf 25 Jahre verlängert wird, in dieser Zeitspanne auch die Preise deutlich höher liegen werden als vor dem zwanzigsten Jahr. Man kann die Entscheidungslage auch investitionstheoretisch betrachten. Ausgehend von einem gewissen Mindestkapitalstock sind zusätzliche Investitionen zur Ausweitung der Betriebsgröße dann vorteilhaft, wenn der Kapitalwert dieser Investitionen positiv ist. Die optimale Betriebsgröße ist bei einer Grenzinvestition mit einem Kapitalwert von Null erreicht. Eine Rentenabgabe belastet nur Investitionen mit einem positiven Kapitalwert, wirkt also neutral. Wert- und Gewinnabgabe treffen dagegen auch Grenzinvestitionen. 10
Gocht, 1983, S. 80.
3. Aussagefähigkeit
67
Der Kapitalwert wird negativ, und es wird eine kleinere Betriebsgröße gewählt. Die verschiedenen Abgaben beeinflussen also die durch die Betriebsgröße bestimmte Nutzungsdauer der Mineralvorkommen in gleicher Richtung wie das Abbauverhalten eines gegebenen Bergwerks.
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Quelle: Gocht, υ 1983, S.V 109.
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Abb. 5: Optimale Abbaumenge für ein Erzbergwerk mit Vorräten von 5 Mio. t Roherz
Insgesamt ist festzuhalten, daß Abgaben zwar die zeitliche Ressourcennutzung in bestimmter systematischer Weise beeinflussen, jedoch die Wirkungen eher gering zu veranschlagen sind. Das intertemporale Verhalten dürfte angesichts der vielfältigen Unsicherheiten weit weniger in der Praxis ausgebildet sein, als die Theorie annimmt. Es ist kaum zu erwarten, daß die Lebensdauer eines Bergwerks entscheidend von steuerlichen Überlegungen dieser Art abhängt. Immerhin läßt sich durch Einführung oder Erhöhung einer Wertabgabe eine gewisse Streckung der Ressourcennutzung erreichen. Die Ersetzung einer Wertabgabe durch eine moderne Rentenabgabe würde dagegen die Ausbeutung der Bodenschätze tendenziell beschleunigen. Aus praktischer Sicht hängt die Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit allerdings auch von anderen Faktoren ab, die in die gleiche Richtung wie bisher wirken, die aber nichts mit dem Hotelling-Modell zu tun haben. Eine
68
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwindigkeit
Streckung der Ressourcennutzung durch Outputabgaben ergibt sich bereits bei Fehlen eines intertemporalen Arbitrageverhaltens. Die Renten haben in diesem Fall den Charakter von Differentialrenten (und Monopolrenten). Verhalten sich die Bergbauunternehmen genauso wie die Unternehmen anderer Wirtschaftszweige, dann dehnen sie bei gegebenen Förderkapazitäten, Streben nach Gewinnmaximierung und vollständiger Konkurrenz die laufende Produktion so weit aus, bis Preis und Grenzkosten übereinstimmen. Eine Mengen- und Wertabgabe vermindert den Nettopreis, so daß bei Einschränkung der Produktion die Kosten stärker zurückgehen als die Erlöse und sich eine geringere laufende Förderung lohnt, vorausgesetzt der Nettopreis liegt weiterhin über den Stückkosten, was für intramarginale Anbieter mit bisher ausreichend hohen Differentialgewinnen zutrifft. Der Abbau dieser Vorkommen verteilt sich auf eine längere Zeitspanne. Die Streckung der Ressourcennutzung wird aber jetzt mit einer Stillegung marginaler Lagerstätten und einer Verminderung der wirtschaftlich gewinnbaren Vorkommen erkauft. Eine Gewinnabgabe ändert die Marginalentscheidung nicht, da im Gewinnmaximum der Grenzgewinn Null ist und daher auch keine Abgaben auf den „letzten" Rohstoffmengen lasten. Am Förderprofil ändert sich nichts. Die Abgabe wirkt intertemporal neutral. Das gilt allerdings nur kurzfristig, denn unterdurchschnittlich rentable und marginale Lagerstätten erwirtschaften bei gegebenem Preispfad nicht mehr die notwendige Kapitalverzinsung und werden früher oder später stillgelegt bzw. werden gar nicht erst neu erschlossen. Nur eine echte Rentenabgabe wirkt kurz- und langfristig neutral. Man kann auch die Annahme der Gewinnmaximierung in Frage stellen. Gerade für Großunternehmen werden in der Literatur häufig andere Ziele genannt, etwa das Streben nach „befriedigenden" Gewinnen. In diesem Fall ist die tatsächliche Produktion entweder größer oder kleiner als die gewinnmaximale Menge (A und Β in Abb. 6), und der Grenzgewinn ist negativ bzw. positiv. Es besteht ein Gewinnpotential, das nach Einführung einer Abgabe ausgenutzt werden kann. Die Unternehmung wird versuchen, den Nettogewinn zu halten. Bei bisher relativ geringer Produktion lohnt es sich jetzt, die Förderung auszudehnen, wenn eine Gewinn- oder Outputabgabe eingeführt wird. Beide Abgabenformen fördern nun einen schnelleren Ressourcenabbau. In der umgekehrten Situation A führt das Überwälzungsverhalten zu einer Verminderung der laufenden Förderung, und Gewinn- und OutputAbgaben wirken konservierend. Eindeutige intertemporale Effekte lassen sich nun nicht mehr ausmachen und auch die Unterschiede zwischen den Abgaben verwischen sich. Einerseits erscheint es nur plausibel, daß Bergwerksunternehmen einen gleich hohen Gewinn lieber mit einer geringen als mit einer großen Fördermenge erzielen, andererseits ist in der Praxis aber auch ein ausgeprägtes Marktanteilsdenken zu beobachten.
69
4. Exkurs
Gewinn
α
befriedigender Gewinn Gewinnabgabe ^ Produktionsmenge
Abb. 6: Produktion bei eingeschränktem
Gewinnstreben
Manche wichtige Fragen lassen sich im Rahmen der bisherigen Betrachtungsweise nicht erfassen. Im Hotelling-Modell sind alle Anbieter ökonomisch identisch, die notwendigen Investitionen sind getätigt, die Umweltbedingungen sind bekannt, der Fiskus kann die Abgaben genau nach der Rentenhöhe bemessen, erhebungstechnische Schwierigkeiten gibt es nicht, und disincentives sind vermeidbar. In der Realität weisen die einzelnen Lagerstätten und Bergwerke unterschiedliche Kostenbedingungen auf, und es sind Explorations- und Erschließungsinvestitionen vorzunehmen, wobei die Ertragserwartungen unsicher sind. Für die Rentenabschöpfungspolitik besteht die zentrale Frage darin, wie durch geeignete Wahl der Abgabenform eine Übersteuerung marginaler Lagerstätten und negative Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit vermieden und so zugleich eine relativ weitgehende Abschöpfung der Renten bei allen Unternehmen ermöglicht werden kann. Von Bedeutung sind nicht die vorhandenen physischen Mineralvorkommen, sondern die wirtschaftlich gewinnbaren Reserven. Sie sollten durch die Rentenabschöpfung nicht vermindert werden.
4. Exkurs: Beeinflussung der Abbaureihenfolge unterschiedlicher Lagerstätten
Wie Abgaben die Reihenfolge des Abbaues von Lagerstätten mit unterschiedlicher Qualität beeinflussen, kann anhand eines Modells von Conrad und Conrad/Hool 11 veranschaulicht werden. Das Modell bezieht sich auf den Erzbergbau. Es wird von folgenden Annahmen ausgegangen: Ein Bergbauunternehmen besitzt mehrere (zwei) Lagerstätten unterschiedlicher Qualität und hat zu entscheiden, in welcher Reihenfolge die Vorkommen abge11
Conrad, 1980 sowie Conrad und Hool, 1981.
70
I I I . Beeinflussung der Abbaugeschwinigkeit
baut werden sollen. Ziel des Unternehmens ist es, den Gegenwartswert der Gewinne aus den Vorkommen zu maximieren. Die Lagerstätten können getrennt abgebaut werden. Die jeweiligen Kosten sind eine Funktion der Fördermenge des Rohmaterials (eventuell notwendige Aufbereitungsmaßnahmen werden vernachlässigt). Der Preispfad ρ für das Mineral ist gegeben. Die produzierte Mineralmenge ergibt sich aus der geförderten Rohmaterialmenge multipliziert mit dem Mineralgehaltsgrad. Die relevanten Parameter sind die Roherzmenge, der Metallgehalt und die Metallmenge. Wir wollen zwei Qualitätsgrade α > β unterscheiden. Sie geben an, welche Metallmenge aus einer Einheit des jeweiligen Roherzes gewonnen werden kann. Für die Roherze erhält man die impliziten Preise α · ρ und β · p. Damit sich der Abbau der Vorkommen überhaupt lohnt, soll angenommen werden, daß diese Preise immer höher als die Stückkosten (der Roherzförderung) sind. Um unnötige Komplizierungen zu vermeiden, stellen wir uns außerdem vor, daß die Abbauperioden für die beiden Lagerstätten jeweils auf einen Punkt zusammenschmelzen. Der Abbau kann entweder in der Periode m oder in der Periode η erfolgen, m 0 (r = interne Ertragsrate, / = Mindest Verzinsung des Eigen- und Fremdkapitals, einschließlich Risikoprämie). Die Einkommensbesteuerung vermindert sowohl die Produktionserträge als auch — wegen des Fremdkapitalabzugs und der Besteuerung von Zinserträ-
2. Investitionsneutrale Besteuerung
83
gen — die Nettokapitalkosten. Von den Sonderabgaben sollen möglichst keine zusätzlichen disincentives ausgehen. Für die Abstimmung von Sonderabgaben und Einkommensteuer kommen folgende Regelungen in Betracht: Mengen- und Wertabgaben sollten als Betriebsausgaben bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abzugsfähig sein. Dadurch wird vermieden, daß eine Steuer von einer öffentlichen Abgabe erhoben wird — was dem Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung widerspricht — und daß durch die Einkommensteuer die mit der Wertabgabe beabsichtigte Abschöpfungsquote erhöht wird. Außerdem ist sichergestellt, daß die Gesamtbelastung des Gewinnes eine gewisse Obergrenze nicht überschreitet. Für die gewinn- und rentenbezogenen Sonderabgaben kann das gleiche Verfahren gewählt werden. Bemessungsgrundlage ist dann der Gewinn bzw. cash flow vor Einkommensteuer. Für die Kapitalkosten sind ebenfalls die Werte vor Steuer maßgebend. Es ist sichergestellt, daß die Gesamtbelastung des Gewinns (durch Gewinn- und Einkommensteuer) bzw. der Rente (durch Renten- und Einkommensteuer) nicht über 100 v.H. hinausgeht. Betrachten wir ζ. B. die Rentenabgabe und nehmen wir an, daß die Rente nach Einkommensteuer bei einem Einkommensteuersatz von 50 v.H. 100 D M beträgt, so entspricht dem eine Bruttorente von 200 DM, die bei einem Rentenabgabesatz von z.B. 80v.H. insgesamt mit 90v.H. besteuert wird. Die Rente unterliegt dem aggregierten Steuersatz von t + t T(\ — /). — Wenn man den umgekehrten Weg geht und die Sonderausgaben auf den Gewinn bzw. cash flow nach Einkommensteuer bezieht, sind auch für die Kapitalkosten die Werte nach Berücksichtigung der Einkommensteuer heranzuziehen.
2. Investitionsneutrale Besteuerung
a) Entscheidungskriterien Ein Rohstoffprojekt beginnt mit der Exploration und Erschließung einer Lagerstätte. Der mögliche Erfolg zeigt sich erst in der Zukunft. Daher handelt es sich bei beiden Tätigkeiten um Investitionsvorgänge. Alle notwendigen Aufwendungen, auch die Kosten für Personal- und Hilfsstoffe, haben Investitionscharakter. Sie ergeben zusammen die Herstellungskosten eines Bergwerks. Wenn ein Vorkommen entdeckt worden ist, hängt die weitere Entscheidung über eine kommerzielle Ausbeutung davon ab, ob eine angemessene Verzinsung des neu zu investierenden Kapitals zu erwarten ist. Die Explorationskosten stellen in dieser Phase versunkene Kosten dar. Sie spielen für die weiteren Entscheidungen keine Rolle mehr. Der EinnahmenAusgaben-Strom weist bei Bergbauprojekten einen typischen Verlauf auf 6·
84
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
(vgl. Abb. 7). Über mehrere Jahre fallen zunächst nur Ausgaben an. Dabei sind die Aufwendungen für die Erschließung im allgemeinen deutlich höher als für die Exploration. Die vorproduktionelle Phase dauert etwa 5-12 Jahre, bei Großprojekten bis zu 20 Jahren. Es schließt sich die Produktionsphase mit positiven Nettoeinnahmen an. Die Erlöse sind jetzt meist deutlich höher als die laufenden Betriebs- und Instandhaltungsausgaben. Die Ausbeutungsdauer der Lagerstätten liegt kaum unter 20 Jahren. Die Investitionsentscheidungen sind maßgeblich eine Funktion der erwarteten Erträge, der Risikobedingungen und der Finanzierungsmöglichkeiten. Bei Streben nach Gewinn- bzw. Vermögensmaximierung ist eine Investition dann vorteilhaft, wenn die Erträge mindestens die Kreditzinsen und entgangenen Zinsen auf das investierte Eigenkapital abdecken. Es wäre für den Investor unwirtschaftlich, einen höheren oder niedrigeren Kalkulationszinsfuß als die Kapitalkosten anzustreben. Bei einem niedrigeren Vergleichszins werden Vermögenseinbußen hingenommen, bei einem höheren wird auf die Ausschöpfung von Möglichkeiten der Vermögenssteigerung verzichtet. Auch bei eingeschränktem Gewinnstreben spielen die Kapitalkosten eine zentrale Rolle. Für Großunternehmen wird gelegentlich mit der Zielhypothese der Maximierung des Unternehmenswachstums unter der Nebenbedingung einer angemessenen Mindestertragsrate gearbeitet. Auch hier orientiert sich die Mindestertragsrate zwangsläufig eng am allgemeinen Zinsniveau.
Abb. 7: Cashflow-Zeitprofil
von Erdölprojekten
2. Investitionsneutrale Besteuerung
85
Die Anteilseigner erwarten risikobereinigt mindestens eine Verzinsung, wie man sie jederzeit durch den Kauf risikoarmer langfristiger Staatsanleihen erzielen kann. Außerdem müssen die Kreditkosten abgedeckt sein. Andererseits sind auch stärkere Abweichungen der Mindestertragsraten nach oben von Nachteil, da dadurch das Unternehmenswachstum eingeschränkt wird. Im Standardmodell der Steueranalyse wird angenommen, daß es einen einheitlichen Zinssatz für Eigen- und Fremdkapital gibt und daß die Unternehmen zum herrschenden Kapitalmarktzins Kredite in beliebiger Höhe aufnehmen können (vollkommener Kapitalmarkt). Eigen- und Fremdkapital sind vollkommene Substitute. Kreditgrenzen werden vernachlässigt. Finanzierungsprobleme als Folge der Besteuerung können nicht auftreten. Anstelle der geringeren eigenen Mittel kann zu gleichen Bedingungen Fremdkapital aufgenommen werden. In der Praxis ist eine verstärkte Verschuldung aber nur begrenzt und bei steigenden Zinssätzen möglich. Wir wollen von einer näheren Untersuchung dieser Einflüsse absehen, aber von vornherein festhalten: Öffentliche Abgaben, die nicht überwälzt werden können, verschlechtern tendenziell die Finanzierungsmöglichkeiten, so daß stets die Gefahr einer Beeinträchtigung der Investitionstätigkeit besteht, auch dann, wenn die Wirkungen nach dem Standardmodell neutral sind. Wenn zusätzliche Mittel nur zu einem höheren Zinssatz verfügbar sind, werden manche Projekte unrentabel. Hat ein Unternehmen außerdem seine Verschuldungsgrenze erreicht, so fehlen die Mittel für die Durchführung der ursprünglich geplanten Investitionen. Die wichtigsten investitionsrechnerischen Verfahren sind die Kapitalwertund die interne Zinsfuß-Methode. Der Kapitalwert einer Investition stellt die Summe der auf den Zeitpunkt der Investitionsplanung mit der Kapitalkostenrate i abgezinsten erwarteten Einnahmen und Ausgaben dar. Stellt man sich die Investitionsausgaben / für ein Rohstoffprojekt zusammengeschmolzen auf einen Zeitpunkt unmittelbar nach dem Planungszeitpunkt 0 vor, und geht man davon aus, daß die Produktion eine Periode später beginnt und mit Einnahmenüberschüssen (Umsatzeinnahmen abzüglich Betriebs- und Instandhaltungsausgaben) Bj in den einzelnen Abbauperioden der Lagerstätten j= 1 bis η verbunden ist, dann lautet die Kapitalwertformel η KWo=
IB>
(1
+/)'-/.,
j=i
Der Gegenwartswert der Einnahmenüberschüsse entspricht dem Ertragswert einer Investition, so daß auch gesagt werden kann, daß der Kapitalwert gleich dem Ertragswert abzüglich der (gegebenenfalls abdiskontierten) Investitionsausgaben ist. Eine Investition ist vorteilhaft, wenn der Kapital-
86
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
wert positiv — bzw. nicht negativ — ist. Bei beliebiger Teilbarkeit der Projekte lohnen sich zusätzliche Investitionen solange, bis der Ertrag der Grenzinvestition gleich den marginalen Kapitalkosten ist (Kapitalwert Null). Da ein positiver Kapitalwert (bis auf ein Minimum) für die Investitionsbereitschaft nicht erforderlich ist, verkörpert er den Barwert der Renteneinkommen bzw. den Wert, den der Investor dem betreffenden Bodenschatz beimißt. Bei der internen Zinsfußmethode vergleicht der Investor die Ertragsrate mit der Kapitalkostenrate. Die interne Ertragsrate r wird ermittelt als die Diskontierungsrate, bei der der Kapitalwert einer Investition Null ist: η 2 * j ( l + r r = /0. j=i
Eine Investition ist vorteilhaft, wenn die Ertragsrate größer (bzw. nicht kleiner) ist als die pagatorischen Zinskosten und entgangenen Zinserträge. Die interne Zinsfußmethode weist gewisse Mängel auf, weshalb der Praxis meist die Kapitalwertmethode empfohlen wird. Problematisch ist vor allem die Implikation, daß laufende Einnahmenüberschüsse zu einem Zinssatz in Höhe der internen Ertragsrate angelegt und Kredite zur Überbrückung von Ausgabenüberschüssen zu diesem Zinssatz aufgenommen werden. Diese Annahme ist unrealistisch. Immerhin gleichen sich die Fehler teilweise aus. Bei der Kapitalwertmethode wird dagegen in realistischer Weise ein Wiederanlage« und Überbrückungszins in Höhe des Marktzinssatzes angenommen. Zum gleichen Ergebnis führen beide Methoden nur bei (sicheren) Grenzinvestitionen, denn in diesem Fall stimmen interne Ertragsrate und Kapitalmarktzins überein. Die Besteuerung wirkt vor diesem Hintergrund neutral, wenn die Ertragsraten bisher vorteilhafter Investitionen nicht unter die Kapitalkostenrate vermindert bzw. die Kapitalwerte nicht negativ werden oder — schwächer formuliert —, wenn positive Kapitalwerte positiv bleiben und Grenzinvestitionen nicht belastet sind. Andererseits gehört zur Neutralität auch, daß bisher unvorteilhafte (unwirtschaftliche) Investitionen nicht gefördert werden. In der Realität sind Investitionsentscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Den unsicheren Erträgen stehen die „sicheren" Kapitalkosten gegenüber. Entscheidungen unter Unsicherheit werden im allgemeinen mit Hilfe wahrscheinlichkeitstheoretischer Ansätze analysiert. Es wird angenommen, daß der Investor in der Lage ist, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Erträge anzugeben. Auch wenn im Bergbau angesichts der Langfristigkeit der Projekte die Unsicherheit besonders groß ist, so kommen die Unterneh-
2. Investitionsneutrale Besteuerung
87
men doch nicht umhin, Vorstellungen über Preise, Kosten und Absatzmengen und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten zu entwickeln. Es genügt nicht, nur Bandbreiten für die möglichen Erträge anzugeben, letztlich muß auch eine Gewichtung vorgenommen werden. Das anspruchsvollste Konzept besteht darin, für jede einzelne Periode eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der Einnahmen und Ausgaben anzugeben und jeweils getrennt eine Risikobewertung vorzunehmen. Dieser mehrperiodige Ansatz überfordert jedoch die Praxis. Man wird sich mit einfacheren Methoden behelfen müssen. Am einfachsten ist das Verfahren der einperiodigen Bewertung, das in der Literatur meist zugrunde gelegt wird. Die Zukunft wird als eine Periode betrachtet. Die Risikobewertung bezieht sich pauschal auf den Kapitalwert oder die interne Ertragsrate. Die wachsende Unsicherheit mit zunehmender zeitlicher Entfernung kann auf diese Weise nicht erfaßt werden. Gegen dieses „zeitliche" Risiko versuchen sich die Unternehmen häufig durch Kalkulation mit kurzen Amortisationsperioden zu schützen. Um einen festen Beurteilungsmaßstab für die Risikobewertung zu erhalten, kann man die finanziellen Vergleichsinvestitionen (Kauf risikoarmer Staatspapiere und Kreditaufnahme) als sichere Größen behandeln. Die Konditionen für Kredite und Staatspapiere stehen zum Zeitpunkt der Investitionsplanung fest (und es gibt keinen Zweifel, daß der Fiskus seinen Zinsund Tilgungsverpflichtungen nachkommen wird), und sie gelten bei fristenkongruenter Finanzierung bzw. Kapitalanlage auch langfristig. Unsicher ist dagegen, zu welchem Zinssatz zukünftige Zahlungsüberschüsse angelegt werden können bzw. Defizite durch Kredite überbrückt werden müssen. Es sind unterschiedliche Einstellungen zum Risiko denkbar. Zieht der Investor einen sicheren Ertrag einem gleich hohen unsicheren Ertrag vor, so verhält er sich risikoscheu; bewertet er beide Alternativen gleich, handelt er risikoneutral. Bei risikoneutralem Verhalten kalkuliert er mit Durchschnittswerten (Erwartungswerten). Eine unsichere Sachinvestition ist einer sicheren Finanzanlage (bei einperiodiger Bewertung) in diesem Fall äquivalent, wenn der durchschnittlich erwartete Kapitalwert Null ist bzw. der Erwartungswert der internen Ertragsrate E(r) dem sicheren Zinssatz i entspricht. Wenn die interne Ertragsrate ζ. B. die beiden Weite r\ und ri mit r\>i>r 2 annehmen kann und die Eintrittswahrscheinlichkeit ρ und 1 —p betragen, dann lautet die Indifferenzbedingung (in der Formulierung der internen Zinsfußmethode): E(r)=pr
l
+ (1-/?)
r 2 = i.
Für den Fall, daß die unterschiedlichen Ausgänge nicht nur positive Ergebnisse aufweisen, sondern möglichen Gewinnen g mögliche Verluste ν gegenüberstehen, erhält man: pg —(1 —p)v = i bzw.
88
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
_ 1-P
g - i V+
!
ρ
Eine Investition ist gerade dann noch vorteilhaft, wenn die durchschnittlich erwartete Ertragsrate den entgangenen sicheren Zinserträgen und den sicheren Kreditzinsen entspricht. Bei risikoabgeneigtem Verhalten muß der durchschnittlich erwartete Ertrag die sicheren Kapitalkosten übersteigen bzw. muß der Kapitalwert (Erwartungswert) positiv sein, damit sich die Investition (Grenzinvestition) gerade noch lohnt. Die Differenz entspricht der geforderten Risikoprämie. Rechnerisch kann das Risiko bei einperiodiger Bewertung durch Abschläge von der internen Ertragsrate bzw. vom Kapitalwert (jeweils Erwartungswerte) oder durch Erhöhung des Kalkulationszinsfußes berücksichtigt werden. Die Risikoprämie ist keine feste Größe. Sie hängt von den jeweiligen ökonomischen Verhältnissen ab und kann sich unter dem Einfluß der Besteuerung ändern. Sie läßt sich modellmäßig näher bestimmen. Den allgemeinsten Ansatz zur Erklärung des Verhaltens unter Unsicherheit liefert das Erwartungsnutzenmodell (Bernoulli-Prinzip). Dieser Ansatz steht in der Theorie im Vordergrund. Er geht davon aus, daß der Investor die unterschiedlichen möglichen Investitionsausgänge nutzenmäßig bewertet und bestrebt ist, den Durchschnittsnutzen zu maximieren. Der Steuerwirkungsanalyse liegt folgendes Standardmodell zugrunde.1 Entsprechend der Entscheidungslage, wie sie die traditionellen Wirtschaftlichkeitskriterien unterstellen, wird angenommen, daß der Investor sein Vermögen nutzenmaximal auf eine sichere und eine unsichere Anlage aufteilen möchte. Betrachtet wird eine eigenfinanzierte Investition. Die Investitionsdauer beträgt eine Periode. Diese Vereinfachung entspricht der Annahme einer einperiodigen Risikobewertung. Der Nutzen wird als Funktion des Endvermögens angenommen. Wenn wir den Zinssatz für die sichere Finanzanlage mit i bezeichnen und den Anteil der Sachinvestition am Anfangsvermögen A mit a bzw. den Anteil der Finanzinvestition mit 1 — α, dann erhält man für das Endvermögen bei gegebenem Investitionsausgang W
=
A(l~\~i Jta{r
— /))
mit r = 0.
Unsichere Größe ist die interne Ertragsrate r (bzw. der periodische Durchschnittsertrag / · r). Es wird (vereinfachend) angenommen, daß sie zwei mögliche Werte annehmen kann. Mit der Wahrscheinlichkeit ρ wird eine positive 1
Richter, 1959/60; Mossin, 1968; Stiglitz, 1969; Atkinson und Stiglitz, 1980, S. 97 ff.; Cansier, 1985.
2. Investitionsneutrale Besteuerung
89
Ertragsrate in Höhe von g und mit der Wahrscheinlichkeit 1—ρ eine Verlustrate in Höhe von ν erwartet. Der Nutzen ist eine stetige Funktion des Endvermögens, wobei der Grenznutzen mit steigendem Endvermögen kontinuierlich fällt. Der abnehmende Grenznutzen ist Ausdruck der Risikoaversion: Bei gleichem sicheren und durchschnittlichen Ertrag übersteigt der Nutzen aus dem sicheren Ertrag den Erwartungsnutzen. Für eine Grenzinvestition muß gelten, daß Durchschnittsnutzen und sicherer Nutzen übereinstimmen bzw. Sicherheitsäquivalenz S und sicherer Ertrag identisch sind bzw. die durchschnittlichen internen Erträge mindestens gleich den Zinserträgen und der gewünschten Risikoprämie E(Y)~S sind (vgl. Abb. 8). Zur Bestimmung der optimalen Vermögensaufteilung ist der Erwartungsnutzen E(U( W)) in Abhängigkeit von a zu maximieren. Eine Sachinvestition erhöht oder vermindert das Vermögen im Vergleich zu einer Finanzanlage um I(g~i) oder um 7(v + /). Sie lohnt sich, wenn der mögliche Nutzengewinn größer als die Nutzeneinbuße ist: pl(g-i) U'(g) > (1—p)I (v + /) U' (v). Bei der Grenzinvestition halten sich beide Effekte die Waage. Es muß gelten g~i
=
1—ρ
ν + ι
ρ
U'{A(\+(\-a
0)i-a 0v))
' U' (A (1 -l· (1 — a0) i + Oog))
öo bezeichnet den im Nutzenmaximum riskant investierten Teil des Vermögens.2 Verluste werden stärker gewichtet als Gewinne, weil bei Risikoaversion der Grenznutzen U' mit steigendem Vermögen abnimmt. Bezeichnen wir das Verhältnis der Grenznutzen mit c, so gilt c > 1. Die Indifferenzbedingung kann auch in folgender Form geschrieben werden pg-(l-p)v-(c-l)(l-p)(v
+ i) = L
2 Die jeweiligen Grenznutzen gelten für den zugehörigen Endvermögenswert. Bei der Marginalanalyse wird vernachlässigt, daß sich W im Bereich der durch die Investition hervorgerufenen Vermögensänderung bei durchgängig risikoscheuem Verhalten selbst ändert. Der Nutzenmaßstab für den günstigen Investitionsausgang wird daher zu niedrig und für den ungünstigen Ausgang zu hoch angegeben.
U
A
Vermögen
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
90
Diese Formulierung macht unmittelbar deutlich, daß bei Äquivalenz die durchschnittliche interne Ertragsrate pg~(l—p)v um die Risikoprämie (c—1)(1—/0(v + 0 größer sein muß als der sichere Ertrag. Die gewünschte Risikoprämie ist bei gegebener Nutzenfunktion um so höher, je größer die Varianz der Erträge ist.3 Bei risikoneutralem Verhalten gilt c = 1. Die Unternehmen schützen sich hier nicht in besonderer Weise gegen das Risiko. Sie kalkulieren keine Risikoprämie ein. Im Prinzip verhalten sie sich wie bei Sicherheit.
ν
0
Ζ
E(Y)
G
Einkommen
S (Y) G und V = gewinn- und verlustreicher Ausgang, Eintrittswahrscheinlichkeiten 0,5 E(Y) = Erwartungswert, Ζ = sicherer Zinsertrag, S = Sicherheitsäquivalent.
Abb. 8: Das Erwartungsnutzenmodell
Für kreditfinanzierte Investitionen können ähnliche Überlegungen angestellt werden: Wenn auf die Kreditaufnahme verzichtet wird, bleibt das Vermögen unverändert, weil nicht investiert wird. Es gilt A — W. Durch die 3
Für weniger riskante Investitionen, bei denen auch im ungünstigen Fall mit Gewinnen zu rechnen ist (gi > / > g2 > 0) erhält man: />£» + (! -P)g2~(cmit
1)(1 -p)(i- g2)
U'{A (1 + ( 1 - a«) / + e« gi))
= i
2. Investitionsneutrale Besteuerung
91
Investition erhöht oder vermindert sich dagegen das Vermögen um I(g~i) bzw. -7(v + /), und bei Vorteilhaftigkeit muß wiederum die Bedingung pl(g
- i) U' {A +1 (g — /)) > (1 - p) 7(v + ι ) U* (A - 7(v + /))
erfüllt sein, i bezeichnet nun den Kreditzinssatz. Für den Fall der „gemischten" Investitionsfinanzierung kann man sich vorstellen, daß der Investor zunächst den optimalen Eigenkapitaleinsatz festlegt und anschließend über zusätzliche kreditfinanzierte Investitionen entscheidet. Das Erwartungsnutzenmodell geht in seiner allgemeinen Formulierung von einem durchgängig risikoscheuen Verhalten aus. Schon kleine Vermögensänderungen führen zu einer veränderten marginalen Nutzenbewertung. In der Praxis wird vermutlich der Grenznutzen innerhalb größerer Intervalle konstant sein, so daß die Risikoempfindlichkeit durch das Modell überzeichnet wird. Es ist auch denkbar, daß manche Investoren Bewertungsunterschiede nur zwischen möglichen Gewinnen und möglichen Verlusten vornehmen. Diesen Verlauf einer beim Nulleinkommensniveau geknickten linearen Nutzenfunktion mit niedrigerem Grenznutzen für Gewinne als für Verluste (vgl. Abb. 9) unterstellt der Verlust-Dominanz-Ansatz, den Domar und Musgrave ihrer bekannten Steueranalyse unter Unsicherheit zugrunde legen.4 Der Investor verhält sich hier nur risikoscheu in bezug auf Projekte mit möglichen Verlusten und Gewinnen — wobei innerhalb dieser Bereiche keine Bewertungsabstufungen vorgenommen werden —, und er verhält sich risikoneutral in bezug auf Investitionen, die sowohl bei günstigem als auch bei ungünstigem Ausgang Gewinne erwarten lassen. Schneeweiß meint, daß die geknickte lineare Risikonutzenfunktion zwar Mängel aufweist, aber wahrscheinlich in vielen Fällen eine hinreichend gute und einfache Approximation einer konkaven Nutzenfunktion darstellt.5 Die Besteuerung wirkt vor diesem Hintergrund neutral, wenn sie die risikobereinigte interne Ertragsrate einer bisher vorteilhaften Investition nicht unter die Kapitalkostenrate absenkt bzw. wenn der risikobereinigte Kapitalwert nicht negativ wird. Wenn für die Praxis im allgemeinen angenommen wird, daß die Investoren mit Risikoprämien kalkulieren, dann muß man auch davon ausgehen, daß ein risikoscheues Verhalten vorherrscht und daß daher von der Besteuerung prinzipiell auch Einflüsse auf die Risikobewertung ausgehen. Der Investor wird bei Risikoaversion auch versuchen, in irgendeiner Weise dem zeitlichen Risiko Rechnung zu tragen. Die Größen des Investitionskalküls werden um so unsicherer, je weiter sie in der Zukunft liegen. Im Prinzip müßte mit steigenden Risikoabschlägen im Zeitablauf kalkuliert 4 5
Domar und Musgrave, 1944, Musgrave, 1974, S. 275 ff. Schneeweiß, 1967, S. 101.
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
92
werden. Diesem Aspekt wird bei der Kapitalwertmethode teilweise dann Rechnung getragen, wenn das Risiko durch einen konstanten Aufschlag auf den Kalkulationszinsfuß berücksichtigt wird. Direkt der Absicherung gegen das zeitliche Risiko dient die Festsetzung kurzer payback-Perioden.6 Dieses Verfahren ist in der Praxis weit verbreitet. Eine kurze payback-Periode vermindert die Wahrscheinlichkeit unvorhersehbarer Ausgänge. Das Risiko, Geld zu verlieren, wird geringer, wenn das investierte Kapital in einer überschaubaren Zeitspanne zurückfließt. Projekte mit an sich befriedigender durchschnittlicher Ertragsrate können unterlassen werden, weil das Zeitprofil der Einnahmen zu unsicher ist. Eine schnelle Wiedergewinnung verringert auch die Finanzierungsrisiken und erhöht die Flexibilität der Unternehmung. Bankenkredite mit festem Schuldendienst können schneller zurückgezahlt werden. Außerdem stehen eher Investitionsmittel für neue anfangs nicht absehbare günstige Projekte zur Verfügung.
Nutzen
Λ
< Verlust
Abb. 9: Risikonutzenfunktion
im Domar-Musgrave-Modell
Die Wiedergewinnungszeit für das investierte Kapital einschließlich einer Verzinsung zum Kalkulationszinsfuß errechnet sich als die Zeitspanne x, bei 6
Vgl. ζ. B. Palmer, 1980, S. 525.
2. Investitionsneutrale Besteuerung
93
der der Barwert der Einnahmenüberschüsse gleich den Investitionsausgaben ist: X
JjjO+lT^/o. j=l
Die gewünschte Amortisationsdauer ist bei dieser Betrachtung für die Analyse ein gegebenes Datum. Abgaben beeinflussen nur die tatsächliche Wiedergewinnungszeit. Sie wirken neutral, wenn sie die Amortisationsdauer bisher vorteilhafter Investitionen nicht verändern. Stimmen Amortisationsdauer und Nutzungsdauer überein (Grenzinvestition), so ist der Kapitalwert gleich Null bzw. die interne Ertragsrate entspricht dem Kalkulationszinsfuß. Wenn die Nutzungsdauer länger ist und in den Folgejahren Einnahmenüberschüsse auftreten, wird der Kapitalwert positiv, und die interne Ertragsrate nimmt zu. Dominieren später Ausgabenüberschüsse, vermindert sich die durchschnittliche Kapitalverzinsung, und es lohnt sich die Stillegung des Projektes. Die investitionsrechnerischen Neutralitätskriterien sollen der folgenden Analyse zugrunde gelegt werden. Die wichtigsten Ausgestaltungselemente der Abgaben unter dem Neutralitätsaspekt betreffen die Behandlung der Kapitalkosten, die Abschreibungsbedingungen und die Beteiligung des Fiskus an Verlusten. Wir gehen davon aus, daß die Abgaben auf Projektbasis erhoben werden, daß sie nicht in den Preisen überwälzt werden können und daß sich die Investitionen auf die reine Rohstoffgewinnung und nicht auf die Aufbereitung und Veredelung beziehen.
b) Wertabgaben Wert- und Mengenabgaben wirken sich besonders ungünstig auf die Investitionsbereitschaft aus, weil die Einnahmenüberschüsse in der Produktionsphase stark überproportional zum Abgabensatz vermindert werden, keine Verrechnung der Explorations- und Erschließungsinvestitionen möglich ist, Fremdkapitalzinsen nicht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage abzugsfähig sind und Zinserträge aus Finanzanlagen nicht besteuert werden (Konstanz der Kapitalkosten). Unter Unsicherheit kommt erschwerend hinzu, daß die Amortisationsperiode verlängert wird und die Kapitalwiedergewinnung nun bei manchen Investitionen zu langsam erfolgt und daher zu unsicher ist. Außerdem verschlechtern sich die Risikobedingungen nach der Erwartungsnutzentheorie. Die Indifferenzbedingung für eine bisherige Grenzinvestition ändert sich folgendermaßen:
94
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
g(t)- i
> 1 -ρ
ν (Ζ) + ι
ν bzw. pg(0-(
i-
Ρ ) ν ( 0 - (c ( t ) - 1 ) (1 - ρ ) (ν (/) + 0 I
ι mite ( 0
| c
(c = Verhältnis der Grenznutzen) Bei risikoneutralem Verhalten (c = 0) fällt die interne Ertragsrate unter die Kapitalkostenrate, und die Investitionsbereitschaft geht eindeutig zurück. Wenn die Risikonutzenfunktion den geknickt-linearen Verlauf nach dem Verlust-Dominanz-Ansatz aufweist (c = konstant), verschärfen sich die Einflüsse, weil die Investoren jetzt wegen der höheren möglichen Verluste (bzw. höheren negativen Kapitalwerten) auch mit höheren Risikoprämien kalkulieren. Obwohl das Ergebnis mathematisch nicht eindeutig ist, wird man diesen Effekt auch bei durchgängig risikoscheuem Verhalten unterstellen können. Indem die Abgabe die möglichen Vermögenseinbußen gegenüber einer Finanzinvestition erhöht, übt sie von zwei Seiten — direkt und über die Erhöhung des Grenznutzens — einen kräftigen Einfluß in Richtung auf eine Anhebung der gewünschten Risikoprämien aus. Eine gewisse Gegenkraft — die aber kaum dominieren wird — besteht insofern, als der geringere Nettoertrag bei günstigem Investitionsausgang auch zu einer positiveren Bewertung dieses Zustandes führt. Insgesamt kann man festhalten, daß Wertabgaben Investitionen sowohl durch überproportionale Verminderung der Ertragsrate als auch durch Erhöhung der Risikoprämien und Verlängerung der Amortisationsdauer nachhaltig beeinträchtigen.
c) Rentenabgabe in Form der Brown-Steuer Gewinnbezogene Abgaben weisen die meisten dieser Mängel nicht auf und sind daher überlegen, sie wirken aber nur bei spezieller Ausgestaltung neutral. Wie eine investitionsfreundliche Abschöpfungsabgabe aussehen müßte, läßt sich am besten anhand der sog. Brown-Steuer veranschaulichen.7 Die Brown-Steuer stellt unter Sicherheit eine echte Rentenabgabe dar. Sie besteht aus einem System proportionaler Abgaben und Zuschüsse auf den cash flow mit „Sofortabschreibung" der Investitionsausgaben und vollkommener 7
Brown, 1948, S. 300 ff.
2. Investitionsneutrale Besteuerung
95
„Verlustbeteiligung" des Fiskus. Bemessungsgrundlage sind die laufenden Zahlungssalden. Einnahmenüberschüsse werden mit einem konstanten Satz besteuert, Ausgabenüberschüsse in gleicher Höhe bezuschußt. Die Investitionsausgaben sind sofort und in voller Höhe abzugsfähig. Der Investor erhält also von Anfang an Zuschüsse zu den Explorations- und Erschließungsaufwendungen. Fremdkapitalzinsen und Zinserträge bleiben steuerlich unberücksichtigt. Die Abgabe läßt den Kalkulationszinsfuß konstant und vermindert Ertragswert und Investitionsausgaben gleichmäßig, so daß der Kapitalwert (bei Sicherheit) proportional zum Steuersatz gekürzt wird: η
KWo (1 - ο = IB s (1 - 0 (1 + 0" j - Io. j= i
Investitionen mit bisher positivem Kapitalwert und Grenzinvestitionen bleiben vorteilhaft. Besteuert werden im Endeffekt die Kapitalwerte (Barwerte der Renten) bzw. die durchschnittlichen periodischen Renteneinkommen. Die Beeinflussung der internen Ertragsrate läßt sich am einfachsten am Beispiel einer einperiodigen Investition verdeutlichen: Dem Kapitalwert KW 0 = B\(\ + i ) h entspricht hier die interne Ertragsrate (2?i~7 0 )// 0 . Nach Besteuerung erhält man KWo (1 - 0 = A (1 -0(1
r
_
+ 0" 1 - h (1 - t).
(fli-/o)(l-Q io (1 - 0
Die interne Ertragsrate bleibt zwar formal konstant, bezieht sich nun aber nur auf das nach Steuer selbst investierte Kapital Ι 0 (1 — t). Die freiwerdenden eigenen Mittel tl 0 können zum Kapitalmarktzins i angelegt werden. Bei Fremdfinanzierung werden die Kreditzinsen eingespart. Die interne Ertragsrate vermindert sich dann auf r(t) = r — t(r — i). Die Steuerfunktion — periodendurchschnittlich über die Lebensdauer des Projekts hinweg — lautet T=t(r — i) - L Besteuert wird die Rente. Neutral wirkt die Brown-Steuer auch im Hinblick auf das zeitliche Risiko. Sie beeinflußt die Amortisationsdauer nicht. Es gilt: η 7.(1-0 = 0 - 0 ^ ( l + o t j= i
96
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
Für die Analyse nach der Erwartungsnutzentheorie ist zu beachten, daß die Größen der oben aufgeführten Kapitalwertformel nun als Erwartungswerte aufzufassen sind (und die gewünschte Risikoprämie im Kalkulationszinsfuß enthalten ist). Geht man von der internen Zinsfußmethode aus, so ist es jetzt ratsam, die Risikoprämie (σ) als Abzug von der Ertragsrate auszuweisen. Die risikobereinigte Ertragsrate (r — o) ändert sich folgendermaßen: Auf das selbst investierte Kapital nach Steuer wird risikobereinigt ein Ertrag in Höhe von 7o / (r — o) erzielt, auf den steuerlichen Anteil ein Ertrag von tih. Daraus folgt, daß die neue risikobereinigte Ertragsrate auf das originäre Investitionsvolumen (r— σ) — t (r — (/ + σ)) beträgt und nur der Überschuß der Erträge über die Kapitalkosten, einschließlich Risikoprämie, besteuert wird. Die durchschnittliche interne Ertragsrate r vermindert sich um -t(r-i). Die gewünschte Risikoprämie kann sich aber nach der Erwartungsnutzentheorie ändern. Um dies zu zeigen, ist zu berücksichtigen, daß der Fiskus nicht nur vorübergehende Zahlungsdefizite bezuschußt, sondern auch Gesamtverluste. Bei ungünstigen Investitionsausgängen schlägt die BrownSteuer insgesamt um in ein Zuschußsystem. Die negativen Kapitalwerte bisher unwirtschaftlicher Investitionen verringern sich. Bei einer Bezuschussung von 100 % werden alle bisher unrentablen Investitionsvorhaben auf ein Ertragsniveau entsprechend den Kapitalkosten angehoben. Jede denkbare und noch so unwirtschaftliche Investition würde sich lohnen. Die BrownSteuer wirkt nur bei Sätzen deutlich unter 100 % neutral. Eine vollständige Rentenabschöpfung ist nicht möglich, denn dies hätte verheerende Folgen für die Effizienz der Faktorallokation. Bei einem Satz von 100 % werden alle Ausgaben voll vom Staat finanziert. Wenn ein Investitionsprojekt fehlschlägt und mit Verlusten verbunden ist, erhält der Investor durchschnittlich je Periode einen Zuschuß in Höhe von — T= — t(v + i)I. Die mögliche Verlustrate vermindert sich um t(ν + /). Bei günstigem Ausgang der Investition verringert sich die Gewinnrate g um t (g — /). Die Indifferenzbedingung für eine bisherige Grenzinvestition ändert sich dann folgendermaßen ( t < 1):
p(g-i)(l-t)>cit)(l-p)(v
+ i)(l-t)
bzw.
pg - Pt (g - 0 - (1 - Ρ) ν + (1 - p) t (ν + 0 ( c ( 0 - l ) ( l - p ) ( v - / ( v + i) + / ) > i
mit c (t) < c und c (t) =
U' (A ( 1 + ( 1 - op) i - a0 ( ν - / ( ν + /)))) U' (A (1 + (1 - ao) i + ao(g-t
(g -/))))
2. Investitionsneutrale Besteuerung
97
Die Steuer vermindert zwar die interne Ertragsrate, und zwar um — /) — (1 — r ( v + /) mit ρ (g — i) > (1 — ρ) (ν + /), die gewünschte Risikoprämie geht aber stärker zurück. Die Investitionsneigung erhöht sich. Die Brown-Steuer fördert unter Unsicherheit und bei risikoscheuem Verhalten eindeutig die Risikobereitschaft. Nur bei risikoneutralem Verhalten und bei geknickt-linearem Verlauf der Risikonutzenfunktion wirkt sie investitionsneutral. Der investitionsfördernde Einfluß ist zwar unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von disincentives positiv zu beurteilen, bedeutet aber zugleich auch die Begünstigung einer Fehlallokation der Ressourcen. Dadurch, daß mit geringeren Risikoprämien kalkuliert wird, können Investitionen mit bisher negativem Kapital wert vorteilhaft werden, so daß es zu zusätzlichen Investitionen im Bergbau kommt. Die verstärkte Investitionstätigkeit in diesem Sektor geht zu Lasten anderer Wirtschaftszweige, obwohl hier die gesellschaftliche Kapitalrendite höher ist. Die Tendenz zur Überinvestition ist um so ausgeprägter, je höher der Steuersatz bzw. die Bezuschussung ist. Auch dieser Aspekt spricht dafür, daß sich eine Abschöpfungspolitik, die auf die Brown-Steuer zurückgreift, mit eher niedrigen Steuersätzen zufriedengeben muß. Freilich sollte der risikomindernde Einfluß nicht überbetont werden. Die Brown-Steuer ist in ihrer Erhebung einfach, und sie vermeidet bei sehr hohen Abschöpfungsquoten jegliche disincentives, sie impliziert aber zugleich auch, daß der Fiskus über lange Zeit während der Explorations- und Erschließungsphase Zuschüsse zu Rohstoffprojekten leisten muß — was politisch kaum akzeptabel ist — und daß ineffiziente Überinvestitionen und unwirtschaftliche Verhaltensweisen im Bergbau begünstigt werden. Wenn sich der Fiskus mit ζ. B. 80 % an allen Anfangsausgaben eines Rohstoffprojektes direkt beteiligt, die Gesellschafter nur 20 % der Mittel selbst aufbringen müssen und die Abgabenzahlungen erst nach mehreren Jahren einsetzen und sich auf viele Jahre verteilen, dann liegt die Gefahr sehr nahe, daß in den Investitionsplanungen weniger strenge Maßstäbe angelegt und unwirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden. Die Brown-Steuer ist daher als Abschöpfungsinstrument kaum geeignet. Ihr Tarif müßte relativ niedrig angesetzt werden. Durch eine eventuell progressive Ausgestaltung der Steuer — die für verlustreiche Investitionen niedrige Zuschußsätze vorsieht — kann man die Effizienz nicht erhöhen. Im Stadium der Exploration und Erschließung ist nicht absehbar, ob ein Projekt erfolgreich sein wird, so daß auch nicht bekannt sein kann, welcher Tarif in dieser Phase anzuwenden ist. d) Cashflow-Besteuerung nach Kapitalwiedergewinnung Neuere Ansätze der Rentenbesteuerung entwickeln das Konzept der Brown-Steuer weiter, indem sie die Idee der cash flow-Besteuerung über7 Cansier
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IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
nehmen, aber das System der direkten Verlustbeteiligung des Fiskus abschaffen. Speziell für den Rohstoffsektor ist von Garnaut und Clunies Ross eine Abgabe vorgeschlagen worden, die als neues Element die Aufzinsung der Verlustvorträge einführt. 8 Alle anderen Regelungen stimmen mit denen der Brown-Steuer überein. Bemessungsgrundlage sind die laufenden Einnahmen nach Abzug der laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten. Zinsaufwendungen zählen nicht zu den Ausgaben und Zinserträge nicht zu den Einnahmen. Kapitalaufwendungen sind beginnend mit der Exploration sofort zu 100 % abzugsfähig. Die nicht unmittelbar verrechenbaren Ausgaben können unbegrenzt innerhalb der Projektdauer aufgezinst vorgetragen werden. Die Aufzinsungsrate soll der notwendigen Mindestertragsrate für das investierte Eigen- und Fremdkapital (einschließlich Risikoprämie) entsprechen. Eine projektweise Festlegung scheidet dabei aus Praktikabilitätsgründen aus. Die Abgabe muß von einer üblichen Mindestverzinsung ausgehen, die allerdings gewisse Differenzierungen nach äußeren Merkmalen, die auf unterschiedliche Finanzierungs- und Risikobedingungen schließen lassen (so etwa nach Rohstoffarten), berücksichtigen kann. Dennoch wird man von relativ einheitlichen threshold rates ausgehen müssen, so daß für manche Projekte die zugestandene Kapitalkostenrate niedriger und für andere höher als der individuelle Kalkulationszinsfuß ist. In der Explorations- und Erschließungsphase werden alle Ausgaben aufgezinst von Periode zu Periode akkumuliert und dann mit Beginn der Produktion schnellstmöglich gegen Einnahmen verrechnet. Später werden die Nettoeinnahmen besteuert. Treten vorübergehende Ausgabenüberschüsse auf, werden sie wiederum verzinslich vorgetragen und verrechnet. In den Tabellen 3 und 4 finden sich zwei Beispiele, die die Mechanik illustrieren. Im zweiten Beispiel wird die verzinsliche Kapitalwiedergewinnung in der dritten Periode erreicht. 9 Diskontiert man die Daten dieser Periode auf den Planungszeitpunkt 0 ab (Division durch (1 + ή \ so erhält man nach Umformulierung:
j _ Βι Bi B~i lo — ι, +1 , . + (1 ,, +, ο + ,TT~T3 (1 + 0 J
und man sieht, daß eine interne Ertragsrate in Höhe der Aufzinsungsrate erwirtschaftet wird. Entspricht diese Rate dem individuellen Kalkulationszinsfuß, so bleibt die vom Investor gewünschte Mindestertragsrate steuerfrei, was zugleich bedeutet, daß für diese Zeitspanne der Kapitalwert Null ist. 8 l)
Garnaut und Clunies Ross, 1975, dies., 1977, dies., 1983, Clunies Ross, 1982. Vgl. Webb und Ricketts, 1980, S. 181 f.
2. Investitionsneutrale Besteuerung
99
Da in den nachfolgenden Perioden Einnahmenüberschüsse erwirtschaftet werden, nimmt der Kapital wert positive Werte an und die interne Ertragsrate wächst über den Kalkulationszinsfuß hinaus. Der Kapitalwert der Investition für die gesamte Lebensdauer η des Projektes beträgt:
Die proportionale Besteuerung der laufenden Einnahmeüberschüsse bedeutet dann auch eine proportonale Verminderung des Kapital wertes.
KW(t)K )= (1ν - o ;
B a
( 1 + / )4 4 +τ
—— (1 +
Das Ergebnis ist dasselbe wie bei der Brown-Steuer. Der gleiche Effekt einer Besteuerung der Einnahmenüberschüsse nach Überschreiten der Amortisationsperiode wird auch durch eine cash flow-Abgabe auf der Basis der internen Zinsfuß-Methode erreicht. 10 Bei dieser Ertragsratenabgabe wird für jede Periode die interne Ertragsrate (durchschnittliche Kapitalverzinsung für die bis dahin vergangene Zeitspanne) ermittelt und der positive cash flow proportional besteuert, sobald die tatsächliche interne Ertragsrate die steuerlich zugestandene Mindestertragsrate überschritten hat. Statt das Aufzinsungsverfahren für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage vorzuschreiben, müssen die Unternehmen nun den Finanzämtern die jeweilige interne Ertragsrate mitteilen. Erhebungstechnische Unterschiede bestehen nicht. Bei beiden Abgaben müssen für eine gegebene Periode die Einnahmen und Ausgaben in der Vergangenheit bekannt sein. Die Daten stehen aus der jeweiligen Vorperiode zur Verfügung. Die Neutralität der Resource Rent Tax und der Ertragsratensteuer gilt nur unter eingeschränkten Bedingungen. Die Regelungen sind dem Verfahren der direkten Bezuschussung nur dann äquivalent, wenn während der Lebensdauer eines Projektes ausreichend hohe Einnahmenüberschüsse auftreten (der Kapitalwert der Investition also nicht negativ ist), die Zahlungsreihe nur einen Vorzeichenwechsel aufweist und zugestandene und tatsächliche Kapitalkostenrate übereinstimmen. 10
ν
Mackenzie und Bilodeau, 1979, S. 65 f.
100
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung Tabelle 3: Freistellung der Kapitalwiedergewinnung bei der Resource Rent Tax
Jahr 0
Io
1
Io (1
2 3 4
h (1 + if — Ri(l
Steuerbasis
Nettoeinnahme
Abzüge für die Kapitalwiedergewinnung
—
Io (1
+ /) +
ο3
—
- Äi (i + 0
Ο2
= R*
0 0 0
Ra
Ra
t - Ra
>Ri
-
Λ (1
+
0
—
0 0 0
>Ri + i)
Steuer
I = Investition, i = Zinssatz, R = Nettoeinnahme, t = Steuersatz. Quelle: Webb und Ricketts, 1980, S. 181.
Tabelle 4: Zahlenbeispiel zur progressiven Resource Rent Tax Jahr
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Nettoeinnahmen -100 -300 - 50 150 150 150 150 150 150 150 - 50 150 150 150 150
Steuern von akkumulierte akkumulierte Steuern von GesamtDefizite oder 50% auf Erträge Defizite oder 25 % auf Erträge steuer Steuerbasis über einer Rate Steuerbasis über einer Rate (Zinssatz 10 %)1 von 10 % (Zinssatz 20 %)> von 20 % -100 -410 -501 -401 -291 -170 - 37 109 150 150 - 50 95 150 150 150
— — — — — —
54,5 75 75 —
47,5 75 75 75
-100 -420 -554 -515 -468 -412 -344 -263 -166 - 49 -109 19 150 150 150
—
—
—
—
—
—
—
—
— — — — — —
4,75 37,5 37,5 37,5
—
54,5 75 75 —
52,25 112,5 112,5 112,5
Quelle: Garnout und Clunies Ross, 1975, S. 287.
Eine Komplikation tritt auf, wenn in den späteren Nutzungsperioden Ausgabenüberschüsse auftreten, die nicht mehr verrechnet werden können. Für den Bergbau ist dieser zweimalige Vorzeichenwechsel des Zahlungsstroms insofern typisch, als nach Produktionsbeendigung noch Aufwendungen für Abbruch, Abraumbeseitigung und Rekultivierung anfallen, die beträchtlich sein und die bisher ausgewiesene Kapitalwiedergewinnung als verfrüht erscheinen lassen können. Bei Grenzinvestitionen fällt die echte
101
2. Investitionsneutrale Besteuerung
Amortisationsdauer mit dem Ende des Projektes zusammen. Die Abgabe trifft auch marginale Projekte, und sie belastet Projekte mit positivem Kapitalwert je nach der relativen Bedeutung der Stillegungskosten ungleichmäßig. Diese Mängel lassen sich durch die Einführung eines unbegrenzten Verlustrücktrags, der die verzinsliche Rückzahlung zuviel gezahlter Abgaben vorsieht, beseitigen. Dabei ist allerdings sicherzustellen, daß diese Regelung nur für Ausgabenüberschüsse zur Anwendung gelangt, die nicht wirksam vorgetragen werden können. Faktisch bedeutet das, daß die Möglichkeit des Verlustrücktrags nur am Ende eines Rohstoffprojektes eingeräumt wird. Wenn man auf die Verzinslichkeit verzichtet, kann der Verlustrücktrag generell zugelassen werden. Im Hinblick auf das Risiko ist positiv zu vermerken, daß die Amortisationsperioden konstant bleiben. Nachteilig wirkt sich dagegen der begrenzte Verlustausgleich aus. Angesichts der projektbezogenen Abgabenerhebung fehlt es bei möglichem verlustreichen Ausgang an verrechenbaren Einnahmen. Der Fiskus beteiligt sich nicht an Total Verlusten, er partizipiert nur an den günstigen Ausgängen. Auch wenn günstigstenfalls noch Gewinne erwartet werden, sie aber geringer sind als die normale Kapitalverzinsung zum Marktzinssatz — wie es bei Grenzinvestitionen zutrifft — wird der Investor nicht entlastet. Die Abgabe vermindert die interne Ertragsrate einer bisherigen Grenzinvestition umpt(g~i*). /* bedeutet die steuerliche Aufzinsungsrate, die neben dem Marktzins auch eine Risikoprämie enthält. Bei risikoneutralem Verhalten und geknickt-linearer Risikonutzenfunktion geht die Investitionsneigung eindeutig zurück. Bei durchgängig risikoscheuem Verhalten besteht dagegen eine Gegenkraft, weil auch die gewünschte Risikoprämie wegen der nun höheren Bewertung der günstigen Ausgänge abnimmt. Die Indifferenzbedingung für eine bisherige Grenzinvestition (mit Verlusten) ändert sich folgendermaßen:
P g - P t ( g - ' * ) - ( ! - p ) v - ( c ( t ) ~ l ) ( l — ρ ) (ν + *) I /
mit c (/) < c, i* > / und
U'(A(\+(l-a U'(A(
0)i-a 0(v
+ i)))
1 + (1 - a0) i + 0o (g - t (g -/*))))
'
Die Verminderung der durchschnittlichen Ertragsrate dürfte die Abnahme der Risikoprämie überwiegen. Die steuerliche Risikoprämie wird nicht mit der individuellen übereinstimmen. Bei Identität und hohen Steuersätzen dominiert der restriktive Effekt eindeutig. Da in diesem Fall gilt /* = ι + σ (ί),
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o(t)= i{\~pt)
IV. Instrumente der Rentenabschöpfung
Risikoprämie nach Steuer, kann man auch schreiben pg(\ — t) — - σ (t) (1 ~pt)
- (1 - ρ) v | 0 . Der Ausdruck ist für t = 100%
negativ. Man kann sich auch vorstellen, daß die steuerliche Aufzinsungsrate so niedrig angesetzt ist, daß sie nur den Kapitalmarktzins abdeckt. Dann erhält man Ρ te - 0 ( 1 - t ) = c(t)(ì
und c (t) =
U'(A(l
+ (l-a 0)i
-p)(v
r^L-ßoiv +
+ i)
mit
c(t)