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German Pages 619 Year 2006
lsmer Bildungsauf'Nand im Steuerrecht
Rechtsordnung und Steuerwesen Band 36 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Ralner Hüttemann
Bildungsaufwand im Steuerrecht Zum System der Besteuerung von Humankapitalinvestitionen
von
Dr. jur. Roland lsmer, MSc Econ (l5E)
2006
Verlag
Dr.OftoSchmidt Köln
.
Meinen Eitern
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de
ISBN 10: 3-504-64235-1 ISBN 13: 978-3-504-64235-8 © 2006 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Textformatierung: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: docupoint, Magdeburg Printed in Germany
Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 30 Bände erschienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den gewählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschaftsrecht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Europarechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhänge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfahrensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristischen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellungen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentreffen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Gestaltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Verankerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuerrechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatautonomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben werden. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Osnabrück, im März 2004 Wolfgang Schön
Rainer Hüttemann
VII
Geleitwort
Zu dieser Schrift Wer in eigene oder fremde Bildung investiert, tätigt aus ökonomischer Sicht eine Investition in „Humankapital“. Die steuerrechtliche Behandlung solcher Aufwendungen für Aus-, Fort- und Weiterbildung wirft zahlreiche Grundsatz- und Abgrenzungsfragen auf. Diese betreffen nicht nur die einkommensteuerrechtliche Unterscheidung zwischen unbeachtlichen Privataufwendungen und abziehbaren Werbungskosten, sondern reichen bis in das Umsatzsteuerrecht und die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Mit seiner Untersuchung über „Bildung im Steuerstaat“ hat Roland Ismer eine umfassende Bestandsaufnahme der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen von Bildungsinvestitionen vorgelegt, die zugleich die wichtigen ökonomischen, verfassungs- und europarechtlichen Bezüge des Themas einbezieht. Die Arbeit stellt die geltende Rechtslage eingehend dar und setzt sich auch mit den Auswirkungen der geänderten Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten in § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 nF. EStG kritisch auseinander. Darüber hinaus enthält die Schrift aber auch rechtspolitische Vorschläge für eine Verbesserung der steuerlichen Berücksichtigung von Ausbildungsinvestitionen. Diese betreffen vor allem das Problem der Aufwandsverteilung in der Zeit. Um Schwächen des einkommensteuerrechtlichen Verlustabzuges zu vermeiden, plädiert Ismer de lege ferenda überzeugend für eine „Quasiaktivierung“ der Kosten von Humankapitalinvestitionen mit einer anschließenden pauschalierten Abnutzung. Mit seiner zusammenhängenden Analyse des Steuerrechts der Bildungsinvestitionen hat Ismer einen Grundlagenbeitrag zu einem zentralen steuerrechtlichen Thema geleistet, dessen praktische Bedeutung in der Zukunft weiter zunehmen wird. München und Bonn, im September 2006 Wolfgang Schön
VIII
Rainer Hüttemann
Vorwort Diese Arbeit hat im Wintersemester 2005/2006 der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertationsschrift vorgelegen. Rechtsprechung und Literatur sind bis 31. Dezember 2005 berücksichtigt. Herzlich danken möchte ich an erster Stelle dem Erstgutachter und meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Moris Lehner, der das Entstehen der Arbeit in einem ganz besonderen Maße gefördert hat: Ihm verdanke ich viele wertvolle Anregungen und verständnisvolle Unterstützung. Weiterhin gilt mein besonderer Dank dem Zweitkorrektor, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Vogel, der mir ebenfalls zahlreiche nützliche Hinweise und Ratschläge gegeben hat. Herzlich bedanken möchte ich mich ferner bei der Studienstiftung des deutschen Volkes für die Gewährung eines Promotionsstipendiums, bei der Juristischen Fakultät der Universität München für die Verleihung des Fakultätspreises sowie bei der Münchner Juristischen Gesellschaft für die Verleihung der Auszeichnung der besten öffentlich-rechtlichen Dissertation des Jahres 2005. Die ökonomischen Grundlagen der Arbeit habe ich während meines Gastaufenthalts im Sommer 2003 am Department of Applied Economics der University of Cambridge geschrieben. Es hat mir außerordentlich angenehme, ja optimale Arbeitsbedingungen geboten, wofür ich mich auch hier noch einmal bedanken möchte. Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schön und Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann danke ich für die Aufnahme in ihre Schriftenreihe. Durch wertvolle Diskussionen, Anregungen oder Korrekturvorschlägen am Manuskript haben mir sehr geholfen Prof. Rüdiger von Groll; Prof. Dr. Andreas Hauffler; Dr. Nina Jenke LLM; Prof. Dr. Ashok Kaul; Dr. Andrea Liesenfeld LL.M., Dr. Karsten Neuhoff MSc; Maximilian von Proff zu Irnich; Prof. Dr. Ekkehart Reimer; Alexander Rust; Norbert Sailer (Khuepach) LLM; Drs. Jan und Kathrin Schürnbrand; Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen sowie Prof. Dr. Christian Waldhoff. Katharina Riemer hat das Manuskript Korrektur gelesen. Ihnen allen ein großes Dankeschön! Dank schulde ich ferner Michael Lührs, der mir als kritischer und kompetenter Gesprächspartner stets zur Verfügung stand und das Manuskript mit einer nicht zu übertreffenden Ausdauer durchgesehen hat; meinem Bruder Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Ismer, der mir half, die eine oder andere Computer-Notlage erfolgreich zu meistern; und vor allem meiner Verlobten Priv.-Doz. Dr. Stefanie Stockhorst, die mir stets mit Rat und Tat beiseite stand.
IX
Vorwort
Meiner Mutter danke ich schließlich für ihre liebevolle Anteilnahme und Unterstützung. Ihr und dem Angedenken meines Vaters sei die Arbeit gewidmet. München/Cambridge, August 2006
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Roland Ismer
Inhaltsübersicht Geleitwort der Herausgeber .................................................................... VII Vorwort ................................................................................................... IX Inhaltsverzeichnis ................................................................................... XV Einleitung .............................................................................................. I. Individuelle und soziale Bedeutung der Bildung ............................ II. Fragestellung und Methode ............................................................. III. Gang der Darstellung ......................................................................
1 1 5 10
Erster Teil: Konzeptionelle Grundlagen ............................................
13
Kapitel 1: „Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage .............................................................................................. I. Konzept des „Humankapitals“ ........................................................ II. Kontext des Humankapitalkonzepts: Geschichte und Alternativen III. Bedeutung des Humankapitals für den Lernenden und die Gesellschaft als Ganze .................................................................... IV. Ökonomische Theorie der optimalen Besteuerung von Humankapital .............................................................................................. V. Zusammenfassung ........................................................................... Kapitel 2: Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit ................................................................................ I. Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit ................ II. Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension ........................ III. Zusammenfassung ...........................................................................
15 15 26 35 43 62 64 65 74 90
Kapitel 3: Systemdenken als methodische Grundlage ...................... 92 I. Terminologische Klärungen ............................................................ 94 II. Bindung des Rechtsanwenders ........................................................ 95 III. Bindung des Gesetzgebers .............................................................. 100 IV. Widerspruchsfreiheit als rechtspolitisches Ideal ............................. 112 V. Zusammenfassung ........................................................................... 113 Zweiter Teil: Bestandsaufnahme der derzeitigen Besteuerung von Humankapitalinvestitionen .................................................................. I. Gegenstand und Funktion der Bestandsaufnahme .......................... II. Unterscheidung der Arten von Investitionskosten .......................... III. Gang der Darstellung ......................................................................
115 115 116 117
XI
Inhaltsübersicht
Kapitel 4: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen ................................................................................. I. Geschichtliche Entwicklung ............................................................ II. Abgrenzung von Ausbildung und Allgemeiner Lebensführung ..... III. Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung ............................ IV. Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung ... V. Ausbildung als außergewöhnliche Belastung ................................. VI. Zusammenfassung ...........................................................................
119 119 124 133 175 196 197
Kapitel 5: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital ............................................. I. Altruistische Fremdinvestitionen .................................................... II. Egoistische Fremdinvestitionen ...................................................... III. Zusammenfassung ...........................................................................
198 198 254 262
Kapitel 6: Bestandsaufnahme Umsatzsteuer ..................................... I. Eigeninvestitionen ........................................................................... II. Fremdinvestitionen .......................................................................... III. Zusammenfassung ...........................................................................
265 265 289 293
Kapitel 7: Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern ........................ I. Erbschaft- und Schenkungsteuer ..................................................... II. Gewerbesteuer ................................................................................. III. Vermögensteuer .............................................................................. IV. Gemeinnützigkeitsrecht ................................................................... V. Zusammenfassung ...........................................................................
294 294 303 308 308 309
Kapitel 8: Einfachgesetzliches Recht als Kontext .............................. I. Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt ............... II. Sozialrechtliche Bildungsförderung ................................................ III. Arbeitsrechtliche Grenzen von Rückzahlungsklauseln ................... IV. Zusammenfassung ...........................................................................
310 310 316 326 330
Dritter Teil: Systemoptimierung ......................................................... I. Maßstäbe der Optimierung .............................................................. II. Optimierung der Subsysteme und deren Integration ....................... III. Gang der Darstellung ......................................................................
331 332 333 336
Kapitel 9: Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen ................................................................... 337 I. Verfassungsrecht ............................................................................. 338 XII
Inhaltsübersicht
II. Grundfreiheiten des Europarechts ................................................... 368 III. Einfachgesetzliche Prinzipien ......................................................... 374 IV. Zusammenfassung ........................................................................... 380 Kapitel 10: Subsystem der egoistischen Investitionen ...................... I. Einkommensteuer: Eigeninvestitionen ............................................ II. Einkommensteuer – Egoistische Fremdinvestitionen: Symmetrie zu Eigeninvestitionen? .................................................. III. Umsatzsteuer ................................................................................... IV. Vermögensteuer .............................................................................. V. Gewerbesteuer ................................................................................. VI. Zusammenfassung ...........................................................................
383 384
Kapitel 11: Subsystem der altruistischen Investitionen .................... I. Einkommensteuer ............................................................................ II. Umsatzsteuer ................................................................................... III. Erbschaft- und Schenkungsteuer ..................................................... IV. Zusammenfassung ...........................................................................
436 436 465 465 474
Kapitel 12: Subsystem der indirekten Förderung ............................. I. Gewerbesteuer ................................................................................. II. Gemeinnützigkeitsrecht ................................................................... III. Zusammenfassung ...........................................................................
476 476 479 479
Kapitel 13: Integration der Subsysteme ............................................. I. Begriff der Ausbildung ................................................................... II. Integration von egoistischen und altruistischen Investitionen ........ III. Zusammenfassung ...........................................................................
480 480 485 492
Kapitel 14: Rechtspolitischer Vorschlag: Aufwandsverteilung von Humankapitalinvestitionen ...................... I. Grundzüge einer Aufwandsverteilung ............................................ II. Vorteile der Aufwandsverteilung .................................................... III. Probleme einer praktischen Implementierung ................................ IV. Zusammenfassung ...........................................................................
493 494 497 503 511
418 420 428 430 434
Zusammenfassung und Ausblick ........................................................ 513 Literaturverzeichnis ................................................................................ 521 Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... 577 Stichwortverzeichnis .............................................................................. 579
XIII
Inhaltsverzeichnis Geleitwort der Herausgeber .................................................................... VII Vorwort .................................................................................................... IX Inhaltsübersicht ........................................................................................ XI
Einleitung .............................................................................................. I. Individuelle und soziale Bedeutung der Bildung II. Fragestellung und Methode III. Gang der Darstellung
1 1 5 10
Erster Teil: Konzeptionelle Grundlagen ........................................
13
Kapitel 1: „Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage .............................................................................................
15
I.
Konzept des „Humankapitals“ ..................................................... 1. Einführende Bemerkungen und Definition .................................. 2. Kosten und Erträge von Humankapital ........................................ a) Kosten der Humankapitalakkumulation ................................. b) Erträge des akkumulierten Humankapitals ............................. c) Investitionsregel: Grenzkosten gleich Grenzerträge .............. 3. Unterschiede von Humankapital zu anderen Kapitalformen ....... a) Höchstpersönlichkeit schließt Übertragung aus ..................... b) Verkörperung in seinem Träger bedingt Verlust spätestens mit dessen Tod ........................................................................ c) Enge Verwobenheit mit der Privatsphäre ............................... d) Qualitätsunsicherheit als gradueller Unterschied ................... 4. Kosten- vs. Einkommensmethode zur Bewertung von Humankapital ...........................................................................................
II. Kontext des Humankapitalkonzepts: Geschichte und Alternativen .................................................................................... 1. Geschichte des Humankapitalkonzepts ....................................... a) Quantifizierung von Kriegszerstörung als Vorläufer ............. b) Klassik und Neoklassik noch skeptisch .................................. c) Durchbruch nach dem Zweiten Weltkrieg ............................. d) „Human Capital“ von Gary Becker als Standardwerk ........... 2. Signalling-Theorie als Alternative? ............................................. a) Signalling-Theorie: Ausbildung ist gesamtgesellschaftlich sinnlos ..................................................................................... b) Überprüfung anhand empirischer Arbeiten ............................
15 15 18 19 19 20 20 21 22 23 24 24 26 26 26 27 29 29 30 31 33 XV
Inhaltsverzeichnis
aa) Deutliche Anzeichen für Humankapitaltheorie .............. bb) Ausbildung im Regelfall gesamtgesellschaftlich sinnvoll ........................................................................... III. Bedeutung des Humankapitals für den Lernenden und die Gesellschaft als Ganze .................................................................... 1. Humankapitalinvestitionen individuell lukrativ .......................... 2. Gesamtgesellschaftliche Sichtweise ............................................ a) Humankapitalinvestitionen wohl auch gesamtgesellschaftlich lukrativ ................................................................... b) Humankapital als „Motor des Wirtschaftswachstums“ .......... c) Unterschiede bei Humankapitalinvestitionen werfen Verteilungsfrage auf ............................................................... aa) Individuell verschiedene Rendite ................................... bb) Unterschiedliche Höhe der selbst getragenen Kosten .... IV. Ökonomische Theorie der optimalen Besteuerung von Humankapital ................................................................................. 1. Konzept der optimalen Besteuerung ............................................ 2. Zwei Modelltypen ........................................................................ 3. Ergebnisse der Infinitively-Lived-Representative-AgentModelle ........................................................................................ a) „Nullsteuerergebnis“ bei der Kapitalbesteuerung .................. b) Erweiterung der ILRA-Modelle um Humankapital ............... aa) Wachstumsauswirkungen je nach privater Nutzbarkeit von Humankapital .......................................................... bb) Nullsteuerergebnis auch für Humankapital .................... c) Probleme des Nullsteuerergebnisses ...................................... 4. Erträge der OLG-Modelle ............................................................ a) Nullsteuerergebnis nur unter engen Voraussetzungen ........... b) Zusätzliche Anforderungen wegen Humankapitals ................ 5. Beschränkter Kreditzugang als Effizienzargument für umverteilende Besteuerung .......................................................... 6. Ergebnis ....................................................................................... V. Zusammenfassung ..........................................................................
Kapitel 2: Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit ............................................... I.
XVI
Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit ........... 1. Partizipatorische Dimension vs. Vorrangsdimension .................. 2. Das Konzept der partizipierenden Steuerstaatlichkeit im Einzelnen ..................................................................................... a) Konzeptionelle Grundlagen ....................................................
33 35 35 36 37 37 38 40 41 42 43 44 46 49 49 51 51 53 54 57 57 58 59 61 62
64 65 65 67 67
Inhaltsverzeichnis
b) Bundesrepublik Deutschland zwar empirisch kein partizipierender Steuerstaat in Reinform, … .......................... c) Partizipatorische Dimension auch nur beschränkt verbindlich für das gesamte Steuersystem, … ....................... d) … aber Geltung für die Einkommen- und Umsatzsteuer ....... II. Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension ................... 1. Verbot nichtverifizierbarer Tatbestandsmerkmale ...................... a) Problem: Steuerunehrlichkeit und asymmetrische Information ............................................................................. b) Asymmetrie aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nur beschränkt behebbar ......................................................... aa) Tatsächliche Grenzen der Kontrolle ............................... bb) Rechtliche Grenzen der Kontrolle .................................. c) Auswirkungen der Kontrollgrenzen auf das materielle Steuerrecht .............................................................................. 2. Verbot der Anknüpfung an typischerweise nicht definierte Merkmale ..................................................................................... a) Problem: Informationsdefizite des Steuerpflichtigen ............. b) Folgen der Informationsdefizite des Steuerpflichtigen für den Steuerstaat ........................................................................
69 70 73 74 75 75 79 80 82 83 87 87 88
III. Zusammenfassung ..........................................................................
90
Kapitel 3: Systemdenken als methodische Grundlage ................
92
Terminologische Klärungen ..........................................................
94
I.
II. Bindung des Rechtsanwenders ...................................................... 95 1. Weitreichende Bindung an das System des Gesetzes .................. 95 a) Systemansätze und „Constructive Interpretation“ .................. 95 b) Entscheidung für den Systemansatz ....................................... 97 aa) Begründung der Maßgeblichkeit des Systemansatzes ... 97 bb) Reichweite des Systems ................................................. 98 cc) Verbleibender Nachteil .................................................. 99 2. Keine Selbstbindung der Gerichte ............................................... 100 III. Bindung des Gesetzgebers ............................................................. 1. Umfassende Bindung an höherrangiges Recht ............................ 2. Gesetzgeberische Freiheit bei der „Außenabgrenzung“ der Steuergesetze ............................................................................... a) Meinungsspektrum ................................................................. b) Begründung für die hier vertretene Freiheit des Gesetzgebers ........................................................................... aa) Ausgleich gegenläufiger Prinzipien ...............................
100 101 102 102 102 103 XVII
Inhaltsverzeichnis
bb) Steuergerechtigkeit: Unbestimmte Leistungsfähigkeit und unklare Steuerinzidenz ............................................ 3. Bindung an einfachgesetzliche Normen ...................................... a) Verhältnis zur Gesamtrechtsordnung ..................................... aa) Diskussion der Folgen von Wertungswidersprüchen ..... bb) Notwendig restriktives Verständnis der „Einheit der Rechtsordnung“ .............................................................. b) Binnensystematik: Inneres System der Einzelsteuergesetze .. aa) Kontroverse um die Bindungsintensität ......................... bb) System als Hilfsmittel zur Strukturierung der Gleichheitsprüfung .........................................................
103 106 106 106 107 109 109 111
IV. Widerspruchsfreiheit als rechtspolitisches Ideal ........................ 112 V. Zusammenfassung .......................................................................... 113
Zweiter Teil: Bestandsaufnahme der derzeitigen Besteuerung von Humankapitalinvestitionen ............................... 115 I. Gegenstand und Funktion der Bestandsaufnahme 115 II. Unterscheidung der Arten von Investitionskosten 116 III. Gang der Darstellung 117
Kapitel 4: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen ............................................................................... 119 I.
Geschichtliche Entwicklung .......................................................... 119
II. Abgrenzung von Ausbildung und Allgemeiner Lebensführung ................................................................................ 1. Beruf ............................................................................................ 2. Berufsausbildung ......................................................................... 3. Aufwendungen für die Berufsausbildung: Sphärenabgrenzung .. 4. Aufwendungen des Steuerpflichtigen .......................................... 5. Höhe der Aufwendungen ............................................................. III. Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung ........................ 1. Alte Rechtsprechung: Wechsel der Berufsart? ............................ a) Kosten eines Hochschulstudiums ........................................... aa) Kosten eines akademischen Erststudiums keine Erwerbsaufwendungen ................................................... bb) Ausnahme 1: Zweitstudium als Aufbaustudium ............ cc) Ausnahme 2: Ausbildungsdienstverhältnis .................... dd) Ausnahme 3: Studium ohne Abschlussabsicht ..............
XVIII
124 125 126 126 131 133 133 134 135 135 139 146 147
Inhaltsverzeichnis
b) Kosten der Promotion und Habilitation .................................. c) Kosten von allgemeinbildenden Maßnahmen ........................ d) Weitere nichtakademische Bildungsmaßnahmen ................... aa) Wiederum Kriterium des Berufswechsels ...................... bb) Veranlassungszusammenhang trotz Arbeitslosigkeit ..... cc) Ausbildungsdienstverhältnis bei Referendaren .............. dd) Voraussetzungslose Berufe: Heilpraktiker ..................... ee) Vertragsstrafen: Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ............................................................................. 2. Neue Rechtsprechung: Veranlassungszusammenhang! .............. a) „Rebellion“ von Finanzgerichten und Wissenschaft .............. b) Grundsatzentscheidungen des BFH vom Dezember 2002: Veranlassungszusammenhang maßgeblich ............................ c) Ausweitung durch Folgeurteile .............................................. d) Anforderungen an Veranlassungszusammenhang .................. e) Offene Fragen ......................................................................... aa) Erwerbsaufwendungen bei reinem Erststudium? ........... bb) Erwerbsaufwendungen bei Besuch allgemeinbildender Schulen? ......................................................................... 3. Nichtanwendungsgesetz zur neuen Rechtsprechung ................... a) Abzugsverbot für erste Berufsausbildung und Erststudium ... b) Erhöhter Höchstbetrag für Sonderausgabenabzug ................. c) Streichung der Weiterbildung ................................................. IV. Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung ................................................................................ 1. Sprachkurse und Sprachreisen exemplarisch für Fortbildungsreisen ............................................................................................ a) Kursgebühren: Sprachkenntnisse als privatnütziges Wissen? ................................................................................... aa) Unmittelbarkeit begründet typischerweise Erwerbsaufwendungen ................................................................ bb) Sachlicher Zusammenhang ............................................ cc) Zeitlicher Zusammenhang .............................................. dd) Parallele Maßstäbe für Deutschkurse von Ausländern .. b) Weitere Kosten: Absetzungsschädlicher Rahmen? ................ c) Fortbildungsreisen und Fahrten zu Messen ............................ aa) Kenntnisse überwiegend für die Erwerbstätigkeit ......... bb) Schädlicher Rahmen ....................................................... 2. Weitere Humankapitalinvestitionen ............................................ a) Führerschein und Privatpilotenschein .................................... b) Persönlichkeitsbildende Kurse ...............................................
148 151 152 152 157 157 158 158 159 159 161 165 166 170 170 172 173 173 175 175 175 176 177 178 179 180 180 181 184 186 187 187 187 189
XIX
Inhaltsverzeichnis
3. Abzugsfähige Aufwendungen ..................................................... a) Abzugsfähigkeit dem Grunde nach ........................................ b) Höhe der Aufwendungen ........................................................ 4. Anwendbarkeit des § 3c EStG .....................................................
191 191 193 195
V. Ausbildung als außergewöhnliche Belastung .............................. 196 VI. Zusammenfassung .......................................................................... 197
Kapitel 5: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital ........................................ 198 I.
XX
Altruistische Fremdinvestitionen .................................................. 1. Leistungen von Eltern an ihre Kinder .......................................... a) Geschichtliche Entwicklung ................................................... b) Kinderfreibetrag ...................................................................... aa) Begriff der „Berufsausbildung“ ..................................... bb) Eigene Einkünfte und Bezüge ........................................ cc) Teleologische Reduktion bei vorrangig Unterhaltsverpflichteten .................................................................. dd) Übergangszeit und fehlender Ausbildungsplatz ............. c) Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf ...................................................................................... d) Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG nur noch für auswärtige Unterbringung volljähriger Kinder ...................... aa) Berufsausbildung ............................................................ bb) Auswärtige Unterbringung ............................................. cc) Besonderheiten bei der Anrechnung von Einkünften und Bezügen ................................................................... dd) Nach Monatsprinzip bestimmter Freibetrag mit Abgeltungswirkung ........................................................ ee) Ausschluss von § 33 EStG ............................................. e) Schulgeld, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ......................................... aa) Berücksichtigungsfähiges Kind ..................................... bb) Staatlich genehmigte Ersatzschule oder nach Landesrecht anerkannte Ergänzungsschule im Inland ............... cc) Berücksichtigungsfähiges Entgelt .................................. dd) Kein Abzug als Erwerbsaufwendungen ......................... 2. Leistungen an den (früheren) Ehegatten ...................................... a) Aufwendungen für die Ausbildung des Ehegatten, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG .................................................... aa) § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. ................................... bb) Neuregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG .................
198 199 200 203 204 211 217 218 218 218 219 220 222 223 224 226 227 227 232 232 233 233 234 235
Inhaltsverzeichnis
b) Begrenztes Realsplitting in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG .............. 3. Ausbildung einer unterhaltsberechtigten Person, § 33a Abs. 1 EStG ........................................................................ a) Voraussetzungen in der Person des Empfängers .................... aa) Unterhaltsberechtigter oder gleichgestellte Person ........ bb) Berufsausbildung: Keine Zweitausbildung .................... cc) Anrechenbare Einkünfte und geringes Vermögen ......... dd) Anpassung der Beträge für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger ............................................ b) Voraussetzungen in der Person des Leistenden ...................... aa) Tatsächlich getätigte Aufwendungen ............................. bb) Leistungsfähigkeit des Zahlenden: Typisierte Opfergrenze .................................................................... c) Persönliche und zeitliche Zuordnung der Aufwendungen ..... d) Monatliche Betrachtung und Konkurrenzen .......................... 4. Behandlung der familien- und sozialrechtlichen Leistungen beim Lernenden ........................................................................... a) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 EStG (Arbeitsförderung) ...... b) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG (Ausbildungsbeihilfen) ................................................................................. c) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG (Stipendien) .............. d) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 42 EStG (Fulbright) ................. e) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 24 (Kindergeld) ....................... f) Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 37 EStG (Aufstiegsfortbildung) ............................................................................. g) Art. 20 OECD-Musterabkommen .......................................... h) Steuerbefreiung nach R 166 S. 2 EStR ................................... II. Egoistische Fremdinvestitionen .................................................... 1. Abgrenzung zu altruistischen Fremdinvestitionen ...................... 2. Steuerbarkeit beim Lernenden ..................................................... 3. Behandlung beim Investierenden ................................................ a) Keine Aktivierung bei fehlender Rückzahlungsklausel ......... b) Aktivierung bei bestehender Rückzahlungsklausel ................ aa) Ursprüngliche Rückzahlungsklausel .............................. bb) Nachträgliche Rückzahlungsklausel .............................. c) Exkurs: Keine Aktivierung bei Eigeninvestitionen ................
235 236 236 236 238 239 240 240 240 240 241 242 242 243 244 247 251 251 251 252 254 254 255 257 259 259 259 260 262 262
III. Zusammenfassung .......................................................................... 262
XXI
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 6: Bestandsaufnahme Umsatzsteuer ................................ 265 I.
Eigeninvestitionen .......................................................................... 1. Direkte Entlastung durch Vorsteuerabzug ................................... a) Unternehmereigenschaft: Kein Abzug bei (noch) nicht Selbständigen .......................................................................... b) Leistung für sein Unternehmen .............................................. c) Ausschluss bei steuerbefreiten Umsätzen .............................. 2. Indirekte Entlastung im Hoheitsbereich ...................................... 3. Indirekte Entlastung durch Steuerbefreiung von Bildungsleistungen als Ausgangsumsätzen ................................................ a) Steuerbefreiungen der Sechsten Richtlinie ............................. aa) Im Regelfall enge Auslegung ......................................... bb) Einschlägige Steuerbefreiungen ..................................... b) Steuerbefreiungen des UStG .................................................. aa) § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG .............................................. bb) Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer, § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ............................................. cc) Bildungsangebote gemeinnütziger Träger, § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG .............................................. dd) Bildungsbezogene Beherbergung, § 4 Nr. 23 UStG ...... 4. Kein Vorsteuerabzug bei indirekter Entlastung ...........................
II. Fremdinvestitionen ........................................................................ 1. Egoistische Fremdinvestitionen ................................................... a) Ausgangsseite: Überwiegendes betriebliches Interesse ......... b) Eingangsseite: Bezug für das Unternehmen ........................... 2. Altruistische Fremdinvestitionen ................................................. a) Steuerbefreiungen ................................................................... b) Staatliche Zuschüsse im Rahmen der Arbeitsförderung ........
265 265 266 267 269 269 270 270 270 272 275 276 282 284 286 288 289 289 289 290 290 290 290
III. Zusammenfassung .......................................................................... 293
Kapitel 7: Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern .................. 294 I.
Erbschaft- und Schenkungsteuer .................................................. 1. Egoistische Investitionen ............................................................. a) Eigeninvestitionen .................................................................. b) Egoistische Fremdinvestitionen .............................................. 2. Altruistische Investitionen ........................................................... a) Steuerbare Zuwendung ........................................................... aa) Keine Zuwendung unter Lebenden bei gesetzlicher Unterhaltspflicht ............................................................. bb) Ansprüche der Stiefabkömmlinge steuerbar? ................
XXII
294 294 294 295 296 296 296 296
Inhaltsverzeichnis
b) Steuerbefreiungen ................................................................... aa) Entstehungsgeschichte: Vermeidung von Erfassungsproblemen ....................................................................... bb) Steuerbefreiung für Mittelgewährung, § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG ............................................. cc) Steuerbefreiung für Darlehenserlass, § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ............................................... c) Erhöhte Freibeträge für minderjährige Kinder begünstigen typischerweise Ausbildung .....................................................
297
298
II. Gewerbesteuer ................................................................................ 1. Abzugsfähigkeit der Investitionskosten ....................................... 2. Ertragsbefreiung für Angestellte und Freiberufler ...................... 3. Befreiung des Unterrichtenden als indirekte Entlastung .............
303 304 305 306
297
302 303
III. Vermögensteuer .............................................................................. 308 IV. Gemeinnützigkeitsrecht ................................................................. 308 V. Zusammenfassung .......................................................................... 309
Kapitel 8: Einfachgesetzliches Recht als Kontext ........................ 310 Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt ......... 1. Ansprüche von (früheren) Ehegatten und Lebenspartnern .......... 2. Ansprüche von Kindern ............................................................... 3. Zahlungsmodalitäten .................................................................... 4. Ausbildungskosten der Stiefabkömmlinge ..................................
310 311 312 314 315
II. Sozialrechtliche Bildungsförderung ............................................. 1. Verwirklichung von Chancengleichheit ...................................... a) BAföG .................................................................................... b) „Meister-BAföG“ (AFBG) ..................................................... 2. Arbeitsförderung nach SGB III und Europäischem Sozialfonds . a) SGB III ................................................................................... aa) Trainingsmaßnahmen ..................................................... bb) Förderung der Berufsausbildung nach SGB III ............. cc) Weiterbildungsförderung nach SGB III ......................... dd) Indirekte Förderung ........................................................ b) Leistungen des Europäischen Sozialfonds ............................. 3. Stipendien .................................................................................... 4. Weitere Ausbildungsvergünstigungen ......................................... a) Kindergeld .............................................................................. b) Weitere sozialrechtliche Regelungen mit Ausbildungsbezug .......................................................................................
316 316 316 318 320 320 320 321 322 322 323 324 325 325
I.
325
XXIII
Inhaltsverzeichnis
c) Waisenrenten und Waisenpensionen ...................................... 326 III. Arbeitsrechtliche Grenzen von Rückzahlungsklauseln .............. 326 1. Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln ...................................... 327 2. Keine Rückzahlung bei Berufsausbildung ................................... 330 IV. Zusammenfassung .......................................................................... 330
Dritter Teil: Systemoptimierung ..................................................... I. Maßstäbe der Optimierung II. Optimierung der Subsysteme und deren Integration III. Gang der Darstellung
331 332 333 336
Kapitel 9: Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen ................................................................. 337 I.
Verfassungsrecht ............................................................................ 1. Schutz und Achtung der Menschenwürde ................................... 2. Leistungsfähigkeitsprinzip ........................................................... a) Subjektives Nettoprinzip ........................................................ b) Objektives Nettoprinzip .......................................................... aa) Gleichheitssatz als Grundlage ........................................ bb) Finanzverfassung kaum strikter ..................................... cc) Steuerstaatsprinzip ohne eigene Bindungskraft ............. dd) Ergänzung durch freiheitsrechtliche Vorgaben .............. ee) Fazit ................................................................................ c) Aufwandszuordnung im zeitlichen Gleichlauf mit den Erträgen .................................................................................. 3. Weitere freiheitsrechtliche Wertungen ........................................ a) Berufsfreiheit .......................................................................... b) Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ................ 4. Allgemeiner Gleichheitssatz ........................................................ a) Prinzipien zur Ermittlung der Ungleichbehandlung ............... b) Neue Formel als Maßstab der Rechtfertigung ........................ c) Rechtfertigung von Typisierungen ......................................... d) Wertung des Gleichheitssatzes streitet für Gleichbehandlung der Kapitalformen ............................................... 5. Staatsstrukturprinzipien ............................................................... a) Sozialstaatsprinzip .................................................................. b) Art. 109 Abs. 2 GG ................................................................. c) Subsidiaritätsprinzip kein generelles Prinzip des Grundgesetzes ...................................................................................
XXIV
338 338 339 340 342 343 344 345 346 350 351 351 351 352 355 355 356 359 360 361 361 363 365
Inhaltsverzeichnis
II. Grundfreiheiten des Europarechts ............................................... 1. Tatbestandsebene ......................................................................... 2. Rechtfertigung ............................................................................. a) Kohärenz ................................................................................. b) Territorialität ...........................................................................
368 369 371 372 373
III. Einfachgesetzliche Prinzipien ....................................................... 1. Grundsatz der strikten Trennung zwischen Privat- und Erwerbsphäre ............................................................................... 2. Grundsatz der Chancengleichheit ................................................ 3. Förderung der Bildung ................................................................. 4. Pauschale Berücksichtigung der aufgrund der Finanzierungsverantwortung geminderten Leistungsfähigkeit der Eltern .........
374 374 377 378 380
IV. Zusammenfassung .......................................................................... 380
Kapitel 10: Subsystem der egoistischen Investitionen ................ 383 I.
Einkommensteuer: Eigeninvestitionen ........................................ 1. Änderung der Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten ......................................... a) Neue Rechtsprechung grundsätzlich zutreffend ..................... b) Offene Fragen: Veranlassung, Schulbildung und reines Erststudium ............................................................................. aa) Generelle Veranlassung durch die subjektiv-objektive Einkünfteerzielung ......................................................... bb) Besuch allgemeinbildender Schulen führt nur zu Sonderausgaben .............................................................. cc) Erwerbsaufwendungen bei reinem Erststudium ............. c) Restanwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ............ d) Verbleibende Schwächen ....................................................... 2. Wiederherstellung der alten Rechtsprechung in § 12 Nr. 5 EStG zweifelhaft .......................................................................... a) Umschulung weiterhin absetzbar ........................................... b) Erstmalige Berufsausbildung und Erststudium ...................... c) Änderung verfassungskonform, … ........................................ d) … aber systemwidrig .............................................................. e) Sonderprobleme ...................................................................... aa) Weiterbildung im nicht ausgeübten Beruf als Sonderausgabentatbestand abgeschafft? ................................... bb) Ausbildungsdienstverhältnisse ....................................... 3. Fortbestehende Probleme .............................................................
384 384 384 386 386 392 395 398 400 401 401 401 405 406 408 408 410 411
XXV
Inhaltsverzeichnis
a) Promotionskosten nur bei Humankapitalakkumulation absetzbar ................................................................................. b) Beabsichtigte Auslandstätigkeit hindert wegen Europarechts Erwerbsaufwendungen nicht ........................................ c) Abgrenzung von reiner Privatsphäre und Erwerbssphäre ...... aa) Unmittelbarkeitsrechtsprechung .................................... bb) Veranlassungszusammenhang bei fehlender Unmittelbarkeit ............................................................... d) Abgrenzung der reinen Privatsphäre von den Sonderausgaben ................................................................................. e) Abgrenzung der reinen Privatsphäre von den außergewöhnlichen Belastungen .....................................................
411 413 413 413 414 416 417
II. Einkommensteuer – Egoistische Fremdinvestitionen: Symmetrie zu Eigeninvestitionen? ................................................ 418 III. Umsatzsteuer .................................................................................. 1. Direkte Entlastung ....................................................................... 2. Indirekte Befreiung nach der Richtlinie ...................................... a) Befreiung an sich systemkonform .......................................... b) Vorsteuerabzug der Einrichtungen für berufsbildende Kurse durch Verbrauchsteuerprinzip geboten ................................... 3. Indirekte Entlastung im nationalen Recht .................................... a) Aufsplitterung mit Transparenzgebot unvereinbar ................. b) Keine Beschränkung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG auf Berufsvorbereitung .................................
420 421 422 422 424 425 425 426
IV. Vermögensteuer .............................................................................. 428 V. Gewerbesteuer ................................................................................ 430 1. Überblick über die vertretenen Auffassungen ............................. 430 2. Humankapital jedenfalls kein alleiniger Differenzierungsgrund . 432 VI. Zusammenfassung .......................................................................... 434
Kapitel 11: Subsystem der altruistischen Investitionen ............. 436 I.
Einkommensteuer .......................................................................... 1. Berücksichtigung von Sonderausgaben bei den Kindeseinkünften .................................................................................... a) Existenznotwendiger Bedarf: Voller Ansatz von Ausbildungsbedarf und Sonderausgaben ...................................... b) Mittel trotz Überschreitens der Schädlichkeitsgrenze für Kinderfreibeträge nicht immer ausreichend ...........................
XXVI
436 437 437 438
Inhaltsverzeichnis
2.
3. 4.
5.
c) Lösung über § 33a Abs. 1 EStG bzw. in Extremfällen über Billigkeitserlass ...................................................................... d) De lege ferenda Berücksichtigung der Sonderausgaben bei § 33a Abs. 1 EStG ............................................................ Schulgeldabzug, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG verfassungskonform, aber europarechtswidrig und zu streichen ................................... a) Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ..................................... aa) Ungleichbehandlung wegen regressiver Entlastungswirkung ........................................................................... bb) Ungleichbehandlung jedoch zu rechtfertigen ................. b) Unvereinbarkeit mit Europarecht ........................................... aa) Dienstleistungsfreiheit anwendbar ................................. bb) Diskriminierung des Besuchs ausländischer Schulen .... cc) Keine Rechtfertigung der Diskriminierung .................... dd) Allgemeines Diskriminierungsverbot subsidiär ............. c) Kein Verstoß gegen WTO-Recht ........................................... d) Rechtspolitischer Vorschlag einer Abschaffung .................... Berufsausbildung des Ehegatten, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG .......... Steuerbefreiungen beim Lernenden durch außersteuerliche Motivation gerechtfertigt ............................................................. a) Grundsätzliche Steuerbarkeit .................................................. b) Leistungen der Arbeitsförderung, § 3 Nr. 2 EStG .................. c) Ausbildungsbeihilfen, § 3 Nr. 11 EStG .................................. d) Stipendien, § 3 Nr. 37, 42 und 44 EStG ................................. e) Meister-BAföG, § 3 Nr. 37 EStG ........................................... f) Steuerbefreiungen bei internationalen Sachverhalten ............ g) Erstreckung des Begriffs der öffentlichen Mittel auf Leistungen anderer EU-Staaten .............................................. Staatliche Ausbildungsförderung und Berücksichtigung beim Unterhaltsschuldner .....................................................................
438 441 442 442 442 444 449 449 453 454 454 455 455 456 458 459 460 460 461 461 462 462 464
II. Umsatzsteuer .................................................................................. 465 III. Erbschaft- und Schenkungsteuer .................................................. 1. Anspruch der Stiefabkömmlinge ................................................. 2. Steuerbefreiung für Mittelgewährung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG ......................................................................................... a) Bedürftigkeit des Empfängers ................................................ b) Steuerbefreiung von Einmalzuwendungen ............................. c) „Gemischte“ Zuwendungen .................................................... d) Symmetrie der Erbschaft- und Schenkungsteuer? .................. e) Erweiterung rechtspolitisch opportun ..................................... 3. Darlehenserlass ............................................................................
465 466 466 466 469 470 471 472 472
XXVII
Inhaltsverzeichnis
a) Schuld ursprünglich zwischen Zuwendendem und Lernendem .............................................................................. 472 b) Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit ............................... 474 IV. Zusammenfassung .......................................................................... 474
Kapitel 12: Subsystem der indirekten Förderung ....................... 476 I.
Gewerbesteuer ................................................................................ 1. Überschießende Richtlinienumsetzung ....................................... 2. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit .................................... 3. Rechtspolitische Fragwürdigkeit .................................................
476 476 478 478
II. Gemeinnützigkeitsrecht ................................................................. 479 III. Zusammenfassung .......................................................................... 479
Kapitel 13: Integration der Subsysteme ......................................... 480 I.
Begriff der Ausbildung .................................................................. 480
II. Integration von egoistischen und altruistischen Investitionen ... 1. Behandlung der Eltern und weiterer Unterhaltsgläubiger korrespondiert Behandlung des Lernenden ................................. a) Integration der Behandlung von Eltern und Kind .................. b) Weitere Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner .......... 2. Integration mit sozialrechtlichen Leistungen ............................... 3. Keine Integration mit erbschaftsteuerbefreiten Ausbildungszuwendungen ...............................................................................
485 485 485 490 490 492
III. Zusammenfassung .......................................................................... 492
Kapitel 14: Rechtspolitischer Vorschlag: Aufwandsverteilung von Humankapitalinvestitionen ................ 493 I.
Grundzüge einer Aufwandsverteilung ......................................... 494 1. Fremdinvestitionen ...................................................................... 494 2. Eigeninvestitionen ....................................................................... 495
II. Vorteile der Aufwandsverteilung .................................................. 1. Vereinfachte Handhabung ........................................................... 2. Umsetzung der steuerstaatlichen Vorgaben ................................. 3. Periodengerechte Aufwandszuordnung und Überwindung der Schwächen des § 10d EStG ......................................................... 4. Sozialstaatliche Verträglichkeit ................................................... XXVIII
497 497 498 498 499
Inhaltsverzeichnis
5. 6. 7. 8. 9. 10.
Gleichbehandlung mit Sachkapital und Fremdinvestitionen ....... Wertung der informationellen Selbstbestimmung ....................... Übereinstimmung mit Territorialitätsprinzip ............................... Lösung der Diachronizitätsprobleme bei der Gewerbesteuer ...... Zuwanderungsanreiz als pragmatischer Grund ........................... Schlechterstellung in Ausnahmefällen hinzunehmen ..................
500 500 501 501 501 502
III. Probleme einer praktischen Implementierung ............................ 1. Wege einer „Aktivierung“ ........................................................... a) Problem der Maßgeblichkeit .................................................. b) Steuerbilanzielle Ausnahmevorschrift? .................................. c) Außerbilanzielle Aufwandsverteilung .................................... 2. Bestimmung der Nutzungsdauer .................................................. 3. Höhe des Ansatzes ....................................................................... 4. Technische Umsetzung ................................................................ 5. Aktivische Steuerabgrenzung ......................................................
503 503 503 503 505 506 508 509 510
IV. Zusammenfassung .......................................................................... 511
Zusammenfassung und Ausblick ..................................................... 513 Literaturverzeichnis ................................................................................. 521 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... 577 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 579
XXIX
Einleitung „Bildung soll allen zugänglich sein. Man darf keine Standesunterschiede machen.“ Confuzius, Gespräche 15:38
I. Individuelle und soziale Bedeutung der Bildung 1. Persönliche Bedeutung und Wert von Bildung für den Einzelnen sind kaum zu überschätzen: Bildung ist nach weit verbreiteter Auffassung zugleich Grundvoraussetzung und Prozess der Entfaltung einer Persönlichkeit und der persönlichen Autonomie.1 Sie ist für Wilhelm von Humboldt Endzweck und zugleich Bedingung der Möglichkeit einer vor Selbstentfremdung geschützten Berufstätigkeit.2 „Bilde dich selbst“, so lautet für ihn „der wahren Moral erstes Gesetz“.3 Vor allem formale Bildung vermag zudem, wie die Bildungssoziologie nachweist, Statusgewinne zu vermitteln.4 Ferner werden Gebildeten verbesserte Chancen auf dem Heiratsmarkt5 nachgesagt.6 ________________________ 1
2
3
4
5 6
Vgl. aus entwicklungsökonomischer Sicht zur Bildung (education) als Voraussetzung der Herausbildung von human capabilities A. Sen, Development as Freedom, 1999, 292 ff.; aus pädagogischer Sicht W. Böhm, Stichwort „Bildung“, in ders., Wörterbuch der Pädagogik, 15. Aufl. 2000, 75, 76 f. Zur Herkunft des Konzepts F.-J. Wehnes, Theorien der Bildung, in L. Roth (Hrsg.), Pädagogik, 2. Aufl. 2001, 277, 279. Stärker „vom Eingriff her“ denkend die Frankfurter Schule, die Hindernisse der gesellschaftlichen Bedingungen für die aufklärerische Funktion der Bildung herausstellt, so etwa Th. W. Adorno, Theorie der Halbbildung, in Horkheimer/Adorno, Sociologica, 1984, 168 ff. W. von Humboldt, Über Religion, in ders., Werke, Bd. 1: 1785–1795, Berlin 1903, 45, 56 und 76. Zu Humboldts Bildungstheorie prägnant E. Lichtenstein, Stichwort „Bildung“, in J. Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 1, 1971, Sp. 922, 926. W. von Humboldt, Brief an Forster v. 16.8.1791, zitiert nach E. Lichtenstein, Stichwort „Bildung“, in J. Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 1, 1971, Sp. 922, 926. Vgl. etwa L. J. Saha, The Sociology of Education: An Overview, in ders. (Hrsg.), International Encyclopedia of the Sociology of Education, 1997, 106, 114: „… there is a large body of literature documenting the positive relationship between education and social mobility, and the role of education in the status attainment process.“ Das Verständnis der Partnerwahl als Vorgang auf dem Heiratsmarkt geht maßgeblich auf G. Becker, JPolE 81 (1973), 813 ff. zurück. So etwa G. Becker, JPolE 81 (1973), 813 ff. Vgl. auch die jüngsten Versuche, den Einfluss der Ausbildung auf die Attraktivität zu quantifizieren, von L. Y. Wong, Journal of Labor Economics 21 (2003), 699 ff. und D. Andersen, Getting Hitched: The Equilibrium Behaviour of a British Cohort, Working Paper, 2004.
1
Einleitung
Neuere Forschungen7 deuten denn auch an, dass die Selbsteinschätzung der eigenen Zufriedenheit stark positiv mit dem eigenen Ausbildungsstand zusammenhängt: Je gebildeter der Einzelne ist, desto höher ist seine erklärte Zufriedenheit. Das gilt selbst nach Herausrechnen des Einflusses, den das Einkommen hat. Wenn die tatsächliche mit der erklärten Zufriedenheit weitgehend übereinstimmt, dann macht (Aus-)Bildung nicht nur klug, sondern auch glücklich.8 2. Daneben besteht ein enger Zusammenhang zwischen Bildung und wirtschaftlicher Stellung des Einzelnen: Gebildete haben bessere monetäre Verdienstmöglichkeiten. Ihr Einkommen ist im Durchschnitt erheblich höher, ihr Risiko, arbeitslos zu werden, hingegen bedeutend geringer.9 Die ökonomische Bedeutung der (Aus-)Bildung wächst mit dem Übergang in die Wissensgesellschaft10 weiter: Die durch die Produktionsfaktoren Arbeit und Eigentum (Sachkapital) geprägte Industriegesellschaft wird zunehmend durch eine Gesellschaftsformation abgelöst, die durch die Herrschaft des Paradigmas wissenschaftlich-technischen Wissens gekennzeichnet ist.11 Dem Wirtschaftssystem, dessen Produktion hauptsächlich durch „materielle“ Faktoren bestimmt war, folgt eine Ökonomie, in der die Produktion und die Distribution auf „symbolischen“ oder wissensfundierten Faktoren basieren.12 3. Die herausragende Bedeutung der Bildung für Persönlichkeitsentfaltung und ökonomischen Erfolg lässt dem Streben nach sozialer Chancengleichheit im Bildungsbereich – hier verstanden als die Unabhängigkeit der Wahrscheinlichkeit des Erreichens der verschiedenen, insbesondere der höchsten Bildungsniveaus vom sozialen Hintergrund der Eltern13 – großes Gewicht ________________________ 7 Blanchflower/Oswald, JPubE 88 (2004), 1359, 1369. 8 Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, dass in jüngster Zeit auf den Bestseller-Listen „Self-Help-Guides“ zur Beseitigung von Bildungsdefiziten erschienen, vgl. nur den ambitionierten Titel des knapp 700 Seiten starken Buchs D. Schwanitz, Bildung – Alles was man wissen muß, 2000. 9 Vgl. im Einzelnen Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). 10 Oftmals auch mit demselben Bedeutungsgehalt als Informationsgesellschaft bezeichnet. 11 Vgl. dazu nur A. Giddens, Sociology, 3. Aufl. 1997, 526 f.; N. Stehr, Stichwort „Wissensgesellschaft“; in G. Reinhold (Hrsg.), Soziologielexikon, 3. Aufl. 1997; ders. Arbeit, Eigentum und Wissen – Zur Theorie von Wissensgesellschaften; 1994; sowie allgemeiner J. Rifkin, Access: Das Verschwinden des Eigentums, 2. Aufl. 2000. 12 Laut OECD, The Knowledge-based Economy, 1996, 9 geht Schätzungen zufolge ein Anteil von über 50 Prozent am Bruttoinlandsprodukt auf Wissensverwertung zurück. 13 Eine entsprechende Definition des Antonyms findet sich bei R. Boudon, L’inégalité des chances, 1973, 7: „L’inégalité des chances devant l’enseignement, c’est-à-dire la différence en fonction des origines sociales, dans les probabilités d’accès aux différents niveaux de l’enseignement et particulièrement aux niveaux les plus élevés.“ Kritisch zum Begriff der Chancengleichheit Ch. Starck, in von Mangoldt/Klein/Starck,
2
Individuelle und soziale Bedeutung der Bildung
zukommen: Bildung sollte, wie schon das über 2.500 Jahre alte Eingangszitat von Kongzi (Konfuzius) unterstreicht, unabhängig vom sozialen Hintergrund der Eltern zugänglich sein. Dies legt es nahe, in den Chor derer einzustimmen, die – wie in der Zeit der Bildungseuphorie der späten 60er Jahre – vehement ein Recht auf Bildung einfordern. Ralf Dahrendorf etwa postulierte plakativ „Bildung ist Bürgerrecht“.14 Ein solches Recht ist zum Teil auch positivrechtlich normiert: Zwar enthält das Grundgesetz kein ausdrückliches Grundrecht auf Bildung, wesentliche Elemente haben aber Eingang in einzelne Bestimmungen gefunden.15 Die europäische Menschenrechtskonvention16 und die GrundrechteCharta der Europäischen Union17 räumen darüber hinaus dem Einzelnen zumindest18 ein derivatives Recht auf Zugang zu den öffentlichen Schulen und auf gleiche Teilhabe an Ausbildungsmöglichkeiten. Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte19 und der Pakt über wirtschaftliche, soziale ________________________
14
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19
GG, 4. Aufl. 2000, Art. 3 Rz. 33; das Konzept radiziert Ch. Starck, a. a. O. – m. E. zutreffend, vgl. Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.) – im Sozialstaatsprinzip. So der Titel seines viel beachteten Buches: R. Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965. Ebenso im 19. Jahrhundert bereits L. von Stein, Verwaltungslehre, Band 3, 2. Aufl. 1884, 452. Die Herstellung gleicher Bildungschancen ist Aufgabe des Staates, so BVerfG v. 6.12.1972 1 BvR 230/70, 95/71, BVerfGE 34, 165, 189. Freilich besteht grundsätzlich nur ein derivatives Teilhaberecht; nur ein Minimalstandard darf nicht unterschritten werden, vgl. T. Oppermann, Gutachten zum 51. Deutschen Juristentag, 1976, C 25. Art. 2 S. 1 des Ersten Zusatzprotokolls: „Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden.“ Die französische (éducation) und englische Fassung (education) zeigen, dass vor allem die Ausbildung gemeint ist, so zu Recht J. Frowein, in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. 1996, Art. 2 des 1. ZP, Rz. 1. Art. 14 Abs. 1 lautet: „Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.“ Damit ist allerdings kein originäres Leistungsrecht intendiert, vgl. W. Streinz, in ders. (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 14 GR-Charta Rz. 6. Art. 14 Abs. 2 enthält zusätzlich das Recht, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen. Zur derzeit fehlenden Verbindlichkeit der Charta s. W. Streinz, Europarecht, 5. Aufl. 2003, Rz. 358a. Weitergehend J. Frowein, in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. 1996, Art. 2 des 1. ZP, Rz. 2 (dort auch m. N. zur restriktiveren Rechtsprechung) und Dupuy/ Boisson de Charzounes, in Pettiti/Decaux/Imbert, La Convention européenne des droits de l’homme, 2. Aufl. 1999, Art. 2 des 1. ZP, Tz. II A (S. 1002), die bis zu einem gewissen Grade ein originäres Leistungsrecht annehmen. Art. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte lautet: „Everyone has the right to education. Education shall be free, at least in the elementary and fundamental stages. Elementary education shall be compulsory. Technical and professional education shall be made generally available and higher education shall be made accessible to all on the basis of merit.“
3
Einleitung
und kulturelle Rechte20 statuieren ein Recht auf Bildung.21 Freilich mahnen die Vertreter einer strukturalistischen Soziologie wie insbesondere Pierre Bourdieu, dass der Zugang zu Bildungseinrichtungen allein zur Herstellung von Chancengleichheit nicht ausreichen muss: Bourdieu hält Chancengleichheit weitgehend für eine Illusion,22 da die Startchancen maßgeblich durch die im Elternhaus getroffenen Dispositionen beeinflusst würden. Das betreffe die Vermittlung nicht nur von kognitiven Fähigkeiten, sondern auch von „kulturellem Kapital“, das er versteht als die Fähigkeit, sich in der Gesellschaft adäquat zu bewegen. Bildungseinrichtungen dienen seinem Verständnis nach primär der Reproduktion der bestehenden sozialen Strukturen.23 Allerdings erkennt auch Bourdieu der Bildung durchaus einen positiven Einfluss auf die soziale Mobilität zu.24 Zudem deuten neuere Studien darauf hin, dass mit zunehmender Ausweitung des Bildungssystems die Auswirkung des Status der Eltern zurückgeht.25 4. Im Übrigen darf der Beitrag, den Eltern zur Verbesserung der Startchancen der Kinder leisten, keinesfalls rein negativ gesehen werden. Vielmehr ist er unter dem Grundgesetz grundrechtlich geschützt und zugleich verlangt: Die Eltern haben gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG das Recht und die Pflicht der Erziehung und Pflege der Kinder.26 Diese umfassende Verant________________________
20 Art. 13 Abs. 1 lautet: „The States Parties to the present Covenant recognize the right of everyone to education. They agree that education shall be directed to the full development of the human personality and the sense of its dignity, and shall strengthen the respect for human rights and fundamental freedoms. They further agree that education shall enable all persons to participate effectively in a free society, promote understanding, tolerance and friendship among all nations and all racial, ethnic or religious groups, and further the activities of the United Nations for the maintenance of peace.“ Abs. 2 enthält zur genaueren Ausfüllung auch Leistungsrechte. 21 Zur genauen Struktur dieser Rechte als Kombination von Abwehrrecht und Leistungsrecht J. Delbrück, German Yearbook of International Law 35 (1992), 92 ff. Vgl. auch a. a. O, 97 f. die Nachweise zu weiteren Konventionen. 22 So lautet der Titel der 1971 erschienenen deutschen Übersetzung seines mit JeanClaude Passeron verfassten Werkes denn auch prägnant „Die Illusion der Chancengleichheit“. 23 Eine durch Bourdieu inspirierte empirische Untersuchung zur Reproduktion der sozialen Eliten unternimmt M. Hartmann, Der Mythos von den Leistungseliten, 2002. 24 S. z. B. P. Bourdieu, Die feinen Unterscheide, 1982, 190 f. mit dem Hinweis, dass ein nur statistischer Zusammenhang zwischen Ausgangsposition und sozialer Positionierung denknotwendig in beschränktem Umfang sozialen Ab- und Aufstieg zulässt. 25 J. Dronkers, Social Mobility, Social Stratification, and Education, in L. J. Saha (Hrsg.), International Encyclopedia of the Sociology of Education, 1997, 369, 374. 26 Ähnliche Regelungen finden sich bisweilen auch in den im Kontext des Rechts auf Bildung diskutierten Vorschriften zum internationalen Menschenrechtsschutz, vgl. z. B. Art. 2 S. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
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Fragestellung und Methode
wortung für die Lebens- und Entwicklungsbedingungen des Kindes schließt die (Mit-)Bestimmung über die Bildung und Ausbildung,27 aber auch eine Finanzierungsverantwortung als Pflicht zur Leistung von Unterhalt ein.28 5. Schließlich liegt Bildung im Allgemeininteresse. Dieses ist auch durch ihren Beitrag zur Wirtschaftsleistung und durch den Zusammenhang zwischen Bildung und Wirtschaftswachstum begründet.29 Das Allgemeininteresse erschöpft sich darin aber nicht. Vielmehr besteht ein enger Zusammenhang zur Ausübung politischer Macht: Schon in der Staatsphilosophie der Antike wurde eine besondere Bildung der Herrschenden gefordert.30 Mit der zwischenzeitlichen Demokratisierung und Dekonzentration von Macht geht einher, dass sich der Kreis der Herrschenden erweitert. Ein verantwortlicher Umgang mit den erstrittenen Rechten setzt dann oftmals eine gewisse formal oder informell erworbene Bildung voraus.31
II. Fragestellung und Methode In das angerissene Feld von Persönlichkeitsentwicklung, wirtschaftlichem Nutzen, Chancengleichheit, Leistungen Dritter – insbesondere der Eltern – und Allgemeininteresse ordnet sich die vorliegende steuerrechtliche Arbeit ein. Ihre fachliche Zugehörigkeit verengt, ohne dass die anderen Perspektiven damit für irrelevant erklärt werden sollen,32 in inhaltlicher Hinsicht den Blick – und zwar, horribile dictu, primär auf Geld. Denn der moderne Staat und damit erst recht der Steuerstaat sind notwendig Finanzstaat.33 Der Erkenntnisgegenstand der Arbeit ist weiter auf Investitionen in Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung als speziellen Ausschnitt der Bildung ________________________ 27 M. Jestaedt, in Dolzer/Vogel (Hrsg.), BK, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rz. 103 (Stand Dezember 1995). 28 BVerfG v. 14.11.1984 1 BvR 14/82, BVerfGE 68, 256, 267. Zur familienrechtlichen Ausgestaltung näher Kap. 8 I 2 (S. 312 ff.). 29 Dazu Kap. 1 III 2 (S. 37 ff.). 30 Vgl. etwa Platon, Der Staat, Siebtes Buch, 519 ff. sowie a. a. O., Achtes Buch, 548: „Und König sind diejenigen, die es in der Philosophie und in der Kriegskunst am weitesten gebracht haben.“ 31 E.-W. Böckenförde, HStR I, § 24 Rz. 67. S. auch Dupuy/Boisson de Charzounes, in Pettiti/Decaux/Imbert, La Convention européenne des droits de l’homme, 2. Aufl. 1999, Art. 2 des 1. ZP, Tz. I (S. 999), die auf den engen Zusammenhang zwischen der Bildung und den Grundfreiheiten als Grundlage des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt hinweisen. 32 Vgl. zu den Problemen einer einseitig ökonomischen Sichtweise nur A. Wolf, Does Education Matter?, 2002. 33 Zu Recht K. Vogel, in Isensee/Kirchhof, HStR II, 3. Aufl. 2004, § 30 Rz. 3 ff. und 51.
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Einleitung
beschränkt. Analysiert werden daher nur solche Bildungsmaßnahmen,34 die der Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten dienen, die zur Erzielung eines erhöhten35 Einkommens eingesetzt werden können. Außer Betracht gelassen werden demgegenüber Wissenschaft und, soweit nicht im hier als Vermittlung oder Erwerb von Kenntnissen verstandenen Begriff der Bildung bereits erfasst, Erziehung.36 Konkret geht es demgemäß um die steuerrechtliche Behandlung von Investitionen in Aus-, Fort- und Weiterbildung. Diese Fokussierung auf Investitionsentscheidungen und insbesondere auf deren monetäre Seite37 lässt es sinnvoll erscheinen, Erkenntnisse der Ökonomik heranzuziehen.38 In der vorliegenden Arbeit sollen dazu weniger die im deutschen steuerwissenschaftlichen Schrifttum überaus gründlich rezipierten und leider immer noch diskursbestimmenden Ergebnisse der deutschen Nationalökonomik und der Kathedersozialisten aus dem 19. Jahrhundert erörtert werden. Vielmehr bietet besonders tragfähige Ansätze dafür die heutige – internationale – Volkswirtschaftslehre, deren einschlägige Ergebnisse in der hiesigen steuerrechtswissenschaftlichen Forschung bislang nicht immer ausreichend Beachtung gefunden haben. Insbesondere soll das Konzept ________________________
34 Als Bildungsmaßnahme wird dabei verstanden jede Maßnahme, die auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten gerichtet ist. Ähnlich W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 8 f. 35 Im Vergleich zum Referenzszenario ohne jegliche Ausbildung. Daher ist auch die Umschulung eines sinnsuchenden Staranwalts zum Hypnotiseur erfasst. 36 Die Begriffe Bildung und Erziehung lassen sich zwar nicht strikt voneinander trennen; Bildung ist Teil der Erziehung, die als planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung zumeist junger Menschen zu verstehen ist, ähnlich BFH v. 22.4.1997 IV R 26/96, BStBl. 1997 II, 652, 653; U. Koenig, in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, Rz. 31 f. Dem verwandt ist eine in der Soziologie gebräuchliche Definition, wonach unter einem gebildeten Subjekt zu verstehen ist „eine Person (…), die der logischen und moralischen Urteilsfähigkeit, des kumulativen Lernens und synthetischen Erfahrungsurteils, der Selbstreflexion und Normenkritik, der Artikulation eigener Bedürfnisse, des strategischen Handelns und des adäquaten Ausdrucks unmittelbarer Affektionen fähig ist“, so U. Oevermann, Programmatische Überlegungen zu einer Theorie der Bildungsprozesse und zur Strategie der Sozialisationsforschung, in K. Hurrelmann (Hrsg.), Sozialisation und Lebenslauf, 1976, 34, 37. S. auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte v. 25.2.1982 Campbell and Cosans v UK, Serie A 48 Rz. 33 (1982): „The education of a child is the whole process whereby, in any society, adults endeavour to transmit their beliefs, culture and other values to the young, whereas teaching or instruction refers to the transmission of knowledge and to intellectual development.“ 37 Freilich soll nicht behauptet werden, dass sich wirkliche Ökonomik, die keine Erbsenzählerei ist, nur mit Geld beschäftigt, ist ihr Zentralkonzept doch Nutzen und gerade nicht Geld. 38 Selbstverständlich soll nicht einer „ungefilterten“ Übernahme der ökonomischen Wirklichkeitserfassung das Wort geredet werden. Gegen eine solche zu Recht auch R. Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, 1980, 161.
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Fragestellung und Methode
des „Humankapitals“39 als Analysehilfsmittel herangezogen werden. Zudem sind die Erkenntnisse der modernen Optimalsteuertheorie zu erörtern. Ferner wird versucht, Erkenntnisse der „Informationsrevolution“ in der Ökonomik in den (steuer-)rechtswissenschaftlichen Diskurs einzuführen.40 Das große Gewicht der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie in dieser Arbeit entspricht einer in jüngster Zeit in der juristischen Methodendiskussion in den Vordergrund getretenen Forderung. Danach ist Rechtswissenschaft als Realwissenschaft – in Abgrenzung zum herkömmlichen Verständnis der Rechtswissenschaft vor allem als Rechtsanwendungswissenschaft – zu betreiben. Der Grenznutzen einer rechtssetzungsorientierten Rechtswissenschaft sei groß, derjenige einer systemoptimierenden hingegen vergleichsweise gering.41 Dementsprechend könne die – primär durch Heranziehung ökonomischer Erkenntnisinstrumente zu erlangende – Kenntnis der Realfolgen von Rechtsnormen die Rationalität der Rechtssetzungsprozesse steigern.42 So verdienstvoll die Betonung der lange vernachlässigten ökonomischen Theorie gerade im Bereich der Rechtsfortbildung ist, so sehr bedarf sie der Ergänzung um das Systemdenken.43 Denn ein neuer, wiederum Ausschließlichkeit beanspruchender realwissenschaftlicher Ansatz vermöchte kaum zu überzeugen: Nicht nur der Zustand des Steuerrechts erweist, dass auch die Rechtsfortbildung und namentlich die Gesetzgebung der Vermeidung von Wertungswidersprüchen verpflichtet sein muss. Vielmehr zeigt sich die Notwendigkeit einer systematischen Rechtsfortbildung schon in der Binnenrationalität ökonomischen Denkens: Ein Recht voller Wertungswidersprüche eröffnet dem beratenen Steuerpflichtigen eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen er sich der Steuerlast unter Inkaufnahme gewisser Kosten entziehen kann. Dieses Ausweichen ist aus gesamtgesellschaftlicher Sicht, wenn seinerseits vermeidbar, nicht effizient und daher grundsätzlich zu verhindern.44 ________________________ 39 Zum Konzept „Humankapital“ s. eingehend Kap. 1 (S. 15 ff.). Insbesondere findet sich in Kap. 1 I 1 (S. 15 ff.) eine Auseinandersetzung mit möglichen Fehldeutungen, wonach „Humankapital“ den Wert eines Menschen – und nicht, wie zutreffend, den Wert von in einem Menschen verkörperten Bildungsinvestitionen – beschreibt. 40 Ausgeklammert werden hingegen die Einsichten der ökonomischen Theorie der Politik (s. dazu etwa die hervorragende deutschsprachige Einführung Bernholz/Breyer, Grundlagen der Politischen Ökonomie, Band 2, 1994), weil es bei diesen hauptsächlich um – die den Rahmen dieser Arbeit übersteigenden – Restriktionen bei der praktischen Implementierung der gefundenen Ergebnisse im politischen Prozess geht. 41 Vgl. etwa H. Eidenmüller, JZ 1999, 53, 60. 42 H. Eidenmüller, JZ 1999, 53. 43 Dazu eingehend Kap. 3 (S. 92 ff.). 44 Vgl. näher Kap. 1 IV 1 (S. 44 ff.).
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Einleitung
Nur durch eine Kombination der beiden Ansätze kann daher der Herausforderung für die Rechtsfortbildung begegnet werden. Darüber hinaus, und das bestreiten auch die glühendsten Verfechter der Lehre von der Realwissenschaft nicht, ist die Kenntnis des Systems der Wertungen des derzeit geltenden Rechts für die Rechtserkenntnis de lege lata unumgänglich. In methodischer Hinsicht ist die Arbeit dementsprechend nicht nur ökonomischen Ansätzen, sondern zugleich dem Systemgedanken verpflichtet. Vor diesem Hintergrund geht es in ihr darum, die bestehenden Regeln zur steuerlichen Behandlung von Investitionen in Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung im Zusammenhang darzustellen und alsdann ein System der steuerlichen Behandlung von solchen Investitionen, das auch den einschlägigen ökonomischen Erkenntnissen Rechnung trägt, zu entwickeln. Diese Systemorientierung impliziert eine doppelte Fragestellung: 1. Erstens die Frage nach der derzeitigen Besteuerung von Investitionen in Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung. Die Beantwortung beschränkt sich nicht nur auf die groben Linien, sondern sucht den Istzustand des Systems in seiner ganzen Komplexität darzustellen. Sie geht dazu dem geltenden Recht in seinen feinen Verästelungen nach. Ein solches Vorgehen ermöglicht erst, die systematisch interessanten Verschränkungen auf der „Mikroebene“ aufzuzeigen. Dies über die volle Breite des Themas in jedem Teilbereich leisten zu können erfordert die Bewältigung eines außergewöhnlichen Umfangs an Rechtsprechung45 und Literatur. Diese Vorgehensweise gibt nicht nur dem Rechtsanwender ein zusätzliches Hilfsmittel in die Hand. Vielmehr erlaubt die Darstellung auch an angewandten Fragestellungen interessierten Ökonomen, sich ohne mühsames Durchforsten der Kommentarliteratur detailliert über die Regeln der Besteuerung von Investitionen in „Humankapital“ zu informieren. Vor allem aber kann der Ansatz dazu beitragen, dass der Steuerpflichtige die Folgen einer derartigen Investition abschätzen kann: Den Steuerpflichtigen interessiert nicht so sehr die Verortung der einzelnen Besteuerung als vielmehr die ihn im Ergebnis treffende Steuerlast. Dafür bedarf er aber wiederum mehr als eines Überblicks, wenn die Tücke des Details für seinen Einzelfall doch ein abweichendes Ergebnis heraufbeschwört. 2. Zweitens die Frage danach, welche Anpassungen der steuerlichen Behandlung angezeigt sind, um den Vorgaben höherrangigen Rechts zu genügen und die Systemkonformität zu optimieren. Die Arbeit kombiniert zu diesem Zweck die Perspektive der Rechtsanwendung und der Rechtspolitik: Sie sucht einerseits bereits de lege lata aufzuzeigen, inwieweit dieses System von der Rechtsprechung implementiert werden kann und zu welchem ________________________ 45 Der Arbeit liegen mehr als 1.500 Urteile zugrunde.
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Fragestellung und Methode
Grade die bestehenden Regeln mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Andererseits sollen rechtspolitische Vorschläge unterbreitet werden, welche die Erkenntnisse der ökonomischen Theorie fruchtbar machen und zugleich eine Systemoptimierung verfolgen. Die beiden Fragen nach Bestand und Anpassungsbedarf stehen nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr dient die Antwort auf die erste Frage zugleich als Grundlegung für die – nicht notwendig eigene – Beantwortung der zweiten Frage: Die Systemoptimierung setzt eine umfangreiche Bestandsaufnahme über das einschlägige Material auf der „präinterpretativen Stufe“46 voraus. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu den bisher erschienenen einschlägigen steuerjuristischen Monografien – wie namentlich die Jahre 2003 erschienene Dissertation zu den selbst getragenen einkommensteuerlichen Aus- und Fortbildungskosten von Manuela Müller47 –, die jeweils Ausschnitte des Themas genauer eruiert haben. Die vorliegende Arbeit erörtert hingegen über alle Steuerarten hinweg die Folgen für den Lernenden selbst, sowie, falls abweichend, für den Kostenträger der Bildungsmaßnahme. Die letztgenannte Fallgruppe schließt insbesondere den Familienleistungsausgleich ein. Zudem wird auf indirekte Begünstigungen im Umsatz-48 und Gewerbesteuerrecht49 sowie im Gemeinnützigkeitsrecht50 eingegangen. Darüber hinaus erfordert der Systemansatz auch die Vermeidung von Widersprüchen zu anderen relevanten Rechtsmaterien. Überblicksartig werden daher auch die einschlägigen Regelungen des Familien-, Arbeits-, und des Sozialrechts dargestellt.51 ________________________
46 R. Dworkin, Law’s Empire, 1986, 65 f. Dazu näher Kap. 3 II 1 a) (S. 95 f.). 47 M. Müller, Aufwendungen für Aus- und Fortbildung, 2003. S. auch T. Boedicker, Ausbildungskosten und Fortbildungskosten im Einkommensteuerrecht, 1965; U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986; Isensee/ Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, 1992; W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976; sowie aus schweizerischer Perspektive H. Zehnder, Die Behandlung der Kosten für Ausbildung und berufliche Weiterbildung im schweizerischen Steuerrecht, 1985. Auch die lesenswerte, primär ökonomische Arbeit von D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999 beschränkt sich im steuerlichen Bereich im Wesentlichen auf die Einkommensteuer. S. ferner zum Familienleistungsausgleich V. Kulmsee, Die Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuergesetz, 2002 und zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999. 48 Zu § 4 Nr. 21 UStG s. Kap. 6 I 3 b) (S. 276 ff.) und Kap. 10 III 2 (S. 422 ff.) und 3 (S. 425 ff.). 49 Zu § 3 Nr. 13 GewStG s. Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.). 50 Zu § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO s. Kap. 7 IV (S. 308 f.). 51 Eine Diskussion eines Teils dieser Regelungen findet sich schon bei D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999.
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Einleitung
Innerhalb des so gestellten Themas seien dem Verfasser drei Begrenzungen des Stoffes nachgesehen: Erstens sollen die Regeln über die Förderung der Aus- und Fortbildung von Behinderten ausgeklammert werden. Zwar betreffen sie gleichfalls Investitionen in „Humankapital“. Sie sind jedoch noch weitergehend durch ein Zusammenspiel der allgemeinen Regeln mit verschiedenen Spezialregelungen, etwa im §§ 97 ff. SGB III,52 im SGB IX und im Einkommensteuergesetz, aber auch besonderen arbeitsrechtlichen Normen gekennzeichnet. Dieses Zusammenspiel kompliziert die Materie erheblich und erzeugt ein eigenes Subsystem, dem eine gesonderte Abhandlung gebühren würde. Zweitens wird aus demselben Grund auf breit angelegte Rechtsvergleichung – trotz ihres kaum zu überschätzenden Wertes gerade für die Rechtsfortbildung53 – verzichtet. Statt dessen werden ad hoc einige Hinweise auf besonders interessante Aspekte ausländischer Rechtssysteme gegeben. Drittens schließlich wird nicht eingegangen auf die in letzter Zeit viel diskutierte54 Frage, inwieweit Bildungsaufwendungen infolge der geänderten Rechtsprechung zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten noch nachträglich berücksichtigt werden können. Denn dabei handelt es sich trotz ihrer hohen Relevanz letztlich um ein Problem des allgemeinen Verfahrensrechts.
III. Gang der Darstellung Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert. Der Erste Teil diskutiert grundlegende Konzepte, die auch im Titel der Arbeit Niederschlag gefunden haben: „Humankapital“, den Partizipierenden Steuerstaat und das Systemdenken. Der Zweite Teil enthält eine Bestandsaufnahme und beantwortet die Frage danach, wie „Humankapital“ derzeit in Deutschland steuerlich behandelt wird. Der Dritte Teil ist der Systemoptimierung gewidmet. Er überprüft das geltende Recht auf seine Systemkonformität und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Ferner zeigt er Möglichkeiten einer systemkonformen Auslegung und Rechtsfortbildung auf. Vor dem Übergang in den Ersten Teil erscheint eine letzte Vorbemerkung angezeigt: Die moderne Ökonomik, man mag darüber lamentieren oder nicht, ist unzweifelhaft hochgradig mathematisiert.55 Das gilt in besonderem Maße für die Beiträge, die für diese Arbeit von Bedeutung sind – etwa für ________________________ 52 Vgl. dazu nur H. Köhler, in H. Plagemann (Hrsg.), Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, 2003, § 13 Rz. 29 ff. 53 V. Thuronyi, Comparative Tax Law, 2003. 54 Vgl. etwa K.-H. Günther, GStB 2004, 22 ff.; J. Wulff, DStR 2004, 799, 801 ff. 55 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung nur E. R. Weintraub, How Economics Became a Mathematical Science, 2002.
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Gang der Darstellung
die Modelle zur Optimalsteuertheorie. Es gibt ein Diktum des berühmten englischen Physikers Steven Hawking, dass jede mathematische Gleichung die Anzahl der Leser halbiere.56 Um den Rezipientenkreis nicht zu dezimieren, sind dementsprechend keine57 Gleichungen enthalten – obwohl es dem Verfasser manchmal schien, als habe sich seine Bearbeitungszeit für jede zu vermeidende Gleichung verdoppelt.
________________________ 56 Vgl. St. Hawking, A Brief History of Time, 1988, vi f. 57 Abgesehen von einer Fußnote.
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Erster Teil: Konzeptionelle Grundlagen „An hohen Ansichten hat es den Deutschen nie gefehlt, aber ihre Grundlagen schweben nicht selten in der Luft …“ Franz Grillparzer1
Dieser erste Teil legt in seinen drei Kapiteln mit „Humankapital“, partizipierender Steuerstaatlichkeit und Systemdenken die konzeptionellen Grundlagen der Arbeit dar. Er zeichnet den weiteren Gang der Untersuchung vor und liefert, wenngleich auf notwendig abstrakter Ebene, normative Maßstäbe, an denen sich die derzeit geltenden Regelungen zur Besteuerung von „Humankapital“ werden messen lassen müssen. Kapitel 1 ist dem „Humankapital“ und damit den ökonomischen Grundlagen gewidmet. Deren prominente Stellung spiegelt die Notwendigkeit wider, Rechtswissenschaft auch als „Realwissenschaft“ zu betreiben.2 Die ökonomischen Grundlagen helfen, den Erkenntnisgegenstand der Arbeit näher zu erfassen und abzugrenzen. Zudem leiten sie die gesetzgeberische – und in beschränktem Maße die richterliche – Rechtsfortbildung durch ökonomische und damit außerrechtliche Zielvorgaben dafür, wie Investitionen in „Humankapital“ besteuert werden sollten. Kapitel 2 erarbeitet das hier zugrunde gelegte Verständnis der Steuerstaatlichkeit. Dabei wird die in jüngster Zeit eher in den Hintergrund getretene Dimension der Beteiligung des Staates an den Ergebnissen privaten Wirtschaftens stark betont. Wieder auf realwissenschaftlicher Linie, werden Erkenntnisse der neueren Informationsökonomik fruchtbar gemacht, um Folgerungen aus dieser partizipatorischen Dimension zu ziehen. Kapitel 3 setzt einen Kontrapunkt im Sinne der klassischen Methodenlehre: Es hat das den weiteren Verlauf der Arbeit strukturierende Systemdenken zum Gegenstand. Dabei soll, was in der fachwissenschaftlichen Literatur nicht immer der Fall ist, strikt unterschieden werden zwischen der rechtlichen Bindung an das System und dem bloß rechtspolitisch Wünschbaren. Im Einzelnen führt das nachfolgende Kapitel 1 im ersten Abschnitt in das Konzept „Humankapital“ ein. Nach einer Definition des Begriffs werden die bei derartigen Investitionen entstehenden Erträge und Kosten ebenso wie Besonderheiten von „Humankapital“ im Vergleich mit anderen Kapitalfor________________________ 1 2
F. Grillparzer, Über den gegenwärtigen Zustand der dramatischen Kunst in Deutschland, in ders., Sämtliche Werke, Band 3, 1964, 686, 688. Vgl. dazu wiederum nur H. Eidenmüller, JZ 1999, 53 ff. sowie bereits die Ausführungen in der Einleitung II (S. 5 ff.).
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Konzeptionelle Grundlagen
men und Methoden zu seiner Bewertung dargestellt. Der zweite Abschnitt zeigt nach einer Analyse der geschichtlichen Entwicklung des Konzepts, warum die Signalling-Theorie als in der Wissenschaft vertretene Alternative die „Humankapital“-Theorie nicht widerlegen kann. Der dritte Abschnitt erhellt, dass „Humankapital“ sowohl für die lernenden Individuen als auch für die Gesellschaft als ganze von großer Bedeutung ist. Der vierte Abschnitt stellt die Ergebnisse der ökonomischen Theorie zur optimalen Besteuerung von „Humankapital“ dar. Dazu werden nach einer Erläuterung des Konzepts der optimalen Besteuerung insbesondere die zwei in der aktuellen Forschung wichtigsten Modelltypen vorgestellt und ihre Erträge kritisch gewürdigt.
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Kapitel 1: „Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage „Invest in yourself – eat good food!“ Werbung eines indischen Restaurants in London.
I. Konzept des „Humankapitals“ 1. Einführende Bemerkungen und Definition Zahlreiche Tätigkeiten dürfen nur ausgeübt werden, wenn entsprechende Qualifikationen vorhanden und nachgewiesen sind: Die Arbeit als Taxifahrer erfordert einen entsprechenden Führerschein, ein Rechtsanwalt muss das zweite Staatsexamen oder eine äquivalente Prüfung abgelegt haben, und ein Paragliding-Lehrer hat seine Befähigung ebenfalls zu belegen. Aber auch dort, wo eine umfassende Ausbildung nicht von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, kann sie die Aussichten auf ein Fortkommen oftmals verbessern: So darf ein talentierter Tennisspieler, der seine Jugend im Trainingslager eines Startrainers unter der Sonne Floridas verbracht hat, gesteigerte Hoffnungen auf eine erfolgreiche Sportlerkarriere hegen. Gemeinsam ist all diesen Beispielen, dass der Lernende Kosten hinnimmt in der Erwartung, dass sie später mehr als wieder eingebracht werden können. Oder mit anderen Worten: Er tätigt eine Investition. Insoweit bestehen keine Unterschiede zu Investitionen in Arbeitsmittel wie ein Taxi, einen Großkommentar oder neue Tennisschläger. Stets werden gegenwärtige Kosten wegen der erwarteten späteren Erträge in Kauf genommen. Um diese strukturellen Parallelen auch terminologisch deutlich zu machen, hat sich in den Wirtschaftswissenschaften eingebürgert, – ganz entsprechend dem Sachkapital – von Investitionen in „Humankapital“ zu sprechen.1 ________________________ 1
Vgl. die Standardlehrbücher von Begg/Fisher/Dornbusch, Economics, 7. Aufl. 2003, 156 ff.; W. Franz, Arbeitsmarktökonomik, 5. Aufl. 2003, 75 ff.; G. Mankiw, Principles of Economics, 2. Aufl. 2001, 419 ff.; Samuelson/Nordhaus, Economics, 15. Aufl. 1995, 223 ff.; H. Siebert, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, 13. Aufl. 2000, 416; Stiglitz/Walsh, Economics, 3. Aufl. 2002, 192 ff. Die Datenbank Econlit, in der wissenschaftliche Publikationen zur Ökonomik zusammengestellt sind, weist über 13.000 Einträge zum Thema „Human Capital“ aus, Stand August 2003. Demgegenüber findet sich das Konzept im deutschen juristischen Diskurs nur äußerst spärlich. So liefert eine Juris-Recherche zu „Humankapital“ im Bereich der Rechtsprechung vier (!) Treffer, im Bereich Aufsätze immerhin 110 Treffer, die aber weitgehend dem
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„Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage
Unter dem Begriff „Humankapital“ soll in dieser Arbeit verstanden werden der in Geld bewertete Bestand von in einem Menschen verkörperter Bildung und Ausbildung, der zur Erzielung eines erhöhten Einkommens in der Zukunft eingesetzt werden kann.2 Damit unterfallen dem Ausdruck nicht alle die Produktivität eines Individuums steigernden Ausgaben. Insbesondere wird nach diesem Verständnis weder durch gesundes Essen noch durch ärztliche Behandlung in „Humankapital“ investiert – das dem Kapitel vorangestellte Motto betrifft also bei genauerer Betrachtung eine andere Situation.3 Dem „Humankapital“ wird in der Ökonomik bisweilen der Begriff Wissen gegenübergestellt.4 Letzteres kennzeichnet sich nach diesem Verständnis dadurch, dass es zwischen Individuen transferierbar ist und somit keine Rivalitäten bei seiner Nutzung bestehen.5 Es ist daher – im Gegensatz zum „Humankapital“ – möglich, dass mehrere Individuen gleichzeitig dasselbe Wissen nutzen.
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sozialwissenschaftlichen Bereich zuzuschreiben sind. Im Steuerrecht findet sich, soweit ersichtlich, nur die Dissertation von B. Gretter, Die grenzüberschreitende Verlagerung von Humankapital zur Nutzung bilanzieller Werte im Inland, 1993, die aber die sich aus dem Konzept ergebenden Möglichkeiten nicht nutzt, sowie im Rahmen der Vermögensteuer K. Tipke, StRO II, 1. Aufl. 1993, 797 f. und 2. Aufl. 2003, 938; D. Birk, Diskussionsbeitrag, in ders. (Hrsg.), DStJG 22 (1999), 70. Im Kontext der Familienbesteuerung erwähnt auch P. Kirchhof, NJW 2000, 2792, 2796 das Wort. Vgl. etwa F. Cowell, Stichwort „Human Capital“, in Kuper/Kuper (Hrsg.), The Social Sciences Encyclopedia, 2. Aufl., 1996. G. Becker, Human Capital, 1993, 11 definiert als einer der Pioniere dieses Ansatzes Humankapital umfassender. Investitionen in Humankapital sind nach ihm „alle Aktivitäten, die das zukünftige monetäre und psychische Einkommen erhöhen, indem sie die in den Menschen verkörperten Ressourcen erhöhen. […] Die zahlreichen Formen dieser Investitionen schließen ein: Schulbildung, On-the-job Berufsausbildung, medizinische Leistungen, Migration und Beschaffung von Informationen über Preise und Einkommen.“ (G. Becker, Human Capital; Übersetzung und Hervorhebung von mir). Mittlerweile hat sich jedoch das im Text dargelegte engere Verständnis eingebürgert, das im Folgenden zugrunde gelegt werden soll. Erfassen will diese Posten aber grundsätzlich C. Treisch, Existenzminimum und Einkommensbesteuerung, 1999, 369 f., die freilich Humankapital mit der Arbeitskraft gleichsetzt. Hingegen verneint BFH v. 16.1.1996 III R 11/94, BFH/NV 1996, 539 den Betriebsausgabenabzug selbst für Testessen in anderen Restaurants durch Spitzengastronomen, da es an einer lehrgangsmäßigen Organisation fehle. S. dazu etwa Barro/Sala-i-Martin, Economic Growth, 1995, 172; D. Romer, Modern Macroeconomics, 2. Aufl. 2000, 133. Diese Begriffsbestimmung weicht von der in anderen Wissenschaften üblichen ab. Zu letzteren vgl. etwa Landwehr/Stockhorst, Einführung in die Europäische Kulturgeschichte, 2004, 146 ff.
Konzept des „Humankapitals“
Weiterhin ist „Humankapital“ von immateriellen Vermögensgegenständen (intangibles), wie Patenten, Marken oder Goodwill,6 abzugrenzen. Diese unterscheiden sich dadurch, dass sie nicht in einem Menschen als Träger verkörpert sind und daher übertragen werden können. Bei „Humankapital“ bietet sich eine weitere Differenzierung an: Es ist firmenspezifisch, wenn es bei Einsatz in einer bestimmten Firma zu einem größeren Produktivitätszuwachs führt als in allen anderen Firmen.7 Als Beispiel können etwa die Kenntnisse eines Angestellten über eine bestimmte Technologie angesehen werden, die nur im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzt wird. Es ist auch denkbar, dass „Humankapital“ vollständig firmenspezifisch ist. Das ist dann der Fall, wenn es für die Produktivität des Lernenden in anderen Firmen überhaupt keine Auswirkungen hat, etwa die Ausbildung zum Astronauten durch die NASA. Demgegenüber ist generelles „Humankapital“8 solches, das genauso gut auch außerhalb des konkreten Betriebs einsetzbar ist, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist. Dies ist etwa für Kenntnisse eines Computerprogramms anzunehmen, das von konkurrierenden Automobilherstellern eingesetzt wird. Das Konzept „Humankapital“ wird bisweilen missverstanden.9 Den zwei häufigsten Fehldeutungen soll bereits an dieser Stelle vorbeugend entgegengetreten werden: Erstens besteht nicht selten das Vorverständnis, mit „Humankapital“ solle ein in Geld bemessbarer Wert von Menschenleben angegeben werden.10 Indes geht es dem Konzept gerade nicht nicht um eine Bewertung von Menschenleben. Vielmehr soll lediglich der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Menschen in ihre Fähigkeiten investieren, also diese unter Inkaufnahme von Kosten erweitern, um später daraus Erträge zu erzielen. Oder anders gesagt: Es handelt sich beim „Humankapital“-Konzept um ein Analysehilfsmittel, das die erworbenen Fähigkeiten bewertet, keines________________________
6 Vgl. zu weiteren Beispielen nur H. Weber-Grellet, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 5 Rz. 172 f. 7 Vgl. G. Becker, Human Capital, 40. Becker verwendet ohne inhaltliche Abweichung den Begriff „Specific Training“, was mit seinem weiten Humankapitalbegriff zusammenhängt. 8 G. Becker, Human Capital, 40. 9 Exemplarisch dafür ist die fehlgeleitete Wahl des Begriffes zum „Unwort des Jahres 2004“ durch die „Sprachkritische Aktion ‚Unwort des Jahres’“ (www.unwortdes jahres.org) mit der Begründung, dadurch würden die Menschen zu nur noch ökonomisch interessanten Größen degradiert. Das Wort war bereits 1998 auf der Negativliste vertreten, wenngleich damals offensichtlich noch zu Recht eine bedenkliche und gänzlich unübliche Verwendung bemängelt wurde – die Verwendung von „Humankapital“ als Synonym für Kinder. 10 So zu Recht L. Thurow, Investment in Human Capital, 1970, 16. Zur Widerlegung von Einwänden, die sich gegen das Konzept einer Investition in Menschen richten, s. auch G. W. Schultz, Investment in Human Capital, 1971, 26 ff.
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„Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage
falls aber den Menschen als solchen. Auch die in der Ökonomik hierfür eingebürgerte Bezeichnung „Humankapital“ wird – obwohl sie Kristallisationspunkt des erwähnten Missverständnisses sein mag – im Folgenden zugrunde gelegt. Denn die Bezeichnung kehrt auch terminologisch hervor, dass in der Wahl der Ausbildung auch eine Investitionsentscheidung liegt. Nach dieser Klarstellung erscheint es auch nicht mehr erforderlich, im weiteren Verlauf der Arbeit den Begriff „Humankapital“ in Anführungszeichen zu setzen, wie dies zur Distanzierung von dem genannten Vorverständnis, Humankapital quantifiziere den Wert eines Menschen, sowohl im Titel der Arbeit als auch in den bisherigen Ausführungen vorgenommen wurde. Zweitens soll umgekehrt mit der Verwendung des Konzepts nicht behauptet werden, der Nutzen von Bildung beschränke sich auf die in Geld bestehenden Erträge (monetäre Erträge) oder auf ihren Beitrag zur Produktion.11 Bildung leistet selbstverständlich einen weitaus größeren Beitrag, als nur das Einkommen zu heben. Sie hilft dem Individuum dabei, Freiheitsräume zu erschließen, seine persönlichen Entscheidungen auf einer reflektierteren Grundlage zu treffen, seine Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern und von anderen ernst genommen zu werden, um nur einige Vorzüge zu nennen. Amartya Sen hat vor diesem Hintergrund den treffenden Ausdruck geprägt, Bildung diene nicht nur der Akkumulation von human capital, sondern vielmehr allgemein von human capabilities.12 Wie sogleich bei der genaueren Analyse der Kosten und Erträge von Humankapitalinvestitionen dargestellt wird, ist eine Beschränkung auf monetäre Erträge durch das Konzept ohnehin nicht zwingend vorgegeben. Es ist durchaus offen für die Aufnahme nicht in Geld bestehende Erträge (nicht-monetäre Erträge), zumindest soweit sie dem Individuum zufließen. Wenn sich in der ökonomischen Wissenschaft dennoch häufig eine Verengung auf die Entgeltserhöhungen (und damit implizit auch auf die Rolle der Bildung in der Produktion) findet, so ist dies vor allem eine Frage der beschränkten empirischen Überprüfbarkeit von nicht-monetären Kosten und Nutzen. Die Beschränkung stellt die Relevanz des Konzepts im Übrigen für das Steuerrecht ohnehin nicht in Frage, weil dieses seiner Natur nach monetär orientiert ist und nicht-monetäre Faktoren wie Dauer und Intensität der Arbeit regelmäßig gezielt ausblendet.
2. Kosten und Erträge von Humankapital Bei der Investitionsentscheidung des Individuums spielt die Abwägung der zu erwartenden Vor- und Nachteile eine zentrale Rolle. Es scheint daher angezeigt, hier etwas stärker in die Details zu gehen und die für den Einzel________________________ 11 Vgl. dazu auch schon oben die Einleitung (S. 1 ff.). 12 A. Sen, Development as Freedom, 1999, 292 ff. Sen erhielt 1998 wegen seiner Verdienste um die Wohlfahrtsökonomik den Nobelpreis für Volkswirtschaftslehre.
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Konzept des „Humankapitals“
nen mit Investitionen in Humankapital verbundenen Kosten und Erträge näher zu beleuchten. a) Kosten der Humankapitalakkumulation Zu den entstehenden Kosten gehören erstens die Ausgaben in Geld (monetäre Kosten). Dazu zählen die Ausgaben für die Fahrt zur Ausbildungsstätte, die Anschaffung von Lehrbüchern und gegebenenfalls Studien- bzw. Lehrgangsgebühren. Schließlich rechnen auch die Finanzierungskosten zu den monetären Kosten. Zweitens sind Opportunitätskosten zu berücksichtigen. Darunter versteht man Kosten, die in anderweitig entgangenen günstigen Gelegenheiten liegen. Wenn eine Tätigkeit eine andere ausschließt, dann stellt der Wert, den man der zweiten Tätigkeit beimisst (etwa der Arbeitslohn), Opportunitätskosten der Ausübung der ersten Tätigkeit dar.13 Konkret auf Investitionen in Humankapital bezogen entstehen Opportunitätskosten insbesondere dadurch, dass es während der Lernphase regelmäßig nicht möglich ist, Vollzeit zu arbeiten. Damit stellt das aus einer Vollzeittätigkeit anderweitig erzielbare Einkommen Kosten des Studiums dar. Drittens müssen schließlich auch die psychischen Kosten einbezogen werden, die nicht zu Ausgaben von Geld führen. Sie ergeben sich daraus, dass Lernen bisweilen mühsam und das Ablegen von Prüfungen unangenehm sein kann. b) Erträge des akkumulierten Humankapitals Dem stehen die erwarteten monetären und nicht-monetären Erträge gegenüber: Die monetären Erträge bestehen in der Möglichkeit, in der Zukunft ein höheres Einkommen zu erzielen als ohne die Bildungsmaßnahme.14 Die nicht-monetären Erträge können in der Freude am Lernen, in einer höheren Zufriedenheit mit der eigenen Arbeitsaufgabe, in einem erhöhten sozialen Status und einer Verwendung der Ausbildung außerhalb der entgeltlichen ________________________ 13 Bei den Opportunitätskosten handelt es sich um ein Standardkonzept, das in zahlreichen VWL-Einführungslehrbüchern näher dargestellt wird; vgl. etwa R. Frank, Microeconomics and Behaviour, 4. Aufl., 2000, S. 8 ff. Unzutreffend allerdings D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienlastenausgleich, 1999, 22, wenn er zu den Kosten eines Studiums sowohl den Lebensunterhalt als auch den entgangenen Lohn zählt. Denn die Kosten für den Lebensunterhalt wären auch ohne Studium angefallen. 14 Zu den Verfahren und Schwierigkeiten der praktischen Berechnung vgl. D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 77 ff. m. w. N.
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Tätigkeit liegen, etwa in einem besseren Verständnis moderner Literatur seitens einer studierten Germanistin.15 Die in der Zukunft liegenden Erträge sind freilich abzuzinsen.16 Dies kann durch zwei Erklärungen gerechtfertigt werden. Zum einen kann der Investierende sicher sein, dass er den heutigen Konsum auch genießen kann. Die Unwägbarkeiten des Lebens machen hingegen zukünftigen Genuss unsicher. Zum anderen würde der Investierende bei alternativer Anlage der Mittel – zum Beispiel in eine Bundesanleihe – die entsprechenden Zinsen bekommen. c) Investitionsregel: Grenzkosten gleich Grenzerträge Die ökonomische Theorie sagt nun – dem Ansatz von Gary S. Becker17 folgend – voraus, dass Individuen in Humankapital investieren, wenn die Kosten der Investition niedriger sind als die daraus entstehenden, diskontierten Erträge. Oder genauer: Individuen investieren so lange, wie ihr diskontierter erwarteter Nutzen aus der letzten zusätzlich erworbenen (marginalen) Einheit deren erwartete Kosten übersteigt. Weil sowohl der Nutzen als auch die Kosten individuell verschieden sein können – manche lernen leichter und mit mehr Spaß oder sind bei den Gehaltsverhandlungen im Arbeitsverhältnis gewiefter und erzielen so ein höheres Zusatzgehalt für jede erworbene Humankapitaleinheit als andere – kommt es zu einer unterschiedlichen Dauer und Intensität der Ausbildung.
3. Unterschiede von Humankapital zu anderen Kapitalformen Trotz der berechtigten Betonung von strukturellen Parallelen, insbesondere der Investition mit Blick auf spätere höhere Erträge, bestehen gleichwohl wesentliche Unterschiede im Vergleich zu anderem materiellen und immate________________________ 15 Zu diesen Erträgen, allerdings aus gesamtgesellschaftlicher Sicht vgl. OECD, The Well-Being of Nations, 2001, 32 ff. Zu weiteren nichtmonetären individuellen Erträgen s. W. McMahon, Stichwort „Consumption Benefits of Education“, in M. Carnoy (Hrsg.), International Encyclopedia of Economics of Education, 2. Aufl. 1995, 168 ff. 16 Üblicherweise wird in der Ökonomik eine konstante Diskontrate unterstellt. Neuere Forschungen legen allerdings nahe, dass das nicht unbedingt eine zutreffende Annahme sein muss, vgl. etwa R. H. Strotz, RES 23 (1956), 165; R. Thaler, Economic Letters 8 (1981), 201 sowie neuerdings A. Rubinstein, IER 44 (2003), 1207 (dort findet sich auch eine kritische Diskussion der statt dessen oftmals gewählten hyperbolischen Diskontierung). Zudem legen Experimente nahe, dass die Diskontrate von den momentanen Umständen abhängig sein kann, vgl. Wilson/Daly, Biology Letters 271 (2004), 177 ff. 17 Dazu näher Kap. 1 II 1 d) (S. 29 f.).
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riellen Kapital, die auch bei der Besteuerung zu beachten sind. Schlagwortartig lassen sie sich zusammenfassen als Höchstpersönlichkeit, Verkörperung und Verwobenheit mit der Konsumsphäre. a) Höchstpersönlichkeit schließt Übertragung aus Humankapital ist im Gegensatz zu anderen Kapitalformen höchstpersönlich. Das ergibt sich aus den Freiheitsrechten der Person.18 Diese erfordern, dass es nicht als Ganzes übertragen, sondern nur zur Nutzung überlassen werden kann, etwa in Form von Dienst- oder Werkverträgen.19 Die Überlassung unterliegt überdies zeitlichen Grenzen, um eine übermäßige Bindung und damit Beschränkung der Freiheitsrechte zu verhindern.20 Die Höchstpersönlichkeit ist für Investitionsentscheidungen von Nachteil, soweit Dritte beteiligt sind: Erstens senkt die Gefahr einer Abwanderung den Anreiz für Unternehmen, in generelles Humankapital21 von Mitarbeitern – im Gegensatz zu firmenspezifischem Humankapital – zu investieren. Denn im Falle einer Kündigung durch den Mitarbeiter verliert das Unternehmen den noch nicht abgeschriebenen Teil der Investition. Sicherungen im Arbeitsvertrag gegen diese Gefahr, etwa in Form von Rückerstattungsklauseln, sind nur in eingeschränktem Umfang zulässig.22 Zweitens macht es die Höchstpersönlichkeit dem Investierenden wesentlich schwerer, für eventuell erforderliche Kredite Sicherheiten zu bieten. Wer ein Haus baut, kann ein Grundpfandrecht bestellen. Wer stattdessen in sich selbst investiert, kann zwar beispielsweise Forderungen aus künftigen Dienstverträgen auch schon vor ihrer Entstehung zur Sicherung abtreten, solange die Forderungen bestimmbar sind. Es bleibt für den Kreditgeber aber immer das Risiko, dass der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann. Das ist zumeist nicht weiter schlimm, soweit sich ein Marktrisiko realisiert und der Lernende ohne sein Zutun den Kredit nicht bedienen kann: Geht man davon aus, dass die Risiken für unterschiedliche Lernende unabhängig voneinander sind, so kann man durch Vergabe einer Vielzahl von Krediten eine Risikodiversifizierung erreichen. Größere Probleme bereitet aber die Möglichkeit, dass die Zurückzahlung an Handlungen oder Unterlassungen des Lernenden ________________________ 18 Etwas anderes galt in Zeiten, in denen Sklaverei zulässig war. 19 Davon ist zu unterscheiden die Tatsache, dass Humankapital selbstverständlich auch zur Produktion neuen Humankapitals eingesetzt werden kann, z. B. durch gut ausgebildete Lehrer. 20 Dazu näher Kap. 8 III (S. 326 ff.). 21 Dazu Kap. 1 I 1 (S. 17). 22 Vgl. Kap. 8 III (S. 326 ff.).
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scheitert (Moral Hazard).23 So kann der Investierende davon absehen, die Ausbildung nach Gewährung des Kredits überhaupt anzutreten, und sich mit dem Geld in die Südsee absetzen. Oder er kann – eine direkte Folge der Höchstpersönlichkeit – nach Vollendung der Ausbildung die Tätigkeit nicht aufnehmen, weil er sich für ein Leben jenseits der arbeitsteiligen Wirtschaft entscheidet. Dieses Problem wird verschärft durch die Pfändungsbeschränkungen der §§ 850 ff. ZPO, die über § 400 BGB auch für Forderungsabtretungen gelten. Wenn der Kreditgeber die für ihn schädlichen Handlungen überhaupt verifizieren kann, dann stellt ihm die Rechtsordnung mit der Möglichkeit zur Pfändung im Rahmen des Zulässigen – gegebenenfalls flankiert von strafrechtlichen Sanktionen – nur eingeschränkte Mittel zur Verfügung, den Lernenden „zur Ordnung zu rufen“. Aus diesem in der ökonomischen Literatur immer wieder erörterten Mechanismus24 ergeben sich, ohne dass deswegen die Sachgerechtigkeit der Pfändungsbeschränkungen in Abrede gestellt werden sollte, Folgen für das rationale Verhalten des Kreditgebers: Die Gläubiger werden vernünftigerweise diese Beschränkungen antizipieren und ihre Kreditvergabe daran orientieren. Sie werden nur insoweit Kredite vergeben, als es im Interesse der Lernenden liegt, die Darlehen – mit Blick auf die gegebenen Pfändungs- und Sanktionsmöglichkeiten – zurückzuzahlen. Dies kann dazu führen, dass weniger in Humankapital investiert wird, als eigentlich effizient25 wäre, so dass sich eine Rechtfertigung für staatliche Intervention durch sozialrechtliche Leistungen und steuerliche Sozialzwecknormen ergibt. b) Verkörperung in seinem Träger bedingt Verlust spätestens mit dessen Tod Eng verwandt mit der Höchstpersönlichkeit ist der Gesichtspunkt der Verkörperung des Humankapitals in seinem Träger. Die Verkörperung beschränkt die Möglichkeiten der Humankapitalakkumulation. Der Totalverlust ist garantiert mit dem Renteneintritt, spätestens aber mit dem Tod. ________________________ 23 Unter moral hazard versteht man die Situation, in der eine Person nach Vertragsschluss ihr Verhalten zum Schaden einer anderen Person ohne deren Kenntnis oder ohne deren Möglichkeit, dies durch Anrufung staatlicher Autoritäten zu verhindern, ändern kann. 24 Einflussreich war etwa die Arbeit von Hart/Moore, QJE 109 (1994), 841 ff. Vgl. auch Banerjee/Newman, JPolE 101 (1993), 274 ff.; J. Fender, Annales d’ Economie et de Statistique 37/38 (1995), 215 ff.; Fender/Wang, IER 2003, 939, 947. 25 Ein Zustand heißt (Pareto-)effizient, wenn niemand besser gestellt werden kann, ohne dass gleichzeitig ein anderer schlechter gestellt werden muss. Allerdings ist das damit nicht gesagt, dass die Investitionen nicht – gegeben die Informationsasymmetrie – beschränkt effizient wären. Zum Konzept der „constrained efficiency“ vgl. Mas-Colell/ Whinston/Green, Microeconomic Theory, 1995, 449.
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Grundsätzlich wird daher eine Investition in Humankapital mit zunehmendem Alter weniger rentabel. Daraus ergibt sich ein optimaler Investitionspfad in Humankapital, wobei der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit in jungen Jahren liegt. Außerdem ergibt sich für das Steuerrecht als Folge der Verkörperung von Humankapital, dass eine Berufsausbildung nicht einer Investition in ein nichtabnutzbares Wirtschaftsgut gleichgestellt werden kann.26 Aus der Verkörperung zieht im Übrigen, das sie hier nur am Rande erwähnt, das Sozialrecht bei der Ausbildungsförderung die Konsequenz, dass eine eventuelle Rückzahlungspflicht für zu Bildungszwecken geleistete Darlehen mit dem Tod des Lernenden erlischt.27 c) Enge Verwobenheit mit der Privatsphäre Humankapital ist anders als andere Kapitalformen stets eng mit der Privatsphäre des Investierenden verbunden:28 Erstens ist eine Investition in Humankapital ohne persönlichen Einsatz des Lernenden nicht denkbar, was nicht zuletzt auch in der Bezeichnung „Studium“ zum Ausdruck kommt. Damit unterscheidet es sich von Sachkapital, bei dem es regelmäßig möglich ist, die Durchführung der Investition Vertretern zu überlassen. Zweitens sind, wie bereits erwähnt, die durch die Bildungsmaßnahme erworbenen Fähigkeiten oftmals auch im Privatleben nutzbar. Eine Hautärztin kann die Akne ihrer pubertierenden Kinder unentgeltlich behandeln, ein Jurist den Streit mit den Nachbarn auf fachlich qualifiziertem Niveau austragen. Darüber hinaus ist mit der genossenen Ausbildung – nicht nur wegen der größeren Verdienstmöglichkeiten – sehr häufig ein erhöhter sozialer Status verbunden.29 Drittens schließlich würde ein – hier abgelehntes30 – sehr weites Verständnis der zur Humankapitalerhaltung getätigten Ausgaben dazu führen, dass zahlreiche Aufwendungen einzubeziehen wären, die nach herkömmlicher Einstufung ganz eindeutig der Privatsphäre zuzurechnen sind. Dies macht das dem Kapitel vorangestellte Motto deutlich. Ausgaben für Essen, Schlafen und Wohnen dienen bei Erwerbstätigen oder noch nicht Erwerbstätigen im________________________ 26 So aber z. B. H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747, der insoweit mit dem berühmten englischen neoklassischen Ökonom A. Marshall, Principles of Economics, 8. Aufl. 1920, 552 (zu Marshall s. näher Kap. 1 II 1 b) (S. 28) übereinstimmt. Zu den steuerlichen Konsequenzen aus der fehlenden Möglichkeit einer Gleichstellung s. Kap. 14 (S. 493 ff.). 27 Vgl. dazu näher Kap. 8 II 1 a) cc) a. E. (S. 318). 28 Vgl. etwa H. Shaffer, AER 51 (1961), 1026, insb. 1027 f. 29 Vgl. hierzu unten Kap. 4 III 1 (S. 134 f.) zum von der Rechtsprechung verwandten Kriterium des Berufswechsels. 30 Vgl. Kap. 1 I 1 (S. 15). S. dazu im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Erwerbsaufwendungen und Privatausgaben auch H. G. Ruppe, DStJG 3 (1980), 103, 108.
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mer auch dem Erhalt des Humankapitals, werden aber grundsätzlich nur in Form des Existenzminimums berücksichtigt. Durch die letzten beiden Gesichtspunkte verschärft sich das grundsätzlich auch etwa bei Investitionen in Sachkapital anzutreffende Problem – das für die Abgrenzung von Einkommenserzielungs- und Einkommensverwendungssphäre bedeutsam ist31 –, ob es sich nicht bei zutreffender Betrachtung um Konsumentscheidungen handelt. Das begründet, warum gerade diese für die Einkommensteuer äußerst bedeutsame Abgrenzung die finanzgerichtliche Rechtsprechung immer wieder beschäftigt hat.32 d) Qualitätsunsicherheit als gradueller Unterschied Daneben besteht ein Unterschied, der nur gradueller Art ist: Die Qualität der erworbenen individuellen Fähigkeiten ist nur schwer kommunizierbar. Die Unsicherheit trifft den Nachfrager dieser Fähigkeiten, also insbesondere den Arbeitgeber, aber auch den Mandanten eines Rechtsanwalts und den Patienten eines Arztes. Das erklärt die große Bedeutung von staatlich kontrollierten Abschlüssen im Bildungsbereich.33
4. Kosten- vs. Einkommensmethode zur Bewertung von Humankapital Zum Abschluss dieses Abschnitts über das Konzept des Humankapitals soll dessen Bewertung erläutert werden. Die Bewertung ist für die Fragen, ob und inwieweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Humankapital und Wirtschaftswachstum besteht,34 aber auch, wie Humankapital für steuerliche Zwecke bewertet35 werden soll, von zentraler Bedeutung. Denn die Beantwortung setzt voraus, dass der Bestand36 an Humankapital als erklärende Variable zuverlässig geschätzt werden kann.37 ________________________ 31 32 33 34 35
Vgl. dazu näher Kap. 4 IV (S. 175 ff.). Vgl. im Einzelnen Kap. 4 (S. 119 ff.). Krit. aber M. Friedman, Capitalism and Freedom, 1962, 137 ff. Vgl. dazu unten Kap. 1 III 2 b) (S. 38 ff.). Der in dieser Arbeit vertretene Vorschlag einer „Quasi-Aktivierung“ von Humankapital (vgl. Kap. 14 (S. 493 ff.)) macht eine Bewertung zu steuerlichen Zwecken erforderlich. 36 Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass sich Wachstumsauswirkungen nur durch eine Veränderung des Bestandes ergeben. Denn die Quantifizierung der Veränderung setzt die Kenntnis des Bestandes voraus. 37 Wird das Humankapital als erklärende Variable nicht genau geschätzt, so droht das Problem des Measurement Error, vgl. dazu nur Ch. Dougherty, Introduction to Econometrics, 2. Aufl. 2002, Kap. 9.
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Humankapital kann im Wesentlichen auf zwei verschiedene Arten bewertet werden,38 und zwar entweder mittels einer Einkommens- oder einer Kostenmethode. Die Einkommensmethode bewertet es mit der Summe der diskontierten39 zukünftigen (Netto-)Erträge, die auf die Humankapitalinvestition zurückgehen, abzüglich der wiederum diskontierten Kosten. Sie ist zukunftsorientiert und vermeidet Unsicherheiten in Bezug auf Abschreibungen von Humankapital. Sie ist aber nicht unproblematisch. Denn das Ergebnis hängt maßgeblich von der Diskontrate und vom Ruhestandseinstrittsalter, aber auch der Erwartung der künftigen Einkünfte ab – und das jeweils über einen großen Zeitraum hinweg. Außerdem dürfen keine signifikanten anderen Faktoren, die zu Veränderungen der Einkünfte führen, wie etwa Arbeitszeiten und Einsatz ausgelassen werden, weil andernfalls das Ergebnis verzerrt wäre.40 Die Kostenmethode bewertet Humankapital mit den durch die Ausbildung entstandenen Kosten.41 Auch diese Methode setzt sich Einwänden aus. Insbesondere besteht aus ökonomischer Sicht nicht notwendig ein Zusammenhang zwischen den Investitionskosten und der Qualität der Produktion. So ist es teurer, einen Lernschwächeren auf ein bestimmtes Niveau auszubilden als einen Begabteren. Die Produktivität beider Individuen und damit der Wert ihrer Arbeit sind aber, wenn es hierfür nur auf den erreichten Ausbildungsstand ankommt, gleich. Ein weiteres Problem bereiten Abschreibungen, die bei einer Bewertung zu Herstellungskosten üblicherweise vorgenommen werden. Sollen diese linear oder degressiv sein? Zudem kann es durchaus sein, dass Humankapital in jüngeren Jahren mit zunehmender Erfahrung und Routine zunächst an Wert gewinnt und dass ein Wertverlust erst später im Leben eintritt. Eine weitere Schwäche der Kostenmethode liegt aus ökonomischer Sicht darin, dass sie unentgeltliche Humankapitalproduktion nicht berücksichtigen kann. Letztlich drängt sich keine der beiden Methoden zwingend universell auf. Aus ökonomischer Perspektive mag es im Kontext der Wachstumstheorie näher liegen, von einer Bewertung nach der Einkommensmethode auszugehen. Eine systemkonforme Humankapitalbesteuerung hat hingegen primär an der Bewertung zu Herstellungskosten anzusetzen. Sie müsste nur, soweit ________________________ 38 S. Le/Gibson/Oxley, Journal of Economic Surveys 17:3 (2003), 271 ff. m. w. N., auf dem die Ausführungen im Folgenden basieren. 39 Vgl. oben Kap. 1 I 1 (S. 20). 40 Zum so genannten „Omitted Variable Bias“ vgl. etwa Ch. Dougherty, Introduction to Econometrics, 2. Aufl. 2002, 196 ff. 41 Dieser Ansatz geht namentlich auf den deutschen Ökonomen Ernst Engel (1821– 1896), Der Werth des Menschen, 1883 zurück. Engel verfolgte allerdings keinen Humankapitalansatz, sondern suchte, wie der Titel bereits verdeutlicht, den Wert des Menschen in Geld zu bestimmen.
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eine Teilwertabschreibung für möglich gehalten würde,42 auch die Bewertung nach der Einkommensmethode vollziehen.43
II. Kontext des Humankapitalkonzepts: Geschichte und Alternativen Nachdem das Humankapitalkonzept eingeführt worden ist, soll dieses nunmehr in seinen Kontext eingeordnet werden. Dieser Abschnitt gibt dementsprechend kurze Antworten auf die beiden Fragen, wo das Konzept historisch verwurzelt ist und wie es sich im wissenschaftlichen Diskurs in Auseinandersetzung mit der Signallinghypothese als alternativer Theorie bewährt hat.
1. Geschichte des Humankapitalkonzepts44 a) Quantifizierung von Kriegszerstörung als Vorläufer Einen Vorläufer45 findet das Humankapitalkonzept in der 1672 erschienenen Arbeit „The Political Anatomy of Ireland“ des englischen Ökonomen William Petty (1623–1687).46 Pettys Ziel war es unter anderem, den Herrschern eine zutreffendere Ermittlung der durch Kriege und Seuchen verursachten Schäden zu ermöglichen.47 Er wollte verdeutlichen, dass sich die Schäden nicht im Verlust von Waffen und anderen Kriegswerkzeugen erschöpfen. Er bezog dazu den Verlust an Menschenleben in die Berechnung ein, was eine Quantifizierung voraussetzte. Sein Vorgehen mag auf den ersten Blick ein wenig zynisch anmuten; es rückt aber in ein weitaus positiveres Licht, wenn man Pettys Zielsetzung vor dem zeitgenössischen Hintergrund der damaligen verheerenden Kriege sieht: Zu seinen Lebzeiten wüteten der Englische Bürgerkrieg und der Dreißigjährige Krieg. Dem Herrscher in einer solchen Situation vorzurechnen, dass Kriege nicht nur einen Verlust ________________________ 42 Das ist für einen Rechnungsabgrenzungsposten nicht der Fall, vgl. Kap. 5 II 3 b) aa) (S. 262). Auch die in Kap. 14 (S. 493 ff.) vorgeschlagene „Quasi-Aktivierung“ kommt ohne eine Teilwertabschreibung aus. 43 Vgl. unten Kap. 14 I (S. 494 ff.). 44 Vgl. dazu B. Kiker, JPolE 74:5 (1966), 481 ff.; T. Pfahler, Humankapital und Effizienz, 2000, 7 ff.; S. Rosen, Stichwort „Human Capital“, in Eatwell/Milgate/Newman (Hrsg.), The New Palgrave: a dictionary of economics, 1987, 681, 682. 45 Für einen unechten Vorläufer s. auch das Buch Leviticus, Kap. 27, V. 3–7. 46 Zuerst veröffentlicht im Jahre 1691. Abgedruckt etwa in C. Hull, The Economic Writings of Sir William Petty, Band 1, 1899, 152. 47 Vgl. T. Pfahler, Humankapital und Effizienz, 2000, 22 f. In neuerer Zeit versuchen Kiker/Birkeli, JPolE 80:5 (1972), 1023 ff. die Kosten der Humankapitalvernichtung durch den Vietnamkrieg zu bestimmen.
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an Kanonen und dergleichen bedeuten, erscheint alles andere als unangemessen, wie folgendes Zitat aus dem 19. Jahrhundert plastisch zeigt:48 „Die Scheu, den Menschen als Kapital zu betrachten, wird aber besonders im Kriege der Menschheit verderblich; denn hier schont man das Kapital, aber nicht den Menschen, und unbedenklich opfert man im Kriege hundert Menschen in der Blüte ihrer Jahre auf, um eine Kanone zu retten. In den hundert Menschen geht wenigstens ein 20mal so hohes Kapital verloren als in einer Kanone. Aber die Anschaffung einer Kanone verursacht dem Staatsschatz eine Ausgabe, während die Menschen durch den bloßen Konskriptionsbefehl umsonst wieder zu haben sind.“ Allerdings machte es Pettys Zielsetzung erforderlich, den Wert des Menschen selbst und nicht nur den seiner erworbenen Fähigkeiten zu erfassen. Damit ging er noch nicht im engeren Sinne von einem Humankapitalkonzept aus. b) Klassik und Neoklassik noch skeptisch Ansätze zu einem solchen Konzept finden sich demgegenüber bei Adam Smith (1723–1790). In seinem Werk „The Wealth of Nations“ heißt es zur Erklärung der Unterschiede in der Lohnhöhe bei verschiedenen Berufen: „Zweitens: Der Arbeitslohn ändert sich mit der Leichtigkeit und den geringen Kosten oder der Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Erlernung des Geschäfts. Wird eine kostspielige Maschine aufgestellt, so muß man erwarten, dass die außerordentliche Arbeitsleistung, die sie erbringt, bis sie abgenützt ist, das auf sie verwendete Kapital mit zumindest dem gewöhnlichen Gewinn ersetzt. Ein Mann, der mit großem Arbeits- und Zeitaufwand für eine jener Beschäftigungen ausgebildet wurde, die eine außerordentliche Geschicklichkeit und Übung erfordern, läßt sich mit einer dieser kostspieligen Maschinen vergleichen. Die Arbeit, die er zu tun lernt, wird ihm, so wird erwartet, über den üblichen Lohn ungelernter Arbeit hinaus die gesamten Ausgaben für seine Ausbildung mit zumindest dem gewöhnlichen Gewinn eines gleichwertigen Kapitals ersetzen. Sie muß das außerdem in annehmbarer Zeit tun, wobei die sehr ungewisse Dauer des menschlichen Lebens ebenso zu berücksichtigen ist wie die gewissere Lebensdauer der Maschine. ________________________ 48 J. von Thünen, Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie, Theil 2, 3. Aufl. 1875, 145 f. Von Thünen (1783–1850) ist der Begründer der Location Theory und der marginalen Verteilungstheorie.
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Der Unterschied zwischen dem Lohn für gelernte und ungelernte Arbeit beruht auf diesem Grundgedanken.“49 Eine zweite Fundstelle betont noch deutlicher die Kapitalnatur der durch Ausbildung erlangten Fähigkeiten: „Der zweite der drei Teile, in denen sich der allgemeine Vorrat der Gesellschaft gliedert, ist das Fixkapital, das sich dadurch auszeichnet, dass es ein Einkommen oder einen Gewinn abwirft, ohne seinen Besitzer zu wechseln. Es besteht hauptsächlich aus den folgenden vier Arten von Dingen: … viertens aus den erworbenen und nützlichen Fähigkeiten aller Einwohner oder Gliedern der Gesellschaft. Die Erwerbung solcher Fähigkeiten ist in Form des Unterhalts des sie Erwerbenden während seiner Ausbildungs- Studien oder Lehrzeit immer mit realen Ausgaben verbunden, die ein gewissermaßen in dessen Person realisiertes Fixkapital darstellen. Diese Fähigkeiten sind ein Teil seines Vermögens und damit zugleich ein Teil des Vermögens der Gesellschaft, der er angehört. Die erhöhte Fertigkeit eines Handwerkers lässt sich einer Maschine oder einem Arbeitsgerät vergleichen, das die Arbeit erleichtert und verkürzt, aber auch gewisse Aufwendungen erfordert, die es aber mit Gewinn wieder einbringt.“50 Allerdings sind die Stellen im Kontext der Erklärung von Lohnunterschieden bzw. von verschiedenen Vermögensbestandteilen zu sehen. Eine geschlossene Humankapitaltheorie enthält das Werk nicht. Einen weiteren Fortschritt machte das Humankapitalkonzept mit der Arbeit von John Stuart Mill (1806–1873). Dieser forderte explizit ein, zwischen den Menschen und seinen Fähigkeiten zu trennen. Der Mensch als solcher sei kein Vermögen (Wealth), sondern der Zweck, für den das Vermögen existiert. Die erworbenen Fähigkeiten, die nur ein Mittel sind, könnten hingegen als Vermögen angesehen werden.51 Der Begründer der Neoklassik, Alfred Marshall (1842–1924), nahm die Differenzierung von Mill auf.52 Er äußerte einerseits Bedenken gegen eine ________________________
49 A. Smith, Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Düsseldorf 1999, 172 (Wealth of Nations, 1. Aufl. 1776, Book I Ch. 10, 154). 50 A. Smith, Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Düsseldorf 1999, 318 (Wealth of Nations, 1. Aufl. 1776, Book II Ch. 1, 417). 51 J. S. Mill, Principles of Political Economy with Some of Their Application to Social Philosophy, Buch I, Kapitel III, Abschnitt 3, Fn. 3, abgedruckt etwa in J. S. Mill, Collected Works, Band II, Toronto 1965, 48; vgl. dazu B. Kiker, JPolE 74:5 (1966), 481, 486. 52 Zur Humankapitaltheorie bei A. Marshall s. B. Kiker, JPolE 74:5 (1966), 481, 486; R. Blandy, JPolE 75:6 (1967), 874 f.; B. Kiker, JPolE 76:5 (1968), 1088 ff.
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geldmäßige Bewertung des Menschen. Andererseits betonte er die Bedeutung von Humankapitalinvestitionen und insbesondere die Rolle der Familie.53 Zugleich erkannte er die besondere Bedeutung nicht-monetärer Erwägungen für Humankapitalinvestitionen, die sich aus der Doppelnatur der Arbeitenden als Produktionsfaktoren und Konsumenten ihres Arbeitsumfeldes begründet. Er zeigte sich aber bisweilen auch skeptisch gegenüber der Humankapitalidee. So wies er auf die Unveräußerlichkeit des Menschen hin, weshalb er die Gleichsetzung von Human- und Sachkapital ablehnte. Außerdem hielt er es bei der Ermittlung des realen, um die Erwerbsaufwendungen verminderten Einkommens nicht für geboten, die Aufwendungen für Ausbildung zu berücksichtigen.54 c) Durchbruch nach dem Zweiten Weltkrieg Erst die Verbesserung der Möglichkeiten quantitativer Datenverarbeitung nach dem Zweiten Weltkrieg brachte das Humankapitalkonzept in seiner heutigen Fassung hervor. Zum einen wuchs das Interesse an den Grundlagen von Wirtschaftswachstum und wirtschaftlicher Entwicklung. Die nunmehr möglichen umfangreichen Datenanalysen zeigten, dass gesamtwirtschaftliche Produktion schneller wuchs, als es die eingesetzten konventionellen Produktionsfaktoren und der technische Wandel erwarten ließen. In dieser Situation wies u. a. Theodore W. Schultz (1902–1998)55 nach, dass sich ein Großteil dieses unerklärten Wachstums durch bisher nicht berücksichtigte Verbesserungen der eingesetzten Produktionsfaktoren erklären ließ. Der Hauptfaktor war dabei der wachsende Einsatz von Humankapital. Zum anderen wurden auch die Verteilung des individuellen Einkommens und die ihr zugrunde liegenden Ursachen untersucht. Eine der Hauptursachen für Unterschiede im Einkommen waren unterschiedliche Ausbildungsniveaus. d) „Human Capital“ von Gary Becker als Standardwerk Endgültig bahnbrechend war das Werk „Human Capital“ von Gary S. Becker.56 Er lieferte die erforderliche technisch-analytische Formulierung des Konzepts und stellte zahlreiche Hypothesen auf, die in der nachfolgenden Zeit der Forschung57 den Weg gewiesen haben. Danach maximieren In________________________ 53 A. Marshall, Principles of Economics, 8. Aufl. 1920, 561 ff. 54 A. Marshall, Principles of Economics, 8. Aufl. 1920, 552. 55 AER 51 (1961), 1 ff. Schultz erhielt im Jahre 1979 gemeinsam mit Arthur Lewis den Nobelpreis für Ökonomik für seine Pionierarbeiten zur Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. 56 G. Becker, Human Capital (erste Auflage 1964). Becker erhielt unter anderem für diese Arbeiten im Jahre 1992 den Nobelpreis für Volkswirtschaftslehre. 57 Diese legt meist eine Formulierung der Humankapitaleinkommensfunktion von J. Mincer, Schooling, experience and earnings, 1974 zugrunde.
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dividuen ihren Nutzen, indem sie so lange in Humankapital investieren, wie der Grenzerlös (Erlös, den eine zusätzliche, minimal kleine Einheit generiert) die Grenzkosten (Kosten eben dieser kleinen Einheit, die hier den Opportunitätskosten einer anderweitigen Geldanlage entsprechen) übersteigt. Dazu zog er den internen Zinsfuß heran. Dabei handelt es sich um ein Maß dafür, wie lukrativ eine Investition ist. Je höher der Zinsfuß, desto rentabler die Investition.58 Daraus ergibt sich die empirisch überprüfbare Hypothese, dass – zumindest im Falle funktionierender Kreditmärkte – sich die Grenzerlöse der verschiedenen Investitionsmöglichkeiten (Humankapital und beispielsweise Bundesanleihen) angleichen. Zudem geht die bereits erwähnte59 Unterscheidung zwischen firmenspezifischem und generellem Humankapital auf Becker zurück.
2. Signalling-Theorie als Alternative? Auch wenn die vorliegende Arbeit weitgehend das Humankapitalkonzept zugrunde legt, so soll doch nicht verschwiegen werden, dass die Theorie im ökonomischen Diskurs nicht frei von Konkurrenz ist. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde als Alternative die Signalling-Theorie vorgeschlagen, die an späterer Stelle die Analyseinstrumente zur Begründung der Nichtabzugsfähigkeit von gekauften Doktortiteln liefern wird.60 Anders als die Humankapitaltheorie, die Ausbildung grundsätzlich für individuell und gesamtgesellschaftlich wünschenswert erachtet, sieht die Signalling-Theorie diese zwar als individuell rational, gesamtgesellschaftlich aber als Verschwendung. Sie wird im Folgenden dargestellt ebenso wie die Versuche, die Richtigkeit der einen oder der anderen Theorie empirisch zu erhärten.61 ________________________ 58 Genau ist der interne Zinsfuß definiert als der Zinssatz, mit dem man die zukünftigen Erträge diskontieren muss, damit sie in der Höhe genau dem Gegenwartswert der Investitionskosten entsprechen Zur Verdeutlichung dieses Konzepts ein einfaches Beispiel: Wer heute 100 investiert und nach einem Jahr 110 erhält, hat einen internen Zinsfuß von 10 Prozent. 59 Kap. 1 I 1 (S. 17). 60 Kap. 10 I 3 a) (S. 411 f). 61 Außer Betracht gelassen wird hingegen die zeitweilig vertretene „Segmented labour market hypothesis“. Danach (vgl. Doeringer/Piore, Internal Labor Markets and Manpower Analysis, 1971; D. Gordon, Theories of Poverty and Unemployment, 1972 und die Literaturübersichten bei G. Cain, JEL 14 (1976), 1215 ff. und Taubman/Wachter, Segmented Labor Markets, in Ashenfelter/Layard (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 2, 1986, Kap. 21, 1183 ff.) sollten sich Investitionen in Ausbildung nur für das „primary segment“, also diejenigen mit guten Jobs, lohnen, nicht aber für das „secondary segment“, also diejenigen mit schlechteren Jobs. Sie hat sich freilich empirisch nicht erhärten lassen und spielt derzeit keine bedeutende Rolle mehr im ökonomischen Diskurs.
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a) Signalling-Theorie: Ausbildung ist gesamtgesellschaftlich sinnlos Die Signalling-Theorie geht auf einen sehr einflussreichen Aufsatz62 von Michael Spence aus dem Jahre 1973 zurück, der damit einen wichtigen Beitrag zur Informationsrevolution in der Ökonomik leistete. Herrschendes Paradigma bis zu dieser Zeit war die Annahme vollständiger Information der handelnden Akteure.63 Dementsprechend sollten die Verbraucher die Qualität der ihnen angebotenen Produkte und alle Preise der verschiedenen Anbieter kennen. Dasselbe sollte auf dem Arbeitsmarkt gelten, wo die Arbeitgeber – die nach der ökonomischen Theorie als Nachfrager der von den Arbeitnehmern angebotenen Arbeitskraft auftreten – die Qualität der Arbeitskraft genau beurteilen können sollten. Dann jedoch setzte, angestoßen durch eine Reihe bahnbrechender Aufsätze,64 eine ganz neue Forschungsrichtung ein: die Ökonomik der asymmetrischen Information, die insbesondere in den 70er und 80er Jahren den ökonomischen Diskurs nachhaltig prägte. Maßgeblich ist bei diesem Ansatz, dass nur eine der Parteien volle Informationen über die sie betreffenden Faktoren hat; die andere hingegen besitzt die Informationen nicht und passt ihr Verhalten, gerade weil sie sich ihrer Unkenntnis bewusst ist, entsprechend an. Insbesondere benutzt die unwissende Partei statistische Mittel, um eine möglichst zutreffende Einschätzung der Situation zu gewinnen. Spence setzte an der Annahme bezüglich der Arbeitsmärkte an. Dazu konstruierte er folgendes Modell: Unterschiedliche Arbeitnehmer haben eine individuell verschiedene, auch durch Ausbildung nicht veränderbare65 Produktivität. Diese ist eine geheime, nur dem Arbeitnehmer selbst bekannte Information. Der Arbeitgeber entlohnt grundsätzlich nach der Produktivität. Er kann aber annahmegemäß die einzelnen Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Produktivität nicht unterscheiden. Er kennt nur die statistische Verteilung ________________________ 62 M. Spence, QJE 87 (August 1973), 205 ff. Ähnliche Ansätze finden sich bei K. Arrow, JPubE 2 (1973), 193 ff.; J. Stiglitz, AER 65 (1975), 283 ff. 63 Vgl. dazu und zu dem im Folgenden dargelegten Paradigmenwechsel insbesondere J. Stiglitz, AER 92 (2002), 460 ff. 64 G. Akerlof, QJE 84 (1970), 488; J. Mirrlees, The theory of moral hazard and unobservable behaviour – Part 1, Nuffield College Oxford, mimeo (!), 1975; ders. Notes on welfare economics, information and uncertainty, in Balch/McFadden/Wu, Essays in Economic Behaviour under Uncertainty,1974; Rothschild/Stiglitz, QJE 90 (1976), 629 ff.; M. Spence, QJE 87 (August 1973), 205 ff. Einen guten Überblick bieten hierzu die anlässlich der Verleihung der Nobelpreise an George A. Akerlof, Michael Spence und Joseph E. Stiglitz von diesen gehaltenen Festvorträge: G. Akerlof, AER 92 (2002), 411 ff.; M. Spence AER 92 (2002), 434 ff.; J. Stiglitz, AER 92 (2002), 460 ff. 65 Dies ist eine vereinfachende Annahme. Auch wenn eine Produktivitätserhöhung durch die Ausbildung zugelassen wird, zugleich aber die im Folgenden dargestellte Informationsasymmetrie besteht, treten die beschriebenen Effekte auf.
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der Produktivität in der Gesamtgesellschaft. Daher kann er sich bei der Entlohnung grundsätzlich allein am statistischen Durchschnitt orientieren, auch wenn er weiß, dass er unter seinen Angestellten produktivere und unproduktivere beschäftigt.66 Spence nahm weiter an, dass der Arbeitgeber bestimmte Indikatoren wahrnehmen kann, die zusätzliche statistische Schlüsse auf die Produktivität des individuellen Arbeitnehmers zulassen. So kann er zum Beispiel Alter, Berufserfahrung, Ausbildung und andere persönliche Merkmale jedes einzelnen Bewerbers zuverlässig in Erfahrung bringen. Einige dieser Merkmale sind für den Arbeitnehmer unveränderlich, wie etwa das Alter. Andere, wie seine Ausbildung, kann er hingegen, unter Inkaufnahme bestimmter Kosten, beeinflussen. Die überdurchschnittlich produktiven Arbeitnehmer setzen bestimmte dieser beeinflussbaren Merkmale (Signale) ein, um dem Arbeitgeber statistische Schlüsse auf ihre Produktivität zu ermöglichen. Diese Arbeitnehmer sind mit einer nur durchschnittlichen Entlohnung nicht zufrieden, weil sie wissen, dass sie mehr leisten als der Durchschnitt. Sie müssen davon aber ihren Arbeitgeber überzeugen, der keinen Grund hat, einer bloßen Behauptung zu glauben. Ihr einzig schlagendes Argument ist die Ausbildung als Signal: Können sie diese wesentlich leichter absolvieren als unproduktive Arbeitnehmer und sind ihre Kosten dafür daher niedriger, so absolvieren sie die Ausbildung, nur um zu zeigen, dass sie dies ohne großen Aufwand schaffen können. Aus der Gesamtperspektive betrachtet ist das sinnlos, da die Ausbildung sich annahmegemäß nicht auf die Produktivität auswirkt und nur Kosten verursacht. Der private Nutzen der Ausbildung, dem Arbeitgeber die eigene hohe Produktivität signalisieren zu können und dadurch eine Erhöhung des Lohns zu erreichen, kann aber die privaten Kosten übersteigen. Dadurch wird die Ausbildung individuell sinnvoll. Warum aber ziehen die unproduktiven Arbeitnehmer nicht nach? Dem steht die Annahme entgegen, dass die Kosten der Ausbildung je nach Arbeitsproduktivität unterschiedlich hoch sind. Denn es kann durchaus sein, dass der zusätzliche Lohn für den unproduktiven Arbeitnehmer trotz gleicher Lohnerhöhung seine höheren Ausbildungskosten nicht übersteigt. Ergebnis des Signals ist letztlich, dass der Arbeitgeber vom Prinzip des Einheitslohns abweicht und stattdessen den produktiveren Arbeitnehmern mehr Lohn zahlt. Das bedeutet zugleich, dass sich der Durchschnitt der Arbeitnehmer, die ohne Ausbildung bleiben und den Durchschnittslohn beziehen, ________________________ 66 Die Unkenntnis des Arbeitgebers kann sogar noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses fortdauern, wenn der Arbeitgeber die Produktivität nicht vollständig überwachen kann.
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verschlechtert. Dann aber muss der Arbeitgeber auch deren Entlohnung anpassen und zwar nach unten. Die Möglichkeit eines Signalling führt also dazu, dass die produktiveren Individuen mehr, die weniger produktiven Individuen aber weniger Lohn erhalten. Insgesamt bleibt die Lohnsumme unverändert.67 Nach Abzug der Ausbildungskosten bleibt den Arbeitnehmern insgesamt weniger Geld. Signalling kann also zu einer Ressourcenverschwendung führen. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die negative68 Beziehung zwischen der Produktivität und den Kosten des Signals von entscheidender Bedeutung ist. Denn wenn eine positive Korrelation gegeben wäre, würden die produktiveren Individuen das Signal nicht nutzen können. Die unproduktiven Arbeitnehmer haben demgegenüber keinen Anreiz, sich als solche zu erkennen zu geben. b) Überprüfung anhand empirischer Arbeiten Damit stehen sich zwei Sichtweisen gegenüber. Die Humankapitaltheorie betont die investitionsbedingte Produktivitätssteigerung. Das SignallingModell hingegen geht von einer unveränderten Produktivität aus. Es sieht die Bedeutung der Ausbildung vor allem in der dadurch geschaffenen Möglichkeit, Individuen nach ihren Fähigkeiten einzugruppieren. Die Frage, welche der Sichtweisen zutrifft, ist Gegenstand zahlreicher empirischer Forschungsarbeiten.69 Ohne deren genaue Details nachzeichnen zu können, lassen sich folgende Ergebnisse festhalten:70 aa) Deutliche Anzeichen für Humankapitaltheorie Es fällt schwer, anhand empirischer Ergebnisse eine Entscheidung zugunsten der Humankapitaltheorie oder der Signalling-Theorie zu treffen. Das veranschaulichen die folgenden Tatsachen:71 Man kann für die USA zeigen, dass der durchschnittliche Ertrag pro Jahr einer College-Ausbildung für Studienabbrecher wesentlich niedriger ist als für Studienabsolventen. Da das Wissen, das man im Laufe der Zeit im College erwirbt, in etwa proportional zu der Zeit sein dürfte, die man dort verbracht hat, liegt es nahe, im Ab________________________ 67 Wenn alle Arbeitnehmer auch weiterhin tätig bleiben. 68 Also eine umgekehrt proportionale. 69 Vgl. etwa K. Bedard, JPolE 109 (2001), 749 ff.; Groot/Oosterbeek, Review of Economics and Statistics, 76 (1994), 317 ff.; Hanushek/Kimko, AER 90 (2000), 1184 ff.; Jaeger/Page, Review of Economics and Statistics 78 (1996), 733 ff.; A. Weiss, JEP 9:4 (1995), 133 ff. sowie die Beiträge in den Heften JEP 10:4 (1996) und Review of Economics and Statistics 78:4 (1996). 70 Die nachfolgende Darstellung ist angelehnt an Ehrenberg/Smith, Modern Labor Economics, 8. Aufl., 2003, 294 ff. 71 Ehrenberg/Smith, Modern Labor Economics, 8. Aufl., 2003, 295 f.
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schlusszeugnis ein Signal zu sehen („Sheepskin Effect“). Dies würde für die Signalling-Theorie sprechen.72 Jedoch erwidern die Anhänger der Humankapitalthese, dass Studienabbrecher in der Regel schlechtere Studenten sind und mithin davon ausgegangen werden kann, dass der durchschnittliche Absolvent auch pro Zeiteinheit mehr lernt als der Abbrecher. Umgekehrt könnte man in der Tatsache, dass die Einkommensunterschiede zwischen Collegeund High-School-Absolventen mit zunehmender Lebenszeit wachsen, ein Gegenargument gegen die Signalling-These sehen. Denn es erscheint zwar plausibel, am Anfang des Berufslebens einem solchen Signal Bedeutung beizumessen, die Bedeutung eines solchen Signals sollte jedoch mit der Zeit zurückgehen. Dagegen lässt sich wiederum vorbringen, dass die Überwachung der Produktivität in steigender Position immer schwieriger wird und daher das Signal immer mehr Bedeutung bekommt. Indes deuten einige neuere Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Humankapitalthese der Vorrang gebührt.73 Studien ergeben, dass die individuellen Fähigkeiten der Lernenden für die Höhe der Erträge von Humankapitalinvestitionen im Ergebnis ohne Einfluss sind.74 Illustrieren lässt sich dies an einem Beitrag, der die amerikanischen Regelungen zur Schulpflicht als Gegenstand eines natürlichen Experiments ansieht:75 Der Beginn der Schulpflicht bestimmt sich dort nach dem Kalenderjahr der Geburt. Für früh im Jahr geborene Kinder und für spät im Jahr geborene Kinder gibt es einen einheitlichen festen Einschulungstermin, zu dem erstere älter sind als letztere. Das Ende der Schulpflicht hingegen bestimmt sich auf den Tag genau durch das Erreichen eines bestimmten Alters. Damit haben Schüler, die bei Ende der Schulpflicht die Schule alsbald verlassen, desto weniger Schulbildung, je früher sie im Jahr geboren sind.76 Nimmt man nun, wie es vernünftig erscheint, an, dass die individuellen Fähigkeiten unabhängig vom Geburtszeitpunkt sind, dass also Märzkinder nicht schlauer sind als Oktoberkinder, so sind die Unterschiede der Ausbildungslänge kein Signal für die individuellen Fähigkeiten. Trotzdem zeigt sich, dass die spät im Jahr Gebo________________________ 72 So etwa Jaeger/Page, Review of Economics and Statistics 78 (1996), 733 ff. 73 Noch weiter gehend: R. Freeman, The Demand for Education, in Ashenfelter/Layard (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 1, 1986, Kap. 6, 357, 362: „Signalling effects are undoubtedly part of the world, but no empirical study has found them to be a major factor in the demand for education.“ 74 Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1105 m. w. N. 75 Angrist/Krueger, QJE 106 (1991), 979 ff. 76 Ein Extrembeispiel: Ein am 1.1.01 geborenes Kind wird ebenso wie eine am 31.12.01 geborenes Kind im Jahr 06 eingeschult. Es kann die Schule aber schon am 1.1.17 verlassen, während das später geborene Kind bis zum 31.12.17 warten muss. Letzteres hat daher ein Jahr mehr Schulbildung.
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renen höhere Einkünfte haben als die früh im Jahr Geborenen. Dies spricht deutlich für die Humankapitalthese. bb) Ausbildung im Regelfall gesamtgesellschaftlich sinnvoll Der Streit zwischen der Signalling-Sichtweise und dem Humankapitalkonzept ist im Übrigen weniger bedeutsam als es zunächst scheinen mag.77 Denn wenn Individuen aus zusätzlicher Ausbildung wirtschaftlichen Nutzen in Form von höherer Entlohnung ziehen, dann bedeutet dies, dass Arbeitgeber bereit sind, besser Ausgebildeten eine höhere Entlohnung zu zahlen. Das aber setzt in einem funktionierenden marktwirtschaftlichen System voraus, dass die Ausbildungsstätten eine Dienstleistung erbringen, welche die Arbeitgeber selbst nicht billiger hätten leisten können. Daher muss Ausbildung zu einer erhöhten Produktivität der Arbeitnehmer führen oder aber zumindest das preisgünstigste Signal sein. Unter der Annahme, dass sie sich im Extremfalle eines Verbots von Ausbildung ein anderes Signal suchen könnten, stellt sich Ausbildung aus gesellschaftlicher Sicht als sinnvoll dar.78
III. Bedeutung des Humankapitals für den Lernenden und die Gesellschaft als Ganze Nachdem nunmehr das Humankapitalkonzept erläutert und gegen seine Widersacher verteidigt worden ist, kann die Bedeutung des Humankapitals ins Visier genommen werden. Dabei ist zwischen der Perspektive des investierenden Individuums einerseits und der Gesellschaft andererseits zu unterscheiden. Aus der – relativ gut erforschten – individuellen Sicht erscheinen Investitionen in Humankapital finanziell lukrativ, was auch vom Recht für die Abgrenzung der Privat- von der Erwerbsphäre zu beachten ist. Die gesamtgesellschaftliche Perspektive, bei der sich bei der zweiten nach wie vor die Geister scheiden, hingegen ist insbesondere für die Rechtspolitik von zentraler Bedeutung.79
________________________ 77 So zu Recht Ehrenberg/Smith, Modern Labor Economics, 8. Aufl., 2003, 296 f. 78 Ehrenberg/Smith, Modern Labor Economics, 8. Aufl., 2003, 297 und unten Kap. 1 III 2 (S. 37 ff.). Davon geht im Übrigen auch der Gesetzgeber aus, wenn er die missbräuchliche Verwendung akademischer Titel in § 132a StGB unter Strafe stellt. 79 Nach der hier zu Art. 109 Abs. 2 GG vertretenen Auffassung allerdings in beschränktem Maße auch schon für den Rechtsanwender, vgl. Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.).
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1. Humankapitalinvestitionen individuell lukrativ Aus individueller Sicht, darauf deuten viele einschlägige Studien80 hin, lohnen sich Investitionen in Ausbildung. Zwar lässt sich die genaue Verzinsung der Investition nur schwer errechnen.81 Denn hierzu müssen alle anderen Faktoren herausgeschätzt werden, die auf die Höhe der Einkünfte ebenfalls einen signifikanten Einfluss ausüben, wie zum Beispiel das Einkommensniveau und der soziale Status der Eltern. Dass jedoch eine bessere Ausbildung zu höherer Entlohnung führt und diese Mehrentlohnung die ursprünglich aufgewandten Kosten übersteigt, entspricht der weitgehend einhelligen Meinung in der ökonomischen Literatur.82 Dies mögen einige empirische Daten veranschaulichen: Ein durchschnittlicher83 männlicher Akademiker konnte in den Jahren 1999 und 2000 in den USA ein Einkommen erwarten, das um mehr als 100 Prozent über dem nationalen Durchschnittsgehalt der gesamten arbeitenden Bevölkerung lag. In Frankreich und Großbritannien belief sich der entsprechende Wert auf über 50 Prozent, während er in Deutschland zwar geringer ausfiel, aber immerhin noch 20 Prozent überstieg.84 Ähnliche Zahlen, wenn auch mit erheblich geringeren Werten, ergeben sich für Abiturienten, die nicht studiert haben.85 Die Zahlen (vor Steuern) haben sich seit Beginn der 80er Jahre in vielen Ländern, beispielsweise in den USA und in Großbritannien, erheblich erhöht. In Frankreich, Japan und der Bundesrepublik Deutschland ist das (noch) nicht der Fall. In Deutschland sind aber besonders viele gering Qualifizierte arbeitslos,86 was damit zu tun haben dürfte, dass die soziale Sicherheit besonders ausgeprägt ist und de facto dem Zwang, auch einen sehr ________________________ 80 Vgl. etwa D. Card, Handbook of Labor Economics, Band 3A, 1999, Kap. 30, S. 1801 ff.; J. Mincer, Schooling, Earnings, and Experience, 1974; Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1130. 81 Vgl. nur die Zusammenstellung von neueren Studien bei D. Card, Handbook of Labor Economics, Band 3A, 1999, Kap. 30, 1801, 1834 ff. 82 Vgl. nur Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1102 ff. und 1130 f.; D. Card, Handbook of Labor Economics, Band 3A, 1999, Kap. 30, 1801, 1802 und insbes. 1834 ff. je m. w. N. 83 Beachtlich ist aber auch, dass die Heterogenität innerhalb der Gruppe der Akademiker besonders groß ist. So haben etwa Inhaber eines natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Studienabschlusses ein deutlich höheres Durchschnittsgehalt als Absolventen von künstlerischen Studienfächern, Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 44. 84 Vgl. etwa Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 43. Dort auch zu den (nur) etwas geringeren Werten für Frauen. 85 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 44. 86 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 49; W. Franz, Arbeitsmarktökonomik, 5. Aufl. 2003, 352.
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gering entlohnten Arbeitsplatz anzunehmen, entgegenwirkt.87 Weiterhin ist in den OECD-Ländern der Eintritt in den Ruhestand bei längerer Ausbildung erheblich nach hinten verschoben. Zudem steigt insbesondere bei Frauen mit zunehmender Ausbildung die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme am Arbeitsmarkt.88 Eine überschlägige Ermittlung ergibt für Deutschland beispielsweise einen internen Zinsfuß89 für Investitionen in Humankapital von – im internationalen Vergleich niedrigen90 (!) – neun Prozent.91 Er liegt damit, wie in den anderen OECD-Staaten auch, erheblich über dem Realzinssatz oder dem internen Zinsfuß für Sachkapitalinvestitionen. Humankapitalinvestitionen stellen daher aus der Sicht des Einzelnen einen guten Weg zum Vermögensaufbau dar.92
2. Gesamtgesellschaftliche Sichtweise Gerade für eine auf abstrakt-generelle Normen bezogene Arbeit, wie sie eine rechtswissenschaftliche Arbeit geradezu zwangsläufig zu sein hat, ist es mit der Sicht von Individuen noch nicht getan. Vielmehr sind zusätzliche Aspekte zu berücksichtigen:93 Der gesamtgesellschaftliche interne Zinsfuß hat auch Auswirkungen von Humankapitalinvestitionen einzubeziehen, die für das Individuum keine direkte Relevanz besitzen. Darüber hinaus verdienen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht der Zusammenhang zwischen Humankapital und Wachstum sowie Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit Beachtung. a) Humankapitalinvestitionen wohl auch gesamtgesellschaftlich lukrativ Die gesamtgesellschaftliche Sichtweise stimmt nicht vollständig mit der Sicht des Einzelnen überein, der in sein Humankapital investiert. Zwar ist ________________________ 87 Die Zahlen sind für Frankreich vergleichbar, wo insbesondere der Mindestlohn S.M.I.C. eine erhebliche Rolle spielen dürfte. 88 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 50. 89 Vgl. dazu supra Fn. 58 zu Kap. 1 II 1 d) (S. 29 f.). 90 Vgl. auch den Zusammenhang zwischen der Höhe des internen Zinsfußes und dem Anteil eines Jahrgangs, der ein Studium aufnimmt. Der Anteil ist in Deutschland im internationalen Vergleich niedrig, vgl. die Grafik bei Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 62. 91 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 60. Zu weiteren Nachweisen s. D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 103 ff. m. w. N. 92 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 60. 93 Vgl. auch die Diskussion der Rechtfertigung staatlicher Intervention bei D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 120 ff.
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seine Sicht als Investor in einem freiheitlichen Staat für die gesamtgesellschaftliche Sicht von großer Bedeutung. Sie bildet daher den Ausgangspunkt. Zusätzlich sind aber die Aufwendungen für die Bereitstellung von Ausbildungseinrichtungen und Ausbildungsbeihilfen einzuberechnen, die der Staat mittels (verzerrender) Steuern von den Steuerzahlern erheben muss. Ferner würde man, wenn man Signalling-Effekten einen erheblichen Erklärungsgehalt zuschriebe,94 bei der Bestimmung der gesamtgesellschaftlichen Rendite den Ertrag abziehen, der nicht auf eine Produktivitätssteigerung, sondern auf Signalling zurückgeht. Umgekehrt kommt dem Staat die Ausbildung nicht nur über eine verbesserte gesamtgesellschaftliche Produktivität zugute, sondern auch durch nicht-monetäre Verbesserungen, etwa durch eine niedrigere Kriminalitätsrate, bessere Gesundheit, einen verbesserten sozialen Zusammenhalt und informiertere Staatsbürger.95 Die Ermittlung des gesamtgesellschaftlichen internen Zinsfußes96 ist damit noch erheblich schwieriger als die des individuellen Zinsfußes.97 Schätzungen legen aber nahe, dass die Investition in Humankapital aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ein „gutes Geschäft“ ist.98 Geht man beispielsweise davon aus, dass sich die beiden letztgenannten Korrekturen in etwa aufheben,99 kann man den gesamtgesellschaftlichen Zinsfuß etwa von Investitionen in ein Hochschulstudium näherungsweise berechnen. Derartige Werte für die Bundesrepublik Deutschland belaufen sich auf ca. 6,5 Prozent für Männer und 6,9 Prozent für Frauen.100 Das ist im internationalen Vergleich – ebenso wie bei der individuellen Sichtweise – ein niedriger Wert.101 b) Humankapital als „Motor des Wirtschaftswachstums“ Besonders bedeutsam ist, nicht zuletzt wegen der in Art. 109 Abs. 2 GG ausgesprochenen Verpflichtung der Haushaltswirtschaft auf das Gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht,102 der Zusammenhang zwischen Human________________________ 94 95 96 97 98 99
Dazu oben Kap. 1 II 2 (S. 30 ff.). OECD, The Well-Being of Nations, 2001. Zum Begriff s. oben Kap. 1 II 1 d) (S. 29 f.), Fn. 58. Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 64. Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 64. So finden etwa Soto/Cohen, Growth and Human Capital: Good Data, Good Results, CEPR Discussion Paper 3025, www.cepr.org/pubs/new-dps/dplist.asp.dpno=3025, dass die gesamtgesellschaftlichen Erträge der Höhe nach den privaten Erträgen entsprechen. 100 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 64. Dort auch zu den noch höheren Zahlen für Investitionen in Ausbildung in der Sekundarstufe II. 101 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 64. 102 Zu den unterschiedlichen Dimensionen des Gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vgl. unten Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.).
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kapital und Wachstum.103 Dieser hat in der ökonomischen Literatur, die den empirischen Befund zu erklären sucht, dass es über lange Zeiträume hinweg im Durchschnitt zu kontinuierlichem Wachstum der Wirtschaftsleistung pro Kopf gekommen ist, breiten Raum eingenommen.104 Das gilt sowohl für die „erste Generation“, die insbesondere mit der Arbeit von Robert Solow105 begann, als auch für die Veröffentlichungen seit der Renaissance dieses Forschungsgebietes, die mit dem bahnbrechenden Beitrag von Robert Lucas106 aus dem Jahre 1988 eingesetzt hat. Dabei wird Humankapital geradezu als „Motor des Wachstums“ gesehen.107 Wenngleich endgültige Ergebnisse noch nicht ersichtlich sind, lässt sich der Stand der Forschung in groben Zügen wie folgt darstellen: Im Humankapital kann man eine der Erklärungen für das sogenannte „Wirtschaftswunder“ der 50er Jahre in Deutschland und Japan sehen. Sachkapital war in diesen Ländern in massivem Umfang zerstört worden, Humankapital hingegen blieb trotz der Verluste durch Krieg und Unrechtsregime besser erhalten. Die ökonomische Theorie sagt in einer solchen Situation, weil Sachkapital im Verhältnis zu Humankapital relativ knapp ist, ein starkes, hauptsächlich über Investitionen in Sachkapital vermitteltes Wirtschaftswachstum voraus.108 Darin liegt aber nur eine kurz- und mittelfristige Anpassung an das durch den Krieg gestörte langfristige Gleichgewicht. Davon zu unterscheiden ist die im Folgenden untersuchte Frage, ob Humankapital auch langfristiges Wachstum hervorrufen kann. Im Rahmen der endogenen Wachstumstheorie109 bestehen – im Gegensatz zu den ersten Wachstumsmodellen, in denen Humankapital noch nicht gesondert modelliert worden war110 – nunmehr zwei Klassen von theoretischen ________________________ 103 Vgl. Bassanini/Scarpetta, OECD Department Working Papers 282, 2001; Blödal/ Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 42; Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1108 ff. je m. w. N. 104 Vgl. umfassend dazu Aghion/Howitt, Endogenous Growth Theory, 1998. Vgl. i. Ü. die Aussage von F. Machlup, Education and Economic Growth, 1970, 1: „The literature on the subject of education and economic growth is some two hundred years old, but only in the last ten years has the flow of publications taken on the dimensions of a flood.“ 105 QJE 70:1 (1956), 65 ff. 106 JME 22:1 (1988), 3 ff. 107 Seit R. Lucas Jr., JME 22 (1988), 3 ff. 108 R. Topel, Labor Markets and Economic Growth, in Ashenfelter/Card (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 3C, 1999, Kap. 44, 2943, 2949 f. 109 Kerngehalt dieser Modelle ist es, nicht exogen ein Wachstum der Parameter zu postulieren, sondern endogen, also durch das Modell selbst, das Wachstum der Parameter zu erklären. Umfassend dazu Aghion/Howitt, Endogenous Growth Theory, 1998. 110 Vgl. etwa R. Solow, QJE 70:1 (1956), 65 ff.
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Modellen, die Humankapital explizit aufnehmen. In der ersten Klasse111 wird angenommen, der Zuwachs an Humankapital sei für das nachhaltige Wirtschaftswachstum verantwortlich. Motivieren lässt sich diese Sicht damit, dass Humankapital Inputfaktor in der Produktion ist und ein Wachstum des Outputs von einer erhöhten Inputmenge abhänge. Die Modelle der zweiten Klasse lassen die Wachstumsrate demgegenüber vom Bestand von Humankapital abhängen. Als Erklärung dafür wird angeführt, der Bestand an Humankapital bestimme die Rate der Entdeckungen112 oder verbessere die Fähigkeit, neue Technologien zu imitieren und anzuwenden.113 Im empirischen Bereich ist eine Vielzahl von Studien zu vermelden.114 Diese sprechen tendenziell eher für einen Zusammenhang zwischen Humankapitalbestand und Wachstum.115 Wegen zahlreicher technischer Schwierigkeiten116 kann die Diskussion noch nicht als abgeschlossen angesehen werden. Gerade im Bereich der Bildung ist es schwierig, zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden. Wenn man davon ausgeht, dass Bildung eine in bestimmten Grenzen frei wählbare Größe darstellt, dann kann in einer Situation, in der Länder mit hohem Bildungsstand grundsätzlich reicher sind als Länder mit geringem Bildungsstand, entweder die hohe Bildung den Reichtum verursachen oder aber der Reichtum zur hohen Bildung führen. Tatsächlich geht man davon aus, dass Bildung sowohl Ursache als auch Folge wirtschaftlicher Entwicklung ist.117 c) Unterschiede bei Humankapitalinvestitionen werfen Verteilungsfrage auf Auch die Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Gesellschaft verdienen nähere Aufmerksamkeit. Dieser Gesichtspunkt beinhaltet, so stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, zwei Aspekte: zum einen unterscheiden ________________________ 111 Vgl. hierzu insbesondere H. Uzawa, IER 6 (1965), 18 ff. und R. Lucas, JME 22:1 (1988), 3 ff. 112 P. Romer, JPolE 89:5 (1990), 71 ff. 113 Nelson/Phelps, AER 56:2 (1966), 69 ff. 114 Eine Übersicht findet sich etwa bei R. Topel, Labor Markets and Economic Growth, in Ashenfelter/Card (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 3C, 1999, Kap. 44, 2943 ff. 115 R. Topel, Labor Markets and Economic Growth, in Ashenfelter/Card (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 3C, 1999, Kap. 44, 2943, 2945. S. aber auch Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101 ff., wonach diese Ergebnisse auf unzutreffende statistische Methodik zurückzuführen sind. 116 Vgl. hierzu etwa Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1112 ff. 117 So schon Harbinson/Myers, Manpower and Education, 1965: „Education is both the seed and the flower of economic development.“ (zitiert nach Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1131).
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sich die Lernenden, was ihren sozialen Hintergrund angeht, zum anderen legen sie ein zunehmend heterogenes Investitionsverhalten an den Tag. aa) Individuell verschiedene Rendite Die Heterogenität der Lernenden führt zu einer individuell unterschiedlichen Höhe des internen Zinsfußes, der bei Humankapitalinvestitionen insbesondere vom sozialen Hintergrund der Lernenden abhängt. Die Rendite von Investitionen in Bildung ist, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen,118 für Lernende aus unterprivilegierten Familien geringer als für solche aus höheren sozialen Schichten. Umgekehrt gilt aber trotz des generellen Trends zur Erhöhung der Akademikerzahlen insbesondere für die Gruppe der Studenten, dass sie überproportional Akademikerhaushalten und stark unterproportional Unterschichthaushalten entstammen.119 In Deutschland hat die Bildung der Eltern als Einflussfaktor für den Bildungserfolg der Kinder von 1982 bis 1997 sogar noch erheblich an Gewicht gewonnen.120 Die Bedeutung des sozialen Hintergrunds wirft für eine Gesellschaft, die Chancengleichheit für einen Wert hält und die den sozialen Hintergrund für die Verteilung von Lebenschancen in den Hintergrund rückt – was auch dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes als normativer Gehalt entnommen werden kann121 – eine Gerechtigkeitsfrage auf.122 Dies gilt umso mehr, wenn man sich verdeutlicht, dass der Staat Bildung erheblich subventioniert. Der Staat verteilt im Bildungsbereich massiv um, und zwar zugunsten der Akademiker, die generell ein höheres Lebenseinkommen haben werden, und wegen der überproportionalen Bildungsbeteiligung der oberen Schichten damit zugleich im statistischen Mittel zugunsten derer, die wohlhabenderen Familien entstammen. Es ist daher wiederholt vorgeschlagen worden, die privaten Kosten einer Universitätsausbildung, etwa durch Studiengebühren, zu erhöhen und zugleich der Sicherung von Zugangschancen von Angehörigen der unteren Einkommensschichten Studenten einen verbesserten Zugang zu Krediten zu gewähren.123 Diese Überlegungen bewegen sich freilich im Bereich der staatlichen Leistungen; sie übersteigen damit den primär steuerrechtlichen Rahmen dieser Arbeit. ________________________ 118 Vgl. wiederum nur Krueger/Lindahl, JEL 39 (2001), 1101, 1106 f. m. w. N. 119 Vgl. Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 70. Auch für die Sekundarstufe II besteht ein starker Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Stellung der Eltern, vgl. Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 69 f. 120 Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 71. 121 Vgl. dazu genauer Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.). 122 Vgl. auch schon die Ausführungen zu Pierre Bourdieu in der Einleitung I. 123 Vgl. nur Blödal/Field/Girouard, OECD Economic Studies, 34, 2002/I, 76 f.; N. Barr, The Economics of the Welfare State, 3. Aufl. 1998, 351 ff.
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bb) Unterschiedliche Höhe der selbst getragenen Kosten Die Lernenden in der Bundesrepublik unterscheiden sich ferner immer stärker darin, wie hoch ihre persönlichen, also nicht vom Staat getragenen Humankapitalinvestitionen sind. Bisher erwarb die überwältigende Mehrheit der Lernenden die Qualifikation für ihr Berufsleben innerhalb des staatlichen Bildungswesens. Für die Ausbildungsberufe war eine Lehrzeit mit staatlicher und firmeninterner Berufsbildung bei verminderten Bezügen die Regel. Die Akademikerausbildung erfolgte seit Abschaffung der Studiengebühren im Wesentlichen unentgeltlich durch den Staat. Der größte Kostenfaktor für den Lernenden in diesem System waren Opportunitätskosten:124 Wer nicht voll arbeitete, sondern eine Ausbildung absolvierte oder studierte, verdiente während dieser Zeit weniger bzw. nichts. Nunmehr wächst jedoch die Zahl der Lernenden, die sich anders entscheiden: Private Wettbewerber bieten erfolgreich Ausbildungs-, Lehr- oder Studiengänge an,125 und Studienaufenthalte im Ausland gewinnen an Bedeutung.126 In diesen Fällen müssen für ihre Inanspruchnahme zum Teil erhebliche Entgelte an die Anbieter gezahlt werden, etwa in Form von Lehrgangs- oder Studiengebühren. Die Kosten können beträchtlich sein, wie schon der Blick auf die Studiengebühren für ein Undergraduate-Studium an einer renommierten amerikanischen Universität wie Harvard erweist:127 Diese lagen 2003 bei 25.560 US$ pro Jahr, beliefen sich also bei einem vierjährigen Studium auf ca. 100.000 US$. MBA-Studiengänge können noch wesentlich teurer sein.128 Anders als im bisherigen System machen nicht mehr der Lohnverzicht, sondern die tatsächlichen monetären Kosten die Hauptbelastung der Ausbildungsphase aus. Dies bedeutet, dass sich nunmehr zwei Gruppen von Lernenden im Sinne eines Idealtypus gegenüberstehen. Zum einen diejenigen, die staatliche Subventionierung in Anspruch nehmen und sich im staatlichen System ausbilden lassen, und zum anderen diejenigen, die das staatliche Angebot als für ________________________ 124 Vgl. Kap. 1 I 2 a) bb) (S. 19). 125 Als Beleg soll hier nur die Anzahl der nichtstaatlichen Hochschulen angeführt werden, die unter Ausklammerung der theologischen Hochschulen im Zeitraum von 1992 (dem frühesten Datenpunkt der Zeitreihe) bis 1998 auf 60 anstieg, was einer Zunahme von knapp 30 Prozent entspricht. (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten 2001/2002, 139). 126 So hat sich die Anzahl der deutschen Studenten beispielsweise in Großbritannien von 1991 bis 1999 als letztem verfügbaren Zeitraum mehr als verdoppelt auf 10.120. Für die USA stieg die entsprechende Zahl von 7000 auf 9869. (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten 2001/2002, 214). 127 Vgl. die Webseite www.harvard.edu. 128 So kostet ein Executive MBA am französischen INSEAD, einer der führenden europäischen „Business Schools“, 85.000 €, vgl. www.insead.edu/emba.
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sie nicht passend ablehnen und die daher die Kosten der Ausbildung ohne Subvention selbst zu tragen haben. Zugleich wächst die Zahl der Umschulungen. Damit bildet eine einmal erfolgreich absolvierte Ausbildung nicht mehr die Grundlage für das weitere Berufsleben. Die Kosten der Umschulung werden aber nicht immer vom Staat finanziert. Auch insoweit entsteht eine Heterogenität der Individuen.129 Damit können die Individuen ohne Ansehen der Gruppenzugehörigkeit über einen Kamm geschoren werden. Die Unterschiede zwingen vielmehr mit Blick auf das aus dem Gleichheitssatz erwachsende Gebot, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, zu einer unterschiedlichen Behandlung der Individuen je nach Höhe der von ihnen getätigten Investitionen. Das stellt eine Herausforderung an die Steuergesetzgebung dar, der Rechnung zu tragen sein wird.130
IV. Ökonomische Theorie der optimalen Besteuerung von Humankapital Im Folgenden soll, wenngleich es die Fülle der Beiträge ausschließt, mehr als einen ersten Überblick zu geben, der Blick auf die ökonomische Theorie der optimalen Besteuerung von Humankapital wandern. Dazu werden zunächst das Konzept der optimalen Besteuerung (1) und dann mit den ILRAund den OLG-Modellen die zwei in der Forschung gängigsten Modelle (2) vorgestellt. Anschließend wird erklärt, aufgrund welcher Annahmen sich im Rahmen des ILRA-Modells das Ergebnis herleiten lässt, dass (Human-) Kapitalerträge nicht besteuert werden sollten; diese Annahmen werden kritisch gewürdigt (3). Ferner wird dargelegt, dass sich dieses Ergebnis beim OLG-Modell nur unter restriktiveren Annahmen reproduzieren lässt (4). Die Darstellung kann sich in beiden Fällen nicht auf die zahlreichen in den letzten Jahren erschienenen Beiträge beschränken, die Humankapital explizit thematisieren. Vielmehr sind, weil Humankapital eben nur eine von mehreren Kapitalformen ist, auch die Beiträge relevant, die Kapital einheitlich modellieren, ohne auf die Eigenheiten der Unterarten einzugehen. Zuletzt wird aufgezeigt, wie sich aus beschränktem Zugang zu Kreditmärkten bei Humankapitalinvestitionen eine Rechtfertigung für eine umverteilende Besteuerung ergeben kann (5).
________________________ 129 Darauf weist zu Recht B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105, 112 hin. 130 Vgl. genauer zu den Anforderungen des Gleichheitssatzes Kap. 9 I 4 (S. 355 ff.).
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1. Konzept der optimalen Besteuerung Ziel der optimalen Besteuerung ist die Maximierung einer Sozialen Wohlfahrtsfunktion131 unter der Nebenbedingung der Erhebung eines bestimmten exogen bestimmten Aufkommens.132 Das Problem entsteht daraus, dass die Erhebung von Steuern Überschusslasten (Excess Burden)133 generiert, wenn die Steuerschuld an gewillkürtes menschliches Verhalten anknüpft. Denn eine solche Anknüpfung eröffnet Ausweichmöglichkeiten.134 Der Einzelne vermeidet unter Umständen nach Einführung der Steuer das Verhalten, das er ohne ihre Einführung gewählt hatte. Er kann beispielsweise einer Steuer auf Kapitalerträge dadurch entgehen, dass er sofort konsumiert und nicht spart. Einer Konsumsteuer kann er dadurch ausweichen, dass er nicht entgeltlich am Markt verkauft und er-
________________________ 131 Unter einer Sozialen Wohlfahrtsfunktion ist die formale Darstellung der Zusammenfassung der individuellen Wohlfahrtsvorstellungen zu einem (gesamtgesellschaftlichen) Wert zu verstehen. Vgl. zu den damit zusammenhängenden Problemen d’Aspremont/Gevers, Social Welfare Functionals and Interpersonal Comparability, in Arrow/Sen/Suzumura (Hrsg.), Handbook of Social Choice and Welfare, 2002, Kap. 10, 459, 465 ff. 132 Vgl. dazu B. Salanié, The Economics of Taxation, 2003, 59 ff.; N. H. Stern, Stichwort „Optimal Taxation“, in Eatwell/Milgate/Newman, The New Palgrave – A Dictionary of Economics, Band 3, 1987, 734 sowie jüngst W. Schön, StuW 2004, 62, 63 f. Anders J. Lang, in TL, § 1 Rz. 45: „… Optimalsteuertheorie, deren Forschungsgegenstand sich auf die Steuerwirkungen, auf eine wohlfahrtsoptimale Verteilung (Allokation) der Steuerlasten konzentriert.“ Zum einen gehört jedoch die Steuerwirkungslehre zumindest auch zum Bereich der positiven Ökonomik und nicht (nur) zu deren normativen Zweig. Zum anderen finden sich (zumindest in der internationalen, nicht von hiesigen Betriebswirtschaftlern dominierten Forschung) im Bereich der Optimalsteuertheorie Beiträge, die auch der Verteilungsgerechtigkeit verpflichtet sind, vgl. nur den bahnbrechenden Beitrag von J. Mirrlees, RES 38 (1971), 175 ff. Allerdings tritt die Verteilungsgerechtigkeit in den Arbeiten zur Optimalbesteuerung von Human- und Sachkapital derzeit noch häufig in den Hintergrund, so zu Recht B. Jacobs, Public Finance and Human Capital, 2002, 16 f. 133 Zur Erklärung des Begriffes sogleich. 134 Steuern, die keine Ausweichmöglichkeiten eröffnen, werden „lump sum taxes“ genannt. Das drastischste, aber nicht einzige Beispiel ist die für alle gleiche Kopfsteuer. Im Übrigen ist zu beachten, dass Wohlfahrtsverluste nur dann auftreten, wenn nicht durch eine Kombination verschiedener Steuern eine unausweichliche Steuer nachgebildet werden kann. Daher muss insbesondere im Folgenden eine wirklich umfassende Konsumsteuer, die sowohl den Güterkonsum als auch den Freizeitkonsum besteuert, ausgeschlossen sein. Denn ansonsten würden sich die dargestellten Probleme nicht stellen, vgl. nur W. J. Coleman, JPubE 76 (2000), 1, 3.
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wirbt, sondern einfach mehr – nicht erfasste – Freizeit konsumiert.135 Und einer Fenstersteuer136 kann er sich entziehen, indem er auf Fenster verzichtet und sein Haus nur künstlich beleuchtet. Durch die geschilderten Ausweichreaktionen137 geht es ihm schlechter als vor Einführung der Steuer (denn auch vorher hätte er das Verhalten nicht an den Tag legen müssen), wenngleich immer noch besser, als wenn er die Steuer zahlen müsste (denn sonst würde er ja einfach resigniert die Steuer zahlen). Der Staat hingegen nimmt durch die Schlechterstellung keine Steuern ein. Die vermiedene Steuer hat daher zusammen genommen nur negative Wirkungen. Eine vergleichbare nachteilige Wirkung entsteht dann, wenn der Steuerpflichtige sein Verhalten nur teilweise anpasst – wenn er also weniger spart oder weniger Fenster in sein Haus einbaut. Dann entstehen dem Steuerpflichtigen zwei Nachteile: Zum einen muss er einen bestimmten Steuerbetrag zahlen, wodurch sich sein Einkommen verringert (Einkommenseffekt). Zum anderen entsteht ein weiterer Nachteil, der dem im Falle der vollständigen Vermeidung dargelegten entspricht. Er entsteht wiederum daraus, dass der Steuerpflichtige nicht mehr das vor Einführung der Steuer gewählte Verhalten an den Tag legt: Zwar ist es für ihn günstiger, die Steuer teilweise zu vermeiden. Noch besser aber wäre es, wenn er den Steuerbetrag, der sich nach seiner Verhaltensänderung noch ergibt, zahlen und dann ohne die Vermeidung sein ursprünglich gewähltes Verhalten an den Tag legen – also etwa sein Haus mit der „richtigen“ Anzahl Fenster bauen – könnte. Diese weitere negative Konsequenz wird auch als Substitutionseffekt bezeichnet. Summiert man die über den bloßen Einkommensverlust durch Steuerzahlung hinausgehenden, für alle Bürger entstehenden (Nutzen-)Verluste, so erhält man die Überschussbelastung oder auch „Deadweight Loss“.138 Es kann dabei nicht darum gehen, die Überschusslasten ganz auszuschalten. Denn vollständig irrelevant für die Entscheidungen des Individuums (ent________________________ 135 Ökonomisch gesehen ist Freizeit als Konsum zu werten. Eine umfassende Konsumsteuer müsste daher ähnlich wie einer Steuer auf das „full income“ (dazu unten Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 104 f.) auch Freizeit besteuern. Das aber scheitert an Verifikationsproblemen (dazu Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.), vgl. Fn. 134. 136 Die in der Neuzeit in England eingeführte Fenstersteuer wurde erst im Jahre 1851 wieder aufgehoben. S. dazu St. Homburg, Allgemeine Steuerlehre, 2. Aufl. 2000, 42. 137 Aus der Sicht des Staates kann man diese verhaltensändernden Folgen der Steuern auch als (Unterfall der) Gestaltungswirkungen bezeichnen, so etwa D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 71 ff. und 206. 138 Vgl. dazu nur Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 367 ff. Zur empirischen Messung der Excess Burden s. den Literaturüberblick bei J. Hines, JEP 13 (1999), 167 ff.
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scheidungsneutral) sind, was bisweilen verkannt wird,139 nur unausweichliche Steuern. Unausweichliche Steuern, die zugleich auch Verteilungsgerechtigkeit verwirklichen können, stehen aber nicht zur Verfügung. Eine für alle gleiche Kopfsteuer wäre vor dem Hintergrund der eingangs des Abschnitts gegebenen Definition der optimalen Besteuerung hingegen nicht optimal, weil sie das für die für die soziale Wohlfahrtsfunktion bedeutsame gesamtgesellschaftliche Interesse an den Armen außer Acht ließe. Die Besteuerung von Kapitalerträgen kann daher aus ökonomischer Sicht nicht allein mit dem Argument abgelehnt werden, dass dadurch ein Anreiz geschaffen wird, sofort zu konsumieren statt zu sparen, und dass dadurch Wohlfahrtsverluste entstehen. Vielmehr müsste nachgewiesen werden, dass das vorgegebene Steueraufkommen auf anderem Wege mit geringeren Wohlfahrtsverlusten erzielt werden kann.
2. Zwei Modelltypen In der gegenwärtigen Forschung140 werden zwei verschiedene Modelltypen (auch Modellklassen genannt) zur Beantwortung der Frage nach der Optimalbesteuerung von Erträgen aus Kapital im Allgemeinen und Humankapital im Besonderen diskutiert.
________________________ 139 Etwa F. W. Wagner, StuW 1992, 2, 5, der die These aufstellt, „mit der Entfaltung einer Theorie der entscheidungsneutralen Besteuerung ökonomischer Zielgrößen [könne] die vergebliche Suche nach den Inhalten einer spezifisch steuerlichen Leistungsfähigkeit beendet werden“. Selbst wenn man die Fragen der Verteilungsgerechtigkeit außer Betracht lässt – was auch eine Antwort ist – erscheint es jedenfalls wünschenswert, dass die Vertreter der betriebswirtschaftlichen Neutralitätslehre endlich erklären, wie eine Ausrichtung an der Zielgröße des Individuums – nach mikroökonomischer Literatur also Nutzen! – aussehen sollte. 140 Nichttechnische Ausführungen zur optimalen Besteuerung von Kapitalerträgen finden sich namentlich bereits bei Th. Hobbes, Leviathan, Kap. XXX, S. 386 („… equality of imposition consisteth rather in the equality of what which is consumed, than of the riches of the person who consumeth the same. For what reason is there that he which laboureth much and, sparing the fruits of his labour, consumeth little, should be more charged than he that, living idly, getteth little and spendeth all he gets; seeing the one has no more protection from the Commonwealth than the other?“); Fisher/Fisher, Constructive Income Taxation – A Proposal for Reform, 1942; N. Kaldor, An Expenditure Tax, 1955. Zur Besteuerung von Kapitalerträgen vgl. auch H.-W. Sinn, Kapitaleinkommensbesteuerung, 1985; zur Besteuerung von Humankapital F. Wöhlbier, Humankapital und Beschäftigung, 2002. Ein guter Überblick findet sich insbes. bei Auerbach/Hines, Taxation and economic efficiency, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 1347, 1403 ff.; und bei B. Salanié, The Economics of Taxation, 2003, 121 ff.
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Der erste Modelltyp141 – die Infinitively lived representative agent (ILRA)Modelle142 – interessiert sich primär für das Verhalten eines durchschnittlichen Individuums über sehr lange Zeiträume hinweg. Er geht davon aus, dass das Individuum auch die Folgen für seine Nachfahren in seine Erwägungen mit einbezieht. Daher ist der Modelltyp nicht auf die physische Lebenszeit eines Individuums beschränkt, sondern spiegelt dynastische Präferenzen wider.143 Die ILRA-Modelle nehmen dementsprechend vereinfachend ein repräsentatives, unendlich lang lebendes Individuum an. Dieses maximiert über Arbeitsangebots-144 und Konsumentscheidungen – sie determinieren zusammen auch die Ersparnisse145 – seinen erwarteten Nutzen. Weiterhin gibt es Firmen unter vollkommenem Wettbewerb,146 die Arbeit und Kapital nachfragen und Güter anbieten. Der dritte Akteur ist der Staat. Seine Aufgabe ist es, einen vorgegebenen Steuerbetrag unter möglichst geringen Wohlfahrtsverlusten zu erheben. Er kennt die Reaktionen der Individuen und Firmen auf die von ihm gesetzten Steuern und kann diese bei seiner Maximierung berücksichtigen.147 Die zweite Modellklasse bilden die Overlapping-Generations-(OLG)-Modelle.148 Ihnen geht es primär darum, die Heterogenität der Interessen von Individuen verschiedenen Alters darzustellen. In ihnen leben Individuen deshalb für eine sehr begrenzte Anzahl von Perioden (vereinfachungshalber häufig zwei), die Welt besteht jedoch viele Perioden. Zu jedem Zeitpunkt gibt es Junge und Alte, die sich in ihrem Konsumverhalten und ihren Inte________________________ 141 Bahnbrechend hierfür Ch. Chamley, Econometrica 54 (1986), 607 ff.; K. Judd, JPubE 28 (1985), 59 ff. Eine gute, allerdings etwas polemische Zusammenfassung findet sich bei Atkeson/Chari/Kehoe Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review, Vol. 23:3, 3 ff. 142 Auch Representative-Agent-Infinite-Horizon-(RAIH)-Modelle genannt. 143 Vgl. zu den dynastischen Präferenzen etwa R. Barro, JPolE 82 (1974), 1093 ff. 144 Hier besteht eine terminologische Hürde: Der Arbeitnehmer bietet seine Arbeitsleistung an und ist daher Anbieter. 145 Für ein gegebenes (Netto-)Einkommen determiniert die Entscheidung, wie viel davon konsumiert wird, zugleich die Entscheidung, wie viel davon überbleibt und daher die Ersparnisbildung. Die Entscheidung, wie viel Arbeit angeboten wird, determiniert hingegen das Einkommen. Steuern und Vermögenstransfers von Dritten werden als unbeeinflussbar angesehen. 146 Für ein Modell unvollkommenen Wettbewerbs zeigt K. L. Judd, NBER Working Paper w6004, 1997, dass eine Subvention die optimale „Steuer“ auf Kapitalerträge darstellen kann. 147 In spieltheoretischen Konzepten gedacht handelt es sich um ein Zweiphasenspiel, das der Staat mit Rückwärtsinduktion (Backward Induction) löst. 148 M. King, Savings and taxation, LSE Taxation, incentives and the distribution of income series No. 6, The London School of Economics and Political Science, 1980; zu diesem Modelltyp allgemein s. grundlegend M. Allais, Économie et interêt, 1947 und P. Samuelson, JPolE 66 (1958), 467–482.
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ressen unterscheiden. Die Jungen sparen für das Alter und sind demgemäß auch an der nächsten Periode interessiert. Die Alten hingegen wissen, dass sie dann nicht mehr leben werden. Für sie zählt nur noch der Gegenwartskonsum, die Zukunft ist ihnen gleichgültig.149 Firmen und Staat werden wie zuvor modelliert. Sie erscheinen für die Modellierung von Humankapital mit Blick auf dessen Verkörperung150 besonders geeignet. Bevor nun einige Erträge der ökonomischen Forschung zur Optimalsteuertheorie präsentiert werden, ist zuvor noch auf vier Beschränkungen des behandelten Stoffes hinzuweisen: Die Ausführungen befassen sich erstens primär mit den Empfehlungen für den langfristigen Gleichgewichtszustand und weniger mit den Übergangsproblemen, die mit einem Systemwechsel verbunden sind.151 Zweitens sehen die erörterten Modelle keine (ungewollte) Arbeitslosigkeit vor.152 Drittens wird zunächst davon ausgegangen, dass die Individuen Zugang zu einem perfekt funktionierenden Kapitalmarkt haben und in ihrer Möglichkeit, Kredite aufzunehmen, nicht beschränkt sind.153 Schließlich werden viertens die Erkenntnisse der in jüngster Zeit explosionsartig angewachsenen ökonomischen Literatur zum Steuerwettbewerb,154 der eine weitere Verengung der zur Verfügung stehenden Politikinstrumente bedeuten kann,155 ausgeklammert, da in diesem Bereich zumeist Humankapital zumeist noch als immobil behandelt wird.156
________________________ 149 D. h. technisch gesprochen: die Zukunft ist kein Argument ihrer Nutzenfunktion. 150 Kap. 1 I 3 b) (S. 22 f.). 151 Dazu etwa Auerbach/Hines, Taxation and economic efficiency, in Auerbach/ Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 1347, 1414 f. Kritisch zur Erreichbarkeit eines solches langfristigen Gleichgewichts bei verzerrender Besteuerung Ortigueira/Santos, JET 105 (2002), 99 ff. 152 Zu Modellen mit Arbeitslosigkeit vgl. etwa Koskela/Schöb, Journal of Public Economic Theory, 4 (2001), 387 ff. 153 Lässt man die Beschränkung wegfallen, so kann es optimal sein, Kapital zu besteuern, vgl. etwa Ch. Chamley, JPubE 79 (2001), 55 ff. sowie unten Kap. 1 IV 5 (S. 59 ff.). 154 Vgl. dazu die Übersichten bei Gordon/Hines, International Taxation, in Auerbach/ Feldstein, Encyclopedia of Public Economics, Band 4, 2002, Kap. 28, 1935 ff. sowie A. Haufler, Taxation in a Global Economy, 2001. Zum Steuerwettbewerb als Rechtsproblem s. W. Schön, ET 2002, 490 ff.; ders., StuW 2004, 62, 72 ff. 155 Die erhöhte Mobilität der Faktoren vergrößert die Elastizität der Steuerbasen und damit die Excess Burden, so statt vieler A. Haufler, Taxation in a Global Economy, 2001, 2. 156 Vgl. etwa A. Haufler, Taxation in a Global Economy, 2001, 1: „With respect to migration, the increase in mobility is generally less pronounced.“
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3. Ergebnisse der Infinitively-Lived-Representative-AgentModelle a) „Nullsteuerergebnis“ bei der Kapitalbesteuerung Im Rahmen der ILRA-Modelle ist man gegenüber einer Besteuerung von Kapitalerträgen generell sehr skeptisch.157 Im langfristigen Gleichgewicht158 beläuft sich, wenn der Staat Arbeit und Kapital besteuern kann, der optimale Steuersatz auf Kapital auf null. Das mag auf den ersten Blick gerade für den ökonomisch Geschulten kontraintuitiv erscheinen. Denn üblicherweise ist die Überschussbelastung bei Einführung einer Steuer zunächst, also für die erste erhobene Geldeinheit, gleich null. Daher wird üblicherweise angenommen, dass alle Faktoren strikt positiv besteuert werden sollten, wenn keine Externalitäten159 bestehen.160 Diese Intuition ist aber im vorliegenden Modell aus zwei Gründen nicht mehr hilfreich.161 Zum einen ist bei den indirekten Steuern grundsätzlich anerkannt, dass in einem optimalen Steuersystem Inputfaktoren162 freigestellt ________________________
157 Vgl. dazu etwa Atkeson/Chari/Kehoe, Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review 23:3 (1999), 3 ff.; Ch. Chamley, Econometrica 54 (1986), 607 ff.; K. Judd, JPubE 28 (1985), 59 ff., der dieses Ergebnis auch für heterogene Individuen herleitet. S. aber auch I. Correia, JPubE 60 (1996), 147 ff. und Jones/Manuelli/Rossi, JPolE 101 (1993), 485 ff., die für den Fall, dass neben Kapital auch noch andere nicht besteuerbare Produktionsfaktoren bestehen, auch langfristig eine von null verschiedene Besteuerung von Kapital finden; ist der nicht besteuerbare Faktor ein Substitut für Kapital, so folgt eine negative Steuer für Kapital, ist er ein Komplement, so ergibt sich eine positive optimale Steuer. Das Nullsteuerergebnis gilt nur dann fort, wenn strikte Trennbarkeit der Produktionsfaktoren besteht, d. h., wenn sich eine Erhöhung oder eine Senkung des Kapitaleinsatzes nicht auf das Grenzprodukt des nicht besteuerbaren Faktors auswirkt. 158 Dem sog. steady state. Dieser kennzeichnet sich dadurch, dass die modellierten Größen eine konstante Wachstumsrate haben, d. h. die Wachstumsrate ist für alle Perioden gleich. Ein spezieller Fall davon ist, dass die Rate stets null beträgt, so dass sich auch die absoluten Werte in dieser Wirtschaft nicht verändern. Zum Begriff des Steady State vgl. etwa Barro/Sala-i-Martin, Economic Growth, 1995, 19. Zu einem Modell, das geringere Anforderungen als die Existenz eines steady state macht, vgl. K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 12 ff. 159 Externalitäten liegen vor, wenn Aktivitäten andere in positiver oder negativer Weise beeinträchtigen, ohne dass diese Ausgleichszahlungen erhalten bzw. leisten, oder mit anderen Worten, wenn die privaten Kosten bzw. Erträge nicht den sozialen Kosten bzw. Erträgen entsprechen. 160 Vgl. nur Auerbach/Hines, Taxation and economic efficiency, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 1347, 1403. 161 Vgl. K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 3 ff. 162 Unter einem Inputfaktor versteht man diejenigen Faktoren, die in der Produktion eingesetzt werden und den Output generieren. Klassische ökonomische Modelle gehen von drei Inputfaktoren aus: Arbeit, Kapital und Boden.
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werden sollten.163 Kapital ist aber im Mehrperiodenmodell Inputfaktor. Zum anderen führt die Besteuerung von Kapitaleinkünften grundsätzlich – anders als eine Konsumbesteuerung – dazu, dass der Steueranteil mit wachsender zeitlicher Distanz kaskadenartig zunimmt.164 Oder mit anderen Worten: Die Verzerrung verschärft sich über die Zeit. Die Entscheidung, in 20 Jahren und nicht heute zu konsumieren, wird durch eine Besteuerung von Kapitalerträgen weitaus stärker verzerrt als die Entscheidung, in einem Jahr und nicht heute zu konsumieren. Die Auswirkungen auf die Entwicklung des Konsums über die Zeit werden daher immer größer. Der Steuerpflichtige konsumiert in späteren Perioden weniger als ohne die Steuer, wobei die Reduktion desto größer ist, je weiter die Periode in der Zukunft liegt. Dieser Effekt geht über die bloße Entziehung von Einkommen durch die Steuer, die auch zu einer Reduktion des Konsums führt, hinaus. Vielmehr verlagert der Einzelne zusätzlich Konsum zeitlich nach vorne.165 Letztlich werden die Verzerrungen, wenn die Kapitaleinkünfte in allen Perioden besteuert werden, bei einer unendlichen Laufzeit ihrerseits unendlich groß. Die Überschussbelastung ist daher unendlich. Zur Minimierung der Gesamtverzerrungen muss deshalb die Besteuerung von Kapitalerträgen im langfristigen Gleichgewicht vermieden werden. Dieses Resultat der langfristigen Nichtbesteuerung von Kapital wird nachfolgend als „Nullsteuerergebnis“ bezeichnet. Das Nullsteuerergebnis ist, das sei hier am Rande bemerkt, nicht zwingend auf die Identität der Individuen angewiesen. Selbst wenn es Arme und Reiche gibt, kann es im Interesse der über keinerlei Kapital verfügenden Armen liegen, die Besteuerung von Kapital zu vermeiden.166 ________________________ 163 Das ist das berühmte Resultat von Diamond/Mirrlees, AER 61 (1971), 8 ff. und 261 ff. 164 Das möge das folgende einfache Beispiel ersichtlich machen. Angenommen der Vorsteuerzinssatz sei 10 Prozent, die Steuer betrage 50 Prozent. Wird die Steuer am Schluss fällig, so wären aus 1.000 Euro vor Steuern nach 10 Jahren 2.594 Euro, nach 20 Jahren 6.727 Euro geworden, so dass dem Steuerpflichtigen nach Zahlung der Steuer 1.797 bzw. 3.864 Euro verblieben. Mit einer jährlichen Steuer hingegen ergeben sich nur 1.629 bzw. 2.653 Euro. Die aufgeschobene Besteuerung kann insbesondere durch eine Konsumsteuer erreicht werden. Man sollte in Anbetracht dieser Zahlen – ganz unabhängig davon, welche Ansicht man in Bezug auf die Meriten einer Konsumbesteuerung vertritt – nicht unbedingt davon sprechen, dass die Auswahl des Leistungsfähigkeitsindikators eigentlich nur den Zeitpunkt der Besteuerung beeinflusse (so aber J. Lang, in TL, § 4 Rz. 97). 165 Damit soll nicht gesagt werden, dass der Konsum in den früheren Perioden höher wäre, als er das ohne die Steuer wäre (insoweit besteht theoretisch keine Eindeutigkeit). 166 Vgl. Ch. Chamley, Econometrica 54 (1986), 607, 619. S. neuerdings aber auch den Beitrag von Domeij/Heathcote, IER 45 (2004), 523 ff., die im Rahmen eines ILRAModells die Wohlfahrtsimplikationen einer Verringerung der Kapitaleinkommensbe-
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Aus dem Nullsteuerergebnis folgt freilich nicht, dass Kapitalerträge zu keinem Zeitpunkt besteuert werden dürften. Vielmehr ist eine Übergangsphase hoher Kapitalertragsbesteuerung durchaus möglich. So findet sich etwa bei Christophe Chamley ein Beispiel für eine bestimmte Nutzenfunktion, bei der die optimale Einkommensteuersatz auf Kapitalerträge in den ersten Perioden 100 Prozent beträgt und erst später auf null abfällt. Erklären lässt sich dies damit, dass aus ökonomischer Sicht die Kapitalertragsbesteuerung nicht nur – verzerrend – Kapitalakkumulation besteuert, sondern auch – nicht verzerrend – teilweise die Funktion einer unausweichlichen Besteuerung des am Anfang gegebenen Kapitals übernimmt.167 Gerade in dieser unausweichlichen Besteuerung des Anfangskapitals, die im Übrigen auch in anderer Form, etwa mittels einer Konsumbesteuerung, erfolgen kann, liegt der Schlüssel für erhebliche Wohlfahrtsgewinne.168 b) Erweiterung der ILRA-Modelle um Humankapital In der Literatur finden sich Arbeiten, die sich nicht nur mit (Sach-)Kapital beschäftigen, sondern Humankapital explizit als zweite Form des Kapitals aufnehmen.169 Für Humankapital ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer für zwei Faktoren gleichzeitig entlohnt wird. Er erhält sein Gehalt für die Kombination von Arbeitseinsatz und Humankapital. Außerdem ist Humankapital, wie bereits oben dargestellt,170 mit der Privatsphäre verbunden. Daher sind die Ergebnisse für die Besteuerung von Humankapital nicht mehr so eindeutig wie für Sachkapital. aa) Wachstumsauswirkungen je nach privater Nutzbarkeit von Humankapital Gian Maria Milesi-Ferretti und Nouriel Roubini untersuchen die Wachstumsauswirkungen von verschiedenen Steuern.171 Sie legen zwei Unterscheidungen zugrunde, wobei sich – weil in der Realität jeweils beide Alternativen vorkommen – in beiden Fällen die Frage nach dem Schwerpunkt stellt. Erstens ist danach zu unterscheiden, ob Humankapital mittels Leis________________________
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steuerung simulieren, bei der die Steuersätze nach der einmaligen Änderung über die Zeit konstant bleiben. Sie finden einen signifikanten Wohlfahrtsverlust wegen der Verteilungswirkungen des Übergangs. Ch. Chamley, Econometrica 54 (1986), 607, 617. W. J. Coleman, JPubE 76 (2000), 1 ff. Vgl. insbesondere Atkeson/Chari/Kehoe, Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review 23:3 (1999), 3 ff.; Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93 ff.; K. Judd, JPubE 71 (1999), 1 ff.; ders., AER 88:2 (1998), Papers and Proceedings, 289 ff.; Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 70 (1998), 237 ff. Kap. 1 I 3 c) (S. 23 f.). JPubE 80 (1998), 237 ff.
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tungsaustausches am Markt produziert und daher die Entgelte für die Inputfaktoren bei seiner Produktion mit Steuern belegt werden oder nicht.172 Zweitens ist danach zu differenzieren, ob Humankapital neben den erhöhten Einkünften auch zum verbesserten Genuss der Freizeit eingesetzt werden kann.173 Das ist von Interesse, weil der Mensch nicht von seinem Humankapital trennbar ist und das Humankapital den Menschen daher auch außerhalb seiner Arbeitszeit begleitet. Trägt das Humankapital nun nicht zum Genuss der Freizeit bei, so liegt es währenddessen brach. Für Humankapital, das in der Freizeit keine Bedeutung hat (Dominanz experimenteller Teilchenphysiker), senkt die Besteuerung von Arbeitseinkommen und damit mittelbar auch von Humankapitalerträgen das Wirtschaftswachstum. Eine korrigierende Subvention von Humankapital174 erhöht hingegen das Wachstum. Dem liegt als Wirkungsmechanismus zugrunde, dass erstens die Nachsteuerrendite einen direkten positiven Einfluss auf die Wachstumsrate im Gleichgewicht hat und eine Steuer auf Humankapital die Rendite verringert, während eine Subvention sie erhöht. Zweitens beeinflusst die Steuer die Aufteilung zwischen Arbeit und Freizeit, was sich indirekt auf die Wachstumsrate auswirkt. Dabei sind zwei gegenläufige Effekte zu verzeichnen: Zum einen führt die Steuer auf Humankapital dazu, dass das Individuum insgesamt weniger Geld zur Verfügung hat. Es reagiert darauf, indem es von allen normalen Gütern175 weniger konsumiert. Sieht man Freizeit als Gut an, so erschließt sich, dass das Individuum sich weniger Freizeit gönnen und mehr arbeiten wird.176 Zum anderen ist aber der Erlös pro Arbeitsstunde durch die Steuer geringer geworden, so dass die nicht besteuerte Freizeit relativ billiger geworden ist. Das Individuum wird aus diesem Grund tendenziell mehr Freizeit nachfragen.177 Daher kann nicht allgemein ________________________ 172 Vgl. dazu Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 238 f. 173 Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 239 f. Vgl. auch schon oben Kap. 1 III 1 (S. 36 f.) zur Verwobenheit mit der Konsumsphäre. 174 Konkret muss die Subvention die durch die Besteuerung von Arbeitseinkünften aufgetretene mittelbare Besteuerung von Humankapital wieder beseitigen, also insoweit dieselbe Höhe haben. 175 Diese sind gerade so definiert, dass für sie bei steigendem Einkommen die nachgefragte Menge steigt (Beispiel: Ballettkarten). Der Gegensatz sind die sogenannten inferioren Güter, die bei sinkendem Einkommen stärker nachgefragt werden (Beispiel: Dosensuppen). 176 Zum diesem Einkommenseffekt schon Kap. 1 IV 1 (S. 44 ff.). 177 Das ist wiederum der Substitutionseffekt (Kap. 1 IV 1 (S. 44 ff.)): Angenommen man (z. B. der Staat) kompensiert die Einbußen des Individuums durch die Preiserhöhung, indem man eine Transferzahlung in Höhe der Mehrkosten für die vor der Erhöhung gewählte Güterkombination gewährt, so wird das Individuum auf keinen Fall mehr von dem teurer gewordenen Gut nachfragen, typischerweise sogar weniger.
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gesagt werden, ob das Individuum sein Arbeitsangebot erhöhen wird oder nicht.178 Es kann aber bewiesen werden, dass die Wachstumsrate durch eine Besteuerung von Humankapital179 stets verringert wird.180 Kann das Humankapital hingegen auch in der Freizeit nutzensteigernd eingesetzt werden, sei es allein (Germanistinnenfall)181 oder zusammen mit Sachkapital (Eigenheimbau des Maurers),182 führt eine Steuer auf Kapitalerträge oder auf Humankapitalerträge zu einem geringeren Wirtschaftswachstum, wenn beide Faktoren für die Herstellung von Humankapital benötigt werden.183 bb) Nullsteuerergebnis auch für Humankapital Andere Autoren haben die Frage der optimalen Besteuerung von Humankapital nicht nur über die Wachstumsauswirkungen untersucht, sondern direkt aus der Sicht eines angenommenen benevolenten Zentralplaners.184 ________________________ 178 Einkommens- und Substitutionseffekt sind bei der Arbeit gegenläufig, weil ein geringerer Lohn eine Preissenkung für das Gut Freizeit bedeutet mit der Folge einer Zunahme der Freizeitnachfrage qua Substitutionseffekt, während dadurch aber zugleich das Gesamteinkommen sinkt und damit weniger Freizeit nachgefragt wird qua Einkommenseffekt. Welcher der Effekte dominiert, lässt sich aufgrund des theoretischen Modells nicht sagen. Empirische Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich der Einkommenseffekt und der Substitutionseffekt für Männer kompensieren, während für Frauen eine Lohnsteigerung mit einer Zunahme der Arbeitszeit verbunden ist (Dominanz des Substitutionseffekts). Vgl. zum Ganzen nur Blundell/MaCurdy, Labor Supply, in Ashenfelter/Card (Hrsg.), Handbook of Labor Economics, Band 3A, 1999, Kap. 27, 1559 ff. 179 Anders für eine Steuer auf Kapitalerträge, wo dies nicht generell gesagt werden kann. Vgl. aber Devereux/Love, Canadian Journal of Economics 27 (1994), 509 ff. für den Fall der viel gebrauchten Cobb-Douglas-Funktionen, wo sich ein eindeutig negativer Effekt auch für die Kapitalertragsbesteuerung ergibt. 180 Zum Beweis s. Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 249. 181 Es hat sich in der Ökonomik eingebürgert, für die gemeinsame Nutzung von Zeit und Humankapital von „Quality Time“ zu sprechen, vgl. Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 239. 182 Hier spricht man von „Home Production“, vgl. Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 239. 183 Beispiel: Ein Chemiestudium benötigt als Inputs Humankapital in Form von qualifizierten Lehrenden, aber auch Sachkapital in Form von gut ausgestatteten Labors. Hingegen erscheint Milesi-Ferretti/Roubini, JPubE 80 (1998), 237, 248, Proposition 2 zweifelhaft, weil sich r endogen bestimmt und daher doch nach der dortigen Gleichung 12 von ôK abhängt. 184 Atkeson/Chari/Kehoe, Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review 23:3 (1999), 3 ff.; Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93 ff. für den Fall von reiner Freizeit und Humankapitalproduktion, die Kapital, Humankapital und Arbeit benötigt und nicht am Markt stattfindet; K. Judd, JPubE 71 (1999), 1 ff.
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Sie kommen (für bestimmte185 Arbeits-186 und Nutzenfunktionen) zum Ergebnis, dass Humankapital – anders als Arbeitseinkommen generell – langfristig genauso wie Sachkapital nicht besteuert werden sollte.187 Der Grund dafür ist derselbe, der schon bei der Besteuerung von Kapitalerträgen angeführt wurde: In dem Ausmaß, wie sich in Arbeitseinkommen Erträge von Humankapital widerspiegeln, führt eine generelle Besteuerung von Arbeitseinkommen – ganz parallel der Argumentation bei der Besteuerung von Kapitalerträgen – zu einer Verzerrung der Investitionsentscheidung. Der Wohlfahrtsverlust nimmt mit der Zeit zu und wird bei unendlicher Laufzeit des Modells unendlich. Das Nullsteuerergebnis gilt nicht, wenn der Staat den Humankapitaleinsatz der Arbeitnehmer nicht beobachten kann und daher alle Arbeitseinkommen mit dem gleichen Steuersatz belegen muss. Dann kann es durchaus sein, dass die optimale Steuer sowohl auf den Faktor Arbeit als auch auf den Faktor Kapital positiv ist.188 In einer solchen Situation spricht einiges dafür, dass die Steuern auf Kapitalerträge bedeutend niedriger sind als die auf Arbeitseinkommen.189 Ebenso wenig gilt das Ergebnis der Nichtbesteuerung von Humankapital, wenn Humankapital nicht nur ein Inputfaktor der Produktion ist,190 sondern auch unmittelbar dem Konsum dient.191 Dann kann es, je nachdem, wie die Nutzenfunktion genau aussieht, durchaus geboten sein, dass Humankapital gar keine gesonderte Behandlung erfährt, sondern über das Arbeitseinkommen mitbesteuert wird. Es kann für andere Nutzenfunktionen auch optimal sein, Humankapital teilweise von der über das Arbeitseinkommen getragenen Steuer zu entlasten oder umgekehrt noch weiter zu belasten. Das Mittel dazu wäre eine entsprechende Subvention bzw. zusätzliche Abgabe auf Humankapital. c) Probleme des Nullsteuerergebnisses Nimmt man an, dass keine der gerade geschilderten Ausnahmen vorliegt, so wären grundsätzlich (Human-)Kapitalerträge langfristig überhaupt nicht zu besteuern. Eine Besteuerung käme nur in der Übergangszeit in Betracht und ________________________ 185 186 187 188 189
Vgl. etwa das Beispiel bei K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 19 f. Im Sinne einer Kombination aus den Inputs Humankapital und Arbeitszeit. K. Judd, JPubE 71 (1999), 1 ff. Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93 ff. Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93, 114 finden durch numerische Simulation einen im langfristigen Gleichgewicht optimalen Steuersatz von ca. 7 Prozent für Kapitalerträge und von ca. 22 Prozent für Arbeitseinkommen. 190 Vgl. zu einem Beispiel für eine konkrete (isoelastische) Nutzenfunktion K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 20. 191 Eine Diskussion dazu findet sich bei K. Judd, AER 88:2 (1998), Papers and Proceedings, 289, 292.
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allein in Hinblick auf Erträge solcher Faktoren, die zu einer Verzerrung der intertemporalen Entscheidungen führen (im Folgenden: dynamische Faktoren). Dieses „strenge Nullsteuerergebnis“ ist aber keineswegs frei von allen Anfechtungen.192 Erstens ist die Frage, ob die Modellierung der dynastischen Präferenzen überhaupt die Realität zutreffend beschreibt, noch nicht vollständig empirisch geklärt.193 Zweitens würde die für die Übergangszeit bisweilen geforderte vollständige Besteuerung der Erträge dynamischer Faktoren194 auf kaum zu überwindende Hindernisse stoßen. Zumindest in der Bundesrepublik Deutschland bestehen rechtliche Bedenken mit Blick auf die Eigentumsgarantie.195 Es ist in Zeiten intensiven Steuerwettbewerbs im Übrigen ohnehin zweifelhaft, ob eine derart hohe Besteuerung tatsächlich durchsetzbar wäre.196 Darüber hinaus ist drittens nicht gesichert, dass die Annahme eines langfristigen Gleichgewichts der Realität entspricht. Lehnt man sie ab, so gilt das Ergebnis nur für bestimmte Arten der Nutzenfunktion.197 Viertens ist der Vorschlag als solcher nicht zeitkonsistent. Kann der Staat nicht alle zukünftigen Steuern am Anfang für immer und ohne die Möglichkeit einer Änderung festlegen, dann gilt das Nullsteuerergebnis nicht mehr.198 Denn der ursprünglich verlautbarte Zeitverlauf der Steuern wäre in der Folgeperiode nicht mehr optimal – es entstünde ein Anreiz für den Staat, die ________________________
192 Zu weiteren Einwänden s. auch T. Piketty, Theories of persistent inequality and intergenerational mobility, in Atkinson/Bourguignon (Hrsg.), Handbook of Income Distribution, 1999, Kap. 8, 429, 444 f. 193 T. Piketty, Theories of persistent inequality and intergenerational mobility, in Atkinson/Bourguignon (Hrsg.), Handbook of Income Distribution, 1999, Kap. 8, 429, 444. 194 S. dazu oben Kap. 1 IV 3 a) (S. 49 ff.) für Kapitalerträge. 195 Allerdings sollte das Gewicht dieses Einwandes auch nicht überschätzt werden, da man an die Stelle einer 100-prozentigen Besteuerung der Kapitalerträge den höchsten nach dem Verfassungsrecht zulässigen Wert setzen könnte, vgl. etwa Ch. Chamley, Econometrica 54 (1986), 607, 608. Es müsste nur eine Steigerung gegenüber der momentan tatsächlich gegebenen Besteuerung möglich sein. 196 Wenn Faktoren mit dynamischer Verzerrung zugleich besonders räumlich mobil wären, wie dies etwa für Kapital der Fall ist, dann würde der Steuerwettbewerb einer höheren Kapitalbesteuerung entgegenstehen. Vgl. dazu schon die Nachweise in Fn. 154 zu Kap. 1 IV 2 (S. 48). 197 Vgl. dazu K. Lansing, JPubE 73 (1999), 423 ff. einerseits und K. Judd, JPubE 71 (1999), 1 ff. andererseits. 198 Vgl. dazu Benhabib/Rustichini, JET 77 (1997), 231 ff.; Klein/Rios-Rull, IER 44 (2003), 1217 ff.; P. Krusell, European Economic Review, 46 (2002), 755 ff.; Phelan/ Stacchetti, Econometrica, 69 (2001), 1491 ff. Zu einem Modell mit zeitinkonsistenter Besteuerung von Humankapital vgl. Andersson/Konrad, JPubE 87 (2003), 1539 ff.
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vorübergehende Besteuerung von Erträgen dynamischer Faktoren um eine Periode zu verlängern.199 Das würden die handelnden Akteure in ihre Planung einbeziehen. Sie würden davon ausgehen, dass die erhöhte Besteuerung jeweils verlängert würde. Dann würde sich die verzerrende Wirkung gegenüber dem Ausgangsszenario einer auf Dauer angelegten, aber niedrigeren Besteuerung nur verstärken. Zwar wäre es denkbar, eine vollständige Unabänderlichkeit in der Verfassung mit Ewigkeitsgarantie festzuschreiben. Das erscheint aber kaum realistisch: Nicht zuletzt mit Blick auf das Demokratieprinzip wäre eine derart weitgehende Bindung des zukünftigen Gesetzgebers äußerst problematisch. Die Zweifel verschärfen sich, wenn man bedenkt, dass es nach dem ILRAModell optimal sein kann, dass alle Steuern langfristig null sind.200 Das würde zwingend voraussetzen,201 dass der Staat in den fetten Jahren der ersten Perioden einen erheblichen Budgetüberschuss erwirtschaftet, den er in den mageren Jahren zur Generierung von Kapitalerträgen einsetzt. Das aber macht das Modell, das von exogen bestimmten Staatsausgaben ausgeht, zweifelhaft. Denn große Überschüsse verleiten die Regierenden bisweilen zum Geldausgeben. Das ist in jüngster Zeit am Beispiel der Ende der Neunziger Jahre projizierten Budgetüberschüsse in den Vereinigten Staaten von Amerika erneut deutlich geworden. Diese wurden nicht nur für erhebliche Steuersenkungen, sondern auch für eine Ausweitung der Staatsausgaben genutzt. Die folgenden massiven Budgetdefizite erwecken den Eindruck, dass hier das Fell des Bären vor dessen Erlegung verteilt worden war. Bedenken ergeben sich aber auch auf der Einnahmenseite: Eine staatliche Geldanlage muss nicht unbedingt die Rendite ergeben, die Private erzielen können, wie die Diskussion um Effizienzgewinne durch Privatisierung zeigt. Geht man davon aus, dass der Staat bei seiner Anlage ineffizient ist (d. h. in Firmen investiert, die eine geringere Produktivität haben), so treten zusätzliche Ineffizienzen in das Modell ein, die sich ebenfalls über die Zeit kumulieren. Dann wäre die (implizit) vorgeschlagene Alternative der kurzfristigen massiven Haushaltsüberschüsse nicht gesichert besser als die ineffiziente ________________________ 199 S. dazu schon Kydland/Prescott, JPolE 85 (1977), 473 ff. Die Autoren wurden im Jahre 2004 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. 200 Auerbach/Hines, Taxation and economic efficiency, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 1347, 1404. Anders aber etwa Ph. Trostel, JPolE 101 (1993), 327 ff., der für jede Periode von einem ausgeglichenen Budget ausgeht. 201 Nach Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93, 116 bricht das Nullsteuerergebnis zusammen, wenn für jede Periode ein ausgeglichener Haushalt gefordert wird. Anders aber Ljungqvist/Sargent, Recursive Macroeconomic Theory, 2000, 348. Letztlich hängt das von der Frage ab, welche Steuerinstrumente (insbesondere welche Konsumsteuer) genau zur Verfügung stehen.
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Lösung der Besteuerung von Kapitaleinkünften. Auch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass letztlich ein gänzlich neues Staatsmodell geschaffen würde. Die Staatsfinanzierung würde langfristig nicht mehr über Steuern erfolgen, so dass kein Steuerstaat mehr bestünde.202 Diese Bedenken dürfen ihrerseits aber nicht überhöht werden. Sie richten sich primär gegen den Aufbau von Budgetüberschüssen durch den Staat und die höhere Besteuerung von Erträgen dynamischer Faktoren in der Übergangsphase. Ihnen kann vereinfachend durch die Modellierung des Erfordernisses eines in jeder Periode ausgeglichenen Staatshaushaltes203 oder von über die Zeit konstanten Steuersätzen204 Rechnung getragen werden. Derartige Modelle sehen unter bestimmten Annahmen eine Steuer auf Erträge dynamischer Faktoren vor, die zwar positiv, aber geringer ist als diejenige auf Erträge statischer Faktoren.205 Hintergrund dafür ist, dass sich die Verzerrungen wie geschildert über die Zeit steigern und es daher gerade bei langfristigen intertemporalen Konsumentscheidungen durch die Besteuerung von Kapitalerträgen zu erheblichen Wohlfahrtsverlusten kommt. Diese übersteigen typischerweise die Verluste durch Beeinträchtigung von sich nur auf eine Periode auswirkenden (statischen) Entscheidungen. Es bleibt dann bei der höheren Besteuerung von Faktoren, die nur eine statische und keine dynamische (intertemporale) Verzerrung hervorrufen.
4. Erträge der OLG-Modelle a) Nullsteuerergebnis nur unter engen Voraussetzungen Die OLG-Modelle kommen ohne die Annahme aus, dass die Individuen unendlich lange leben oder sich in gleichem Maße um ihre Nachfahren sorgen wie um sich selbst. Damit aber bricht der Grund des Nullsteuerergebnisses, der wie dargestellt in der ins Unendliche führenden Kumulation der Verzer________________________
202 Vgl. dazu Kap. 2 (S. 64 ff.), in Kap. 2 I 2 c) (S. 70 ff.) auch zum Erfordernis einer Verfassungsänderung im Falle der Abschaffung sämtlicher Steuern. Der Übergang zum Unternehmerstaat ließe sich freilich vermeiden, wenn der Staat seine Budgetüberschüsse hinreichend breit global gestreut investieren würde (Atkeson/Chari/ Kehoe Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review, Vol. 23:3 (1999), 3 ff. zeigen, dass das Nullsteuerergebnis auch für eine kleine offene Volkswirtschaft zutrifft). Der Staat wäre dann weder Steuerstaat noch Unternehmerstaat, sondern Gesellschafter- oder Verleiherstaat. 203 S. dazu etwa Grüner/Heer, Oxford Economic Papers 52 (2000), 289, 301. 204 W. J. Coleman, JPubE 76 (2000), 1, 24 f. 205 W. J. Coleman, JPubE 76 (2000), 1, 24 f. für den Fall, dass eine Konsumsteuer nicht möglich ist. Vgl. auch Jones/Manuelli/Rossi, JET 73 (1997), 93, 95 und 113 f., wo für ein Beispiel mit zwei sich in ihrer Humankapitalintensität unterscheidenden, aber vom Gesetzgeber nicht unterscheidbaren Arbeitsqualitäten Arbeitslohn mit 22 Prozent und Kapitalerträge mit 7 Prozent besteuert werden.
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rungen lag, zusammen. Umgekehrt kommt in diesem Modell mit der Verschiedenheit der Individuen in Bezug auf ihr Alter eine weitere Dimension hinzu. Geht man jetzt davon aus, dass der Staat Steuern auf Lohn und auf Kapitalerträge erheben kann und dass Erbschaften ausgeschlossen sind, so kann er mit der ersten Steuer den Konsum in der ersten und der zweiten Lebensphase und mit der zweiten Steuer den Konsum ausschließlich in der zweiten Lebensphase belastet. Verzichtet der Staat auf eine Besteuerung von Kapitalerträgen, so besteuert er den Konsum in beiden Lebensphasen gleich. In der Literatur ist bewiesen worden,206 dass in einer solchen Situation nur noch unter restriktiven Annahmen über die Gestalt der Nutzenfunktion der Individuen davon ausgegangen werden kann, dass keine Besteuerung von Kapitalerträgen vorgenommen werden sollte. Dem liegt zugrunde, dass in diesen Modellen, wenn Staatsverschuldung als Instrument zur Verfügung steht, nicht mehr wie im ILRA-Modell207 die individuelle Diskontrate dem Grenzprodukt des Kapitals angeglichen werden sollte, sondern die Diskontrate des Staates und damit dessen Vorstellung von „Generationengerechtigkeit“.208 b) Zusätzliche Anforderungen wegen Humankapitals Bei der Erweiterung des Modells um die Dimension Humankapital209 ist zu bedenken, dass die endliche Lebenszeit der Individuen bedeutet, dass das nicht vererbbare Humankapital spätestens am Lebensende wertlos geworden sein muss. Daher ist über die Lebensdauer des Individuums eine vollständige Abschreibung erforderlich.210 Lässt man diese im Bereich der Steuern nicht zu, dann wird nicht nur der Ertrag der Investition, sondern zugleich ________________________ 206 Atkinson/Sandmo, EJ 90 (1980), 529 ff.; Peter A. Diamond, Taxation and public production in a growth setting, in Mirrlees/Stern (Hrsg.), Models of Economic Growth, 1973, 215 ff.; Ordover/Phelps, JPubE 12 (1979), 1 ff.; P. Pestieau, JPubE 3 (1974), 217 ff. Vgl. dazu zusammenfassend die Ausführungen bei Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 442 ff. S. neuerdings auch Erosa/Gervais, JET 105 (2002), 338 ff. 207 Die Angleichung von Grenzprodukt des Kapitals, das wegen der Optimierung der Firmen mit den Bruttozinsen identisch ist, mit der individuellen Diskontrate liegt dem Nullsteuerergebnis zugrunde. 208 Vgl. dazu nur Auerbach/Hines, Taxation and economic efficiency, in Auerbach/ Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 1347, 1414. 209 Bovenberg/van Ewijk, JPubE 64 (1997), 153 ff., die jedoch mit einer etwas anderen Modellierung des Versterbens arbeiten. Vgl. auch Nerlove et al., JPubE 52 (1993), 397 ff., die allerdings eher illustrativ mit Cobb-Douglas-Nutzen- und Humankapitalproduktionsfunktionen arbeiten. 210 Zu Recht Nerlove et al., JPubE 52 (1993), 397, 398.
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auch die Substanz des eingesetzten Vermögens besteuert.211 Dieser Gesichtspunkt ist nicht nur zu beachten, wo die Einführung einer Konsumsteuer in Rede steht, sondern bereits bei einer konventionellen Einkommensteuer im Sinne einer Comprehensive Income Tax.212 Weiterhin müssen auch die Progressionswirkungen einer Besteuerung von Humankapital bedacht werden: Selbst wenn die monetären Kosten bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, so fallen sie regelmäßig in der Investitionsphase an, während derer der Lernende regelmäßig nur geringe Einkünfte hat. Die Erträge hingegen fallen in eine Phase mit einer relativ hohen Progression.213 Das macht Humankapitalinvestitionen weniger attraktiv, so dass Individuen nach Einführung der Steuer tendenziell zu wenig darin investieren.214 Als gegenläufiger Effekt muss in eine solche Rechnung einbezogen werden, ob das Individuum bei seinen Humankapitalinvestitionen vom Staat subventioniert worden ist.215
5. Beschränkter Kreditzugang als Effizienzargument für umverteilende Besteuerung Den bisherigen Ausführungen lag die Annahme eines perfekten Kapitalmarktes zugrunde. Oben wurde aber bereits bei den Besonderheiten des Humankapitals gegenüber Sachkapital darauf hingewiesen, dass wegen der Höchstpersönlichkeit des Humankapitals die Vergabe von Krediten nur eingeschränkt möglich ist.216 Die Kreditbeschränkung trifft, wenn der Staat keine kompensierenden Maßnahmen zur Verfügung stellt, besonders Kinder aus ärmeren Haushalten.217 Denn reiche Eltern können ihren Kindern die Mittel für deren Humankapitalinvestitionen zur Verfügung stellen, sei es direkt, sei es in Form der Vergabe von Realsicherheiten für die diesen gewährten Kredite. Anders als in den zuvor erörterten Modellen wirft das nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage auf, die den Sozialstaat218 im Sinne der Ermög________________________ 211 212 213 214 215
216 217
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Nerlove et al., JPubE 52 (1993), 397, 398. S. dazu näher Kap. 3 III 1 bei Fn. 71 (S. 104). Vgl. dazu auch Nerlove et al., JPubE 52 (1993), 397, 398. Schätzungen der Auswirkungen liefern die Simulationen von Dupor et al., AER, Papers and Proceedings, 86 (1996), 340 ff.; Ph. Trostel, JPolE 101 (1993), 327 ff. Nerlove et al., JPubE 52 (1993), 397, 406. Dort auch zu einer Begründung von Subventionen der Investition in Humankapital aufgrund einer positiven Externalität, die von der erworbenen Bildung ausgeht. Kap. 1 I 3 a) (S. 21 f.). Zur empirischen Diskussion der Kreditbeschränkungen, die in den USA trotz der Programme zu deren Überwindung bestehen, vgl. etwa Caneiro/Heckman, The EJ 112 October (2002), 1 ff. Zum Sozialstaatsprinzip und seiner Bedeutung für Humankapitalinvestitionen s. näher Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.).
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lichung intergenerationeller Mobilität zum Handeln auffordert.219 Vielmehr ergibt sich auch ein Effizienzproblem: Die Gesellschaft könnte eine Effizienzsteigerung erreichen, wenn sie den Kreditbeschränkungen den Stachel ziehen könnte.220 Nimmt man an, dass der Staat die geschilderten moral hazard Probleme auch nicht besser in den Griff bekommen würde,221 kann man über eine Lösung auf dem Wege der allgemeinen Besteuerung nachdenken: Vermag der Staat als benevolenter Planer die Fähigkeit der Lernenden einzuschätzen, kann es optimal sein, ein kostenloses Bildungssystem zur Verfügung zu stellen, das über eine Steuer für alle Bürger finanziert wird und bei dem der Zugang auf die Fähigeren beschränkt ist. Dementsprechend kann die generell zu beobachtende regressive Finanzierung des tertiären Bildungssektors nicht nur aus politökonomischen, sondern auch aus Effizienzgründen erklärt werden.222 Allerdings schließt das letztgenannte Modell Vermögenstransfers von Eltern an ihre Kinder aus. Gerade diese Übertragungen spielen aber im Steuerrecht eine praktisch große Rolle.223 Zumindest aus kontinentaleuropäischer Sicht erscheinen daher Modelle, die solche Vermögenstransfers zulassen, interessanter. Besonders instruktiv erscheint das folgende, relativ simple Modell:224 Unter den vereinfachenden Annahmen, dass sich die Individuen nur in ihrer Anfangsausstattung mit Kapital unterscheiden, dass sich der erhältliche Kreditrahmen nach der genossenen Ausbildung bestimmt und dass Vermögenstransfers zwischen Eltern und ihren Kindern zulässig sind, kann eine Umverteilung über Steuern das Wachstum fördern. Denn dann können auch die Individuen, die nur über eine geringe Kapitalausstattung verfügen, in effizienter Weise in ihr Humankapital investieren.225 In diesem Zusammen________________________ 219 Kritisch zu den staatlichen Möglichkeiten einer Intervention freilich Becker/Tomes, Journal of Labour Economics 4 (1986), 1 ff. 220 Erstmals dazu G. Loury, Econometrica 49 (1981), 843 ff. 221 Anders aber Galor/Zeira, RES, 60 (1993), 35, 42 f. die darauf basierend eine Subvention für Humankapitalinvestitionen und eine anschließende Besteuerung nur der Ausgebildeten in der nächsten Periode vorschlagen. 222 Fender/Wang, IER 44 (2003), 939, 958. 223 Vgl. nur Kap. 5 (S. 198 ff.) und 7 (S. 294 ff.). 224 Lochner/Monge-Naranjo, NBER Working Paper 8815. Ähnlich auch schon Galor/ Zeira, RES 60 (1993), 35 ff. Vgl. auch Aghion/Caroli/García-Peñalosa, JEL 37 (1999), 1615, 1624 ff., die eine vergleichbare Wirkung über ein Modell erzielen, bei dem Umverteilung zu positiven Leistungsanreizeffekten führen kann. 225 Dieser Mechanismus stellt einen Anwendungsfall der bereits oben diskutierten Endogenen Wachstumstheorie dar. Sie hält die Wachstumsrate nicht für von außen vorgegeben, sondern sucht die Determinanten des Wachstums modellimmanent (endo-
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hang wird dementsprechend vom „Chancenerweiterungseffekt der Umverteilung“ (opportunity-enhancing effect of redistribution) gesprochen.226
6. Ergebnis Nach dem oben Dargestellten finden sich in der Literatur zwar relativ starke Aussagen. Diese hängen aber von zahlreichen Annahmen ab, die sich bis jetzt der Realität noch nicht soweit angenähert haben, dass sich zuverlässige konkrete Politikimplikationen ergeben würden. Man wird daher der ökonomischen Theorie allein die Tendenzaussage der Skepsis gegenüber der Besteuerung von Kapitalerträgen entnehmen können. Für die Besteuerung von Humankapital ergibt sich tendenziell ebenfalls eine Freistellung der Erträge bzw. zumindest eine steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der auf Erzielung von Einnahmen gerichteten Ausgaben. Denn eine Besteuerung von Erträgen aus Humankapital über eine progressive Besteuerung von Arbeitserträgen kann zu vier Verzerrungen führen, welche die Humankapitalbildung beeinträchtigen: Erstens wird intertemporal die Entscheidung zwischen Konsum in verschiedenen Perioden verzerrt. Zweitens wird auch das Arbeitsangebot verzerrt, was für die Humankapitalbildung dann relevant wird, wenn das Humankapital in der Freizeit nicht in gleichem Maße gebraucht werden kann. Drittens hat eine Besteuerung von Arbeitseinkommen, die nicht gleichzeitig einen Abzug aller Kosten der Humankapitalinvestition erlaubt, die Belastung des Vermögensstamms zur Folge und viertens verringert eine progressive Besteuerung die Anreize weiter. Die Verzerrungen können zwar durch Subventionen der Humankapitalinvestitionen beseitigt werden. Das aber setzt voraus, dass alle Investierenden und alle Investitionsformen von der Subvention erreicht werden, da ansonsten neue Verzerrungen drohen. Man sollte indes auch Vorschläge für eine Konsumbesteuerung227 kritisch hinterfragen, wenn sie lediglich die Erträge von Sachkapital von der Be________________________
gen) zu erklären. Sie zeigt dadurch auch Möglichkeiten auf, wie Interventionen seitens des Staates zu einer Erhöhung des Wachstums führen können. Zur endogenen Wachstumstheorie schon oben Kap. 1 III 2 b) und dort Fn. 104 (S. 39). 226 So etwa Aghion/Caroli/García-Peñalosa, JEL 37 (1999), 1615, 1621. 227 Konsumsteuern funktionieren im ILRA-Modell ganz ähnlich wie eine Besteuerung des anfänglichen Kapitalbestandes. Auch hier wird der Kapitalstock, wenn er in Konsum umgewandelt wird, besteuert, woraus die großen prognostizierten Wohlfahrtsgewinne (vgl. W. J. Coleman, JPubE 76 (2000), 1, 5) entstehen. Sie vermeiden allerdings den Aufbau großer Budgetüberschüsse. Große Wohlfahrtsgewinne durch den Übergang zu einer Konsumbesteuerung finden auch Auerbach/Kotlikoff/Skinner, IER 24 (1983), 83 ff. im Rahmen eines Life-Cycle-Modells, das letztlich auch den OLG-Modellen zugrunde liegt. Jedoch sind diese Gewinne wiederum auf die Besteuerung des anfänglichen Kapitalstocks zurückzuführen, so Erosa/Gervais, JET 105 (2002), 338, 357 ff.
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„Humankapital“ als wirtschaftswissenschaftliche Grundlage
messungsgrundlage ausnehmen wollen.228 Das wird nicht zuletzt von den Anhängern der Flat Tax in Amerika vertreten.229 Diese „Konsumsteuervorschläge“ befürworten damit letztlich eine Entlastung von Erträgen aus Sachkapital bei gleichzeitig wachsender Steuerlast für Humankapitalinvestitionen, ohne zu begründen, warum die beiden Kapitalarten unterschiedlich behandelt werden sollten.230 Es drohen damit Verzerrungen zugunsten von Sach- und zu Lasten von Humankapitalinvestitionen. Daneben zeigen die neueren Forschungen zu den Kreditbeschränkungen, dass eine Ausweitung der Möglichkeiten zu Humankapitalinvestitionen nicht nur aus Verteilungsgründen motiviert, sondern auch aus Effizienzgesichtspunkten begründet werden können.
V. Zusammenfassung 1. Unter Humankapital ist der in einem Menschen verkörperte Bestand an Bildung und Ausbildung, der zu erhöhten Erträgen in der Zukunft führt, zu verstehen. Die Erträge können ebenso wie die Investitionskosten monetärer und nicht-monetärer Art sein. Humankapital kann mit den aufgewandten Kosten oder den diskontierten zu erwarteten Einkünften angesetzt werden. 2. Das Konzept des Humankapitals, das bis in die klassische Ökonomie zurückgeht, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Durchbruch erlebt hat, sieht sich mit der Signalling-Theorie einer Herausforderung gegenüber. Die Bewertung der Meriten der jeweiligen Theorien ist zwar schwierig. Dennoch wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass der Humankapitaltheorie jedenfalls ein signifikanter Erklärungsgehalt zukommt. 3. Investitionen in Humankapital, das sich von Sachkapital prinzipiell durch die Höchstpersönlichkeit, die Verkörperung und die Verwobenheit mit der Konsumsphäre sowie graduell durch die Unsicherheit bezüglich der Qualität unterscheidet, sind aus der Sicht des Lernenden nach zahlreichen empirischen Studien äußerst lukrativ. In gesamtgesellschaftlicher Sicht ist dies nicht ganz so eindeutig. Überwiegend wird jedoch auch von einer ganz erheblichen gesamtgesellschaftlichen Rendite ausgegangen. Darüber hinaus wird Humankapital häufig eine zentrale Bedeutung für das Wirtschaftswachstum zugeschrieben. Unter Verteilungsgesichtspunkten ist zu beachten, ________________________ 228 So zu Recht K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 2 f. 229 So etwa D. Bradford, Untangling the Income Tax, 1986; Hall/Rabuska, Low Tax, Simple Tax, Flat Tax, 2. Aufl. 1995. Aus der deutschen Literatur wohl ebenso J. Lang, in TL, § 4 Rz. 110 ff. mit umfangr. Nachweisen dort in Fn. 83 und insbes. Rz. 115. Kritisch zum Konzept der Flat Tax hingegen A. Atkinson, Public Economics in Action, 1995. 230 K. Judd, JPubE 71 (1999), 1, 3.
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Zusammenfassung
dass die Renditen der Individuen sehr unterschiedlich ausfallen können. Zudem unterscheiden sich die Individuen in der Bundesrepublik zunehmend in der Höhe der von ihnen getragenen Kosten für Humankapitalinvestitionen. 4. Die ökonomische Optimalsteuertheorie zeigt sich gegenüber der Besteuerung von Kapitalerträgen skeptisch. Dies liegt daran, dass intertemporale Verzerrungen sich, insbesondere wenn man einen unendlichen Planungshorizont des Individuums unterstellt, kaskadenartig verschärfen. Damit überwiegen sie deutlich die innerhalb einer Periode gegebenen Verzerrungen, die durch eine Besteuerung der reinen Arbeit hervorgerufen werden. Unterstellt man jedoch einen beschränkten Planungshorizont, so gilt das Nullsteuerergebnis nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen. Jedenfalls ist von den Anhängern der Nichtbesteuerung von Kapital zu fordern, dass diese Ansicht auch auf die Besteuerung von Humankapital übertragen wird. Absolutes Minimum sollte die Vermeidung der Substanzbesteuerung bei Humankapitalinvestitionen sein. Darüber hinaus spricht einiges dafür, staatlicherseits einen Ausgleich für beschränkten Zugang zu Kreditmärkten vorzusehen. 5. Nach den Ausführungen zum Humankapital soll im folgenden Zweiten Kapitel der Blick auf das zweite im Titel der Arbeit enthaltene Konzept fallen: auf das des Steuerstaats und zwar genauer auf das des partizipierenden Steuerstaats.
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Kapitel 2: Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit „Three things in life are certain: death, taxes and mankind’s unrelenting effort to evade both.“1
Nach den Ausführungen zu den ökonomischen Grundlagen im Kapitel 1 leitet dieses Kapitel nunmehr in den juristischen Bereich über. Es beleuchtet das dieser Arbeit zugrunde liegende Staatsstrukturmodell, das auch in ihren Titel Eingang gefunden hat: das Modell des steuerstaatlichen Partizipierens. Dazu wird zunächst die – freilich beschränkte – empirische und normative Geltung der partizipierenden Dimension der Steuerstaatlichkeit hergeleitet (I). Sodann wird gezeigt, dass sich aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit zwei ganz grundlegende Folgerungen ergeben (II): Der Steuerstaat darf erstens keine steuerlichen Konsequenzen aus nicht-verifizierbaren Merkmalen ziehen. Dem verwandt, aber nicht identisch ist zweitens das Verbot, an Merkmale anzuknüpfen, die beim Lernenden typischerweise nicht definiert sind. Die beiden – zunächst möglicherweise abstrakt oder gar ein wenig konstruiert anmutenden – Vorgaben gelten zwar generell für die Steuererhebung. Für Humankapitalinvestitionen sind sie aber von ganz besonderer Bedeutung: Gerade weil Bildungsmaßnahmen dem Lernenden das Bewusstsein weiter Möglichkeiten eröffnen und dies auch sollen, kann ein Steuerstaat die (vorgebliche) Beschränktheit des Horizonts der Lernenden nicht belohnen wollen. Das schafft Vorgaben für die Auslegung, aber auch für die Ausgestaltung der Steuergesetze, die uns in der weiteren Arbeit geradezu leitmotivisch immer wieder begegnen werden.2
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Klepper/Nagin, The criminal deterrence literature: Implications for research on taxpayer compliance, in Roth/Scholz (Hrsg.), Taxpayer Compliance, Band 2: Social Science Perspectives, 1989, 126. Der interessierte Leser, der sich von der praktischen Relevanz der nachfolgenden Ausführungen vergewissern möchte, sei auf Kap. 10 I 1 b) aa) und bb) (S. 386 ff.); Kap. 11 III 2 a) und b) (S. 466 ff.) sowie insbesondere auf Kap. 14 II 2 (S. 498 f.) verwiesen. Ferner findet das Konzept seinen Niederschlag auch in Kap. 13 I (S. 480 ff.) und 14 II 10 (S. 502 f.).
Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit
I. Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit 1. Partizipatorische Dimension vs. Vorrangsdimension Ein Steuerstaat3 deckt seinen Finanzbedarf im Wesentlichen durch Steuern.4 Das Konzept, so führen etwa Klaus Vogel und Christian Waldhoff aus, zeichne zweierlei vor:5 Zum einen die Trennung von Staat und Wirtschaft, die den Staat sowohl von den unmittelbaren Produktionsentscheidungen als auch von der unmittelbaren Beteiligung am Produktionsertrag ausschließt, und zum anderen die Staatsfinanzierung überwiegend aus Steuern. Darin kann man zwei Seiten einer Medaille sehen, die sich auf den gemeinsamen Nenner bringen lassen: Steuerstaatlichkeit bedeutet Beteiligung des Staates am Ertrag der produzierenden Wirtschaft durch Steuern. Man kann freilich die Trennlinie der Dimensionen auch etwas anders ziehen.6 Eine erste Dimension ist dann die Aussage, dass der Staat – bei grundsätzlicher Trennung von Staat und Wirtschaft7 – am Ertrag privaten Wirtschaftens partizipiert (partizipatorische Dimension). Die zweite besteht darin, dass er gerade vermittels Steuern8 und eben nicht anderer Abgaben teil-
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Zur Steuerstaatlichkeit vgl. aus der reichen Literatur insbes. K. Vogel, HStR II, § 30 Rz. 51 ff.; ders., Der Staat 25 (1986), 481 ff. S. auch J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS für H. P. Ipsen, 409 ff.; Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 327 ff. (Stand November 1997), die Nachweise bei J. Lang, in TL, § 1 Rz. 4 Fn. 2 sowie jüngst etwa D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat, 2000, 114 ff.; S. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, 1995, insbes. 155 ff.; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, insbes. 129 ff.; Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Gebührenstaat zum Steuerstaat, 2000; A. Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, insbes. 35 ff. Zu dieser Definition der Steuerstaatlichkeit vgl. nur Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104a–115, Rz. 330 (Stand November 1997). Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 327 (Stand November 1997). Zur Unterscheidung ebenso U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, insbes. 137 f., die aber die normative Verbindlichkeit der zweiten Dimension bezweifelt. K. Vogel, Der Staat 25 (1986), 481, 509 nimmt grundsätzlich ein Dreiecksverhältnis Staat/Gesellschaft/Wirtschaft an; ohne die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft für die Entfaltung individueller Freiheit (dazu nachdrücklich E. W. Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft als Bedingung der individuellen Freiheit, 1973) negieren zu wollen, ist für die folgenden auf die Erhebung der Steuer bezogenen Ausführungen die Trennung von Staat und Wirtschaft besonders wichtig. Zum Begriff der Steuer vgl. nur Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 352 ff. (Stand November 1997) und einfachgesetzlich § 3 Abs. 1 AO.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
hat (Vorrangsdimension9). Dass die zweite Dimension nicht automatisch aus der ersten folgt, zeigt der Erfindungsreichtum der Abgabengesetzgeber der jüngeren Zeit. So wurden eine Abgabe auf die Entnahme von Grundwasser eingeführt,10 von den Arbeitgebern eine Ausbildungsplatzabgabe zur Finanzierung von Zuschüssen an ausbildende Betriebe erhoben,11 und in Hochlaune der Technologie-Bubble die UMTS-Lizenzen an Telekommunikationsunternehmen versteigert.12 In all diesen Fällen griff der Staat auf die Ergebnisse privaten Wirtschaftens zu, ohne eine Steuer zu erheben. Die nachfolgenden Ausführungen brauchen sich indes mit der stark umstrittenen Vorrangsdimension13 nicht weiter zu beschäftigen. Denn für die vorliegende Arbeit mit ihrem Erkenntnisobjekt Steuerrecht interessiert die Frage nicht, ob der Staat auch über andere Abgaben auf das privat Erwirtschaf________________________ 9 Gemeint ist der Vorrang der Steuer gegenüber anderen Finanzierungsformen. Zum Begriff des Steuervorrangs vgl. D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat, 2000, 117 ff. 10 BVerfG v. 7.11.1997 2 BvR 413/88 und 1300/93, BVerfGE 93, 319 ff. (Wasserpfennigentscheidung). 11 BVerfG v. 10.12.1980 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 (Berufsausbildungsabgabe). 12 BVerfG v. 28.2.2002 2 BvG 1, 2/01, BVerfGE 105, 185 ff. (UMTS-Erlöse). 13 Vgl. insbes. U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000. In deskriptiver Hinsicht sieht F. Kirchhof, Die Verwaltung 1988, 137 die Bundesrepublik Deutschland angesichts der hohen Sozialversicherungsbeiträge auf dem Weg vom Steuer- zum Abgabenstaat. Dagegen weist H. Siekmann, in M. Sachs (Hrsg.), Grundgesetz – Kommentar, 3. Aufl., 2003, vor Art. 104a Rz. 47 zurecht darauf hin, dass Probleme in Hinblick auf die Balance der Finanzverfassung wegen der expliziten Nennung der Sozialversicherungsabgaben in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und wegen der historischen Finanzierung der Sozialversicherung über Beiträge an Gewicht verlieren. Auch muss, wie Klaus Vogel, HStR II, § 30 Rz. 62 f. schreibt, das staatstheoretische Konzept der Steuerstaatlichkeit nicht notwendig mit dem steuerrechtlichen Begriff der Steuer übereinstimmen. Gerade die Sozialversicherungsbeiträge werden in anderen Ländern (Social Security Taxes) weitgehend als Steuer behandelt, vgl. D. Williams, BIFD 1997, 254, 257 ff. Die normative Kraft der Vorrangdimension nimmt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung an, so zuletzt BVerfG v. 7.11.1997 2 BvR 413/88 und 1300/93, BVerfGE 93, 319, 342. Zustimmend etwa M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, 28 ff.; Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104a– 115, Rz. 327 ff. (Stand November 1997) sowie M. Wienbracke, StuW 2005, 81 ff.; H. Siekmann, in M. Sachs (Hrsg.), Grundgesetz – Kommentar, 3. Aufl., 2003, vor Art. 104a Rz. 44 ff. mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 178. Kritisch hingegen M. Heintzen, in von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Band 3, 5. Aufl. 2003, Art. 105 Rz. 2; R. Hendler, Staatsfinanzierung durch Gebühren oder Steuern – Vor- und Nachteile aus juristischer Perspektive, in Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Gebührenstaat zum Steuerstaat, 2000, 68 ff.; W. Heun, in H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz – Kommentar, Band 3, 2000, Art. 105 Rz. 11 a. E.; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, 135 ff.
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Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit
tete zugreifen könnte. Die Darstellung beschränkt sich daher auf die partizipatorische Dimension, die, obschon die Bundesrepublik Deutschland empirisch und normativ kein partizipierender Steuerstaat in Reinform ist, jedenfalls für die Einkommen- und die Umsatzsteuer Geltung beansprucht.
2. Das Konzept der partizipierenden Steuerstaatlichkeit im Einzelnen a) Konzeptionelle Grundlagen Historisch gesehen ist die partizipatorische Dimension die Wurzel der Theorie des Steuerstaates.14 Die Theorie wurde bekanntlich vom österreichische Ökonomen Joseph A. Schumpeter, der auf Arbeiten Lorenz von Steins aufbauen konnte,15 als Antwort auf den Ruf nach einem selbst produzierenden Staat entwickelt: Unter dem Eindruck der Lasten des Ersten Weltkrieges hatte zuvor Rudolf Goldscheid die Verstaatlichung eines Teils des „werbenden Nationalvermögens“ und damit den Übergang zum produzierenden Staat16 gefordert.17 Vor diesem Hintergrund ging es Schumpeter darum, die Errungenschaft des modernen, über Steuern finanzierten Staates zu verteidigen. Der Staat benötige weder erhebliche Einkünfte aus Domänen, Betrieben oder Vermögen, noch müsse er im Wege des Frondienstes ohne Zahlung eines unmittelbaren Entgelts auf Arbeitskraft zurückgreifen, sondern könne, so sagte Schumpeter voraus, die Kriegslasten über Steuern tragen. Der verlorene Krieg sei daher kein Grund, die bestehende Wirtschafts- und Staatsfinanzierungsform aufzugeben.18 Grundvoraussetzung eines partizipierenden Steuerstaates ist demzufolge die grundsätzliche Trennung von Staat und Wirtschaft.19 Der Staat beschränkt ________________________ 14 Zur Geschichte des Begriffs s. etwa U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, 129 ff. 15 Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl. 1871, Th. II Abth. 1, 133 f. 16 Auch Unternehmerstaat genannt. Vgl. zum Begriff und zur Kritik daran nur K. Vogel, HStR II, § 27 Rz. 53 dort Fn. 101. 17 S. dazu seine Schrift Staatssozialismus und Staatskapitalismus, 1917 (ebenfalls abgedruckt in: R. Hickel, (Hrsg.), Die Finanzkrise des Steuerstaats – Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzen, 1976, 40 ff.). 18 Vgl. J. A. Schumpeter, Die Krise des Steuerstaates, 1918 (abgedruckt etwa in: R. Hickel, (Hrsg.), Die Finanzkrise des Steuerstaats – Beiträge zur politischen Ökonomie der Staatsfinanzen, 1976, 329 ff.). Zur Entwicklung in Schumpeters späteren Arbeiten s. etwa R. A. Musgrave, Journal of Evolutionary Economics 2 (1992), 89, 93 ff. 19 Das darf freilich nicht im Sinne einer vollständigen Unabhängigkeit beider Bereiche verstanden werden. (So auch K. Vogel, Der Staat 25 (1986), 481, 508). Vielmehr ist diese im Bereich der Steuern in zweierlei Hinsicht durchbrochen. Erstens begründet die Steuer eine Interdependenz der Finanzkreisläufe von Wirtschaft und Staat. Sie stellt sicher, dass dem Staat die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
sich nach herkömmlichen Verständnis im Wesentlichen auf zwei20 idealtypische Funktionen, zu denen die Steuern sich als globales Äquivalent21 darstellen: Er strebt erstens als Sozialstaat nach der Erreichung bestimmter Verteilungsziele,22 soweit die Ergebnisse des marktwirtschaftlichen Verteilungsprozesses unter Gerechtigkeitsaspekten nicht mehr vertretbar sind. Er erreicht diese unter anderem durch eine obligatorische Sozialversicherung. Zweitens übt er eine (weit zu verstehende) Kontrollfunktion aus. Danach stellt er die für die private Transaktionsfreiheit erforderlichen Spielregeln bereit und verteidigt diese Regeln mittels Polizei, Sicherheitsbehörden und Gerichten, aber auch Diplomatie und Landesverteidigung gegen Störungen von innen und außen. Darüber hinaus sollen der so verstandenen Kontrollfunktion auch die sicherheitsrechtliche, politische und kulturelle Steuerung wirtschaftlicher Vorgänge unterfallen. Innerhalb des so gesteckten Rahmens können die Privaten selbstbestimmt „wirtschaften“, also ihre Produktionsund Konsumentscheidungen autonom treffen. Langfristig bedeutet Steuerstaatlichkeit, dass der Staat gleichsam als Teilhaber von der Wertschöpfung Privater profitiert.23 Zwar vermag, zum Beispiel in Zeiten gemeiner Not, der Steuerstaat insbesondere in einer offenen ________________________
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Mittel zustehen. Daher besteht ein enger Zusammenhang zwischen Steuern und Sozialstaat. (Zuerst E. Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), 31 f. Dem folgend namentlich E.-W. Böckenförde in seinem Sondervotum zu BVerfG v. 22.6.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 163 f.). Zweitens ändert der Staat durch alle Steuern, die nicht unausweichlich sind, das Verhalten der Akteure der Wirtschaft (sehr kritisch zur Praxis J. Lang, in TL, § 1 Rz. 8), ja ihm geht es gerade darum, wo er Lenkungssteuern „Werkzeug der Sozial- und Wirtschaftspolitik“ (P. Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, 305) einsetzt (D. Birk, Das Leistungsfähigkeit als Maßstab der Steuernormen, 1983, 89; Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 529 (Stand November 1997) stellen freilich auf die Gestaltungswirkung ab und nicht auf die Einstellung des Normgebers). Kontrollfunktion und Verteilung, so Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104a–115, Rz. 331 (Stand November 1997). Etwas anders R. Herzog, HStR III, § 58 Rz. 24 ff. Vgl. nur Lehner/Waldhoff, in KSM, EStG, § 1 Rz. A 169 (Stand Juli 2000) m. w. N. Zu diesen dürften auch die meritorischen Güter zählen, also solche, bei denen der Staat ein Werturteil trifft, dass sie „gut“ sind und den Konsum ermutigt (insbesondere Bildung). Spiegelbildliches gilt für Güter, bei denen der Staat annimmt, dass sie „schlecht“ sind (z. B. Alkohol). Vgl. dazu etwa Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 8. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich auch das Bild vom Staat als „stiller Teilhaber“ am Geschäftsgewinn des Kaufmanns, das als rechtspolitische Grundlage des steuerrechtlichen Maßgeblichkeitsprinzips herausgestellt wurde. Vgl. dazu G. Döllerer, BB 1971, 1333, 1334; A. Moxter, StuW 1994, 97, 99. S. auch W. Schön, StuW 1995, 366, 377, der das Bild durch Art. 14 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich legitimiert.
Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit
Volkswirtschaft24 vorübergehend Steuern zu erheben, welche die Summe der in der Periode produzierten Güter und Dienstleistungen überschreiten. Langfristig aber kann er als solcher nur fortbestehen, wenn die Privaten, von denen er die Steuern erhebt, die zu zahlenden Beträge – neben ihren Erwerbsaufwendungen und den existenzsichernden Aufwendungen – auch erwirtschaften können. Man kann daher aus der Steuerstaatlichkeit ein existentielles Interesse des Staates daran herleiten, die Leistungsmotivation der Individuen zu schützen und ihre Leistungskraft zu erhalten.25 b) Bundesrepublik Deutschland zwar empirisch kein partizipierender Steuerstaat in Reinform, … In deskriptiver Hinsicht ist die Bundesrepublik kein partizipierender Steuerstaat in Reinform. Dies zeigt schon der Staatsbesitz an Wirtschaftsunternehmen. Dem Bund gehören beispielsweise trotz der jüngsten Privatisierungswelle26 erhebliche Anteile an der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG wie auch an der Deutschen Lufthansa AG. Das Land Niedersachsen ist Miteigentümer der Volkswagen AG und der Salzgitter AG, während der Freistaat Bayern den Touristenmagneten Hofbräuhaus sein Eigen nennen darf. Insgesamt war der Bund im Jahre 2001 an 426 Unternehmen mit einem Nennkapital von mindestens 100.000 DM mit mindestens 25 Prozent beteiligt. Der Wert des Nennkapitals der Unternehmen, an denen der Bund unmittelbar beteiligt war, lag bei 31,6 Milliarden DM, ihre Beschäftigtenzahl bei ca. 650.000.27 Das sind Beträge, die nicht mehr als völlig geringfügig anzusehen sind. Jedoch sollte man diesen Einwand nicht überbewerten. Eine genauere Analyse der Unternehmen in öffentlicher Hand zeigt, dass sie häufig zum Zeitpunkt der Gründung oder Verstaatlichung als Infrastrukturunternehmen angesehen wurden. Ein gewandeltes Verständnis dessen, was Infrastruktur ausmacht, kann sich, wie die jüngsten Privatisierungen gezeigt haben, durchaus in einer Entstaatlichung auswirken. Gegen die Annahme, die Bundesrepublik Deutschland sei ein partizipierender Steuerstaat in Reinform, dessen Tätigkeit sich auf Kontrollfunktion und Umverteilungsfunktion beschränkt, spricht ferner, dass der Steuerstaat bei der Wahrnehmung von Aufgaben produzierend tätig wird, deren Privatisie________________________ 24 D. h. einer solchen, die Zugang zu internationalen Kapitalmärkten hat. 25 Vgl. nur J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS für H. P. Ipsen, 409, 418 f.; M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 349 m. w. N. 26 Bundesminister der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht 2002, 5 ff. Als Ausgangspunkt für die rechtliche Diskussion um die Privatisierung s. etwa L. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 ff.; H. Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 ff. 27 Bundesminister der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht 2002, 12. In den Ländern gibt es vergleichbare Berichte, vgl. etwa Bayerisches Staatsministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern 2002, 2003.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
rung momentan zumindest im Kernbereich als eher unwahrscheinlich anzusehen ist: (Schul-)Bildung, Straßenbau sowie Gewährung innerer und äußerer Sicherheit, aber auch Gerichtswesen und weitere Infrastruktur von der Parkbepflanzung bis hin zur Müllabfuhr. Die Bandbreite dieser staatlichen Leistungen lässt sich mit den Schlagwörtern Kontrollfunktion und Umverteilungsfunktion allein nicht vollständig erfassen. Indes lässt sich auch diesem Einwand mit einer geringen Modifikation des Konzepts der Steuerstaatlichkeit Rechnung tragen. Man kann die Aufgaben des Steuerstaates nicht nur in der Kontroll- und der Verteilungsfunktion, sondern allgemein in der Bereitstellung dessen sehen, was in der Ökonomik als öffentliche Güter28 bezeichnet wird. Diese Erweiterung erscheint systemkonform, weil der Staat, auch wenn er als Produzent bzw. Auftraggeber öffentlicher Güter anzusehen sein mag, diese doch primär durch Partizipation am Wirtschaften Privater mittels verpflichtend erhobener Abgaben finanziert. Dementsprechend ist die Bundesrepublik empirisch zwar kein partizipierender Steuerstaat in Reinform, die Orientierung an diesem Idealtypus kann ihr gleichwohl nicht abgesprochen werden. c) Partizipatorische Dimension auch nur beschränkt verbindlich für das gesamte Steuersystem, … Auch in normativer Hinsicht ist die Bundesrepublik Deutschland von Verfassungs wegen kein partizipierender Steuerstaat in Reinform. Die partizipatorische Dimension ist nur beschränkt verbindlich als Vorgabe für das gesamte Steuersystem: Zwar bedürfte einer Verfassungsänderung der in der ökonomischen Optimalsteuertheorie gemachte Vorschlag, zunächst in einer Anfangsphase über Steuern gezielt einen Kapitalstock aufzubauen und auf dieser Basis dann in ________________________ 28 Unter öffentlichen Gütern versteht man in der Ökonomik (vgl. statt vieler Atkinson/ Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 483 ff.) solche Güter, bei denen der Konsum von einer Person dem gleichzeitigen Konsum durch eine andere Person nicht entgegensteht (Nichtrivalität im Konsum; Beispiel: Radiowellen) und bei der nach den vorhandenen technologischen Möglichkeiten zu verhältnismäßigen Kosten kein Individuum vom Konsum ausgeschlossen werden kann (Nichtausschließbarkeit; Beispiel: Englischer Garten in München). Liegt ein solches reines öffentliches Gut vor und bestehen keine Möglichkeiten, das Gut gleichzeitig mit einem anderen zu erbringen (Gegenbeispiel: Fernsehwerbung), so kann das Gut von privaten Akteuren, die ihre Kosten decken müssen, nicht erbracht werden; erscheint die Bereitstellung gleichwohl sinnvoll, muss der Staat einspringen. Die Einordnung als öffentliches Gut kann sich mit der Zeit und weiterer Entwicklung der Produktionstechnologien wandeln (Einführung von verschlüsseltem Bezahlfernsehen).
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Folgezeit überhaupt keine Steuern mehr zu erheben.29 Denn er konfligiert mit der Bestandsgarantie der Umsatzsteuer. Außerdem garantiert die Finanzverfassung in Art. 106 Abs. 3 GG den Ländern und Gemeinden eine Beteiligung am Steueraufkommen. Sollte dieses insgesamt versiegen, würde die Vorschrift leer laufen. Ein weniger weitreichender Abschied von der Steuerstaatlichkeit ist nach dem Grundgesetz – anders als die Abschaffung einer selbständigen und leistungsfähigen Privatwirtschaft30 – aber wohl nicht verboten:31 Die Streichung einzelner Steuern erscheint mit Ausnahme der Umsatzsteuer32 regelmäßig unbedenklich. Art. 106 Abs. 3, 5 und 5a GG ist grundsätzlich33 keine verfassungskräftige Bestandsgarantie für die genannten Steuern zu entnehmen. Auch ist nach den normativen Vorgaben des Grundgesetzes wohl nicht zwingend als einzige Möglichkeit vorgesehen, dass der Staat den Schwerpunkt seiner Ausgaben aus Steuern bestreitet. Darauf deuten ein einfaches, wenngleich für die Bundesrepublik Deutschland theoretisches34 Beispiel
________________________ 29 Kap. 1 IV 3 c) (S. 54 ff.). 30 Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 335 (Stand November 1997). Ein diesbezüglicher Hinweis findet sich in der Finanzverfassung. Denn Ertragssteuern, wie sie sich in Art. 106 Abs. 3 GG finden, sind – im Gegensatz zu Substanz- oder Aufwandsteuern, die nur staatsfremdes Vermögen voraussetzen – nur dann möglich, wenn die Erträge nicht schon vor der Steuer vollumfänglich dem Staat zustehen. 31 A. A. etwa J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS für H. P. Ipsen, 409, 431 f., der in einem weiteren Maße als hier grundrechtliche Wettbewerbsgrenzen für die Betätigung des Staat als Unternehmer annimmt. Umfassend zur unternehmerischen Betätigung des Staates und ihren Grenzen neuerdings St. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001. 32 Vogel/Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 333 (Stand November 1997). Diese ist im Grundgesetz verbindlich als „Stellschraube“ vorgesehen, so dass sie nur nach einer Verfassungsänderung abgeschafft werden könnte. Zudem weist sie insbesondere durch die Sechste Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern qua Europarecht eine harmonisierte Bemessungsgrundlage auf und ist mit einem Mindeststeuersatz versehen, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG. 33 Vgl. die umfangreichen Nachweise zum Diskussionsstand bei M. Jachmann, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Band 3 2001, Art. 105 Rz. 30. Bei Vogel/ Waldhoff, BK, Vor. Art. 104 a-115, Rz. 581 (Stand November 1997) findet sich allerdings die weitere Einschränkung, der Bundesgesetzgeber dürfe die Ertragsteuern, deren Aufkommen den Ländern und den Gemeinden anteilig zustehe, nicht bis zur Bedeutungslosigkeit senken. Für die Erbschaftsteuer geht K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, 18 hingegen von der Möglichkeit einer Abschaffung aus; a. A. etwa H. Söhn, Umweltsteuern und Finanzverfassung, FS für K. Stern, 587, 601. 34 So auch K. Vogel, HStR II, § 30 Rz. 73.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
hin.35 Man nehme etwa an, der Staat engagiere sich im Rahmen der Forschungsförderung36 in einer kleinen innovativen Firma, die sich auf die Herstellung einer neuartigen Technologie spezialisiert hat. Die Technologie ist vielversprechend, ihr Potential wird aber von anderen Wettbewerbern noch nicht gesehen. Die Entwicklung gelingt, das Produkt wird zu einem weltweiten Erfolg. Die Gewinne sprudeln kräftig. Der Staat entschließt sich, seinen Anteil zu veräußern und den Gewinn auf den weltweiten Kapitalmärkten anzulegen.37 Dadurch sind seine Finanzen auf Jahre gesichert, so dass er keiner Steuern mehr bedarf. Dieses Beispiel mag auf den ersten Blick konstruiert erscheinen. Es ist aber nur eine leichte Steigerung dessen, was dem finnischen Staat mit seiner Investition in das Mobilfunkunternehmen Nokia widerfahren ist.38 In diesem Falle könnte der Staat ohne Partizipation am Ertrag inländischen privaten Wirtschaftens auskommen. Gleichwohl ließe sich, soweit die Umsatzsteuer erhoben würde, wohl nicht behaupten, der Staat habe sich verfassungswidrig verhalten. Die Grundrechte39 dürften keine Garantie der grundsätzlich partizipierenden Finanzierung vorsehen.40 Der Schutz des Erworbenen durch Art. 14 GG wäre bei einer reinen Finanzierung über frei vereinbarte Rechtsgeschäfte schon gar nicht betroffen. Art. 12 GG gewährt nach ganz anerkannter Auffassung ________________________ 35 Hingegen soll nicht versucht werden, aus den Finanzmonopolen des Grundgesetzes in Art. 105 Abs. 1; 106 Abs. 1 und 108 Abs. 1 GG sowie den Hinweisen auf Erwerbsbetriebe in Art. 110 Abs. 1; 115; 135 Abs. 3 und 6 GG Folgerungen gegen die Verfassungsgarantie des Steuerstaates zu ziehen (so aber etwa G. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 1969, 270). Denn man kann in diesen durchaus (hergebrachte) Ausnahmen sehen, die nichts zu einer Ausweitung bestimmen. 36 Damit ist dem bisweilen angenommenen Erfordernis eines unmittelbaren Gemeinwohlbezugs (vgl. dazu W. Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 420 m. w. N.) genügt. 37 Angesichts der mit Besteuerung verbundenen Wohlfahrtsverluste besteht keine Pflicht, die Erlöse an die Bürger auszukehren und in den Folgeperioden wieder Steuern zu erheben. 38 Zu europarechtlichen Grenzen s. J. Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbots für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 2001. 39 Diese sind Mittel für den Schutz der Verwirklichung individueller Freiheit. Jenseits dessen (aber auch nur jenseits dessen!) gibt das Grundgesetz keine konkrete Wirtschaftsordnung vor, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Investitionshilfeentscheidung (1 BvR 459 et al. v. 20.7.1954, BVerfGE 4, 7, 17 f.) bereits früh festgestellt hat, vgl. dazu etwa M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 357 f. 40 Vgl. W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts in theoretischer und tatsächlicher Hinsicht, in Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Gebührenstaat zum Steuerstaat, 2000, 10, 17. A. A. J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS für H. P. Ipsen, 409, 432.
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Die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit
keinen Schutz vor Wettbewerb.41 Er schützt insbesondere grundsätzlich nicht vor (nicht übermächtiger) Konkurrenz durch den Staat,42 denn die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand kann nicht allgemein als Eingriff in die Berufsfreiheit verstanden werden.43 Auch Art. 106 Abs. 3, 5 und 5a GG stehen dem wohl nicht entgegen:44 Die Normen können nur eine äußerste Schranke setzen, die einer wesentlichen Staatsfinanzierung durch Eigenwirtschaft des Staates nicht entgegenstünde. Das ergibt sich daraus, dass die Umsatzsteuer wie erwähnt nicht abgeschafft werden könnte. Nimmt man daher an, dass sie ein hinreichendes Finanzvolumen hervorbringt, so dass der Finanzbedarf von Ländern und Gemeinden gedeckt ist, so müssen weitere Steuern nicht erhoben werden. Mithin kommt an sich der partizipatorischen Dimension ein nur eingeschränkter normativer Gehalt zu: Den zwingenden Vorgaben ist genügt, wenn der Staat Steuern in nicht völlig zu vernachlässigendem Umfange erhebt. Darüber hinausgehend muss der Staat von den einzelnen Steuern nur die Umsatzsteuer erheben. d) … aber Geltung für die Einkommen- und Umsatzsteuer Für die zwei wichtigsten Einzelsteuerarten, wenn er sie erhebt,45 ist dem Gesetzgeber jedoch weitergehend eine partizipatorische Struktur verbindlich vorgeschrieben: Zu den typusprägenden Merkmalen der Einkommen- und Körperschaftsteuer gehören der Zugriff auf den Überschuss privaten Wirtschaftens und damit das Nettoprinzip.46 Die Umsatzsteuer gehorcht nach der dafür maßgeblichen ständigen Rechtsprechung des EuGH dem Neutralitäts-
________________________ 41 Vgl. BVerfG v. 1.2.1973, 1 BvR 426, 430,434, 443, 451, 452, 453, 479, 505, 573/72, BVerfGE 34, 252, 256; H.-D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 12 Rz. 15 f. 42 H.-D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 12 Rz. 16. und G. Manssen, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 12 Rz. 79 ff. je m. w. N. 43 S. umfassend P.-M. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 1991, 313 ff. 44 Für die Möglichkeit einer Abschaffung der Einkommen- und der Körperschaftsteuer etwa K.-A. Schwarz, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Band. 3 2001, Art. 106 Rz. 63. Tendenziell aus finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch W. Hidien, in Dolzer/Vogel (Hrsg.), BK, Art. 106 Rz. 1332 (Stand November 2002), der allerdings auf grundrechtlich-soziale Hindernisse verweist; diesen könnte aber u. U. durch eine entsprechende Ausgestaltung der Umsatzsteuer in Kombination mit einem System nicht-kontingenter Sozialleistungen Rechnung getragen werden. 45 Wie bereits erwähnt, ist die Umsatzsteuer europarechtlich verpflichtend vorgeschrieben, während die Einkommensteuer theoretisch abgeschafft werden könnte. 46 Dazu näher Kap. 9 I 2 b) (S. 342 ff.).
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
gebot.47 Danach sind für die endgültige Bemessung der Umsatzsteuer allein die vom Verbraucher als nach der Vorstellung des Gesetzgebers materiellem Steuerträger geleisteten Zahlungen maßgeblich. Zahlungen von Unternehmern an andere Unternehmer scheiden im Ergebnis regelmäßig aus. Das gilt selbst dann, wenn Erstattungen von in der Lieferkette vorangegangenen Herstellern an einen nachfolgenden Händler erfolgen, ohne dass dieser vorher direkt an den Hersteller gezahlt hätte.48 Jedenfalls für diese Steuern kann der Vorwurf der Hypostasierung, also der Verselbständigung eines Denkbehelfs oder Hilfsbegriffs statt der Subsumtion unter konkrete Normen, nicht erhoben werden.49
II. Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension Im vorangehenden Abschnitt wurde dargelegt, dass die partizipatorische Dimension der Steuerstaatlichkeit jedenfalls für die Erhebung der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer Geltung beansprucht. Daraus folgt nicht nur, wie bereits oben erwähnt, dass der Steuerstaat langfristig die Leistungsmotivation seiner Bürger erhalten muss. Vielmehr ergeben sich, insbesondere wenn man die in der Typisierungsdiskussion50 bisher vernachlässigten Erkenntnisse der „Informationsrevolution“ in der Ökonomik einbezieht, die bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel angedeuteten zwei wichtigen strukturellen Vorgaben für das Steuerrecht im Allgemeinen und damit auch für die steuerliche Behandlung von Humankapitalinvestitionen im Besonde________________________ 47 St. Rechtsprechung, vgl. insbes. EuGH v. 4.12.1990 Rs. C-186/89, Slg. 1990, I-4363, Rdnr. 17 – Van Tiem; jüngst etwa EuGH v. 26.6.2003 Rs. C-305/01, Slg. I-6729, Rdnr. 53 ff. – MKG Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH. Vgl. zu diesem Grundsatz umfassend W. C. Lohse, Der Neutralitätsgrundsatz im Mehrwertsteuerrecht, in Achatz/ Tumpel (Hrsg.), EuGH-Rechtsprechung und Umsatzsteuerpraxis, 2001, 47 ff. 48 EuGH v. 15.10.2002 Rs. C-427/98, Slg. 2002, I-08315 – Kommission/Deutschland, Preisnachlassgutscheine; EuGH v. 16.1.2003 Rs. C-398/99, Slg. I-00427 – Yorkshire Co-operatives. 49 Dieser Vorwurf gegenüber der Argumentation aus dem Steuerstaatsprinzip findet sich etwa bei R. Hendler, Staatsfinanzierung durch Gebühren oder Steuern – Vor- und Nachteile aus juristischer Perspektive, in Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Gebührenstaat zum Steuerstaat, 2000, 68, 83 unter Berufung auf das von H. Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. 1960, 182 entdeckte und scharf kritisierte Konzept. 50 So kann man etwa M. Strahl, BB 1997, 341 ff., der ohne weiteres davon ausgeht, dass eine telos-orientierte stärkere Berücksichtigung des Einzelfalls auf Grundlage des Typus zu einem Mehr an Steuergerechtigkeit führt, aber auch J. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, 177 ff., der den Gerichten die Aufklärung des Sachverhalts in allen seinen Einzelheiten aufgibt, nur dann zustimmen, wenn die Annäherung an den Einzelfall auch dem wahren Sachverhalt hinreichend nahe kommt und nicht nur dem vom Steuerpflichtigen geltend gemachten. Weniger verifizierbarkeitsoptimistisch z. B. H. Weber-Grellet, BB 1996, 1415, 1419.
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Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension
ren: Der Steuerstaat darf angesichts verbreiteter Steuerunehrlichkeit die steuerliche Belastung weder von nichtverifizierbaren Merkmalen (1) noch von typischerweise beim Steuerpflichtigen nicht definierten Merkmalen (2) abhängig machen. Diese werden im Folgenden dargestellt. Dabei ist freilich im Hinterkopf zu behalten, dass diese strukturellen Vorgaben sich zwar aus der partizipatorischen Dimension motivieren lassen, sie aber nicht durch bloße Berufung auf die Steuerstaatlichkeit für normativ verbindlich erklärt werden können. Denn ansonsten droht eine Projektion in das und eine anschließende Ableitung aus dem Grundgesetz.51 Die zwei Folgerungen stehen aber auch gar nicht unter der verfassungsrechtlichen Prämisse der Steuerstaatlichkeit. Vielmehr werden sie aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Gebot einer – nicht zuletzt im tatsächlichen Belastungserfolg – gleichen Verteilung der Steuerlast abgeleitet.
1. Verbot nichtverifizierbarer Tatbestandsmerkmale Das Verbot nichtverifizierbarer Tatbestandsmerkmale ergibt sich aus dem Zusammentreffen von zumindest partieller Steuerunehrlichkeit zahlreicher Steuerpflichtiger einerseits mit asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Steuerpflichtigen und dem in seinen Kontrollmöglichkeit beschränkten Steuerstaat andererseits. a) Problem: Steuerunehrlichkeit und asymmetrische Information Geht man davon aus, dass die Individuen einer Gesellschaft primär ihren eigenen Nutzen verfolgen, so wirft die Bereitstellung öffentlicher Güter in großen Gruppen das wohlbekannte Problem des Free-Riding52 auf. Der Einzelne weiß, dass die Möglichkeit, öffentliche Güter53 in Anspruch zu nehmen, häufig unabhängig von der eigenen Beitragsleistung ist.54 Umgekehrt kommt sein Beitrag, wenn er ihn denn leistet, zugleich den anderen zugute, ohne dass es auf deren Beitrag ankäme. Der Einzelne zöge daher regelmäßig größeren Nutzen daraus, seine Mittel für den privaten Konsum zu verwen________________________
51 Auf diese Gefahr weisen zu Recht hin Vogel/Waldhoff, BK, Vorbem. zu Art. 104a– 115 GG Rz. 337 (Stand Dezember 1997) mit Hinweis auf ein sehr schönes Zitat von F. Nietzsche, Über Wahrheit und Lüge im außermoralische Sinne, in ders., Werke, Kritische Gesamtausgabe Band III/2, 1973, 377 sowie schon J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS für H. P. Ipsen, 409, 436, der allerdings bzgl. des dogmatischen Gehalts der Steuerstaatlichkeit etwas optimistischer ist. 52 Aus der steuerrechtlichen Literatur hierzu s. A. Steichen, Die Markteinkommenstheorie: Ei des Kolumbus oder rechtswissenschaftlicher Rückschritt, FS für K. Tipke, 365, 376 f. 53 Zur Definition vgl. Kap. 2 I 2 b), dort Fn. 28 (S. 70). 54 Im Bereich der Steuer ist der fehlende konkrete Konnex zwischen Leistung und Gegenleistung sogar konstitutives Merkmal, vgl. die Definition in § 3 Abs. 1 AO.
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den. Verallgemeinerte man dieses Verhalten, so würden dem Staat die Mittel für die Bereitstellung der Güter fast vollständig fehlen. Das wäre ineffizient, weil sich eine Unterversorgung mit öffentlichen Gütern ergäbe.55 In der Ökonomik wurde daher zur Lösung des Problems eine Regel vorgeschlagen, die über Zwang funktioniert: Zur Finanzierung hat jeder Einzelne einen Beitrag entsprechend seiner persönlichen Wertschätzung zu leisten.56 Dieser Lösungsvorschlag setzt voraus, dass der Staat den individuellen Grenznutzen bzw. die Höhe des Indikators kennt. Genau darin liegt aber seine entscheidende Schwäche: Es ist für das Individuum nicht anreizkompatibel, seine wahre Bewertung offen zu legen. Denn je höher diese ist, desto höher ist auch die Zahllast, die das Individuum zu tragen hat, ohne dass dadurch sein Nutzen ansteigen würde. Der Einzelne profitiert daher regelmäßig davon, dass er seine Zahlungsbereitschaft zu niedrig angibt.57 Am Problem des Free-Riding ändert es auch nichts, wenn man die Beitragsleistung konsequent vom individuellen Nutzen des öffentlichen Gutes zu trennen versucht. Die Steuer würde von der Ausgabenseite her gerechtfertigt58 und dann entsprechend dem Leistungsfähigkeitsprinzip nach einem anderen Indikator, etwa dem Einkommen59 bemessen. Aber wiederum müssten der Staat den Indikator kennen oder die Individuen ihm die Fakten zutreffend mitteilen. Daran aber haben sie, ganz entsprechend den obigen Ausführungen zum Ansatz über die persönliche Wertschätzung, nicht ohne weiteres ein Interesse. Dies bringt das dem Kapitel vorangestellte Motto pointiert zum Ausdruck. Damit stellen sich dieselben Probleme, die im Rahmen der „Informationsrevolution“ in der Ökonomik aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhun________________________ 55 Die effiziente Bereitstellung bestimmt sich nach der sogenannten Samuelson-Regel, benannt nach dem Ökonomie-Nobelpreisträger aus dem Jahre 1970, Paul A. Samuelson (geb. 1915), der die Regel in seinem Beitrag in Review of Economics and Statistics 36 (1954), 387 ff. vorschlug. Danach sind öffentliche Güter soweit bereitzustellen, bis jede zusätzliche Einheit für die Einzelnen in ihrer Summe genauso viel Nutzen bringt, wie sie kostet. 56 Diese Regel wurde vom schwedischen Ökonomen Erik Lindahl (1891–1960) in seinem Beitrag „Positive Lösung – Gerechtigkeit der Besteuerung“, 1919 entwickelt. Eine Darstellung des im Einzelnen recht komplizierten Mechanismus findet sich etwa bei G. Myles, Public Economics, 1995, 271 ff. 57 S. zu diesem Einwand nur G. Myles, Public Economics, 1995, 279. Zur ökonomischen Forschung, die Mechanismen zu entwickeln versucht, wonach die Aufdeckung der eigenen Wertschöpfung anreizkompatibel wäre, vgl. statt vieler Bernholz/Breyer, Grundlagen der Politischen Ökonomie, Band 1, 1993, 105 ff.; G. Myles, a. a. O., 295 ff. Freilich ist dieses Problem „far from fully solved“, G. Myles, a. a. O., 306. 58 So z. B. K. Tipke, StRO I, 2. Aufl., 228 ff. 59 Zu anderen Indikatoren für Leistungsfähigkeit s. Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 103 ff.).
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derts immer wieder erörtert worden sind.60 Neben die bereits oben getroffene Annahme, dass jedes Individuum ausschließlich sein Eigeninteresse verfolgt, tritt als Kern der Modelle die weitere Annahme einer Informationsasymmetrie:61 Eine der beteiligten Parteien verfügt über Informationen, welche die andere Partei nicht kennt und deren Richtigkeit sie bei einer Mitteilung nicht überprüfen kann. Eine solche Asymmetrie ist in den beiden erörterten Konstellationen anzunehmen: Der Steuerpflichtige kennt seine persönliche Wertschätzung der öffentlichen Güter, der Staat hingegen nicht. Aber auch die zur Ermittlung des Leistungsfähigkeitsindikators, also vor allem des Einkommens, erforderlichen Tatsachen, kennt in ihrer Gesamtheit zunächst nur der Steuerpflichtige, nicht aber der Staat. In manchen Situationen ist das für den Steuerstaat nicht weiter nachteilig: Soweit es um für den Steuerpflichtigen günstige Tatsachen geht, hat dieser einen Anreiz, die Karten auf den Tisch zu legen und die Daten dem Staat mitzuteilen. Tätigt der Steuerpflichtige eine Betriebsausgabe, so trifft ihn für deren Vorliegen die materielle Feststellungslast. Er wird sich daher darum bemühen, diese dokumentieren zu können. Ein solcher Fall kann aber auch bei einem Mehrpersonenverhältnis vorliegen: Haben zwei Personen gegensätzliche Interessen bezüglich der Frage, ob der Staat von einer steuerlich relevanten Transaktion erfahren soll, so verbessern sich seine Chancen, davon in Kenntnis gesetzt zu werden. Das ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Abzug als Erwerbsaufwendung von der Benennung des Empfängers abhängig gemacht wird, vgl. § 160 Abs. 1 AO.62 Anderes aber gilt, soweit es sich um für den Steuerpflichtigen ungünstige Tatsachen handelt. Die Informationsasymmetrie kann hier für den Steuerstaat gravierende Konsequenzen haben: Stünden ihm keine Möglichkeiten zur Verfügung, den Steuerpflichtigen zu kontrollieren, würde ein eigennützig motivierter Steuerpflichtiger möglicherweise ganz auf die Zahlung verzichten. In dessen Verhalten liegt geradezu eine Umkehrung des Kantischen kategorischen Imperativs: Alle Steuerpflichtigen handeln gerade so, dass die ________________________ 60 Vgl. dazu auch schon Kap. 1 II 2 a) (S. 31 ff.). Für das Steuerrecht wurden deren Ergebnisse bisher nur spärlich rezipiert. Eine Ausnahme stellt etwa H. H. Knoop, Asymmetrische Information und Einkommensbesteuerung, 1985 dar; freilich hätte diese Arbeit von einer gründlicheren Auseinandersetzung mit der einschlägigen (ökonomischen) Literatur profitiert. 61 Zur Informationsasymmetrie auch F. Marx, DStZ 1988, 64 ff., der zu ihrer Aufhebung jedoch eine Prüfung in jedem Einzelfall vorschlägt; freilich leuchtet mir gerade in Anbetracht der Asymmetrie nicht ein, wie diese Prüfung die Wahrheit zutage bringen soll. 62 Vgl. zu einer ähnlichen Überlegung auch Ismer/Neuhoff, Border Tax Adjustments: A feasible way to address nonparticipation in Emission Trading, CMI Working Paper 36, www.econ.ac.uk./electricity/publications/wp/ep36.pdf, S. 4.
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Maxime ihres Handelns nicht verallgemeinert werden kann, weil sie nur dann die Leistungen der anderen in Anspruch nehmen können, ohne selbst einen Beitrag zu leisten. Das würde sogar dann noch gelten, wenn dem Staat zwar Verifikationsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, die Steuerhinterziehung aber gleichwohl einen positiven Erwartungswert hätte, weil nur geringe Strafen verhängt werden oder die Entdeckungswahrscheinlichkeit gering ist. Dann würde die hergebrachte ökonomische Theorie vorhersagen, dass alle Steuerpflichtigen zumindest ein wenig Steuern hinterziehen würden. Steuerhinterziehung wäre dann nichts anderes als ein Glücksspiel.63 Nun hat die neuere ökonomische Forschung zur Steuerhinterziehung ergeben, dass nicht alle Steuerpflichtigen dieses „Spiel“ mitmachen und derart eindimensional eigennützig handeln.64 Vielmehr gibt es weitere Faktoren, welche die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung nachhaltig beeinflussen: In der ökonomischen Psychologie geht man davon aus, dass die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung bei der Einkommensteuer dann größer ist, wenn der Steuerpflichtige mit einer Nachzahlung rechnet.65 Weiterhin führen generelle Rechtstreue und das Gefühl, Bürgerpflichten zu unterliegen,66 zu einer Reduktion der Bereitschaft zur Steuerhinterziehung.67 Außerdem sinkt die Bereitschaft, wenn die Bürger das Steuersystem für gerecht halten.68 Ja, darüber hinaus kann eine einseitige Orientierung am Modell des egoistischen, isoliert denkenden Steuerzahlers sogar zu kontraproduktiven Ergebnissen ________________________ 63 Eine aktuelle Übersicht über die hergebrachten („Taxpayer as a Gambler“ – Frank A. Cowell) Modelle auch mit Erweiterungen findet sich bei Andreoni/Erard/Feinstein, JEL 36 (1998), 418 ff. und bei Slemrod/Yitzhaki, Tax Avoidance, Evasion and Administration, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 3, 2002, Kap. 22, 1423 ff. Vgl. auch auf deutsch jüngst K. Beckmann, Steuerhinterziehung, 2003. 64 Alm/McClelland/Schulze, JPubE 48 (1992), 21 schreiben: „A purely economic analysis of the evasion gamble implies that most individuals would evade if they are ’rational’, because it is unlikely that cheaters will be caught and penalised.“ Diesbezüglich ebenso B. Torgler, Journal of Socio-Economics 32 (2003), 283 ff. 65 Elffers/Hessing, Journal of Economic Psychology 18 (1997), 289, 291 ff. m. w. N. 66 Vgl. dazu B. Frey, EJ 107 (1997), 1043 ff. 67 Orviska/Hudson, European Journal of Political Economy, 19 (2003), 83 ff. in einer Untersuchung zu Großbritannien. Ebendort, 91 findet sich das interessante Ergebnis, dass die Bereitschaft zur Hinterziehung auch von der Art der Steuer abhängt. Besonders negativ wurde der Betrug bei den Sozialleistungen bewertet, während der bei der Umsatzsteuer am wenigsten als verwerflich angesehen wurde. 68 M. Bordignon, JPubE, 52 (1993), 345 ff.; F. Cowell, Journal of Economic Psychology 13 (1992), 521 ff.; M. Vihanto, Journal of Socio-Economics 32 (2003), 111 ff. Dieser Zusammenhang ist auch von Klaus Tipke immer wieder betont worden, vgl. etwa K. Tipke, Besteuerungsmoral und Steuermoral, 2000, insbes. 89 ff. Zur verfallenden Steuermoral s. auch R. Scholz, Steuerstaat und Rechtsstaat, FS für W. Leisner, 1999, 797, 800 ff.
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Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension
führen: Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass Ankündigungen verstärkter Kontrollen durchaus zu einer Zunahme von Steuerhinterziehung führen können.69 Daraus folgt aber nicht, dass dem Eigennutz nicht vorgebeugt zu werden bräuchte. Denn erstens handelt es sich nur um zusätzliche Faktoren. Und zweitens zeigt gerade der letzte Punkt der Zunahme der Steuerhinterziehung, dass grundsätzlich eine Bereitschaft beim Bürger besteht, der Versuchung nachzugeben, das Recht zu brechen und Steuern nicht oder nicht vollständig zu zahlen. Demnach wäre es wenig sinnvoll, auf Kontrollen ganz zu verzichten. Auch bei vollständiger Abwesenheit von Verifikation mag es immer noch Bürger geben, die ihre Erträge freiwillig mit dem Staat teilen wollen. Nur gehören signifikante Anteile der Bevölkerung nicht zu dieser Gruppe. Das würde zwei Probleme aufwerfen: Zum einen würden zahlreiche staatliche Aufgaben in ihrer bisherigen Form mangels Finanzierbarkeit nicht mehr wahrgenommen werden können. Und zum anderen hätte die Steuer der Ehrlichen letztlich den Charakter einer Spende, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar wäre. b) Asymmetrie aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nur beschränkt behebbar Der Steuerstaat ist daher grundsätzlich darauf angewiesen, dass der Steuerpflichtige die Ergebnisse des privaten Wirtschaftens offen legt und dadurch die Informationsasymmetrie beseitigt.70 Diese soll nicht nur durch das den Finanzbehörden zustehende Instrument der eigenständigen Sachverhaltsermittlung im Ermittlungsverfahren,71 aber auch nachträglich im Wege der Außenprüfung, oder mit doppeltem Ziel der Ermittlung von steuerlich und ________________________ 69 Slemrod/Blumenthal/Christian, JPubE 79 (2001), 455 ff.: Sie untersuchen ein kontrolliertes Experiment, das die Steuerbehörden von Minnesota unternahmen und das u. a. die Androhung einer besonderen Überprüfung (audit) oder Appelle an das Gewissen der Steuerpflichtigen vorsah. Ergebnis dessen war, dass nur die Androhung eines audit einen signifikanten Effekt hatte. Dieser war für niedrige und mittlere Einkommensgruppen positiv, d. h. das erklärte Einkommen stieg; dabei stieg das Einkommen für die Steuerpflichtigen mit größeren Hinterziehungsmöglichkeiten besonders stark an. Jedoch ergab sich für Steuerpflichtige mit hohem Einkommen ein gegenteiliger Effekt: Bei diesen sank das angegebene Einkommen, möglicherweise, wie die Autoren vermuten, weil sie das erklärte Einkommen als erstes „Angebot“ ihrerseits begriffen und sich so eine bessere Verhandlungsposition sichern wollten. Appelle an das Gewissen blieben hingegen wirkungslos, vgl. auch Blumenthal/Christian/Slemrod, National Tax Journal 54 (2001), 119 ff. 70 Ein interessantes Modell findet sich bei K. Konrad, JPubE 79 (2001), 503 ff., der im Zusammenhang mit Humankapitalinvestitionen und der Zeitinkonsistenz der Besteuerung findet, dass die Informationsasymmetrie durchaus wohlfahrtsfördernd sein kann. 71 Vgl. insbes. den Amtsermittlungsgrundsatz des § 88 Abs. 1 AO.
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steuerstrafrechtlich relevanten Sachverhalten durch die Steuerfahndung72 abgemildert werden. Vielmehr sieht das Verfahrensrecht dort, wo der Steuerpflichtige besser stünde, wenn der Staat bestimmte Umstände nicht erfahren würde,73 umfangreiche Erklärungs- und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen vor.74 Diese Mechanismen führen dazu, dass es im Eigeninteresse eines rational handelnden, nur auf seinen eigenen Nutzen bedachten Individuums liegen kann, seinen Pflichten nachzukommen. Auch Individuen, die Erläuterungen, die Zahlung von Steuern sei für sie nobile officium, nicht zugänglich sind, werden so zu einem Verhalten gedrängt, dem sie, gesellschaftsvertragstheoretisch gedacht, zustimmen können, weil es die anderen auch tun müssen und dadurch der Staat in die Lage versetzt wird, öffentliche Güter in einem effizienten Ausmaß bereitzustellen. Jedoch kann die Informationsasymmetrie nur teilweise behoben werden. Trotz der Sanktionsinstrumente kommen nicht alle, in manchen Bereichen vielleicht sogar eher wenige,75 Individuen ihren Erklärungs- und Mitwirkungspflichten vollständig und zutreffend nach. aa) Tatsächliche Grenzen der Kontrolle Die tatsächlichen Möglichkeiten einer Kontrolle sind begrenzt. Das liegt zum einen bereits an objektiven Beschränkungen: Die der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden begrenzten Ressourcen machen es nötig, sich auf die wichtigsten Stellen zu konzentrieren. Ein in diesem Zusammenhang immer wieder genanntes Beispiel ist die Betriebsprüfungsordnung, mit der die Finanzbehörde für die Außenprüfung ihr Auswahlermessen durch Selbstbindung eingeschränkt hat.76 Danach werden die Betriebe in vier Größenklassen eingeteilt, wobei die Prüfungshäufigkeit positiv mit der Größe des Betriebs zusammenhängt. Im Durchschnitt werden Kleinstbetriebe daher nur ________________________ 72 § 208 Abs. 1 AO. 73 Unbeschadet dessen, dass die Finanzbehörden auch die für den Steuerpflichtigen günstige Tatsachen zu ermitteln und zu berücksichtigen haben, § 88 Abs. 2 AO. 74 Vgl. inbes. §§ 90; 93 ff.; 134 ff.; 140 ff.; 149 ff. AO; 25 EStG, 31 KStG, 18 UStG, 31 ErbStG festgeschrieben sind. Die Verletzung dieser Pflichten ist mittels eines differenzierten Systems von Verspätungszuschlag, Zinsen und vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen einerseits und steuerstraf- und steuerordnungswidrigkeitenrechtlicher Sanktion andererseits bewehrt, vgl. §§ 152, 233a, 328 ff., 369 ff., 377 ff. AO. In diesen Zusammenhang gehört auch die Einbindung Dritter, nicht zuletzt in Form des § 160 AO. 75 Vgl. insbesondere die Vorlage des IX. Senats des BFH an das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG, BFH v. 16.6.2002 IX R 62/99, BStBl. 2003 II, 74 und das dazu ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts v. 9.3.2004 2 BvL 17/02. 76 Statt vieler R. Seer, in TL, § 21 Rz. 233 ff.
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alle 60 Jahre geprüft.77 Zudem sind Beweismittel manipulierbar, so dass unter Umstände auch eine Kontrolle die Wahrheit nicht ans Licht bringen kann.78 Zum anderen sind subjektive Tatbestandsmerkmale grundsätzlich nur eingeschränkt dem Beweis zugänglich und damit überprüfbar. Für sie muss regelmäßig auf objektive Beweisanzeichen abgestellt werden,79 die aber immer nur eine beschränkte Korrelation mit dem wahren subjektiven Merkmal aufweisen. Nun mag man einwenden, dass dies eine zu pessimistische Sichtweise der Dinge sei. Denn insbesondere im Strafrecht scheue sich der Staat auch nicht, der subjektiven Seite maßgebliche Bedeutung für die Rechtsfolge zukommen zu lassen, sei es bei der Begründung der Strafbarkeit,80 bei der Rechtfertigung81 oder der Strafzumessung.82 Jedoch sollte man die zwischen dem Straf- und dem Steuerrecht bestehenden Unterschiede nicht verkennen. Bei ersterem geht es um die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs. Es gilt generell das Prinzip des in dubio pro reo. Daher wirken sich Zweifel und fehlende Bestimmtheiten regelmäßig zugunsten des Täters aus, so dass nur die Gefahr eines fehlerhaften Freispruchs droht. Im Steuerrecht hingegen gibt es das allgemeine Prinzip eines in dubio pro reo nicht. Vielmehr gelten bekanntlich im Falle einer Nichterweislichkeit die Regeln über die Feststellungslast.83 Danach trägt der Staat das Risiko der Nichterweislichkeit einer steuerbegründenden, der Steuerpflichtige das einer steuerentlastenden Tatsache. Das ist auch nur konsequent, denn im Steuerrecht würde nicht nur die fehlerhafte Entlastung eines Bürgers drohen, vielmehr führt im Steuerrecht die ungerechtfertigte Entlastung des einen zu einer ungerechtfertigten Belastung der anderen oder aber zu einer geringeren Fähigkeit des Staates zur Bereitstellung öffentlicher Güter. Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Rechtsgebieten liegt darin, dass das Straf________________________ 77 Krit. dazu etwa R. Seer, in TL, § 21 Rz. 234 m. w. N. 78 Zur Unzuverlässigkeit des Zeugenbeweises s. U. Foerste, NJW 2001, 321 ff., zur Manipulation von Anwesenheitsbescheinigungen bei Kongressen G. Rößler, StBp 1987, 285 f. Ob die Parteivernahme hier zuverlässig Abhilfe schaffen kann, erscheint mir zweifelhaft. 79 Vgl. dazu etwa die Kriterien zur Einkünfteerzielungsabsicht bei der Liebhaberei BFH v. 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl. 1984 II, 751. 80 Vgl. insbesondere § 15 StGB. 81 Wenn, allerdings im Einzelnen umstrittene (vgl. T. Leckner, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 26. Aufl. 2001, Vorbem. §§ 32 ff. Rdnr. 13 ff.) subjektive Rechtfertigungselemente gefordert werden. 82 § 46 Abs. 2 StGB („der bei der Tat aufgewendete Wille“). 83 Vgl. dazu nur R. von Groll, in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 96 Rdnr. 22 ff. insbes. 23.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
recht zumindest im Bereich der schwereren Delikte84 hochgradig individualisiert ist. Das Steuerrecht hingegen ist Massenfallrecht, was seine Eignung zur individuellen Nachprüfung gerade subjektiver Momente, solange die Verwaltungskosten in einem einigermaßen vertretbaren Rahmen bleiben sollen, im Regelfall weitgehend ausschließen muss. bb) Rechtliche Grenzen der Kontrolle Über die Beschränkungen im Tatsächlichen hinaus bestehen rechtliche Grenzen der Informationserhebung, die auch in einem mit unendlichen Ressourcen an qualifizierten Mitarbeitern ausgestatteten Staat nicht überwunden werden könnten: Der Steuerstaat darf und will nicht alles wissen, was er wissen könnte.85 Denn die durch das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung gesetzten Grenzen gelten, wie Paul Kirchhof zu Recht betont hat, auch im Steuerrecht.86 Man kann darin eine „datenschutzrechtliche Generosität des Rechtsstaates“ sehen.87 Die Begrenzung der Informationsermittlung steht im Spannungsverhältnis zur Gleichheit und Gerechtigkeit der Besteuerung.88 Jedoch zwingt das nicht dazu, generell der Gleichheit den Vorrang zu geben und dem Staat die Rechte eines Großinquisitors zu verleihen, wenn er nur geltend machen kann, seine Ermittlung würde auch der Gleichheit der Besteuerung dienen. Vielmehr besteht eine Prinzipienkollision.89 Bei der Formulierung einer abstrakt-generellen Regel sind die betroffenen Prinzipien zu einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen. Das bedeutet, dass für eine Alles-oder-Nichts-Lösung regelmäßig kein Raum sein wird. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wirkt daher als Begrenzung des Gebots der Gleichheit der Besteuerung. ________________________ 84 Bei der Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB, als einem der Massendelikte par excellence (so G. Arzt, in Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, 2000, § 38 Rz. 18) hingegen hat der Gesetzgeber, zumindest was den Strafrahmen betrifft, eine Gleichstellung von Vorsatz und Fahrlässigkeit vorgenommen und daher der Abgrenzung erheblich an Bedeutung genommen. 85 Gegen einen „administrative[n] ‚Entblößungszwang’“ bereits J. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, 145. 86 Vgl. dazu näher Kap. 9 I 3 b) (S. 352 ff.) sowie P. Kirchhof, Steueranspruch und Informationseingriff, in FS für K. Tipke, 27 ff.; ausführlich F. von Hammerstein, Der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre im Steuerrecht, 1993. S. auch P. Kirchhof, in KSM, § 2 Rz. A 111 ff. (Stand September 1986). Vor dem hier zugrunde gelegten Verständnis (vgl. im Einzelnen Kap. 3 (S. 92 ff.)) der Abgrenzung von Einkommens- und Privatsphäre begründet allerdings der Einsatz der Freizeit noch nicht zwingend die Zugehörigkeit zur Privatsphäre. 87 P. Kirchhof, Steueranspruch und Informationseingriff, in FS für K. Tipke, 27, 37. 88 Darauf weist K. Tipke, StRO I, 2. Aufl., 2000, 427 zu Recht hin. 89 Vgl. dazu insbes. R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, 78 f.
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Gerade im Bereich des Familienleistungsausgleichs finden sich Beispiele für einen Verzicht von Kontrollen: So wird bei der Möglichkeit zur Berücksichtigung von Zweitausbildungen bei § 33a Abs. 1 EStG nicht nach der Angemessenheit der Erstausbildung gefragt, da ansonsten zu tief in die Privatsphäre eingedrungen würde.90 c) Auswirkungen der Kontrollgrenzen auf das materielle Steuerrecht Nimmt man hin, dass diese tatsächlichen und rechtlichen Grenzen der vollständigen Beseitigung der Informationsasymmetrie entgegenstehen, dass also der Steuerstaat nicht alles wissen kann oder wissen darf, was der Steuerpflichtige weiß, dann bestehen zwei nicht notwendig gleichlaufende verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung des materiellen Steuerrechts. Erstens muss der Steuerstaat wegen des Gleichheitssatzes in Verbindung mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein materielles Steuerrecht entwerfen, das für einen hinreichend gleichmäßigen Vollzug91 keiner Informationen bedarf, die er nicht haben kann oder darf. Zweitens aber muss sein Steuerrecht zugleich ausreichend die Verwirklichung materieller Gleichheit im Sinne der Gleichbehandlung von Gleichem und der Ungleichbehandlung von Ungleichem befördern.92 Maßstab der Gleichheit im Steuerrecht ist die Leistungsfähigkeit93 und zwar, wie im hier diskutierten Kontext hinzufügen ist, die „wahre“, durch keine Informationsdefizite des Staates vernebelte Leistungsfähigkeit.
________________________ 90 BFH v. 20.12.1972 VI R 345/69, BStBl. 1973 II, 478. Ein weiteres Beispiel stellt die teleologische Reduktion des Begriffes der Berufsausbildung bei § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG im Falle der Beendigung der Berufsausbildung dar, vgl. Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 91 Zur Verpflichtung des Gesetzgebers materieller Steuernormen auf die Gleichheit im Belastungserfolg vgl. insbesondere das Zinssteuerurteil des Bundesverfassungsgerichts, BVerfG v. 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84. 239, 279 wonach die steuerliche Lastengleichheit fordert, dass „das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit so weit wie möglich in sich selbst trägt.“ Sowie neuerdings BVerfG v. 9.3.2004 2 BvL 17/02, HFR 2004, 471 sowie dazu Ch. Seiler, JZ 2004, 481 ff. 92 Zusätzlich bestehen auch freiheitsrechtliche Probleme einer ungenügenden Orientierung an den wahren Verhältnissen des Einzelfalls, so mit Recht J. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, 140 f., allerdings auch mit den Hinweis (a. a. O., 141), das „eigentliche grundrechtliche Schlachtfeld“ sei die Gleichheit. 93 S. dazu nur D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983; J. Lang, Konkretisierungen und Restriktionen des Leistungsfähigkeitsprinzips, FS für H. W. Kruse, 313 ff.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
Es ist Aufgabe des Steuerstaates, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen.94 Bis zu einem gewissen Grad fungieren dabei die rechtlichen und tatsächlichen Grenzen der Informationsbeschaffung als Stellschraube: Mit ihnen kann die Kenntnis des Staates verbessert werden und damit das tatsächlich durchführbare an das bei perfekter Information zu wählende Steuersystem angenähert werden, freilich nur um den Preis einer Beschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, also eines Freiheitsverlusts. Diese Anforderungen sind in der Ökonomik in den letzten Jahrzehnten thematisiert worden. Wie bereits im ersten Kapitel dargelegt, hat sich in dieser Wissenschaft ein Paradigmenwechsel ereignet, der Konstellationen von derart asymmetrischer Information explizit thematisiert hat.95 Eine der zentralen Arbeiten96 beschäftigte sich mit der Frage, wie ein optimales Einkommensteuersystem auszusehen hat. Sie unterschied zwischen einer die Leistungsfähigkeit festlegenden Variable (Fähigkeit), die aber für den Staat als nicht verifizierbar unterstellt wurde, und einer mit dieser Variablen zusammenhängenden anderen Variablen, dem – als verifizierbar unterstellten – Einkommen. Das Einkommen wird in diesem Modell annahmegemäß durch die Fähigkeit, aber auch durch die freie Entscheidung des Einzelnen bezüglich seiner – ebenfalls nicht nachprüfbaren – Arbeitszeit bestimmt. Der Staat steht dann vor dem Problem, dass er an den eigentlich relevanten Leistungsfähigkeitsindikator Fähigkeit keine Konsequenzen knüpfen kann, weil dieser nicht verifizierbar ist. Vielmehr muss er an das Einkommen anknüpfen und daraus auf die Fähigkeit zurückschließen. Dieser Rückschluss ist freilich nur dann möglich, wenn es für die Steuerpflichtigen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten optimal ist, die Arbeitszeit so zu wählen, wie es der Staat in seinem dem Rückschluss zugrunde liegenden Modell annimmt. Insbesondere darf es für den Steuerpflichtigen nicht möglich sein, durch geringere Arbeitszeit und der sich daraus ergebenden Besteuerung einen höheren Nutzen zu er
________________________ 94 Die Aufgabe der Auflösung dieses Spannungsverhältnisses begründet nach dem Verständnis dieser Arbeit eine erhebliche Freiheit des Gesetzgebers bei der Auswahl der Steuerobjekte der einzelnen Steuern, vgl. Kap. 3 III 2 (S. 102 ff.). 95 Kap. 1 II 2 a) (S. 31 ff.). 96 J. A. Mirrlees, RES 38 (1971), 175 ff. Zusammen mit Mirrlees wurde William Vickrey (1914–1996) der Nobelpreis verliehen. Vickrey hatte bereits im Jahre 1945 (W. S. Vickrey, Econometrica 13 (1945), 319, 329) ein Modell der umverteilenden Besteuerung aufgestellt, das in wesentlichen Zügen dem von Mirrlees entsprach. Er hatte freilich das Modell in seiner analytischen Komplexität noch nicht vollständig lösen können. Eine anschauliche Einführung bietet die Vorlesung von J. A. Mirrlees, EJ 107 (1997), 1311 ff. anlässlich der Verleihung des Nobelpreises an ihn.
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Folgerungen aus der partizipatorischen Dimension
zielen. Das Steuerrecht muss anreizkompatibel gestaltet werden.97 Der Staat hat die Reaktionen der Steuerpflichtigen auf sein Steuersystem einzubeziehen. Er muss sein Steuerrecht so gestalten, dass es für den Steuerpflichtigen optimal ist, sich so zu verhalten, wie es der Staat zur Erreichung seiner Verteilungsziele anstrebt. Diese Anforderung ist auch als self selection constraint bekannt.98 Ist die Anforderung nicht gewahrt, so können sinnvollerweise keine negativen Folgen an das Merkmal geknüpft werden. Die Anforderung gilt nicht nur für den Gesetzgeber,99 sondern ebenso für die Rechtsanwendung100 und damit insbesondere für die Rechtsprechung.101 Auch sie hat es um der Steuergerechtigkeit der tatsächlichen Durchführung willen bei der Auslegung von Gesetzen zu vermeiden, an nicht zuverlässig
________________________ 97 Freilich wurde das Einkommen (wohl im juristischen Diskurs gleichzusetzen mit dem Markteinkommen) als uneingeschränkt verifizierbar angesehen. 98 Eine weitere Konsequenz der asymmetrischen Information sei hier nur am Rande erwähnt: Der Steuerstaat, der an den Erträgen privaten Wirtschaftens teilhat, muss sich davor schützen, dass der Steuerpflichtige den Staat nur an den Nachteilen, nicht aber an den Vorteilen partizipieren lässt (Moral Hazard). Das ist der eigentliche Grund für die Verlustausgleichsbeschränkung für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften. Denn ob die Veräußerung innerhalb der jeweiligen Frist oder erst nach deren Ablauf vorgenommen wird, bestimmt regelmäßig der Steuerpflichtige. Dann aber hätte es der Steuerpflichtige andernfalls in der Hand, die Realisierung der Gewinne durch Abwarten der steuerfreien Sphäre zuzuweisen, die Verluste hingegen der steuerbaren Sphäre zuzuweisen. Darin läge ein Handeln des Steuerpflichtigen zu Lasten des Teilhabers Steuerstaat, so dass auch von Moral Hazard gesprochen werden kann. 99 Vgl. zur Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Besteuerung von Vermögenszuwächsen im Privatvermögen P. Kirchhof, Steueranspruch und Informationseingriff, FS für K. Tipke, 27, 42. 100 Allgemein zur leistungsfähigkeitsgerechten Auslegung von Fiskalzwecknormen M. Lehner, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, in FS für K. Tipke, 237 ff. 101 Vgl. auch K.-J. von Bornhaupt, FR 1972, 497, 498: „Da die Finanzgerichte nie sicher werden feststellen können, auf Grund welcher Gesichtspunkte sich ein Akademiker zur Ablegung der Doktorprüfung entschlossen hat, wird man auch hier typisierend vorgehen müssen und in allen Fällen … die Promotionskosten als Kosten der allgemeinen Lebensführung ansehen müssen, die … als Sonderausgaben abzugsfähig sind.“
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
verifizierbare Merkmale steuerliche Folgen102 zu knüpfen103 (materielle Typisierung).104 Für beschränkt verifizierbare Merkmale wie die Veranlassung einer Humankapitalinvestition durch eine steuerbare Tätigkeit105 bietet sich die widerlegbare (formelle) Typisierung an, die dem Steuerpflichtigen den Nachweis eröffnet, sein Einzelfall liege anders. Sie ist freilich nicht unproblematisch, da der vermeintliche Gegenbeweis nicht immer (nachprüfbar) richtig sein muss. Aus dieser Warte rechtfertigt sich das immer wieder kritisierte106 Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Hs. 2 EStG.107 Umgekehrt ist eine ________________________ 102 Der hier vertretene Ansatz geht über das von J. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976 (vgl. etwa 191) und H.-W. Arndt, Praktikabilität und Effizienz, 1982, 88 Vertretene insoweit hinaus, als hier die Irrelevanz von bestimmten Merkmalen des Einzelfalls nicht nur aus Notstandsgesichtspunkten für zulässig, sondern schon bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Norm (vgl. L. Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992, 73 ff.) für rechtlich geboten gehalten wird (zum engen Zusammenhang zwischen Steuergerechtigkeit und Praktikabilität s. auch W. R. Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, 1980, 173 ff.). Damit tritt zugleich der von Isensee (a. a. O., 17) aufgezeigte Konflikt zwischen Praktikabilität und Legalität in den Hintergrund. Ferner wird auch die Rechtsprechung und nicht nur die Verwaltung für die Typisierung gewonnen. 103 Auf die fehlenden Verifikationsmöglichkeiten stellt auch BFH v. 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl. 1971 II, 17, 19 ab: § 12 Nr. 1 EStG „will weiter im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit verhüten, daß solche Aufwendungen als vom Steuerpflichtigen durch den Betrieb veranlaßt dargestellt werden, ohne daß für das Finanzamt die Möglichkeit besteht, diese Ausgaben nachzuprüfen und die tatsächliche berufliche oder private Veranlassung festzustellen“ (Hervorhebung nur hier). Aus diesen Erwägungen erscheint das bereits bei den rechtlichen Grenzen der Kontrolle erwähnte Urteil BFH v. 20.12.1972 VI R 345/69, BStBl. 1973 II, 478 (zu Zweitausbildungen im Rahmen von § 33a Abs. 1 EStG) vollkommen zutreffend. 104 Der hier in Übereinstimmung mit L. Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992, 73 ff. vertretene Ansatz setzt auf der Ebene der für den Einzelfall konkretisierten Norm an. Die Diskussion um die Anwendbarkeit der (herkömmlichen) typisierenden Betrachtungsweise, die auf der Ebene des Sachverhalts ansetzt, ist daher nicht einschlägig. Auf der Ebene der Auslegung nimmt auch U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986, 197 eine eigenständige Bedeutung der generellen Gerechtigkeit für den Rechtsanwender an. Grundsätzlich wegen der Verschiedenheit der denkbaren Sachverhalte gegen materielle Typisierungen im Bildungsbereich U. Prinz, in HHR, § 9 EStG Rz. 273 (Stand Februar 1991). 105 Vgl. dazu Kap. 10 (S. 383 ff.). 106 Vgl. etwa W. Drenseck, Gedanken zum Aufteilungs- und Abzugsverbot, in FS für K. Offerhaus, 497 ff.; J. Lang, in TL, § 9 Rz. 240 und 248 f. m. w. N.; H. G. Ruppe, DStJG 3 (1980), 103, 124; H. Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 49 ff.; K. Tipke, StuW 1979, 193, 204. 107 Dazu überzeugend M. Völlmeke, DStR 1995, 745 ff.
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Entscheidung des FG Niedersachsen108 mit diesen Grundsätzen gänzlich unvereinbar. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautete: „Schreibt ein nebenberuflicher Fachbuchautor in einem Hotel auf Sylt das Manuskript für die Zweitauflage seines Handbuchs, so sind die Aufwendungen dafür auch dann als Betriebsausgaben abziehbar, wenn ihm bei seinem Arbeitgeber ein Dienstzimmer und in der eigenen Wohnung ein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer zur Verfügung steht.“ Denn es besteht kaum eine Möglichkeit zu überprüfen, ob der Steuerpflichtige die Fahrt allein zum Zwecke der Vorbereitung der Neuauflage angetreten hat und die Zeit vor Ort tatsächlich fast vollständig darauf verwandt hat, ohne den touristischen Reizen der Insel erlegen zu sein. Die Entscheidung kann daher im Ergebnis im Einzelfall nur zufällig richtig109 sein, die Methode der Entscheidungsfindung erscheint aber als sicher unzutreffend. Im Bereich der Humankapitalinvestitionen erklären sich daraus die strengen Regeln für die steuerliche Absetzbarkeit von Fortbildungsreisen an attraktive Urlaubsorte.110
2. Verbot der Anknüpfung an typischerweise nicht definierte Merkmale a) Problem: Informationsdefizite des Steuerpflichtigen Der partizipierende Steuerstaat hat eine weitere Informationsbeschränkung zu beachten, die logisch gesehen sogar vorrangig ist. Knüpft er an Kenntnisse, Vorstellungen und Absichten des Steuerpflichtigen an, dann setzt das nicht nur voraus, dass er diese erlaubtermaßen, vollständig und zuverlässig vom Steuerpflichtigen oder von Dritten erfährt. Vielmehr erfordert eine solche Anknüpfung selbstverständlich auch, dass die steuergesetzliche Norm nicht präziser ist als die subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen in der realen Welt. Die Vorstellungen des Steuerpflichtigen müssen aber nicht immer vollständig sein. So geht die Literatur zur Vertragstheorie davon aus, dass sich Vertragsparteien regelmäßig nicht für alle erdenklichen Szenarien einigen.111 Das ist auch in der Rechtswissenschaft seit langem bekannt, wie sich etwa aus den Figuren der ergänzenden Vertrags- oder Testamentsauslegung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergibt. ________________________ 108 FG Niedersachsen v. 12.12.2002, 11 K 335/02, DStRE 2003, 901 – rkr. 109 Das ist dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige im konkreten Fall ehrlich war und die Zeit tatsächlich mit dem Schreiben des Fachbuches zugebracht hat. 110 Vgl. dazu Kap. 4 IV 1 b) und c) (S. 181 ff.). 111 Vgl. Grossman/Hart, JPolE, 94 (1986), 691; J. Tirole, Econometrica 67 (1999), 741 ff.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
Die Unvollständigkeit der Vorstellungen muss nicht zwingend darin begründet liegen, dass es der Einzelne bloß unterlassen hat, sich Gedanken zu machen. Es kann durchaus sein, dass er, auch wenn er noch so gründlich nachdenkt, immer noch keine Vollständigkeit erreicht. Das möge ein Beispiel aus einem anderen Kontext illustrieren: In seiner Schrift „On Economic Inequality“112 sucht Amartya Sen113 unter anderem nach einem Maßstab, Ungleichheit in der Gesellschaft zu messen. Hergebrachte Ungleichheitsmaße setzten nicht nur Transitivität,114 sondern auch Vollständigkeit voraus (je zwei beliebig ausgewählte Zustände können anhand des Ungleichheitsmaßes derart beurteilt werden, dass entweder der erste Zustand weniger ungleich ist als der zweite, der zweite weniger als der erste oder aber beide gleich ungleich sind; eine Enthaltung ist nicht vorgesehen). Sen hingegen führt aus, es spreche einiges dafür, dass unsere Vorstellungen über Ungleichheit keine Vollständigkeit aufwiesen. Das aber müsse Konsequenzen haben für die Suche nach dem Ungleichheitsmaß: Dieses könne kaum präziser sein als das von ihm gemessene Konzept.115 b) Folgen der Informationsdefizite des Steuerpflichtigen für den Steuerstaat Die Unvollständigkeit beschränkt die Merkmale, an die der Steuerstaat in seiner Gesetzgebung anknüpfen kann. Nimmt er in den Tatbestand einer Norm ein subjektives Merkmal auf, das beim Steuerpflichtigen nicht „definiert“ ist, so macht er das Eingreifen der Norm letztlich von der Fähigkeit des Steuerpflichtigen zur Autosuggestion oder zur Lüge abhängig. Das ist in einem der Gerechtigkeit verpflichteten Steuerrecht nicht zielführend.116 Nun sind nicht alle Steuerpflichtigen gleich. Es kann also durchaus sein, dass bei einigen Steuerpflichtigen das subjektive Merkmal klar oder nicht gegeben ist, während sich andere gar keine Gedanken darüber machen. Bei der Formulierung abstrakt-genereller Normen kann der Steuerstaat sicherlich nicht einem einzelnen ein „Vetorecht“ gewähren in dem Sinne, dass, wenn er keine Vorstellungen über ein bestimmtes subjektives Merkmal hat, ________________________ 112 Erstmalig erschienen 1973. Zweite, um einen Anhang ergänzte Auflage 1997. Zum Problem der Messung von Ungleichheit s. auch F. Cowell, Measurement of Inequality, in Atkinson/Bourguignon (Hrsg.), Handbook of Income Distribution, 2000, 87 ff. 113 Zu A. Sen vgl. schon Kap. 1 I 1, dort Fn. 12 (S. 18). 114 Sie setzt voraus, dass, wenn ein Zustand als weniger ungleich angesehen wird als ein zweiter und der zweite weniger ungleich ist als ein dritter, dann der erste Zustand notwendig weniger ungleich als der dritte ist. 115 A. Sen, On Economic Inequality, 2. Aufl. 1997, 5 f. 116 Ein Beispiel dafür ist die Verwendungsabsicht bei Humankapitalinvestitionen durch ein Studium, vgl. Kap. 14 II 2 (S. 498 f.).
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dieses für die Anknüpfung ausscheiden muss. Vielmehr muss es für die Frage der Vereinbarkeit mit dem auf die Gleichheit des tatsächlichen Belastungserfolgs abzielenden Gleichheitssatzes darauf ankommen, ob dieses Merkmal wenigstens typischerweise definiert ist. Man könnte einwenden, das Recht habe die Möglichkeit, subjektive Merkmale nur dann anzuerkennen, wenn sie hinreichend klar vorliegen. Andernfalls könne einfach vom Nichtvorliegen ausgegangen werden.117 Die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der Absicht würde den Steuerpflichtigen treffen. Dann wäre die Vollständigkeit logisch zwingend118 gesichert. Dieser Einwand sieht sich jedoch vier Gegenargumenten ausgesetzt: Erstens wirft der Ansatz schon ohne Informationsasymmetrie das Abgrenzungsproblem auf, was genau als Schwellenwert für das „hinreichend klare Vorliegen“ heranzuziehen ist. Zweitens kann ein Gerechtigkeitsproblem der Ungleichbehandlung verschiedener Menschen entstehen: Denn bei objektiv gleichem Verhalten wird derjenige begünstigt, der sich hinreichend klare Vorstellungen vom Zweck seines Handelns macht. Wenn man die Klarheit der Vorstellungen für mit den kognitiven Fähigkeiten stark korreliert hält, dann würde gar eine neue Dimension der „Dummensteuer“ eröffnet. Drittens droht die Gefahr, dass ein Steuerpflichtiger zuerst sich und dann der Finanzbehörde einredet, die günstige Absicht habe immer vorgelegen bzw. die schädliche Absicht immer gefehlt. Es erscheint plausibel davon auszugehen, dass die Gefahr einer solchen Selbstmanipulation desto größer ist, je schwächer die maßgebliche Absicht typischerweise ausgeprägt ist.119 Viertens blieben die im vorhergehenden Abschnitt dargelegten Gefahren der Informationsasymmetrie immer noch bestehen, selbst wenn der Steuerpflichtige sich selbst gegenüber stets ehrlich wäre. Der Staat ist daher auf Verifizierbarkeit der Angaben des Steuerpflichtigen angewiesen, ansonsten ________________________ 117 Dieser Ansatz wird in der Tat für den Bereich der vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen gewählt, vgl. unten Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.). 118 Aus der Gesamtmenge aller Möglichkeiten würde eine bestimmte Teilmenge („hinreichend klares Vorliegen“) mit einer Rechtsfolge versehen, die Komplementärmenge (die Gesamtmenge ohne die Teilmenge „hinreichend klares Vorliegen“) mit einer anderen. Daraus wird deutlich, dass an alle möglichen Fälle jeweils eine Rechtsfolge angeknüpft wird und dass Vollständigkeit gegeben ist. 119 Das hier mögliche Gegenargument, es komme darauf an, dass die Absicht klar gegeben sei, verfängt nicht. Denn die Klarheit des Vorliegens befindet sich nicht zwingend mit der Intensität der Absicht in Gleichlauf. Das kann man sich mittels einer Metapher verdeutlichen: Ein schwacher Puls kann gleichwohl klar vorliegen. Verlangt man demgegenüber nicht (nur) ein klares, sondern (auch) ein starkes Vorliegen, so entstehen neue Gerechtigkeitsprobleme: Verhaltensweisen, bei denen regelmäßig die Absicht klar, aber nicht stark vorliegt, würden dadurch von einer Berücksichtigung ausgeschlossen.
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Grundlegende Folgerungen aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit
droht der Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es ist aber überzeugend anzunehmen, dass die Verifizierbarkeit zunimmt, wenn die Absicht typischerweise entweder klar vorliegt oder klar nicht vorliegt. Es ist daher daran festzuhalten, dass der Steuerstaat wegen des Allgemeinen Gleichheitssatzes an Merkmale auf der subjektiven Seite des Steuerpflichtigen nur dann anknüpfen darf, wenn die Absicht typischerweise entweder klar vorliegt oder aber nicht vorliegt. Erfüllt ein Merkmal diesen Test nicht, so hat der Steuerstaat ein anderes Kriterium oder aber eine gänzlich andere dogmatische Konstruktion zu wählen. Diese Folgerung ist gerade für Humankapitalinvestitionen von großer Bedeutung: Diese erstrecken sich typischerweise über einen längeren Planungszeitraum. Während dessen sieht sich der Einzelne vielfältigen Versuchungen ausgesetzt, ja in der Erweiterung des Horizonts und der Eröffnung vorher nicht gekannter Möglichkeiten liegt gerade ein Hauptzweck des Studiums. Dementsprechend darf der auf Besteuerungsgleichheit verpflichtete Steuerstaat die steuerliche Behandlung von längerfristigen Humankapitalinvestitionen nicht von ganz konkreten ex-ante Absichten abhängig machen, die bei Lernenden typischerweise gerade nicht definiert sind. Oder plastischer: Wer in der Oberstufe zu wissen vorgibt, dass er nach späterem Zweiten Staatsexamen in seinem Heimatort die elterliche Kanzlei übernehmen will, dem darf man Zielstrebigkeit oder Engstirnigkeit bescheinigen, steuerliche Unterschiede gegenüber einem Kommilitonen, der sich offener zeigt, dürfen sich nicht ergeben.120
III. Zusammenfassung Der Steuerstaat partizipiert mittels Steuern am Ertrag privaten Wirtschaftens. Aus dieser Grundaussage lässt sich neben der Steuervorrangsdimension auch die in diesem Kapitel erörterte partizipatorische Dimension herleiten. Zwar kann der partizipatorischen Dimension als solcher nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis keine Verbindlichkeit zuerkannt werden. Sie ist aber zweifellos mit der Verfassung besonders gut vereinbar. Aus der partizipatorischen Dimension lassen sich Folgerungen für die gleichheitsgerechte Ausgestaltung des Steuerrechts ziehen, die erstens auf der zwischen dem Steuerpflichtigen und den Finanzbehörden bestehenden Informationsasymmetrie und zweitens auf der fehlenden Determiniertheit subjektiver Merkmale basieren.
________________________ 120 Vgl. dazu näher Kap. 10 I 1 b) bb) (S. 392 ff.).
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Zusammenfassung
Das folgende Kapitel widmet sich dem letzten allgemeinen Konzept im Titel dieser Arbeit: dem System. Die Ausführungen zielen nicht darauf ab, einen Beitrag zur Methodenlehre oder Rechtsphilosophie zu erbringen. Vielmehr sollen sie die vom Autor eingenommene methodische Position darlegen, die der Arbeit im Weiteren zugrunde liegt.
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Kapitel 3: Systemdenken als methodische Grundlage Systemdenken als methodische Grundlage
„I like persons better than principles, and I like persons with no principles better than anything else in the world.“ Oscar Wilde, The Picture of Dorian Gray.1
Der Zustand des Steuerrechts wird immer wieder als Chaos bezeichnet.2 Vielfach ist die Klage geführt worden, das Steuerrecht werde nicht als Rechtsmaterie gehandhabt, sondern zum Vehikel von parteipolitischen Positionen und Gruppeninteressen gemacht, die über das Gemeinwohl gestellt würden.3 Als Antwort auf diese Misere hat Klaus Tipke spätestens mit seiner „Steuerrechtsordnung“4 den Systemgedanken5 im steuerrechtlichen Diskurs zu einer Zentralfigur gemacht. Er sieht eine systematische Konzeption zu Recht als Grundbedingung einer guten Steuergesetzgebung.6 Ferner hilft, wie er zutreffend ausführt, Systemverständnis dem Rechtsanwender dabei, für die Gesetzesauslegung und die Entdeckung von verdeckten Lücken7 erforderliche8 teleologische Orientierungsmaßstäbe zu gewinnen.9 Zudem kann der ________________________ 1 2
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O. Wilde, The Picture of Dorian Gray, in ders., The first collected edition of the Works of Oscar Wilde, Band 15, 1969, 15. So K. Tipke, StuW 1971, 2; ders., StRO II, 519; ders. StRO III, 1442 sowie A. Raupach, Wege aus dem Chaos, FS für F. Klein, 309 ff. jeweils m. N. Allerdings sind die Klagen über den Zustand des Steuerwesens nicht neu, sondern können wohl eher als historische (oder gar: anthropologische?) Konstante angesehen werden. So diagnostizierten J. Popitz, VJSchrStFR 1 (1927), 1, 5 f. ein „Steuerwirrwarr“, W. Flume, DB 1948, 502 ein Steuerchaos und K. Vogel, DStJG Bd. 12 (1989), 126 einen „Urwald oder Sumpf“. Gegen die Bezeichnung Steuerchaos aber H. WeberGrellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 26, 144. J. Lang, in TL, § 4 Rz. 1. K. Tipke, StRO I – III. Vgl. aber auch die Arbeiten zur Allgemeinen Methodenlehre, etwa C.-W. Canaris, Systemdenken; K. Engisch, Studium Generale 10 (1957), 173 ff.; Ph. Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, 142 ff. Allgemein zur Geschichte des Systemdenkens in der Jurisprudenz H. Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 5. Aufl. 1992, 246 ff. Zum verwandten Begriff „Kohärenz“ vgl. umfassend S. Bracker, Kohärenz und juristische Interpretation, 2000. K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 88. Zum Begriff Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaften, 3. Aufl. 1995, 210. J. Lang, in TL, § 4 Rz. 27 f. Zu weiteren Vorzügen vgl. K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 88 ff.
Systemdenken als methodische Grundlage
Gesetzgeber nach hier vertretener Auffassung im Rahmen einer Gleichheitsprüfung an seinem eigenen System gemessen werden. Diese Vorzüge begründen die Entscheidung, das Systemdenken zur methodischen Grundlage der vorliegenden Arbeit zu machen. Das Systemdenken bestimmt ihr Erkenntnisinteresse und zeichnet den weiteren argumentativen Gang der Darstellung vor: Wie bereits in der Einleitung angedeutet,10 sollen das System der steuerlichen Behandlung von Humankapitalinvestitionen dargestellt und Vorschläge zu seiner Verbesserung unterbreitet werden. Dementsprechend widmet sich der Zweite Teil dieser Arbeit der Bestandsaufnahme und der Dritte Teil der Systemoptimierung. Jedoch ist nicht zu verkennen, dass beim Systemansatz manches unklar und vieles strittig ist, und das leider nicht nur in den Randbereichen. Insbesondere kann aus der bloßen Feststellung von Systembrüchen noch nicht ohne weiteres auf eine Pflicht zu deren Beseitigung geschlossen werden. Vielmehr ist zuvor die zentrale Frage zu klären: Bis wohin reicht die Bindung von Gesetzgeber bzw. Rechtsanwender, wo beginnt der Bereich der bloßen rechtspolitischen Wünschbarkeit? Beantwortet man diese Fragen nicht, so droht wieder einmal die Gefahr, dass die Grundlagen in der Luft schweben.11 Das wäre umso weniger hinzunehmen bei einer Arbeit, die dem Systemgedanken eine derart prominente Stellung einräumen will, wie dies hier der Fall ist. Dementsprechend wird im Folgenden das für den weiteren Verlauf zugrunde gelegte Verständnis für die Systembindung von Rechtsanwendung und Rechtssetzung12 dargelegt. Dazu wird nach terminologischer Klärung des Begriffes „System“ (I) aufgezeigt, warum der Rechtanwender weitgehend an das System gebunden ist (II), während der Gesetzgeber außerhalb der Bindung an höherrangiges Recht weitgehend frei ist (III.).
________________________ 10 Einleitung II (S. 5 ff.). 11 Vgl. das Zitat von Franz Grillparzer, das der Einleitung zum Ersten Teil (S. 13) als Motto vorangestellt ist. 12 Vgl. H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 149, der zwischen Systembildung und -bindung einerseits und Systemerkenntnis andererseits unterscheidet. Das Konzept der Fallnorm von W. Fikentscher, Methoden des Rechts IV, 1977, 129 ff., der wegen der Wandlungsbedürftigkeit des Rechts in der Zeit die rechtsfortbildende Rolle der Gerichte betont (vgl. insbes. S. 144), scheint mir hingegen auf das Steuerrecht nur beschränkt zu passen.
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Systemdenken als methodische Grundlage
I. Terminologische Klärungen Das System wird – im Sinne einer regulativen Idee – verstanden als eine durch Freiheit von Wertungswidersprüchen13 gekennzeichnete rechtliche Ordnung. Elemente des Systems sind rechtliche Sätze,14 die durch ein Gefüge von in Prinzipien benennbaren Zwecken oder Werten so verbunden sind,15 dass keine Wertungswidersprüche bestehen. Die Prinzipien sind entweder als höherrangige gesetzt oder im Wege der Induktion aus den rechtlichen Sätzen zu gewinnen; die Grenzen zwischen beiden Arten sind fließend, was aber mit Blick auf die einheitlichen Maßstäbe auch unschädlich ist. Sie erklären die rechtlichen Sätze, können diese aber auch durch die Erklärung modifizieren. Die Prinzipien stehen in keinem generell gültigen hierarchischen Verhältnis zueinander.16 Vielmehr bestimmt ihre Betroffenheit im Einzelfall nach den Grundsätzen des beweglichen Systems17 den Vorrang. Unter Systemhaftigkeit rechtlicher Entscheidungen von Gesetzgeber und Rechtsanwender soll deren Ausrichtung am Maßstab der regulativen Idee des Systems verstanden werden. Es bietet sich weiterhin an, zwischen ein________________________ 13 Hier wurde auf Kohärenz und Folgerichtigkeit als andere mögliche Begriffe verzichtet. Der Begriff der Kohärenz (vgl. J. Dickson, Interpretation and Coherence in Legal Reasoning, Version Herbst 2001, URL = http://plato.stanford.edu/archives/fall2001/ entries/legal-reas-interpret/) leidet unter uneinheitlichem Sprachgebrauch (umfassend dazu S. Bracker, Kohärenz und juristische Interpretation, 2000, 1 ff. und 170). Auch der Begriff der Folgerichtigkeit, der sich in neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wiederholt findet (vgl. die Nachweise in BVerfG v. 10.11.1999 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, 155), wird hier nicht als konstitutives Merkmal des Systembegriffs gesehen. Denn er ist nicht rein deskriptiv und wertungsneutral. Zudem stellt ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit zumindest nach einer Auffassung (P. Kirchhof, HStR V, § 124 Rz. 231 f.) eine besonders schwere Systemwidrigkeit dar, so dass ein definitorischer Zirkel drohen würde. 14 Primär gesetzte Rechtsnormen, aber auch Gewohnheitsrecht und Richterrecht. 15 Ähnlich R. Prokisch, Folgerichtigkeit, 295. Anders C.-W. Canaris, Systemdenken, 12 ff. (dazu sogleich). Wiederum anders W. Fikentscher, Methoden des Rechts IV, 103 ff., der ein System i. e. S. annehmen will, wenn man von zwei Punkten aus mittels eines Prinzips auf einen dritten schließen kann. Er sieht daher zwei entscheidende Elemente für seinen Systembegriff: Prinzipien und Begründungsfunktion. 16 Vgl. R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, 142 für grundrechtliche Prinzipien; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, 224. Daher erscheint es nicht unbedenklich, das Leistungsfähigkeitsprinzip mit K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 69 als Fundamentalprinzip zu bezeichnen und damit schon innerhalb dieses Prinzips zahlreiche Spannungen bestehen zu lassen. Für eine Vielfalt von (Fundamental-)Prinzipien im Steuerrecht auch H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 160 ff. 17 W. Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im Bürgerlichen Recht, 1950, insbes. 5 und 14 ff.
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facher und qualifizierter Systemhaftigkeit zu unterscheiden.18 Einfache Systemhaftigkeit setzt nach hier vertretener Auffassung eine logische und wertungsmäßige Widerspruchsfreiheit voraus.19 Sie fordert, Störungen mit den Vorgaben anderer rechtlicher Sätze und Prinzipien zu vermeiden. Qualifizierte Systemhaftigkeit gebietet darüber hinaus eine Transferdimension: Die den rechtlichen Sätzen und Prinzipien zugrunde liegenden Wertungen sind auch bei der Auslegung von Regelungen zu berücksichtigen, die sich auf Sachgebiete beziehen, für die keine bereichspezifischen Wertungen bestehen.
II. Bindung des Rechtsanwenders Für den Rechtsanwender ist Systemhaftigkeit vor allem eine methodische Verpflichtung, die seine umfassende Rückbindung an den Gesetzgeberwillen sicherstellt. Das gilt insbesondere dort, wo ausdrückliche Wertungen des Gesetzgebers nur ansatzweise und fragmentarisch vorhanden sind.
1. Weitreichende Bindung an das System des Gesetzes a) Systemansätze und „Constructive Interpretation“ In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz der Einheit der Verfassung als gesicherter Bestand der Methodenlehre zu werten.20 Auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte ist die Argumentation im Sinne einer Systemhaftigkeit von großer Bedeutung.21
________________________ 18 Vgl. dazu auch die Unterscheidung zwischen formaler und substantieller Kohärenz bei S. Bracker, Kohärenz und juristische Interpretation, 2000, 171 ff. einerseits und 177 ff. andererseits: Eine Satzmenge weise formale Kohärenz auf, wenn sie widerspruchsfrei und umfassend sei. Substantielle Kohärenz sei gegeben, wenn zusätzlich zur formalen Kohärenz die Elemente miteinander zusammenhingen, sich gegenseitig verstärkten. 19 Generell zu Kohärenztheorien S. Bracker, Kohärenz und juristische Interpretation, 2000, passim. 20 BVerfG v. 15.12.1970 2 BvF 1/69, 2 BvR 629/68 und 308/69, BVerfGE 30, 1, 19; v. 11.4.1972 2 BvR 75/71, BVerfGE 33, 23, 29; v. 22.5.1975 2 BvL 13/73, BVerfGE 39, 334, 368 und insbesondere v. 14.12.1965 1 BvR 413/60, BVerfGE 19, 206, 220, wo es ausführt: „Vornehmstes Interpretationsprinzip ist die Einheit der Verfassung als eines logisch-teleologischen Sinngebildes, weil das Wesen der Verfassung darin besteht, eine einheitliche Ordnung des politischen und gesellschaftlichen Lebens der staatlichen Gemeinschaft zu sein.“ 21 Mit der Kategorie des Wertungswiderspruchs wurde in knapp 1000 Urteilen der Finanzgerichtsbarkeit argumentiert, die in der Datenbank juris zugänglich sind. Davon entfallen 41 auf den Bundesfinanzhof (Stand April 2003).
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Dieser Ansatz wird in der Literatur22 aufgegriffen. Gewichtige Stimmen,23 namentlich Claus-Wilhelm Canaris, fordern mit Nachdruck eine qualifizierte Systemhaftigkeit: Der Rechtsanwender habe der Argumentation aus dem inneren System als Unterfall der teleologischen Auslegung24 große Bedeutung beizumessen.25 Er sei verpflichtet, danach zu forschen, welche der in Betracht kommenden Rechts- und Zweckvorstellungen bereits anderen, sachlich zusammenhängenden Normen derselben Rechtsordnung zugrunde lägen. Diese seien im Zweifel auch für die anzuwendende Norm maßgeblich.26 Grenzen erfahre das aus dem Gleichheitssatz27 herzuleitende Gebot der Auslegung aus dem inneren System dort, wo Wortlaut und Wille des Gesetzgebers zu einer Systemwidrigkeit klar seien.28 Ein verwandter Ansatz ist im Bereich der Common-Law-Rechtstradition sehr bedeutsam: Ronald Dworkins29 Verständnis von „Law as Integri________________________ 22 Kritisch freilich Th. Vieweg „Topik und Jurisprudenz“, 5. Aufl. 1974. Sehr kritisch dazu etwa U. Diederichsen, NJW 1966, 697, 700 mit dem Vorwurf, Viehweg würde sich primär gegen die axiomatische Argumentation richten. Vgl. aber auch J. Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 1972, 156 und M. Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, 1967, 150, die zwischen Topik und System keinen Gegensatz sehen, solange das System nur ein offenes ist. Kritisch ferner J. Raz, Ethics in the Public Domain, 1995, 261 ff. (Das dem folgenden zugrundeliegende Kapitel 8 dieses Buches, S. 261–303 ist zuerst als Aufsatz „The Relevance of Coherence“, Boston University Law Review 72/2 (März 1992) erschienen). Eine Zusammenfassung findet sich bei S. Bracker, Kohärenz und juristische Interpretation, 2000, 119 ff. 23 C.-W. Canaris, Systemdenken; E. A. Kramer, Juristische Methodenlehre, 1998, 65 ff.; J. Lang, in TL, § 4 Rz. 27; R. Wank, Die Auslegung von Gesetzen, 2. Aufl. 2001, 71. 24 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, 157. 25 C.-W. Canaris, Systemdenken, 91 spricht sogar vom höchsten Rang. Vorsichtiger hingegen F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, 454, der die Auslegung aus dem inneren System jedenfalls dann vornehmen will, wenn die wörtliche, die systematisch-logische (= äußeres System) und die historische Auslegung keine Lösung bieten. 26 F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, 454. 27 Zumindest, soweit die Ordnung betroffen ist, vgl. C.-W. Canaris, Systemdenken, 16; das – hier abgelehnte – Kriterium der Einheit leitet er aus der generalisierenden Tendenz der Gerechtigkeit ab, die er ebenfalls im Allgemeinen Gleichheitssatz verortet, C.-W. Canaris, Systemdenken, 16 f. Gegen eine Ableitung von Kohärenzerfordernissen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz J. Raz, Ethics in the Public Domain, 1995, 290. 28 Ganz h. M., vgl. nur die Vorrangregel bei C.-W. Canaris, Das Rangverhältnis der „klassischen“ Auslegungskriterien, FS für D. Medicus, 25, 55. Ist nur der Wortlaut klar, kommt nach allgemeinen Grundsätzen eine Analogie in Betracht. Ebenso für das Steuerrecht R. Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, 1996; J. Lang, in TL, § 5 Rz. 56 ff. sowie die Beiträge bei K. Tipke (Hrsg.), DStJG 5 (1982). 29 Dworkin ist der wohl bedeutendste lebende Vertreter einer im amerikanischen Sinne liberalen Rechtstheorie.
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ty“.30 Nach diesem Modell erfolgt die Rechtsanwendung31 zweistufig. Auf der ersten, sog. präinterpretativen Stufe habe sich der Rechtsanwender einen vorläufigen Überblick über die auszulegenden Regeln zu verschaffen. Auf der zweiten Stufe, der eigentlichen Auslegung, müsse er die Lösung seines Falles in diesen Rahmen einpassen. Dabei sei es möglich, einige auf der ersten Stufe gefundene Regeln zu verwerfen, d. h. als nicht einschlägig oder schlicht unzutreffend zu qualifizieren. Damit setzt er eine Trennbarkeit zwischen der Sammlung des zu erklärenden Materials und dessen Auslegung voraus. b) Entscheidung für den Systemansatz aa) Begründung der Maßgeblichkeit des Systemansatzes Ausgangspunkt ist die in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz. Ergibt sich aus dem im Wortlaut zum Ausdruck gekommenen Normzweck des Gesetzgebers eine mögliche und eindeutig determinierte Lösung,32 so haben die Richter sie auf den zu entscheidenden Fall anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn ihnen die vom Gesetz vorgesehene Lösung unzweckmäßig oder mit dem Rechtsganzen unvereinbar erscheint, solange die Norm nur nicht verfassungswidrig ist. Ist das Gesetz nicht derart eindeutig, so ist der qualifizierten Systemhaftigkeit der Vorzug zu geben. Dies ergibt sich aus dem Analogie-Argument, dem Gewaltenteilungs- bzw. Demokratieargument und dem Rechtssicherheitsargument: Erstens ist das Instrument der Analogie – abgesehen von Sonderfällen33 – einhellig anerkannt. Es lässt sich ohne weiteres aus dem Gebot der Vermeidung von Wertungswidersprüchen erklären, das sich umgekehrt als Verallgemeinerung des besonderen Falles der Analogie verstehen lässt. Zweitens spricht das Demokratieprinzip für eine strenge Bindung der Judikative, ja diese ist zu Recht als notwendiges Korrelat der richterlichen Unabhängigkeit auch unter demokratischem Gesichtspunkt bezeichnet worden.34 Dementsprechend ist es gem. Art. 20 Abs. 3 GG Aufgabe von Judikative und Exekutive, die Gesetze anzuwenden. Zudem statuiert Art. 97 GG ________________________ 30 R. Dworkin, Law’s Empire, 1986, 225 ff. 31 R. Dworkin, Law’s Empire, 1986, 14 („We will study formal legal argument from the judge’s viewpoint …“ Hervorhebung nur hier). 32 Vgl. zu dieser Vorrangregel C.-W. Canaris, Das Rangverhältnis der „klassischen“ Auslegungskriterien, FS für D. Medicus, 25, 55. 33 Wie Art. 103 Abs. 2 GG für Strafgesetze. Zur Mär des Analogieverbotes im Steuerrecht Kap. 3 II 1 a) (S. 96). 34 M. Kriele, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, VVDStRL29 (1971), 46, 64. Dem folgend E.-W. Böckenförde, HStR I, § 24 Rz. 22.
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eine strikte Bindung des Richters an das Gesetz. Demgegenüber obliegt es, was wiederum aus dem Demokratieprinzip folgt,35 dem Parlament, die grundlegenden Wertungen zu treffen.36 Die Rechtsprechung hat sich einer Eigenwertung enthalten, soweit bei einer Zusammenschau der Gesetze und damit aller Wertungen des Gesetzgebers trotz einzelner Durchbrechungen eine relativ eindeutige Wertung sichtbar wird. Andernfalls würde sie in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers übergreifen.37 Drittens schließlich bietet das Systemdenken Gewähr für Rechtssicherheit.38 Es dämmt die Freiheit der Rechtsprechung zur Eigenwertung ein, indem es auch dann noch Maßstäbe vorgibt, wenn die anderen Auslegungskriterien keine eindeutige Lösung bestimmen. Die größere Bindung bedeutet eine verbesserte Vorhersagbarkeit der Entscheidungen und damit die Vermeidung von Streitigkeiten. Zugleich werden die Steuerungsfähigkeit des Rechts39 verbessert und die Individuen in der Zuversicht bezüglich der Planbarkeit von Folgen ihrer Dispositionen gestärkt.40 bb) Reichweite des Systems Zum beachtlichen System gehören dabei alle rechtlichen Sätze, d. h. nicht nur solche des Steuerrechts, des Verfassungs- und Europarechts, sondern auch andere einfach-gesetzlich geregelten Rechtsmaterien. Das Gewicht der Prinzipien für den zu entscheidenden Fall bestimmt sich nach der Sachnähe – je ferner die geregelte Materie der vom Gericht zu entscheidenden Frage ist, desto geringer ist das Gewicht der vorhandenen Wertung – und nach dem Rang des rechtlichen Satzes, in dem das Prinzip verankert ist. Es ist im Regelfall nicht zulässig, für die Auslegung einer höherrangigen Norm auf Wertungen rangniedrigerer rechtlicher Sätze zurückzugreifen. Das gilt auch dann, wenn einem innerstaatlichen Gesetz eine europarechtliche Richtlinie zugrunde liegt, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung geboten ist. Wertungswidersprüche zu anderen Regelungen des ________________________ 35 Vgl. H.-P. Sommermann, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 2, 4. Aufl. 2000, Art. 20 Rz. 263. 36 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Wesentlichkeitstheorie (dazu etwa E. SchmidtAßmann, HStR I, § 26 Rz. 63 ff.; K. Stern, Staatsrecht I, 811 ff.) und den gerade für das Steuerrecht bedeutsamen Vorbehalt des Gesetzes (dazu etwa K. Stern, Staatsrecht I, 802 ff.). 37 Eine ähnliche Sichtweise liegt auch der subjektiven Auslegung zugrunde. Zu dieser vgl. K. F. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 2. Aufl. 2001, 611 f. 38 Den Nutzen des Systemdenkens für die Rechtssicherheit betont auch C.-W. Canaris, Systemdenken, 17. 39 Vgl. dazu etwa L. Fuller, The Morality of Law, 2. Aufl. 1969, 96 und allgemein 33 ff. 40 Zum auch verfassungsrechtlich hohen Wert dieses Gutes J. Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002.
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innerstaatlichen Rechts sind dann durch einen Transfer der europarechtlichen Wertung auch auf die anderen Normen des innerstaatlichen Rechts zu beseitigen. Das gilt qua innerstaatlichen Rechts41 insbesondere für die richtlinienkonforme Auslegung „überschießenden Richtlinienrechts“.42 Illustrieren lässt sich dies für den Bereich der steuerlichen Behandlung von Humankapitalinvestitionen an einer Entscheidung des FG Berlin.43 Eine im Sozialamt eingesetzte Beamtin hatte an einer politischen Studienfahrt nach Griechenland teilgenommen und dafür Sonderurlaub erhalten. Sie machte geltend, ihr seien Erwerbsaufwendungen entstanden wegen der Verpflichtung der Beamten, sich durch ihr dienstliches und außerdienstliches Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung i. S. des Grundgesetzes zu bekennen und für die Erhaltung einzutreten. Das erfordere einen Mindeststandard an politischem Allgemeinwissen. Man könnte daher versucht sein, ein Kohärenzargument heranzuziehen: Wenn der Staat seinen Beamten Verpflichtungen auferlegt, dann erscheint es stimmig, wenn er sich an den Aufwendungen beteiligt. Freilich gibt es mit dem Aufteilungs- und Abzugsverbot eine sachnähere Wertung, die einen Abzug verbietet und die Berufung auf das Kohärenzargument hindert. Dementsprechend ist die Entscheidung zu billigen, wenn sie die Abzugsfähigkeit verneint. cc) Verbleibender Nachteil Es soll aber ein Nachteil des systematischen Denkens nicht verschwiegen werden. Das prinzipiengeleitete Systemdenken garantiert bei einem radika________________________
41 EuGH Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695, 4725 Rz. 34 – ICI, allerdings unter Vorbehalt, dass durch die uneinheitliche Anwendung die Wirksamkeit der europarechtlichen Vorschrift in ihrem Anwendungsbereich nicht beeinträchtigt werden darf. A. A. aber Teile der deutschen Literatur, vgl. die Nachweise bei Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 548, dort Fn. 33. 42 Dabei geht es um Fälle, in denen ein Mitgliedsstaat eine Richtlinie durch Verweisung oder auf andere Weise auf Sachverhalte erstreckt, auf welche die Richtlinie selbst keine Anwendung beansprucht. Der Begriff wurde, soweit ersichtlich, erstmalig verwandt von Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 914. Vgl. zur Problematik näher M. Nettesheim in Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 249 EGV Rz. 151 (Stand August 2002); ähnlich Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 914. Enger W. Schroeder, in W. Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 249 EGV, Rz. 131. Zur Abgrenzung von den Fällen textgleicher Vorschriften und Umsetzungen trotz optout-Möglichkeit vgl. Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 547 f. Davon zu trennen ist die Frage nach einer Kompetenz des EuGH. Dieser überlässt in ständiger Rechtsprechung die Überprüfung der Entscheidungserheblichkeit des Europarechts für den konkreten Fall grundsätzlich dem vorlegenden Gericht, s. zuletzt etwa EuGH v. 7.1.2003 Rs. C-306/99, Slg. 2003, I-1, 64, Rz. 88 f. – BIAO. Vgl. auch Bravo-Ferrer Delgado/La Casta Muñoa, Common Market Law Review 29 (1992), 152 ff. und die Nachweise bei Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 914 ff. 43 FG Berlin v. 8.5.1979 V 52/79, EFG 1979, 542 – rkr.
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len Regimewechsel weniger Stabilität als eine Methode, bei der die rechtlichen Sätze unverbunden nebeneinander stehen. Weil die Modifikation einer Norm die Prinzipien des Systems und damit das Verständnis anderer Normen verändern kann, wird eine Ideologie des Gesetzgebers schneller umgesetzt, als wenn er dies selbst durch eine Vielzahl von Änderungen bewerkstelligen müsste, wie die Erfahrung mit der Ablösung des liberalen Rechtsstaats durch das nationalsozialistische Unrechtsregime44 und der Übergang zur kommunistischen Diktatur in der DDR zeigen. Dem letztgenannten Gesichtspunkt soll im Folgenden auch dadurch Rechnung getragen werden, dass in den zwei Unrechtsregimes gefällte rechtliche Sätze im Rahmen der folgenden Bestandsaufnahme45 regelmäßig keine Beachtung finden, wenn sie nicht in rechtsstaatlicher Zeit bestätigt wurden. Das betrifft insbesondere Urteile des Reichsfinanzhofs aus der NS-Zeit.46
2. Keine Selbstbindung der Gerichte Eine Selbstbindung der Gerichte an ihre eigenen Wertungen ist hingegen abzulehnen. Eine solche Ansicht sähe sich mit Blick auf die nur eingeschränkte Geltung des Grundsatzes des stare decisis für identische Fälle47 einem Argumentum a maiore ad minus ausgesetzt. Daher ist für Parallelfälle nur von einer Vermutung der Übertragbarkeit von Wertungen auszugehen,48 die im Übrigen auch noch schwächer ausfällt als die entsprechende Präsumtion bei Präjudizien.
III. Bindung des Gesetzgebers Die Stoßrichtung kehrt sich um, wo es um eine Bindung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht. Er ist – innerhalb des durch die Grundrechte ________________________ 44 Hierzu umfassend B. Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 5. Aufl. 1997. Aus steuerrechtlicher Perspektive R. Voß, Steuern im Dritten Reich, 1995, insbes. 196 ff. 45 Kap. 4 bis 9 (S. 115 ff.). 46 Damit soll weder behauptet werden, dass jedes Urteil den Sirenenklängen der Ideologie gefolgt wäre, noch gar jeder Richter für ideologisch belastet erklärt werden. Eine solche Sicht wäre sicherlich unzutreffend. Vielmehr geht es darum, die fehlende Übereinstimmung der Grundwerte und damit auch die fehlende Kontinuität der Grundlagen der Urteilsfällung deutlich zu machen. Zwar mag dieses Vorgehen die Determinierung der Rechtsordnung reduzieren. Der Preis dürfte aber schon deswegen nicht zu hoch sein, weil das Gewicht von über 60 Jahre alten Urteilen, die seither nicht bestätigt wurden, ohnehin nicht besonders groß ist. 47 Wenn sie sich nicht zu Gewohnheitsrecht verdichtet haben, was freilich im materiellen Steuerrecht mit Blick auf den Parlamentsvorbehalt kaum denkbar ist, s. etwa D. Birk, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Rz. 142 ff. (Stand Juli 1997) m. w. N. 48 Vgl. nur Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, 254 ff.
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und das weitere höherrangige Recht gespannten Rahmens (1) – grundsätzlich frei. Die Bindung an einfache Gesetze, die häufig49 eine Bindung an seine eigene Wertung und damit ein Konsequenzgebot ist,50 würde zu einem Machtzuwachs für die Gerichte führen51 und ist nur ausnahmsweise anzunehmen (2–4).
1. Umfassende Bindung an höherrangiges Recht Der Gesetzgeber unterliegt zahlreichen Bindungen an höherrangiges Recht. Im Verfassungsrecht muss er insbesondere die bundesstaatliche Kompetenzordnung, die Grundrechte, die Staatsstrukturprinzipien wie Rechts- und Sozialstaatsprinzip sowie das Leistungsfähigkeitsprinzip52 beachten. Gleiches gilt für das Europarecht, das für die indirekten, aber zunehmend auch die direkten Steuern von fundamentaler Bedeutung ist. Soweit die Bestimmungen Regeln enthalten und keine Ausnahmetatbestände eingreifen, ist der Gesetzgeber strikt gebunden. Soweit sie Prinzipien statuieren, ist er zu ihrer optimalen Durchsetzung verpflichtet.53
________________________ 49 Wenngleich nicht immer, wie das Verpackungssteuerurteil des Bundesverfassungsgerichts (dazu im Einzelnen unten Kap. 3 III 3 b) aa) (S. 106 ff.) zeigt. 50 Es ist in diesem Zusammenhang denn auch pointiert von einem Verbot des venire contra factum proprium des Gesetzgebers gesprochen worden. Vgl. P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, 273 (allerdings kritisch); Stern/Püttner, Grundfragen zur Verwaltungsreform im Stadtumland, 2. Aufl. 1969, 26. 51 F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 17. 52 M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 300 und R. Prokisch, Folgerichtigkeit, 302 f. weisen zu Recht darauf hin, dass es sich auch beim Leistungsfähigkeitsprinzip um ein Strukturprinzip handelt, das (als Prinzip!) für das gesamte Steuerrecht Geltung beansprucht und sich unmittelbar aus der Verfassung herleiten lässt, aber auch herleiten lassen muss. Zum Streit um die Herleitung des Leistungsfähigkeitsprinzip s. Vogel/Waldhoff, in Dolzer/Vogel (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Vorbem. zu Art. 104a – 115 GG Rz. 519 (Stand Dezember 1997): vierfache Radizierung in der Steuerertragsverteilung des Art. 106 GG, im Gleichheitsgrundsatz, im Rechtsstaatsprinzip und im Sozialstaatsprinzip; K. Vogel, HStR IV, § 87 Rz. 92 f., K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 322: Verankerung im Allgemeinen Gleichheitssatz; sowie M. Lehner, a. a. O, 299 ff., 322 ff. und 337 ff., der das Leistungsfähigkeitsprinzip aus freiheitsrechtlichen Vorgaben, dem Sozialstaatsprinzip und dem Steuerstaatsprinzip konkretisiert (tendenziell eher im Sinne des partizipatorischen Steuerstaatsbegriffs Lehner/Waldhoff, in KSM, EStG, § 1 Rz. A 148 f., vgl. oben Kap. 2 (S. 64 ff.). 53 Vgl. zu den Unterschieden zwischen Regeln und Prinzipien R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 71 ff. Anders K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 68, der nicht zwischen Regeln und Prinzipien unterscheiden will.
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2. Gesetzgeberische Freiheit bei der „Außenabgrenzung“ der Steuergesetze a) Meinungsspektrum Im Gegensatz zu dieser weitgehenden Bindung hat der Gesetzgeber nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts54 bei der Erschließung von Steuerquellen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit.55 Entscheide er sich dafür, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere aber nicht, so verletze er den allgemeinen Gleichheitssatz schon dann nicht, wenn der Finanzbedarf oder ein finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuertechnischer Grund die unterschiedliche Behandlung hinreichend motiviere.56 Aus dem Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung ergäben sich Anforderungen erst an die folgerichtige Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung.57 Diese Rechtsprechung hat in der Literatur Zustimmung58, aber auch vehemente Ablehnung erfahren.59 b) Begründung für die hier vertretene Freiheit des Gesetzgebers Im Ergebnis erscheinen die nur geringen Anforderungen an die Belastungsentscheidung zutreffend. Diese weitgehende Freiheit resultiert nach hier vertretener Auffassung aus zwei Gründen: aus gegenläufigen Prinzipien und aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip selbst.60 ________________________ 54 St. Rechtsprechung, wenn sich auch in jüngerer Zeit eine Verschiebung der Akzentuierung hin zu einem „Zwar“ ergeben hat: Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung von Steuertatbeständen zwar einen großen Spielraum, muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung aber konsequent umsetzen, vgl. BVerfG v. 22.6.1005 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 136; v. 22.6.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, 172. 55 Umstritten ist allerdings, inwieweit das Steuererfindungsrecht finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben unterliegt, vgl. dazu etwa P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1972, 72; K. Vogel, Zur Auslegung des Art. 106 GG, FS für K. Tipke, 93 ff. und Ch. Waldhoff, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Steuergesetzgebung im Vergleich Deutschland-Schweiz, 1997, 186 f. einerseits und K. Tipke, BB 1994, 1994, 437 sowie J. Lang, in TL, § 3 Rz. 4 m. w. N. andererseits. 56 BVerfG v. 30.10.1961 1 BvR 833/59, BVerfGE 13, 181, 202. 57 So BVerfG v. 17.11.1998 1 BvL 10/98, BStBl. 1999 II, 509 (Kammerbeschluss) unter Berufung auf BVerfG v. 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271. 58 H. Zitzelsberger, Die Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 184 ff. Inhaltlich verwandt Bühler/Stickrodt, Steuerrecht, 3. Aufl. 1959, 216; H.-W. Kruse, Einkommensteuer und Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, FS für K.-H. Friauf, 793, 796 f. 59 K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 328 f. 60 Daneben mag man sogar in Zweifel ziehen, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip überhaupt den zutreffenden Maßstab für die Verteilung der Steuerlast darstellt oder ob nicht vielmehr auf eine – abstrakte – Äquivalenz abzustellen ist. Dann würden sich freilich innerhalb des Äquivalenzprinzips Spannungen ergeben, die den für das Leistungsfähigkeitsprinzip im Folgenden dargestellten vergleichbar wären.
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aa) Ausgleich gegenläufiger Prinzipien Zum einen können Konflikte zwischen dem Leistungsfähigkeitsprinzip und anderen verfassungsrechtlich anerkannten oder zumindest zulässigen Prinzipien bestehen. Denn im Steuerrecht geht es nicht darum, allen ohne Rücksicht auf die sonstigen Folgen die gerechte Steuerlast abzuverlangen:61 Die Maxime „Fiat iustitia, pereat mundus“ ist eines menschengerechten Rechtsstaates nicht würdig. Der demokratische Gesetzgeber hat diese Konflikte aufzulösen, wobei ihm ein großer Spielraum zukommt.62 bb) Steuergerechtigkeit: Unbestimmte Leistungsfähigkeit und unklare Steuerinzidenz Zum anderen erscheint es möglich, die Freiheit des Gesetzgebers aus vier Gründen aus dem Gebot der Steuergerechtigkeit selbst herzuleiten. (1) Erstens kann es neben dem Einkommen auch noch andere Indikatoren der Leistungsfähigkeit geben. Zwar wird gerade aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip als Konkretisierung des Gebots der Steuergerechtigkeit die Verpflichtung gefolgert, nur den Ist-Ertrag zu besteuern.63 Es gibt aber auch andere Stimmen,64 die beispielsweise im Vermögen einen weiteren Indikator der Leistungsfähigkeit sehen.65 ________________________
61 So auch BVerfG v. 2.10.1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, 68: „Zu einer reinen Verwirklichung dieses Prinzips [scil.: des Leistungsfähigkeitsprinzips] ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet.“ 62 Zum Zielkonflikt zwischen der Besteuerung nach der wahren Leistungsfähigkeit und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vgl. schon oben Kap. 2 II 1 d) (S. 83 ff.). Derartige Zielkonflikte werden auch in der Ökonomik insbesondere im Spannungsfeld von Verteilungsgerechtigkeit und Effizienz immer wieder erörtert. Dabei geht man davon aus, dass bei der Besteuerung das Verfolgen von Gerechtigkeitszielen mit einem Effizienzverlust verbunden sein kann. Prägnant G. Myles, Public Economics, 1995, 6 f.: „Due to their distinct natures, it is inevitable that the aims of equity and efficiency regularly conflict.“ (S. 7). Ein schönes Beispiel bildet das Modell der Ramsey-Besteuerung, wo es zunächst nur um die Minimierung der Überschusslast durch die Besteuerung geht, vgl. F. Ramsey, EJ 37 (1927), 47 ff. Hier kann sich ein Spannungsverhältnis zwischen Effizienz- und Verteilungsüberlegungen ergeben, wenn man die Annahme von homogenen Individuen aufgibt, vgl. dazu etwa P. A. Diamond, JPubE 4 (1975), 227 ff. 63 Vgl. für die Einkommensteuer nur M. Lehner, Einkommensteuer und Sozialhilferecht, 1993, 43 m. w. N. Deutlich auch K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 497 f.: Das Leistungsfähigkeitsprinzip sei ein Ist-Prinzip, kein Sollprinzip. Von seinem Standpunkt der Markteinkommenstheorie konsequent P. Kirchhof, StuW 1984, 297, 298. Für eine Verfassungswidrigkeit der Gewerbesteuer vor diesem Hintergrund M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1433 f. für die Gewerbesteuer. 64 D. Birk, DStJG 19 (1999), 7 ff. 65 Vgl. auch J. Becker, Transfergerechtigkeit und Verfassung, 2001, 137, der das Vermögen als einzigen Indikator der Leistungsfähigkeit heranziehen will.
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(2) Zweitens ist, selbst wenn man auf das Einkommen als das alleinentscheidende Maß abstellt, dieses konzeptionell nicht vollständig bestimmt. Denn in der Ökonomik gibt es drei verschiedene Konzepte: Neben das Markteinkommen,66 für das sich die deutsche Einkommensteuer entschieden hat, treten das Comprehensive Income (Reinvermögenszugangstheorie)67 und das Full Income.68 Das Konzept „Comprehensive Income“ berücksichtigt die Tatsache, dass Individuen außerhalb ihrer regulären Erwerbstätigkeit für ihren eigenen Konsum produzieren.69 Will man die Rechtfertigung für die staatliche Steuererhebung nicht aus einer abstrakten Äquivalenz herleiten,70 sondern aus dem Gebot der gerechten Lastenverteilung als einem Fall der iustitia distributiva, so erscheint es näherliegend, die Früchte der Eigenproduktion unabhängig von einem Austausch zu berücksichtigen.71 Nach Auffassung von namhaften Vertretern in der Ökonomik sollte es noch weitergehend in einem idealen Steuersystem auf die Verdienstmöglichkeiten, also das „full income“72 ankommen. Die individuelle Entscheidung, zu ar-
________________________ 66 Dafür namentlich die Anhänger der Markteinkommenstheorie P. Kirchhof, in KSM, § 2 Rz. A 363, 365 (Stand September 1986) m. w. N.; H. G. Ruppe, DStJG 1 (1978), 1, 15 ff. Kritisch zur Markteinkommenstheorie hingegen etwa W. Schön, Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative im Lichte der Einkommenstheorien, FS für K. Offerhaus, 385, 395 ff.; K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 628 ff. 67 Erstmals G. von Schanz, Finanz-Archiv 13 (1896), 1 ff.; weitergeführt von R. Haig, The Concept of Income, in ders. (Hrsg.) Federal Income Tax, 1921, 1, 27.; H. Simons, Personal income taxation, 1938, 50. 68 Auf die weitere Unsicherheit, ob das in der jeweiligen Periode erzielte Einkommen oder das Lebenseinkommen der richtige Indikator wäre, sei hier nur am Rande hingewiesen, vgl. näher Kap. 9 I 2 c) (S. 351). 69 BVerfG v. 3.12.1958 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3 für die Besteuerung von selbstgenutztem Wohnraum; H. Söhn, Erwerbsbezüge, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, FS für K. Tipke, 343, 348 ff.; A. Steichen, Die Markteinkommenstheorie: Ei des Kolumbus oder rechtswissenschaftlicher Rückschritt, FS für K. Tipke, 365, 370 ff.; K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 628 ff. Gegen eine Beschränkung auf das am Markt erzielte Einkommen auch H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 98 und R. Wittmann, Das Markteinkommensprinzip, 1992. Aus ökonomischer Sicht gegen eine Beschränkung auf das monetäre Einkommen etwa Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 260; J. Stiglitz, Economics of the Public Sector, 2. Aufl. 1988, 511. Eine Beschränkung auf das Markteinkommen hält demgegenüber für freiheitsrechtlich geboten P. Kirchhof, in KSM, EStG, § 2 Rz. A 363, 365 (Stand September 1986) m. w. N. 70 Wie sie der Markteinkommenstheorie zugrunde liegt. 71 Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 566 ff.; J. Stiglitz, Economics of the Public Sector, 1988, 511. Dazu auch K. Tipke, StRO II, 563 ff. sowie J. Lang, in TL, § 8 Rz. 32. 72 G. Becker, EJ, 75 (1965), 493 ff.
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beiten oder zu konsumieren, würde sich somit nicht auf die Steuerlast auswirken, wohl aber die vom Individuum nicht beeinflussbare Fähigkeit.73 Ein direkter Zugriff auf das full income und das comprehensive income durch eine Besteuerung je nach individueller Verdienstmöglichkeit scheidet freilich aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken aus.74 (3) Drittens ist die Welt eben keine ideale. Schon vom Markteinkommen hat der Steuerstaat wegen der bestehenden Informationsasymmetrien75 nur beschränkte Kenntnisse. Noch weniger bekannt sind ihm der Umfang der Produktion jenseits der Erwerbssphäre durch den Steuerpflichtigen und erst recht dessen wahre Fähigkeiten. Dem Gesetzgeber sind gewisse Spielräume zuzubilligen, wie er mit dieser Unsicherheit umgehen will. (4) Viertens hat sich eine gerechte Steuerverteilung auch an der Frage zu orientieren, wer die Steuerlast im Ergebnis trägt.76 Das bereitet erhebliche Schwierigkeiten: Das Steuergesetz legt zwar fest, wer Steuerschuldner ist, gibt aber nicht unbedingt Auskunft darüber, bei wem die Last der Steuer tatsächlich anfällt. Ökonomische Modelle über Steuerinzidenz ergeben vielfach kontraintuitive Ergebnisse.77 So wurde bereits im Rahmen der ILRAModelle darauf verwiesen, dass eine umverteilende Besteuerung von (Human-)Kapitalerträgen auch für Nichtsparer wohlfahrtssenkend sein kann.78 Trotz der erheblichen Fortschritte in den letzten Jahren79 fehlen gerade in Deutschland verlässliche Ergebnisse und Modelle zur Analyse der
________________________ 73 So etwa Atkinson/Stiglitz, Lectures on Public Economics, 1980, 261. 74 P. Kirchhof, StuW 1985, 319, 324 f., was in Anbetracht der von ihm vertretenen Markteinkommenstheorie konsequent erscheint; dagegen ebenfalls D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 55, 147 und 167 und auch A. Steichen, Die Markteinkommenstheorie: Ei des Kolumbus oder rechtswissenschaftlicher Rückschritt, FS für K. Tipke, 365, 388. 75 Zu diesen s. auch schon Kap. 2 II 1 a) (S. 75 ff.). 76 Vgl. dazu etwa Kotlikoff/Summers, Tax Incidence, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 2, 1987, Kap. 16, 1043 ff.; Fullerton/Metcalf, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 4, 2002, Kap. 26, 1788 ff. Zu juristischen Folgen vgl. W. Schön, StuW 2004,62, 69 ff. 77 So auch Kotlikoff/Summers, Tax Incidence, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 2, 1987, Kap. 16, 1043, 1088 in ihrem Fazit. 78 Kap. 1 IV 3 a) (S. 150). 79 Vgl dazu Fullerton/Metcalf, in Auerbach/Feldstein (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Band 4, 2002, Kap. 26, 1788 ff.
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Steuerinzidenz. Das spricht für eine relativ große Freiheit des Gesetzgebers zur Festlegung des Steuergegenstands.80
3. Bindung an einfachgesetzliche Normen Neben der Bindung des Gesetzgebers an höherrangiges Recht wird in der Literatur und der verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung kontrovers diskutiert, ob der Gesetzgeber an einfachgesetzliche Normen und damit an seine eigenen Wertungen gebunden sein kann. Er wäre dann auch dort an die in einfachgesetzlichen Normen getroffenen Entscheidungen gebunden, wo dies nicht seinem Willen entspricht.81 Für das Steuerrecht ergeben sich daraus zwei Teilfragen:82 Die nach der Kompatibilität mit der Rechtsordnung als ganzer und die nach der Durchführung der Belastungsentscheidung. a) Verhältnis zur Gesamtrechtsordnung aa) Diskussion der Folgen von Wertungswidersprüchen Nachdem das Bundesverfassungsgericht – von der frühen Entscheidung zu Hinzurechnungen bei personenbezogenen Kapitalgesellschaften abgesehen83 – lange die Autonomie und die eigenständige Teleologie des Steuerrechts gegenüber dem Zivilrecht betont hatte,84 verschärfte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in zwei Entscheidungen85 zur kommunalen Verpackungssteuer der Stadt Kassel und zu Landesabfallgesetzen die Anforderungen geradezu revolutionär. Es verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip,86 ________________________ 80 Eine Grenze für die ungleiche Behandlung von unmittelbar in Wettbewerb zueinander Stehenden stellt jedoch der Grundsatz der folgerichtigen Umsetzung der Belastungsentscheidung dar. Daraus lässt sich insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts v. 20.12.1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12 ff. erklären. Ähnlich auch W. Schön, StuW 2004, 62, 71. 81 Zur Unterscheidung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Selbstbindung s. etwa F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 107 ff. 82 So auch Ch. Degenhart, 6 ff., 19 ff. Die beiden Dimensionen werden hingegen bei J. Lang, in TL, § 4 Rz. 9 ohne weiteres gleichgesetzt. Tendenziell für eine Gleichbehandlung auch P. Kirchhof, HStR V, § 124 Rz. 225. Krit. gegenüber einer zu kleinräumigen Binnenkritik H. Zacher, AöR 93 (1968), 344, 357. 83 BVerfG v. 24.1.1962 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331 ff. Dazu etwa R. Prokisch, Folgerichtigkeit, 297 f. 84 Vgl. etwa die Nachweise bei R. Prokisch, Folgerichtigkeit, 298 f. 85 BVerfG v. 7.5.1998 2 BvR 1876/91 et al., BVerfGE 98, 83; v. 7.5.1998, 2 BvR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106. 86 Zum zweiten Ansatzpunkt in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung (vgl. BVerfG v. 7.5.1998, 2 BvR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106, 118 f.) vgl. insbes. M. Rodi, StuW 1999, 105, 111 ff., der für eine Rückführung der Diskussion auf föderale Gesichtspunkte plädiert.
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wenn die rechtssetzenden Organe des Bundes und der Länder einander widersprechende Regelungen erlassen. Nach der lex-specialis-Regel habe die Sachgesetzgebung gegenüber Lenkungssteuern Vorrang, weil die Regelung von Verhaltenspflichten gegenüber der von Zahlungspflichten spezieller sei. Der Erste Senat hat die Grundsätze in seinem Urteil zum Bayerischen Schwangerenhilfegesetz87 wieder aufgenommen, allerdings für eine Konkretisierung des Bundesstaatsprinzips erklärt. Insbesondere das Verpackungssteuerurteil rief eine wahre Flut von in der Mehrzahl skeptischen Stellungnahmen in der Literatur hervor.88 bb) Notwendig restriktives Verständnis der „Einheit der Rechtsordnung“ Ein restriktives Verständnis des normativen Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung erscheint erforderlich.89 Wo tatsächlich ein verfassungsrechtlich nicht weiter determinierter Wertungswiderspruch90 vorliegt, kann dies nur in Ausnahmefällen zu einer Verfassungswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Norm führen. Der Gesetzgeber kann durch das Rechtsstaatsprinzip nicht zur Schaffung einer vollständig widerspruchsfreien Gesamtrechtsord________________________ 87 BVerfG v. 27.10.1998 1 BvR 2306/96 et al., BVerfGE 98, 265. 88 Krit. Ch. Brüning, NVwZ 2002, 33 ff.; J. Eschenbach, ZKF 1998, 246 ff.; P. Häberle, Das nationale Steuerverfassungsrecht im Textstufenvergleich, FS für K. Vogel, 139, 153; H. D. Jarass, AöR 126 (2001), 588 f.; J. Lege, Jura 1999, 125 ff.; Schmidt/ Diederichsen, JZ 1999, 37 ff.; H. Sendler, NJW 1998, 2875 ff. Gegen eine Ausdehnung der Systemgerechtigkeit auf Fälle der Gesamtrechtsordnung auch F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985; G. Robbers, DÖV 1988, 749, 756: Es gehe bei der Systemgerechtigkeit keinesfalls „um eine prinzipiell das ganze Recht umfassendes aufklärerisch-rationalistischem Systemdenken verhaftete Strukturierung der Gesamtrechtsordnung more geometrico“. Kritisch gegenüber der Herstellung einer Kohärenz bei Widersprüchen in verschiedenen Gesetzen auch L. Fuller, The Morality of Law, 1969, 69. Krit. zur bei einer Widerspruchsfreiheit vorausgesetzten Einheit der Rechtsordnung D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, passim. Den Ausführungen zum Rechtsstaatsprinzip zustimmend aber M. Bothe, NJW 1998, 2333; W. Kluth, DStR 1998, 892 f.; H. Sodan, JZ 1999, 864 ff.; K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 57 ff.; C. Weidemann, DVBl. 1999, 73, 74. Zweifelnd A. T. Jobs, DÖV 1998, 1044 ff.; K. Konrad, DÖV 1999, 12, 15 ff. Unklar H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 43, und J. Lang, in TL, § 1 Rz. 29, die nicht klarstellen, ob sie Aussagen de lege lata oder de lege ferenda machen. 89 Dafür auch H. D. Jarass, AöR 126 (2001), 588, 594; A. Hanebeck, Der Staat 41 (2002), 429, 435. Zur Erörterung dieser Dimension ausführlich St. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen im Bundesstaat, 2002,198 ff. 90 Und nicht zwei Rechtsgebiete von denselben höherrangigen Rechtsgrundsätzen so determiniert werden, dass es für sie nur eine übereinstimmende Lösung gibt, die verfassungsgemäß ist.
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nung verpflichtet sein.91 Denn erstens ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu schützen. Nur er ist unmittelbar demokratisch legitimiert. Dem korrespondiert seine herausgehobene Stellung, die regelmäßig mit einer großen Freiheit für ihn verbunden ist. Würde man von ihm verlangen, dass er nur widerspruchsfreie Normen erlässt, so würde die Normsetzung durch frei gewählte Repräsentanten des Volkes jeweils durch eine Technokratie von Juristen überprüft werden müssen, die jeweils die Einpassung des Gesetzes in die Gesamtrechtsordnung sicherzustellen hätten. Eine solche Überprüfung ist aber kaum ohne eine gleichzeitige inhaltliche Einflussnahme denkbar. Die ohnehin stark zugunsten der Exekutive verschobene Gewaltenbalance92 würde sich dann noch weiter zulasten der Legislative entwickeln. Zweitens besteht nicht nur eine Vielheit öffentlicher Gewalten,93 sondern auch eine plurale Struktur in den Gesetzgebungsorganen der zuständigen Körperschaften, die dazu führt, dass die Gesamtrechtsordnung Widersprüche enthält.94 Drittens ist die intertemporale Verschiedenheit der Gesetzgebungsorgane zu beachten, die ansonsten bei einem Mehrheitswechsel zu Problemen führen würde.95 Und schließlich sind viertens Wertungskonflikte der Einheitswahrung auf Dauer und der Entwicklungsfähigkeit der Rechtsordnung eher ________________________ 91 S. schon K. Vogel, StuW 1977, 97, 103: „Eine Rechtsordnung lebt; ihr System gleicht nicht einer Konstruktionszeichnung, sondern weit eher einem Garten – meist einem etwas verwilderten –, in dem sehr verschiedene Gewächse nebeneinander gedeihen, sich oft auch gegenseitig in die Quere kommen, einander gelegentlich sogar erdrücken. Der Gärtner – der Gesetzgeber – ist mit Arbeit so überlastet, dass er nicht ständig an allen Enden für Ordnung sorgen kann.“ 92 Zum Prozess der „Entparlamentarisierung“ P. Kirchhof, ZGR 2000, 681, 690. 93 U. di Fabio, Das Recht offener Staaten, 1998, 125. 94 Weitergehend B. Rüthers, Rechtstheorie, 1999, Rdnr. 278, der dies schon für einzelne Gesetze annimmt. 95 J. Raz, The Authority of the Law, 1983, 200 f.; ders., Ethics in the Public Domain, 1995, 300 f. Vgl. dazu auch F.-J. Peine, Systemdenken, 1985, 154 ff., dort (156 ff.) auch mit Hinweis auf die Funktion der Parteien. Unzutreffend dagegen H. Sodan, JZ 1999, 864, 869, der aus dem Demokratieprinzip in rousseauesker Manier folgert, dass es nur „einen Willen eines Volkes“ (Hervorhebungen im Original) geben könne. Dies sieht sich zwei Einwänden ausgesetzt, wenn man davon ausgeht, dass sich der Wille des Volkes aus dem Willen der das Volk bildenden Individuen herleiten lassen muss: Zum einen ist schon auf der Ebene der Individuen zweifelhaft, ob diese wirklich immer einen Willen zu den einzelnen Problemen haben – man denke etwa an die Erkenntnisse der Demoskopie, wo seit langem bekannt ist, dass die Willensäußerung durch die Befragten von der gestellten Frage abhängt. Wäre dies nicht der Fall, so würde auch eine Aggregation von vollständig gleichen Individuen nicht zu einem Willen des Volkes führen. Zum anderen ist auch die Aggregation vom Willen der Einzelnen hin zur Bildung eines Willens der Gemeinschaft von der Struktur der Aggregation abhängig. Das ist keineswegs trivial, wie das berühmte Unmöglichkeitstheorem von Kenneth Arrow zeigt, vgl. dazu etwa F. A. Cowell, Microeconomic Principles, 1986, 301.
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förderlich und daher von Verfassungs wegen erlaubt, wenn nicht gar erwünscht.96 Man sollte daher die Ausführungen des Verfassungsgerichts97 zur Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung primär im Bundesstaatsprinzip und nur in absoluten Ausnahmefällen allein im Rechtsstaatsprinzip verorten.98 Zudem sollte man einen beachtlichen Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit nur bei einer gewichtigen Behinderung des anderen Normgebers ohne ausreichende Rechtfertigung annehmen.99 Auch wird man im Bereich von Fiskalzwecknormen nur ganz ausnahmsweise von einem verfassungswidrigen Widerspruch zu Sachnormen ausgehen können. Im Bereich der Humankapitalbesteuerung lässt sich das illustrieren anhand eines Widerspruchs zwischen sozialrechtlichen Regeln nach § 81 SGB III i. V. m. § 6 Abs. 1 und 4 BRKG und steuerlichen Regeln nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG. Der sozialrechtliche Fahrtkostenzuschuss beläuft sich auf bis zu 44 Cent pro Entfernungskilometer, die auch auf Fahrten zur Fortbildungsstätte anwendbare Entfernungspauschale beträgt hingegen nur auf 30 Cent. Eine Verfassungswidrigkeit begründet diese Divergenz nicht. Dasselbe gilt auch allgemeiner für das Verhältnis von Arbeitsförderung100 und Einkommensteuerrecht: Nicht jede Ausbildung, die grundsätzlich staatlich förderbar wäre, kann allein deshalb dem Grunde und der Höhe nach von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden.101 b) Binnensystematik: Inneres System der Einzelsteuergesetze aa) Kontroverse um die Bindungsintensität Während bisher Gesetze wegen Problemen in Bezug auf die Gesamtrechtsordnung nur selten für verfassungswidrig erklärt wurden, haben Verstöße gegen das innere System der Einzelsteuergesetze, also gegen die durch diese ________________________ 96 G. Robbers, DÖV 1988, 749, 756. 97 BVerfG v. 27.10.1998 1 BvR 2306/96 et al., BVerfGE 98, 265, 301. 98 Für eine strikte Trennung der beiden Dimensionen Rechtsstaatsprinzip und Bundestreue, aus denen die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung hergeleitet werden kann, auch St. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen im Bundesstaat, 2002, 138 ff. und M. Rodi, StuW 1999, 105, 111 ff. 99 H. D. Jarass, AöR 126 (2001), 588, 601 ff. 100 Dazu näher Kap. 8 II 2 (S. 320 ff.). 101 A. A. wohl B. Gast-de Haan, in FS für L. Schmidt, 105, 111 f. (es sei nicht einzusehen, warum eine Maßnahme bezüglich der Förderung auf Leistungsseite anders behandelt werde als auf der Besteuerungsseite). Allerdings kann sich eine Verpflichtung der Rechtsanwendung zum Aufgreifen der sozialrechtlichen Vorgaben ergeben, vgl. Kap. 10 I 2 b) (S. 401 ff.) für den Begriff der Berufsausbildung als Anwendungsbeispiel.
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selbst statuierten Prinzipien, etwas häufiger zum Ziel geführt.102 In neueren Entscheidungen argumentiert das Bundesverfassungsgericht dabei des Öfteren mit der „Folgerichtigkeit“: Der Gesetzgeber habe zwar bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Nach der Regelung dieses Ausgangstatbestandes habe er aber die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen.103 Die Systemwidrigkeit einer Norm allein reicht allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht aus, ihre Verfassungswidrigkeit zu begründen.104 Die wohl herrschende Meinung105 in der Literatur lässt dem Gebot einer konsequenten Umsetzung eines gesetzgeberischen Regelungsplans106 nur zwei Funktionen im Rahmen einer Gleichheitsprüfung zukommen:107 eine Verdeutlichungsfunktion, wonach es bei der Vergleichsgruppenbildung helfen könne, und eine Indizfunktion, wonach bei Vorliegen einer inkonsequenten Regelung ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vermutet werde. ________________________ 102 Vgl. etwa die Nachweise bei R. Prokisch, Folgerichtigkeit, 300 ff.; M. Sachs, StVJ 1994, 75 ff.; K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 306, Fn. 265. 103 BVerfG v. 22.6.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 136; v. 22.6.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, 172. 104 BVerfG v. 10.11.1981 1 BvL 18, 19/77, BVerfGE 59, 36, 49: „Indessen verstößt die Systemwidrigkeit für sich allein … nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach welchem System der Gesetzgeber eine Materie ordnen will, obliegt, ebenso wie die Zweckmäßigkeit einer Regelung, seiner Entscheidung; das Bundesverfassungsgericht kann eine solche Regelung nur nach den Maßstäben der Verfassung, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der Systemwidrigkeit für verfassungswidrig erklären.“ Ebenso BVerfG v. 23.1.1990 1 BvL 44/86 und 48/87, BVerfGE 81, 156, 207. 105 Allerdings mit Abweichungen im Einzelnen C.-W. Canaris, Systemdenken, 121 ff. (die Kritik bei F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 287 beachtet nicht genug, dass bei Canaris der Begriff ex definitione die sachlich nicht berechtigte Abweichung von einem Gesetz erfordert); AK-GG-E. Stein, Art. 3 Abs. 1 Rz. 51 (Stand 2001); G. Robbers, DÖV 1988, 749, 755 f. (allerdings auch kritisch); Ch. Starck, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 3 Abs. 1 Rz. 44 ff.; R. Wendt, NVwZ 1988, 778, 783 f. Insoweit wohl auch der h. M. zugehörig W. Heun, in Dreier, GG, Art. 3 Rz. 34; F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 282 ff. F. Schoch DVBl. 1988, 863, 878 f. hält die Systemgerechtigkeit für einen eigenständigen Bestandteil des Allgemeinen Gleichheitssatzes; jedoch dürften sich daraus gegenüber dem Modell der h. M. keine wesentlichen Unterschiede ergeben, weil auch bei ihm der Gesetzgeber für die Systembildung zuständig ist und auch eine Durchbrechung des Systems gerechtfertigt werden kann. 106 F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 109, 282 ff. bezeichnet dies als Konsequenzgebot. 107 F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 1985, 302; R. Wendt, NVwZ 1988, 778, 783 f.
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Dem entspricht im Ergebnis weitgehend – trotz abweichender Terminologie – der Ansatz der (binnengesetzlichen) Folgerichtigkeit.108 bb) System als Hilfsmittel zur Strukturierung der Gleichheitsprüfung Ausgangspunkt der hier vertretenen Ansicht ist es, dass nur die Verfassung und insbesondere der Allgemeine Gleichheitssatz, nicht aber einfache Gesetze Maßstab einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung bei Systemabweichungen sein kann. Die Rolle des Systems hat sich auf eine Strukturierung der Gleichheitsprüfung zu beschränken. Zwar können weder das Analogieargument noch das Gewaltenteilungsargument, die für die Annahme einer Bindung des Rechtsanwenders entscheidend waren,109 auf den Gesetzgeber übertragen werden, da beide eine Trennung zwischen Rechtsanwendung und Gesetzgebung voraussetzen. Das Rechtssicherheitsargument ist aber nach wie vor von großer Bedeutung: Der Gleichheitssatz bedarf einer hinreichenden Strukturierung – ansonsten drohen die Ergebnisse der Überprüfung ihrerseits willkürlich zu werden. Die Prinzipienargumentation ermöglicht diese Strukturierung und damit Gewinne an Rationalität und Voraussehbarkeit.110 Für das Bestehen einer solchen prinzipiellen Gleichheit ist nachzuweisen, dass das Prinzip wirklich im Gesetz seinen Niederschlag gefunden hat und dies trotz eventueller zwischenzeitlicher Änderungen immer noch der Fall ist111 sowie dass die divergierend behandelten Fälle112 beide dem Prinzip unterfallen. Dann bedarf es einer am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu orientierenden Rechtfertigung. Die Prüfungsdichte ist mithin dort, wo es um die Umsetzung einer einmal getroffenen Belastungsentscheidung geht, höher als bei der Außenabgrenzung der Steuergesetze und bei der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Der – für die Prüfungsintensität bedeutsame – Übergang zwischen der Außenabgrenzung und der Binnensystematik ist nicht immer ganz eindeutig. Dann sind Wertungen gefragt. Einen solchen Grenzfall stellt die Verfas________________________ 108 Vgl. dazu etwa M. Gubelt, in von Münch/Kunig, GG, Art. 3 Rz. 30; P. Kirchhof, HStR V, § 124 Rz. 232. 109 Kap. 3 II 1 b) (S. 97 ff.). 110 Statt vieler St. Huster, Rechte und Ziele, 1993, 361 ff.; K. Tipke, StRO I, 2. Aufl. 2000, 312. 111 Die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, der Gesetzgeber habe eine einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (vgl. etwa BVerfG v. 30.9.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95 m. w. N.), darf jedenfalls nicht im Sinne einer zeitlichen Folge verstanden werden, der Gesetzgeber dürfe eine einmal getroffene Belastungsentscheidung in einem Steuergesetz nicht wieder ändern. 112 Bzw. die mit Blick auf das Prinzip wesentlich ungleichen Fälle gleich behandelt werden.
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Systemdenken als methodische Grundlage
sungsmäßigkeit der seinerzeitigen Nutzwertbesteuerung der Wohnung im eigenen Heim gem. § 21 Abs. 2 EStG a. F.113 dar.114 Dort stellt sich die Frage, was der Gesetzgeber als Steuergegenstand der Einkommensteuer ausgewählt hat. Knüpft man nur an die am Markt realisierte Leistungsfähigkeitssteigerung an,115 so fehlen diese eindeutig. Sieht man hingegen in der Norm eine Erweiterung der Belastungsentscheidung dahingehend, dass auch dieser Fall als Ersatzrealisierungstatbestand116 erfasst werden soll, so würde es sich um eine Außenabgrenzung handeln. Dafür spricht wohl die wirtschaftliche Bedeutung des selbstgenutzten Wohnraumes.117 Im Übrigen kann dem Gesetzgeber auch für die Frage der konsequenten Durchführung der Belastungsentscheidung ein Ermessensspielraum zukommen: Das gilt namentlich für Bildungsaufwendungen, bei denen eine Verwobenheit von Privat- und Erwerbssphäre in besonderem Maße zu beobachten ist.118 Hier kann der Gesetzgeber in Ausübung seiner Typisierungsbefugnis innerhalb eines bestimmten Rahmens119 die Zuordnung zu den Einkommenserzielungs- oder zur Privatsphäre bestimmen.
IV. Widerspruchsfreiheit als rechtspolitisches Ideal Die vorstehenden Ausführungen zeigten sich gegenüber der Bedeutung des Systems für den Gesetzgeber eher kritisch. Die zurückhaltende Einschätzung soll aber nicht zu dem Fehlschluss verleiten, Widersprüche und Sys________________________ 113 Die Regelungen waren ab dem VZ 1987 nur noch für Altfälle und bis 1998 anwendbar, vgl. § 52 Abs. 21. Endgültig aufgehoben durch das StBerG1999 v. 22.12.1999 (BGBl. I, 2601). 114 Gegenstand von BVerfG v. 3.12.1958 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3 ff. 115 Dafür namentlich P. Kirchhof, Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988. Krit. K. Tipke, StRO II, 558 ff. 116 Zum Ersatzrealisierungstatbestand der Entnahme vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG sowie neuerdings den instruktiven Streit um den Vorlagebeschluss des VIII. Senats des BFH, BStBl. II 2001, 395 gegen das Urteil des I. Senats, BStBl. II 1990, 8. Dazu R. Beiser, DB 2003, 15; ders., DB 2003, 2200; R. Ismer, DB 2003, 2197; R. Jüptner, DStZ 2001, 811; I. Meurer, BB 2002, 503; B. Paus, FR 2001, 1045; S. Sydow, NWB Fach 3 S. 11823. 117 Letztlich hielt das Bundesverfassungsgericht im konkreten Fall die Frage, ob eine Auswahl des Belastungsgegenstandes oder eine Erweiterung der Belastungsentscheidung vorliege, aber nicht für entscheidend, da die Besteuerung des Nutzwertes jedenfalls dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit entspreche und die Norm daher ohnehin verfassungsmäßig sei, so BVerfG v. 3.12.1958 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3, 10. Umgekehrt vertritt H. Stadie, Allgemeines Steuerrecht, 2003, 89 sogar die Auffassung, die Abschaffung der Besteuerung des Wohnvorteils sei verfassungswidrig. 118 Kap. 1 I 3 c) (S. 23 f.). 119 Zu den Grenzen der Typisierung vgl. Kap. 9 I 4 c) (S. 365 f.).
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Zusammenfassung
tembrüche seien neutral zu bewerten. Regelungen, die Systembrüche darstellen, sind insbesondere unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten problematisch, weil einer Gruppe mehr gegeben wird als einer vergleichbaren anderen.120 Daher sollten die Widerspruchsfreiheit und die Systemkonformität als Ideal angesehen werden,121 das insbesondere unbedachten Separatentwicklungen Widerstand entgegensetzt.122 Nur obliegt die Aufgabe, seine Verwirklichung vom Gesetzgeber einzufordern, oftmals weniger dem Verfassungsgericht als dem Bürger, der seine legitimatorische Kraft denen verleihen sollte, die sie im Sinne eines gerechten Steuersystems nutzen.
V. Zusammenfassung Das System wird in dieser Arbeit verstanden als durch Freiheit von Wertungswidersprüchen gekennzeichnete rechtliche Ordnung. Seine Elemente sind rechtliche Sätze, die durch ein Gefüge von in Prinzipien benennbaren Zwecken oder Werten verbunden sind und zwar so, dass keine Wertungswidersprüche bestehen. Die Prinzipien sind entweder als höherrangige positiv normiert oder im Wege der Induktion aus den rechtlichen Sätzen zu gewinnen. Mit Systemhaftigkeit ist die Ausrichtung rechtlicher Entscheidungen von Gesetzgeber und Rechtsanwender am Maßstab des Systems gemeint. Die Systemhaftigkeit sichert die umfassende Rückbindung des Rechtsanwenders an das vom Gesetzgeber vorgegebene System. Er ist daher dort, wo der im Wortlaut zum Ausdruck gekommenen Normzweck des Gesetzgebers keine mögliche und eindeutig determinierte Lösung vorgibt, zur konsequenten Extrapolation der Wertungen und Prinzipien verpflichtet. Zum beachtlichen System gehören alle rechtlichen Sätze, d. h. nicht nur solche des Steuerrechts, des Verfassungs- und Europarechts, sondern auch andere einfach-rechtlich geregelten Rechtsmaterien. Die Sachnähe bestimmt das Gewicht der Prinzipien für den zu entscheidenden Fall. Für den Gesetzgeber stellt sich die Bindung an höherrangiges Recht trotz der ihm eingeräumten Einschätzungsprärogativen vergleichbar dar. Bei der Auswahl des Belastungsgegenstandes unterliegt er hingegen nur vergleichs________________________ 120 Zu den Mechanismen vgl. H. H. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977; K. Tipke, StuW 1976, 293. 121 Dafür auch D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998, 405; U. Kischel, AöR 124 (1999), 174, 209; F.-J. Peine, Systemgerechtigkeit, 310; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, 6; zw. A. Hanebeck, Der Staat 41 (2002), 429, 446. Die rechtspolitische Bedeutung einer Systemgerechtigkeit findet ihren Niederschlag bisweilen auch in der politischen Praxis, vgl. etwa BT Drucks. 14/7084 zur Unternehmenssteuerreform. 122 So E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, 6.
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Systemdenken als methodische Grundlage
weise geringen Bindungen aus dem Gleichheitssatz. Bei seiner Bindung an einfachgesetzliche Normen sind zwei Dimensionen zu unterscheiden: Die Vereinbarkeit mit der Gesamtrechtsordnung, die nur in Ausnahmefällen zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen kann, und die Systemgerechtigkeit als konsequente Durchführung der Belastungsentscheidung innerhalb eines Steuergesetzes. Letztere hingegen kann zur Strukturierung einer Gleichheitsprüfung beitragen. Die vergleichsweise geringe rechtliche Bindung des Gesetzgebers ändert nichts an der rechtspolitischen Wünschbarkeit einer darüber hinausgehenden Systemhaftigkeit. Nur ist diese nicht durch das Bundesverfassungsgericht, sondern durch die Bürger einzufordern.
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Zweiter Teil: Bestandsaufnahme der derzeitigen Besteuerung von Humankapitalinvestitionen „Da unten aber ists fürchterlich, …“ Friedrich Schiller, Der Taucher, V. 931
I. Gegenstand und Funktion der Bestandsaufnahme Der Zweite Teil versucht die Frage zu beantworten, wie Humankapitalinvestitionen derzeit in Deutschland steuerlich behandelt werden. Dazu sollen die Sicht der drei Gewalten und – der deutschen Rechtstradition entsprechend – die Stellungnahmen der wissenschaftlichen Literatur thematisiert werden. Dabei kommt der Gesetzeskonkretisierung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entsprechend ihrer Bedeutung für die Rechtsfindung großer Raum zu. Die relativ umfangreichen Nachweise illustrieren zugleich die zum Teil hohe Streitanfälligkeit der Regelungen in diesem Bereich. Untergerichtliche Entscheidungen wurden zur Vermeidung einer übergroßen „Fußnotenwüste“ hingegen nur zurückhaltend angeführt, wenn zu einem Thema bereits zahlreiche Entscheidungen des Bundesfinanzhofes vorlagen. Zugleich wird Recht nicht als ahistorisches Phänomen angesehen, sondern seine geschichtlichen Entwicklungslinien zumindest skizzenhaft nachgezeichnet.2 Dieser Teil leistet damit zugleich wesentliche Vorarbeiten für den Dritten Teil:3 Bei Systemfindung und Systemoptimierung befinden sich die Rechtswissenschaft, aber auch die staatlichen Gewalten auf einem Neurathschen Schiff.4 Die planvolle Konstruktion des Systems erfordert dementsprechend zunächst die nun unternommene Bestandsaufnahme auf der „präinterpretativen“ Stufe.
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F. Schiller, Der Taucher, in ders., Nationalausgabe, Band 1, 1943, 372, 374. Die Bedeutung der geschichtlichen Dimension für das Steuerrecht betont etwa W. R. Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, 1980, 6 f. Zur Funktion der Bestandsaufnahme näher Einleitung II (S. 5 ff.). Zu diesem auf den österreichischen Soziologen und Philosophen Otto Neurath (1882– 1945) zurückgehenden Vergleich der Wissenschaft mit einem Schiff, das auf hoher See befindlich ständig umgebaut wird, vgl. O. Neurath, Erkenntnis 3 (1932/33), 204, 206.
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Bestandsaufnahme der derzeitigen Besteuerung von Humankapitalinvestitionen
II. Unterscheidung der Arten von Investitionskosten 1. Bei der Bestandsaufnahme sollen Eigen- und Fremdinvestitionen unterschieden werden. Aufwendungen werden im Folgenden als Eigeninvestitionen bezeichnet, wenn (und soweit) der Lernende die Kosten der Bildungsmaßnahme selbst trägt. Fremdinvestitionen liegen demgegenüber vor, wenn der Lernende und der Kostenträger nicht identisch sind.5 In diese Kategorie fallen auch die Konstellationen, in denen Lernender ein Organwalter ist und die juristische Person die Kosten trägt. 2. Weiterhin bietet sich bei den Fremdinvestitionen eine weitere Unterscheidung je nach Motivation der Kostenträger an: Verfolgen sie mit der Maßnahme im Wesentlichen eigene Interessen, so soll von egoistischen Fremdinvestitionen gesprochen werden. Ein typisches Beispiel ist die vom Arbeitgeber finanzierte Fortbildung eines Arbeitnehmers, zumal dann, wenn sich der Arbeitgeber auch noch mit einer Rückzahlungsklausel gegen ein vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers sichert. Sind ihre Motive hingegen altruistischer Natur, so werden die Maßnahmen im Folgenden altruistische Fremdinvestitionen genannt. Paradebeispiel sind hier die Eltern, die ihrem Kind eine Ausbildung finanzieren. Leistungen des Staates sind ebenfalls in diese Rubrik einzuordnen, wenn er sie nicht an seine Beamten oder Arbeitnehmer um des Beschäftigungsverhältnisses willen erbringt, sondern mit ihnen, wie beim Bundesausbildungsförderungsgesetz, einen sozialen Zweck verfolgt. Gegen dieses Verständnis, Leistungen der Eltern und des Staates als altruistisch einzustufen, kann der Einwand erhoben werden, dass die Leistungen wenigstens typischerweise zugleich im Interesse des Leistenden liegen: Der Staat hat sein gesamtes Handeln am öffentlichen Interesse auszurichten,6 wozu aufgrund des Sozialstaatsgebots insbesondere auch die Förderung der Chancengleichheit gehört; die Ausbildung der Kinder liegt zumindest teilweise auch im Interesse der Familie und damit der leistenden Eltern.7 Dennoch soll an diesem Begriff festgehalten werden, da es an dem die egoistischen Fremdinvestitionen kennzeichnenden Interessengegensatz fehlt. ________________________ 5
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Eine vergleichbare Unterscheidung treffen auch T. Boedicker, Ausbildungskosten und Fortbildungskosten im Einkommensteuerrecht, 1965, 5 ff. und 130 ff. und W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 46 ff. und 54 ff. S. zur Rechtfertigung des Staates etwa P. Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, D 32 f. m. w. N. Diesen Gesichtspunkt betonen der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG v. 26.1.1994, 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, 354 f.) sowie immer wieder der Bundesfinanzhof (vgl. etwa BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566; v. 4.11.2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407).
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Gang der Darstellung
3. Diese beiden Unterscheidungen erleichtern nicht nur eine Aufbereitung des darzustellenden Stoffes im Rahmen der Bestandsaufnahme des Zweiten Teils. Vielmehr liegen diese Differenzierungen maßgeblich der für die Systemoptimierung im Dritten Teil erforderlichen Abschichtung von Subsystemen zugrunde, die eigenen Rationalitäten folgen und spezifische Problemlagen aufweisen: Eigeninvestitionen, die regelmäßig egoistische sind,8 und egoistische Fremdinvestitionen bilden das Subsystem der egoistischen Investitionen; von diesem ist das Subsystem der altruistischen (Fremd-)Investitionen zu unterscheiden.9 Der begrifflichen Trennung von Eigeninvestitionen und egoistischen Fremdinvestitionen bedarf es hingegen, um bestimmte Beschränkungen bei ersteren verdeutlichen zu können: Vertragliche Gestaltungen scheiden für sie denklogisch aus, was sich auf die bilanzielle Behandlung auswirkt10 und den Raum für eine Rechtsfortbildung beschränkt.11
III. Gang der Darstellung Im Einzelnen wird zunächst die Situation bei der Einkommensteuer beschrieben. Dabei sollen die zwei Dimensionen der Eigen- und der Fremdinvestitionen strikt getrennt werden. Investitionen in eigenes Humankapital werden in Kapitel 4 behandelt. Insbesondere wird auf die geänderte Rechtsprechung zur Abgrenzung von Fortbildungs- und Ausbildungskosten einzugehen sein. Kapitel 5 hat Investitionen in fremdes Humankapital zum Gegenstand. Dazu soll entlang der soeben dargelegten Begrifflichkeit zwischen eigennützigen, insbesondere durch Arbeitgeber vorgenommenen Investitionen einerseits und altruistischen Investitionen, bei denen etwa die Eltern und andere Angehörige die Kosten tragen, andererseits getrennt werden. Die Ausführungen zur Einkommensteuer gelten für die Körperschaftsteuer entsprechend, soweit sie auf Körperschaftsteuersubjekte übertragbar sind und nicht denklogisch eine natürliche Person erfordern. Kapitel 6 behandelt die Umsatzsteuer, wo insbesondere einige Befreiungsvorschriften einen Zusammenhang zum Humankapital aufweisen. Kapitel 7 diskutiert weitere Steuern, bei denen ein Bezug zum Humankapital – sei es auch durch eine Nichtbesteuerung – besteht. Dort wird es namentlich um die ________________________ 8 Albert Schweizers Medizinstudium stellt zwar einen dogmatisch durchaus interessanten Problemfall dar, soll aber im Folgenden mit Blick auf die eingeschränkte Verifizierbarkeit und die geringe Zahl der einschlägigen Fälle, aber auch die Nichtexistenz von diesbezüglichen Sonderregeln ausgeblendet werden. 9 Näher dazu Einleitung zum Dritten Teil II (S. 332 f.). 10 Kap. 5 II 3 c) (S. 262 f.). 11 Kap. 14 III (S. 503 ff.).
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Bestandsaufnahme der derzeitigen Besteuerung von Humankapitalinvestitionen
Erbschaft- und Schenkungsteuer, die Gewerbesteuer und die aufgrund des Vermögensteuerbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts außer Kraft getretene Vermögensteuer, aber auch um die in der Abgabenordnung getroffene Festlegung der Bildung als gemeinnützigen Zweck gehen. Kapitel 8 unterscheidet sich von den vorangegangenen dadurch, dass es nicht mehr auf Vollständigkeit ausgelegt sein kann. Es erörtert die Bezüge zum einfachgesetzlichen Recht jenseits des Steuerrechts (Gesamtrechtsordnung), die nach der im vorigen Kapitel dargelegten Position zwar den Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen binden können, die aber für Rechtsprechung und Rechtspolitik von zentraler Bedeutung sind. Dabei werden insbesondere die Unterhaltsregelungen des Familienrechts, die arbeitsrechtliche Behandlung von Arbeitgeberinvestitionen in Humankapital und die staatlichen Ausbildungsförderungsregeln von Interesse sein.
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Kapitel 4: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen „Ein Besuch dieser Stadt ist für den historisch und künstlerisch Interessierten Pflicht.“ Urteil des FG Nürnberg vom 15.12.1987 zu einem Romaufenthalt1
Die duale Frage der Abgrenzung von Einkunftserzielung und Einkommensverwendung erweitert sich bei Eigeninvestitionen2 in Humankapital zu einer Trias: Der Gesetzgeber schuf – über die unbeachtlichen Kosten der privaten Lebensführung einerseits und die abzugsfähigen Erwerbsaufwendungen andererseits hinaus – mit den Kosten der Berufsausbildung eine dritte, beschränkt abzugsfähige Kategorie. Im Folgenden werden nach einer geschichtlichen Einführung (I)3 die Abgrenzungslinien der drei Kategorien (II–IV) dargestellt. Anschließend wird kurz die Möglichkeit erläutert, die Kosten für Bildungsmaßnahmen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (V).
I. Geschichtliche Entwicklung Die Erzbergersche Steuerreform 1919/19204 führte eine reichseinheitliche Einkommensteuer ein. Sie gab zugleich die Quellentheorie5 auf,6 wonach sämtliche Fortbildungskosten wegen ihres Bezugs zur Quelle der Arbeitseinkünfte nicht abzugsfähig waren.7 Der Übergang zur Reinvermögenszu________________________ 1 2 3
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FG Nürnberg v. 15.12.1987 II 168/86, EFG 1988, 358, 359 – rkr., das mit dieser Begründung einen Werbungskostenabzug für die Aufwendungen versagte. Zum Begriff Einleitung zum Zweiten Teil (S. 116). Ausgeklammert werden, wie a. a. O., Fn. 8 (S. 117) angedeutet, etwaige altruistische Eigeninvestitionen. Eine umfangreichere Darstellung der geschichtlichen Entwicklung findet sich bei M. Müller, Aus- und Fortbildung, 5 ff. Zur Zeit vor 1920 vgl. insbes. T. Boedicker, Ausbildungskosten und Fortbildungskosten im Einkommensteuerrecht, 1965, 5 ff. S. dazu etwa J. Ketterle, Die Einkommensteuer in Deutschland, 1994, insbes. 203 ff.; A. Möller, Reichsfinanzminister Matthias Erzberger und sein Reformwerk, 1971; J. P. Wildberger, Der soziale Gedanke in der Erzbergerschen Finanzreform, 2000. Die vorher insbesondere in Preußen galt. Vgl. dazu B. Fuisting, Die preußischen direkten Steuern, Bd. 4, 1907, 110 sowie zuvor schon F. Guth, Die Lehre v. Einkommen in dessen Gesamtzweigen, 1869, 12. Vgl. J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/1988, 36 f. Vgl. nur PrOVG E VI A. v. 9.1.1896: Als Werbungskosten „sind abzugsfähig nur die „zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens“ (Ertrags), d. h. die unmittelbar hierfür verwendeten Ausgaben, nicht aber solche Aufwendungen, welche sich an erster Stelle auf die Einkommensquelle beziehen und das Einkommen nur
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
gangstheorie8 wurde freilich nicht vollständig vollzogen. Humankapitalinvestitionen waren nur dann Werbungskosten, wenn sie im Zusammenhang mit einer ausgeübten Berufstätigkeit standen.9 Aufwendungen für das Erlernen eines Berufes waren hingegen irrelevant. Denn sie dienten, so der Reichsfinanzhof, in erster Linie der Begründung oder Verbesserung einer Einkommensquelle.10 Das EStG 1925 enthielt, obschon mit anderer Abgrenzung und Terminologie, erstmals die Trias von voll, beschränkt und nicht abzugsfähigen Aufwendungen. Bei wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer bestimmten Einkommensart waren Aufwendungen als Werbungskosten voll abziehbar.11 Die neu geschaffenen „Fortbildungskosten“ im ausgeübten Beruf12 waren hingegen als Sonderleistungen13 nur beschränkt14 abzugsfähig.15 Die Ab________________________
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mittelbar berühren. Die Ausgaben für Fachliteratur der Ingenieure betreffen aber unmittelbar nur die Erhaltung und Vermehrung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit und können deshalb nicht zum Abzuge verstattet werden. Das gleiche gilt von den zu Fortbildungszwecken unternommenen Reisen zur Besichtigung technischer Anlagen.“ Fuisting/Strutz, Die preußischen direkten Steuern, 1. Band, 1. Hälfte, 8. Aufl. 1915, 222 zu Ausgaben für Fachliteratur. Zu umfangreichen Nachweisen über die Judikatur des PrOVG vgl. M. Müller, Aus- und Fortbildung, 11 f. Grundlegend dazu G. von Schanz, Finanz-Archiv 13 (1896), 1 ff. S. auch die Ausführungen in Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 103 ff.) zum Konzept des Comprehensive Income. G. Strutz, Handausgabe des Einkommensteuergesetzes, 3. Aufl. 1921, § 13 Anm. 2, S. 103 f. RFH v. 26.9.1923 VI B 44/25, RFHE 15, 291, 293. Ebenso G. Strutz, Handausgabe des Einkommensteuergesetzes, 3. Aufl. 1921, § 13 Anm. 2, S. 104, der Aufwendungen für die Begründung der wirtschaftlichen Existenz für nicht abziehbar hält. § 16 EStG 1925. Dazu RFH v. 24.4.1929 VI A 178/28; RFH v. 5.8.1930 VI A 1256/30; E. Becker, Handkommentar der Reichssteuergesetze, Band 2, 1. Teil, § 16 EStG Anm. 49. Zum Hintergrund der Norm s. C. R. Beul, FR 1986, 340, 348. Sonderleistungen waren Aufwendungen, die nicht mit den Einkünften einer einzelnen Einkommensart in wirtschaftlichem Zusammenhang standen, sondern persönlicher Art waren und die den Gesamtbetrag der Einkünfte belasteten, vgl. nur Kuhn/Wieneke, Einkommensteuergesetz 1925, 5. Aufl. 1930, § 17 Anm. 2. Der Abzug für die Sonderleistungen nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG 1925 war gemäß § 17 Abs. 2 EStG 1925 auf insgesamt 600 RM begrenzt. Gem. § 17 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1925. Dazu E. Becker, Handkommentar der Reichssteuergesetze, Band 2, 1. Teil, 1928, § 17 EStG Anm. 16; Kuhn/Wieneke, Einkommensteuergesetz 1925, 5. Aufl. 1930, § 17 Anm. 6. Dort finden sich auch Hinweise auf die Entstehungsgeschichte: Die Vorschrift wurde vom Reichstag gegen den Widerstand der Reichsregierung eingeführt, die fürchtete, dass die Vorschrift zu einer zu weiten Abzugsfähigkeit führe. Insbesondere drohe, dass ein Steuerpflichtiger, der studiere, auch seine Kollegiengelder, Bücherkosten, ja sogar kostspielige Bücherkosten absetzen könne. Dagegen aber Kuhn/Wieneke, a. a. O.: Es sei zwischen Kosten der Ausbildung, die nicht abzugsfähig seien, und denen der Fortbildung zu unterschei-
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Geschichtliche Entwicklung
grenzung richtete sich danach, ob der Steuerpflichtige damit den Ansprüchen in Beruf oder Amt gerecht werden (dann Erwerbsaufwendungen) oder aber sein Vorwärtskommen im Beruf ermöglichen (dann Sonderleistungen) wollte.16 Lagen, wie bei der erstmaligen Berufsausbildung, weder Erwerbsaufwendungen noch Sonderleistungen vor, so waren die Aufwendungen überhaupt nicht absetzbar.17 Das EStG 193418 schaffte die Kategorie der Fortbildungskosten wieder ab.19 Der Übergang zu einer anderen Berufsart gehörte danach wie zuvor schon die erstmalige Berufsausbildung zur steuerneutralen Lebensführung.20 Als Begründungsersatz wurde der damaligen Ideologie21 entsprechend behauptet, die (erstmalige) Schaffung einer Erwerbsgrundlage diene dem „Lebenskampf“.22 Hingegen waren die Kosten der „Weiterbildung“, mit der sich der Steuerpflichtige im ausgeübten Beruf oder Erwerbszweig auf dem laufenden halten und den jeweiligen Anforderungen gerecht werden oder eine bessere ________________________
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den, wobei aber eine „weitherzige“ Auslegung angeraten erscheine. Eine Anwendung der Härtevorschrift nach § 56 EStG 1925 schied demgegenüber aus, vgl. RFH v. 21.12.1926, RStBl. 17, 68. Vgl. auch E. Becker, Handkommentar der Reichssteuergesetze, Band 2, 1. Teil, § 17 EStG Anm. 16, wonach für die Abgrenzung entscheidend sei, ob es sich um einen anderen Beruf handele. Zur Abgrenzung vgl. RFH v. 4.6.1930, VI A 911/30, RStBl. 1930, 480; v. 15.5.1930 VI A 789/30; v. 23.3.1932 VI A 1450/31; v. 23.1.1935 VI A 955/34 (die drei letzten Urteile zitiert nach Oeftering, DStZ 1937, 742 f.); E. Becker, Handkommentar der Reichssteuergesetze, Band 2, 1. Teil, § 17 EStG Anm. 16. So RFH v. 5.8.1930 VI A 1256/30. Auch eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung wurde wegen des abschließenden Charakters der Sonderleistungen verneint, vgl. RFH v. 21.12.1926 Ve A 729/26, RStBl. 1927, 68. RGBl. I 1934, 1005 ff. Zur Rechtslage während der Zeit des NS-Regimes Oeftering, DStZ 1937, 742, 743 f. Vgl. RStBl. 1935, 33, 40. So etwa RFH v. 24.7.1937 VI A 20/36, RStBl. 1937, 1089; RdF 1940, 419 (Kosten des Wirtschaftsprüferexamens für einen Revisionsassistenten); W. Blümich, Einkommensteuergesetz, 3. Aufl. 1938, 225 f. sowie 270 (Kriterium des Berufswechsels); Oeftering, DStZ 1937, 742, 743. Die Sichtweise des Lebens als Kampf entsprach der damaligen SS-Ideologie, vgl. nur Zentner/Bedürftig (Hrsg.), Das Große Lexikon des Dritten Reichs, 1985, Stichwort „Kampf“, die den Kampf als einen zentralen Begriff der NS-Weltanschauung bezeichnen, sowie die über 400 Einträge zum Stichwort NSDAP/Ideologie/Kampf/Lebenskampf in Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Hitler – Reden, Schriften, Anordnungen von Februar 1925 bis Januar 1933, Band 6, 2003. Dieser Bezug wird leider nicht immer mit der erforderlichen Klarheit herausgearbeitet. Man sollte daher, wie immer man zur Frage der Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Berufsausbildung stehen mag, auf den Begriff verzichten. Für unschlüssig hält die Lebenskampfthese auch schon D. Suhr, StuW 1966, Sp. 579, 581. RFH v. 24.7.1937 VI A 20/36, RStBl. 1937, 1089, 1090. Dem folgend E. Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 206 ff.
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
Stellung in der ausgeübten Berufsart erlangen wollte,23 als Erwerbsaufwendungen24 abziehbar.25 Nach Ende des NS-Regimes galten zunächst entsprechende Vorschriften fort.26 Die Rechtsprechung war uneinheitlich.27 So wurde etwa die Abzugsfähigkeit der Kosten eines Studiums bald zugunsten des Steuerpflichtigen angenommen,28 bald zu seinen Lasten verneint.29 Ein Grundsatzurteil des IV. Senates aus dem Jahre 196730 vereinheitlichte die Rechtsprechung. Danach waren Kosten des Hochschulstudiums und der Promotion stets nichtabzugsfähige Ausbildungskosten. Als Reaktion darauf erließ der Gesetzgeber ein erstes, für den Steuerpflichtigen günstiges „Nichtanwendungsgesetz“: Mit Geltung ab dem 1. Januar 1969 wurde die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (seit 197431 § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) in das Einkommensteuergesetz eingefügt.32 Erklärtes ________________________ 23 Vgl. RFH v. 24.7.1937 VI A 20/36, RStBl. 1937, 1089, mit Begründung aus der damaligen Ideologie: „Dazu kommt, daß es im deutschen Interesse liegt, wenn jeder einzelne Volksgenosse mit einem Höchstmaß von Wissen und Können ausgestattet ist.“ 24 Vgl. Schillinger/Hasse/Schick, Einkommensteuergesetz 1934, 1935, § 10 Anm. 1. 25 Allerdings nur bis zur Höhe der üblichen Kosten RFH v. 24.7.1937 VI A 20/36, RStBl. 1937, 1089, 1090; Oeftering, DStZ 1937, 742, 744; R 39 LStR 1940. 26 Vgl. zur Entwicklung Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl. 1951, 6 ff. 27 Vgl. die Nachweise in BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723, 724. 28 Vgl. etwa BFH v. 23.9.1959 VI 81/58 U, BStBl 1960 III, 53 (BWL-Studium eines Finanzbeamten zur Übernahme als höherer Beamter oder Großbetriebsprüfer); BFH, BStBl 1962 III 48 (Meisterprüfung eines Schreinergesellen); v. 25.11.1966 VI 175/65, BStBl 1967 III 200 (Industrieingenieur, der kraft Übergangsregelung den Titel Ingenieur auch ohne Studium führen darf, studiert nach Jahren in leitender Stellung an TH und arbeitet in Semesterferien in alter Stellung). 29 BFH v. 6.3.1952 IV 28/52 U, BStBl 1952 III, 280; v. 20.9.1957 VI 7/56 U, BStBl 1957 III, 424 (Aufwendungen für Doktortitel); v. 4.8.1961 VI 162/59 U, BStBl 1962 III, 5 (Kosten eines Rechtsreferendars für Vorbereitungskurs für Assessorexamen); v. 24.8.1962 VI 110/62, BStBl 1962 III, 488 (Berufsbegleitendes Jurastudium eines Steuerinspektors); v. 24.8.1962 VI 307/61, DStR 1962, 106 (als Bilanzbuchhalter tätiger Werkstudent studiert BWL); v. 19.10.1962 VI 212/62 DStR 1963, 224 (Jurastudium eines kaufmännischen Angestellten, der wegen Überschreitung der Altersgrenze nicht mehr Referendar werden konnte); v. 13.3.1964 VI 333/63, HFR 1964, 302 (Stadtoberinspektor studiert Jura und VWL); 25.1.1966 VI 5/65, BStBl 1966 III 198 (Ausgebildeter Steuerinspektor studiert VWL und arbeitet zur Finanzierung als Gehilfe eines Steuerbevollmächtigten). 30 BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723 f. 31 Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung (Einkommensteuerreformgesetz – EStRG) v. 5.8.1974, BGBl 1974 I, 1769. 32 Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1968) v. 20.2.1969, BGBl 1969 I 141.
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Geschichtliche Entwicklung
Ziel der seither im Wesentlichen unveränderten Vorschrift33 war die Verbesserung der Ausbildungsförderung. Die unterschiedliche Behandlung von Aus- und Fortbildungskosten hielt der Finanzausschuss des Bundestages für „besonders unerfreulich und für die Betroffenen schwer verständlich.“34 Die Bundesregierung, ganz der damaligen Bildungsreformstimmung verbunden, sah dies ähnlich: „Die derzeitige steuerliche Behandlung der eigenen Ausbildungskosten wird den Anforderungen, die an eine fortschrittliche Bildungspolitik gestellt werden müssen, nicht mehr gerecht. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß einer sinnvollen Ausbildungsförderung in den kommenden Jahren wachsende Bedeutung zukommt. Wirtschaftliche Strukturwandlungen werden von den Ausbildungskräften eine große Anpassungsfähigkeit verlangen. In der Verbesserung der Ausbildung liegt somit eine der Voraussetzungen für ein Schritthalten unserer Volkswirtschaft mit der Entwicklung anderer großer Industrienationen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde hat die Bundesregierung in der Ausbildungsförderung einen der Schwerpunkte der … Finanzplanung gebildet.“35 Die Regelung sollte die Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung von Aus- und Fortbildungskosten weitgehend nivellieren.36 Sie sah jedoch Höchstbeträge von ursprünglich 900 DM pro Jahr vor, die sich bei auswärtiger Unterbringung auf 1.200 DM erhöhten. Die Beträge blieben bis 1996 (!) unverändert37 und wurden dann auf 1.800 DM bzw. 2.400 DM (nach Euroumstellung 920 bzw. 1.227 Euro) verdoppelt. ________________________ 33 Eine Ausnahme ist die § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 4 EStG enthaltene hauswirtschaftliche Aus- und Weiterbildung, die die in der Praxis nicht nur auf die Ausbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin, sondern auch auf Koch-, Back und Nähkurse ausgedehnt wurde. Die Vorschrift wurde durch das StReformG 1990 gestrichen. Die Ausbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin richtet sich nunmehr nach den allgemeinen Vorschriften, vgl. BT-Drucks. XI/2157, 144. Eine zweite Ausnahme liegt in der durch das Jahressteuergesetz 1997 eingefügten Verweisung auf §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 und 6b, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 und 5, Abs. 2 EStG Die Änderung beim Sonderausgabenabzug für die Ausbildung eines Ehegatten (vgl. dazu unten Kap. 5 (S. 198 ff.) betrifft nicht die hier behandelten Eigeninvestitionen. 34 Finanzausschuss zu BT-Drucks. V/3602 S. 2. 35 Begr. der BReg., BT-Drucks. V/3430, S. 8. 36 Begr. der BReg., BT-Drucks. V/3430, S. 9. 37 Obwohl sich der Lebenshaltungskostenindex in der Zeit von 1969 bis 1996 (bezogen auf die Basis 1991) von 44,7 auf 114,4 erhöht hatte, vgl. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, 1997, 650. Das entspricht einer Multiplikation der Lebenshaltungskosten mit dem Faktor 2,56.
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In der Folgezeit bildete die Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten nicht zuletzt wegen der geringen Höchstbeträge einen Schwerpunkt der Rechtsprechung. Zunächst wurde das Abzugsverbot auch auf das Zweitstudium in einer dem Erststudium ähnlichen Disziplin ausgedehnt.38 Später nahm der Bundesfinanzhof das Verbot weitgehend zurück,39 wobei er aber bis auf wenige Ausnahmen die Kosten eines akademischen Erststudiums stets als Ausbildungskosten ansah. Den vorletzten drastischen Einschnitt stellten die Grundsatzurteile vom Dezember 2002 dar.40 Nach der „Revolte“ einer Reihe von Finanzgerichtssenaten41 erkannte der Bundesfinanzhof die Kosten für eine Umschulung und ein berufsbegleitendes Erststudium als Fortbildungskosten an. Später dehnte er die Änderung auf eine Erstausbildung aus. Zur Vermeidung von auf 1,5 Mrd. Euro jährlich bezifferten Steuerausfällen durch diese Rechtsprechung42 zog der Gesetzgeber jüngst die Notbremse und erließ ein Nichtanwendungsgesetz.43 Mit Wirkung ab 1. Januar 2004 verbietet der neu eingefügte § 12 Nr. 5 EStG, die Kosten für Erststudium und Erstausbildung als Erwerbsaufwendungen abzuziehen. Zugleich wurden der Sonderausgabenabzug in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG neu gefasst und die Höchstgrenze auf 4.000 Euro erweitert.
II. Abgrenzung von Ausbildung und Allgemeiner Lebensführung Sonderausgaben gehören zwar zur allgemeinen Lebensführung, sind jedoch kraft konstitutiver gesetzlicher Anordnung beschränkt abzugsfähig.44 Sie sind ________________________ 38 BFH-Urteil v. 10. Dezember 1971 VI R 160/70, BStBl II 1972, 255. 39 Vgl. Kap. 4 III 1 a) bb)-dd) (S. 139 ff.) zu den von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen. 40 Vgl. dazu und zu den Folgeurteilen unten Kap. 4 III 2 b) (S. 161 ff.). 41 Die untergerichtliche Rechtsprechung war nicht einheitlich; selbst innerhalb einzelner Finanzgerichte wurden zwischen den Senaten abweichende Positionen vertreten, vgl. die Nachweise in Kap. 4 III 2 a) (S. 159 ff.). 42 BT-Drucks. 15/3339, 2. 43 Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze v. 21.7.2004, BGBl. 2004 I, 1753. 44 Vgl. nur BFH v. 17.11.1978 VI R 139/76, BStBl 1979 II, 180; U. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 25 (Stand März 1999). Dies gilt im Übrigen unbeschadet der Einstufung als Lenkungsnorm oder als Norm, die einer fakultativen Leistungsfähigkeitsminderung Rechnung trägt zu letzterer Kategorie vgl. K. Vogel, DStZ 1975, 409, 412; ders., StuW 1977, 97, 106. Zur hier vertretenen Auffassung, dass es sich um eine Norm handelt, die einer fakultativen Leistungsfähigkeitsminderung Rechnung trägt s. Kap. 10 I 1 c) (S. 398).
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Abgrenzung von Ausbildung und Allgemeiner Lebensführung
in § 10 Abs. 1 EStG abschließend aufgezählt.45 Daher hat sich die Abgrenzung der Ausbildungskosten von denen der allgemeinen Lebensführung in erster Linie nach den Tatbestandsmerkmalen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu richten: Es müssen Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung vorliegen. Diese sind bis zum Höchstbetrag von 4.000 Euro abzugsfähig.46
1. Beruf Eine ausdrückliche Definition des Berufs im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist in der Rechtsprechung nicht ersichtlich.47 Einige Grundsätze können ihr aber entnommen werden: Der Beruf muss objektiv und subjektiv der Erhaltung und Sicherung der Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen dienen.48 Wenn der Beruf auch kein „Lebensberuf“ zu sein braucht, darf er andererseits auch nicht nur vorübergehend sein; bloße Ferien- oder Freizeitjobs sind daher nicht erfasst.49 Er setzt nach Auffassung der Rechtsprechung eine im Inland besteuerungsrelevante Tätigkeit voraus, so dass Tätigkeiten ausscheiden, bei denen die Einkünfte überhaupt nicht oder aber zumindest nicht im Inland steuerpflichtig sind;50 diese Beschränkungen werden aber in der Literatur kritisiert, da sie mit dem Vorsorgezweck der Norm nicht in Einklang stehe.51 Jedenfalls liegt kein Beruf vor, wenn im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nur der Ersatz der eigenen Ausgaben angestrebt wird.52 Ein Beruf braucht nicht innerhalb bestimmter bildungspolitischer ________________________ 45 U. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 25 (Stand März 1999). 46 Zur Berücksichtigung von darüber hinausgehenden Beträgen als außergewöhnliche Belastung vgl. Kap. 4 V (S. 196 f.). 47 Vgl. aus der Literatur etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 14 (Stand Juni 2002), wonach für die Begriffsbestimmung v. weiten verfassungsrechtlichen Berufsbegriff auszugehen sei (allerdings unklar a. a. O. J 16: maßgeblich müsse letztlich der Zweck der Norm sein). Im Anschluss an R. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 18 (Stand 1981) umfasse der Beruf daher jede auf die (eine gewisse) Dauer berechnete und nicht nur vorübergehende, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende, selbständige oder unselbständige Betätigung; durch die Anforderungen an ein lebenslanges Lernen seien die Anforderungen an die Dauer aber gesunken. Etwas anders G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 292 (Stand August 1994), der auf Grundlage verschiedener Quellen den Beruf bestimmt als „Erwerbsstellung aufgrund bestimmter Kenntnisse“. 48 BFH v. 18.12.1987 VI R 149/81, BStBl 1988 II, 494; v. 22.9.1995 VI R 13/93, BStBl 1996 II, 8. 49 BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834. 50 BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834. 51 G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 292 (Stand August 1994); H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 25 und J 10 f. (Stand Juni 2002). Zur eigenen Position s. Kap. 10 I 1 c) (S. 398 ff.). 52 BFH v. 22.9.1995 VI R 13/93, BStBl 1996 II, 8. So für diesen Fall auch H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 21 (Stand Juni 2002).
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Zielvorstellungen des Gesetzgebers zu liegen, die auch Gegenstand einer Förderung nach BAföG und SGB III sein können.53 Er darf lediglich nicht in einer verbotenen, strafbaren oder verfassungswidrigen Tätigkeit bestehen.54
2. Berufsausbildung Unter „Berufsausbildung“ wird herkömmlich verstanden das erstmalige Erlernen einer bestimmten Tätigkeit, die der Steuerpflichtige künftig beruflich ausüben will oder derzeit bereits ohne vollständige Ausbildung ausübt. Sie beginnt bereits mit dem Besuch allgemeinbildender Schulen ab der Grundschule.55 Abschlussprüfungen56 zählen ebenso dazu wie der Besuch von Hochschulen und Ausbildungen im dualen System einschließlich der Berufsschulzeiten. Erfasst sind der zweite Bildungsweg ebenso wie Umschulungen, Selbststudium57 und die nachgeholte Berufsausbildung58 während der Ausübung der Tätigkeit.
3. Aufwendungen für die Berufsausbildung: Sphärenabgrenzung Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG müssen Aufwendungen „für“ die eigene Berufsausbildung vorliegen. Das verlangt eine Abgrenzung zu den privaten Aufwendungen, die mit dem Beruf nichts zu tun haben („rein private Aufwendungen“). Letztere sind vom Gesetzgeber – jenseits der durch das subjektive Nettoprinzip gebotenen Verschonung des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG – gezielt aus dem einkommensteuerlichen Nexus gelöst worden und daher für ________________________ 53 Vgl. dazu unten Kap. 7 II 1 und 2 (S. 303 ff.). 54 BFH v. 18.12.1987 VI R 149/81, BStBl 1988 II, 494. Dem Urteil lag zugrunde, dass sich der Steuerpflichtige, vielleicht nicht ganz im Sinne des bildungsbürgerlichen Ausbildungsverständnisses, zu einem „Gouverneur des Zeitalters der Erleuchtung“ im Rahmen der Bewegung „Transzendentale Meditation“ ausbilden ließ. 55 W. Heinicke in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 10 Rz. 140, Stichwort „Schule“ m. w. N. A. A. aber W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 15, der erst Zeiten nach dem Ende der Schulpflicht berücksichtigen will. Demgegenüber soll nach der Literatur der Besuch des Kindergartens noch nicht zu den Berufsausbildungskosten zählen, vgl. W. Heinicke in Schmidt, § 10 Rz. 140, Stichwort „Kindergarten“; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 53 (Stand Juni 2002). 56 BFH v. 10.10.1971 VI R 255/70, BStBl II 1972, 242; v. 28.9.1984 VI R 144/83, BStBl 1985 II, 89. 57 Vgl. nur H. Hutter in Blümich, § 10 Rz. 502 EStG (Stand August 2001). 58 BFH v. 6.3.1992 VI R 163/88, BStBl 1992 II, 661; v. 4.8.1994 VI R 22/94, BFH/NV 1995, 112.
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die Bestimmung der Steuerschuld irrelevant.59 Am Abgrenzungserfordernis ändert die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG a. F.60 nichts. Nicht abzugsfähig sind folglich alle privat und damit nicht durch die Ausbildung veranlassten Aufwendungen. Dazu gehören vor allem die „OhnehinKosten der menschlichen Existenz“ – also diejenigen Posten, die in die pauschale Bestimmung des Existenzminimums Eingang finden,61 wie Kosten für Verpflegung und Unterkunft62 und für Kleidung63 – sowie alle gewöhnlichen64 und außergewöhnlichen Lebenshaltungskosten, die keine berufsspezifischen Kenntnisse vermitteln.65 Abziehbar sind demgegenüber die Kosten, die auf einen bestimmten Beruf bezogen sind; bei Maßnahmen der Allgemeinbildung muss der Lernprozess ________________________ 59 Etwas anders H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 173 (Stand Juni 2002) und ders., StuW 1983, 193, 201 m. w. N., der die Funktion der Norm primär in der Vermeidung einer Doppelberücksichtigung der durch den Grundfreibetrag freigestellten Posten sieht. Die hier vertretene Position erstreckt sich dagegen auch auf Posten, die, weil sie nicht zum Existenzminimum gehören, nicht in die Berechnung des Grundfreibetrages eingehen, z. B. Polounterricht. 60 Danach gehörten Aufwendungen für den Lebensunterhalt mit Ausnahme der Mehraufwendungen für die auswärtige Unterbringung nicht zu den Aufwendungen für Berufsausbildung oder Weiterbildung. Das stellte klar, dass zwischen Kosten der Ausbildung und den nicht durch die Ausbildung veranlassten Kosten des Lebensunterhalts zu unterscheiden war. Der Begriff des Lebensunterhalts selbst wurde in der Norm nicht näher bestimmt. Man durfte darunter aber keinesfalls alle Lebenshaltungskosten verstehen. Denn grundsätzlich gehören Sonderausgaben zu den Lebenshaltungskosten, so dass der Steuergesetzgeber das mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 S.1 bis 3 EStG Gegebene mit der Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG a. F. wieder genommen hätte – ein evident sinnwidriges Ergebnis (ebenso G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 322 (Stand August 1994). Bis zum Steuerreformgesetz 1990 (zum Hintergrund der Änderung vgl. G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 290 (Stand August 1994)) fand sich nach Ansicht der Rechtsprechung (vgl. BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834) ein weiterer Ansatzpunkt in der in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorgesehenen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die hauswirtschaftliche Aus- und Weiterbildung: Nicht jede hauswirtschaftliche Ausoder Weiterbildung münde in eine berufliche, d. h. dem Erwerb dienende Tätigkeit. Der einzige Sinn der gesonderten Aufnahme der hauswirtschaftliche Aus- oder Weiterbildung liege daher darin, auch nicht berufsbezogene Fälle zu erfassen. Wolle man die Redundanz der Vorschrift vermeiden, lasse sich folgern, dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur berufsbezogene Kenntnisse habe erfassen wollen. 61 Vgl. dazu BVerfG v. 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153; M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 177 ff. 62 BFH v. 21.8.1974 VI R 166/72, BStBl 1975 II, 79. 63 G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 322 (Stand August 1994). 64 Darauf stellt G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 322 (Stand August 1994) ab. 65 So BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834.
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notwendige Voraussetzung für die Ausübung eines Berufes sein.66 Zu den abziehbaren Kosten können, wie sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG folgern lässt, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer,67 für Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsort, für doppelte Haushaltführung und auch der Mehraufwand für Verpflegung zählen. Darüber hinaus sind der ausbildungsbedingte Mehraufwand für Kleidung sowie Anwalts- und Prozesskosten für durch die Ausbildung veranlasste Rechtsstreitigkeiten68 abziehbar.69 § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG lässt auch die Kosten der auswärtigen Unterbringung70 zum Abzug zu. Für eine auswärtige Unterbringung reicht anders als bei § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG aus, dass der Steuerpflichtige eine außerhalb des Ausbildungsorts gelegene Wohnung besitzt, die er abgesehen von seiner Ausbildungszeit regelmäßig nutzt und zu der er vom Ausbildungsort nicht täglich zurückkehren kann.71 Dieses für den alten Wortlaut der Vorschrift („außerhalb des Orts, in dem er [scil. der Arbeitnehmer] einen eigenen Hausstand unterhält“) judizierte Ergebnis gilt für den neuen Wortlaut fort („auswärtige Unterbringung“). Eine auswärtige Unterbringung erforderte nach bisheriger Rechtsprechung anders als bei § 33a Abs. 2 EStG nicht eine gewisse Dauer;72 daran dürfte festzuhalten sein.73 Eine hinreichende Veranlassung durch die Ausbildung ist namentlich bei gemischten Aufwendungen schwierig zu beurteilen. Zuvor sollte man sich ________________________ 66 BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834: Führerschein eines Schülers. Dieses Kriterium wird durch den Besuch von allgemeinbildenden Schulen erfüllt. 67 Dazu etwa H. Richter, DStR 1997, 605 f. 68 Vgl. etwa FG Berlin v. 1.8.1978 v. 76/78, EFG 1979, 177 – rkr. 69 G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 322 (Stand August 1994); H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 173, 159 (Stand Juni 2002). 70 Zum Merkmal „wegen der Ausbildung“ vgl. etwa P. Stephan in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 10 Rz. 207a (Stand Oktober 2001). 71 BFH v. 20.3.1992 VI R 40/89, BStBl 1992 II, 1033 (mit krit. Anm. K. J. von Bornhaupt, DStZ 1992, 599 f.) unter ausdrücklicher Aufgabe von BFH v. 21.8.1974 VI R 166/72, BStBl 1975 II, 79. Dem lag ein Fall zugrunde, bei dem es darauf ankam, ob der erhöhte Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG anwendbar war. Dem BFH v. folgend H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 178 f. (Stand Juni 2002) m. w. N. 72 BFH v. 20.3.1992 VI R 40/89, BStBl 1992 II, 1033. Zu § 33a Abs. 2 EStG s. Kap. 5 I 1 d) cc) (S. 222 f.). 73 Freilich ist der ursprünglich angeführte Grund für die unterschiedliche Behandlung – dass § 33a Abs. 2 EStG nur die Berufsausbildung enthält, während § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch die regelmäßig kürzere Weiterbildung erfasste – entfallen. Jedoch unterscheiden sich § 33a Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG darin, dass der Sonderausgabenabzug einen konkreten Nachweis der Aufwendungen fordert und keine Pauschale vorsieht. Das rechtfertigt es, die Pauschale des § 33a Abs. 2 EStG nur bei einer signifikanten Mehrbelastung anzusetzen, die nur bei einer bestimmten Dauer auftritt, den Einzelnachweis bei § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hingegen auch bei kurzen Aufenthalten zuzulassen.
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aber verdeutlichen, dass diese nicht vorliegen, wenn der Steuerpflichtige von Anfang an das Erlernte nicht als Beruf ausüben wollte.74 Wenn ein Apotheker einen Fotofernkurs belegt und die Kosten mit der Begründung als Sonderausgabe ansetzen will, er habe sich ein zweites Standbein schaffen wollen, dann kann das so nicht ausreichen.75 Eine Berücksichtigung als Sonderausgabe würde den Vorsorgezweck des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG76 verfehlen, weil die Bildungsmaßnahme hier nicht der Vorsorge dient, sondern allein oder völlig überwiegend der Verfolgung privater Interessen oder Neigungen. Es handelt sich mithin um reine Konsumentscheidungen, mag das angeschaffte immaterielle Konsumgut auch seine Nutzungen über einen längeren Zeitraum abgeben.77 Diese Fälle dürften wegen der Unsicherheit des Arbeitsmarktes und dem Erfordernis einer wiederholten Neuorientierung seltener werden. Jedenfalls aber dürfte es schädlich sein, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Möglichkeit mehr hat, seinen Beruf wieder aufzunehmen, etwa weil er nach Überschreiten der Altersgrenze pensioniert worden ist. ________________________ 74 Vgl. auch W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 52 ff. 75 Dasselbe gilt, wenn eine Ärztin als Jagdaufseherin oder ein Richter als Musiker ausgebildet wird, vgl. FG Bremen v. 20.8.1974 I 64/73, EFG 1975, 10 – rkr. und FG Berlin v. 3.5.1976 III 163/75, EFG 1976, 602 – rkr. Verneint wurde ebenfalls der Sonderausgabenabzug für das Numismatik-Studium (Studium Generale) einer nach Ablauf des Erziehungsurlaubs unter Wegfall der Bezüge beurlaubten Geschichtslehrerin (BFH v. 13.5.2004 IV R 47/02, BFH/NV 2004, 1402) und für das Jura-Studium im 36. Semester einer 54jährigen Krankenschwester (FG RP v. 8.7.2005 1 K 1130/05, juris). Auch für die gelegentliche Teilnahme an Vorlesungen über Germanistik und Kunstgeschichte, mit der kein konkretes Berufsziel angestrebt wird, dürfte das Vergnügen am intellektuellen und kulturellen Stimulus ebenso einzig wirkliches Motiv sein (vgl. H. Hutter in Blümich, § 10 Rz. 506 EStG (Stand August 2001)) wie für einen über 75 Jahre alten Lernenden, der seit Jahren ein Philosophiestudium betreibt, so FG BaWü v. 14.5.2003 13 K 222/01, EFG 2004, 783 – rkr. nach Zurückweisung der NZB durch BFH v. 10.2.2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056. Allgemein wird für Ausbildungen im Seniorenalter eine gewisse Skepsis angezeigt sein, insbesondere wenn hinreichende Altersbezüge und Renten vorliegen. Weitere Fälle: Ausbildung eines Angestellten als Skiübungsleiter, der nur gegen Aufwandsentschädigung tätig werden will (BFH v. 22.9.1995 VI R 13/93, BStBl 1996 II, 8), eines angestellten Diplomlandwirts als Jäger (FG Berlin v. 10.11.1978 III 220/77, EFG 1979, 438 – rkr.) oder eines Beamten als Busfahrer (FG Köln v. 18.12.1996 6 K 1987/92, EFG 1997, 735 – rkr.); eines Angestellten als Tauchlehrer, FG RP v. 4.2.2000 3 K 1446/98, juris sowie Kosten für die Aufrechterhaltung der Fluglehrerbefähigung, wenn sie einem Hobby und nicht einer künftigen Erwerbsquelle dienen, BFH v. 25.2.2004 VI B 93/03, juris. 76 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 10 (Stand Juni 2002). 77 Zu dauerhaften Konsumgütern s. R. Ismer, DB 2003, 2197, 2198.
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Die wirklich gemischten Aufwendungen sind voll als Lebensaufwendungen zu behandeln, wenn eine Abgrenzung nicht möglich ist.78 Es können daher nicht alle Maßnahmen, die einer späteren Berufsausübung förderlich sind, der Berufsausbildung zugerechnet werden, sondern nur solche, die der Vorbereitung einer Erwerbstätigkeit dienen.79 Dementsprechend sind die Kosten für das Erlernen einer Fremdsprache „ins Blaue hinein“ nicht abzugsfähig.80 Diese Einschränkung darf aber nicht so verstanden werden, dass Ausbildungskosten generell zu verneinen sind, wenn der Beruf nicht staatlich reguliert ist und damit auch ohne die Ausbildung ergriffen werden kann81 oder wenn der angestrebte Abschluss in Deutschland nicht anerkannt wird.82 Allerdings ist die genaue Trennlinie nicht einheitlich, weil der Bundesfinanzhof das Aufteilungs- und Abzugsverbot83 auf die Abgrenzung zwischen Sonderausgaben und Erwerbsaufwendungen nicht anwendet.84 Insbesondere divergieren die Positionen, wann gemischt (durch die Sonderausgabensphäre und die reine Privatsphäre) veranlasste Aufwendungen auseinandergeschätzt werden können. Eine Ansicht zieht Kriterien heran, die grundsätzlich denen für das Aufteilungsverbot bei der Abgrenzung der Erwerbsvon der Privatsphäre entsprechen. Begründet wird dies zum Teil mit einer entsprechenden Anwendung des Aufteilungs- und Abzugsverbotes.85 Weitergehend wird bisweilen ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit in sachlicher und zeitlicher Hinsicht gefordert.86 Damit lässt sich die Abziehbarkeit der Aufwendungen für den Besuch allgemeinbildender Schulen freilich nur schwer vereinbaren. Die wohl herrschende Ansicht hingegen schätzt die rein private und die Sonderausgabenveranlassung groß________________________ 78 Vgl. P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 1; W. Heinicke in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 10 Rz. 125; D. Steck, NWB 2003, 2859, 2866. 79 BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl II 1977, 834; v. 17.11.1978 – VI R 139/76, BStBl 1979 II, 180. 80 BFH v. 26.11.1993 VI R 67/91, BStBl 1994 II, 248; FG München v. 26.9.1997 8 K 642/95, EFG 1998, 183 – rkr. Anders für den Fall der Ausbildung zum Dolmetscher zu Recht P. Fischer in Kirchhof, EStG, § 10 Rz. 30. 81 FG RP v. 12.11.1991 2 K 1115/91, EFG 1992, 324 – rkr. für einen angehenden Heilpraktiker. A. A. aber FG Münster v. 4.9.1996 11 K 1979/95, EFG 1997, 602 für einen Reinkarnationsanalytiker. 82 FG Nürnberg v. 20.11.1990 VI 128/88, juris – rkr. für einen englischen Abschluss als Bachelor. 83 Zu diesem schon Kap. 2 II 1 c) (S. 86 f.). 84 BFH v. 22.6.1990 VI R 2/87, BStBl 1990 II, 901. 85 FG BaWü v. 27.5.1975 IV 87/74, EFG 1975, 462 (best. durch BFH v. 18.3.1977 VI R 130/77, juris); FG Nds v. 20.11.1986 II 4/85, EFG 1987, 403; H. Hutter in Blümich, § 10 Rz. 506 EStG (Stand August 2001). 86 P. Fischer in Kirchhof, EStG, § 10 Rz. 30.
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Abgrenzung von Ausbildung und Allgemeiner Lebensführung
zügig auseinander.87 Nur wenn eine Aufteilung nicht möglich ist, soll ein Abzug grundsätzlich ausscheiden, wenn die Bildungsmaßnahme nicht ganz überwiegend durch die Berufsausbildung veranlasst ist.88 Letztlich unterscheiden sich die Positionen darin, ob gegebenenfalls geschätzt werden muss oder ob ein Abzug ausscheidet, wenn keine klar und leicht nachprüfbare Zuordnung besteht. Die Meinungsunterschiede werden an Bedeutung gewinnen, wenn die Finanzverwaltung die erhöhten Höchstbeträge in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einer verschärften Prüfung zum Anlass nimmt.
4. Aufwendungen des Steuerpflichtigen Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG fordert, dass es sich um Aufwendungen gerade des Steuerpflichtigen handelt. Die Herkunft der Mittel, die er für deren Bestreitung verwendet, ist unerheblich, wenn er die Aufwendungen nur wirtschaftlich getragen hat.89 Bei einer Darlehensaufnahme kommt es für das Entstehen der Sonderausgaben wie bei den Erwerbsaufwendungen90 auf den Zeitpunkt der damit bestrittenen Aufwendungen an und nicht auf den der Rückzahlung.91 Dem Abflussprinzip folgend gehören Zinsen im Jahr der Zahlung zu den Ausbildungskosten.92 Bei steuerfreien Bezügen, die der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit seiner Ausbildung erhält, ist zu unterscheiden, ob die Zuschüsse zur Bestreitung der Lebensunterhaltskosten oder aber zur unmittelbaren Förderung der Ausbildung bestimmt sind. Nur letztere mindern die Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG,93 und zwar nach Auffassung der Finanz________________________ 87 W. Heinicke in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 10 Rz. 125; G. Nolde, in HHR § 10 Rz. 322 (Stand August 1994); D. Steck, NWB 2003, 2859, 2866; P. Stephan, in Littmann, § 10 Rz. 215 (Stand Oktober 1991); H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 235 (Stand Juni 2002). 88 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 236 (Stand Juni 2002), der dies nur annimmt, wenn berufsbezogene Allgemeinbildung vermittelt wird. Ebenso P. Stephan, in Littmann, § 10 Rz. 215 (Stand Oktober 1991). Weiter G. Nolde, in HHR § 10 Rn. 322 (Stand August 1994): Grundsätzlich Zuordnung zu den Sonderausgaben. 89 G. Nolde, in HHR § 10 Rn. 300 (Stand August 1994). 90 BFH v. 10.12.1971 VI R 209/69, BStBl 1972 II, 250. 91 BFH v. 15.3.1974 VI R 252/71, BStBl 1974 II, 513. A. A. F. Petermann, DStR 1974, 266 mit dem Hinweis, ansonsten würde die Abzugsmöglichkeit nur denjenigen zuteil werden, die bereits während der Ausbildung über Einkünfte verfügen. 92 BFH v. 25.9.1992 VI R 90/90, BFH/NV 1993, 163. 93 Allgemeine Ansicht, vgl. BFH v. 4.3.1977 VI R 168/75, BStBl 1977 II, 503; BFH v. 8.12.1978 VI R 26/76, BStBl 1979 II, 212; R 103 EStR 2003; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 189 ff. (Stand Juni 2002).
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verwaltung unabhängig vom Zeitpunkt des Zuflusses.94 Abzuziehen sind daher insbesondere steuerfreie Ausbildungsbeihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG.95 Der Bundesfinanzhof entschied dies erstmalig für Unterhaltskostenzuschüsse nach § 44 AFG (nunmehr: §§ 153, 77 SGB III):96 Unterhaltskosten seien abgesehen von den auf die auswärtige Unterbringung zurückzuführenden Kosten einkommensteuerlich irrelevant. Dasselbe müsse gleichsam als Spiegelbild für die Einnahmen gelten, die diese Kosten abdecken.97 Wenn Beihilfen für die Ausbildung und den Lebensunterhalt in einem Gesamtbetrag gezahlt würden, werde dieser Betrag zunächst für die Kosten der Lebenshaltung verwendet.98 § 3c EStG, der nach seinem klaren Wortlaut nur auf Erwerbsaufwendungen anzuwenden sei, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen.99 Man könne auch nicht davon sprechen, der Steuerpflichtige erlange einen dreifachen Vorteil, wenn er erstens die Förderungsleistung zweitens steuerfrei erhalte und drittens seine Ausbildungskosten als Sonderausgaben geltend machen könne.100 Denn die ersten beiden Vorteile seien vom Gesetzgeber gewollt und der dritte habe mit den ersten beiden nichts zu tun.101 Die Einkommensteuerrichtlinien sind noch großzügiger.102 Sie sehen zu Vereinfachungszwecken eine Kürzung der für den Sonderausgabenabzug in Betracht kommenden Aufwendungen nur dann vor, wenn die steuerfreien Bezüge ausschließlich zur Bestreitung von Ausbildungskosten bestimmt sind. Das ist etwa bei Leistungen für Fortbildungsmaßnahmen nach §§ 81 ff. SGB III oder Leistungen für Lern- und Arbeitsmittel nach § 4 der Verord________________________ 94 R 103 S. 2 EStR 2003. Ebenso H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 192 (Stand Juni 2002) m. w. N. Das ist mit Blick auf § 11 Abs. 2 EStG zweifelhaft (vgl. G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 300 (Stand August 1994)). 95 So schon BT-Drucks. V/3430, 10. 96 BFH v. 4.3.1977 VI R 168/75, BStBl 1977 II, 503; daran (für den Werbungskostenabzug) festhaltend BFH v. 13.10.2003 VI R 71/02, BFH/NV 2004, 134 m. zust. Anm. MIT, DStRE 2004, 3. Zur Parallelfrage bei den Werbungskosten unten Kap. 4 IV 4 (S. 195 f.), zur Einschätzung de lege ferenda Kap. 13 (S. 480 ff.). 97 BFH v. 4.3.1977 VI R 168/75, BStBl 1977 II, 503. Hier fehlt allerdings im Urteil eine zutreffende Begründung. Die statt dessen angebotene Formulierung „denn es kann im Rahmen der Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben keinen Unterschied machen, ob jemand Unterhaltskosten selbst aufwendet oder ob sie ihm von einem Dritten ersetzt werden.“ (a. a. O., 504) ist eine petitio principii. 98 BFH v. 8.12.1978 VI R 26/76, BStBl 1979 II, 212 (zu wegen eigenen Einkommens gekürzten Leistungen nach § 13 Abs. 1 und 2 BAföG). 99 BFH v. 4.3.1977 VI R 168/75, BStBl 1977 II, 503. Teilweise a. A. W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 116. 100 So der Vortrag des Finanzamts als Revisionskläger in der durch BFH v. 8.12.1978 VI R 26/76, BStBl 1979 II, 212 entschiedenen Rechtssache. 101 BFH v. 8.12.1978 VI R 26/76, BStBl 1979 II, 212. 102 R 103 S. 4 EStR. Krit. dazu etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 196 (Stand Juni 2002) m. w. N.
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nung über Zusatzleistungen in Härtefällen nach dem BAföG der Fall. Gelten die steuerfreien Bezüge hingegen ausschließlich oder teilweise Aufwendungen für den Lebensunterhalt ab – ausgenommen solche für auswärtige Unterbringung –, z. B. Berufsausbildungsbeihilfen nach § 59 SGB III, Unterhaltsgeld nach §§ 153 ff. SGB III, Leistungen nach den §§ 12 und 13 BAföG, so sind die Ausbildungskosten nicht zu kürzen. Die Ausgaben müssen im Veranlagungszeitraum abgeflossen sein. Ein Abfluss für in vorangegangenen Zeiträumen durchgeführte Bildungsmaßnahmen führt ebenfalls im Abflussjahr zu Sonderausgaben.103 Hingegen soll ein Abzug für Vorauszahlungen auf eine erst in späteren Zeiträumen erfolgende Bildungsmaßnahme ausscheiden, da es an einer Unvermeidbarkeit im Zahlungsjahr fehle.104
5. Höhe der Aufwendungen Bei der Höhe der Aufwendungen ist zu beachten, dass zum Zwecke der Ausbildung angeschaffte mehrjährig nutzbare Wirtschaftsgüter nach denselben Regeln wie bei den Arbeitsmitteln nur in Höhe der auf die Nutzungsdauer verteilten Anschaffungskosten als Sonderausgaben abziehbar sind.105 Denn nur so wird das gesetzgeberische Ziel, den Unterschieden zwischen Ausund Fortbildungskosten ihre Bedeutung zu nehmen, erreicht. Neben der Höchstgrenze von 4.000 Euro gelten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG die Abzugsbeschränkungen für Fahrten zur Ausbildungsstätte und Familienheimfahrten, doppelte Haushaltsführung und Mehrverpflegungsaufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 und 6b, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 und Abs. 2 sinngemäß.
III. Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung Bereits im geschichtlichen Überblick wurde erwähnt, dass die Abgrenzung von Ausbildung und Fortbildung die Rechtsprechung und damit die Abgrenzung zwischen nur beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben und voll abzugsfähigen Erwerbsaufwendungen immer wieder beschäftigt hat. Zugleich wurde auf die Änderung der Rechtsprechung vom Jahresende 2002 und das ________________________ 103 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 239 f. (Stand Juni 2002). 104 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 241 (Stand Juni 2002) – m. E. zw., da die Zwangsläufigkeit je nach Vertragsgestaltung auch bei Aufwendungen anzunehmen sein kann, bei denen die Fälligkeit (oder ein Frühbucherrabatt) vor Beginn der Maßnahme bestand. 105 BFH v. 7.5.1993 VI R 113/92, BStBl 1993 II, 676. De lege lata kritisch dazu H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 259 f. (Stand Juni 2002), der einen klarstellenden Verweis auf § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG fordert.
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dazu ergangene Nichtanwendungsgesetz hingewiesen. Die Gesetzesänderung macht die neue Rechtsprechung freilich nicht irrelevant: Sie gilt bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2003. Zudem ist sie jenseits von Erstausbildung und Erststudium durchaus von Relevanz, also namentlich für die Umschulung. Umgekehrt gewinnt die vom Gesetzgeber partiell wiederhergestellte alte Rechtsprechung wieder eine herausgehobene Bedeutung, lassen sich doch die Begriffe „erstmalige Berufsausbildung“ „Erststudiums“ und „Ausbildungsdienstverhältnis“ in § 12 Nr. 5 EStG nur vor diesem Hintergrund zutreffend verstehen. Zudem sind die zur Begründung angeführten Argumente auch rechtspolitisch von Interesse. Daher werden zunächst die von der alten Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dargestellt (1). Anschließend werden die Entscheidungen der neuen Rechtsprechung und die noch offenen Fragen erläutert (2). Abschließend wird auf das neue Gesetz und seine Begründung durch den Finanzausschuss sowie die bereits erhältlichen Stellungnahmen in der Literatur und seitens der Verwaltung eingegangen (3). Vorab ist erneut darauf hinzuweisen, dass das Aufteilungs- und Abzugsverbot bei dieser Sphärenabgrenzung nicht gilt.106
1. Alte Rechtsprechung: Wechsel der Berufsart? Die alte Rechtsprechung107 ließ sich im Wesentlichen auf folgende Formel reduzieren: Fortbildung diente der Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse in einem bereits ausgeübten Beruf; Fortbildungskosten waren Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um im ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so im ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen.108 Ausbildung bedeutete hingegen die erstmalige Schaffung der Voraussetzungen für die Ausübung eines bestimmten Berufes. Zu den Ausbildungskosten sollten auch solche Kosten gehören, die ein im Berufsleben stehender Steuerpflichtiger machte, um seine Lebensstellung durch den Übergang in einen anderen Beruf, also einen Berufswechsel, zu verbessern.109 Dabei kam es auf den generellen Inhalt der Bildungsmaßnahme an und nicht auf die Umstände des Einzelfalls. Insbesondere konnte der Steuerpflichtige der Qualifikation als Ausbildungskosten nicht dadurch entgehen, dass er sie bis zur Aufnahme ________________________ 106 Dazu schon Kap. 4 II 3 (S. 126 ff.). 107 Vgl. auch A. Zöller, Ausbildungskosten-Fortbildungskosten, 1982 für eine monographische Darstellung des Standes der Rechtsprechung bis 1982. 108 So etwa BFH v. 7.11.1980 VI 50/79, BStBl 1981 II, 216. 109 BFH v. 4.8.1967 VI R 262/66, BStBl 1967 III, 774. Damit führte der BFH die Rechtsprechung des RFH (vgl. dazu Fn. 23 zu Kap. 4 I (S. 122)) fort.
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einer Erwerbstätigkeit aufschob (im Folgenden: Grundsatz der Zeitpunktsneutralität).110 Ausgehend von dieser grundlegenden Unterscheidung, die das Bundesverfassungsgericht mehrfach gebilligt hat,111 entwickelte sich eine umfangreiche Kasuistik, wann eine Maßnahme einen Wechsel der Berufsart nach sich zog. Bei Darstellung dieser Rechtsprechung in ihren Verästelungen bietet sich eine Bildung von Fallgruppen an: die Kosten von allgemeinbildenden Maßnahmen, von Hochschulstudium, Promotion und Habilitation sowie der Ausbildung zu weiteren Berufen. Begonnen werden soll, unter Durchbrechung der chronologischen Ausbildungsbiographie, mit dem Hochschulstudium, an dem sich die auftretenden Probleme gut veranschaulichen lassen. a) Kosten eines Hochschulstudiums aa) Kosten eines akademischen Erststudiums keine Erwerbsaufwendungen Die Kosten eines Universitäts- und Fachhochschulstudiums,112 insbesondere eines akademischen Erststudiums waren grundsätzlich Ausbildungskosten und damit nur beschränkt abzugsfähig.113 Zur Begründung fanden sich in den Urteilen, die dieser Linie folgten, zahlreiche Argumente: ________________________ 110 Diesen betont etwa G. Söffing, FR 1981, 363. 111 BVerfG v. 10.12.1973 1 BvR 348/73, HFR 1974, 170; BVerfG v. 22.5.1984 1 BvR 523/84, INF 1984, 406; BVerfG v. 8.7.1993, 2 BvR 773/93, NJW 1994, 847 (Kammerbeschluss der 3. Kammer des 2. Senats). 112 Zum Fachhochschulstudium mit Graduierung als Abschluss vgl. BFH v. 10.12.1971 VI R 150/70, BStBl 1972, 254. Anders für Studien ohne Graduierung BFH v. 23.8.1979 VI R 87/78, BStBl 1979 II, 773. 113 Vgl. insbesondere BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723 sowie v. 4.8.1967 VI R 262/66, BStBl 1967 III, 774 und jeweils v. 7.8.1967 VI R 88/66, BStBl 1967 III, 777; VI R 63/67 BStBl 1967 III, 779; VI R 297/66, BStBl 1967 III, 789. Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso BFH v. 24.7.1973 IV R 27/72, BStBl 1973 II, 817 (wohl in Widerspruch zu BFH v. 25.11.1966 VI 175/66, BStBl 1967 III, 200, was durch BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723 als Sonderfall unberührt gelassen werden sollte); v. 29.5.1974 VI R 182/71, BStBl 1974 II, 636; v. 3.12.1974 VI R 31/74, BStBl 1975 II, 446; v. 28.11.1980 VI R 195/79, BStBl 1981 II 309; v. 28.9.1984 VI R 44/83, BStBl 1985 II, 94; v. 26.4.1989 VI R 95/85, BStBl 1989 II, 616 (freiwilliges nebenberufliches Hochschulstudium eines Bundeswehroffiziers); v. 17.4.1996 VI R 94/94, BStBl 1996 II, 450 (Nebenberufliches BWL-Studium eines Sparkassenbetriebswirts an privater FH); v. 16.1.1998 VI R 92/96, BFH/NV 1998, 844 (Ausgebildete französische Grundschullehrerin, die nach Kindererziehungspause in den Schuldienst in Rheinland-Pfalz eintreten will, muss nach Ergänzungsstudium Erstes und Zweites Staatsexamen ablegen). Dem ist nach anfänglichem Widerstand (FG BaWü v. 12.11.1969 I 212/68, EFG 1970, 65: Die Typisierung sei mit dem Rechtsstaatsgebot unvereinbar; FG Dü
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So wurde geltend gemacht, die Ausübung eines akademischen Berufes erfordere regelmäßig den Nachweis eines erfolgreich abgeschlossenen Studiums durch Ablegung der entsprechenden Examina. Das Studium eröffne daher stets eine andere berufliche,114 gesellschaftliche115 und wirtschaftliche Stellung.116 Das Studium weise einen über den beruflichen Kontext hinausgehenden Mehrwert auf,117 wobei es nicht auf die Realisierung dieses Mehrwertes ankomme, sondern auf die Möglichkeit dazu.118 Deshalb liege, auch wenn eine verwandte Tätigkeit gleichzeitig ausgeübt werde, eine private Mitveranlassung vor, die gegenüber der eventuell gegebenen Förderung der ausgeübten Tätigkeit in den Vordergrund trete. Jedenfalls aber greife mangels eines objektiven Maßstabs das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG.119 Das gelte selbst dann, wenn sich die Ausbildung als logische Fortsetzung der bisherigen beruflichen Tätigkeit des Klägers darstelle120 und wenn der Arbeitgeber ein gesteigertes Interesse an der Ausbildung habe.121 Dem verwandt ist das Argument, durch das Abzugsverbot würden eine leichte Abgrenzung der Erwerbsaufwendungen von den Kosten der privaten ________________________
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115 116 117 118 119 120 121
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v. 12.2.1970 IX 178/68, EFG 1970, 437 f.: Der Grundsatz der Besteuerungsgleichheit verbiete eine Diskriminierung der Fortbildung an Hochschulen; aufgehoben durch BFH v. 10.12.1971 VI R 160/70, BStBl 1972 II, 255) die untergerichtliche Rechtsprechung weitgehend gefolgt, vgl. statt vieler FG Nürnberg v. 12.6.1974 v. 242/72, EFG 1974, 526; FG Nürnberg v. 2.4.1976 III 74/75, EFG 1976, 440 f.; Hess. FG v. 26.5.1976 VII 27/76, EFG 1977, 63; FG Dü v. 28.9.1978 VIII 185/74, EFG 1979, 219; FG Nds v. 13.8.1980 IX 192/78, EFG 1981, 172; FG Köln v. 18.4.1983 VIII 46/81, EFG 1984, 25; FG RP v. 21.11.1985 3K 186/85 (NV); Hess. FG v. 15.5.1987 1 K 189/85, EFG 1987, 550 (Studium an der Berufsakademie Mannheim). Die auch in der „Legalisierung“ der Aushilfstätigkeit einer Lehrerin für Hauswirtschaft, die aushilfsweise auch andere Fächer unterrichtet, liegen könne, so FG Nds v. 17.6.1998 XII 488/93, EFG 1999, 598 (aufgehoben durch BFH v. 22.7.2003 VI R 163/98, juris). Die maßgeblich durch die Verleihung eines akademischen Grades bedingt ist, vgl. dazu nur FG Saarland v. 13.10.1994 2 K 107/93, EFG 1995, 430. S. dazu nur BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723, 724. Zur Untauglichkeit dieses Kriteriums Kap. 10 I 1 a) aa). So etwa FG Münster v. 28.1.1999 1 K 6829/97, EFG 2001, 493 (aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 5/01, BFH/NV 2003, 1417). FG Köln 19.4.2002 2 K 2633/98, EFG 2003, 78 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI 53/02, BFH/NV 2003, 1320). FG Nds v. 17.6.1998 XII 488/93, EFG 1999, 598 (aufgehoben durch BFH v. 22.7.2003 VI R 163/98, juris). Hess. FG v. 21.6.1993 2 K 724/93, EFG 1993, 715. FG Dü v. 16.11.2001 13 K 5876/98, EFG 2001, 1293 (aufgehoben durch BFH v. 22.7.2003 VI R 8/02, juris).
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Lebensführung ermöglicht und kaum handhabbare Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden.122 Sachgerechte und für die Praxis brauchbare Unterscheidungskriterien, bei deren Vorliegen ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule ausnahmsweise als berufliche Fortbildung zu qualifizieren wäre und die außerdem im Vergleich zur ausnahmslosen Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben zu einem insgesamt gerechteren Ergebnis führten, seien nicht erkennbar.123 Es verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, wenn Fortbildungskosten abzugsfähig seien, Ausbildungskosten hingegen nicht (oder nur beschränkt).124 Denn die Unterscheidung beruhe darauf, dass Ausbildungskosten noch mit keiner Einkunftsart in Verbindung stünden.125 Die Erhöhung der Verdienste, die ohnehin wesentlich von der Wettbewerbslage bestimmt werde,126 sei noch völlig ungewiss. Eine konkrete Aussicht darauf könne erst mit Abschluss des Studiums angenommen werden.127 Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten durch Einfügung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (nunmehr § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) bestätigt.128 Jedenfalls habe er in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung keine Veranlassung gesehen, die Aufwendungen für ein Erststudium nach vorangegangener Berufsausbildung als Fortbildungskosten zu bestimmen.129 Darüber hinaus müsse man, wenn man den Zusammenhang mit einer ausgeübten Tätigkeit ausreichen lasse, auch Aufwendungen für den Besuch der Abendschule berücksichtigen, soweit ihr erfolgreicher Abschluss Voraussetzung eines als Fortbildung zu qualifizierenden Erststudiums sei.130 Das aber würde nicht nur eine gravierende Privilegie________________________ 122 BFH v. 10.12.1971 VI R 160/70, BStBl 1972 II, 255 in einer allerdings inzwischen überholten Entscheidung zu Zweitstudien. Im Kontext des Erststudiums etwa BFH v. 28.9.1984 VI R 44/83, BStBl 1985 II, 94. Dem folgend etwa Becker/Bur, INF 1995, 683, 685. Die Abgrenzungsschwierigkeiten stellen in der Tat ein Problem der neuen Rechtsprechung dar; daher wird hier eine generelle Veranlassung im Sinne einer formellen Typisierung vorgeschlagen, Kap. 10 I 1 b) aa) (S. 386 ff.). 123 BFH v. 17.4.1996 VI R 94/94, BStBl 1996 II, 450. 124 BFH v. 16.3.1967, IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723. 125 So BFH v. 10.12.1971 VI R 160/70, BStBl 1972 II, 255 in einer allerdings inzwischen überholten Entscheidung zu Zweitstudien. 126 So FG BaWü v. 13.1.1998 1 K 23/95, EFG 1998, 641. 127 FG Münster v. 12.12.1997 11 K 3328/97, EFG 2001, 491 (aufgehoben durch BFH v. 17.12.2002 VI R 182/00, BFH/NV 2003, 609). 128 So BFH v. 10.12.1971 VI R 160/70, BStBl 1972, 255 in einer allerdings inzwischen überholten Entscheidung zu Zweitstudien. Zur generellen Ablehnung dieses Arguments s. Kap. 10 I 1 a) aa). 129 FG Köln v. 5.3.2001 4 K 1737/00, DStRE 2002, 5 (aufgehoben durch BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404). 130 Zur Widerlegung dieses Arguments Kap. 10 I 1 b) bb) (S. 392 ff.).
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rung des Zweiten Bildungsweges darstellen, sondern auch keinen Anwendungsbereich für die Vorschrift des § 10 I Nr. 7 EStG belassen.131 Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege auch nicht darin, dass Eltern Erleichterung nach § 32 und § 33 a Abs. 2 EStG gewährt werde, nicht aber Steuerpflichtigen, die den Aufwand selbst tragen. Denn jene würden die Früchte der Ausbildung nicht ernten. Im Gegenteil wäre eine volle Absetzbarkeit für Studierende in Anbetracht der geringen bei den Eltern zu berücksichtigenden Beträge nicht zu rechtfertigen.132 Außerdem käme es, wenn man auf einen Bezug zu einer ausgeübten Tätigkeit abstellen würde, zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Werksstudenten, die sich ihren Lebensunterhalt in einem ihrem Studienfach nicht verwandten Bereich verdienten,133 aber auch gegenüber erfolglosen Studenten, die nach Scheitern im Studium eine verwandte Lehre absolvierten.134 Ferner würden ansonsten Arbeitslose diskriminiert, die sich, um wieder in Lohn und Brot zu kommen, zu einem Studium entschlössen.135 Weiterhin sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, ein direkt nach dem Abitur begonnenes Studium anders zu behandeln als dasselbe Studium, wenn es einige Jahre nach dem Schulabschluss begonnen wird.136 Und schließlich sei es nicht gerecht, wenn die höchsten Entlastungen denjenigen zu Gute kämen, die ohnehin schon ein hohes Einkommen haben.137 Dieses Argument war insbesondere vor der Erstreckung der Verlustabzugsregelung auf alle Einkunftsarten im Jahre 1976138 von besonderem Gewicht. Es hat aber auch heute noch seine Berechtigung, wenn man die genauen Wirkungen des intertemporalen Verlustausgleichs betrachtet.139 ________________________ 131 FG Köln v. 19.4.2002 2 K 2633/98, EFG 2003, 78 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI 53/02, BFH/NV 2003, 1320). 132 Zur Erforderlichkeit einer Integration von Familienleistungsausgleich und Erwerbsaufwendungen sowie zum hier dazu unterbreiteten Vorschlag einer Verringerung der Erwerbsaufwendungen des Kindes um die den Eltern eingeräumten Freibeträge s. Kap. 13 II (S. 485 ff.). 133 BFH v. 16.3.1967, IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723. 134 FG Saarland v. 13.10.1994 2 K 107/93, EFG 1995, 430. 135 So FG Saarland v. 13.10.1994 2 K 107/93, EFG 1995, 430. 136 Hess. FG v. 21.6.2000 5 K 194/00, DStRE 2001, 451 (Langjähriger Industrieelektroniker studiert einschlägiges Fach an FH; aufgehoben durch BFH 17.12.2002 VI R 133/00, BFH/NV 2003, 475). Diesen grundsätzlich zutreffenden Argumenten ist durch eine Zeitpunktsneutralität Rechnung zu tragen, Kap. 10 I 1 a) bb). 137 Krit. dazu aber O. Labus, BB 1967, 1278, 1279: Das sei nur eine Folge der Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs. 138 Durch Einkommensteuer-Änderungsgesetz v. 20.4.1976, BGBl 1976 I, 1054. 139 Vgl. dazu im Einzelnen Kap. 10 I 1 d) (S. 400).
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Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung
Allerdings galt das Abzugsverbot nicht absolut. In drei Ausnahmefallgruppen waren die Kosten eines Hochschulstudiums als Erwerbsaufwendungen berücksichtigungsfähig: bei einem Aufbaustudium, bei einem Ausbildungsdienstverhältnis und bei fehlender Absicht, einen Abschluss zu erlangen. bb) Ausnahme 1: Zweitstudium als Aufbaustudium Die Kosten für ein Zweitstudium140 waren absetzbar, wenn das Erststudium zu einem Berufsabschluss geführt hatte, durch ein Aufbaustudium die durch ________________________ 140 Vgl. insbesondere das Grundsatzurteil des BFH v. 14.2.1992 VI R 26/90, BStBl 1992 II, 556 (Lehrerin für Sekundarstufe I erwirbt nach Ergänzungsstudium Lehrbefähigung für Sekundarstufe II) sowie im Anschluss daran BFH v. 14.2.1992 VI 69/90, BStBl 1992 II, 961 (Kirchenmusiker mit B-Schein erwirbt A-Schein); v. 14.2.1992 VI 106/90, BStBl 1992 II, 962 (Grund- und Hauptschullehrerin studiert zur Vorbereitung auf das Zweite Staatsexamen für das Realschullehramt); v. 8.5.1992 VI R 134/88, BStBl 1992 II, 965 (Als Arzt tätiger approbierter Humanmediziner studiert nebenberuflich Zahnmedizin, um Mund-Kiefer-Gesichtschirurg zu werden); v. 10.7.1992 VI R 19/91, BStBl 1992 II, 966 (Nebenberufliches Zusatzstudium eines Dipl.-Ing. zum Dipl. Wirtschaftsingenieur); v. 10.7.1992 VI R 148/89, BFH/NV 1993, 15 (Nebenberufliches Zusatzstudium eines Dipl.-Ing. zum Dipl. Wirtschaftsingenieur); v. 30.10.1992 VI R 25/90, BFH/NV 1994,154 (Nebenberufliches Zusatzstudium eines Dipl.-Ing. zum Dipl. Wirtschaftsingenieur); tendenziell auch v. 2.12.1994 VI R 14/94, BFH/NV 1995, 594 (Humanmediziner, der vorher als Krankenpfleger gearbeitet hat, will Kieferchirurg werden und studiert daher unmittelbar nach Abschluss des Medizinstudiums noch Zahnmedizin.); v. 18.4.1996 VI R 89/93, BStBl 1996 II, 449 (Tonmeisterstudium eines Diplommusiktheoretikers); v. 19.4.1996 VI R 19/95, BFH/NV 1996, 879 (MBA-Studium eines DiplomInformatikers); v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452 (MBA-Studium eines Dipl.-Betriebswirts (FH)); 31.1.1997 VI R 84/96, BFH/NV 1997, 648 (MBA eines Dipl-Physikers); v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl II 1998, 239 (Dipl. Bau-Ing. studiert nebenberuflich BWL); v. 16.1.1998 VI R 92/96, BFH/NV 1998, 844 (Ausgebildete französische Grundschullehrerin, die nach Kindererziehungspause in den Schuldienst in Rheinland-Pfalz eintreten will, muss Ergänzungsstudium machen und Erstes und Zweites Staatsexamen ablegen). Zuvor schon für einen Sonderfall BFH v. 3.12.1974 VI R 189/73, BStBl 1975 II, 280 (studierter Grundschullehrer studiert an Hochschule, um die Lehrbefähigung an Sonderschulen zu erlangen); v. 18.3.1977 VI R 2/76, BStBl 1977 II, 547 (Psychotherapiekurse einer Diplompsychologin mit Berufsziel Psychotherapeutin). A. A. noch BFH v. 13.3.1981 VI R 26/79, BStBl 1981 II, 439; FG Dü v. 19.10.1983 III 545/77, EFG 1984, 278; FG Münster v. 11.6.1987 I 373/83, juris; FG Saarland v. 31.5.1989 1 K 196/88, EFG 1989, 454; FG Saarland v. 27.11.1990 1 K 40/90, EFG 1991, 248; FG Saarland v. 26.7.1989 1 K 262/87, EFG 1990, 18 – rkr.; FG München v. 12.5.1992 13 K 3481/91, juris; FG Hamburg v. 10.8.1993 v. 31/90, EFG 1994, 27; FG Münster v. 29.11.1994 15 K 2972/94, juris (zurückverwiesen durch BFH v. 19.4.1996 VI R 19/95); FG Bbg v. 4.4.1995 4 K 231/94, EFG 1995, 912; Hess. FG v. 16.4.1996 14 K 4626/95, juris (aufgehoben durch BFH v. 31.1.1997
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
das Erststudium erworbene Kenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Auf die Höhe des Zeit- und Kostenaufwands kam es nicht an.141 Begründet wurde der Abzug des Aufbaustudiums entgegen bisweilen in der untergerichtlichen Rechtsprechung geäußerter Bedenken142 damit, dass das Veranlassungsprinzip den steuerlichen Abzug gebiete. Nach dem objektiven Nettoprinzip seien die zur Sicherung von Erwerbsseinkommen gemachten Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Die Chancen und Anwartschaften zur Erzielung von Erwerbseinkommen hätten existenzsichernde Bedeutung und minderten somit als Zwangsaufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit.143 Es liege zudem im öffentlichen Interesse, die abzugsfähigen Fortbildungskosten nicht zu eng auszulegen,144 zumal mit steigenden Anforderungen an das dem allgemeinen Entwicklungsstand anzupassende berufliche Wissen bestimmte Studien anders zu qualifizieren seien als früher.145 § 10 I Nr. 7 EStG stehe dem nicht entgegen, weil er als Erweiterung der Abzugsfähigkeit gedacht war.146 Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Das gelte jedenfalls dann, wenn das Zweitstudium wesentlich kürzer sei als das Erststudium.147 Der Abzug sei ferner aus Gleichheitsgründen erst recht da geboten, wo eine zweite Spezialisierung vorliege, die erste Spezialisierung aber schon als Fortbildung zu werten war.148
________________________
141 142
143 144 145 146 147 148
140
VI R 84/96, BFH/NV 1997, 648); Hess. FG v. 2.4.2001 9 K 4334/99, EFG 2001, 1027 (LLM nach 1. Staatsexamen und vor Beginn des Referendariats; aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 67/01, HFR 2004, 216). So schon BFH v. 18.3.1977 VI R 2/76, BStBl. 1977 II, 547. FG SH v. 17.1.1979 IV 108/78, EFG 1979, 278 (bestätigt durch BFH v. 13.3.1981 VI R 26/79) und FG Saarland v. 26.7.1989 1 K 262/87, EFG 1990, 18 – rkr.: Eine abgeschichtete Ausbildung dürfe nicht begünstigt werden. Vgl. auch Hess. FG v. 2.4.2001 9 K 4334/99, EFG 2001, 1027 (aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 67/01, HFR 2004, 216), das sich für eine einheitliche Auslegung der Begriffe Ausbildung in § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG (zu dieser Definition s. Kap. 4 II) ausspricht. FG Münster v. 21.5.1996 2 K 3127/94, EFG 1997, 157 – rkr. Hess. FG v. 20.10.1995 4 K 3768/92, EFG 1996, 174. BFH v. 18.3.1977 VI R 2/76, BStBl. 1977 II, 547. So FG Münster v. 21.5.1996 2 K 3127/94, EFG 1997, 157 – rkr. Vgl. auch schon oben Kap. 4 I (S. 122). BFH v. 14.2.1992 VI 69/90, BStBl 1992 II, 961, 962. BFH v. 8.5.1992 VI R 134/88, BStBl 1992 II, 965: Erste Spezialisierung Facharztausbildung zum Chirurgen, zweite Spezialisierung zum Kieferchirurgen durch zahnmedizinisches Studium.
Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung
In methodischer Hinsicht handelte es sich bei den in Folgenden dargestellten von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien um konstitutive Merkmale der Absetzbarkeit eines Zweitstudiums und nicht um einen Typus.149 (1) Demnach musste es sich um ein Zweitstudium handeln. Das setzte voraus, dass das Erststudium erfolgreich abgeschlossen wurde und berufsbefähigend war.150 Dabei war auch die Ausbildung der Beamtenanwärter des gehobenen Dienstes an Beamtenfachhochschulen grundsätzlich als (Erst-) Studium anzusehen.151 (2) Weiterhin musste das Zweitstudium als Aufbaustudium zu beurteilen sein. Die Kriterien dafür waren nicht ganz einheitlich. Ein Aufbaustudium lag jedenfalls dann vor, wenn das Zweitstudium für sich genommen gar nicht für eine Berufsausübung ausreichte.152 Für ein Aufbaustudium sprach auch eine weitere Spezialisierung153 und die Tatsache, dass ein abgeschlossenes Hochschulstudium (in einer bestimmten Fachrichtung) Voraussetzung für die Zulassung zum Zweitstudium war.154 Daneben wurde auf die Möglichkeit einer Anrechnung von bisher erbrachten Studienleistungen155 und die kurze Dauer abgestellt.156 Umgekehrt waren weder eine kurze Dauer des ________________________ 149 Der Sache nach einen Typus nahm hingegen das Hess. FG v. 16.8.1982 X 77/82, EFG 1983, 164 – rkr. an. Es sei eine Frage des Einzelfalls, ob Studienkosten Werbungskosten darstellten. Dabei seien namentlich zu berücksichtigen: die Art des Studiums (Teilstudium oder Vollstudium), die Studiendauer (je kürzer, desto eher lägen Werbungskosten vor), der Lehr- und Prüfungsumfang (ein spezialisiertes, praxisbezogenes Aufbaustudium führe eher zu Werbungskosten), der Studienabschluss (je mehr Prüfungen wie bei Vollstudium, desto mehr spreche für Ausbildungskosten) und die Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Stellung. Ein Berufswechsel entfalte eine Indizwirkung gegen Werbungskosten, ihm komme aber geringeres Gewicht zu, wenn es sich um dieselbe Berufsgruppe handle. 150 Der BFH v. hatte das Erfordernis eines abgeschlossenen Studiums noch einmal explizit klargestellt, vgl. BFH v. 16.1.1998 VI R 92/96, BFH/NV 1998, 844. 151 BFH v. 17.4.1996 VI R 2/95, BStBl 1996 II, 445. 152 BFH v. 10.7.1992 VI R 19/91, BStBl 1992 II, 966 (im Anschluss an 3.12.1974 VI R 189/73). 153 In der Rechtsprechung der Finanzgerichte wird dies auch als Bezug des Zweitstudiums zum Erststudium bezeichnet, vgl. etwa FG Hamburg v. 4.3.1999 VI 202/97, juris (Zweitstudium Islamwissenschaften eines Diplom-Psychologen). 154 So schon BFH v. 18.3.1977 VI R 2/76, BStBl. 1977 II, 547; FG Dü v. 31.5.1986 III 317/82, EFG 1986, 489 – rkr. 155 BFH v. 14.2.1992 VI 69/90, BStBl 1992 II, 961; v. 8.5.1992 VI R 134/88. Für sich genommen reichte eine Anrechnungsmöglichkeit aber nicht aus, um ein Aufbaustudium anzunehmen, BFH v. 17.4.1996 VI R 29/94, BStBl 1996 II, 444, 445. 156 FG Dü v. 31.5.1986 III 317/82, EFG 1986, 489 – rkr.; FG BaWü v. 8.4.1992 2 K 330/88, EFG 1992, 446; FG Köln 8.2.2000 9 K 1857/99, EFG 2001, 676 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 26.6.2003 VI R 8/01, BFH/NV 2003, 1418).
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
Zweitstudiums157 noch eine Verzahnung der Ausbildungsinhalte158 zwingend erforderlich. Ein Aufbaustudium konnte daher auch vorliegen, wenn das Zweitstudium andere Lehrinhalte als das Erststudium hatte.159 Näher an der Begründung der fehlenden Absetzbarkeit des Erststudiums lag das Indiz, dass es für ein Aufbaustudium sprach, wenn mit dem Zweitstudium kein weiterer gesellschaftlicher Aufstieg angestrebt wurde.160 (3) Das Studium durfte ferner nicht einen Wechsel der Berufsart161 – oder synonym: der Berufssparte162 – ermöglichen. Dieses Merkmal war besonders streitanfällig, wie der folgende Ausschnitt aus der kasuistischen Rechtsprechung illustrieren möge: Ein solcher Wechsel war nach der Rechtsprechung Angestellten des gehobenen Dienstes möglich, die nach einem Erststudium an einer Verwaltungsakademie oder Beamtenfachhochschule zunächst an der Universität studierten. Denn der Absolvent eines Jurastudiums könne nachher nicht nur als Verwaltungsbeamter bzw. Finanzbeamter, sondern auch als Richter, Rechtsanwalt oder Jurist in den verschiedensten Bereichen der privaten Wirtschaft tätig sein.163 ________________________ 157 FG BaWü v. 8.4.1992 12 K 124/91, EFG 1992, 447. Allerdings lässt sich den Urteilen des BFH v. 17.4.1996 zusammen genommen mit dem Kieferchirurgenurteilen, BFH v. 8.5.1992 VI R 134/88, BStBl 1992 II, 965 und v. 2.12.1994 VI R 14/94, BFH/NV 1995, 594, wohl der Grundsatz entnehmen, dass ein Aufbaustudium nicht angenommen werden konnte, wenn es als Vollzeitstudium regelmäßig wesentlich länger dauern würde als das Erststudium. 158 BFH v. 18.4.1996 VI R 89/93, BStBl 1996 II, 449 m. krit. Anm. D. Koenig, StZ 1996, 769. 159 BFH v. 18.4.1996 VI R 89/93, BStBl 1996 II, 449. 160 FG Münster v. 19.12.1989 VII 2905/86, EFG 1990, 465 (bestätigt durch BFH v. 14.2.1992 VI 26/90, wobei aber auf das Kriterium des gesellschaftlichen Aufstiegs nicht näher eingegangen wurde); FG Münster v. 15.11.1990 III 7020/89, EFG 1991, 247; FG BaWü v. 8.4.1992 12 K 124/91, EFG 1992, 447; FG BaWü v. 8.4.1992 2 K 330/88, EFG 1992, 446. 161 BFH v. 14.2.1992 VI R 26/90, BStBl 1992 II, 556. 162 BFH v. 10.7.1992 VI R 19/91, BStBl 1992 II, 966. 163 BFH v. 17.4.1996 VI R 27/95, BStBl 1996 II, 446. Ein BWL-Studium ermögliche eine Tätigkeit in den verschiedensten Bereichen der privaten Wirtschaft, BFH v. 17.4.1996 VI R 2/95, BStBl 1996 II, 445. I. E. ebenso BFH v. 17.4.1996 VI R 29/94, BStBl 1996 II, 444. Einen Berufswechsel für ein VWL-Studium eines DiplomVerwaltungswirt nimmt Hess. FG v. 5.2.1991 9 K 5015/88, EFG 1991, 602 an. Ein Berufsartwechsel wurde auch für das Studium der Kinder- und Jugendpsychotherapie einer Sozialpädagogin und einer Gymnasiallehrerin angenommen, weil es bei der Psychotherapie nicht um erzieherisches Nahebringen, sondern psychotherapeutische Prozesse gehe und außerdem die Niederlassung in der freien Praxis mit Arztüberweisung möglich sei, FG BaWü v. 30.5.1985 III K 87/85, EFG 1985, 602 und FG BaWü v. 4.9.1984 I 119/82, EFG 1985, 119 – rkr.
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Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung
Ferner rechtfertigten weder die mögliche Erlangung einer besonders verantwortlichen Stellung noch eine geringfügige Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, um die es bei der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sehr häufig gehe, die Annahme eines Berufsartwechsels.164 In inhaltlicher Hinsicht würden sich Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in vielen Bereichen nicht mehr trennen lassen.165 Daher würden immer mehr technische Führungskräfte betriebswirtschaftliches Basiswissen benötigen und umgekehrt.166 Dasselbe sollte für Jura und Informatik der Fall sein.167 Es gelte sogar allgemein, dass immer mehr die Auflösung der bisherigen Berufsfelder eingesetzt habe.168 Namentlich der Erwerb eines MBA wurde als Weg der komprimierten Vermittlung des erforderlichen Spezialwissens für Führungskräfte angesehen,169 so dass dort ein Berufswechsel weder für einen Diplom-Betriebswirt (FH) noch für einen Diplom-Informatiker170 oder einen Diplomphysiker171 angenommen wurde. Die Berufsart durfte auch nicht zu eng verstanden werden. Für eine Diplomübersetzerin mit ihren breit gefächerten Möglichkeiten führte auch ein journalistisches Aufbaustudium zwecks Tätigkeit im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit nicht zu einer anderen Berufsart.172 Auch für einen Klinikarzt, der seine Anstellung aufgab, um nach einem wirtschaftswissenschaftlichen Aufbaustudium eine führende Position in der Klinikverwaltung zu erreichen, war kein Wechsel anzunehmen.173 Ein universitäres Aufbaustudium eines ursprünglich an einer Fachhochschule ausgebildeten Maschinenbauers sollte keinen Wechsel herbeiführen, weil Fachhochschule und Universität im Bereich Maschinenbau ________________________
164 165 166 167 168 169 170 171 172 173
Demgegenüber lag ein solcher Wechsel nicht schon dann vor, wenn das Aufbaustudium einen Laufbahnwechsel vom gehobenen zum höheren Dienst und damit ein höheres Eingangsbesoldungsamt ermöglichte. Daher wurde bei einem Erwerb der Lehrbefähigung auch für die Sekundarstufe II durch einen in der Sekundarstufe I unterrichtenden Lehrer die Berufsart jedenfalls dann nicht geändert, wenn der Beruf des Lehrers mit den bisherigen Unterrichtsfächern beibehalten wurde, BFH v. 14.2.1992 VI R 26/90, BStBl 1992 II, 556 (gegen BFH v. 22.10.1982 VI R 115/79, nv). BFH v. 14.2.1992 VI R 69/90, BStBl 1992 II, 961. BFH v. 10.7.1992 VI R 19/91, BStBl 1992 II, 966. A. A. zum „umgekehrten“ Fall FG Hessen, 26.11.1996 1 K 3648/94, 794, EFG 1997, 794 – rkr. FG RP v. 10.10.1997 3 K 1585/94, juris (LS). BFH v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452. BFH v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452, 453. BFH v. 19.4.1996 VI R 19/95 (a. A. noch FG Münster v. 29.11.1994 15 K 2972/94, juris als Vorinstanz: Management sei eine andere Berufsart als Informatiker). BFH v. 31.1.1997 VI R 84/96, BFH/NV 1997, 648. FG Köln v. 8.2.2000 9 K 1857/99, EFG 2001, 676 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 26.6.2003 VI R 8/01, BFH/NV 2003, 1418). Hess. FG v. 20.10.1995 4 K 3768/92, EFG 1996, 174.
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nicht so sehr getrennt seien wie in anderen Bereichen.174 So gab es auch nicht, wie vom Finanzamt angenommen, die Berufsart Grundschullehrer in Berlin.175 Das Kriterium der fehlenden Möglichkeit zu einem Berufsartwechsel konnte auf zwei Wegen überwunden werden: Erstens musste der Wechsel der Berufsart gerade durch das Studium eröffnet werden. Konnte der Steuerpflichtige die andere Berufsart schon vorher ausüben, so stand die Tatsache, dass das Zweitstudium der anderen Berufsart dienlich sein wird, der Annahme von Fortbildungskosten nicht im Wege.176 Das Merkmal „eröffnet“ wies nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Komponente auf.177 Den daraus entstehenden Unsicherheiten sollte durch eine vorläufige Veranlagung Rechnung getragen werden können.178 Zweitens war ein Zweitstudium ausnahmsweise trotz möglichem Wechsel in eine benachbarte Berufsart als Fortbildung und nicht als Ausbildung anzunehmen, wenn es eine Spezialisierung auf dem Gebiet des breit angelegten Erststudiums darstellte. Daran fehlte es allerdings etwa bei dem Jura-Zweitstudium eines Beamten des gehobenen Dienstes.179 (4) Schließlich musste ein hinreichend konkreter Zusammenhang mit dem ausgeübten oder angestrebten Beruf bestehen. Dieses Kriterium war insbesondere im Bereich der vorab entstandenen180 Erwerbsaufwendun________________________ 174 FG Saarland v. 19.3.2002 2 K 138/98, EFG 2003, 220 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 22.7.2003 VI R 50/02, BFH/NV 2003, 1381). 175 FG BaWü v. 8.4.1992 12 K 124/91, EFG 1992, 447 (Aufbaustudium einer Berliner Lehrerin zur Aufnahme in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg). 176 BFH v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl II 1998, 239 zu Aufwendungen eines DiplomMusiktheoretikers, der, um Plattenproduzent zu werden, ein Zweitstudium als Tonmeister absolvierte. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei FG RP v. 12.11.1991 2 K 1115/91, EFG 1992, 324 – rkr., wo ein Krankenpfleger ein Erststudium an der Deutschen Paracelsus-Schule mit dem Ziel Heilpraktiker absolviert. Es hat das Vorliegen von Ausbildungskosten mit der Begründung verneint, der Beruf des Heilpraktikers habe keine Zugangsvoraussetzungen. 177 BFH v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl II 1998, 239; der Sache nach ebenso schon FG Nds v. 24.5.1972 IV 67/70, EFG 1972, 481; Hess. FG v. 11.6.1986 1 K 25/84, EFG 1986, 554. Vgl. auch FG RP v. 8.5.2000 5 K 1429/98, EFG 2000, 1240 (aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 114/00, BFH/NV 2003, 1416): Es könne nicht allein auf innere Motivation des Steuerpflichtigen ankommen, weil Absichten innere Tatsachen darstellen, deren Vorhandensein oder Fehlen nur demjenigen zugänglich seien, der sie hege oder nicht hege. Sie müsse vielmehr durch objektive Umstände nachvollziehbar sein. 178 BFH v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl II 1998, 239. 179 BFH v. 17.4.1996 VI R 27/95, BStBl 1996 II, 446. 180 Hier wird die Terminologie des BFH v. 29.2.1980 VI R 165/78, BStBl 1980 II, 395 verwendet. Zu alternativen Begriffen vgl. V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, 2000, 3 ff.
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gen,181 von Bedeutung. Diese liege dann vor, wenn die Aufwendungen nicht gleichsam ins Blaue hinein getätigt werden, sondern wo ein hinreichend konkreter Zusammenhang zu späterer Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen feststeht.182 Dabei handelt es sich um eine Konkretisierung des allgemeinen Merkmals, dass es einen klar erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen geben muss.183 Für einen hinreichend klaren Zusammenhang reichte es aus, dass der Lernende nach Abschluss des Studiums eine Anstellung anstrebt und dem inländischen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.184 Dabei sollte es für vorweggenommene Erwerbsaufwendungen gleichgültig sein, ob bereits feststand, dass der Steuerpflichtige Überschuss- oder Gewinneinkünfte anstrebt.185 Heirat, Umzug zum Ehemann und Geburt des ersten Kindes sollen den inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einnahmeerzielung noch nicht unterbrechen.186 ________________________ 181 Vgl. zur Möglichkeit von vorab entstandenen Fortbildungskosten BFH v. 14.2.1992 VI 69/90, BStBl 1992 II, 961; FG Münster v. 21.5.1996 2 K 3127/94, EFG 1997, 157 – rkr. Restriktiver hingegen noch FG Saarland v. 31.5.1989 1 K 196/88, EFG 1989, 454 – NZB, das den hinreichend konkreten Zusammenhang mit der späteren Tätigkeit ex ante einfordert, eine spätere Nützlichkeit sei egal; FG München v. 12.5.1992 13 K 3481/91, juris und FG München v. 17.1.1995 12 K 3960/92, juris. Sehr restriktiv auch FG Bbg v. 4.4.1995 4 K 231/94, EFG 1995, 912: Breitgestreute Bewerbungen zeigten, dass der Steuerpflichtige jegliche Tätigkeit, zu der ihn der Abschluss befähigt, auszuüben bereit sei, so dass kein hinreichender Zusammenhang bestehe. 182 BFH v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452. Vgl. etwa BFH v. 18.4.1996 VI R 89/93 und v. 2.12.1994 VI R 14/94, wo die Tatsache, dass das FG diesen stillschweigend angenommen hatte, den BFH v. zur Aufhebung veranlasste. 183 BFH v. 18.4.1996 VI R 89/93, BStBl 1996 II, 449. 184 BFH v. 31.1.1997 VI R 84/96, BFH/NV 1997, 648. 185 BFH v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl II 1998, 239 (allerdings mit nicht unbedingt einschlägigen Nachweisen). Vorsichtiger noch BFH v. 18.4.1996 VI R 89/93: Eine vorübergehende selbständige Tätigkeit sei unschädlich. 186 FG BaWü v. 8.9.1994 3 K 2/90, juris. Ein interessantes Problem stellte sich dann, wenn ein Zweitstudium die Kenntnisse in einem wegen Babypause nicht mehr ausgeübten Beruf auffrischen und damit den Wiedereinstieg in den Beruf vorbereiten sollte. Hier durfte man nach Auffassung des FG Nds v. 12.7.2000 9 K 73/97, EFG 2002, 15 – VI R 148/00 (Dipl.-Physikerin macht nach achtjähriger Babypause Aufbaustudium) nicht darauf abstellen, es handle sich um Kosten der Weiterbildung in einem endgültig aufgegebenen, nicht ausgeübten Beruf und daher um Ausbildungskosten. Dagegen sprach nicht nur, dass es nicht mehr der gesellschaftlichen Realität entspricht, dass eine Frau, die sich der Kindererziehung widmet, endgültig ihren Beruf aufgeben will, und dass es sonst zu einer unzulässigen Benachteiligung der Frau käme. Vielmehr würde auch gegen den Vorrang der Werbungskosten vor den Sonderausgaben verstoßen.
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cc) Ausnahme 2: Ausbildungsdienstverhältnis Zweitens waren Ausbildungskosten absetzbar, die durch ein Ausbildungsdienstverhältnis veranlasst waren.187 Dieses lag dann vor, wenn der Lernende von einem Arbeitgeber gerade wegen und für sein Studium steuerpflichtigen Arbeitslohn erhielt, wenn also eine arbeitsvertragliche Pflicht zum Studium bestand.188 Etwas anders formulieren dies die Lohnsteuerhinweise, die ein Ausbildungsdienstverhältnis dann annehmen, wenn das Dienstverhältnis im wesentlichen Maße durch die Ausbildung geprägt wird.189 Die Aufwendungen wurden dann, wie von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG vorgesehen, gemacht, um die Einnahmen aus dem gegenwärtigen Arbeitsverhältnis zu sichern, so dass es auf die zukünftige Nutzbarkeit des erworbenen Humankapitals nicht ankam. Auch die Frage eines Berufswechsels war dann irrelevant.190 Denn es lagen zwar an sich Ausbildungskosten vor, diese wurden aber durch das Ausbildungsdienstverhältnis „umqualifiziert“. Begründet wurde diese Fall________________________ 187 Vgl. BFH v. 12.12.1979 VI R 64/78, BStBl 1980, 124 (Offizier zum Studium an eine Bundeswehrhochschule abkommandiert); v. 7.11.1980 VI R 50/79, BStBl 1981 II, 216 (Studium eines Offiziers an einer Universität auf Weisung des Dienstherren); im Ergebnis auch BFH v. 22.6.1984 VI R 36/81, juris (Grundschullehrerehepaar für zweijähriges Studium der Sonderpädagogik unter Fortzahlung der Bezüge beurlaubt); ausdrücklich BFH v. 28.9.1984 VI R 127/80, BStBl 1985 II, 87 unter Aufgabe entgegenstehender Rechtsprechung (Zahnmedizinstudium eines für diesen Zweck beurlaubten Sanitätsoffizieranwärters). Zur Entwicklung s. erstmalig Hess. FG v. 10.12.1968 I 226/67, EFG 1969, 342 – Rev. (Student an Ingenieurschule bekommt von der Post als Fernmeldeaspirant mit Blick auf ein späteres Dienstverhältnis Studienbeihilfen); Hess. FG v. 21.4.1970 I 31/70, EFG 1970, 436 – Rev. (Zum Studium beurlaubter Lehrer erhält Gehalt weiterbezahlt unter der Auflage, das Studium zu betreiben und nachher minimal 5 Jahre als Dozent im Staatsdienst zu verbleiben). Aus der Literatur etwa J. Giloy, FR 1980, 210, 211. 188 Daran fehlte es etwa in BFH v. 28.9.1984 VI R 44/83, BStBl 1985 II, 94; Hess. FG v. 28.11.1973 I 183/72, EFG 1974, 309; FG RP v. 16.2.1994 1 K 1454/93, EFG 1994, 649 – rkr.; FG Nds v. 13.6.2001 9 K 508/00, EFG 2001, 1190 (schon nach alter Rechtsprechung zw.; aufgeh. durch BFH v. 22.7.2003 VI R 15/03, BFH/NV 2004, 175). Nicht ausreichen sollte auch die als Ausgleich für die Belastung des Arbeitsverhältnisses eingegangene Verpflichtung, mindestens zwei Jahre nach Abschluss des Studiums für den bisherigen Arbeitgeber tätig zu werden, vgl. FG Münster v. 28.1.1999 1 K 6829/97, EFG 2001, 493 (aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 5/01, 2003, 1417). Auch eine Entschädigung für einen Diplomanden, die er für das Schreiben seiner Diplomarbeit im Betrieb erhielt, sollte nicht ausreichen, vgl. FG München v. 15.10.2001 13 K 812/01, juris (LS). 189 H 34 LStH 2003 „Ausbildungsdienstverhältnis“. 190 BFH v. 7.11.1980 VI R 50/79, BStBl 1981 II, 216; v. 28.9.1984 VI R 127/80, BStBl 1985 II, 87; schon vorher ebenso Hess. FG v. 21.4.1970 I 31/70, EFG 1970, 436; FG Dü v. 10.5.1973 X 80/72, EFG 1973, 535 – rkr.; FG Münster v. 30.10.1974 v. 738/74, EFG 1975, 199 sowie K.-H. Nissen, DStZ 1972, 151, 152. A. A. zuvor etwa K. J. von Bornhaupt, BB 1980, 399, 400.
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gruppe zum einen mit dem objektiven Nettoprinzip191 und zum anderen damit, dass diese Fälle letztlich genauso zu behandeln seien wie Rechtsreferendare, bei denen Aufwendungen für die Ausbildung auch als Werbungskosten eingestuft würden.192 dd) Ausnahme 3: Studium ohne Abschlussabsicht Drittens waren Kosten eines Studiums Fortbildungskosten,193 wenn der Steuerpflichtige, anders als regelmäßig zu vermuten, keinen Abschluss, sondern nur eine Verbesserung für den ausgeübten Beruf anstrebte.194 Zur Erklärung lässt sich anführen, dass das Studium nur der Humankapitalakkumulation und nicht der Schaffung eines Signals195 diente. Dieser Grundsatz wurde für eine Sekretärin mit der Begründung entwickelt, deren Berufsgruppe weise kein klar umrissenes Berufsbild auf.196 Er ist zwar später vereinzelt in der Rechtsprechung aufgegriffen worden,197 die Rechtsprechung war aber tendenziell eher auf eine Begrenzung dieser Ausnahmefallgruppe angelegt.198 Insbesondere konnte dem Fall der fehlenden Abschlussabsicht nicht der Fall gleichgestellt werden, dass der Steuerpflichtige endgültig die Abschlussprüfung nicht bestand.199 ________________________ 191 FG Köln v. 2.6.1982 VIII 254, 79, EFG 1982, 556 – Rev. 192 Zu diesen s. Kap. 4 III 1 d) cc) (S. 157 f.). 193 So BFH v. 23.6.1978 VI R 127/77, BStBl 1978 II, 543 (Sekretärin besucht Kurse an einer Fachhochschule ohne die Absicht, einen Abschluss zu erwerben.) m. zust. Anm. oV., HFR 1978, 405. Ebenso die Vorinstanz FG Berlin v. 11.3.1977 III 649/76, EFG 1977, 417 (zustimmend dazu E. Schmidt, BB 1977, 1532). Kritisch hingegen G. Niemeier, FR 1975, 190, 192. 194 Nicht ausreichend ist das bloße endgültige Nichtbestehen der Abschlussprüfungen, vgl. FG BaWü v. 26.6.2000 12 K 83/00, EFG 2000, 1379 – rkr. 195 Dazu Kap. 1 II 2 a) (S. 31 ff.). 196 BFH v. 23.6.1978 VI R 127/77, BStBl 1978 II, 543 m. zust. Anm. oV., HFR 1978, 405. 197 FG RP v. 16.7.1986 1 K 40/86, juris (LS); FG Dü v. 23.3.1992 14 K 839/91, EFG 1992, 510 – rkr., das diese Grundsätze auch im Rahmen eines „Stufenstudiums“ anwenden will; FG München v. 10.5.2002 1 K 5700/00, juris. 198 FG Saarland v. 13.10.1994 2 K 107/93, EFG 1995, 430 – rkr.: Es entspreche der Lebenserfahrung, dass ein Abschluss angestrebt werde. Als Indizien für einen Abschlusswillen zieht das FG München v. 15.5.1997 11 K 200/94, juris die Einhaltung der Regelstudienzeit und die Note heran; diese Fallgruppe wohl insgesamt ablehnend FG Köln 12.11.1998 2 K 2929/98, EFG 2000, 617 (aufgehoben von BFH v. 27.5.2003 VI R 138/99, BFH/NV 2003, 1318): Es könne im Steuerrecht als Massenfallrecht nicht auf die fehlende Abschlussabsicht ankommen, weil erstens eine entgegenstehende Typisierung anzunehmen sei und zweitens ansonsten eine Vielzahl von Steuerfällen offen gehalten werden müssten. 199 FG Saarland v. 13.10.1994 2 K 107/93, EFG 1995, 430 – rkr.
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b) Kosten der Promotion und Habilitation Die Kosten der Promotion einschließlich der Druckkosten wurden – vom Bundesverfassungsgericht unbeanstandet200 und unabhängig von der sozialrechtlichen Einstufung201 – im Wesentlichen nach denselben Grundsätzen behandelt wie die Kosten eines ersten Hochschulstudiums. Nach ständiger Rechtsprechung sollten diese Kosten202 grundsätzlich203 nicht zu den Fortbildungskosten gehören.204 Es wurden zwei – allerdings verwandte – Begründungsansätze vertreten: Erstens wurde die Promotion als letzter Teil der ________________________ 200 BVerfG v. 8.1.1968 1 BvR 660/67, DB 1968, 331; v. 31.3.1969 1 BvR 5/69, BB 1969, 748; BVerfG v. 10.12.1973 1 BvR 348, 73, HFR 1974. 170. 201 BVerfG v. 10.12.1973 1 BvR 348, 73, HFR 1974. 170; FG Nds v. 1.8.1988 VI 61/87, EFG 1989, 342. 202 Einschließlich sämtlicher Druckkosten, vgl. BFH v. 7.8.1967 VI R 297/66, BStBl 1967 III, 789. Für eine gesonderte Beurteilung von Druckkostenzuschüssen hingegen B. Sangmeister, DStZ 1988, 61, 63. 203 Zum von Theisen/Salzberger, DStR 1991, 1333, 1336 f. geforderten Ausnahmesachverhalt, dass der Doktorand ex ante mit einem Gewinn rechnen kann, sind keine Entscheidungen ersichtlich. 204 Vgl. BFH v. 6.3.1952 IV 28/52, BStBl 1952 III, 280 (freiberuflicher Wirtschaftsprüfer) unter Berufung RFH v. 11.11.1936 VI A 415/36, RStBl. 1937, 455; BFH v. 20.9.1957 VI 7/56, BStBl 1957 III, 424 (angestellter Betriebswirt, der später Universitätsassistent); BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723 (selbständiger Steuerberater); BFH v. 7.8.1967 VI R 63/67, BStBl 1967 III, 779 (Vertreter in der Düngemittelindustrie); BFH v. 7.8.1967 VI R 88/66, BStBl 1967 III, 777 (wissenschaftlicher Assistent); BFH v. 7.8.1967 VI R 297/66, BStBl 1967 III, 789 (Angestellter in Ingenieurbüro); BFH v. 10.12.1971 VI R 112/70, BStBl 1972 II, 251 (Rechtsreferendar); auch BFH v. 7.4.1972 VI R 58/69, BStBl 1972 II, 643 (Rechtsreferendar) und BFH v. 31.1.1975 VI R 42/74, BStBl 1975 II 421 (Rechtsreferendar); BFH v. 29.11.1984 IV R 267/82, nv; BFH v. 7.8.1987 VI R 60/84, BStBl 1987 II, 780 (aber Promotionsdienstverhältnis angenommen); BFH v. 27.3.1991 VI R 52/88, BStBl 1991 II, 637 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 24.4.1992 VI R 110/89, BFH/NV 1992, 801 (Sonderschulrektor); BFH v. 9.10.1992 VI R 176/88, BStBl 1993 II, 115 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 18.6.1993 VI R 84/91, BFH/NV 1993, 724 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 18.4.1996 VI R 54/95, BFH/NV 1996, 740 (wissenschaftliche Mitarbeiterin); BFH v. 20.5.1994 VI R 3/94, BFH/NV 1994, 856 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 4.3.1997 VI B 160/96, juris (n. ersichtlich); BFH v. 22.11.2000 VI B 174/00, BFH/NV 2001, 451 (n. ersichtlich). Kritisch zu dieser Rechtsprechung etwa J. Boetius, DStR 1968, 396 ff.; H. List, JuS 1993, 912, 915 f.; F. J. Marx, DStZ 1988, 64, 66; F. Oswald, StuW 1970, Sp. 268 ff.; H. Schießl, DStZ 2004, 119 ff.; M. R. Theisen, DStR 1993, 49; Theisen/ Salzberger, DStR 1991, 1333, 1336 ff. sowie teilweise auch U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986, 223 ff. und M. Jahrmarkt, DB 1969, 1033 f.; Zustimmend hingegen z. B. R. Flies, DStR 1997, 725, 729; W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 23 f.
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universitären Ausbildung gesehen;205 es wurden daher die Argumente angeführt,206 die auch die generelle Nichtberücksichtigung der Kosten des Erststudiums207 rechtfertigen sollten. Ferner wurde geltend gemacht, es liege keine Vertiefung der im Studium erworbenen Kenntnisse auf breiter Grundlage vor, zumal der Doktorand zumeist nicht übersehen könne, auf welchem Spezialgebiet er später beruflich tätig sei.208 Zweitens wurde geltend gemacht, die Aufwendungen würden zu den gem. § 12 Nr. 1 EStG nicht absetzbaren Kosten der Lebensführung gehören, weil persönliche Gründe bei der Erwerbung des Titels stark im Vordergrund stünden.209 Gerade dem Doktortitel komme gesellschaftlich eine besondere Bedeutung zu,210 zumal er den Inhaber nach außen hin als Akademiker ausweise.211 Daher gelte das Abzugsverbot unabhängig davon, ob der Inhaber Fragen behandelt habe, die geeignet seien, ihm auch in seinem Beruf zu nützen, ob der Doktortitel als solcher geeignet sei, den Inhaber in seinem Beruf zu fördern oder ob der Inhaber eine Gehaltserhöhung erfahren habe.212 Die Gehaltserhöhung erweise ja gerade die auf überkommenen gesellschaftlichen Auffassungen beruhende erhöhte Wertschätzung, die dem Steuerpflichtigen auch im Privatleben zugute komme.213 Das Abzugsverbot müsse selbst in den Fällen gelten, in denen die Promotion unabdingbare Voraussetzung etwa für die angestrebte Laufbahn als Hochschullehrer sei. Denn das gelte genauso für die Kosten des Studiums214 und das Abitur.215 Im Bereich der Promotion wurde nur eine – zudem eng begrenzte216 – Ausnahme gemacht: Das Promotionsdienstverhältnis,217 das uns schon bei den ________________________ 205 206 207 208 209
210 211 212
213 214 215 216
So ausdrücklich BFH v. 16.3.1967 IV R 266/66, BStBl 1967 III, 723, 724. BFH v. 20.9.1957 VI 7/56, BStBl 1957 III, 424. Vgl. dazu oben Kap. 4 III 1 a) aa) (S. 135 ff.). BFH v. 7.8.1967 VI R 63/67, BStBl 1967 III, 779. BFH v. 6.3.1952 IV 28/52, BStBl 1952 III, 280 unter Berufung auf RFH v. 11.11.1936 VI A 415/36, RStBl. 1937, 455; BFH v. 20.9.1957 VI 7/56, BStBl 1957 III, 424. BFH v. 7.8.1967 VI R 63/67, BStBl 1967 III, 779. BFH v. 7.8.1967 VI R 88/66, BStBl 1967 III, 777. BFH v. 6.3.1952 IV 28/52, BStBl 1952 III, 280 unter Berufung auf RFH v. 11.11.1936 VI A 415/36, RStBl. 1937, 455; BFH v. 20.9.1957 VI 7/56, BStBl 1957 III, 424. BFH v. 7.8.1967 VI R 63/67, BStBl 1967 III, 779. BFH v. 7.8.1967 VI R 88/66, BStBl 1967 III, 777. BFH v. 9.10.1992 VI R 176/88, BStBl 1993 II, 115. BFH v. 27.3.1991 VI R 52/88, BStBl 1991 II, 637 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 9.10.1992 VI R 176/88, BStBl 1993 II, 115 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 18.6.1993 VI R 84/91, BFH/NV 1993, 724 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); BFH v. 20.5.1997 VI R 3/94, BFH/NV 1997, 856 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); FG Saarland v. 31.5.1989 1 K 196/88, EFG 1989, 454 (wissenschaftlicher Mitarbeiter); FG BaWü v. 22.12.1999 12 K 13/99, juris (wissenschaftliche Hilfskraft).
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Kosten des Hochschulstudiums in Gestalt des Ausbildungsdienstverhältnisses begegnet ist.218 Dort sollte die Einstufung als Ausbildungskosten überlagert werden durch die Veranlassung der Aufwendungen durch das Dienstverhältnis.219 Dazu reichte aber weder aus, dass ein Dienstverhältnis in der Erwartung eingegangen wurde, der Dienstverpflichtete werde eine Promotion betreiben, und andernfalls das Dienstverhältnis enden sollte, noch dass das Dienstverhältnis zugleich der Förderung der Promotion des Dienstverpflichteten diente.220 Erforderlich war vielmehr, dass die Pflicht zu promovieren den ausschließlichen und wesentlichen Gegenstand des Dienstverhältnisses bildete,221 was auch dann anzunehmen war, wenn eine Identität des Gegenstands des Arbeitsverhältnisses mit dem der Promotionsarbeit vorlag.222 Über diese Ausnahme hinaus wurde eine weitere für die Zweitpromotion gemacht, die nach dem Veranlassungsprinzip je nach Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sein sollte.223 Demgegenüber waren die Kosten einer Habilitation als Fortbildungskosten einzustufen.224 Begründet wurde dies damit, dass es sich bei der Habilitation nicht um eine Abschlussprüfung handle, sondern sie in der Regel die Voraussetzung für eine akademische Professur sei.225 Sie diene bei einem Assistenten auch nicht einem Berufswechsel, weil ein wissenschaftlicher ________________________ 217 BFH v. 7.8.1987 VI R 60/84, BStBl 1987 II, 780 (Katholischer Geistlicher unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt); BFH v. 18.4.1996 VI R 54/95, BFH/NV 1996, 740 (wissenschaftliche Mitarbeiterin); BFH v. 22.11.2000 VI B 174/00, BFH/NV 2001, 451 (n. ersichtlich); FG BaWü v. 9.11.1994, EFG 1995, 433 – rkr. (angestellter Diplomingenieur); FG Köln v. 22.11.1995 2 K 4375/93, EFG 1995, 510 (Vorinstanz zu BFH v. 18.4.1996 VI R 54/95, a. a. O.). Krit. dazu H. List, JuS 1993, 912, 915 f., der auf Abgrenzungsschwierigkeiten verweist. 218 Vgl. oben Kap. 4 III 1 a) cc) (S. 146 f.). 219 BFH v. 7.8.1987 VI R 60/84, BStBl 1987 II, 780, 781. Gegen diese „Überlagerungsthese“ etwa P. Sangmeister, DStZ 1985, 179 f. 220 BFH v. 27.3.1991, VI R 52/88, BStBl 1991 II, 637. 221 BFH v. 9.10.1992 VI R 176/88, BStBl 1993 II, 115. 222 BFH v. 18.4.1996 VI R 54/95, BFH/NV 1996, 740 (wissenschaftliche Assistentin); BFH v. 22.11.2000 VI B 174/00, BFH/NV 2001, 451 (n. ersichtlich); ebenso FG BaWü v. 9.11.1994, EFG 1995, 433 – rkr. (angestellter Diplomingenieur); FG Köln v. 22.11.1995 2 K 4375/93, EFG 1995, 510 (Vorinstanz zu BFH v. VI R 54/95). 223 K. J. von Bornhaupt, in KSM, § 9 Rz. B 349 (Stand September 1986). 224 BFH v. 7.7.1967 VI R 25/67, BStBl 1967 III, 778 (wissenschaftlicher Assistent); noch offengelassen von BFH v. 28.6.1963 VI 45/63 U, BStBl 1963 III, 435 (Geistlicher, der die Literatur etc. nicht nur für die Habilitation, sondern auch für die ausgeübte Berufstätigkeit als Regens eines Knabenseminars verwendete, so dass volle Abzugsfähigkeit bejaht wurde); BFH v. 29.11.1984 IV 267/82, nv. Im Ergebnis anders FG BaWü v. 18.7.1972 IV 104/71, EFG 1972, 529 – rkr. und FG Bremen, 25.8.1994 1 93 004 K 6, EFG 1995, 11. 225 BFH v. 7.7.1967 VI R 25/67, BStBl 1967 III, 778.
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Assistent im Gefüge der Hochschulen bereits eine wissenschaftliche Tätigkeit ausübe.226 Das akademische Lehramt sei dann nur „das natürliche Ziel und die Krönung ihrer Tätigkeit als Assistenten.“227 Hingegen wurden für Steuerpflichtige, die sich parallel zu einem anderen Beruf habilitieren, Ausbildungskosten angenommen, weil die Möglichkeit eines Berufswechsels bestehe.228 c) Kosten von allgemeinbildenden Maßnahmen Die Nachholung der (Fach-)Hochschulreife sowie des Realschul- bzw. Fachaufbauschulabschlusses führte – wenn kein Ausbildungsdienstverhältnis vorlag229 – nicht zu Fortbildungskosten, sondern zu Ausbildungskosten.230 Das sollte auch dann gelten, wenn der Schulabschluss Voraussetzung für die Zulassung zum Aufstiegslehrgang zur Laufbahn des gehobenen Dienstes war231 oder wenn der Arbeitgeber sie unter Inaussichtstellen von Gehaltssteigerungen „anordnet“. Denn, so wurde seinerzeit ausgeführt, aus Gleichbehandlungsgründen dürfe es keinen Unterschied machen, ob die allgemeinbildende Schule vor oder nach dem Eintritt in das Berufsleben be________________________ 226 BFH v. 7.7.1967 VI R 25/67, BStBl 1967 III, 778. 227 BFH v. 7.7.1967 VI R 25/67, BStBl 1967 III, 778. Das FG BaWü v. 4.11.1966 I 181/66, EFG 1967, 64 hält einen Berufswechsel sogar für unschädlich. 228 FG BaWü v. 18.7.1972 IV 104/71, EFG 1972, 529 – rkr. mit dem interessanten Hinweis, bei Aufwendungen, die eine Einkunftsquelle erst schafften, kämen nur die AfA als Werbungskosten in Betracht; FG Bremen, 25.8.1994 1 93 004 K 6, EFG 1995, 11; tendenziell weniger restriktiv Hess. FG v. 1.4.1987 IX 597/81, DStZ 1988, 75 – rkr., wo sowohl nachlaufende Werbungskosten aus einer Assistententätigkeit als auch vorweggenommene Werbungskosten für die angestrebte Professur angenommen werden. Gegen diese enge Rechtsprechung H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 86 (Stand Juni 2002), dafür J. Bornhaupt in KSM, § 9 Rz. B 351. 229 BFH v. 28.9.1984 VI R 144/83, BStBl 1985 II, 89 m. dem Ergebnis zust. Anm. P. Sangmeister, DStZ 1095, 179 f. (allerdings kritisch gegen die Begründung, an sich vorliegende Ausbildungskosten würden umqualifiziert); v. 28.9.1984 VI R 1/83, juris. Zu den identischen Kriterien dafür s. Kap. 4 III 1 a) bb) (S. 139 ff.). 230 BFH v. 4.8.1967 VI R 262/66, BStBl 1967 III, 774 (Allgemeinbildende Berufsaufbauschule, um Voraussetzungen für den Besuch einer Maschinenbauschule zu schaffen); v. 26.5.1971 VI R 63/69, BStBl 1971 II, 762 (Realschulabschluss, der Voraussetzung für Zulassung zum Steuerberaterexamen); v. 10.12.1971 VI R 255/70, BStBl 1972 II, 242 (Abitur einer Sekretärin); v. 21.8.1990 IX R 83/85, BFH/NV 1991, 95 (Nachholung des Realschulabschlusses für Zulassung zu berufsbezogener Prüfung); v. 6.12.1991 VI R 45/90, BFH/NV 1992, 586 und v. 22.1.1993 VI R 23/91, BFH/NV 1993, 527 (Verwaltungsbeamtin bzw. Finanzbeamter besuchen allgemeinbildende Schulen, um als Voraussetzung für einen Aufstiegslehrgang die Fachhochschulreife nachzuholen); v. 29.4.1992 VI R 33/89, BFH/NV 1992, 733 (Abitur eines Kriminalbeamten, um Studium zu ermöglichen). 231 BFH v. 6.12.1991 VI R 45/90, BFH/NV 1992, 586; v. 22.1.1993 VI R 23/91, BFH/NV 1993, 527.
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sucht werde.232 Auch fehle es an der notwendigen Berufsbezogenheit, da die erworbenen Kenntnisse die Grundlage für die Ausübung der verschiedensten Berufe und für das weitere berufliche Fortkommen schafften.233 Zudem wurde bisweilen argumentiert, die allgemeinbildende Maßnahme eröffne einen Berufswechsel und sei schon deswegen als Ausbildung zu qualifizieren.234 d) Weitere nichtakademische Bildungsmaßnahmen aa) Wiederum Kriterium des Berufswechsels Auch die Rechtsprechung zu den weiteren nichtakademischen Bildungsmaßnahmen235 orientierte sich am kaum vorhersagbaren Kriterium des Berufs________________________ 232 BFH v. 22.1.1993 VI R 23/91, BFH/NV 1993, 527. 233 BFH v. 10.12.1971 VI R 255/70, BStBl 1972 II, 242. 234 BFH v. 4.8.1967 VI R 262/66, BStBl 1967 III, 774. Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 10 I 1 b) bb) (S. 392 ff.). 235 Zur Berufspilotenausbildung sogleich näher. Vgl. zu den Kosten eines Meisterlehrgangs BFH v. 15.12.1989 VI R 44/86, BStBl 1990 II, 692; v. 18.4.1990 III R 5/88, BFH/NV 1991, 25; v. 18.5.1990 VI R 133/89, BFH/NV 1991, 86; v. 18.4.1996 VI R 75/95, BStBl 1996 II, 529. Ebenso FG Nds v. 31.1.1995VIII 299/94, EFG 1995, 617 (bestätigt durch BFH v. 18.4.1996 VI R 75/95, BStBl 1996 II, 529). Anders für eine Hausfrau, die einen Kursus für Meisterhausfrauen besuchte, FG Berlin v. 30.4.1974 v. 199/73, EFG 1974, 415 – rkr. Die Rechtsprechung zu den Kosten des Steuerberaterexamens war relativ großzügig, s. BFH v. 25.3.1965 IV 339/64, BStBl 1965 III, 357 (Steuerberaterlehrgang eines Steuerbevollmächtigten); v. 9.4.1965 VI 94/64, HFR 1965, 507 (Steuerberaterlehrgänge eines angestellten Diplomkaufmanns); v. 10.9.1965 VI 152/65, HFR 1966, 74 (Steuerberaterkurse eines Stundenbuchhalters); v. 5.10.1966 VI R 75/66, BStBl 1967 III, 230 (Steuerassistent und späterer Angestellter eines Steuerberaters bereitet auf Steuerberaterprüfung vor); v. 20.2.1969 IV R 119/66, BStBl 1969 II, 433 (auf die Steuerberaterprüfung vorbereitender Steuerrechtslehrgang eines Bilanzbuchhalters); v. 19.1.1990 VI R 119/86, BStBl 1990 II, 592 und v. 27.4.1990 VI R 157/88, BFH/NV 1990, 704 (Steuerberaterlehrgang und -prüfung einer in einem Steuerberatungsunternehmen angestellten Diplomkauffrau bzw. Diplombetriebswirtin (FH)); v. 6.11.1992 VI R 12/90, BStBl 1993 II, 108 (Steuerberaterprüfung eines graduierten Betriebsprüfers); v. 14.4.1993 I R 95/92, BFH/NV 1994, 157 (Steuerberaterlehrgang eines Finanzbeamten). In der steuerrechtlichen Literatur ist die Frage der Aufwendungen eines Steuerberaters für das Wirtschaftsprüferexamen kontrovers diskutiert worden. Vgl. N. Meier, FR 1989, 326 f. einerseits und A. von Augustin, DStR 1990. 13 ff. und 75 ff.; Deutscher Steuerberaterverband, Stbg 1989, 337, 338; U. Prinz, FR 1989, 421 ff. sowie (für Rechtsanwälte) M. App, JurBüro 1990, 1397 ff. andererseits. Zur Qualifikation eines Masseurs zum Physiotherapeuten FG RP v. 24.4.2001 2 K 1835/99, EFG 2001, 1191 – rkr. (Fortbildung); FG München v. 3.9.2001 13 K 2923/99, juris (Ausbildung). Zur Abgrenzung zwischen Erstausbildung und Fortbildung s. auch FG Saarland v. 14.6.2000 1 K 134/00, juris für eine Yogalehrerin, die
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wechsels.236 Dieses wurde für eine erstmalige Berufsausbildung237 ebenso wie für eine Umschulung238 regelmäßig bejaht, so dass hier nur eine Berücksichtigung als Sonderausgaben in Betracht kam. Die erstmalige Berufstätigkeit endete, wenn der Lernende den von ihm gewählten Ausbildungsgang beendet hatte, auch wenn er damit sein eigentliches Berufsziel noch nicht erreicht hatte.239 Dabei nahm die Rechtsprechung eine formale Position ein und forderte für die erstmalige Berufsausbildung eine durch Zeugnisse dokumentierbare erstmalige Ausbildung, so dass der autodidaktische Erwerb nicht ausreichte.240 Demgegenüber führten Bildungsmaßnahmen, die ohne Verleihung eines akademischen Titels oder einer Graduierung nach Abschluss einer ersten Berufsausbildung betriebswirtschaftliches Wissen vermittelten, grundsätzlich zu Erwerbsaufwendungen;241 dabei war die Verleihung eines staatlich ________________________
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direkt im Anschluss an den Lehrgang einen Kurs über Kinderyogaunterricht belegte. Weiterbildung einer Sonderschullehrerin zur klinischen Musiktherapeutin waren Fortbildungskosten, BFH v. 13.6.1996 VI R 28/95, BFH/NV 1996, 809; ebenso für die Weiterbildung einer Lehrerin zur Supervisorin FG Münster v. 20.1.1998 6 K 3699/95, EFG 1998, 808 – rkr. bzw. zur Jugend-Psychotherapeutin FG RP v. 15.2.1995 1 K 1193/94, EFG 1995, 615 (a. A. FG Nds v. 26.4.1990 III 431/89, EFG 1991, 19 – rkr.). Dazu Kap. 4 III 1, insbes. a) bb) (3) (S. 134 ff., 142 ff.). S. etwa BFH v. 6.3.1992 VI R 163/88, BStBl 1992 II, 661; FG BaWü v. 15.10.1996 2 K 122/92, EFG 1997, 607 – rkr. Vgl. etwa BFH v. 10.12.1971 VI R 160/70, BStBl 1972 II, 255; v. 21.7.1982 I R 173/78, juris; FG Bbg v. 7.9.1994 1 K 602/93, juris (LS); FG Köln v. 26.4.2001 12 K 7394/00, EFG 2002, 973 (aufgehoben durch BFH v. 19.12.2003 VI R 2/02, juris); FG Sachsen v. 13.6.2001 1 K 1829/97, juris (aufgehoben durch BFH v. 17.12.2002 VI R 121/01, BFH/NV 2003, 477); FG Nürnberg v. 5.3.2002 I 246/1999, juris – rkr. nach Rückn. der NZB VI B 56/02. Statt vieler K. J. von Bornhaupt, in KSM, § 9 Rz. B 271 (Stand September 1986). BFH v. 6.3.19922 VI R 163/88, BStBl 1992 II, 661; v. 4.8.1994 VI R 22/94, BFH/NV 1995, 112. BFH v. 4.7.1975 VI R 43/74, BStBl 1975 II, 645 (praktischer Betriebswirt (HWL) Überlingen) m. zust. Anm. K.-H. Nissen, DStZ 1975, 464; BFH v. 16.8.1979 VI R 14/77, BStBl 1979 II, 675 (Lehrgang zum praktisch geprüften Betriebswirt an der Akademie für praktische Betriebswirtschaft); Hess. FG v. 16.3.1967 I 322/66, EFG 1967, 503; FG Bremen v. 4.4.1975 I 18/74, EFG 1975, 416; FG Dü v. 19.7.1977 X 176/75, EFG 1978, 264; FG Dü v. 7.12.1978 III 165/76, EFG 1979, 330; FG Dü v. 28.5.1979 V/XI 462/75, EFG 1979, 590; FG Dü v. 21.8.1979 XI 343/74, EFG 1980, 228; FG Dü v. 14.1.1980 XXII (XI) 298/74, EFG 1980, 229; FG Köln v. 25.9.1980 II (VIII) 109/76, EFG 1981, 232; FG RP v. 19.9.1985 3 K 274/82, EFG 1986, 66; FG Nds v. 22.2.1994 VII 490/91, EFG 1994, 787; FG Nürnberg v. 11.7.1994 VI 63/94, EFG 1995, 9; Anders für eine Ausbildung zum Betriebswirt (VWA) an der Hessischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hess. FG v. 26.11.1996, 1 K 3648/94, EFG 1997, 794; Hess. FG v. 29.9.1999 12 K 1823/97, EFG 2000, 355 –
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anerkannten Titels allein genauso unschädlich242 wie die Verbreiterung der beruflichen Basis, die durch die Verbindung der alten und neuen beruflichen Kenntnisse zusätzliche Chancen begründete.243 Trotz eines Berufsartwechsels galt ferner eine Ausnahme – auch hier – für das Ausbildungsdienstverhältnis, bei dem wegen unmittelbaren Zusammenhangs der Aufwendungen mit den Einkünften aus dem auf Ausbildung gerichteten Dienstverhältnis244 die an sich gegebenen Ausbildungskosten zu Erwerbsaufwendungen umqualifiziert werden mussten.245 Erwerbsaufwendungen waren auch bei doppelfunktionalen Maßnahmen anzunehmen, die zwar einen Berufsartwechsel ermöglichten, aber zugleich auch der ausgeübten Tätigkeit zugute kamen.246 Der Komplexitätsgrad der Rechtsprechung zur Frage des Berufsartwechsels in diesem Bereich lässt sich durch das Beispiel der Behandlung von Kosten für den Erwerb der Flugzeugführerlizenz illustrieren. Diese Frage bildete schon wegen der bisweilen durch Kredit finanzierten Beträge von u. U. über 100.000 DM247 häufig den Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Die Rechtsprechung war hier grundsätzlich restriktiv. Wenn sie nicht gar annahm, dass die Kosten privat veranlasst waren, wie dies beim ________________________
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rkr. Für Fortbildungskosten auch G. Felix, FR 1972, 528, 529 f. Anders FG Nds v. 25.6.1976 9 IV L 31/69, EFG 1969, 595 (kaufmännischer Angestellter besucht zweieinhalb Jahre höhere Wirtschaftsfachschule); FG RP v. 12.12.1988 5 K 189/88, juris (zw.). FG Dü v. 19.7.1977 X 176/75, EFG 1978, 264. FG Dü v. 7.12.1978 III 165/76, EFG 1979, 330 – rkr. Nicht ausreichend dafür dürfte es sein, wenn bloß eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zu einer Ausbildung besteht, so aber tendenziell FG Hamburg v. 18.9.2002 II 220/01, juris (aus anderen Gründen dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 11.9.2003 VI R 86/02, juris. BFH v. 28.9.1984 VI R 144/83, BStBl 1985 II, 89; Hess. FG v. 28.2.1973, I 11/72, EFG 1973, 266; FG Münster v. 30.10.1974 v. 738/74, EFG 1975, 199; FG Münster v. 23.1.1975 VIII 2009/73, EFG 1975, 253. Der Sache nach ebenso schon BFH v. 10.12.1971 VI R 112/70, BStBl 1972 II, 251; v. 21.1.1972 VI R 337/70, BStBl 1972 II, 261. A. A. noch BFH v. 3.12.1974 VI R 78/73, BStBl 1975 II, 334; v. 3.12.1974 VI R 191/73, BStBl 1975 II, 436; FG RP v. 13.9.1972 I 184/69, EFG 1973, 61; FG Bremen v. 10.9.1974 I 70/73, EFG 1975, 9. Vgl. auch die Nachweise oben in Kap. 4 III 1 a) cc) (S. 146 f.) zum Hochschulstudium als Fall des Ausbildungsdienstverhältnisses. Für den Steuerberaterlehrgang eines Steuerassistenten BFH v. 5.10.1966 VI R 75/66, BStBl 1967 III, 230. Ebenso BFH v. 10.9.1965 VI 152/65, HFR 1966, 74; v. 20.2.1969 IV R 119/66, BStBl 1969 II, 433; FG Köln v. 27.5.1993 10 K 5147/88, EFG 1994, 25 – rkr. Vgl. aber auch FG BaWü v. 10.7.1984 I 158/82, EFG 1985, 119 – rkr.: als kaufmännische Angestellte tätige ausgeschiedene Steuerbeamtin hat durch Steuerberaterlehrgang keine Werbungskosten. FG München v. 27.1.2000 13 K 4279/96, EFG 2001, 1361 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 29/01, juris): Die Kosten der Schulung einschließlich Lebenshaltungskosten betrugen 124.950 DM.
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Erwerb eines Privatflugzeugführerscheins der Fall sein konnte,248 wurde wegen des Berufsartwechsels regelmäßig das Vorliegen von Ausbildungskosten angenommen.249 Denn einerseits fehlte regelmäßig der Bezug zur ausgeübten Tätigkeit. Demnach waren die Kosten für Flugstunden, die dem Erwerb der Berufspilotenlizenz durch einen Flugzeugbauer dienen sollten, eher als Ausbildungskosten einzuschätzen, wofür auch die Höhe der aufgewandten Kosten sprechen könnte.250 Auch die Kosten eines Fluglotsen für den Erwerb eines Privatflugzeugführerscheins seien Ausbildungskosten, wenn die Pilotenlizenz dem angestrebten Beruf eines Fluglehrers diene.251 Denn die Kosten wiesen keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem Beruf des Fluglotsen aus. Dasselbe gelte auch für einen Rechtsanwalt,252 der nach Erwerb eines Berufsflugzeugführerscheins eine Anstellung als Berufspilot antrat.253 Andererseits wurden in diesen Fällen wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten auch keine vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen mit Blick auf die spätere Fluglehrertätigkeit angenommen.254 Das galt auch dann, wenn der Steuerpflichtige zunächst eine Privatpilotenlizenz erworben ha________________________ 248 Vgl. unten Kap. 4 IV 2 a) (S. 187 ff.). 249 Vgl. FG Münster v. 19.10.1999 2 K 2699/98 EFG 2001, 1119 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119); Hess. FG v. 21.1.2002 2 K 808/99, juris (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 58/02, juris) und die Nachweise im Folgenden. Zum Sonderfall eines Ausbildungsdienstverhältnisses s. BFH v. 15.4.1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804. 250 BFH v. 26.11.1982 BI 125/79, juris. 251 FG Berlin v. 14.12.1982 v. 478/80, EFG 1983, 550. Ebenso FG RP v. 28.10.1981 1 K 97/81, juris. Ebenso für einen Polizei-Hubschrauberpiloten, der die Flugberechtigung für Flächenflugzeuge erwirbt, FG Bremen v. 26.5.1994 1 92 087 K 6, EFG 1995, 5. 252 FG Dü v. 31.8.1988 15/2 K 249/84, EFG 1989, 403. 253 Ebenso für einen Bankangestellten Hess. FG v. 1.6.1995 2 K 2974/94, EFG 1995, 911; FG BaWü v. 17.10.2001 9 K 248/96, EFG 2002, 1032 (aufgehoben durch v. 27.5.2003 VI R 9/02, BFH/NV 2003, 1319); einen Flugzeugmechaniker FG München v. 22.2.2000 13 K 2175/95, juris – Rev.; FG Hamburg v. 11.4.2000 II 114/99, juris; einen Maschinenschlosser FG München v. 27.1.2000 13 K 4279/96, EFG 2001, 1361 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 29/01, juris); einen Speditionskaufmann BFH v. 22.8.2001 X B 9/01, BFH/NV 2002, 326; einen als Polizisten ausgebildeten Steward FG Dü v. 25.7.2001 7 K 2825/98, EFG 2001, 1603 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 138/01, BFH/NV 2003, 1411). Vgl. auch FG Münster v. 2.9.2002 4 K 2705/00, EFG 2003, 34 – Rev. betreffend eine Stewardess; einen Verlagsangestellten FG Hamburg v. 16.1.2000 II 417/98, juris; einen Verwaltungsangestellten FG Dü v. 12.9.1995 8 K 7005/94, EFG 1996, 768 (LS); einen Werkzeugschlosser FG München v. 22.2.2000 13 K 4281/96, juris (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 28/01, juris). 254 S. dazu auch FG Münster v. 14.11.1996 5 K 2566/95, EFG 1997, 480, wonach dann auch eine Vorläufigerklärung gem. § 165 AO ausscheide.
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be.255 Zu den Ausbildungskosten seien auch die Kosten einer Musterberechtigung (z. B. für die Boeing 737) zu rechnen, wenn erst durch sie das Ausbildungsziel erreicht wird.256 Ein Berufsartwechsel wurde allerdings verneint für einen Bundeswehrpiloten, der nach Ende seiner Dienstzeit in die Zivilluftfahrt wechseln wollte und der dazu eine Prüfung ablegen musste: Es handle sich um vergleichbare Tätigkeiten, die nicht allein wegen des Wechsels vom militärischen zum zivilen Bereich unterschiedliche Berufe seien.257 Er sollte auch bei Flugingenieuren nicht vorliegen, wenn diese, um dem Abbau ihres Arbeitsplatzes als Folge des technischen Fortschritts vorzubeugen, sich zum Co-Piloten weiterbilden ließen.258 Da bei dieser Weiterbildung auch auf die zuvor erworbenen Kenntnisse aufgebaut werden konnte, sei – entsprechend den Grundsätzen des Aufbaustudiums – ein Abzug als Erwerbsaufwendungen möglich.259 Dasselbe sollte für einen Diplom-Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik gelten, der mit dem Erwerb der Berufspilotenlizenz eine führende Stelle in der Erprobungs- und Entwicklungsabteilung eines Flugzeugherstellers erlangen wollte, auch wenn dieses Unterfangen nicht von Erfolg gekrönt war.260 ________________________ 255 Hess. FG v. 15.2.1996 13 K 2517/94, EFG 1996, 848; FG BaWü v. 17.10.2001 9 K 248/96, EFG 2002, 1032 (aufgehoben durch v. 27.5.2003 VI R 9/02, BFH/NV 2003, 1319); FG Berlin v. 22.1.2003 6 K 6332/99, juris (LS) – Rev. VI R 20/03 in der Hauptsache erledigt. Anders FG Dü v. 12.6.1997 8 K 6536/96, EFG 1997, 1304, wonach ein Abzug als Werbungskosten ab dem Zeitpunkt anzunehmen sei, in dem der Steuerpflichtige die Privatlizenz als Werkspilot nutze. Dagegen aber FG München v. 25.9.1999 1 K 773/97, EFG 19999, 1175, das von einer Sperrwirkung der Qualifikation als Ausbildungskosten ausgeht. 256 FG Münster v. 21.12.1999 7 K 5381/97, EFG 2000, 356: Es komme nicht darauf an, ob schon ein weniger an Lizenzen ausgereicht hätte, um diese in irgendeiner Form zur Einkünfteerzielung zu nutzen, sofern der Steuerpflichtige auf dieser Grundlage den Beruf nicht bereits ausgeübt habe. Dem folgend FG Dü v. 23.8.2000 16 K 7553/98, EFG 2000, 1238, EFG 2000, 1238 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 153/00, juris). 257 BFH v. 9.3.1979, BStBl 1979 II, 337. Ebenso schon FG Dü v. 5.10.1977 v. 71/71, EFG 1978, 118. Vgl. hierzu auch BFH v. 9.10.1992 VI R 17/92, BFH/NV 1993, 226. 258 BFH v. 24.4.1992 VI R 130/89, BFH/NV 1992,731; BFH v. 24.4.1992 VI R 131/89, BStBl 1992 II, 963; BFH v. 8.5.1992 VI R 15/91, BFH/NV 1993,87; FG Münster v. 31.3.1987 VI 2935/84, juris; Hess. FG v. 11.2.1988 9 K 116/85, EFG 1988, 467 (Fall eines Ausbildungsdienstverhältnisses); A. A. FG Nürnberg v. 17.12.1971 II 42/70, EFG 1972, 230 – rkr.; Hess. FG v. 28.2.1986 1 K 471/84, EFG 1986, 392 – rkr.; FG Köln v. 1.2.1989 7 K 2987/88, juris (aufgehoben von BFH v. 24.4.1992 VI R 130/89, BFH/NV 1992,731). 259 BFH v. 24.4.1992 VI R 131/89, BStBl 1992 II, 963. 260 FG München v. 25.1.2001 13 K 4526/96, EFG 2001, 1428. Ähnlich FG Hamburg v. 19.8.1976 III 48/74, EFG 1977, 59 – rkr.
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Daneben bestanden bei den nichtakademischen Bildungsmaßnahmen einige dogmatische Probleme, die im Folgenden für typische Berufe aufgezeigt werden sollen. bb) Veranlassungszusammenhang trotz Arbeitslosigkeit Bei Aufwendungen Arbeitsloser stellt sich das Problem, dass sie im Zeitpunkt der Aufwendungen keinen Beruf ausüben. Daher ist bisweilen in der Rechtsprechung der Finanzgerichte gefolgert worden, dass nur eine Berücksichtigung als Sonderausgaben in Betracht komme, wenn die Aufwendungen zwar die Vermittlungsfähigkeit verbessern, aber nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem bevorstehenden Eintritt in ein bestimmtes Arbeitsverhältnis stehen.261 Dem trat die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung, die im Bereich der vorab entstandenen Erwerbsaufwendungen zunehmend großzügiger wurde, entgegen.262 Der gegenüber dem Sonderausgabenabzug vorrangige Werbungskostenabzug war deswegen immer dann vorzunehmen, wenn feststand, dass der Steuerpflichtige eine Anstellung anstrebte und – gegebenenfalls nach Abschluss der Weiterbildungsmaßnahme – dem inländischen263 Arbeitsmarkt tatsächlich uneingeschränkt264 zur Verfügung stand. Für dieses Ergebnis sprach aus Sicht des Bundesfinanzhofes schon der Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG (Aufwendungen zur Erwerbung von Einnahmen).265 cc) Ausbildungsdienstverhältnis bei Referendaren Rechts- und Lehramtsreferendare erzielen in Form der Unterhaltsbeihilfen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Als Kehrseite dessen sind die durch diese Tätigkeit veranlassten Aufwendungen als Werbungskosten anzusehen.266 Das gilt nicht nur für die Kosten, die durch die Erfüllung der Arbeitspflicht aus dem Ausbildungsverhältnis entstehen, sondern auch für ________________________ 261 Hess. FG v. 26.8.1986 12 K 10/86, juris (LS); FG RP v. 9.1.1995 5 K 2712/91, juris (aufgehoben durch BFH v. 18.4.1996 VI R 22/95, BFH/NV 1996, 879). 262 BFH v. 18.4.1996 VI R 5/95, BStBl 1996 II, 482 (Weiterbildung eines Dipl.-Geographen zum Abfallwirtschaftsberater); v. 18.4.1996 VI R 22/95, BFH/NV 1996, 879 (Weiterbildung eines dauerarbeitslosen Industriekaufmanns); v. 13.6.1996 VI R 89/95, BFH/NV 1997, 98. Dem folgend etwa FG Hamburg v. 30.5.2000 II 149/98, juris (Weiterbildung eines dauerarbeitslosen Steuersparers). 263 BFH v. 13.6.1996 VI R 89/95, BFH/NV 1997, 98. 264 Das sollte nach K. J. von Bornhaupt, NWB F. 6, 3879, 3882 (= NWB 1997, 181, 184) auch bei einer Teilzeittätigkeit der Fall sein. 265 BFH v. 18.4.1996 VI R 5/95, BStBl 1996 II, 482. 266 BFH v. 25.11.1966 VI 72/65, BStBl 1967 III, 340; v. 10.12.1971 VI R 112/70, BStBl 1972 II, 251; v. 7.4.1972 VI R 58/69, BStBl 1972 II, 643; v. 31.1.1975 VI R 42/74, BStBl 1975 II, 421; v. 9.11.1984 VI R 134/81, juris (alle für Rechtsreferendare); v. 17.12.1971 VI R 301/68, BStBl 1972, 259 (Lehramt).
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Aufwendungen, die mit der Zweiten Staatsprüfung zusammenhängen oder der allgemeinen Horizontverbreiterung im ausgeübten Metier dienen.267 Damit waren auch die Mehraufwendungen anlässlich einer auswärtigen Beschäftigung sowie Kosten der An- und Abreise grundsätzlich Werbungskosten.268 Zur Begründung wurde auf die Steuerbarkeit der Ausbildungsbezüge verwiesen.269 dd) Voraussetzungslose Berufe: Heilpraktiker Bisweilen war – insbesondere bei Ausbildungen zum Heilpraktiker – das Vorliegen von Ausbildungskosten mit dem Argument abgelehnt worden, die Berufsausübung sei ohne jede Ausbildung zulässig. Daher könnten nur Fortbildungskosten anzunehmen sein.270 Demgegenüber ging die wohl überwiegende Ansicht271 davon aus, es könne auf das formale Ausbildungserfordernis nicht ankommen. Vielmehr reiche es für die Annahme von Ausbildungskosten aus, dass die Ausübung des Berufes für nicht als Ärzte bestallte Personen die erfolgreiche Ablegung einer Zulassungsprüfung erfordere.272 ee) Vertragsstrafen: Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst Schließlich wurde das Vorliegen von Ausbildungskosten angenommen, wenn eine Vertragsstrafe oder ein Zuschlag für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem öffentlichen Dienst vorgesehen war, nachdem der Arbeitgeber zuvor die Ausbildungskosten getragen hatte.273 Zwar entstand der Zuschlag wegen des Wunsches, das Humankapital anderweitig beruflich ________________________ 267 BFH v. 25.11.1966 VI 72/65, BStBl 1967 III, 340. A. A. aber etwa noch BFH v. 4.8.1961 VI 162/59 U, BStBl 1962 III, 5, wonach zwischen den Kosten für die Tätigkeit als Referendar und denen für das Assessorexamen zu unterscheiden war. 268 BFH v. 10.12.1971 VI R 253/68, BStBl 1972 II, 247; v. 31.1.1975 VI R 42/74, BStBl 1975 II, 421. Zu Auslandsgruppenreisen vgl. BFH v. 7.9.1990 VI R 110/87, BFH/NV 1991, 232; v. 24.10.1991 VI 134/87, BFH/NV 1992, 240, wonach die Reise im weitaus überwiegenden beruflichen Interesse unternommen werden muss. 269 BFH v. 25.11.1966 VI 72/65, BStBl 1967 III, 340. 270 So FG RP v. 12.11.1991 2 K 1115/91, EFG 1991, 324 – rkr.; Hess. FG v. 21.10.1996 13 K 3158/95, juris. 271 FG Nds v. 14.1.1987 VII 36/86, juris; FG Münster v. 9.10.1996 1 K 3669/96, EFG 1997, 466 – rkr.; FG Dü v. 17.3.1998 9 K 525/95, EFG 1998, 939 – rkr.; FG BaWü v. 18.11.1998 12 K 277/97, EFG 1999, 221 (LS) – rkr.; FG Nds v. 30.6.2000 8 K 475/98, EFG 2000, 1062 – n. rkr.; FG RP v. 21.2.2001 1 K 1010/99, juris; FG Nürnberg v. 11.12.2002 III 7/2002, juris. Der Sache nach ebenso FG Münster v. 4.9.1996 11 K 1979/95, EFG 1997, 602 – rkr. (für einen Reinkarnationspsychoanalytiker). 272 S. etwa FG Nds v. 30.6.2000 8 K 475/98, EFG 2000, 1062 – n. rkr. 273 BFH v. 28.2.1992 VI R 97/89, BStBl 1992 II, 834, v. 25.9.1992 VI R 90/90, BFH/NV 1993, 163; v. 22.1.1993 VI R 95/89, BFH/NV 1993, 414; FG München v. 29.11.2002 13 K 5356/99, EFG 2003, 446 – Rev. VI R 5/03.
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zu nutzen; das reichte aber für eine Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre nicht aus, wenn mit der Vertragstrafe nachträglich die Vorteile der Ausbildung abgegolten werden sollten. Dann überwog der Zusammenhang mit der Ausbildungssphäre, so dass Ausbildungskosten anzunehmen waren. Motiv dafür dürfte die Gleichbehandlung mit den Lernenden gewesen sein, die die Kosten ihrer Ausbildung von Anfang an selbst getragen hatten.274
2. Neue Rechtsprechung: Veranlassungszusammenhang! a) „Rebellion“ von Finanzgerichten und Wissenschaft Die alte, auf den Berufsartwechsel abstellende Rechtsprechung wurde schon seit einiger Zeit in zahlreichen Finanzgerichtsentscheidungen275 und in der
________________________ 274 So auch K. J. von Bornhaupt, FR 1992, 656. 275 FG Dü v. 19.9.1979 XV/X 544/75, EFG 1980, 24 (aufgehoben durch BFH v. 28.11.1980 VI R 195/79, BStBl 1981 II 309); FG RP v. 27.10.1982 1K 174/82, EFG 1983, 344 (aufgehoben durch BFH v. 28.9.1984 VI R 44/83, BStBl 1985 II, 94); FG Nds v. 19.7.1994 XV 465/92, EFG 1995, 10 (aufgehoben durch BFH v. 17.4.1996 VI R 94/94, BStBl 1996 II, 450); FG Nds v. 6.8.1997 XIII 252/93, EFG 1998, 640 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 27.3.2003 VI R 5/98, BFH/NV 2003, 1318); Hess. FG v. 18.7.1997 11 K 1446/97, EFG 1998, 181 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 22.7.2003 VI R 190/97, juris); FG Nds v. 25.3.1998 IV 415/93, juris; FG Nds v. 25.3.1998 IV 664/94, EFG 1999, 19 – rkr.; FG Nürnberg v. 4.3.1998 II 75/97, EFG 1998, 1511 (bestätigt durch BFH v. 26.6.2003 VI R 61/98, BFH/NV 2004, 170); Hess. FG v. 29.9.1999 12 K 1823/97, EFG 2000, 355 – rkr.; FG Bbg v. 23.11.1999, 3 K 1011/98, EFG 2000, 424 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 42/00, BFH/NV 2003, 474); FG SH v. 8.3.2000 v. 221/98, EFG 2000, 780 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 60/00, BFH/NV 2003, 475); FG Köln v. 8.2.2000 9 K 1857/99, EFG 2001, 676 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 26.6.2003 VI R 8/01, BFH/NV 2003, 1418); FG BaWü v. 29.2.2000 4 K 344/98, EFG 2000, 783 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 113/00, BFH/NV 2003, 609); FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, EFG 2001, 1424 – nach Rücknahme der Revision rkr.; FG Münster v. 17.4.2001 14 K 7649/98, EFG 2001, 1122 – rkr.; FG Dü v. 17.5.2001, 10 K 3721/98, EFG 2001, 1023 (bestätigt durch BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698); FG RP v. 14.8.2001 2 K 1607/99, EFG 2002, 127 (bestätigt durch BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403); FG Münster v. 21.8.2001 1 K 5736/98, DStRE 2002, 483 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 137/01, BStBl 2003 II, 407); FG Dü v. 27.8.2001 17 K 4198/98, EFG 2001, 1600 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 119/01, BFH/NV 2003, 477); FG Sachsen-Anhalt v. 25.11.2002 1 K 142/99, juris (LS). Vgl. auch die in Kap. 4 II 1 a), Fn. 113 (S. 135) genannten abweichenden Ansichten der Finanzgerichte. Der Sache nach ebenso, allerdings noch auf Grundlage der alten Kriterien FG Münster v. 5.12.2002 3 K 2772/98, EFG 2003, 767 – Rev. VI R 8/03.
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Literatur276 in Frage gestellt. So wurde vorgebracht, dass insbesondere zwischen einer Umschulung und einer Weiterbildung nur ein gradueller Unterschied bestehe, der eine Begünstigung der Weiterbildung nicht rechtfertige.277 Auch stelle die Abzugsfähigkeit eines akademischen Zweitstudiums, nicht aber einer zweiten Ausbildung ein Akademikerprivileg dar.278 Die Rechtsprechung lasse keine klare Linie erkennen, führe damit zu Rechtsunsicherheit279 und verfehle den angestrebten Vereinfachungseffekt,280 zumal der Begriff der Berufsart unscharf sei.281 Der in der alten Rechtsprechung immer wieder zur Begründung angeführte Textbaustein, ein Studium verleihe eine andere berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung, überzeuge nicht: Denn in der anderen wirtschaftlichen Stellung liege gerade das Wesensmerkmal von Erwerbsaufwendungen. Dasselbe gelte für die andere berufliche Stellung. Die andere gesellschaftliche Stellung hingegen lasse sich auch ohne ein Studium erreichen282 und sei auch kaum konkretisierbar.283 Außerdem dürfe der Staat eine solch grobe Typisierung284 wie bei der Nichtabziehbarkeit einer Erstausbildung nur dann vornehmen, wenn Härten nur unter großen Schwierigkeiten vermeidbar seien; das sei hier aber gerade nicht der Fall.285 Zudem wende die Rechtsprechung gar ________________________ 276 M. Balke, NWB 1997, 1269 ff.; J. Becker, in HHR, § 4 EStG Rz. 912 (Stand Januar 2002); P. Dilthey, FR 1984, 333 ff.; R. Flies, DStR 1997, 725 ff.; B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105 ff.; U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986, 218 ff.; O. Labus, BB 1967, 1278; ders., BB 1972, 72; U. Prinz, in HHR, § 9 EStG Rz. 269 (Stand Februar 1991); E. Schmidt, BB 1977, 1532; ders., FR 1984, 217; ders., FR 1991, 374 f.; H. Söhn, StuW 2002, 97 ff.; W. Stolz, FR 1979, 242, 246; A. Stuhldreier, EStB 2000, 207 ff.; D. Suhr, StuW, Sp. 579 ff.; T. Vehslage, JuS 1999, 96, 100; R. Wittmann, FR 1988, 273 f.;. Zuvor schon T. Breuer, FR 1959, 79 ff.; G. Katzsch, BB 1958, 300, 301. 277 FG Bbg v. 23.11.1999 3 K 1011/98, EFG 2000, 424 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 42/00, BFH/NV 2003, 474). B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105, 112 f. hält in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Umschulung auch im Steuerrecht für einen Unterfall der Weiterbildung. 278 FG Nds v. 6.8.1997 XIII 252/1993, EFG 1998, 640 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 27.3.2003 VI R 5/98, BFH/NV 2003, 1318); FG SH v. 8.3.2000 V 221/98, EFG 2000, 780 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 60/00, BFH/NV 2003, 475); FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01. 279 FG Nds v. 6.8.1997 XIII 252/1993, EFG 1998, 640 (dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 27.3.2003 VI R 5/98, BFH/NV 2003, 1318). 280 B. Paus, INF 1985, 490, 492. 281 FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01. 282 B. Paus, INF 1985, 490, 491. 283 B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105, 113. 284 Krit. dazu schon O. Labus, BB 1967, 1278; U. Prinz, in HHR, § 9 EStG Rz. 271 (Stand Februar 1991). 285 FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01.
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nicht mehr das Gesetz an, sondern die von der früheren Rechtsprechung entwickelten Begriffssysteme.286 Es fehle jede Auseinandersetzung mit dem Werbungskostenbegriff.287 Die obergerichtliche Rechtsprechung übersehe tiefgreifende Änderungen auf dem Arbeitsmarkt,288 die insbesondere darin lägen, dass einige hergebrachte Berufe ausstürben und sich bei anderen die Grenzen verwischten.289 Schließlich dürfe ein Steuerpflichtiger, der die Bildungsmaßnahme selbst finanziere, nicht schlechter gestellt werden als ein solcher, dessen Bemühungen vom Staat subventioniert würden.290 b) Grundsatzentscheidungen des BFH vom Dezember 2002: Veranlassungszusammenhang maßgeblich Dieser Kritik folgend gab der VI. Senat des Bundesfinanzhofs in seinen Grundsatzentscheidungen vom 4. und 17. Dezember 2002,291 der sich inzwischen der IV. Senat teilweise anschloss,292 die bisherige Rechtsprechung weitgehend auf. Umschulungsmaßnahmen, die den Wechsel von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen ermöglichen, konnten danach vorweggenommene Werbungskosten293 oder vorweggenommene Betriebsausgaben294 sein. Maßgeblich sollte danach allein sein, ob die Aufwendungen durch die steuerbare Tätigkeit veranlasst waren.295 Dies konnte, so führte der VI. Senat in einem obiter dictum aus, bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme der Fall sein.296 Zur Begründung setzte sich der Bundesfinanzhof in diesen und zahlreichen späteren Urteilen ausführlich mit der hergebrachten Rechtsprechung auseinander und verwarf deren Argumentation.
________________________ 286 B. Paus, INF 1985, 490, 491. 287 O. Labus, BB 1967, 1278, 1279. 288 FG Nürnberg v. 4.3.1998 II 75/97, EFG 1998, 1511 (bestätigt durch BFH v. 26.6.2003 VI R 61/98, BFH/NV 2004, 170). 289 E. Schmidt, BB 1977, 1532. 290 B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105, 112 für die Umschulung; O. Labus, BB 1972, 73. 291 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 (Umschulung einer gelernten Industriekauffrau zur Fahrlehrerin). 292 BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698 (Ausbildung einer ausgebildeten Bilanzbuchhalterin zur Heilpraktikerin). 293 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403. 294 BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698. 295 Zu den Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang im Einzelnen Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.). 296 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II 3 b) der Gründe.
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Zunächst verwies er auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben:297 Das aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Leistungsfähigkeitsprinzip gebiete es, Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit vom Steuerzugriff freizustellen.298 Dabei sei sowohl bei den Gewinneinkünften als auch bei den Überschusseinkünften darauf abzustellen, ob die Aufwendungen durch den Beruf oder die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst seien. Eine derartige Veranlassung liege dann vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufes getätigt würden. Dabei sei es ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten.299 Danach widerlegte er die vermeintliche Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.300 Der Wortlaut des Einleitungssatzes mache deutlich, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben seien, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten seien. Der Abzug als Erwerbsaufwendung habe daher Vorrang.301 Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich nichts anderes. Denn die Vorschrift sei gerade als Reaktion auf die Nichtabzugsfähigkeit der Kosten einer Berufsausbildung erlassen worden. Sie sollte daher nicht die Abzugsfähigkeit hindern, sondern sie umgekehrt, wenn auch in der dogmatischen Konstruktion als Sonderausgabe, erst ermöglichen. Eine Sperrwirkung lasse sich ________________________ 297 Interessant in diesem Zusammenhang auch FG Bbg v. 23.11.1999 3 K 1011/98, EFG 2000, 424 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 42/00, BFH/NV 2003, 474): Auch das Sozialstaatsprinzip, das auf die Auslegung einfachen Rechts Einfluss nimmt, spricht für eine Abzugsfähigkeit, weil die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein aus dem Sozialstaatsprinzip folgendes Ziel mit Verfassungsrang ist. 298 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II. 3. a) unter Berufung auf BFH v. 30.1.1995 GrS 4/92, BStBl 1995 II, 281. S. davor schon FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01, wonach sich die Einordnung als Werbungskosten nach den allgemeinen Kriterien zu richten habe. 299 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II. 3. b) unter Hinweis auf BFH v. 4.3.1986 VIII R 188/84, BStBl 1986 II, 373. Näher zur Veranlassung Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.). 300 Gegen dieses Argument schon W. Apitz, DStZ 1997, 145, 147 (für die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf); M. Balke, NWB 1997, 1269, 1270 f.; R. Flies, DStR 1997, 725, 728; H. Söhn, StuW 2002, 97, 98 ff.; R. Wittmann, FR 1988, 273, 274. Die Sperrwirkung nahmen hingegen W. Drenseck, StuW 1999, 3, 8 ff. und V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 80 f. noch für die Berufsausbildungskosten (nicht aber für die Umschulungskosten) an, weil andernfalls der Norm kein Anwendungsbereich verbleibe; für eine Sperrwirkung etwa auch M. Völlmeke, DStR 1995, 745, 750. 301 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II. 3. c) unter Hinweis auf BFH v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452; v. 22.11.2000 VI B 174/00, BFH/NV 2001, 451.
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mit dieser Motivation des historischen Gesetzgebers nicht vereinbaren,302 dessen „Geschäftsgrundlage“303 gerade die fehlende Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten gewesen sei. Zudem finde, wie sich § 2 Abs. 2 und 4 EStG entnehmen lässt, der Sonderausgabenabzug erst auf einer späteren Stufe im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens statt.304 Auch spreche der Vergleich mit den Steuerberatungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG, die im Fall beruflicher Veranlassung unstreitig vorrangig als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt würden, gegen die These von einer Sperrwirkung.305 Schließlich könne auch nicht davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe eine zwingende Zuordnung zu den Sonderausgaben vorgenommen, um einen Verlustabzug nach § 10d EStG auszuschließen. Das ergebe sich schon aus der damals geltenden Fassung des § 10d EStG, die den Verlustabzug nur unter sehr engen Voraussetzungen ermöglicht habe und die deswegen Verluste aus Bildungsinvestitionen zumeist ohnehin nicht erfasst hätte.306 Auch § 12 Nr. 1 S. 1 und 2 EStG sollte nicht entgegenstehen.307 Die explizit genannten Aufwendungen für die Ausbildung bezögen sich nach dem klaren Wortlaut der Norm nur auf Aufwendungen für die Ausbildung eines anderen Steuerpflichtigen. Die Möglichkeit, Aufwendungen für die eigene Ausbildung steuerlich geltend zu machen, werde durch die Norm nicht berührt.308 Aber auch das Aufteilungs- und Abzugsverbot greife nicht ein. Denn die aus beruflichen Gründen entstandenen Kosten seien nur dann nicht abzugsfähig, wenn sie zumindest einen Bezug zur privaten Lebensführung hätten. An diesem fehle es hier aber. Zwar habe die frühere Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs während der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft die sogenannte „Lebenskampfthese“ zugrunde gelegt.309 Danach sei die „Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehörig“. Dem liege das Bild einer ________________________ 302 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II 3 c). 303 So pointiert FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01. 304 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119 unter II 1 d). 305 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II 3 c). Ebenso schon FG Dü v. 19.9.1979 XV/X 544/75, EFG 1980, 24 (aufgehoben durch BFH v. 28.11.1980 VI R 195/79, BStBl 1981 II 309). 306 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119 unter II.1 d). Hier hätte es umgekehrt nahegelegen, davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die genaue Zuordnung zwischen Sonderausgaben und Erwerbsaufwendungen für irrelevant hielt. 307 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II 3 d). 308 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119 unter II 1 e). 309 RFH v. 24.6.1937 IV A 20/36, RStBl. 1937, 1089. Gegen den Versuch, damit die Nichtabzugsfähigkeit der Ausbildungskosten zu begründen, schon J. Heidrich, FR 1958, 532, 533 f. Vgl. auch schon Kap. 4 I, Fn. 22 (S. 121).
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Ausbildung für das gesamte Erwerbsleben zugrunde, das der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation mit ihrem Erfordernis, wiederholt umzulernen, nicht entspreche.310 Im Übrigen greife das Aufteilungs- und Abzugsverbot auch bei einer besonderen Neigung zum neu erlernten Beruf dann nicht, wenn die Umschulungsmaßnahme die Arbeitslosigkeit abwenden solle.311 Schließlich könne das Aufteilungs- und Abzugsverbot bei einem berufsbegleitenden Studium auch nicht mit der These begründet werden, der erfolgreiche Abschluss eines Studiums ermögliche den Wechsel in eine ganz andere berufliche, wirtschaftliche und soziale Stellung.312 Ebenso wenig sollte den Vorschriften zum Familienleistungsausgleich in §§ 31 f.; 62 ff. EStG eine Sperrwirkung entnommen werden können.313 Denn der Gesetzgeber sei zwar davon ausgegangen, dass die Eltern regelmäßig die erste Berufsausbildung ihrer Kinder finanzieren. Daraus werde aber aus rechtssystematischen Gründen ein Abzug der Erwerbsaufwendungen beim Kind nicht ausgeschlossen.314 Zudem sollte die Einstufung der Berufsbildungskosten als Erwerbsaufwendungen die Wertungsungleichheiten zwischen eigen- und fremdfinanzierter Umschulung verringern.315 Denn manche Steuerpflichtige erhielten die Kosten ihrer Umschulungsmaßnahme steuerfrei vom Staat erstattet, während andere die Kosten nicht einmal als Erwerbsaufwendungen geltend machen könnten.316 ________________________
310 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II. 3. d). 311 BFH v. 13.2.2002 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698. Freilich stellte der VI. Senat in späteren Entscheidungen nicht mehr darauf ab, ob der Lernende arbeitslos war, vgl. etwa BFH v. 27.5.2003 VI 153/00 und VI R 29/01, beide juris. 312 BFH v. 17.12.2002 VI R 137/01, BStBl 2003 II, 407; Früher schon FG Dü v. 19.9.1979 XV/X 544/75, EFG 1980, 24 (aufgehoben durch BFH v. 28.11.1980 VI R 195/79, BStBl 1981 II 309). Zu einem Sonderfall, wo eine an der Universität durchgeführte Maßnahme keinen Studienabschluss, sondern nur ein Weiterbildungszertifikat erbrachte, vgl. FG Dü v. 18.7.2000 11 K 7822/97, EFG 2000, 1063 – rkr. Weitergehend wurde in der untergerichtlichen Rechtsprechung vorher bereits in Frage gestellt, ob ein Studium überhaupt noch mit einer höheren gesellschaftlichen Stellung verbunden ist, vgl. FG Münster v. 17.4.2001 14 K 7649/98, EFG 2001, 1122 – rkr. (für Fachhochschulstudium); FG Münster v. 21.8.2001 1 K 5736/98, EFG 2002, 79 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 137/01, BStBl 2003 II, 407); FG Dü v. 27.8.2001 17 K 4198/98, EFG 2001, 1600 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 119/01, BFH/NV 2003, 477). 313 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119 unter II 1 f.). 314 Zum Verhältnis zwischen Familienleistungsausgleich und Erwerbsaufwendungen des Kindes s. auch unten Kap. 5 I 1 (S. 199) und de lege ferenda Kap. 13 II 1 (S. 485 ff.). 315 Dafür schon W. Drenseck, StuW 1999, 3, 10. Die Vermeidung von Widersprüchen zwischen der staatlichen Gewährung von BAföG und der fehlenden Abzugsfähigkeit selbst getragener Aufwendungen fordert auch C. R. Beul, FR 1986, 340, 344. 316 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 unter II. 3. f).
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Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung
c) Ausweitung durch Folgeurteile Mit einer Reihe von Folgeurteilen bestätigte der VI. Senat diese neue Linie und dehnte sie auch auf die erstmalige Berufsausbildung aus.317 Eine weitere erhebliche Ausdehnung stellte dabei die – von der jüngsten Gesetzesänderung318 unberührt gebliebene – Möglichkeit der Berücksichtigung von Aufwendungen für die Promotion dar. Entgegen der früheren Rechtsprechung waren und sind diese berücksichtigungsfähig, wenn ein berufsbezogener Veranlassungszusammenhang bejaht werden kann.319 Denn nach neuer Rechtsprechung belegt eine Promotion die berufliche Qualifizierung in besonderem Maße. Der Doktortitel sei für das berufliche Fortkommen von besonderer Bedeutung, bisweilen, etwa als formale Zugangvoraussetzung, sogar unabdingbar. Zudem seien offensichtlich die Beschäftigungsund Einkommenssituation sowie die beruflichen Aufstiegschancen der Promovierten besser, das Risiko einer Arbeitslosigkeit hingegen geringer.320 Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, der Erwerb eines Doktortitels sei in erheblichem Umfang privat mitveranlasst.321 Damit trägt die Rechtsprechung auch in diesem Bereich den überwiegend kritischen Stimmen in der Literatur Rechnung. Diese hatten mit den nun von der Rechtsprechung aufgegriffenen Argumenten eine Gleichstellung mit der Fortbildung gefordert.322 Eine Ausnahme ist in der untergerichtlichen Rechtsprechung für den offensichtlich erkauften Titel erwogen worden, da keine berufsbezogenen Bildungskosten vorlägen und der derart erworbene Titel auch nicht geeignet ________________________ 317 Grundlegend BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119. 318 Dazu Kap. 4 III 3 (S. 173 ff.) und Kap. 10 I 2 (S. 401 ff.). 319 BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404; v. 4.11.2003 VI R 28/03, BFH/NV 2004, 928 (Promotion eines wissenschaftlichen Mitarbeiters); v. 4.11.2003 VI R 75/02, juris. Der Rechtsprechung zustimmend W. Bergkemper, FR 2004, 413; Hegemann/Querenbach, SteuerStud 2003, 520, 529; M.-I. Thomas, INF 2004, 167. 320 BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404 unter Berufung auf M. Müller, Aus- und Fortbildung, 122 ff. 321 BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404; FG Sachsen v. 27.8.2003 6 K 184/01, EFG 2003, 1770 – rkr. (für Promotion eines Hochschullehrers); FG Köln v. 1.7.2003 (K 1273/97, EFG 2003, 1371 – rkr. 322 Vgl. etwa V. von Altrock, DB 1967, 97 f.; H. Brockhoff, INF 1967, 100 ff.; E. Eisenberg, FR 1968, 41 f.; H. List, JuS 1993, 912, 915 f.; F. J. Marx, DStZ 1988, 64, 66; M. Müller, Aus- und Fortbildung, 110 ff.; F. Oswald, StuW 1970, Sp. 268 ff.; B. Paus, DStZ 1993, 177 f. (mit dem Hinweis, eine Typisierung sei unzulässig, wo der wahre Sachverhalt feststehe, zw.); H. Schießl, DStZ 2004, 119 ff.; E. Siegers, EFG 2003, 1373; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 85 (Stand Juni 2002); H. Stegmaier, FR 1955, 474 und 1957, 416; M. R. Theisen, DStR 1993, 49; Theisen/Salzberger, DStR 1991, 1333, 1336 ff. Der alten Rechtsprechung zustimmend hingegen o. V., HFR 1993, 69 f.; mit Einschränkungen auch H. Schulte, JZ 1968, 629 ff.
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sei, das berufliche Fortkommen zu begünstigen.323 Dasselbe soll für zum Erwerb einer Ehrendoktorwürde aufgewandte Kosten gelten.324 d) Anforderungen an Veranlassungszusammenhang Die Anforderungen an die klar erkennbare Beziehung zwischen den Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart325 (berufliche Veranlassung), für die der Steuerpflichtige nach allgemeinen Grundsätzen die objektive Feststellungslast trägt,326 wurden dabei regelmäßig mit weitgehend übereinstimmenden Formulierungen beschrieben. Sie sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. Die Kosten einer Umschulung waren – und sind trotz der Gesetzesänderung: weiterhin – ebenso wie die Kosten eines Aufbaulehrgangs327 als vorab entstandene Erwerbsaufwendungen beruflich veranlasst, wenn sie in einem hinreichend konkreten,328 objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen standen.329 Das war anzunehmen, wenn die Bildungsmaßnahme konkret und berufsbezogen auf die spätere Tätigkeit vorbereitete,330 wobei ________________________
323 FG Münster v. 9.7.2003 1 K 3346/01, EFG 2003, 1610 – NZB VI B 158/03. I. E. ebenso R. Ehehhalt, BFH-PR 2004, 125, 126; Theisen/Salzberger, DStR 1991, 1333, 1337 f.; Theisen/Zeller, DB 2003, 1753, 1757; J. Wulff, DStR 2004, 799, 800; tendenziell ebenso, allerdings mit nicht näher spezifizierten verfassungsrechtlichen Bedenken Lohwasser/Vater, StB 2004, 132, 134. Gegen Sonderregeln für den Titelkauf M. Müller, Aus- und Fortbildung, 128, da auch dieser häufig aus beruflichen/betrieblichen Gründen erfolge. 324 Theisen/Zeller, DB 2003, 1753, 1757. 325 BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698 unter II 2 a). 326 Statt vieler J. Moritz, AktStR 2003, 245, 255 f.; E. Siegers, EFG 2003, 988. 327 BFH v. 22.7.2003 VI R 190/97, BFH/NV 2003, 1646 (Ausbildung einer Krankenschwester zur Lehrerin für Pflegeberufe); v. 22.7.2003 VI R 7/01, BFH/NV 2004, 174 (Erwerb der Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“ durch als Lehrer tätigen Arzt: dort wurde auf die Erweiterung des „Berufswissens“ abgestellt); v. 11.9.2003 VI R 86/02, juris (Ausbildung einer sozialpädagogischen Assistentin zur Heilerzieherin). 328 Auch: „hinreichend klarer“, so BFH v. 17.12.2002 VI R 121/01, BFH/NV 2003, 477 (Umschulung eines arbeitslosen Landwirts zum Dachdecker). 329 BFH v. 4.12.2002 VI R 120/01, BStBl 2003 II, 403 (Umschulung einer gelernten kaufmännischen Angestellten zur Fahrlehrerin) unter II 3 d) der Gründe. 330 BFH v. 17.12.2002 VI R 42/00, BFH/NV 2003, 474 (Umschulung einer arbeitslosen Verkäuferin zur Arzthelferin); BFH v. 17.12.2002 VI R 121/01, BFH/NV 2003, 477; v. 17.12.2002 VI R 20/01, BFH/NV 2003, 476 (Umschulung eines arbeitslosen Diplom-Betriebswirts zum immobilien- und Finanzmakler); v. 27.5.2003 VI R 153/00, juris und v. 27.5.2003 VI R 28/01, juris (Verkehrspilotenschein eines kaufmännischen Angestellten bzw. Maschinenschlossers); v. 27.5.2003 VI R 9/02, BFH/ NV 2003, 1319 (Verkehrsflugzeugführerschein eines Bankkaufmanns); v. 22.7.2003 VI R 72/02, juris (Ausbildung zum Rettungsassistenten eines gelernten Anlageelektronikers); v. 22.7.2003 VI R 39/02, juris (Fahrlehrerausbildung einer Busfahrerin).
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der Bundesfinanzhof häufig darauf hinwies, dass die neu erlernte Tätigkeit auch im direkten Anschluss ausgeübt wurde.331 Bisweilen wurde auch nur darauf verwiesen, der Lernende habe die Ausbildung aus beruflichen Gründen aufgenommen, „nämlich um … (höhere) Einnahmen zu erzielen.“332 Für ein berufsbegleitendes Erststudium wurde der erforderliche objektive und subjektive Zusammenhang mit der zeitgleich ausgeübten steuerbaren Tätigkeit angenommen, wenn die Motivation des Steuerpflichtigen (nach Jahren der Berufstätigkeit) auf ein besseres Vorankommen im Beruf,333 Erweiterung der Kenntnisse, Festigung und Legalisierung der derzeitigen beruflichen Stellung oder Erfüllung der Anforderungen der Tätigkeit gerichtet war.334 Vergleichbares galt, wenn das nicht berufsbegleitende Erststudium
________________________ 331 Z. B. BFH v. 17.12.2002 VI R 42/00, BFH/NV 2003, 474. 332 BFH v. 27.5.2003 VI R 138/01, BFH/NV 2003, 1411 (Verkehrsflugzeugführerschein eines früheren Polizeibeamten). 333 Dieses Merkmal wurde nicht immer durch konkrete Aufstiegsmöglichkeiten präzisiert, vgl. etwa BFH v. 27.5.2003 VI R 138/99, BFH/NV 2003, 1318 einerseits und v. 27.5.2003 VI R 53/02, BFH/NV 2003, 1320 andererseits. 334 BFH v. 17.12.2002 VI R 64/00, BFH/NV 2003, 608 (BWL-Studium eines Gebietsleiters in einer Brauerei); v. 17.12.2002 VI R 113/00, BFH/NV 2003, 609 (BWLStudium eines Sachbearbeiters im Rechnungswesen); v. 17.12.2002 VI R 182/00, BFH/NV 2003, 609 (BWL-Studium eines in der Personalabteilung tätigen Bürokaufmanns); v. 17.12.2002 VI R 133/00, BFH/NV 2003, 475 (Informatikstudium eines Industrieelektronikers); v. 17.12.2002 VI R 60/00, BFH/NV 2003, 475 (BWLStudium eines Wirtschaftsinformatikers); v. 17.12.2002 VI R 119/01, BFH/NV 2003, 477 (Sozialarbeitsstudium einer Altenpflegerin); v. 28.1.2003 VI R 100/01, BFH/NV 2003, 620 (BWL-Studium eines Sozialversicherungsfachangestellten); v. 27.5.2003 VI R 76/02, BFH/NV 2003, 1411 (BWL-Studium eines technischen Zeichners); v. 27.3.2003 VI R 165/00, BFH/NV 2003, 1410 (BWL-Studium eines als Akademiedozenten tätigen Steuerfachgehilfen); v. 27.5.2003 VI R 138/99, BFH/NV 2003, 1318 (BWL- und Jurastudium eines Sozialversicherungsfachangestellten); v. 27.5.2003 VI R 5/98, BFH/NV 2003, 1318 (Sozialpädagogikstudium eines Krankenpflegers); v. 26.6.2003 VI R 70/99, juris (BWL-Studium eines Bankkaufmanns); v. 26.6.2003 VI R 61/98, BFH/NV 2004, 170 (Sozialökonomiestudium einer Pflegedienstleiterin und gelernten Krankenschwester); BFH v. 26.6.2003 VI R 5/01, BFH/NV 2003, 1417; v. 22.7.2003 VI R 8/02, juris (Ingenieurstudium eines Facharbeiters für Glasbearbeitung); v. 22.7.2003 VI R 163/98, juris (Lehramtsstudium einer an einer Berufschule tätigen Hauswirtschaftsmeisterin); v. 22.7.2003 VI R 52/00, juris (BWL-Studium einer Industriekauffrau); v. 22.7.2003 VI R 30/99, juris (Studium Pflegedienstleistung/Pflegemanagement einer Krankenschwester): v. 22.7.2003 VI R 148/99, juris (Maschinenbaustudium eines technischen Zeichners); v. 19.2.2004 VI B 73/03, juris (BWL-Studium einer Bürokauffrau, die das Studium zur Sicherung der bereits erreichten Stellung betrieb).
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nach langjähriger Tätigkeit in einem vergleichbaren Bereich unternommen wurde.335 Ebenso wurde für eine erste Berufsausbildung die berufliche Veranlassung der Aufwendungen damit begründet, die Schulungskosten stünden mit der Erzielung von steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit in Zusammenhang, da die Schulung den Lernenden konkret und gezielt auf diese Tätigkeit vorbereitet habe.336 Das war jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Ausbildung Voraussetzung einer für die spätere Tätigkeit gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung war.337 Interessant erscheint der Hinweis in einem Urteil, der Lernende habe die Ausbildung nicht aus privaten Gründen unternommen, sondern um mittels der gewonnenen Kenntnisse und Fähigkeiten seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.338 Für ein Zweit- oder Aufbaustudium galten (und gelten seit Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG immer noch) vergleichbare Maßstäbe.339 Dafür reicht es jedenfalls aus, wenn das Studium die Chancen erheblich verbessert, den gewünschten Arbeitsplatz zu erhalten.340 Für eine Promotion war und ist der erforderliche Zusammenhang anzunehmen, wenn das Promotionsvorhaben Einstellungsvoraussetzung und Teil der angestrebten Hochschullaufbahn war341 oder die Beschäftigungschancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen sollte.342 ________________________ 335 BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404 (Medizinstudium einer langjährigen Krankengymnastin). 336 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119 (Verkehrsflugzeugführerschein eines Studienabbrechers); v. 27.5.2003 VI R 58/02, juris (Verkehrsflugzeugführerschein als Erstausbildung). 337 BFH v. 19.12.2003 VI R 31/03, juris (Fahrlehrerprüfung). 338 BFH v. 26.6.2003 VI R 14/03, BFH/NV 2004, 22 (Krankengymnastikausbildung eines nebenberuflich als Pfleger tätigen Medizinstudenten). 339 BFH v. 26.6.2003 VI R 114/00, BFH/NV 2003, 1416 (Jurastudium eines Diplomverwaltungswirts (FH)); v. 4.11.2003 VI R 1/03, BFH/NV 2003, 1380 (Nachqualifikation einer Gemeindediakonin zur staatlich anerkannten Sozialpädagogin). Vgl. auch BFH v. 9.12.2003 VI R 8/03, BFH/NV 2004, 768 (Pädagogikstudium eines katholischen Priesters), wo die Aufklärung der beruflichen Veranlassung dem Finanzgericht aufgegeben wurde. 340 BFH v. 26.6.2003 VI R 67/01, HFR 2004, 216 (LL.M.-Studium nach dem ersten Staatsexamen); v. 26.6.2003 VI R 8/01, BFH/NV 2003, 1418 (Journalistisches Aufbaustudium einer Diplom-Übersetzerin); v. 22.7.2003 VI R 4/02, BFH/NV 2004, 32 (LL.M.-Studium nach dem ersten Staatsexamen); v. 22.7.2003 VI R 46/02, juris (Wirtschaftswissenschaftliches Zweitstudium eines Diplomingenieurs); v. 22.7.2003 VI R 50/02, BFH/NV 2003, 1381 (Universitäres Maschinenbaustudium eines im selben Fach an der Fachhochschule ausgebildeten Diplomingenieurs). 341 BFH v. 4.11.2003 VI R 28/03, BFH/NV 2004, 928 (Promotion eines wissenschaftlichen Mitarbeiters). 342 BFH v. 4.11.2003 VI R 75/02, juris.
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Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung
Diese verschiedenen Formulierungen stimmen inhaltlich darin überein, dass für die berufliche Veranlassung die „Richtung auf Erzielung von Einnahmen“ maßgeblich ist.343 Es kommt also grundsätzlich darauf an, dass die Humankapitalinvestitionen höhere Einnahmen ermöglichen, bestehende sichern oder neue eröffnen. Auch bei einem Fehlschlagen der Investition können die Aufwendungen absetzbar sein.344 Dasselbe gilt für Steuerpflichtige, die sich noch im Erziehungsurlaub/Elternzeit befinden; dabei ist es unschädlich, wenn die Erwerbseinnahmen noch nicht im unmittelbaren Anschluss an den Lehrgangsabschluss angestrebt werden.345 Auch nach der Gesetzesänderung für Aufwendungen, bei denen sowohl eine Zuordnung zu einer derzeit ausgeübten Tätigkeit als auch eine Einstufung als vorweggenommene Erwerbsaufwendungen einer künftigen Tätigkeit in Betracht kommen,346 ist eine Aufteilung nach der sachlichen Veranlassung vorzunehmen, hilfsweise eine vollumfängliche Berücksichtigung bei der Einkunftsart, zu der sie bei objektiver Betrachtung die engere Beziehung haben.347 Die Feststellung eines hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhanges mit künftigen steuerbaren Einnahmen, für die der Steuerpflichtige die objektive Feststellungslast trägt, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung. Für einen derartigen Zusammenhang genügt es nicht, wenn private Gründe für eine Aufnahme der Bildungsmaßnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden können.348 Aus diesem Grunde ist der Werbungskostenabzug für ein Studium der Kunstgeschichte für eine 50jährige Studienanfängerin mit anschließender Promotion versagt worden, zumal die Lernende von ihrem gutverdienenden Ehemann unterhalten wurde.349 ________________________ 343 So ausdrücklich etwa BFH v. 26.6.2003 VI R 85/97, BFH/NV 2003, 1415. 344 BFH v. 22.7.2003 VI R 48/02, BFH/NV 2004, 34 (nichtbestandene Steuerberaterprüfung). A. A. noch FG Dü v. 25.6.1999 9 K 6291/96, EFG 1999, 888 – rkr. 345 BFH v. 22.7.2004 VI R 137/99, BFH/NV 2003, 1380 (Nachqualifikation einer Gemeindediakonin zur staatlich anerkannten Sozialpädagogin). Ebenso zuvor bereits FG RP v. 13.11.2001 2 K 2993/00, DStRE 2002, 992 – rkr. 346 Diese Formulierung wurde der Einfachheit halber gewählt, obwohl nach hier vertretener Auffassung u. U. beide Tätigkeiten schon ausgeübt werden, vgl. Kap. 10 I 1 b) aa) (2) (S. 387 f.). 347 Vgl. nur BFH v. 14.4.1993 I R 95/92, BFH/NV 1994, 157 m. w. N.; FG RP v. 15.3.2000 1 K 2816/98, DStRE 2001, 568 (aufgehoben durch BFH v. 22.7.2003 VI R 7/01, BFH/NV 2004, 174). 348 BFH v. 26.1.2005 VI R 71/03, DStR 2005, 549. Dazu D. Steck, DStR 2005, 117 ff. 349 BFH v. 26.1.2005 VI R 71/03, DStR 2005, 549. Ebenso wurde einer 54 Jahre alten Krankenschwester, die im 36. Semester Jura studierte und vorgeblich Rechtsanwältin werden wollte, sowohl der Werbungskosten- als auch der Sonderausgabenabzug ver-
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e) Offene Fragen Neben den weiter zu präzisierenden Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang bestehen – bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2003 auch de lege lata relevante – offene Fragen, namentlich mit Blick auf die Kosten eines akademischen Erststudiums, das nicht berufsbegleitend betrieben wird („reines Erststudium“), sowie auf den Besuch allgemeinbildender Schulen. aa) Erwerbsaufwendungen bei reinem Erststudium? Die Frage, ob ein reines Erststudium zu Erwerbsaufwendungen führt,350 stellt sich sowohl dann, wenn der Student keine weiteren Einkünfte hat und einen Verlustvortrag geltend machen will, als auch dann, wenn er als Werksstudent sein Studium mit Tätigkeiten verdient, die keinen hinreichenden Bezug zum Studium haben. Auf die Qualifikation als Erwerbsaufwendungen deuten in der Rechtsprechung des VI. Senats einige Anhaltspunkte hin:351 Zum einen hat er in seinem Grundsatzurteil vom 17. Dezember 2002 eine Ungleichbehandlung von akademischen und nichtakademischen Bildungsgängen abgelehnt. Da aber nunmehr in der Rechtsprechung feststeht, dass auch eine Erstausbildung zu Erwerbsaufwendungen führen kann,352 dürfte dasselbe auch für reine Erststudien gelten. Weiterhin spricht dafür auch das Urteil vom ________________________ sagt, FG RP v. 8.7.2005 1 K 1130/05, juris (in der Begründung freilich etwas zweifelhaft, da der Zusammenhang mit möglichen Einkünften aus dem Referendariat nicht erörtert wurde). 350 Dagegen einige der Finanzgerichte, die die neue Rechtsprechung auf den Weg gebracht haben, vgl. etwa FG Nds v. 6.8.1997 XIII 252/1993, EFG 1998, 640 (Studienkosten nur nach längerer Berufstätigkeit abziehbar; dem Grunde nach bestätigt durch BFH v. 27.3.2003 VI R 5/98, BFH/NV 2003, 1318); FG Nürnberg v. 4.3.1998 III 75/97, EFG 1998, 1511 (Erststudium grundsätzlich Sonderausgaben); FG BaWü v. 29.2.2000 4 K 344/98, EFG 2000, 783 (nur für Studium, das der Vertiefung der Kenntnisse in einem ausgeübten Beruf diene; anders für Studium, das einen Berufswechsel vorbereite, bei dem gar kein Beruf nebenbei ausgeübt werde oder dieser nur Finanzierungszwecken diene); ähnlich FG SH v. 8.3.2000 v. 221/98, EFG 2000, 780 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 60/00, BFH/NV 2003, 475) und FG Dü v. 27.8.2001 17 K 4198/98, EFG 2001, 1600 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 119/01, BFH/NV 2003, 477); FG Münster v. 21.8.2001 1 K 5736/98, EFG 2002, 79 (bestätigt durch BFH v. 17.12.2002 VI R 137/01, BStBl 2003 II, 407). Modifiz. FG Nds v. 28.2.2001 4 K 177/97, DStRE 2001, 1331 – Rev. VI R 106/01: Kosten jeder erwerbsbezogenen Fachbildung gehören zu den Werbungskosten; es seien dieselben Kriterien wie bei den Zweitstudien anzuwenden. 351 Tendenziell dagegen aber z. B. P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28. 352 BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119.
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29.4.2003.353 Denn dort wurde – allerdings nicht für den Abzug dem Grunde nach, sondern nur für die Bestimmung der Höhe der Erwerbsaufwendungen – ausgeführt: „Ebenso, wie bei zwei nebeneinander bestehenden Arbeitsverhältnissen die Werbungskosten für jedes unabhängig von dem anderen beurteilt werden, besteht keine Veranlassung, die Höhe der abziehbaren Aufwendungen für eine über einen längeren Zeitraum sich erstreckende geschlossene Bildungsmaßnahme davon abhängig zu machen, ob daneben in einem Dienstverhältnis Arbeitslohn erzielt wird.“354 Dementsprechend haben sich einige Finanzgerichte in neueren Entscheidungen dafür ausgesprochen, auch in Konstellationen eines „reinen Erststudiums“ Erwerbsaufwendungen anzunehmen.355 Allerdings sollte nicht verkannt werden, dass bei einem akademischen Erststudium, das nicht berufsbegleitend betrieben wird, regelmäßig ein längerer Zeitraum bis zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit verstreichen wird. Es könnte deswegen u. U. zu Problemen mit dem Erfordernis einer klar erkennbaren Beziehung zwischen den Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart kommen.356 Zudem fehlt derzeit eine dahingehende Entscheidung des ebenfalls zuständigen IV. Senats: Dieser hat bisher nur einer Abweichung für ein den ausgeübten Beruf sachlich begleitendes erstmaliges Hochschulstudium zugestimmt.357 Diese Einschränkung droht zu neuen Abgrenzungsproblemen zu führen.358 Sie kann iÜ. möglicherweise zu einer Anrufung des Großen Senates durch den anscheinend änderungsgeneigteren VI. Senat führen.359 In der Literatur ist das Bild gemischt. So finden sich zahlreiche Stimmen, die einer Berücksichtigung des reinen Erststudiums kritisch gegenüber stehen.360 Es sei zwischen konkretem und allgemeinem Erwerbsbezug zu unterscheiden, weil die Privat- von der Erwerbsphäre abzugrenzen sei und § 10 ________________________ 353 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749. 354 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99 BStBl 2003 II, 749, unter II.2.b)aa). 355 FG BaWü v. 28.2.2005 9 K 211/04, 2005, 860 – Rev. VI R 26/05; FG Hamburg v. 11.3.2005 II 418/03, juris; FG Münster v. 31.8.2005 10 K 4954/04 F, juris. 356 Vgl. Kap. 10 I 1 b) aa) (1) (S. 386). 357 Vgl. BFH v. 17.12.2002 VI R 137/01, BStBl 2003 II, 407 unter 5. Ferner hat der IV. Senat selbst für eine Umschulung zur Vermeidung drohender Arbeitslosigkeit Erwerbsaufwendungen angenommen, s. BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003, 698. 358 P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28. 359 Vgl. P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28. 360 P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28; V. Kreft, FR 2002, 657, 666. Neutral H. Söhn, StuW 2002, 98, 101 f., der jedenfalls das berufsbegleitende Erststudium erfasst sehen will.
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
Abs. 1 Nr. 7 EStG Sperrwirkung entfalte.361 Die Schwelle zum konkreten Erwerbsbezug werde aber durch ein reines Erststudium nicht überschritten. Dieser sei vielmehr erst anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ersten nach außen gerichteten Anstalten zur Vorbereitung irgendeiner Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG unternehme, die für Dritte erkennbar auf eine nachhaltige und von Einkünfteerzielungsabsicht getragenen Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr hindeuteten.362 Umgekehrt wird aber auch eine Erstreckung auf das reine Erststudium gefordert.363 So wird geltend gemacht, die Annahme des Abzugs als Erwerbsaufwendungen sei eine konsequente Weiterführung der neuen Rechtsprechung.364 Auch weise das Studium keine besondere Privatnützigkeit auf und sei daher der Erwerbssphäre zuzuweisen.365 bb) Erwerbsaufwendungen bei Besuch allgemeinbildender Schulen? Darüber hinaus fehlt es an neueren höchstrichterlichen Entscheidungen für den Besuch von allgemeinbildenden Schulen. Es ist allein ein untergerichtliches Urteil ersichtlich, bei dem ein Steuerpflichtiger nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Voraussetzung für den Besuch einer Fachhochschule an einer Fachoberschule die Hochschulreife erwarb.366 Das ________________________
361 U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986, 108 f.; V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 74 ff., ders., FR 2002, 657, 666. 362 V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 74 ff., ders., FR 2002, 657, 666. Walter Drenseck, der früher (StuW 1999, 3, 8 ff.) ebenfalls eine Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG annahm (dagegen ausf. H. Söhn, StuW 2002, 97, 98 ff.), dürfte mittlerweile seine Auffassung geändert haben, vgl. W. Drenseck in L. Schmidt (EStG), 23. Aufl. 2004, § 19 Rz. 60, Stichwort „Ausbildungskosten“. 363 M. Balke, FR 2003, 851, 852 f. (mit Hinweis auf die Rechtsprechung zu § 32 Abs. 4 S. 5 EStG; dazu Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.)); R. C. Beul, FR 1986, 340, 349; R. Flies, DStR 1997, 725, 728 f.; W. Greite, NWB 2004, 1763, 1766; U. Kleiner, StW 2003, 234; M. Krumm, JuS 2004 780, 782; MIT, DStR 2003, 1613; M. Müller, Aus- und Fortbildung, 2003, 117 ff.; B. Paus, INF 2003, 295, 297 (anders noch ders., INF 1985, 490, 492, der aber die Frage von vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen nicht diskutiert); ders., INF 2005, 185; D. Steck, NWB 2003, 2859, 2861 f.; M.-I. Thomas, INF 2003, 727, 728 sowie tendenziell auch A.-E. Jörißen, FR 2004, 268, 271 und F.-J. Marx, BB 2003, 2267, 2271. Gegen eine Unterscheidung zwischen einem berufsbegleitendem und einem reinen Erststudium auch schon R. Grieger, DStZ 1967, 113, 114: Benachteiligung des Studenten ohne Berufserfahrung ohne sachliche Rechtfertigung, der daraus freilich die Untauglichkeit von Veranlassungsgesichtspunkten herleitete. 364 W. Drenseck in L. Schmidt (EStG), 23. Aufl. 2004, § 19 Rz. 60, Stichwort „Ausbildungskosten“. 365 R. Flies, DStR 1997, 725, 728 f. Für eine Zweiteilung in (private) Allgemeinbildung und (erwerbsbezogene) Fachbildung auch M. Balke, NWB 1997, 1269, 1273. 366 FG Bremen v. 14.1.2004 2 K 254/03 – Rev. VI R 5/04.
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Finanzgericht qualifizierte die Kosten dafür nicht als Erwerbsaufwendungen. Denn andernfalls käme es zu Wertungswidersprüchen im Vergleich mit den Fällen, in denen die Sekundarstufe II direkt im Anschluss an die Sekundarstufe I besucht wird. Eine Begründung dafür, warum die zuletzt genannten Kosten keine Erwerbsaufwendungen sein können, gibt das Finanzgericht nicht. Freilich entspricht das Urteil im Ergebnis der ganz überwiegenden Ansicht in der wissenschaftlichen Literatur, die Erwerbsaufwendungen bei Vorliegen von Allgemeinbildung ablehnt.367
3. Nichtanwendungsgesetz zur neuen Rechtsprechung Wie bereits erwähnt ist im Juli 2004 ein teilweises Nichtanwendungsgesetz zur neuen Rechtsprechung ergangen. Dazu sind derzeit noch keine Stellungnahmen der Rechtsprechung ersichtlich. Vielmehr finden sich derzeit neben Normtext und den – knappen – Erwägungen des historischen Gesetzgebers nur die Äußerungen der Verwaltung und der zumeist kritischen wissenschaftliche Literatur.368 Diese derzeit noch geringe verbindliche Konkretisierung rechtfertigt es, in der Bestandsaufnahme nur kurz auf die Gesetzesbegründung einzugehen. Ein umfangreicherer Vorschlag zur Eingliederung in das System der Besteuerung von Investitionen in Humankapital wird in Kapitel 10 unterbreitet.369 a) Abzugsverbot für erste Berufsausbildung und Erststudium Rückwirkend zum 01. Januar 2004370 wurde § 12 EStG um eine Nr. 5 erweitert. Danach dürfen – unter dem Vorbehalt, dass keine Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen vorliegen – Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung des Steuerpflichtigen und für sein Erststudium ________________________ 367 Statt vieler M. Balke, NWB 1997, 1269, 1272; W. Drenseck in L. Schmidt (EStG), 23. Aufl. 2004, § 19 Rz. 60, Stichwort „Ausbildungskosten“; R. Flies, DStR 1997, 725, 728; D. Fischer, BB Beil. Nr. 2 (zu Heft 6), 1, 2; J. Heidrich, FR 1958, 532, 534; V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 75. A. A. allerdings für Kosten für den Erwerb von Schulabschlüssen durch Berufstätige Isensee/ Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, 1992, 70, die in der Regel Erwerbsaufwendungen annehmen; ebenso M. Müller, Aus- und Fortbildung, 133 ff.; noch weitergehend T. Breuer, FR 1959, 79, 80, der zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten sämtliche Kosten freiwilliger Allgemeinbildung erfasst sehen will; sowie neuerdings B. Paus, INF 2005, 185. 368 Pointiert W. Drenseck, DStR 2004, 1766: Der Verdacht, die Beteuerungen der Politiker über den hohen Wert der Bildung würden meist sonntags ausgesprochen, scheine sich zu bestätigen. 369 Kap. 10 I 2 (S. 401 ff.). 370 Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes der Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze v. 21.7.2004, BGBl 2004 I, 1753.
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nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, wenn diese nicht ausnahmsweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Diese im zuständigen Finanzausschuss intensiv371 diskutierte Änderung soll dem Charakter von Ausbildungsaufwendungen als Kosten der Lebensführung gerecht werden. Im Einzelnen führt die Begründung aus: Auch in einer „modernen entwickelten Gesellschaft“ gehöre die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Kosten der Lebensführung. Sie stelle Vorsorge für die persönliche Existenz dar. Das Erlernen der Grundlagen eines Berufes diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben. Aufwendungen für die erste Berufsausbildung gehörten daher wie Aufwendungen für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung.372 Das gelte auch für ein Erststudium, unabhängig davon, wann es erfolge und ob zuvor eine nichtakademische Berufsausbildung absolviert sei. Denn ein Erststudium eröffne regelmäßig eine neue berufliche, wirtschaftliche und soziale Stellung. Die typisierende Zuordnung dieser Ausbildungsaufwendungen zu den Kosten der Lebensführung sei auch vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden.373 Voraussetzung für die Abgrenzung der erstmaligen Berufsausbildung von nachfolgenden Berufsausbildungsmaßnahmen ist nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Abschluss der ersten Berufsausbildung bzw. der Studienabschluss. Das soll nach Auffassung der Entwurfsbegründung praktikabel und einfach zu handhaben sein.374 Ausgenommen sind die Kosten, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses entstehen. Die Gesetzesbegründung nimmt ausdrücklich Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, die diese Kosten wegen ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit der Einkünfteerzielung als Werbungskosten qualifiziert. Daher kann für diese Begriffsbestimmung ohne weiteres auf die von der Rechtsprechung entwickelte Definition verwiesen werden.375
________________________ 371 BT-Drucks. 15/3339, 7 f. Freilich ändert dies nichts an den knappen öffentlich zugänglichen Erwägungen des Gesetzgebers. 372 BT-Drucks. 15/3339, 10. 373 BT-Drucks. 15/3339, 10 unter Bezugnahme auf BVerfG v. 8.7.1993, 2 BvR 773/93, NJW 1994, 847 (Kammerbeschluss der 3. Kammer des 2. Senats). 374 BT-Drucks. 15/3339, 11. 375 Vgl. dazu Kap. 4 III 1 a) cc) (S. 146 f.).
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
b) Erhöhter Höchstbetrag für Sonderausgabenabzug Die Aufwendungen für die Erstausbildung und das Erststudium können, wenn sie nicht als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen sind, auf Grundlage der „Auffangvorschrift“ von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG376 als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Höchstbetrag wurde ebenfalls rückwirkend zum 01. Januar 2004 auf 4.000 Euro erhöht. Damit sollte den Anforderungen des modernen Berufslebens Rechnung getragen werden. Auch Ausbildungs- und Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen, etwa in Form von Ausbildungs- und Studiengebühren und Lernmitteln, würden angemessen berücksichtigt. Dadurch würde das bildungspolitische Anliegen der Förderung des berufsbezogenen Lernens erreicht.377 c) Streichung der Weiterbildung Die gleichfalls zum 01. Januar 2004 erfolgte Streichung der Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG wird hingegen in der Gesetzesbegründung nicht weiter erwähnt. Eine Begründung für die Änderung findet sich nicht.378 Aus der Streichung wird überwiegend gefolgert, dass derartige Aufwendungen nicht abzugsfähig sein sollen.379
IV. Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung Neben der Abgrenzung von Fort- und Ausbildungskosten hat sich die Rechtsprechung im Bereich der Humankapitalinvestitionen380 auch immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob die durch die Erwerbstätigkeit veranlassten Aufwendungen zugleich auch die Sphäre der privaten Lebensführung derart berühren, dass das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG eingreift.381 Denn wegen der besonders engen Verknüpfung von Humankapital mit der Privatsphäre droht die Gefahr, dass „der Steuerpflichtige das ________________________ 376 So mit Recht W. Drenseck, DStR 2004. 1766, 1770. Keinesfalls kann man in § 10 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG eine Sperrwirkung hineinlesen, wonach nach § 12 Nr. 5 EStG vom Abzug als Erwerbsaufwendungen ausgeschlossene Aufwendungen auch nicht als Sonderausgaben abgezogen werden dürften. 377 BT-Drucks. 15/3339, 10. 378 Zur hier diesbezüglich vertretenen Position Kap. 10 I 2 e) (S. 408 ff.). 379 OFD Hannover, Verfügung vom 19.8.2004 – S 2354 – 399 – StH 214/S 2354-173 – StO 213, DStR 2004, 1790, 1791. 380 Die freilich den Terminus nicht verwendet. Vgl. die Nachweise zum Gebrauch des Begriffs „Humankapital“ in der deutschen Rechtsprechung und der deutschen steuerjuristischen Literatur Kap. 1, dort Fn. 1 (S. 15). 381 Dazu schon Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.).
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
(privat) Angenehme mit dem (beruflich) Nützlichen verbindet“382 und Aufwendungen für seine Lebensführung durch diese mehr oder weniger zufällige oder auch bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen in den einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern kann.383 Die Reaktion der Rechtsprechung lässt sich besonders gut anhand der Fortbildungsreisen als zugleich auch zahlenmäßig bedeutsamster Fallgruppe herausarbeiten (1), wobei innerhalb dieser Gruppe wiederum Sprachreisen eine herausragende Stellung einnehmen. Danach wird die steuerliche Behandlung des Erwerbs weiterer Fertigkeiten, wie Fahrunterricht, aber auch persönlichkeitsbildende Kurse dargestellt (2). Darauf wird erläutert, in welchem Umfang „akzessorische“, also durch die Fortbildungsmaßnahme hervorgerufene Aufwendungen berücksichtigt werden können (3) und inwieweit § 3c EStG einem Abzug entgegensteht (4).
1. Sprachkurse und Sprachreisen exemplarisch für Fortbildungsreisen Die besonders enge Verbindung von Sprachreisen mit dem Bereich der persönlichen Lebensführung ergibt sich erstens daraus, dass die erworbenen Sprachkenntnisse u. U. auch privat genutzt werden können. Zweitens kann der Erwerbsvorgang als vergnügliche Freizeitaktivität einzustufen sein, so dass die Kosten von Unterricht, Reise und Unterkunft nicht der Einkunftserzielungssphäre zugewiesen werden dürfen. Dementsprechend ist die Rechtsprechung384 in umfangreicher Kasuistik385 grundsätzlich restriktiv, wenngleich dies in jüngerer Zeit etwas abnimmt.386 ________________________ 382 So die Formulierung in FG Nds v. 7.5.1973, EFG 1973, 579 – rkr. 383 Vgl. nur BFH v. 12.4.1979 IV R 106/77, BStBl 1979 II, 513 m. w. N. 384 BFH v. 31.7.1980 VI R 153/79, BStBl 1980 II, 746 (Diplomchemiker und Dolmetscherin fahren regelmäßig in Sprachurlaub in jeweils verschiedenen Ländern; Grundsatzurteil); BFH v. 12.11.1982 VI R 194/79, juris (Intensivkurs in England eines Diplom-Chemikers); BFH v. 19.6.1991 IX R 134/86, BStBl 1991 II, 904 (Spanischkurs eins Arbeitnehmers in Auslandssteuerabteilung); BFH v. 24.4.1992 VI R 141/89, BStBl 1992 II, 666 (Spanischkurs, um in nach kurzer Einarbeitung in Deutschland in Spanien und langfristig in Controlling-Abteilung eines internationalen Konzerns tätig zu werden); BFH v. 31.7.1992 VI R 112/88, BFH/NV 1993, 224 (Diplom-Chemiker macht Französisch-Kurs, um sich später für eine Tätigkeit in Belgien zu bewerben); BFH v. 22.7.1993 VI R 103/92, BStBl 1993 II, 787 (Reiseverkehrskauffrau, die als Reiseleiterin tätig werden will, macht Italienisch-Sprachkurs in Rom); BFH v. 8.10.1993 VI R 10/90, BStBl 1994 II, 114 (Englischlehrerin nimmt englische Sprachlehrerin zu Fortbildungszwecken in ihren Haushalt auf); BFH v. 26.11.1993 VI R 67/91, BStBl 1994 II, 248 (Sachgebietsleiterin im Finanzamt macht Spanischgrundkurs, um sich bei einer Bundesbehörde bewerben zu kön-
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
Trotz einer beruflichen Veranlassung verhindert das Aufteilungs- und Abzugsverbot eine steuerliche Berücksichtigung, wenn ein nicht nur untergeordneter Zusammenhang zur Privatsphäre besteht. Zur Bestimmung des Gewichts der Privatnützigkeit fordert die Rechtsprechung eine Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte des Einzelfalles, die für eine private Veranlassung bzw. für eine berufliche Veranlassung sprechen.387 Der Bundesfinanzhof greift dementsprechend in ständiger Rechtsprechung auf eine Reihe von Merkmalen zurück, die als gewichtige Indizien dienen könnten.388 Dabei erscheint es zum besseren Verständnis hilfreich, zwischen Erwerbsvorgang und erworbenen Kenntnissen als den zwei Arten potentieller privater Veranlassung zu unterscheiden, auch wenn sich diese Differenzierung beim Bundesfinanzhof nicht immer ausdrücklich findet. Dies gilt namentlich dann, wenn die Kosten zwischen den unmittelbaren Kursgebühren und den weiteren Kosten teilbar sind. a) Kursgebühren: Sprachkenntnisse als privatnütziges Wissen? Ist das erworbene Wissen in erheblichem Umfang privatnützig einsetzbar, dürfen die Kursgebühren und a fortiori auch die weiteren Kosten für Reise und Unterkunft nicht von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Dann kommt allenfalls ein Abzug der unmittelbaren Kosten für die abgrenzbaren Teile in Betracht, die nicht privatnütziges Wis________________________
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nen; teilweise aufgegeben in BFH v. 10.04 2002 VI R 46/01); BFH v. 15.7.1994 VI R 69/93, BFH/NV 1995, 26 (Auslandssprachkurs eines Englischlehrers); BFH v. 8.11.1996 VI R 90/94, BFH/NV 1997, 470 (Fortbildungsaufenthalt eines Spanischlehrers in Granada); BFH v. 31.1.1997 VI R 83/96, BFH/NV 1997, 647 (Studienkurs in England eines Englischlehrers); BFH v. 10.4.2002 VI R 46/01, BStBl 2002 II, 579 (Französischkurs eines Maschinenbautechniker in einer französischen Firma); BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347 (Französischkurs eines Verkaufsaußendienstmitarbeiters mit Geschäftsfeld im französisch- und englischsprachigen Ausland); BFH v. 3.7.2002 VI R 9/99, juris (Sprachstudienreise nach Frankreich einer Lehrerin, die Aufbaustudium Französisch betreibt). Zu Recht kritisch FG Nds v. 17.5.2000 13 K 252/96, juris. BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BStBl 2003 II, 765; BFH v. 3.7.2002 VI R 9/99, juris; Hess. FG v. 17.5.1993 2 K 163/93, EFG 1993, 714; FG Hamburg v. 19.11.1993 III 296/92, EFG 1994, 515; FG Münster v. 23.10.1997 8 K 1625/94, EFG 1998, 809 – rkr.; Hess. FG v. 4.11.1997 2838/97, juris; FG Thü v. 12.11.1998 II 291/98, EFG 2002, 1217 – Rev. VI R 17/02 (zumindest für eine Übergangszeit nach dem Beitritt nicht ganz so streng wie in den alten Bundesländern); FG Nds v. 17.5.2000 13 K 252/96, EFG 2001, 487 (best. durch BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BStBl 2003 II, 765); FG Bbg v. 20.6.2001 6 K 2164/00, EFG 2001, 1188 – rkr.; FG MV v. 20.12.2001 1 K 776/00, juris. BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BStBl 2003 II, 765. Seit BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746; zuletzt etwa BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BStBl 2003 II, 765.
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sen vermitteln. Für die übrigen Kosten greift das Aufteilungs- und Abzugsverbot.389 Daher ist im ersten Schritt festzustellen, ob die erworbenen Sprachkenntnisse im privaten Bereich keine oder jedenfalls nur eine stark untergeordnete Rolle spielen. Das wird insbesondere dann angenommen, wenn ein Kurs das Erlernen von berufsspezifischem Vokabular zum Gegenstand hatte. Hingegen ist eine verstärkte Behandlung von allgemeinbildenden Themen Indiz für eine nicht untergeordnete private Veranlassung.390 Ist das nicht der Fall, so ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob (ausnahmsweise) dennoch die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt. Dabei ist zu bedenken, dass das Erlernen einer gängigen Fremdsprache in ihren Grundzügen eine persönliche Bereicherung darstellt und daher die allgemeine Lebensführung betrifft.391 Wegen der ansonsten bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten kann bei fehlender Unmittelbarkeit eine weitaus überwiegende berufliche Veranlassung typisierend nur und erst dann angenommen werden, wenn zwischen der jeweiligen Fremdsprache und der beruflichen Tätigkeit ein konkreter sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.392 aa) Unmittelbarkeit begründet typischerweise Erwerbsaufwendungen Auf den konkreten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang soll es nach der Rechtsprechung allerdings für den Fall unmittelbar beruflich veranlasster Reisen, die der Erledigung einer speziellen beruflichen Aufgabe dienen,393 regelmäßig nicht ankommen. Denn sie seien regelmäßig nahezu ausschließlich beruflich veranlasst.394 Etwas anderes gilt trotz Unmittelbarkeit, wenn die Verfolgung privater Interessen den Schwerpunkt ausmacht.395 ________________________ 389 So konkludent etwa BFH v. 8.11.1996 VI R 90/94, BFH/NV 1997, 470. 390 BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746. 391 BFH v. 22.7.1993 VI R 103/92, BStBl 1993 II, 787. Vgl. auch FG Hamburg v. 16.6.1992 VI 369/90, EFG 1992, 727: Der englischen Sprache komme auch aufgrund der Durchdringung der deutschen Sprache mit englischen Redewendungen eine besondere Rolle zu. 392 BFH v. 26.11.1993 VI R 67/91, BStBl 1994 II, 248. 393 BFH v. 21.10.1996 VI R 39/96, BFH/NV 1997, 469. Dafür soll aber ein Vortrag und anschließende Übersetzungstätigkeit auf wissenschaftlichen Kongressen nicht ausreichen, vgl. BFH v. 23.1.1997 IV R 39/96, BStBl 1997 II, 357; BFH v. 12.4.1979 IV R 106/77, einen Wissenschaftler betreffend, sei ein Sonderfall; ein unmittelbarer Vorteil sei aber anzunehmen für den Fall, dass das Vortragshonorar die Kosten übersteigt. Ausführlich zur Unmittelbarkeit auch FG Bbg v. 17.10.2001 2 K 762/00, EFG 2002, 157. 394 BFH v. 14.7.1988 IV R 57/87, BStBl 1989 II, 19. S. auch BFH v. 27.8.2002 VI R 22/01, BFH/NV 2003, 239 m. w. N. 395 BFH v. 25.3.1993 VI R 14/90, BStBl 1993 II, 519; BFH v. 18.7.1997 VI R 10/97, BFH/NV 1998, 157.
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
bb) Sachlicher Zusammenhang Ein sachlicher Zusammenhang ist nach neuerer Rechtsprechung anzunehmen, wenn die Fortbildung conditio sine qua non für die (rechtmäßige) Ausübung eines Berufes ist396 oder der Kurs zumindest auf die besonderen betrieblichen oder beruflichen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen zugeschnitten ist oder es sich um einen zwingend erforderlichen Einführungskurs handelt.397 Dabei komme dem angebotenen Programm besondere Bedeutung zu. Das bedeute aber nicht, dass eine fachspezifische Sprachfortbildung erforderlich wäre. Vielmehr genüge auch die Vermittlung allgemeiner Kenntnisse, wenn der Steuerpflichtige sie zur Ausübung seines Berufes benötige.398 Der Erwerb der Grundkenntnisse reiche jedenfalls dann aus, wenn die Erwerbstätigkeit Fremdsprachenkenntnisse erfordere und die Grundkenntnisse dafür ausreichten oder aber notwendige Basis seien.399 Ein fachlich homogener Teilnehmerkreis deute ebenso auf eine berufliche Veranlassung hin400 wie eine Dienstbefreiung und Beteiligung des Arbeitgebers an den Kosten,401 eine Gehaltserhöhung nach bestandener Sprachprüfung402 oder besonders hohe Kosten des Kurses.403 Hingegen könne das Erlernen einer größeren Zahl von Fremdsprachen auf ein „ernsthaft betriebenes Fremdsprachenhobby“ hinweisen.404
________________________ 396 Z. B. BFH v. 27.10.1989 VI R 189/87, juris; BFH v. 9.8.1996 VI R 38/96, BFH/NV 1997, 108, 109; vgl. auch BFH v. 22.1.1993 VI R 61/91, BFH/NV 1993, 416 (Fortbildung für einen Teil der eigentlichen beruflichen Tätigkeit?); v. 3.7.2002 VI R 93/00, BFH/NV 2002, 1444 und v. 26.11.2002 VI R 62/02, BFH/NV 2003, 468 (jeweils zur Teilnahme an in Studienordnung vorgeschriebener Auslandsexkursion). Ähnlich FG SH, 14.2.1985 II 90/82, EFG 1986, 444 – rkr. A. A. FG München v. 7.5.2002 12 K 5320/99, juris unter 2.3 der Entscheidungsgründe. 397 Kritisch Hess. FG v. 4.11.1997 2 K 2838/97, juris: nur graduelle Unterschiede. 398 BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BStBl. 2003 II, 765. 399 BFH v. 10.4.2002 VI R 46/01, BStBl 2002 II, 579 m. zust. Anm. von H. Pust, HFR 2002, 689 f. Gegen die Nichtberücksichtigung von Kursen zum Erwerb von Grundkenntnissen schon T. Offerhaus, FR 1994, 316, 318. 400 BFH v. 27.11.1978 GrS 8/77, BStBl 1979 II, 213; BFH v. 27.3.1991 VI R 51/88, BStBl 1991 II, 575. 401 Umgekehrt kann eine Versagung von Dienstbefreiung und Zuschussgewährung ein starkes Indiz darstellen gegen einen konkreten sachlichen Zusammenhang, wenn der Arbeitgeber diese ansonsten in den Fällen, in denen Fremdsprachenkenntnisse unerlässlich sind, gewährt, vgl. BFH v. 12.11.1982 VI R 194/79, juris. 402 FG Saarland v. 2.7.1991 1 K 272/90, EFG 1991, 725. 403 FG Berlin v. 4.5.1979 II 454/77, EFG 1979, 540: Mediziner nimmt Einzelunterricht und wendet für 3-Wochen-Kurs 1975 3.000 DM auf. 404 So ausdrücklich FG RP v. 23.6.1977 III 26/74, EFG 1977, 525; dem folgend BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746.
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Diese Rechtsprechung ist freilich in der wissenschaftlichen Literatur zum Teil auf Ablehnung gestoßen.405 Es wird gelten gemacht, diese Rechtsprechung vernachlässige die Frage nach dem gemischten Aufwand und dem sich in Ermangelung eines objektiven und leicht überprüfbaren Aufteilungsmaßstabs daraus ergebenden Aufteilungs- und Abzugsverbot. Denn Kenntnisse einer Fremdsprache seien privat nutzbar, auf eine tatsächliche Nutzung komme es aber nicht an. cc) Zeitlicher Zusammenhang Der zeitlichen Zusammenhang kann auch gegeben sein, wenn die Erwerbstätigkeit kurze Zeit nach Beendigung des Sprachkurses aufgenommen wird,406 eine die ferne Zukunft betreffende Berufsplanung reicht aber in aller Regel nicht aus.407 Hierbei ist davon auszugehen, dass eine Bewerbung für eine derartige Tätigkeit ein Indiz für die überwiegend berufliche Veranlassung sein kann, wenn der Sprachkurs vor Aufnahme der Tätigkeit besucht wird, die Kenntnisse der jeweiligen Fremdsprache erfordert; zwingend erforderlich ist sie aber nicht.408 dd) Parallele Maßstäbe für Deutschkurse von Ausländern Dieselben Grundsätze gelten auch für in Deutschland lebende Ausländer, die mit Blick auf eine gegenwärtige oder spätere Erwerbstätigkeit Sprachkurse besuchen. Die Vermittlung von Grundkenntnissen berührt hier stets die private Lebensführung, so dass insoweit das Aufteilungs- und Abzugsverbot eingreift.409 Daran ändert auch die neue Rechtsprechung zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten nichts.410 ________________________ 405 G. Rößler, StBp 2004, 176, 177 f. Zustimmend allerdings etwa H. Pust, HFR 2002, 879 f. 406 BFH v. 24.8.1962 VI 218/60, BStBl 1962 III, 467. 407 BFH v. 24.4.1992 VI R 141/89, BStBl 1992 II, 666; sehr streng FG BaWü v. 11.7.1996 6 K 87/95, EFG 1996, 1212. 408 BFH v. 10.4.2002 VI R 46/01, BStBl 2002 II, 579; anders noch BFH v. 26.11.1993 VI R 67/91, BStBl 1994 II, 248. 409 FG Köln v. 21.9.1998 15 K 2138/98, juris; Hess. FG v. 25.11.2001 2138/98, juris; R. Mosbach, EFG 2004, 489, 490. A. A. FG Bremen v. 28.9.1979 I 111/78, EFG 1980, 67 – rkr. mit dem interessanten Versuch eines argumentum ad absurdum, dass andernfalls eine von einem Arbeitgeber übernommener Sprachkurs zu steuerpflichtigen Einnahmen führen würde; FG Nds v. 24.4.1991 XIII 475/89, EFG 1991, 724 – rkr. (Ausländer, dem wegen mangelnder Deutschkenntnisse gekündigt wurde, erhält bedingte Wiedereinstellungszusage, wenn Deutsch lernt); FG Bremen v. 21.6.1994 1 94 947 K 3, EFG 1995, 19 – rkr.; FG RP v. 11.12.2003 6 K 2124/04, EFG 2004, 490 – Rev. VI R 14/04. 410 R. Mosbach, EFG 2004, 489, 490. A. A. FG RP v. 11.12.2003 6 K 2124/04, EFG 2004, 490, 491 f. – Rev. VI R 14/04.
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b) Weitere Kosten: Absetzungsschädlicher Rahmen? Die Absetzbarkeit der weiteren Kosten411 hängt davon ab, dass die Kursgebühren abzugsfähig sind und der Erwerbsvorgang selbst nicht signifikant privat motiviert ist; bei signifikanter privater Motivation kommt nur, sofern anhand eines objektiven Maßstabs leicht trennbar, eine Berücksichtigung der Kosten für den Sprachkurs in Betracht.412 Zur Ermittlung der Bedeutung der privaten Motivation müssen regelmäßig413 die für eine private und eine berufliche Veranlassung sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden.414 Dazu muss feststehen, dass der Steuerpflichtige auch tatsächlich an den die berufliche Veranlassung begründenden Veranstaltungen teilnahm.415 Ein geringer zeitlicher Anteil schließt auch die nur anteilige beruf________________________ 411 Den umgekehrten Fall entschied nach denselben Kriterien BFH v. 8.10.1993 VI R 10/90, BStBl 1994 II, 114: Dort hatte eine Englischlehrerin eine englische Sprachlehrerin zu Fortbildungszwecken vorübergehend in ihren Haushalt aufgenommen. Hier wurde eine mögliche Privatnützigkeit bejaht, weil auch die schulpflichtigen Kinder davon profitiert haben dürften. Vgl. auch Hess. FG v. 17.5.1993 2 K 163/93, EFG 1993, 714. 412 BFH v. 15.7.1994 VI R 69/93, BFH/NV 1995, 26. 413 Die in Kap. 4 IV 1 a) aa) (S. 178) diskutierten Unmittelbarkeitsfälle dürften für Sprachkurse kaum eine Rolle spielen. 414 BFH v. 31.1.1997 VI R 83/96, BFH/NV 1997, 647. Die Merkmale hält U. Albert, FR 2000, 316, 320 mit Blick auf die Vestergaard-Entscheidung des EuGH – m. E. unzutreffend – für überholt. Vgl. auch A. Richter, DStR 1982, 469, 470 ff. zu Fortbildungsreisen. 415 BFH v. 15.7.1976 IV R 90/73, BStBl 1977 II, 54; v. 4.8.1977 IV R 30/76, BStBl 1977 II, 829: Werden diesbezüglich keine ausreichenden Nachweise erbracht, können auch äußere Umstände, wie Tagungsort und die Jahreszeit der Tagung zur Beurteilung herangezogen werden. In der erforderlichen Kontrolle der Teilnahme liegt keine Diskriminierung; die Berufung auf eine „Standesehre“ reicht nicht aus. BFH v. 13.2.1980 I R 178/78, BStBl 1980 II, 386 lässt die Vorlage von Veranstaltungsmitschrieben ausreichen (K. Offerhaus, StBp 1981, 214, 215 folgert daraus, dass jedes Beweismittel zulässig sei). Nach FG RP v. 8.10.1980 1K 167/80, EFG 1981, 333 soll es ausreichen, wenn der Steuerpflichtige sich den Besuch der Veranstaltungen zu Beginn und Ende der Veranstaltungen durch Stempelaufdruck auf seinem Teilnehmerausweis mit Photo bestätigen ließ, nach FG RP v. 27.9.1982 5 K 58 60/82, EFG 1983, 342 und FG Saarland v. 14.7.1992 1 K 226/91, EFG 1992, 726 nicht aber die Bestätigung durch Tages- bzw. Halbtagesstempel. Zumindest für die Zeit vor Ergehen dieser Urteile lässt der BFH v. 3.8.1984 VI R 147/81, juris als letztes Beweismittel auch die Vernehmung des Steuerpflichtigen zu. FG Köln v. 26.11.1985 v. K 314/85, EFG 1986,109 – rkr. spricht sich gegen zu strikte Anforderungen an die Beweisführung aus und glaubt den Angaben der Steuerpflichtigen. FG Nds v. 21.9.1990 XIII 98/98, EFG 1991, 525 lässt zum Nachweis einzelner Veranstaltungen auch Quittungen über die Teilnahmegebühren zu. Zu großzügig FG Thü v. 12.11.1998 II 291/98, EFG 2002, 1217, 1219, wonach eine Anwesenheitskontrolle
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liche Veranlassung für die nicht unmittelbar der Fortbildung gewidmeten Teile der Reise wie An- und Abreise regelmäßig aus.416 Im Übrigen hat die Rechtsprechung eine Liste von Indizien417 aufgestellt, die für bzw. gegen eine berufliche Veranlassung sprechen. aa) Indizien dafür sind die Jahreszeit des Kurses – typische Urlaubszeit im Zielort ist schädlich, November in England indiziert hingegen eine überwiegende berufliche Veranlassung418 –, die besuchte Gegend419 und der Umfang der unterrichtsfreien Zeit.420 Das Gleiche gilt für Reisen in landschaftlich schöne Gegenden421 oder Ziele des allgemeinen Tourismus,422 bei denen der Erfahrungssatz besteht, dass ein längerer Aufenthalt zumindest nicht unwesentlich auch privat mitveranlasst ist.423 Für eine private Veranlassung spricht die Möglichkeit, in der unterrichtsfreien Zeit selbst oder unter Anleitung des Veranstalters Einrichtungen und Besonderheiten des Landes kennenzulernen.424 Demgegenüber ist gleichgültig, ob der Steuerpflichtige einen Einfluss auf die Verbindung der beruflichen und privaten Interessen hatte, etwa über die Auswahl des (landschaftlich schönen) Ortes.425 bb) Auch ist die Frage zu berücksichtigen, ob ein Sprachkurs im Inland bzw. – entsprechend der auf Art. 49 EG gestützten Entscheidung Vestergaard des
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während der Unterrichtszeiten, zumindest wenn die Teilnahme Dienstpflicht von Beamten ist, nicht erforderlich sein soll. Kritisch zu unzutreffenden Anwesenheitsbestätigungen z. B. G. Rößler, StBp 1987, 285 f. BFH v. 8.8.1968 IV R 62/68, BStBl 1968 II, 680 (6 Tage einer 17,5-tägigen Reise); BFH v. 5.12.1968 IV R 46/67, BStBl 1969 II, 235 (5 Tage von vier Wochen); strenger: BFH v. 28.10.1976 IV R 35/76, BStBl 1977 II, 238 (9 Tage mit fachlichen Veranstaltungen reichen bei 17tägiger Reise nicht aus). Auf die nur beschränkte Bedeutung von Indizien weist allerdings W. Spindler, StJB 2002/2003, 61 ff. unter Berufung auf BVerfG v. 7.11.1995 2 BvR 802/90, BStBl. 1996 II, 34 (Oderkonto) hin. FG Münster v. 23.10.1997 8 K 1625/94, EFG 1998, 809. Eine rundum begehbare mittelalterliche Stadtmauer von 3km Länge reicht noch nicht für touristische Attraktivität, FG Münster v. 23.10.1997 8 K 1625/94, EFG 1998, 809. Rom soll hingegen für jeden historisch und künstlerisch Interessierten Pflicht sein, FG Nürnberg v. 15.12.1987 II 168/86, EFG 1988, 358. BFH v. 15.7.1994 VI R 69/93, BFH/NV 1995, 26. BFH v. 16.11.1961 IV 105/60, BStBl 1962 III, 181. BFH v. 28.10.1976 IV R 63/75, BStBl 1977 II, 203. BFH v. 2.3.1995 IV R 59/94, BFH/NV 1995, 959. BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746. BFH v. 28.101976 IV R 63/75, BStBl 1977 II, 203. Ebenso für die Verpflichtung, einen Skikurs belegt zu haben, um die Zusatzbezeichnung Sportmedizin führen zu dürfen BFH v. 19.10.1989, VI R 155/88, BStBl 1990 II, 134.
Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
EuGH426 – im EU-Ausland427 denselben Erfolg hätte.428 Dabei kann das Verhältnis der reinen Lehrgangskosten zu den Gesamtkosten inklusive Unterkunft und Anreise Bedeutung erlangen. Es ist aber auch zu bedenken, dass eine Sprache in dem Land, in dem sie gesprochen wird, insbesondere von Fortgeschrittenen allgemein effizienter zu erlernen sein wird.429 cc) Die Gestaltung des Urlaubs desselben Jahres430 und früherer Jahre431 kann wesentlich sein – etwa wenn der Steuerpflichtige den Ort schon kennt432 – ebenso wie die Entscheidung, nach Ende des Kurses am besuchten Ort oder der Umgebung weitere Urlaubstage zu verbringen. dd) Für eine überwiegend berufliche Veranlassung auch der weiteren Kosten können ferner die Gesichtspunkte sprechen, die auf einen konkreten sachlichen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Fremdsprache und der beruflichen Tätigkeit hindeuten.433 ee) Ein Indiz für die private Veranlassung liegt in einem unangemessen niedrigen Verhältnis der Kursgebühren zu den Gesamtkosten der Reise.434 Dasselbe gilt weitergehend für die Unüblichkeit und die Unzweckmäßigkeit bei Aufwendungen, die auch privater Natur sein können.435 Es darf hingegen nicht darauf abgestellt werden, ob durch die private Mitveranlassung aus________________________ 426 EuGH v. 28.10.1999 Rs. C-55/98, EUGHE I 1999, 7641. 427 So ausdrücklich BFH v. 13.6.2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347. Anders noch etwa BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746. BMF v. 26.3.2003 IV A 5 - S 2227 - 1/03, BStBl. 2003 I, 447 erstreckt die Gleichstellung auch auf Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. 428 BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746. Ähnlich für Fortbildungsreisen BFH v. 28.10.1976 IV R 63/75, BStBl 1977 II, 203, wenn nicht ausnahmsweise der Veranstaltungsort durch das internationale Gepräge der Fachtagung vorgegeben ist. 429 BFH v. 22.7.1993 VI R 103/92, BStBl 1993 II, 787. 430 FG Dü v. 20.6.1974 I 138/73, EFG 1974, 516: schon zwei andere Erholungsurlaube im Streitjahr sprächen gegen eine private Veranlassung; BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746: Keine Möglichkeit für einen anderen zweiwöchigen Erholungsurlaub spreche für eine private Veranlassung. 431 BFH v. 31.7.1980 IV R 153/79, BStBl 1980 II, 746. 432 Vgl. FG Hamburg v. 19.11.1993 III 296/92, EFG 1994, 515: Der Steuerpflichtige kenne London schon von früheren Urlaubsreisen. Freilich lässt eine solche Argumentation keinen Raum für die Institution des Trevi-Brunnens. 433 Vgl. oben Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.). 434 Vgl. etwa FG Nürnberg v. 15.12.1987 II 168/86, EFG 1988, 358 (Verhältnis von 800 DM zu 4158 DM übrigen Kosten unangemessen); FG Hamburg v. 19.11.1993 III 296/92, EFG 1994, 515. Vgl. aber auch. K. Offerhaus, StBp 1977, 93, wonach generell die Höhe der Kosten allein kein Kriterium für die Abgrenzung der Erwerbsaufwendungen von den Lebenshaltungskosten biete. 435 BFH v. 28.10.1976 IV R 35/76, BStBl 1977 II, 238.
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sonderbare Mehrkosten436 entstanden sind, denn damit wird die falsche Frage gestellt: Im Grundsatz sind gemischte Aufwendungen nicht absetzbar. Nur wenn die Reise weit überwiegend beruflichen Interessen dient, können die Kosten abgesetzt werden.437 ff) Ein inhomogener Teilnehmerkreis ist schädlich,438 ein homogener Teilnehmerkreis hingegen für sich allein gesehen noch nicht ausreichend.439 gg) Auch die Mitnahme des fachfremden Ehepartners bzw. Lebensgefährten kann gegen eine berufliche Veranlassung sprechen.440 hh) Einer teilweisen Zuschussgewährung441 durch den Arbeitgeber kann ebenso wenig wie einer Gewährung von Sonderurlaub442 eine vollständige berufliche Veranlassung der Reise entnommen werden.443 ii) Die Veranstaltung durch einen Berufsverband begründet für sich genommen die Vermutung für die Unbeachtlichkeit der privaten Mitveranlassung selbst dann nicht, wenn die Lehrgänge Voraussetzung für die Erlangung einer Zusatzbezeichnung (etwa: Sportmedizin) waren.444 Auch genügt es nicht, wenn der Steuerpflichtige berufliche Interessen im bereisten Gebiet hat, denn das ist auch bei Reisen zur Erweiterung des Allgemeinwissens und des persönlichen Erfahrungsschatzes naheliegend.445 c) Fortbildungsreisen und Fahrten zu Messen Weiteren Reisefällen446 und Fahrten zu Messen, Ausstellungen u. ä.447 liegt dieselbe Linie zugrunde.448 Wie bei den Sprachreisen sind, wenn keine Un________________________ 436 So aber FG Nds v. 17.3.1986, X 379/85, EFG 1986, 483 – aufgehoben nach Revisionszulassung durch BFH v. 14.7.1988 IV R 57/87, BStBl 1989, 19. 437 BFH v. 1.4.1971 IV R 72/70. 438 BFH v. 9.12.1960 IV 232/60, BStBl 1961 III, 126 im Kontext von Fortbildungsreisen. 439 BFH v. 4.8.1967 VI R 186/66, BStBl 1967 III, 773. 440 So zu Recht FG Köln v. 26.11.1985 v. K 234/85, EFG 1986, 109 für Fortbildungsreisen. 441 BFH v. 4.8.1967 VI R 186/66, BStBl 1967 III, 773: Vielmehr sei sogar darüber nachzudenken, ob insoweit nicht steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt. 442 FG RP v. 25.10.1980 v. 327/79, juris. 443 Allgemein zum Symmetrieprinzip Kap. 10 II (S. 418 ff.). 444 BFH v. 19.10.1989 VI R 155/88, BStBl 1990 II, 134. 445 BFH v. 4.8.1967 VI R 192/66, BStBl 1967 III, 774 (Englandreise eines Englischlehrers). 446 Zu Fortbildungsreisen von Ärzten und Zahnärzten BFH v. 28.8.1958 IV 229/57, BStBl 1959 III, 44; v. 9.12.1960, BStBl 1961 III, 126 (Lambarenereise); v. 24.8.1962 VI 214/61, BStBl 1962 III, 487; v. 22.7.1965 IV 269/64, BStBl 1965 III, 644; v. 2.12.1965 IV 6/65, BStBl 1966 III, 69; BFH v. 8.8.1968 VI R 72/68, BStBl 1968 II, 680; v. 5.12.1968 IV R 46/67, BStBl 1969 II, 235; BFH v. 20.3.1969
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
________________________ IV R 157/68, BStBl 1969 II, 338; v. 1.4.1971 IV R 72/70, BStBl 1971 II, 524; BFH v. 15.7.1976 IV R 173/72, juris (LS); BFH v. 15.7.1976 IV R 90/73, BStBl 1977 II 54; BFH v. 28.10.1976 IV R 35/76, BStBl 1977 II, 238; v. 4.8.1977 IV R 30/76, BStBl 1977 II, 829; BFH v. 3.8.1984 VI R 147/81, juris; v. 23.4.1992 IV R 27/91, BStBl 1992 II, 898; v. 2.3.1995 IV R 54/94, BFH/NV 1995, 1052; BFH v. 23.1.1997 IV R 39/96, BStBl 1997 II, 357. Zur Frage der Anerkennung von Skilehrgängen BFH v. 26.8.1988 VI R 175/85, BStBl 1989 II, 91; v. 19.10.1989 VI R 155/88, BStBl 1990 II, 134; v. 27.10.1989 VI R 189/87, juris; v. 15.3.1990 IV R 60/88, BStBl 1990 II, 736; v. 6.9.1990 IV R 37/90, BFH/NV 1991, 513; v. 14.12.1990 VI R 117/89, BFH/NV 1991, 448; v. 23.6.1992 VI R 15/90, BFH/NV 1992, 814; v. 17.7.1992 VI R 140/89, BFH/NV 1993, 20; BFH v. 12.9.1995 IX R 54/93, BStBl 1996 II, 158. von Apothekern FG RP v. 27.9.1982 5 K 58 – 60/82, EFG 1983, 342 – rkr.; FG Dü v. 2.10.1986 VI/I 483/79, BB 1986, 2389; FG Saarland v. 14.7.1992 1 K 226/91, EFG 1992, 727 – rkr.; von Architekten BFH v. 9.12.1960 IV 241/60, BStBl 1961 III, 99; von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst FG Berlin v. 8.5.1979 v. 52/79, EFG 1979, 542 – rkr. m zust. Anm. K. Offerhaus, Stop 1980, 23; FG RP v. 25.8.1980 v. 327/79, juris; FG Köln v. 27.1.1983 IX 483/80 IX 483/80, juris; von Juristen und Steuerberatern s. BFH v. 27.1.1955 IV 199/54, BStBl 1955 III, 126; v. 16.11.1961 IV 105/60, BStBl 1962 III, 181; BFH v. 28.10.1976 IV R 63/75, BStBl 1977 II, 203; BFH v. 15.6.1984 VI R 278/80, juris; BFH v. 2.3.1995 IV R 59/94, BFH/NV 1995, 959; BFH v. 12.9.1996 IV R 36/96, BFH/NV 1997, 216. Aus der untergerichtlichen Rechtsprechung FG Berlin v. 5.2.1975 II 88/74, EFG 1975, 478 (bestätigt durch BFH v. 28.10.1976 IV R 63/75, BStBl 1977 II, 203); FG Nds v. 17.3.1986 X 379/85, EFG 1986, 483 (aufgehoben durch BFH v. 14.7.1988 IV R 57/87, BStBl 1989 II, 19); FG RP v. 29.1.1987 3 K 51/86, juris (LS); FG BaWü v. 14.11.1996 6 K 42/94, NJW 1997, 2263; FG Bbg v. 17.10.2001 2 K 762/00, EFG 2002, 157; von Künstlern FG RP v. 1.12.1981 II 273/79, juris; von Lehrern und Hochschullehrern s. BFH v. 29.7.1954 IV 479/53, BStBl 1954 III, 264; v. 12.7.1956 IV 223/55, BStBl 1956 III, 291; v. 4.8.1967 VI R 186/66, BStBl 1967 III, 773; v. 4.8.1967 VI R 289/66, BStBl 1967 III, 776; v. 4.8.1967 VI R 192/66, BStBl 1967 III, 774; v. 4.8.1967 VI R 62/66, BFHE 90, 43; BFH v. 23.10.1981 VI R 71/78, BStBl 1982 II, 69; v. 8.7.1988 VI R 118/86, BFH/NV 1989,93; v. 26.8.1988 VI R 176/85, BStBl 1989, 91 (Leitentscheidung zur Schulskileiterlizenz mit detaillierter Kriterienliste); v. 26.8.1988 VI R 72/87, BFH/NV 1989, 292; v. 26.8.1988 VI R 76/87, BFH/NV 1989, 292; v. 26.8.1988 VI R 80/87, BFH/NV 1989, 293; v. 27.3.1991 VI R 103/86, BFH/NV 1991, 596; v. 22.1.1993 VI R 61/91, BFH/NV 1993, 416 (alle zur Schulskileiterlizenz); v. 24.4.1992 VI R 9/89, BFH/NV 1992, 730; von Pfarrern BFH v. 24.8.1962 VI 106/62, BStBl 1962 III, 512; BFH v. 21.10.1996 VI R 39/96, BFH/NV 1997, 469. Aus der untergerichtlichen Rechtsprechung FG RP v. 4.8.1980 v. 415/78, juris; von Unternehmern und leitenden Angestellten BFH v. 22.7.1965 IV 55/65, BStBl 1965 III, 646; Hess. FG v. 2.10.1986 13 K 13b/83, EFG 1987, 550 (LS) – rkr.; Hess. FG v. 19.12.1990 1 K 4263/90, EFG 1991, 312 – rkr.; Hess. FG v. 5.3.1991 9 K 9027/87, EFG 1991, 686 – rkr.
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mittelbarkeit vorliegt, zwei Fragen zu unterscheiden. Zum einen: Werden überhaupt Kenntnisse vermittelt, die überwiegend der Ausübung der Erwerbstätigkeit dienen? Und bejahendenfalls: Liegt ein schädlicher „Rahmen“ derart vor, dass weitere Kosten als die abgrenzbar unmittelbar für die Fortbildung anfallenden Kursgebühren wegen privater Mitveranlassung nicht abgesetzt werden können? aa) Kenntnisse überwiegend für die Erwerbstätigkeit Häufig werden auf Fortbildungs- oder Studienreisen der Allgemeinbildung zuzurechnende Kenntnisse erworben, etwa wenn ein Pfarrer in das Heilige Land reist, um biblische Stätten kennenzulernen,449 oder wenn ein Beamter staatspolitische Bildungsreisen unternimmt.450 Zahlreiche Entscheidungen451 ergingen namentlich zu Skiunterricht, der Lehrern zum Erwerb der Schulskileiterlizenz452 und Ärzten zum Erwerb der Zusatzbezeichnung Sportmedizin453 erteilt wurde. In Ausnahmefällen ist allerdings auch zu beachten, dass der Mensch als Berufsangehöriger nicht vollständig von seiner Persönlichkeit getrennt werden kann.454 So soll etwa bei einem Arzt die Ausübung des Berufes unmittelbar durch die innere Haltung, die Persönlichkeit, beeinflusst werden.455
________________________ 447 Dazu etwa BFH v. 8.2.1971 VI R 76/68, BStBl 1971 II, 368 (Konzertbesuche einer Musiklehrerin keine Erwerbsaufwendungen); ebenso für Ausstellungsbesuche eines Deutschlehrers FG RP v. 8.9.1982 6 K 63/81, juris) bzw. einer Kunsterzieherin und eines Werklehrers FG Nds v. 30.12.1997 XIV 180/96, juris; für Konzertbesuche einer Arbeitsvermittlerin FG München v. 13.9.1996 8 K 1526/96, juris. Anders FG Dü v. 20.4.1993 8 K 191/90, juris – rkr. für die Fahrt eines Musikschullehrers zur Musikmesse. 448 Vgl. auch die Übersicht bei H.-W. Schoor, StBp 1999, 72 ff. 449 BFH v. 24.8.1962 VI 106/62, BStBl 1962 III, 512. 450 FG Berlin v. 8.5.1979 v. 52/79, EFG 1979, 542 – rkr. m zust. Anm. K. Offerhaus, StBp 1980, 23. 451 Vgl. auch FG Hamburg v. 12.12.2000 VI 137/99, juris zur Reise eines Lehrers, der im Unterricht mit großem Erfolg zauberte und einen Zauberkongress in London besuchte. Hier wurden Werbungskosten angenommen (zw.). 452 Vgl. insbesondere die Leitentscheidung des BFH v. 26.8.1988 VI R 176/85, BStBl 1989, 91 mit ausführlichem Kriterienkatalog, der aber zum Teil auch die zweite Frage betrifft. Vgl. i. Ü. Kap. 4 IV 1 c), Fn. 446 (S. 184). Krit. zu dieser Rechtsprechung sl., DStR 1987, 789, allerdings nicht nachvollziehbar. 453 BFH v. 19.10.1989 VI R 155/88, BStBl 1990 II, 134. Vgl. i. Ü. Kap. 4 IV 1 c), Fn. 446 (S. 184). 454 Vgl. dazu schon Kap. 1 I 3 (S. 20 ff.). 455 BFH v. 20.3.1969 IV R 157/68, BStBl 1969 II, 338: Katholischer Ärztekongress.
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
bb) Schädlicher Rahmen Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines schädlichen Rahmens ist auch hier anhand einer Vielzahl von objektiven456 Einzelkriterien zu ermitteln, die den oben bei den Sprachkursen angeführten457 entsprechen. Daneben ist für eine berufliche Veranlassung der Gesamtreise regelmäßig eine lehrgangsmäßige Organisation erforderlich,458 zumindest aber, dass die Reise in einer Weise gemacht wird, die die Möglichkeit eines anderen Reisezwecks so gut wie ausschließt.459 Kann der Steuerpflichtige den Nachweis nicht führen, dass die Reise weit überwiegend beruflich veranlasst ist, so kann er auch hier nur die beruflich veranlassten Mehrkosten (Tagungsgebühr) und in Fällen,460 bei denen bestimmte Tage vollständig der Fortbildung dienen, auch die Übernachtungsund Verpflegungsmehraufwendungen absetzen.461
2. Weitere Humankapitalinvestitionen Die aufgezeigte462 zweiteilige Struktur, nämlich die Unterscheidbarkeit zwischen Kosten, die unmittelbar für die Vermittlung des Humankapitals aufgewandt werden, und solchen, die nur den Rahmen dafür schaffen, kann auch bei anderen Humankapitalinvestitionen herangezogen werden. Nachfolgend werden einige Problemfallgruppen dargestellt, bei denen fraglich ist, ob die Maßnahme ihrem Inhalt nach weit überwiegend der Vermittlung von „Erwerbswissen“ dient. a) Führerschein und Privatpilotenschein Kosten für den Erwerb eines PKW-Führerscheins fallen regelmäßig unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot,463 weil die Fahrerlaubnis auch privat ________________________ 456 S. etwa BFH v. 24.4.1992 VI R 9/89, BFH/NV 1992, 730; BFH v. 21.10.1996 VI R 39/96, BFH/NV 1997, 469. 457 Kap. 4 IV 1 b) (S. 181 ff.). 458 BFH v. 27.1.1955 IV 199/54, BStBl 1955 III, 126. 459 BFH v. 9.12.1960 IV 232/60, BStBl 1961 III, 126; BFH v. 9.12.1960 IV 241/60, BStBl 1961 III, 278; BFH v. 15.7.1976 IV R 90/73, BStBl 1977 II 54; BFH v. 2.3.1995 IV R 54/94, BFH/NV 1995, 1052: die bloße Möglichkeit, die Zeit auch beruflich zu nutzen, reicht nicht aus. 460 BFH v. 23.4.1992 IV R 27/91, BStBl 1992 II, 898. 461 BFH v. 22.7.1965, IV 269/64, BStBl 1965 III, 644. Für eine zeitanteilige Aufteilung der Gemeinkosten der Reise aber W. Drenseck, Gedanken zum Aufteilungs- und Abzugsverbot, in FS für K. Offerhaus, 497, 506 f. 462 Vgl. oben Kap. 4 IV 1vor a) (S. 176). 463 BFH v. 6.9.1956 IV 621/55, BStBl 1956 III, 306; v. 8.4.1964 VI 251/63, BStBl 1964 III, 431; 20.2.1969 IV R 119/66, BStBl 1969 II, 433.
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genutzt werden kann.464 Die Aufwendungen für einen LKW-Führerschein sind aber Werbungskosten, wenn ein hinreichender Zusammenhang mit einer (auch künftigen) steuerbaren Tätigkeit besteht. Das wurde angenommen, wenn das berufliche Fortkommen vom Erwerb des Führerscheins der Klasse II abhängig war465 oder wenn der Arbeitnehmer bereits eine Fahrtätigkeit ausübt und die Fahrerlaubnis auf Veranlassung des Arbeitgebers erwirbt, weil dieser die Anschaffung eines LKW plant.466 Dasselbe gilt, wenn ein als Fahrer von Kleinlastwagen und Gabelstaplern tätiger Arbeitnehmer einen LKW-Führerschein mit dem Ziel eines Erwerbs der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erlangt. In dieser Situation ist es auch unschädlich, wenn wegen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Schwierigkeiten eine Nachschulung in Bezug auf den PKW-Führerschein erforderlich wird.467 Kosten für den Erwerb eines Privatpilotenscheins und für seine Unterhaltung gehören üblicherweise nicht zu den Werbungskosten.468 Selbst bei einer beruflichen Mitveranlassung greift das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG. Denn Privatlizenzen zum Motorflug werden in der Regel aus persönlichem Interesse am Fliegen erworben und unterhalten. Ausnahmen dahingehend, dass die Aufwendungen ausschließlich oder weit überwiegend zur Förderung des Berufes erfolgten, sind in der Rechtsprechung äußerst selten;469 zur Verneinung dieses Merkmals stellt der Bundes________________________ 464 Es liegen gewöhnlich auch keine Ausbildungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor, weil die Aufwendungen lediglich die Allgemeinbildung im weitesten Sinne fördern und nicht auf einen Beruf hinführen, BFH v. 5.8.1977 VI R 246/74, BStBl 1977 II, 834. 465 Vgl. BFH v. 8.4.1964 VI 251/63, BStBl 1964 III, 431; v. 20.2.1969 IV R 119/66, BStBl 1969 II, 433; v. 29.6.1984 VI R 34/82, BStBl 1984 II, 694. 466 FG Münster v. 25.1.1998 7 K 5197/96, EFG 1998, 941 – rkr. 467 FG BaWü v. 24.4.1991 12 K 244/87, EFG 1991, 661. 468 BFH v. 17.11.1989 VI R 8/86, BStBl 1990 II, 306; BFH v. 14.2.1992 VI R 7/89, BFH/NV 1992, 725; BFH v. 16.10.1992 VI R 99/90, BFH/NV 1993, 292 BFH v. 9.8.1996 VI R 38/96, BFH/NV 1997, 107. FG Nds v. 21.5.1982 IX 349/80, EFG 1983, 62; Hess. FG v. 2.10.1986 13 K 510b/83, EFG 1987, 550; Hess. FG v. 23.9.1988 9 K 70/87, EFG 1989, 172; FG München v. 16.1.1989 XIII 56/83, juris; FG RP v. 24.1.1989 2 K 56/87, EFG 1989, 562; FG Bremen v. 26.5.1994 1 92 087 K 6, EFG 1995, 5; FG München v. 27.1.2000 13 K 4279/96, EFG 2001, 1361 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 29/01, juris); FG Hamburg v. 11.4.2000 II 114/99, juris; FG Münster v. 2.9.2002 4 K 2705/00, EFG 2003, 34. 469 Vgl. FG Nürnberg v. 25. März 1992 v. 30/91, EFG 1992, 508 (Arzt, der „Arzt für Flugmedizin“ und Leiter einer fliegerärztlicher Untersuchungsstelle werden will, erwirbt Pilotenschein, der dafür Voraussetzung bzw. wenigstens ein Weg zum Nachweis der erforderlichen Kenntnisse, zw.); FG München v. 27.7.1994 13 K 1254/93,
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finanzhof bisweilen darauf ab, dass der Pilotenschein von Vorteil, aber nicht Bedingung für das Arbeitsverhältnis des Steuerpflichtigen gewesen sei.470 b) Persönlichkeitsbildende Kurse Das Überwiegen der Vermittlung von Erwerbswissen ist insbesondere bei Kursen, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen, problematisch. Um einige Beispiele zu geben: Für einen Angehörigen der Arbeitsverwaltung, der an einem Kurs zu den geistigen Grundlagen für das „Ich und das Gesetz von Lust und Unlust (IGLU)“ teilnahm, ist die Abzugsfähigkeit ebenso verneint worden471 wie für eine Allgemeinärztin, die bei der Scientology Church den höchsten Grad der „Befreiung“ erstrebte.472 Die Rechtsprechung473 hält persönlichkeitsbildende Kursen, deren vermittelte Fähigkeiten untrennbar sowohl der beruflichen Förderung als auch der in________________________
470 471 472 473
EFG 1995, 163, das den Fall eines zu 30 Prozent Körperbehinderten zum Gegenstand hatte, der für seine Einstellung als technischer Redakteur mindestens einen Privatpilotenschein nachweisen musste (zw.). BFH v. 9.8.1996 VI R 38/96, BFH/NV 1997, 108, 109. FG RP v. 9.2.1988 2 K 47/86, juris. FG Nürnberg v. 6.7.1988 III 288/87, EFG 1989, 12 – rkr. BFH v. 17.7.1992 VI R 12/91, BStBl 1992 II, 1036 (Psychoanalyse einer Dipl. Psychologin als Werbungskosten); BFH v. 6.3.1995 VI R 76/94, BStBl 1995 II 393 (Psychologische Seminare eines Industriekaufmanns). Für einen Eurythmiekurs eines Hausvaters von Behinderten ist der Werbungskostenabzug von der konkreten Verwendung abhängig, BFH v. 21.12.1990 VI R 131/87, juris unter Aufhebung von Hess. FG v. 11.6.1986 1 K 25/84, EFG 1986, 554; Aus der untergerichtlichen Rechtsprechung (Erwerbsaufwendungen zugelassen: ja/abgelehnt: nein): Akademie für Persönlichkeitsentfaltung durch ganzheitliche Methodik für Postbeamtin nein, FG RP v. 3.11.1980 5 K 80/80, EFG 1981, 383; Avatar-Lehrgänge nein, FG München v. 26.10.2005 10 K 2425/02, juris – NZB VI B 145/05; Baghwan-Universität für Psychotherapeutin nein, FG München v. 15.2.1991 8 K 8094/87, juris – rkr.; Balint-Gruppe für Sozialarbeiterin ja, FG Berlin v. 18.2.1986 VII 467/83, EFG 1986, 489 – rkr.; Biodynamische Psychologie und Therapie-Seminar für Dozenten einer Zivildienstschule bzw. Lehrer nein, FG BaWü v. 11.3.1992 14 K 53/91, EFG 1992, 445 – rkr.; FG Hamburg v. 6.6.2002 II 49/01, juris; Chorsingwoche für Musiklehrerin nein, FG Saarland v. 28.5.1991 1 K 281/90, juris; Dale-Carnegie-Kurs für Sachbearbeiter der Bundespost ja, FG Münster v. 5.11.1991 6 K 1063/89, EFG 1992, 445 – rkr.; Gemeinschaft für geistige Entfaltung für Lehrer nein, FG München v. 30.9.1998, 1 K 2087/96, juris; Gesprächsführungskurs für Lehrerin nein, FG RP v. 29.6.1994 1 K 1656/93, EFG 1995, 8 – rkr.; Gestalttherapiekurse bei Bankjuristin und Vertrauenslehrerin ja, FG München v. 6.9.1991 1 K 2810/90, juris; FG Münster v. 26.11.1991 6 K 522/91, EFG 1992, 594 – rkr.; GLU-Hirt-Kurse für Angehörigen der Arbeitsverwaltung nein, FG RP v. 9.2.1988 2 K 47/86, juris (LS); Gruppendynamische Kurse für Lehrer idR nein, FG Köln v. 28.11.1980 VIII 277/77, EFG 1981, 232; Haptomie-Ausbildungsgruppe einer Lehrerin nicht beruflich veranlasst, FG Münster v. 29.11.1990 2 K 5478/87,
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
dividuellen Persönlichkeitsentfaltung dienen, wegen der Berührung der privaten Lebensführung für nicht absetzbar. Etwas anderes gilt dann, wenn pri________________________ juris; Kybernetische Managementlehrseminar nein für angestellten Ingenieur, FG Saarland v. 1.2.1991 1 K 172/90, juris; Lauftherapeuten für einen Ausbilder von schwer vermittelbaren Jugendlichen ja, FG Saarland v. 26.2.2002 1 K 93/99, juris; Neurolinguistisches Programmieren (NLP) für Ärzte ja, FG RP v. 13.11.1997 6 K 1808/97, EFG 1998, 180 – rkr.; Betriebswirt ja FG München v. 9.12.2003 13 K 5074/00, EFG 2004, 488 – rkr. nach Rückn. der Rev. VI R 4/04; hingegen für eine in einer Steuerberatungsgesellschaft angestellte Betriebswirtin nein FG München v. 20.10.2004 1 K 1236/04, EFG 2005, 599; Lehrer ja, FG BaWü v. 3.12.1997 7 K 55/96, EFG 1998, 639 – rkr.; FG Nürnberg v. 25.7.2001 III 164/98, DStRE 2001, 1334 – rkr.; Sekretärin nein FG BaWü v. 4.9.2003 10 K 217/00, EFG 2003, 1774; Sozialpädagogin nein FG Köln v. 13.1.1999 4 K 9082/97, EFG 1999, 599 – rkr. nein, persönlichkeitsbildende Kurse nein FG RP v. 28.1.1997 1 K 1000/96, juris und Hess. FG v. 23.9.1999 11 K 2342/99, juris – insoweit rkr.; Psychologiekurs für Orthoptistin ja, FG Dü v. 9.11.1994 8 K 3418/93, juris; psychoorganische Analyse für Grundschullehrerin nein, FG Münster v. 14.11.1996 5 K 4058/95, EFG 1997, 333 – rkr.; Rebalancing-Körpertherapiekurs für Hebamme ja, FG Saarland v. 15.7.2003 1 K 30/00, EFG 2003, 1464 – rkr.; Rhetorikkurs für Sachbearbeiter der Bundespost (FG Münster v. 5.11.1991 6 K 1063/89, EFG 1992, 445 – rkr.), für Fernmeldehandwerker (FG Köln v. 15.2.1993 3 K 5111/92, juris) und für eine Bäckereifachverkäuferin, FG München v. 29.9.1995 13 K 1156/94, NJW 1997, 1191 nein; Scientology für Ärztin (FG Nürnberg v. 6.7.1988 II 288/87, EFG 1989, 12 – rkr.), beratenden Volkswirt (FG München v. 7.5.2002 12 K 5320/99, juris) und GmbH-Geschäftsführer (FG Hamburg v. 4.10.1995 v. 186/93, EFG 1996, 136 – rkr.) nein; ShiatsuKurs für Heilerzieherin ja, FG Hamburg v. 1.2.2000 II 278/99, EFG 2000, 616; Studiengang zum Coach nein für kaufmännischen Angestellten, FG München v. 30.10.2000 13 K 2943/96, juris; Supervisionskurse für Lehrer (vgl. FG BaWü v. 10.12.1992 6 K 122/90, EFG 1993, 514 – rkr. und FG Nds v. 21.6.1996 IX 44/94, EFG 1996, 1025 – rkr.; a. A. Hess. FG v. 29.8.1985 5 K 12/85, EFG 1986, 72 – rkr.; Hess. FG v. 27.11.1986 13 K 264a/84, EFG 1987, 551 – rkr.) ja; für Bankkauffrau unentschieden BFH v. 20.9.1996 VI R 40/96, BFH/NV 1997, 110, für Sozialarbeiterin, die u. a. Suchtkranke und Depressive betreut, ja, Hess. FG v. 5.3.1987 8 K 157/85, EFG 1987, 346 – rkr.; Tanzkurse für Sportlehrerin nein, FG München v. 16.2.2000 13 K 291/98, juris; Themenzentrierte Interaktion nein, wenn nur allgemeiner Wunsch nach einer Tätigkeit im Bereich Sozialbetreuung, FG Dü v. 20.7.1988 15 K 127/84, EFG 1989, 21; Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis-Kurs nein für Grundschullehrerin, FG München v. 15.5.1991 9 K 2055/89, EFG 1991, 723 – rkr.; Windsurfing-Instructor-Kurs für Sportlehrer Ja, FG Hamburg v. 23.3.1989 I 36/86, EFG 1990, 55 – rkr., nicht aber bei einem Anfängerkurs, FG RP v. 22.11.1994 2 K 2687/93, erfolglose NZB BFH v. 10.5.1995 VI B 20/95, juris; Working Institute for Living-Learning (WILL)-Kurse für einen Lehrer (FG RP v. 21.9.1994 1 K 2710/93, EFG 1995, 164); für einen Pfarrer (FG BaWü v. 23.5.1990 XII K 1015/85, EFG 1991, 76 – rkr.) und für Sozialpädagogin (FG RP v. 8.5.1996 1 K 3105/94, juris) nein, anders für Diplompädagogen FG RP v. 20.1.1995 3 K 1372/94, EFG 1995, 662.
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
vate Gesichtspunkte nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen.474 Das ist für den Fall anzunehmen, dass die durch den Kurs gewonnene Selbsterfahrung für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist, wie bei der PsychoanalyseAusbildung,475 oder wenn im Wesentlichen ein auf den konkreten Beruf zugeschnittenes Wissen vermittelt wird und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist.476 Auf die Gewährung von Bildungsurlaub kommt es demgegenüber nicht an, weil private Arbeitgeber bei der Gewährung unterschiedlich großzügig oder engherzig verführen.477
3. Abzugsfähige Aufwendungen Liegt eine zu berücksichtigende Humankapitalinvestition vor, so ist auf der nächsten Stufe zu prüfen, ob und in welcher Höhe in Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme getätigte Aufwendungen im Einzelnen steuerlich abzugsfähig sind. Das hängt wiederum von der im Rahmen der Fortbildungsreisen hinreichend erörterten Frage ab, ob die Aufwendungen weit überwiegend durch die Erwerbstätigkeit veranlasst ist, so dass das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG nicht eingreift. Als solche mittelbaren Aufwendungen kommen insbesondere in Betracht: Fahrtkosten, Kosten für Übernachtung, doppelte Haushaltsführung,478 Umzugskosten und (häusliche) Arbeitszimmer. Im Folgenden wird ein Überblick über in diesem Zusammenhang interessante Rechtsprechung gegeben, wobei zwischen der Abzugsfähigkeit dem Grunde nach und dem Ansatz der Höhe nach unterschieden wird. a) Abzugsfähigkeit dem Grunde nach aa) Bei auch privat verwendbaren Gegenständen, wie der häuslichen Schreibmaschine der Schreibmaschinenlehrerin479 oder dem Brockhaus einer Deutschlehrerin,480 hängt die Abzugsfähigkeit mit Blick auf das Auftei________________________ 474 475 476 477
BFH v. 17.7.1992 VI R 12/91, BStBl 1992 II, 1036. BFH v. 17.7.1992 VI R 12/91, BStBl 1992 II, 1036. BFH v. 6.3.1995 VI R 76/94, BStBl 1995 II 393. BFH v. 6.3.1995 VI R 76/94, BStBl 1995 II 393. Insbesondere ist die Dienstbefreiungsverfügung einer Schulbehörde kein Grundlagenbescheid i. S. von § 171 Abs. 10 AO, BFH v. 13.4.2005 VI B 197/04, BFH/NV 2005, 1231. 478 R 43 Abs. 5 LStR a. F., der als Billigkeitsregel in bestimmten Fällen einen Abzug trotz fehlenden Hausstands zuließ, ist durch die Neufassung von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG obsolet geworden. 479 FG BaWü v. 29.4.1982 III 208/79, EFG 1983, 167. 480 BFH v. 5.7.1957 VI 39/56, BStBl 1957 III, 328. Vgl. auch BFH v. 10.3.1955 IV 633/54, BStBl 1955 III 131 (Kraftfahrzeug eines Verkehrsrichters; keine Werbungskosten); v. 17.8.1962 VI 156/61, DStR 1963, 369 (Bücher); v. 28.6.1963 VI 45/63 U, BStBl 1963 III, 435 (Aufwendungen eines Geistlichen für Fachbücher und Mikro-
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
lungs- und Abzugsverbot dem Grunde nach davon ab, ob sie weit überwiegend für Fortbildungszwecke eingesetzt werden. bb) Kosten, die durch die Teilnahme an einer von Lehrgangsteilnehmern privat organisierten Arbeitsgemeinschaft entstehen, in welcher der Unterrichtsstoff vor- oder nachbereitet wird, können Erwerbsaufwendungen sein.481 Jedoch entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass bei Arbeitsgemeinschaften von Berufskollegen im häuslichen Bereich die Verfolgung privater Interessen regelmäßig nicht von untergeordneter Bedeutung ist.482 Allerdings ist es stets eine Frage der Einzelfallwürdigung, ob die Aufwendungen tatsächlich dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterliegen.483 Nach einer recht großzügigen Entscheidung soll eine Einstufung als Erwerbsaufwendung möglich sein, wenn geltend gemacht wird, dass sich die private Lerngruppe innerhalb eines Jahres an insgesamt 61 Tagen ganztägig getroffen habe, und die anderen Teilnehmer der Lerngruppe eine eidesstattliche Versicherung abgeben, private Gründe und Themen hätten bei den Treffen keine Rolle gespielt.484 Dagegen wird im Allgemeinen ein höheres Maß an die Darlegung angelegt. So forderte eine andere Entscheidung die Führung von tagebuchartigen Aufzeichnungen über den Inhalt und den Ablauf jeder einzelnen Arbeitsgemeinschaft. Die allgemeine Schilderung dessen, was in der Arbeitsgemeinschaft durchgenommen und bearbeitet worden ist, und die generelle Darlegung des Ablaufs und der Dauer der Arbeitsgemeinschaft reichten danach für den Nachweis der fast ausschließlichen beruflichen Veranlassung nicht aus.485 Steht hingegen die überwiegende ________________________
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filme von Predigerhandschriften; Werbungskosten); FG Saarland v. 1.2.1991 1 K 172/90, juris (Zeitschriften „Die Geschäftsidee“ und „Managementwissen“ keine Werbungskosten). BFH v. 20.9.1996 VI R 32/96, BFH/NV 1997, 349; FG Münster v. 18.10.1978 III 3432/77, EFG 1979, 223 – rkr.; FG Berlin v. 3.2.1982 VI 211/81, EFG 1982, 513; FG Köln v. 28.10.1993 2 K 5407/92, EFG 1994, 290 – rkr.; FG Dü v. 12.4.1994 8 K 6790/93, EFG 1994, 648 – rkr.; FG Münster v. 23.6.1994 1 K 6557/93, EFG 1995, 7 – rkr.; FG RP v. 10.9.1997 1 K 1603/97, juris; FG Dü v. 4.6.2002 3 K 2300/99, EFG 2002, 1221 – rkr.; FG Münster v. 19.6.2002 5 K 5798/98, juris; FG Köln v. 16.2.2005 11 K 1795/01, EFG 2005, 1030. BFH v. 5.3.1993 VI R 82/91, BFH/NV 1993, 533; BFH v. 20.9.1996 VI R 32/96, BFH/NV 1997, 349. BFH v. 20.9.1996 VI R 32/96, BFH/NV 1997, 349 (allerdings logisch wenig stringent, wenn dort die Rede davon ist, dass zwar die Verfolgung privater Interessen bei häuslichen Arbeitsgemeinschaften die privaten Interessen regelmäßig nicht untergeordnet seien, daraus aber nicht gefolgert werden könne, dass das Abzugsverbot regelmäßig eingreife). FG Dü v. 12.4.1994 8 K 6790/93, EFG 1994, 648. FG Dü v. 4.6.2002 3 K 2300/99, EFG 2002, 1221.
Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
berufliche Veranlassung fest, so soll dann auch der Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen in Betracht kommen.486 cc) Auch die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer sind dem Grunde nach zum Abzug zuzulassen, wenn dem Steuerpflichtigen für die Fortbildung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das gilt auch dann, wenn für die Tätigkeit, auf die sich die Fortbildung bezieht, ein Arbeitsplatz vorhanden ist.487 b) Höhe der Aufwendungen aa) Bei den Fahrtkosten ist nach neuer Rechtsprechung die Entfernungspauschale in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 bzw. § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG auf die Erwerbsaufwendungen anwendbar, die durch Fahrten zur regelmäßigen Ausbildungsstätte entstehen.488 Damit gilt im Ergebnis – unabhängig davon, ob der Lernende noch Arbeitslohn aus einem anderen Dienstverhältnis bezieht489 – dasselbe wie bei den als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Bildungsinvestitionen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 5 EStG. Das sei mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar und entspreche der damit bezweckten Typisierung und Verwaltungsvereinfachung.490 Über den Ort der Arbeits- bzw. Ausbildungsstätte ist nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden.491 Danach kommt es darauf an, wo der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist.492 Das wird bei einem herkömmlichen Studium zumeist die Universität, bei einem Fernstudium kann dies aber auch die Wohnung des Steuerpflichtigen sein.493 Dauert die Fortbildungsmaßnahme länger als drei Monate, so sind, wenn eine Rückkehr an die alte Arbeitsstätte geplant ist, nach der typisierenden Rechtsprechung ________________________ 486 FG Dü v. 12.4.1994 8 K 6790/93, EFG 1994, 648. 487 FG Bbg v. 17.9.1998 5 K 1588/97, EFG 1998, 1678 – rkr. 488 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749; v. 22.7.2003 VI R 190/97, BFH/NV 2003, 1646. Ebenso FG Nds v. 28.6.2000 7 K 487/99, DStRE 2001, 1330. A. A. noch FG Münster v. 27.8.2002 1 K 5930/01, EFG 2002, 1588 – rkr. Der neuen Rechtsprechung zustimmend etwa W. Bergkemper, 2003, 726, 727. Die Abzugsbeschränkungen gelten auch, wenn an der regelmäßigen Arbeitsstätte Fortbildungsveranstaltungen stattfinden, BFH v. 26.2.2003 VI R 30/02, BStBl 2003 II, 495; v. 26.2.2003 VI 31/02, juris; FG Hamburg v. 25.4.2003 VI 237/01, EFG 2004, 92 – Rev. VI R 40/03. 489 So ausdrücklich BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003, 749 unter II 2 b) aa) unter Aufgabe von BFH v. 23.8.1979 VI R 87/78, BStBl 1979 II, 773. 490 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749 unter II 2 b) bb). 491 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749 unter II 2 c). 492 R 37 Abs. 2 S. 1 LStR 2003. 493 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749 unter II 2 c).
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
(nur) für die ersten drei Monate die Dienstreisegrundsätze anzuwenden.494 Danach wird die auswärtige Tätigkeit als neue Arbeitsstätte angesehen.495 Ist hingegen die auswärtige Tätigkeitsstätte vom ersten Tag an zur regelmäßigen Tätigkeitsstätte geworden, so liegt von Anfang an keine Dienstreise vor. Für die Entscheidung der Frage, ob die auswärtige Tätigkeitsstätte erst nach drei Monaten zur neuen Arbeitsstätte wird, soll es maßgeblich darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige nur abgeordnet ist und nach Ende des Lehrgangs an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehrt.496 Es kommen im Übrigen aber auch ständig wechselnde Einsatzorte in Betracht.497 Dasselbe gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer am Ort seiner regelmäßigen Arbeitsstätte eine freiwillige Fortbildungsmaßnahme besucht.498 Dafür spricht nicht nur der Wortlaut („für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“), sondern vor allem auch der Zweck der Norm, aus haushalts- und verkehrspolitischen Gründen die Abzugsfähigkeit einzuschränken. bb) Für den Ansatz von Verpflegungsmehraufwand499 ist entscheidend, ob die Dienstreisegrundsätze Anwendung finden. Dies richtet sich ebenso nach allgemeinen Grundsätzen wie die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Allerdings wird es häufig an dem erforderlichen eigenen Hausstand des Lernenden fehlen.500 Dann kommen weder ein Ansatz für die doppelte Haushaltsführung noch für Verpflegungsmehraufwand in Betracht; die Aufwendungen für die Fahrten vom noch den Mittelpunkt der Lebens________________________
494 BFH v. 22.11.1991 VI R 16/91, juris. Der Sache nach ebenso schon BFH v. 18.5.1990 VI R 180/88, BStBl 1990 II, 863. Anders noch BFH v. 27.3.1979 VI R 14/78, BStBl 1979 II, 521. In dieser Situation dürfte die Entscheidung BFH v. 23.10.1981 VI R 24/79, BStBl 1982, 215 fortgelten, wonach bei Abholfahrten von einer Fortbildung auch die Hinfahrt als Erwerbsaufwendung geltend gemacht werden kann. 495 BFH v. 22.11.1991 VI R 16/91, juris; FG Nds v. 28.6.2000 7 K 487/99, DStRE 2001, 1330, 1331; FG Bbg v. 10.4.2003 3 K 2837/01, EFG 2003, 1370 – rkr. 496 BFH v. 22.11.1991 VI R 16/91, juris. 497 BFH v. 29.4.2003 VI R 86/99, BStBl 2003 II, 749 unter II 2 c) unter Berufung auf BFH v. 4.5.1990 VI R 144/85, BStBl 1990 II, 856. 498 BFH v. 26.2.2003 VI R 30/02, BStBl 2003 II, 495; v. 26.2.2003 VI R 31/02, juris. A. A. noch Hess. FG v. 23.6.1999 9 K 3435/95, juris als Vorinstanz zu BFH v. 26.2.2003 VI R 30/02. 499 Die früher bestehenden Probleme (vgl. BFH v. 9.11.1971 VI R 109/69, BStBl 1972 II, 147; v. 16.111971 VI R 133/69, BStBl 1972 II, 151; v. 16.11.1971 VI R 347/69, BStBl 1972 II, 152) dürften sich durch Einfügung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG erledigt haben. 500 FG BaWü v. 18.2.2005 9 K 211/04, EFG 2005, 860 – VI R 26/05. Die frühere Regelung in R 43 Abs. 5 LStR zur „unechten doppelten Haushaltsführung“, die von den Gerichten mit Blick auf die für abschließend gehaltene Norm des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG nicht mehr anerkannt wurde, ist zwischenzeitlich aufgehoben worden.
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Abgrenzung zwischen Fortbildung und privater Lebensführung
interessen bildenden Elternhaus und dem Studienort können in diesem Fall aber als Fahrten zur Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG abgezogen werden.
4. Anwendbarkeit des § 3c EStG Führen Bildungsmaßnahmen zu steuerfreien Einnahmen, so sind nach § 3c EStG die Aufwendungen nicht absetzbar. Entsprechend können Aufwendungen nur anteilig abgezogen werden, wenn eine Bildungsmaßnahme sowohl der Erzielung steuerbarer als auch steuerfreier Einnahmen dient.501 Die Norm des § 3c EStG ist darüber hinaus auf bestimmte sozialrechtliche Zuschüsse anzuwenden. Wie bereits für die Sonderausgaben ausgeführt,502 muss zwischen Zuschüssen, die einen bestimmten durch die Fortbildung entstandenen Bedarf abdecken, einerseits und solchen, die den allgemeinen Lebensunterhalt gewährleisten, andererseits unterschieden werden.503 Dementsprechend sind Fahrtkostenzuschüsse nach §§ 79, 78 SGB III (früher § 45 AFG) anzurechnen, Lebensunterhaltszuschüsse nach §§ 153, 77 SGB III (früher § 44 AFG) hingegen nicht.504 Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 3c Abs. 1 EStG – vor allem bei Sprachkursen – die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen ausscheiden soll, wenn die Bildungsmaßnahme der Vorbereitung einer Tätigkeit mit Wohnsitzverlagerung ins Ausland dient.505 Ein Abzug soll auch ausscheiden, wenn sich der Lernende mehr als nur kurzfristig nicht auf dem inländischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt.506 Auch gilt das Abzugsverbot für Auf________________________ 501 BFH v. 22.7.2003 VI R 7/01, DStRE 2004, 1. 502 Kap. 4 II 4 (S. 131 ff.). 503 BFH v. 4.3.1977 VI R 213/75, BStBl 1977 II, 507: das Unterhaltsgeld stehe mit den Ausgaben der Berufsfortbildung lediglich in einem mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang; dem folgend BFH v. 13.10.2003 VI R 71/02, BFH/NV 2004, 134 mit zust. Anm. MIT, DStRE 2004, 3. Zur Sicht de lege ferenda Kap. 13 (S. 480 ff.). 504 BFH v. 13.10.2003 VI R 71/02, BFH/NV 2004, 134. Ebenso für eine Kürzung um den auf Ausbildung und nicht Lebenshaltung entfallenden Anteil der Leistungen nach dem BAföG FG BaWü v. 18.2.2005 9 K 211/04, EFG 2005, 860 – VI R 26/05. 505 Vgl. etwa BFH v. 20.7.1973 VI R 198/69, BStBl 1973 II, 732; v. 31.7.1992 VI R 112/88, BFH/NV 1993, 224; v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl 1996 II, 452; v. 19.4.2004 VI B 178/03, juris. Nicht diskutiert hingegen von BFH v. 20.10.1978 VI R 132/76, BStBl 1979 II, 114 (ablehnend K. J. von Bornhaupt, in KSM, § 9 Rz. B 273 (Stand September 1986); zum Versuch einer Unterscheidung H. Richter, DStZ 1983, 81, 82 f.) und von FG Hamburg v. 15.10.1987 I 90/85, EFG 1988, 171 – rkr. Zu einem Sonderfall des Ausbildungsdienstverhältnisses im Zusammenhang mit § 3 Nr. 64 EStG s. auch BFH v. 28.10.1994 VI R 70/94, BFH/NV 1995, 505. 506 BFH v. 13.6.1996 VI R 89/95, BFH/NV 1997, 98.
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Eigeninvestitionen
wendungen, deren Anschaffung sich ausschließlich mit einer im Ausland angestrebten Beschäftigung erklären lässt,507 während umgekehrt die Aufwendungen für die Rückzahlung von Ausbildungskosten im Ausland zur Ermöglichung einer Tätigkeit im Inland als Erwerbsaufwendungen abzugsfähig sind.508 Europarechtliche Probleme werden in der Rechtsprechung diesbezüglich nicht diskutiert.509
V. Ausbildung als außergewöhnliche Belastung Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung und ein Studium erwachsen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht zwangsläufig, weil er sich in der Regel frei entschließen kann, welche Ausbildung er sich zukommen lässt.510 Die Rechtsprechung hielt aber Ausnahmen dann für möglich, wenn die Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen zur Berufsausbildung tatsächlich nicht besteht, etwa weil er wegen unfall- oder krankheitsbedingter Behinderung den erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann und zu einer Umschulung gezwungen ist.511 Auch der Gesetzgeber geht, wie § 33 Abs. 2 Hs. 1 und 2 EStG zeigt, von der Möglichkeit aus, dass Kosten der Ausbildung als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden können. Dort verbietet er den Abzug von Ausbildungskosten als außergewöhnliche Belastung, soweit sie bereits als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Keine außergewöhnliche Belastung war freilich wegen der fehlenden Belastung die Umschulung eines ehemaligen Offiziers der NVA der DDR, der mit dem Ende der sozialistischen Diktatur seinen Arbeitsplatz verlor. Der Bundesfinanzhof verwies in seiner Begründung darauf, dass Umschulungen als Vermögensumschichtungen wegen des erworbenen Gegenwertes grund-
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507 BFH v. 13.6.1996 VI R 89/95, BFH/NV 1997, 98. Auf Schwierigkeiten, die sich aus dieser Rechtsprechung für die Praxis der Finanzverwaltung ohne das Nichtanwendungsgesetz § 12 Nr. 5 EStG ergeben hätten, weist U. Kleiner, StW 2003, 234 hin. 508 FG Dü v. 12.4.2005 3 K 4223/03 E, EFG 2005, 1533 – Rev. I R 34/05. 509 Vgl. zur Europarechtswidrigkeit dieser Rechtsprechung aber Kap. 10 I 3 b) (S. 413 f.). 510 BFH v. 20.9.1957 VI 7/56, BStBl 1957 III, 424; v. 24.8.1962 VI 110/62 U, BStBl 1962 III, 488; v. 21.7.1982 I R 173/78, juris; v. 21.4.1987 III B 165/86, BFH/NV 1987, 501; v. 18.4.1990 III R 126/86, BStBl 1990 II, 738; v. 6.3.1992 VI R 163/88, BStBl 1992 II, 661; FG Sachsen v. 3.12.1996 2 K 59/95, EFG 1997, 887 (BAföGDarlehensrückzahlung weder zwangsläufig noch außergewöhnlich noch Belastung); FG München v. 27.1.2000 13 K 4279/96, EFG 2001, 1361 (aufgehoben durch BFH v. 27.5.2003 VI R 29/01, juris). vgl. BFH v. 22.3.1967 VI R 300/67, BStBl III 1967, 596; v. 20.3.1959, VI 92/58, DB 1959, 476, DStR 1959, 237, und v. 6.3.1964, VI 133/63 U, BStBl 1964 III, 330. Anders für die Ausbildung eines Zeitsoldaten an einer Bundeswehrfachschule FG RP v. 13.9.1972 I 184/69, EFG 1973, 61 – Rev. Für eine Zwangsläufigkeit der Promotion J. Boetius, DStR 1968, 396, 400. 511 BFH v. 22.3.1967 VI R 300/66, BStBl 1967 III, 596; v. 21.7.1982 I R 173/78, juris.
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Zusammenfassung
sätzlich nicht zu außergewöhnlichen Belastungen führten. Auch eine Ersatzinvestition für den endgültigen Verlust eines wirtschaftlichen Wertes im existentiell wichtigen Bereich, weil eine berufliche Nutzung oder Verwertung der bisher erlernten Kenntnisse schlechthin unmöglich würde, liege nicht vor: Zwar hätten sich die Berufsaussichten verschlechtert, die abgeschlossene Erstausbildung führte aber immer noch zu besseren Berufschancen und die Verwertung der Kenntnisse sei nicht vollständig unmöglich.512 Sehr beachtlich erscheint an dieser Entscheidung, dass das Gericht stillschweigend vom Humankapitalkonzept ausgeht, wenn es eine Bildungsmaßnahme mit einer Vermögensumschichtung gleichsetzt.
VI. Zusammenfassung Die Kosten von Humankapitalinvestitionen sind als Erwerbsaufwendungen absetzbar, wenn die Aufwendungen durch eine steuerbare Tätigkeit veranlasst sind. Die frühere Rechtsprechung, die bei der erstmaligen Ausbildung, aber auch bei der Umschulung einen Berufswechsel annahm und das Vorliegen von Erwerbsaufwendungen ablehnte, ist einer anhand üblicher dogmatischer Kriterien vorzunehmenden Abgrenzung gewichen. Es verbleiben allerdings noch einige offene Fragen (insbesondere der Berücksichtigung von Kosten der Allgemeinbildung und eines Erststudiums). Zudem ist neuerdings das in § 12 Nr. 5 EStG statuierte Abzugsverbot für die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudium zu berücksichtigen, wenn kein Ausbildungsdienstverhältnis vorliegt. Für die Abgrenzung der steuerlich relevanten Erwerbsaufwendungen und Ausbildungskosten von den Kosten der Lebensführung gilt bei signifikanter privater Mitveranlassung grundsätzlich das Aufteilungs- und Abzugsverbot. Nur dann, wenn die Aufwendungen unmittelbar mit steuerlich relevanten Einnahmen zusammenhängen, wird die Frage der privaten Mitveranlassung durch den engen Zusammenhang mit den Einkünften überlagert. Dieselbe ratio liegt der Umqualifizierung von Ausbildungskosten zu Erwerbsaufwendungen zugrunde, wenn ein Ausbildungsdienstverhältnis besteht. Demgegenüber kommt eine Berücksichtigung von Humankapitalinvestitionen als außergewöhnliche Belastungen regelmäßig nicht in Betracht. Die früher als Ausnahme diskutierten Fälle sind durch die Wandlung der Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den Fortbildungs- und der Ausbildungskosten bedeutungslos geworden. ________________________ 512 BFH v. 28.8.1997 III R 195/94, BStBl 1998 II, 183; v. 28.8.1997 III 196/94, BFH/NV 1998, 569 (LS). A. A. jeweils die Vorinstanz FG Bbg v. 2.2.1994 1 K 65/93 und 1 K 23/93, juris.
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Kapitel 5: Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital „Hinzu kommt, dass der Wert der Investition mindestens ebenso der Allgemeinheit zugute kommt, in deren Interesse es liegt, daß möglichst viele ihrer Mitglieder eine qualifizierte Ausbildung erhalten.“ BVerfG, Beschluss vom 26.1.1994 zur Finanzierung der Berufsausbildung der Kinder durch die Eltern1
Wie bereits in der Einleitung zum Zweiten Teil dargelegt, können zwei verschiedene Arten von Fremdinvestitionen unterschieden werden, nämlich die egoistischen, bei denen der Investierende zur Verfolgung eigener Zwecke dem Lernenden die Bildungsmaßnahme finanziert, einerseits und die altruistischen, bei denen der Träger des Aufwands keine eigennützigen Ziele verfolgt, andererseits. Letztere sind weitaus detaillierter geregelt, auch die ergangene Rechtsprechung ist weitaus umfangreicher. Die Darstellung beginnt daher mit ihnen. Bei beiden Arten der Fremdinvestitionen ist zudem zu bedenken, dass es sich um ein steuerliches Dreipersonenverhältnis handelt. Im Rahmen der Einkommensteuer sind daher grundsätzlich zwei Steuerrechtsverhältnisse zu trennen: erstens das zwischen Staat und dem Lernenden einerseits und das zwischen Staat und, sofern nicht körperschaftsteuerbefreit,2 dem Investierenden andererseits.
I. Altruistische Fremdinvestitionen Die Investierenden können aufgrund diverser Regelungen ihre Kosten für die Bildungsmaßnahmen der Lernenden von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer absetzen. Damit trägt der Gesetzgeber Verknüpfungen der steuerlichen Leistungsfähigkeit zweier Steuersubjekte Rechnung: Die geminderte Leistungsfähigkeit des Lernenden verringert die Leistungsfähigkeit eines anderen und muss bei diesem berücksichtigt werden. Voraussetzung ist dafür allerdings die unbeschränkte Steuerpflicht des Leistenden, § 50 Abs. 1 S. 4 EStG. ________________________ 1 2
BVerfG v. 26.1.1994, 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, 354 f. (Hervorhebung nur hier). Das ist namentlich für juristische Personen des öffentlichen Rechts von Bedeutung, soweit kein Betrieb gewerblicher Art, §§ 1 Abs. 1 Nr. 6; 4 KStG, vorliegt. Die altruistischen Investitionen des Staates fallen daher zumeist aus dem Bereich des Steuerrechts heraus und in das Sozialrecht. Vgl. dazu Kap. 8 II (S. 316 ff.).
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Altruistische Fremdinvestitionen
Im Folgenden werden zunächst die Leistungen von Eltern an ihre Kindern (1) und der allgemeine Unterhaltstatbestand des § 33a Abs. 1 EStG (2) sowie der Abzug von Aufwendungen für die Ausbildung des Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG (3) dargestellt. Danach wird die Behandlung der altruistischen Kostenübernahme beim Lernenden erörtert. Dabei sind die steuerlichen Folgen von auch als altruistische Investitionen anzusehenden3 staatlichen (Sozial-)Leistungen besonders bedeutsam (4).
1. Leistungen von Eltern an ihre Kinder Durch eine Vielzahl von zum Teil sehr detaillierten Urteilen des Bundesverfassungsgerichts sind in jüngerer Zeit die grundgesetzlichen Vorgaben herausgearbeitet worden, denen der Gesetzgeber beim steuerlichen Familienleistungsausgleich unterliegt.4 Gleichwohl sind die Regelungen in ihrem Zusammenspiel mit familien- und sozialrechtlichen Normen nicht gerade übersichtlich – ein Zustand, den auch das Bundesverfassungsgericht jüngst erneut bemängelt hat.5 Überblicksartig lässt sich die Berücksichtigung von Leistungen von Eltern an ihre Kinder6 wie folgt skizzieren: Der Gesetzgeber kommt seiner Verpflichtung, zur Umsetzung des subjektiven Nettoprinzips Unterhaltszahlungen der Eltern an ihre Kinder realitätsnah zu berücksichtigen,7 durch eine Kombination verschiedener Freibeträge nach. § 32 Abs. 6 EStG sieht erstens einen Freibetrag zur Berücksichtigung des sächlichen Existenzminimums (Kinderfreibetrag) vor (b). Daneben tritt zweitens ein ebenfalls in § 32 Abs. 6 EStG normierter kombinierter Freibetrag, der den Betreuungs-, Erziehungsund Ausbildungsbedarf des Kindes abdecken soll (c). Dieser wird drittens in § 33a Abs. 2 EStG durch einen Freibetrag bei auswärtiger Unterbringung des volljährigen Kindes zum Zwecke der Berufsausbildung ergänzt (d). Diese Freibeträge belaufen sich kumuliert auf 6.732 Euro. Sie unterschreiten damit den Grundfreibetrag.8 Diese Freibeträge müssen vom Kindergeld ge________________________ 3 4 5
6 7 8
Vgl. Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 116). Vgl. dazu näher Kap. 9 I 2 a) (S. 340 ff.). Im Beschluss v. 9.4.2003 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01, BVerfGE 108, 52 ff. formulierte das Gericht im Zweiten Leitsatz: „Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebietet dem Gesetzgeber, bei der von ihm gewählten Ausgestaltung eines Familienleistungsausgleichs Normen zu schaffen, die auch in ihrem Zusammenwirken dem Grundsatz der Normenklarheit entsprechen. Dem genügen die das Kindergeld betreffenden Regelungen in ihrer sozial-, steuer- und familienrechtlichen Verflechtung immer weniger.“ Dazu § 32 Abs. 1 und 2 EStG sowie ausführlich M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. B 1 ff. (Stand März 2004). Vgl. dazu Kap. 9 I 2 a) (S. 340 ff.). Vgl. dazu Kap. 11 I 1 b) (S. 438).
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital
mäß §§ 62 ff. EStG als sozialrechtlicher Transferzahlung scharf getrennt werden, die nur verfassungsrechtlich geboten ist, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist.9 Insgesamt kam dem Familienleistungsausgleich im Jahre 2004 ein Volumen von knapp 36 Milliarden Euro zu. Davon waren knapp 22 Milliarden Euro zur Freistellung des Existenzminimums erforderlich, 14 Millarden dienten der darüber hinausgehenden Förderung. In technischer Hinsicht stand freilich die Gewährung von Kindergeld im Vordergrund; lediglich 1,5 Milliarden Euro wurden im Wege der nachträglichen Entlastung durch Veranlagung gewährt.10 Daneben bestehen Sondertatbestände wie die anteilige Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen für Privatschulen nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (e). Vorangestellt werden soll dem jedoch eine kurze Darstellung der geschichtlichen Entwicklung (a). a) Geschichtliche Entwicklung Die Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit durch die Berufsausbildung im derzeit geltenden Recht des Kindes ergibt sich im Wesentlichen aus drei Entwicklungslinien. aa) Erstens ist für das sächliche Existenzminimum des Kindes ein einkommensunabhängiger pauschaler Freibetrag vorgesehen, der sich linear nach der Kinderzahl bestimmt.11 Damit kam eine Entwicklung zum Abschluss,12 die seit Einführung der einheitlichen Einkommensteuer in Deutschland vier verschiedene Methoden der steuerlichen Berücksichtigung von Kindern durchlief: Zunächst wurde die Steuerschuld vermindert.13 Später wurde für jedes Kind ein von Einkommen und Kinderzahl abhängiger Betrag von der Bemessungsgrundlage abgezogen.14 Nach Ende der NS-Diktatur wurde der Freibetrag einkommensunabhängig gemacht. Dieser war zunächst für jedes ________________________ 9 Zum Kindergeld s. überblicksartig Kap. 8 II 4 a) (S. 325 f.). Soweit das Kindergeld nicht zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist, wird dessen Verfassungsmäßigkeit neuerdings angezweifelt, vgl. M. Lehner, Freiheitsrechtliche Vorgaben für die Sicherung des familiären Existenzminimums durch Erwerbseinkommen und Sozialeinkommen, in FS für P. Badura, 431 ff. 10 Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Datensammlung zur Steuerpolitik, 2004, 41. 11 Zu dem diesen und andere Freibeträge substituierenden sozialrechtlichen Kindergeld vgl. überblicksweise Kap. 8 II 4 a) (S. 325 f.). 12 Dazu näher M. Jachmann in KSM, § 31 Rz. A 20 ff. (Stand März 2004). 13 § 26 EStG 1920 in der Fassung durch die Novelle v. 24. März 1921, RGBl. 1921 I, 313. 14 Der Satz wuchs mit der Zahl der Kinder, wobei sich die Regelungen in der Zeit danach unterschieden, ob sie eine lineare oder eine progressive Steigerung je nach Kinderzahl vorsahen, vgl. § 52 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG 1925 einerseits und § 32 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG 1934 in Verbindung mit der Einkommensteuertabelle sowie § 32 Abs. 5 Nr. 2 und 3 EStG 1939 andererseits.
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Kind konstant,15 hing bald darauf aber erneut von der Kinderzahl ab.16 Von 1975 bis 1982 wurde dann gänzlich auf eine einkommensteuerliche Regelung17 verzichtet und nur ein sozialrechtliches Kindergeld gewährt. Seit 1983 besteht ein Nebeneinander von Kinderfreibetrag und sozialrechtlichem Kindergeld. Daran hat auch die große Reform des Familienleistungsausgleichs durch das Jahressteuergesetz 1996,18 mit dem die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Berücksichtigung des sächlichen Existenzminimums umgesetzt wurden, nichts geändert. Von diesen verschiedenen Techniken der Rechtsfolgenbestimmung ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit tatbestandlich eine Entlastung für das in Berufsausbildung befindliche Kind vorgesehen war. Minderjährige Kinder fanden von Anfang an Berücksichtigung. Volljährige Kinder wurden hingegen zunächst beim Kinderfreibetrag nicht pauschal berücksichtigt. Dies änderte sich erst während der Zeit des NS-Regimes. Seit dem Einkommensteuergesetz 1934 wurde einem Steuerpflichtigen, dessen volljähriges Kind sich in der Berufsausbildung befand und von ihm unterhalten wurde, das Recht eingeräumt, eine (pauschale) Kinderermäßigung auch für diese Kinder zu beantragen.19 Nach Auffassung der Rechtsprechung unterfiel der Besuch einer allgemeinbildenden Schule zunächst grundsätzlich nicht der Berufsausbildung.20 Nach dem Krieg wurde der Begriff aber zunehmend weiter verstanden, so dass der Besuch sämtlicher allgemeinbildender Schulen erfasst wurde.21 Eine weitere Entwicklungslinie bestand darin, dass das Merk________________________ 15 Eine ähnliche Regelung war schon im § 20 EStG 1920 vorgesehen, wobei sich der Entlastungsbetrag allerdings bei Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von nicht mehr als 10.000 Mark unter bestimmten Voraussetzungen erhöhen konnte – der Freibetrag hing also zum Teil negativ mit dem Einkommen zusammen. 16 Durch das Gesetz v. 24.6.1953 wurde ein höherer Freibetrag für das dritte und alle folgenden Kinder eingeführt. Das Steueränderungsgesetz 1956 sah für das zweite Kind einen Freibetrag vor, der höher als der für das erste und niedriger als der für das dritte und alle weiteren war. 17 Abgeschafft wurden der Kinderfreibetrag sowie diverse andere kindesbedingte Steuerermäßigungen durch das Einkommensteuerreformgesetz v. 5.8.1974, BGBl 1974 I, 1769. 18 Vom 11.10.1995, BGBl. I 1995 S. 1250 ff. 19 § 32 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1934. Ebenso § 32 Abs. 5 Nr. 3 EStG 1939. 20 RFH v. 28.10.1937 IV 5/37, RStBl. 1938, 83. 21 So sprach sich L. Falk in Blümich/Falk, EStG, 7. Aufl. 1955, § 32 Anm. 5 noch gegen jede Berücksichtigung des Schulbesuchs aus; ebenso BFH v. 16.12.1954 IV 67/54 U, BStBl. 1955 III, 73. R 45 Abs. 4 LStR 1955 und R 181 Abs. 3 EStR 1955 sahen hingegen den Besuch höherer Schulen als erfasst an; dem folgend O. Bühler, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und die Gewinnbestimmungen der Gewerbesteuer, 1956, § 32 Rz. 11. Wie heute dann BFH v. 10.2.1961 VI 182/60 U, BStBl. 1961 III, 160 (zu § 33a EStG) und dem folgend etwa E. Littmann, Das Einkommensteuerrecht.
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mal „auf Kosten des Steuerpflichtigen“ zunehmend an Bedeutung verlor und schließlich mit Wirkung ab 1975 gänzlich entfiel. Seit dem Jahressteuergesetz 199622 kann es wegen der dort eingeführten zweistufigen Struktur grundsätzlich auch nicht mehr als teleologisches Kriterium für den Begriff der Berufsausbildung herangezogen werden.23 bb) Daneben wurden früh Aufwendungen für die Berufsausbildung des Kindes berücksichtigt, die sich nach den durch einen Höchstbetrag begrenzten tatsächlichen Zahlungen bestimmten. So bestimmte § 26 EStG 1920 in der Fassung vom 24. März 1921,24 dass leistungsfähigkeitsrelevante wirtschaftliche Verhältnisse ganz oder teilweise berücksichtigt werden konnten, wenn das Einkommen bestimmte Grenzwerte nicht überstieg. Als derartige Verhältnisse galten insbesondere Aufwendungen für Unterhalt und Erziehung der Kinder, wozu auch die universitäre Ausbildung gehören sollte.25 Die entsprechende Norm im Einkommensteuergesetz 1925 enthielt einen ausdrücklichen Verweis auf die Berufsausbildung.26 Ein eigenständiger, vom Grundtatbestand der außergewöhnlichen Belastungen getrennter Freibetrag für den Fall, dass dem Steuerpflichtigen zwangsläufig Aufwendungen für die Ausbildung eines Kindes erwuchsen, wurde erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1955 in § 33a Abs. 2 EStG aufgenommen.27 Während der Zeit der Kindergeldlösung bestand der Ausbildungsfreibetrag fort. cc) Drittens erstreckt sich das Existenzminimum von Kindern nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1998 nicht nur auf den Sachbedarf, sondern auch auf den Betreuungs- und den Erziehungsbedarf.28 Das Gericht verpflichtete daher den Gesetzgeber zu einer Neuregelung der Kinderbetreuungskosten29 sowie des Erziehungsbedarfs.30 Trotz der zum Teil heftigen Kritik in der Literatur gegen den Betreuungsbedarf ohne finanziellen Aufwand, aber auch den Erziehungsbedarf31 – so wurde geltend ge________________________
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
7. Aufl. 1962, § 32 Rz. 8 (dort auch mit der Begründung, dass sich die Ausweitung des Begriffs der Berufsausbildung aus der Senkung des Alters für die unbedingte Berücksichtigung ergebe). Vom 11.10.1995, BGBl. 1995 I, 438. Vgl. dazu im Einzelnen sogleich. RGBl. 1921 I, 313. Vgl. etwa G. Strutz, Einkommensteuergesetz 1920, 1921, § 26 Rz. 30. § 56 Abs. 1 EStG 1925. S. dazu H.-W. Arndt in KSM, § 33a Rz. A 17 (Stand September 1990). BVerfG v. 10.11.1998 2 BvR 1057/91, 1226/91 u. 980/91, BVerfGE 99, 216. Bis zum 1.1.2000. Bis zum 1.1.2002. Dagegen etwa Birk/Wernsmann, JZ 2001, 218, 220 ff.; U. Sacksofsky, NJW 2000, 1896, 1902 formuliert scharf: „Damit sprengt das Gericht die Logik des Steuerrechts.“ K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 824 ff.; a. A. M. Jachmann, DStZ 2001, 225; dies., in KSM, § 32 Rz. A 81a (Stand Juni 2001); P. Kirchhof, NJW 2000, 2792, 2795 f.
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macht, es handle sich bei Tennis- und Reitunterricht nicht um einen Teil des Existenzminimums,32 sondern um disponible Einkommensverwendung33 – kam der Gesetzgeber der vom Verfassungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung nach.34 Er erfasst seit dem Veranlagungszeitraum 2002 in § 32 Abs. 6 S. 1 EStG neben dem sächlichen Existenzminimum auch Betreuungs-, Erziehungs- und, was hier besonders interessiert, Ausbildungsbedarf. Er gewährt den Freibetrag in der vom Verfassungsgericht vorgezeichneten35 typisierenden Weise, ohne dass Aufwendungen in dieser Höhe tatsächlich entstanden sein müssten. Gleichzeitig beschränkte er § 33a Abs. 2 EStG auf volljährige Kinder. b) Kinderfreibetrag Der Kinderfreibetrag in Höhe von 1.824 Euro für jeden Elternteil36 ist unter den erwähnten Entlastungen nicht zuletzt wegen seines großen fiskalischen Volumens von besonderem Interesse.37 Er wird für volljährige,38 in der Ausbildung befindliche Kinder gewährt, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.39 Dem liegt die typisierende Annahme zugrunde, dass ein Kind von seinen Eltern unterstützt wird, wenn es ausbildungsbedingt seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann.40 Der Gesetzgeber denkt diese Annahme in der Vorschrift des § 74 Abs. 1 S. 1 und 3 EStG41 konsequent fort. Kommt ________________________ 32 K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 826. 33 Seer/Wendt, NJW 2000, 1904, 1909 mit dem zutreffenden Hinweis, dass eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen die korrespondierende Erfassung beim Kind als Empfänger erfordere (für ein solches Familienrealsplitting namentlich H.-J. Kanzler, DStJG 24 (2001), 417, 457 ff.; K. Vogel, Kindesunterhalt im Einkommensteuerrecht, FS für K. Offerhaus, 1999, 47, 62 f.). 34 Durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung v. 16.8.2001, BGBl. 2001 I, 2074. Dazu BT-Drucks. 14/6160, 13. 35 BVerfG v. 10.11.1998 2 BvR 1057/91, 1226/91 u. 980/91, BVerfGE 99, 216, 234. 36 Zum Halbteilungsgrundsatz und zur Verdoppelung der Beträge bei Zusammenveranlagung s. nur M. Jachmann in KSM, § 31 Rz. B 5 (Stand März 2004). Zur Übertragung dies., in KSM, § 32 Rz. D 15 ff. (Stand März 2004). 37 Vgl. etwa Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Datensammlung zur Steuerpolitik, 2004, 41, wonach sich das Gesamtvolumen von sozialrechtlichem Kindergeld und einkommensteuerlichem Kinderfreibetrag auf 35,95 Mrd. Euro beläuft. 38 Demgegenüber ist die Gewährung des Kinderfreibetrags für minderjährige Kinder nach § 32 Abs. 3 EStG nicht von der ausbildungsbedingt fehlenden Leistungsfähigkeit abhängig, vgl. etwa BFH v. 1.3.2000 VI R 162/98, BStBl. 2000 II, 459. 39 Zur Verlängerung nach Wehrdienst etc. vgl. § 32 Abs. 5 EStG. 40 Freilich darf diese Annahme nicht zu einem Tatbestandsmerkmal erhöht werden. Es ist also nicht zu prüfen, ob das Kind wegen der Ausbildung an der Verwertung seiner Arbeitskraft gehindert ist, vgl. etwa BFH v. 9.6.1999 VI R 143/98, BStBl II 1999, 710. 41 Die wegen der Zugehörigkeit zum Kindergeldrecht hier nicht näher zu erörtern ist.
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der Kindergeldberechtigte seiner Unterhaltspflicht nicht nach, oder besteht diese mangels Leistungsfähigkeit schon gar nicht, dann kann42 das festgesetzte Kindergeld an das Kind ausgezahlt werden. Dasselbe soll gelten, wenn eine Unterhaltspflicht bei einer sogenannten Zweitausbildung43 ausscheidet und tatsächlich kein Unterhalt gezahlt wird.44 Zunächst werden die Voraussetzungen der Berücksichtigung von in Ausbildung befindlichen Kindern dargestellt. Dabei sind tatbestandlich zwei Ebenen strikt zu trennen, nämlich einerseits die Berufsausbildung, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, (aa) und andererseits der Grenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge, mit dem (allein)45 die Unterhaltsberechtigung typisierend abgebildet werden soll, § 32 Abs. 4 S. 2 ff. EStG (bb). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die teleologische Reduktion, wenn Ehegatten als vorrangige Unterhaltsverpflichtete vorhanden sind (cc). Abschließend wird kurz auf die Weitergewährung des Kinderfreibetrags während der Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b EStG und der Suche nach einem Ausbildungsplatz nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG eingegangen (dd). aa) Begriff der „Berufsausbildung“ Unter Berufsausbildung ist die erste oder weitere46 Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen.47 Dem Begriff unterfallen nicht nur solche Maßnahmen, die zu Ausbildungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG48 führen,49 sondern – entsprechend der Zielsetzung, typisiert Leistungsfähigkeitsminderungen der Eltern Rechnung zu tragen – auch Fortbildungskosten.50 Der Begriff ist demnach unabhängig von den Eigeninvesti________________________ 42 Zu Ermessenserwägungen H. Pust, in Littmann/Bitz/Pust, § 74 Rz. 46 (Stand August 2004). 43 S. dazu unten Kap. 8 I 2 (S. 312 ff.). 44 BFH v. 16.4.2002, VIII R 50/01, BStBl. 2002 II, 575. 45 A. A. die Lehre von den typischen Unterhaltsvoraussetzungen, s. B. Heuermann, in Blümich, § 32 EStG Rz. 65 (Stand März 2004); M. Jachmann, KSM, § 32 Rz. C 8 (Stand März 2004). Dagegen aber H. J. Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 32 Rz. 25 (Stand März 2002). S. dazu auch die unter cc) dargestellte Fallgruppe. 46 BFH v. 20.7.2000 VI R 121/98, BStBl. 2001 II, 107. 47 Vgl. etwa BFH v. 9.6.1999 VI R 143/98, BStBl II 1999, 710 sowie vor Änderung des Familienleistungsausgleichs BFH v. 11.10.1984 VI R 69/83, BStBl. 1985 II, 91. 48 Vgl. zu dem dortigen Verständnis Kap. 4 II (S. 124 ff.). 49 Tendenziell so aber noch BSG v. 26.6.1996 10 RKg 16/94, SozSich 1997, 199. 50 BFH v. 20.7.2000 VI R 121/98, BStBl. 2001 II, 107. A. A. Hess. FG v. 2.4.2001 9 K 4334/99, EFG 2001, 1028 (aufgehoben durch BFH v. 26.6.2003 VI R 67/01, HFR 2004, 216).
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tionen, aber auch unabhängig vom familienrechtlichen Begriff51 zu definieren.52 Ein Kind befindet sich so lange in der Berufsausbildung, wie es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber noch ernstlich darauf vorbereitet.53 Das Berufsziel wird – mit Blick auf den von Verfassungs wegen eingeräumten weiten Entscheidungsspielraum der Eltern und des Kindes – weitgehend von deren Vorstellungen bestimmt.54 Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, die auf den Erwerb von als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeigneten Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen gerichtet sind. Dazu soll freilich noch nicht die Berufsfindung gehören.55 Ein Beruf erfordert eine Dauertätigkeit. Es kommt nicht darauf an, dass der angestrebte Beruf innerhalb bestimmter bildungspolitischer Zielsetzungen des Gesetzgebers liegt.56 Das Merkmal des Berufes dient zugleich der Abgrenzung zur Privatsphäre, wobei sich vergleichbare Fragen ergeben wie bei den Eigeninvestitionen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.57 Erfasst ist die planmäßige Akkumulation von Humankapital. Es kommt nicht darauf an, ob die Maßnahme in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist oder – mangels solcher Regelungen – jedenfalls dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten dient, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind.58 Denn die Auslegung habe, so führt der Bundesfinanzhof aus, vor dem Hintergrund der Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern zu erfolgen, die bei diesen unabhängig davon eintrete, ob sich das Kind in einem fest vorgeschriebenen Ausbildungsgang befinde. Auch lasse es die technische und wirtschaftliche Entwicklung in praktisch allen Berufszweigen als notwendig erscheinen, über das vorgeschriebene Maß hinausgehende Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben.59 Eine konti________________________ 51 Kap. 8 I 2 (S. 312 ff.). 52 Statt vieler W. Greite in Korn, EStG, § 32 Rz. 38 (Stand Februar 2002). 53 St. Rechtsprechung, zuerst BFH v. 8.11.1972 VI R 309/70, BStBl. 1973 II, 139; zuletzt BFH v. 17.2.2004 VIII R 84/03, juris. 54 BFH v. 9.6.1999 VI R 50/98, BStBl. 1999 II, 706. 55 FG BaWü v. 3.9.1999 1 K 143/97, EFG 1999, 1136 – rkr.; v. 22.11.2000 9 K 297/98, EFG 2001, 296 – rkr. 56 FG Nds v. 29.6.1999 VIII 854/98, EFG 1999, 1136 – rkr. nach Rücknahme der NZB unter Berufung auf die zu § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG ergangene Rechtsprechung. 57 FG Nds v. 29.1.1973 IX R 140/71, EFG 1973, 316 – rkr.: Ausbildung einer Zwölfjährigen zur Eiskunstläuferin nicht erfasst (zu § 33a Abs. 2 EStG). Vgl. Kap. 4 II 3 (S. 126 ff.) zu ähnlichen Fällen im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. 58 BFH v. 9.6.1999 VI R 50/98, BStBl. 1999 II, 706. 59 BFH v. 9.6.1999 VI R16/99, BStBl. 1999 II, 713. Ebenso zuvor schon BFH v. 8.11.1972 VI R 30/70, BStBl. 1973 II, 139.
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nuierlich durchgeführte Ausbildung kann durchgängig Berufsausbildung sein, wenn sie sich in mehreren Stufen vollzieht, von denen an sich zwar schon jede einzelne die Befähigung zur Berufsausübung vermittelt, das angestrebte Ziel aber noch nicht erreicht ist.60 Eine Berufsausbildung kann auch bei einer nur wenige Wochen dauernden unternehmensinternen Bildungsmaßnahme anzunehmen sein, wenn dem ein systematischer Ausbildungsplan zugrunde liegt.61 Dasselbe gilt für ein Praktikum, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der zunächst angestrebte Beruf oder Ausbildungsgang, den das Praktikum fördern sollte, später auch ergriffen bzw. beschritten wird.62 Die Maßnahme muss der Erlangung der angestrebten Qualifikation dienen; der Ausbildungscharakter hat im Vordergrund zu stehen.63 Es darf daher nicht lediglich ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis vorliegen. Dementsprechend ist – in Übereinstimmung mit Entscheidungen aus der Zeit vor der Reform des Familienleistungsausgleichs – die Einweisung in die Aufgaben des künftigen Betriebsinhabers64 ebenso wenig als Ausbildung anzusehen wie die Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter nach Abbruch einer Lehre.65 Die Berufsausbildung setzt eine bestimmte zeitliche Intensität voraus, so dass für ein Kind, das nur an einem Tag in der Woche die Berufsschule zur Erfüllung der Berufsschulpflicht besucht, kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag besteht.66 Allgemeiner lässt sich formulieren, dass die Ausbildung die Zeit und Arbeitskraft des Kindes dermaßen in Anspruch nehmen muss, dass ein greifbarer Bezug zum angestrebten Berufsziel hergestellt wird und Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit ausgeschlossen erscheinen. Eine tatsächliche Ausbildungs- und Unterrichtszeit von zehn Wochenstunden soll ________________________ 60 BFH v. 8.9.1972 VI R 54/70, BStBl. 1973 II, 138. Die in der Zeit vor Änderung des Familienleistungsausgleichs gemachte Einschränkung, BFH v. 2.7.1993 III R 79/92, BStBl. 1993 II, 871, eine Berufsausbildung scheide aus, wenn jemand zur Vorbereitung auf ein höher gestecktes Berufsziel einen Beruf ausübt, der von vielen als Dauerberuf ausgeübt wird, wurde ausdrücklich aufgegeben. BFH v. 16.4.2002, VIII R 58/01, BStBl. 2002 II, 523. 61 FG Berlin v. 8.7.1999 7 K 7128/98, EFG 1999, 1187 – rkr. Ebenso für die zwei Jahre dauernde unternehmensinterne Schulung zum Hörberater FG Dü v. 8.8.2000 14 K 8103/99, EFG 2000, 1338 – rkr. 62 BFH v. 14.1.2000 VI R 11/99, BStBl. 2000, 199; v. 15.7.2003 VIII R 105/01, BStBl. 2003 II, 847. 63 BFH v. 9.6.1999 VI R 33/98, BStBl. 1999 II, 701. 64 BFH v. 2.8.1968 VI R 207/66, BStBl. 1968 II, 777. Ebenso M. Jachmann, KSM, § 32 Rz. C 15 (Stand März 2004). 65 BFH v. 8.11.1972 VI R 14/72, BStBl. 1973 II, 141. 66 FG München v. 15.10.2003 9 K 4184/02, juris (LS).
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dafür regelmäßig ausreichen.67 Hingegen muss die Ausbildungsmaßnahme die Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch nehmen.68 Grundsätzlich hindert allein eine Vollzeittätigkeit die Annahme einer gleichzeitigen Berufsausbildung nicht,69 wie neue Entscheidungen zum Promotionsstudium70 erkennen lassen. Zwar hatte der Bundesfinanzhof die Frage, ob ein neben einer Vollzeittätigkeit betriebenes Studium als Berufsausbildung anzusehen sein kann, zunächst offen gelassen.71 Nunmehr hält er aber das Vorliegen eines Ausbildungsdienstverhältnisses für unschädlich.72 Die früher angenommene teleologische Reduktion73 sei inzwischen entbehrlich, weil der fehlenden typisierten Leistungsfähigkeitsminderung durch den Jahresgrenzbetrag der Einkünfte und Bezüge Rechnung getragen werde.74 In diesen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof zugleich den Vollzeiterwerb als Ausschlussgrund ausdrücklich auf die bisher entschiedenen Fälle vor Aufnahme der Ausbildung und nach Ablegen der letzten Prüfung beschränkt.75 Auch neben einem Zivildienst ist eine Berufsausbildung – etwa in Form eines Studiums – möglich.76 Schon aus dem Wortlaut („ausgebildet wird“) ergibt sich, dass anders als für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG77 eine vollständig ________________________ 67 DA 63.3.2 Abs. 5 S. 1 und 2 DAFamEStG. 68 BFH v. 9.6.1999 VI R 33/98, BStBl. 1999 II, 701. 69 Gegen einen Ausschlussgrund der Vollzeiterwerbstätigkeit auch H. J. Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 32 Rz. 25 (Stand Februar 2004). 70 BFH v. 26.11.2003 VIII R 30/03, juris; v. 17.2.2004 VIII R 84/03, juris. 71 BFH v. 23.11.2001 VIII R 77/99, BStBl. 2002 II, 484. 72 BFH v. 16.4.2002 VIII R 58/01, BStBl. 2002 II, 523; v. 1.7.2003 VIII R 75/02, BFH/ NV 2003, 1420 (für eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme nach § 19 BSHG). A. A. noch BFH v. 2.7.1993 III R 70/92, BStBl. 1994 II, 102 (Studium eines Zeitsoldaten; zum alten Recht); FG Dü v. 12.1.2001 14 K 6472/98, EFG 2001, 1149 als Vorinstanz zu BFH v. 16.4.2002 VIII R 58/01. 73 BFH v. 11.10.1984 VI R 69/83, BStBl. 1985 II, 91. 74 BFH v. 16.4.2002 VIII R 58/01, BStBl. 2002 II, 523. 75 Zu diesen Fällen sogleich im Zusammenhang mit Beginn und Ende des Studiums. 76 Vgl. BFH v. 23.4.1997 VI R 135/95, BFH/NV 1997, 655; v. 9.6.1999 VI R 92/98, BStBl. 1999 II, 708; v. 9.6.1999 VI R 143/98, BStBl. 1999 II, 710; v. 9.6.1999 VI R 34/98, BStBl. 1999 II, 705, v. 29.10.1999 VI R 53/99, BFH/NV 2000, 431; v. 14.5.2002 VIII R 61/01, BStBl. 2002 II, 807; v. 14.5.2002 VIII R 48/01, BFH/NV 2002, 1552. A. A. noch FG Münster v. 5.6.2000 14 K 458/00, EFG 2000, 1393 – rkr. nach Zurückw. der NZB VI B 255/00 sowie FG Münster v. 17.11.2000 111 K 1372/00, EFG 2001, 222 als Vorinstanz zu BFH v. 14.5.2002 VIII R 48/01. Keine Berufsausbildung ist aber der Zivildienst selbst, so mit Recht M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. A 70 (Stand März 2004). 77 Kap. 4 II 2 (S. 126 ff.).
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freie Selbstausbildung nicht ausreichen kann.78 Selbststudien sollen allerdings ebenfalls zur Berufsausbildung rechnen, wenn sie auf eine staatliche Prüfung vorbereiten.79 Im Einzelnen zählen zur Berufsausbildung sowohl der Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen80 als auch (Vor-)Praktika,81 (Fern-)Studien,82 das (Rechts-)Referendariat,83 die Ausbildung zum Golflehrer,84 ein der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation dienendes Volontariat85 und die ernsthaft betriebene Vorbereitung auf die Promotion,86 selbst wenn sie im Rahmen von Arbeitsverhältnissen wissenschaftlicher Assistenten87 erfolgt oder von einer Halbtagstätigkeit begleitet wird.88 Eine Teilzeittätigkeit als Fremdsprachenassistent für Deutschlehrer im Ausland kann ebenfalls dem Begriff der Berufsausbildung unterfallen.89 Auch eine rein auf ________________________
78 So auch DA 63.3.2 Abs. 6 S. 3 DAFamEStG. 79 FG BaWü v. 4.5.2001 14 K 73/01, EFG 2001, 1299 – rkr.; v. 26. Februar 2002 2 K 212/01, EFG 2002, 771 – rkr. Dem folgend etwa M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. C 15 (Stand März 2004). 80 BFH v. 9.6.1999 VI R 34/98, BStBl. 1999 II, 705. 81 BFH v. 9.6.1999 VI R 16/99, BStBl. 1999 II, 713. 82 Zu Fernunterricht etwa D. Felix, in KSM, § 63 Rz. D 18 und 42 (Stand September 2001); H. J. Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 32 Rz. 53 (Stand November 2003). 83 BFH v. 10.2.2000 VI B 108/99, BStBl. 2000 II, 398. Zur Ausdehnung auf andere Referendariate etwa B. Heuermann, in Blümich, § 32 Rz. 72 EStG (Stand Januar 2002); MIT, DStR 2000, 682. 84 FG RP v. 8.7.2002 5 K 1209/01, DStRE 2003, 594 – rkr. 85 BFH v. 9.6.1999 VI R 50/98, BStBl. 1999 II, 706. Das gilt auch dann, wenn das Volontariat erst nach Abbruch einer im Anschluss an eine inländische Ausbildung angetretene berufliche Tätigkeit aufgenommen wird, FG München v. 1.2.2001 10 K 3150/00, EFG 2001, 759 – rkr. 86 BFH v. 9.6.1999 VI R 92/98, BStBl. 1999 II, 708; v. 29.10.1999 VI R 53/99, BFH/NV 2000, 431; FG Sachsen v. 12.3.2003 5 K 2127/02, EFG 2004. 208 – Rev. VIII R 84/03. Dafür auch H. J. Helmke, in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 32 Rz. 53 (Stand November 2003). Anders für eine auf Grundlage eines entgeltlichen Doktorandenvertrags mit einem Industrieunternehmen durchgeführte Promotion FG Hamburg v. 20.3.2002 I 512/00, EFG 2003, 247 – rkr. 87 BFH v. 10.12.2003 VIII B 151/03, BFH/NV 2004, 929. Ebenso die Vorinstanz FG Dü v. 28.5.2003 18 V 6587/02, EFG 2003,1318. 88 BFH v. 23.4.1997 VI R 135/95, BFH/NV 1997, 655; FG Sachsen v. 5.8.2002 7 K 2307/01, juris. 89 BFH v. 14.1.2000 VI R 11/99, BStBl. 2000 II, 199 für einen Magisterstudenten mit den Fächern Deutsche Literatur, Germanistische Linguistik und Anglistik. Hier ging es anders als in den folgenden Auslandsfällen nicht nur um den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen. Mit diesem Urteil ist freilich BFH v. 15.7.2003 VIII R 79/99, BStBl. 2003, 843 kaum zu vereinbaren. Der Versuch der Differenzierung wird vom Sachverhalt des ersten Urteils nicht getragen.
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Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen gerichtete Ausbildung kann grundsätzlich den erforderlichen Bezug zu einem später auszuübenden Beruf aufweisen. Mit Blick auf die gebotene Abgrenzung zur Privatsphäre stellt die Rechtsprechung allerdings zusätzliche Kriterien auf: Es reicht nicht jeder Auslandsaufenthalt aus, der zu einer Verbesserung der Sprachkenntnisse führt. Vielmehr muss der Sprachaufenthalt in einer anerkannten Form der Berufsausbildung, z. B. Besuch eines College oder einer Universität, erfolgen oder – wie bei einem Sprachaufenthalt im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses90 – von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt.91 Je nach den Umständen des Einzelfalls können geringere Stundenzahlen als die bereits beim allgemeinen zeitlichen Mindestumfang diskutierten zehn Wochenstunden ausreichen.92 Die Berufsausbildung endet spätestens mit Bekanntgabe des letzten Prüfungsergebnisses,93 nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung94 aber bereits zuvor bei voller Erwerbstätigkeit des Kindes.95 Das lässt sich nach neuer Rechtsprechung zwar nicht mit der fehlenden typischen Unterhaltssituation begründen,96 wohl aber damit, dass sich das Kind dann auch vor dem formalen Abschluss der Prüfung nicht mehr ernstlich auf ein Berufsziel vorbereite, sondern es unter Umständen sogar bereits erreicht habe.97 Zudem könne es andernfalls zu einem rückwirkenden Wegfall des Freibetrags auch für einen ________________________ 90 Vgl. dazu BFH v. 19.2.2002 VIII R 83/00, BStBl. 2002 II, 469 unter Aufhebung der Vorinstanz FG Bremen v. 24.2.2000 499114 K 1, juris; v. 19.2.2002 VIII B 143/01, BFH/NV 2002, 1022. 91 BFH v. 9.6.1999 VIII R 83/00, BStBl. 1999 II, 701. Das ist weder bei einem Kurs über Landesgeschichte mit wöchentlich dreieinhalb Unterrichtsstunden der Fall, vgl. BFH v. 19.2.2002 VIII R 83/00, BStBl. 2002 II, 469, noch beim Ausbildungsprogramm der Organisation „Up with People“ für eine Arzthelferin, s. FG Münster v. 13.1.2003 5 K 4696/00, EFG 2003, 783 – rkr. 92 Vgl. W. Greite, DStR 2000, 143, 144 und M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. C 16 (Stand März 2004). 93 Auch wenn sich die Bekanntgabe erheblich verzögert, so FG Nds v. 27.6.2001 9 K 685/97, DStRE 2001, 1215 – rkr. 94 Noch nicht ausreichend ist es, wenn die Diplomarbeit im Wesentlichen abgeschlossen ist, aber vor der Einreichung noch kleinere Korrekturen vorgenommen werden, so FG München v. 7.7.1999 1 K 3178/97, juris. 95 BFH v. 24.5.2000 VI R 143/99, BStBl. 2000 II, 473. Ebenso FG Nds v. 8.2.2000 1 K 310/99, EFG 2000, 444 – rkr. nach Rückn der Rev. VI R 58/00; v. 29.2.2000 6 K 354/99, EFG 2000, 794 – rkr. nach Rückn. der NZB. 96 So nunmehr ausdrücklich BFH v. 17.2.2004 VIII R 84/03, juris. 97 BFH v. 24.5.2000 VI R 143/99, BStBl. 2000 II, 473. A. A. für den Fall der Aufnahme des Zivildienstes vor Bekanntgabe des Ergebnisses der Abiturprüfung FG Dü v. 14.3.2000 14 K 5406/99, EFG 2000, 692 – rkr.
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Zeitraum kommen, in dem die Leistungsfähigkeit der Eltern gemindert gewesen sei.98 Diese Grundsätze gelten auch bei Nichtbestehen der Prüfung und späterer Nachprüfung.99 Die Berufsausbildung endet ebenfalls, wenn der Ausbildungsstatus auf andere Weise beendet ist, etwa durch Abbruch oder Erkrankung auf unabsehbare Zeit.100 Umgekehrt beginnt die Berufsausbildung bei einem Hochschulstudium noch nicht mit der Einschreibung. Vielmehr kommt es auf die Aufnahme der Ausbildung an, wofür regelmäßig der offizielle Schuljahres- oder Semesterbeginn maßgeblich ist;101 dass der Unterricht erst einige Tage später aufgenommen wird, ist ohne Belang.102 Die Ausbildung beginnt aber solange nicht, wie das Kind noch einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht.103 Unterbrochen wird die Ausbildung durch Beurlaubung zum Zwecke der Erwerbstätigkeit,104 der Mitarbeit in der studentischen Selbstverwaltung oder während der Elternzeit,105 nicht aber schon während (vorübergehender)106 Erkrankung und der Mutterschaftsschutzfristen nach MuSchG107 oder gar während der Semesterferien108 oder eines Urlaubs. Es kommt nicht zu einer Unterbrechung, wenn während der Beurlaubung Maßnahmen der Berufsausbildung stattfinden.109 ________________________ 98 BFH v. 24.5.2000 VI R 143/99, BStBl. 2000 II, 473. 99 BFH v. 19.2.2002 VIII R 90/01, BFH/NV 2002, 1023 unter Aufhebung von FG Münster v. 24.8.2001 2 K 334/00, EFG 2001, 1560. Der BFH v. lässt die Frage, ob sich der Lernende an den Tagen der Nachprüfung in der Berufsausbildung befindet, offen. 100 H. J. Helmke, in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 32 Rz. 67 (Stand November 2003). 101 S. nur B. Heuermann, in Blümich, § 32 Rz. 72 EStG (Stand Januar 2002). 102 DA 63.3.2.6 Abs. 1 S. 1 DAFamEStG. 103 BFH v. 23.11.2001 VI R 77/99, BStBl. 2002 II, 484. 104 FG Münster v. 16.10.2000 5 K 1542/98, juris. 105 BFH v. 15.7.2003 VIII R 47/02, BStBl. 2003 II, 848 mit der Begründung, in diesem Falle sei der Vater des Kindes vorrangig unterhaltsverpflichtet; außerdem komme hilfsweise eine steuerliche Entlastung nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht; ebenso BFH v. 14.10.2003 VIII R 56/01, BStBl. 2004 II, 123, wobei das Erziehungsgeld nach BErzGG nicht zu den gemäß § 33a Abs. 1 S. 3 EStG anrechenbaren Bezügen gehört, vgl. BFH v. 24.11.1994 III R 37/93. A. A. W. Greite in Korn, EStG, § 32 Rz. 45 (Stand Januar 2002); B. Heuermann, in Blümich, § 32 EStG Rz. 73 (Stand Februar 2002). 106 Anders für einen Zeitraum von über zwei Jahren nach einem schweren Verkehrsunfall FG Nürnberg v. 15.7.1991 V164/90, EFG 1991, 686 – rkr. 107 R 180 Abs. 1 S. 2 EStR 2001. 108 Hess. FG v. 12.10.1989 1 K 286/87, EFG 1990, 360 – rkr. Das ist unabhängig von einer Erwerbstätigkeit. 109 BFH v. 9.6.1999 VI R16/99, BStBl. 1999 II, 713; v. 14.1.2000 VI R 11/99, BStBl. 2000 II, 199; v. 16.4.2002 VIII R 89/01, BFH/NV 2002, 1150.
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bb) Eigene Einkünfte und Bezüge Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes führen zu einer Minderung oder einem Wegfall der Bedürftigkeit i. S. des § 1602 BGB.110 Der Gesetzgeber trägt dem – entsprechend der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Möglichkeit – in typisierender Weise Rechnung.111 Die fehlende Leistungsfähigkeit ist immer dann – in voller Höhe des Unterhaltsbedarfes – anzunehmen, wenn das im Inland wohnende112 Kind Einkünfte und Bezüge von nicht mehr als 7.680 Euro113 im Kalenderjahr hat, § 32 Abs. 4 S. 2 EStG. Bei einem geringfügigen Überschreiten der Grenze kommt eine Billigkeitsmaßnahme nicht in Betracht,114 weil andernfalls an die Stelle der vom Gesetzgeber gewählten Lösung einer klaren Grenze eine graduelle Anrechnung träte. Die genaue Berechnung der Einkünfte und Bezüge ist wiederholt Gegenstand von Entscheidungen des Bundesfinanzhofes gewesen.115 Diese Entscheidungen sind zum Teil vom Gesetzgeber mit „Nichtanwendungsgesetzen“, vgl. § 32 Abs. 4 S. 4 und 6 EStG, und vom Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Auslegung korrgiert worden.116 Unter dem Begriff der Einkünfte ist dasselbe zu verstehen wie in § 2 Abs. 2 EStG,117 ohne dass es auf die freie Verfügbarkeit ankäme.118 Dazu gehören gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes auch ver-
________________________ 110 BFH v. 21.7.2000 VIII R 153/99, BStBl. 2000 II, 566. 111 Vgl. z. B. BFH v. VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566, unter II. 2. b der Gründe; v. 26.9.2000 VI 85/99 BStBl. 2000 II, 684. Zur Gegenposition, die eine Berücksichtigung des Unterhalts in tatsächlicher Höhe verlangt, s. K. Vogel, Kindesunterhalt im Einkommensteuerrecht, in FS für K. Offerhaus, 47, 57. Vgl. auch M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. A 87a (Stand März 2004) zu weiteren Nachweisen. 112 Zur Kürzungsmöglichkeit für Kinder mit Wohnsitz im Ausland, vgl. § 32 Abs. 4 S. 3 EStG. 113 Zur Kürzung des Betrages bei Auslandskindern nach § 32 Abs. 4 S. 3 EStG s. nur M. Jachmann in KSM, § 32 Rz. C 52 ff. (Stand März 2004). 114 Ausführlich dazu BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566 unter II.3. A. A. B. Paus, StW 2001, 235, 236 sowie de lege ferenda M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. A 71 (Stand März 2004). 115 Grundlegend BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566. S. etwa auch BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566 und v. 4.11.2003 VIII R 59/03, BFH/ NV 2004, 407. 116 BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911. Vgl. dazu Kap. 11 I 1 (S. 437 ff.). 117 BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566. Insoweit übereinstummend BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911, 916. 118 BFH v. 8.11.1972 VI R 257/71, BStBl. 1973 II, 143.
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mögenswirksame Leistungen.119 Freibeträge120 wie der Sparer-Freibetrag und der Versorgungsfreibetrag sind grundsätzlich zu berücksichtigen, so dass Einkünfte nur vorliegen, soweit die Einnahmen den Freibetrag überschreiten. Dasselbe gilt für Erwerbsaufwendungen, und zwar auch für vorab entstandene Werbungskosten aus einer Fortbildungsmaßnahme.121 Der in diesem Verfahren von den Finanzbehörden vorgebrachte – und strukturell sehr interessante122 – Einwand, die steuerliche Abzugfähigkeit von Aufwendungen beim Kind dürfe nicht über das Kindergeld zu einer doppelten Berücksichtigung führen, griff nicht durch. Die Werbungskostenpauschbeträge gem. § 9a S. 1 EStG finden – gegebenenfalls zeitanteilig123 auf die Monate, in denen Einkünfte erzielt werden – Anwendung, wenn keine höheren Werbungskosten geltend gemacht werden. Gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge124 des Kindes, die bei dessen Einkommensteuerveranlagung als Sonderausgaben in Betracht kommen, sind abzuziehen, wie das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Auslegung unter Aufhebung eines entgegenstehenden Beschlusses des Bundesfinanzhofes entschieden hat.125 Denn die Sozialversicherungsbeiträge stünden weder den Eltern noch dem Lernenden selbst zur Verfügung. Zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes sei daher zumindest für den Fall der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge der Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts (…) bestimmt oder geeignet sind“ in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG auch auf die Einkünfte und nicht nur auf die Bezüge zu beziehen. Demgegenüber scheidet mit Blick auf die typisierte gegenwärtige Unterhaltsverpflichtung ein ________________________ 119 BFH v. 11.12.2001 VI R 113/99, BStBl. 2002 II, 684. 120 BFH v. 26.9.2000, VI R 85/99, BStBl. 2000 II, 684. 121 BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566; BFH v. 20.7.2000 VI R 121/98, BStBl. 2001 II, 107. 122 Vgl. unten Kap. 13 I (S. 480 ff.). 123 BFH v. 1.7.2003 VIII R 96/02, BStBl. 2003, 759. Ebenso zu § 33a EStG zuvor schon BFH v. 7.11.2000 III R 79/97, BStBl. 2001 II, 702 und die Vorinstanz dazu FG Sachsen v. 31.7.1997 2 K 143/95, juris. 124 Nach Auffasung des FG SH v. 9.11.2005 5 K 55/05, juris aber nicht die Beiträge zu einer freiwilligen privaten Krankenversicherung. 125 BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911. Zuerst R. Mellinghoff, FR 2000, 1148, 1150. Dem folgend FG Nds v. 16.4.2003 37 K 723/98, EFG 2003, 1250 (als Vorinstanz zu BFH v. 4.11.2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407); M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. A 71 (Stand März 2004); H.-J. Kanzler, FamRZ 2003, 1886 ff. A. A. noch BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl II 2000, 566, unter II. 2. h-j; v. 4.11.2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407; v. 16.3.2004 VIII R 27/02, juris; v. 16.3.2004 VIII R 85/03, juris. Ebenso FG BaWü v. 31.5.2000 5 V 14/00, juris. Seinerzeit sogar für eine Verfassungswidrigkeit der Norm mangels Korrekturmöglichkeit J. Englisch, FR 2004, 419 ff.; W. Greite, FR 2003, 865, 866; ders. NWB 2004, 901, 906.
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interperiodischer Verlustausgleich nach § 10d EStG aus.126 Auch ein Verzicht auf entstandene Einkünfte und Bezüge ist mit Blick auf dieses Ziel unbeachtlich, § 32 Abs. 4 S. 9 EStG.127 Bezüge i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind – gegebenenfalls nach der Sachbezugsverordnung zu bewertende128 – Einnahmen, die bei der einkommensteuerlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden, also nicht steuerbare oder (z. B. in den §§ 3 und 3b EStG) für steuerfrei erklärte Einnahmen.129 Dazu gehören auch der Kapitalanteil einer Rente,130 dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte, Leistungen der Gasteltern131 für eine Au-pair-Tätigkeit132 und die pauschal versteuerte Entlohnung für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte.133 Zu den Bezügen zählen weiterhin einmalige oder laufende Geldzuwendungen von dritter Seite, welche die Berufsausbildung sichern und die Eltern bei ihren Unterhaltsleistungen entlasten sollen.134 Dasselbe dürfte grundsätzlich für die Leistungen der vorrangig zum Unterhalt verpflichteten Ehegatten des Kindes gelten,135 wobei die Rechtsprechung freilich hier regelmäßig die Gewährung von Kinderfreibeträgen ausschließt.136 Hingegen unterfallen Geldzuwendungen, die zur Kapitalanlage bestimmt sind,137 und BAföG-Darlehen138 nicht dem Begriff. Demgegenüber zählen der Sparer-Freibetrag und der Versorgungsfreibetrag eigentlich nicht zu den Bezügen, da sie bei der Einkunftsermittlung erfasst ________________________ 126 BFH v. 24.8.2001 VI R 169/00, BStBl. 2002 II, 250. 127 Zu Einzelheiten s. M. Jachmann, in KSM, § 32 Rz. C 62 (Stand März 2004) und G. Skerhut, NWB 2001, 1739 ff. Zum jüngst zu dieser Norm ergangenen Grundsatzurteil BFH v. 11.3.2003VIII R 16/02, BStBl. 2003 II, 746 s. G. Rößler, NWB 2004, 297 ff. 128 BFH v. 22.5.2002, VIII R 74/01, BStBl. 2002 II, 695. 129 Seit BFH v. 17.10.1980 VI R 98/77, BStBl. 1981 II, 158. Vgl. jüngst etwa BFH v. 26.9.2000 VI R 85/99, BStBl. 2000 II, 684. 130 Statt aller B. Heuermann, in Blümich, § 32 EStG Rz. 117 (Stand Januar 2002). 131 Unterhaltsleistungen der eigenen Eltern sind mit Blick auf die Ermittlung der Belastung der Eltern selbstverständlich keine Bezüge. Anders hingegen die Leistungen des Ehegatten des Kindes, die erforderlichenfalls zu schätzen sind. Vgl. dazu auch Kap. 5 I 1 b) bb) (S. 211 ff.). 132 BFH v. 22.5.2002, VIII R 74/01, BStBl. 2002 II, 695. 133 BFH v. 6.4.1990 III R 131/85, BStBl. 1990 II, 885. Vgl. im Einzelnen auch die Aufzählung in R 180e Abs. 2 EStR 2001. 134 So für Halbwaisenrenten BFH v. 14.11.2000 VI R 52/98, BStBl. 2001 II, 489. 135 So für § 33a EStG ausdrücklich BFH v. 6.10.1998 III B 89/98, BFH/NV 1999, 462 m. w. N. 136 Dazu unten Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 137 BFH v. 28.1.2004 VIII R 21/02, juris. 138 BFH v. 17.12.1997 III B 155/96, BFH/NV 1998, 850.
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werden.139 Der Gesetzgeber hat aber als Reaktion auf diese Rechtsprechung Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie den nach § 7 EStG zulässigen Höchstbetrag übersteigen, sowie bestimmte auf Freibeträge entfallende Einkünfte den Bezügen zugerechnet, § 32 Abs. 4 S. 4 EStG. Dadurch werden im Ergebnis die Steuerfreiheit der Einkünfte bzw. die erhöhten Abschreibungen nicht anerkannt. Bezüge des Kindes, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind – oder verwendet werden140 –, bleiben außer Ansatz, § 32 Abs. 4 S. 5, 1. Hs. EStG. Auch für diese Zwecke verwendete Einkünfte werden nicht berücksichtigt, § 32 Abs. 4 S. 5, 2. Hs. EStG, unbeschadet der Frage, ob es sich um Aus- oder Fortbildungskosten handelt. Demnach mindern die über die Lebensführung hinausgehenden ausbildungsbedingten Mehraufwendungen, die das Kind selbst trägt, die schädlichen Einkünfte und Bezüge in voller Höhe.141 Die tatsächlich nachzuweisenden142 ausbildungsbedingten Mehraufwendungen orientieren sich dem Grunde und der Höhe nach grundsätzlich an dem, was im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten zu berücksichtigen wäre.143 Daher unterliegen Aufwendungen für die Fahrt zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte wie Fahrten zur Arbeitsstätte der Beschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG.144 Das gilt sowohl für die Wohnung am Ausbildungsort als auch für eine zweite, weiter entfernt liegende Wohnung, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Kindes bildet.145 Auch Aufwand für Bücher146 und Studiengebühren, die nicht über ein Stipendium von einem Dritten getragen werden, ist abzuziehen.147 Bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrages in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ist aber bereits bedacht, dass viele in der Ausbildung befindliche Kin________________________ 139 BFH v. 26.9.2000 VI R 85/99, BStBl. 2000 II, 684. Kritisch dazu etwa R. Mellinghoff, FR 2000, 1292 f. 140 BFH v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl. 2001 II, 491. 141 BFH v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl. 2001 II, 491; v. 14.11.2000 VI R 76/00, BFH/NV 2001, 753. Zustimmend H.-G. Gorski, DStZ 2001, 239 ff. 142 Darauf weist MIT, DStR 2001, 212 ausdrücklich hin. 143 BFH v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl. 2001 II, 491; v. 14.11.2000, VI R 128/00, BStBl. 2001 II, 495. Krit., soweit daher bestimmte Bezüge nicht berücksichtigt werden können, H. J. Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Fach A, § 32 Rz. 108 (Stand Mai 2004). 144 BFH v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl. 2001 II, 491. Nach FG Münster v. 25.6.2004 11 K 93/03 Kg, EFG 2004, 1698 – rkr. nach Rückn. der Rev. VIII R 60/04 soll eine Abendschule, die das Kind an zwei Abenden pro Woche besucht, nicht Mittelpunkt der Ausbildung sein, so dass für die Fahrten die Entfernungspauschale keine Anwendung finde, sondern Dienstreisegrundsätze anzuwenden seien. 145 BFH v. 25.7.2001 VI R 77/00, BStBl. 2002, 12. 146 BFH v. 14.11.2000, VI R 128/00, BStBl. 2001 II, 495. 147 BFH v. 25.7.2001 VI R 77/00, BStBl. 2002, 12.
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der einen erhöhten Lebensbedarf haben, weil es an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern fehlt.148 Deshalb ist ein erhöhter Lebensbedarf für Unterkunft und Verpflegung am auswärtigen Ausbildungsort oder im Ausland regelmäßig nicht zu berücksichtigen,149 wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG vorliegen.150 Im Ergebnis kann diese Rechtsprechung dazu führen, dass die Eltern von Lernenden, die während der Bildungsmaßnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgehen, schlechter stehen, wenn die Bildungsaufwendungen vorweggenommene Werbungskosten waren, als wenn sie Ausbildungskosten waren.151 Denn im ersten Fall entfällt ein etwaiger Vorteil aus dem Arbeitnehmerpauschbetrag. Damit kann die Abgrenzung zwischen Aus- und Fortbildungskosten auch an dieser Stelle, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen, virulent werden. Korrigieren lässt sich dieses Problem freilich wohl nicht. Die Bezüge sind um eine Unkostenpauschale von 180 Euro152 sowie gegebenenfalls um negative Einkünfte153 zu kürzen. Es erscheint sinnvoll, den Abzug der Pauschale auch dann zulassen, wenn Bezüge für besondere Ausbildungszwecke verwendet werden.154 Bei der zeitlichen Zuordnung gilt für Überschusseinkünfte und Bezüge das Zuflussprinzip, soweit es um deren Zuordnung zu einem Kalenderjahr geht.155 Daher kann eine Nachzahlung etwa von Halbwaisenrenten im auf das Jahr ihrer Entstehung folgenden Kalenderjahr dazu führen, dass der Kinderfreibetrag in diesem Jahr entfällt.156 Zu- und Abflüsse in anderen Jahren bleiben außer Betracht.157 ________________________ 148 BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566. 149 BFH v. 14.11.2000 VI R 128/00, BStBl. 2001 II, 495; v. 14.11.2000 VI R 52/98, BStBl. 2001 II, 489; v. 25.7.2001 VI R 78/00, BFH/NV 2001, 1558; v. 22.5.2002, VIII R 74/01, BStBl. 2002 II, 695. 150 BFH v. 25.7.2001 VI R 78/00, BFH/NV 2001, 1558. 151 Instruktiv das Beispiel bei J. Schneider, DStR 2002, 64, 68. 152 Für eine höhere Pauschale, die mit dem Arbeitnehmerfreibetrag übereinstimmt, spricht sich H.-J. Kanzler, FR 2001, 1014 aus (zw.). 153 BFH v. 20.7.2000 VI R 121/98, BStBl. 2001 II, 107. Kritisch, soweit die negativen Einkünfte auf Subventions- oder Lenkungsnormen beruhen, R. Mellinghoff, FR 2000, 1294, 1295. 154 Offen gelassen von MIT, DStR 2000, 210. 155 BFH v. 11.12.2001 VI R 5/00, BStBl. 2002 II, 205; v. 16.4.2002 VIII R 76/01, BFH/NV 2002, 343. 156 BFH v. 16.4.2002 VIII R 76/01, BFH/NV 2002, 343. 157 BFH v. 16.4.2002 VIII R 76/01, BFH/NV 2002, 343; v. 16.4.2002 VIII R 96/01, BFH/NV 2002, 1027.
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Zwischen dem unterhaltsrechtlichen Monatsprinzip158 und dem steuerrechtlichen Jahresprinzip besteht ein grundsätzlicher Konflikt, wenn die Voraussetzungen des Kinderfreibetrages nicht während des ganzen Jahres vorliegen.159 Zu dessen Auflösung sind die außerhalb der Ausbildungszeit angefallenen Einkünfte160 und Bezüge nicht zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist die Grenze für die Einkünfte und Bezüge für diese Kürzungsmonate zeitanteilig herabzusetzen, vgl. § 32 Abs. 4 S. 7 und 8 EStG. Dabei sind nach der Neufassung des Gesetzes nunmehr auch solche Monate für den Kinderfreibetrag zu berücksichtigen, bei denen die Voraussetzungen nur an einem Tag vorlagen. Einkünfte und Bezüge werden für diesen Monat nur einbezogen, soweit sie auf die Ausbildungsphase entfallen, § 32 Abs. 4 S. 6 EStG.161 Anders als bei der Frage der Zuordnung zu einem Kalenderjahr ist nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zurechnung maßgeblich, für welchen Monat sie zufließen.162 Daher sind die im Laufe des Jahres aus dem Berufsausbildungsverhältnis gezahlten Sonderzuwendungen den Monaten anteilig zuzuordnen, in denen die Berufsausbildung stattgefunden hat.163 Das gilt auch dann, wenn zunächst eine Sonderzuwendung irrtümlich überhöht ausgezahlt wurde und der Lernende sie dann in einem Kürzungsmonat zurückzahlt.164 Das Entlassungsgeld nach Absolvierung des Wehr-165 oder Zivildienstes166 ist auf die der Entlassung folgenden Kalendermonate anteilig aufzuteilen. Es kann nur dann aus Vereinfachungsgründen auf das Zuflussprinzip zurückgegriffen werden, wenn sich die Einkünfte und Bezüge nicht eindeutig dem Ausbildungszeitraum oder den Kürzungsmonaten zurechnen lassen, wie z. B. bei einem vom Arbeitgeber sowohl für den Ausbildungszeitraum als
________________________ 158 Vgl. dazu Kap. 8 I 3 (S. 314 f.). 159 Zum Zeitpunkt der Beendigung eines Hochschulstudiums BFH v. 24.5.2000 VI R 143/99, 2000 II, 473. 160 Das gilt auch für die nachgewiesenen Werbungskosten bzw. den zeitanteiligen Werbungskostenpauschbetrag, vgl. etwa FG Nürnberg v. 8.5.2003 IV 43/2002, juris. Ebenso BFH v. 7.11.2000 III R 79/97, BStBl. 2001 II, 702 (zu § 33a Abs. 4 EStG). 161 Als Nichtanwendungsgesetz zu BFH v. 1.3.2000 VI R 19/99, BStBl. 2000 II, 462; v. 1.3.2000 VI R 196/98, BStBl. 2000 II, 461 und v. 12.4.2000 VI R 135/99, BStBl. 2000 II, 466. Vgl. dazu D. Felix, FR 2001, 832, 834 ff. 162 BFH v. 1.3.2000 VI R 162/98, BStBl. 2000 II, 459. 163 BFH v. 11.12.2001 VI R 113/99, BStBl. 2002 II, 684. 164 FG BaWü v. 12.7.2002 1 K 297/00, EFG 2002, 1533 – rkr. nach Rückn. der Rev. VIII R 62/02. 165 BFH v. 26.4.1991 III R 48/89, BStBl. 1991 II, 716 (zu § 33a Abs. 1 EStG). 166 BFH v. 14.5.2002 VIII R 57/00, BStBl. 2002 II, 746.
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auch für das sich daran anschließende Arbeitsverhältnis gezahlten Urlaubsoder Weihnachtsgeld.167 Befindet sich das Kind im ganzen Jahr in der Berufsausbildung, erzielt es aber in einem Abschnitt so hohe Einkünfte, dass der Jahresgrenzbetrag überschritten wird, so kommt für die Zwecke des Kinderfreibetrags eine Aufteilung in Zeiten der geminderten Leistungsfähigkeit und damit der Unterhaltsberechtigung einerseits und in Zeiten der Selbstversorgung andererseits nicht in Betracht. Vielmehr ist allein ein dem unterhaltsrechtlichen Monatsprinzip entsprechender monatsweiser Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG möglich.168 Er ist allerdings für den Steuerpflichtigen regelmäßig ungünstiger.169 Dieser subsidiär mögliche Rekurs auf § 33a EStG wird an späterer Stelle nach hier vertretener Auffassung der Annahme der Verfassungswidrigkeit der Berechnung der Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 EStG entgegenstehen.170 cc) Teleologische Reduktion bei vorrangig Unterhaltsverpflichteten Trotz Vorliegens der Voraussetzungen für die Berufsausbildung besteht bei einem verheirateten Kind regelmäßig kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag.171 Begründet wird diese ungeschriebene Ausnahme damit, dass wegen der vorrangigen Unterhaltspflicht des Ehegatten gemäß § 1608 S. 1 BGB regelmäßig keine typische Unterhaltssituation und damit kein Bedarf für eine Entlastung der Eltern bestünde.172 Zudem werde so die im Einzelfall schwierige Ermittlung der Unterhaltsleistungen, die ein tiefes Eindringen in die Privatsphäre erfordere, vermieden.173 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Ehegatte wegen geringen Einkommens zur Leistung des ausreichenden Unterhalts nicht in der Lage ist und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen. ________________________ 167 BFH v. 12.4.2000 VI R 34/99, BStBl. 2000 II, 464; v. 12.4.2000 VI R 135/99, BStBl. 2000 II, 466. Ebenso FG RP v. 12.1.2001 5 K 1476/99, DStRE 2001, 642 – rkr. nach Rückn. der NZB VI B 108/01 für den Fall, dass eine zeitliche Zuordnung innerhalb des Jahres nicht möglich ist (Bundesschatzbriefe Typ B). 168 Hess. FG v. 16.9.1999 2 K 2795/99, EFG 2000, 20 – rkr.; FG SH v. 31.1.2002 III 129/01, EFG 2002, 923 – Rev. VIII R 20/02. 169 Vgl. zu den Einzelheiten namentlich in Hinblick auf die Anrechnung eigenen Vermögens sowie eigener Einkünfte Kap. 5 I 3 (S. 236 ff.). 170 Kap. 11 I 1 c) (S. 438 ff.). 171 BFH v. 2.3.2000 VI R 13/99, BStBl. 2000 II, 522; v. 2.3.2000 VI R 61/99, HFR 2000, 816; v. 23.11.2001 VI R 144/00, BFH/NV 2002, 482. Zustimmend etwa W. Greite, NWB 2000, 2701, 2704 f. 172 Dazu auch M. Jachmann, KSM, § 32 Rz. C 8 (Stand März 2004). 173 BFH v. 2.3.2000 VI R 61/99, HFR 2000, 816. Zu den Informationsasymmetrien schon Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.).
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Die Versagung des Kinderfreibetrags tritt erst ab dem auf die Eheschließung folgenden Monat ein. Für die Berücksichtigung der Einkünfte und Bezüge dürfte § 32 Abs. 4 S. 6 EStG entsprechend heranzuziehen sein. dd) Übergangszeit und fehlender Ausbildungsplatz Für einen Viermonatszeitraum174 zwischen zwei Ausbildungsabschnitten bzw. zwischen einem Ausbildungsabschnitt und dem Wehrdienst etc. ist das Kind zu berücksichtigen, wenn es keine den Grenzbetrag überschreitenden Einkünfte hat. Für den Begriff der Übergangszeit kommt es nicht darauf an, ob sich das Kind bereits vor Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts dazu entschlossen hat, nachfolgend eine weitere Ausbildung zu beginnen.175 Wie bei der Beendigung der Berufsausbildung befindet sich ein vollzeiterwerbstätiges Kind nicht in der Übergangszeit.176 Ebensowenig kann als Kind berücksichtigt werden, wer trotz Ausbildungswilligkeit seine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen kann, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG.177 Neben den generellen Bedarf des Kindes, der durch den Kinderfreibetrag abgedeckt worden ist, tritt der Ausbildungsbedarf. Dieser ist heute in zwei Vorschriften geregelt, § 32 Abs. 6 S. 1 2. Alt. EStG und § 33a Abs. 2 EStG. c) Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf Die Vorschrift des § 32 Abs. 6 S. 1, 2. Alt EStG steht unter denselben Voraussetzungen wie der Kinderfreibetrag. Auch hier ist erforderlich, dass es sich um ein zu berücksichtigendes Kind im Sinne des § 32 Abs. 1–4 EStG handelt. Daher kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird ein Freibetrag in Höhe von 1080 Euro pro Elternteil gewährt, der denselben Regeln wie der Kinderfreibetrag unterliegt. d) Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG nur noch für auswärtige Unterbringung volljähriger Kinder Der Ausbildungsbedarf ist grundsätzlich durch § 32 Abs. 6 S. 1, 2. Alt. EStG erfasst. Dem Sonderbedarf durch auswärtige Unterbringung des Ler________________________ 174 Zur Fristberechnung jüngst BFH v. 15.7.2003 VIII R 105/01, BStBl. 2003 II, 847. 175 BFH v. 19.10.2001 VI R 39/00, BStBl. 2002 II, 481. Diese aus der Perspektive der Leistungsfähigkeitsminderung der Eltern begründete Entscheidung ist auch aus dem Gesichtspunkt der steuerstaatlich gebotenen Verifizierbarkeit geboten, dazu Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.). 176 BFH v. 19.10.2001 VI R 39/00, BStBl. 2002 II, 481; v. 11.12.2001 VI R 73/01, juris. 177 BFH v. 19.10.2001 VI R 39/00, BStBl. 2002 II, 481; v. 11.12.2001 VI R 73/01, juris. Ebenso FG RP v. 9.5.2001 11 K 1463/01, juris – rkr. nach Rückn. der NZB VI B 148/01.
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nenden trägt – beschränkt auf Volljährige178 – der nunmehr gesenkte abschließende179 Freibetrag des § 33a Abs. 2 EStG Rechnung. Der Freibetrag wird – im Gegensatz zu früher180 nunmehr von Amts wegen181 – einem Steuerpflichtigen für sein volljähriges Kind gewährt, für das bei ihm182 ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu berücksichtigen ist.183 § 33a Abs. 2 S. 4 EStG bestimmt, dass der Freibetrag insgesamt nur einmal gewährt wird, auch wenn mehrere Steuerpflichtige die Voraussetzungen nach S. 1 erfüllen. Grundsätzlich184 steht dann jedem Elternteil die Hälfte des Abzugsbetrages zu.185 aa) Berufsausbildung Das Kind muss sich in der Berufsausbildung befinden. Zur Bestimmung dieses Begriffes kann auf die Ausführungen zu § 32 Abs. 4 EStG verwiesen werden.186
________________________ 178 Krit. dazu R. Mellinghoff, in P. Kirchhof, EStG, 3. Aufl. 2003, § 33a Rz. 57. Nach BVerfG v. 15.10.1980 1 BvR 888/80, HFR 1981, 25 bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. 179 § 33a Abs. 5 EStG. 180 Vgl. dazu zuletzt etwa BFH v. 10.7.2001 III B 75/00, BFH/NV 2002, 5. 181 W. Oepen, in Blümich, § 33a Rz. 258 (Stand Januar 2002). A. A. aber R. Mellinghoff in P. Kirchhof, EStG, 3. Aufl. 2003, § 33a Rz. 90. 182 Der Wortlaut des § 33a Abs. 1 EStG ist insoweit nicht ganz eindeutig. Deutlicher aber R 191 Abs. 1 EStR. 183 Umstritten ist allerdings, ob Stief- und Großeltern der Ausbildungsfreibetrag gewährt werden kann, wenn ihnen zwar das Kindergeld zusteht, aber der Kinderfreibetrag nicht übertragen wurde. Vgl. dazu R. 191 Abs. 1 EStR und P. Glanegger, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 33a Rz. 53 einerseits sowie R. Mellinghoff, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 3. Aufl. 2003, § 33a Rz. 56; H. Ross, DStZ 1997, 140, 142 andererseits. 184 Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich, § 33a Abs. 2 S. 5 f. EStG. Das Erfordernis eines Antrags ist nicht zu beanstanden, BFH v. 24.4.1986 III B 72/84, BStBl. 1986 II, 561. Zur Frage einer familienrechtlichen Zustimmungspflicht vgl. BGH v. 3.4.1996 XII ZR 86/95, FamRZ 1996, 725; ebenso die Vorinstanz OLG Koblenz v. 8.3.1995 12 UF 426/93, FamRZ 1995, 1486. 185 Die Aufteilung ist die Reaktion des Gesetzgebers auf das Urteil BVerfG v. 8.6.1977 1 BvR 265/75, BVerfGE 45, 104, wonach der Ausschluss der sogenannten Zahlväter mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar war. Zu den bis 1985 bzw. zwischen 1986 und 1999 geltenden Aufteilungsregeln s. W. Oepen, in Blümich, § 33a EStG Rz. 253 f. (Stand Januar 2002). 186 Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). Grundsätzlich kein Ausbildungsfreibetrag wird daher für ein Kind, das ein freiwilliges soziales Jahr leistet, gewährt, BFH v. 24.6.2004 III R 3/03, BFH/NV 2004, 1581.
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bb) Auswärtige Unterbringung Eine auswärtige Unterbringung ist anzunehmen, wenn das Kind für eine gewisse Dauer187 außerhalb des elterlichen Haushalts untergebracht ist. Dies ist zu bejahen, wenn die Unterbringung darauf angelegt ist, die räumliche Selbständigkeit des Kindes während der gesamten Ausbildung oder eines Ausbildungsabschnittes188 (etwa während eines Studiensemesters oder -trimesters) zu gewährleisten.189 Dazu muss das Kind sowohl räumlich als auch wirtschaftlich – zumindest unter der Woche190 – aus dem Haushalt der Eltern ausgegliedert und von der Teilnahme am häuslichen Leben ausgeschlossen sein. Daran fehlt es, wenn das Kind nur tagsüber eine auswärtige Ausbildungsstätte aufsucht,191 wenn es beim vom Steuerpflichtigen geschie-
________________________ 187 Grundlegend dafür BFH v. 5.11.1982 VI R 47/79, BStBl. 1983 II, 109 für eine einwöchige Klassenfahrt. Begründet wurde dies mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, aber auch mit dem Zweck der Vorschrift, nur besondere Ausbildungskosten zu berücksichtigen. Dafür spreche auch die Kürzungsvorschrift nach § 33a Abs. 5 EStG. Nicht ausreichend ist die sechswöchige Abwesenheit zur Ableistung eines Praktikums, BFH v. 20.5.1994 III R 25/93, BStBl. 1994 II, 699 sowie die Vorinstanz FG SH v. 4.2.1993 II 828/92, juris. Ebenso BFH v. 5.11.1982 VI R 44/81, juris für eine einwöchige Klassenfahrt; v. 5.11.1982 VI R 198/81, juris für einen von der Schule veranstalteten einwöchigen Skikurs unter Aufhebung von FG Nürnberg v. 9.10.1981 V 6/81, EFG 1982, 190; v. 25.3.1983 VI R 188/81, BStBl. 1983 II, 457 unter Aufhebung von FG Berlin v. 4.9.1981 III 63/81, EFG 1982, 190; v. 4.5.1984 VI R 188/80, juris; v. 29.9.1989 III R 304/84, BStBl. 1990 II, 62; FG Köln v. 16.12.1982 XII 240/80, juris (LS) alle für Sprachkurse bzw. Landschulaufenthalte von maximal drei Wochen. Im Ergebnis ablehnend auch FG BaWü v. 22.6.1971 I 188/69, EFG 1971, 537; FG RP v. 5.8.1980 V 457/78, juris, wenngleich in der Begründung auf die fehlende Veranlassung durch die Berufsausbildung abgestellt wird. Für eine Mindestdauer von einem Monat hingegen Müller/Traxel, DStZ 1994, 526, 527, die freilich neben dem Monatsprinzip nach § 33a Abs. 4 EStG als Begründungssurrogat auch darauf verweisen, dass es sich beim Freibetrag um eine für den Steuerpflichtigen günstige Regelung handle, „die demnach großzügig zu handhaben“ sei. Eine auswärtige Unterbringung bei einem vierwöchigen Sprachkurs nimmt namentlich FG Hamburg v. 9.2.1982 V 307/80, EFG 1982, 468 – rkr. an. 188 Dafür reicht ein sechswöchiges Praktikum grundsätzlich nicht aus, BFH v. 20.5.1994 III R 25/93, BStBl. 1994 II, 699 sowie die Vorinstanz FG SH v. 4.2.1993 II 828/92, juris. Freilich wird aus den Ausführungen nicht vollständig deutlich, ob dies an der Dauer oder aber an der Natur als Praktikum liegt; gegen die zweite Variante krit. P. Glanegger, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 33a Rz. 57 m. w. N. 189 BFH v. 5.11.1982 VI R 47/79, BStBl. 1983 II, 109. 190 BFH v. 26.5.1971 VI R 203/68, BStBl. 1971 II, 627 (Ganztagspflegestelle). 191 BFH v. 4.8.1960 IV 384/58, DB 1960, 1201; BFH v. 26.5.1974 VI R 271/68, BStBl. 1971 II, 628.
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denen Ehegatten192 bzw. kindergeldberechtigten Pflegeeltern193 lebt oder wenn es wochentags bei der in der Nähe wohnenden Großmutter untergebracht ist und die Eltern die für die Verpflegung erforderlichen Nahrungsmittel beschafft haben.194 Die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals erfordert daher regelmäßig einen Umzug des Kindes. Auf den Grund für die auswärtige Unterbringung kommt es nicht mehr an.195 Auch ist weder entscheidend, ob das Kind am Ort des elterlichen Wohnsitzes oder einem anderen Ort untergebracht ist,196 noch, ob die Wohnung des Kindes den Eltern gehört.197 Offen gelassen hat der Bundesfinanzhof die Frage nach einer auswärtigen Unterbringung hingegen für den Fall, dass die vom Kind bewohnte Wohnung im den Eltern gehörenden Haus liegt.198 Mit Blick auf die Neufassung der Norm dürfte nicht mehr am Erfordernis festzuhalten sein,199 dass durch die Berufsausbildung überhaupt – vom ________________________ 192 BFH v. 5.2.1988 III R 21/87, BStBl. 1988 II, 579; v. 10.6.1988 III R 48/87, BFH/NV 1988, 778 (Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 14.11.1988 1 BvR 1298/88, HFR 1989, 683: die Rechtsprechung des BFH vermeide eine intakte Familien benachteiligende Berücksichtigung von Aufwendungen); FG Köln v. 7.11.1986 V K 233/86, juris, da in diesen Fällen der „synergetische Spareffekt“ ebenso eintrete, als wenn das Kind beim Steuerpflichtigen wohnen würde; a. A. FG München v. 11.11.1986 II 257/83, EFG 1987, 247 – rkr. 193 BFH v. 24.4.1986 III R 179/80, BStBl. 1986, 836. Im Ergebnis ebenso H. J. Helmke, in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Fach A, § 33a Abs. 2 Rz. 8 (Stand August 2002), der freilich die Übertragbarkeit des Urteils auf die mittlerweile gewandelte Normfassung problematisiert. 194 BFH v. 6.11.1987 III R 259/83, BStBl. 1988 II, 138. 195 So ausdrücklich BFH v. 28.1.1983 VI R 59/79, juris. Früher hingegen stellte sich bis 1975 die Frage nach der Zwangsläufigkeit der auswärtigen Unterbringung und danach bis 1980 die Frage, ob die auswärtige Unterbringung „zur Berufsausbildung“ erfolgte. 196 So erstmalig BFH v. 25.10.1957 VI 175/56, BStBl. 1957 III, 444, allerdings noch vor dem Hintergrund, dass die auswärtige Unterbringung zwangsläufig sein musste, was als Korrektiv für die großzügige Handhabung der auswärtigen Unterbringung fungierte. Ebenso BFH v. 26.5.1971 VI R 203/68, BStBl. 1971 II, 627; Hess. FG v. 21.4.1976 I 51/73, EFG 1976, 559 – rkr. 197 BFH v. 26.1.1994 X R 94/91, BStBl. 1994 II, 544. Das sollte auch dann gelten, wenn das Wohnen des Kindes den Eltern im Rahmen des früheren § 10e EStG als eigenes zugerechnet wurde. Begründet wurde dies seinerzeit damit, dass der Steuerpflichtige durch die Betriebskosten der Wohnung, etwaige Finanzierungskosten und den Verzicht auf Mieteinnahmen belastet sei. 198 BFH v. 23.7.1997 X R 121/94, BFH/NV 1998, 159. Für eine auswärtige Unterbringung aber FG Hamburg v. 27.10.1981 III 121/79, EFG 1982, 248 – rkr.; FG Köln v. 4.11.1981 I (XI) 395/79, juris (LS); dagegen FG Berlin v. 4.5.1977 VI 187/76, EFG 1977, 428. 199 A. A. aber R 191 Abs. 2 EStR.
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Steuerpflichtigen nachzuweisende200 – Aufwendungen veranlasst sein müssen.201 Denn nunmehr knüpft die Norm nicht mehr an die Aufwendungen an, sondern an den Sonderbedarf. cc) Besonderheiten bei der Anrechnung von Einkünften und Bezügen Auf den Freibetrag sind Einkünfte und Bezüge des Kindes anzurechnen, soweit sie einen Wert von 1.848 Euro pro Jahr überschreiten. Zu diesen Begriffen kann grundsätzlich auf die Ausführungen zum Kinderfreibetrag verwiesen werden.202 Jedoch bleiben anders als beim Kinderfreibetrag zu besonderen Ausbildungszwecken verwendete Mittel nicht ohne weiteres außer Betracht. Für den Sonderfall der inländischen Ausbildungsbeihilfen, die der Lernende aus öffentlichen Mitteln oder von aus öffentlichen Mitteln finanzierten Förderungseinrichtungen erhält,203 gilt zudem der Grundsatz der Vollanrechnung:204 Ein Anrechnungsfreibetrag besteht für diese nicht. Auch können negative Einkünfte, anders als bei § 32 Abs. 4 EStG, mit diesen Beihilfen nicht verrechnet werden.205 Eine teilweise Milderung dieses Problems wird aber über ein enges Verständnis der Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln erreicht: Anzurechnen sind nur solche Hilfen, die Leistungen abdecken, zu denen die Eltern gesetzlich verpflichtet sind.206 Der Bundes________________________ 200 Eine allgemeine Lebenserfahrung, dass entsprechende Aufwendungen für ein in Ausbildung befindliches Kind entstehen, sollte nur bestehen, wenn keine Lernmittelfreiheit bestand, vgl. etwa BFH v. 6.11.1987 III R 178/85, BStBl. 1988 II, 442. 201 Vgl. etwa BFH v. 6.11.1987 III R 204/82, BFH/NV 1988, 431. Begründet wurde dies damit, dass eine außergewöhnliche Belastung begrifflich entsprechende Aufwendungen voraussetzt. Dafür sollte auch die Anrechnung eigener Einkünfte des Kindes sprechen. Nach BFH v. 23.2.1994 X R 131/93, BStBl. 1994 II, 694 reichte die einmalige Überlassung von Mitteln, mit denen der Steuerpflichtige seine Ausbildung finanzieren sollte, dafür nicht aus. Hingegen kam es nicht darauf an, ob durch die auswärtige Unterbringung im Verhältnis zu einer solchen in seinem Haushalt tatsächlich Mehraufwendungen entstanden sind, BFH v. 6.11.1987 III R 112/85, BStBl. 1988 II, 422. A. A. FG Saarland v. 4.11.2002 1 K 202/01, juris, das sich allerdings mit der angegebenen Rechtsprechung des BFH v. nicht auseinandersetzt, sondern sie entscheidungserheblich ungenau zitiert (Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung statt wie im BFH-Urteil Aufwendungen für die Berufsausbildung). 202 Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 203 Dazu zählen insbesondere die nach § 3 Nr. 2, 11, 37 und 44 EStG beim Empfänger steuerbefreiten Leistungen, soweit sie aus öffentlichen Mitteln stammen. 204 Krit. dazu etwa M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 289 f. 205 BFH v. 7.3.2002 III R 22/01, BStBl. 2002 II, 802. Ebenso die Vorinstanz FG Bbg v. 26.10.2000 5 K 2143/99, EFG 2001, 368. 206 BFH v. 17.10.2001 III R 3/01, BStBl. 2002 II, 793 zu § 33a Abs. 2 S. 2 EStG a. F. Ebenso BFH v. 4.12.2001 III R 47/00, BStBl. 2002 II, 195 zu § 33a Abs. 1 EStG. Noch weitergehend dazu die Vorinstanz FG RP v. 29.8.2000 2 K 3074/99, juris, wonach Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln nur anzurechnen seien, soweit sie
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finanzhof begründet diese – bei § 32 Abs. 4 EStG wegen dessen Satz 5 nicht erforderliche – Einschränkung mit einer teleologischen Reduktion, da die Eltern insoweit nicht von einer Unterhaltspflicht entlastet würden und somit der Grund für die Anrechnung entfalle. Das gilt auch für einen Zuschuss für Studiengebühren im Ausland und für Reisekosten sowie den Auslandszuschlag.207 Im Übrigen ist zweifelhaft, ob auch ausländische Studienbeihilfen dem Begriff unterfallen.208 Die Beurteilung dieser Frage hängt davon ab, ob man den Zweck der Anrechnung darin sieht, eine doppelte Förderung durch inländische Mittel zu verhindern, oder in einer zivilrechtlich relevanten Minderung der Bedürftigkeit des Kindes.209 Werden keine höheren Aufwendungen geltend gemacht, so ist für die Feststellung der Bezüge einschließlich der öffentlichen Ausbildungsbeihilfen eine Unkostenpauschale von 180 Euro abzuziehen.210 dd) Nach Monatsprinzip bestimmter Freibetrag mit Abgeltungswirkung Der Freibetrag beläuft sich auf 77 Euro pro Monat, also 924 Euro im Jahr.211 Diese Höhe wird verbreitet für zu niedrig gehalten, weil die Mehrkosten der auswärtigen Unterbringung damit nicht realitätsgerecht berücksichtigt würden.212 Der Freibetrag und die Anrechnungsschwelle mindern sich nach § 33a Abs. 4 S. 1 EStG um ein Zwölftel pro Monat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Hatte das Kind während dieser Zeit Einkünfte und Bezüge, so bleiben sie für die Anrechnung außer Betracht. Etwas andere Re________________________
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zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt werden könnten und deshalb die Unterhaltsansprüche gegenüber den Verpflichteten minderten. Danach wären auch Hilfen für Ausbildungsmaßnahmen, für welche die Eltern unterhaltspflichtig sind, nicht anzurechnen. FG Sachsen-Anhalt v. 29.10.2003 2 K 143/01, juris – NZB III B 16/04. Dagegen FG RP v. 23.3.1999 2 K 1441/98, EFG 1999, 1284 – rkr.; E.-E. Stöcker, in Lademann, EStG, § 33a Rz. 713 (Stand April 2001); dafür etwa P. Glanegger, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 24. Aufl. 2004, § 33a Rz. 34; H. Pust, in Littmann/Bitz/ Pust, EStG, § 33a Rz. 199. Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 11 I 4 g) (S. 462 ff.). Vgl. zur zivilrechtlichen Lage etwa H. Engler, in J. von Staudinger, BGB, 2000, § 1602 Rz. 25; dort kommt es allein auf die Frage an, ob dem Unterhaltsschuldner Mittel zur Verfügung stehen. R 190 Abs. 5 S. 2 EStR. Zur Entwicklung der Beträge W. Oepen, in Blümich, § 33a EStG Rz. 235 (Stand Juli 1999). So etwa R. Mellinghoff, in P. Kirchhof (Hrsg.), 3. Aufl. 2003, § 33a Rz. 57.
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geln gelten für Ausbildungsbeihilfen, wo die Minderung nur in den Monaten erfolgt, für die sie bestimmt sind.213 Für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kinder214 mindern sich der Sonderbedarf, aber auch die Schwelle für die Anrechnung eigener Einkünfte je nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates des Kindes. Dazu ist eine Ländergruppeneinteilung ergangen, die nach der Rechtsprechung einen auch von den Steuergerichten zu beachtenden Maßstab liefert, wenn sie nicht im Einzelfall zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt.215 ee) Ausschluss von § 33 EStG Nach § 33a Abs. 2 („Abgeltung“) und 5 EStG ist ein Rückgriff auf § 33 EStG ausgeschlossen, soweit es sich um Aufwendungen für die Berufsausbildung der Kinder handelt, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen der auswärtigen Unterbringung erfüllt sind oder nicht.216 Der Begriff der Berufsausbildung ist weit. Dazu gehören nicht nur die Kosten der Ausbildungsmaßnahme selbst, also etwa für ein Auslandsstudium217, sondern auch vorab getätigte Aufwendungen, die der Steuerpflichtige mit dem Ziel unternimmt, seinem Kind die Berufsausbildung zu ermöglichen, beispielsweise die Übernahme der Kosten für eine Klage auf Zuteilung eines
________________________ 213 Die zu § 33a Abs. 4 EStG ergangenen Urteile BFH v. 22.3.1996 III 7/93, BStBl. 1997 II, 30; FG Sachsen v. 10.11.1999 2 K 468/98, EFG 2000, 174 sowie das Revisionsurteil in dieser Sache BFH v. 19.9.2001 III 1/00, BStBl. 2002 II, 345 haben sich durch die Umstellung des § 33a EStG auf einen aufwendungsunabhängigen Freibetrag nur für auswärtige Unterbringung erledigt. 214 Zur geschichtlichen Entwicklung der Besonderheiten bei den im Ausland lebenden Kindern s. W. Oepen, in Blümich, § 33a EStG Rz. 231 (Stand Juli 1999). 215 BFH v. 6.11.1987 III R 164/85, BStBl. 1988 II, 423. In diesem Kontext ist ferner zu beachten, dass (Schul-)Kinder mangels Innehabens einer inländischen Wohnung nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, wenn sie im Heimatstaat bei Verwandten wohnen und sich nur während der Ferien im Inland aufhalten, so etwa BFH v. 22.4.1994 III R 22/92, BStBl. 1994 II, 887; v. 27.4.1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967. Dasselbe kann auch für Kinder gelten, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, dazu näher BFH v. 23.11.2000 VI R 107/99, BStBl. 2001 II, 294. 216 So bereits BFH v. 9.7.1958 VI 144/55, BStBl. 1958 III, 407. Ebenso BFH v. 13.5.1966 VI 332/65, BStBl. 1966 III, 506; v. 14.2.1975 VI R 125/74, BStBl. 1975 II, 607; FG Nds v. 15.9.1988 VI 278/87, juris. Das soll sogar dann gelten, wenn die Aufwendungen durch die Berufstätigkeit der Eltern bedingt sind, vgl. etwa BFH v. 23.2.1968 VI R 231/67, BStBl. 1968 II, 434. 217 Hess. FG v. 15.12.1980 I 132/80, EFG 1981, 294 – rkr.; FG Saarland v. 10.7.1985 I 61/84, EFG 1985, 559.
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Studienplatzes.218 Diese Kosten219 sind nicht so außergewöhnlich, dass sie aus dem Rahmen der Ausbildungskosten, die durch Pauschbeträge abgegolten sind, fallen. Denn die gesonderte Behandlung der Ausbildungskosten zeigt den Willen des Gesetzgebers zu Pauschalierung und Typisierung.220 Dadurch soll dem Interesse an Rechtssicherheit und an einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen Rechnung getragen werden. Die Anwendung des § 33 EStG kommt daher im Bereich der Kosten für die Berufsausbildung nur ausnahmsweise in Betracht.221 Daran hat sich auch durch die Neufassung des § 33 Abs. 2 S. 2 EStG aufgrund der Einfügung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nichts geändert.222 Eine solche Ausnahme ist angenommen worden, wenn die Kosten eines Schulbesuchs zugleich Krankheitskosten sind, so etwa für die Behandlung der Legasthenie223 oder die Unterbringung in einem Internat zur Linderung von Asthma.224 Weiterhin ist eine derartige Ausnahme in bestimmten Fällen für Behinderte anzunehmen.225 Die Norm ist hingegen unanwendbar, wenn die Unterbringung aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen erfolgt, etwa weil das Kind schwer erziehbar ist,226 vor dem Kontakt mit der heimischen Drogenszene bewahrt werden soll,227 kein Deutsch spricht,228 oder wegen Hoch________________________ 218 BFH v. 9.11.1984 VI R 40/83, BStBl. 1985 II, 135 unter Aufhebung von FG RP v. 27.10.1982 6 K 26/81, EFG 1983, 413. Dem folgend FG Köln v. 1.4.1992 6 K 4140/89, juris. 219 Anders für die Kosten eines gescheiterten Umzugs FG Saarland v. 10.4.1997 1 K 12/96, EFG 1997, 888 – rkr. (zw.!). 220 BFH v. 9.11.1984 VI R 40/83, BStBl. 1985 II, 135; v. 17.4.1997 III B 216/96, BStBl. 1997 II, 752. Dieses Argument dürfte trotz der mittlerweile geänderten Fassung des § 33a Abs. 2 EStG nach wie vor seine Gültigkeit behalten. 221 So schon BFH v. 25.10.1957 VI 175756, BStBl. 1957 III, 444. 222 BFH v. 17.4.1997 III B 216/96, BStBl. 1997 II, 752. 223 BFH v. 26.6.1992 III 8/91, BStBl. 1993 II, 278 für den Fall, dass die Legasthenie auf einer Störung der zerebralen Wahrnehmungsfunktionen bei gleichzeitiger normaler Entwicklung der übrigen zentralen Funktionen beruht. 224 BFH v. 26.6.1992 III R 83/91, BStBl. 1993 II, 212, wenn der Aufenthalt im Heilklima zur Heilung oder Linderung nachweislich unabdingbar notwendig ist (unzutreffender Verweis in H 191 EStH, Stichwort „Auswärtige Unterbringung“). Erfasst werden aber nur die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung. Im Ergebnis ebenso FG Nds v. 14.11.1977 IX 244/75, EFG 1978, 125 (maßgeblich sei der entscheidende Anlass). Anders noch BFH v. 9.10.1981 VI R 7/78, BB 1982, 540 und dem folgend FG Münster v. 1.9.1988 I 1993/88, juris, wo ein ausschließliches Verfolgen der Heilbehandlung gefordert wird. 225 S. nur BFH v. 13.12.2001 III R 6/99, BStBl. 2000 II, 198 unter Aufhebung von FG Münster v. 22.10.1998 14 K 5340/95, EFG 1999, 648. 226 BFH v. 28.2.1964 VI 314/63, BStBl. 1964 III, 270. 227 FG Bremen v. 16.12.1993 1 92 137 K 6, EFG 1994, 525 – rkr. 228 BFH v. 23.2.1968 VI R 236/67, BStBl. 1968 II, 374; v. 17.4.1997 III B 216/96, BStBl. 1997 II, 752. BFH v. 23.11.2000 VI R 38/97, BStBl. 2001 II, 132 (zust. Anm.
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begabung eine besondere Schule besuchen muss, um seiner Begabung entsprechend gefördert zu werden.229 Zudem ist zu beachten, dass bei einer Möglichkeit zur Anwendung des § 33 EStG regelmäßig kein Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG gewährt werden kann.230 e) Schulgeld, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1991 ist ein – in Literatur und untergerichtlicher Rechtsprechung scharf kritisierter231 – teilweiser Sonderausgabenabzug für an bestimmte Privatschulen232 gezahltes Schulgeld eingeführt worden.233 Steuerpflichtige können für Kinder, für die sie Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhalten, 30 Prozent des für bestimmte Privatschulen bezahlten Entgelts, das nicht Entgelt für Betreuung, Beherbergung und Verpflegung darstellt, als Sonderausgabe abziehen. Die Regelung soll eine Förderung der genannten Privatschulen erreichen.234 Sie wurde eingeführt, nachdem der Bundesfinanzhof Ländererlasse für rechtswidrig erklärt hatte,235 denenzufolge im Billigkeitswege ein bestimmter Teil des Schulgelds für Internate als Spenden nach § 10b EStG abgezogen werden konnte. ________________________
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K.-J. Fröschl, HFR 2001, 431 f. und MIT, DStR 2001, 164; ebenso die Vorinstanz FG Hamburg v. 21.11.1996 V 161/94, EFG 1997, 1385. BFH v. 22.12.2004 III B 169/03, BFH/NV 2005, 699; FG RP v. 6.6.1988 5 K 493/87, juris. FG Münster v. 26.2.2003 1 K 1545/01, EFG 2003, 1084 – rkr. BFH v. 26.6.1992 III 8/91, BStBl. 1993 II, 278. Anders für Fahrtkosten einer außerordentlich gehbehinderten Person BFH v. 13.12.2001 III R 6/99, BStBl. 2000 II, 198. Vgl. etwa FG Köln v. 1.6.1994 7 K 2797/93, EFG 1995, 202 – rkr. und 7 K 1680/94, juris (bestätigt durch BFH v. 23.7.1997, X R 109/94, BFH/NV 1998, 158) sieht in der Norm eine „sonderbare Gesetzgebung“; W. Heinicke, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 10 Rz. 170: „unsystematische Reaktion des Gesetzgebers“; G. Nolde, in HHR, § 10 EStG Rz. 334a (Stand August 1994): Regelung sei eine reine Lenkungsnorm, die die Systematik des EStG nicht beachte; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 12 (Stand Juni 2002): Norm sei verfassungswidrig; Thiel/Eversberg, DB 1991, 118, 127: Die Norm habe in Wahrheit Unterhaltsleistungen zum Gegenstand. Sie greife der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform des Kinderlastenausgleichs vor und sei daher verfehlt; J. Lang, in TL, § 9 Rz. 716: Die Norm berücksichtige Kosten der gehobenen Lebensführung. Für eine Streichung auch die „Petersberger Steuervorschläge“ – Reform der Einkommensbesteuerung, Schriftenreihe des BMF, Heft 61, 1997, 26 und H.-J. Kanzler, FR 1997, 577. Und zwar nur an Privatschulen. Öffentliche Schulen sind von der Norm nicht erfasst, vgl. etwa BFH v. 16.12.1998 X R 68/98, BFH/NV 1999, 1193; ebenso die Vorinstanz FG Nds v. 11.3.1998 II 459/96, EFG 1998, 1316. Durch das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz v. 13.12.1990, BGBl. 1990 I, 2775. Die geplante Aufhebung der Vorschrift durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/2002 ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden. BT-Drucks. 11/7833, 8. BFH v. 25.8.1987 IX R 24/85, BStBl. 1987 II, 850.
Altruistische Fremdinvestitionen
aa) Berücksichtigungsfähiges Kind Die Norm setzt voraus, dass das Schulgeld für ein Kind entrichtet wird, für das der Steuerpflichtige (im Folgenden der Einfachheit halber: die Eltern) Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhält.236 Die Eltern müssen aufgrund eigener vertraglicher Verpflichtung das Schulgeld zahlen. Aufwendungen des Kindes hingegen können nur Ausbildungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sein.237 bb) Staatlich genehmigte Ersatzschule oder nach Landesrecht anerkannte Ergänzungsschule im Inland Weiterhin muss eine gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschule vorliegen. Es muß sich dabei nicht um eine Schule im schulrechtlichen Sinne handeln, auch eine Hochschule könnte genügen, wenn sie als Ersatz- oder Ergänzungsschule anerkannt bzw. genehmigt ist.238 Die Tatsache, daß eine Ausbildung an der betreffenden Schule zum Bezug von Leistungen nach dem BAföG berechtigen kann, reicht hingegen nicht aus.239 Ersatzschulen nach Art. 7 Abs. 4 GG sind Schulen, die nach ihrem Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem jeweiligen Bundesland vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen.240 In diese Rubrik fallen nicht nur allgemeinbildende Schulen. Vielmehr können auch berufsbildende Schulen Ersatzschulen sein und damit in den Genuss der Vorschrift kommen. Das ist etwa in Niedersachsen bezüglich der Berufsfachschulen für ärztliche Heilberufe, aber auch beispielsweise für Altenpflegefachschulen der Fall.241 Nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen sind Privatschulen, welche die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 GG deswegen ________________________ 236 Dazu Kap. 5 I 1 b) (S. 203 ff.). 237 Vgl. etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 85 (Stand Juni 2002). 238 BFH v. 5.11.2003 IX R 32/02, BFH/NV 2003, 599; FG Dü v. 6.11.2004 18 K 1022/03, EFG 2005, 353 – NZB XI B 176/04. 239 BFH v. 30.9.2005 XI B 140/04, juris. 240 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. etwa BVerfG v. 14.11.1969 1 BvL 24/64, BVerfGE 27, 195 und v. 9.3.1994 1 BvR 682, 712/88, BVerfGE 90, 107. Dem folgend etwa BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617 und X R 144/95, BStBl. 1997 II, 621. 241 § 1 Abs. 5 S. 1 und 2 NSchG idF. v. 27.9.1993, Nds. GVBl. 1993, 384; Verordnung über die Erweiterung des Anwendungsbereichs des NSchG v. 19.8.1993, Nds. GVBl. 1993, 299. Vgl. auch VV ND OFD Hannover 2003-03-17 S 2221-179 – StO 211 mit der Anlage 2, juris.
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nicht erfüllen, weil eine vergleichbare Schule weder vorhanden noch vorgesehen ist, die aber nach Landesrecht als Ersatzschulen erlaubt sind.242 Ergänzungsschulen sind inländische Schulen, die keine Ersatzschulen sind.243 Sie müssen zusätzlich allgemeinbildend sein,244 so dass die häufigeren berufsbildenden Ergänzungsschulen nicht zum Kreis der begünstigten Schulen gehören.245 Diese Schulen müssen durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Behörde, der die Finanzbehörden als Grundlagenbescheid246 bindet,247 genehmigt bzw. erlaubt (Ersatzschulen) oder staatlich anerkannt (Ergänzungsschulen) sein. Der Bundesfinanzhof legt die Vorschrift wortlautgetreu aus. Er macht die Berücksichtigung der Aufwendungen bei Ersatzschulen davon abhängig, dass sie tatsächlich genehmigt bzw. erlaubt sind, die bloße Genehmigungsfähigkeit reicht nicht aus.248 Auch bei Ergänzungsschulen ist eine entsprechende förmliche Anerkennung zu verlangen,249 welche die Schule etwa in die Lage versetzt, mit Außenwirkung den Bildungsgrad ihrer Schüler festzustellen und öffentlich-rechtliche Zugangsberechtigungen zu erteilen. Sie liegt daher noch nicht darin, dass die Landesbehörden von der Möglichkeit einer Untersagung nach dem Schulordnungsrecht keinen Gebrauch machen.250 Es fällt in die Kompetenz der Länder, ob und unter welchen Vor________________________ 242 Vgl. etwa BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617 und X R 144/95, BStBl. 1997 II, 621. 243 Vgl. etwa BVerfG v. 8.4.1987 1 BvL 8, 16/84, BVerfGE 75, 40, 62. 244 In Niedersachsen gibt es beispielsweise derzeit nur eine anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschule, vgl. VV ND OFD Hannover 2003-03-17 S 2221-179 – StO 211 mit der Anlage 3, juris. 245 Vgl. etwa BFH v. 11.6.1997 X R 77/94, BStBl. 1997 II, 615; ebenso die Vorinstanz FG Nds v. 8.3.1994 VII 400/93, EFG 1994, 873; FG RP v. 25.3.1997 2 K 1821/96, juris – rkr. nach Rücknahme der Rev. X R 117/97 und v. 30.4.1996 1 K 2635/94, juris (LS). 246 Mit der Konsequenz der §§ 171 Abs. 10, 175 Nr. 1 EStG. 247 Vgl. etwa BFH v. 11.6.1997 X R 77/94, BStBl. 1997 II, 615, 616. Diese Bindung soll soweit gehen, dass auch eine Hochschule als Ersatzschule anerkannt werden kann, wenn sie nur eine entsprechende Genehmigung aufweist, vgl. BFH v. 5.11.2002 IX R 32/02, BFH/NV 2003, 599. A. A noch die Vorinstanz FG Dü v. 23.11.2001 18 K 9791/97, EFG 2002, 398; FG RP v. 17.3.1995 3 K 2352/94, EFG 1995, 748 – rkr. 248 BFH v. 11.6.1997 X R 77/94, BStBl. 1997 II, 615; v. 23.7.1997 X R 57/95, BFH/NV 1998, 162. 249 BFH v. 11.6.1997 X R 144/95, BStBl. 1997 II, 621 und die Urteile des BFH v. 23.7.1997 X R 104/96, juris; X R 158/95, juris. Ebenso BFH v. 17.9.1998 X B 83/98, BFH/NV 1999, 178. Ein Verfassungsverstoß liegt darin nicht, vgl. BVerfG v. 10.12.1998, 2 BvR 1924/98, StE 1999, 98 (LS). 250 BFH v. 25.11.2002 XI B 81/00, BFH/NV 2003, 467.
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aussetzungen sie eine Ergänzungsschule anerkennen. Daher kann der Fall eintreten, dass der Gesetzgeber wie in Bayern von der Möglichkeit zur Anerkennung gar keinen Gebrauch macht.251 Dieses formale Erfordernis verstößt weder gegen den Gleichheitssatz252 noch für religiös ausgerichtete Privatschulen gegen Art. 4 GG oder Art. 6 Abs. 2 GG.253 Es ist auch nicht zu beanstanden, für ausländische Schulen im Inland254 eine solche formale Bestätigung zu verlangen.255 Für die umgekehrte Konstellation hat der BFH allerdings klargestellt, dass die Anerkennung einer deutschen Schule im Ausland durch die Konferenz der Kultusminister der Länder ausreicht und das Schulgeld als Sonderausgabe abziehbar ist.256 Das formale Erfordernis bedeutet, dass der Besuch der Europäischen Schulen als Anstalten des zwischenstaatlichen Rechts, auf die sich die Schulhoheit der Länder gerade nicht erstreckt,257 unter keinen Umständen anerkannt werden kann.258 Auch das verstößt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht gegen den Gleichheitssatz.259 Denn es liege zwar eine Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen je nach Art der von den Kindern besuchten Privatschule vor. Der Gesetzgeber habe aber einen weiten Gestaltungsspielraum, weil er mit dem Schulbesuch an ein im freien Ermessen der Eltern ste________________________ 251 FG München v. 30.9.1998 1 K 3117/97, juris. 252 BFH v. 11.6.1997 X R 144/95, BStBl. 1997 II, 621; a. A. die Vorinstanz FG Dü v. 8.8.1995 8 K 4181/93, EFG 1996, 648. 253 FG Hamburg v. 15.2.2000 VI 69/98, EFG 2000, 670 – rkr. 254 R. Gonella, DB 1994, 1395 sieht darin einen Verstoß gegen Freundschaftsverträge. Die Ausführungen zur Staatsangehörigkeitsdiskriminierung sind freilich zweifelhaft, vgl. A. Rust, in Vogel/Lehner (Hrsg.), DBA, 4. Aufl., 2003, Art. 24 Rz. 5 zum DBADiskriminierungsverbot, das nur offene Diskriminierungen verbietet. 255 A. A. R. Gonella, DB 1994, 1395. 256 So nunmehr BFH v. 14.12.2004 XI R 32/03, BStBl. 2005 II, 518. St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 87.A. A. noch H 104 EStH 1999. 257 BFH v. 16.12.1998 X R 3/98, BFH/NV 1999, 918. Ebenso die Vorinstanz FG München v. 9.10.1997 6 K 3198/97, EFG 1998, 451. 258 BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617 und die Urteile des BFH v. 23.7.1997 X R 49/96, juris; X R 135/96, juris; X R 162/95, BFH/NV 1998, 163 (LS); X R 109/94, BFH/NV 1998, 158; v. 11.3.2002 XI B 125/00, BFH/NV 2002, 1037; FG München v. 27.3.2002 13 K 2528/01, juris; FG München v. 8.4.2002 13 K 2529/01, juris; FG München v. 22.3.2005 12 K 826/04, EFG 2005, 1201 – Rev. III R 24/05. Dem folgend etwa W. Gérard, in Lademann, EStG, § 10 Rz. 341h (Stand Oktober 1998). H. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 550 (Stand August 2001); H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 22 (Stand Juni 2002). 259 BVerfG v. 16.4.2004 2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951, 952 mit Hinweis auf die Praktikabilität. S. auch die Nachweise in der vorigen Fußnote.
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hendes Merkmal anknüpfe.260 Daher genüge für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung die verfassungsrechtliche Pflicht zur Förderung der (inländischen)261 Ersatzschulen und die nicht unberechtigte Einschätzung, anerkannte Ergänzungsschulen seien angesichts der Vorgaben in Bezug auf den Lehrplan genauso förderungsbedürftig und förderungswürdig wie Ersatzschulen. Weiterhin verstößt der Ausschluss ausländischer Schulen von der Vergünstigung nach hergebrachter Ansicht des Bundesfinanzhofs auch nicht gegen die Grundfreiheiten des EG-Vertrages.262 Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit scheide schon deswegen aus, weil die Privatschulen keine Dienstleistungen im Sinne der Art. 49, 50 EG (ex Art. 59, 60 EGV) erbrächten.263 Das würde nämlich voraussetzen, dass die Schulen in der Regel gegen Entgelt tätig werden. Schulgelder seien aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kein Entgelt für eine Dienstleistung, wenn die private Schule ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben und im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Die Schule erbringe hingegen eine Dienstleistung, wenn sie im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert wird und versucht einen Gewinn zu erzielen.264 Privatschulen sind ________________________ 260 Dies wurde auch für den Besuch einer konfessionellen Schule (jüdisches College) angenommen, FG Hamburg v. 15.2.2000 VI 69/98, EFG 2000, 670 – rkr. Hier wäre aber darüber nachzudenken gewesen, ob nicht die Prüfungsintensität in Bezug auf den Gleichheitssatz zu erhöhen gewesen wäre, weil gleichzeitig die Sphäre eines Freiheitsrechts mitbetroffen ist. 261 Zum Geltungsbereich des Grundgesetzes M. Sachs, in ders. (Hrsg.), GG, 3. Aufl. 2003, Einführung Rz. 28 ff. und P.-M. Huber, in M. Sachs (Hrsg.), GG, 3. Aufl. 2003, Präambel, Rz. 32 ff. 262 A. A. aber die Vorlage an den EuGH durch das FG Köln, v. 27.1.2005 10 K 7404/01, EFG 2005, 709 (kritisch zu dieser Vorlage etwa R. Ahmann, HFR 2005, 644 f.) und Kap. 11 I 2 b) (S. 449). Außerdem betreibt die EG-Kommission wegen der Nichtabzugsfähigkeit von Schulgeldzahlungen an ausländische Schulen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland. 263 Vgl. etwa BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617 sowie zuletzt FG Köln v. 28.6.2001 7 K 8690/99, DStRE 2004, 875 – Rev. XI 19/04; ebenso H 104 EStH; P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 3. Aufl. 2003, § 10 Rz. 36; St. Geserich, Private Mittel für öffentliche Zwecke im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, in Bertelsmann Stiftung/Maecenata Institut für DritterSektor-Forschung (Hrsg.). Expertenkommission zur Reform des Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts, 2. Aufl. 2000, 211, 223. A. A. R. Eckhoff, in D. Birk (Hrsg.) Handbuch des Europäischen Steuer- und Abgabenrechts, 1995, § 18 Rz. 63; Herzig/ Dautzenberg, DB 1997, 8, 13; J. Lang, in TL, § 9 Rz. 717; W. Meilicke, DB 1994, 1011 f.; ders., BB 2000, 17, 19 f.; Meilicke/Weyde, DStZ 1996, 97 ff. Zweifelnd an der Europarechtskonformität auch D. Birk, DStJG 19 (1996), 63, 79. Unentschieden W. Heinicke, DStR 1998, 1332, 1338. 264 Vgl. dazu EuGH v. 27.9.1988 Rs. 263/86, Slg. 1988, 5365, 5388 – Humbel und Ebel.
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nach Auffassung des Bundesfinanzhofes mit ihrer Unterrichtstätigkeit in der Regel nicht erwerbswirtschaftlich tätig, sondern würden überwiegend aus dem Staatshaushalt finanziert. Dann soll es unerheblich sein, wenn einige Schulen geringere Zuschüsse erhielten. Derartige Sonderfälle änderten an der Beurteilung nichts. Die untergerichtliche Rechtsprechung verneint im Ergebnis ebenfalls eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit. Dazu wird das Vorliegen einer Diskriminierung abgelehnt, denn „eine auf Gewinnerzielungsabsicht angelegte Schule dürfte … im Inland nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfüllen.“265 Eine weitgehende Selbstfinanzierung verstieße gegen das Verbot der Sonderung nach den Besitzverhältnissen, so dass eine Anerkennung jedenfalls als Ersatzschule nicht in Betracht komme. Eine vergleichbare inländische Dienstleistung wäre daher nicht begünstigt. Es wird auch behauptet, eine Beschränkung scheide aus, weil die Schule nach fachlichen Kriterien ausgesucht werde.266 Auch das europarechtliche allgemeine Diskriminierungsverbot steht dem nach innerstaatlicher Rechtsprechung mangels Benachteiligung nicht entgegen. Denn für den Schulgeldabzug sei die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen nicht von Bedeutung. Auch sei der Ort der Niederlassung der Schule nicht der einzige Anknüpfungspunkt für die Förderung, weil es daneben noch der Genehmigung bzw. Anerkennung bedürfe. Eine neue Begründung für den Ausschluß besonders teurer ausländischer Provatschulen hat der BFH in jüngster Zeit in den Diskurs eingeführt:267 Ein Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot sei jedenfalls dan abzulehnen, wenn die Höhe des Schulgeldes – im Streitfall 43.230 DM pro Jahr – eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen fördere und es deshalb auch beim Besuch einer inländischen Schule steuerlich nicht berücksichtigt werden könne. Das gelte sowohl für Ersatzschulen, für die sich das Verbot der Sonderung nach den Besitzverhältnissen ausdrücklich aus dem Gesetz ergebe, als auch für Ergänzungsschulen. Denn die Anerkennung setze nach dem Baden-Württembergischen Privatschulgesetz ein besonderes öffentliches oder pädagogisches Interesse voraus. Ein solches Interesse liege aber nach den revisionsrechtlich nicht überprüfbaren Feststellungen des FG nur dann vor, wenn das Schulgeld im Prinzip von jedermann aufgebracht werden könne.268 Eine Vorabentscheidung des EuGH sei daher nicht einzuholen. ________________________
265 FG Hamburg v. 15.2.2000 VI 69/98, EFG 2000, 670, 672 – rkr. 266 FG RP v. 17.3.1995 3 K 1046/94, EFG 1995, 747 – im Ergebnis bestätigt durch BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617. 267 BFH v. 14.12.2004 XI R 66/03, BStBl. 2005 II, 473. Dem folgend BFH v. 5.7.2005 XI B 88/04, juris; BFH v. 18.7.2005 XI B 50/04, juris. 268 BFH v. 14.12.2004 XI R 66/03, BStBl. 2005 II, 473. Dieser Hinweis auf das nicht revisible Landesrecht findet sich in späteren Entscheidungen nicht mehr.
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Ferner scheide ein Erlass aus Gründen sachlicher Billigkeit in diesen Fällen aus.269 Denn der Gesetzgeber habe gerade die Wertentscheidung getroffen, nicht alle Privatschulen in die Förderung einzubeziehen. Daher könne nicht nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden, dass er die zu entscheidende Frage, so er sie geregelt hätte, im Sinne der Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte.270 cc) Berücksichtigungsfähiges Entgelt Berücksichtigt werden 30 Prozent des Entgelts, soweit es nicht auf Beköstigung etc. entfällt.271 Dadurch soll eine Doppelberücksichtigung vermieden werden, die andernfalls mit Blick auf den Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG und den damaligen Haushaltsfreibetrag nach § 33c EStG hätte erreicht werden können.272 Eine absolute Höchstgrenze für das berücksichtigungsfähige Entgelt besteht nicht.273 dd) Kein Abzug als Erwerbsaufwendungen Am Rande sei erstens noch angemerkt, dass nach der Rechtsprechung ein Abzug der Schulgeldzahlungen als Erwerbsaufwendungen der Eltern regelmäßig ausscheidet.274 Denn Aufwendungen für ihre Kinder gehörten grundsätzlich zu den Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG. Daran ändere eine Mitveranlassung des Schulbesuchs durch den Beruf der Eltern nichts. Dann lägen dem Aufteilungs- und Abzugsverbot unterfallende gemischte Aufwendungen vor. Für Schulgeldzahlungen gelte somit dasselbe wie für berufsbedingte Kinderbetreuungskosten.275 ________________________ 269 FG Dü v. 15.1.1998 14 K 4498/94, EFG 1998, 709 – rkr. 270 Vgl. die Nachweise bei R. von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 227 AO Rz. 127 (Stand Juni 2000), der sich freilich kritisch zur darin zum Ausdruck kommenden Subjektivierung (Wille des Gesetzgebers) äußert. 271 Zur Aufteilung im Einzelnen s. etwa H. Jung, BB 1992, 615 ff. Nicht abzugsfähig sind daher die Tagesheimkosten eines Gymnasiums, FG RP, DStRE 2005, 952. 272 Vgl. etwa H. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 550 (Stand August 2001). 273 S. nur H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 92. 274 Vgl. etwa BFH v. 21.11.2000 IX R 40/98, BFH/NV 2001, 449. S. auch die großzügigere Regelung in R 41 Abs. 2 LStR i. V.m § 9 Abs. 2 BUKG, wonach die Auslagen für umzugsbedingten zusätzlichen Unterricht der Kinder des Steuerpflichtigen bis zu einem relativ hohen Höchstbetrag abgezogen werden können. 275 Zu diesen s. nur BFH v. 17.7.2000 XI B 127/99, BFH/NV 2000, 1471 m. w. N. In der Literatur gibt es freilich eine große Zahl von Kritikern, vgl. etwa D. Degenhard, DStZ 1995, 611 ff.; W. Schön, DStR 1999, 1677, 1678 ff. Allerdings erscheinen die Gründe von BVerfG v. 11.10.1977 1 BvR 343/73, 1 BvR 83/74, 1 BvR 183,428/75, BVerfGE 47, 1 ff. (Haushaltsgehilfin) immer noch beachtlich, da sie Verifikationsschwierigkeiten herausstellen.
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Zweitens lässt die Rechtsprechung auch eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nur in ganz seltenen Fällen zu, nämlich dann, wenn es sich um unmittelbar krankheitsbedingte Mehraufwendungen handelt.276 Erfasst sind damit etwa Fälle, bei denen eine Asthma-Erkrankung des Kindes eine längerfristige Unterbringung in einem Heilklima erforderlich macht und die Schulausbildung nur gleichsam nebenbei und nachrangig erfolgt. Daran soll auch § 33 Abs. 2 S. 2 EStG nichts ändern. Denn diese regle nur das Verhältnis zwischen § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und dem Abzug als außergewöhnliche Belastung. Sie besage aber nichts über das Verhältnis des allgemeinen Abzugs von außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG zu den Regelungen über den Kinderfreibetrag und zu § 33a Abs. 2 EStG.277 Drittens schließlich soll ein Abzug als Spende nach § 10b EStG ausscheiden, weil der Schulgeldzahlung der Eltern eine Gegenleistung gegenübersteht.278
2. Leistungen an den (früheren) Ehegatten a) Aufwendungen für die Ausbildung des Ehegatten, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG Grundsätzlich kommt ein Sonderausgabenabzug nur für Aufwendungen in Betracht, die der Ausbildung des Steuerpflichtigen selbst dienen,279 so dass weder Eltern Aufwendungen für die Ausbildung ihrer Kinder280 noch Rechtsnachfolger die Kosten der Ausbildung des Erblassers281 als Sonderausgaben geltend machen können. Davon machte früher § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. eine Ausnahme und erstreckte den in der Norm vorgesehenen Sonderausgabenabzug auf Ausbildungskosten für den anderen Ehepartner. Die Erstreckung, die insbesondere im Fall getrennter Veranlagung282 von Bedeu________________________ 276 Vgl. zur verwandten Fallgruppe der auswärtigen Unterbringung Kap. 5 I 1 d) dd) (S. 223 f.). 277 BFH v. 17.4.1997 III B 216/96, BStBl. 1997 II, 752 (zust. Anm. H.-J. Kanzler, FR 1997, 577). Dem folgend BFH v. 23.11.2000 VI R 38/97, BStBl. 2001 II, 132 (zust. Anm. K.-J. Fröschl, HFR 2001, 431 f. und MIT, DStR 2001, 164; ebenso die Vorinstanz FG Hamburg v. 21.11.1996 V 161/94, EFG 1997, 1385). 278 BFH v. 25.8.1987 IX R 24/85, BStBl. 1987 II, 850. Diese Entscheidung war, wie oben erwähnt, der Anlass für die Einführung der Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG. 279 Vgl. etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 201 f. (Stand Juni 2002). 280 BFH v. 29.11.1999 X B 52/99, BFH/NV 2000, 701. 281 Zurecht H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 211 ff. (Stand Juni 2002) gegen P. Stephan, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 10 Rz. 200a (Stand Oktober 1991). 282 Zur Frage, ob die Norm auch dann Anwendung findet, wenn die Ehegatten die besondere Veranlagung nach § 26c EStG wählen, vgl. P. Stephan, in Littmann/Bitz/ Pust, EStG, § 10 Rz. 209 (Stand Oktober 1991) m. w. N.
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tung war, rechtfertigte sich damit, dass dem Ehegatten nach dem Heranwachsen der Kinder eine Berufsausbildung oder der Wiedereintritt in das Berufsleben erleichtert werden sollte.283 Die Norm ist im Zuge der Änderung der Abzugsmöglichkeiten für Sonderausgaben neu gefasst worden. Eine Begründung dafür findet sich nicht. Daher sollen auf dieser Stufe die zwar zur alten Rechtslage ergangenen, aber immer noch relevanten Entscheidungen und Stellungnahmen dargestellt werden, bevor – im Zuge der Bestandsaufnahme jedoch nur kurz – auf die geänderte Vorschrift eingegangen wird. aa) § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. Die Voraussetzungen des Wahlrechts zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG und die Ehe mussten im Zeitpunkt des Abflusses der Kosten,284 nicht aber während des ganzen Kalenderjahres vorliegen.285 Dieses Merkmal wurde im Jahre 1979286 nachträglich in das Gesetz aufgenommen, weil der Gesetzgeber eine Doppelberücksichtigung bei getrenntlebenden Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und dem gleichzeitig eingeführten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vermeiden wollte.287 § 26 Abs. 1 S. 2 EStG sollte nach überwiegend vertretener Auffassung nicht den Abzug ausschließen.288 Weiterhin mussten für einen der Ehegatten Ausbildungskosten angefallen sein. Welcher der Partner die Aufwendungen trug, war bei der Zusammenveranlagung289 egal, weil hier die Ehegatten als Einheit betrachtet werden.290 Anderes galt hingegen bei der getrennten Veranlagung nach § 26a EStG, wo nur die Aufwendungen in Betracht kamen, die der Steuerpflichtige selbst getragen hatte.291 ________________________ 283 H. Hutter, in Blümich, § 10 Rz. 513 EStG (Stand August 2001). 284 Wegen des Abflussprinzips kommt es nicht auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung an. Daher kommen auch vor der Ehe entstandene Schulden in Betracht, vgl. etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 211 ff. (Stand Juni 2002). 285 Hess. FG v. 31.7.1974 VIII 39/73, EFG 1974, 580; G. Nolde, in HHR, § 10 Rn. 317; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 211 ff. (Stand Juni 2002). 286 Durch das Steueränderungsgesetz v. 30.11.1978, BGBl. 1978 I, 1849. 287 G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 289 (Stand August 1994) m. w. N. 288 H. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 513 (Stand August 2001); G. Nolde, in HHR, § 10 EStG, Rz. 317 (Stand August 1994). A. A. aber H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 216 (Stand Juni 2002). 289 Bis zum VZ 1989 galt dies wegen § 26a Abs. 2 S. 1 EStG, der eine Sonderausgabenabzugsgemeinschaft vorsah. 290 BT-Drucks. 8/2201, 5; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. C 126 (Stand Juli 2002); ders. § 10 J 208 (Stand Juni 2002). 291 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 209 (Stand Juni 2002).
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Der Höchstbetrag galt jeweils gesondert für die Aufwendungen, die durch die Ausbildung eines Ehegatten als Lernendem veranlasst waren. Das war unabhängig davon, wer die Kosten trug. Daher konnten für die Ausbildung des Lernenden von ihm selbst und seinem Ehepartner insgesamt höchstens 920 bzw. 1.227 Euro abgesetzt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. sah nur die Möglichkeit einer steuerlichen Berücksichtigung von Fremdinvestitionen vor. bb) Neuregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG Nunmehr bestimmt § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG lapidar, dass bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllen, der Sonderausgabenabzug bis zu einer Höhe von 4.000 Euro nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG für jeden Ehegatten gilt.292 b) Begrenztes Realsplitting in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG Für Aufwendungen für die Ausbildung des (früheren) Ehegatten nach Trennung oder Scheidung kommt allein § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG293 in Betracht. Zwar findet die Ausbildung in der Vorschrift keine besondere Erwähnung. Die Norm ist aber in Hinblick auf die in § 1361 BGB für den Trennungsunterhalt und in §§ 1574 f. BGB für den Scheidungsunterhalt statuierte Verpflichtung zur Leistung von Ausbildungsunterhalt294 gegenüber dem dauernd getrennt lebenden bzw. geschiedenen Ehegatten zu lesen.295 In diesen Fällen – sowie anders als nach § 33a Abs. 1 EStG296 auch bei freiwilliger Zahlung297 – kann der Unterhaltsschuldner Leistungen bis zu einer Höhe von 13.805 Euro pro Jahr und unterhaltsberechtigter Person298 abziehen. Voraussetzung ist ein dahingehender Antrag des Steuerpflichtigen und eine Zustimmung des Unterhaltsempfängers.299 Dem Abzug korrespondiert beim Unterhaltsgläubiger die Besteuerung der Einnahmen nach § 22 Nr. 1a EStG. Probleme bereitet derzeit das Tatbestandsmerkmal der unbeschränkten Steuer________________________ 292 Zur Auslegung der Vorschrift vgl. Kap. 11 I 1 (S. 437 ff.). 293 Zur Entwicklungsgeschichte und Entwicklung der Norm s. G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 26a EStG (Stand August 1994). 294 Zu diesen familienrechtlichen Regeln näher Kap. 8 I 1 (S. 311 f.). 295 So auch G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 27 EStG (Stand August 1994). 296 Dazu Kap. 5 I 3 (S. 236 ff.). 297 P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 7; H. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 63 (Stand April 2004) m. w. N. 298 G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 27 EStG (Stand August 1994). 299 Zur automatischen Verlängerung der Zustimmung für die folgenden Veranlagungszeiträume bei fehlendem Widerruf vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 und 4 EStG. Zur zivilrechtlichen Zustimmungspflicht s. BGH v. 25.6.2003 XII ZR 161/01, DStR 2003, 1805 m. w. N.
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pflicht,300 die Gegenstand einer Vorlage des Bundesfinanzhofes an den EuGH ist.301
3. Ausbildung einer unterhaltsberechtigten Person, § 33a Abs. 1 EStG Die bedarfsorientierten Regelungen über den Familienleistungsausgleich und die Vorschriften über die Berücksichtigung von Aufwendungen für (frühere) Ehegatten werden durch § 33a Abs. 1 EStG ergänzt.302 Danach können die tatsächlichen Aufwendungen für die Berufsausbildung von gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen bis zu einem Höchstbetrag von derzeit 7680 Euro pro Jahr303 auf Antrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. a) Voraussetzungen in der Person des Empfängers aa) Unterhaltsberechtigter oder gleichgestellte Person Empfänger der Leistungen muss eine – nach inländischen Maßstäben (§ 33a Abs. 1 S. 5, Hs. 2 EStG)304 – gesetzlich305 unterhaltsberechtigte306 Person sein. Danach kommt nur307 eine Berücksichtigung von (früheren) Ehegatten und Lebenspartnern308 sowie von Kindern309 in Betracht. Keine Erörterungen ________________________ 300 Beachte dazu auch § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG. 301 BFH vom 22.7.2003 XI R 5/02, BFH/NV 2003, 1497. 302 Zur Entstehungsgeschichte vgl. die Ausführungen zu § 33a Abs. 2 EStG in Kap. 5 I 1 a) (S. 200 ff.) sowie im Einzelnen W. Oepen, in Blümich, § 33a EStG Rz. 8 ff. (Stand Januar 2002/April 2004). 303 Zum Erfordernis eines Gleichlaufs dieses Betrags mit dem Grundfreibetrag s. BVerfG v. 22.2.1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214. 304 Die Beschränkung verstößt weder gegen Europarecht noch, mit Blick auf die intendierte Typisierung und Vereinfachung des Gesetzesvollzugs, gegen Verfassungsrecht, BFH v. 4.7.2002 III R 8/01, BStBl. 2002 II, 760 (freilich mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 18 Abs. 1, 3 und 6 EGBGB zweifelhaft; die angeführten Ermittlungsschwierigkeiten bestehen ebenso bei einer gesetzlichen Verpflichtung nach inländischem Maßstab). 305 Damit scheiden die früher streitträchtigen Fälle der sittlichen Verpflichtung aus. Auch das ist verfassungs- und europarechtlich nicht zu beanstanden, vgl. wiederum BFH v. 4.7.2002 III R 8/01, BStBl. 2002 II, 760. 306 Für eine Bindung eines die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung aussprechenden Urteils W. Müller, FR 1997, 705, 712. 307 Der Anspruch der Mutter bzw. des Vaters eines nichtehelichen Kindes nach § 1615 l BGB beinhaltet keinen Ausbildungsunterhalt und wird nicht erörtert. 308 So ausdrücklich BVerfG v. 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01, BVerfGE 105, 313, 357. S. dazu etwa St. Stüber, NJW 2003, 2721, 2722 f. 309 Andere Verwandte gerader Linie haben keinen Anspruch auf Finanzierung einer Berufsausbildung, vgl. dazu unten Kap. 8 I (S. 311 ff.).
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finden sich zur – erst seit § 33a Abs. 1 EStG eine gesetzliche Unterhaltspflicht erfordert, bedeutsamen – Frage, ob der Anspruch der Stiefabkömmlinge nach § 1371 Abs. 4 BGB eine gesetzliche Unterhaltspflicht statuiert.310 Freilich sind die wichtigsten Fälle verdrängt: Kinder, für die der Steuerpflichtige Kindergeld – bzw. ausländische nach Art und Höhe dem Kindergeld ähnliche Leistungen311 – oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG erhält, scheiden nach § 33a Abs. 1 S. 3 EStG aus.312 Dasselbe gilt für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, der unbeschränkt steuerpflichtig ist oder für den das Veranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 i. V. m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG besteht.313 Denn die Ehegatten unterhalten grundsätzlich eine Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft und bilden für die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen eine Einheit (Einheitsbetrachtung).314 Geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten können vom begrenzten Realsplitting des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit der Folge der korrespondierenden Besteuerung nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG Gebrauch machen; daneben kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastung auch nicht in Betracht, soweit die Leistungen den abzugsfähigen Höchstbetrag für das Realsplitting übersteigen.315 Die Norm ist daher erstens anwendbar für Fälle der dauernd getrennt lebenden Ehegatten, bei denen ein entsprechender Antrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht gestellt wird bzw. werden kann, weil der unterhaltene Ehepartner ________________________ 310 Zu diesem Anspruch Kap. 8 I 4 (S. 315). Zur erbschaftsteuerlichen Behandlung Kap. 7 I 2 b) aa) (S. 297 f.). Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 11 III 1 (S. 466 f.). 311 BFH v. 4.12.2003 III 32/02, BFHE 204, 200. Ebenso bereits die Vorinstanz FG Dü v. 19.9.2002 14 K 1407/99, EFG 2003, 465. 312 Der früher diskutierte Fall (s. noch H 190 EStH, Stichwort „Bedeutung des Anspruchs auf Kindergeld/Freibeträge für Kinder), dass der Steuerpflichtige das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag nicht beantragt hat, dürfte mit Blick auf das fehlende Antragserfordernis bei den Kinderfreibeträgen seine Bedeutung verloren haben. Die Rechtsprechung, bei Gewährung eines Kinderfreibetrags oder von Kindergeld den Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG zu versagen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vgl. etwa BFH v. 26.6.1987 III B 32/85, BStBl. 1987 II, 713. 313 So etwa BFH v. 31.5.1989 III R 166/86, BStBl. 1989 II, 658. Die Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BVerfG v. 4.10.1988 1 BvR 843/88, HFR 1990, 43. 314 Vgl. etwa BFH v. 22.3.1967 VI R 300/66, BStBl. 1967 III, 596; v. 30.7.1971 VI R 142/68, BStBl. 1971 II, 764. Ein Sonderproblem in diesem Zusammenhang stellt sich neuerdings in folgender Konstellation: Der Steuerpflichtige ist nur einem Ehepartner gegenüber unterhaltspflichtig. Dieser Ehegatte verfügt über Einkünfte und Bezüge, der andere Ehepartner hingegen nicht. FG Münster v. 18.3.2003 13 K 7123/99, EFG 2003, 1010 – Rev. III 25/03 rechnet dem anderen Ehegatten die Hälfte der Einkünfte und Bezüge zu. 315 BFH v. 7.11.2000 III R 23/98, BStBl. 2001 II, 338.
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nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.316 Zweitens ist es in Ausnahmefällen möglich, dass eine Pflicht der Eltern zur Finanzierung einer Ausbildung für ein Kind besteht, das wegen Überschreitens der Altersgrenze für Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG nicht mehr zu berücksichtigen ist. Auch ist es mit Blick auf das Monatsprinzip des § 33a Abs. 1 EStG möglich, dass ein Kind zwar den Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG überschreitet, aber in einigen Monaten unterhaltsberechtigt war. Den gesetzlich Unterhaltsberechtigten sind Personen gleichgestellt, denen zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden, § 33a Abs. 1 S. 2 EStG.317 Dabei handelt es sich vor allem um Fälle der eheähnlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften, bei denen die Sozialhilfe gemäß § 122 S. 1 BSHG bzw. die Arbeitslosenhilfe nach § 190 SGB III gekürzt wird.318 bb) Berufsausbildung: Keine Zweitausbildung Die unterhaltsberechtigte Person muss sich – für die hier interessierende Konstellation – in der Berufsausbildung befinden. Dieser Begriff ist wie in § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu verstehen.319 Freilich ist, weil es insoweit an einer gesetzlichen Unterhaltspflicht fehlt,320 eine Zweitausbildung grundsätzlich nicht erfasst.321 Eine Ausnahme ist allein in Sonderfällen denkbar. Dabei ist von den Finanzbehörden und den Finanzgerichten nur zu prüfen, ob der Empfänger bereits eine abgeschlossene, seinen Unterhalt sichernde Berufsausbildung erhalten hat und er auch körperlich und geistig in der Lage ist, den bereits erlernten Beruf auszuüben, regelmäßig aber nicht, ob die Vorausbildung angemessen war. Denn andernfalls käme es zu ________________________ 316 BFH v. 28.11.1988 GrS 1/87, BStBl. 1989 II, 164. 317 S. dazu BMF v. 28.3.2003 IV C 4 – S 2285 – 16/03, BStBl. 1997 I, 826. 318 Dies gelte aber nur, wenn der Empfänger kraft Gesetzes auf das Einkommen des Lebenspartners verwiesen werde, BFH v. 23.10.2002 III R 57/99, BStBl. 2003 II, 187. BFH v. 18.3.2004 III R 50/02, BStBl. 2004 II, 594 m. zust. Anm. M. von Proff zu Irnich, FR 2004, 906 fordert eine tatsächliche Kürzung und im Regelfall eine Bescheinigung der zust. Behörde. Ähnlich FG Köln v. 22.5.2003 10 K 2444/01, EFG 2003, 1245 – NZB III B 104/03. 319 So statt vieler W. Oepen, in Blümich, § 33a EStG Rz. 87 (Stand Juli 1999) m. w. N. Zu diesem Begriff oben Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 320 Kap. 8 I 2 (S. 312 ff.). 321 BFH v. 20.12.1972 VI R 345/69, BStBl. 1973 II, 478. Ebenso FG Nds v. 6.8.1997 IX 256/93, EFG 1998, 100 – rkr.; FG München v. 7.3.1996 11 K 949/94, EFG 1996, 592 – rkr. wegen Unzul. der Rev. X R 87/97. Von einer sittlichen Verpflichtung nach Abbruch eines Erststudiums zur Finanzierung eines zweiten Studiums ging FG Hamburg v. 25.8.1982 III 99/81, EFG 1983, 127 – rkr. (LS) aus.
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einem zu tiefen Eindringen in die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und zu einer Überforderung der Finanzbehörden.322 cc) Anrechenbare Einkünfte und geringes Vermögen Die Einkünfte und Bezüge der unterhaltsberechtigten Person sind anzurechnen. Für diese Begriffe kann grundsätzlich auf das zum Ausbildungsfreibetrag Ausgeführte verwiesen werden.323 Der Anrechnungsfreibetrag liegt mit derzeit 624 Euro erheblich niedriger als beim Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG. Bei Ausbildungsbeihilfen, die der Lernende aus öffentlichen Mitteln oder von aus öffentlichen Mitteln finanzierten Förderungseinrichtungen erhält, gilt ebenfalls der Grundsatz der Vollanrechnung.324 Für die Bezüge einschließlich der öffentlichen Ausbildungsbeihilfen ist wie bei § 32 Abs. 4 S. 2 und § 33a Abs. 1 EStG, wenn nicht höhere Aufwendungen geltend gemacht werden, eine Unkostenpauschale von 180 Euro abzuziehen.325 Die unterhaltsberechtigte Person darf kein oder nur ein geringes Vermögen haben. Gering ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 Euro.326 Außer Betracht bleiben sollten nach deren Ansicht Vermögensgegenstände, deren Veräußerung dem Unterhaltsberechtigten nicht zugemutet werden kann.327
________________________ 322 BFH v. 20.12.1972 VI R 345/69, BStBl. 1973 II, 478. Vgl. allgemein Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.) zu den Folgen von Informationsasymmetrien. 323 So auch R 190 Abs. 5 S. 1 EStR. 324 Krit. M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 289 f. 325 R 190 Abs. 5 S. 2 EStR. 326 R 190 Abs. 3 S. 2 EStR. Als obiter dictum gebilligt von BFH v. 14.8.1997 III R 68/96, BStBl. 1998 II, 241 und v. 19.5.1999 XI R 99/96, BFH/NV 2000, 22 (unter Aufhebung der Vorinstanz FG Dü v. 27.10.1995 14 K 2060/95, EFG 1996, 59). In den beiden letztgenannten Fällen nahm der BFH entscheidungserheblich an, dass ein geringes Vermögen jedenfalls nicht mehr bei Werten von 50.000 bzw. 120.000 DM vorlag. 327 EStR 190 Abs. 3 S. 3 EStR mit Fallgruppen. Allerdings ist der Bundesfinanzhof der Annahme einer Unzumutbarkeit der Veräußerung der angemessenen eigenen Wohnung entgegengetreten, BFH v. 12.12.2002 III R 41/01, BStBl. 2003 II, 605. Maßgeblich sei der Verkehrswert unabhängig von der Anlageart. Denn ansonsten würden Leistungsempfänger, die sich ein Eigenheim leisten können, und solche, die dies wegen eines niedrigeren, gleichwohl die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Vermögens nicht konnten, ungleich behandelt. Außerdem sehe auch der zivilrechtliche Unterhalt grundsätzlich keinen Ausschluss der Vermögensverwertung vor. A. A. aber immer noch BMF v. 20.8.2003 IV C 4 – S 2285 – 43/03, BStBl. 2003 I, 411 unter Berufung auf die Einheit der Rechtsordnung.
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dd) Anpassung der Beträge für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger Ist der Empfänger des Unterhalts nicht unbeschränkt steuerpflichtig, so vermindert sich gemäß § 33a Abs. 1 S. 5 Hs. 1 EStG – wie bei § 33a Abs. 2 EStG – die Höchstgrenze für die abzugsfähigen Aufwendungen auf den nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates notwendigen und angemessenen Betrag.328 Im Übrigen ist für Unterhaltsaufwendungen an im Ausland Lebende zu beachten, dass es für das Bestehen einer Unterhaltspflicht auf inländische Maßstäbe ankommt. b) Voraussetzungen in der Person des Leistenden aa) Tatsächlich getätigte Aufwendungen Es müssen dem Leistenden tatsächlich Aufwendungen entstanden sein.329 Unter dem Begriff der Aufwendungen werden allgemein Ausgaben verstanden, also alle Güter in Geld oder Geldeswert, die beim Steuerpflichtigen abfließen. Auch gelegentliche Leistungen können, sofern es sich nicht um reine Geschenke oder Aufmerksamkeiten zu Festtagen handelt,330 Aufwendungen sein.331 Im Bereich der Berufsausbildung kann es sich auch um die Zuwendung eines für die Aus- oder Fortbildung des Empfängers notwendigen Buches handeln.332 bb) Leistungsfähigkeit des Zahlenden: Typisierte Opfergrenze Voraussetzung für eine Unterhaltspflicht ist weiterhin die Leistungsfähigkeit des Zahlenden. Im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG bestimmt sich diese allerdings nicht nach den bürgerlich-rechtlichen Regelungen. Vielmehr besteht ein stark typisierendes Verfahren zur Ermittlung der sogenannten ________________________ 328 Zur Konkretisierung dieser Begriffe zuletzt BMF v. 26.10.2000 IV C 4 – S 2285 – 54/00, BStBl. 2000 I, 1502 zur Ländergruppeneinteilung ab 2001. Gegen die Einteilung in Ländergruppen bestehen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, BVerfG v. 31.5.1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 231 f. Die Rechtsprechung wendet die Ländereinteilung an, wenn sie nicht im Einzelfall zu offensichtlich falschen Ergebnissen führen, vgl. BFH v. 13.2.1987 III R 196/82, BStBl. 1987 II, 341; v. 11.11.1988 III R 307/84, BFH/NV 1990, 83; v. 5.10.1990 III R 38/87, BFH/NV 1991, 299. 329 Zum Nachweis bei ausländischen Empfängern BMF v. 15.9.1997 IV B 5 – S 2285 – 40/97, BStBl. 1997 I, 826, Tz. 4. 330 BFH v. 25.3.1966 VI 329/65, BStBl. 1966, 534. 331 BFH v. 5.9.1980 VI R 75/80, BStBl. 1981 II, 31; v. 30.1.1981 VI R 95/80, juris. 332 BFH v. 10.8.1990 III R 45/87, BStBl. 1991 II, 74. Die Entscheidung erging allerdings zur alten Fassung des § 33a Abs. 1 EStG, der nicht auf eine gesetzliche Unterhaltspflicht abstellte.
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„Opfergrenze“,333 die allerdings auf Leistungen zugunsten der Ehefrau keine Anwendung findet.334 c) Persönliche und zeitliche Zuordnung der Aufwendungen Erstens bedeutet der Höchstbetrag, dass bei Zahlungen mehrerer Unterhaltsverpflichteter unter Umständen bestimmte Leistungen nicht berücksichtigt werden können. Dazu wird der um die Einkünfte und Bezüge des Empfängers verminderte Höchstbetrag zwischen mehreren Steuerpflichtigen in Verhältnis zu ihrem Anteil an den Gesamtzahlungen aufgeteilt. Zweitens ist bei mehreren Empfängern einer einheitlichen Zahlung zu ermitteln, an wen welcher Betrag geleistet wurde. Das ist insbesondere mit Blick darauf bedeutsam, dass etwa die für Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Kinder von § 33a Abs. 1 EStG ausgeschlossen sind. In diesem Fall gilt es die Unterhaltsbeträge nach Köpfen aufzuteilen, wenn sie keine eigenen Einkünfte und Bezüge haben. Nur dadurch lässt sich das gesetzgeberische Ziel der Typisierung und Vereinfachung erreichen.335 Drittens ergeben sich Probleme der zeitlichen Zuordnung: Bei einer Überweisung am Jahresende hat der Bundesfinanzhof in parallel gelagerten Fällen zu Unterhaltsleistungen entschieden, dass Zahlungen grundsätzlich nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden dürfen.336 Insbesondere berechtigt eine Überweisung am Jahresende nur337 dann zu einem Ansatz für das gesamte Jahr und nicht nur den Monat Dezember, wenn das Geld zur Tilgung von Schulden für den Lebensunterhalt eingesetzt wurde.338
________________________ 333 BFH v. 4.4.1986 III R 245/87, BStBl. 1986 II, 852; v. 30.6.1989 III R 258/83, BStBl. 1989 II, 1009; v. 30,06.19989 III 149/85, BFH/NV 1990, 225. S. dazu BMF v. 15.9.1997 IV B 5 – S 2285 – 40/97, BStBl. 1997 I, 826, Tz. 6.2; diese ist auch bei Unterhaltszahlungen an Inländer anwendbar, vgl. R 190 Abs. 4 EStR und H 190 EStH, „Opfergrenze“. W. Müller, FR 1997, 705, 709 hält die Opfergrenze seit Übergang zum Erfordernis einer gesetzlichen Unterhaltspflicht für bedeutungslos. 334 BFH v. 4.4.1986 III R 245/83, BStBl. 1986 II, 852; v. 22.2.1991 III R 3/88, BFH/NV 1991, 595. 335 BFH v. 14.5.1982 VI R 136/80, BStBl. 1982 II, 776; v. 30.6.1989 III R 258/83, BStBl. 1989 II, 1009; v. 12.11.1993 III R 39/92, BStBl. 1994 II, 731. Dem folgend BMF v. 15.9.1997 IV B 5 – S 2285 – 40/97, BStBl. 1997 I, 826, Tz. 5. 336 BFH v. 5.9.1980 VI R 75/80, BStBl. 1981 II, 31; v. 13.3.1987 III R 206/82, BStBl. 1987 II, 599; v. 11.11.1988 III 307/84, NFH/NV 1990, 83; v. 6.4.1990 III 193/85, BFH/NV 1990, 767; v. 9.8.1991 III R 63/89, BFH/NV 1992, 101. 337 S. aber auch die Vereinfachungsregeln der Finanzverwaltung in BMF v. 15.9.1997 IV B 5 – S 2285 – 40/97, BStBl. 1997 I, 826 Tz. 8.3. 338 BFH v. 30.0.11981 VI R 95/80, juris.
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d) Monatliche Betrachtung und Konkurrenzen Nach § 33a Abs. 4 EStG ist grundsätzlich für jeden Kalendermonat gesondert zu überprüfen, ob der Steuerpflichtige die Berufsausbildung unterstützt hat.339 Bei Aufwendungen für Berufsausbildung ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese – im Gegensatz zu den Unterhaltszahlungen – häufig in anderer als monatlicher Folge getätigt werden.340 § 33a Abs. 5 EStG stellt klar, dass Abs. 1 zur Vereinfachung und Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung341 den Aufwand typisierend und abschließend berücksichtigt. Auch Aufwendungen eines Steuerpflichtigen zur Ablösung der Unterhaltspflicht können nur nach § 33a Abs. 1 berücksichtigt werden.342
4. Behandlung der familien- und sozialrechtlichen Leistungen beim Lernenden Für die Besteuerung des Lernenden ist zuerst die Frage zu klären, ob die Kostenübernahme bei ihm einer der sieben Einkunftsarten zuzuordnen und daher steuerbar ist. Dies wird – jenseits der Korrespondenzbesteuerung im Rahmen des begrenzten Realsplittings in § 22 Nr. 1a EStG343 – nur selten der Fall sein, wenn man der restriktiven Auslegung von § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG folgt und den Umkehrschluss für einen beschränkt steuerpflichtigen Geber ablehnt, weil weder der Geber im Sinne der Markteinkommenstheorie am durch den Markt vermittelten Ergebnis teilhat noch eine Abzugsfähigkeit zu Lasten der inländischen Besteuerung interpersonell korrespondierend auszugleichen ist.344 ________________________ 339 BMF v. 15.9.1997 IV B 5 – S 2285 – 40/97, BStBl. 1997 I, 826, Tz. 78. 340 So FG BaWü v. 29.4.1993 6 K 211/91, EFG 19 1993, 658 – rkr. Dem folgend etwa P. Glanegger, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 33a Rz. 18. 341 So schon BFH v. 9.12.1966, VI R 101/66, BStBl. 1967III, 246, allerdings mit einer Ausnahme für die geballte Zahlung aufgrund eines Gerichtsurteils; ob diese Ausnahme noch aufrechtzuerhalten ist, lässt BFH v. 26.2.1998 III R 59/97, BStBl. 1998 II, 605 ausdrücklich offen. 342 BFH v. 22.1.1971 VI R 47/69, BStBl. 1971 II, 325, jedoch noch auf Grundlage des Verschuldensprinzips bei Scheidung; v. 26.2.1998 III R 59/97, BStBl. 1998 II, 605 (ebenso die Vorinstanz FG Hamburg v. 13.11.1995 I 88/94, EFG 1996, 383). A. A. W. Müller, DStZ 1994, 29, 33. 343 Vgl. dazu die Darstellung zu § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Kap. 5 I 2 b) (S. 235 f.). 344 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 11/11 (Stand Dezember 2001); P. Fischer, Wiederkehrende Bezüge und Leistungen, 1994, 41 f.; ders., in KSM, § 22 Rz. B 353 f. m. w. N. (Stand Februar 1995); J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, 90 und 263. Diese Ansicht vermeidet zudem das Ergebnis, dass die Art der Zahlungsform sich auf die Frage der Steuerbarkeit auswirkt. A. A. aber BFH v. 27.11.1959 VI 172/59, BStBl. 1960, 65.
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Im Übrigen besteht ein wahres Füllhorn verschiedener, je nach Position zur Steuerbarkeit wiederkehrender Leistungen teilweise deklaratorischer Steuerbefreiungen, die sich nicht nur in § 3 EStG, sondern für internationale Sachverhalte auch in den Doppelbesteuerungsabkommen und in den Einkommensteuerrichtlinien finden. Sie werden im Folgenden345 im Einzelnen vorgestellt. Dabei sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass sich als Korrelat der Steuerbefreiung die Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen nach § 3c EStG ergibt, soweit die steuerfreien Einnahmen gerade für die Zwecke der ausbildungsbedingten Mehraufwendungen geleistet wurden.346 a) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 EStG (Arbeitsförderung) § 3 Nr. 2 EStG befreit – in unübersichtlicher Weise als Ergebnis zahlreicher Änderungen347 – Leistungen an die Lernenden,348 die sie zur Förderung von Aus- und Weiterbildung nach dem SGB III und vergleichbaren Programmen erhalten haben. Nicht von der Steuer befreit sollen hingegen entsprechende Leistungen aus dem Ausland sein.349 Der in dieser Arbeit interessierende Zusammenhang mit der Aus- und Fortbildung wurde erstmals im Arbeitsförderungsgesetz im Jahre 1969 hergestellt. Danach wurden das Unterhaltsgeld sowie die übrigen zur Förderung der Aus- und Fortbildung des Empfängers gewährten Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz von der Steuer befreit.350 Durch das Steueränderungsgesetz 1992351 wurden die Steuerbefreiungen für Leistungen nach dem AFG auch auf die „entsprechenden Programme des Bundes und der Länder“ erstreckt. Im Jahre 1997 wurde die Norm um aus dem Europäischen Sozialfonds finanziertes Unterhaltsgeld erweitert.352 ________________________ 345 Mit Ausnahme der Leistungen an Arbeitnehmer des Kohlebergbaus etc. nach § 3 Nr. 60 EStG. 346 Für § 3 Nr. 2 EStG s. H.-J. von Beckerath, KSM, § 3 Rz. B 2/25 (Stand August 2001); für § 3 Nr. 11 EStG vgl. etwa BFH v. 7.12.1967 IV R 33/67, BStBl. 1968 II, 149; für § 3 Nr. 44 EStG s. BFH v. 9.11.1976 VI R 139/74, BStBl. 1977, 207 sowie Birk/Jahndorf, in HHR, § 3c EStG Rz. 65 (Stand Oktober 2000); Vgl. auch schon Kap. 4 IV 4 (S. 195 f.). 347 H.-J. von Beckerath, KSM, § 3 Rz. B 2/34 (Stand August 2001). 348 Nicht aber Zuschüsse an Arbeitgeber, BFH v. 25.9.2002 IV B 139/00, BFH/NV 2003, 158. 349 BFH v. 14.8.1991 I R 133/90, BStBl. 1992 II, 88 – europarechtlich zw. 350 Änderung durch § 237 Nr. 1 AFG v. 25.6.1969, BGBl. 1969 I, 582. Zur wenig ergiebigen Begründung BT-Drucks. V/2291, 100. 351 Vom 25.2.1992, BGBl. 1992 I, 297. 352 Durch Art. 25a des Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches des Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 16.12.1997, BGBl. 1997 I, 3121. Die Änderung des Einkommensteuergesetzes erfolgte auf Betreiben des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 13/8994, 75.
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Steuerbefreit sind demnach heute insbesondere die Berufsausbildungsbeihilfen für Auszubildende (§§ 59 ff. SGB III)353 und die Übernahme der Weiterbildungskosten (§§ 77 ff. SGB III) einschließlich des Unterhaltsgelds nach §§ 153 ff. SGB III.354 Befreit sind auch das Unterhaltsgeld aus dem Europäischen Sozialfonds,355 das Teilnehmern an einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung oder Umschulung gewährt wird, sowie die übrigen Leistungen an Arbeitnehmer und Arbeitssuchende356 für deren Aus- und Fortbildung. Der Begriff der Aus- und Fortbildung ist nicht gesondert definiert. Es wird bisweilen vertreten, er sei nicht entsprechend dem steuerrechtlichen Verständnis zu definieren, sondern im Sinne des SGB III.357 Das freilich ist schon deswegen zweifelhaft, weil das SGB III den Begriff der Fortbildung gar nicht kennt. Für § 3 Nr. 2 EStG gilt teilweise ein Progressionsvorbehalt. Für die hier bedeutsamen steuerbefreiten Leistungen ist § 32b Abs. 1 Nr. 1a EStG anzuwenden auf Unterhaltsgeld, das nach dem SGB III gewährt oder aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert wurde. b) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG (Ausbildungsbeihilfen) Die Norm358 sieht für bestimmte aus öffentlichen Mitteln gewährte Ausbildungsbeihilfen eine Befreiung beim Lernenden vor. Sie soll damit die Ausbildung fördern. Die aus öffentlichen Mitteln gewährten Hilfen sollen nicht durch Besteuerung wieder geschmälert werden.359 Das hilft dem Leistungsträger, den Leistungszweck mit einem geringeren Mittelaufwand zu erreichen. Die Begünstigung des Einnahmebeziehers, die durch einen allgemeinen Freibetrag oder Steuerabzugsbetrag hätte bewirkt werden können, ist hingegen nicht primär intendiert.360 Das Verhältnis zwischen der Norm und dem Sonderausgabenabzug ist im Übrigen bereits oben dargestellt worden.361 Im Einzelnen stellt § 3 Nr. 11 EStG mit dem Begriff „Bezüge“ auf den Zufluss beim Steuerpflichtigen ab. Dabei ist es gleichgültig, ob einmalige oder ________________________ 353 354 355 356 357 358 359 360 361
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Vgl. Kap. 8 II 2 a) bb) (S. 321 f.). Kap. 8 II 2 a) cc) (S. 322 f.). Kap. 8 II 2 b) (S. 323 f.). Von diesem Begriff sind auch Arbeitslose erfasst, vgl. H.-J. von Beckerath, KSM, § 3 Rz. B 2/47 (Stand August 2001). H.-J. von Beckerath, KSM, § 3 Rz. B 2/57 (Stand August 2001). Zur Entstehungsgeschichte H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 11/3 (Stand Dezember 2001). BFH v. 19.6.1997 VI R 26/96, BStBl. 1997 II, 652, 653. H.-J. von Beckerath, KSM, § 3 Rz. B 11/18 (Stand Dezember 2001). Kap. 4 II 4 (S. 131 ff.).
Altruistische Fremdinvestitionen
laufende Zuwendungen geleistet werden und ob Geld- oder Sachleistungen gewährt werden.362 Weiterhin müssen die Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung363 bewilligt werden. Öffentliche Mittel sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen. Auf eine Zahlung durch eine öffentliche Kasse kommt es nicht an. Vielmehr ist entscheidend, dass über diese Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden darf. Ihre Verwendung unterliegt dann der Kontrolle durch die Haushaltsgesetzgebung, die Rechnungshöfe und die dienstaufsichtführenden Ministerien. Darin liegt der Grund, warum aus Privatmitteln gewährte Leistungen nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kommen.364 Dementsprechend sind keine öffentlichen Mittel die eines privaten Vereins, einer Gewerkschaft oder einer GmbH, bei der eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft Alleingesellschafterin ist.365 Entsprechend der Auffassung der Rechtsprechung zu § 3 Nr. 2 EStG366 könnte man ferner Mittel ausnehmen, die von ausländischen Staaten gewährt werden.367 Erfasst sind hingegen Mittel des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der als juristische Personen des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften.368 Eine öffentliche Stiftung liegt vor, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Institution handelt.369 Die Einkommensteuerhinweise nehmen das an, wenn die Stiftung selbst juristische Person des öffentlichen Rechts ist oder das Stiftungsvermögen im Eigentum einer juristischen Person des öffentlichen Rechts steht oder die Stiftung von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwaltet wird.370 Die Leistungen müssen gewährt werden zum Zweck, die Ausbildung unmittelbar zu fördern. Für die Bestimmung des Begriffs der Ausbildung sollen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs371 dieselben Grundsätze gelten wie ________________________ 362 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 11/25 (Stand Dezember 2001). 363 Bzw. aus Mitteln der Nachfolgebetriebe der ehemaligen Deutschen Bundespost für deren Beamte, § 3 Nr. 35 EStG. 364 Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, vgl. BVerfG v. 19.2.1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395 (zu beamtenrechtlichen Beihilfen). 365 FG Münster v. 28.2.1998 11 K 2409/95, EFG 1996, 687 – rkr. 366 Kap. 5 I 4 a) (S. 243 f.). 367 A. A. aber für Mitgliedsstaaten der EU, vgl. Kap. 11 I 4 g) (S. 462 ff.). 368 H 6 EStH zu § 3 Nr. 11, Stichwort „Öffentliche Mittel“. 369 BVerfG v. 6.11.1962 2 BvR 151/60, BVerfGE 15, 46, 66. 370 H 6 EStH zu § 3 Nr. 11, Stichwort „Öffentliche Stiftung“. 371 BFH v. 4.5.1972 IV 133/64, BStBl. 1972 II, 566; v. 24.8.1973 VI R 100/71, BStBl. 1973 II, 819; v. 9.3.1990 VI R 49/87, BFH/NV 1991, 22; allerdings sämtlich vor der Änderung der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten im Jahre 2002 (dazu oben Kap. 4 III 2 (S. 159 ff.)). Die Sichtweise entspricht der allgemeinen Ansicht in der Literatur, vgl. etwa H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3
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bei der Abgrenzung von Ausbildungskosten und Fortbildungskosten bei den Erwerbsaufwendungen.372 Die in der Norm geforderte Finalität („zum Zweck“) macht deutlich, dass es auf die subjektive Sicht des Leistungsträgers ankommt, selbst wenn die Beihilfe objektiv zur Förderung der Ausbildung ungeeignet ist. Insbesondere auf einen späteren Verwendungsnachweis kommt es nicht an.373 Der Zweck kann aber grundsätzlich nicht mehr erreicht werden, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist.374 Eine Steuerbefreiung ist bei Zahlung nach Abschluss der Maßnahme jedoch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beihilfe vor oder während der Ausbildung zugesagt wurde und die Ausbildung erst ermöglicht hat.375 Die Förderung muss unmittelbar der Ausbildung dienen. Dies ist dann der Fall, wenn die Ausbildung ohne ein Dazwischentreten weiterer Ereignisse beeinflusst wird. Dieses Kriterium wird von der Rechtsprechung großzügig gehandhabt, so dass eine unmittelbare Förderung schon im Fall der Übernahme der Lebenshaltungskosten anzunehmen ist, weil der Empfänger seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen muss und dadurch zeitlich in die Lage versetzt wird, sich der Ausbildung zu widmen.376 Hingegen bleiben Zahlungen an einen Ausbilder nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit.377 Bei den gewährten Mitteln muss es sich um Beihilfen handeln. Aus dem Wortlaut ist gefolgert worden, von einer Beihilfe könne nicht gesprochen werden, wenn sie die gesamten Aufwendungen abdecke und keine Eigenleistung des Empfängers mehr verbleibt.378 Der Bundesfinanzhof hat diese Frage allerdings ausdrücklich offengelassen.379 ________________________
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375 376 377 378 379
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Rz. B 11/46 (Stand Dezember 2001); W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG Rz. 18 (Stand September 1999); P. Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 Rz. 389 (Stand Februar 2004); W. Heinicke, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2003, § 3 Stichwort „Ausbildungsförderung“. Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 13 I (S. 480 ff.). BFH v. 4.5.1972 IV 133/64, BStBl. 1972 II, 566. Ebenso FG Nürnberg v. 27.1.1971 V (II) 32/69, EFG 1971, 274 – bestätigt durch BFH v. 24.8.1973 VI R 100/71, BStBl. 1973 II, 819. A. A. aber W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG Rz. 16 (Stand September 1999). BFH v. 17.9.1976 VI R 229/74, BStBl. 1977 II, 68; ebenso FG Saarland v. 18.1.1974 76/72, EFG 1974, 195 – rkr. Dem folgend H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 11/48 (Stand Dezember 2001); W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG Rz. 18 (Stand September 1999). H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 11/48 (Stand Dezember 2001); W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG Rz. 18 (Stand September 1999). BFH v. 4.5.1972 IV 133/64, BStBl. 1972 II, 566; v. 28.6.1984 IV R 49/83, BStBl. 1984 II, 571. BFH v. 28.2.1978 VIII R 116/75, BStBl. 1978 II, 387. Heute wäre freilich an eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG zu denken. W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG, Rz. 8 (Stand September 1999). BFH v. 19.6.1997 IV R 26/96, BStBl. 1997 II, 652.
Altruistische Fremdinvestitionen
Die Beihilfen müssen aus altruistischer Motivation geleistet werden: Entscheidendes Merkmal der Beihilfe ist ihre Unentgeltlichkeit und Einseitigkeit.380 Der Empfänger darf, wie S. 3 der Vorschrift explizit bestimmt, mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder, was für den hier zu diskutierenden Fall der Ausbildungsbeihilfe von größerer Relevanz sein dürfte, zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet werden. Mit dem letzten Kriterium wollte der Gesetzgeber insbesondere sicherstellen, dass Ausbildungsbeihilfen, bei denen der Empfänger sich verpflichtet hatte, beim Geber später in ein Dienstverhältnis zu treten, nicht steuerfrei sind.381 Eine Verpflichtung zu einer Arbeitnehmertätigkeit ist im Übrigen auch schon bei einer Pflicht zur eigenen Ausund Weiterbildung anzunehmen. Auf die Frage, ob die Arbeit im eigenen oder im fremden Interesse erfolgt, kommt es nicht an.382 Beispiele383 für die unter diese Vorschrift fallende Ausbildungsförderung sind insbesondere die Leistungen nach dem BAföG.384 Steuerpflichtig sind hingegen die Unterhaltszuschüsse an Beamte im Vorbereitungsdienst, etwa für Rechtsreferendare.385 Auch Beihilfen für die Anfertigung einer Habilitationsschrift sind nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit.386 c) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG (Stipendien) Die eng mit § 3 Nr. 11 EStG verwandte Vorschrift387 befreit beim Lernenden388 Stipendien zur Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung oder ________________________ 380 H 6 EStH zu § 3 Nr. 11, Stichwort „Beihilfen“. A. A. noch BFH v. 15.6.1973 VI R 295/69, BStBl. 1973 II, 734. 381 BT-Drucks. 11/2157, 137 gegen BFH v. 15.6.1973 VI R 295/69, BStBl. 1973 II, 734; v. 29.6.1973 VI R 267/69, BStBl. 1973 II, 736; v. 29.6.1973 VI R 100/71, BStBl. 1973 II, 848. 382 BFH v. 19.4.1985 VI R 131/81, BStBl. 1985 II, 465. 383 Vgl. auch W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 11 EStG Rz. 18 (Stand September 1999). 384 S. dazu Kap. 8 II 1 a) (S. 316 ff.). 385 BFH v. 7.4.1972 VI R 58/69, BStBl. 1972 II, 643; v. 12.8.1973 VI R 155/80, BStBl. 1983 II, 718. Entsprechendes galt im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung, BFH v. 19.4.1985 VI R 131/8, BStBl. 1985 II, 465; v. 10.10.1986 VI R 71/83, BFH/NV 1987, 87 sowie für Verwaltungspraktikanten, FG Dü v. 5.6.1973 I 99/72, EFG 1973, 594 – rkr. 386 BFH v. 4.5.1972 IV 133/64, BStBl. 1972 II, 566. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 4.12.1972 1 BvR 364/72, HFR 1973, 87. Ebenso für den Förderpreis für eine Habilitationsschrift FG SH v. 15.3.2000, I 210/95, EFG 2000, 787 – rkr. 387 Zur Entstehungsgeschichte W. Bergkemper, in HHR, § 3 EStG Rz. 1 (Stand Juli 2001). 388 Nicht aber beim Lehrenden, vgl. etwa BFH v. 28.0.21978 VIII R 1116/75, BStBl. 1978 II, 387.
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital
Fortbildung unter bestimmten Voraussetzungen von der Einkommensteuer. Wie bei § 3 Nr. 11 EStG ist weder primär eine Förderung der Stipendiaten angestrebt, noch ist der Vereinfachungszweck, dass den zufließenden Mitteln oftmals in entsprechender Höhe ansonsten steuerlich beachtliche Aufwendungen gegenüberstehen, ausschlaggebend. Vielmehr soll diese Norm ebenfalls eine Entlastung des Leistungsträgers erreichen.389 Die Norm ist gegenüber § 3 Nr. 11 EStG390 einerseits weiter, weil nicht erforderlich ist, dass die Stipendien aus öffentlichen Mitteln stammen. Auch ist ausdrücklich bestimmt, dass auch Fortbildung gefördert werden kann. Andererseits beschränkt sich die Befreiung in § 3 Nr. 44 EStG auf Stipendien zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung.391 Gleichwohl ist die nach den Steuerhinweisen geforderte Feststellung, dass die Voraussetzungen der Norm vorliegen, durch das für die Einrichtung zuständige Finanzamt mangels gesetzlicher Grundlage kein Grundlagenbescheid nach § 170 Abs. 10 AO.392 Im Einzelnen werden befreit Geldbeihilfen für Studierende, nicht aber Sachbeihilfen. Dies entspricht zwar dem Begriff „Stipendium“ in seinen belegten lateinischen Verwendungen,393 erscheint aber mit Blick auf den früheren Wortlaut „Beihilfe“, gegenüber dem keine Änderung beabsichtigt war,394 nicht ganz zweifelsfrei, zumal dieses Verständnis beispielsweise die jahrhundertealte Tradition der kostenlosen Essensvergabe an bedürftige Studenten („Freitisch“) nicht erfassen würde. Das Stipendium muss von einem der enumerierten Geber stammen. Steuerbefreit sind danach erstens die Leistungen aus öffentlichen Mitteln – der Begriff bestimmt sich übereinstimmend mit dem bei § 3 Nr. 11 EStG. Zweitens sind auch die zwischenstaatlichen und die überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik als Mitglied angehört, ausdrücklich aufgenommen worden, so dass namentlich die Mittel der Europäischen Gemeinschaft ________________________ 389 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 44/31 f. (Stand September 2003). 390 Zum Verhältnis von § 3 Nr. 11 und § 3 Nr. 44 EStG s. auch H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 44/15 ff. (Stand September 2003). 391 Kritisch zu dieser Beschränkung W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 44 EStG Rz. 2 (Stand Juli 2001). 392 W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 44 EStG Rz. 5 (Stand Juli 2001). 393 Vgl. P. G. W. Glare (Hrsg.), Oxford Latin Dictionary, 1968 ff., Stichwort „Stipendium“ sowie ebendort die Bedeutung von stips. Offener hingegen G. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 4. Aufl. 1986, Stichwort „Stipendium“: Studienbeihilfe, Geldunterstützung für Studierende. 394 Vgl. auch H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/41 (Stand September 2003), der sich dagegen ausspricht, dem Begriff des Stipendiums eine wesentlich andere Bedeutung beizumessen als dem Begriff der Beihilfe.
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privilegiert sind.395 Drittens kommen auch Leistungen von Einrichtungen, die von einer Körperschaft öffentlichen Rechts verwaltet oder errichtet worden sind, in den Genuss der Steuerbefreiung. Damit können im Gegensatz zu § 3 Nr. 11 EStG insbesondere auch Leistungen von juristischen Personen des Privatrechts erfasst werden.396 Viertens schließlich unterfallen § 3 Nr. 44 EStG auch die Leistungen von gemeinnützigen Körperschaften im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. Nicht erfasst sind hingegen die Stipendien einer privatwirtschaftlichen inländischen Aktiengesellschaft.397 Die Leistung muss ferner unmittelbar von einem der genannten Geber herrühren. Zwar ist rein sprachlich gesehen nicht eindeutig, ob sich das Unmittelbarkeitserfordernis nur auf die Stipendien aus öffentlichen Mitteln bezieht. Jedoch ist nicht davon auszugehen, da kein Grund dafür bestünde, Leistungen aus öffentlichen Mitteln engeren Voraussetzungen zu unterwerfen als solche von zwischen- und überstaatlichen Einrichtungen. Darüber hinaus ist umstritten, ob man das Unmittelbarkeitserfordernis auch in Satz 2 der Vorschrift hineinlesen sollte. Das entspricht einerseits nicht dem Wortlaut, andererseits findet sich auch hier kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle gegenüber denen nach Satz 1.398 Mit Blick auf § 57 AO dürfte dieses Problem jedoch ohnehin nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die hier interessierenden Stipendien müssen zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Aus- oder Fortbildung gewährt werden. Nach allgemeiner Ansicht sollen sich diese Begriffe wie bei der Abgrenzung der Erwerbsaufwendungen von den Sonderausgaben bestimmen.399 Beim Ausdruck „zur Förderung“ werden wie bei § 3 Nr. 11 EStG ein subjektiver und ein objektiver Ansatz vertreten. In Satz 3 der Vorschrift finden sich weitere Voraussetzungen, um einem Missbrauch der Befreiung durch den erweiterten Kreis der privilegierten Stipendiengeber vorzubeugen:400 Nach Buchst. a ist, ebenso wie bei § 3 Nr. 11 EStG, eine Beschränkung der Zuwendungen auf den Ausbildungsbe________________________ 395 Zu den Begriffen vgl. etwa H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/52 (Stand September 2003). 396 So auch H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/53 (Stand September 2003). 397 BFH v. 25.7.2001 VI R 78/00, BFH/NV 2001, 1558. Ebenso die Vorinstanz FG Thü v. 15.3.2000 III 54/99, EFG 2000, 1137. 398 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/55 (Stand September 2003). 399 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/65 (Stand September 2003). Mit Blick auf die sogleich zu erörternde Einschränkung nach Satz 3 Buchst. c der Vorschrift ist die Abgrenzung im Übrigen nicht gänzlich irrelevant. 400 BT/Drucks. IV/2400, 62.
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darf und die Kosten des Lebensunterhalts erforderlich.401 Die letztgenannte Größe soll sich in Übereinstimmung mit § 1610 Abs. 2 BGB bestimmen, wobei der Höhe nach auf die Werte nach dem BAföG und dem SGB III abgestellt werden kann.402 Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Befreiung nur zu gewähren, wenn der so eingegrenzte Betrag nicht überschritten wird,403 wobei allerdings bisweilen eine Lesart im Sinne eines „soweit“ befürwortet wird.404 Diese Einschränkung soll gewährleisten, dass Stipendien nur in der Höhe steuerfrei bleiben, wie dies zur Sicherstellung des mit dem Stipendium verfolgten Zwecks erforderlich ist.405 Ferner ist eine Gewährung nach vom Geber erlassenen (allgemeinen) Richtlinien erforderlich. Sie will damit eine möglichst weitgehende Bindung der vergebenden Stelle erreichen, um eine einheitliche Handhabung zu erreichen;406 dies lässt sich auch durch den Gedanken der Missbrauchsvermeidung erklären. Nach Buchst. b ist eine altruistische Motivation der gebenden Einrichtung erforderlich. Daher darf weder eine künstlerische oder wissenschaftliche Gegenleistung, die nicht gänzlich geringfügig ist,407 noch die Verpflichtung zur Eingehung eines Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.408 Für Fortbildungsstipendien findet sich die weitere Einschränkung in Buchst. c, dass eine Steuerfreiheit nur innerhalb von 10 Jahren nach Abschluss der Berufsausbildung gewährt werden darf. Sie soll sicherstellen, dass Stipendien, die der Fortbildung dienen, „nur dann steuerfrei bleiben, soweit sie zur Abrundung des Wissens eines Empfängers dienen, bei dem der Abschluß der Berufsausbildung noch nicht zu lange zurückliegt.“409 Die Regelung ist verfassungsgemäß,410 wenn auch geltend gemacht wird, dass es für die zeitliche Einschränkung keinen Grund gebe.411 Aufgrund der Norm kann sich die Interessenlage des Steuerpflichtigen im Vergleich zur früheren ________________________ 401 Zu einem Urteil zur hier nicht behandelten Forschungsförderung vgl. BFH v. 20.3.2003 IV R 15/01, BStBl. 2004 II, 190 sowie ebenso die Vorinstanz FG Berlin v. 12.12.2000 5 K 5192/99, EFG 2001, 483. 402 W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 44 EStG Rz. 15 (Stand Juli 2001). 403 Ebenso FG Köln v. 19.11.1982 I 142-143/82, juris (LS). 404 So etwa H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/80 (Stand September 2003). 405 BT/Drucks. IV/2400, 62. 406 BT/Drucks. IV/2400, 62. 407 H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/86 (Stand September 2003). 408 Vgl die Ausführungen zu diesen Kriterien bei § 3 Nr. 11 EStG in Kap. 5 I 4 b), Fn. 380–382 (S. 244 ff.). 409 BT/Drucks. IV/2400, 62. 410 Ebenso FG Köln v. 8.2.2001 10 K 7221/96, DStRE 2001, 617 – rkr. 411 W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 17 EStG Rz. 5 (Stand Juli 2001); P. Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 Rz. 1648 (Stand Februar 2004). Zur Unabwendbarkeit der Zehnjahresfrist bis 1994 vgl. P. Handzik, a. a. O.
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Regelsituation, wo erst nach dem Abschluss der Berufsausbildung eine Anerkennung von Erwerbsaufwendungen möglich war, umkehren: Der Steuerpflichtige ist bei dieser Norm an einem möglichst späten Abschluss der Berufsausbildung interessiert.412 d) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 42 EStG (Fulbright) Ferner sind seit 1958413 ohne betragsmäßige Begrenzung die Zuwendungen nach dem Fulbright-Abkommen414 mit den USA gemäß § 3 Nr. 42 EStG steuerbefreit. Dieses regelt Austauschvorhaben zum Zwecke der Aus- und Weiterbildung. Die gegenüber § 3 Nr. 44 EStG speziellere415 Norm bezweckt die Förderung der Ziele des Fulbright-Abkommens, indem sie, soweit man sie überhaupt für konstitutiv hält,416 verhindert, dass die Stipendiaten Mittel zur Zahlung der Steuer verwenden müssen. e) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 24 (Kindergeld) Die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz,417 die lernenden Vollwaisen und bei bestimmten Auslandssachverhalten gewährt werden, sind gemäß § 3 Nr. 24 EStG von der Einkommensteuer befreit. Sie erzielen damit dasselbe Ergebnis, das auch für das gemäß den Regelungen des Einkommensteuergesetzes gezahlte Kindergeld gilt: Dieses wird – in systemwidriger Weise418 – als Steuervergütung gewährt und daher nicht bei der Einkommensteuer erfasst.419 f) Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 37 EStG (Aufstiegsfortbildung) Weiterhin sind seit 1996 die Zuwendungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gemäß 3 Nr. 37 EStG von der Steuer befreit, auch soweit sie als Zuschuss gewährt werden.420 ________________________ 412 Ähnlich H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/91 (Stand September 2003). 413 Eingefügt durch das Steueränderungsgesetz v. 18.7.1958, BGBl. 1958 I, 479. 414 Nunmehr ist gemeint das Neue Fulbright-Abkommen v. 20.11.1962, in Kraft getreten am 24.1.1964, BGBl. 1964 II, 27 und 215, vgl. H 6 EStH zu § 3 Nr. 42. 415 Vgl. W. Bergkemper, in HHR, Nr. 42 EStG Rz. 4 (Stand Oktober 2000). 416 Diesbezüglich kommt es wiederum auf die Frage an, ob auch wiederkehrende Bezüge nur dann steuerbare Einnahmen sind, wenn sie erwirtschaftet werden. Für eine deklaratorische Wirkung H.-J. von Beckerath, in KSM, § 3 Rz. B 42/2 (Stand September 2003); dagegen für eine konstitutive Wirkung W. Bergkemper, in HHR, § 3 Nr. 42 EStG Rz. 1 (Stand Oktober 2000); P. Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 Rz. 1600 (Stand Februar 2004). 417 Vgl. dazu Kap. 8 II 4 a) (S. 325 f.). 418 M. Lehner, JZ 1999, 726, 728. 419 M. Jachmann, in KSM, § 31 Rz. 11 (Stand März 2004). 420 Zu diesem s. Kap. 8 II 1 b) (S. 318 ff.).
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g) Art. 20 OECD-Musterabkommen Für im Inland lernende ausländische Studierende, Praktikanten und Lehrlinge421 ist gegebenenfalls die Art. 20 des OECD-Musterabkommens422 entsprechende Regelung des jeweiligen DBA einschlägig.423 Die Normen zielen darauf ab, den Ausbildungsaustausch zwischen den Staaten zu fördern.424 Der Gaststaat darf demnach (nur) ausbildungsbezogene Zahlungen425 an den Lernenden, die aus Quellen im anderen Vertragsstaat oder Drittstaaten stammen,426 nicht besteuern. Dies setzt voraus, dass das Studium oder die Ausbildung Hauptzweck des Aufenthalts im Gaststaat ist.427 ________________________ 421 Der Begriff ist weit zu verstehen. Er umfasst auch Schüler und Volontäre, vgl. etwa R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 7. 422 Zur Entwicklung der Norm vgl. F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 15 (Stand Mai 1997), 10 f. Zu Vorläufern s. M. Herm, Intertax 2004, 69 ff. 423 S. die Abkommensübersicht bei R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 17 ff. 424 Vgl. etwa R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 3. 425 Der Begriff der Zahlung ist von dem der Vergütung zu unterscheiden, so zutr. F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 15 (Stand Mai 1997). Er nimmt im Folgenden freilich an, dass Kennzeichen der Zahlung eine nur einseitige Leistungsverpflichtung sei. Das erscheint zu eng: Die Beschränkung ist nämlich erstens im Wortlaut nicht angelegt (vgl. etwa zum englischen Wort payments und zum französischen Ausdruck sommes). Sie führt zweitens zu Ergebnissen, die mit dem von Art. 20 OECD-MA verfolgten Zweck der Austauschförderung nicht kompatibel sind. Denn § 22 Nr. 1 S. 2 EStG e contrario findet auch auf freiwillige Gewährung ohne eine Verpflichtung Anwendung. Wenn man den Begriff der Zahlung auf eine einseitige Leistungsverpflichtung reduzieren wollte, würden diese plötzlich nicht von der Freistellung erfasst. Es besteht auch drittens kein Zwang zu diesem engen Verständnis, weil, wie F. Wassermeyer, a. a. O., Rz. 3 (Stand Mai 1997) völlig zu Recht betont, die Norm des Art. 15 OECD-MA dem Art. 20 OECDMA vorgeht (e contrario-Schluss aus Art. 15 Abs. 1 OECD-MA: „Vorbehaltlich Art. 16, 18 und 19.“). Die von ihm angeführten Fälle der Kaufpreisraten etc. lassen sich hingegen mit dem Kriterium „für seinen Unterhalt, sein Studium oder seine Ausbildung“ lösen (vgl. dazu auch R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 14 a. E.). Damit lassen sich bis auf die Konstellationen der fehlenden Leistungsverpflichtung dieselben Ergebnisse erreichen wie Wassermeyer. Daher sollte man den Begriff der Zahlung nicht auf Leistungsverpflichtungen beschränken. 426 S. dazu R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 15. 427 Die sprachlich relativ deutliche Fassung (engl.: solely; franz.: à seule fin) wird im Ergebnis nicht im Sinne eines „ausschließlich“ verstanden. Vielmehr ist es, solange die Ausbildung Hauptzweck des Aufenthalts ist, für die Steuerfreiheit der Zahlungen unschädlich, wenn der Lernende einer Teilzeittätigkeit zur Finanzierung seines Aufenthalts nachgeht, vgl. etwa R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 9.
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Das Studium erfordert regelmäßig den Besuch einer Lehranstalt; Fernunterricht, der mit Blick auf Bibliotheksressourcen u. ä. den Aufenthalt nicht zu einem touristischen macht, dürfte aber auch hier genügen. Maßgebend ist daher, dass es sich um von Lehranstalten organisierte Lehrveranstaltungen von gewisser Dauer handelt. Der Begriff der Ausbildung, der gegenüber dem Studium der Oberbegriff ist,428 erscheint nicht unproblematisch. Dieser setzt wie der innerstaatliche Begriff der Berufsausbildung beim Kinderfreibetrag429 einen hinreichenden Ausbildungsplan voraus; die reine Selbstaneignung von Kenntnissen reicht mit Blick auf den Wortlaut „Student, Lehrling oder Praktikant“ nicht aus. Weiterhin ist umstritten, ob Personen, die ihre berufliche Ausbildung bereits abgeschlossen haben und Kenntnisse auf einem Spezialgebiet erwerben, unter die Norm fallen.430 Jedenfalls sollte man an den englischen („student or business apprentice“) und den französischen („un étudiant ou un stagiaire“) Wortlaut nicht die ohnehin im Fluss befindliche innerstaatliche Abgrenzung zwischen Aus- und Fortbildung herantragen. Vielmehr ist der Wortlaut ernst zu nehmen: Studenten sind damit unabhängig vom Stand ihres Wissens oder – unter Beachtung der Subsidiarität des Art. 20 OECD-MA431 – von der Versendung durch einen Arbeitgeber von der Norm erfasst. Hingegen kann bei sonstiger Ausbildung eine Spezialisierung nicht ausreichen. Das ergibt sich zwar noch nicht aus dem offenen französischen stagiaire,432 aber aus dem englischen business apprentice433 und wohl auch aus der deutschen Wendung Praktikant oder Lehrling.434 ________________________ 428 F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 18 (Stand Mai 1997). 429 Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 430 Dafür A. Kolb, in Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen (Hrsg.), DBA-Kommentar, Art. 20 OECD-MA Rz. 13 (Stand März 2002); F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 18 (Stand Mai 1997); U. Zehetner, in Gassner/Lang/Lechner, Das neue Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Deutschland, 1999, 203. Dagegen etwa R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 9. 431 F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 18 (Stand Mai 1997). A. A. zum Verhältnis von Art. 20 OECD-MA zu den anderen Vorschriften des Musterabkommens R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 5. 432 Vgl. Rey/Morvan (Hrsg.), Le Grand Robert de la langue française, Stichwort „stagiaire“, wonach darunter als Extension auch zu verstehen ist eine „période de formation ou de perfectionnement dans un service d’une entreprise“. 433 Das Wort apprentice hatte zwar früher auch die Bedeutung „a barrister-at-law of less than 16 years of standing“. Inzwischen aber bedeutet es „a learner of a craft“, vgl. Simpson/Weiner (Hrsg.), The Oxford English Dictionary, 2. Aufl. 1989, Stichwort „apprentice“. 434 Vgl. G. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 4. Aufl. 1986, Stichwort „Praktikum“: Übungen, Kurs zur praktischen Anwendung des in der Vorlesung Erlernten; zeitlich
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Ferner muss der Lernende noch im anderen Vertragsstaat ansässig sein oder unmittelbar vor der Einreise in den Gaststaat dort ansässig gewesen sein. Nicht erforderlich soll entgegen Art. 1 OECD-MA sein, dass der Lernende in einem der beiden Staaten seinen Wohnsitz hat.435 Die Normen betreffen ausschließlich Fremdinvestitionen, da andernfalls schon kein Tatbestand der Einkommenserzielung anzunehmen wäre436 und außerdem begrifflich nicht davon gesprochen werden könnte, dass der Lernende Zahlungen erhält. h) Steuerbefreiung nach R 166 S. 2 EStR Greift keine Steuerbefreiung nach DBA ein, ist die „Billigkeitsregel“ der R 166 S. 2 EStR zu beachten. Danach sind ausländische Studenten oder Schüler einer deutschen Lehranstalt, die im Inland wohnen oder sich dort aufhalten, und ausländische Praktikanten von der Einkommensteuer auf Unterhalts-, Schul- und Studiengelder befreit. Die Bezüge müssen von ihren im Ausland ansässigen Angehörigen gewährt werden. Die Empfänger dürfen nur zu Zwecken der Aus- oder Fortbildung im Inland wohnen oder sich dort aufhalten. Sie müssen ferner auf die Bezüge überwiegend angewiesen sein.
II. Egoistische Fremdinvestitionen Egoistische Fremdinvestitionen sind dann gegeben, wenn jemand in das Humankapital eines anderen investiert und nicht nur die Sphäre der allgemeinen Lebensführung betroffen ist.437 Gemeint sind Fälle, bei denen die Kosten der Investition nicht allein vom Lernenden getragen werden und bei denen der andere mit der Kostentragung sein Eigeninteresse verfolgt. Diese Konstellation liegt insbesondere dann vor, wenn ein Arbeitgeber die Kosten einer Fortbildung seines Arbeitnehmers trägt und ihm unter Umständen während dieser Zeit auch den Lohn fortzahlt. Es stellen sich dann zwei Fra________________________ zusammenhänge Ausbildung in der praktischen Arbeit als Teil der Gesamtausbildung; zeitlich befristete Tätigkeit in einer Behörde oder einem Betrieb mit Ausrichtung auf ein später eventuell angestrebtes Berufsziel. 435 M. Herm, Intertax 2004, 69, 81; R. Prokisch, in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003, Art. 20 Rz. 12; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, § 16 Rz. 473; anderes gilt freilich (in den wohl seltenen Fällen), wenn der Steuerpflichtige, ohne aus dem Gastland auszureisen, mittlerweile in einem Drittstaat ansässig geworden ist (zu Recht F. Wassermeyer, in Debatin/Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Art. 20 OECD-MA Rz. 40 (Stand Mai 1997)). M. Herm, Intertax 2004, 69, 90 regt eine Klarstellung in Art. 1 OECD-MA an. 436 Vgl. etwa Art. 2 Abs. 2 OECD-MA. 437 Zu einem Beispielsfall zu letzterem vgl. FG BaWü v. 11.11.1976 VI 320/75, EFG 1977, 106.
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gen: Beim Investierenden hängt die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit davon ab, ob die Investition wirklich durch die Erwerbstätigkeit veranlasst ist und sich bei zutreffender Betrachtung nicht als altruistische Investition darstellt (dazu 1.). Beim Lernenden hingegen ist zu fragen, ob er durch die Humankapitalinvestition einen durch die steuerbare Tätigkeit veranlassten, steuerpflichtigen Vorteil erlangt hat (2.).
1. Abgrenzung zu altruistischen Fremdinvestitionen In der Praxis ist zunächst die Frage der Abgrenzung gegenüber den altruistischen Fremdinvestitionen von großer Bedeutung. Denn oftmals sind es Eltern, welche die Kosten für die berufliche Qualifikation ihres im elterlichen Betrieb tätigen Kindes tragen. Dann stellt sich die Frage, ob wirklich Betriebsausgaben oder ob nicht in Wahrheit Aufwendungen der Eltern für die Ausbildung ihres Kindes vorliegen,438 die nach der expliziten Erwähnung in § 12 Nr. 1 S. 1 EStG steuerlich nicht über den dargelegten Umfang hinaus berücksichtigt werden können.439 Zu diesem Thema ist reichhaltige Rechtsprechung ergangen,440 die sich an den Grundsätzen der Angehörigenverträge orientiert. Dementsprechend gehören Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für die Ausbildung und be________________________ 438 Zur Frage der Verpflichtung der Eltern zur Gewährung einer angemessenen Ausbildung vgl. Kap. 7 (S. 294 ff.). 439 Vgl. dazu aus der Literatur etwa Neufang/Hug, INF 1991, 565; Reiter/Weyand, INF 1996, 557 ff. 440 RFH v. 7.10.1931 VI A 1064, StuW 1932 Nr. 420; BFH v. 17.11.1960 IV 316/58, BStBl. 1961 III, 123 (Fortbildungskurse einer in der Praxis des Ehemannes ganztägig tätigen Arzthelferin); v. 10.5.1966 I 290/63, BStBl. 1966 III, 490 (Aufwendungen für die Meisterprüfung eines im väterlichen Betrieb mitarbeitenden Maßschneiders); v. 14.12.1990 III R 92/88, BStBl. 1991 II, 305 (Besuch der Meisterfachschule durch Tochter des Inhabers eines Malereifachbetriebs mit 20 Arbeitnehmern); v. 19.8.1991 IV B 55/91, juris (erfolglose NZB eines Rechtsanwaltes, der seinen in der Kanzlei mitarbeitenden Sohn für die Zwecke der Promotion zeitweise freistellte); v. 14.12.1994 X R 215/93, BFH/NV 1995, 671 (Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebs und eines Rundfunkgeräteeinzelhandelsgeschäfts übernimmt Kosten der Meisterausbildung seines Sohnes); v. 29.10.1997 X R 129/94, BStBl. 1998 II, 149 (Kostenübernahme eines Schlachtermeisters für Meisterlehrgang seines Sohnes zur Ermöglichung der Betriebsnachfolge); v. 11.12.1997 IV R 42/97, BFH/NV 1998, 952 (Arbeitsvertrag eines Steuerberaters mit seinem Sohn mit dem Ziel, durch praktische Tätigkeit und Studium möglichst schnell die Berechtigung zur Leitung der Steuerberaterpraxis zu erlangen); v. 29.11.1999 X B 52/99, BFH/NV 2000, 701. Aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung FG Nds v. 27.6.1996 X 68/91, EFG 1997, 523 – rkr.; FG BaWü v. 8.11.1996 9 K 46/93, EFG 1997, 1299 (bestätigt durch BFH v. 11.12.1997 IV R 42/97, BFH/NV 1998, 952); FG BaWü v. 4.2.1998 2 K 270/95, juris.
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rufliche Fortbildung seiner Kinder macht, in der Regel zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten. Aufwendungen, die für die Fortbildung von im Betrieb mitarbeitenden Kindern gemacht werden, können aber ausnahmsweise dann als Betriebsausgaben abziehbar sein, wenn die hierzu getroffenen Vereinbarungen klar und eindeutig sind und nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen.441 Beim Fremdvergleich sind die von der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung eröffneten Möglichkeiten zur Sicherung und Durchsetzung der Arbeitgeberinteressen zu wahren. Insbesondere muss der Vertrag, soweit dies arbeitsrechtlich möglich ist,442 Bindungsfristen und Rückzahlungsklauseln enthalten.443 Auch Schadensersatzklauseln für den Fall des Abbruchs der Ausbildung dürften inzwischen üblich sein.444 Im Einzelnen ist die Üblichkeit weitgehend – anhand von strengen Maßstäben zu beurteilende445 – Tatfrage, die sich primär nach den Verhältnissen des konkreten Betriebs (interner Betriebsvergleich) und hilfsweise nach denen vergleichbarer Betriebe (externer Betriebsvergleich)446 richtet. Hingegen kommt es auf die Frage, ob die Maßnahme beim Lernenden als Ausbildung oder als Fortbildung zu qualifizieren ________________________ 441 BFH v. 14.12.1990 III R 92/88, BStBl. 1991 II, 305. Soweit etwa Neufang/Hug, INF 1991, 565 behaupten, ein Betriebsausgabenabzug setze zusätzlich voraus, dass das Kind die erworbenen Kenntnisse für die Zwecke des elterlichen Betriebes einsetzten, so ist das unzutreffend: Dadurch werden die steuerliche Ebene des Betriebs und die des Kindes vermischt. Denn ein Betriebsausgabenabzug kann auch dann in Betracht kommen, wenn aus betrieblichem Anlass (Verbesserung des Zusammenhalts) allen Angestellten Freizeitkenntnisse vermittelt werden (Wasser-Ski-Kurse). Davon unabhängig ist die Frage, wie der Kurs bei den Arbeitnehmern steuerlich behandelt wird. Wenn die Kenntnisse nur dem Kind vermittelt werden, wie dies in den Fällen FG Berlin v. 27.9.1966 III 132/64, EFG 1967, 167 – rkr. und FG RP v. 22.11.1966 II 164/64, EFG 1967, 168 – rkr. der Fall war, scheitert ein Betriebsausgabenabzug an der Fremdüblichkeit. 442 Vgl. dazu überblicksartig Kap. 7 (S. 294 ff.). 443 So die Leitsätze von BFH v. 14.12.1990 III R 92/88, BStBl. 1991 II, 305. 444 Reiter/Weyand, INF 1996, 557, 559. 445 BFH v. 29.10.1997 X R 129/94, BStBl. 1998 II, 149. Darin liegt auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung BVerfG v. 7.11.1995 2 BvR 802/90, BStBl. 1996 II, 34 (Oderkonto) kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG, vgl. BFH v. 29.10.1997 X R 129/94, BStBl. 1998 II, 149 und v. 11.12.1997 IV R 42/97, BFH/ NV 1998, 952. Gegen überzogene Anforderungen an den Fremdvergleich für einen Fall mit vergleichsweise geringen Kosten (2.000 DM) FG Nds v. 27.6.1996 X 68/91, EFG 1997, 523. 446 Für eine Anwendung dieser Grundsätze vgl. BFH v. 11.12.1997 IV R 42/97, BFH/ NV 1998, 952; FG BaWü v. 4.2.1998 2 K 270/95, juris.
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Egoistische Fremdinvestitionen
ist, nicht an.447 Anhand dieses Vergleichsmaßstabs ist die Übernahme der Kosten für ein volles Hochschul- oder Fachhochschulstudium kaum möglich,448 umgekehrt die tatsächlich durchgeführte Ausbildung im Rahmen einer „Lehre“ im elterlichen Betrieb selten problematisch.449 Im Übrigen dürfen aber auch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Es kommt auch unter Fremden vor, dass ein Nachfolger für den Betrieb auf Kosten des Betriebs ausgebildet wird.450 Nach ähnlichen Grundsätzen beurteilt sich die Frage, ob die Übernahme der Kosten von Ausbildungsmaßnahmen einer Kapitalgesellschaft gegenüber einem ihrer Gesellschafter oder diesen nahestehenden Personen als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten ist.451 Das ist bei einer teils betriebsintern, teils extern durchgeführten Maßnahme der Fall, wenn die vereinbarte betriebsinterne Arbeitszeit nicht eingehalten wurde, wenn andere Bewerbungen für die Ausbildung nicht eingeholt wurden oder wenn für die praktische betriebliche Ausbildung ein geeigneter Ausbilder gar nicht zur Verfügung stand.452 Auch das Interesse an einer Betriebsfortsetzung ist bei mittelständischen Kapitalgesellschaften regelmäßig auf der Gesellschafterebene anzusiedeln.453
2. Steuerbarkeit beim Lernenden Die Frage der Steuerbarkeit hängt insbesondere von der Frage ab, ob der dem Arbeitnehmer zugewandte Vorteil Entlohnungscharakter hat.454 Das ist dann zu verneinen, wenn das Interesse des Arbeitnehmers an der Bildungsmaßnahme vernachlässigbar ist und sich die Maßnahme lediglich als not________________________ 447 BFH v. 29.11.1999 X B 52/99, BFH/NV 2000, 701. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 27.11.2002 2 BvR 483/00, nv. 448 FG Köln v. 23.1.1995 13 K 7639/94, EFG 1995, 541 – NZB I B 34/95. FG BaWü v. 7.9.1995, 3 K 223/91, EFG 1996, 194 – rkr. 449 Reiter/Weyand, INF 1996, 557, 559 f. 450 BFH v. 14.12.1990 III R 92/88, BStBl. 1991 II, 305. 451 Vgl. FG Nds v. 8.2.1991 VI 525/87, EFG 1992, 21; FG Köln v. 23.1.1995 13 K 7639/94, EFG 1995, 541 (NZB zurückgewiesen, BFH v. 27.12.1995 I B 34/95, BFH/NV 1996, 510); FG Nds v. 28.8.1995 VI 518/92, juris; FG BaWü v. 7.9.1995 3 K 223/91, EFG 1996, 194 – rkr.; FG Köln v. 11.5.2000 13 K 765/00, EFG 2000, 811 – rkr.; FG Köln v. 14.1.2005 4 V 4100/04, juris. Vgl. auch BFH v. 21.10.1965 IV R 87/63, HFR 1966, 117 (Auslandsschulbesuch eines Personengesellschafters regelmäßig keine Fortbildungskosten). 452 FG Köln v. 11.5.2000 13 K 765/00, EFG 2000, 811 – rkr. 453 FG BaWü v. 7.9.1995 3 K 223/91, EFG 1996, 194 – rkr. 454 Vgl. zu diesem aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgeleiteten Tatbestandsmerkmal BFH v. 25.5.2000 VI R 195/98, BStBl. 2000 II, 690.
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital
wendige Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung des Arbeitgebers erweist.455 Die finanzgerichtliche Rechtsprechung456 ist relativ großzügig und hat eine Steuerbarkeit etwa bei der Übernahme der Kosten eines Sprachkurses verneint, auch wenn der Sprachunterricht nicht auf das Erlernen der berufsspezifischen Fachsprache zugeschnitten war.457 Für den Arbeitnehmer noch günstiger ist R 74 LStR 2002. Danach führen Bildungsmaßnahmen nicht zu Arbeitslohn, wenn sie im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Das ist dann anzunehmen, wenn die Maßnahme die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöhen soll.458 Das überwiegende Interesse des Arbeitgebers ist dann nicht zu prüfen, wenn sie teilweise auf die Arbeitszeit angerechnet werden und nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die konkrete Maßnahme Belohnungscharakter aufweist. Anders als früher ist für die Regelwirkung nicht mehr erforderlich, dass die Maßnahme während der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgt.459 Führen diese Kriterien zur Annahme von Arbeitslohn, so ist gleichwohl noch zu überprüfen, ob die Bildungsmaßnahme nicht beim Arbeitnehmer zu Erwerbsaufwendungen führt. So kann es theoretisch durchaus sein, dass ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Bildungsmaßnahme bezahlt, die mit dem konkreten Arbeitsverhältnis nichts zu tun hat, und dass diese Bildungsmaßnahme dann beim Arbeitnehmer zu Werbungskosten führt. Man könnte etwa an eine Schnellimbisskette denken, die ihre studentischen Frikadellenverkäufer dadurch zu besonderer Freundlichkeit zu motivieren sucht, dass sie für den – wie auch immer gemessen – erfolgreichsten unter ihnen die Kosten eines MBA übernimmt.
________________________ 455 BFH v. 25.5.2000 VI R 195/98, BStBl. 2000 II, 690. 456 Vgl. etwa Hess. FG v. 14.7.1998 9 K 1949/97, EFG 1998, 1507 (Rev. BFH v. VI R 112/98): Führerschein Klasse 3 eines Polizeibeamten; FG München v. 17.1.2002 7 K 1790/00, EFG 2002, 617. Großzügig auch U. Albert, FR 2001, 516 ff., der allein bei ganz überwiegendem Anteil des Freizeitprogramms an der Veranstaltung eine Incentive-Reise annimmt mit der Folge, dass nur die beruflichen Anteile nicht bei der Lohnsteuer zu erfassen sind; andernfalls soll eine Lohnsteuerpflicht nur bei Unüblichkeit in Betracht kommen. 457 FG München v. 17.1.2002 7 K 1790/00, EFG 2002, 617. 458 Nach M. Heinold, DB 1998, 2037, 2040 soll dementsprechend ein MBA-Studium stets im Interesse des Arbeitgebers liegen. 459 Zur Entwicklung von R 74 LStR s. Roscher/von Bornhaupt, DStR 2003, 964, 965. Allerdings dürfte entgegen der dort vertretenen Ansicht das Kriterium nicht schon dann erfüllt sein, wenn die Zeit etwa nur für die Berechnung der Betriebstreue berücksichtigt wird.
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Egoistische Fremdinvestitionen
3. Behandlung beim Investierenden Beim Investierenden entsteht regelmäßig in Höhe der von ihm getragenen Kosten Aufwand.460 Wird jedoch eine Rückzahlungsklausel vereinbart, so kommt eine Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten und damit eine Verteilung des Aufwands über die Dauer der Laufzeit in Betracht. a) Keine Aktivierung bei fehlender Rückzahlungsklausel Eine handelsbilanzielle und auch eine steuerbilanzielle Aktivierung scheiden derzeit grundsätzlich aus, wenn keine Rückzahlungsklausel vereinbart wird. In diesem Fall besteht kein immaterielles Wirtschaftsgut. Denn die schwebenden Arbeitsverträge der Mitarbeiter sind – wegen der kurzfristigen Kündigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer – keine bewertbaren Gewinnchancen des Arbeitgebers. Das gilt auch für Personalverleihunternehmen.461 Denn in dieser Situation stehen sich der Wert der arbeitsvertraglichen Leistung und Gegenleistung ausgeglichen gegenüber. Auch bei Übernahme eines bestehenden Betriebs mit hochqualifizierten Arbeitnehmern kommt eine eigenständige Aktivierung des „Arbeitnehmerstamms“ nicht in Betracht.462 Vielmehr entzieht sich der Posten einer selbständigen Bewertung und geht im Firmenwert auf. b) Aktivierung bei bestehender Rückzahlungsklausel Einigen sich die Parteien auf eine Rückzahlungsklausel, so ist nach derzeitigem Handels- und Steuerbilanzrecht463 zu differenzieren zwischen der ursprünglichen und der nachträglichen Vereinbarung: ________________________ 460 Eine Rückstellung für derartigen Aufwand war schon vor der Einfügung des § 5 Abs. 4a EStG nach der damaligen, freilich umstrittenen Rechtsprechung unzulässig, vgl. BFH v. 3.2.1993 I R 37/91, BStBl. 1993 II, 441. 461 BFH v. 7.11.1985 IV R 7/83, BStBl. 1986, 176, 178. 462 BFH v. 7.11.1985 IV R 7/83, BStBl. 1986, 176, 178.; R. Rohling, DB 1985, 1609, 1612. Tendenziell die Annahme eines Wirtschaftsgutes bejahend hingegen noch BFH v. 25.1.1979 IV R 21/75, BStBl. 1979 II, 369, 371. 463 Mit Übergang zu den IAS/IFRS könnten Fremdinvestitionen wesentlich leichter aktiviert werden. Im durch Rückzahlungsklausel an das Unternehmen gebundenen Humankapital der Mitarbeiter dürfte wegen der vertraglichen Vereinbarungen ein Vermögenswert liegen: Es handelt sich, wie in F. 49 (a) gefordert, um eine Ressource, die in der – aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung zu ermittelnden – Verfügungsmacht des Unternehmens steht und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließen wird. Ferner finden sich in den IAS auch nicht mehr die strikten Voraussetzungen für den Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände. Die Bewertung erfolgt mit den AK/HK (cost). Für die Erstbewertung folgt dies aus IAS 38.22. Für die Folgebewertung besteht zwar an sich ein Wahlrecht zwischen einer Fortführung der Kosten und einer
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Bestandsaufnahme Einkommensteuer – Investitionen in fremdes Humankapital
aa) Ursprüngliche Rückzahlungsklausel Bei einer ursprünglich vereinbarten Rückzahlungsklausel kommt nur der Weg über einen aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten in Betracht. Eine Aktivierung als Wirtschaftsgut scheidet aus. Die Forderung aus einer Rückzahlungsklausel kann nicht aktiviert werden, weil sie aufschiebend bedingt ist und daher ein Ansatz grundsätzlich erst nach Bedingungseintritt in Frage kommt.464 In der Zeit zuvor könnte man zwar – insbesondere mit Blick auf den in § 613a BGB angeordneten Übergang des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübernahme – erwägen, im vertraglich gebundenen Humankapital des Mitarbeiters einen Vermögensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut465 zu sehen.466 Der Rückzahlungsklausel käme dann zugleich die Funktion zu, bei Arbeitsverweigerung dem entschädigungslosen Ausscheiden des Arbeitnehmers entgegenzuwirken und daher die Zuweisung an das Betriebsvermögen zu erlauben. Eine Aktivierung als Vermögensgegenstand/Wirtschaftsgut des Anlagevermögens scheitert aber auch in dieser Konstellation an § 248 Abs. 2 HGB bzw. § 5 Abs. 2 EStG. Denn der Arbeitgeber erwirbt nicht entgeltlich, sondern ist als Hersteller anzusehen:467 Die Schaffung des Humankapitals erfolgt auf Kosten und das Risiko des Arbeitgebers. Er trägt namentlich das Risiko eines unverschuldeten Scheiterns. Demgegenüber erscheint eine Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 250 Abs. 1 S. 1 HGB bzw. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG möglich. Denn man kann sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass der Aufwand468 für die Ausbildung für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag angefallen ist. Dafür reicht nach überwiegender Auffassung ein feststehender Mindestzeitraum aus.469 Dieser liegt in dem Zeitraum, innerhalb dessen ________________________
464 465 466 467
468 469
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Neubewertung, IAS 38.63, das aber wegen des fehlenden aktiven Marktes ausscheidet. Auswirkungen auf das Steuerbilanzrecht dieser handelsbilanziellen Vorschriften sind derzeit aber noch nicht abzusehen. Adler/Düring/Schmalz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Band 6, 1998, § 246 Rz. 53. Zum Gleichlauf von Wirtschaftsgut und Vermögensgegenstand s. nur BFH v. 7.8.2000, GrS 2/99, BStBl. 2000 II, 632, 635. Zur Diskussion der genauen Voraussetzungen einer Aktivierbarkeit vgl. etwa Baetge/ Kirsch/Thiele, 7. Aufl. 2003, 140 ff. m. w. N. Zur Problematik der Abgrenzung zwischen Selbst- und Fremdherstellung vgl. H.-M. Wolffgang, in KSM, § 5 Rz. C 100. Die Abgrenzung ist nicht zuletzt deswegen von Bedeutung, weil die Anschaffung im Unterschied zur eigenen Herstellung im Regelfall Erwerb ist, vgl. etwa H. Weber-Grellet, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Auf. 2004, § 5 Rz. 191. Zu diesem Begriff vgl. etwa ADS, 6. Aufl., § 250 Rz. 29 m. w. N. ADS, 6. Aufl. § 250 Rz. 32a; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 137 f.; Herzig/Söffing, BB 1993, 465 ff.
Egoistische Fremdinvestitionen
der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bei seinem Ausscheiden die Kosten für die Ausbildungsmaßnahme anteilig zu erstatten hat. Dass der Arbeitnehmer möglicherweise länger im Betrieb verbleibt, ist dann unschädlich.470 Damit wird – in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Rückzahlung vorausbezahlten vertraglichen Urlaubsgelds471 – die vertragliche Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel maßgeblich. Die Aufwandsverteilung über die Zeit entspricht inhaltlich auch der Rechtsprechung zu niedrig verzinslichen Arbeitnehmerdarlehen, wo der Ansatz eines abgezinsten niedrigeren Teilwerts abgelehnt wird, weil der Aufwand wirtschaftlich gesehen auf die Laufzeit zu verteilen ist.472 Kündigt der Arbeitnehmer während der von der Rückzahlungsklausel erfassten Zeit, so ist in diesem Jahr der Rechnungsabgrenzungsposten aufzulösen und stattdessen eine Forderung zu aktivieren. Endigt das Arbeitsverhältnis, ohne die Rückzahlungspflicht auszulösen – zum Beispiel durch Tod des Arbeitnehmers –, oder entfällt die Berechtigung zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten, z. B. durch Übergang zur Einnahme/ÜberschussRechnung,473 so ist der Rechnungsabgrenzungsposten in voller Höhe erfolgswirksam aufzulösen.474 Im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln zur nachträglichen Veränderung der Umstände bei Rechnungsabgrenzungsposten, beispielsweise in Bezug auf eine nachträgliche Verkürzung der Bin-
________________________ 470 Im Übrigen wird in dieser Situation der Arbeitnehmer „nachverhandeln“ wollen: Seine Outside-Options haben sich nach Ablauf des Bindungszeitraums verbessert, kann er doch einen neuen Arbeitsplatz ohne Zahlung der anteiligen Ausbildungskosten wahrnehmen. Daher erscheint es aus ökonomischer Sicht zutreffend, den Ausbildungsaufwand nur der Bindungsdauer zuzuordnen. 471 BFH v. 26.5.1993 X R 101/90, BStBl. 1993 II, 710 ff. Für eine Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten auch G. Heuer, in HHR, § 5 EStG Rz. 929 (Stand Juni 1985) für den Fall einer Treueprämie für noch zu erweisende Betriebstreue. BFH v. 18.3.1965 IV 116/64 U, BStBl. 1965 III, 289 ist mit dem jetzigen § 5 Abs. 2 EStG unvereinbar. 472 BFH v. 24.1.1990 I R 157/85 und 145/86, BStBl. 1990 II, 639. Vgl. aber auch G. Heuer, in HHR, § 5 EStG Rz. 910 (Stand Juni 1985), wonach eine Aktivierung des Einstellungsaufwands ausscheiden soll. Freilich leuchtet mir nicht ein, warum die Leistung an einen Dritten anders behandelt werden soll als an den Arbeitnehmer. Außerdem erscheint es unzutreffend, die Leistungen des Arbeitsverhältnisses unabhängig vom Handgeld für ausgeglichen zu erklären: Damit würde man unterstellen, dass der Arbeitgeber bei einem signifikanten Handgeld insgesamt einen Verlust machen würde. 473 Vgl. Plewka/Schmidt, in Lademann, EStG, § 5 Rz. 820 (Stand März 1998). 474 Vgl. Plewka/Schmidt, in Lademann, EStG, § 5 Rz. 820 (Stand März 1998).
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dungsdauer.475 Eine „Teilwertabschreibung“ ist daher nicht möglich, wenn allein der Wert der vereinbarten Arbeitsleistung sinkt.476 bb) Nachträgliche Rückzahlungsklausel Übernimmt der Arbeitgeber hingegen nachträglich die Ausbildungskosten und vereinbaren die Parteien in dieser Situation eine Rückzahlungsklausel, so kommt eine Aktivierung schon als Wirtschaftsgut in Betracht. Letztlich kommt es darauf aber nicht an, da im Ergebnis jedenfalls der Weg über eine Aktivierung als aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten offen steht.477 c) Exkurs: Keine Aktivierung bei Eigeninvestitionen Gänzlich ausgeschlossen ist derzeit hingegen, das sei hier exkursiv bemerkt, eine Aktivierung, soweit es um das eigene Humankapital eines Bilanzierenden geht.478 Denn dabei handelt es sich wegen der fehlenden Übertragbarkeit und des fehlenden Arbeitszwangs schon um keinen zum Betrieb gehörenden Vermögensgegenstand.479 Zudem stehen einer Aktivierung, da keine realisierende Transaktion zwischengeschaltet ist, wiederum die Aktivierungsverbote nach § 248 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 2 EStG für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entgegen.
III. Zusammenfassung 1. Bei den altruistischen Investitionen480 besteht eine Vielzahl von Regelungen, die der Minderung der Leistungsfähigkeit des Kostenträgers Rechnung zu tragen suchen. Von den Leistungen der Eltern an ihre Kinder481 gehören dazu die Regelungen über den Kinderfreibetrag482 ebenso wie der Freibetrag zur Abdeckung ________________________ 475 R. Federmann, in HHR, § 5 Rz. 1914, 1932 a. E. und 1957 (Stand Juni 1985) m. w. N. 476 BFH v. 10.11.1969 IV 3/69, BStBl. 1970 II, 209. Dem folgend J. Schreiber, in Blümich, § 5 Rz. 690 EStG (Stand Februar 2003) m. w. N. 477 Im Gegensatz dazu wurde früher heftig über die Aktivierung von Profi-Fußballspielern gestritten. Vgl. BFH v. 26.8.1992 I R 24/91, BStBl. 1992 II, 977 m. zust. Anm. R. Hüttemann, DStR 1994, 490 ff. Das betraf aber die Zeit vor dem BosmanUrteil, als auch nach Ende der Laufzeit des Vertrages noch eine Ablösesumme verlangt werden konnte, so dass der Transferaufwand nicht in voller Höhe über die Laufzeit verteilt werden musste. S. nach dem Bosman-Urteil M. Wehrheim, BB 2004, 433 ff. 478 Ebenso C. R. Beul, FR 1986, 340, 349; W. Drenseck, StuW 1999, 3, 7, dort Fn. 37. 479 Vgl. auch BFH v. 4.8.1959 I 69/58, BStBl. 1959 III, 421, 422: „Die eigene Arbeitskraft eines Steuerpflichtigen ist kein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut.“. 480 Kap. 5 I (S. 198 ff.).
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Zusammenfassung
von Ausbildungs-, Betreuungs- und Erziehungsbedarf (§ 32 Abs. 6 EStG).483 Der frühere Ausbildungsfreibetrag des § 33a Abs. 2 EStG ist nunmehr in verminderter Höhe und ausschließlich auf Fälle der auswärtigen Unterbringung von Volljährigen anzuwenden.484 Daneben lässt § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG den teilweisen Abzug von Aufwendungen für den Besuch von Privatschulen zu. Diese Norm wirft europa- und verfassungsrechtliche Fragen auf.485 Zwischen Ehegatten kann in beschränktem Maße nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG die Übernahme der Kosten der Ausbildung des anderen steuerlich berücksichtigt werden,486 wobei freilich der genaue Gehalt der seit Anfang 2004 geltenden Neuregelung noch nicht vollständig geklärt ist. Bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten kommt ein Abzug auch des Ausbildungsunterhalts nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Betracht, dem eine Besteuerung beim Unterhaltsgläubiger nach § 22 Nr. 1a EStG korrespondiert.487 Weiterhin lässt § 33a Abs. 1 EStG subsidiär den Abzug von nach innerstaatlichen Maßstäben gesetzlich geschuldetem (Ausbildungs-)Unterhalt bis zu einer Höchstgrenze zu.488 Beim Lernenden ist, wenn die Leistungen überhaupt steuerbar sind, eine Reihe von Steuerbefreiungen zu beachten:489 Leistungen der Arbeitsförderung einschließlich der Unterhaltszuschüsse aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sind steuerbefreit, § 3 Nr. 2 EStG. Dasselbe gilt unter bestimmten Voraussetzungen für Leistungen der Ausbildungsförderung (§ 3 Nr. 11 EStG) und für Stipendien (§ 3 Nr. 44 EStG und § 3 Nr. 42 EStG) sowie für Mittel der Aufstiegsausbildungsförderung (§ 3 Nr. 37 EStG). Ferner befreien die dem OECD-Musterabkommen entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen die Unterhaltszahlungen an in der Bundesrepublik gastierende Lernende, Art. 20 OECD-MA. Subsidiär enthält auch R 166 Abs. 2 EStR eine Steuerbefreiung aus „Billigkeitsgründen“ für ausländische Schüler und Studenten.
________________________ 481 482 483 484 485 486 487 488 489
Kap. 5 I 1 (S. 198 ff.). Kap. 5 I 1 a) (S. 198 ff.). Kap. 5 I 1 b) bb) (S. 211 ff.). Kap. 5 I 1 b) cc) (S. 217). Kap. 5 I 1 e) (S. 226 ff.). Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 11 I 2 (S. 442 ff.). Kap. 5 I 2 a) (S. 233 f.). Kap. 5 I 2 b) (S. 235 f.). Kap. 5 I 3 (S. 236 ff.). Kap. 5 I 4 (S. 242 ff.).
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2. Bei den egoistischen Investitionen490 ist zunächst die Abgrenzung zu den altruistischen Fremdinvestitionen zu leisten.491 Liegen jene vor, so ist die Steuerbarkeit beim Lernenden zu klären. Diese bestimmt sich danach, ob die Maßnahme Entlohnungscharakter hatte und damit primär nach dem betrieblichen Interesse des Kostenträgers.492 Problematisch erscheint schließlich die Behandlung beim Kostenträger:493 Ist keine Rückzahlungsklausel vereinbart, so sind die Kosten der Maßnahme vollständig erfolgswirksam. Besteht hingegen eine Übereinkunft über eine Rückzahlungsklausel, so ist ein aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der über die Laufzeit der Klausel grundsätzlich linear aufzulösen ist. In keinem Falle, dass sei hier am Rande bemerkt, kommt hingegen die Aktivierung einer Eigeninvestition in Betracht. 3. Nach der Einkommensteuer soll nunmehr die Umsatzsteuer behandelt werden, die vom Aufkommen her die zweitwichtigste Steuer ist.494 Probleme bereiten dabei nicht nur die Voraussetzungen, unter denen der Lernende Unternehmer und damit vorsteuerabzugsberechtigt ist, sondern auch die Steuerbefreiungen und die Behandlung von Zuschüssen.
________________________ 490 491 492 493 494
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Kap. 5 II (S. 254 ff.). Kap. 5 II 1 (S. 255 ff.). Kap. 5 II 2 (S. 257 f.). Kap. 5 II 3 (S. 259 ff.). Vgl. etwa J. Lang, in TL, § 8 Rz. 19.
Kapitel 6: Bestandsaufnahme Umsatzsteuer „Jedem Unternehmer kommt solche Zeit; ist die Fabrik erst im Gange, so ist das Ärgste überstanden.“ Gustav Freitag.1
Es empfiehlt sich auch bei Umsatzsteuer, zwischen Eigeninvestitionen (I) und Fremdinvestitionen (II) zu unterscheiden.2 Wegen der Harmonisierung durch eine Reihe von auf Art. 93 EG (ex Art. 99 EGV)3 gestützten Richtlinien sind nicht zuletzt für die richtlinienkonforme Auslegung4 stets deren Vorgaben zu bedenken. Vor allem die Sechste Richtlinie5 und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des EuGH haben entscheidende Bedeutung erlangt. Daher werden im Folgenden zusätzlich zu den nationalen Normen grundsätzlich die entsprechenden Vorschriften dieser Richtlinie hinzuzitiert und die einschlägige EuGH-Rechtsprechung dargestellt.
I. Eigeninvestitionen 1. Direkte Entlastung durch Vorsteuerabzug Für Eigeninvestitionen gewährt § 15 UStG i. V. m. Art. 17 der Sechsten Richtlinie dem Lernenden eine direkte Entlastung. Dazu ist neben den formalen Voraussetzungen des gesonderten Steuerausweises in einer Rechnung bzw. Gutschrift (§ 14 Abs. 4 und 5 UStG i. V. m. Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie) und der Unternehmereigenschaft des Leistenden dreierlei erforderlich: Der Lernende muss Unternehmer sein, das Humankapital für sein Unternehmen erworben haben und es grundsätzlich6 zur Erzielung steuerbarer Umsätze einsetzen. ________________________ 1 2 3
4 5
6
G. Freytag, Soll und Haben, 1855, 409. Zu dieser Unterscheidung s. Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 116). Erstmals durch die 1. und die 2. Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer v. 11.4.1967 (RL 67/227/EWG, ABl. 1967, 1301 und RL 228/67/EWG, ABl. 1967, 1303). Zu einem Überblick über die Harmonisierung der Umsatzsteuer s. nur F. Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, vor § 1 Rz. 3 ff. (Stand September 2000); H. Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, Einf. Rz. 224 ff. (Stand November 2000). EuGH v. 14.7.1994 Rs. C-91/92, Slg. 1994, I-3325 – Faccini Dori. 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer v. 17.5.1977, RL. 77/388/EWG, ABl. 1977, Nr. L 145, 1 ff., ber. Nr. L 157, 23; 173, 27; 242, 22; 262, 44. Vgl. aber die Gegenausnahmen in § 15 Abs. 3 UStG.
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a) Unternehmereigenschaft: Kein Abzug bei (noch) nicht Selbständigen In der Person des Lernenden wirft die Unternehmereigenschaft besondere Schwierigkeiten auf.7 Bei Arbeitnehmern scheidet sie nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG bzw. Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie mangels Selbständigkeit aus. Für (später) Selbständige ist der Beginn der wirtschaftlichen Tätigkeit gemäß Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie maßgeblich.8 Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist nicht erst mit den ersten Umsätzen nach außen anzunehmen, sondern unabhängig davon, ob es später tatsächlich zu Ausgangsumsätzen kommt, bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen.9 Zur Sicherung der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer10 ist der Begriff der Vorbereitungshandlung weit zu verstehen. Dazu gehören schon die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens oder zu dessen Verwirklichung getätigt werden.11 Andernfalls würde der Wirtschaftsteilnehmer mit Mehrwertsteuerkosten belastet, ohne dass er sie gemäß § 15 UStG i. V. m. Art. 17 der Sechsten Richtlinie abziehen könnte, und damit willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor und während des Tätigens von Ausgangsumsätzen unterschieden.12 Vorbereitungshandlungen sind daher auch die Einholung von Marktanalysen, Gutachten und die Erstellung von Rentabilitätsstudien.13 Allgemein ist erforderlich, dass bereits ein enger, objektiv belegbarer14 Zusammenhang mit der geplanten15 späteren, zu Ausgangsumsätzen führenden Tätigkeit besteht. Dafür kommt es nicht allein auf den zeitlichen Zusammenhang an.16 Ausbildung bzw. Studium sollen nach innerstaatlicher Rechtsprechung grundsätzlich noch keine Vorbereitungshandlungen darstellen und damit noch ________________________ 7 Dazu F. Heinen, INF 1994, 363, 366. 8 S. dazu etwa W. Birkenfeld, UR 1992, 28 ff.; H. Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, 1989, 54 ff.; ders. DStJG 13 (1990), 179, 184 ff. 9 EuGH v. 14.2.1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655 – Rompelman; v. 29.2.1996 Rs. C 110/94, Slg. 1996, I-857 – INZO; BFH v. 20.7.1988 X R 46/81, BFH/NV 1989, 326; v. 6.5.1993 V R 45/88, BStBl. 1993 II, 564. 10 Ausführlich dazu D. Dziadkowski, DStZ 1999, 625; Ch. Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, 1999, 103 ff.; ders., Neutralitätsgrundsatz, 47 ff.; Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Teil 1, 17 ff. (Stand Januar/Mai 1997) sowie unten Kap. 9 III 1 (S. 374 ff.). 11 EuGH v. 14.2.1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655 Rdnr. 23 – Rompelman. 12 EuGH v. 14.2.1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655 Rdnr. 23 – Rompelman. 13 EuGH v. 29.2.1996 Rs. C 110/94, Slg. I 1996, 857 – INZO. 14 EuGH v. 14.2.1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655 Rdnr. 24 – Rompelman. 15 Ob es zu Ausgangsumsätzen kommt, ist ohne Belang, vgl. die Rechtsprechung des EuGH zum erfolglosen Unternehmer: EuGH v. 29.2.1996 Rs. C 110/94, Slg. 1996, I-857 – INZO und v. 8.6.2000 Rs. C-400/98, Slg. 2000, I-4321 – Breitsohl. 16 EuGH v. 14.2.1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655 Rdnr. 23 – Rompelman.
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keine Unternehmereigenschaft begründen. Denn es sei nicht absehbar, ob eine (vorgeblich) angestrebte spätere selbständige wirtschaftliche Tätigkeit auch wirklich ausgeübt würde.17 Insbesondere die Frage nach Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung sei ein nicht vorhersehbarer Umstand.18 Gegenwärtig selbständig Tätige hingegen können die Vorsteuer für Investitionen in eigenes Humankapital abziehen. Das gilt auch für die Kosten eines neben der selbständigen Tätigkeit verfolgten Hochschulstudiums, und zwar selbst dann, wenn in dieser Zeit nicht durchgehend entgeltliche Leistungen ausgeführt werden, zugleich aber auch keine Anhaltspunkte für eine Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit vorliegen.19 Zusätzlich verlangt das FG Hessen im ähnlich gelagerten Fall eines Pilotenschülers, dass es dem Steuerpflichtigen schon vor Vollendung der Ausbildung gestattet sein müsse, gewerbsmäßig am Markt tätig zu werden. Dieses Merkmal sei durch die ihm bereits zuvor gestattete Flugtransporttätigkeit zu Selbstkosten nicht erfüllt, da sie mit der späteren gewerblichen Tätigkeit in keinem objektiven wirtschaftlichen Zusammenhang stehe.20 b) Leistung für sein Unternehmen Das Merkmal, dass die Leistung für sein Unternehmen erbracht (bzw. nach der Sechsten Richtlinie: „für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet“21) worden sein muss, hat eine doppelte Funktion: Es legt nicht nur die Person des Vorsteuerabzugsberechtigten („sein Unternehmen“) fest – das ist allein der Leistungsempfänger selbst, nicht aber ein Dritter – sondern dient ________________________ 17 BFH v. 15.3.1993 V R 18/89, BStBl. 1993 II, 561; v. 17.9.1998 V R 28/98, BStBl. 1999 II, 146; v. 19.12.2002 V B 164/01, BFH/NV 2003, 521; v. 13.11.2003, V B 121/02, juris; Hess. FG v. 26.2.1998 6 K 2275/97, EFG 1998, 1034 – rkr. (Berufspilotenausbildung). Auch in der Literatur allgemeine Ansicht, vgl. etwa W. Jakob, Umsatzsteuerrecht, 2. Aufl. 1998, § 4 Rz. 67 Fn. 54 a. E.; J. Grune, in Peter/Burhoff/ Stöcker, UStG, § 15 Rz. 54 (Stand 51. Lief. 2001). Vgl. auch FG Saarland v. 20.9.2001 1 K 115/00, juris für eine von Studenten gegründete Unternehmensberatung. 18 Hess. FG v. 26.2.1998 6 K 2275/97, EFG 1998, 1034, 1036 – rkr. (Berufspilotenausbildung). 19 BFH v. 15.3.1993 V R 18/89, BStBl. 1993 II, 561 (Ingenieur mit Fachhochschulabschluss absolviert Universitätsstudium derselben Fachrichtung). 20 Hess. FG v. 26.2.1998 6 K 2275/97, EFG 1998, 1034, 1035 – rkr. (Berufspilotenausbildung). 21 Die früher diskutierten Unterschiede zwischen der Reichweite der beiden Formulierungen (vgl. etwa F. Klenk, StuW 1994, 277, 299) haben sich durch die neuere Rechtsprechung des EuGH v. 8.6.2000 Rs. C-396/98, Slg. 2000, I-4279, 4315, Rdnr. 37 – Schloßstraße erübrigt. Danach kommt es auf den Bezug von Leistungen durch einen als solchen handelnden Steuerpflichtigen an.
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auch der Abgrenzung des unternehmerischen zum außerunternehmerischen Bereich („sein Unternehmen“). Im Kontext der Abgrenzung ist namentlich § 15 Abs. 1a UStG zu beachten. Die Norm versagt den Vorsteuerabzug für bestimmte privat mitveranlasste Aufwendungen, die auch im Einkommensteuerrecht nicht absetzbar sind.22 Sie ist grundsätzlich, soweit sie nicht ohnehin nur die Sechste Richtlinie widerspiegelt, wegen der Stand-Still-Klausel des Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie zulässig.23 Für Humankapitalinvestitionen ist der Verweis in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG auf § 12 Nr. 1 EStG bedeutsam. Bei diesem ist die Vereinbarkeit mit der Sechsten Richtlinie, wie schon bei der Vorgängerregelung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG a. F.,24 umstritten.25 Verneint man die Richtlinienkonformität des angeordneten vollen Ausschlusses, verbleibt – anders als beim früher beschrittenen Weg über den Eigenverbrauch26 – für den Verweis kein Anwendungsbereich.27 Dann kommt es auf die Frage an, ob die Leistung für das Unternehmen bezogen wurde, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Abweichung zum Einkommensteuergesetz auch bei Repräsentationsaufwendungen eine anteilige Aufteilung möglich ist.28 Bejaht man hingegen die Richtlinienkonformität,29 so gelten die Ausführungen bei der Einkommensteuer zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildung gegenüber der Privatsphäre,30 wenngleich die tatsächliche ertragsteuerliche Behandlung für die umsatzsteuerliche Behandlung nicht bindend ist.31 Daneben sind auch Umzugskosten grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig, § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG. Die Neuregelung soll insoweit keine Ände________________________
22 Zu Recht kritisch zur Anknüpfung an das nationale Einkommensteuerrecht, das die Übereinstimmung mit der Richtlinie noch schwieriger zu überprüfen macht, W. Reiß, Umsatzsteuerrecht, 8. Aufl. 2003, 212. 23 Vgl. dazu nur Ch. Lohse, IStR 2000, 232, 236 f. A. A. H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 15 Rz. 297. 24 Vgl. etwa F. Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, § 1 Rz. 441 ff. (Stand April 1998); B. Schwarz, UR 1996, 113, 115. Zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die ein „Nichtanwendungsgesetz“ zu BFH-Entscheidungen darstellt, s. etwa A. Schlienkamp, UR 1990, 107. 25 Vgl. H.-D. Grett, DStR 2001, 511, 512 f. m. w. N. 26 Vgl. F. Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, § 1 Rz. 444 (Stand April 1998). 27 H.-D. Grett, DStR 2001, 511, 512 ff. 28 Z. B. BFH v. 12.12.1985 V R 25/78, BStBl. 1986 II, 216 (Geburtstagsfeier); v. 30.4.1987 V R 154/78, 1987 II, 688 (Denkmal „Leben für den Wein“ zur Erinnerung an den Firmengründer). A. A. W. Reiß, in TL, § 14 Rz. 168. 29 W. Wagner, in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rz. 451 f. (Stand September 2000); W. Widmann, DB 2000, 1145. Grundsätzlich ebenso Ch. Lohse, IStR 2000, 232, 237. 30 Kap. 4 (S. 119 ff.). 31 H.-J. Bülow, in Vogel/Schwarz (Hrsg.), UStG, § 15 Rz. 289b (Stand November 2001).
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rung gegenüber der Ausgangslage nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie mit sich bringen,32 weil der Umzug nicht für das Unternehmen erfolge.33 c) Ausschluss bei steuerbefreiten Umsätzen Ferner ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn die Steuerpflichtigen das Humankapital zur Erbringung bestimmter34 steuerbefreiter Leistungen benutzen. Dieses Verbot trifft namentlich die Angehörigen der Heilberufe nach § 4 Nr. 14 und 16 UStG i. V. m. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der Sechsten Richtlinie. Ihnen steht auch keine Option nach § 9 UStG i. V. m. Art. 13 Teil C der Sechsten Richtlinie zu. Sie können daher für die Kosten ihrer Fortbildungen keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Insoweit erfolgt eine indirekte Belastung der Endverbraucher von Heilleistungen.35
2. Indirekte Entlastung im Hoheitsbereich Neben die direkte Entlastung für in eigenes Humankapital investierende Unternehmer tritt eine erste indirekte Entlastung aller Lernenden dadurch, dass bereits die Ausgangsumsätze an die Lernenden nicht mit Umsatzsteuer belastet werden, soweit der Leistende als Hoheitsträger nicht als Unternehmer angesehen wird. Juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur eingeschränkt als Unternehmer anzusehen. Nach Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie gelten sie nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.36 ________________________
32 Ebenso H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 15 Rz. 299. Zur Rechtslage vor Einführung des § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG vgl. nur W. Widmann, in Plückebaum/Malitzky, § 15 Rz. 113 (Stand März 2001). 33 W. Reiß, Umsatzsteuerrecht, 8. Aufl. 2003, 205. 34 § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG. Vgl. aber auch die Gegenausnahmen in § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG. Etwas anders das Konzept der Sechsten Richtlinie, wo der Vorsteuerabzug in Art. 17 Abs. 2 zunächst nur für besteuerte Umsätze gewährt wird, was durch Art. 17 Abs. 3 erweitert wird. 35 Unter der dem Gesetz immanenten Prämisse einer Überwälzung auf den Verbraucher. Ob es tatsächlich dazu kommt, ist auch hier nicht von entscheidender Bedeutung. 36 Die Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i. V. m. Anhang D der Sechsten Richtlinie spielen für die Humankapitalinvestitionen keine Rolle. Dasselbe gilt für die Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie, weil die Behandlung als Nichtsteuerpflichtige schon mit Blick auf die Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie kaum zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
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Das deutsche Recht trägt diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in § 2 Abs. 3 UStG Rechnung. Eine Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist danach nur zu bejahen, wenn sie im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§§ 1 Nr. 6; 4 KStG) bzw. ihrer landund forstwirtschaftlichen Betriebe tätig werden oder wenn die Ausnahmen nach § 2 Abs. 3 S. 2 UStG eingreifen. Sie ist für eine von einer Gemeinde betriebene, schulgeldpflichtige, dem Besuch von Kindern und Jugendlichen allgemein offenstehende Musikschule verneint worden.37
3. Indirekte Entlastung durch Steuerbefreiung von Bildungsleistungen als Ausgangsumsätzen Die zweite bedeutsame38 indirekte Entlastung wird durch eine Steuerbefreiung bestimmter Ausgangsumsätze erreicht. a) Steuerbefreiungen der Sechsten Richtlinie Die 6. Richtlinie befreit in Art. 13 bestimmte abschließend aufgezählte39 Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen. aa) Im Regelfall enge Auslegung Die Befreiungen sind regelmäßig eng auszulegen. Das ergibt sich, wie der EuGH immer wieder betont,40 aus dem Zweck, der Gemeinschaft eigene ________________________
37 38
39 40
Im Übrigen kann der Staat die meisten Leistungen im Rahmen von Humankapitalinvestitionen auch dann erbringen, ohne in Steuerpflicht zu erwachsen, wenn sich das Verständnis der öffentlichen Aufgaben ändern sollte. Ein solches gewandeltes Verständnis könnte der Einführung von signifikanten Studiengebühren zugrunde liegen. Denn nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Sechsten Richtlinie können die Mitgliedsstaaten jedenfalls die nach Art. 13 der Sechsten Richtlinie steuerbefreiten Tätigkeiten als solche behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Eine Ausnahme würden freilich die dann entstehenden Dokumentationspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Art. 22 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie darstellen. Daher würde es sich anbieten, von der in Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Sechsten Richtlinie eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen und die subjektive Steuerpflicht wieder auszuschließen. Das müsste freilich explizit geschehen. BFH v. 6.5.1971 V R 141/68, V R 158/69 und V B 117/69, BStBl. 1971 II, 645. Daneben besteht noch die Möglichkeit zu einer Steuersatzermäßigung nach §§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG, 51–68 AO i. V. m. Art. 12 i. V. m. Anlage H Nr. 14 der Sechsten Richtlinie. Dieser kommt aber neben den Steuerbefreiungstatbeständen nur eine eingeschränkte Rolle zu, vgl. etwa W. Widmann, in Plückebaum/Malitzky, § 12 Rz. 1221 (Stand Juni 1991). EuGH v. 12.9.1998 Rs. C-149/97, Slg. 1998, I-7053, Rdnr. 18 – Institute of the Motor Industry. EuGH v. 15.6.1989 Rs. 348/87, Slg. 1989, 1737, Rdnr. 13 – Stichting Uitvoering Financiële Acties; v. 12.9.1998 Rs. C-149/97, Slg. 1998, I-7053, Rdnr. 17 – Institute of the Motor Industry.
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Mittel zur Verfügung zu stellen.41 Zudem widerstreiten die unechten Steuerbefreiungen des Art. 13 der Sechsten Richtlinie, die sich durch einen Ausschluss des Vorsteuerabzugs für die bezogenen Eingangsumsätze kennzeichnen, dem Neutralitätsgrundsatz:42 Sie können zu einer systemwidrigen Kumulation der Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette führen, wenn der steuerbefreite Umsatz nicht direkt gegenüber dem Verbraucher ausgeführt wird. Auch dort, wo der steuerbefreite Umsatz zwischen Unternehmer und Verbraucher erfolgt, führt der Vorsteuerausschluss zu einer Restbelastung des Konsumenten mit Umsatzsteuer. Deren Ausmaß hängt vom Grad der vertikalen Integration ab: Je mehr Produktionsstufen im an den Verbraucher leistenden Unternehmen vorgenommen werden, desto größer ist die unternehmensinterne und daher nicht vorsteuerbelastete Wertschöpfung. Folglich entsteht ein vom Mehrwertsteuersystem an sich nicht gewollter Druck43 hin zu einem Zusammenschluss der verschiedenen Stufen in einem Unternehmen. Man darf das allerdings nicht dahingehend missverstehen, dass Steuerbefreiungen unter allen Umständen eng auszulegen wären.44 Der zur Gleichbehandlung zwingende Neutralitätsgrundsatz kann bisweilen im Gegenteil eine weite Auslegung fordern.45 Er verbietet insbesondere ungerechtfertigte persönliche Differenzierungen bei der Anwendung von Steuerbefreiungen. Wirtschaftsteilnehmer sind demnach gleich zu behandeln, wenn sie gleichartige Umsätze bewirken.46
________________________ 41 Erwägung 12 der Präambel der Sechsten Richtlinie. Hingegen folgt dies noch nicht aus dem weiteren Ziel der Richtlinie, zur Verwirklichung des gemeinsamen Marktes ein einheitliches Mehrwertsteuersystem mit einheitlicher Bemessungsgrundlage zu gewährleisten (zu diesem Ziel EuGH v. 21.2.1989 Rs. 203/87, Slg. 1989, 371 – Kommission/Italien zur vorübergehenden Abweichung von der Mehrwertsteuerregelung). Dafür würde eine gemeinsamen Liste der Steuerbefreiungen mit autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriffen völlig ausreichen, vgl. nur EuGH v. 25.2.1999 Rs. C-349/96, Slg. 1999, I-973, Rdnr. 15 – CPP; v. 8.3.2001 Rs. C-240/99, Slg. 2001, I 1951, Rdnr. 23 – Skandia. 42 S. nur EuGH v. 8.6.2000, Rs. 400/98, Slg. Slg. 2000, I-4321, 4371, Rdnr. 37 – Breitsohl; F. Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, vor § 1 Rz. 10 (Stand September 2000). 43 Der vom Rechtsanwender freilich als unausweichliche Konsequenz des angeordneten Vorsteuerausschlusses hinzunehmen ist und nicht zur Nichtanwendung der Befreiungsvorschriften berechtigt, vgl. nur EuGH v. 3.12.1998 Rs. C-381/97, Slg. 1998, I-8153, 8173, Rdnr. 18 f. – Belgocodex. 44 Ch. Lohse, Neutralitätsgrundsatz, 47, 62. 45 EuGH v. 15.12.1993 Rs. C-63/92, Slg. 1993, I-6665 – Lubbock Fine. 46 EuGH v. 7.9.1999 Rs. C-216/97, Slg. 1999, I-4947 – Gregg.
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bb) Einschlägige Steuerbefreiungen Von den Befreiungen sind für die Besteuerung von Humankapitalinvestitionen im hier zugrunde gelegten Sinne47 die Vorschriften Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j relevant. (1) Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung und die berufliche Umschulung sowie die eng damit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen zu befreien. Die Begriffstrias „Ausbildung, die Fortbildung und die berufliche Umschulung“ ist dahingehend auszulegen, dass sie nur die berufliche Bildung erfasst.48 Das ergibt sich aus den anderen Sprachfassungen,49 welche die gleiche Verbindlichkeit wie der deutsche Text haben.50 Der Begriff der „eng verbundenen“ Leistungen verlangt dabei – in einer gewissen Durchbrechung des Grundsatzes, dass die Steuerbefreiungen eng auszulegen sind – keine besonders enge Auslegung, weil und wenn dadurch die Kosten der befreiten Leistungen verringert und damit der Zugang zu diesen Leistungen erweitert wird.51 Inzwischen ist auch der Begriff der Einrichtung weit zu verstehen. Dieser umfasst nicht nur juristische Personen, sondern auch andere Gesellschaften und natürliche Personen.52 Voraussetzung ist nach dem ________________________ 47 Vgl. Kap. 1 I 1 (S. 15 ff.). Bei einem weiteren Verständnis könnte man etwa auch die Steuerbefreiung der Gesundheitsleistungen nach § 3 Nr. 14, 16 und 17 Buchst. a UStG bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b – e der Sechsten Richtlinie hinzuziehen. 48 BFH v. 18.12.2003 V R 62/02, BStBl. 2004 II, 252. 49 Dänisch: „faglig uddannelse eller omskoling“ (fachliche/berufliche Ausbildung oder Umschulung); Englisch: „vocational training or retraining“ (berufliche Ausbildung oder Umschulung); Finnisch: „ammattikoulutus ja ammatillinen uudelleenkoulutus“ (Berufsausbildung und berufliche Umschulung); Niederländisch: „beroepsopleiding of -herscholing“ (Berufsausbildung oder -umschulung); Schwedisch: yrkesutbildning och fortbildning (Berufsausbildung oder Fortbildung). 50 J. Ch. Wichard, in Callies/Ruppert (Hrsg.), Kommentar der Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften – EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 12 f. m. w. N. aus Rechtsprechung und Literatur. 51 EuGH v. 20.6.2002 Rs. C-287/00, Slg. 2002, I-5811 Rdnr. 47 – Kommission/Deutschland (Hochschulforschung). 52 EuGH v. 7.9.1999 Rs. C-216/97, Slg. 1999, I-4947 – Gregg (zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und g), der Sache nach ebenso EuGH v. 10.9.2002 Rs. C-141/00, Slg. 2002, I-6833, 6880 Rdnr. 31 – Kügler (zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c) sowie die Neuregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002. Anders noch EuGH v. 11.8.1995, Slg. 1995, I-2341, Rdnr. 20 – BulthuisGriffioen, wonach für Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g nur juristische Personen dem Begriff der Einrichtung unterfallen sollten, und dem folgend BFH v. 24.6.1999 V R 6/98, BFH/NV 2000, 238 und BFH v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1999 II, 376, 378 sowie die Vorinstanz FG Dü v. 26.6.1997 5 K 6652/93, juris und der Beschluss im AdV-Verfahren des FG v. 5.2.1996 5 V 5674/95, EFG 1996, 1131 – rkr.
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EuGH nur, dass eine abgegrenzte Einheit, die eine bestimmte Funktion erfüllt, vorliegt.53 Die Reichweite der Befreiung ist allerdings nach Art. 13 Teil A Abs. 2 der Sechsten Richtlinie eingeschränkt. Zum einen bestehen Einschränkungen in der Person des Leistenden: Die Befreiung muss nur dann erfolgen, wenn die Leistungen durch mit solchen Aufgaben betraute Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Für private Einrichtungen, die vom jeweiligen Mitgliedsstaat anerkannt eine vergleichbare Zielsetzung verfolgen, gewährt Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a. den Mitgliedsstaaten das Recht, die Steuerbefreiung von Fall zu Fall von der Erfüllung weiterer Bedingungen54 abhängig zu machen. Die auch in den anderen Sprachen wiederkehrende Formulierung „von Fall zu Fall“55 erscheint etwas unklar. Denn damit könnten entweder eng die einzelnen Befreiungsvorschriften („Buchst. i“) oder weit auch deren Unterfälle (z. B. „Fortbildung“) oder sogar ausgewählte Teilmengen der Unterfälle56 gemeint sein. Für ein enges Verständnis spricht der Harmonisierungszweck der Richtlinie, der dann verfehlt zu werden drohte, wenn es den Mitgliedsstaaten erlaubt wäre, auch noch Unterfälle zu den Befreiungsvorschriften verschieden zu behandeln. Jedenfalls aber kommt nicht in Frage, die Befreiungen von weiteren, nicht genannten Bedingungen abhängig zu machen. Zum anderen stellt Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b sachliche Einschränkungen auf: Leistungen sind von der Befreiung ausgeschlossen, wenn sie für die Ausübung der steuerbefreiten Tätigkeit nicht unerlässlich sind (1. Tiret) oder wenn sie der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen stehen, verschaffen sollen (2. Tiret). Allerdings darf man nicht darauf verfallen, im Falle des 1. Tirets den in allen Sprachen im Wesentlichen einheitlich verwendeten Begriff „unerläß-
________________________ 53 EuGH v. 7.9.1999 Rs. C-216/97, Slg. 1999, I-4947, 4974 Rdnr. 18 – Gregg. 54 Im Einzelnen können sie fordern, dass keine systematische Gewinnerzielung zugrunde liegt, Leistung und Verwaltung im Wesentlichen ehrenamtlich erfolgen, von den Behörden genehmigte (Höchst-)Preise eingehalten werden oder die Befreiungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten der Mehrwertsteuer unterliegender Unternehmen führen dürfen. 55 Dänisch: i hvert enkelt tilfælde; Englisch: in each individual case; Französich: cas par cas; Italienisch: caso per caso; Niederländisch: van gefal tot gefal; Portugiesisch: caso a caso; Schwedisch: i varje enskilt fall; Spanisch: caso por caso. 56 So offensichtlich BFH v. 12.5.2005 V B 146/03, BStBl. 2005 II, 714.
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lich“57 im Sinne einer conditio sine qua non zu verstehen.58 Denn das würde dazu führen, die Befreiungsvorschrift für eng verbundene Leistungen vollständig leer laufen zu lassen. Daher sind geringere Anforderungen zu stellen; eine erhebliche objektive Förderung hat auszureichen.59 (2) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j müssen die Mitgliedsstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer befreien. Die Vorschrift unterliegt nicht den Einschränkungen des Art. 13 Teil A Abs. 2.60 Nach Verständnis des Bundesfinanzhofes soll davon Unterricht nur dann erfasst werden, wenn er gemessen an seinen Anforderungen dem Unterricht entspricht, der üblicherweise an einer Schule oder einer Hochschule erteilt wird.61 Ferner ist derzeit im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH die Frage des BFH anhängig, ob für eine Steuerbefreiung nach Buchst. j der Lehrende seine Unterrichtsleistung direkt an die Schüler oder Hochschüler als Leistungsempfänger erbringen muss.62 (3) Nicht unproblematisch erscheint das Verhältnis der beiden Befreiungsvorschriften, da nach neuerer Rechtsprechung des EuGH auch natürliche Personen der Befreiung in Buchst. i unterfallen. Nimmt man an, dass alle natürlichen Personen, die als Lehrer Unterricht an einer Schule oder Hochschule erteilen, unter die Befreiungsvorschrift nach Buchst. i fallen, dann könnte man die Vorschrift des Buchst. j für überflüssig halten. Um diese Redundanz zu umgehen, könnte man erwägen, die Norm des Buchst. i auf Fälle der Leistungen an den Lernenden und die Vorschrift des Buchst. j – geradezu in Umkehrung zur Vorlagefraged des BFH, ob Buchst. j sich auf Leistungen direkt an die Schüler oder Hochschüler bechränkt,63 auf die Fälle der Leistungen an die Schulen und Hochschulen zu beziehen. Jedoch ist dieses Ergebnis nicht zwingend, da eine Redundanz wegen der fehlenden Möglichkeit, den Anwendungsbereich von Buchst. j nach Art. 13 Teil A ________________________ 57 Dänisch: uomgængelig nødvendige; English: essential Französisch: indispensables; Italienisch: indispensabili; Niederländisch: onontbeerlijk; Portugiesisch: indispensáveis; Schwedisch: väsentligt; Spanisch: indispensables. 58 So zu Recht R. Berndt, UR 1997, 449, 457 und dem folgend FG München v. 13.7.2000 14 K 3516/98, juris – rkr. nach Rücknahme der NZB V B 176/00. 59 FG München v. 13.7.2000 14 K 3516/98, juris – rkr. nach Rücknahme der NZB V B 176/00. Etwas schwächer R. Berndt, UR 1997, 449, 457, der ein objektives Fördern verlangt. 60 Ebenso Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Art. 13 S. 72 (Stand Januar 1993); R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 3 (Stand Januar 2000). 61 BFH v. 17.6.1998 XI R 68/97, BFH/NV 1999,81; v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1999, 376, 378. 62 BFH v. 20.10.2005 V R 75/03, BStBl. 2006 II, 147. 63 BFH v. 20.10.2005 V R 75/03, BStBl. 2006 II, 147.
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Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie zu beschränken, genau genommen nicht besteht. Zudem würde eine solche Auslegung mit der Neutralität der Mehrwertsteuer konfligieren. Denn wenn man nur die Leistungserbringung durch Einrichtungen, nicht aber durch Lehrer von der Umsatzsteuer befreien würde, hinge die Höhe der Steuer von der Zahl der zwischengeschalteten Umsätze ab. Dadurch würde ein Anreiz zum Einsatz unselbständiger Lehrer und damit letztlich zur vertikalen Integration über verschiedene Produktionsstufen geschaffen. Daher erscheint es zutreffender, die Norm des Buchst. j für einen privilegierten Unterfall des allgemeinen Falles in Buchst. i zu halten.64 (4) Daneben betreffen weitere Befreiungsvorschriften in ihrem Randbereich auch Humankapitalinvestitionen. Dazu zählt etwa die Vorschrift des Buchst. l für Leistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philantrophische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, gegenüber ihren Mitgliedern gegen einen satzungsmäßig festgelegten Beitrag erbringen. Weiterhin sieht Buchst. n eine Befreiung für „bestimmte kulturelle Dienstleistungen“ und eng damit verbundene Lieferungen vor. Darunter sind, wie die Entstehungsgeschichte der Norm zeigt,65 zuvörderst Theater, Museen, Büchereien etc. zu verstehen. Jedoch bietet der weite Wortlaut der Norm genug Raum dafür, etwa auch Volkshochschulen darunter zu fassen.66 Den weiteren Befreiungsvorschriften soll im Folgenden jedoch nicht nachgegangen werden. b) Steuerbefreiungen des UStG Der deutsche Gesetzgeber hat in wenig glücklicher Weise im Wesentlichen an den tradierten Steuerbefreiungen des nationalen Umsatzsteuerrechts festgehalten67 und diese nur den Vorgaben der Richtlinie angepasst.68 Daher ________________________ 64 Zu praktischen Konsequenzen daraus vgl. Kap. 6 II 3 b) bb) (S. 282 f.). 65 Vgl. Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Art. 13 S. 83 ff. (Stand Dez. 1994/Januar 1995). 66 Hingegen unterfällt die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. k für die Gestellung von religiösem oder weltanschaulichem Personal für Ausbildungszwecke nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i wohl nicht mehr dem hier zugrunde gelegten Begriff des Humankapitals. Auch auf die Darstellung der nur mittelbar wirkenden Befreiung von Fund-raising-Aktivitäten (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. o) sowie der Befreiung für Betreuungsleistungen für Kinder und Jugendliche wird hier verzichtet. 67 Zu den Entstehungsgeschichten der hier diskutierten Steuerbefreiungen im nationalen Recht vgl. etwa H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 1 ff. (Stand Februar 2003); § 4 Nr. 22 Rz. 1 ff. (Stand Juni 2003) und § 4 Nr. 23 Rz. 1 (Stand Februar 2003). 68 Für eine Anpassung der Steuerbefreiungen etwa auch Raudszus/Weimann, UVR 1996, 66, 68 ff. (allerdings vor dem Hintergrund der inzwischen überholten EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Bulthuis-Griffioen).
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nehmen in – mit Blick auf das Transparenzgebot europarechtlich bedenklicher Weise69 – manche Vorschriften mehrere Befreiungstatbestände des Europarechts auf, während zugleich einzelne Befreiungstatbestände auf mehrere nationale Vorschriften aufgeteilt werden: So hat er die Vorschriften der Buchst. i und j hauptsächlich in § 4 Nr. 2170 UStG umgesetzt.71 Daneben ist die Vorschrift des Buchst. i noch in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG, die aber auch Teile der Buchst. l, m und n aufnimmt,72 sowie in § 4 Nr. 23 UStG umgesetzt, wo auch der Buchst. h hereinspielt.73 Die Normen werden – anders als in dieser Arbeit vertreten74 – zumeist einheitlich als Lenkungsvorschriften qualifiziert.75 Sie dienen jedoch auch der Gleichstellung der privaten Schulen mit den nach § 2 Abs. 3 UStG i. V. m. Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie befreiten öffentlichen Schulen.76 aa) § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG Die Norm befreit die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein- oder berufsbildender Einrichtungen. Dazu bedarf es des Vorliegens persönlicher, inhaltlicher und formaler Voraussetzungen. (1) In persönlicher Hinsicht kommen in den Genuss der Befreiungsvorschrift erstens Schulen, also auf Dauer angelegte Einrichtungen, die einer größeren Anzahl von Personen (Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen) durch planmäßigen Unterricht Wissen und Bildung vermitteln.77 Zweitens unterfallen ihr auch andere Einrichtungen. Dieser Begriff ist grundsätzlich im ________________________ 69 Kap. 10 III 3 a) (S. 425 f.). 70 Zur Entstehungsgeschichte der Norm s. etwa H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 1 ff. (Stand Februar 2003). 71 Früher auch noch in § 4 Nr. 21a UStG. Die Vorschrift war allerdings nicht mit der Sechsten Richtlinie vereinbar, EuGH v. 20.6.2002 Rs. C-287/00, Slg 2002, I-5811 – Kommission/Deutschland (Hochschulforschung). 72 H. Hünnekens, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 6 (Stand März 1998); noch weitergehend P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 4 ff. (Stand Juni 2003): auch Buchst. o. Zu eng daher R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 4 (Stand Oktober 1998), der in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nur Buchst. i enthalten sieht. 73 Vgl. R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 2 (Stand Januar 2000). 74 Kap. 10 III 2 (S. 422 ff.). 75 Vgl. für die Umsetzungen in nationales Recht H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 5 (Stand Februar 2003), Nr. 22 Rz. 4 (Stand Juni 2003), Nr. 23 Rz. 3 (Stand Februar 2003). 76 BFH v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1999, 376, 377. 77 R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 4 (Stand Januar 2000). Ähnlich H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 1 ff. (Stand Februar 2003).
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Anschluss an die gewandelte Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform weit zu verstehen.78 Er umfasst daher sowohl juristische als auch natürliche Personen und Gesellschaften, soweit sie eine abgegrenzte Einheit mit bestimmter Funktion darstellen.79 Damit setzen sich die schon bei der Richtlinie diagnostizierten Überschneidungen80 auch auf der Ebene des innerstaatlichen Rechts fort.81 Die Finanzverwaltung fordert im Übrigen zusätzlich, dass der Betrieb der Bildungseinrichtung auf eine gewisse Dauer angelegt ist.82 (2) In inhaltlicher Hinsicht müssen die Einrichtungen83 allgemein- oder berufsbildende Zwecke verfolgen. Das ist für Schulen vom Gesetzgeber als begriffsimmanent vorausgesetzt worden.84 Die übrigen Einrichtungen sind allgemeinbildend,85 wenn sie ein breitgefächertes Wissen vermitteln,86 etwa in Form von Vorbereitung auf Schulabschlüsse.87 Nicht erforderlich ist, dass die Einrichtungen den Lehrstoff in der gleichen umfassenden Weise anbieten wie die Schulen.88 Keine Allgemeinbildung vermittelt allerdings beispielsweise eine Ballettschule89 oder eine sozialpädagogische Familienhelferin, die bei der Überwindung der sozialen Notlage einer Familie auf Vermittlung des Jugendamtes hilft.90 Die übrigen Einrichtungen sind berufsbildend, wenn sie der Berufsausbildung, Berufsfortbildung oder der Umschu________________________ 78 Vgl. oben Kap. 6 I 3 a) bb) (S. 272 ff.). Zu knapp daher FG Sachsen v. 2.4.2003 1 K 1279/99, juris (NZB aus formalen Gründen zurückgewiesen von BFH v. 12.11.2003 V B 103/03, juris). 79 Nach Verständnis des BFH v. – das allerdings aus der Zeit vor der Entscheidung des EuGH in der Sache Gregg stammt – ist erforderlich, dass sie zumindest organisatorisch und im Wesentlichen wirtschaftlich gegenüber dem Trägerunternehmen verselbständigt ist, so BFH v. 27.3.1996 I R 182/94, BStBl. 1997 II, 449. Nach FG Nürnberg v. 26.10.2004 II 264/2002, DStRE 205, 528 – Rev. V R 4/05 sollen auch die Leistungen eines Unternehmers, die dieser durch einen freien Mitarbeiter erbringt, der Steuerbefreiung unterfallen. 80 Kap. 6 I 3 a) bb) (S. 272 ff.). 81 A. A noch BFH v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1998 II, 376, 377. 82 A 113 Abs. 2 S. 3 UStR. 83 BFH v. 27.3.1996 I R 182/94, BStBl. 1997 II, 449. 84 Arg.: Schulen und andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen. Im Ergebnis ebenso etwa H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 26 (Stand Februar 2003). 85 Zum Begriff vgl. auch P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 25 (Stand Juni 2001). 86 BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334. 87 R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 14 (Stand Mai 1999). 88 BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334, 336. 89 FG München v. 18.11.2004 14 K 5057/01, EFG 2005, 740 – Rev. V R 3/05. 90 BFH v. 24.8.2000 V R 7/99, BFH/NV 2001, 651, 652.
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lung dienen,91 also Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsausbildung dienen.92 Sie müssen spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind.93 Darunter fallen sowohl Fahrlehrerausbildungsstätten und Repetitorien94 als auch Heilpraktikerschulen,95 nicht aber Fahrschulen, soweit es um die damaligen Führerscheinklassen 1 und 3 ging,96 Jagd-,97 Segel-, Tauch- und Tanzschulen.98 Auch Flugschulen sollen generell nicht steuerbefreit sein.99 Die Umsätze müssen dem Schul- und Bildungszweck dienen. Dieser Zweck beschränkt sich nicht auf eine Berufs- oder Prüfungsvorbereitung. Denn der Einleitungssatz des Buchst. a und die Anforderungen in den Halbsätzen nach Doppelbuchst. aa) und bb) stehen selbständig nebeneinander. Im Übrigen kommt es für den Bildungszweck nur darauf an, ob die Einrichtung generell allgemein- oder berufsbildend ist. Eine Aufteilung der Umsätze, je nachdem, ob der Leistungsempfänger im Einzelfall eine Berufs- oder Prüfungsvorbereitung verfolgt oder nicht, ist unzulässig.100 ________________________ 91 A 112 Abs. 3 S. 1 UStR 2000. Zustimmend P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 25 (Stand Juni 2001); H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 31. (Stand Februar 2003) mit Verweis auf die andernfalls resultierenden Abgrenzungsschwierigkeiten; R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 15 (Stand Mai 1999). Diese Auslegung ist schon mit Blick auf die 6. Richtlinie alternativenlos. 92 BFH v. 10.6.1999 V R 84/98, BStBl. 1999 II, 578. 93 BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334. 94 A. 112 Abs. 2 S. 5 UStR 2000. 95 BMF Schr. v. 10.8.1985 – IV A 3 – S 7179 – 3/85, UR 1986, 132; R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 17 (Stand Mai 1999). 96 BFH v. 14.3.1974 V R 54/73 BStBl. 1974 II, 527, wo (a. a. O., S. 528) auch der allgemeinbildende Zweck abgelehnt wird. R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 18 (Stand Mai 1999) will dies generell auf Fahrschulen ausdehnen, auch soweit es um die Ausbildung für den LKW- oder Omnibusführerschein geht, weil es der Fahrschule generell an der Eigenschaft als berufsbildende Einrichtung fehle, sie aber auch keine Allgemeinbildung vermittle. Demgegenüber hält die Finanzverwaltung die Ausbildung für die Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L für steuerbefreit, vgl. BMF Schr. v. 8.2.2000 IV D 2 S 7179 6/00, BStBl. 2000 I, 359. 97 BFH v. 18.12.2003 V R 62/02, BStBl. 2004 II, 252 unter Aufhebung von FG Nds v. 31.10.2002 5 K 713/01, EFG 2003, 351 f. 98 R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 32 (Stand Oktober 1997). Ebenso für eine Ballettschule FG München v. 18.11.2004 14 K 5057/01, EFG 2005, 740 – Rev. V R 3/05. 99 Nach OFD Düsseldorf, Verfügung v. 18.7.1969 S 7179 A – St 642, UR 1969, 355 soll etwas anderes dann gelten, wenn ein einheitlicher Ausbildungsvertrag die Ausbildung zum Berufsflugzeugführer vorsieht. In diesem Fall seien auch die auf den Erwerb des Privatpilotenscheins gerichteten Ausbildungsleistungen steuerbefreit. 100 BFH v. 3.5.1989 V R 83/84, BStBl. 1989, 815.
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Befreit sind nur Umsätze, die unmittelbar101 dem Schul- und Bildungszweck dienen. Der Gesetzgeber trägt damit dem Erfordernis einer engen Auslegung der Befreiungsvorschriften der Sechsten Richtlinie Rechnung.102 Umsätze dienen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, wenn sie ihn verwirklichen oder fördern,103 ohne dass eine weitere Leistung dazwischen geschaltet ist. Gerade die Leistung muss den Bildungszweck erfüllen. Es reicht nicht aus, wenn von der Leistung nicht abgesehen werden kann, ohne die Bildungsziele zu beeinträchtigen.104 Daher dienen Unterbringung und Verpflegung von Schülern nicht unmittelbar dem Bildungszweck.105 Dasselbe gilt für die Lieferung von Lehr- und Lernmaterial durch den Schulträger,106 wenn nicht wie beim Fernunterricht die Tätigkeit gerade durch die Abgabe von Lehrmaterial ausgeübt wird.107 Teilt also ein juristisches Repetitorium in seinen Kursen auch im Handel erhältliche Skripten aus, so ist die Lieferung nicht steuerbefreit. Zu eng wäre es hingegen, wenn man Schularbeitskreise, bei denen nur eine Beaufsichtigung bei der Erledigung von Schulaufgaben erfolgt, Kurse zur Erteilung von Nachhilfeunterricht für Schüler sowie die Kurse von Repetitoren, die Studierende auf akademische Prüfungen vorbereiten, für nicht unmittelbar halten würde.108 Die mangelnde Unmittelbarkeit ist allerdings unschädlich, wenn zwar mehrere Leistungen vorliegen, die nicht alle unmittelbar dem Bildungszweck dienen, die Bildungsleistung aber Hauptleistung und die anderen unselbständige Nebenleistungen sind. Das ist anzunehmen, wenn sie in engem Zusammenhang zur Bildungsleistung stehen, im Verhältnis zu ihr nebensächlich sind und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen.109 Bei entgeltlich überlassenem Lehrmaterial ist das der Fall, wenn es den Unterricht inhaltlich ergänzt, zum Einsatz im Unterricht bestimmt ist, von der Schule oder der Bildungseinrichtung für diese Zwecke selbst entworfen worden ist und ________________________ 101 Zweifelnd bzgl. der Vereinbarkeit mit der Sechsten Richtlinie, wo ein „enger Zusammenhang“ gefordert wird, BFH v. 29.10.1997 V B 86/97, BFH/NV 1998, 626. 102 Vgl. nur R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 28 (Stand Oktober 1999). 103 BFH v. 12.12.1985 V R 15/80, BStBl. 1986 II, 499. 104 So aber noch BFH v. 12.7.1979 BStBl. 1979 II, 720. 105 BFH v. 17.3.1981 VIII R 149/76, BStBl. 1981 II, 746. 106 BFH v. 12.12.1985 V R 15/80, BStBl. 1986 II, 499. 107 P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 65 (Stand Oktober 2002); H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 21 Stichwort „Fernlehrinstitut“ (Stand Februar 2003). 108 Ebenso A 112 Abs. 2 S. 5 UStR 2000. A. A. aber R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 32 (Stand Oktober 1997). 109 A. Leonard, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 3 Rz. 8 m. w. N.
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bei Dritten nicht bezogen werden kann.110 Hingegen liegt keine Nebenleistung im Verkauf von Schreibmaschinen durch den Inhaber einer Handelsschule.111 Auch die Hilfe bei Drogen- und Schuldenproblemen, Kinderbetreuung und Beschaffung von Fahrgelegenheiten gehört weder zur schulischen oder beruflichen Aus- und Fortbildung, noch kommt sie üblicherweise in deren Gefolge vor.112 Probleme bereitet bisweilen die genaue Bestimmung der Umsätze, die von der Steuerbefreiung profitieren sollen. Das betrifft insbesondere TomSawyer-Fälle,113 bei denen eine Leistungshandlung gleichzeitig zwei verschiedene Leistungen bewirkt.114 Diese Fälle kommen im realen Leben durchaus vor: So führte der Inhaber einer Friseurfachschule Friseurleistungen dadurch aus, dass die Schüler als Teil ihrer Ausbildung und unter fachlicher Anleitung in einem Übungssalon Kunden bedienten.115 Der Bundesfinanzhof lehnte eine Erstreckung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 UStG auf den Fall ab, weil gegenüber den Kunden ein eigenständiger Zweck angestrebt worden sei. Die teilweise Überdeckung der einzelnen Leistungshandlungen änderte nichts daran, dass zwei Leistungen vorlägen. Die Leistung an den Kunden diene nicht unmittelbar dem Schulzweck, da sie zur Zweckerreichung einer weiteren zwischengeschalteten Leistung – der Instruktion der Auszubildenden – bedürfe. Entsprechend wurde ein Fall entschieden, in dem es um die entgeltliche Überlassung von auszubildendem Personal durch den Ausbilder an einen anderen Unternehmer ging.116 Die Überlassung lag zwar im Interesse des Personals, da die beim anderen Unternehmer erbrachten Tätigkeiten notwendiger Bestandteil der Ausbildung waren. Der Bundesfinanzhof trennte aber zwischen den Leistungen des Unternehmers an die Schüler und denen an das Krankenhaus. Letztere seien weder Teil der Aus-
________________________ 110 BFH v. 12.12.1985 V R 15/80, BStBl. 1986 II, 499. FG RP v. 1.6.1994 1 K 1810/93, juris sieht hierin eine Rechtsprechungsänderung im Vergleich zu BFH v. 12.7.1979 V R 114/75, BStBl. 1979 II, 720 an. 111 BFH v. 12.12.1985 V R 15/80, BStBl. 1986 II, 499. 112 FG Nds v. 18.4.2002 5 K 189/97, EFG 2002, 1265. 113 Vgl. M. Twain, The Adventures of Tom Sawyer, 1878, Kapitel 2 mit der wundervollen Geschichte des Zaunstreichens. 114 Bei Tom Sawyer war dies das Streichen des Zaunes (gegenüber Aunt Polly) und die Einräumung des Rechts, den Zaun streichen zu dürfen (gegenüber Ben und anderen). 115 BFH v. 26.10.1989 V R 25/84, BStBl. 1990 II, 98 unter Aufhebung von FG BaWü v. 29.11.1983 XI (II) 250/77, UR 1984, 163. Im Fall ging es um die Jahre 1970 bis 1975. Justice delayed is justice denied? 116 BFH v. 15.7.1993 V R 52/89, BFH/NV 1994, 203.
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bildungsleistung noch bildeten sie einen einheitlichen Vorgang mit der Ausbildung. Dementsprechend sei § 4 Nr. 21 UStG auf sie nicht anwendbar.117 (3) In formaler Hinsicht ist eine Anerkennung bzw. Bescheinigung durch den Staat erforderlich. Sie erfolgt in der Regel als selbständig auf dem Verwaltungsgerichtsweg anfechtbarer Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 AO durch die zuständigen Fachbehörden. Eine Ersatzschule118 erfüllt nach Doppelbuchst. aa) diese formale Voraussetzung, wenn sie nach. Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigt oder zumindest nach Landesrecht119 erlaubt ist. Die übrigen privaten Schulen, wie die Ergänzungsschulen,120 und die allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen benötigen nach Doppelbuchst. bb) eine auf Antrag oder von Amts wegen zu erteilende121 wirksame122 Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde,123 dass die Schule der ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung124 dient. Die Voraussetzungen Berufs- oder Prüfungsvorbereitung stehen alternativ nebeneinander, überschneiden sich aber oft.125 Das Merkmal der Prüfungsvorbereitung ________________________ 117 BFH v. 15.7.1993 V R 52/89, BFH/NV 1994, 203. Vgl. auch schon K. Padberg, UR 1978, 201, 210, der wegen der Neutralität der Mehrwertsteuer zu derselben Lösung kommt. A. A die Vorinstanz FG Münster v. 24.1.1989 XV V 4707/85, juris. Vgl. im Übrigen auch FG Dü v. 10.9.1959 VII 72/59, EFG 1960, 84 (Zahnbehandlung durch Schüler eines entsprechenden Lehrinstituts). 118 Zum Begriff BVerfG v. 14.11.1969 1 BvL 24/64, BVerfGE 27, 195, 201 f. sowie bereits oben Kap. 5 I 1 e) bb) (S. 227 ff.). 119 Vgl. etwa Art. 91–101 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen. Die Steuerfreiheit von Vorschriften des Landesrechts abhängig zu machen, soll nach dem föderalen Staatsverständnis des Grundgesetzes, das dem Bund auch nur die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit zugewiesen hat, nicht „von vornherein unzulässig“ sein, BFH v. 1.9.1992 V B 69/92, BFH/NV 1993, 334. 120 Also diejenigen Privatschulen, die keine Ersatzschulen sind und in denen daher insbesondere der Schulpflicht nicht genügt werden kann, vgl. K. Padberg, UR 1978, 201, 203. Zu den Ergänzungsschulen im Einzelnen H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 21 Rz. 24 ff. (Stand Februar 2003). 121 A 114 Abs. 2 S. 1 UStR 2000. Anders für die im Wesentlichen gleichlaufende Norm des § 6 Abs. 1 Nr. 11 öUStG H.-G. Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, 1999, § 6 Rz. 304, der damit letztlich ein Wahlrecht des Unternehmers sicherstellen will. 122 BFH v. 27.3.1996 I R 182/94, BStBl. 1997 II, 449. 123 Dieses Erfordernis wird nicht dadurch entbehrlich, dass der Leistungsempfänger selbst steuerbefreite Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG erbringt, so zu Recht BFH v. 9.10.1995 V B 66/95, BFH/NV 1996, 278. 124 Zur Illustration der verschiedenen Prüfungen OFD Frankfurt/Main v. 28.3.1988 S 7179 A-1-St IV 21, UR 1989, 131. 125 So zu Recht H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 21 Rz. 6.
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erfordert keine selbstständige und umfassende Darstellung des Prüfungsstoffes. Vielmehr genügt eine Tätigkeit, die den Bildungsgang fördert, der mit einer staatlichen Prüfung abschließt.126 Das Merkmal „ordnungsgemäß“ stellt qualitative Anforderungen an die prüfungsvorbereitende Einrichtung und die von ihr eingesetzten Lehrkräfte. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.127 Eine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung ist allerdings nicht anzunehmen bei der bloßen Beaufsichtigung von Schulaufgaben, die etwa darin besteht, bei der Erledigung für Ruhe zu sorgen.128 Die Finanzbehörden sind an die Anerkennung bzw. die Bescheinigung – auch rückwirkend129 – gebunden,130 nicht aber bezüglich der Fragen, ob die Leistungen unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienen und ob eine Einrichtung vorliegt.131 Soweit die Bindung reicht, können die Finanzbehörden bei der zuständigen Landesbehörde nur eine Überprüfung anregen.132 bb) Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer, § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG Mit der Norm setzte der Gesetzgeber die Befreiungsvorschrift nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie ausdrücklich in nationales Recht um, nachdem dies zuvor unzulässigerweise nur durch eine Verwaltungsrichtlinie erfolgt war133 und der Bundesfinanzhof dem die Gefolgschaft verweigert hatte.134 ________________________ 126 127 128 129
130 131 132 133
134
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BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334, 335. BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334, 335 f. BVerwG v. 3.12.1976 VII C 73/75, BStBl. 1977 II, 334, 336. BFH v. 6.12.1994 V B 52/94, BStBl. 1995 II, 913 (zu § 4 Nr. 21 UStG); v. 24.9.1998 V R 3/98, BStBl. 1999 II, 147 (zu § 4 Nr. 21 UStG). Die früher von BFH v. 15.9.1994 XI R 101/92, BStBl. 1995, 912 und FG Münster v. 18.11.1997 15 K 2885/96, EFG 1998, 510 – aufgehoben durch BFH v. 24.9.1998 V R 3/98 (alle zu § 4 Nr. 20 UStG) vertretene andere Auffassung ist mit dem Übergang der Zuständigkeit auf den V. Senat erledigt, vgl. BFH v. 3.2.1999 V B 95/98, BFH/NV 1999, 993. Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH v. 3.5.1989 V R 83/84, BStBl. 1989, 815. Ebenso D. Voelkel, UR 1989, 113. A. A. E. Weiss, UR 1972, 129, 132 f. BFH v. 14.3.1974 V R 54/73, BStBl. 1974 II, 527; v. 3.5.1989 V R 83/84, BStBl. 1989, 815. BFH v. 3.5.1989 V R 83/84, BStBl. 1989, 815; v. 10.6.1999 V R 84/98, BStBl. 1999 II, 578. A 112a UStR a. F. Überholt daher FG BaWü v. 11.11.1988, EFG 1989, 317 – rkr. Die Umsetzung in nationales Recht forderte etwa G. Ammann, UR 1992, 116, 118. Für eine richtlinienkonforme Auslegung Tanski/Zeretzke, DStR 1998, 2000, 2002. BFH v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1998 II, 376, 378.
Eigeninvestitionen
Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG sind die Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer von der Steuer befreit. Da § 2 Abs. 3 UStG i. V. m. Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht zugunsten der Lehrer eingreift, mussten auch die staatlichen Schulen und Hochschulen (Doppelbuchst. aa) einbezogen werden. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG befreit in Doppelbuchst. bb) ferner Unterrichtsleistungen von Lehrkräften an privaten Schulen und anderen allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen, wenn diese die formalen Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Die Befreiung ist – anders als § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG – auf Unterrichtsleistungen beschränkt. Die privaten Schulen müssen die formalen Voraussetzungen gemäß Buchst. a Doppelbuchst. aa) oder bb) erfüllen.135 Dasselbe gilt für die anderen allgemeinoder berufsbildenden Einrichtungen. Die demnach erforderliche staatliche Genehmigung oder Bescheinigung stellt nach Auffassung des Gesetzgebers sicher, dass der Unterricht in seinen Anforderungen dem üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilten Unterricht entspricht.136 Die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb) UStG für andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen geht über den Wortlaut der Befreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie hinaus. Ihre Vereinbarkeit mit der grundsätzlich eng auszulegenden137 Richtlinie ist daher problematisch.138 Nach hier vertretenem Verständnis, dass es sich bei Buchst. j nur um einen Sonderfall des Buchst. i handelt, kann man aber in diesem Teil der Vorschrift auch eine Umsetzung des Buchst. i sehen.139 Die Umsetzung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG wäre gegenüber der in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG privilegiert, weil die in Buchst. i vorausgesetzte Anerkennung keine Bescheinigung des Lehrers erfordern würde, sondern von Gesetzes wegen akzessorisch zur Anerkennung der Einrichtung wäre. Die Umsetzung wäre nicht abschließend, so dass eine natürliche Person als Dozent einer behördeninternen Fortbildung bei Vorliegen einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) eine steuerbefreite Leistung erbringen würde.140 Virulent wird das Verhältnis zwischen der Richtlinie und der nationalen Vorschrift in einigen neueren Entscheidungen. Dort ging es um die Leistun________________________ 135 136 137 138
Zu Verzichtbarkeit vgl. aber A 112a Abs. 3 S. 4 UStR. BT-Drucks. 14/443, 38. Kap. 6 I 3 a) aa) (S. 270 ff.). Zweifelnd etwa auch H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 21 Rz. 10. 139 Wohl ebenso FG Nds v. 16.10.2002 5 K 56/98, EFG 2003, 348 – Rev. V R 60/02. 140 Für eine Steuerbefreiung auch BMF v. 30.12.1996 IV C4 – S 7179 –21/96, UVR 1997, 257. Dagegen H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 21 Rz. 11.
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Bestandsaufnahme Umsatzsteuer
gen eines Unternehmers, der Unterricht an einer Handwerkskammer oder eine Volkshochschule durch natürliche Personen als Mitarbeiter erbringen ließ. Dem Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG unterfallen die Leistungen wohl nicht, weil der Unternehmer nicht selbst unterrichtete. Ebensowenig werden die Unterrichtsleistungen von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j erfasst, da gerade kein Schul- oder Hochschulunterricht gegeben wurde. Jedoch kommt nach hier vertretenem Verständnis subsidiär Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i zum Tragen. Die Norm ist auch auf den Unterricht natürlicher Personen anwendbar. In diesem Lichte ist dann § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb) UStG auszulegen, so daß eine Absetzbarkeit in Betracht kommt.141 cc) Bildungsangebote gemeinnütziger Träger, § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG Die Vorschrift befreit bestimmte kulturell bedeutsame142 Bildungsveranstaltungen.143 Sie müssen durchgeführt werden von (Betrieben gewerblicher Art144 der) juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungsund Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen145 oder von Einrichtungen,146 die nach § 52 Abs. 1 AO gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbands147 dienen.148 Nicht ganz zweifelsfrei mit Blick auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache Gregg149 sind Entscheidungen, die eine Erstreckung auf an den aufgezählten Einrichtungen tätige externe Dozenten
________________________ 141 FG Nürnberg v. 26.10.2004 II 264/2002, EFG 2005, 825 – Rev. V R 4/05. A. A. FG Sachsen v. 19.4.2004 6 K 2151/03, EFG 2005, 987 – NZB V B 127/03. 142 H. Hünnekens, in Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 1 (Stand 37. Lief. 1997). 143 Zur Entstehungsgeschichte der Norm s. etwa H. Hünnekens, in Peter/Burhoff/ Stöcker, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 2 ff. (Stand 37. Lief. 1997). 144 Ansonsten unterliegt die Leistung schon nach § 2 Abs. 3 UStG i. V. m. Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie schon gar nicht der Umsatzsteuer. 145 Zum Begriff s. A 115 Abs. 1 UStR 2000. 146 Die in Kap. 6 I 3 a) bb) (S. 272 ff.) geschilderten Probleme bzgl. des Begriffs der Einrichtung dürften sich – mit Ausnahme der Erweiterung auch auf die Personengesellschaften – wegen der Einschränkungen durch den Relativsatz hier nicht stellen. 147 Vgl. dazu BFH v. 28.1.1988 V R 48/85, UR 1989, 245 (Berufsverband der CDU). 148 Zu den Begriffen im Einzelnen s. etwa H. Hünnekens, in Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 7 ff. (Stand 37. Lief. 1997). Zum Ausschluss von Kursen der Scientology-Organisation mangels gemeinnütziger Zwecke vgl. FG Münster v. 25.5.1994 15 K 5247/87 EFG 1994, 810 (aufgehoben aus verfahrensrechtlichen Gründen von BFH v. 21.8.1997 V R 65/94, BFH/NV 1998, 971). 149 EuGH v. 7.9.1999 Rs. C-216/97, Slg. 1999, I-4947 – Gregg.
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Eigeninvestitionen
ablehnten.150 Letztlich kommt es hier auf die Frage an, wie die Formulierung „von Fall zu Fall“ in Art. 13 Teil A Abs. 2 der 6. Richtlinie zu verstehen ist.151 In sachlicher Hinsicht sind Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art erfasst.152 Dazu gehören – in richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts – Kurse zur Erlangung handwerklicher oder technischer Fertigkeiten, wie Schreibmaschinenkurse oder Nähkurse, gemäß Buchst. i nur dann, wenn sie der Erziehung von Kindern und Jugendlichen dienen.153 Denn wenn man in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nicht allein eine Umsetzung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. l der Sechsten Richtlinie sieht,154 können diese Kurse auch kaum unter den Begriff der kulturellen Dienstleistungen nach Buchst. n subsumiert werden. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil die Steuerbefreiungen in ihrem sachlichen Anwendungsbereich eng ausgelegt werden müssen.155 Zudem müssen die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Unkosten verwendet werden. Das steht einer Gewinnerzielungsabsicht nicht entgegen,156 ________________________
150 BFH v. 17.6.1998 XI R 68/97; v. 27.8.1998 V R 73/97, BStBl. 1999 II, 376, 378; v. 24.6.1999 V R 6/98, BFH/NV 2000, 238 sowie neuerdings BFH v. 12.5.2005 V B 146/03, BStBl. 2005 II, 714. 151 Vgl. dazu oben Kap. 6 I 3 a) (S. 270 f.) zum Erfordernis der einheitlichen Handhabung der Erfordernisse nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie. 152 Zu den Begriffen im Einzelnen s. etwa H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 22 Rz. 23 ff. (Stand Juni 2003). Zur Abgrenzung gegenüber selbständigen Nebenleistungen P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 25 (Stand Juni 2003). 153 So zu Recht R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 16 (Stand April 1998). Dem folgend FG Nds v. 2.9.2004 5 K 663/00, DStRE 2005, 167 – Rev. 53/04 zu einer Tanzschule. A. A. aber die h. M., vgl. etwa H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 22 Rz. 4; K. Matheja, UR 1982, 15 f.; H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 29 (Stand Juni 2003). 154 So aber R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 16 (Stand April 1998). 155 Kap. 6 I 3 a) (S. 270 f.). Allerdings spricht das nicht dagegen, den Sportunterricht unter dieser Norm zu erfassen, wenn er von einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an die Sportler erbracht wird. Denn insoweit besteht mit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, zutreffend daher A. 115 Abs. 3 UStR 2000. Nicht überzeugend ist es aber, wenn das FG Nds v. 6.2.2003 5 K 459/98, EFG 2003, 963 (Rev. V R 58/03 nach erfolgreicher NZB) mit einfachem Verweis auf die zu § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO ergangene Rechtsprechung (BFH v. 29.10.1997 I R 13/97, BStBl. 1998 II, 9) auch Flugsport der Norm unterwerfen will. Denn es hätte hier einer Auseinandersetzung mit dem autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriff des Sports bedurft. Diesem dürfte aber, wie der Kontext der Norm zeigt, die körperliche Ertüchtigung immanent sein. I. E. wie hier Hess. FG v. 9.12.2002 6 V 2279/02, EFG 2003, 736 – rkr. 156 Vgl. nur H. Hünnekens, in Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, § 4 Nr. 22 Rz. 27 (Stand 38. Lieferung 1997).
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erfordert aber, dass die Kosten (etwa durch Gehälter, Heizung, Material etc.) sich auf mehr als die Hälfte der Einnahmen belaufen. Dabei kommt es auf die Gesamtheit der Veranstaltungen eines Veranlagungszeitraumes an und nicht auf die jeweilige Einzelveranstaltung.157 dd) Bildungsbezogene Beherbergung, § 4 Nr. 23 UStG Die Regelung,158 die eine Steuerbefreiung von bestimmten Beherbergungs-, Beköstigungs- und üblichen Naturalleistungen vorsieht, ist für Humankapitalinvestitionen deshalb interessant, weil die Leistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Jugendlichen zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung stehen müssen.159 Die Norm betrifft in der Praxis im wesentlichen Internate, Schullandheime und Studentenwohnheime. Begünstigte Leistungen sind – soweit ein Aufnehmen erfolgt, auch jeweils einzeln erbrachte – Beherbergung,160 Beköstigung161 und sonstige Naturalleistungen.162 Allgemein ist der Bereich der üblichen Naturalleistungen desto weiter, je stärker der Jugendliche durch die Aufnahme eingegliedert ist.163 Daher können, wenn die Jugendlichen ihren Lebensmittelpunkt in der Einrichtung haben, u. U. auch die Lieferung von Kleidung und Büchern in den Bereich der Steuerbefreiung fallen.164 Dagegen gehört der Verkauf von Schulheften, Süßigkeiten und anderen Lebensmitteln nicht dazu.165 ________________________ 157 Vgl. H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 22 Rz. 5 m. w. N. Das überzeugt schon deswegen, weil sich ansonsten ganz erhebliche Probleme der Zurechnung von Gemeinkosten stellen würden. 158 Zur Entwicklungsgeschichte der Norm vgl. etwa H. Hünnekens, in Peter/Burhoff/ Stöcker, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 1 ff. (Stand 54. Lieferung 2001). 159 Oder für Zwecke der Säuglingspflege, was hier aber nicht näher untersucht werden soll. 160 Zum Begriff s. etwa R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 16 (Stand Oktober 1997). 161 Zum Begriff s. R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 17 (Stand Oktober 1997). Zum Unterfall der Schulspeisung umfassend R. Berndt, UR 1997, 449 ff. 162 Letztere hängen mit der Beherbergung und Beköstigung üblicherweise zusammen. Dazu gehören etwa die Beaufsichtigung der häuslichen Schulaufgaben und die Freizeitgestaltung durch Basteln, Spiele und Sport (so auch A. 117 Abs. 3 UStR), aber auch das Zurverfügungstellen und das Waschen von Bettwäsche, die Reinigung und das Instandhalten von Kleidung, vgl. H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 10 (Stand Februar 2003). 163 FG Nds v. 13.1.1978 V 87/77, EFG 1978, 195 – rkr. 164 FG Nds v. 13.1.1978 V 87/77, EFG 1978, 195 – rkr. Zust. H. Schuhmann, in Rau/ Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 10.1 (Stand Februar 2003). 165 H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 10 (Stand Februar 2003).
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Eigeninvestitionen
Eine Aufnahme erfordert ein Moment der Obhut und Betreuung, so dass eine Mensa oder Kantine nicht ausreicht.166 Sie setzt aber nicht voraus, dass eine Übernachtungsunterkunft geboten oder volle Verpflegung gewährt würde.167 Auch eine bestimmte Dauer der Aufnahme ist nicht erforderlich.168 Die Aufnahme muss Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken169 dienen.170 Der Begriff der Erziehung ist weit zu verstehen und umfasst die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung.171 Für die Begriffe der Aus- und Fortbildung gilt dasselbe wie bei § 4 Nr. 21 UStG.172 Mit Blick auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie dürfte auch die Beschränkung auf die berufliche Bildung zu beachten sein.173 Das ist freilich wegen des weiten Erziehungsbegriffs von nur untergeordneter Bedeutung. Begünstigter Unternehmer ist lediglich derjenige, der die aus der Aufnahme folgenden Betreuungs- und Pflegeleistungen erbringt. Dem Unternehmer muss die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Jugendlichen selbst obliegen.174 Das ist in jüngster Zeit für einen Reiseunternehmer verneint worden, der den Schüler am Schulort der Gastfamilie unterbringt und ihn dabei durch eine ausländische Partnerorganisation betreuen lässt.175 Ansonsten ist die Rechtsprechung aber großzügig: So kommt es wie bei § 4 Nr. 21 UStG auf die Rechts- und Organisationsform des leistenden Unternehmers nicht an. Die Aufnahme der Jugendlichen muss nicht den alleinigen oder den Hauptgegenstand des Unternehmens bilden.176 Sie braucht ________________________
166 BFH v. BStBl. 1979 II, 721; v. 26.4.1990 V R 55/85, UR 1991, 54. 167 BFH v. 19.12.1963 V 102/61, BStBl. 1964 III, 110. 168 BFH v. 19.12.1963 V 102/61, BStBl. 1964 II, 110 (zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 13 UStG 1951). 169 Bzw., was hier aber nicht weiter interessiert, für Zwecke der Säuglingspflege. 170 P. Handzik, in Offerhaus/Söhn/Lange (Hrsg.), UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 40 f. (Stand Juni 2001) bezieht das Überwiegen auch auf den Unterbringungszweck. 171 BFH v. 21.11.1974 II R 107/68, BStBl. 1975 II, 389. S. auch Einleitung II, Fn. 8 (S. 2). 172 Kap. 6 I 3 a) (S. 270 ff.). 173 A. A. noch vor Erlass der Richtlinie v. 7.7.1960 V 282/57, BStBl. 1960 III, 396 (zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 13 UStG 1951) und dem folgend R. Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 11 (Stand Oktober 1997). 174 BFH v. 28.9.2000 V R 26/99, BStBl. 2001 II, 691. Ebenso die Vorinstanz FG München v. 4.3.1999 14 K 4866, DStRE 1999, 638; A. A. H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 13.3 (Stand Februar 2003) unter Hinweis auf die Neutralität der Mehrwertsteuer; ebenso noch A 117 Abs. 2 S. 1 UStR 2000. 175 FG BaWü v. 15.11.2002 10 K 310/98, EFG 2002, 1125 – Rev. V R 104/01. Im Revisionsverfahren legte der BFH v. mit Beschluss v. 18.3.2004 dem EuGH zur Auslegung des Art. 26 der Sechsten Richtlinie (Sonderregeln für Reisebüros und Reiseveranstalter) vor. 176 BFH v. 24.5.1989 V R 127/84, BStBl. 1989 II, 912.
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Bestandsaufnahme Umsatzsteuer
keinen bestimmten Umfang zu erreichen. Daher ist etwa ein Handwerksmeister, der einen einzigen Lehrling bei sich aufnimmt, begünstigt.177 Die Leistungen müssen überwiegend, also zu mehr als 50 Prozent,178 Menschen unter 27 Jahren (Jugendlichen) zugute kommen, ohne dass es auf den zivilrechtlichen Vertragspartner ankommt.179 Die Jugendlichen können auch schon erwerbstätig sein.180 Für das Überwiegen kommt es nur auf diejenigen an,181 die für die begünstigten Bildungszwecke aufgenommen worden sind.182 Liegt ein derartiges Überwiegen vor, so erstreckt sich die Steuerbefreiung nicht nur auf die an die Jugendlichen erbrachten Leistungen. Vielmehr sind auch die entsprechenden Leistungen steuerbefreit, die an das zur Leistungserbringung eingesetzte Haus- und Hilfspersonal als Vergütung für die geleisteten Dienste und an Betreuer erbracht werden.183 Letztgenannte Befreiung steht allerdings kaum im engen Zusammenhang mit der Erbringung von Erziehungs- und Bildungsleistungen, zumal sie auch dem Neutralitätsgebot der Mehrwertsteuer widerspricht. Sie ist daher europarechtlich fragwürdig. Liegen die Voraussetzungen eines „Aufnehmens“ nicht vor, so kann gleichwohl die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie eingreifen. Dies hat der Bundesfinanzhof für die Vermietung an Bedienstete, die in Studentenwohnheimen tätig waren, für möglich gehalten.184
4. Kein Vorsteuerabzug bei indirekter Entlastung Konsequenz der indirekten Entlastung sowohl über die Versagung der Unternehmereigenschaft als auch über die Steuerbefreiung ist, dass den Leistenden auch der Vorsteuerabzug für ihre Eingangsumsätze versagt wird.185 ________________________ 177 H. Schuhmann, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 23 Rz. 5 (Stand Februar 2003). 178 BFH v. 7.7.1960 V 282/57, BStBl. 1960 III, 396 (zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 13 UStG 1951). 179 A 117 Abs. 2 S. 2 und 3 UStR 2000. 180 BFH v. 7.7.1960 V 282/57, BStBl. 1960 III, 396 (zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 13 UStG 1951). 181 BFH v. 24.5.1989 V R 127/84, BStBl. 1989 II, 912. A. A. H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 23 Rz. 6. 182 Dazu zählen bei einem Hotelunternehmen insbesondere nicht die zahlenden Hotelgäste und die erwachsenen Arbeitnehmer, vgl. BFH v. 24.5.1989 V R 127/84, BStBl. 1989 II, 912. 183 § 4 Nr. 23 S. 1 a. E. und S. 3 UStG. 184 BFH v. 19.5.2005 V R 32/03, DStRE 2005, 968. 185 Vgl. nur H.-H. Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 21 Rz. 2.
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Fremdinvestitionen
Eine Optionsmöglichkeit zur Besteuerung dieser Umsätze ist weder in der Richtlinie186 noch im Umsatzsteuergesetz vorgesehen. Das ist vom Gesetzgeber gewollt,187 so dass darin auch keine sachliche Unbilligkeit liegt.188
II. Fremdinvestitionen 1. Egoistische Fremdinvestitionen a) Ausgangsseite: Überwiegendes betriebliches Interesse Auf der Ausgangsseite wird – entsprechend der einkommensteuerlichen Frage nach einem steuerbaren Vorteil des Lernenden – eine umsatzsteuerbare Leistung des Unternehmers verneint, wenn die Bildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer unentgeltlich und überwiegend durch das betriebliche Interesse des Unternehmers veranlasst ist.189 Die Unentgeltlichkeit ist im Bereich der Humankapitalinvestitionen regelmäßig anzunehmen, da eine vom Arbeitgeber durchgeführte oder von ihm bezahlte Fortbildung nicht gegen Entgelt zugewendet ist.190 Die Bildungsmaßnahme muss überwiegend im betrieblichen Interesse liegen. Unschädlich ist es, wenn die betrieblich veranlassten Maßnahmen zugleich die Befriedigung des privaten Bedarfs eines Arbeitnehmers zur Folge haben, solange diese Folge nur durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert wird.191 Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn die Maßnahme die dem Arbeitgeber obliegende Gestaltung der Dienstausübung betrifft.192 Liegt sie hingegen nicht überwiegend im unternehmerischen Interesse, so ist die unentgeltliche Leistung steuerbar, wenn und weil keine Aufmerksamkeit vorliegt.193
________________________ 186 Die Option nach Art. 13 Teil C der 6 Richtlinie bezieht sich nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Sechsten Richtlinie. 187 Vgl. nur BFH v. 6.12.1994 V B 52/94, BStBl. 1995 II, 913, 914. 188 BFH v. 6.12.1994 V B 52/94, BStBl. 1995 II, 913, 914. 189 BFH v. 9.7.1998 V R 105/92, BStBl. 1998 II, 635. 190 Abschnitt 12 Abs. 4 Nr. 3 UStR 2000. 191 Abschnitt 12 Abs. 4 S. 1 UStR 2000. 192 BFH v. 9.7.1998 V R 105/92, BStBl. 1998 II, 635. 193 Die Zuwendung von Bildungsmaßnahmen wird dann zumeist den Tatbestand nach § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2 UStG, bisweilen aber auch § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 2 UStG (Zuwendung von Lernmaterialien) bzw. § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1 UStG (zeitlich befristete Überlassung) erfüllen.
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Bestandsaufnahme Umsatzsteuer
b) Eingangsseite: Bezug für das Unternehmen Auf der Eingangsseite setzt der Vorsteuerabzug – entsprechend der betrieblichen Veranlassung – den Bezug der Leistung für das Unternehmen voraus. Damit ergeben sich analoge Probleme wie bei den Ausgangsumsätzen.194
2. Altruistische Fremdinvestitionen a) Steuerbefreiungen Bei altruistischen Fremdinvestitionen sind zum einen die Steuerbefreiungstatbestände zu bedenken. Insbesondere setzt der grundsätzlich anwendbare § 4 Nr. 21 UStG195 nicht voraus, dass umsatzsteuerliche Leistungsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Lernenden, etwa in Form einer Verpflichtung zur Leistung gegenüber den Schülern, bestehen.196 Es reicht aus, wenn die Leistung197 den Bildungszweck tatsächlich ermöglicht, fördert, ergänzt oder erleichtert. b) Staatliche Zuschüsse im Rahmen der Arbeitsförderung Zum anderen sind für die Ausbildungsförderung die Grundsätze der steuerlichen Behandlung von Zuschüssen von Interesse. Als „Zuschüsse“ bezeichnete Zahlungen eines Dritten an den leistenden Unternehmer können bei näherer Prüfung in drei verschiedene Kategorien fallen: Sie können erstens Entgelt für eine Leistung an den zahlenden Dritten, zweitens zusätzliches Entgelt eines Dritten für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger und drittens ein echter Zuschuss sein.198 Nur beim echten Zuschuss geht die Zahlung nicht in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ein. Ein unechter Zuschuss – der Begriff dient als Sammelbezeichnung für den ersten und den zweiten Fall – liegt vor, wenn die Zahlung die Leistung an den Zahlenden oder einen Dritten abgilt. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der ________________________ 194 Zu einem der wenigen veröffentlichten Beispielsfälle vgl. BFH v. 15.9.1995 V R 3/95, BFH/NV 1996, 273 (Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebs und Betreiber eines Einzelhandelsgeschäfts mit Radio und Fernsehgeräten zahlt Sohn die Kosten für Besuch der Meisterschule zum Radio- und Fernsehtechnikmeister). Es handelt sich um den umsatzsteuerlichen Teil des Falles, der im Einkommensteuerrecht Gegenstand von BFH v. 14.12.1994 X R 215/93, BFH/NV 95, 671 war. 195 S. dazu ausführlich oben Kap. 6 I 3 b) (S. 276 ff.). 196 BFH v. 10.6.1999 V R 84/98, BStBl. 1999 II, 578. Ebenso die Vorinstanz FG Berlin v. 2.6.1998 5055/97, DStRE 1999, 488 sowie im zugehörigen AdV-Verfahren BFH v. 29.10.1997 V B 86/97, BFH/NV 1998, 626. 197 Vgl. zu den „Tom-Sawyer-Fällen“ oben Kap. 6 I 3 b) aa) (S. 280 ff.). 198 A 150 Abs. 1 S. 1 UStR. Eine ähnliche Einteilung findet sich in Frankreich etwa bei Schmidt/Oliel (Hrsg.), Lamy Fiscal 2003, Band 1, 764 ff. (Tz. 2154 ff.).
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Fremdinvestitionen
Sechsten Richtlinie bestimmt als Besteuerungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, auch soweit sie der Leistende von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. Das deutsche Recht setzt diese Vorgaben in § 10 Abs. 1 S. 3 UStG um. Danach ist in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer auch einzubeziehen, was ein anderer als der Leistungsempfänger – der nicht Teil der Lieferkette ist, wie aufgrund der Rechtsprechung des EuGH korrigierend hinzuzufügen ist199 – dem Unternehmer gerade für die Leistung gewährt. Darunter fallen Subventionen, die einem Unternehmer für eine konkrete Leistung, wie die Beratung von Haushalten bei der Energieeinsparung,200 gewährt werden. Denn nur dann kann die Subvention als Entgelt für eine Leistung angesehen werden. Die für das Vorliegen eines unechten Zuschusses erforderliche konkrete Beziehung zwischen Leistung und Zahlung verlangt, dass der Preis der Leistung in Grundzügen spätestens im Zeitpunkt der Tatbestandserfüllung feststeht. Zudem muss der Leistende mit Ausführung der Leistung einen Anspruch auf Auszahlung der Subvention erwerben. Die Subvention hat dem Leistungsempfänger zugute zu kommen. Das bedeutet, dass der Preis sich um diesen Betrag ermäßigen muss.201 Ein echter Zuschuss ist gegeben, wenn schon keine Leistung des Zuwendungsempfängers anzunehmen ist oder wenn die Zahlung in keinem spezifischen Zusammenhang zu einer Leistung an den Zuschussgeber oder einen Dritten im Rahmen eines Rechtsverhältnisses202 steht, so dass sie keine Gegenleistung darstellt.203 Der erstgenannte Fall liegt vor, wenn die öffentliche Hand Zahlungen aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen gewährt. Dann fehlt es an der Zuwendung eines individuell verbrauchbaren Vorteils an den Zahlenden und mithin an einer ________________________ 199 EuGH v. 15.10.2002, Rs. C-427/98, Slg. 2002, I-8315 – Kommission/Deutschland (Preisnachlassgutscheine) und v. 16.1.2003, Rs. C-398/99, Slg. 2003, I-427 – Yorkshire Co-operatives. 200 EuGH v. 13.6.2002 Rs. C-353-00, Slg. 2002, I-5419, 5444 Rdnr. 25 – Keeping Newcastle Warm. 201 EuGH v. 22.11.2001 Rs. C-184/00, Slg. 2001, I-9115, 9136 f. Rdnr. 12 ff. – Office des produits wallons. 202 Zu diesem Erfordernis EuGH v. 3.3.1994 Rs. C-16/93, Slg. 1994, I. 743, 759 Rdnr. 14 – Tolsma. Vgl. aber auch die Abschwächung dieses Erfordernisses durch EuGH v. 17.9.2002 Rs. C- 498/99, Slg. 2002, I-7173, 7207 Rdnr. 21 ff. – Town and County, wo auch eine rechtlich unvollkommene Verpflichtung für ausreichend befunden wurde, da ansonsten eine allzu leichte Umgehung möglich wäre und im Übrigen die Bemessungsgrundlage von den zivilrechtlichen Vorschriften des nationalen Rechts abhängen würde. 203 Die zwei Fälle unterscheidet zu Recht deutlich J. Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, 1999, 172 ff. und 211 ff.
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Bestandsaufnahme Umsatzsteuer
Leistung. Das ist vom EuGH für die Stilllegungs-204 und Extensivierungsprämien205 in der Landwirtschaft so entschieden worden. Der zweite Fall, das Fehlen des erforderlichen konkreten Zusammenhangs zwischen der Leistung und der Zahlung im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, wurde angenommen für allgemeine Betriebskostenzuschüsse für eine Einrichtung im Bereich der Werbung und des Verkaufs regionaler Produkte.206 Für altruistische Humankapitalinvestitionen ist diese Abgrenzung für staatliche Zuschüsse im Rahmen der Arbeitsförderung von Bedeutung.207 Echte Zuschüsse sind immer dort anzunehmen, wo es um die institutionelle Förderung geht.208 Bei der an den Arbeitgeber gezahlten individuellen Förderung wird man unterscheiden müssen: Soweit der Aufwandsträger eine Lohnsubvention gewährt, die der Unternehmer an den Arbeitnehmer weiterreichen soll, fehlt es schon an einer verbrauchbaren Leistung.209 Soweit hingegen der Unternehmer für seine Ausbildungsleistungen bezahlt wird, liegt eine Leistung vor.210 Bei entsprechender rechtlicher Gestaltung der Beziehung zwischen dem Unternehmer und dem Aufwandsträger ist grundsätzlich von einer steuerbaren Leistung gegen Entgelt auszugehen,211 die aber häufig nach § 4 Nr. 21 UStG i. V. m. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie steuerbefreit sein wird.212 Dementsprechend ist dem Urteil des Bundesfinanzhofes zuzustimmen, dass die Zahlungen der überörtlichen Träger der Sozialhilfe an Betreiber von Behindertenwerkstätten u. a. für Ausbil________________________ 204 EuGH v. 29.2.1996 Rs. C-215/94, Slg. 1996, I-959 – Mohr. 205 EuGH v. 18.12.1997 Rs. C-215/94, Slg. 1997, I-7387 – Landboden Agrardienste. 206 EuGH v. 22.11.2001 Rs. C-184/00, Slg. 2001, I-9115, 9137 Rdnr. 15 – Office des produits wallons. Allerdings wurde die genaue Beurteilung im Einzelfall dem vorlegenden Gericht auferlegt. 207 Vgl. dazu im Einzelnen Kap 8 II 2. 208 Dazu näher Kap. 8 II 2 a) dd) (S. 322 f.). 209 Vgl. EuGH v. 29.2.1996 Rs. C-215/94, Slg. 1996, I-959 – Mohr und EuGH v. 18.12.1997 Rs. C-215/94, Slg. 1997, I-7387 – Landboden Agrardienste. 210 A. A. Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen v. 26.11.1979 S 7200110-VC4, UR 1980, 59: An einen Arbeitgeber gezahlte Qualifikationszuschüsse bei Umschulung, Fortbildung und sonstigen Maßnahmen zur Qualifikation für einen neuen Arbeitsplatz), Einarbeitungshilfen und Zuschüssen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sollten die Zuwendungen nur dazu beitragen, die berufliche Qualifikation der Arbeitnehmer und die berufliche Wiedereingliederung Arbeitsloser zu verbessern und den Arbeitsmarkt zu entlasten. Dem folgend W. Widmann, in Plückebaum/Malitzky, UStG, § 10 Rz. 325/38 (Stand August 1994). 211 A. A. Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen v. 26.11.1979 S 7200110-VC4, UR 1980, 59; W. Widmann, in Plückebaum/Malitzky, UStG, § 10 Rz. 325/38 (Stand August 1994). 212 Dazu Kap. 6 I 3 b) aa) (S. 276 ff.).
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Zusammenfassung
dungsleistungen im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen individuellen Förderung als Entgelt für erbrachte Leistungen zu werten sind.213
III. Zusammenfassung Auch bei der Umsatzsteuer ist zwischen Eigen- und Fremdinvestitionen zu unterscheiden. Zudem bestehen direkte und indirekte Entlastungen. Bei der direkten Entlastung kann erstens die Unternehmereigenschaft problematisch sein. Diese soll dann abzulehnen sein, wenn ein Studium mit Blick auf eine spätere unternehmerische Tätigkeit absolviert wird. Zweitens muss das Humankapital für den unternehmerischen Bereich erworben werden. Insoweit bereitet die Frage nach der Richtlinienkonformität des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG Probleme. Diese sollten durch eine schnelle Verabschiedung der Richtlinie über den Ausschluss von Repräsentationsaufwendungen gelöst werden. Drittens ist zu bedenken, dass ein Vorsteuerabschluss ausscheidet, soweit der Unternehmer sein Humankapital für unechte steuerbefreite Umsätze einsetzt. Die indirekte Entlastung wird zum einen dadurch bewirkt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts gemäß § 2 Abs. 3 UStG i. V. m Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nur eingeschränkt als Unternehmer anzusehen sind. Zum anderen besteht eine Reihe von – grundsätzlich, aber nicht immer, eng auszulegenden – Befreiungsvorschriften. Insbesondere sind dies § 4 Nr. 21 – 23 UStG i. V. m. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i, l, m, n der Sechsten Richtlinie. Folge der indirekten Steuerbefreiung ist jeweils die Versagung des Vorsteuerabzugs für die Lehreinrichtung. ?Bei den Fremdinvestitionen können wie bei der Einkommensteuer egoistische und altruistische Investitionen unterschieden werden. Die Abgrenzung richtet sich danach, ob die Bildungsmaßnahme im überwiegenden betrieblichen Interesse liegt. Ist dies zu bejahen, so kommt ein Vorsteuerabzug für die damit zusammenhängenden Eingangsumsätze in Betracht, während auf der Ausgangsseite Leistungen des Unternehmens an den Lernenden ausscheiden. Liegt hingegen eine altruistische Fremdinvestition vor, so stellt sich bei Leistungen der öffentlichen Hand im Lichte der neueren EuGHRechtsprechung die Frage, ob der Arbeitgeber eine (verbrauchbare) Leistung erbringt, so dass der Zuschuss Teil des Entgelts ist. Davon hängt namentlich die Möglichkeit des Arbeitgebers zum Vorsteuerabzug ab, da ihm dieser versperrt ist, wenn er eine steuerbare, aber unecht befreite Bildungsleistung erbringt. ________________________ 213 BFH v. 6.10.1988 V R 101/85, BFH/NV 1989, 327.
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Kapitel 7: Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern „Bildung ist ein Schatz, der seinem Eigentümer überall hin folgt.“ Chinesisches Sprichwort
Neben Einkommen- und Umsatzsteuer verlangen auch die Erbschaftsteuer, die Gewerbesteuer sowie die frühere Vermögensteuer Beachtung. Diese Steuern sind paradoxerweise nicht zuletzt deswegen interessant, weil sie Humankapital (weitgehend) aus der Bemessungsgrundlage ausnehmen. Schließlich ist auch kurz auf die Gemeinnützigkeitsvorschriften der Abgabenordnung einzugehen, soweit sie Bildungsfragen betreffen. Der Darstellung liegt wiederum die Unterscheidung zwischen egoistischen und altruistischen Investitionen zugrunde.1
I. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Egoistische Investitionen a) Eigeninvestitionen Der Übergang von eigenem Humankapital scheidet notwendig aus. Zuwendungen von Todes wegen steht die Verkörperung2 entgegen, so dass das Humankapital dem Lernenden in den Tod folgt und verfällt.3 Die Höchstpersönlichkeit4 macht schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen unter Lebenden unmöglich, die das Humankapital des Schenkers betreffen. Die Übertragung von dessen Erträgen folgt hingegen allgemeinen Regeln. Dabei ist allerdings zu beachten, dass einer Übertragung von zukünftigen Erträgen des Humankapitals, die ohnehin nur bei einer Zuwendung unter Lebenden möglich ist, unter Umständen zivilrechtliche Grenzen gesetzt sind.5 ________________________ 1 2 3
4 5
Dazu Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 116). Kap. 1 I 3 b) (S. 22 f.). Damit ist unerheblich, welchem der unterschiedlichen Modelle der Konstruktion der Erbschaftsteuer (Erbanfallsteuer oder Nachlasssteuer) die gesetzliche Ausgestaltung im Einzelnen folgt, s. K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 873 f. Kap 1 I 3 b) (S. 22 f.). Diese Grenzen dürften sich weniger aus § 311b Abs. 2 BGB, der nur auf die Verpflichtung zur Übertragung der Gesamtheit der Aktiva oder einer Quote anwendbar ist, sondern vielmehr aus § 138 BGB ergeben, vgl. dazu etwa R. Kanzleiter, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
b) Egoistische Fremdinvestitionen Bei egoistischen Fremdinvestitionen ist eine Zuwendung durch die Investition ausgeschlossen. Denn eine Schenkung erfordert in objektiver Hinsicht nicht nur die Bereicherung des Bedachten, sondern, wie § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verdeutlicht, eine Entreicherung des Zuwendenden. Diese scheidet aus, wenn Vermögensminderung durch einen mit ihr als Korrelat verbundenen Vermögensvorteil ausgeglichen wird.6 Für einen solchen Vorteilsausgleich reicht zwar eine bloße Erwartung nicht aus. Wohl aber genügt es für eine Kompensation, wenn die Erwartung eines künftigen Vorteils bereits hinreichend konkretisiert ist.7 Das wird für egoistische Fremdinvestitionen regelmäßig erfüllt sein. Im Falle einer späteren Übertragung des Unternehmens hängen bei bilanzierenden Unternehmen die steuerlichen Folgen dieser Fremdinvestitionen von der Aktivierungsfähigkeit in der Steuerbilanz ab:8 Nach dem Grundsatz der Bestandsidentität9 kommt es auch bei der Erbschaftsteuer grundsätzlich auf das inländische10 einkommensteuerliche Betriebsvermögen an (§§ 12 Abs. 5 ErbStG, 95 f. BewG), das mit seinem steuerbilanziellen Wert (§ 109 Abs. 1 BewG) angesetzt wird. Für Nichtbilanzierende scheidet diese Möglichkeit hingegen aus, da bei diesen nur das Anlagevermögen mit den ertragsteuerlichen Werten anzusetzen ist (§ 109 Abs. 2 BewG).11 Beim Übergang von Anteilen an Kapitalgesellschaften steigern egoistische Fremdinvestitionen den erbschaftsteuerlichen Wert zumindest indirekt über ihren Einfluss auf gegenwärtige und zukünftige Erträge. Das folgt bei amtlich notierten12 und anderen gehandelten Anteilen ohne weiteres aus der Tatsache, dass sich im rationalen Marktpreis13 und mithin im steuerlichen ge________________________
6 7 8 9 10 11 12 13
Band 2a, 4. Aufl., 2003, § 311b Rz. 90. Folge dürfte sein, dass in diesen Fällen erst die Durchführung zu einer Bereicherung führen würde, § 41 Abs. 1 S. 1 AO. Allgemein zur Entstehung der Schenkungsteuer s. J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 9 Rz. 41. D. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz. 25 (Stand Oktober 2003). D. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz. 27 (Stand Oktober 2003). Dazu Kap. 5 II 3 (Aktivierung als RAP bei vereinbarter Rückzahlungsklausel; S. 259 ff.). S. nur R. Seer, in TL, § 13 Rz. 43. Bei der Bewertung von ausländischem Betriebsvermögen gelten die Vorschriften des ersten Teils des Bewertungsgesetzes, §§ 12 Abs. 6 ErbStG, 31 BewG. Krit. dazu R. Seer, DStJG 22 (1999), 191, 198 ff. § 12 Abs. 2 ErbStG i. V. m. § 11 Abs. 1 BewG. Die Existenz von rationalen Marktpreisen wird freilich durch die Erkenntnisse der Behavioral Finance in Frage gestellt. Diese Disziplin geht auf die bahnbrechenden Arbeiten von Daniel Kahneman (geb. 1934) und Amos Tversky (1936–1996) zurück (s. etwa Kahneman/Tversky, Cognitive Psychology 3 (1972), 430 ff.). Kahneman wur-
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Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern
meinen Wert die zukünftigen Gewinne widerspiegeln und dass diese durch die egoistischen Fremdinvestitionen gesteigert werden. Bei anderen Anteilen führt das Stuttgarter Verfahren14 zu einer Berücksichtigung der Erträge und damit auch der Humankapitalinvestitionen.
2. Altruistische Investitionen a) Steuerbare Zuwendung aa) Keine Zuwendung unter Lebenden bei gesetzlicher Unterhaltspflicht Eine Zuwendung unter Lebenden liegt nicht vor, wenn die Zuwendung auf einer gesetzlichen15 Unterhaltspflicht16 beruht.17 Denn dann fehlt es an einer Freigiebigkeit. Diese Einschränkung betrifft die Unterhaltsleistungen unter Ehegatten sowie von Eltern an ihre Kinder. Nicht zuletzt wegen der familienrechtlichen Ansprüche auf Finanzierung einer angemessenen Ausbildung18 hat dieser Ausschluss für Humankapitalinvestitionen große praktische Bedeutung. bb) Ansprüche der Stiefabkömmlinge steuerbar? Problematisch ist bei den Zuwendungen von Todes wegen die Behandlung des Anspruchs der sogenannten Stiefabkömmlinge aus § 1371 Abs. 4 BGB gegen den überlebenden Ehegatten auf Finanzierung einer angemessenen Ausbildung. Hier ist umstritten, ob auf diesen Anspruch die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden19 und dieser Anspruch mithin einen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG darstellt.20 ________________________
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20
de dafür im Jahre 2002 zusammen mit Vernon L. Smith, einem Pionier der Experimentellen Ökonomik, der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Vgl. als Einführung nur den Überblicksartikel Barberis/Thaler, A Survey of Behavioral Finance, in Constantinides/Harris/Stulz (Hrsg.), Handbook of the Economics of Finance, Band 1B, 2003, Kap. 18, 1051 ff. R 106 ErbStR. Nicht aber auf einer sittlich begründeten Verpflichtung, R. Kapp, DVStR 1957, 50. Zu den Unterhaltspflichten näher Kap. 8 I (S. 311 ff.). Allgemeine Ansicht, vgl. nur R. Kapp, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 108 (Stand Januar 1989). S. dazu näher Kap. 8 I (S. 311 f.). So D. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz. 273 (Stand April 2003). Dagegen etwa J. Ebeling, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 3 Rz. 259 (Stand Juli 2003); J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 3 Rz. 71. Zur hier vertretenen Auffassung vgl. Kap. 11 III 1 (S. 466).
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
b) Steuerbefreiungen Für Humankapitalinvestitionen sind zwei Steuerbefreiungen von Interesse: § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG sieht eine als Billigkeitsregel qualifizierte21 Steuerbefreiung für Zuwendungen unter Lebenden vor. Danach sind Schenkungen für den angemessenen Unterhalt oder, was hier von Interesse ist, die Ausbildung des Bedachten nicht zu besteuern (im Folgenden auch: Mittelgewährung). § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG befreit den Erlass einer Schuld gegenüber dem Erblasser durch Zuwendung von Todes wegen oder unter Lebenden, wenn die Schuld zum Zweck des angemessenen Unterhalts oder zur Ausbildung des Bedachten begründet wurde (im Folgenden auch: Darlehenserlass). aa) Entstehungsgeschichte: Vermeidung von Erfassungsproblemen Beide Normen gehen auf die erste reichseinheitliche Erbschaftsteuer im Jahre 190622 zurück.23 Allerdings war der Anwendungsbereich nach § 56 Abs. 2 ErbStG 1906 zunächst auf Schenkungen beschränkt und zwar an (beliebige24) Bedürftige. Historisches Motiv war die Vermeidung von Erfassungsschwierigkeiten.25 Die Gleichstellung auch des späteren Erlasses eines Darlehens sollte dem Interesse des Zuwendenden an einer „sittlichen Bewährung“ des Lernenden Rechnung tragen.26 Im Erbschaftsteuergesetz 1919 wurde der begünstigte Personenkreis bei Schenkung der Mittel stark eingeschränkt. Die Steuerbefreiung von Ab________________________ 21 J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl., 2002, § 13 Rz. 41. 22 Zur Entstehungsgeschichte der Reichserbschaftsteuer 1906 s. nur F. Zimmermann, Reichserbschaftsteuergesetz, 1906, 11 ff. 23 Es fanden sich allerdings auch vorher schon Vorläufergesetze der einzelnen deutschen Staaten, vgl. etwa Württembergisches Gesetz, betreffend die Erbschafts- und Schenkungssteuer v. 26.12.1899, AmtsBl. 421, Art. 27 B Nr. 2. 24 F. Zimmermann, Reichserbschaftsteuergesetz, 1906, § 56 Tz. 18. 25 „Die … Befreiung empfiehlt sich schon aus der Erwägung, daß sich in diesen Fällen der Schenker häufig scheuen wird, mit seiner Wohltätigkeit, sei es auch nur der Behörde gegenüber, an die Oeffentlichkeit zu treten. In diesen Fällen würde daher häufig die Entrichtung der Steuer unterbleiben, ohne daß eine Benachteiligung des Fiskus in der Absicht gelegen hat.“ (Motive des Regierungsentwurfs, zitiert nach F. Zimmermann, Reicherbschaftsteuergesetz, 1906, § 56 Tz. 17). 26 So heißt es in dem Bericht der Erbschaftsteuerkommission des Reichstages: „Hierher gehöre zum Beispiel der Fall, daß jemand einen bedürftigen jungen Mann studieren lasse. Es komme nun nicht selten vor, dass der Wohltäter bona mente, um den Studenten mehr am Zügel zu behalten, demselben das zum Studieren erforderliche Geld zunächst als Darlehen gebe und es von seiner Führung abhängig sein lasse, ob er ihm später die Schuld erlassen wolle. Trete der Erlass ein, so entspreche es der Billigkeit, daß dieser ebenfalls steuerfrei bleibe.“ Zitiert nach F. Zimmermann, Reichserbschaftsteuergesetz, 1906, § 56 Tz. 19.
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Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern
kömmlingen entfiel generell.27 Zudem wurden nur noch Zuwendungen an frühere oder jetzige Angestellte oder Bedienstete des Schenkers von der Steuerbefreiung erfasst.28 Demgegenüber blieb die ursprünglich nur als Ergänzung gedachte Vorschrift zum Darlehenserlass im Wesentlichen unverändert.29 Sie fand nach wie vor auf Zuwendungen an beliebige Bedachte Anwendung. Daneben wurde in der Vorschrift über die Mittelgewährung der Zusatz „an Bedürftige“ gestrichen und auf Initiative des Reichstages der Unterhalt durch das Adjektiv „angemessenen“ präzisiert.30 Durch das Erbschaftsteuergesetz 192231 wurden die beiden Steuerbefreiungen auf ihren auch heute noch geltenden Text erweitert.32 Insbesondere findet die Norm über den Schuldenerlass seither Anwendung auf Zuwendungen von Todes wegen.33 Die Änderungen wurden im Reichstagsausschuss und im Plenum ohne Erörterung angenommen.34 bb) Steuerbefreiung für Mittelgewährung, § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG Im Einzelnen muss mit der Schenkung nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG die Ausbildung des Bedachten bezweckt sein. Die Aufnahme oder Fortsetzung der Ausbildung muss von der Zuwendung abhängen, so dass die Befreiung ________________________ 27 Zum Hintergrund s. F. Zimmermann, ErbStG 1919, 1922, Einleitung V. 28 § 42 Nr. 2 ErbStG 1919. Zum Personenkreis im Einzelnen F. Zimmermann, ErbStG 1919, 1921, § 42 Tz. 7. 29 F. Zimmermann, ErbStG 1919, 1921, § 42 Tz. 12 spricht von einer erheblichen Erweiterung der Ziffer 3 gegenüber der Ziffer 2. 30 Zur Entstehungsgeschichte vgl. F. Zimmermann, ErbStG 1919, 1921, § 42 Tz. 6. Der Regierungsentwurf hatte ursprünglich den „standesgemäßen“ Unterhalt vorgesehen. Das Wort „angemessenen“ wurde dann gewählt, um die Höhe des Unterhalts insbesondere in Abgrenzung zum bloß „notwendigen“ klarzustellen. 31 Erbschaftsteuergesetz v. 20.7.1922, RGBl. I 1922, 610, 695. 32 In § 22 Nr. 8 und 13 ErbStG 1922. Die Zweite Steuernotverordnung aus dem Jahre 1923 (Vom 19.12.1923, RGBl. 1923 I, 1205: § 21 Abs. 1 Nr. 9 und 14), das Erbschaftsteuergesetz 1925 (Erbschaftsteuergesetz v. 10.8.1925, RGBl. 1925 I, 320: § 18 Abs. 1 Nr. 9 und 14) sowie das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz 1974 (Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz v. 17.4.1974 (ErbStG), BGBl. 1974 I, 933: § 13 Nr. 5 und 12) änderten nur noch die Benennung der Normen. 33 So auch Ch. Finger, ErbStG 1922, 1923, § 22 Tz. 8. 34 Zimmermann/Ludewig, ErbStG 1922, 1924, § 22 Tz. 32 und 55 mit Ausnahme eines Änderungsantrags. Merkwürdig daher die Spekulationen des RFH v. 28.4.1938 IIIe 21/38 RStBl. 1938, 571 über die Motive des Gesetzgebers: „Wahrscheinlich hat der Gesetzgeber die Steuerfreiheit in diesem Sinn beschränkt, weil Zuwendungen unter Lebenden in der Regel für den Zuwendenden mit einem persönlichen Opfer verbunden sind und soziale Opferbereitschaft gefördert werden sollte. Dieser Gesichtspunkt ist bei den Zuwendungen, die letztwillig gemacht werden und lediglich eine Verteilung des hinterlassenen Vermögens bezwecken, nicht gegeben.“
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
von im Zuge der Ausbildung eingegangenen Verbindlichkeiten nicht ausreicht.35 Eine Vorwegnahme der Erbfolge genügt ebenfalls nicht.36 Das soll nach Ansicht des Reichsfinanzhofs für die Zuwendung eines größeren Kapitals zu Ausbildungszwecken an ein Kind regelmäßig anzunehmen sein.37 Der Begriff der Ausbildung ist im Gesetz nicht näher definiert. Auch einschlägige Gerichtsentscheidungen sind nicht ersichtlich. Die Ausbildung ist jedenfalls vom Erlernen von Fähigkeiten zu Konsumzwecken zu unterscheiden.38 Daher wird zum Teil vorgeschlagen, auf den Begriff der Ausbildungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zurückzugreifen.39 Dementsprechend sollen etwa Fortbildungskosten, die für einen Postgraduiertenstudiengang entstehen, nicht unter diesen Begriff fallen. Andere40 sehen hingegen auch Weiterbildungskosten in einem ausgeübten Beruf erfasst, wobei es freilich häufig an einer Bedürftigkeit fehle.41 Zuwendungen zur Ausbildung unterliegen anders als solche zum Zwecke des Unterhalts nicht der in § 13 Abs. 2 S. 1 näher definierten Grenze der Angemessenheit.42 Damit findet grundsätzlich auch § 13 Abs. 2 S. 2 ErbStG, der einen vollständigen Ausschluss vorsieht, wenn die Grenze der Angemessenheit überschritten ist, keine Anwendung. Dient eine Zuwendung zum Teil dem Unterhalt und zum Teil der Ausbildung, so ist aufzuteilen und die
________________________ 35 FG RP v. 3.7.1997 4 K 1966/96, DStRE 1997, 769 = DStRE 1997, 821 (!) – rkr. Dem folgend etwa Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 99 (Stand Juni 2003). 36 R. Kapp, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 107 (Stand Januar 1989). 37 RFH v. 11.11.1932 V e A 839, StuW 1933 II, Nr. 45; dazu L. Mirre, StuW 1933 I, Sp. 221, 230. 38 So schon Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 73 a. E. 39 M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz. 144 (Stand Januar 1998) und ebenso schon M. Troll, ErbStG, 2. Aufl., 1975, § 13 Rz. 22, jeweils allerdings vor Änderung der Rechtsprechung zur einkommensteuerlichen Behandlung von Ausbildungskosten (Kap. 4 III 1 (S. 134 ff.) und 2 (S. 159 ff.) und zum Begriff der Berufsausbildung in § 32 EStG (s. Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.)). Die Frage lässt offen FG RP v. 3.7.1997 4 K 1966/96, DStRE 1997, 769 = DStRE 1997, 821 (!) – rkr. Zur Unbeachtlichkeit des Urteils RFH v. 23.6.1933 V e A 525/32, RStBl. 1933, 1089 s. oben Kap. 3 II 1 b) cc) (S. 99 f.). 40 Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 98 (Stand Juni 2003); H-U. Viskorf, in ders. et al., Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz – Kommentar, 2. Aufl. 2004, § 13 Rz. 84; R. Petzold, ErbStG, 2. Aufl. 1986, § 13 Rz. 55. 41 Zum hier vertretenen einheitlichen Ausbildungsbegriff Kap. 13 I (S. 480 ff.). 42 Vgl. nur R. Kapp, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 107 (Stand Januar 1989).
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Angemessenheit nur hinsichtlich des zu Unterhaltszwecken Geleisteten zu prüfen.43 Jedoch findet sich in der Rechtsprechung, welcher die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur folgt,44 mit der Bedürftigkeit ein vergleichbares Korrektiv. Denn es wird verlangt, dass sowohl der Empfänger der Zuwendung als auch die gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Personen außerstande sein müssen, die Kosten der Ausbildung selbst zu tragen.45 Dagegen wird geltend gemacht, dass statt der Angemessenheitsprüfung auch keine Bedürftigkeitsprüfung erfolgen dürfe. Der Grund dafür liege darin, dass bereits in Vorgängervorschriften ein ursprünglich im Gesetz enthaltender Zusatz „an Bedürftige“ gestrichen worden sei.46 Dieses Merkmal sei auch nicht, wie beim Unterhalt, der eine Bedürftigkeit des Empfängers voraussetze, indiziert.47 Freilich entsprach es auch schon der früheren Rechtsprechung, dass von einer Zuwendung zur Ausbildung dort nicht die Rede sein kann, wo die Ausbildung auch ohne die Zuwendung sichergestellt ist.48 Jedenfalls ist festzuhalten, dass die Prüfung eines Bedürfnisses für die konkrete Ausbildung – im Gegensatz zur finanziellen Bedürftigkeit – auch von der Rechtsprechung nicht gefordert wird. Insoweit wirkt sich der Verzicht auf die Angemessenheit aus. Der Bundesfinanzhof hat ferner entschieden, dass die Steuerbefreiung nur auf laufende Zuwendungen, nicht aber auf Einmalzuwendungen von Kapital oder von einem Rentenstammrecht Anwendung findet.49 Denn die Zuwendungen müssten zum Zwecke des Unterhalts bzw. zur Ausbildung des Be________________________ 43 Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 99 (Stand Juni 2003) mit Nachweisen aus der – allerdings zur Zeit des NS-Regimes ergangenen – Rechtsprechung. Vgl. auch RFH v. 20.9.1929 V e A 149/29, RStBl. 1929, 601, wonach eine nur teilweise für Ausbildungszwecke bestimmte Zuwendung, über die der Bedachte im Übrigen frei verfügen kann, der vollständigen Besteuerung unterliegen soll. Dadurch soll eine Gleichstellung mit dem Unterhalt erreicht werden, bei dem bei Überschreiten der Angemessenheitsgrenze ebenfalls die gesamte Zuwendung steuerpflichtig wird, s. Herrmann/Michel, a. a. O. 44 J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 13 Rz. 42; J. Ebeling, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 128 (Stand Januar 1998). A. A. aber M. Jülicher, in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 13 Rz. 145 (Stand Januar 1998) und dem folgend Herrmann/ Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 99 (Stand Juni 2003). 45 J. Ebeling, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 128 (Stand Januar 1998). 46 Beim Übergang von § 56 Abs. 2 ErbStG 1906 zu § 42 Nr. 2 ErbStG 1919. 47 Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 99 (Stand Juni 2003). 48 RFH v. 29.3.1922 VI A 174/21, RFHE 9, 197. Dem folgend Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 73. 49 BFH v. 13.2.1985 II R 227/81, BStBl. 1985 II, 333 zur Vorgängervorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG. Ebenso bereits RFH v. 3.5.1929 V e A 605, StuW 1929, Sp. 1200, Nr. 645.
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dachten gemacht werden. Das Gesetz enthalte keine Klausel, dass die Verwirklichung dieses Zwecks sicherzustellen wäre. Daher könnten nur die laufenden Zuwendungen gemeint sein, weil es bei ihnen keiner solchen Sicherung bedürfe. Zudem vermindere diese Auslegung Gleichheitsprobleme. Denn wenn auch Kapitalzuwendungen begünstigt würden, die dem Unterhalt oder der Ausbildung über einen langfristigen nicht überschaubaren Zeitraum dienen sollen, dann gebe es keinen Grund, nicht auch Zuwendungen von Todes wegen zu erfassen, die in der Erwartung (oder gar unter der Auflage) gegeben werden, dass sie zur Ausbildung verwendet werden.50 Literatur51 und untergerichtliche Rechtsprechung52 fordern allerdings bisweilen, die Befreiung schon de lege lata53 nur auf laufende Leistungen für Unterhaltszuwendungen zu beziehen, für Ausbildungszwecke hingegen auch Einmalzuwendungen ausreichen zu lassen. Denn es könne ein Bedarf bestehen, dass der Lernende im Voraus wisse, dass die gesamten Kosten übernommen würden und er nicht ständig von neuen Entscheidungen des Zuwendenden abhängig sei. Schließlich ist umstritten, wie Fälle einer „gemischten“ Zuwendung zu behandeln sind, bei der nur ein Teil die Ermöglichung der Ausbildung erreichen soll, der darüber hinausgehende Betrag aber zur freien Verfügung des Erben steht. Manche fordern hier zur Gleichstellung mit der Zuwendung zur Sicherung des Unterhalts des Empfängers, bei der § 13 Abs. 2 ErbStG eine ________________________ 50 BFH v. 13.2.1985 II R 227/81, BStBl. 1985 II, 333 zur Vorgängervorschrift des § 18 Abs. 1Nr. 15 ErbStG. Vgl. auch die in der Rechtsprechung (BFH v. 13.8.1954 III 87/154, BStBl. 1954 III, 282) zum Unterhalt angenommene Ausnahme, wenn der Bedachte keine Aussicht mehr hat, die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu erlangen, und kein Anhalt für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Zukunft besteht. 51 Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 89 (Stand Juni 2003); M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz. 136 (Stand Oktober 2003). Einen befristeten Nießbrauch für die Dauer der Ausbildung will auch Th. Michel, DStR 1986, 462, 463 der Steuerbefreiung unterfallen lassen. J. Ebeling, in Kapp/ Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 129 (Stand Januar 1998) will Einmalzahlungen dann erfasst sehen, wenn die Zuwendungen dazu dienen, dass der Bedachte die Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel aufnimmt oder aber die bereits begonnene, auf ein solches Ziel gerichtete Ausbildung mit Hilfe der Zuwendung fortsetzt. 52 FG RP v. 3.7.1997 4 K 1966/96, DStRE 1997, 769 = DStRE 1997, 821 (!) – rkr. unter Berufung auf M. Jülicher, Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz. 136. 53 De lege ferenda sprechen sich für eine Abschaffung der Beschränkung aus: R. Kapp, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 106 (Stand Januar 1989); R. Petzold, ErbStG, 2. Aufl. 1986, § 13 Rz. 46; M. Troll, ErbStG, 2. Aufl., 1975 § 13 Rz. 22 (für Unterhaltsaufwendungen) sowie schon Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Rz. 76 mit dem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Norm: Die Beschränkung auf Zuwendungen unter Lebenden entstammt einer Zeit, als Zuwendungen an Abkömmlinge grundsätzlich steuerfrei waren.
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vollständige Besteuerung anordnet, eine gänzliche Unanwendbarkeit der Steuerbefreiung.54 Eine andere Ansicht55 spricht sich hingegen für eine Aufteilung aus und will den für Ausbildungszwecke bestimmten Teil steuerfrei belassen.56 cc) Steuerbefreiung für Darlehenserlass, § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG Die Norm des § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG findet für Zuwendungen unter Lebenden und solche von Todes wegen gleichermaßen Anwendung.57 Danach bleibt u. a. die Befreiung von einer Schuld gegenüber einem Erblasser steuerfrei, die durch Gewährung von Mitteln zum Zwecke des angemessenen Unterhalts oder zur Ausbildung58 des Bedachten begründet wurde. Der Erlass ist unabhängig davon, ob die Ausbildung angemessen war.59 Erforderlich ist freilich, dass schon das Darlehen ernstlich zum Zweck der Ausbildung ausgereicht wurde. Der Ausbildungszweck darf nicht bloßer Vorwand gewesen sein. Daher wird eine Schuld unabhängig davon, ob die Zweckbestimmung zur Ausbildung im Darlehensvertrag angegeben wurde, nicht für diesen Zweck begründet, wenn der Lernende genug eigene Mittel zur Bestreitung der Ausbildung hatte.60 Die erlassene Forderung muss dem Zuwendenden zustehen. Es soll nach einer in der Literatur verbreiteten Meinung aber nicht darauf ankommen, ob die Forderung von vorneherein zu seinen Gunsten begründet wurde. Die Befreiung soll vielmehr auch dann Anwendung finden, wenn der Lernende zunächst bei Dritten Schulden gemacht hatte und der Zuwendende die Mittel zur Befreiung darlehensweise überlässt oder aber zum Erwerb eines Rückgriffsanspruchs zunächst bedient und danach auf seinen Anspruch verzichtet.61 Diese Ansicht ist allerdings nicht ohne Weiteres mit der zu § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG ergangenen untergerichtlichen Rechtsprechung vereinbar, wonach eine nachträgliche Schenkung zur Befreiung von einer zu Ausbil________________________ 54 RFH v. 20.9.1929 V e A 149/29, RStBl. 1929, 601; J.-P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 13 Rz. 42; Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 100 (Stand Juni 2003). 55 R. Petzold, ErbStG, 2. Aufl. 1986, § 13 Rz. 56. 56 Zur hier vertretenen Auffassung Kap. 11 III 2 (S. 466 ff.). 57 So unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 ErbStG etwa M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13 Rz. 78 (Stand Oktober 2002); J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 13 Rz. 25. 58 Zu hier vorgeschlagenen Auslegung dieses Merkmals vgl. Kap. 11 III 3 (S. 472 ff.). 59 M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13 Rz. 79 (Stand September 2001); J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 13 Rz. 26. 60 So mit Recht Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 47. 61 Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 47. Dem folgend M. Jülicher, in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG § 13 Rz. 78.
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dungszwecken eingegangenen Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten nicht steuerbefreit ist.62 Die Steuerbefreiung in § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG entfällt gemäß S. 2, soweit die Steuer aus der Hälfte einer neben der erlassenen Schuld dem Bedachten anfallenden Zuwendung gedeckt werden kann, § 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ErbStG.63 Erforderlich ist dafür, dass die Zuwendung gleichzeitig erfolgt. Eine Anrechnung scheidet daher aus, wenn der zusätzliche Vermögensvorteil erst nach dem Erlass der Schuld zugewandt wird.64 c) Erhöhte Freibeträge für minderjährige Kinder begünstigen typischerweise Ausbildung Eine weitere Begünstigung der Ausbildung bewirkt § 17 Abs. 2 ErbStG.65 Danach wird Kindern des Erblassers ein besonderer, mit steigendem Alter des Kindes abnehmender Versorgungsfreibetrag gewährt. Nach § 17 Abs. 2 S. 2 ErbStG ist der Freibetrag um den Kapitalwert66 von eventuellen erbschaftsteuerfreien Versorgungsbezügen zu kürzen. Die Norm zielt darauf ab,67 Bezieher von gesetzlichen Waisenrenten und Waisenpensionen mit Hinterbliebenen gleichzustellen, die Waisengelder aufgrund von privatrechtlichen Anstellungsverträgen oder gar keine besonderen Versorgungsgelder erhalten.
II. Gewerbesteuer Für die gewerbesteuerliche Behandlung der Investitionskosten kann wegen der Anknüpfung an den ertragsteuerlichen Gewinn weitgehend auf die Ausführungen zu den Ertragsteuern verwiesen werden.68 Probleme bereitet allerdings bei Eigeninvestitionen der späte Beginn der Gewerbesteuerpflicht (1). Daneben ist sind zwei weitere Entlastungswege zu bedenken. Zum einen ________________________ 62 Vgl. zur hier vertretenen Position unten Kap. 11 III 3 (S. 472 ff.). 63 Zu einer Beispielrechnung vgl. M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13 Rz. 83 (Stand September 2001). 64 M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13 Rz. 83 (Stand September 2001); Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 50; J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 13 Rz. 25. 65 Eingefügt durch das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz v. 17.4.1974 (ErbStG), BGBl. 1974 I, 933. 66 Vgl. § 17 Abs. 2 S. 3 ErbStG. 67 BFH v. 31.1.1979 II B 39/76, BStBl. 1979 II, 244. J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 17 Rz. 14 betrachtet das Problem als noch nicht ausreichend geklärt. 68 S. insoweit Kap. 4 III und IV (S. 133 ff. und 175 ff.) sowie Kap. 5 II 3 (zu Erwerbsaufwendungen; S. 259 ff.).
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unterfallen die Erträge des Humankapitals zum Teil nicht der Gewerbesteuer (Ertragsbefreiung, dazu 2.) und zum anderen wird eine indirekte Senkung der Kosten von Humankapitalinvestitionen erreicht, indem bestimmte Anbieter der Bildungsmaßnahmen nicht der Gewerbesteuer unterliegen (indirekte Befreiung, dazu 3.).
1. Abzugsfähigkeit der Investitionskosten Bekanntlich bildet gem. § 6 GewStG der Gewerbeertrag – und damit ausgehend von § 7 GewStG der nach §§ 8 und 9 GewStG geminderte oder erhöhte ertragsteuerliche Gewinn – die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer. Daher besteht bei Fremdinvestitionen regelmäßig eine Parallele zur ertragsteuerlichen Behandlung. Bei Eigeninvestitionen ist hingegen zu bedenken, dass wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer Erwerbsaufwendungen erst nach Entstehung des Gewerbetriebs berücksichtigt werden können. Denn vorweggenommene Betriebsausgaben sind bei der Gewerbesteuer unbeachtlich. Sie sind daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags wieder hinzuzurechnen, wenn sie den einkommensteuerlichen Gewinn gemindert haben.69 Auch ein Abzug eines Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG scheidet dann aus.70 Die Steuerpflicht für Einzelgewerbetreibende und für Personengesellschaften beginnt – noch später als bei der Umsatzsteuer71 – erst mit Erfüllung aller Merkmale eines Gewerbebetriebes.72 Dementsprechend führt de lege lata73 eine vor Entstehung des Gewerbebetriebs getätigte Investition in eigenes Humankapital anders als etwa der Erwerb eines abschreibbaren Betriebsgebäudes nicht zu Aufwand, der bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen wäre. Häufig scheidet daher eine Berücksichtigung von Eigeninvestitionen aus.
________________________ 69 70 71 72
St. Rspr. vgl. nur BFH v. 5.3.1998 IV R 23/97, BStBl. 1998 II, 745 m. w. N. BFH v. 19.8.1977 IV R 107/74, BStBl. 1978 II, 23. S. dazu Kap. 6 I 1 a) (S. 266 ff.). Bei Kapitalgesellschaften ist gemäß § 2 Abs. 2 GewStG ein früherer Beginn anzunehmen. Dort kommt es maßgeblich auf die Eintragung im Handelsregister an, vgl. nur BFH v. 16.2.1977 I R 244/74, BStBl. 1977 II, 561. Bei diesen kommen freilich die hier diskutierten Eigeninvestitionen nicht in Betracht. Investitionen in Gesellschaftsorgane sind ebenfalls notwendig Fremdinvestitionen, vgl. Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 116 ff.). 73 Vgl. aber Kap. 14 (S. 493 ff.) für einen dahingehenden Gesetzgebungsvorschlag.
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2. Ertragsbefreiung für Angestellte und Freiberufler Für Eigeninvestitionen von (späteren) Angestellten greift grundsätzlich74 eine Ertragsbefreiung ein: Die ihnen zufließenden Humankapitalerträge sind von der Gewerbesteuer freigestellt. Denn sie üben schon keine selbständige und mithin auch keine gewerbliche Tätigkeit aus. Die Faktorerträge werden auch nicht indirekt bei ihrem Arbeitgeber von der Gewerbesteuer erfasst. Das ergibt sich aus der Anknüpfung an den Gewerbeertrag, vgl. §§ 7 ff. GewStG. Der durch die Anstellung von qualifizierten Arbeitnehmern am Markt beschaffte Faktor Humankapital wird über deren Gehälter entlohnt und mindert folglich den Gewinn. Hinzurechnungen sind – anders als für bestimmte Formen des Sachkapitals75 – nicht vorgesehen. Das zuvor Ausgeführte gilt gleichfalls für Anteilseigner von Kapitalgesellschaften, soweit sie als Angestellte angemessene76 Vergütungen erhalten. Die Ertragsbefreiung trifft grundsätzlich auch auf Freiberufler zu.77 Das ist von Bedeutung, weil typischerweise die besonders ausbildungsintensiven Berufe zu Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 EStG führen. Dem liegt allerdings nur ein relativ grobes Raster zugrunde, wie das folgende Beispiel illustriert: Der kurz ausgebildete Betriebswirt mit Bachelor ist Freiberufler, wenn er nach ausgeübter Tätigkeit nur dem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entspricht.78 Demgegenüber soll etwa der Apotheker, dessen Regelstudienzeit mit acht Semestern und anschließendem verbindlich vorgeschriebenem praktischen Jahr79 angegeben wird, einen Gewerbebetrieb unterhalten, weil der Warenumschlag im Vordergrund stehe.80 ________________________ 74 Etwas anderes kann im Rahmen von Gesellschaften gelten: Stellt etwa ein Rechtsanwalt einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist, sein Humankapital unentgeltlich zur Verfügung und steigert er damit den Gewinn und seinen Gewinnanteil, so unterliegt auch die so erwirkte Gewinnmehrung auf der Ebene der Gesellschaft der Gewerbesteuer. 75 Namentlich § 8 Nr. 7 und Nr. 1 GewStG. Keine Hinzurechnung erfolgt demnach für die Überlassung von Grund und Boden, vgl. auch § 9 Nr. 1 GewStG. 76 Ansonsten liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die den Gewerbeertrag nach § 7 Abs. 1 S. 1 GewStG, 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht mindern darf. 77 Zur Übersichtlichkeit der Darstellung wurden die Körperschaftssteuersubjekte, die nicht der Fiktion des § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG unterliegen, außer Betracht gelassen. Bei ihnen kann grundsätzlich eine Gewerbesteuerbefreiung wegen freiberuflicher Tätigkeit eingreifen. 78 Vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG und dazu etwa BFH v. 4.5.2000 IV R 51/99, BStBl. 2000 II, 616 (sogar für die Ausbildung an einer Fachschule). 79 § 1 Abs. 1 und 3 Approbationsordnung für Apotheker v. 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1489), zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Apotheker vom 14. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1714). 80 BFH v. 14.1.1998 IV B 48/97, BFH/NV 1998, 706 m. w. N.
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Freilich darf die Entlastung durch die Steuerbefreiung der Erträge auch nicht überschätzt werden. Denn auch Humankapitalerträge von Gewerbetreibenden bleiben typischerweise im Ergebnis nur anteilig mit der Gewerbesteuer belastet:81 Ein Einzel- oder Mitunternehmer, der sein Humankapital für seinen Gewerbebetrieb nutzt, kann die Gewerbesteuer nach allgemeinen Regeln von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer absetzen und sie darüber hinaus auch gemäß § 35 EStG82 auf die Einkommensteuer anrechnen. Ein Vorteil der Angestellten und Freiberufler aus der Gewerbesteuerbefreiung verbleibt daher nur noch deswegen, weil die Anrechnung sich nicht nach der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer, sondern einer regelmäßig zu niedrigen Pauschalierung83 bestimmt, so dass die Gewerbesteuerbelastung nicht vollständig ausgeglichen wird.
3. Befreiung des Unterrichtenden als indirekte Entlastung Neben diese direkte kann die Befreiung des Unterrichtenden als indirekte Entlastung treten. Diese ergibt sich für Hoheitsbetriebe juristischer Personen des öffentlichen Rechts aus § 2 Abs. 2 S. 2 GewStDV. Ferner fehlt es im Bildungsbereich häufig an einer Gewinnerzielungsabsicht. Außerdem sind bestimmte mit Gewinnerzielungsabsicht84 betriebene private Bildungseinrichtungen, die nicht ohnehin freiberuflich tätig sind,85 nach § 3 Nr. 13 GewStG86 sachlich von der Steuer befreit. Die Aufnahme in das Gewerbesteuergesetz im Jahr 197187 wurde damit begründet, dass die Gewerbesteuer die Leistungsfähigkeit der privaten Bildungseinrichtungen beeinträchtige. Sie stehe der Entwicklung eines „modernen, den bildungspoliti________________________ 81 Vgl. aber auch D. Gosch, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 3. Aufl. 2003, § 35 Rz. 10 und 22: Die Gewerblichkeit kann in bestimmten Fällen nunmehr sogar vorteilhaft sein. 82 Die Norm hat mit Wirkung für den VZ 2001 die Vorschrift des § 32c EStG, die in ihrer Verfassungsmäßigkeit hochgradig umstritten war und Gegenstand eines konkreten Normenkontrollantrages des BFH v. (BFH v. 24.2.1999 X R 171/96, BStBl. 1999 II, 450 m. w. N.) beim Bundesverfassungsgericht ist, abgelöst. Auch die Verfassungsmäßigkeit des § 35 EStG ist aber nicht zweifelsfrei, vgl. nur D. Gosch, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2003, § 35 Rz. 2 m. w. N. 83 Dieser bestimmt sich in Abhängigkeit vom Spitzensteuersatz; vgl. im Einzelnen Stöhr/Stange, Reform der Gewerbesteuer, 2003, 36. Er liegt bei einem Spitzensteuersatz von 42 bei 340 Prozent. 84 Fehlt diese, scheidet eine Gewerbesteuerpflicht gänzlich aus, vgl. nur BFH v. 27.6.1990 I R 166/85, BFH/NV 1991, 628. 85 Vgl. nur H.-W. Stäuber, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Rz. 55 f. (Stand Januar 2000). 86 Zur Entstehungsgeschichte der Norm s. N. Obermüller, Gewerbesteuer – Kommentar, § 3 Tz. 15 (Stand März 2003). 87 Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes v. 27.8.1971, BGBl. 1971 I, 1425.
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Gewerbesteuer
schen Anforderungen unserer Zeit genügenden Privatschulwesens im Wege“. In der Gewerbesteuerbefreiung liege auch eine konsequente Ergänzung der Steuerbefreiung bei der Umsatzsteuer.88 Die Befreiung wird technisch durch Verweis auf § 4 Nr. 21 UStG erreicht. Der gewerbesteuerlichen Norm unterfallen Schulen und andere allgemeinbildende und berufsbildende Einrichtungen, soweit89 sie danach von der Umsatzsteuer befreit sind. Erbringt eine Bildungseinrichtung nur zum Teil begünstigte Leistungen, so ist entsprechend aufzuteilen.90 Die Rechtsprechung definiert die Begriffe „Schulen und andere allgemeinbildende und berufsbildende Einrichtungen“ im Ergebnis wie im Umsatzsteuerrecht,91 so dass auf die Ausführungen dazu verwiesen werden kann.92 Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Bindung an die Behandlung bei der Umsatzsteuerfestsetzung anzunehmen wäre. Vielmehr kommt es bei der Veranlagung der Gewerbesteuer allein auf die materiellrechtliche Bewertung an.93 Bei einer Betriebsaufspaltung einer Bildungseinrichtung findet die Steuerbefreiung auf das Besitzunternehmen keine Anwendung.94 Denn trotz seiner sachlichen und personellen Verflechtung ist die Besitzgesellschaft ein selbständiger, gewerbesteuerrechtlich eigenständig zu qualifizierender Verpachtungsbetrieb. Eine solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird nach An________________________ 88 89 90 91
Zur Begründung dieser Gesetzesänderung s. BT Drucks. VI/1844. Vgl. dazu BFH v. 25.7.2002 I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341, 1343. J. Wolff-Diepenbrock, DStZ 1982, 63. BFH v. 27.3.1996 I R 182/94, BStBl. 1997 II, 449. Ebenso die Vorinstanz Hess. FG v. 11.10.1994 4 K 5237/89, EFG 1995, 335; H.-W. Stäuber, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Nr. 13 Rz. 55 (Stand Januar 2000). 92 Bei der früheren Fassung der Norm, die neben dem (damals mit „wenn“ eingeleiteten) Verweis auf § 4 Nr. 21 UStG noch den Zusatz enthielt „soweit der Gewerbebetrieb unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dient“, war umstritten, ob Voraussetzung für die Steuerbefreiung war, dass die Einrichtung mit sämtlichen im Bildungsbereich erbrachten Leistungen steuerfrei sein musste, vgl. dazu BFH v. 14.4.1993 I R 33/92, BStBl. 1993, 764; A. A. früher etwa FG Hamburg v. 12.9.1975 II 129/75, EFG 1976, 147 – rkr. 93 BFH v. 17.3.1981 VIII R 149/76, BStBl. 1981 II, 746; D. von Twickel, in Blümich, § 3 GewStG Rz. 78 (Stand März 2000). 94 Als einzige Entscheidung zu § 3 Nr. 13 GewStG: BFH v. 12.11.1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362. Dem folgend BFH v. 17.7.1991 I R 98/88, BStBl. 1992 II, 246 und für § 3 Nr. 20 GewStG: BFH v. 30.9.1991 IV B 21/91, BFH/NV 1992, 333; v. 18.10.1997 X B 133/97, BFH/NV 1998, 743 (unter Aufhebung von FG BaWü v. 25.6.1997 2 V 2/97, EFG 1997, 1250); BFH v. 19.3.2002 VIII R 57/99, BStBl. 2002 II, 668 (unter Aufhebung von FG Karlsruhe v. 1.2.1999 9 K 208/92, EFG 1999, 387). Dem folgend D. von Twickel, in Blümich, § 3 GewStG Rz. 75 (Stand März 2000).
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Bestandsaufnahme der sonstigen Steuern
sicht der Rechtsprechung nicht dadurch zu einer Bildungseinrichtung,95 dass sie einer solchen wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet hat und hinter beiden Unternehmen dieselben Personen stehen. Das ist etwa für ein Gymnasium mit Internat entschieden worden,96 bei dem das Besitzunternehmen unbewegliches Vermögen an das Schulbetriebsunternehmen verpachtete. Dieses Ergebnis wird zum Teil auch damit begründet, dass es an einer vom Umsatzsteuergesetz vorausgesetzten Unmittelbarkeit fehle.97
III. Vermögensteuer Nur am Rande sei hier auch die in der Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts98 ausgesetzte Vermögensteuer angeführt. Sie erfasste entgegen der rechtspolitischen Forderung mancher Ökonomen99 Humankapital nicht.100 Daraus ergab sich eine relative Entlastung des Humankapitals gegenüber anderen Kapitalformen.101
IV. Gemeinnützigkeitsrecht Das Steuerrecht sieht schließlich im Gemeinnützigkeitsrecht102 eine indirekte Begünstigung von Humankapitalinvestitionen vor: Nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO liegt in der Förderung der Bildung ein gemeinnütziger Zweck.103 Unter dem weit aufgefassten Begriff der Bildung wird sowohl die Allgemeinbildung104 und politische Bildung105 als auch die Berufsausbildung, berufliche ________________________ 95 Oder einer Krankenanstalt etc. Vgl. § 3 Nr. 20 GewStG sowie dazu BFH v. 13.10.1983 I R 187/79, BStBl. 1984 II, 115. 96 BFH v. 12.11.1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362. 97 D. von Twickel, in Blümich, § 3 GewStG Rz. 75 (Stand März 2000); H.-W. Stäuber, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Nr. 13 Rz. 55e (Stand Januar 2000); S. Woring, in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, GewStG, 1989, § 3 Rz. 55 a. E. 98 BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BGBl. 1995 I, 1191 = BStBl. 1995 II, 655. 99 Z. B. H. Fecher, Stichwort „Persönliche allgemeine Vermögensteuer“, in F. Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 3. Aufl. 1980, 453, 468 f. 100 So ausdrücklich K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 938. 101 Dazu näher Kap. 10 IV (S. 428 f.). 102 Aus der erheblich angewachsenen Literatur s. allgemein BMF (Hrsg.), Gutachten der Gemeinnützigkeitskommission, 1988; R. Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, 1991; W. R. Walz (Hrsg.), Rechnungslegung und Transparenz im Dritten Sektor, 2004; und jüngst den Band zur Erfurter Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft: M. Jachmann (Hrsg.), DStJG 26 (2003). Aus rechtsvergleichender Perspektive IFA, Cahiers LXXXIVa, 1999. 103 Auch de lege ferenda zustimmend BMF (Hrsg.), Gutachten der Gemeinnützigkeitskommission, 1988, 113, 309 und 410. 104 Auch als Erwachsenenbildung, BFH v. 10.3.1976 II R 163/70, BStBl. 1976 II, 469.
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Zusammenfassung
Weiterbildung106 und das Studium verstanden.107 Allerdings muss der Inhalt der Bildung geeignet sein, die Allgemeinheit zu fördern und nicht nur dem Wohl des Einzelnen zu dienen.108 Mit der Anerkennung als gemeinnützig sind zahlreiche Vergünstigungen verbunden.109 Wegen des Gebots der Selbstlosigkeit nach § 55 AO kann man auch davon ausgehen, dass sie an die Lernenden weitergegeben werden.
V. Zusammenfassung Im Bereich der sonstigen Steuern sind insbesondere die erbschaftsteuerlichen Befreiungen von Interesse, die Schenkungen zu Ausbildungszwecken und den Erlass von zu Ausbildungszwecken ausgereichten Darlehen betreffen. Daneben ist zu bedenken, dass sich aus der Gewerbe- und früher auch der Vermögensteuer eine relative Entlastung von Humankapital ergibt. Ferner ergeben sich indirekte Entlastungen von Humankapitalinvestitionen zum einen durch die in der Gewerbesteuer enthaltene Befreiung bestimmter Anbieter von Bildungsmaßnahmen und zum anderen durch das Gemeinnützigkeitsrecht, das Bildung als gemeinnützigen Zweck anerkennt. ________________________ 105 BFH v. 23.9.1999 XI R 63/98, BStBl. 2000 II, 200. Zu den Anforderungen an diese s. auch U. Koenig, in Pahlke/Koenig (Hrsg.), Abgabenordnung, 2004, § 52 Rz. 31; K. Tipke, in Tipke/Kruse, § 52 AO Rz. 13. 106 BFH v. 26.3.1992 IV R 34/91, BStBl. 1993 II, 20. 107 Vgl. FG Nds v. 23.10.1986 II 539/84, EFG 1987, 339 – rkr. (Stenographieunterricht für Auszubildende); FG SH v. 22.3.1996 I 535/92, EFG 1996, 940 – rkr. (Astrologieverein); E.-M. Gersch, in F. Klein, AO, 8. Aufl. 2003, § 52 Rz. 18; St. Schauhoff, in ders. (Hrsg.), Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2000, § 5 Rz. 54. 108 Vgl. nur FG BaWü v. 4.2.1988 XK 196/85, EFG 1988, 270 – rkr. (esoterischer Verein). Das ist trotz der Ausbildung eines abgeschlossenen Personenkreises in § 52 Abs. 1 S. 2 AO bejaht worden etwa für die Ausbildung von Rechtspflegern und die Prüfung von Steuerberateranwärtern und Jura-Studenten, vgl. BFH v. 29.1.1987 IV R 189/85, BStBl. 1987 II, 783; v. 23.6.1988 IV R 21/86, BStBl. 1988 II, 890, 891; v. 26.3.1992 IV R 71/91, BFH/NV 1993, 290. 109 Im Einzelnen folgt aus der Gemeinnützigkeit die Steuerfreiheit bei der Körperschaftund der Gewerbesteuer sowie früher bei der Vermögensteuer, aber auch bei der Grundsteuer (§§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG; 3 Nr. 6, 20 b und c GewStG; 13 Abs. 1 Nr. 16, 17 ErbStG; 3 Abs. 1 Nr. 3, 4; 4 Nr. 6 GrStG). Weiterhin gilt, wenn keine Steuerbefreiungen eingreifen (namentlich ist das im Schnittbereich zwischen Bildung und Gemeinnützigkeit § 4 Nr. 22 UStG), bei der Umsatzsteuer der ermäßigte Steuersatz, § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG (zur Gemeinnützigkeit im Umsatzsteuerrecht insbesondere M. Achatz, DStJG 26 (2003), 279 ff.). Vermögenszuwendungen an gemeinnützige (Bildungs-)Einrichtungen sind von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit und berechtigen beim Zuwendenden unter den Voraussetzungen der §§ 10 b EStG i. V. m. §§ 48 ff. EStDV; § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG; §§ 8 Nr. 9, 9 Nr. 5 GewStG zum Spendenabzug. Ferner kann bei bestimmten Tätigkeiten zur Förderung gemeinnütziger Zwecke die sogenannte Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 EStG angesetzt werden.
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Kapitel 8: Einfachgesetzliches Recht als Kontext „Quand vous citez un texte con, n’oubliez pas le contexte.“ Jacques Prévert
Die Frage nach der gegenwärtigen Besteuerung von Humankapital lässt sich ohne die Bezüge zu anderen verwandten Rechtsmaterien nicht beantworten. Zudem wurde im Grundlagenteil dargelegt, dass die Rechtsprechung grundsätzlich an die Wertungen des Systems gebunden ist, wenngleich sich das Gewicht der Prinzipien nach ihrer Sachnähe bestimmt. Für den Gesetzgeber kommt der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung zwar nur ein begrenzt verbindlicher Gehalt zu, das steht aber ihrer rechtspolitischen Wünschbarkeit nicht entgegen.1 Manche Norm des Steuerrechts, die mit dessen Rationalitäten unvereinbar erscheint, kann man wegen ihres außersteuerlichen Kontexts billigen.2 Daher soll im Folgenden ein Überblick über die Vorschriften jenseits des Steuerrechts gegeben werden, die Humankapitalinvestitionen regeln: Sie bilden gewissermaßen den Kontext des Systems „Humankapitalsteuerrecht“. Dieser Überblick kann korrespondierend mit der materiellen Bedeutung nur den Anspruch erheben, mit grobem Pinsel die wichtigsten Gesichtspunkte der jeweiligen Materien nachzuzeichnen. Dargestellt werden daher die familienrechtlichen Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt und die sozialrechtlichen Regelungen zur Finanzierung von Bildungsmaßnahmen sowie arbeitsrechtliche Grenzen für Rückzahlungsklauseln.
I. Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt Die familienrechtlichen Vorschriften über den Unterhalt sind unmittelbar für die Besteuerung relevant, wo das Steuerrecht tatbestandlich an das Bestehen einer Unterhaltspflicht anknüpft.3 Andernfalls sind sie zumindest als Hintergrund der steuerlichen Typisierungen zur Bestimmung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Zahlenden bedeutsam und für eine teleologische Auslegung bedeutsam.4 Das Familienrecht gewährt, wenn der Unterhaltsschuld________________________ 1 2 3 4
Kap. 3 (S. 92 ff.). Vgl. die Steuerbefreiung der Leistungen der Ausbildungsförderung und der Stipendien, Kap. 11 I 4 (S. 458 ff.). Wie in § 33a Abs. 1 EStG, vgl. Kap. 5 I 3 (S. 236 ff.). Vgl. insbesondere Kap. 5 I 1 d) cc) (S. 222 f.) zum Begriff der „öffentlichen Mittel“ in § 33a Abs. 2 EStG.
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Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt
ner leistungsfähig ist, (früheren) Ehegatten und Lebenspartnern sowie Kindern, nicht aber Eltern5 Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Unterhalt ist nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern auch für den ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu gewähren,6 also insbesondere die Kosten von Lehrgängen und Studiengebühren, aber auch die Aufwendungen für Bücher, Lernmittel, Fahrten etc. Bei der Anrechnung eigener Einkünfte7 sind insbesondere die Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher Ausbildungsförderung, soweit sie nicht ausdrücklich subsidiär sind, zu berücksichtigen.8
1. Ansprüche von (früheren) Ehegatten und Lebenspartnern a) Während die eheliche Lebensgemeinschaft besteht, haben die Ehegatten zum angemessenen Unterhalt der Familie beizutragen, § 1360 Abs. 1 BGB. Dazu gehören auch die Kosten einer Ausbildung, wenn sie dem gemeinsamen Lebensplan oder objektiv dem Gebot der vernünftigen Lebensgestaltung entspricht.9 b) In der Trennungszeit hat ein Ehegatte bei im Übrigen unveränderten Lebensverhältnissen gem. § 1361 BGB Anspruch auf Unterhalt, soweit die Ausbildungsmaßnahme einem während der ehelichen Lebensgemeinschaft gefassten gemeinsamen Lebensplan entspricht.10 Fehlt ein solcher Plan, so hat der Ehegatte einen Anspruch auf die Gewährung von Unterhalt zumindest entsprechend den Regelungen zum Scheidungsunterhalt, da getrennt lebende Ehegatten im Zweifel unterhaltsrechtlich nicht schlechter stehen dürfen als geschiedene.11 c) Der Scheidungsunterhalt kennt mit §§ 1574 Abs. 3; 1573 Abs. 1 BGB und in § 1575 BGB zwei Unterhaltstatbestände. Nach § 1574 Abs. 3 BGB muss sich ein geschiedener Ehegatte ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen, wenn dies zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit ge________________________ 5 Allgemeine Ansicht trotz des zu weiten Wortlauts, vgl. nur Engler/Kaiser, in J. von Staudinger, BGB, 2000, § 1610 Rz. 75; U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1610 Rz. 16; K. Seidel, in H. Luthin (Hrsg.), Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl. 2002, Rz. 5052. 6 So ausdrücklich § 1578 Abs. 2 BGB. Für den Kindesunterhalt U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1610 Rz. 16. 7 D. Pauling, in Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2000, § 4 Rz. 154. 8 B. Beutler, in Bamberger/Roth (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2003, § 1575 Rz. 12. 9 Das ergibt sich, wie das OLG Stuttgart v. 22.7.1983 15 UF 62/83, FamRZ 1983, 1030, 1031 f. ausführt, nicht zuletzt aus einem Erst-Recht-Schluss aus den Regelungen nach Trennung/Scheidung. 10 BGH v. 24.4.1985 IV b ZR 9/84, FamRZ 1985, 782, 783. 11 Vgl. nur D. Pauling, in Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2000, § 4 Rz. 10.
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Einfachgesetzliches Recht als Kontext
eignet und erforderlich ist und ein erfolgreiches Absolvieren der Ausbildung zu erwarten steht. Der Ausbildungsobliegenheit12 korrespondiert die Verpflichtung des früheren Ehegatten, für diese Zeit Unterhalt zu leisten. Sinn der Regelung ist es, den Lernenden für die Arbeit „fit zu machen“, so dass er zumindest teilweise auf eigenen Beinen stehen kann.13 Demgegenüber soll § 1575 BGB ehebedingte Ausbildungsnachteile ausgleichen.14 Das setzt voraus, dass in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen wurde, der Ehegatte nach der Scheidung diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich und zum Zwecke der Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit aufgenommen hat und ein erfolgreicher Abschluss zu erwarten ist, § 1575 Abs. 1 BGB. Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Fortbildung oder Umschulung nach § 1575 Abs. 2 BGB. d) Vergleichbares gilt für Lebenspartner, wobei allerdings keine besonderen Regeln für Bildungsmaßnahmen bestehen. Für den Unterhalt in der laufenden Lebenspartnerschaft gelten nach § 5 LPartG grundsätzlich dieselben Maßstäbe wie unter Ehegatten.15 Für den Trennungsunterhalt nach § 12 LPartG dürften trotz der dort statuierten Erwerbsobliegenheit grundsätzlich vergleichbare Maßstäbe gelten wie während des Zusammenlebens.16 Für den nachpartnerschaftlichen Unterhalt nach § 16 LPartG ist umstritten, ob dieselben Maßstäbe gelten wie beim nachehelichen Unterhalt.17
2. Ansprüche von Kindern § 1610 Abs. 2 BGB betrifft als einzige Regelung über Ausbildungsunterhalt unter Verwandten zwar an sich die Unterhaltshöhe. Ihr kann aber entnommen werden, dass das Kind ein entsprechendes Recht auf Ausbildung hat ________________________ 12 Diese tritt an die Stelle der Erwerbsobliegenheit, vgl. BGH v. 8.2.1984 IV b ZR 54/82, FamRZ 1984, 561, 562; v. 2.7.1986 IV b ZR 37/85, FamRZ 1986, 1085, 1086. 13 D. Pauling, in Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2000, § 4 Rz. 145 ff. 14 D. Pauling, in Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2000, § 4 Rz. 147. 15 Ebenso ohne gesonderte Erwähnung der Ausbildung etwa M. Wellenhofer-Klein, Die eingetragene Lebenspartnerschaft, 2003, Rz. 125. 16 Den Gleichlauf von Unterhalt nach § 12 und § 5 LPartG betonen auch M. Wellenhofer-Klein, Die eingetragene Lebenspartnerschaft, 2003, Rz. 310 und T. Rauscher, Familienrecht, 2001, Rn. 749. 17 Dafür D. Kaiser, JZ 2001, 617, 622; R. Kemper, in Bruns/Kemper (Hrsg.), LPartG: Handkommentar, 2001, § 16 Rz. 21 ff. Für die Umschulung ebenso H. Grziwotz, DNotZ 2001, 280, 296. Dagegen D. Kaiser, in Erman, BGB, 11. Aufl., 2004, § 16 LPartG Rz. 6 a. E. Auf den Einzelfall abstellend M. Wellenhofer-Klein, Die eingetragene Lebenspartnerschaft, 2003, Rz. 325.
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Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt
und dass es während dieser Zeit keine Erwerbsobliegenheit trifft.18 Das Recht ist allerdings nachrangig gegenüber dem Anspruch des Kindes gegen seinen Ehegatten, § 1608 BGB. Der Anspruch setzt voraus, dass das Kind eine angemessene Ausbildung zu einem Beruf – also einer auf Dauer angelegten Tätigkeit, deren Ertrag es dem Ausübenden ermöglicht, sich selbst zu unterhalten19 – unternimmt. Der Begriff der Ausbildung ist weit zu verstehen und beginnt bereits mit dem Kindergarten,20 setzt sich über den Besuch allgemeinbildender Schulen fort und mündet in der praktischen Berufsausbildung oder der Hochschulausbildung.21 Grundsätzlich haben Eltern nur die Kosten einer angemessenen – nicht aber einer zweiten – Ausbildung zu tragen. Eine Ausbildung ist angemessen, wenn sie Begabung, Fähigkeiten, Leistungswillen und nicht nur vorübergehenden Neigungen des Kindes entspricht.22 Sie muss auf einen anerkannten Beruf vorbereiten, wobei die Anerkennungskriterien für einen Beruf in einer Zeit der zunehmenden Durchlässigkeit von Ausbildungsgängen und wegfallender „Garantie“ von Positionen und Einkünften bei Absolvierung bestimmter Ausbildungen zunehmende Schwierigkeiten aufwerfen.23 Noch zur ersten Ausbildung rechnet – entgegen der steuerrechtlichen Terminologie – die sogenannte „Weiterbildung“.24 Darunter ist in Abgrenzung zur Zweitsausbildung eine Ausbildung zu verstehen, die mit der Vorausbildung in einem sachlich wie zeitlich engen Zusammenhang steht.25 Die Höhe des Unterhalts für den Lebensunterhalt bestimmt sich mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nach Richterrecht und zwar in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle bzw. für das Beitrittsgebiet nach der Berliner Tabelle.26 Dementsprechend richtet sich der Unterhalt volljähriger Kinder, die im elterlichen Haushalt wohnen, und der minderjährigen Kinder ________________________ 18 W. Born, in Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 8, 4. Aufl. 2002, § 1610 Rz. 208. 19 Vgl. Motive IV, 681. 20 F. Strohal, in Göppinger/Wachs (Hrsg.), Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rz. 322 mN aus der Rechtsprechung. 21 F. Strohal, in Göppinger/Wachs (Hrsg.), Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rz. 323 ff. mN aus der Rechtsprechung. 22 BGH v. 10.12.1980 IV b ZR 546/80, FamRZ 1981, 344, 345. 23 W. Born, in Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 1610 Rz. 215. Vgl. auch die Probleme der Bestimmung des Berufs im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG, oben Kap. 4 II 1 (S. 125 ff.). 24 S. dazu G. C. Biletzki, FamRZ 1996, 777 ff. 25 Zum Begriff vgl. W. Born, in Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 1610 Rz. 252, zu den Voraussetzungen im Einzelnen ebendort, Rz. 255 ff. 26 U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, vor § 1601 Rz. 25 ff.
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Einfachgesetzliches Recht als Kontext
nach dem Einkommen der Eltern.27 Er beläuft sich auf Werte von 183 bis 568 Euro für minderjährige Kinder bzw. von 249 bis 622 Euro für volljährige Kinder. Übersteigt das Elterneinkommen die Höchstsätze der Tabelle muss der Bedarf des Kindes konkret dargelegt werden.28 Für volljährige Lernende mit eigenem Haushalt gilt hingegen regelmäßig29 ein am BAföG angelehnter30 Betrag von derzeit 600 Euro monatlich in den alten und 555 Euro in den neuen Ländern.31 Auf den Bedarf werden die eigenen Einkünfte des Unterhaltsgläubigers sowie, wenn das Kind volljährig ist,32 sein Vermögen angerechnet. Er ist insbesondere verpflichtet, staatliche Ausbildungsförderung33 in Anspruch zu nehmen.34 Das gilt auch dann, wenn die Leistungen teilweise als Darlehen gewährt werden.35 Ausbildungsvergütungen werden, gekürzt um eine Aufwandspauschale von 85 Euro, angerechnet.36
3. Zahlungsmodalitäten Die Zahlungen sind grundsätzlich monatlich zu leisten.37 Eltern dürfen längere oder kürzere Zeiträume bestimmen, können allerdings wegen § 1614 Abs. 2 BGB höchstens für einen Zeitraum von drei Monaten im Voraus durch Einmalzahlung befreiend zahlen. Für Ehegattenunterhalt beläuft sich die Frist auf sechs Monate.38 Im Übrigen sollte man sich vom Grundsatz der ________________________ 27 K. Schumacher, in H. Luthin (Hrsg.), Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl. 2002, Rz. 3217. 28 U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1610 Rz. 4. 29 Leben die Eltern in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, so kann der pauschale Richtsatz nach oben zu korrigieren sein, vgl. BGH v. 4.6.1986 IV b ZR 51/85, FamRZ 1987, 58. 30 K. Schumacher, in H. Luthin (Hrsg.), Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl. 2002, Rz. 3218. Krit. F. Strohal, in Göppinger/Wachs (Hrsg.), Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rz. 366. 31 U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, vor § 1601 Rz. 25. 32 § 1602 Abs. 2 BGB e contrario. 33 Angerechnet werden selbstverständlich nicht die Vorausleistungen, die bei zahlungsunwilligen Eltern vorübergehend gewährt werden, § 36 BAföG. Denn ansonsten liefe die cessio legis nach § 37 BAföG leer. 34 BGH v. 19.6.1985 IV b ZR 30/84, FamRZ 1985, 916; U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, vor § 1601 Rz. 58. Etwas unklar hingegen ders., a. a. O., § 1610 Rz. 16. 35 BGH v. 19.6.1985 IV b ZR 30/84 FamRZ 1985, 916. 36 U. Diederichsen, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, vor § 1601 Rz. 26. 37 Für Kinder § 1612 Abs. 3 BGB. Entsprechendes gilt unter Getrenntlebenden, § 1361 Abs. 4 BGB, für Geschiedene, § 1585 Abs. 1 BGB, für getrennt lebende Lebenspartner, § 12 Abs. 2 LPartG und für nachpartnerschaftlichen Unterhalt, § 16 Abs. 2 S. 2 LPartG. 38 G. Brudermüller, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1585 Rz. 2.
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Familienrechtliche Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt
monatlichen Zahlung nicht zum Fehlschluss verleiten lassen, dass Ausbildungskosten in jedem Fall periodisch gezahlt werden müssten: Es ist durchaus denkbar, dass der Lernende seinen laufenden Unterhalt selbst bestreiten kann, jedoch einmaliger ausbildungsbedingter Bedarf – etwa in Form von Studiengebühren – entsteht, für den der Lernende keine hinreichenden Rücklagen bilden konnte. Ungeachtet der Abgrenzung zwischen Mehr- und Sonderbedarf39 steht § 1612 Abs. 3 BGB der Verpflichtung zu einer Einmalzahlung dann nicht entgegen.
4. Ausbildungskosten der Stiefabkömmlinge Eine Ergänzung der Unterhaltsansprüche der Kinder findet sich in § 1371 Abs. 4 BGB,40 der gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 LPartG auf eingetragene Lebenspartnerschaften entsprechend anzuwenden ist. Der Zugewinnausgleich erfolgt bei einer gesetzlichen Erbfolge41 pauschaliert durch Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein Viertel, § 1371 Abs. 1 BGB. Der überlebende Ehegatte hat bedürftigen42 erbberechtigten Abkömmlingen des Erblassers, die nicht aus der durch den Tod des Ehegatten aufgelösten Ehe stammen – gemeint sind einseitige Abkömmlinge –, aus dem zusätzlich gewährten Viertel die Mittel für eine angemessene Ausbildung zu gewähren. Die Norm soll die Minderung von deren Erbrecht, die anders als bei den der Ehe entstammenden Abkömmlingen nicht durch einen Unterhaltsanspruch gegen den überlebenden Ehegatten ausgeglichen werden kann, durch die pauschale Erhöhung des Erbteils des Ehegatten kompensieren.43 ________________________
39 S. dazu nur K. Kodal, in Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rz. 244 ff.; H. Scholz, in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl. 2000, § 6 Rz. 1 ff. 40 Die genaue dogmatische Klassifizierung des Anspruchs ist freilich umstritten. Zum Teil wird er für einen erbrechtlichen Anspruch gehalten, so etwa D. Heckelmann, in Erman, BGB, 11. Aufl. 2004, § 1371 Rz. 22. Die wohl h. M sieht einen Mischcharakter im Spannungsfeld von Erbrecht, Güterrecht und Unterhaltsrecht, vgl. nur E. Koch, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7 – Familienrecht I, 4. Aufl., 2000, § 1371 Rz. 59 m. w. N. 41 Ebenso über den Weg des § 2066 BGB, nicht aber, wenn der Ehegatte aufgrund einer Verfügung von Todes wegen mit einer anderen Erbquote Erbe oder Vermächtnisnehmer wurde, vgl. nur E. Koch, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7 – Familienrecht I, 4. Aufl., 2000, § 1371 Rz. 56. 42 Die Frage, wann Bedürftigkeit vorliegt und wie sich der Anspruch zu anderen Unterhaltsansprüchen verhält, ist allerdings sehr umstritten, vgl. etwa J. Gernhuber, in Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 4. Aufl. 1994, § 37 V 5 und E. Koch, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7 – Familienrecht I, 4. Aufl., 2000, § 1371 Rz. 68 je m. w. N. 43 J. Mayer, in Bamberger/Roth (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 3, 2003, § 1371 Rz. 36. Den Zweck einer Kompensation des Unterhaltsausfalls legt auch G. Brudermüller, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1371 Rz. 9 (dem nur
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II. Sozialrechtliche Bildungsförderung Teilnehmer an einer ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden Ausbildung haben gem. § 3 Abs. 1 SGB I ein – im Gegensatz zum Kindergeld subsidiäres44 – Recht auf individuelle Förderung der Ausbildung, wenn ihnen die erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt für diejenigen, die am Arbeitsleben teilnehmen oder teilnehmen wollen, in Bezug auf ihre berufliche Weiterbildung § 3 Abs. 2 Nr. 2 SBG I, also Fortbildung und Umschulung.45 Diese Rechte werden durch drei verschiedene Instrumente erreicht: Erstens Leistungen zur Verwirklichung von Chancengleichheit46 nach dem BAföG und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), zweitens Leistungen der Ausbildungsförderung nach den §§ 59 ff. SGB III und die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III bzw. aus dem europäischen Sozialfonds und drittens Stipendien zur Begabtenförderung.47 Daneben tritt die indirekte Förderung über das Kindergeld, das wie der Kinderfreibetrag an die Berufsausbildung anknüpft.
1. Verwirklichung von Chancengleichheit a) BAföG Die Förderung von Ausbildungen an Schulen oder Hochschulen richtet sich allein nach dem BAföG.48 Der Anspruch auf Leistungen hängt gemäß § 1 BAföG, der den Programmsatz des § 3 Abs. 1 SGB I zu einem subjektiven Recht verdichtet,49 von der Förderungsfähigkeit und der Förderungsbedürftigkeit ab. aa) Die Förderungsfähigkeit setzt voraus, dass der Lernende an einer förderungsfähigen Ausbildung (§§ 2 ff. BAföG) teilnimmt. Das ist insbesondere
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aus praktischen Gründen nicht folgend E. Koch, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7 – Familienrecht I, 4. Aufl., 2000, § 1371 Rz. 70) zugrunde, wenn er eine anteilige Kürzung des Anspruchs um den Unterhalt eines anderen Elternteils fordert. Allerdings liegt die ratio der Ausbildungsförderung in der Verwirklichung der Chancengleichheit, so dass die Subsidiarität anders ausgestaltet ist, als dies für die Sozialhilfe, die nur ein menschenwürdiges Leben sichern will, der Fall ist, vgl. Schulin/Igl, Sozialrecht, 7. Aufl. 2002, Rz. 916 f. Vgl. dazu nur Schulin/Igl, Sozialrecht, 7. Aufl. 2002, Rz. 789. Zum Begriff Einl. I 3. Hingegen sollen die Förderprogramme des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses nicht näher behandelt werden, da es bei ihnen primär um die Forschungsförderung und die Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses geht. Zu den Vorläufern vgl. etwa G. Stephany, Das Honnefer Modell, 1968. So etwa Schulin/Igl, Sozialrecht, 7. Aufl. 2002, Rz. 915.
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der Besuch von inländischen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, Fachoberschulen, Abendschulen und Hochschulen.50 Die Maßnahme muss mindestens51 ein Schul- oder Studienhalbjahr dauern. Gefördert wird grundsätzlich nach § 7 BAföG nur bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss (Erstausbildung). Für einen Magister- oder Masterstudiengang besteht ein Anspruch auf BAföG, wenn er auf einem zuvor abgeschlossenen Bachelor-Studiengang aufbaut. Eine Erstausbildung im Sinne der Norm liegt nur dann vor, wenn sie der Lernende an einer förderungsfähigen Ausbildungsstätte absolviert hat, so dass die Ausbildung an einer Beamtenfachhochschule den Anspruch – anders als eine erstmalige „Lehre“ – ausschließt.52 Zweitens muss der Lernende persönliche Förderungsvoraussetzungen erfüllen. Er darf in der Regel bei Beginn der Ausbildungsmaßnahme das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.53 Er muss für die Ausbildung geeignet sein, d. h., seine Leistungen müssen erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht.54 Überdurchschnittliche Leistungen sind nicht zu fordern, weil das BAföG nicht der Begabtenförderung, sondern der Verwirklichung von Chancengleichheit dient.55 bb) Die Förderungsbedürftigkeit besteht nur, wenn die erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.56 Die Ausbildungsförderung wird gem. § 11 Abs. 1 BAföG für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung geleistet. Maßgebend ist daher der in den §§ 12 ff. BAföG grundsätzlich pauschal bestimmte Bedarf. Auf den Bedarf werden jenseits der Freibeträge in § 23 BAföG das Einkommen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern57 angerechnet. Eigenes Vermögen des Auszubildenden (und nur seins!) wird nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 25 BAföG angerechnet. Maßgeblich ist dabei der Kurs- bzw. Zeitwert. Anrechnungsfrei bleiben für den Auszubildenden 5.200 Euro, für seinen Ehegatten und jedes seiner Kinder 1.800 Euro. Dadurch wird die subsidiäre, an der Bedürftigkeit ausgerichtete Förderung sichergestellt. ________________________ 50 Gemäß § 3 BAföG kann auch Fernunterricht gefördert werden. 51 § 2 Abs. 5 BAföG. Zur Höchstdauer: § 15 BAföG i. V. m. der Förderungshöchstdauerverordnung. 52 Z. B. BayVGH v. 2.10.1997 12 B 97.188, BayVGHE 51, 83. 53 § 10 Abs. 3 BAföG, dort auch zu Ausnahmen. 54 § 9 BAföG. 55 So zu Recht etwa R. Waltermann, Sozialrecht, 2. Aufl. 2001, Rz. 510. 56 § 1 BAföG. 57 Zu den Ausnahmen nach § 11 Abs. 2a und 3 BAföG s. I. Richter, in Baron von Maydell/Ruland (Hrsg.), Sozialrechtshandbuch, 3. Aufl. 2003, § 30 Rz. 48.
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cc) Die Ausbildungsförderung wird grundsätzlich als Zuschuss geleistet, § 17 Abs. 1 BAföG. Für die in der Praxis bedeutsamen Fälle des Besuchs einer Hochschule, Akademie oder höheren Fachschule gilt dies jedoch nur noch eingeschränkt:58 Dort wird im Regelfall die Hälfte, für einen Ausbildungsabschnitt jedoch höchstens 10.000 Euro, als Darlehen59 geleistet.60 Das Darlehen ist regelmäßig unverzinslich61 und einkommensabhängig in Raten zurückzuzahlen.62 Auf Antrag wird Auszubildenden mit besonders guten Leistungen (obere 30 Prozent der Absolventen eines Jahres) oder schneller Ausbildung ein Teilerlass gewährt.63 Mit dem Tod des Lernenden erlischt die Darlehens(rest-)schuld, soweit sie noch nicht fällig ist.64 b) „Meister-BAföG“ (AFBG) Das zum 1. Januar 1996 eingeführte und zum 1. Januar 2002 grundlegend reformierte Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG)65 dient ebenfalls der Verwirklichung von Chancengleichheit.66 Daneben ist das Anliegen der Wirtschaftsförderung getreten, wie die relativ großzügigen Regelungen über die Vermögensanrechnung zeigen.67 Es gewährt Fachkräften, die über eine abgeschlossene Erstausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verfügen, einen Rechtsanspruch auf Förderung ihrer beruflichen Fortbildung. Damit soll es im Bereich der beruflichen Bildung das Äquivalent zum BAföG sein. ________________________ 58 Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich: Selbst die vorübergehend vorgesehene Umstellung der Studentenförderung auf Volldarlehensbasis war verfassungsgemäß, BVerwG v. 24.3.1988 5 B 126 und 127.87, Buchholz 436.36 § 17 BAföG Nr. 11; v. 20.12.1990 5 B 104/89, Buchholz 436.36, § 17 BAföG Nr. 11. 59 Davon zu unterscheiden ist die Gewährung eines verzinslichen Bankdarlehens gem. §§ 17 Abs. 3, 18c BAföG, die insbesondere für die Zeit nach Überschreitung der Förderungshöchstdauer in Betracht kommt. 60 § 17 Abs. 2 S. 1 BAföG. 61 § 18 Abs. 2 S. 1 BAföG. 62 § 18a BAföG. 63 § 18b Abs. 2 bis 3 BAföG. 64 § 18 Abs. 5c BAföG. Daran kann man eine Beteiligung des Staates am Risiko der Verkörperung des Humankapitals (vgl. dazu Kap. 1 (S. 15 ff.)) sehen. 65 Vom 23.4.1996, BGBl. 1996 I, 623; neugefasst durch Bekanntmachung v. 10.1.2002, BGBl. 2002 I 402, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes v. 15.8.2003, BGBl. 2003 I, 1657. Zum ABFG Trebes/Reifers, ABFG, Loseblattkommentar; Hablitzel/ Pfaff, BayVBl 1997, 577; Hablitzel/Wolf, WiVerw 1998, 130 ff. Zur Änderung des AFBG Hablizel/Orlitsch, WiVerw 2003, 248, 251 ff. 66 BT-Drucks. 13/3698, S. 1 und 13: Durch die Förderung von Teilnehmern an der beruflichen Aufstiegsförderung soll auch in diesem Bereich dem Einzelnen die volle Entfaltung seiner Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten ermöglicht werden. 67 S. dazu etwa Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7094, 20.
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Die sachliche Förderungsfähigkeit setzt insbesondere einen bestimmten zeitlich verdichteten Umfang der Maßnahme voraus.68 Die persönliche Förderungsfähigkeit stimmt weitgehend mit den Regeln des BAföG überein, wobei allerdings keine Höchstaltersgrenze besteht.69 Als Förderung wird zum einen ein einkommensunabhängiger Beitrag zu den Kosten der Lehrveranstaltung geleistet. Lehrgangs- und Prüfungsgebühren werden bis zu einer Höchstgrenze mit einem teilweisen Zuschuss bedacht. Bezüglich des Rests besteht ein Anspruch auf ein verzinsliches Darlehen.70 Alleinerziehende erhalten zusätzlich einen Zuschuss zu den notwendigen Kosten der Kinderbetreuung.71 Zum anderen hat der Lernende ein Recht auf Gewährung eines Unterhaltszuschusses, wenn er nicht über die erforderlichen Mittel zum Lebensunterhalt verfügt. Bei der Anrechnung des Einkommens wird auf die Vorschriften des BAföG verwiesen.72 Für das Vermögen gelten hingegen wesentlich großzügigere Grenzen.73 Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Teilnehmer an beruflichen Ausbildungsförderungsmaßnahmen aufgrund einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit regelmäßig wirtschaftlich unabhängig sind. Auch soll das angesparte Vermögen später zur Existenzgründung eingesetzt werden können.74 Die Leistungen knüpfen grundsätzlich an die Werte nach dem BAföG an, sind jedoch höher.75 Die Leistungen werden zum Teil als Zuschuss und zum Teil als Darlehen gewährt.76 Die Rückzahlung des Darlehens ist wie beim BAföG einkommensabhängig und endet mit dem Tod des Lernenden.77 Der Zinssatz für die ausgereichten Darlehen ist relativ niedrig, vgl. § 13 Abs. 2 AFBG. Das Darlehen ist zusätzlich zunächst zins- und tilgungsfrei, § 12 Abs. 1 S. 3 AFBG. Das auf die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren entfallende ausstehende Restdarlehen kann Existenzgründern weitgehend erlassen werden.78 ________________________ 68 69 70 71 72 73
74 75 76 77 78
§ 2 Abs. 3 AFBG. §§ 8 f. AFBG. § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 AFBG. §§ 10 Abs. 2 S. 3, 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AFBG. § 17 AFBG. Die Vermögensanrechnung ist geändert worden durch Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsausbildungsförderungsgesetzes (AFBG-ÄndG) v. 20.12.2001, BGBl. 2001 I, 4029. Früher wurde auf das BAföG verwiesen. Nunmehr ist in § 17a AFBG n. F. ein eigenständiger Anrechnungsfreibetrag von ca. 35.800 Euro vorgesehen, s. Hablizel/Orlitsch, WiVerw 2003, 248, 261 ff. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsausbildungsförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/7094, S 20. § 10 Abs. 2 AFBG. § 12 Abs. 2 AFBG. §§ 13 Abs. 7 und 9; 13a AFBG. § 13 Abs. 6 AFBG.
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2. Arbeitsförderung nach SGB III und Europäischem Sozialfonds a) SGB III Neben die auf Verwirklichung der Chancengleichheit gerichteten Instrumente treten die des Sozialgesetzbuches III, welches das Arbeitsförderungsgesetz ersetzt hat. Sie sind getragen von einer interventionistisch-paternalistischen Grundhaltung, die Arbeitslosigkeit primär als Problem der Qualifikation ansieht.79 Diese Haltung spiegelt sich darin wider, dass die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung80 anders als die bisher diskutierten Leistungen zur Verwirklichung von Chancengleichheit regelmäßig Ermessensleistungen sind.81 Eine große Rolle spielt bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik die Förderung der individuellen Beschäftigungsmöglichkeiten durch Erhalt und Ausbau von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten.82 Die Leistungen sind nur zum Teil von einer vorherigen Beitragsleistung in die Arbeitslosenversicherung abhängig und damit Versicherungsleistungen.83 Bei den mit diesem Ziel erbrachten Leistungen, die unmittelbar dem Lernenden zugute kommen, ist zu unterscheiden zwischen der Förderung der Ausbildung einerseits und der Weiterbildung andererseits. aa) Trainingsmaßnahmen Arbeitslose oder von der Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende können durch Trainingsmaßnahmen gefördert werden.84 Die Maßnahmen von maximal acht Wochen Dauer dienen insbesondere der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die eine Vermittlung in Arbeit oder einen erfolgreichen Abschluss einer beruflichen Aus- oder Weiterbildung erheblich erleichtern. Übernommen werden die Maßnahmekosten,85 also Lehrgangs- und Prüfungskosten, Fahrtkosten und Kosten für die Betreuung der aufsichtsbedürftigen Kinder.
________________________ 79 So insbesondere für das AFG M. Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, 2003, 300 f. Vgl. auch die Bezeichnung des Gesetzes zur Reform arbeitsmarktpolitischer Instrumente – Job-AQTIV-Gesetz v. 20.11.2001, BGBl. 2001 I, 3443; das Akronym AQTIV steht für Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Investieren und Vermitteln. 80 Zum Begriff s. § 3 Abs. 4 SGB III. 81 § 3 Abs. 5 SGB III. Ausgenommen sind freilich die Berufsausbildungsbeihilfe und die besonderen Leistungen zur beruflichen Eingliederung Behinderter. 82 § 1 Abs. 2 Nr. 3 SGB III. 83 Dies gilt namentlich für die Leistungen von Unterhaltsgeld nach §§ 153 ff. SGB III. 84 §§ 48 ff. SGB III. 85 Bei Arbeitslosen wird zusätzlich oder alternativ Arbeitslosengeld gewährt.
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Sozialrechtliche Bildungsförderung
bb) Förderung der Berufsausbildung nach SGB III Bei der Förderung der Berufsausbildung nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 5; 59 ff. SGB III ist zwischen Berufsausbildung und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu unterscheiden.86 Für erstere wird eine Berufsausbildungsbeihilfe gewährt, die in §§ 59–76 SGB III umfassend geregelt ist. Sie folgt weitgehend dem für das BAföG und für das AFBG dargestellten Muster. Sachlich förderungsfähig ist die erstmalige87 Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Der förderfähige Personenkreis entspricht im Wesentlichen dem nach BAföG.88 Es findet sich für die Förderung einer beruflichen Ausbildung aber die Einschränkung, dass der Lernende nicht mehr im Haushalt seiner Eltern oder eines Elternteils wohnen darf.89 Übernommen werden der Bedarf für den Lebensunterhalt, der sich am Bedarf für Studenten nach BAföG bestimmt,90 Fahrkosten, soweit sie sich höchstens auf die Kosten der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels belaufen,91 sowie Gebühren für die Teilnahme an einem die Ausbildung fördernden Fernunterricht und sonstige Aufwendungen.92 Demgegenüber wird bei den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen der Stützungscharakter der Arbeitsförderung besonders deutlich. Sie kommen in Betracht, wenn sie die Aufnahme einer Ausbildung vorbereiten oder der beruflichen Eingliederung dienen und nicht den Schulgesetzen der Länder unterliegen. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen können auch auf den nachträglichen Erwerb eines Hauptschulabschlusses vorbereiten.93 Neuerdings können sie auch mit einem Betriebspraktikum verbunden werden.94 Der förderfähige Personenkreis entspricht grundsätzlich wiederum dem nach BAföG.95 Die Förderung einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme setzt aber zusätzlich voraus, dass die Maßnahme zur Vorbereitung einer Ausbildung oder zur beruflichen Wiedereingliederung erforderlich ist und ________________________ 86 Vgl. Ch. Fuchsloch, in A. Gagel (Hrsg.), SGB III, Vor § 59 Rz. 6 ff. 87 § 60 Abs. 2 S. 1 SGB III. Zur Förderung einer Ausbildung nach Abbruch einer anderen Ausbildung s. § 60 Abs. 2 S. 2 SGB III. 88 § 63 SGB III. 89 § 64 Abs. 1 SGB III. 90 Zu Einzelheiten s. §§ 65 SGB III, 13 BAföG. 91 § 67 Abs. 1 SGB III. In § 64 Abs. 2 S. 2 SGB III zudem bestimmt, dass die Kosten nicht höher sein dürfen als die im Rahmen einer Weiterbildung übernommenen Kosten für Unterkunft und Verpflegung. 92 § 68 SGB III. 93 § 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. 94 § 61 Abs. 4 SGB III. 95 § 63 SGB III.
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zu erwarten ist, dass er das Ziel der Maßnahme erreicht.96 Der Bedarf für den Lebensunterhalt bestimmt sich nach dem Bedarf für Schüler gemäß BAföG.97 Weiterhin werden wie bei der Förderung der Berufsausbildung die Fahrt- und Lehrgangskosten übernommen.98 cc) Weiterbildungsförderung nach SGB III Nach den §§ 3 Abs. 1 Nr. 6; 77 ff. SGB III können99 Arbeitnehmer bei Teilnahme an bestimmten Maßnahmen100 der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Kosten gefördert werden. Der Begriff der Weiterbildung umfasst sowohl Fortbildung als auch Umschulung. Übernommen werden Lehrgangs-,101 Fahrt-102 und Kinderbetreuungskosten103 sowie bei auswärtiger Unterbringung Kosten für Unterbringung und Verpflegung.104 Nach § 124a SGB III besteht daneben ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Lernenden, wenn er die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 77 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.105 Die Förderung der Weiterbildung ist im Gegensatz zur bisher diskutierten Förderung der Ausbildung nicht subsidiär. Dementsprechend ist eigenes Einkommen nicht anzurechnen. dd) Indirekte Förderung Neben die den Lernenden unmittelbar fördernden Instrumente tritt im SGB III die indirekte Förderung.106 Dazu gehören die den Arbeitgebern gewährten Eingliederungszuschüsse.107 Diese werden für die Eingliederung von besonders förderungsbedürftigen Arbeitnehmern gezahlt, um deren Minderleistungen auszugleichen. Weiterhin können die Berufsausbildung und die ________________________ 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107
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§ 64 Abs. 2 SGB III. §§ 66 SGB III, 12 BAföG. §§ 66, 69 SGB III. Die Norm räumt der zuständigen Behörde ein Ermessen ein. S. dazu H. Köhler, in H. Plagemann (Hrsg.), Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, 2003, § 13 Rz. 16. Zu den Anforderungen an den Träger der Weiterbildung und an die Maßnahmen im Einzelnen s. §§ 84 ff. SGB III. § 80 SGB III mit einer Aufzählung erfasster Kosten. § 81 SGB III i. V. m. § 6 Abs. 1 und 4 BRKG verglichen mit § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG. § 83 SGB III. § 82 SGB III. § 124a SGB III ist im Zuge der „Hartz“-Reformen zum 1. Januar 2005 an die Stelle der in § 78 SGB III i. V. m. §§ 153 ff. SGB III a. F. getreten. §§ 217 ff. SGB III. S. dazu etwa H. Köhler, DStR 2002, 1533 ff. §§ 218 ff. SGB III.
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berufliche Weiterbildung durch Zuschüsse an den Arbeitgeber gefördert werden.108 Das betrifft insbesondere Fälle, in denen förderungswürdige Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Lohnes weitergebildet bzw. Auszubildende ausbildungsbegleitende Hilfen während der betrieblichen Ausbildungszeit bekommen, aber auch Praktika zur Vermittlung von Grundkenntnissen, die den Übergang in die Berufsausbildung ermöglichen. Eine indirekte Förderung erfolgt ferner durch die im Sechsten Kapitel des SGB III109 geregelte Gewährung von Zuschüssen an Träger110 von Bildungsmaßnahmen. Träger von Maßnahmen der beruflichen Ausbildung erhalten maßnahmebezogene Zuschüsse, wenn diese als ausbildungsbegleitende Hilfen förderungsbedürftigen Auszubildenden111 eine berufliche Ausbildung ermöglichen und deren Eingliederungsmöglichkeiten verbessern.112 Subsidiär sind auch Maßnahmen anstelle einer betrieblichen Ausbildung förderungsfähig. So werden „niedrig schwellige Angebote im Vorfeld von Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung“ als Aktivierungshilfen gefördert.113 Ferner gibt es seit Anfang des Jahres 2004 auch Zuschüsse für die Beschäftigung begleitende Eingliederungshilfen,114 also Maßnahmen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, zur Förderung der Fachpraxis und Fachtheorie und zur sozialpädagogischen Begleitung für jüngere Arbeitnehmer, die wegen in ihrer Person liegender Gründe ohne die Förderung ein Arbeitsverhältnis nicht begründen oder festigen können.115 Weiterhin werden Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung durch Gewährung von Darlehen und Zuschüssen an Träger gefördert.116 b) Leistungen des Europäischen Sozialfonds Über die innerstaatlichen Maßnahmen hinaus betreibt auch der Europäische Sozialfonds in Kofinanzierung mit den Mitgliedsstaaten aktive Arbeitsmarktpolitik.117 Dieser in Art. 146 EG explizit vorgesehene Strukturfonds118 ________________________ 108 §§ 235 ff. SGB III. 109 §§ 240 – 279a SGB III. 110 Legal definiert in § 21 SGB III als derjenige, der Maßnahmen selbst durchführt oder durch Dritte durchführen lässt. 111 § 242 SGB III. 112 § 240 SGB III. 113 § 241 Abs. 3 a SGB III. 114 § 246a SGB III. 115 §§ 246b f. SGB III. 116 § 248 SGB III. 117 Vgl. dazu etwa Haverkate/Huster, Europäisches Sozialrecht, 1999, Rz. 802 ff. m. w. N.; P. Rodière, Droit Social de l’ Union Européenne, 2. Aufl. 2002, Tz. 319 ff. 118 Dazu Art. 159 EG und die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates v. 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über den Strukturfonds, ABl. EG L 161/1.
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ist durch europäische Verordnung119 näher ausgestaltet worden. Er vergibt seine Mittel insbesondere nach mehrjährigen einzelstaatlichen Aktionsplänen für beschäftigungsrelevante Maßnahmen.120 Er gewährt finanzielle Unterstützung vor allem121 in Form von Zuschüssen an Einzelpersonen zu Maßnahmen der allgemeinen und der beruflichen Bildung, wobei beide Begriffe weit zu verstehen sind.122 Bedeutsam ist die Individualförderung nach dem Europäischer Sozialfonds-Bundesanstalt für Arbeit (ESF-BA)-Programm.123 Die Gelder ermöglichen die Teilnahme an Maßnahmen, die zwar als arbeitsmarktpolitisch sinnvoll erscheinen, aber nicht unter die Förderungsleistungen des SGB III fallen,124 etwa weil nach der „Versicherungslogik“ mangels vorheriger Versicherung keine Berechtigung bestand.
3. Stipendien Stipendien sind anders als Maßnahmen zur Verwirklichung der Chancengleichheit und Instrumente der Arbeitsförderung darauf gerichtet, besonders begabte Lernende im Rahmen eines Studiums125 oder der beruflichen Bildung126 zu fördern. Ferner gibt es auf europäischer Ebene eine Vielzahl von Aktionsprogrammen zur Förderung der Mobilität von Lernenden.127 Beweg________________________ 119 Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12. Juli 1999 betreffend den Europäischen Sozialfonds, ABl. der EG L 213/5. 120 Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 1784/1999. 121 Zu Zuschüssen für Strukturen und Systeme sowie für flankierende Maßnahmen vgl. Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1784/1999. 122 Vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1784/1999. 123 Die Mittel beliefen sich für die Zeit zwischen 1995 und 1999 auf 7,9 Mrd. DM, von denen 2,9 Mrd. aus dem Europäischen Sozialfonds stammten, vgl. Deeke/Schulz, Fünf Jahre „AFG-Plus“: Arbeitsförderung aus dem Europäischen Sozialfonds, 2003, 4. Das freilich wird in den Schatten gestellt von der Regelförderung, die sich nach dem AFG allein 1994 auf 14,5 Mrd. DM belief, vgl. Deeke/Schulz, Fünf Jahre „AFG-Plus“: Arbeitsförderung aus dem Europäischen Sozialfonds, 2003, 272. 124 Zu Beispielen aus der Zeit zwischen 1995 und 1999 s. etwa Deeke/Schulz, Fünf Jahre „AFG-Plus“: Arbeitsförderung aus dem Europäischen Sozialfonds, 2003, 6 f. 125 Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.), Begabtenförderungswerke in der Bundesrepublik Deutschland, 2001. 126 Dazu gibt es namentlich eine Stiftung Begabtenförderungswerk berufliche Bildung (SBB) gemeinnützige Gesellschaft mbH. Vgl. dazu Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.), Begabtenförderung Berufliche Bildung, 2002. 127 Das sind insbesondere im Rahmen des Aktionsprogramms Sokrates die Programme Comenius für die Schulbildung, etwa von Schulpartnerschaften und von Aus- und Fortbildung des Schulpersonals in anderen Mitgliedsstaaten, Erasmus für die Hochschulbildung und Grundtvig für die Erwachsenenbildung und andere Bildungswege. Ein Überblick findet sich bei Kreklau/Siegers (Hrsg.), Handbuch der Aus- und Weiterbildung, Loseblatt, EU Ziff. 3. Daneben besteht für Praktika noch das Leonardo da Vinci Programm.
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Sozialrechtliche Bildungsförderung
grund für Stipendien ist die Aussicht auf gesamtgesellschaftliche Erträge, die über die den Individuen zukommenden Vorteile hinausgehen.
4. Weitere Ausbildungsvergünstigungen a) Kindergeld Wie bereits zum Kinderfreibetrag dargestellt,128 besteht in Deutschland ein duales System von Kinderfreibeträgen und Kindergeld,129 wobei in der Praxis immer noch die Gewährung von Kindergeld im Vordergrund steht.130 Der Kernbestand der einschlägigen Normen findet sich nunmehr im Einkommensteuergesetz.131 Kindergeld wird für Kinder, welche die Voraussetzungen für einen Kinderfreibetrag erfüllen, gewährt und regelmäßig132 an die Eltern gezahlt. Vollwaisen,133 die in Deutschland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, erhalten das Kindergeld selbst, wenn sie nicht bei einem anderen Steuerpflichtigen als Kind zu berücksichtigen sind.134 Kommt für im Ausland lebende Kinder ein Anspruch nach dortigem Recht auf eine dem Kindergeld entsprechende Leistung in Betracht, so wird grundsätzlich in Deutschland kein Kindergeld gezahlt, § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Eine Ausnahme gilt, wenn das ausländische Kindergeld niedriger ist als das deutsche: Dann gewährt der deutsche Staat bei Bestehen einer entsprechenden zwischenstaatlichen Vereinbarung135 einen Ausgleich. b) Weitere sozialrechtliche Regelungen mit Ausbildungsbezug Nur am Rande seien weitere sozialrechtliche Regelungen erwähnt, die einen Bezug zur Ausbildung aufweisen: Schüler und Studenten genießen Versicherungsschutz in der Unfallversicherung.136 Dieser ist bei Schülern auf Risiken im Zusammenhang mit dem Schulbesuch beschränkt, umfasst hinge________________________ 128 Kap. 5 I 1 (S. 199 ff.). 129 Zu den europarechtlichen Anforderungen insbesondere aus der Verordnung 1408/71/ EWG, ABl. 1971 L 149 ausführlich E. Eichenhofer, StuW 1997, 341 ff. 130 Vgl. die Nachweise in Kap. 5 I 1 (S. 199 ff.). 131 In den §§ 62–78 EStG und nicht, wie anhand des Namens zu erwarten gewesen wäre, im Bundeskindergeldgesetz – letzteres gilt nur für Sonderfälle wie bestimmte Auslandsbeamte, Entwicklungshelfer etc., daneben aber auch für Waisen, § 1 BKGG. 132 Zu § 74 EStG s. schon Kap. 5 I 1 vor a) (S. 198). 133 Bzw. diejenigen, die den Aufenthaltsort ihrer Eltern nicht kennen. 134 § 1 Abs. 2 BKGG. 135 Vgl. Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Loseblatt, D II. 136 § 2 I Nr. 8 Buchst. b und c SGB VII.
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Einfachgesetzliches Recht als Kontext
gen bei Studenten generell die Aus- und Fortbildung, so dass auch Wege zu privaten Arbeitsgemeinschaften erfasst sind.137 c) Waisenrenten und Waisenpensionen Waisenrenten dienen der Hinterbliebenenversorgung. Die zum Teil restriktivere Rechtsprechung der Sozialgerichte,138 etwa zum Begriff der Berufsausbildung, ist mit Blick auf diesen unterschiedlichen Zweck unbedenklich. Sie sollen daher hier nicht weiter erörtert werden. Waisenpensionen als beamtenrechtliche Versorgungsansprüche sind hingegen ohnehin unproblematisch, weil §§ 23, 61 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG auf die Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes nach § 32 Abs. 4 EStG abstellen.
III. Arbeitsrechtliche Grenzen von Rückzahlungsklauseln Die (steuer-)bilanzielle Erfassung der arbeitgeberseitig getragenen Kosten für die Ausbildung und Fortbildung von Mitarbeitern139 hat die arbeitsrechtlichen Grenzen von Klauseln140 zu beachten, mit denen sich Arbeitnehmer für den Fall ihres Ausscheidens aus dem Betrieb zur Rückzahlung141 der Kosten verpflichten.142 Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung143 davon aus, dass die wenigstens im Rahmen der Generalklauseln zu beachtende144 Wertung des Art. 12 GG der Privatautonomie des Art. 2 ________________________ 137 S. weiterhin auch die beitragsbegünstigte Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 5 I Nr. 9 SGB V, sofern keine Versicherungsfreiheit nach § 6 I Nr. 3 SGB V gegeben ist, sowie die Anrechnung von Ausbildungszeiten in der Renteversicherung, §§ 58 I Nr. 4; 74 S. 4 SGB VI. Die darüber hinausgehende Zeit ist für die Erfüllung von Wartezeiten relevant, vgl. nur Zweng/Scheerer/Buschmann/ Dörr, Handbuch der Rentenversicherung – SGB VI, § 74 Rz. 8b (Stand Januar 2003). 138 Vgl. etwa BSG v. 31.8.2000 B 4 RA 5/00 R, NZS 2001, 268; v. 18.6.2003 B 4 RA 37/02 R, NZS 2004, 372. 139 Dazu schon Kap. 5 II 3 (S. 259 ff.). 140 Das gilt sowohl für einzel- als auch für tarifvertragliche Klauseln. Zu letzteren vgl. BAG v. 6.9.1995 5 AZR 174/94, BAGE 81, 5 mit Anm. W. Mohr, BB 1996, 961 f. 141 Zur Fälligkeit des Anspruchs vgl. BAG v. 18.11.2004 6 AZR 651/03, NZA 2004, 516. 142 Umfassend dazu G. Staudinger, Einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln bei Ausbildungskosten, 1999. 143 Zuerst BAG v. 29.6.1962 1 AZR 343/61, BAGE 13, 168. 144 Tendenziell noch für eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechtsvorschriften BAG v. 29.6.1962 1 AZR 343/61, BAGE 13, 168, LS 1. Für eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte bei Rückzahlungsklauseln demgegenüber BGH v. 5.6.1984 VI ZR 279/82, NJW 1985, 44. Vgl. auch P. Krebs, SAE 2004, 66, 67 f., der nach der Schuldrechtsreform regelmäßig § 307 BGB angewendet sehen will. Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion sei bei Vereinbarung einer unzulässigen Rückzahlungsklausel eine ergänzende Vertragsauslegung angezeigt (P. Krebs, a. a. O,
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Arbeitsrechtliche Grenzen von Rückzahlungsklauseln
GG Grenzen setze. Die Berufsfreiheit gewähre das Recht, den gewählten Arbeitsplatz beizubehalten, aufzugeben oder zu wechseln. Die vertragliche Begründung von Zahlungspflichten zu Lasten des kündigenden Arbeitnehmers sei daher nur wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben zuzumuten sei und vom Standpunkt eines verständigen Beobachters einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspreche.145 Andernfalls komme es zu einer geltungserhaltenden Reduktion.146 Nachfolgend werden die Wirksamkeitserfordernisse einer Rückzahlungsklausel dargestellt. Das ist nach dem Ansatz der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zwar kaum möglich, da in den Entscheidungen die Bedeutung des jeweiligen Einzelfalles immer wieder hervorgehoben wird.147 Der Versuch einer Abstraktion soll dennoch gemacht werden. Diese ist nicht nur wegen des hier gewählten methodischen Ansatzes einer Systemhaftigkeit,148 sondern auch praktisch erforderlich, weil eine arbeitsgerichtliche Entscheidung kaum je vorliegt, wo das Steuerrecht einen Fremdvergleich fordert.
1. Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Rückzahlungsklausel ist neben der – formlos möglichen – freiwilligen Vereinbarung vor Beginn der Ausbildungsmaßnahme,149 dass der Arbeitnehmer eine Aus- oder Fortbil________________________
145
146 147 148 149
69 f.). Die ergänzende Vertragsauslegung soll allerdings nach Auffassung des LAG BaWü v. 26.7.2005 22 Sa 91/04, juris – Rev. 6 AZR 610/05 nur „in besonderen Situationen“ zugelassen werden, da ansonsten der Präventivgedanke des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion geschwächt werde. Bisweilen wird vorgebracht, aus der Erstreckung der AGB-Prüfung auch auf die Arbeitsverhältnisse in § 307 BGB durch die Schuldrechtsreform ergebe sich e contrario, dass individuell vereinbarte Klauseln nicht mehr der richterlichen Inhaltskontrolle unterlägen, so U. Preis, in Dieterich/Hanau/Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Auflage 2002, §§ 305–310 Rz. 91. Das überzeugt nicht (ebenso B. Reinecke, in W. Küttner (Hrsg.), Personalbuch 2003, Stichwort Rückzahlungsklausel Rz. 7), weil mit der Reform das Schutzniveau der Arbeitnehmer nicht reduziert werden sollte. BAG v. 5.12.2002 6 AZR 539/01, SAE 2004, 64 m. w. N. So auch R. Becker-Schaffner, DB 1991, 1016. Vgl. Kap. 3 (S. 92 ff.). BAG v. 20.2.1975, 5 AZR 240/74, BB 1975, 1206. Nach Beginn der Maßnahme setzt sich die Vereinbarung dem Vorwurf aus, der Arbeitnehmer sei unerlaubt unter Druck gesetzt worden; die Vereinbarung kommt daher grundsätzlich erst wieder nach Abschluss der Maßnahme in Betracht, vgl. nur P. Bengelsdorf, in W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 2. Aufl. 2000, Rz. 5.2.226 m. w. N.
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Einfachgesetzliches Recht als Kontext
dung durchläuft.150 Dieses Merkmal entfaltet kaum beschränkende Wirkung, die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung ist insoweit großzügig: Es setzt nicht voraus, dass die Maßnahme planmäßig, formalisiert und mit einem vorher exakt festgelegten Lernziel erfolgt. Vielmehr reicht jede Maßnahme aus, die generell für den Arbeitnehmer beruflich von Nutzen ist.151 Das Ob der Wirksamkeit einer solchen Klausel richtet sich nach einer umfassenden Interessenabwägung, die sich grundsätzlich nach den Umständen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmt.152 Sie setzt ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Klausel voraus. Dieses liegt regelmäßig vor, da der Arbeitgeber die Kosten zumeist mit dem Ziel übernimmt, das zusätzlich erworbene Humankapital in seinem Betrieb nutzen zu können.153 Etwas anderes kann bei einer Freistellung aus sozialen Erwägungen gelten.154 Weiterhin muss der Arbeitnehmer durch die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme geldwerte155 berufliche Vorteile erlangt haben, die seine eventuelle Erstattungspflicht unter Beachtung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers zumutbar erscheinen lassen. Das dürfte regelmäßig der Fall sein, wenn er generelles Humankapital erstmalig erwirbt,156 nur ausnahmsweise hingegen bei firmenspezifischem Humankapital.157 Rein betriebsbezogene Bildungsmaßnahmen, die lediglich früher erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten auffrischen und vertiefen sollen,158 reichen nach der Rechtsprechung nicht aus.159 Gleiches trifft auf Bildungsmaßnahmen zu, welche die Kenntnisse des Arbeitnehmers an vom Arbeitgeber herbeigeführte neue betriebliche Gegebenheiten anpassen.160 Eine geringe Höhe der aufgewendeten Kosten soll eine Rückzahlung ausschließen.161 Dasselbe soll dann gelten, wenn sich der Arbeitnehmer – wie bei der vom Bundesfinanzhof entwickel________________________ 150 151 152 153 154 155 156 157
158 159
160 161
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Vgl. nur BAG v. 18.8.1976 5 AZR 399/75, BAGE 28, 159. BAG v. 30.11.1994 5 AZR 715/93, BAGE 78, 356. A. Rischar, BB 2002, 2550, 2551. R. Becker-Schaffner, DB 1991, 1016, 1017. Huber/Blömeke, BB 1998, 2157, 2158. St. Rspr. Grundlegend BAG v. 18.8.1976 5 AZR 399/75, BAGE 28, 159. Vgl. auch die Nachweise zur Rechtsprechung bei S. Hennige, NZA-RR 2000, 617, 622 f. BAG v. 18.8.1976 5 AZR 399/75, BAGE 28, 159, 164. Zur Entgegensetzung generell vs. firmenspezifisch s. Kap. 1 I 1 (S. 17). BAG v. 18.8.1976 5 AZR 399/75, BAGE 28, 159, 164; BAG v. 16.3.1994 5 AZR 339/92, BAGE 76, 155, 171; BAG v. 5.12.2002 6 AZR 539/01, SAE 2004, 64. Tendenziell großzügiger BGH v. 5.6.1984 VI ZR 279/82, NJW 1985, 44. Zu dieser Begriffsbestimmung s. A. Hoß, MDR 2000, 1115, 1117 m. N. LAG Frankfurt v. 7.9.1988, DB 1989, 887. Krit. P. Krebs, SAE 2004, 66, 68 f., der statt dessen weitgehend auf die „Erhöhung des Marktwertes“, also letztlich den Erwerb von generellem Humankapital abstellen will. BAG v. 16.3.1994 5 AZR 339/92, BAGE 76, 155. LAG SH v. 10.5.1966, DB 1966, 1482 – rkr.
Arbeitsrechtliche Grenzen von Rückzahlungsklauseln
ten Fallgruppe des Ausbildungsdienstverhältnisses162 – kraft seines Arbeitsvertrages zur Teilnahme an einem Lehrgang oder einer anderen Ausbildungsmaßnahme verpflichtet.163 Die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung ist in jedem Fall durch die tatsächlich vom Arbeitgeber aufgewandten Zahlungen begrenzt. Soweit ein niedrigerer Wert als Pauschale vereinbart wurde, ist dieser maßgeblich.164 Im Übrigen ist zwischen dem Abbruch der Ausbildung ohne wichtigen Grund und dem Ausscheiden nach erfolgreichem Bestehen zu unterscheiden. In der ersten Fallgruppe ist die Rückzahlungspflicht vollumfänglich zulässig.165 In der zweiten muss die Länge der Bindungsdauer zur Länge der Ausbildung und den vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten166 ins Verhältnis gesetzt werden. Grundsätzlich unzulässig ist eine Bindungsdauer von über fünf Jahren.167 Ansonsten ist eine Staffelung der Rückzahlung vorzunehmen, so dass sich die zurückzuzahlenden Beträge mit der Verbleibensdauer des Arbeitgebers im Betrieb verringern.168 Überschreitet die vereinbarte Dauer die von der Rechtsprechung gesetzten Grenzen, so erfolgt bisher regelmäßig eine geltungserhaltende Reduktion.169 Im Übrigen steht es einer Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung entgegen, wenn der Arbeitgeber selbst durch eine Kündigung das Ende des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt hat170 oder dem Arbeitnehmer keine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit zuweisen kann.171 Denn dann haben sich die Gefahren, vor denen sich der Arbeitgeber redlicherweise schützen durfte, gerade nicht realisiert.172
________________________ 162 163 164 165 166 167 168
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171 172
Dazu oben Kap. 4 III 1 a) cc) und d) cc) (S. 146 f. und 157 f.). G. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl. 2002, § 176 Rz. 21. S. etwa A. Rischar, BB 2002, 2550, 2551 m. w. N. aus der Rechtsprechung. BAG v. 12.12.1979 5 AZR 1056/77, AP Nr. 4 zu § 611 BGB. Vgl. etwa BAG v. 6.9.1995 5 AZR 241/94, NJW 1996, 1916, 1917. BAG v. 12.12.1979 5 AZR 1056/77, AP Nr. 4 zu § 611 BGB (arg. § 624 BGB). Im Einzelnen P. Bengelsdorf, in W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 2. Aufl. 2000, Rz. 5.2.254; B. Reinecke, in W. Küttner (Hrsg.), Personalbuch 2003, Stichwort Rückzahlungsklausel, Rz. 14 ff. je m. w. N. BAG v. 5.12.2002 6 AZR 539/01, SAE 2004, 64 m. w. N. Fraglich ist allerdings, ob dies nach der Schuldrechtsreform für Rückzahlungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen weiterhin gelten kann. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines dem Arbeitnehmer zurechenbaren Fehlverhaltens kündigt, vgl. BAG v. 24.6.2004 6 AZR 383/03, NJW 2004, 3059; v. 24.6.2004 6 AZR 320/03, BAGReport 2005, 6. BAG v. 5.12.2002 6 AZR 537/00, AP Nr. 11 zu § 5 BBiG. BAG v. 6.5.1998 5 AZR 535/97, BAGE 88, 340.
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Einfachgesetzliches Recht als Kontext
2. Keine Rückzahlung bei Berufsausbildung Bei der Berufsausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG), die eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang vermitteln will, ist zu differenzieren:173 Auszubildenden dürfen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG keine Kosten auferlegt werden, die dem Ausbildenden bei der Ausbildung entstehen.174 Hingegen gelten für die Kosten des Besuchs der Berufsschule oder einer Berufsakademie nach § 5 Abs. 2 BBiG im Ergebnis die üblichen Maßstäbe zur Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln.175
IV. Zusammenfassung 1. Als Kontext sind bei den Leistungsfähigkeitsminderungen die familienrechtlichen Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt zu beachten, die den Rahmen für die Auslegung der einkommensteuerlichen Normen vorgeben. Das Familienrecht sieht Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt für (frühere) Eheleute und Lebenspartner sowie Kinder vor. Ferner besteht für Stiefabkömmlinge ein Anspruch gegen den überlebenden Ehepartner ihres Elternteils auf Finanzierung einer angemessenen Ausbildung, die aus dem pauschal erhöhten Erbteil zu bestreiten ist. 2. Sozialrechtliche Ansprüche dienen zum Teil der Verwirklichung von Chancengleichheit (so die Regelungen nach BAföG und AFBG). Andere Ansprüche – solche nach SGB III, ergänzt um die Leistungen aus dem Europäischen Sozialfonds – sollen die Aussichten verbessern, Arbeit zu finden oder in Arbeit zu verbleiben. Stipendien bezwecken die Förderung der besonders Begabten. Daneben bestehen das Kindergeld und weitere ausbildungsbezogene Vergünstigungen. 3. Für die Bilanzierung von Arbeitgeberinvestitionen in Humankapital der Mitarbeiter sind die richterrechtlichen Beschränkungen der Rückzahlungsklauseln zu beachten. Unzulässig ist insbesondere eine überlange Bindungsdauer. Die absolute Höchstgrenze liegt bei fünf Jahren. Im Übrigen richtet sie sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für Auszubildende gelten zum Teil Sondervorschriften.
________________________ 173 Vgl. BAG v. 25.4.2001 5 AZR 509/99, BAGE 97, 333, unter I.3. m. w. N. 174 BAG v. 25.4.2001 5 AZR 509/99, BAGE 97, 333, unter I.3. 175 BAG v. 25.4.2001 5 AZR 509/99, BAGE 97, 333, unter I.2.
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Dritter Teil: Systemoptimierung „Jetz also kommt ihr der philosophische Verstand zu Hülfe, und in indem er diese Bruchstücke durch künstliche Bindungsglieder verkettet, erhebt er das Aggregat zum System, zu einem vernunftmäßig zusammenhängenden Ganzen.“ Friedrich Schiller in seiner Jenaer Antrittsvorlesung1
Hinter uns liegen die Darstellung der derzeit geltenden Regeln über die Besteuerung von Humankapitalinvestitionen und mit ihr die präinterpretative Stufe. Im Zuge dessen haben sich die Ausführungen zu der gefundenen Vielzahl von Regelungen noch konzentriert auf die Darstellung der Gesetze und deren Sicht durch Verwaltung und Rechtsprechung, aber auch durch die wissenschaftliche Literatur. Nunmehr gilt es, zur kritischen Würdigung überzugehen. Vor dem Hintergrund des dieser Arbeit zugrunde liegenden systematischen Ansatzes sollen dort, wo die bestehende Rechtslage in ihrer Ausgestaltung durch die staatlichen Gewalten nicht überzeugt, systemkonforme alternative Lösungsvorschläge unterbreitet werden. Deren normative Bedeutung hängt, wie im Ersten Teil in Kapitel 3 aufgezeigt, vom Verursacher der Systemwidrigkeit ab: Rechtsanwender sind nach der hier vertretenen Auffassung umfassend an das gesetzliche System gebunden. Sie müssen dort, wo das Gesetz keine eindeutige Lösung vorgibt, die Wertungen des Verfassungsrechts und die des einfachen Rechts extrapolieren und dadurch eine Lösung erreichen.2 Die rechtssetzende Gewalt ist hingegen in vergleichbarem Umfange nur durch das Verfassungsrecht gebunden.3 Jenseits dessen genießt sie relativ große Freiheit: Die Berufung auf das einfachgesetzliche System der Steuergesetze hat nur strukturierende Funktion für die Gleichheitsprüfung; Ungereimtheiten im Verhältnis zum Gefüge der Gesamtrechtsordnung sind sogar nur ganz ausnahmsweise eine normative Erheblichkeit beizumessen.4 In diesem Bereich der legislativen Freiheit übernimmt der Systemgedanke daher primär die Funktion eines Kriteriums rechtspolitischer Wünschbarkeit.5
________________________ 1 2 3 4 5
F. Schiller, Was heisst und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?, in ders. Nationalausgabe, Band 17, 1970, 359, 370. Kap. 3 II 1 b) (S. 97 ff.). Kap. 3 III 1 (S. 101 f.). Kap. 3 III 3 a) bb) und b) bb) (S. 107 ff. und 111 ff.). Kap. 3 IV (S. 112).
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Systemoptimierung
I. Maßstäbe der Optimierung Die kritische Würdigung bedarf der Maßstäbe. Besonders wichtig sind dabei die zwingenden Vorgaben höherrangigen Rechts und die Prinzipien, die beide Gegenstand des folgenden Kapitels 9 werden. 1. Erstens sind die in der Bestandsaufnahme gefundenen rechtlichen Sätze6 an den zwingenden Vorgaben höherrangigen Rechts zu messen. Als solche Maßstäbe hat Kapitel 2 bereits die Folgerungen aus der Steuerstaatlichkeit für die Ausgestaltung der Steuergesetze und für die Rechtsanwendung herausgearbeitet. Demnach darf wegen der Verantwortung der staatlichen Gewalten für einen im Ergebnis hinreichend gleichmäßigen Vollzug der Steuernormen die Steuerlast nur von verifizierbaren7 und beim Steuerpflichtigen typischerweise definierten8 Merkmalen abhängig gemacht werden. Kapitel 3 zeigte die sehr eingeschränkte verfassungsrechtliche Bedeutung des Systemgedankens auf. Auf darüber hinausgehende Vorgaben höherrangigen Rechts wurde bisher nur ad hoc eingegangen, soweit sie im Kontext einfachgesetzlicher Normen von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur diskutiert werden. Diesen weiteren Vorgaben, die sich im Verfassungsrecht und im Europarecht finden, geht das folgende Kapitel nunmehr gesondert und im Zusammenhang nach. Die Ausführungen streben dabei freilich nicht mehr nach Vollständigkeit oder auch nur nach einem Überblick über den vollständigen Bestand. Das wäre weder möglich noch erforderlich, sind die Vorgaben doch in ihren Grundlinien als bekannt vorauszusetzen. Auch wird, weil keine Rückwirkung von den einfachgesetzlichen Bestandteilen des Systems auf das höherrangige Recht besteht, nicht mehr getrennt zwischen Induktionsgrundlage und Rückschluss auf das System. Vielmehr entwickelt das folgende Kapitel sogleich das eigene Verständnis von den Vorgaben höherrangigen Rechts. 2. Neben diesen zwingenden Vorgaben höherrangigen Rechts sind Maßstab für die rechtlichen Sätze zweitens auch die Prinzipien (oder, im Folgenden mit gleicher Bedeutung verwendet: Wertungen).9 Diese sind für den Gesetzgeber nicht unmittelbar verbindlich, aber gleichwohl für die Optimierung des Systems heranzuziehen. Sie stammen einerseits, wie bereits im Grundlagenkapitel des Ersten Teils zum System dargelegt, aus höherrangigem Recht. Andererseits sind die Prinzipien induktiv zu finden, nämlich durch
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Hier verstanden als gesetzte Rechtsnormen, Gewohnheitsrecht und Richterrecht, vgl. näher Kap. 3 I (S. 94 ff.). Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.). Kap. 2 II 2 (S. 87 ff.). Der Unterschied zwischen den axiologischen Wert(ung)en und den deontologischen Prinzipien wirkt sich im Ergebnis letztlich nicht aus, vgl. R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, 133.
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Optimierung der Subsysteme und deren Integration
Abstraktion von Einzelwertungen der einschlägigen Rechtssätze. Im letzteren Fall lassen sie sich zum Teil wiederum als Konkretisierungen des höherrangigen Rechts begreifen; dadurch erscheint zwar, wie ebenfalls schon angedeutet, die Abgrenzung zwischen diesen beiden Arten von Prinzipien nur schwerlich möglich. Zwingende Folgerungen ergeben sich aus der Unterscheidung auch nicht, da beide die Rechtsanwendung gleichermaßen zu binden vermögen. Aus darstellerischen Gründen soll eine entsprechende Unterscheidung im Folgenden gleichwohl zugrunde gelegt werden.
II. Optimierung der Subsysteme und deren Integration Anhand dieser Maßstäbe sind dann in den darauf folgenden Kapiteln dieses Dritten Teils die Regelungen über die Humankapitalbesteuerung auf ihre Systemkonformität zu untersuchen. Dabei wird sich zeigen, dass das bestehende Recht zumal mit Blick auf die bereits angeführte Möglichkeit zum Billigkeitserlass den zwingenden Vorgaben weitgehend genügt. Hingegen bestehen in Bezug auf die Wertungen erhebliche Optimierungsmöglichkeiten. Die Darstellung unterteilt den Normenbestand zunächst in drei Gruppen. Sie hält zunächst an der grundlegenden Unterscheidung zwischen egoistischen und altruistischen Investitionen fest.10 Daneben treten drittens Vorschriften, die eine indirekte Förderung von Humankapital bezwecken. 1. Die Normen über die egoistischen Investitionen – die erste Gruppe – müssen sich vor allem am objektiven Nettoprinzip messen lassen. Sie haben daher zum einen die Sphärenabgrenzung zu leisten: Aufwendungen, die der Erwerbssphäre zugehören, müssen grundsätzlich abziehbar sein; solche, die privat veranlasst sind, dürfen es nicht. Diese Sphärenabgrenzung darf im Übrigen die Rechtsanwendung, aber auch den die Rentabilität einer Investition kalkulierenden oder überschlägig schätzenden Steuerpflichtigen nicht überfordern. Sie muss daher hinreichend einfach sein. Zum anderen – und darin liegt ein beträchtliches Problem – ist der Aufwand im Gleichlauf mit den generierten Erträgen zu erfassen: Die intertemporale Verbindung des § 10d EStG reicht angesichts ihrer erheblichen Schwächen allein nicht aus.11 Für die egoistischen Investitionen hat fernerhin die Umsatzsteuer, bei der es auf die Neutralität ankommt, eine erhebliche Bedeutung. Die egoistischen Investitionen werden nach hier vertretener Auffassung derzeit weitgehend durch Fiskalzwecknormen geregelt, also durch Normen, die im Dienste der Lastenausteilung stehen und eine leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerung zu verwirklichen suchen. Sie tragen solchen leistungsfähig________________________ 10 Zu den Begriffen Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 116 ff.). 11 Kap. 10 I 1 d) (S. 400).
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Systemoptimierung
keitsrelevanten Merkmalen Rechnung, die der Gesetzgeber obligatorisch oder fakultativ einbeziehen muss.12 2. Die Normen über altruistische Investitionen – die zweite Gruppe – bestehen derzeit zum einen aus Fiskalzwecknormen, die der Leistungsfähigkeitsminderung insbesondere der Eltern Rechnung tragen. Freilich sollen hier nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts Aufweichungen im Sinne einer nur hälftigen Berücksichtigung zulässig sein, da es sich um Investitionen handele, die auch der Familie zugute kommen.13 Daneben enthalten die Regeln über altruistische Investitionen in erheblichem Maße auch Sozialzwecknormen. Diese verfolgen bekanntlich nicht primär eine leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerung, sondern suchen vom Normgeber für vorrangig erachtete außersteuerliche Ziele zu verwirklichen. Einige Normen haben eine Chanceneröffnungsfunktion.14 Sie lassen sich vor dem Hintergrund begreifen, dass bei Vorliegen von Kapitalmarktimperfektionen nicht alle Individuen die für sie optimalen Humankapitalinvestitionen tätigen können. Neben der Verwirklichung der Chancengleichheit dienen Sozialzwecknormen im Bereich der Humankapitalinvestitionen auch der Begabten- und der allgemeinen Bildungsförderung. Häufig sind diese Sozialzwecknormen akzessorisch, d. h. sie verfolgen keine eigenständigen Gestaltungsziele, sondern sollen nur eine Störung der Wertungen anderer Rechtsgebiete vermeiden. In diese Kategorie fallen namentlich Steuerbefreiungen von Sozialleistungen: Würde der Staat mit einer Steuer „nachkarten“, würde er sein eigenes sozialrechtliches Geben durch ein steuerrechtliches Nehmen wieder rückgängig machen.15 Das wäre widersprüchlich und im Übrigen, da vermutlich das Nehmen wieder mit einem gewissen Schwund verbunden ist, auch wenig sinnvoll. In diese Gruppe fallen ferner Leistungen des Staates an besonders Begabte unabhängig von ihrer derzeitigen finanziellen Leistungsfähigkeit oder Bedürftigkeit. Sie dienen der Verwirklichung von besonderen Bildungsmaßnahmen, von denen sich der Staat einen hinreichenden Ertrag erhofft. Auch hier wäre eine Besteuerung des sozialrechtlich Gegebenen kontraproduktiv: Entweder müsste der Staat zur Erreichung seiner Ziele allein den leistungsfähigeren Individuen einen höheren Betrag zuwenden, damit diese auch nach Steuern an der vom Staat gewollten Bildungsmaßnahme teilnehmen können. Dadurch würde er nur die Besteuerung rückgängig machen. Oder aber er könnte, was noch unbefriedigender wäre, allen Geförderten einen um die auf der höchs________________________ 12 13 14 15
Dazu K. Vogel, DStZ 1975, 409, 412. Kap. 9 I 2 a) (S. 340 ff.). Dazu Kap. 1 IV 5 (S. 59 ff.). Ebenso BFH vom 19.6.1997 VI R 26/96, BStBl. 1997 II, 652, 653.
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Optimierung der Subsysteme und deren Integration
ten Progressionsstufe zu zahlenden Steuern erhöhten Betrag zuwenden. Dann würde es zu einem Überschießen für wenig leistungsfähige Empfänger kommen, da ihnen mit Blick auf ihren geringen Steuersatz zu viel zugewandt würde. Andere Sozialzwecknormen verfolgen hingegen eigene Förderungsrationalitäten. Dies gilt etwa für die Schenkungsteuerbefreiungen für Leistungen Privater, die Humankapitalinvestitionen anderer – idealtypisch: aus altruistischer Motivation – ermöglichen. Eine Besteuerung in der Investitionsphase drohte hier die angestrebte Ermöglichung der Humankapitalinvestition zu vereiteln. Freilich ist eine Gleichstellung privater Leistungen mit den staatlichen Leistungen nicht ohne weiteres möglich, da es an einer „Filterung“ in Hinblick auf die Verwirklichung staatlicher Interessen fehlt. Vielmehr erscheint ein Bedürftigkeitskorrektiv angezeigt. 3. Neben die Normen über egoistische und altruistische Investitionen treten als dritte Gruppe Normen, die Bildung indirekt fördern und nicht den Investierenden selbst steuerlich begünstigen. Das erfolgt mittels Sozialzwecknormen. So ist im Gemeinnützigkeitsrecht Bildung als gemeinnütziger Zweck aufgenommen, und das Gewerbesteuergesetz befreit bestimmte Privatschulen. Üblicherweise werden auch die einschlägigen Normen der Umsatzsteuer als Sozialzwecknormen gewertet; letzteres trifft allerdings nach hier vertretener Auffassung nicht uneingeschränkt zu. 4. Diese Normgruppen stehen nicht unverbunden nebeneinander. Vielmehr muss es gerade dem Systemansatz darum gehen, die Bausteine der Subsysteme zu einem Ganzen zusammenzufügen. So ist bei allen Normen über altruistische Investitionen gegebenenfalls das Spannungsverhältnis mit der leistungsfähigkeitsgerechten Besteuerung des Lernenden aufzulösen. Namentlich beim Familienleistungsausgleich sollte eine doppelte Berücksichtigung auf der Ebene des Kindes und der Eltern vermieden werden.16 Von den sozialrechtlich inspirierten Normen wird eine leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerung in der Investitionsphase freilich kaum bedroht, weil sie regelmäßig eine Bedürftigkeit des Empfängers erfordern. Problematisch ist hauptsächlich die Integration mit der leistungsfähigkeitsgerechten Individualbesteuerung in der Verwertungsphase, sobald also das Humankapital eingesetzt wird. Hingegen drohen für die indirekten Befreiungen, aber auch für die direkten steuerlichen Entlastungsnormen mögliche Konflikte mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bereits im Zeitpunkt der Investition.
________________________ 16 Davon geht etwa auch W. Drenseck, StuW 1999, 3, 10 aus.
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Systemoptimierung
III. Gang der Darstellung Dementsprechend widmet sich das Kapitel 9 der Herausarbeitung der Maßstäbe für die Systemoptimierung. Auf Grundlage der zentralen Unterscheidung zwischen den drei Normkategorien wird alsdann in Kapitel 10 das Subsystem der egoistischen Investitionen und in Kapitel 11 das Subsystem der altruistischen Investitionen entwickelt. Kapitel 12 hat das Subsystem der indirekten Förderung von Humankapitalinvestitionen zum Gegenstand. Kapitel 13 fügt die Subsysteme zusammen. Kapitel 14 schließlich geht in den Bereich der Rechtspolitik über. Es zieht insbesondere aus der hier zugrunde gelegten Humankapitalsichtweise die gebotenen Folgerungen und schlägt für die Ertragssteuern de lege ferenda eine Quasi-Aktivierung von Eigeninvestitionen in Humankapital vor.
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Kapitel 9: Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen „Die Erdrosselungssteuer ist das steuerrechtliche Ungeheuer von Loch Ness; keiner hat es gesehen, und alle schreiben darüber.“ Heinrich-Wilhelm Kruse in seinem Lehrbuch des Steuerrechts1
Dieses Kapitel erarbeitet, wie in der Einleitung zum Dritten Teil angekündigt, die Maßstäbe, anhand derer der Bestand der rechtlichen Sätze auf seine Systemhaftigkeit überprüft und Optimierungsbedarf aufgezeigt wird. Von grundlegender Bedeutung für die Darstellung ist dabei die Unterscheidung zwischen zwingenden Vorgaben einerseits und für den Gesetzgeber2 nicht unmittelbar verbindlichen, aber für die Optimierung des Systems heranzuziehenden Wertungen andererseits.3 Der erste Abschnitt behandelt Vorgaben und Wertungen des nationalen Verfassungsrechts, der zweite die des Europäische Gemeinschaftsrechts.4 Der ________________________ 1 2
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H.-W. Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, Allgemeiner Teil, 1991, § 2 II 4 d). Wohl aber für die Rechtsprechung, die nach hier vertretener Auffassung verpflichtet ist, Wertungswidersprüche, die nicht auf einer Anordnung des Gesetzgebers basieren, zu vermeiden, vgl. Kap. 3 II 1 b) (S. 97 ff.). Gemeint ist damit der Bereich, in dem den Grundrechten die Funktion der „Richtlinien und Impulse“ für die drei Gewalten zukommt; zur Formulierung s. BVerfG v. 15.1.1958 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198, 205 (Lüth). Der hier angesprochene Bereich bildet eine Teilmenge der sogen. Objektiven Wertordnung, die sich auch zu Handlungspflichten (dann Vorgabe) verdichten kann, vgl. nur M. Sachs, in K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland II/1, 1988, 927 m. w. N. S. auch die Ansicht von R. Zippelius, VVDStRL 47 (1989), 7, 35, der judizierbare Vorgaben des Gleichheitssatzes „nur aus schwerwiegenden Gründen, denen breiteste Akzeptanz sicher ist“ (Hervorhebung im Original) annehmen will; jenseits dieser Grenzen findet sich zwar keine Möglichkeit zu einer verfassungsgerichtlichen Korrektur, der Gesetzgeber sei dennoch „nicht aus der Pflicht entlassen, auch innerhalb des ihm verbleibenden Spielraums das jeweils erreichbare Maß an Gleichbehandlung und sachangemessenen Differenzierungen anzustreben“. Ausgeklammert wird hier hingegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese gehört zum Völkervertragsrecht. Die wohl noch h. M. weist ihr den Rang des Bundesgesetzes zu, mit dem ihm nach Art. 59 Abs. 2 GG zugestimmt wurde, vgl. J. A. Frowein, Übernationale Menschenrechtsgewährleistungen, in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VII, § 180 Rz. 6 m. w. N.; vgl. aber neuerdings auch K. Vogel, Keine Bindung an völkervertragswidrige Gesetze, FS für P. Häberle, 481 ff. In jedem Fall aber sind nationale Gesetze, wenn der Gesetzgeber keine klare Absicht zum Abweichen von den völkerrechtlichen Verpflichtungen bekundet hat, in Übereinstimmung mit der EMRK
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
dritte Abschnitt zeigt die – zumindest auch – im einfachgesetzlichen Recht verankerten Prinzipien auf.
I. Verfassungsrecht 1. Schutz und Achtung der Menschenwürde Insbesondere Wert- oder Mitgifttheorien einerseits und Leistungstheorien andererseits versuchen die positive inhaltliche Bestimmung5 des Gebots der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde, obschon diese in der praktischen Anwendung zumeist negativ vom Eingriff her definiert wird6. Grob gesagt nehmen erstere – vor naturrechtlich-idealistischem Hintergrund bzw. auf Grundlage der Gottesebenbildlichkeit (imago dei)7 und der sich daraus ergebenden besonderen Auszeichnung des Menschen in der göttlichen Schöpfungsordnung – ohne Rücksicht auf eine Aktualisierungsleistung die Würde des Einzelnen an und erblicken in ihr eine den Menschen auszeichnende Qualität.8 Letztere hingegen sehen in der Würde etwas vom Menschen zu Erlangendes, das er durch den erfolgreichen Prozess der Identitätsbildung und Selbstdarstellung als individuelle Persönlichkeit9 gewinnt.10 Der Prozess soll aber auch scheitern können.11 ________________________
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auszulegen, vgl. nur BVerfG v. 26.3.1987 2 BvR 589/79, 749/81, 284/85, BVerfGE 74, 358, 370. Sie spielt aber bisher im steuerrechtlichen Diskurs noch keine größere Rolle. Vgl. zu dieser Konvention neuerdings freilich P. Baker, European Taxation 2000, 298 ff. sowie das diesem Thema gewidmete Sonderheft der European Taxation 2001, 457 ff. Ebenfalls nicht behandelt werden die übrigen völkerrechtlichen Gewährleistungen eines Rechts auf Bildung (dazu Einleitung I). Vgl. die Übersicht bei H. Dreier, in ders. (Hrsg.), GG, Band 1, 2. Aufl. 2004, Art. 1 Rz. 54 ff. Vgl. nur M. Herdegen, in Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rz. 33 (Stand Februar 2003); Pieroth/Schlink, Grundrechte, 19. Aufl. 2003, § 7 Rz. 358. H. Dreier, in ders. (Hrsg.), GG, Band 1, 2. Aufl. 2004, Art. 1 Rz. 52 weist freilich auf Nachteile der Nicht- und Negativdefinitionen hin. S. etwa Gen. 1, 26–27. Vgl. i. Ü. die Nachweise bei H. Dreier, in ders. (Hrsg.), GG, Band 1, 2. Aufl. 2004, Art. 1 Rz. 5 und H. Schambeck, Grundrechte in der Lehre der katholischen Kirche, in Merten/Papier (Hrsg.), HGR I, 2004, § 8 Rz. 8 ff. sowie R. P. Horstmann, Stichwort „Menschenwürde“, in Ritter/Gründer (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 5, 1980, 1124 ff. auch mit Nachweisen aus der Geschichte des Konzepts. Deutlich etwa G. Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rz. 20 (Stand 1958): Der allgemein menschliche Eigenwert der Würde ist auch als vorhanden zu denken, wenn ein konkreter Mensch … die Fähigkeit zur freien Selbst- und Lebensgestaltung von vornherein nicht hat.“ N. Luhmann, Grundrechte als Institution, 1965, 61.
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Verfassungsrecht
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass beide Theorien komplementäre Ansätze enthalten.12 Namentlich der Gleichheitssatz wird, letztlich zurückgehend auf Samuel von Pufendorf,13 als Ausprägung der Werttheorien verstanden.14 Aus der Zuerkennung von Würde qua menschlicher Existenz ergibt sich der Anspruch auf Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied der rechtlich verfassten Gesellschaft.15 Hingegen erweist ein leistungstheoretisches Würdeverständnis beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dass die Anforderungen an eine Rechtfertigung für Informationen über den Selbstentwurf besonders streng sein müssen.16
2. Leistungsfähigkeitsprinzip Leistungsfähigkeit als Fähigkeit, steuerliche Belastungen zu tragen, entsteht erst nach Bestreitung der Aufwendungen zur Sicherung des Erwerbs des Steuerpflichtigen und seines sowie seiner Unterhaltsberechtigten Daseins.17 Sie wird durch das subjektive und das objektive Nettoprinzip näher bestimmt. Im Folgenden wird der Frage nach deren Verbindlichkeit nachgegangen. ________________________ 10 Vgl. dazu etwa N. Luhmann, Grundrechte als Institution, 1965, 68 ff.; A. Podlech, in Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein (Hrsg.), AK-GG, Art. 1 Abs. 1 Rz. 11 (Stand 2001). 11 Zum Einwand des ungenügenden Schutzes der Aktualisierungsunfähigen vgl. nur H. Hofmann, AöR 118 (1993), 353, 362. Sehr krit. zu Niklas Luhmann auch P. Häberle, in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 22 Rz. 44. 12 Dafür z. B. Stein/Frank, Staatsrecht, 18. Aufl. 2002, § 29 III 2. Nach P. Häberle, in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 22 Rz. 40 entspricht die „pragmatische Integration unterschiedlicher Theorieelemente“ der überwiegenden Ansicht. 13 In seinem Werk „De iure naturae et gentium“ (1672) II 1 § 5 sieht er die Menschenwürde in der Unsterblichkeit der Seele und der Vernunftbegabung begründet. Daraus, dass dies für jeden Menschen gilt, folgert er die Gleichheit der Menschen von Natur aus. 14 G. Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rz. 3 (Stand Mai 1994). S. auch W. Graf Vitzthum, JZ 1985, 201, 203, der unter Berufung auf Kant ausführt: „Kein ‚vernünftiges Wesen’ kann einer Gliederung widersprechen, die in der Selbstachtung kulminiert, in der alle Subjekte auf dem ‚Fuß der Gleichheit’ sind. Die würdebezogene Anerkennung schlechthin muß man jeder Person zuteil werden lassen, weil man sie ganz ursprünglich für sich selbst in Anspruch nimmt.“ 15 Dazu näher Kap. 9 I 4 a) (S. 355 f.). Ebenso M. Herdegen, in Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rz. 113 (Stand Februar 2003) m. w. N. 16 Vgl. auch das Volkszählungsurteil des BVerfG v. 15.12.1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1 ff., das etwa nach Auffassung W. Graf Vitzthums, JZ 1985, 201, 206 in die Richtung der Leistungstheorie geht. 17 So zurecht etwa M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 43 f.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
a) Subjektives Nettoprinzip Vergleichsweise geringe Schwierigkeiten weist inzwischen das subjektive Nettoprinzip auf, das durch eine Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts festgezurrt worden ist.18 Danach muss der Einkommensteuergesetzgeber als Ausfluss einer an der Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung19 dem Steuerpflichtigen das Einkommen bis zu dem realitätsgerecht zu bestimmenden20 Betrag belassen, den dieser zur Sicherung seines persönlichen Existenzminimums und dessen seiner Familie bedarf.21 Die Steuerfreiheit des Familienexistenzminimums ist auch für Einkommen zu beachten, die dieses Minimum übersteigen. Der Gesetzgeber muss die unvermeidbare Sonderbelastung durch Unterhaltsverpflichtungen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG – in seiner Ausprägung als horizontaler Steuergerechtigkeit22 – berücksichtigen. Hingegen ist nicht auf den bürgerlich-rechtlichen Unterhalt abzustellen. Dies wird neben Praktikabilitätserwägungen auch mit dem Verzicht auf die Besteuerung beim unterhaltsberechtigten Kind begründet.23
________________________ 18 Vgl. namentlich BVerfG v. 29.5.1990 1 BvL 20,26,184 und 4/86, BVerfGE 82, 60; v. 12.6.1990 1 BvL 72/86, BVerfGE 82, 198; v. 14.6.1994 1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, 93; v. 10.11.1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216; v. 10.11.1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246; v. 10.11.1998 2 BvR 1220/93, BVerfGE 99, 268; v. 10.11.1998 2 BvR 1852, 1853/97, BVerfGE 99, 273. S. auch die Grundfreibetragsentscheidung BVerfG v. 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153 sowie jüngst die Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhalt gemäß § 1612b Abs. 5 BGB BVerfG v. 9.4.2003 1 BvL 1/01, 1 BvR 1748/01, BVerfGE 108, 52 ff. Anders noch BVerfG v. 23.11.1076 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108. 19 Unzutr. C. Treisch, Existenzminimum und Einkommensbesteuerung, 1999, 340, wonach die Freistellung des Existenzminimums eine Sozialzwecknorm sein soll. 20 Vgl. nur BVerfG v. 22.2.1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214; v. 4.10.1984 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290. Eine Kürzung für Unterhaltszahlungen in das Ausland ist, soweit es um die Anpassung an die dortigen Lebensverhältnisse geht, verfassungsrechtlich zulässig, BVerfG v. 31.5.1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 231 f. 21 BVerfG v. 29.5.1990 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86, BVerfGE 82, 60, 85. 22 BVerfG v. 29.5.1990 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86, BVerfGE 82, 60, 89 unter Berufung auf D. Birk, Die Leistungsfähigkeit als Maßstab der Steuernormen, 1983, 165 und 170. 23 BVerfG v. 29.5.1990 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86, BVerfGE 82, 60, 91. Dem folgend etwa BFH v. 7.3.2002 II R 22/01, BFH/NV 2002, 217 und zuletzt v. 21.11.2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336. Krit. dazu namentlich K. Vogel, Kindesunterhalt im Einkommensteuerrecht, FS für K. Offerhaus, 1999, 47, 55 ff.
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Verfassungsrecht
Dem Grunde nach sind jedenfalls Zahlungen an die derzeit allein zum Ausbildungsunterhalt berechtigten Kinder24 des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.25 Bei der Höhe müssen nach einem Beschluss des Ersten Senats aus dem Jahre 1994 Aufwendungen für die Berufsausbildung von Kindern, und zwar insbesondere für die auswärtige Unterbringung, nicht genauso behandelt werden wie Aufwendungen zur Sicherung von deren Existenzminimum. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz soll jedenfalls ausscheiden, wenn die Absetzbarkeit auf die Hälfte der üblicherweise anfallenden Kosten begrenzt ist.26 Denn die Aufwendungen entstünden nicht mit der gleichen Zwangsläufigkeit wie Unterhaltsleistungen zur Sicherung des Existenzminimums. Ferner kämen Eltern zwar nur noch in Ausnahmefällen in den Genuss der wirtschaftlichen Früchte, seien sie doch in der Regel nicht auf Unterhaltszahlungen angewiesen. Die Aufwendungen seien aber für die Familie nicht ‚verloren’, sondern stellten auf längere Sicht „Investitionen der Eltern in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft ihrer Kinder dar.“ Der Staat müsse – weil sich die Eltern den Aufwendungen nicht beliebig entziehen könnten und diese mindestens ebenso der Allgemeinheit zugute kämen – allerdings einen gewissen Anteil der Ausbildungskosten entweder selbst übernehmen oder ihn wenigstens bei der Besteuerung der Eltern berücksichtigen. Wähle der Gesetzgeber den Weg der Absetzbarkeit von Aufwendungen bei auswärtiger Unterbringung, reiche es aus, wenn er die Absetzbarkeit auf die Hälfte der üblicherweise anfallenden Kosten begrenze, zumal der Staat die Ausbildung durch Bereitstellung des öffentlichen Bildungswesens ohnehin fördere.27 In dieser Entscheidung klingt die ratio der zwischenzeitlich überwundenen Kinderfreibetragsentscheidung aus dem Jahre 197628 wieder an. Darin wurde seinerzeit – neben dem wenig hilfreichen Hinweis auf die vermeintlich regressive Wirkung der Kinderentlastung – darauf verwiesen, dass der Staat die Eltern neben Kindergeld oder Kinderfreibeträgen auch durch weitere kinderbezogene Leistungen entlaste. So trage er ein Schul- und Bildungssystem, das zum ganz überwiegenden Teil aus Haushaltsmitteln und nicht ________________________ 24 Vgl. dazu oben Kap. 8 I 3 (S. 314 f.). 25 Das entspricht der in anderem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach unter Familie jedenfalls die aus Eltern und Kindern bestehende Gemeinschaft zu verstehen sei: BVerfG v. 30.6.1964 1 BvL 16-25/62, BVerfGE 18, 97, 105 f. Ebenso M. Pechstein, Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung, 1994, 86 ff. m. w. N. 26 BVerfG v. 26.1.1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346. Dem folgend etwa BFH v. 15.5.1997 III R 4/96, BStBl. 1997 II, 720; Arnd/Schumacher, NJW 1994, 961, 963. 27 BVerfG v. 26.1.1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, 354 f. 28 BVerfG v. 23.11.1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108 ff.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
über Gebühren finanziert werde. Dadurch erbringe er Leistungen, die zunächst den Eltern der lernenden Kinder zugute kämen und die es ihnen ersparten, für die Bildung der Kinder kostendeckende Preise und Gebühren zahlen zu müssen.29 Der Beschluss erscheint im Übrigen wenig konsequent:30 Wenn es dem Staat wirklich offen steht, die Kosten der Ausbildung selbst zu übernehmen oder sie bei den Eltern hälftig zu berücksichtigen, dann stellt sich die Frage, warum nicht auch der Wert der kostenfrei abgegebenen staatlichen Leistungen einberechnet werden darf – folglich hätte das Gericht überhaupt nicht mehr zu rechnen anfangen müssen. Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob den Eltern der Nutzen für die „Familie“ entgegengehalten werden kann. Denn grundsätzlich hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, gerade nicht die Familie, sondern Individuen bzw. Ehepaare zu besteuern. Schließlich leuchtet nur auf den ersten Blick ein, warum der Unterhalt für die Bestreitung des Existenzminimums in voller Höhe zu berücksichtigen sein soll, der für die Ausbildungskosten bestimmte hingegen nur zur Hälfte. Denn das Existenzminimum mag vielleicht dringlicher erscheinen als eine Ausbildung. Das verkennt jedoch den Grund der Unterhaltspflicht. Diese besteht, eben weil sich der Lernende in Ausbildung befindet und gerade deswegen typisiert leistungsunfähig ist. Dann aber haben Aufwendungen für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung die gleiche Wurzel in der Entscheidung, sich ausbilden zu lassen, und damit typisiert die gleiche Zwangsläufigkeit.31 Daher ist es zu begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht in einer jüngeren Entscheidung32 die Reichweite des Beschlusses zurückdrängt und ihn allein auf die Entlastungsgrundentscheidung, also die Berechnung des typisierten Unterhaltsbedarfs anwendet. Hingegen soll der hälftige Ansatz für die Folgeentscheidung über die sachgerechte Anspruchsbegrenzung bei eigener Leistungsfähigkeit des Kindes im Rahmen des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG nicht gelten.33 b) Objektives Nettoprinzip Herleitung und Bindungsintensität des objektiven Nettoprinzips, wonach Erwerbsaufwendungen, also durch die steuerbare Tätigkeit veranlasste Mittel________________________ 29 BVerfG v. 23.11.1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108, 121. 30 Kritisch auch J. Martens, StRK-A EStG 1975 Allg. R 106; H.-J. Kanzler, FR 1994, 198 f.; B. Paus, DStZ 1994, 433 ff. 31 Hiergegen mag man einwenden, das Existenzminimum müsse auch ohne die Ausbildung bestritten werden. Nur: Regelmäßig ist es Volljährigen, die sich nicht in einer Bildungsmaßnahme befinden, in der Bundesrepublik möglich, ihren Unterhalt selbst zu bestreiten, so dass ihren Eltern keine Unterhaltspflichten entstehen. 32 BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911. 33 BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911, 915.
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Verfassungsrecht
abflüsse, von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden können,34 sind hingegen umstritten: aa) Gleichheitssatz als Grundlage Die in der Wissenschaft wohl herrschende Meinung35 leitet das objektive Nettoprinzip aus dem Gleichheitssatz ab. Sie hält es für ein identitätskonstituierendes Merkmal der Einkommensteuer, das nicht zur Disposition des Gesetzgebers stehe. Dabei handele es sich aber nicht um ein Prinzip mit uneingeschränkter Geltungskraft,36 sondern um eine vom Gesetzgeber selbst statuierte Sachgesetzlichkeit. Er habe sich entschieden, der Einkommensteuer grundsätzlich nur die um Erwerbsaufwendungen gekürzten Erträge zu unterwerfen. Zwar gebe es einige Ausnahmen, mit denen er den Abzug von echten Erwerbsaufwendungen untersage und nicht nur, wie § 12 EStG, die Abgrenzung zur Einkommensverwendung klarstelle.37 Diese bedürften aber der Rechtfertigung und stellten den Grundsatz nicht in Frage.38 Das Bundesverfassungsgericht zeigt sich bisher noch etwas zurückhaltender. Es lässt ausdrücklich offen, ob das objektive Nettoprinzip verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist, erklärt aber jedenfalls eine Durchbrechung des Prinzips bei Vorliegen wichtiger Gründe für zulässig.39 Demgegenüber hat es in jüngerer Zeit die einfachgesetzliche Geltung des objektiven Nettoprinzips und die sich aus dieser Grundentscheidung der Einkommensteuer ergebenden Anforderungen an eine hinreichende Folgerichtigkeit ausdrücklich hervorgehoben.40 Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der damit ge________________________ 34 Etwas anders M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 44, der darunter die Aufwendungen des Steuerpflichtigen versteht, „die der Steuerpflichtige zur Erhaltung und Sicherung seiner Einkommensquelle aufwenden muß.“ (Hervorhebung nur hier). 35 A. M. Boudré, FR 2000, 121, 124 ff.; K. H. Friauf, StuW 1973, 97, 104 ff.; F. Klein, DStZ 1995, 630 ff.; J. Lang, StuW 1985, 10, 16; ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, 60 f. und 183 ff.; H. Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 18. Allgemein zum objektiven Nettoprinzip in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs J. Wolff-Diepenbrock, DStZ 1999, 717 ff.; zu seiner geschichtlichen Entwicklung H. G. Ruppe, DStJG 3 (1980), 103, 108 ff. Krit. aber etwa H. W. Kruse, FS für W. Ritter, 413, 416 ff. 36 So ausdrücklich J. Lang, StuW 1985, 10, 16. 37 Vgl. etwa die bei O. Zugmaier, in HHR, § 2 Rz. 503 (Stand Juli 2003) aufgeführten Durchbrechungen. 38 K. H. Friauf, StuW 1973, 97, 104 ff. Im Ergebnis auch J. Lang, StuW 1985, 10, 16. 39 St. Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG v. 2.10.1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, 64 ff.; v. 7.11.1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103 ff.; v. 7.12.1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 99, 280, 294 ff. 40 BVerfG v. 11.11.1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 290 f.; v. 4.12.2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, 47 f.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
troffenen Belastungsentscheidung bedürften eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes.41 Letztlich konvergiert diese Position mit der auf dem Gleichheitssatz basierenden Auffassung in der Literatur. Die Herleitung aus dem Gleichheitssatz auf dem Wege der vom Gesetzgeber statuierten Sachgesetzlichkeit erscheint zwar zutreffend. Nach hier vertretener Auffassung zur Bedeutung des Systems42 ist aber nur die Rechtsprechung daran gebunden.43 Für den Gesetzgeber ergeben sich hingegen keine besonders starken Fesseln, haben doch Prinzipen bei der Gleichheitsprüfung nur eine strukturierende Funktion. Überhöhte Anforderungen dürfen dabei an die Rechtfertigung nicht gestellt werden.44 Gerade der Bereich der Ausbildung liegt auf einer Verwerfungslinie zwischen Privat- und Erwerbsphäre. Nach hier vertretener Auffassung kommt gerade in diesem Bereich dem Gesetzgeber ein erheblicher Spielraum zu,45 so dass das aus dem Gleichheitssatz begründete Nettoprinzip im Ausbildungsbereich die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers kaum begrenzen wird. Der Gleichheitssatz erschöpft aber die Bindungen der Staatsgewalt noch nicht; vielmehr unterliegt sie zusätzlichen und namentlich für den Gesetzgeber stringenteren Geboten. bb) Finanzverfassung kaum strikter Diese ergeben sich freilich nicht so sehr aus den finanzverfassungsrechtlichen Normen. Zwar kann man durchaus vorbringen, dass die bestehenden Steuern den dort erwähnten entsprechen müssen, wenn dem Gesetzgeber kein Steuererfindungsrecht zukommt.46 Zum verfassungsrechtlichen Grundtyp der Einkommensteuer nach Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG dürfte auch das objektive Nettoprinzip gehören.47 Allerdings fand es der Verfassungsgesetz________________________ 41 BVerfG v. 4.12.2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, 47 f. 42 Vgl. dazu oben Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.). 43 Nämlich wo der Gesetzgeber ihr keine nach Text und Intention eindeutige Norm vorgibt. Diese Bindung ergibt sich, wie in Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.) ausgeführt, auch nicht aus dem Gleichheitssatz. 44 Vgl. oben Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.). 45 Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.). 46 Vgl. zu dieser Diskussion die Nachweise in Fn. 55 zu Kap. 3 III 2 a) (S. 102). 47 Das ist freilich hochgradig umstritten, vgl. etwa J. W. Hidien, BK, Art. 106 Rz. 1448 (Stand Dezember 2002), der keinerlei finanzverfassungsrechtliche Bindung an den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit annehmen will; ebenso K. Tipke, StRO III, 1092. A. A. aber etwa K. Vogel, DStJG 12 (1989), 123, 142 f.; Vogel/Waldhoff, BK, Vorbem. zu Art. 104a–115, Rz. 519 (Stand Dezember 1997). Jedenfalls ein Übergang zu einer reinen Bruttobesteuerung würde in finanzverfassungsrechtlich unzulässiger Weise den Rubikon zu einer Umsatz- (wenn auch nicht:
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Verfassungsrecht
geber im Jahre 1969 bereits mit zahlreichen Durchbrechungen vor. Insbesondere stellte die Abgrenzung der Erwerbs- gegen die Privatsphäre ein immer wiederkehrendes Problem der Einkommensteuer dar. Ausbildungskosten waren demzufolge zu diesem Zeitpunkt nur beschränkt berücksichtigungsfähig. Dafür, dass er von der hergebrachten Ausformung der Steuer abweichen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Grundtyp kann daher nur eine Orientierung am objektiven Nettoprinzip fordern, nicht jedoch dessen idealtypische Verwirklichung. Auch aus dem Überbelastungsverbot des Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 GG folgen nur geringe Schranken für die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers. Die Norm weist eine binnenstaatlich-finanzrechtliche Bedeutung auf,48 die sich trotz ihrer systematischen Stellung bei der Umsatzsteuer auf die gesamte Steuererhebung bezieht.49 Ihr extern-steuerrechtlicher Gehalt ist hingegen in Wissenschaft und verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung noch zu klären.50 Es ist aber davon auszugehen, dass sie den individuellen Steuerzugriff nicht wirksam abzuwehren vermag, zumal sie nicht subjektiv-rechtlich bewehrt ist.51 cc) Steuerstaatsprinzip ohne eigene Bindungskraft Ferner kann man das objektive Nettoprinzip zwar gleichfalls steuerstaatlich motivieren:52 Eine Nichtberücksichtigung der Erwerbsaufwendungen läuft immer Gefahr, nicht nur auf den Ertrag, sondern auch auf die Substanz pri________________________
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Mehrwert-)Steuer überschreiten, so mit Recht Arndt/Schumacher, JöR 118 (1993), 514, 525; ebenso W. Schön, StuW 1995, 366, 368 f. und K. Vogel, Diskussionsbeitrag, Verhandlungen des 57. Deutschen Juristentages, Bd. 2, 1988, N 116. J. W. Hidien, BK, Art. 106 Rz. 943 f. (Stand Dezember 2002). H. Fischer-Menshausen, Unbestimmte Rechtsbegriffe in der bundesstaatlichen Finanzverfassung, in W. Dreißig (Hrsg.), Probleme des Finanzausgleichs I, 1978, 135, 142 f.; K. Vogel, Diskussionsbeitrag VVDStRL 39 (1981), 414 f.; Vogel/Waldhoff, BK, Vorbem. Art. 104a–115, Rz. 582 (Stand Dezember 1997). So J. W. Hidien, BK, Art. 106 Rz. 944 (Stand Dezember 2002); H. Siekmann, in M. Sachs (Hrsg.), GG, 3. Aufl. 2003, vor Art. 104a Rz. 159: Die Diskussion über die verfassungsrechtlichen Grenzen der Abgabenlast habe gerade erst begonnen. Vgl. auch P. Kirchhof, StuW 1985, 319, 322, wonach die Norm kein Maßstab für die Steuergesetzgebung sei. J. W. Hidien, BK, Art. 106 Rz. 944 (Stand Dezember 2002), R. Prokisch, Die Justiziabilität der Finanzverfassung, 1993, 41 f.; Ch. Waldhoff, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Steuergesetzgebung im Vergleich Deutschland-Schweiz, 1997, 257. Dafür namentlich M. Lehner, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 10 f.
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vaten Wirtschaftens zuzugreifen.53 Dem steuerstaatlichen Prinzip als solchem kommt jedoch nach hier vertretener Auffassung keine gesonderte Bindungswirkung zu.54 dd) Ergänzung durch freiheitsrechtliche Vorgaben Durchschlagende zusätzliche Anforderungen ergeben sich jedoch, wenn die gleichheitsrechtliche durch eine freiheitsrechtliche Herleitung ergänzt wird:55 Erst die freiheitsrechtliche Bindung des Steuerzugriffs überwindet die gleichheitsrechtliche Relativität und ermöglicht den Schutz durch die absolute Aussage des Freiheitsrechts.56 Die Freiheitsgrundrechte verbieten – unabhängig davon, wo die genauen Abgrenzungslinien zwischen den einzelnen Grundrechten verlaufen57 – jedenfalls eine erdrosselnde Besteuerung.58 Diese Schwelle ist freilich hoch, was Heinrich-Wilhelm Kruse zu der dem Kapitel als Motto vorangestellten pointierten Formulierung geführt hat. Freilich ist die steuerrechtliche Nessie in der Grundfreibetragsentscheidung vor die Augen der Fachöffentlichkeit getreten. Dort heißt es, dass: „ein Steuergesetz keine ‚erdrosselnde Wirkung’ haben darf: Das geschützte Freiheitsrecht darf nur so weit beschränkt werden, daß dem Grundrechtsträger (Steuerpflichtigen) ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich in Gestalt der grundsätzlichen Privatnützlichkeit des Erworbenen und der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen vermögenswerten Rechtspositionen erhalten bleibt. Hieraus folgt, daß dem der Einkommensteuer unterworfenen Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen soviel verbleiben muß, als er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Be________________________ 53 Die Vermeidung eines derartigen Substanzzugriffs ist eines der Anliegen der Markteinkommenstheorie (Vgl. dazu die Nachweise in Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 103 ff.) und Kap. 5 I 4 vor a) (S. 242)). 54 Dazu oben Kap. 2 I 2 c) (S. 70 ff.). 55 Für eine freiheitsrechtliche Herleitung des Nettoprinzips schon M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 361 ff. und 408 ff. Für eine Abziehbarkeit von Ausbildungskosten aufgrund von Art. 2 Abs. 1 GG bereits C. Weisensee, DStR 1965, 224, 227 f. 56 U. Palm, DStR 2002, 152, 154 f. S. zuvor bereits D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 194 ff., der vor dem Hintergrund des auch um faktische Grundrechtsbeeinträchtigungen erweiterten Eingriffsverständnisses auch nicht intendierte Gestaltungswirkungen an den Freiheitsgrundrechten misst. 57 Ausdrücklich offen gelassen von BVerfG v. 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, 169. 58 D. Birk, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 3 AO Rz. 51 ff. (Stand August 1993) m. w. N.
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rücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG – desjenigen seiner Familie bedarf (‚Existenzminimum’).“59 Die Freiheitsgrundrechte erschöpfen sich darin aber noch nicht. Vielmehr ergeben sich striktere Vorgaben aus einer Kombination der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG. (1) Zum einen schützt die Eigentumsfreiheit des Art. 14 GG. Ob sie gegen die Auferlegung von Lasten auch jenseits einer dem Zugriff auf das Eigentum gleichkommenden steuerlichen Belastung sichern kann, ist freilich immer noch umstritten.60 Das Bundesverfassungsgericht zeigt sich – abgesehen namentlich von der Vermögensteuerentscheidung61 – zumeist ablehnend. Auch in jüngerer Zeit vertrat der Erste Senat die als ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnete Auffassung, Art. 14 Abs. 1 GG schütze nur vor dem konfiskatorischen Steuereingriff.62 Demgegenüber suchen neuere Ansätze den Schutz gegen Steuern auf Grundlage der Eigentumsfreiheit dogmatisch zu fundieren und ihn damit zu intensivieren.63 Insbesondere Paul Kirchhof entnimmt Art. 14 GG Maßstäbe zur Begrenzung von Steuereingriffen.64 Er deutet die Norm weniger als Gebot des Schutzes der einzelnen Eigentumsobjekte als vielmehr des privatnützigen Eigentümerhandelns.65 Geschützt sei nicht nur das (Sach-)Eigentum, sondern auch das Kapitaleinkommen, das die Privatnützigkeit vorhandenen Eigentums realisiere. Arbeitseinkommen sei ebenfalls geschützt.66 Dieses basiere zwar nicht auf dem Einsatz von Eigentum, sei jedoch im Zeitpunkt
________________________ 59 BVerfG v. 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, 169. 60 Vgl. etwa D. Birk, Steuerrecht, 6. Aufl. 2003, Rz. 162; J. Wieland, DStJG 24 (2001), 29, 39 ff. 61 BVerfG v. 22.6.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 138. 62 BVerfG v. 28.1.1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267, 300; v. 12.11.1997 1 BvR 479/92, 307/94, BVerfGE 96, 375, 397. Ebenso auch das ausführliche Sondervotum zum zweiten Urteil von W. Böckenförde, BVerfGE 93, 121, 153. 63 Vgl. dazu die Überblicke mit Nachweisen bei M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 366 ff. S. auch ders., Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 6 f., der die Institutsgarantie heranzieht. 64 Grundlegend P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 213 ff. 65 Prägnant These 7 seines Referats auf der Staatsrechtslehrertagung, VVDStRL 39 (1981), 213 und 282:„Eigentum definiert nicht ein Wirtschaftsgut, das gegen den wirtschaftlichen Zugriff abzuschirmen wäre, sondern umgrenzt den Handlungsspielraum des Eigentümers. Grundlage der Eigentümerfreiheit ist das Gesamtvermögen.“ 66 A. A. aber H.-J. Papier, DVBl 1980, 787, 791, der auf die Berufsfreiheit verweist.
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der Entstehung des Steueranspruchs bereits hinreichend verfestigt, um als wohlerworbenes Recht dem Schutzbereich zu unterfallen.67 Für die Gleichstellung spricht nicht nur die Feststellung vom Funktionswandel des Eigentums, aufgrund dessen heute nicht so sehr das Sacheigentum als vielmehr das Einkommen aus Arbeitsleistung Grundlage individueller Daseinsgestaltung sei.68 Vielmehr streitet dafür nachdrücklich das Konzept des Humankapitals. Das ergibt sich zwar nicht daraus, dass Bildungsinvestitionen einen Bestand erzeugen, der sich in der Möglichkeit zur Generierung höherer Einkünfte niederschlägt und damit die ökonomische Definition von Kapital erfüllt. Aus juristischer Sicht ist aber relevant, dass Arbeitseinkommen Ergebnis monetärer Investitionen und damit Folge, wenn nicht von Eigentumsnutzungen, so doch von Vermögensumschichtungen sein können. Wenn man das Vermögen für von der Eigentumsfreiheit geschützt hält, dann folgt eine Schutzbedürftigkeit von Arbeitseinkommen, insbesondere soweit sie auf den Einsatz von Humankapital zurückgehen. Aus dem eigentumsrechtlichen Ansatz ergibt sich, dass – zumindest typisierend69 – die zur Sicherung und Erhaltung der Erwerbsquelle erforderlichen Aufwendungen die Bemessungsgrundlage vermindern.70 (2) Zum anderen ist die Berufsfreiheit heranzuziehen.71 Art. 12 GG konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung.72 Daraus lassen sich zwei Funktionen herleiten: Erstens muss es dem Bürger möglich sein, durch Erwerb seine Existenzgrundlage zu bestreiten. Zweitens folgt aus der persönlichkeitsbezogenen Dimension, dass er sich durch diese Tätigkeit selbst verwirklichen darf. Die beiden Dimensionen ergeben zusammen das Recht des Bürgers, seine Existenz gerade durch eine von ihm gewählte Tätigkeit zu bestreiten. ________________________ 67 P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 213, 245 f. A. A. aber etwa W.-R. Schenke, Besteuerung und Eigentumsgarantie, in FS für H. Armbruster, 177 f. 68 So insbesondere M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 387 f.; ders. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 6 unter Berufung u. a. auf P. Badura, BayVBl. 1973, 1, 3. 69 U. Palm, DStR 2002, 152, 155. 70 M. Lehner, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 7. 71 Für diese H.-J. Papier, DVBl. 1980, 787, 791, der zugleich darauf verweist, dass es auf eine berufsregelnde Tendenz nicht ankomme. 72 Zuletzt etwa BVerfG v. 20.3.2001 1 BvR 491/96, BVerfGE 103, 172, 183. Den Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit betont für die Eigentumsfreiheit auch M. Lehner, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 7.
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Der Staat darf diese Wahl nicht dadurch beeinträchtigen, dass er den Steuerpflichtigen durch die Einkommensteuer die Möglichkeit zur Ausübung einer grundsätzlich für die Deckung des Existenzminimums ausreichenden Tätigkeit nimmt. Dieser Schluss ist aus der Grundfreibetragsentscheidung wohlbekannt. Man kann ihn auch für das objektive Nettoprinzip heranziehen. Demnach muss der Staat Aufwendungen, soweit sie für die Erzielung und Sicherung der Einnahmen erforderlich73 sind, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigen, wenn andernfalls das Existenzminimum durch diese Tätigkeit nicht mehr bestritten werden könnte.74 Dem kann im unteren Einkommensbereich75 auch nicht entgegengehalten werden, dass sich ein Konsumnutzen neben der Verwendung für die Berufstätigkeit ergibt, wenn die Ausbildung für die Berufstätigkeit erforderlich ist. Denn Art. 12 GG schützt gerade auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Er dient somit einem herkömmlich der Konsumsphäre zugeordneten Ziel. Damit ist das objektive Nettoprinzip im Ergebnis partiell verfassungsfest.76 Der sicherste Weg zur Umsetzung dieser Vorgabe liegt darin, Aufwendungen, soweit sie zu Erzielung und Sicherung des Erwerbs erforderlich sind, auch jenseits des für das Existenzminimum sensiblen Bereichs zum Abzug zuzulassen. Ein darüber hinausgehender Abzug der durch die steuerbare Tätigkeit veranlassten, nicht erforderlichen Aufwendungen ist dagegen nicht zwingend geboten, wenngleich selbstredend zulässig. Dieser Weg ist freilich nur einer der möglichen, wäre doch für untypische Fälle auch ein Billigkeitserlass denkbar, §§ 163, 227 AO. Für die Schutzintensität des Art. 12 GG können im Übrigen keine geringeren Maßstäbe gelten als für Art. 14 GG. Man mag zwar einwenden, die Steuerfreiheit des Existenzminimums ergebe sich daraus, dass dort, wo der Steuerpflichtige die Mittel zur Bestreitung des eigenen und des familiären Existenz benötige, die Besteuerung nicht mehr dem Wohl der Allgemeinheit diene.77 Art. 12 GG unterliege hingegen nicht den qualifizierten Schranken des Art. 14 Abs. 2 GG. Insbesondere fehle der den Umkehrschluss auf die ________________________ 73 Und nicht nur durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sind. Eine solch enge Definition der Erwerbsaufwendungen findet sich etwa im britischen Steuersystem (vgl. Sec. 198 para. 1 Income and Corporation Tax Act 1988). 74 Ähnlich BVerfG v. 11.10.1977 1 BvR 343/73, 1 BvR 83/74, 1 BvR 183,428/75, BVerfGE 47, 1, 21 f. 75 Nach Abzug der notwendigen Erwerbsaufwendungen. 76 Das stimmt im Resultat mit M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 409 überein, der die Eigentumsfreiheit heranzieht. Weitergehend neuerdings M. Lehner, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Verlustberücksichtigung, in ders. (Hrsg.), Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, 1, 7. 77 Grundlegend M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 406; zustimmend etwa H.-J. Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rz. 180 (Stand Juni 2002).
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Privatnützigkeit erlaubende Hinweis auf das Wohl der Allgemeinheit. Jedoch sollte man den Einwand nicht überhöhen: Die Norm des Art. 14 Abs. 2 GG stellt eine Beschränkung dar; eine solche fehlt für die Berufsfreiheit. Dort wird vielmehr als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Tätigkeit um des Ertrags willen ausgeübt wird. Das kommt in der Definition des Berufs zum Ausdruck, wonach die Tätigkeit der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage zu dienen hat.78 Dies legt einen Erst-Recht-Schluss nahe: Die Schranken der zulässigen Begrenzung für eine unter dem Vorbehalt des Wohls der Allgemeinheit stehende Norm müssen erst recht für die vorbehaltslose Norm gelten. Das kann man auch nicht mit Blick darauf, dass aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG der Halbteilungsgrundsatz entwickelt worden ist, in Zweifel ziehen. Denn die Herleitung aus dem Normtext ist, wie die mehrheitlich kritischen Stimmen zeigen, nicht vollständig überzeugend.79 Stellt man auf die Erforderlichkeit einer richterlichen Dezision zur Bestimmung der Grenze ab,80 so muss sie auf die Berufsfreiheit – die nicht nur die Daseinsgrundlage sichert, sondern auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch die den Erwerb sichernde Tätigkeit gewährleistet – übertragen werden. ee) Fazit Fügt man diese Bausteine zusammen, so wird deutlich, dass das objektive Nettoprinzip aus drei sich ergänzenden Quellen gespeist wird. Erstens fordert das relative Prinzip des Gleichheitssatzes vom Gesetzgeber, nur in begründeten Fällen von der selbst statuierten Sachgesetzlichkeit abzuweichen. Diese Vorgabe zeitigt allerdings nach hier zugrunde gelegtem Verständnis eher schwache Wirkungen. Zweitens verbietet die Finanzverfassung den vollständigen Übergang zur Bruttobesteuerung auch in höheren Einkommensbereichen. Im unteren Einkommensbereich81 gebieten Art. 12 GG bzw. Art. 14 GG drittens den Abzug von erforderlichen Erwerbsaufwendungen, soweit andernfalls die Tätigkeit aufgrund des Steuereingriffs zur Bestreitung des Existenzminimums nicht mehr ausreichen würde. Im Bereich von Humankapitalinvestitionen stellt sich freilich wegen der engen Verwobenheit mit der Konsumsphäre82 das Problem der Abgrenzung von Erwerbs- und Konsumsphäre. Dieses steht der Annahme von den Ge________________________ 78 St. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, seit BVerfG v. 11.6.1958 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377, 397. 79 Vgl. nur die Nachweise bei J. Lang, in TL, § 4 Rz. 223, dort Fn. 35–38 und bei M. Möstl, DStR 2003, 720, 724 f., dort Fn. 54. 80 K. Vogel, NJW 1996, 1257, 1258. 81 Nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. 82 Kap. 1 I 3 c) (S. 23 f.).
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setzgeber fest bindenden Vorgaben aus Gleichheitssatz, aber auch Finanzverfassung entgegen. Anderes gilt aber im unteren Einkommensbereich: Dort darf dem Individuum der unvermeidbare Konsumnutzen der Ausbildung nicht entgegengehalten werden, wenn eine Verweigerung des Abzugs einer Ausübbarkeit als Beruf entgegenstehen würde. Die Statuierung einer Abzugsfähigkeit für alle Humankapitalinvestitionen ist allerdings nicht unbedingt geboten. c) Aufwandszuordnung im zeitlichen Gleichlauf mit den Erträgen In der wissenschaftlichen Literatur ist der Status des Periodizitätsprinzip bekanntlich umstritten: Während die überwiegende Ansicht darin lediglich ein technisches Prinzip erblickt,83 schreibt namentlich Paul Kirchhof ihm zur Sicherung der staatlichen „Teilhabe am gegenwärtigen Individualerfolg einer Marktteilhabe“ auch materielle Bedeutung zu.84 Von dieser kontroversen Frage ist die periodengerechte Gewinnermittlung zu unterscheiden. Diese ist für die zweite Position von zentraler Bedeutung, weil andernfalls ein Zugriff auf noch nicht erwirtschaftete Erträge oder umgekehrt ein die staatliche Partizipation gefährdender Aufschub der Besteuerung der Erträge drohen würde. Aber auch die erstgenannte Position, die im Zeitabschnittsprinzip nur ein technisches Prinzip sieht, muss zur Milderung der Folgen des Jahresprinzips einen zeitlichen Gleichlauf der Aufwendungen mit den Erträgen sicherstellen. Dementsprechend ist die Aufwandszuordnung im Gleichlauf mit den Erträgen anzustreben. Freilich ist dies zumeist nur eine Wertung; gegen die Annahme einer umfassenden Vorgabe spricht wiederum nicht zuletzt der gesetzgeberische Spielraum, den Aufwand Erträgen zuzuordnen. Indes wird auch hier eine Ausnahme anzunehmen sein, die der zum objektiven Nettoprinzip eingeforderten entspricht: die zeitliche Aufwandszuordnung zu den Erträgen ist geboten, insoweit andernfalls die Tätigkeit aufgrund des Steuereingriffs zur Bestreitung des Existenzminimums nicht mehr ausreichen würde.85
3. Weitere freiheitsrechtliche Wertungen a) Berufsfreiheit Die verbindlichen Vorgaben der Berufsfreiheit für die Besteuerung erschöpfen sich nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis im objektiven Nettoprinzip. Daneben kann aber – im Bereich der Konkretisierung und Fortbil________________________ 83 R. Beiser, Steuern, 2001, 26 ff.; K. Tipke, StRO II, 2. Aufl., 7554 ff. 84 P. Kirchhof, in ders. (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 2 Rz. 17 f. 85 Vgl. zur Parallelproblematik beim Objektiven Nettoprinzip Kap. 9 I 2 b) dd) (S. 346 ff.).
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dung des Rechts – die Wertung des Art. 12 GG herangezogen werden: Die Norm ermöglicht u. a. die freie Wahl der Ausbildungsstätte. Dieser Wertung wird dann besonders gut Rechnung getragen, wenn die Lernenden nicht durch Besteuerung von bestimmten Ausbildungswegen abgehalten werden und der Staat Hindernisse ausräumt, die einer realen Wahlfreiheit entgegenstehen. In die letztgenannte Kategorie fallen namentlich die in Kapitel 1 erörterten Kreditbeschränkungen bei Humankapitalinvestitionen.86 b) Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung87 ist Maßstab auch für materielle Steuernormen,88 wenn ihre Anwendung Ermittlungen in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen erforderlich macht.89 Daher müssen die Schrankennormen dieses unter Gesetzesvorbehalt stehenden Grundrechts90 dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Das Grundrecht gibt dem Einzelnen die Befugnis, selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Sachverhalte offenbart werden.91 Bisweilen werden Angaben aus dem Schutzbereich ausgenommen, die herkömmlicherweise den Finanzbehörden zu offenbaren sind.92 Zutreffender erscheint es, dass im Steuerrecht dieselbe Eingriffsschwelle gilt, aber wegen der Bedeutung der Informationserhebung für eine leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerung die Rechtfertigung des Eingriffs zumeist gelingen wird. ________________________ 86 Kap. 1 I 3 a) und IV 3 c) (S. 21 f. und 54 ff). 87 Zuerst postuliert in BVerfG v. 15.12.1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1 ff. Zum Informationseingriff im Steuerrecht siehe u. a. P. Kirchhof, Steueranspruch und Informationseingriff, in FS K. Tipke, 27 ff.; K. Lambrecht, DStJG 12 (1989), 79, 115 ff. F. von Hammerstein, Der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre im Steuerrecht, 1993, insbesondere 197 ff. 88 Dazu schon oben Kap. 2 II 1 b) bb) und c) (S. 82 ff.). 89 F. von Hammerstein, Der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre im Steuerrecht, 1993, 201. Vgl. auch das Zinssteuerurteil des Bundesverfassungsgerichts v. 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 274. 90 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 428 Fn. 75 bezeichnet die Frage der Schrankenwahl zutreffend als noch ungelöst. Das Bundesverfassungsgericht tendiert nach anfänglicher Anwendung des Schrankenvorbehalts des Art. 2 Abs. 2 GG nunmehr zum Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG (seit BVerfG v. 15.12.1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1, 44). 91 BVerfG v. 15.12.1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1, 42. 92 BVerfG v. 13.5.1953 1 BvR 93/52, BVerfGE 2, 292, 295. W. Zippelius, in Dolzer/ Vogel (Hrsg.), BK, Art. 1 Abs. 1 und 2, Rz. 84 (Stand Mai 1995) bezeichnet dies als unstreitig.
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Ein Eingriff ist allerdings für Tatsachen abzulehnen, die der Steuerpflichtige selbst mitteilt, um in den Genuss einer geringeren Steuer zu kommen:93 Im Ergebnis ist ein wirksamer Grundrechtsverzicht94 anzunehmen. Insbesondere liegt nicht – als Unterfall des faktischen – ein influenzierender Grundrechtseingriff vor.95 Bei dieser Verknüpfung von Grundrechtsverzicht mit einem Vorteil ist für das Überschreiten der Eingriffsschwelle eine Gesamtschau der Umstände entscheidend,96 in die insbesondere die Schwere der durch den Verzicht beeinträchtigten Rechtsposition sowie die Freiwilligkeit des Verzichts und damit insbesondere die Dringlichkeit, den angebotenen Vorteil zu erhalten, einzubeziehen sind. Für den hier diskutierten Fall ergibt sich, dass die Beeinträchtigung zwar schwer ist, ihr aber ausgewichen werden kann. Die Schwere resultiert daraus, dass Abzugstatbestände namentlich für Humankapitalinvestitionen an sehr persönliche, das Grundrecht erheblich beeinträchtigende Sachverhalte anknüpfen. Der Steuerpflichtige kann sie nach gegenwärtiger Rechtslage, wenn überhaupt, im Jahr des Mittelabflusses geltend machen. Für vorab entstandene Erwerbsaufwendungen muss er jedenfalls nachweisen, dass er bereits die Absicht gefasst hatte, aus einer mit der Investition zusammenhängenden Tätigkeit steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen.97 Er wird somit gedrängt, für das Berufsleben seine Zukunftspläne und damit seinen individuellen Selbstentwurf zu offenbaren.98 In der ________________________ 93 Ebenso H. Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 88 AO Rz. 204 (Stand November 2003) mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. 94 Zur generellen Zulässigkeit vgl. A. Bleckmann, Staatsrecht II – Die Grundrechte, 4. Aufl. 1997, § 15. Im Kontext des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 860. Andeutungsweise auch F. von Hammerstein (1993), 126 ff., insbesondere 129; seine Argumentation für die Leistungsverwaltung, bei der er Informationserteilung grundsätzlich als freiwillig ansieht und damit den Eingriffscharakter verneint, da ansonsten erhebliche Missbrauchsgefahr bestünde und im übrigen nicht die abwehrrechtliche Komponente betroffen sei, könnte auch auf Steuerbegünstigungen übertragen werden. 95 Zu dieser Figur s. etwa H. D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Vorb. vor Art. 1, Rz. 26. 96 H. D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Vorb. vor Art. 1, Rz. 27. 97 S. Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.) zu den Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang. 98 Wenn demgegenüber gesagt wird, der Steuerpflichtige könne zum Schutz seiner Privatsphäre ja etwas anderes als das Geplante angeben, so kann dies schon aus zwei Gründen nicht verfangen: Zum einen, weil eine falsche Auskunft dem Steuerrecht nicht dienen kann, es ihm nicht darum geht, die Fähigkeit, falsche Tatsachen zu behaupten, herauszufinden, und daher die falsche Information keinen relevanten Gehalt für die Realität hat und folglich überflüssig ist, und zum anderen, weil der Steuer-
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Aufgabe, sich selbst zu entwerfen, sich in der Zukunft zu denken, liegt aber ein Kernbereich seiner Freiheit und Würde.99 Die Informationen können daher u. U. sogar zur Gefährdung des Selbstbestimmungsrechts verwendet werden.100 Der Steuerpflichtige kann der Verlockung aber, sofern er seinen Plänen Geheimnischarakter beimisst, in besonnener Selbstbehauptung standhalten und ausweichen. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass der Steuerpflichtige gemäß § 90 Abs. 1 S. 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet ist. Denn die Durchsetzung dieser Pflicht ist unverhältnismäßig, wenn der Steuerpflichtige zu seinem Nachteil bestimmte Angaben nicht machen möchte, zumal das Interesse an einer gleichmäßigen Erhebung der Steuer nicht tangiert ist, wenn Einzelne aus freien Stücken zu viel zahlen.101 Im Regelfall befindet er sich bei Humankapitalinvestitionen auch nicht in einer Zwangslage,102 die seine Entschließungsfreiheit beeinträchtigen würde. Ohnehin würde sich aus der Annahme eines Eingriffs nicht ergeben, dass die vom Steuerpflichtigen offenbarten Informationen im steuerlichen Verfahren außer Betracht gelassen werden müssten.103 Denn insoweit wäre das Vertrauen des Steuerpflichtigen zu schützen, das nur bei einer hier nicht anzunehmenden evidenten Grundrechtswidrigkeit des Versprechens überwunden werden könnte. Damit ist noch nicht gesagt, dass die Gewährung von Vorteilen für die umfassende Schilderung des Selbstentwurfs verfassungsneutral wäre. Vielmehr ________________________
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pflichtige dann an seinen geäußerten Vorstellungen gemessen wird, womit er wiederum in eine Rolle gedrängt wird. (Vgl. zu dieser Problematik etwa A. Bleckmann, Staatsrecht II – Die Grundrechte, 4. Aufl. 1997, § 21 Rn. 48). Vgl. zur individuellen Selbstbestimmung durch Planung und Entscheidung etwa BVerfG v. 15.12.1983 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1, 42 f. So auch K. Bayertz, ASRP 81 (1995), 465, 467, nach dessen Analyse von der neuzeitlichen Philosophie drei zentrale Elemente als für die menschliche Würde konstitutiv herausgearbeitet wurden: neben Rationalität und Autonomie die „Nicht-Festgelegtheit“ des Menschen, der als „einziges irdischen Wesens frei über seine Lebensweise entscheiden und zwischen verschiedenen Varianten wählen kann“. Exemplarisch dafür ist das auf den italienischen Humanisten und Philosophen G. Pico della Mirandola, De hominis dignitate, 1990, 6 zurückgehende Bild vom Menschen als Plastis et Fictor; grundlegend für den Existenzialismus J.-P. Sartre, L’ Etre et le néant, 1943. BVerfG v. 16.7.1969 1 BvL 19/63, BVerfGE 27, 1, 6 ff. Vgl. auch Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.). Zur Relevanz der Zwangslage vgl. BVerfG v. 18.8.1981 2 BvR 166/81, NJW 1982, 375. So auch H. Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 88 AO Rz. 204 (Stand November 2003); K. Tipke, in Tipke/Kruse, § 88 Rz. 13 (Stand Juli 2002).
Verfassungsrecht
wäre es weitaus weniger einschneidend, wenn statt einer ex-ante auf eine expost Perspektive zurückgegriffen werden könnte:104 Die Motivationslage des Investierenden als Kriterium für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit wäre dann nur maßgeblich, wenn die Investition fehlschlägt, wenn also der Lernende das Lernziel nicht erreicht oder wenn er das Humankapital nicht zu Erwerbszwecken nutzen kann.105 Dies wäre hinzunehmen. Denn die Verpflichtung zur Darlegung eines früheren, inzwischen jedoch gescheiterten Lebensentwurfes erscheint weniger intensiv als die Verpflichtung zur Offenbarung des aktuellen.106
4. Allgemeiner Gleichheitssatz a) Prinzipien zur Ermittlung der Ungleichbehandlung Bereits in Kapitel 3 wurde dargelegt, dass Prinzipien eine strukturierende Funktion für die Prüfung von Verstößen gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz aufweisen. Dem entspricht es, wenn die Ausführungen zum objektiven Nettoprinzip im Einkommensteuerrecht die Rolle des Gleichheitssatzes betont haben. Im Bereich der einkommensteuerlichen Behandlung von Humankapitalinvestitionen sind dementsprechend drei Vergleichspaare besonders relevant: Erstens sind Steuerpflichtige, die in Humankapital investieren, mit solchen zu vergleichen, die in Sachkapital investieren. Zweitens bestehen bei den in Humankapital Investierenden Unterschiede in der Behandlung des Paares „Vorab Investierende – Zeitgleich zur steuerbaren Tätigkeit Investierende“. Innerhalb dieses Vergleichspaares ist weiter bezüglich der zeitgleich Investierenden zu unterscheiden, ob ein Bezug zwischen der ausgeübten steuerbaren Tätigkeit und den Investitionen besteht oder nicht. Daneben gilt für die Erbschaft- und Schenkungsteuer das Bereicherungsprinzip,107 das grundsätzlich eine Gleichbehandlung der Erwerbe von Todes
________________________ 104 Dies würde eine Objektivierung ermöglichen, wie sie P. Kirchhof, in KSM, § 2 Rz. A 120 ff. (Stand September 1986) generell fordert. 105 Ein Fehlschlag wäre insbesondere dann anzunehmen, wenn der Erwerb der angestrebten Qualifikation nicht gelingt. 106 Zur sich daraus ergebenden rechtspolitischen Konsequenz später in Kap. 14 II 6 (S. 500). 107 Vgl. nur BFH v. 25.2.1981 II R 114/78, BStBl. 1981 II, 411, 412; v. 22.9.1982 II R 61/80, BStBl. 1983 II, 179, 180; v. 9.8.1983 VIII R 35/80, BStBl. 1984 II, 27, 28; J.-P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 1 Rz. 4; Hermann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 10 Rz. 2 (Stand März 2002).
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wegen mit denen aufgrund von Zuwendungen unter Lebenden fordert.108 Allerdings lässt sich dieses Prinzip relativ leicht überwinden. Das folgt zwar noch nicht aus dem Vorbehalt in § 1 Abs. 2 ErbStG, wonach der Gleichlauf der Schenkung- mit der Erbschaftsteuer dann nicht gelten soll, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich ein anderes anordnet. Denn darin dürfte allerhöchstens ein pauschales Bestreiten liegen, das wie im Zivilprozess nicht ausreichen dürfte: Ansonsten hätte es der Gesetzgeber in der Hand, die Intensität der gleichheitsrechtlichen Überprüfung selbst festzulegen. Das geringe Gewicht des Prinzips ergibt sich aber daraus, dass bei Vorschriften, die wie die Schenkungsteuer nur die Umgehung des Grundtatbestandes verhindern sollen, keine vollständige Gleichstellung mit den Grundtatbeständen zu fordern ist.109 Unterschiedliche Belastungswirkungen stellen daher vergleichsweise niedrige Anforderungen an eine Rechtfertigung, wenn die Belastung durch die Schenkungsteuer hinter der Erbschaftsteuer zurückbleibt.110 b) Neue Formel als Maßstab der Rechtfertigung Auf der Ebene der Rechtfertigung ist zu beachten, dass sich mittlerweile die Prüfungsintensität nach der Neuen Formel111 bestimmt. Ein verfassungsrechtlich beachtlicher Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt daher nicht nur bei Willkür im Leibholzschen112 Sinne, also bei Abwesenheit jeglichen sachlichen Grundes für die Differenzierung, vor. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Ein Verstoß ist daher auch dann anzunehmen, wenn der Staat eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung ________________________ 108 J.-P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 1 Rz. 22 und 27, der diesen Gleichlauf auf die Wertung des § 1 Abs. 2 ErbStG stützt. Gegen eine (direkte) Heranziehung des § 1 Abs. 2 ErbStG zur Anwendung von Schenkungen unter Lebenden auch auf Erwerbe von Todes wegen aber R. Petzold, ErbStG, 2. Aufl. 1986, § 1 Rz. 27. 109 BFH v. 17.4.1985 II R 147/82, BFH/NV 1986, 96, 98. 110 A. A. aber J.-P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 1 Rz. 10. 111 St. Rechtsprechung seit BVerfG v. 7.10.1980 1 BvL 50, 89/79 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88. Krit. zur Neuen Formel freilich Ch. Starck, GG, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 3 Rz. 11. 112 Grundlegend G. Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, 1925. Danach ist dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum für die Frage nach dem, was gerecht ist, anzusehen; nur Willkür als radikale, absolute Verneinung der Gerechtigkeit könne eine Grenze darstellen. Vgl. aber auch den Hinweis von A. Arndt, NJW 1961, 2153, 2154 auf den historischen Kontext der Willkürformel bei Leibholz: Ihr ging es um eine Ausweitung der Reichweite des Gleichheitssatzes, der nach dem überwiegenden Verfassungsverständnis in der Weimarer Republik keine Wirkung gegenüber dem Gesetzgeber entfalten sollte.
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rechtfertigen können.113 Zur Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich des Willkürmaßstabs und dem der Neuen Formel differenziert der Erste Senat tatbestandlich zwischen der Ungleichbehandlung von Sachverhalten und Personengruppen, wobei der strengere Maßstab auch dann gelten soll, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen zur Folge hat.114 Diese Abgrenzung ist als kaum praktisch handhabbar kritisiert worden.115 Der Sache nach jedenfalls folgen beide Senate mittlerweile einer Integration von Willkürverbot und dem Gebot verhältnismäßiger Gleichheit.116 Die Anforderungen an den rechtfertigenden Grund sind mittlerweile zu einem Kontinuum konkretisiert worden.117 Das Bundesverfassungsgericht nimmt desto höhere Anforderungen an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen an, je intensiver die Ungleichbehandlung den Einzelnen beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung wächst, je näher das Differenzierungsmerkmal einem in Art. 3 Abs. 3 GG verbotenen Kriterium kommt. Das lässt sich ohne weiteres vor dem Hintergrund der werttheoretischen Ansätze zur Bestimmung der Menschenwürde verstehen. Den Kriterien ist gemein, dass sie den Einzelnen nicht aufgrund eines von ihm änderbaren Verhaltens, sondern in einem Bereich seines „So-Seins“, seiner persönlichkeitsbedingten Eigenheiten118 treffen: Eine Belastung, die einen Menschen beispielsweise aufgrund seiner Behinderung trifft, ist für ihn unentrinnbar, ein alternatives Verhalten, mit dem er der Steuer ausweichen könnte, besteht nicht – eine Trisomie lässt sich nicht „beheben“. Die für ihn unausweichlichen Diskriminierungen stellen damit seine Stellung als gleichberechtigtes Mitglied in der verfassten Gemeinschaft grundlegend in Frage. Daneben werden die Anforderungen an eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung wegen wachsender Belastung auch dort erhöht, wo diese sich auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten auswirkt.119 Hier besteht zwar theoretisch eine Ausweichmöglichkeit: Knüpft eine Steuer daran an, ob ein Steuerpflichtiger bestimmte Meinungen äußert, ________________________ 113 BVerfG v. 7.10.1980 1 BvL 50, 89/79 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88. 114 Vgl. nur BVerfG v. 22.4.2004 1 BvR 1748/99, 905/00, HFR 2004, 572, Rz. 51. 115 Vgl. nur K. Hesse, Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtssetzungsgleichheit, in FS für P. Lerche, 121, 124 f.; L. Osterloh, in M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 3 Rz. 27 ff. m. w. N. 116 So mit Recht L. Osterloh, in M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 3 Rz. 30 ff. Zur verhältnismäßigen Gleichheit näher R. Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, 189 ff. 117 H. D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 3 Rz. 17. 118 Vgl. etwa BVerfG v. 30.9.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 94. 119 Vgl. auch die einprägsame Formel von G. Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Rz. 135 (Stand 1973), der von der „Präponderanz der Freiheit“ spricht.
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so ist ihm zwar an sich die Wahl eröffnet, ob er die Meinung äußert oder nicht. Die Ausweichreaktion ist aber nicht zumutbar, weil es gerade sein Recht ist, seine Meinung frei und ohne nachteilige Konsequenzen zu äußern. Aus der regelmäßig geringeren Betroffenheit von Freiheitsrechten erklärt sich auch, warum die Anforderungen an die Rechtfertigung einer Belastung grundsätzlich höher sind als an die Rechtfertigung einer Begünstigung.120 Das zuletzt erwähnte Kriterium vermag zu erklären, warum für als solche zu kennzeichnende121 Lenkungssteuern – hier verstanden als Normen, die weder notwendigen noch fakultativen Elementen des Leistungsfähigkeitsbegriffs Rechnung zu tragen suchen,122 sondern den Steuerpflichtigen statistisch zu einem bestimmten Verhalten determinieren sollen123 – gleichheitsrechtlich im Allgemeinen nur geringe Anforderungen gelten können: Sie kennzeichnen sich gerade dadurch, dass der Steuerpflichtige grundsätzlich die Wahl zwischen zwei Verhaltensweisen hat. Diese Wahl wird ihm belassen, wenngleich seine Entscheidung in die vom Staat gewollte Richtung beeinflusst wird. Zu einer Steuerbelastung kommt es daher – bei Einräumung hinreichender Übergangsfristen und genügendem Schutz berechtigten Vertrauens – nur aufgrund einer freien Entscheidung. Gerade in dieser Wahlfreiheit kann aus freiheitlicher Sicht der große Vorteil der Lenkung durch Steuern liegen.124 Man sollte nicht so weit gehen, Lenkungsnormen generell nur nach der Willkürformel zu beurteilen. Zwar mag man die Wirkungen auf grundrechtlich geschützte Freiheiten als Problem der Freiheitsgrundrechte betrachten. Daneben sind aber auch Widersprüche zum Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zweifelsfrei denkbar.125 Sie müssen nicht immer vorliegen: Wird eine ökologisch motivierte Verbrauchsteuer für Wasserverbrauch eingeführt, so sind die Erträge der Vermeidung der Steuer durch Ver________________________ 120 Vgl. nur BVerfG v. 13.7.1965 1 BvR 771/59, 234, 246, 367/61, 17/62, BVerfGE 19, 101, 116; v. 6.12.1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 356 zu benachteiligenden Typisierungen. 121 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuerst BVerfG v. 22.6.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 147 f. 122 Dazu St. Surrey, Pathways to Tax Reform, 1973, 17 f.; K. Vogel, DStZ 1975, 409, 412; ders., StuW 1977, 97, 106. 123 Anders aber die Definition von D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 195, der auf die Gestaltungswirkungen abstellt. 124 Skeptisch allerdings H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, 219 ff. 125 So auch D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 236 ff. Er lässt für eine Rechtfertigung von Gestaltungswirkungen, die mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip kollidieren, nur solche zu, die im Gestaltungszweck zum Ausdruck kommen (a. a. O., 240). Dem folgend etwa M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, 52.
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minderung des privaten Wasserverbrauchs für alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrem Einkommen gleich hoch. Anders liegt es hingegen, wenn die Lenkungsnorm einen Abzug von der Einkommensteuerbemessungsgrundlage eröffnet. Dann kommt es zu einem Vergünstigungseffekt, der mit zunehmendem Einkommen steigt. Dieser Konflikt zwischen Leistungsfähigkeitsprinzip und mit der Lenkungsnorm verfolgtem Sozialzweck ist gegebenenfalls aufzulösen, wozu nur die Verhältnismäßigkeitskomponente der Neuen Formel die erforderlichen Konturen anbietet.126 Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gehen manche generell von einer Ungeeignetheit der Lenkungsnorm aus.127 Das mag in einigen Bereichen durchaus nahe liegen, ist aber nicht zwingend in allen Fällen anzunehmen. Denn es kann dem Gesetzgeber durchaus darauf ankommen, gerade Steuerpflichtige, die den Spitzensteuersatz zahlen, zu bestimmten Maßnahmen zu veranlassen. Die Finanzierung des Aufbau Ost mag hier als Beispiel dienen. Daher ist bei Lenkungsnormen auch zu prüfen, ob die durch sie geschaffenen Vorteile oder Lasten nach Maßstäben verteilt werden, welche aufgrund der verfolgten Lenkungszwecke die Abweichung von der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit rechtfertigen können.128 Nur wenn dies der Fall ist, scheidet ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus. c) Rechtfertigung von Typisierungen Gerade im Steuerrecht sind zahlreiche materielle Typisierungen – hier verstanden als Absehen von weiteren Unterscheidungen, obwohl das (Verfassungs-)Recht weitergehende Differenzierungen erlaubt oder nahe legt129 – anzutreffen. Auch durch Rechtsprechung und Verwaltung postulierte Typisierungen sind Aussagen über den Inhalt materieller Steuertatbestände.130 Sie können sich nicht nur aus der Verwaltungsökonomie rechtfertigen lassen, sondern sich auch auf die Verpflichtung zum gleichmäßigen Vollzug der Steuernormen stützen, der ohne Typisierungen und Pauschalierungen oftmals unmöglich wäre. Auch wenn sie materieller Gleichheit widerspre________________________ 126 Im Ergebnis ebenso, wenn auch ohne Erwähnung der Neuen Formel, D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 240 ff. 127 Tendenziell K. Tipke, StRO I, 1. Aufl. 1993, 365. 128 Ähnlich bereits K. Vogel, DStZ 1975, 409, 414 f. vor Entdeckung der Neuen Formel. Vgl. auch die umfangreichen Nachweise bei K. Tipke, StRO I, 1. Aufl. 365, dort Fn. 356. 129 Ähnlich P. Kirchhof, in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, § 124 Rz. 295. S. dort (a. a. O., Rz. 294) auch mN. zu den anderen Typisierungen iwS. des Gesetzgebers in Form der Hervorhebung des rechtlich Wesentlichen und Rechtsnormen inhärenten Abstraktion. 130 Mit Recht L. Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierung bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992, 57 ff. gegen die bis dahin h. M.
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chen, stehen sie oftmals im Dienste tatsächlicher Gleichheit staatlicherseits angeordneter Regeln.131 Der Zulässigkeit von Typisierungen sind Grenzen gesetzt: Sie sind nur hinzunehmen, wenn die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und wenn die durch sie entstehenden Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären.132 Insbesondere für belastende Typisierungen steigen die Anforderungen an eine Rechtfertigung. Die aufgezeigten Grenzen der Zulässigkeit einer Typisierung verdeutlichen, dass sich die Beurteilung über die Zeit verändern kann: Eine ursprünglich zulässige Typisierung kann sich später als unzulässig erweisen, sei es, weil sich tatsächlich erweiterte Verifikationsmöglichkeiten ergeben haben oder alternative rechtliche Lösungen zu Tage getreten sind, die bei vergleichbarem Verifikationsaufwand die zugrunde liegenden Sachverhalte wesentlich genauer abbilden können, sei es, weil der geregelte Sachbereich eine gewachsene Heterogenität aufweist. Im Bereich der Humankapitalinvestitionen ist jedenfalls letzteres anzunehmen: Die Zahl derjenigen, die aus der staatlichen Regelvorsorge ausbrechen und außerhalb des kostenlosen staatlichen Bildungssektors Humankapital akkumulieren, ist in jüngster Zeit erheblich angestiegen.133 d) Wertung des Gleichheitssatzes streitet für Gleichbehandlung der Kapitalformen Innerhalb der so vorgezeichneten Grenzen verbleibt dem Gesetzgeber, wie bereits angedeutet, ein erheblicher Spielraum. Er darf daher grundsätzlich unterschiedliche Kapitalformen unterschiedlich behandeln; an eine rechtfertigenden Grund sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Freilich stellt sich aus der Perspektive der Investoren die Investitionsentscheidung bei verschiedenen Kapitalformen – unter Beachtung der aufgezeigten Besonderheiten von Humankapital – grundsätzlich vergleichbar dar. Die Einräumung von Spielräumen entlässt daher den Gesetzgeber nicht aus der Verantwortung, auch innerhalb dieses Spielraums eine Gleichbehandlung der verschiedenen Kapitalformen anzustreben, soweit die Besonderheit der Kapitalformen bzw. ihrer Behandlung in anderen Rechtsgebieten – etwa ________________________ 131 S. dazu Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.) zum Spannungsverhältnis zwischen der verifizierbaren Gleichheit und der Gleichheit der Behandlung des „wahren Sachverhalts“. 132 Vgl. nur BVerfG vom 2.7.1969 1 BvR 669/94, BVerfGE 26, 265, 275 f.; v. 8.2.1983 1 BvL 28/79, BVerfGE 63, 119, 128. 133 Vgl. dazu Kap. 1 III 2 c) bb) (S. 42 ff.).
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durch die sozialrechtliche Ausbildungsförderung – nicht ein anderes fordert.134 Diese Wertung ist ferner von der Rechtsprechung umzusetzen.
5. Staatsstrukturprinzipien a) Sozialstaatsprinzip Das Sozialstaatsprinzip fordert auch im Steuerrecht135 die Verwirklichung „sozialer Gerechtigkeit“ durch den Abbau von Wohlstandsdifferenzen,136 also insbesondere von Ungleichheiten in Bezug auf Einkommen oder Vermögen. Das geht über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinaus, wenngleich das genaue Ausmaß dieser Verpflichtung auf die Ergebnisgleichheit unterschiedlich akzentuiert wird.137 Daneben ist das Sozialstaatsprinzip aber auch – der faktischen, nicht bloß rechtlichen – Chancengleichheit138 ________________________ 134 Gemeint sind damit Fälle, in denen eine Ungleichbehandlung noch vertretbar ist. Allgemein zu diesen über das vor dem Verfassungsgericht Einklagbare hinausgehenden Wertungen R. Zippelius, VVDStRL 47 (1989), 7, 35. 135 S. dazu nur BVerfG v. 17.10.1984 1 BvR 527/80, 528/81, 441/82, BVerfGE 68, 143, 152. 136 H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, HStR II, § 28 Rz. 25. BVerfG v. 18.7.1967 2 BvF 3, 4, 5, 6, 7/62; 2 BvR 139, 140/334, 335/62, BVerfGE 22, 180, 204 spricht vom „Ausgleich der sozialen Gegensätze“. Diese Verpflichtung steht im Gegensatz u. a. zu den Freiheitsrechten, wie Montesquieus Vorschlag zur Beseitigung der Ungleichheit erweist: „Pourque les richesses soient également partagées, il faut que la loi ne donne à chacun que le nécessaire physique. Si l’on a au delà, les uns dépenseront, les autres acquéront; et l’inégalité s’établira.“ (Ch. de Montesquieu, De l’ Esprit des Lois, 158). 137 Für eine „grundlegend egalitäre Ausrichtung des Sozialstaatsprinzips etwa D. Schiek, in Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein (Hrsg.), AK-GG, Art. 20 Abs. 1–3 V, Rz. 53 (Stand 2001) unter Berufung auf BVerfG v. 17.8.1956 1 BvB 2/51 BVerfGE 5, 85, 306, wonach das Sozialstaatsprinzip die Gleichheit fortschreitend bis zu dem vernünftigen Maß verwirklichen solle und auf BVerfG v. 22.1.1959 1 BvR 154/55, BVerfGE 9, 124, 133, wonach es die Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten gebiete; ähnlich Stein/Frank, Staatsrecht, 18. Aufl. 2002, § 21 III a. E. Hingegen betont die wohl h. M., dass der soziale Ausgleich in erster Linie nicht auf finanzielle Umschichtungen, sondern auf die Herstellung von Chancengleichheit gerichtet sei, so etwa H. Maurer, Staatsrecht I, 3. Aufl. 2003, § 8 Rz. 76. Zudem ziele das Sozialstaatsprinzip auf die Hebung des allgemeinen Wohlstands und die Ausbreitung der Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum. Die Verbesserung der Lebensverhältnisse der unteren Schichten sei das gemeinsame Ziel der sozialen Bewegung, nicht aber die „Gleichheit im Mangel“, so H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, HStR II, § 28 Rz. 48. 138 Oder wie man wegen der Unmöglichkeit, tatsächliche Gleichheit der Startchancen herzustellen, statt dessen sagen mag: der Chancengerechtigkeit, vgl. nur R. Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 Rz. VIII 41 (Stand 1980).
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verpflichtet.139 Dieses Gebot ist gerade im Bildungsbereich von besonderer Bedeutung:140 So gewährt das Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 12 GG einen Anspruch auf derivative141 Teilhabe an einem staatlicherseits bereitgestellten Bildungsangebot.142 Die beiden Forderungen stehen weder spannungsfrei nebeneinander,143 noch sind sie vor inneren Gegensätzen gefeit. Das verdeutlicht die Unterscheidung dreier Dimensionen der Ungleichheit.144 Die erste besteht in der Ungleichheit im „Querschnitt“ zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie ist durch Abbau von Wohlstandsdifferenzen zu verringern. Die zweite ergibt sich bei einer Betrachtung über den Lebenszyklus. Sie lässt Ungleichheiten als weniger problematisch erscheinen, wenn sie über die Zeit ausgeglichen werden. Das ist für Humankapitalinvestitionen relevant, weil in der Investitionsphase regelmäßig auf Einkommen verzichtet wird und auch die Vermögensmehrung durch die Bildung von Humankapital schwer zu berücksichtigen wäre. Diese Dimension lässt Ungleichheit, die auf Investitionsentscheidungen zurückgeht, vom Gesichtspunkt einer Ungleichheitsaversion als weniger bedenklich erscheinen. Die dritte schließlich sieht im Fehlen intergenerationeller Mobilität einen Fall der Chancenungleichheit. Diese Dimension ist beeinträchtigt, wenn Kinder aus sozial benachteiligten Haushalten auch in der nächsten Generation zu den Unterprivilegierten gehören. Empirisch gesehen sind für die intergenerationell fortbestehende Ungleichheit von Einkommen gerade das Arbeitseinkommen und damit letztlich auch die Humankapitalinvestitionen von überragender Bedeutung.145 Die ersten beiden Dimensionen sind letztlich Formen der Ergebnisgleichheit, die dritte hingegen eine Form der Chancengleichheit. Die Spannungen beispielsweise zwischen der zweiten und der dritten Dimension lassen sich am Beispiel der Diskussion um die Sozialverträglichkeit von Studiengebühren illustrieren: Aufgeklärte Befürworter von „Bildungs________________________ 139 Vgl. nur R. Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 Rz. VIII 41 (Stand 1980). 140 S. nur M. Kittner, in Denninger/Ritter/Simon/Stein (Hrsg.), AK-GG, 2. Aufl., 1989, Art. 20 Rz. 88. 141 Die Frage nach einem Recht auf Bereitstellung von Ausbildungsstätten hat BVerfG v. 18.7.1972 1 BvL 32/70, 25/71, BVerfGE 33, 303, 333 ausdrücklich offen gelassen, keinesfalls aber weiter als eine Evidenzkontrolle ausgedehnt. 142 Damit ist freilich noch nichts über die Frage der Kostenbeteiligung der Lernenden gesagt. 143 Deutlich M. Kittner, in Denninger/Ritter/Simon/Stein (Hrsg.), AK-GG, 2. Aufl., 1989, Art. 20 Rz. 33. 144 Vgl. dazu auch A. B. Atkinson, The Economics of Inequality, 1975, 4 f. 145 T. Piketty, Theories of Persistent Inequality and Intergenerational Mobility, in Atkinson/Bourguignon (Hrsg.), Handbook of Income Distribution, 2000, Kap. 8, 429, 446.
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beiträgen“ können u. a. auf das durch die Humankapitalinvestition erhöhte Lebenseinkommen verweisen. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den Lernenden zusätzlich Transferzahlungen zukommen zu lassen, die nicht zumindest später im Leben auszugleichen seien. Hingegen sehen Gegner von Studiengebühren eine Gefahr für die intergenerationelle Mobilität und damit die tatsächliche Chancengleichheit, wenn ein Studium einen Schuldenberg nach sich zöge, der gerade Kinder aus ärmeren Haushalten die Hochschulausbildung scheuen ließe.146 Dieses Spannungsverhältnis muss der Gesetzgeber als Hauptadressat des Sozialstaatsprinzips147 auflösen. Er darf niemanden hindern, sein Existenzminimum selbst zu verdienen,148 und muss es ihm subsidiär im Wege der sozialrechtlichen Transferleistung gewähren. Dieses Erfordernis trägt der Verpflichtung auf ein Minimum an Ergebnisgleichheit Rechnung. Er wird darüber hinaus die Chancengleichheit und den Zugang zur Bildung in einem beschränkten Umfang dort, wo ein funktionierender Kreditmarkt nicht besteht, wahlweise durch eigene Kreditprogramme oder Transferzahlungen sicherstellen müssen. Hingegen kann er mit Blick auf eine Gleichheit der Lebenseinkommen bestimmte temporäre Ungleichheiten, wenn das Existenzminimum gesichert und die Chancengleichheit nicht gefährdet ist, außer Betracht lassen. Er wird dabei zu bedenken haben, dass die Humankapitaltheorie einen erheblichen Teil der beobachteten Einkommensunterschiede zu erklären vermag.149 Entscheidet er sich zu einer Umverteilung, so muss er entsprechend dem hier vertretenen realwissenschaftlichen Ansatz150 die Auswirkungen der Umverteilung auf die Humankapitalinvestitionen berücksichtigen. b) Art. 109 Abs. 2 GG Weiterhin ist die Staatszielbestimmung des Art. 109 Abs. 2 GG zu beachten, die Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht verpflichtet. Unter Haushaltswirtschaft werden nach allgemeiner Ansicht alle unmittelbar auf die Einnahmen und Ausgaben ________________________ 146 So wohl D. Schiek, in Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein (Hrsg.), AK-GG, Art. 20 Abs. 1–3, Rz. V 53, dort in Fn. 193 (Stand 2001). 147 Statt vieler K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland I, 2. Aufl. 1984, § 21 II 3. 148 Dabei handelt es sich um einen sozialstaatlichen Abwehranspruch, vgl. dazu nur M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 338. 149 Vgl. zur Erklärung der Verteilung der Arbeitseinkünfte Neal/Rosen, Theories of the Distribution of Earnings, in Atkinson/Bourguignon (Hrsg.), Handbook of Income Distribution, 2000, Kap. 7, 379 ff. 150 Dazu Einleitung II (S. 5 ff.).
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bezogenen Vorgänge151 verstanden, und damit auch die Festlegung der Steuergesetze. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht als Ziel fordert nach herkömmlicher Deutung neben Preisniveaustabilität, niedriger Arbeitslosigkeit und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht auch angemessenes Wirtschaftswachstum.152 Zwar ist aus der Norm kein bestimmtes, feststehendes Ergebnis abzuleiten. Sie ist auch nur beschränkt justiziabel.153 Sie muss aber in den Entscheidungsprozeß einbezogen werden154 und dies als unmittelbar geltende Verpflichtung, nicht nur als bloßer Programmsatz.155 Die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers über die Mittel zur Erreichung des Ziels „gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“ waren keynesianisch geprägt.156 Gleichwohl war man sich der wissenschaftlichen Beschränktheit und Zeitgebundenheit bewusst. Man hat daher glücklicherweise nicht den damals weit verbreiteten157 Glauben an die Richtigkeit der keynesianischen Theorie normativ verankert.158 Mit der Zurückdrängung dieser Theorie in der ökonomischen Lehre ist die Norm daher nicht nach dem Grundsatz „cessante ratione cessat lex ipsa“159 wirkungslos geworden. Vielmehr ist die Norm entsprechend den gesicherten Erkenntnissen der Ökonomik auszulegen.160 Ihr kommt über die Haushaltspolitik hinausgehend eine Leitfunktion zu, wonach die Verwirklichung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ein von Verfassungs wegen legitimes Gemeinwohlinteresse darstellt. Dieses ist generell geeignet, auch Grundrechtseingriffe zu
________________________ 151 Vgl. nur H. D. Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2003, Art. 109 Rn. 1 m. N. 152 BVerfG v. 18.4.1989 2 BvF 1/82, BVerfGE 79, 311, 338. Vgl. freilich ohne Bindungskraft für die Verfassung auch § 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz. 153 BVerfG v. 15.12.1989 2 BvR 436/88, NVwZ 1990, 356, 357. 154 H. Siekmann, in M. Sachs, GG, 3. Aufl. 2003, Art. 109 Rn. 20. P. Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, I 84 sieht in der Norm eine Staatszielbestimmung, eine Ansicht, die auch in den Beratungen des Rechtsausschusses vom Abg. Benda (CDU/CSU) geäußert wurde (5. Deutscher Bundestag, Beratungen des Rechtsausschusses, 17. Sitzung am 22. September 1966, StenProt. 50 „eine Art Staatszielbestimmung“). 155 Ch. Hillgruber, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl. 2001, Art. 109 Rz. 88. 156 Zur Entstehungsgeschichte und dem keynesianischen Hintergrund vgl. statt vieler Ch. Hillgruber, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl. 2001, Art. 109 Rz. 60 ff. 157 Der republikanische US-Präsident Richard Nixon soll 1971 geäußert haben: „We are all Keynesians now.“ 158 Vgl. BVerfG v. 18.4.1989 2 BvF 1/82, BVerfGE 79, 311, 338. 159 Vgl. dazu etwa K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, 351; W. Löwer, Cessante ratio legis cessat ipsa lex, 1989. 160 Die Offenheit der Norm für wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt betont auch BVerfG v. 18.4.1989 2 BvF 1/82, BVerfGE 79, 311, 338.
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legitimieren.161 Die Norm kann daher mit der gebotenen Vorsicht zum Einfallstor der ökonomischen Analyse162 werden. Für die Besteuerung bedeutet dies beispielsweise, dass maßvolle Durchbrechungen des Leistungsfähigkeitsprinzips dann gerechtfertigt sein können, wenn diese zur Förderung des – im Übrigen auch sozialstaatlich gebotenen163 – stetigen Wirtschaftswachstums erforderlich sein sollten. Das ist im Bereich der Humankapitalinvestitionen tendenziell anzunehmen, wenngleich hier vollständig gesicherte Ergebnisse noch fehlen.164 Allerdings erscheint eine mit Blick auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht verfassungskonforme Auslegung von einfachgesetzlichen Normen wegen dessen großer Unschärfe kaum möglich. c) Subsidiaritätsprinzip kein generelles Prinzip des Grundgesetzes Die neuere steuerrechtliche Literatur165 greift verstärkt auf das Subsidiaritätsprinzip166 zurück. Dieses beinhalte die Wertung, dass der Mensch vorrangig für sich selbst und seine Familie zu sorgen habe.167 Der Staat solle demgegenüber nur diejenigen Aufgaben übernehmen, die der Einzelne bzw. eine Gruppe von Individuen nicht mehr bewältigen könne.168 Gleichzeitig ________________________ 161 So zu Recht Ch. Hillgruber, in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl. 2001, Art. 109 Rz. 100. 162 Zur Rolle der ökonomische Analyse im öffentlichen Recht vgl. etwa van Aaken/ Schmidt (Hrsg.), Beiträge zur ökonomischen Theorie im öffentlichen Recht, 2003; Engel/Morlok (Hrsg.), Öffentliches Recht als Gegenstand ökonomischer Forschung, 1998. 163 P. Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, D 39 m. w. N. und der zutreffenden Einschränkung, dass das gewünschte Wirtschaftswachstum letztlich von der Initiative und Leistungskraft unternehmerischen Handelns abhänge. 164 Zu den Wachstumsauswirkungen einer Besteuerung von Humankapitalinvestitionen vgl. oben Kap. 1 III 2 b) und IV 3 b) aa) (S. 38 ff. und 51 ff.). 165 Grundlegend M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, passim; H. Butzer, Freiheitsrechtliche Grenzen der Sozial- und Abgabelast, 1999, 79 ff.; M. Jachmann StuW 1996, 97, 103 f.; R. Seer, FR 1999, 1279, 1284 ff.; Seer/Wendt, NJW 2000, 1904, 1906. 166 Dieses Prinzip hat, wenn es auch nicht auf die katholische Soziallehre zurückgeht, doch mit der Encyclica Quadragesimo Anno eine richtungsweisende Ausprägung erhalten: „Wie dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und aus eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen;“ (Quadragesimo Anno Nr. 79 in der offiziellen vatikanischen Übersetzung, Acta Apostolica Sedis (AAA), XXIII (1931), 203). 167 H. Butzer, Freiheitsrechtliche Grenzen der Sozial- und Abgabelast, 1999, 82. 168 R. Seer, FR 1999, 1280, 1285.
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beinhalte es den Auftrag, die „kleineren“ Gesamtheiten zu befähigen, die Aufgabe selbst zu übernehmen. Man könnte diesen Gedanken heranziehen, um die Kosten für Bildungsmaßnahmen eines Lernenden, der aus der staatlichen Regelvorsorge für den Humankapitalaufbau ausschert und sich selbst versorgt, steuerlich berücksichtigungsfähig zu machen, sei es für den Lernenden selbst, sei es für seine Eltern.169 Es sind freilich unterschiedliche Dimensionen der Subsidiarität zu unterscheiden:170 Die Subsidiarität kann erstens zwischen Individuum bzw. der qua Art. 6 Abs. 1 GG normativ stark verdichteten Einheit der Familie einerseits und dem Staat andererseits bestehen. Sie kann zweitens zwischen verschiedenen Ebenen der Staatlichkeit angeordnet sein, vgl. Art. 5 Abs. 2 EG und Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG,171 oder drittens im Verhältnis Staat-Gesellschaft angenommen werden, was allerdings hochgradig umstritten ist.172 Im Steuerrecht ist primär die erste Dimension beachtlich. Das Bundesverfassungsgericht hat auf Grundlage eines freiheitsrechtlichen Ansatzes und in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung in der Wissenschaft173 einen besonderen174 Fall der Subsidiarität im Verfassungsrecht angenommen: Der Steuergesetzgeber muss dem Steuerpflichtigen von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt.175 Dies harmoniert mit dem Sozialhilferecht,176 wo ausdrücklich eine Subsidiarität angeordnet ist, § 2 Abs. 1 BSHG. ________________________
169 Dafür in der Tat im Kontext des Schulgeldes nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EStG St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 74. 170 Die Unterscheidung der verschiedenen Dimensionen ermöglicht es, die Unschärfen des Begriffs der „kleineren Gemeinschaften“, die im Sinne einer größeren Dienlichkeit zur Vervollkommnung seiner Persönlichkeit auszulegen ist (vgl. R. Herzog, Schlagwort „Subsidiaritätsprinzip“, in Kunst/Herzog/Schneemelcher (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, 2. Aufl. 1975) auf das Spannungsfeld Gesellschaft-Staat zu reduzieren. 171 Zur Frage, ob sich das Bundesstaatsprinzip aus dem Subsidiaritätsprinzip erklären lässt, s. nur P. Lerche, Föderalismus als nationales Ordnungsprinzip, VVDStRL 21 (1964), 66, 74 f. 172 S. nur R. Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 ff.; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968 (2. Aufl. mit Nachtrag 2001) sowie aus neuer Zeit HansHeinrich Rupp, HStR II, § 31 Rz. 51 ff. sowie Th. Oppermann, JuS 1996, 569 ff. 173 Vgl. nur M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, 344 m. w. N. dort in Fn. 69. 174 Die Sicherung des Existenzminimums ist deswegen ein besonderer Fall, weil die Erfüllung dieses Bedarfs per definitionem unausweichlich ist. 175 BVerfG v. 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153. 176 Zum Verhältnis zwischen (Einkommen-)Steuerrecht und Sozialhilferecht umfassend M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993.
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Verfassungsrecht
Eine darüber hinausgehende umfassende Subsidiarität im Verhältnis StaatBürger kann als zwingend vom Gesetzgeber zu beachtende Vorgabe nicht anerkannt werden. Insbesondere findet die Behauptung, der Steuerbürger müsse, wenn er auf die Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung verzichte und sie durch eine entgeltlich erworbene Leistung ersetze, die aufgewandten Kosten von der Bemessungsgrundlage absetzen können, in dieser Generalität im Grundgesetz keine Stütze. Eine ausdrückliche Normierung findet sich nicht.177 Auch die Rechtsprechung erkennt das Prinzip nicht generell an.178 Eine solche Regel würde darüber hinaus erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten provozieren, wann die staatliche Leistung „ersetzt“ wäre. Sie würde sich auch dem Verdacht aussetzen, die staatliche Einnahmenseite entgegen dem haushaltsrechtlichen Trennungsprinzip mit der Ausgabenseite zu verknüpfen. Aus der Regel würden sich zudem äußerst zweifelhafte Folgen ergeben: Die Annahme einer Leistungsfähigkeitsreduktion durch freiwillige Übernahme von Staatsaufgaben kann zu einer weitgehenden Erosion der Bemessungsgrundlage führen. Das mögen die folgenden, vielleicht überzeichneten Beispiele illustrieren: Zu den staatlichen Aufgaben gehört nicht nur die Schulbildung. Vielmehr rechnen dazu ebenso die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit nach innen und außen, aber auch die Bereitstellung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Man könnte sich dann konsequenterweise auf den Standpunkt stellen, ein Steuerpflichtiger, der sein Anwesen von einem privaten Wachdienst schützen lässt, entlaste insoweit die Polizei und müsse die Kosten absetzen können.179 Soll das auch für den Privatpool statt des gemeindlichen Schwimmbads gelten?180 ________________________ 177 Zu den Ansätzen zu einer Verankerung im Grundgesetz, allerdings nicht nach den hier getrennten Dimensionen unterscheidend, s. etwa Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, 29. Aufl. 1998, § 11 III 5. 178 Zwar werden in besonderen Bereichen gesellschaftliche Organisationen gegen staatliche Konkurrenz geschützt, vgl. etwa BVerfG v. 18.12.1974 1 BvR 430/65 und 259/66, BVerfGE 38, 281, 303 zum Schutz der Gewerkschaften vor der Konkurrenz der öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmerkammern. Darin eine Grundlage für eine Verallgemeinerung zu sehen, wie dies J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2001, 366 in seinen luziden Ausführungen annimmt, dürfte freilich von Standpunkt des positiven Rechts her nicht überzeugen. Denn in der Entscheidung wird nicht auf den Schutz vor staatlicher Konkurrenz abgestellt, sondern nur darauf verwiesen, dass es – gerade für die institutionell garantierten Koalitionen – dem freien Verband nicht unmöglich gemacht werden dürfe, eine dem Rahmen seiner Zielsetzung zugehörige Tätigkeit auszuüben. Vielmehr dürfte der Beschluss, der die Verfassungsbeschwerden abwies(!), im Gegenteil eher gegen die generelle Geltung des Subsidiaritätsprinzips sprechen. 179 Die Bewachung als solche unterfällt noch nicht dem staatlichen Gewaltmonopol. 180 Vgl. etwa Art. 11 Abs. 2; 83 Abs. 1 BV.
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Und was ist mit der privaten Kunstsammlung anstelle des örtlichen Museums?181 Stellte man gar pauschal darauf ab, dass die Aufwendungen für eine grundrechtlich geschützte Tätigkeit gemacht werden, so ließe sich das unschwer schon durch einen Verweis auf die „Reiten im Walde“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts182 widerlegen. Denn danach ist grundsätzlich der gesamte Bereich menschlicher Handlungen, die keine Rechte Dritter berühren, freiheitsrechtlich geschützt. Nähme man die Advokaten beim Wort, so müssten sie daraus letztlich folgern, alle Ausgaben für Güter und Dienstleistungen seien zum Abzug von der Bemessungsgrundlage zuzulassen. Bedenkt man nun, dass das (Netto-)Einkommen eines Individuums nur entweder konsumiert oder aber gespart werden kann, so wird deutlich, dass sie den Staat allein auf die Besteuerung der Ersparnisse verweisen müssten – ein sicherlich nicht gewolltes Ergebnis. Für den Bildungsbereich bedeutet dies, dass keine Verpflichtung für den Gesetzgeber besteht, Aufwendungen für Humankapitalinvestitionen zum Abzug zuzulassen. Dies gilt auch dann, wenn dadurch staatliche Leistungen ersetzt werden können. Freilich erscheint es dem Gesetzgeber möglich, eine Subsidiarität in dem Sinne zu statuieren, dass Bürger steuerlich belohnt werden, wenn sie staatliche Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen. Es können sich dann freilich, wie die Diskussion um den anteiligen Sonderausgabenabzug für Privatschulgelder nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zeigt, Probleme in Hinblick auf den Gleichheitssatz ergeben.183
II. Grundfreiheiten des Europarechts Zwar bestehen grundsätzlich keine umfassenden Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der direkten Steuern. Die Mitglieds________________________ 181 Gegen die Beispiele lässt sich auch nicht einwenden, sie seien einer Privatschule nicht hinreichend vergleichbar, weil der Staat hier kaum Kosten erspare. Denn zum einen ist auf der Seite der Privatschule nicht vollständig klar, ob der Staat in Anbetracht der Förderung insbesondere von Ersatzschulen wirklich durch sie Geld spart. Zum anderen aber ist auch nicht klar, ob der Staat bei den öffentlichen Schulen wirklich dadurch Geld spart, dass der Schüler statt der öffentlichen eine private Schule besucht. Die (Grenz-)Kosten des zusätzlichen Schülers werden nämlich oftmals (fast) null sein. Das aber ist dem Museum und der öffentlichen Badeanstalt durchaus vergleichbar. 182 BVerfG v. 6.6.1989 1 BvR 921/85, BVerfGE 80, 137. 183 Dazu näher Kap. 11 I 2 a) (S. 442 ff.).
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Grundfreiheiten des Europarechts
staaten sind aber, wie der Europäische Gerichtshof immer wieder betont,184 bei der Ausgestaltung ihres nationalen Rechts an die Grundfreiheiten gebunden. Sie haben ihre Befugnisse daher unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts auszuüben. Für Humankapitalinvestitionen sind namentlich die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit von Bedeutung. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist hingegen regelmäßig nicht betroffen, da sie Humankapital nicht erfasst.185 Wegen der sowohl für den Tatbestand der einzelnen Grundfreiheiten als auch für die Rechtfertigungsebene zu beobachtenden Konvergenz der Anforderungen186 sollen im Folgenden zunächst die Tatbestandsebene der Grundfreiheiten und danach die möglichen Rechtfertigungsgründe jeweils zusammenhängend erörtert werden.
1. Tatbestandsebene a) Der persönliche Schutzbereich weist für Humankapitalinvestitionen keine wesentlichen Schwierigkeiten auf: Jeder Unionsbürger (Art. 17 EG) kann sich auf die Grundfreiheiten berufen. Art. 48, 55 EG stellen Gesellschaften sowie juristische Personen für die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit diesen gleich. b) Der sachliche Schutzbereich verlangt einen Sachverhalt innerhalb des Hoheitsgebiets der EU-Mitgliedsstaaten mit grenzüberschreitendem Charakter. Zudem ist mit Blick auf den Binnenmarktbezug der Grundfreiheiten eine Entgeltlichkeit der Leistungen, die erworben oder angeboten werden sollen, zu fordern.187 Bedeutsam ist das dann, wenn Gleichbehandlung von oder mit unentgeltlichen Aktivitäten verlangt wird: Hier scheiden die Grundfreiheiten aus. Es kommt nur das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG und das allgemeine Freizügigkeitsrecht, Art. 18 Abs. 1 EG, in Betracht. Das ist für Humankapitalinvestitionen namentlich bei der Dienstleistungsfreiheit virulent geworden: Der Rechtsprechung des EuGH war zunächst nur zu entnehmen, dass eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit nicht in Betracht kam, wenn der Anbieter im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanziert ________________________ 184 Vgl. zuletzt nur EuGH v. 11.3.2004 Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 Rz. 44 – de Lasteyrie du Saillant m. w. N. 185 Zum Begriff des Kapitalverkehrs s. nur Ch. Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit, 2002, Art. 56 Rz. 15 ff. 186 A. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, 130 ff. spricht für die Rechtfertigungsgründe von einer „Gegenkonvergenz“. 187 S. für die Arbeitnehmerfreizügigkeit EuGH v. 12.12.1974 Rs. 36/74, Slg. 1974, 1405 – Walrave und Koch.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
wurde und keinen Gewinn zu erzielen versuchte. Umgekehrt fand die Freiheit dort Anwendung, wo der Anbieter im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert wird und einen Gewinn zu erzielen versucht.188 Die noch zu Art. 60 EGV (jetzt Art. 50 EG) ergangene Entscheidung in der Rechtssache Danner189 sieht jedoch ohne weiteres das Wesensmerkmal des Entgelts im Sinne der Norm darin, dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt. Die Rentenbeiträge bei der Ärzteversorgung und der BfA, so fährt der EuGH fort, stellten wirtschaftlich die Gegenleistung für die nach Beendigung der Berufstätigkeit gezahlten Renten dar. Sie wiesen daher zweifellos für die beiden Versicherungsträger Entgeltscharakter auf. Da die BfA als staatliche Anstalt, aber auch die Ärzteversorgung als Körperschaft öffentlichen Rechts ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, wird deutlich, dass der seinerzeit nicht eindeutige Mittelfall der im Wesentlichen durch eigene Beiträge der Begünstigten finanzierten und ohne Gewinnerzielungsabsicht unternommenen Leistungserbringung der Dienstleistungsfreiheit unterfällt. Diese Sichtweise erscheint konsequent, da der EuGH die passive Seite der Dienstleistungsfreiheit mittlerweile stark betont. Für die Sicht des Konsumenten ist es regelmäßig nicht bedeutsam, ob der Anbieter Gewinn anstrebt oder nicht. Er wird vielmehr nach dem Preis und der Qualität der angebotenen Dienstleistung selektieren. c) Die Grundfreiheiten besitzen eine doppelte strukturelle Reichweite:190 Einerseits verbieten sie die mittelbare und unmittelbare Benachteiligung ausländischer Staatsangehöriger (gleichheitsrechtliches191 Diskriminierungsverbot). Andererseits untersagen sie eine Benachteiligung von grenzüberschreitenden gegenüber vergleichbaren rein innerstaatlichen Wirtschaftsvorgängen (Beschränkungsverbot). Damit wird über das Gebot der Inländergleichbehandlung bei In-bound-Sachverhalten hinaus ein an den Herkunfts________________________ 188 EuGH v. 27.9.1988 C-263/86, Slg. 1988, 5365 – Humbel und Ebel; v. 7.12.1993 C-109/92, Slg. 1993, I-6447 – Wirth. S. aber auch schon den Antrag des Generalanwalts van Gerven, C-19/92, Slg. 1993, I-1663-Kraus, Tz. 20, der die Dienstleistungsfreiheit namentlich dann für anwendbar hielt, „wenn die Programme so angelegt sind, daß sie vollständig oder zum größten Teil nicht aus dem Staatshaushalt, sondern durch die Teilnehmer an dem betreffenden Programm oder durch Personen finanziert werden, die die Studien dieser Teilnehmer … bezahlen oder finanziell unterstützen.“ A. A. St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 97 f. 189 EuGH v. 3.10.2002 Rs. C-136/00, Slg. 2002, I-8147. 190 Vgl. nur A. Cordewener, DStR 2004, 6, 8; M. Lehner, DStJG 23 (2000), 263, 267 ff.; W. Weiß, EuZW 1999, 493, 496 f. je m. w. N. 191 Vgl. nur M. Lehner, Steuergerechtigkeit in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, FS für K. Offerhaus, 117 ff., insbes. 122 f.; ders. DStJG 23 (2000), 263, 266.
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Grundfreiheiten des Europarechts
staat bei Out-bound-Fällen gerichtetes Verbot statuiert, Auslandsinvestitionen durch Benachteiligung gegenüber vergleichbaren Inlandsfällen zu behindern.192
2. Rechtfertigung Seit dem Gebhard-Urteil trägt die Rechtsprechung des EuGH ein einheitliches Schema an die Rechtfertigung von Beschränkungen von Grundfreiheiten heran.193 Nationale Maßnahmen, welche die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen, müssen demnach für eine Rechtfertigung vier Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, ein berechtigtes und mit dem EG-Vertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgen und durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie zur Gewährleistung der Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein. Sie dürfen ferner nicht über das zur Erreichung des Ziels Erforderliche hinausgehen.194 Während die ausdrücklichen Rechtfertigungsklauseln im Steuerrecht keine Rolle spielen195 und die bloße Vermeidung von Steuermindereinnahmen nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses in Betracht kommt,196 sind die Missbrauchbekämpfung,197 die wirksame steuerliche Kontrolle198 und die Kohärenz grundsätzlich anerkannt. Für Humankapitalinvestitionen ist freilich nur die Kohärenz von Interesse. Daneben ist auf das Territorialitätsprinzip einzugehen.
________________________ 192 S. dazu nur EuGH v. 13.4.2000 Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-2787 Rz. 28 – Baars m. w. N. Bisweilen stellt der EuGH auch darauf ab, ob die Benachteiligung den Steuerpflichtigen von der Grenzüberschreitung abhalten kann, vgl. in diese Richtung etwa EuGH v. 11.3.2004 Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 Rz. 46 – de Lasteyrie du Saillant m. w. N. 193 EuGH v. 30.11.1995 Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 Rn. 37 – Gebhard, im Folgenden ergänzt um die Modifikationen durch das Urteil EuGH v. 15.5.1997 Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471, Rz. 26 – Futura Participations und Singer. 194 EuGH v. 30.11.1995 Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rn. 37 – Gebhard. 195 Vgl. nur A. Cordewener, DStR 2004, 6, 8. 196 EuGH v. 16.7.1998 Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695, Rz. 28 – ICI; v. 8.3.2001 C-397/98 und 410/98, Slg. 2001, I-1727 Rz. 59 – Metallgesellschaft. Zu weiteren nicht als Allgemeininteresse anerkannten Belangen s. E. Reimer, Die Auswirkungen der Grundfreiheiten auf das Ertragssteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland, in M. Lehner (Hrsg.), Grundfreiheiten im Recht der EU-Staaten, 2000, 39, 63 f. 197 Vgl. zuletzt etwa EuGH v. 11.3.2004 Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 Rz. 44 – de Lasteyrie du Saillant m. w. N. 198 Sehr restriktiv dazu etwa EuGH v. 16.7.1998 Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695, Rn. 26 – ICI.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
a) Kohärenz Wenngleich die Berufung auf eine Kohärenz der nationalen Regelung bisher nur selten von Erfolg gekrönt war,199 spielt sie nicht nur in der Literatur eine weitaus bedeutendere Rolle als die vorgenannten Kriterien,200 sondern erscheint auch als Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung zielführend.201 Sie ist freilich nur unter engen Voraussetzungen möglich: Die Notwendigkeit einer Kohärenz des Steuersystems kann eine die Grundfreiheiten einschränkende Regelung nur insoweit rechtfertigen, wie bei demselben Steuerpflichtigen ein unmittelbarer Zusammenhang im Rahmen einer einzigen Besteuerung zwischen einer Steuervergünstigung und einer ausgleichenden steuerlichen Belastung besteht.202 Die Kohärenz fordert daher eine spezifische Beziehung zwischen einer gewährten Vergünstigung und einer korrespondierenden Belastung. Man sollte dies nicht dadurch verwischen, dass man Kohärenz ohne weiteres mit dem Erfordernis einer Wertungswiderspruchsfreiheit der Rechtsordnung gleichsetzt.203 Allerdings besteht ein Zusammenhang zum hier generell vertretenen Systemansatz,204 wonach sich die Prüfung aufgrund der grundfreiheitlichen Gleichheitskomponente nicht nur an der einzelnen Norm, sondern am spezifischen Regelungszusammenhang orientiert.205 Für Humankapitalinvestitionen stellt sich das Problem, dass hier oftmals keine synchrone, sondern vielmehr eine diachrone Beziehung zwischen Aufwand und Erträgen besteht. Damit können Aufwand und Ertrag in unterschiedlichen Steuerhoheiten auftreten: Das ist namentlich dort von Bedeutung, wo es um die Versagung des Abzugs in der Wegzugskonstellation geht. Die derzeitige einkommensteuerliche Regelung ist nicht kohärent. Denn beim Zuzug wird mangels unbeschränkter Steuerpflicht im Zeitpunkt der In________________________ 199 Bisher nur in EuGH v. 28.1.1992 Rs. C-204/90, Slg. 1992, I-249 – Bachmann; v. 28.1.1992 Rs. C-300/90, Slg. 1992, I.305 – Kommission/Belgien. 200 Vgl. nur die Nachweise bei A. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, 145 f. und bei E. Reimer, Die Auswirkungen der Grundfreiheiten auf das Ertragssteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland, in M. Lehner (Hrsg.), Grundfreiheiten im Recht der EU-Staaten, 2000, 39, 60 sowie jüngst M. Lehner, JZ 2004, 730, 731. 201 Zum Beispiel des Entwurfs einer kohärenten Besteuerung im Bereich der Wegzugsbesteuerung s. etwa Ismer/Reimer/Rust, EWS 2004, 207, 215 ff. 202 St. Rechtsprechung seit EuGH v. 28.1.1992 Rs. C-204/90, Slg. 1992, I-249, Rz. 21 ff. – Bachmann. 203 So tendenziell noch E. Reimer, Die Auswirkungen der Grundfreiheiten auf das Ertragssteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland, in M. Lehner (Hrsg.), Grundfreiheiten im Recht der EU-Staaten, 2000, 39, 61. 204 Kap. 3 (S. 92 ff.). 205 A. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, 964.
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Grundfreiheiten des Europarechts
vestition der in der Abzugsmöglichkeit von Investitionskosten liegende Vorteil versagt, der Nachteil der Steuerbarkeit der sich aus der Investition ergebenden Erträge trifft hingegen auch den Zuziehenden. Umgekehrt soll der Vorteil des Abzugs ausscheiden, wenn die Investition ausschließlich im Ausland Erträge generiert. Kohärent wären hingegen zwei Lösungen: Zum einen ist es möglich, unabhängig vom Wohnsitz zum Zeitpunkt der Investition auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung des Humankapitals im Inland abzustellen und einen Abzug zuzulassen, bei Nutzung im Ausland hingegen nicht. Zum anderen ist es auch möglich, auf den Zeitpunkt der Investition abzustellen. Investitionen würden dann unabhängig vom Ort der Verwertung des Humankapitals zum Abzug zugelassen, nach Maßgabe der allgemeinen Regeln über die unbeschränkte und, spätestens seit der Entscheidung in der Rechtssache Gerritse,206 über die europarechtlich modifizierte beschränkte Steuerpflicht. b) Territorialität Demgegenüber hat sich der Grundsatz der Territorialität, auch Grundsatz der territorialen Radizierung des Steuerrechts genannt,207 in der Rechtsprechung als Grenze der Grundfreiheiten noch nicht durchgesetzt: Zwar wurde in der Entscheidung Futura/Singer in einer „Regelung, die dem steuerlichen Territorialitätsprinzip entspricht“, keine offene oder verdeckte Diskriminierung gesehen.208 Sie ist in der Folgezeit allerdings nicht wieder fruchtbar gemacht worden. Umgekehrt erscheint es allerdings nicht zutreffend, aus der Entscheidung Bosal209 zu folgern, der Grundsatz sei insgesamt aufgegeben worden.210 Vielmehr ist es durchaus vielversprechend, die Berücksichtigung von objektiven Steuervorteilen davon abhängig zu machen, dass die zugrunde liegenden Einkünfte selbst im Inland radiziert sind,211 solange nur die Berücksichtigung von Aufwendungen nicht vollständig ausgeschlossen ist. Zu entwickeln ist vor diesem Hintergrund die genaue Konturierung des Rechtfertigungsgrundes. Man könnte darin einen besonderen Fall der Kohärenz sehen212 mit der Folge, dass ihm keine eigenständige Bedeutung zukäme. Man könnte aber auch den Grundsatz der Territorialität etwas weiter verstehen und dadurch die Beschränkung auf denselben Steuerpflichtigen im ________________________ 206 207 208 209 210 211
EuGH v. 12.6.2003 Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933. M. Lehner, DStJG 23 (2000), 263, 276. EuGH v. 15.5.1997Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2492, Rz. 22. EuGH v. 18.9.2003 Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409. So aber A. Schnitger, FR 2003, 1149 ff. Dafür auch A. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, 965 m. w. N. 212 Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, European Taxation 2004, 218, 221.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
Rahmen der Kohärenz partiell überwinden.213 Ob sich dafür in der Rechtsprechung des EuGH zukünftig Anhaltspunkte finden werden, bleibt freilich abzuwarten. Das Territorialitätsprinzip brächte, wenn sich der nationale Gesetzgeber an ihm orientieren würde, im Bereich der Humankapitalinvestitionen einerseits gegenüber der Kohärenz eine Einschränkung der damit in Einklang stehenden Lösungen des innerstaatlichen Rechts: Ihm würde nur der erste kohärente Vorschlag, auf den Ort der Nutzung des Humankapitals abzustellen, genügen, der zweite – ohne dass dies etwas an seiner Zulässigkeit ändern würde – hingegen nicht. Andererseits würde sich aber für Mehrpersonenverhältnisse, die in dieser Arbeit als Fremdinvestitionen diskutiert wurden, eine Ausweitung ergeben.
III. Einfachgesetzliche Prinzipien Das eingangs214 aufgezeigte Spannungsverhältnis zwischen Persönlichkeitsentwicklung, wirtschaftlichem Nutzen, Chancengleichheit, Leistungen Dritter – insbesondere der Eltern – und dem Allgemeininteresse wird nicht allein durch das Verfassungsrecht und das Europarecht beherrscht. Vielmehr sind auch Prinzipien zu beachten, die sich induktiv aus der Abstraktion von Einzelwertungen der einschlägigen rechtlichen Sätze gewinnen lassen. Im Folgenden wird dies nachgewiesen für einige besonders wichtige Prinzipien, die im weiteren argumentativen Gang benötigt werden. Dies sind der Grundsatz der strikten Trennung zwischen der Privat- und der Erwerbssphäre, die Verpflichtung auf das sozialrechtlich konkretisierte Ziel der Chancengleichheit, die Förderung der Bildung und schließlich die pauschale Berücksichtigung der aufgrund der Finanzierungsverantwortung geminderten Leistungsfähigkeit der Eltern.
1. Grundsatz der strikten Trennung zwischen Privat- und Erwerbsphäre Das steuerstaatliche Partizipieren bedeutet, wie bereits im Kapitel 2 dargelegt, dass sich der Staat gleichsam als stiller Teilhaber an den Ergebnissen privaten Wirtschaftens beteiligt. Dies macht eine Abgrenzung bei Vermögensminderungen erforderlich, ob sie quasi societatis causa (nämlich der Mehrung des Ertrages aus der stillen Gesellschaft zwischen Steuerbürger ________________________ 213 In dieser Richtung im Rahmen des Rechtfertigungsgrundes der Kohärenz die Generalanwältin J. Kokott, Schlussanträge v. 18.3.2004 Rs. C-319/02, Manninen, Rz. 49 ff. und dem folgend EuGH v. 7.9.2004 (Rs. C-319/02), IStR 2004, 680. 214 Einleitung I (S. 1 ff.).
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Einfachgesetzliche Prinzipien
und Steuerstaat wegen) in Kauf genommen werden oder ob sie eine Ergebnisverwendung allein im Interesse des Bürgers als Prinzipal darstellen. Dieser Grundsatz liegt sowohl der Einkommensteuer als auch der Umsatzsteuer als unmittelbar auf Partizipation am Ertrag gerichteten Steuern zugrunde. a) Im Bereich der Einkommensteuer gibt es zahlreiche Normen, die sich durch diesen Grundsatz überzeugend erklären lassen.215 Aus der Vielzahl der Manifestationen des Prinzips soll im Folgenden mit § 12 EStG exemplarisch nur eine Norm aufgegriffen werden, die für die steuerliche Behandlung von Humankapitalinvestitionen von besonderer Bedeutung ist.216 Denn diese Norm ist Kristallisationspunkt zahlreicher Entscheidungen der Rechtsprechung zum genauen Verlauf der Grenzlinie zwischen der Einkommenserzielungssphäre und der privaten Lebensführung. Besonders häufig ging es dabei um die Reichweite des von der Rechtsprechung dem § 12 Nr. 1, Hs. 2 EStG entnommenen Aufteilungs- und Abzugsverbotes.217 Aus diesen Entscheidungen zum Verlauf der Grenzlinie lässt sich die prinzipielle Trennung der beiden Sphären ohne Weiteres ableiten: Die von der Rechtsprechung beschworene Gefahr, dass der „Steuerpflichtige das (privat) Angenehme mit dem (beruflich) Nützlichen verbindet“, kann nur dann eine Gefahr sein, wenn Privates und Berufliches im reinen, nicht miteinander verwobenen Idealtypus grundsätzlich verschieden zu behandeln ist. Neuerdings ist darüber hinaus auch auf § 12 Nr. 5 EStG hinzuweisen, wonach die Kosten eines Erststudiums und einer ersten Berufsausbildung nicht als Erwerbsaufwendungen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden können. Auch dieser Norm liegt die Überlegung zugrunde, dass diese Bildungsinvestitionen zu den Kosten der Lebensführung gerechnet werden können.218 Daraus kann wiederum auf einen Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, die Erwerbssphäre und die Sphäre der privaten Lebensführung zu unterscheiden. ________________________ 215 Zu Funktion der Prinzipien, rechtliche Sätze zu erklären und durch Erklärung zu modifizieren s. Kap 3 I. 216 Zwingend ist diese Beschränkung auf Normen, die für die steuerliche Behandlung von Humankapitalinvestitionen von unmittelbarer Relevanz sind, nicht. Vielmehr besteht nach dem hier vertretenen Systemansatz gerade eine Pflicht der Rechtsanwender zur Extrapolation in anderen Bereichen getroffener gesetzgeberischer Wertungen. Im vorliegenden Fall kann aber exemplarisch gearbeitet werden, weil das Erfordernis einer grundsätzlichen Sphärentrennung von niemandem in Abrede gestellt werden dürfte. 217 Vgl. die Nachweise zur Rechtsprechung in Kap. 4 IV 1 und 2 (S. 175 ff.). 218 Zu den genauen Überlegungen des historischen Gesetzgebers s. Kap. 4 III 3 a) (S. 173).
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Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei der Auslegung einkommensteuerlicher Normen der Grundsatz der Sphärentrennung zu beachten ist. Für die Zuordnung von Aufwendungen zu den Sphären hat für Gewinnund Überschusseinkünfte einheitlich die Veranlassung durch die auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit maßgeblich zu sein.219 b) Der Umsatzsteuer liegt strukturell dasselbe Problem der Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre zugrunde wie der Einkommensteuer: Investitionen in Humankapital, das im Rahmen von Unternehmen verwendet werden soll, sind nach dem System der Richtlinie im wirtschaftlichen Ergebnis nicht mit Umsatzsteuer zu belasten. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Neutralität, der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt.220 Er bildet den wichtigsten221 Maßstab für die systematisch-teleologische Auslegung der Richtlinien zur Umsatzsteuer.222 Innere Neutralität als dessen Unterfall betrifft die innerstaatlichen Transaktionen.223 Für die Ausgangsumsätze untersagt sie, Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken, bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich zu behandeln.224 Für die Eingangsumsätze verlangt sie die Entlastung aller unternehmerischen Eingangsleistungen von vorausgegangener Umsatzsteuerbelastung durch Vorsteuerabzug.225 Gleichartige Leistungen müssen dementsprechend ungeachtet der Länge des Vertriebsweges steuerlich gleich belastet werden.226 Aus dem Neutralitätsgrundsatz folgt im Übrigen die – m. E. zutreffende – Charakterisierung der Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer im ma________________________ 219 Statt vieler K. Offerhaus, BB 1979, 617, 620 ff. Näher zum hier zugrunde gelegten Verständnis des Veranlassungsprinzips Kap. 10 I 1 b) aa) (1) (S. 386 ff.). 220 Ausführlich dazu W. Birkenfeld, Mehrwertsteuer der EU, 5. Aufl. 2003, 42 ff.; D. Dziadkowski, DStZ 1999, 625; Ch. Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, 1999, 103 ff.; ders., Neutralitätsgrundsatz, 47 ff.; Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Teil 1, 17 ff. (Stand Januar/Mai 1997). 221 Vgl. etwa die Ausführungen zur Kollision von Neutralitätsgrundsatz einerseits und Richtlinienwortlaut und Mehrwertsteuerprinzipien andererseits bei Ch. Lohse, Neutralitätsgrundsatz, 47, 67. 222 Ch. Lohse, Neutralitätsgrundsatz, 47, 56. 223 Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Teil 1, 17 (Stand Januar/Mai 1997). Dem folgend etwa Ch. Lohse, Neutralitätsgrundsatz, 47, 49. Zur äußeren Neutralität s. etwa Terra/Kajus, a. a. O., 19 und W. Reiß, FS für Tipke, 433, 440. 224 EuGH v. 10.9.2002 Rs. C-141/00, Slg. 2002, I-6833, 6880 Randnr. 30 – Kügler. 225 So Ch. Lohse, Neutralitätsgrundsatz, 47, 50. 226 EuGH v. 1.4.1982 Rs. 89/81, Slg. 1982, 1277, 1285 Randnr. 6 – Hong-Kong-Trade unter Bezugnahme auf die Begründungserwägungen der 1. Richtlinie.
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teriellen227 Sinne durch den EuGH,228 der sich nunmehr auch die innerstaatliche Rechtsprechung229 und Dogmatik230 weitgehend anschließen. Steuerträger sollen demnach die Verbraucher in ihrer Eigenschaft als Endverbraucher sein, und zwar nur sie. Auf die von ihnen geleisteten Beträge kommt es bei der Bestimmung der Steuerschuld an.231
2. Grundsatz der Chancengleichheit Unter dem Grundsatz der Chancengleichheit im Bildungsbereich wird in dieser Arbeit, wie bereits in der Einleitung dargelegt, die Unabhängigkeit der Wahrscheinlichkeit des Erreichens der verschiedenen, insbesondere der höchsten Bildungsniveaus vom sozialen Hintergrund der Eltern verstanden.232 Der Zugang zu Bildungseinrichtungen soll Lernenden grundsätzlich nicht wegen fehlender Mittel der Eltern versperrt sein. Der Grundsatz der Chancengleichheit hat seine Wurzeln im Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. Konkretisiert wird er insbesondere durch zahlreiche einfachgesetzliche Vorschriften des Sozialrechts.233 Beachtenswert erscheint auch, dass das Risiko eines Fehlschlagens der Humankapitalinvestition begrenzt wird: Die Rückzahlungsraten nach BAföG und AFBG sind einkommensabhängig. Die Rückzahlungspflicht noch nicht fälliger Raten erlischt sogar ganz, wenn der Ausgebildete während der Rückzahlungsdauer stirbt. Dies ist für die Chancengleichheit deshalb von Bedeutung, weil typischerweise eine mit dem Einkommen steigende Risikobereitschaft unterstellt werden kann. Daher ist eine Senkung des Risikos bei Bildungsinvesti________________________ 227 Bekanntlich nicht im technischen Sinne des §§ 169 Abs. 2 Nr. 1, 172 Abs. 2 Abs. 1 Nr. 1 AO, s. nur W. Reiß, in TL, § 14 Rz. 2. 228 Vgl. nur EuGH v. 5.5.1982 Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409, 1426 – Schul; v. 29.2.1996 Rs. C-215/94, Slg. 1996, I-959, 979 – Mohr; v. 24.10.1996 Rs. C-317/94, Slg. 1996, I-5339 – Elida Gibbs. 229 BFH v. 23.11.2000 V R 49/00, BStBl. 2001 II, 266. 230 So bereits A. Hensel, Steuerrecht, 3. Aufl. 1933, 205; K. Tipke, UStR 1972, 2, 3 f. Ebenso D. Birk, Die Umsatzsteuer aus juristischer Sicht, in Kirchhof/Neumann (Hrsg.), Freiheit, Gleichheit, Effizienz, 2001, 61 ff.; Terra/Kajus, A Guide to the European VAT Directives, Teil 1, 10 ff. (Stand Januar/Mai 1997); K. Tipke, StRO II, 979 ff. Vgl. im übrigen die Nachweise bei W. Reiß, in TL, § 14 Rz. 1, dort Fn. 2. Warnend gegenüber einer „exzessiven Verbrauchsbesteuerung“ F. Klenk, in Sölch/ Ringleb, UStG, vor § 1 Rz. 11 (Stand September 2000). Gegen eine Charakterisierung als Verbrauchsteuer aus jüngerer Zeit zum Beispiel C. Theile, StuW 1996, 154 ff. Wiederum dagegen aber zu Recht H. Söhn, StuW 1996, 165 ff. 231 Vgl. dazu in jüngster Zeit die Urteile des EuGH v. 15.10.2002, Rs. C-427/98, Slg. 2002, I-8315 – Kommission/Deutschland (Preisnachlassgutscheine) und v. 16.1.2003, Rs C-398/99, Slg. 2003, I-427 – Yorkshire Co-operatives. 232 Einleitung I 3 (S. 2). 233 Dazu Kap. 8 II 1 (S. 316 ff.).
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tionen regelmäßig gerade für Lernende aus unterprivilegierten Schichten von besonderer Bedeutung. Der Grundsatz wird im weiteren Verlauf der Arbeit insbesondere für die Auslegung von Steuernormen bedeutsam sein, die altruistische Fremdinvestitionen zum Gegenstand haben.234
3. Förderung der Bildung a) Die sozialrechtlichen Regelungen erschöpfen sich aber nicht in dem Bestreben, Chancengleichheit herzustellen. Vielmehr zielen sie auch darauf ab, dem Allgemeininteresse an Bildung Rechnung zu tragen.235 Das betrifft insbesondere die Vorschriften der Arbeitsförderung im SGB III und die Vergabe der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds.236 Dasselbe gilt für die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen mit Ausbildungsbezug, wie sie sich in der gesetzlichen Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung finden.237 Ebenso lässt sich die Vergabe von Stipendien,238 die nicht an Bedürftigkeit des Lernenden anknüpfen, sondern Anreize zum Erreichen eines speziellen Bildungsziels setzen oder besonders Begabten eine besere Entfaltung ermöglichen sollen, ein Interesse des Gemeinwesens an der Bildung voraus. Schließlich sind das AFBG und das BAföG zugleich auch durch die Förderung der Bildung als Selbstzweck motiviert. b) Der Zweck der Bildungsförderung liegt nach der Intention des historischen Gesetzgebers auch zahlreichen steuerrechtlichen Regelungen zugrunde: Besonders deutlich tritt dies in § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO zu Tage, wonach Bildung ein gemeinnütziger Zweck ist.239 Ebenso wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfes zur Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a. F., die einen Sonderausgabenabzug für Kosten der Berufsausbildung ermöglichte, seinerzeit auf die Bedeutung der Bildung hingewiesen. Danach liege in der Verbesserung der Bildung „eine der Voraussetzungen für ein Schritthalten unserer Volkswirtschaft mit der Entwicklung anderer großer Industrienationen“.240 Auch die Neufassung der Vor________________________ 234 Vgl. namentlich Kap. 11 III 2 a) (S. 466 f.) zum Erfordernis der Bedürftigkeit des Empfängers bei der Erbschaftsteuerbefreiung von Zuwendungen zur Ausbildung. 235 Dazu schon Einleitung I 5 (S. 5). 236 Vgl. Kap. 8 II 2 (S. 320 ff.). 237 Kap. 8 II 4 b) (S. 325). 238 Cgl. dazu den kurzne Überblick in Kap. 8 II 3 (S. 324). 239 Dazu näher Kap. 7 IV (S. 308 f.). 240 Dazu näher Kap. 4 I (S. 119 ff.).
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Einfachgesetzliche Prinzipien
schrift und die Erhöhung der Höchstbeträge wurden mit dem Allgemeininteresse an der Bildung gerechtfertigt241 – unbeschadet der mit der gleichzeitigen massiven Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit durch § 12 Nr. 5 EStG verbundenen Wertungswidersprüche. Wörtlich heißt es: „Die Lösung unterstützt das bildungspolitische Anliegen der Förderung des berufsbezogenen Lernens.“242 Der teilweise Abzug bei den Eltern für von ihnen gezahltes Schulgeld auf Grundlage der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG dient der Förderung der Privatschulen. Dadurch soll dem Interesse der Allgemeinheit an einem leistungsfähigen Bildungswesen Rechnung getragen werden.243 Eine ähnliche Motivation hatte die Gewerbesteuerbefreiung von bestimmten Bildungseinrichtungen in § 3 Nr. 13 GewStG. Die Norm sollte verhindern, dass die Gewerbesteuer weiterhin der Entwicklung eines „modernen, den bildungspolitischen Anforderungen unserer Zeit genügenden Privatschulwesens im Wege“ stehe.244 Eine vergleichbare Funktion wird schließlich auch den umsatzsteuerlichen Befreiungsvorschriften in § 4 Nr. 21 – 23 UStG zugeschrieben.245 Diese sollen als Lenkungsnormen dem Allgemeininteresse an der Bildung Rechnung tragen. Das erscheint nach hier vertretener Auffassung allerdings nur partiell zutreffend.246 Die Gesamtschau dieser sozial- und steuerrechtlichen Sätze ergibt eine hinreichende Fundierung des Prinzips der Bildungsförderung. Dieses wird daher im Folgenden tendenziell für eine extensive Möglichkeit der direkten und indirekten steuerlichen Berücksichtigung von Bildungsinvestitionen streiten. Freilich handelt es sich nur um ein Prinzip. Es kann daher hinter anderen für den Einzelfall vorrangigen Prinzipien zurücktreten. Dies wird namentlich für die Gewerbesteuerbefreiung von privaten Bildungseinrichtungen vertreten: Zwar mögen Humankapitalinvestitionen durch diese Befreiung tendenziell erleichtert werden; es überwiegen aber die Bedenken gegen den Systembruch, zumal die Förderungswirkungen in der Praxis wegen der unklaren Steuerinzidenz kaum nachweisbar sein dürften.247 ________________________ 241 242 243 244 245 246 247
Kap. 4 III 3 b) (S. 175). BT-Drucks. 15/3339, 10. Kap. 5 I 1 e) (S. 226 ff.). Vgl. näher Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.). Kap. 6 I 3 b) (S. 276 ff.). Kap. 10 III (S. 420 ff.). Dazu näher Kap. 12 I 3 (S. 478).
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
4. Pauschale Berücksichtigung der aufgrund der Finanzierungsverantwortung geminderten Leistungsfähigkeit der Eltern Schließlich enthält insbesondere das Einkommensteuergesetz Regelungen über den Familienleistungsausgleich, die der aufgrund der Finanzierungsverantwortung der Eltern geminderten Leistungsfähigkeit Rechnung tragen sollen. Dem Grunde nach folgt der Gesetzgeber insoweit den bereits oben248 aufgezeigten relativ präzisen verfassungsrechtlichen Vorgaben. Insoweit sind dem einfachen Gesetz eigentlich keine Prinzipien zu entnehmen, die nicht schon aus höherrangigem Recht folgen würden. Eine nähere Analyse der einfachgesetzlichen Ausgestaltung ergibt jedoch ein zusätzliches Prinzip: Wie insbesondere die Regelungen über die einheitliche Höhe des Kinderfreibetrages, aber auch die Freigrenze bei den unschädlichen Einkünften und Bezügen des Kindes zeigen,249 hat der Gesetzgeber von der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Möglichkeit einer pauschalen Berücksichtigung der Aufwendungen Gebrauch gemacht. Mit dieser pauschalen Berücksichtigung trägt der Gesetzgeber nicht zuletzt der Tatsache Rechnung, dass es sich beim Familienleistungsausgleich um ein Massenfallrecht handelt, bei dem jedenfalls eine allzu weitgehende Individualisierung die Finanzverwaltung an die Grenze ihrer Funktionsfähigkeit bringen würde. Diese Entscheidung gilt es im Hinterkopf zu bewahren. Sie wird uns insbesondere bei der Integration der Subsysteme in Kapitel 13 wieder begegnen, wo sie entscheidend gegen eine Korrespondenzbesteuerung ins Feld geführt wird.250
IV. Zusammenfassung Zur Bestimmung des Gehalts höherrangigen Rechts ist zwischen strikten Vorgaben und Wertungen zu unterscheiden. Letztere sind nur für die Rechtsprechung verbindlich und auch nur, soweit das Gesetz nicht eine eindeutige andere Entscheidung getroffen hat; den Gesetzgeber trifft hingegen insoweit allein eine Optimierungsaufgabe, wobei ihm große Spielräume zukommen. 1. Oberste verfassungsrechtliche Vorgabe ist die Verpflichtung zu Schutz und Achtung der Menschenwürde. Sie wird insbesondere für den gleichheitsrechtlichen Kontext durch die Werttheorie konkretisiert, während im ________________________ 248 Kap. 9 I 2 a) (S. 340 ff.). 249 Dazu im Einzelnen Kap. 5 I 1 (S. 198 ff.). 250 Kap. 13 II 1 a) (S. 485 ff.).
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Zusammenfassung
Bereich der informationellen Selbstbestimmung ein leistungstheoretisches Verständnis angezeigt erscheint. Zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bereitet das subjektive Nettoprinzip vergleichsweise geringe Probleme; allerdings erscheint die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bedenklich, die unter Umständen eine nur hälftige Absetzbarkeit der Aufwendungen der Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder zulässt. Das aus den drei Quellen Gleichheitssatz, finanzverfassungsrechtlichen Regeln des X. Abschnitts des Grundgesetzes und Berufs- bzw. Eigentümerfreiheit gespeiste objektive Nettoprinzip weist hingegen nur eine eingeschränkte Bindungskraft auf. Es verbietet den Übergang zur Bruttobesteuerung und im unteren Einkommensbereich den Abzug von erforderlichen Erwerbsaufwendungen, soweit andernfalls die Tätigkeit aufgrund des Steuereingriffs zur Bestreitung des Existenzminimums nicht mehr ausreichen würde; wegen des Ausnahmecharakters kann dem letztgenannten Gesichtspunkt freilich regelmäßig durch Billigkeitserlass Rechnung getragen werden. Jenseits dessen bedarf der durch den Gleichheitssatz gebundene Gesetzgeber für die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips eines sachlichen Grundes, an den aber wegen der Verwobenheit von Humankapital mit der Privatsphäre keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Unbeschadet der Position zur materiellen Wertigkeit des Periodizitätsprinzips besteht die Wertung zugunsten eines zeitlichen Gleichlaufs von Erwerbsaufwendungen und Erträgen, die sich nur unter der für das objektive Nettoprinzip aufgezeigten Ausnahmekonstellation der Besteuerung des Existenzminimums zu einer Vorgabe verdichten kann. Ferner sind die Wertungen der Berufsfreiheit und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten. Bei letzterem wird nicht gegen Vorgaben verstoßen, wenn steuerliche Anreize zur Offenbarung von Selbstentwürfen gegeben werden. Beim Allgemeinen Gleichheitssatz ermöglichen Prinzipien die rationale Ermittlung einer Ungleichbehandlung. Die Neue Formel als Maßstab der Rechtfertigung stellt desto höhere Anforderungen, je stärker der Mensch in seinem „So-Sein“ oder der Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten betroffen ist. Dementsprechend stellen Lenkungssteuern regelmäßig geringere Anforderungen an eine Rechtfertigung, die sich gleichwohl nach der Neuen Formel bestimmt. Typisierungen lassen sich grundsätzlich rechtfertigen, die Anforderungen steigen aber mit der Größe des betroffenen Personenkreises und der Schwere von deren Beeinträchtigung. Im Übrigen streitet die Wertung des Gleichheitssatzes für eine – freilich die Besonderheiten berücksichtigende – Gleichbehandlung der jeweiligen Kapitalformen.
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Maßstäbe der Systemoptimierung – Vorgaben und Wertungen
Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet zu Querschnittsgleichheit sowie intraund intergenerationeller Mobilität; diese Faktoren stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis. Die Verpflichtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in Art. 109 Abs. 2 GG bedeutet wegen des Beitrags von Humankapital zum Wirtschaftswachstum, dass die Norm als Wertung zugunsten einer Förderung von Humankapital streitet. Das Subsidiaritätsprinzip stellt kein generelles Prinzip unter dem Grundgesetz dar. Dies hindert den Gesetzgeber freilich nicht, unter Beachtung namentlich der gleichheitsrechtlichen Vorgaben Bürger über das Steuerrecht zu belohnen, wenn sie staatliche Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen. 2. Die Grundfreiheiten des Europarechts beschränken zunehmend die Freiheiten des nationalen Gesetzgebers. Ihre Anwendbarkeit kann nicht mit dem Argument fehlender Gewinnerzielungsabsicht des Anbieters verneint werden. Für die Rechtfertigung von Beschränkungen ist bei Humankapitalinvestitionen namentlich die Kohärenz von Bedeutung; das Territorialitätsprinzip hingegen hat sich derzeit in der Rechtsprechung des EuGH noch nicht durchgesetzt. 3. Aus dem einfachen Recht lassen sich darüber hinaus vier besonders wichtige Prinzipien gewinnen, die bei der Systemoptimierung von Bedeutung sein werden. Dies sind der Grundsatz der strikten Trennung zwischen der Privat- und der Erwerbssphäre, der sowohl im Einkommen- als auch im Umsatzsteuerrecht Geltung beansprucht; der Grundsatz der Chancengleichheit und die Förderung der Bildung sowie die Entscheidung, Leistungsfähigkeitsminderungen der Eltern in pauschaler Form und nicht individualisiert zu berücksichtigen.
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Kapitel 10: Subsystem der egoistischen Investitionen „Ein Federstrich des Gesetzgebers, und ganze Bibliotheken werden zur Makulatur.“ Julius Herrmann von Kirchmann1
Das nachfolgende Kapitel läutet eine neue Phase dieser Arbeit ein: Nachdem der Bestand der rechtlichen Sätze über die Besteuerung von Humankapitalinvestitionen im Zweiten Teil aufgearbeitet worden ist und das vorangegangene Kapitel 9 die Maßstäbe der Systemoptimierung zum Gegenstand gehabt hat, werden im Folgenden nunmehr die rechtlichen Sätze kritisch gewürdigt und sowohl de lege lata als auch de lege ferenda Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt. Dabei spielen die erarbeiteten Maßstäbe und damit die Systemkonformität eine besonders wichtige Rolle, ohne dass freilich die anderen Auslegungskriterien gänzlich vernachlässigt würden. Dabei wird sich ergeben, dass die im Zweiten Teil dargelegte Rechtsprechung zu diesem Subsystem weitgehend zutreffend erscheint: So ist im Bereich der Eigeninvestitionen bei der Einkommensteuer (I) der neuen Rechtsprechung zum Verhältnis von Aus- und Fortbildungskosten zuzustimmen. Sie sollte darüber hinaus auf das reine Erststudium, nicht aber auf den Besuch allgemeinbildender Schulen ausgedehnt werden. Weitgehend auf Ablehnung stößt hingegen das zwischenzeitlich ergangene „Nichtanwendungsgesetz“. Für Fremdinvestitionen wird eine vollständig symmetrische einkommensteuerliche Behandlung zu den selbstfinanzierten Ausbildungsaufwendungen abgelehnt (II). Aus der Eigenschaft der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer wird die primär rechtspolitische Forderung einer vollen Entlastung berufsbezogener Humankapitalinvestitionen hergeleitet (III). Am Schluss des Kapitels wird kurz aufgezeigt, dass aus dem Humankapitalkonzept eine Rechtfertigung der Vermögen-(IV) und der Gewerbesteuer (V) nicht hergeleitet werden kann.
________________________ 1
J. H. von Kirchmann, Die Werthlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft, 1848, 29.
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Subsystem der egoistischen Investitionen
I. Einkommensteuer: Eigeninvestitionen 1. Änderung der Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten a) Neue Rechtsprechung grundsätzlich zutreffend Die Aufgabe der alten Rechtsprechung2 ist grundsätzlich zu begrüßen. Überdenkt man sie ein wenig, so mag einem unwillkürlich Julius Hermann von Kirchmanns berühmtes Diktum in den Sinn kommen, das dem Kapitel vorangestellt wurde. Man mag dessen Aussage für unzutreffend halten oder umgekehrt angesichts der zeitweiligen Tragweite der neuen Rechtsprechung, die nicht zuletzt durch die große Zahl der Folgeurteile unterstrichen wird, auch auf Federstriche der Rechtsprechung ausweiten wollen. Bei genauerem Nachdenken drängt sich indes ein anderes raisonnement auf: Wie oft werden ganze Bibliotheken aufgebaut, nur weil Federstriche des Gesetzgebers unbeachtet bleiben. Das Kriterium des Wechsels der Berufsart, das die Rechtsprechung lange Zeit zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildung heranzog, ist der Quellentheorie entlehnt. Diese wurde bereits durch die Erzbergerschen Steuerreformen aus dem Jahren 1919/1920 aufgegeben.3 Aus dieser Warte stellt sich die Änderung der Rechtsprechung letztlich als verspätete Reaktion auf die Aufgabe der Quellentheorie dar.4 Welch geradezu skurrile Argumentationen die alte Rechtsprechung und damit die Tradition der „Besteuerung nach Begrifflichkeiten“5 herbeiführen konnten, zeigt exemplarisch der Blick auf ein Urteil des Hessischen FG:6 Dort wurde einem Diplom-Physiker, der den Abzug der Kosten eines MBAStudiums begehrte, vorgehalten, es liege kein berücksichtigungsfähiges Aufbaustudium vor. Denn die vermittelten Kenntnisse seien auch für zahlreiche andere Berufstätigkeiten im unternehmerischen Bereich von Nutzen und deshalb auch bei der Findung einer Anstellung förderlich. Ähnliches Unrecht erlitt ein anderer Steuerpflichtiger, der damit vertröstet wurde, er könne ja als Folge der Investition größere Einkünfte aus der Ausübung seiner steuerbaren Tätigkeit erwarten.7 Gemeinsam ist diesen Entscheidungen, dass letztlich eine Umschreibung der objektiven Veranlassung von Erwerbsauf________________________ 2 3 4 5 6 7
Vgl. oben Kap. 4 III 1 (S. 134 ff.). Zur neuen Rechtsprechung Kap. 4 III 2 (S. 159 ff.). Vgl. dazu Kap. 4 I (S. 119 ff.). Darauf weist auch M. Müller, Aus- und Fortbildung, 121 f. hin. Gegen eine Argumentation aus der Quellentheorie auch R. Flies, DStR 1997, 725, 727. W. Drenseck, StuW 1999, 3, 5. FG Hessen v. 16.4.1996 14 K 4626/95, juris (aufgehoben durch BFH v. 31.1.1997 VI R 84/96, BFH/NV 1997, 648). FG Münster v. 29.11.1994 15 K 2972/94, juris (zurückverwiesen durch BFH v. 19.4.1996 VI R 19/95)..
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Einkommensteuer: Eigeninvestitionen
wendungen als Begründungssurrogat für die Verneinung ihres Vorliegens verwandt wurde. Aber auch jenseits unrichtig entschiedener Einzelfälle war die Präzisierung des Kriteriums des Berufswechsels als Eröffnung einer anderen beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung bereits im Ansatz mit der Konzeption von Erwerbsaufwendungen unvereinbar.8 Denn in der Eröffnung einer anderen wirtschaftlichen und beruflichen Stellung liegt geradezu das Wesen einer größeren Investition. Das aber führt auch beim Sachkapital nicht dazu, die Abzugsfähigkeit des entstandenen Aufwands, und sei es auch nur über die Nutzungsdauer verteilt, zu verneinen. Die Wertung des Gleichheitssatzes spricht tendenziell für eine Gleichbehandlung der verschiedenen Kapitalformen.9 Dazu aber müssen die Ausgaben für Bildungsinvestitionen grundsätzlich von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können.10 Für die alte Rechtsprechung konnte auch nicht eine Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ins Feld geführt werden. Die Tatsache, dass der historische Gesetzgeber 196911 von einer Zugehörigkeit der Aufwendungen für die Berufsausbildung zur Privatsphäre ausging, muss in den Hintergrund treten.12 Denn diese Vorstellung fand im Wortlaut der Norm keinen Niederschlag,13 wie der vom VI. Senat mit Recht angeführte Einleitungssatz erwies. Außerdem handelt es sich bei der Vorstellung des Gesetzgebers um eine Einschätzung über den Inhalt des vorgefundenen Rechts als Aussage über die reale (Normen-)Welt, nicht aber um einen gesetzgeberischen Willensakt.14 Das wurde daran deutlich, dass sein Wille gerade darauf gerichtet ________________________ 8 Gegen das Kriterium der anderen wirtschaftlichen Stellung schon FG Düsseldorf v. 12.2.1970 IX 178/68 E, EFG 1970, 437. 9 Kap. 9 I 4 d) (S. 360 f.). 10 E. Steuerle, National Tax Journal 50 (1997), 351, 357 weist zurecht darauf hin, dass zumindest eine Abschreibung über die Zeit möglich sein muss. Das entspricht dem in Kap. 14 (S. 493 ff.) unterbreiteten Vorschlag. 11 Entgegen F. Vangerow, StuW 1960, Sp. 443, 447 kann nicht auf die Motive des historischen „Gesetzgebers“ 1934 abgestellt werden, der die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Ausbildungskosten als Sonderleistung gänzlich abschaffen wollte. Denn die Motive sind, weil in einem Unrechtsregime in fehlerhaftem Verfahren zustande gekommen, unbeachtlich. Für eine Aufnahme dieser Vorstellungen in den Willen des freiheitlich-demokratischen Gesetzgebers fehlen Anhaltspunkte. 12 So etwa auch H. Söhn, StuW 2002, 97, 98 ff.; J. Becker, in HHR, § 4 EStG Rz. 912 (Stand Januar 2002). A. A. aber K. J. von Bornhaupt, in KSM, EStG, § 9 Rz. B 264 (Stand September 1986); P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28. 13 So auch H. Söhn, in KSM, EStG, § 10 Rz. J 40 (Stand Juni 2002); K. J. von Bornhaupt, NWB 2003, 491, 499. 14 Für einen solchen hätte die Aufnahme in § 4 Abs. 5 EStG auch wesentlich näher gelegen, so mit Recht M. Balke, NWB 1997, 1269, 1270.
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Subsystem der egoistischen Investitionen
war, der Unterscheidung die Bedeutung zu nehmen. Auch dem Schweigen des Gesetzgebers konnte man keinen Erklärungsgehalt beimessen:15 Zwar hatte er in der Folge das Gesetz nicht geändert, obwohl deutlich geworden war, dass die Gleichstellung mit den Erwerbsaufwendungen wegen des Höchstbetrages für den Sonderausgabenabzug verfehlt wurde. Jedoch war daraus allein noch kein hinreichendes Indiz für eine Abkehr von der ursprünglich verfolgten Gleichstellungsabsicht herzuleiten, käme man doch andernfalls zu einem Gebot des stare decisis.16 b) Offene Fragen: Veranlassung, Schulbildung und reines Erststudium Freilich bestehen für die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2003 die bereits in der Bestandsaufnahme aufgezeigten offenen Fragen. Im Folgenden wird eine Beantwortung durch eine Einpassung in das System17 versucht. aa) Generelle Veranlassung durch die subjektiv-objektive Einkünfteerzielung Ausgangspunkt der Überlegungen hat dabei für Gewinn- und Überschusseinkünfte einheitlich18 die Veranlassung durch die auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit zu sein.19 Diese bereitet eine Reihe von Schwierigkeiten: (1) Erstens ist zu entscheiden, ob die Richtung auf eine bestimmte Einkunftsart zu verlangen ist oder ob eine Richtung generell auf die Einkünfteerzielung ausreicht. Entgegen zahlreichen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs20 und Teilen der wissenschaftlichen Literatur,21 die den Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart verlangen, muss in Übereinstimmung mit ________________________ 15 FG Köln v. 5.3.2001 4 K 1737/00, DStRE 2002, 5 (aufgehoben durch BFH v. 4.11.2003 VI R 96/01, BFH/NV 2004, 404). 16 Zu dessen Ablehnung für das deutsche Recht Kap. 3 II 2 (S. 100). 17 Zur Bindung der Rechtsprechung an das einfachgesetzliche System s. o. Kap. 3 II 1 b) (S. 97 ff.). 18 Vgl. etwa K. Offerhaus, BB 1979, 617, 620 ff. 19 Vor dem Hintergrund des Art. 12 GG ist aber nicht eine Erhöhung der Einnahmen zu fordern. Es hat daher beispielsweise auszureichen, wenn ein Arzt mit Blick auf spätere Einnahmen eine psychotherapeutische Zusatzausbildung absolviert, auch wenn er ohne sie in seinem alten Beruf dieselbe Umsatzhöhe erreicht hätte. A. A. etwa M. Preißer, DStR 1983, 187, 190. 20 Vgl. nur die Nachweise bei H. Söhn, in KSM, EStG, § 4 E 2 (Stand August 1993). 21 Z. B. W. Apitz, DStZ 1997, 145, 146 f.; K. J. von Bornhaupt, FR 1982, 313, 317; ders. in KSM, EStG, § 9 B 127 (Stand Juli 2003). Zur Entkräftung des dort angeführten Arguments aus § 9 Abs. 1 S. 2 EStG vgl. V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, 2000, 40.
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der überwiegenden Meinung in der Wissenschaft22 eine generelle Richtung auf die Erwerbssphäre ausreichen. Dabei ist unschädlich, wenn die Art der späteren steuerbaren Tätigkeit noch nicht feststeht. Denn anderenfalls entstünden Ausgaben, die weder privat veranlasst noch Erwerbsaufwendungen sind.23 Eine solche dritte Ausgabenart ist aber vom Einkommensteuergesetz nicht vorgesehen. Sie würde auch gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit verstoßen.24 Zudem ist eine Aufsplitterung mit dem Prinzip der synthetischen Einkommensteuer25 und dem vom Einkommensteuergesetzgeber gewählten Modell des steuerstaatlichen Partizipierens26 nicht vereinbar.27 (2) Eng damit hängt die zweite Frage zusammen, ab wann eine auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit besteht.28 Hier ist bisweilen lapidar behauptet worden, in Ausbildung oder Studium liege sie jedenfalls noch nicht.29 Zutreffender erscheint es hingegen, entsprechend der Struktur30 der strafrechtlichen Dogmatik zum Versuchsbeginn eine subjektiv-objektive Theorie anzuwenden:31 Demnach sollte es darauf ankommen, ob unter Zu________________________ 22 Z. B. K. Buciek, DStZ 2003, 543, 544; V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, 2000, 71; H.-W. Kruse, FR 1981, 473, 477; M. Müller, Aus- und Fortbildung, 95 ff.; B. Sangmeister, DStZ 1988, 61, 63; H. Söhn, in KSM, EStG, § 4 E 260 (Stand August 1993); I. Stark, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 9 Rz. 86; T. Stapperfend, Über Betriebsausgaben und Werbungskosten, in FS für H.-W. Kruse, 533, 547; B. Thürmer, in Blümich, § 9 EStG Rz. 162 (Stand Januar 2002); K. Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl. 1995, 470. 23 H. Söhn, in KSM, EStG, § 4 E 260 (Stand August 1993). 24 H. Söhn, in KSM, EStG, § 4 E 260 (Stand August 1993). Ebenso W. Drenseck, StuW 1999, 3, 6. 25 Vgl. dazu nur J. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 8 Rz. 73 ff. 26 Dazu Kap. 2 I 2 (S. 67 ff.). 27 Auf die geringen besteuerungstechnischen Auswirkungen der Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart – die nach der Aufhebung der Beschränkungen des vertikalen Verlustausgleichs in § 2 Abs. 3 und § 10d EStG wieder anzunehmen sind – weist zu Recht V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, 2000, 41 hin. 28 R. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, 1988, 129. 29 W. Jakob, Einkommensteuerrecht, 2. Aufl. 1996, § 3 Rz. 33. 30 Nicht aber der genauen Anforderungen an den Beginn: Das Strafrecht ist ultima ratio; eine Strafbarkeit ist erst anzunehmen, wenn der Täter unmittelbar zur Tat ansetzt (zu diesem hochgradig umstrittenen Merkmal s. etwa C. Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 2003, § 29 Rz. 97 ff. m. w. N.). Übertragen auf das Steuerrecht könnte dies bedeuten, dass man erst, wenn Einkünfte unmittelbar bevorstehen, den Beginn einer steuerbaren Tätigkeit annehmen würde. Freilich wird ein solcher Ansatz dem Steuerrecht, das auf eine Partizipation am Ertrag gerichtet ist, nicht gerecht. Auch spielt das ultima-ratio-Argument im Steuerrecht keine Rolle. 31 Dafür auch M. Preißer, DStR 1983, 187, 190, der allerdings in der Ausbildung allenfalls eine Vorbereitungshandlung für die Erzielung späterer Einkünfte sieht.
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grundelegung der (endgültig gefassten32) subjektiven Planungen und Vorstellungen des Lernenden eine objektiv auf Erwirtschaftung eines (grundsätzlich steuerbaren) Überschusses oder Gewinns bezogene Tätigkeit bereits begonnen hat. Daraus ergibt sich ein paralleler Maßstab zur Liebhaberei, die durch eine objektive Totalgewinnprognose ausgeschlossen wird; es verbleibt allein der Unterschied, dass bei vorab entstandenen Erwerbsaufwendungen objektiv noch keine Einkünfte generiert werden, so dass statt dessen auf subjektive Planungen abzustellen ist. Damit liegt im Fall eines Studiums, das der Lernende unternimmt, um später steuerbare Einkünfte zu erzielen, bereits der Beginn der steuerbaren Tätigkeit,33 und zwar, wenn der Lernende nichts Gegenteiliges erweist, einer den Regelfall darstellenden nichtselbständigen Tätigkeit. Dieses weite Verständnis der steuerbaren Tätigkeit findet eine Entsprechung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit, wonach schon die Schulausbildung in den Schutzbereich des Grundrechts fällt.34 (3) Der dritte Fragenkomplex betrifft die Voraussetzungen einer Veranlassung durch die zuvor definierte steuerbare Tätigkeit, das Vorliegen einer gleichzeitigen privaten Veranlassung und gegebenenfalls das Bestehen von Ausnahmen vom grundsätzlich anzuwendenden Aufteilungs- und Abzugsverbot als Folge einer gemischten Veranlassung. Im Bereich der Human________________________ 32 Statt vieler BFH v. 2.3.1993 IX R 69/89, BFH/NV 1993, 532. 33 Dies entspricht der Auffassung, die den Beginn einer Erwerbstätigkeit spätestens im Tätigen von Aufwendungen sieht (vgl. dazu etwa R. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, 1988, 129). Von der dogmatischen Konstruktion, aber wohl nicht von den Ergebnissen her (vgl. § 9a S. 2 EStG) unterscheidet sich der Ansatz, der sich gegen eine Vorverlagerung des Beginns der steuerbaren Tätigkeit ausspricht, aber eine Veranlassung durch die zukünftige Erwerbstätigkeit ausreichen lässt (so etwa M. Müller, Aus- und Fortbildung, 103 ff. m. w. N.; tendenziell wohl auch BFH v. 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003, 1119, 1120: „Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit“; Hervorhebung nur hier). Zwar ermöglicht er eine Symmetrie zwischen vorab entstandenen und nachlaufenden Erwerbsaufwendungen, da bei beiden nach diesem Ansatz Aufwendungen ohne aktuelle steuerbare Tätigkeit Berücksichtigung fänden. Gegen ihn spricht jedoch das herkömmliche Verständnis der Veranlassung als Setzung der auslösenden Ursache: Eine nachzeitige Ursache ist denklogisch nicht möglich (vgl. etwa zu Humes Regularitätstheorie, die eine Vorzeitigkeit der Ursache vor der Wirkung fordert, M. Carrier, Stichwort „Ursache“ in J. Mittelstraß (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftsgeschichte, Band 4, 1996, 444). Dieser Einwand trifft gerade diejenigen, die Veranlassung objektiv verstehen. Signifikant anders ist aber der Ansatz von V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 73 f., der zwar auch darauf abstellt, dass das Tätigen von Erwerbsaufwendungen Betätigung im Sinne der Tatbestandsverwirklichung einer Einkunftsart sei, jedoch daraus umgekehrt Schlüsse für die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen ziehen will. 34 BVerfG v. 20.10.1981 1 BvR 640/80, BVerfGE 58, 257, 273.
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kapitalinvestitionen wird es zumeist auf die Position zur Reichweite des Aufteilungs- und Abzugsverbots nicht ankommen. Denn wenn beachtliche private und berufliche/betriebliche Veranlassungen bestehen, dann sind sie regelmäßig untrennbar miteinander verbunden, so dass auch von den allermeisten Kritikern35 der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot kein anderes Ergebnis vertreten wird. Bei der Frage, ob eine private (Mit-) Veranlassung vorliegt, sollte wie bei der Bestandsaufnahme36 zwischen der Privatnützigkeit der erworbenen Fähigkeiten einerseits und der des Erwerbsvorgangs differenziert werden. Es bestehen freilich zwei Möglichkeiten, die Veranlassung zu konstruieren. Zum einen kann man von einer individualisierten Veranlassung ausgehen, die alle Umstände des Einzelfalls in die Betrachtung einzustellen sucht. In diese Richtung deuten viele Stimmen in der Wissenschaft die Änderung der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten.37 Dafür mag auch die allgemein in der neueren Rechtsprechung zu beobachtende Tendenz sprechen, sich generalisierenden Äußerungen zu verschließen und Entscheidungen durch die Besonderheiten des Einzelfalls zu motivieren.38 Zum anderen kann man eine generalisierte Veranlassung annehmen. Danach führen berufsbezogene, nicht allgemeinbildende Bildungsmaßnahmen dann zu Erwerbsaufwendungen, wenn sie generell geeignet sind, das berufliche Fortkommen zu fördern, und nicht im Einzelfall deutliche Anhaltspunkte bestehen, dass die Bildungsmaßnahme ausschließlich oder überwiegend privat motiviert ist.39 Für diese formelle Typisierung40 lassen sich einige Anhaltspunkte in der neuen Rechtsprechung zu den Bildungskosten finden:41 Erstens ist die Begründung der Entscheidungen stark formalisiert, sie ________________________ 35 A. A. aber etwa F. Wassermeyer, StuW 1981, 245, 248 f. 36 Kap. 4 IV 1 (S. 175 ff.). 37 Dafür etwa D. Durst, DStZ 2004, 285, 290; E. Siegers, EFG 2003, 988; R. Wittmann, FR 1988, 273, 274. Tendenziell vor Änderung der Rechtsprechung auch A. Glade, FR 1959, 297 ff.; U. Herb, Berufliche Ausbildung und Fortbildung im Einkommensteuerrecht, 1986, 213 ff.; K. Offerhaus, StBp 1987, 263. 38 Vgl. namentlich die Rechtsprechung zum Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers. Krit. freilich zum Konzept des Typusbegriffs H. Weber-Grellet, Der Typus des Typus, FS für H. Beisse, 551, 568 f. 39 Ähnlich D. Steck, DStR 2005, 1117, 1119, der parallel zur Rechtsprechung bei der Liebhaberei eine Beweisregel annehmen will, die für bestimmte Studiengänge dem typischen Verlauf entspricht. 40 Zur Unterscheidung zwischen formeller und materieller Typisierung vgl. nur L. Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992, 26 f. m. w. N. sowie oben Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.). 41 Dafür auch M. Krumm, JuS 2004, 780, 782; B. Paus, INF 2003, 295, 297; D. Steck, NWB 2003, 2859, 2863.
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wirkt bisweilen geradezu textbausteinartig.42 Zweitens wird verlangt, dass es sich um eine berufsbezogene Bildungsmaßnahme handelt. Hält man diesen Zusatz vor dem Hintergrund der ohnehin geforderten beruflichen Veranlassung nicht für tautologisch, so kann man darin einen weiteren Ansatz für die Typisierung sehen.43 Ein genereller Veranlassungszusammenhang erscheint vom Ergebnis her befriedigender. Das ist nicht nur eine Frage der Reduktion der Streitanfälligkeit44 und damit der Praktikabilität der Verwaltung. Vielmehr drängt er den Einfluss kaum verifizierbarer Faktoren – und damit auch des Geschicks des Steuerpflichtigen, den Veranlassungszusammenhang darzustellen45 – zurück. Diesem Ziel kommt, wenn man dem hier vertretenen Steuerstaatsverständnis folgt, mit Blick auf die Informationsdefizite des Steuerstaates und seiner Verpflichtung auf die tatsächliche Gleichheit auch eine normative Verbindlichkeit zu.46 Das ist insbesondere bei den vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen vorteilhaft, bei denen zwischen Investition und Verwertung oftmals ein längerer Zeitraum besteht. Es lässt sich dem nicht entgegenhalten, die Gefahren ließen sich bannen, wenn man die Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang reduziert. Denn dadurch mag man zwar die fälschliche Nichtberücksichtigung von Erwerbsaufwendungen vermeiden können, jedoch nur um den Preis, in größerem Maße auch tatsächlich private Aufwendungen fälschlicherweise als Erwerbsaufwendungen anzusehen.47 Außerdem ermöglicht eine generalisierte Zulässigkeit eine – auch von der alten Rechtsprechung praktizierte – „Zeitpunktsneutralität“.48 Danach ist für die Zuordnung grundsätzlich der Inhalt der (Bildungs-)Maßnah________________________ 42 Dies entspricht letztlich der insofern stark schematisierten Begründungsweise der neueren BFH-Urteile (vgl. Kap. 4 III 2 d) (S. 166 ff.)). 43 So mit Recht Morsch/Becker, DStR 2004, 73, 74. 44 Darauf weist für das reine Erststudium zutreffend V. Kreft, GStB 2003, 94, 96 hin. 45 Darin lag, wie K. J. von Bornhaupt, BB 1975, 876 zu Recht betonte, ein Gerechtigkeitsvorteil der alten Rechtsprechung. Vgl. demgegenüber den Hinweis von Plewka/ Klümpen-Neusel, NJW 2003, 3668, 3670, über die Frage, wann der Veranlassungszusammenhang zwischen Ausgaben und Einnahmen „hinreichend konkret“ sei, könne man sich immer noch mit dem Finanzamt streiten. Der Einwand von G. Niemeier, FR 1975, 190, 191, wonach es vom Finanzamt/Gericht abhänge, ob es auf die Darstellung des Steuerpflichtigen hereinfalle, erscheint nicht durchschlagend: Bei einer geschickteren Darstellung ist die Wahrscheinlichkeit einer Enttarnung geringer. 46 Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.). 47 Letztlich liegt dem hier dasselbe Problem zugrunde wie Teststatistiken: Die Verringerung der fälschlichen Verwerfung der Nullhypothese (Type I error) ist nur um den Preis einer häufigeren fälschlichen Nichtverwerfung (Type II error) zu haben, vgl. zum Ganzen etwa D. N. Gujarati, Basic Econometrics, 3. Aufl. 1995, 131 f. 48 Dafür etwa D. Fischer, BB 1963, BB Beilage 1966 Nr. 2, 1, 6 und D. Suhr, StuW, Sp. 579, 584.
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me entscheidend, nicht aber, wann sie durchgeführt wird. Das vermeidet es, Anreize für den Lernenden zu setzen, sein Lernverhalten unter einer zusätzlichen steuerlichen Nebenbedingung zu optimieren, was durch Substitutionseffekte zu Wohlfahrtsverlusten führt.49 Deren Vermeidung ist grundsätzlich geboten, wofür nach hier vertretener Auffassung Art. 109 Abs. 2 GG einen normativen Ansatzpunkt bietet.50 Nicht durchschlagend hiergegen ist die These, es werde durch dieses Neutralitätsgebot ex post die Zuordnung zur Erwerbs- bzw. Privatsphäre aus Gleichheitsgründen wieder rückgängig gemacht, wofür die Basis fehle.51 Denn das läuft auf eine petitio principii hinaus: Nach hier vertretener Auffassung bestimmt sich die Sphärenzuordnung gerade unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes, so dass es auf die zeitliche Reihenfolge grundsätzlich nicht ankommt. Einer Umqualifizierung bedarf es dann nicht. Nun mag man gegen die generelle Veranlassung einwenden, damit würde die neue Rechtsprechung wieder zur alten zurückgeführt. Das ist aber nur teilweise zutreffend. In der Tat ging die alte Rechtsprechung von einer typisierten Zuordnung von Bildungsaufwendungen aus. Sie begründete dies mit dem Erfordernis einer gleichmäßigen Anwendung der Steuergesetze. Ihre Zuordnung war jedoch materiell unbefriedigend, weil sie typische Erwerbsaufwendungen der Privatsphäre zuschlug. Eine typisierte Veranlassung könnte dem Rechnung tragen und die Aufwendungen der Erwerbssphäre zuzuordnen. Die hier befürwortete Typisierung dürfte zugunsten des Steuerpflichtigen unproblematisch sein. Aber auch bei typischerweise der Privatsphäre zugehörigen Aufwendungen – bei denen sich eine Typisierung zu Lasten desr Ausnahme-Steuerpflichtigen auswirkt – kann man mit denselben Argumenten für eine formelle Typisierung eintreten, sofern eine zuverlässige Verifikation kaum möglich erscheint. Um den angestrebten Vereinfachungs- und Gerechtigkeitszweck zu erreichen, sollte man allerdings das Beweismaß für eine Widerlegung der Vermutung hoch ansetzen. Nicht ausreichend sein dürften daher bloße Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen,52 weil diese auch dann, wenn sie plausibel sind, immer noch falsch sein können. Erscheint eine Verifikation gänzlich unmöglich, sollte man in Übereinstimmung mit dem hier vertretenen Steuerstaatsverständnis sogar eine materielle Typisierung annehmen.53 ________________________ 49 50 51 52
Zum Wohlfahrtsverlust durch die Verhaltensanpassung schon Kap. 1 IV 1 (S. 44 ff.). Dazu Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.). So aber etwa M. Müller, Aus- und Fortbildung, 134 f. Tendenziell a. A. J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/1988, 151. 53 Dafür auch M. Völlmeke, DStR 1995, 745, 752.
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bb) Besuch allgemeinbildender Schulen führt nur zu Sonderausgaben Aufwendungen für den Besuch von allgemeinbildenden Schulen sind nur als Sonderausgaben abzugsfähig. Denn hier liegt unbeschadet der individuellen Lukrativität dieser Humankapitalinvestitionen54 eine nicht unbedeutende private Mitveranlassung vor:55 Es werden zu einem erheblichen Teil Kenntnisse vermittelt, die auch im privaten Bereich nützlich sind, erleichtert doch eine gelungene Bildung in der Sekundarstufe II etwa den Zugang zu Dante Alighieris Divina Commedia. Das machen auch die Vorschriften über den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen deutlich.56 Folge der gemischten Veranlassung ist mangels Trennungsmaßstabs, dass nur ein Abzug als Sonderausgabe in Betracht kommt.57 Das mag auf den ersten Blick misslich erscheinen, weil diese eigentlich sehr lukrativen Humankapitalinvestitionen58 nicht steuerlich berücksichtigt werden können. Das ist aber hinzunehmen, weil (derzeit noch) typischerweise
________________________ 54 Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). 55 Vgl. etwa W. Drenseck, StuW 1999, 3, 7; sowie die Nachw. in Kap. 4 III 2 e) bb) (S. 172). 56 Vgl. Art. 131 Abs. 1 BV und insbesondere Art. 1 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen: „Die Schulen haben den in der Verfassung verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrag zu verwirklichen. Sie sollen Wissen und Können vermitteln sowie Geist und Körper, Herz und Charakter bilden. Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung, vor der Würde des Menschen und vor der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt. Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur bayerischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinn der Völkerversöhnung zu erziehen.“ Darin liegen neben der Erziehung zum verantwortlichen Menschen auch hinreichend privatnützige Ziele. Andere Länder dürften wenngleich weniger schön, so doch inhaltlich vergleichbare Vorschriften aufweisen. Vgl. im Übrigen auch M. Müller, Aus- und Fortbildung, 108 m. w. N. 57 Zwar gilt das Aufteilungs- und Abzugsverbot für die Abgrenzung von Sonderausgaben und Erwerbsaufwendungen nicht (vgl. nur BFH v. 22.6.1990 VI R 2/87, BStBl. 1990 II, 901 sowie die Nachweise bei P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 1). Daher können an sich Erwerbsaufwendungen und Sonderausgaben nebeneinander vorliegen. Freilich ist kein Aufteilungsmaßstab für eine sachgerechte Auseinanderschätzung ersichtlich. Daher hat es beim Abzug als Sonderausgabe sein Bewenden. Entgegen O. Zugmaier, DStZ 1999, 865, 867 spricht auch BFH v. 18.4.1996 VI R 54/95, BFH/NV 1996, 740 nicht dagegen, da es dort um eine dem Sonderfall des Ausbildungsdienstverhältnisses entsprechende Konstellation ging. 58 Kap. 1 III 1 (S. 36 f.).
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der Staat Hauptkostenträger der Schulausbildung ist;59 wenn die Lernenden ausnahmsweise selbst einen weit überwiegenden Anteil der Kosten tragen, so geschieht dies regelmäßig in erheblichem Maße aus privaten Gründen (standesgemäße Ausbildung). Ausnahmen von der Nichtabzugsfähigkeit sind grundsätzlich nicht zulassen. Zwar sieht die Rechtsprechung zu den Fortbildungsreisen von der Anwendung des Aufteilungs- und Abzugsverbotes ab, wenn die Reise unmittelbar der Berufsausübung dient. Das soll etwa dann anzunehmen sein, wenn die Bildungsmaßnahme Voraussetzung für die rechtmäßige Ausübung eines Berufes ist.60 Dem liegt die Vorstellung zugrunde, das Gewicht der beruflichen Veranlassungsmomente sei bei einem ganz konkreten Bezug zur beruflichen Tätigkeit besonders hoch, so dass die privaten Momente in den Hintergrund treten. Ganz parallel dazu könnte man sich auf den Standpunkt stellen, für jedes Hochschulstudium sei das Abitur erforderlich. Jedoch steht für die überwiegende Zahl der Abiturienten das Ob und Wie einer späteren Erwerbstätigkeit noch nicht fest. Regelmäßig kann daher eine gesteigerte Veranlassung nicht angenommen werden, so dass es bei der Geltung des Aufteilungs- und Abzugsverbots zu bleiben hat. Man sollte auch dann keine Ausnahme machen, wenn eine konkrete Erwerbstätigkeit bereits anvisiert wird – zum Beispiel, wenn schon in der Oberstufe feststeht, dass ein Kind eines Rechtsanwalts zur Übernahme der väterlichen Kanzlei Jura studieren soll. Das ergibt sich aus drei Gründen: Erstens fehlt es hier schon an einem hinreichend verdichteten Bezug auf eine konkrete Erwerbstätigkeit, besteht doch immer die Möglichkeit, dass das Kind später eine andere Möglichkeit für sich entdeckt. Das gilt umso mehr für ein noch am Humboldtschen Bildungsideal ausgerichtetes universitäres Studium, das nicht zuletzt eine Erweiterung des Horizonts und des Bewusstseins eigener Möglichkeiten verfolgt.61 Zweitens kann die nur ausnahmsweise vorliegende Absicht nicht zuverlässig und ohne überzogenen Aufwand verifiziert werden. Das aber wäre nach der hier vertretenen steuerstaatlichen Konzeption62 zur Verwirklichung von Steuergerechtigkeit zwingend erforderlich. Darüber hinaus läge drittens ein Verstoß gegen das ebenfalls steuerstaatlich motivierte Gebot vor, im ________________________ 59 In diesem Argument liegt auch kein Widerspruch zur Ablehnung der Position des Bundesverfassungsgerichts, die Ausbildungsaufwendungen von Eltern für ihre Kinder wegen der staatlichen Leistungen nur hälftig zu berücksichtigen, Kap. 9 I 2 a) a. E (S. 342). Denn hier geht es um das unmittelbar begünstigte Subjekt. 60 Vgl. dazu Kap. 4 IV 1 b) bb) (S. 179 f.). 61 Man mag darin sogar Berührungspunkte zur Menschenwürde sehen, liegt doch in der ständigen Überprüfung und Anpassung des Selbstentwurfes das Wesensmerkmal der Autonomie. Vgl. dazu schon oben Kap. 9 I 1 (S. 338 f.). 62 Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.).
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Steuertatbestand keine Anforderungen an üblicherweise nicht präzise definierte subjektive Merkmale zu stellen.63 Das hat selbst dann zu gelten, wenn im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie des Lernenden ein Bezug zu einer bereits ausgeübten Tätigkeit nahe liegt – etwa wenn ein ausgebildeter Kommunikationselektroniker mit Blick auf ein späteres Studium an einer Fachhochschule an einer technischen Fachoberschule das Fachabitur erwirbt.64 Denn auch hier ist die Verifikation zumeist schwierig – selbst ex post-Realisierungen lassen nur einen bedingten Schluss auf ex ante bestehende Absichten zu, auf die es allein ankommt. Zudem ist die Änderung der als Ziel angestrebten Erwerbstätigkeit immer möglich. Diese Sichtweise entspricht im Kern dem Anliegen der alten Rechtsprechung, privat mitveranlasste Aufwendungen nicht zum Abzug zuzulassen, ohne sich aber den dagegen erhobenen Einwänden auszusetzen. Denn hier wird nicht mehr darauf abgestellt, dass der Abschluss der Bildungsmaßnahme einen Aufstieg ermögliche, sondern auf die Privatnützigkeit der Kenntnisse. Die hier vertretene Auffassung hat ferner den Vorteil, dass sie Lernende mit einer „geraden“ Bildungsbiographie nicht benachteiligt. Auch hängt die Berücksichtigung von Aufwand bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht davon ab, in welcher Reihenfolge Bildungsmaßnahmen und Berufstätigkeit absolviert werden. Das vermeidet Anreize für eine steuerlich motivierte Änderung der Reihenfolge. Schließlich verringert diese Ansicht den Bedarf nach einer (einzelfallbezogenen) Bewertung der Veranlassung. Das ist vorteilhaft, weil Veranlassungsüberlegungen häufig sehr stark von subjektiven Betrachtungen abhängig sind.65 Eine einzige Ausnahme, die über das anderen Regeln gehorchende Ausbildungsdienstverhältnis66 hinausgeht, mag man in dem Fall erwägen, dass der erfolgreiche Abschluss einer Bildungsmaßnahme conditio sine qua non für das Verbleiben in derselben Stellung in einem bereits jetzt ausgeübten Beruf ist.67 Man könnte hier vorbringen, dass in dieser Situation eine derartige ________________________ 63 64 65 66
Kap. 2 II 2 (S. 87 ff.). So der Sachverhalt von FG Bremen v. 14.1.2004 2 K 254/03 – Rev. VI R 5/04. F. Wassermeyer, DB 2003, 2616, 2619 (generell zur Veranlassung). BFH v. 28.9.1984 VI R 144/83, BStBl. 1985 II, 89 sowie bereits Kap. 4 III 1 a) cc) (S. 146 f.) und Kap. 4 III 1 d) cc) (S. 157 f.) sowie sogleich unten Kap. 10 I 2 e) bb) (S. 410 ff.). Selbst gegen diese Ausnahme seinerzeit noch K. J. von Bornhaupt, BB 1975, 876, 878. 67 Vgl. etwa FG Niedersachsen v. 24.4.1991 XIII 475/89, EFG 1991, 724 – rkr. zu Deutschkursen für Ausländer.
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Verdichtung der Veranlassung gegeben sei, dass ein wesentliches Überwiegen der beruflichen Veranlassung anzunehmen sei. Dafür könnte aber keinesfalls eine bloße dahin gehende Bestätigung des Arbeitgebers ausreichen. Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer trennt in dieser Situation nicht der übliche Interessengegensatz, der dem Steuerstaat eine Anknüpfung an ihre Vereinbarungen erlaubt.68 Vielmehr müsste man jedenfalls zusätzlich den Nachweis einer generellen Regel des Arbeitgebers verlangen, dass er vergleichbare Arbeitnehmer nur mit entsprechendem Bildungsstand beschäftigt und die Qualifikation von allen Arbeitnehmern verlangt, die diesen Stand nicht aufweisen. Noch besser erscheint es freilich, mit der alten Rechtsprechung69 auch diese Ausnahme zu verwerfen, da sich nur neue Abgrenzungsschwierigkeiten stellen würden. Zudem würde es sich um eine Fallgruppe handeln, in die bei wahrheitsgemäßer Tatsachenangabe seitens des Lernenden nur eine ganz geringe Zahl Lernender fiele, so dass eine materielle Typisierung zulässig erscheint.70 cc) Erwerbsaufwendungen bei reinem Erststudium Demgegenüber sind die Kosten des reinen Erststudiums regelmäßig in voller Höhe absetzbar, soweit es nicht ausnahmsweise primär zum Zwecke der privaten Lebensführung unternommen wird.71 Das lässt sich mit vergleichbaren Argumenten begründen wie umgekehrt die Ablehnung der Berücksichtigung von Kosten der Schulausbildung. Denn im Studium kann die individuelle Lukrativität der Investition72 regelmäßig nicht mehr durch den konsumtiven Nutzen der Bildung zurückgedrängt werden, steht doch nicht mehr die Allgemeinbildung im Vordergrund, sondern die Vorbereitung auf ein berufliches Tätigkeitsfeld.73 Dass diese auch zu einem verantwortlichen Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigen ________________________ 68 69 70 71
Zur Symmetriethese näher Kap. 10 II (S. 418 ff.). Vgl. Kap. 4 III 1 c) (S. 151 f.). Vgl. Kap. 9 I 4 c) (S. 365 f.). G. Katzsch, BB 1958, 300, 301 möchte auch das Studium generale, das Allgemeinbildung vermittelt, ausnehmen. Das erscheint zwar konsequent. Freilich wird es in der Praxis kaum möglich sein, einem Studenten das Betreiben eines solchen Studiums nachzuweisen. Auch in Anbetracht der (inzwischen?) relativ geringen Bedeutung von über den Tellerrand hinausreichenden Inhalten sollte man auf den Versuch dieses Nachweises regelmäßig verzichten. Einen Fall, in dem die private Veranlassung auf der Hand liegt, stellt etwa BFH v. 26.1.2005 VI R 717/03, DStR 2005, 549 (Studium der Kunstgeschichte einer 50jährigen Studienanfängerin, die angab, eine „Tätigkeit in einem Museum“ anzustreben) dar. 72 Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). 73 Vgl. dazu nur § 7 HRG. A. A. aber etwa A. Glade, FR 1959, 297, 298, wonach mit der Ausbildung regelmäßig auch eine nicht unmittelbar und ausschließlich der Erwerbsstellung dienende Allgemeinbildung vermittelt werde.
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soll,74 begründet schon wegen des erheblichen Allgemeininteresses an solchen Kompetenzen keine gewichtige private Veranlassung. Erfolgreich abgeschlossene Studiengänge führen zudem in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss, wozu auch die Vermittlung der fachlichen Eignung für einen Vorbereitungsdienst zu verstehen ist.75 In dieser Berufsbezogenheit liegt der zentrale Unterschied zu den Schulen. Für eine Gleichbehandlung von reinem und berufsbegleitendem Erststudium spricht ferner, dass die differenzierende Position des IV. Senats76 neue Abgrenzungsproblemen heraufzubeschwören und zugleich die alten Probleme weiterzuschleppen droht. Neue Schwierigkeiten mit entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten77 entstehen mit der Frage, wann denn ein hinreichender Bezug zum ausgeübten Beruf anzunehmen ist.78 Liegt dieser nicht vor, so treten die alten Abgrenzungslinien wieder hervor. Namentlich betrifft das die Abgrenzung zwischen Erststudium und Zweitstudium, die nicht zuletzt wegen der Modularisierung von universitären Studiengängen noch problematischer geworden ist: Soll das Erststudium nur solange anzunehmen sein, bis ein Bachelor erreicht wird, also regelmäßig drei Jahre. Oder soll dies auch noch für den anschließenden Master gelten? Letzteres lässt sich kaum rechtfertigen, zumal grundsätzlich nur ein Teil der Bachelor-Absolventen überhaupt zu Master-Studiengängen zugelassen wird. Außerdem werden diese häufiger den Charakter von Vertiefungskursen aufweisen. Beschränkt man nun das Erststudium auf den Bachelor, stellt sich sogleich die Frage, wie Studiengänge zu behandeln sind, die keine Modularisierung aufweisen. Warum soll etwa ein Jurastudium für seine gesamte Dauer als ein Erststudium anzusehen sein, ein modularisiertes Studium der Europäischen Kulturgeschichte aber nur die ersten drei Jahre? Das erscheint schwerlich einzusehen. Darüber hinaus entspricht eine Gleichbehandlung dem Gebot, Aufwendungen, die diachron einen Ertrag generieren sollen, nicht restriktiver zu behan________________________ 74 § 7 HRG. Vgl. dazu etwa Art. 71 Abs. 1 S. 1 BayHG. 75 § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 HRG; Art. 71 Abs. 2 BayHG. 76 Vgl. BFH v. 13.2.2003 IV R 44/01, BStBl 2003 II, 698, wonach der IV. Senat seine Zustimmung zur Abweichung von seiner Rechtsprechung auf ein den ausgeübten Beruf sachlich begleitendes erstmaliges Hochschulstudium beschränkte. 77 S. etwa B. Paus, INF 2003, 295, 298 f.; S. Wübbelsmann, EStB 2004, 163 ff. sowie Kap. 5 II (S. 254 ff.). 78 So auch P. Fischer, in P. Kirchhof (Hrsg.), 4. Aufl. 2004, § 10 Rz. 28. Krit. dazu auch J. Moritz, AktStR 2003, 245, 259, der fürchtet, „die bisherige, unerfreuliche Differenzierung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten dahingehend, ob mit dem Studium ein Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart angestrebt wird“, könnte wieder Einzug halten.
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deln als solche mit beabsichtigter synchroner Ertragserzielung.79 Man kann hier auch nicht einwenden, „frontlastige“ Erwerbstätigkeiten würden sich in Hinblick auf die Verzinsung von simultanen unterscheiden. Denn die Besteuerung der Zinsen bedingt spiegelbildlich,80 dass Zinsvorteile namentlich bei der Bestimmung des Vorliegens von Liebhaberei außer Betracht zu bleiben haben; dieser Gesichtspunkt dürfte sich generalisieren lassen. Auch Informationsprobleme begründen keine durchgreifende Rechtfertigung für eine restriktivere Handhabung von diachronen Investitionen. Denn ihnen lässt sich, wenn man dem später in der Arbeit vertretenen Vorschlag einer Aktivierung nicht folgen mag, durch eine vorläufige, § 165 AO, oder unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende, 164 AO, Veranlagung Rechnung tragen.81 Allerdings ist einzugestehen, dass die ex post-Realisierung nur bedingt Schlüsse auf die allein maßgeblichen, subjektiven Vorstellungen im Zeitpunkt der Vornahme der Investition zulässt.82 Auch erscheint es zutreffend, die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht von der vorher oder gleichzeitig durchlebten Erwerbsbiographie abhängig zu machen. Das hat schon Friedrich Vangerow gesehen, wenn er schreibt:83 „Es ist nicht einzusehen, warum der, der, bildlich genommen, in einem höheren Stockwerk einsteigt, steuerlich gesehen, schlechter stehen, also mehr bezahlen soll, als der, der schon vom untersten Stock aufwärts fährt.“ Gegenargumente stellen weder die bereits oben abgelehnte Sperrwirkung84 noch die These dar, dass es bei Ausbildungskosten an einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Einnahmen fehle.85 Für einen Zahnarzt dürfte das Wissen, welche Behandlung geboten ist, von gleicher Bedeutung sein wie das eingesetzte Werkzeug. Auch lässt sich dagegen nicht einwenden, dass im Zivilrecht den Kindern regelmäßig ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gegen ihre Eltern zusteht.86 Denn das führt nur dazu, dass die Aufwendungen jedenfalls dem Grunde nach zwangsläufig entstehen und bei den ________________________ 79 Vgl. auch M. Müller, Aus- und Fortbildung, 100. 80 Andernfalls ließe sich die Besteuerung von Zinsen vermeiden, indem eine Verzinsung gerade unter dem Diskontfaktor vereinbart würde. Vgl. dazu etwa R. Ismer, Wirtschaftstheorie statt wirtschaftlicher Betrachtungsweise, in van Aaken/Schmid-Lübbert (Hrsg.), Ökonomische Analyse des öffentlichen Rechts, 2003, 69, 73. 81 Ebenso M. Müller, Aus- und Fortbildung, 105 m. w. N. Zum Verfahrensrecht ausführlich V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 99 ff. 82 Vgl. aber auch D. Steck, NWB 2003, 2859, 2863 f. mN. zur Rechtsprechung, wonach eine nachträgliche aufhellende Tatsache vorliegt. 83 F. Vangerow, StuW 1960, Sp. 443, 451. 84 A. A. V. Kreft, FR 2003, 657, 666. 85 Dagegen auch G. Katzsch, BB 1958, 300, 301. 86 So aber F. Vangerow, StuW 1960, Sp. 443, 447 f.
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Eltern berücksichtigt werden müssen; auf der Ebene der Lernenden ergibt sich hingegen nicht als Folgerung, dass die ihm entstandenen Aufwendungen unbedeutsam wären.87 Auch das Erfordernis einer Abgrenzung von Privat- und Erwerbsphäre, das insbesondere in § 12 Nr. 1 EStG seinen Niederschlag gefunden hat, begründet kein anderes Ergebnis. Denn dies erweist nur, dass überhaupt abgegrenzt werden muss, nicht aber, wo genau diese Linie zu verlaufen hat. Schließlich ergibt sich auch aus systematischer Perspektive nichts anderes. Zwar kann in der Regel ein Erststudium noch nicht die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft begründen.88 Daraus kann man aber nicht folgern, dass sich die einkommensteuerliche Abgrenzung nach demselben Kriterium richten müsste. Denn die Umsatzsteuer findet nur für Unternehmer Anwendung, während Steuersubjekt der Einkommensteuer jede natürliche Person ist, unabhängig davon, ob sie eine steuerbare Tätigkeit ausübt oder nicht. Außerdem streitet das der Einkommensteuer zugrunde liegende objektive Nettoprinzip gegen eine Anknüpfung. Dieses ist für einkommensteuerliche Fragen sachnäher, so dass ihm größeres Gewicht beizumessen ist.89 Und schließlich ist aufgrund des Verständnisses der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer umgekehrt eine indirekte Entlastung von Humankapitalinvestitionen von der Umsatzsteuer geboten, ohne dass es auf die Unternehmereigenschaft des Kostenträgers ankäme.90 c) Restanwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Die neue Rechtsprechung beschränkte den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erheblich.91 Anwendbar blieb die Norm freilich für Fälle der Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf, wenn der hinreichende Zusammenhang mit der Erwerbssphäre nicht gegeben ist.92 Denkbar wäre etwa die Situation, dass sich eine Mutter in Elternzeit befand und noch nicht genau wusste, ob sie danach wieder arbeiten wollte.93 Teilte sie dem Finanzamt den Sachverhalt so mit und tätigte sie Aufwendungen, um in ihrem frü________________________ 87 Zur sich daraus ergebenden Notwendigkeit einer Integration der beiden Bereiche vgl. Kap. 13 (S. 480 ff.). 88 Darauf verweist V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 93, dort Fn. 101. 89 Dazu oben Kap. 3 II 1 b) bb) (S. 98 f.). 90 Kap. 10 III (S. 420 ff.). 91 Noch weitergehend M.-I. Thomas, INF 2003, 727: Kein Restanwendungsbereich. 92 So auch schon M. Balke, NWB 1997, 1269, 1271. 93 Zur Voraussetzung des endgültig gefassten Entschlusses zur Einkunftserzielung s. nur BFH v. 14.4.1993 I R 95/92, BFH/NV 1993, 157; v. 18.4.1996 VI R 89/93, BStBl. 1996 II, 449; v. 19.4.1996 VI R 24/95, BStBl. 1996 II, 452; v. 19.6.1997 IV R 4/97, BStBl. 1998 II, 239.
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heren Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, so lagen nach hier vertretenem Verständnis keine Erwerbsaufwendungen, wohl aber Sonderausgaben vor. Für die Variante der Aufwendungen für die Berufsausbildung blieb § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ebenfalls anwendbar, soweit es um den Besuch allgemeinbildender Schulen ging. Diese unterfielen nach unbestrittener Rechtsprechung den Sonderausgaben. Daran zeigt sich zugleich, dass die Auffassung, welche die Sphärenabgrenzung zwischen § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und der reinen Privatsphäre nicht nur bzgl. der Struktur, sondern auch bzgl. der inhaltlichen Anforderungen nach identischen Maßstäben lösen will wie die Abgrenzung zwischen der Erwerbs- und der reinen Privatsphäre, zu strikt ist. Denn sie vermag nicht zu erklären, warum die private Mitveranlassung, die den Abzug als Erwerbsaufwendungen ausschloss, nicht auch den Abzug als Sonderausgabe verhindert.94 Für beide Varianten verblieb ferner ein Anwendungsbereich, wenn der Steuerpflichtige die Humankapitalinvestition mit Blick auf eine spätere berufliche Tätigkeit, die im Inland nicht zu Einnahmen führen sollte, vornahm. In dieser Situation war mit der Auffassung der Literatur – und gegen das obiter dictum der angeführten Entscheidung des BFH – mit Blick auf den Vorsorgecharakter und den nicht eingeschränkten Wortlaut der Norm ein Abzug zuzulassen; die Absicht des historischen Gesetzgebers, den Unterschieden zwischen Aus- und Fortbildung die Bedeutung zu nehmen, trat hingegen zurück, zumal die Norm auch der Ausbildungsförderung dienen sollte.95 Dafür sprach auch die nur eingeschränkt mögliche Verifikation der Absicht, eine Auslandstätigkeit aufzunehmen. Im Übrigen spricht die eingeschränkte Verifizierbarkeit dafür, ein Zuordnungswahlrecht anzunehmen: Denn namentlich für Arbeitnehmer kann sich eine Zuordnung zu den Erwerbsaufwendungen unter Umständen negativ auswirken, weil der Arbeitnehmerpauschbetrag aufgezehrt wird.96 Hier besteht ein Anreiz für den Steuerpflichtigen, den subjektiven Zusammenhang zum Beruf zu verschleiern. Man sollte dies zugunsten der ehrlichen Steuerpflichtigen verhindern, indem man den Anreiz zu unwahren Angaben dadurch beseitigt, dass der Steuerpflichtige jedenfalls die Berücksichtigung als Sonderausgabe verlangen kann. Gegen die Norm mit diesem Anwendungsbereich bestehen keine durchgreifenden systematischen und gleichheitsrechtlichen Bedenken: Zwar ist mit der Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG eine regressive Entlastungswirkung verbunden, weil Steuerpflichtige mit dem höchsten Grenzsteuersatz und da________________________ 94 Vgl. näher Kap. 10 I 3 d) (S. 416 f.). 95 H. Söhn, in KSM, EStG, § 10 Rz. J 25 (Stand Juni 2002) m. w. N. 96 Darauf weist etwa J. Giloy, DB 1973, 498 hin.
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mit dem höchsten Einkommen am stärksten von dern Entlastung profitieren. Gleichwohl ergibt sich kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn der Gesetzgeber trägt mit der Norm einer fakultativen Leistungsfähigkeitsminderung Rechnung.97 Er darf von einer geminderten Leistungsfähigkeit ausgehen: Ausgaben für die Ausbildung zu einem Beruf stellen eine effiziente Möglichkeit der individuellen Vorsorge dar.98 Dadurch erwirbt der Lernende Fähigkeiten, die ihm in Anbetracht der Höchstpersönlichkeit99 nicht genommen werden können. Kommt es zu einer Krisensituation, so kann der Lernende diese Fähigkeiten – sein Humankapital – zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes einsetzen und ist nicht auf staatliche Leistungen angewiesen. Die Vorschrift ist daher keine Lenkungsnorm.100 Freilich handelt es sich auch umgekehrt nicht um eine verbindlich zu berücksichtigende Leistungsfähigkeitsminderung. Dies erklärt sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der hier vertretenen Unbestimmtheit des Leistungsfähigkeitsprinzips.101 d) Verbleibende Schwächen Abschließend gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass die Lösung des VI. Senats nicht über die Schwächen des § 10d EStG hinweghelfen konnte: Berücksichtigungsfähig sind nur negative Einkünfte. Das führt im Jahr der Investition, wenn negative Einkünfte entstehen, zu einer Nichtberücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Grundfreibetrag. Im Jahr des Verlustausgleichs hingegen droht wiederum eine Nichtberücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzugsbeträgen, da der Verlustausgleich insoweit vorrangig erfolgt. Zudem sind regelmäßig Progressionsnachteile zu bedenken,102 da kei________________________ 97 Zum Konzept s. K. Vogel, DStZ 1975, 409, 412; ders., StuW 1977, 97, 106. 98 Für eine Minderung der subjektiven Leistungsfähigkeit durch die Ausbildungsaufwendungen auch H. Söhn, in KSM, EStG, Rz. J 11 (Stand Juni 2002), der freilich eine Pflicht des Gesetzgebers zur Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Leistungsfähigkeitsminderungen annimmt. 99 Kap. 1 I 3 a) (S. 21). 100 Andernfalls müsste man erwägen, ob der Grundsatz der Förderung der Bildung (dazu Kap. 9 III 3) einen hinreichenden Grund für die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips darstellen würde. 101 Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 103 ff.). 102 Zu deren Behebung wird bisweilen vorgeschlagen, Weiterbildungsaufwendungen zum Abzug von der Steuerschuld zuzulassen, so Ch. Ehrmann, Weiterbildungsfinanzierung aus Sicht der Politik, in Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.), Streitsache: Finanzierung der Weiterbildung, 1990, 25, 29. Dagegen zu Recht aber Isensee/ Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, 1992, 85 f. Weiterhin wird erwogen, bei bildungsbezogenen Sonderausgaben auch einen Vor- und Rücktrag der Aufwendungen einzuführen, vgl. Isensee/Kannengießer, a. a. O. 84 f.
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ne Verteilung des Aufwands auf mehrere Jahre erfolgt, sondern die negativen Einkünfte in voller Höhe abgezogen werden.
2. Wiederherstellung der alten Rechtsprechung in § 12 Nr. 5 EStG zweifelhaft Mit der gesetzlichen Neuregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nF. und in § 12 Nr. 5 EStG, die in erheblichem Umfange an die alte Rechtsprechung anknüpft, hat der Gesetzgeber zumindest ganze Teilbibliotheken aus der Makulatur in die Aktualität zurückgeholt. Im Folgenden wird gezeigt, dass die Gesetzesänderung nur in Teilbereichen überzeugt. Zudem wird einigen ausgewählten Einzelproblemen nachgegangen. Ausgeklammert wird dabei die Frage der Zulässigkeit des rückwirkenden Inkrafttretens zum 1. Januar 2004.103 a) Umschulung weiterhin absetzbar Die Regelung ist dort zu begrüßen, wo sie unterlassen hat: im Bereich der Umschulung, die nicht durch ein Erststudium erfolgt. Dort ist wegen der Beschränkung des § 12 Nr. 5 EStG auf die erstmalige Ausbildung zu einem Beruf die Abziehbarkeit der Aufwendungen so erhalten geblieben, wie sie seit Änderung der Rechtsprechung im Jahre 2002 bestand.104 b) Erstmalige Berufsausbildung und Erststudium Der Begriff der erstmaligen Berufsausbildung in § 12 Nr. 5 EStG ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien in Übereinstimmung mit der hergebrachten Rechtsprechung zu verstehen: Die Berufsausbildung soll also dazu dienen, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig sind.105 Erfasst sind nicht nur die anerkannten Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz, § 25 Abs. 1 BBiG, sondern darüber hinaus auch alle Berufsausbildungen im Sinne des § 1 Abs. 2 BBiG, die im Rahmen von Berufsausbildungsverhältnissen vorgenommen werden. Die Berufsausbildung kennzeichnet sich nach dieser Norm durch ihr Ziel, eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die ________________________ 103 Zur Rückwirkungsproblematik statt vieler E. Reimer, DStZ 2001, 725 ff. m. w. N. sowie monographisch J. Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002 und A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002. 104 Man sollte den Begriff „erstmalige Ausbildung“ nicht derart verstehen, daß auch bei einer Umschulung eine neue erstmalige Ausbildung begonnen wird. Ebenso etwa F. Bauer, DStZ 2005, 639, 640 f. A. A. H. Jochum, DStZ 2005, 260, 263. 105 BFH v. 28.9.1984 VI R 127/80, BStBl. 1985, 87. Vgl. auch BT-Drucks. V/3480, 8: Durch die Berufsausbildung soll „erst das für den Beruf typische Können und schließlich eine selbständige gesicherte Lebensstellung erworben werden“.
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für die Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen. Sie ist der erste und grundlegende Teil der beruflichen Ausbildung und erfüllt ihren Zweck als breit und systematisch angelegter Abschnitt durch die Vermittlung solider Grundkenntnisse und Grundfähigkeiten, auf denen eine spätere fachliche Spezialisierung aufbauen kann.106 Ferner unterfallen dem einkommensteuerlichen Begriff auch Bildungsmaßnahmen jenseits von Berufsausbildungsverhältnissen, wenn sie nach Inhalt und Dauer diesen entsprechen. Einen wichtigen Anhaltspunkt für die Rechtsanwendung zur Abgrenzung solcher Bagatellfälle gibt § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG, wonach bei anerkannten Ausbildungsberufen die Dauer zwei Jahre nicht unterschreiten soll. Jedenfalls aber sollte die Mindestdauer von einem Schul- oder Studienhalbjahr nach § 2 Abs. 5 BAföG nicht unterschritten werden.107 Daher stellt auch der Erwerb einer Verkehrsluftfahrtlizenz eine derartige Berufsausbildung dar, firmeninterne Schulungen zur Flugbegleiterin und die Ausbildung zum Rettungssanitäter im Rahmen des Zivildienstes108 wegen der kurzen Dauer von wenigen Wochen hingegen nicht. Das Stadium der erstmaligen Berufsausbildung ist erst dann verlassen, wenn eine Berufsausbildung oder ein berufsqualifizierendes Hochschulstudium109 – formal nachweisbar110 – erfolgreich absolviert wurde, etwa durch Bestehen der Abschlussprüfung.111 Die Berufsausbildung bzw. das Hochschulstudium braucht nicht im Inland absolviert worden zu sein. Vielmehr reicht ein Abschluss aus dem Ausland, solange in etwa Vergleichbarkeit mit dem inländischen Pendant besteht. Weitergehende Einschränkungen auf Ausbildungen im Inland sind im Wortlaut der Norm nicht angelegt.112 Das Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung kann zwar zu Härten führen, etwa ________________________ 106 Leinemann/Taubert, Berufsbildungsgesetz, 2002, § 1 Rz. 11. 107 Zum BAföG vgl. Kap. 8 II 1 a) (S. 316 ff.). 108 Ebenso FG Rheinland-Pfalz v. 8.11.2001 6 K 1649/99, EFG 2002, 323 – NZB VI B 297/01. 109 BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 8. 110 Bloße autodidaktische Aneignung des Stoffes kann nicht reichen, BFH v. 6.3.19922 VI R 163/88, BStBl. 1992 II, 661; v. 4.8.1994 VI R 22/94, BFH/NV 1995, 112. 111 Zweifelnd B. Paus, INF 2005, 185, 187. 112 Unvollständig an dieser Stelle BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 11, wo darauf abgestellt wird, dass inländischen Abschlüssen gleichgestellt seien Berufsausbildungsabschlüsse von Staatsangehörigen eines EU-oder EWR-Mitgliedsstaates oder der Schweiz, die in einem dieser Länder erlangt würden, sofern der Abschluss in einem dieser Länder unmittelbar den Zugang zu dem entsprechenden Beruf eröffnet. Warum sollte eine ghanaische Krankenschwester, die in Deutschland nach einem Bandscheibenvorfall umgeschult werden muss, keine Erwerbsaufwendungen haben?
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wenn eine Prüfung endgültig nicht bestanden wird, und steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur nunmehr erleichterten Abzugsfähigkeit der Kosten von Umschulungsmaßnahmen, wie sie die neue Rechtsprechung vorsieht. Das hier gewählte enge Begriffsverständnis entspricht aber der Linie der alten Rechtsprechung und vermeidet Abgrenzungsschwierigkeiten und Umgehungen. Unklar ist die Abgrenzung allerdings, wenn der Lernstoff insgesamt nur einen geringen Umfang hat, er aber segmentiert angeboten wird: Sollen insgesamt Kosten für die Ausbildung oder für Fortbildung anzunehmen sein? Oder ist zu unterscheiden zwischen Kursen, welche die Aufnahme einer erstmaligen Erwerbstätigkeit auf dem jeweiligen Berufsfeld ermöglichen? Verdeutlichen lassen sich diese Probleme am Beispiel einer Studienabbrecherin und Yogaübungsleiterin, die nach einem einmonatigen Lehrgang Erwachsene in Yoga unterrichten konnte und die im direkten Anschluss einen dreitägigen Kurs über Kinderyogaunterricht belegte.113 Zur Vermeidung von übergroßen Abgrenzungsschwierigkeiten sollte § 12 Nr. 5 EStG auf derartige Kurzlehrgänge grundsätzlich keine Anwendung finden, was freilich eine Segmentierungsgefahr birgt. Auch der Begriff des Erststudiums, das in Einklang mir hergebrachter Rechtsprechung bis zum erstmaligen Abschluss eines Hochschulstudiums dauert,114 ist weniger eindeutig, als er auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn erstens wird man einen Abzug der Kosten für den Master als Erwerbsaufwendungen zulassen müssen, weil der Bachelor grundsätzlich berufsqualifizierend ist und der Master daher den klassischen Charakter eines vertiefenden Aufbaustudiums bekommt. Bloße Zwischenprüfungen reichen hingegen nicht.115 Das wirft Friktionen – und damit die Frage nach Korrekturmöglichkeiten durch die Rechtsprechung – auf mit Fächern, die nicht nach diesem Schema aufgebaut sind, sondern in derselben Regelstudiendauer nur einen Abschluss ermöglichen, so dass eine Berücksichtigung als Erwerbsaufwendungen gänzlich ausscheidet. Zweitens war nach der alten Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber Bezug nimmt, auch das Studium an einer Verwaltungshochschule als Erststudium zu werten.116 Demnach würden deren Absolventen trotz geringer Studiendauer, die wegen der gleichzeitigen praktischen Ausbildung erheblich unter der eines Bachelor-Studienganges liegt, ein darauf folgendes universitäres ________________________ 113 FG Saarland v. 14.6.2000 1 K 134/00, juris. (Freilich hatte die Lernende im Streitfall bereits eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert.) 114 A. A. B. Paus, INF 2005, 185, 188: Maßgeblich vorangegangenes intensives Studium, gleichgültig ob mit oder ohne Abschluss. 115 BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 14. 116 Kap. 4 III 1 a) bb) (1) (S. 139 ff.).
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Studium als Erwerbsaufwendungen geltend machen können. Das würde für diese Studenten eine erhebliche Verbesserung gegenüber der Rechtslage zur Zeit der alten Rechtsprechung bedeuten. Ein solches Verständnis ruft Gleichheitsprobleme hervor zwischen denjenigen, die nach einer Ausbildung beim Staat mit Studium an der Verwaltungshochschule ein universitäres Studium aufnehmen, und solchen, die zuvor eine gleich lange „Lehre“ absolviert haben. Man könnte zur Vermeidung dieser Widersprüche daher erwägen, den Begriff des Erststudiums nichttechnisch dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzgeber die Rechtslage zur Zeit der alten Rechtsprechung117 wiederherstellen wollte. Jedoch lässt sich das mit Blick auf die umschulungsfreundliche Linie nicht durchhalten: Jedenfalls ein zweites Studium sollte absetzbar sein, daneben aber auch die Vertiefung in einem vorher studierten Fach. Für diese Lösung spricht zudem die zu § 7 BAföG von der Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach ein Studium an einer Beamtenfachhochschule zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt.118 Hingegen dürfte das Zusammenspiel von „erstmaliger Berufsausbildung“ und „Erststudium“ zeigen, dass mit dem letztgenannten Begriff nur ein (Fach-) Hochschulstudium gemeint ist, auch wenn der BFH zuvor in seiner Rechtsprechung zwischen akademischen und nichtakademischen Studien unterschieden hat.119 Drittens ist nicht klar, wann Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium vorliegen. So ist fraglich, ob der Ausschluss des Erststudiums auch alle studienbegleitenden Praktika von der Berücksichtigung ausschließt. So ist jüngst zum alten Recht von einem Finanzgericht entschieden worden, dass Aufwendungen für ein solches Praktikum beim ________________________ 117 Dazu Kap. 4 III 1 a) aa) und bb) (S. 135 ff.). 118 Vgl. Kap. 8 II 1 a) (S. 316 ff.). 119 Vgl. etwa BFH v. 28.9.1984 VI R 44/83, BStBl 1985 II, 94. Dementsprechend hatte sich K. J. von Bornhaupt, NWB 2003, 493, 500 noch dafür ausgesprochen, den Unterschied zwischen Hochschulstudien und nichtakademischen Studien aufzugeben. Wie hier hingegen B. Paus, INF 2005, 185, 188, der allerdings zugleich darauf hinweist, dass BFH v. 25.4.1995 VII R 12/95, BStBl. 1995 II, 648 und v. 3.3.1998 VII R 88/97, BStBl. 1998 II, 408 für die Zulassung zum Steuerberaterexamen nach § 36 StBerG den Besuch einer Berufsakademie einem Studium an einer Fachhochschule gleichgesetzt hat. Für eine Gleichstellung von Studium an einer Berufsakademie und einer Fachhochschule auch BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 25, wenn die entsprechenden Ländergesetze bestimmte an einer Berufsakademie erfolgreich absolvierte Ausbildungsgänge einem abgeschlossenen Studium an einer Fachhochschule gleichstellen und die gleichen Berechtigungen verleihen.
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zukünftigen Arbeitgeber vorweggenommene Werbungskosten sein können.120 Das ist aus Sicht einer fiskalisch orientierten Regelung besonders misslich, weil es sich hier in Anbetracht der zumeist weitgehend kostenlosen universitären Ausbildung in vielen Fällen um die wahren „Kostentreiber“ handeln dürfte.121 cc) Man kann der gesetzgeberischen Anordnung im Übrigen a fortiori entnehmen, dass die Kosten von Schulbildung, die Voraussetzung für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium ist, ebenfalls keine Berücksichtigung finden können. dd) Für die Ausnahme des Ausbildungsdienstverhältnisses kann demgegenüber ohne weiteres auf den Ertrag der Bestandsaufnahme zur alten Rechtsprechung verwiesen werden.122 Jedoch wird hier sorgfältiger als früher zur Abgrenzung von der Liebhaberei darauf zu achten sein, dass tatsächlich aus dem Arbeitsverhältnis während der Dauer der Ausbildung ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten ist.123 c) Änderung verfassungskonform, … Materiell124 verfassungswidrig ist diese Änderung125 entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung126 gleichwohl nicht. Das ergibt sich aus ________________________ 120 FG Münster v. 18.3.2003 6 K 579/99, EFG 2003, 985 – NZB VI B 88/03 mit der Unterscheidung zwischen normalen studienbegleitenden Praktika und solchen, die mit überdurchschnittlichem Einsatz und Aufwendungen betrieben werden und bei denen ein konkreter Bezug zum künftigen Arbeitgeber gegeben ist. Zur Frage, wann Aufwendungen für eine erste Berufsausbildung vorliegen, illustrativ FG München v. 11.5.1999 13 K 3769/94, juris, wo eine auszubildende Masseuse und medizinische Bademeisterin noch während ihrer Ausbildung einen Lehrgang zur Krankengymnastin absolvierte. 121 Ferner können Zuordnungsprobleme entstehen, wenn der Lernende gleichzeitig berufstätig ist, vgl. B. Paus, INF 2005, 185, 187. 122 Kap. 4 III 1 a) cc) (S. 146 f.) und Kap. 4 III 1 d) cc) (S. 157 f.). 123 Das beantwortet m. E. die Frage von B. Paus, INF 2005, 185, 189, ob bescheidene Zuschüsse eines künftigen Arbeitgebers dazu führen, dass die im Zweifel deutlich höheren Studienkosten als Werbungskosten anzuerkennen sind. Nach dem hier vertretenen Verständnis handelt es sich bei den Ausbildungsverhältnissen um einen Unterfall der Unmittelbarkeit, vgl. Kap. 10 I 3 c) aa) (S. 413). 124 Eine andere Frage ist es hingegen, ob das Gesetz formell verfassungsmäßig zustande gekommen ist. Zweifelnd etwa W. Drenseck, DStR 2004, 1766, 1769. 125 Umgekehrt zur Verfassungsmäßigkeit der Gewährung einer Entlastung durch Sonderausgabenabzug s. Kap. 10 I 1 c) (S. 400). 126 W. Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; B. Paus, INF 2005, 185, 189. Ebenso wohl auch J. Lang, in TL, § 9 Rz. 267: Dem neuen Abzugsverbot stehe die gleichheitswidrige Willkür auf die Stirn geschrieben. Wie hier tendenziell U. Prinz, FR 2005, 229, 235.
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einem a fortiori Schluss: Die neue Gesetzgebung stellt nur die alte Rechtsprechung wieder her; diese aber war mehrfach vom Bundesverfassungsgericht überprüft worden und unbeanstandet geblieben.127 Dann aber muss der Gesetzgeber, dem ein größerer Beurteilungsspielraum zukommt, erst recht dazu in der Lage sein. Diese verfassungsgerichtliche Rechtsprechung erscheint trotz der individuellen128 und gesamtgesellschaftlichen129 Lukrativität von Investitionen in Humankapital auch zutreffend, da das objektive Nettoprinzip dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung zwischen Privat- und Konsumsphäre beträchtliche Einschätzungsspielräume belässt.130 d) … aber systemwidrig Die Neuregelung ist dennoch, soweit sie die Abzugsfähigkeit für das Erststudium und die Erstausbildung131 beschränkt, systemwidrig.132 So sehr man das Motiv, in Zeiten angespannter Finanzlage eine erhebliche Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte zu vermeiden, billigen mag, ist der anvisierte Weg doch abzulehnen: Er bedeutet im Wesentlichen eine Rückkehr in die Zeit vor Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Die zur alten Rechtslage vorgetragenen Argumente133 verlieren durch diese Änderung aber nicht ihre Überzeugungskraft, sondern werden zu Einwänden gegen das Gesetz. Es überzeugt immer noch nicht, die Absetzbarkeit von Studienaufwendungen von dem Zufall abhägig zu machen, ob ein Studium in einem ande________________________ 127 Vgl. dazu Kap. 4 III 1, dort Fn. 111 (S. 135). Für eine Verfassungswidrigkeit der Begrenzung aber C. R. Beul, FR 1986, 340, 345 mit dem Argument, die Differenzierung zwischen voll abzugsfähigen Fortbildungskosten und beschränkt abzugsfähigen Ausbildungskosten verstoße gegen den Gleichheitssatz. Auch habe der Gesetzgeber seinerzeit für die Höhe des Betrages an den für das Jahr 1971 aber für verfassungswidrig erklärten (BVerfG v. 4.10.1984 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290) § 33a Abs. 1 EStG angeknüpft. Seinen Bedenken, es könne zu einem Nebeneinander von BAföG-Leistungen und Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer kommen, dürfte durch die Erhöhung des Grundfreibetrags abgeholfen worden sein. 128 Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). 129 Kap. 1 III 2 (S. 37 ff.). Diese erlangt nach hier vertretener Auffassung über Art. 109 Abs. 2 GG auch rechtliche Relevanz, vgl. Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.). 130 Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.). 131 Hingegen dürfte der a fortiori anzunehmende Ausschluss für Kosten des Besuchs allgemeinbildender Schulen zutreffend sein. A. A. wohl H. Zehnder, Die Behandlung der Kosten für Ausbildung und berufliche Weiterbildung im schweizerischen Steuerrecht, 1985, 42 f. und Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, 1992, 70. 132 Allgemeine Ansicht, vgl. neben den in Kap. 10 Fn. 126 (S. 405) Genannten etwa auch M. R. Rimmler, StuW 2005, 117, 125; C. Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676, 681. 133 Kap. 4 III 2 a) und b) (S. 159 ff.).sowie Kap. 10 I 1 a) (S. 384 ff.).
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ren Fach vorangegangen ist.134 Die Wertung, die Ausbildung und Erststudium der Privatsphäre zuweist, überzeugt angesichts der Berufsbezogenheit des Wissens und der generellen Lukrativität dieser Investitionen nicht, so dass eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips vorliegt, die aus systematischer Sicht vermieden werden sollte. Zudem ist es bei zunehmender, auch die Grenzen der Europäischen Union überschreitender internationaler Mobilität im Bildungssektor für die (objektiv feststellungsbelasteten) Finanzbehörden zunehmend schwierig, festzustellen, wann ein (Erst-) Studium vorliegt.135 Außerdem ist der vom Gesetzgeber gewählte Ansatz nicht überzeugend, weil er geradezu „falsch herum“ typisiert.136 Allein die Individuen mit den höchsten Kosten werden „gedeckelt“, die zahlenmäßig weit überwiegenden Fälle mit geringen Kosten hingegen werden zwar berücksichtigt, müssen aber aufwendig verifiziert werden. Auch ist die Abgrenzung zwischen den Inhalten der Erstausbildung und einer Fortbildung nicht a priori festgelegt, sondern (zumindest mittelbar) der Gestaltung durch den Lernenden zugänglich.137 Durch die Neuregelung wird ein Anreiz geschaffen, den kostenpflichtigen Erwerb von Kenntnissen in die Phase nach Ende der ersten Ausbildung zu verlegen. Ein Grund für diese Beeinflussung des Steuerpflichtigen ist freilich nicht ersichtlich.138 Ferner ist die Einschränkung der Abzugsfähigkeit für das Erststudium und für eine erstmalige Berufsausbildung zweifelhaft: Diese Regelung ist für den Steuerpflichtigen erheblich ungünstiger als die – nur der Schwäche des Verlustausgleichs unterliegende139 – bisherige Rechtslage. Das folgt nicht allein aus der vorgesehenen Höchstgrenze des Abzugs, sondern auch aus der Schwäche des Sonderausgabenabzugs. Ein Sonderausgabenabzug ist nicht intertemporal übertragbar vor, was für den historischen Gesetzgeber der erstmaligen Einfügung des Sonderausgabenabzugs für Bildungsmaßnahmen im Jahre 1969140 noch keine durchschlagende Bedeutung hatte, weil damals ________________________ 134 So zu Recht MIT, DStR 2005, 550. 135 Dies problematisieren auch W. Drenseck, StuW 1999, 3, 9; und B. Gast-de Haan, Weiterbildungskosten, in FS für L. Schmidt, 105, 109 ff. 136 Vgl. dazu schon Kap. 9 I 4 c) (S. 365 f.). 137 Darauf weisen auch Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, 1992, 15 hin. 138 Zudem ist es oftmals zufällig, ob der Lernende schon auf dem Weg zu seinem eigentlichen Berufsziel einen berufsqualifizierenden Abschluss erwerben wollte und konnte. 139 Kap. 10 I 1 d) (S. 400). 140 Damals als § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, der mittlerweile zum § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG geworden ist.
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ein interperiodischer Verlustausgleich noch nicht umfassend vorgesehen war. Der Sonderausgabenabzug ist daher nur bei einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte und daher lediglich für Steuerpflichtige relevant, die selbst – oder deren Ehegatte – während der Investitionsphase eigene Einkünfte oberhalb des Grundfreibetrags erzielen.141 Das werden in den typischen Studienfällen zumeist nur Steuerpflichtige sein, die signifikante Vermögen geschenkt bekommen oder ererbt haben.142 e) Sonderprobleme aa) Weiterbildung im nicht ausgeübten Beruf als Sonderausgabentatbestand abgeschafft? Eine weitere Änderung, die im Gesetzesentwurf und auch der parlamentarischen Aussprache nicht näher begründet ist, betrifft die Weiterbildung im nicht ausgeübten Beruf. Diese war früher in § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG a. F. ausdrücklich erwähnt. Darunter waren alle Maßnahmen zu verstehen, die der Steuerpflichtige in der Absicht vornahm, früher erlernte berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der Entwicklung der Verhältnisse anzupassen oder wiederzuerlangen oder aufzufrischen.143 Maßgeblich war also, dass es sich um Bildungsmaßnahmen nach Abschluss der Berufsausbildung handelte und dass der Steuerpflichtige seinen erlernten Beruf nicht ausübte. Auf den Grund der Nichtausübung des Berufes kam es ebenso wenig an144 wie darauf, ob der Steuerpflichtige den Beruf nach dem Abschluss schon ausgeübt hatte145 oder ob die Weiterbildung für die Wiederaufnahme des Berufs zwingend erforderlich war.146 Auch bedurfte es nicht der tatsächlichen Wiederaufnahme des Berufes.147 Überwiegend wurde auch das Erfordernis einer konkreten Absicht der späteren (Wieder-)Auf-
________________________ 141 Auf die geringe Bedeutung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor der Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2002 verweist auch H. Söhn, in KSM, EStG, § 10 Rz. J 12 (Stand Juni 2002). 142 Darauf weist W. Stolz, Die steuerrechtliche Behandlung der Kosten für Ausbildung und Fortbildung, 1976, 127 f. hin, der bezweifelt, ob diese Konsequenz dem Gesetzgeber seinerzeit bewusst war. 143 Kleinsorge/Tullius, StWa 1969, 49; H. Söhn, in KSM, § 10 J 119 (Stand Juni 2002). Definitionen in der Rechtsprechung sind nicht ersichtlich. 144 So dass auch dann eine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf vorliegen kann, wenn der Steuerpflichtige einen anderen Beruf ausübt. 145 Allgemeine Ansicht, vgl. nur H. Söhn, in KSM, § 10 J 120 (Stand. Juni 2002). 146 Statt vieler G. Nolde, in HHR, § 10 Rz. 295 (Stand August 1994). 147 So H. Söhn, in KSM, § 10 J 120 (Stand Juni 2002).
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nahme der beruflichen Tätigkeit verneint.148 Es war möglich, dass ein Steuerpflichtiger einen Beruf ausübte und Weiterbildungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG für einen anderen, nicht ausgeübten Beruf geltend machte.149 Der Abzug dieser Aufwendungen ist im Wortlaut des Gesetzes nicht mehr vorgesehen. Diese gehen auch nicht vollständig in einem erweiterten Verständnis der vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen auf.150 Ferner findet sich in der Gesetzesbegründung die Aussage, dass Aufwendungen, die nicht der Berufsausbildung dienen, nicht mehr abzugsfähig sein sollten.151 Daher wird überwiegend gefolgert, derartige Aufwendungen seien nicht mehr abzugsfähig.152 Man sollte nunmehr diese Konstellation unter den Begriff der Berufsausbildung fallen lassen. Zwar setzt die Förderung von Weiterbildung nach dem SGB III voraus, dass der Lernende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen will.153 Diese Wertung könnte grundsätzlich auf das Steuerrecht, soweit es der Förderung der Ausbildung dient, übertragen werden. Jedoch sprechen erstens Verifikationsgesichtspunkte für ein weites Verständnis der Berufsausbildung: Nur in seltenen Fällen wird die erklärte Absicht einer Hausfrau mit Kindern, sie wolle später bestimmt wieder arbeiten gehen, widerlegbar sein. Zweitens trägt der Sonderausgabenabzug für Ausbildungskosten auch dem Vorsorgecharakter Rechnung; der Lernende wird in die Lage versetzt, erforderlichenfalls seine Erwerbsgrundlage selbst zu bestreiten.154 Dieser Charakter ist aber unabhängig davon, ob in den Erwerb neuen oder die Aufrechterhaltung alten Humankapitals investiert wird. Drittens lässt sich nur so der Wertungswiderspruch vermeiden, dass der Neuerwerb von Humankapital gegenüber der Aufrechterhaltung privilegiert würde, setzt doch der Abzug von Berufausbildungskosten keine konkrete inländische Einkünfteerzielungsabsicht voraus.155 Im Übrigen wäre zur Abgrenzung wieder ein Denken in Berufsbildern erforderlich – kann eine Hausfrau und gelernte Sekretärin, die ohne konkrete Absicht, wieder berufstätig zu werden, an einer Schulungsmaßnahme in englischer Geschäftskorrespondenz teilnimmt, gel________________________
148 H. Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rz. 507 (Stand August 2001); Kleinsorge/Tulius, StWa 1969, 49, 50; H. Söhn, in KSM, § 10 J 120 (Stand Juni 2002). A. A. FG Bremen v. 20.8.1974 I 64/73, EFG 1975, 10 – rkr. (Jagdaufseherprüfung einer Ärztin); FG Berlin v. 3.5.1976 III 163/75, EFG 1976, 602 – rkr. (Musikerausbildung eines 47jährigen Richters für die Zeit nach Pensionierung). 149 Vgl. H. Söhn, in KSM, § 10 J 120 (Stand. Juni 2002) zu w. N. 150 Kap. 10 I 1 c) (S. 398 ff.). 151 BT-Drucks. 15/3339, 10. 152 OFD Hannover, Verfügung v. 19.8.2004 – S 2354 – 399 – StH 214/S 2354-173 – StO 213, DStR 2004, 1790, 1791; F. Braun, DStZ 2005, 639, 640. 153 Kap. 8 II 2 (S. 320 ff.). 154 Dazu H. Söhn, in KSM, EStG, § 10 Rz. J 11 (Stand Juni 2002). 155 Kap. 10 I 1 c) (S. 398 ff.).
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tend machen, es handele sich um den ersten Schritt zur Berufsausbildung als Europasekretärin? Wie wäre es gegebenenfalls mit Schulungen in neuen Computerprogrammen? Man kann schließlich der Lösung nicht entgegenhalten, dass damit der Wille des Gesetzgebers zur Streichung der Berücksichtigungsmöglichkeit der Weiterbildung ignoriert würde. Denn dieser ist in den zugänglichen Materialien nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen, so dass auch ein Versehen dahingehend, dass der Weiterbildung nach neuer Rechtsprechung kein Restanwendungsbereich verbliebe, nicht ausgeschlossen werden kann. bb) Ausbildungsdienstverhältnisse Gegen die Kategorie der Ausbildungsdienstverhältnisse lässt sich neben der Gestaltungsanfälligkeit156 der Einwand anführen, dass bei einer Sicherung durch Rückzahlungsklausel ökonomisch gesehen nur eine Gehaltsverschiebung stattfindet: Der Arbeitgeber trägt die Kosten der Ausbildung, um sich während der Bindungsdauer des Arbeitnehmers dessen Dienste zu sichern. Regelmäßig wird sich der Arbeitnehmer dazu verpflichten, zu einem geringeren Gehalt zu arbeiten, als er es aufgrund seiner erworbenen Qualifikation anderweitig am Markt erzielen könnte. Damit führt die Übernahme der Kosten der Ausbildung durch den Arbeitgeber im Wesentlichen im wirtschaftlichen Gesamtergebnis zu einer vergleichbaren Vergütung wie ein selbstfinanziertes Studium mit anschließendem höheren Gehalt. Das schafft eine Verzerrung, weil ein Anreiz dazu gesetzt wird, den Arbeitgeber die Kosten der Ausbildung tragen zu lassen. Freilich begründet dieser Einwand keine durchgreifenden gleichheitsrechtlichen Bedenken. Denn es besteht nicht nur ein Unterschied darin, wer die Kosten unmittelbar trägt. Vielmehr besteht auch ein Gegensatz darin, wer die Kosten beim Fehlschlag der Maßnahme trägt, wer also mit dem Risiko eines Scheiterns belastet ist. Das ist im Falle der Eigeninvestition der Lernende, im Fall der Fremdinvestitionen hingegen regelmäßig der Kostenträger. Solange dieser Unterschied besteht, ist die Regelung zu billigen. Bedenklich erscheint das Ausbildungsdienstverhältnis aber in der besonderen Konstellation, dass durch die Tätigkeit das Recht auf Finanzierung einer Ausbildung erworben wird, die dann zur Hauptpflicht des Vertrages wird. Dann handelt es sich nicht um eine Risikotragung durch den Arbeitgeber.157 ________________________ 156 S. z. B. T. Hußmann, DB 1985, 2225. Die steuerliche Beachtlichkeit der dort vorgeschlagenen Gestaltungen bezweifelt aber z. B. H. Pump, StBp 1991, 260. 157 So zu Recht R. Flies, DStR 1997, 725, 729 und K.-H. Nissen, DStZ 1980, 216 entgegen BFH v. 28.9.1984 VI R 127/80, BStBl. 1985 II, 87; v. 28.9.1984 VI R 144/83, BStBl. 1985 II, 89; v. 7.8.1987 VI R 60/84, BStBl. 1987 II, 780; v. 17.4.1996 VI R 2/95, BStBl. 1996 II, 445.
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3. Fortbestehende Probleme a) Promotionskosten nur bei Humankapitalakkumulation absetzbar Die Kosten einer Promotion sind von der Gesetzesänderung grundsätzlich nicht betroffen, da es sich bei diesen nicht um ein Erststudium handelt.158 Daher ist bei diesen entsprechend der zutreffenden neuen Rechtsprechung weiterhin auf die berufliche Veranlassung abzustellen. Es gilt namentlich die Angrenzung zu den gemischten Aufwendungen zu leisten, die dem Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterfallen. Eine Ausnahme wird man allerdings für die Fälle zu machen haben, bei denen Aufwendungen für die Promotion bereits im Rahmen eines Erststudiums entstehen, etwa wenn die Promotion der erste Abschluss ist.159 Eine private Mitveranlassung ist hier grundsätzlich anzunehmen:160 Die Statusimplikationen erweisen sich schon daraus, dass der Doktorgrad im Gegensatz zu anderen universitären Abschlüssen auch im privaten Umgang tatsächlich geführter Namenszusatz ist – die Anrede als Frau Doktor ist auch heute noch aus Höflichkeitsgründen161 geboten, die als Herr Magister hingegen zumindest in Deutschland nicht. Daran vermag auch nichts ändern, wenn in bestimmten Bereichen des Geschäftslebens Mitarbeiter und ihre Vorgesetzten miteinander „per Du“ sind.162 Daran anschließend stellt sich aber die Frage, ob ein weitgehendes Überwiegen der beruflichen Veranlassung163 anzunehmen ist. Dazu gilt es, die Wirkungen einer Promotion zu unterteilen: Zum einen ist mit dem Promotionsstudium ein Zuwachs an Wissen, vor allem aber an Fähigkeit zum selbständigen Arbeiten verbunden; insoweit besteht eine erhebliche Nähe der Promotion zur akademischen Ausbildung, was eine übereinstimmende Behandlung indiziert.164 Zum anderen verleiht die Promotion aber auch einen deutlich sichtbaren Titel, der für private und für erwerbswirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden kann. Die beiden Effekte können mit den Konzepten ________________________ 158 Ebenso BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 26; H. Jochum, DStZ 2005, 260, 265. A. A. U. Kleiner, NWB 2005, 1951. 159 Diese Konstellation wird freilich mit der zunehmenden Modularisierung an Bedeutung verlieren. 160 A. A. etwa H. Schießl, DStZ 2004, 119, 121, der dem Promotionsstudium grundsätzlich keinen Bezug zur privaten Lebensführung zuerkennen will. 161 Und zwar auch in Ballungsgebieten! Damit soll Theisen/Salzberger, DStR 1991, 1333, 1337 nicht gefolgt werden, die auf die Anonymität der Ballungsgebiete abstellen. 162 A. A. M. Müller, Aus- und Fortbildung, 127. 163 Vgl. dazu Kap. 4 IV (S. 175 ff.). 164 So – zur Zeit der alten Rechtsprechung – BFH v. 9.10.1992 VI R 176/88, BStBl. 1993 II, 115.
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Humankapital und Signalling erklärt werden:165 Der Erwerb von Wissen und Fähigkeit zum selbständigen Arbeiten ist Akkumulation von Humankapital, der Titel hingegen ein Signal. Sie lassen sich nicht trennen, weil die für die Promotion erforderliche Prüfung – wie andere akademische Prüfungen auch – noch dem Erwerb von Humankapital dient und nicht reines Signal ist.166 Für eine ernsthaft betriebene eigene Promotion überwiegt das erworbene Humankapital in Verbindung mit der beruflichen Komponente des Signals die Nützlichkeit des Signals im Privatbereich, wenn das erworbene Humankapital zu Erwerbszwecken eingesetzt werden soll.167 Insoweit ist der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zuzustimmen. Anders liegt es bei einem Titelkauf.168 Dieser kennzeichnet sich dadurch, dass die wissenschaftliche Leistung eines anderen oder gar eine wertlose Abhandlung als promotionswürdige eigene ausgegeben wird. Mithin findet eine Akkumulation von Humankapital gar nicht oder aber nur in vernachlässigbarem Umfang statt. Es bleibt beim reinen Signal, bei dem aber regelmäßig kein Überwiegen der beruflichen Veranlassung festgestellt werden kann. Gekaufte Titel unterliegen daher dem Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. Diese Interpretation überzeugt zudem, weil ein Titelkauf ökonomisch nicht wünschenswert ist, da er die Qualität des Signals beeinträchtigt und damit zu einem Effizienzverlust führt.169 Im Übrigen nimmt diese Begründung die insoweit zutreffende Argumentationslinie der alten Rechtsprechung auf, die eine reine Humankapitalakkumulation anders behandelte als eine Humankapitalakkumulation mit Erwerb eines auch zu gesellschaftlichen Zwecken einsetzbaren Titels.170
________________________ 165 Zu den beiden Konzepten vgl. Kap. 1 I und II 2 (S. 15 ff. und 30 ff.). 166 Man mag sich nun spitzfindig auf den Standpunkt stellen, dass dies für den für eine seriöse Veröffentlichung erforderlichen Druckkostenzuschuss nicht gilt. Freilich dürfte hier wiederum häufig die private Veranlassung in den Hintergrund treten, da die Qualität der Veröffentlichung ein weit überwiegend im beruflichen Kontext nutzbares Signal sein dürfte. Im Übrigen dürfte eine solche Aufspaltung nur zu einer weiteren unerwünschten Komplikation des Steuerrechts beitragen. 167 Ähnlich W. Bergkemper, FR 2004, 413: Berufliche Veranlassung immer dann gegeben, wenn die Promotion eine weitere berufliche Qualifizierung belegt. 168 Vgl. dazu schon die Nachweise in Kap. 4 III 2 c) (S. 165 f.). 169 Zur Beachtlichkeit dieses Arguments vgl. oben Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.). 170 Vgl. zum Studium ohne Abschlussabsicht Kap. 4 III 1 a) dd) (S. 147 f.) sowie zu Bildungsmaßnahmen ohne Verleihung eines akademischen Titels Kap. 4 III 1 d) (S. 152 ff.).
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b) Beabsichtigte Auslandstätigkeit hindert wegen Europarechts Erwerbsaufwendungen nicht Das von der Rechtsprechung für den Fall angenommene Abzugsverbot, dass der Steuerpflichtige die Humankapitalinvestition mit Blick auf eine spätere Tätigkeit im europäischen Ausland unternimmt,171 verstößt gegen die europäischen Grundfreiheiten. Denn an die (beabsichtigte spätere) Tätigkeit als Ausübung der Grundfreiheit in anderen Mitgliedsstaaten werden negative steuerliche Konsequenzen geknüpft. Eine Rechtfertigung aus Kohärenz hat auszuscheiden,172 dem Territorialitätsprinzip fehlen derzeit noch die anerkannten Konturen.173 Die innerstaatliche Rechtsprechung hat wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts dem Verstoß abzuhelfen, indem sie für derzeit unbeschränkt Steuerpflichtige einen Abzug von Erwerbsaufwendungen unabhängig davon zulässt, welcher Ort innerhalb des Gemeinschaftsgebietes dafür anvisiert wird.174 c) Abgrenzung von reiner Privatsphäre und Erwerbssphäre Von der gesetzlichen Neuregelung ist ferner die Abgrenzung der Privatsphäre zur Erwerbssphäre unbeeinflusst geblieben. Insoweit bestehen erhebliche Schwierigkeiten, zumal in neueren Entscheidungen ein Abstellen auf alle Umstände des Einzelfalls gefordert wird, um die berufliche Veranlassung zu beurteilen.175 aa) Unmittelbarkeitsrechtsprechung Im Rahmen der Bestandsaufnahme zur Abgrenzung von Privat- und Erwerbssphäre wurde die „Unmittelbarkeitsrechtsprechung“ eingeführt, wonach es einer näheren Überprüfung des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs nicht mehr bedarf, wenn beispielsweise die Reise einem unmittelbaren beruflichen Anlass dient.176 Problematisch an einer auf Unmittelbarkeit abstellenden Argumentation ist, dass es der Offenlegung der Wertmaßstäbe bedarf, wann eine solche anzunehmen ist. Vor dem Hintergrund des in dieser Arbeit vertretenen Systemansatzes empfiehlt es sich, einen Blick auf verwandte Rechtsinstitute zu werfen. Als solche bieten sich die Rechtsprechung zu den Ausbildungsdienstverhältnissen ________________________ 171 172 173 174
BFH v. 24.4.1992 VI R 141/89, BStBl. 1992 II, 666. Vgl. dazu Kap. 4 IV 4 (S. 195 f.). Kap. 9 II 2 a) (S. 372 f.). Kap. 9 II 2 b) (S. 373 f.). Zum Vorschlag einer Beseitigung durch „Quasi-Aktivierung“ der Aufwendungen vgl. Kap. 14 (S. 493 ff.). 175 BFH v. 10.4.2002 VI R 46/01, BStBl. 2002 II, 579. 176 Kap. 4 IV 1 a) aa) (S. 178 ff.).
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und die zur Liebhaberei an. Letztere ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit einen, wenn auch nur geringen Überschuss erwarten lässt.177 Dann ist die Privatnützigkeit der Aktivität, soweit sie nicht zu von den Erwerbsaufwendungen trennbaren Aufwendungen führt, unschädlich. Hintergrund dafür ist nicht zuletzt die Berufsfreiheit und das daraus folgende Recht des Verzichts auf Erwerbsaktivitäten. Dieses verbietet den Hinweis darauf, der Steuerpflichtige hätte auch eine andere Aktivität ergreifen können, die mit einer geringeren Privatnützigkeit verbunden gewesen wäre. Dementsprechend bietet es sich an, eine Unmittelbarkeit anzunehmen, wenn die untrennbar mit privatem Konsumnutzen verbundene Aktivität im Erwartungswert zu positiven Einkünften führt. Dies entspricht auch der Behandlung der Ausbildungsdienstverhältnisse, die vorliegen sollen, wenn Inhalt der auf positive Einkünfte gerichteten Tätigkeit die Ausbildung ist, wenn also die Entlohnung gerade und untrennbar für die Ausbildung gezahlt wird. Mithin sollten die Unmittelbarkeitsfälle beschränkt werden auf die Konstellationen, in denen sich die in Rede stehende privatnützige Maßnahme als untrennbarer Teil einer von der auf Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit darstellt und keine Liebhaberei vorliegt, oder anders gesagt: wenn gerade die privatnützige Aktivität steuerbar entlohnt wird. Hingegen sollte Vergleichbares noch nicht für die Fälle gelten, bei denen die auch privatnützige Bildungsmaßnahme conditio sine qua non für einen angestrebten Beruf ist oder sich als bloße Ausübung eines Berufes darstellt.178 bb) Veranlassungszusammenhang bei fehlender Unmittelbarkeit Die zuletzt genannten Fälle sind vielmehr anhand der aufgezeigten Kriterien des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zu lösen:179 Fehlt die Unmittelbarkeit, ist nach der Rechtsprechung in diesen Fällen eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, um zu bestimmen, ob eine berufliche Veranlassung anzunehmen ist. Das soll neuerdings auch für das Erlernen von Grundkenntnissen einer Fremdsprache gelten.180 Diese Rechtsprechung ist mit Blick auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot sehr zweifelhaft, zumal die Verifikation der privaten Nutzung ausscheiden dürfte.181 Die im Urteil zum Beleg angeführte vorhergehende Rechtsprechung betraf im Übrigen die zweite Stufe, also den ________________________ 177 BFH v. 7.12.1999 VIII R 8/98, DStRE 2000, 623. 178 Daher sollte etwa der Besuch eines Geschäftsfreundes regelmäßig nicht in die Kategorie der unmittelbaren Investitionen fallen. 179 Dazu Kap. 4 IV 1 a) aa) (S. 178). 180 Vgl. die Nachweise in Kap. 4 IV 1 a) bb) S. 179). 181 Zutreffend G. Rößler, StBp 2004, 176, 177 f.
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schädlichen Rahmen und nicht die Privatnützigkeit der Fremdsprachenkenntnisse. Jedenfalls schließt die Rechtsprechung nur die frühere materielle Typisierung aus. Möglich und im Ergebnis zumindest als Notlösung hinnehmbar ist jedoch immer noch eine formelle Typisierung dahingehend, dass in dem Bereich, der früher materiell typisiert der Privatsphäre zugeordnet wurde, eine signifikante private Mitveranlassung widerleglich zu vermuten wäre: Der Erwerb von Grundkenntnissen einer Fremdsprache182 ist als privat veranlasst anzusehen, wenn der Lernende nicht ausnahmsweise einen klaren Zusammenhang zur Erwerbssphäre nachweist; an den Nachweis sollten dabei hohe Anforderungen gestellt werden.183 Für dieses Ergebnis sprechen die Gesichtspunkte, die für eine generelle Veranlassung ins Feld geführt wurden.184 Im Übrigen sollte das formale Kriterium der lehrgangsmäßigen Organisation, dem für Fortbildungsreisen in der Rechtsprechung ein großes Gewicht zukommt, ausgedehnt werden: Es ist einfach zu handhaben und verhindert die Umwidmung von Privatveranstaltungen in vermeintlich berufliche. Mit Blick auf dieses Kriterium lässt sich für private Arbeitsgemeinschaften185 sogar überlegen, ob hier nicht eine materielle Typisierung, die den Abzug ausschließt, angezeigt ist. Denn es lässt sich durchaus vertreten, in diesem Bereich sei die Verifikation nicht nur besonders schwierig, sondern zumeist unmöglich:186 Der Wert des – ohnehin fragwürdigen – Zeugenbeweises wird hier dadurch reduziert, dass nur die Teilnehmer der privaten Arbeitsgemeinschaft den Inhalt kennen, sie sich aber regelmäßig in einer gleichgelagerten steuerlichen Situation befinden; ferner erscheint es zweifelhaft, ob die Bereitschaft zum Eingeständnis, statt der Arbeitsgemeinschaft zumindest signifikant auch Privates mitverhandelt zu haben, typischerweise vorhanden ist. Nichtbeteiligte Zeugen hingegen kennen den genauen Verlauf und Inhalt der Arbeitsgemeinschaft nicht. Mitschriebe hingegen lassen sich nicht gesichert bestimmten Terminen zuordnen. Jedenfalls aber sollte auch hier eine formelle Typisierung angenommen werden, dass derartige Arbeitsgemeinschaften auch privat mitveranlasst sind. ________________________
182 Gegen eine Unterscheidung zwischen gängigen und nicht gängigen Fremdsprachen zurecht T. Offerhaus, FR 1994, 316, 318 und H. Pust, HFR 2000, 689. 183 Vgl. auch BFH v. 26.11.1993 VI R 67/91, BStBl. 1994 II, 248, wo eine Ausnahme allein für den Fall erwogen wird, dass die Sprachkenntnisse für die Einstellung keine unabdingbare Voraussetzung waren. Großzügiger aber T. Offerhaus, FR 1994, 316, 319. 184 Kap. 10 I 1 b) aa) (3) (S. 386 ff.). 185 Kap. 4 IV 3 a) bb) (S. 191 ff.). 186 Zu der – aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit hergeleiteten – Irrelevanz nicht verifizierbarer Faktoren für die Bestimmung der Steuerlast Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.).
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d) Abgrenzung der reinen Privatsphäre von den Sonderausgaben Mit Blick auf die erhöhten Freibeträge wird die Abgrenzung zwischen Sonderausgaben und der reinen Privatsphäre an Bedeutung gewinnen. Es ist durchaus möglich, dass hier die bisher großzügige Anerkennung von Ausbildungskosten durch die Finanzverwaltung schon wegen der höheren Höchstbeträge einer verstärkten Kontrolle weichen wird, die wiederum eine erneute Klageflut heraufbeschwören könnte. Bei der Abgrenzung sollten grundsätzlich die gleichen Kriterien gelten wie bei der von Privat- und Erwerbsphäre.187 Insbesondere ist auch hier Skepsis angezeigt, wenn es um die Fähigkeit des Richters geht, gemischte, die Sonderausgaben- und die reine Privatsphäre betreffende Aufwendungen auseinanderzuschätzen. Auch hier gilt es sich der Informationsgrenzen bewusst zu werden188 und zumindest im Ergebnis eine dem Aufteilungs- und Abzugsverbot entsprechende Regel aufzunehmen. Jedoch kann kein vollständig identischer Maßstab angelegt werden: Nach hier vertretener Ansicht können Kosten der Allgemeinbildung keine Erwerbsaufwendungen sein, die Berücksichtigung bei den Sonderausgaben bei Aufwendungen für den Besuch allgemeinbildender Schulen nach allgemeiner Auffassung ist jedoch zweifellos möglich. Man sollte daher bei § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG eine niedrigere Schwelle für das weite Überwiegen der Ausbildungsveranlassung annehmen.189 Das erweist auch der mittlerweile eingefügte § 12 Nr. 5 EStG: Der Gesetzgeber, der die Aufwendungen für ein Erststudium und eine erstmalige Berufsausbildung für privat mitveranlasst hielt, ging ersichtlich davon aus, dass gleichwohl ein Abzug als Sonderausgabe in Betracht kommt. Ferner kann man bei der Abgrenzung auf zusätzliche Kriterien rekurrieren. Dazu gilt es sich den historischen Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Erinnerung zu rufen, eine Förderung der Ausbildung zu ermöglichen. Zudem ist es nach dem hier vertretenen Systemansatz geboten, andere Wertungen der Rechtsordnung für die Zuordnung zum beruflichen Bereich heranzuzie________________________ 187 Zu diesen Kap. 4 IV (S. 175 ff.). 188 Dazu Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.). 189 Dahingehend kann man auch den zutreffenden Kern des Vorschlags von V. Kreft, Vorab veranlasste Erwerbsaufwendungen, 2000, 72 ff., sehen, wenn er für die Erwerbsaufwendungen einen konkreten Erwerbsbezug fordert, für die Sonderausgaben hingegen einen allgemeinen ausreichen lässt. Zu den (durchschlagenden) Einwänden gegen seine genaue Position, einen von ihm für den Erwerbsaufwendungsbegriff für erforderlich gehaltenen Beginn von nach außen gerichteten Anstalten zur Vorbereitung einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr abhängig zu machen (a. a. O., 95), M. Müller, Aus- und Fortbildung, 102 f.
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hen. Dies sind namentlich die sozialrechtlichen Regelungen über die Förderung der Aus- und Weiterbildung und damit zuvörderst die Regelungen des BAföG, des AFBG und des SGB III. In diesen Normen kommt die Grundwertung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass eine Förderung der dort aufgeführten Maßnahmen geboten ist, weil sie zur Verwirklichung von Chancengleichheit beiträgt oder anderweitig im Allgemeininteresse liegt. Wenn der Gesetzgeber diese Maßnahmen selbst zu finanzieren bereit ist, dann erscheint es nur konsequent, diese Leistungen auch beim Steuerpflichtigen zum Abzug von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage zuzulassen. Das entspricht auch der Wertung des Subsidiaritätsprinzips, an das der Gesetzgeber nach hier vertretener Auffassung nicht gebunden ist, das aber zumindest einer politischen Klugheitsregel entsprechen kann und auch dem Sozialrecht zugrunde liegt.190 Unter Beachtung der grundsätzlichen Subsidiarität des Sonderausgabenabzugs gegenüber dem Abzug als Erwerbsaufwendungen sind daher die folgenden Maßnahmen als Berufsausbildung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren: der Besuch allgemeinbildender Schulen, berufsvorbereitende Maßnahme nach § 61 SGB III191 sowie die zur Herstellung von Arbeitsfähigkeit erforderlichen Deutschkurse für Ausländer und umgekehrt Fremdsprachenkurse, soweit sie zur Herstellung von Arbeitsfähigkeit im Ausland erforderlich sind, sowie unter Beachtung des § 12 Nr. 5 EStG nunmehr auch die Kosten eines Erststudiums und einer erstmaligen Berufsausbildung. e) Abgrenzung der reinen Privatsphäre von den außergewöhnlichen Belastungen Durch die neue Rechtsprechung weitgehend erledigt hat sich hingegen die Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung, wenn nicht zugleich Krankheitskosten vorliegen. Denn die Fälle einer Umschulung werden nach der neuen Rechtsprechung jedenfalls dann als Erwerbsausgaben erfasst, wenn die Umschulung zwangsläufig erfolgt.192 Daher dürfte das Bedürfnis für die subsidiäre Berücksichtigung weitgehend entfallen sein. Man könnte allenfalls an den eher theoretischen Fall denken, dass ein Steuerpflichtiger zu einer Umschulung mit anschließend ausschließlich im Ausland gegebener Steuerbarkeit der Einkünfte gezwungen ist. Dann würde nach dem oben Gesagten der Abzug von Werbungskosten am Rechts________________________ 190 Kap. 9 I 5 c) (S. 365 ff.). 191 Dazu Kap. 8 II 2 a) (S. 320 ff.). 192 So das restriktive Kriterium des IV. Senates; vgl. umfassend zur neuen Rechtsprechung Kap. 4 III 2 (S. 159 ff.).
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gedanken des § 3c EStG scheitern, so dass ein Restanwendungsbereich für § 33 EStG verbliebe.193
II. Einkommensteuer – Egoistische Fremdinvestitionen: Symmetrie zu Eigeninvestitionen? Vor dem Hintergrund des dieser Arbeit zugrunde liegenden Systemansatzes ist das Verhältnis der Anforderungen an die Abzugsfähigkeit von egoistischen Fremdinvestitionen zu denen bei Eigeninvestitionen von besonderem Interesse. Es stellt sich primär die Frage, inwieweit die Behandlung beim Lernenden194 mit der Behandlung der Eigeninvestitionen übereinzustimmen hat (Symmetrie der Anforderungen). Das wird namentlich bei der Abgrenzung der Privat- von der Erwerbssphäre relevant: Liegt, wenn der Arbeitgeber die Kosten für eine Ausbildung des Arbeitnehmers übernimmt, die bei Kostentragung durch den Arbeitnehmer selbst nicht oder nur beschränkt abzugsfähig wäre, ein (lohn-)steuerbarer Vorteil des Arbeitnehmers vor? Oder sollen umgekehrt etwa Fortbildungsreisen, die ein Arbeitnehmer selbst finanziert, anders behandelt werden als solche, bei denen der Arbeitgeber die Kosten trägt? Illustrativ ist eine Entscheidung des FG Niedersachsen195 zu einem berufsbegleitenden Erststudium an einer privaten Fachhochschule, für das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kosten erstattete. Die Finanzverwaltung unterwarf – der alten Rechtsprechung folgend – die Erstattung der Lohnsteuer. Das Finanzgericht hielt es hingegen für „nicht vermittelbar“, die Erstattung von Kosten, die beim Arbeitnehmer nicht zu Werbungskosten führte, der Steuer zu unterwerfen. Eine solche Symmetrie einzufordern mag auf den ersten Blick entgegen der Entscheidung des Finanzgerichts verlockend erscheinen. Denn dadurch werden Vereinbarungen ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber die Kosten einer vom Arbeitnehmer gewünschten Maßnahme übernimmt, die dieser, wenn er sie selbst zahlen würde, nicht von der Steuer absetzen könnte. Man wird freilich die Symmetrie nicht umfassend annehmen können. Gegen sie spricht schon das nunmehr in § 12 Nr. 5 EStG ausdrücklich erwähnte ________________________ 193 Auch hier fungiert die Gesetzesnovelle aus dem Jahre 2004 damit zu einer Wiederbelebung erledigt geglaubter Probleme: Unter Geltung der neuen Rechtsprechung wäre die Ersatzinvestition nicht zu berücksichtigen gewesen, weil schon die Ausgangsinvestition vollständig absetzbar war. 194 Hingegen liegen für den Arbeitgeber typischerweise auch dann Betriebsausgaben vor, wenn der Lernende den zugewandten Vorteil zu versteuern hat; letztlich stellt die Übernahme der Kosten der Bildungsmaßnahme nur eine besondere Form der Zuwendung von Arbeitslohn dar. 195 FG Niedersachsen v. 28.2.2001 4 K 177/97, EFG 2001, 1424 – rkr.
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Ausbildungsdienstverhältnis, das bestimmte Aufwendungen zu Erwerbsaufwendungen umqualifiziert. Auch gilt das Aufteilungs- und Abzugsverbot, wie die Rechtsprechung in jüngster Zeit klargestellt hat, nicht für Aufwendungen, die der Arbeitgeber trägt.196 Umgekehrt geht es aber auch zu weit, wenn man postuliert, dass Veranstaltungen, die in nicht unbedeutendem Maße privat mitveranlasst sind, „sicherlich nicht im Interesse des Arbeitgebers“ lägen.197 Es ist daher ein Mittelweg zu beschreiten: In der Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber liegt ein Indiz für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis, so dass insoweit kein lohnsteuerpflichtiger Zufluss entsteht. Diese Indizwirkung kann aber widerlegt werden, wenn andere Gesichtspunkte für eine private Veranlassung sprechen. Dann führt auch die Unterstützung der Reise durch deutsche Justizbehörden,198 die behördliche Bescheinigung vom Vorliegen einer Dienstreise199 oder die Gewährung von staatlichen Reisegeldzuschüssen oder Dienstbefreiungen nicht zur Abziehbarkeit.200 Begründen lässt sich dieser Mittelweg damit, dass die vertragliche „Filterfunktion“ der möglichen Interessengegensätze – die bei einer Investition in eigenes Humankapital denklogisch ausgeschlossen ist – bei einer Kostentragung durch den Arbeitgeber außerhalb von Angehörigenarbeitsverträgen durchaus gegeben sein kann. Aufgrund dieses im Arbeitsverhältnis typischerweise bestehenden Interessengegensatzes kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber durch die Bildungsmaßnahme primär eigene Interessen verfolgt, wenn die Maßnahme auch noch einen hinreichenden Zusammenhang zum Betrieb aufweist. Dies wird üblicherweise dadurch zum Ausdruck gebracht, dass eine Abziehbarkeit jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitgeber mit der Maßnahme eine betriebsfunktionale Zielsetzung verfolgt. Vor diesem Hintergrund ist die in Kapitel 5 diskutierte Behandlung der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber zu billigen.201 Ein sehr starkes Indiz dafür, dass der Arbeitgeber Eigeninteressen verfolgt, ist ferner anzunehmen, wenn die in Großbritannien bei der Absetzbarkeit von Fremdinvestitionen aufgestellten Voraussetzung der allgemeinen Zugänglichkeit der für den Arbeitnehmer kostenfreien Fortbildungsmöglichkeit ________________________ 196 BFH v. 28.1.2003 VI R 48/99, BStBl. 2003 II, 724. Im Ergebnis anders aber BFH v. 14.7.2004 I R 57/03, DStR 2004, 1691. 197 So aber FG Saarland v. 2.7.1991 1 K 345/90, EFG 1991, 726 – rkr. 198 BFH v. 22.1.1993 VI R 64/91, BStBl 1993 II, 612. 199 BFH v. 7.9.1990 VI R 110/87, BFH/NV 1991, 232. 200 BFH v. 1.12.1989 VI R 135/86, BFH/NV 1990, 558. 201 Kap. 5 II 2, dort auch zu R 74 LStR (S. 257 f.).
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erfüllt ist.202 Begründen lässt sich das damit, dass der Konflikt der Filterfunktion mit der Möglichkeit einer „kollusiven“ Vereinbarung deutlich in Richtung Filterfunktion verschoben ist: Eine solche kollusive Vereinbarung ist mit allen Mitarbeitern kaum mehr allein durch die Steuerersparnis motiviert abzuschließen, weil und wenn eine Varianz in den Konsumpräferenzen besteht. Die Filterfunktion des Eigeninteresses des Arbeitgebers fehlt hingegen bei der atypischen Konstellation des Ausbildungsdienstverhältnisses mit einer Bildungsmaßnahme am Schluss des Dienstverhältnisses. Daraus erklären sich die gegen diese Fallgruppe vorgebrachten Bedenken.203 Der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber sind die Fälle verwandt, bei denen der Arbeitgeber sich lediglich an den Kosten der Maßnahme beteiligt etwa durch Freistellung, bzw. umgekehrt eine Kostenübernahme ablehnt. Hier ist die Rechtsprechung nicht immer einheitlich gewesen zur Frage, ob sich daraus Indizien für die steuerliche Behandlung der vom Arbeitnehmer selbst getragenen Kosten ergeben können.204 Es erscheint aber sinnvoll, wiederum auf die auch hier gegebene Filterfunktion abzustellen und jedenfalls in der Kostenbeteiligung ein Indiz für die berufliche Veranlassung zu sehen.
III. Umsatzsteuer Der wichtigste Maßstab für eine systemhafte Ausgestaltung der Umsatzsteuer ist der Neutralitätsgrundsatz.205 Nimmt man ihn ernst, so ergeben sich zwei Folgerungen: Erstens ist eine direkte Entlastung der Unternehmen von ________________________
202 Vgl. Section 260 paragraph 1 Buchst. b des Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003. 203 Kap. 10 I 2 e) bb) (S. 410 ff.). 204 Vgl. BFH v. 26.6.2003 VI R 70/99, juris, wo die bezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber als ein zusätzliches Argument für die berufliche Veranlassung herangezogen wird. Ähnlich BFH v. 26.6.2003 VI R 5/01, BFH/NV 2003, 1417: Dass das Studium für den gegenwärtigen Beruf förderlich war, zeigt die Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber, auch während der Studienzeit den Tariflohn unter der Voraussetzung zu zahlen, dass die Klägerin nach Abschluss des Studiums noch mindestens zwei Jahre für ihn tätig ist. Ebenso BFH v. 17.12.2002 VI R 60/00, BFH/NV 2003, 475: Nahelegen der Reise durch Arbeitgeber als Indiz. Ebenso FG München v. 9.12.2003 13 K 5074/00, EFG 2004, 488 – rkr. nach Rückn. der Rev. VI R 4/04. Umgekehrt BFH v. 24.8.1962 VI 133/62, DStR 1963, 178: Es bildet ein gewichtiges Moment gegen die Annahme von Fortbildungskosten, wenn der Arbeitgeber die Übernahme der entstandenen Kosten oder eine Kostenbeteiligung ablehnt. Anders aber BFH v. 4.8.1967 VI R 186/66, BStBl 1967 III, 773: Kosten für Studienreise einer Lehrerin nicht deshalb abzugsfähig, weil die vorgesetzte Behörde die Kosten zu 1/5 übernommen hat. 205 Dazu näher Kap. 9 III 1 b) (S. 377 f.).
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der Umsatzsteuer für bestimmte Humankapitalinvestitionen geboten. Zweitens ist aber auch eine indirekte Entlastung von Nichtunternehmern angezeigt; anders als bisher sollten insoweit aber echte Steuerbefreiungen gewährt werden.
1. Direkte Entlastung a) Zur Wahrung der Neutralität müssen erstens die Unternehmer als Steuerschuldner entlastet werden. Denn der Zugriff auf sie stellt nur einen „technischen Trick“ aus Praktikabilitätsgründen206 dar, der sowohl die Zahl der Steuerschuldner207 als auch den Steuerwiderstand klein halten soll. Die Unternehmer sollen die Steuerlast der indirekten Steuer im Ergebnis nicht tragen. Erreicht wird dies zum einen durch die – als unwiderlegliche Annahme208 zugrunde liegende – typische Inzidenz, dass Steuerschuldner und materieller Steuerträger nicht identisch sind, sondern dass die Unternehmer die Steuer auf die Endverbraucher als materiellen Steuerträgern überwälzen können. Zum anderen bedarf es, wie bereits angedeutet, im Allphasensystem, wonach grundsätzlich jede Leistung im Inland umsatzsteuerbar ist, eines Vorsteuerabzugssystems. Danach können Unternehmer die von ihnen materiell getragene Umsatzsteuer auf Eingangsumsätze, die sie für nicht steuerbefreite sowie für bestimmte steuerbefreite Ausgangsumsätze tätigen, als Vorsteuer geltend machen und damit von Fiskus zurückbekommen. Zu den Eingangsumsätzen gehören im hier interessierenden Zusammenhang insbesondere die Kosten von Investitionen in das Humankapital des Unternehmers. Aus dem Gebot der Neutralität der Mehrwertsteuer folgt daher grundsätzlich eine weites Verständnis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Die Rechtsprechung, die Studium und Ausbildung grundsätzlich als steuerlich irrelevante Vorbereitungshandlungen ansieht, mag von daher auf den ersten Blick nicht ganz zweifelsfrei wirken.209 Freilich lässt sich zumeist nicht verifizier________________________ 206 S. nur W. Reiß, in TL, § 14 Rz. 1. 207 S. dazu auch die Regelungen über die Kleinunternehmer, § 19 UStG i. V. m. Art. 24 der Sechsten Richtlinie. 208 I. E. ebenso H. Söhn, StuW 1996, 165 f. Daher schon im Ansatz verfehlt C. Theile, StuW 1996, 154 ff., der im übrigen auch die maßgebliche ökonomische Literatur zum Thema nur streift. Prägnant Ch. Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, 1999, 138 f.: „Zwar ist die Mehrwertsteuer (wirtschaftlich) auf Überwälzung angelegt, ihr Gelingen wird jedoch (rechtlich) vom Mehrwertsteuersystem weder garantiert noch geschützt.“ 209 Es wäre im Übrigen auch nicht zutreffend, die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie für abschließend zu halten. Denn darin ist eine Befreiung auch für Leistungen der Fortbildung enthalten, die aber in jedem Fall für Unternehmer dem Vorsteuerabzug unterliegen.
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bar210 vorhersehen, für welche Tätigkeit das Humankapital später genutzt wird: Ein Jurastudium bildet die Grundlage für eine Anstellung als Syndikusanwalt, für eine Richtertätigkeit, aber auch für Unternehmertätigkeiten als Rechtsanwalt oder Schriftsteller. Technisch lässt sich dieses Zuordnungsproblem nicht in den Griff bekommen, wo kein klarer Bezug zu einer unternehmerischen Tätigkeit besteht. Daher ist nur in einer idealen Welt vollkommener Information möglich, den Lernenden mit Blick auf seine künftigen steuerpflichtigen Umsätze bereits während der Lernphase als Unternehmer anzusehen. In der durch asymmetrische Information geprägten realen Welt hingegen erscheint dies nur in den von der – zu billigenden – Rechtsprechung angenommenen Fällen möglich. b) Beim Abzug für sein Unternehmen stellt sich das Problem der Behandlung des Repräsentationsaufwands. In Anbetracht der aufgezeigten Schwierigkeiten sollte zur Klarstellung die in Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie angekündigte Richtlinie211 zum Ausschluss des Repräsentationsaufwands, auf welche die nationale Regelung des § 15 Abs. 1a UStG einen Vorgriff darstellt, baldmöglichst erlassen worden. Das gilt umso mehr, als die früher von der Rechtsprechung vorgenommene griffweise Aufteilung nicht zu überzeugen vermag, weil sie sich letztlich als ein willkürliches Stochern im Nebel der Privatsphäre und damit der privaten Information212 des Steuerpflichtigen darstellt.
2. Indirekte Befreiung nach der Richtlinie a) Befreiung an sich systemkonform Nimmt man die Verbrauchsteueridee ernst, so müssten in einem idealtypischen System neben den Unternehmern auch Nichtunternehmer entlastet werden, soweit sie Produktionsfaktoren zur Verfügung stellen. Dieses Ergebnis entspräche der ökonomischen Optimalsteuertheorie, die eine Steuerfreistellung von Inputfaktoren der Produktion fordert und dabei nicht danach unterscheidet, ob der Anbieter Unternehmer ist oder nicht.213 Die Entlastung von Nichtunternehmern, die Produktionsfaktoren zur Verfügung stellen, wird häufig dadurch erreicht, dass die Leistungen der Nicht________________________ 210 Zu diesem Erfordernis Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.). 211 Dazu Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/ EWG bezüglich des Vorsteuerabzugs v. 17.6.1998 – KOM (1998) 377 endg. – ABl. EG Nr. C 219; dazu etwa M. Langer, DB 1998, 1784. 212 Zur Bedeutung von Informationsasymmetrien für Rechtsprechung und Gesetzgebung s. Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.). 213 S. dazu nur Kap. 1 IV 3 a) (S. 50) zum berühmten Ergebnis von Peter Diamond und James Mirrlees.
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unternehmer nicht steuerbar sind. Ein Arbeitnehmer, der seine bloße Arbeitskraft dem Betreiber einer Kohlegrube zur Verfügung stellt, tätigt keine steuerbaren Umsätze. Es ist zumeist nicht weiter schlimm, dass keine Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Denn der Produktionsfaktor „reine Arbeit“ war ohnehin nicht214 mit Umsatzsteuer belastet. Probleme entstehen auch dann nicht, wenn der Unternehmer seine Angestellten unentgeltlich für betriebliche Zwecke schult oder schulen lässt. Die Nichtbesteuerung wird dann dadurch erreicht, dass darin keine steuerbare Leistung des Unternehmers gesehen wird. Verbraucht er dafür entgeltlich erworbene Leistungen oder lässt er ihn von einem Dritten auf seine Kosten schulen, so kann der Unternehmer dafür einen Vorsteuerabzug vornehmen. Eine solche Entlastung ist auf direktem Wege aber nicht immer möglich. Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn der Arbeitnehmer als Nichtunternehmer auf eigene Kosten die Qualität seines Inputfaktors Arbeit verbessert.215 Hier scheidet ein Vorsteuerabzug zugunsten des Arbeitgebers aus, weil nicht an ihn geleistet worden ist. Aber auch der Arbeitnehmer kann keinen Vorsteuerabzug geltend machen, da er eben nicht Unternehmer ist. Der – zumindest de lege ferenda denkbare – Weg, den Arbeitnehmer (teilweise) zum Unternehmer zu machen, muss ausscheiden. Denn dann würde das mit dem „Trick“ der indirekten Steuer verfolgte Ziel, die Anzahl der Steuerschuldner drastisch zu reduzieren, hinfällig. Darin liegt der zentrale Unterschied zum einzigen anderen signifikant von Privathaushalten an Unternehmer überlassenen Produktionsfaktor: Für Vermietung und Verpachtung von Grundstücken an Unternehmer mit steuerbaren Ausgangsumsätzen besteht eine Optionsmöglichkeit, § 9 UStG i. V. m. Art. 13 Teil C Buchst. a der Sechsten Richtlinie. Es kommt daher allenfalls eine indirekte Entlastung in Betracht. Der Arbeitnehmer kann auch dadurch von der Umsatzsteuer verschont werden, dass seine Eingangsumsätze steuerbefreit sind. Das lässt sich durch sachliche Steuerbefreiungen dieser Umsätze erreichen: Wenn für Humankapitalinvestitionen erforderliche Leistungen steuerbefreit sind, dann ist der Arbeitnehmer grundsätzlich216 nicht belastet. Einer Steuerentlastung bedarf es folglich nicht. ________________________ 214 Oder genauer: jedenfalls nicht trennbar. Denn die Umsatzsteuer, die auf die von ihm erworbenen Gegenstände zur Bestreitung des Existenzminimums entfällt, dient zugleich auch privaten Zwecken. 215 Eine weitere Problemkonstellation ergibt sich bei der Veräußerung eines Gebrauchtgegenstandes durch einen Nichtunternehmer an einen Unternehmer. 216 Zum Problem der fehlenden Möglichkeit des Vorsteuerabzugs des Unternehmers, der die Bildungsleistungen anbietet, sogleich.
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Vor diesem Hintergrund kann man die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 21–23 UStG namentlich in Verbindung mit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Sechsten Richtlinie in einem anderen Licht sehen: Sie müssen nicht stets als Subventionen und damit Lenkungsnormen begriffen werden. Vielmehr stellen sie für Investitionen von Nichtunternehmern den im jetzigen System der Mehrwertsteuer einzig möglichen Weg dar, eine Entlastung von Investitionen in Humankapital zu erreichen, das in Unternehmen genutzt werden soll. b) Vorsteuerabzug der Einrichtungen für berufsbildende Kurse durch Verbrauchsteuerprinzip geboten Freilich kann der steuerbefreite Anbieter keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Daher wird der Lernende, wenn man von der im Gesetz unterstellten Möglichkeit einer Überwälzung ausgeht, zumindest anteilig doch mit Umsatzsteuer belastet. Sie ist auch nicht gemildert durch die Möglichkeit einer Option zur Besteuerung der Umsätze: Diese ist weder in der Richtlinie217 noch im Umsatzsteuergesetz vorgesehen. Das kann dann, wenn der Lernende eigentlich zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre, im Ergebnis zu einer systemwidrigen Belastung führen.218 Diese mag zwar regelmäßig nicht allzu hoch sein, weil die Leistungen im Bildungsbereich eine hohe Wertschöpfung aufweisen und gewöhnlich gegenüber Endverbrauchern erbracht werden.219 Es entsteht zugleich ein Anreiz zur vertikalen Integration im kommerziellen Bildungsbereich. Das ist für einen Sektor, dessen Bedeutung mit Übergang in die Wissensgesellschaft bei gleichzeitiger Privatisierung von Staatsaufgaben weiter wachsen wird, besonders misslich. Die Einführung einer Optionsmöglichkeit durch Erweiterung des Art. 13 Teil C der Sechsten Richtlinie würde das Problem nicht wirklich lösen. Denn jedenfalls verbliebe es für nichtunternehmerische Abnehmer bei einer Belastung mit Umsatzsteuer. ________________________ 217 Die Option nach Art. 13 Teil C der 6 Richtlinie bezieht sich nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Sechsten Richtlinie. 218 Krit. etwa S. Cnossen, European Taxation 2003, 434, 436; F. Wöhlbier, Humankapitalbildung und Beschäftigung, 2000, 94 f.; H. G. Ruppe, „Unechte“ Umsatzsteuerbefreiungen, FS für Tipke, 457, 458. Ein ähnlicher Effekt wird in einigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durch einen Mehrwertsteuer-Erstattungsfonds erreicht, der den örtlichen Gebietskörperschaften die vertragliche Ausgliederung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben erleichtern soll, vgl. Wassenaar/Gradus, CESifo Economic Studies 50 (2004), 377 ff. m. w. N. 219 K. Padberg, UR 1979, 201, 210.
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Zutreffender erscheint es daher de lege ferenda, die Steuerbefreiung zu verändern, soweit Humankapital geschaffen wird, das zum Einsatz als Inputfaktor in der unternehmerischen Leistungskette bestimmt ist: Insoweit sollte sie von einer unechten in eine echte Steuerbefreiung umgewandelt werden. Den Berufsausbildung und Fortbildung anbietenden Unternehmen sollte der Vorsteuerabzug gestattet werden, auch wenn sie keine steuerbaren Ausgangsumsätze erbringen. Das könnte durch eine Änderung des Art. 17 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie erreicht werden. Solange diese Änderung nicht erfolgt, mag man das Defizit umgekehrt heranziehen, um den Verbrauchsteuercharakter der Mehrwertsteuer in Frage zu stellen.220 Anderes gilt außerhalb des berufsbildenden Bereichs, wo der Zusammenhang mit dem späteren Einsatz in der unternehmerischen Wertschöpfung noch ein entfernter und unsicherer ist, vor allem aber eine noch stärkere Verwobenheit mit persönlichkeitsbezogener Bildung besteht.221 Hier handelt es sich bei der Befreiung um eine Lenkungsnorm. Für diese können die Maßstäbe, welche die Höhe bestimmen, zwar grundsätzlich nicht aus dem System der Richtlinie entnommen werden.222 Die Lenkungsnorm passt jedoch zum Grundsatz der Förderung der Bildung223 und damit in das System der steuerlichen Behandlung von Humankapitalinvestitionen.
3. Indirekte Entlastung im nationalen Recht a) Aufsplitterung mit Transparenzgebot unvereinbar Bei der Bestandsaufnahme wurde aufgezeigt, dass die Bundesrepublik Deutschland die Steuerbefreiungen der Sechsten Richtlinie auf verschiedene Normen verteilt hat, die wiederum jeweils die Vorgaben mehrerer Tatbestände der Sechsten Richtlinie aufnehmen.224 Diese Aufsplitterung erscheint mit dem europarechtlichen Transparenzgebot225 unvereinbar. Zwar ist der nationale Gesetzgeber grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Bestimmungen der Richtlinie förmlich und wörtlich in einer ausdrücklichen, besonderen Gesetzesvorschrift wiederzugeben.226 ________________________ 220 Vgl. dazu auch die Auslobung von R. von Groll, Diskussionsbeitrag, DStJG 26 (2004), 249. 221 Dazu schon Kap. 10 I 1 b) bb) (S. 392 ff.). 222 Wenngleich auch insoweit der Anreiz zur vertikalen Integration mit Blick auf das Neutralitätsgebot unerwünscht erscheint. 223 Kap. 9 III 3 (S. 378 ff.). 224 Kap. 6 I 3 b) (S. 276 ff.). 225 Daneben könnte man u. U. auch – dem nationalen Gesetzgeber anzulastende – Zweifel an der Bestimmtheit des Normgefüges haben. 226 EuGH v. 20.3.1997 Rs. C-96/95, Slg. 1997, I-1653, 1679, Randnr. 35 – Kommission/Deutschland (Aufenthaltsrecht).
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EuGH fordert aber jedenfalls eine klare und hinreichend bestimmte Richtlinienumsetzung,227 insbesondere soweit es um die – sehr weit zu verstehende228 – Einräumung subjektiver Rechtspositionen geht. Dem ist hier nicht genügt. Denn die Verteilung der verschiedenen Richtlinienvorgaben auf die einzelnen Befreiungsvorschriften des nationalen Rechts erschwert die Rechtsanwendung und insbesondere die richtlinienkonforme Auslegung nicht unbeträchtlich, zumal oftmals in der wissenschaftlichen Literatur Uneinigkeit darüber herrscht, welche Richtlinienvorschriften denn durch die innerstaatlichen Normen überhaupt umgesetzt werden.229 b) Keine Beschränkung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG auf Berufsvorbereitung Das innerstaatliche Recht macht die Anwendung der Steuerbefreiung für Bildungseinrichtungen, die keine Ersatzschulen sind, davon abhängig, dass die Institute der Vorbereitung auf Beruf oder vor juristischer Person öffentlichen Rechts abzulegender Prüfung dienen. Dieses Erfordernis ist historisch mitgeschleppt und bei Inkrafttreten der Richtlinie nicht modifiziert worden. Es widerspricht der Sechsten Richtlinie. Die innerstaatlichen Einschränkungen – die ohnehin wenig sinnvoll erscheinen, weil sie die Ausdehnung des Begriffs „berufsbildend“ auch auf Berufsfortbildung auf der zweiten Stufe weitgehend konterkarieren – sind daher zu verwerfen. Das Erfordernis findet im Wortlaut der Richtlinie, der ohne weiteres von „Fortbildung“ spricht, keine Grundlage. Zwar kann an diesen Begriff nicht die innerstaatliche Abgrenzung zwischen Aus- und Fortbildung herangetragen werden, sind die gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien doch autonom vom nationalen Recht auszulegen. Jedoch findet der Begriff auch seine Entsprechung im üblichen Sprachverständnis zahlreicher anderer Richtlinienfassungen: So spricht230 der französische Text von „recyclage professio________________________
227 Vgl. etwa EuGH v. 20.3.1997 Rs. C-96/95, Slg. 1997, I-1653, 1679, Randnr. 35 – Kommission/Deutschland (Aufenthaltsrecht) sowie M. Ruffert, in Callies/Ruffert (Hrsg.), Kommentar der Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages Zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften – EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 249 Rz. 48 m. w. N. 228 Vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 42 Rz. 152 ff. 229 Vgl. die Nachweise in Kap. 6 I 3 b) (S. 276 ff.). 230 Keine der Fortbildung vergleichbaren Ausdrücke enthalten der dänische („faglig uddannelse eller omskoling“), der englische („training and retraining“) und der niederländische Text („beroepsopleiding ond -herscholing“). Freilich kann man die Fortbildung für davon erfasst halten, lauten die Begriffe für Fortbildung in diesen Sprachen doch „efteruddannelse“ und „further vocational training“. Nur das Niederländische, wo wohl der Ausdruck „bijscholing“ für Fortbildung gebräuchlich wäre, bereitet insoweit Probleme.
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nel“,231 der italienische Text von „riqualificazione professionale“232 der portugiesische Text von „reciclagem profissional“,233 der schwedische Text von „fortbildning“,234 und der spanische Ausdruck lautet „reciclaje profesional“235 Es ergibt sich auch nicht aus dem Neutralitätsgrundsatz der Mehrwertsteuer. Erstens ermächtigt dieser den Rechtsanwender ohnehin nicht dazu, eigenständige Korrekturen am Text der Richtlinie vorzunehmen. Zweitens ist die Herausnahme der nicht berufs- oder prüfungsvorbereitenden Fortbildung nicht geboten. Denn vom Ausschluss von der Steuerbefreiung profitieren zwar Unternehmer als Empfänger der Leistung, da keine Vorsteuer in der Kette hängen bleibt. Jedoch werden investierende Nichtunternehmer stärker belastet. Man könnte zwar erwägen, im Ausdruck „mit von dem betreffenden Mitgliedsstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung“ die Einräumung eines Gestaltungsspielraums bei der Anerkennung zu sehen. Das entspricht offenbar der Position des französischen Conseil d’Etat.236 Dagegen aber spricht, dass das Ziel der Sechsten Richtlinie ausweislich der 11. Begründungserwä________________________ 231 Darunter ist zu verstehen „Changement de l’orientation scolaire (d’un enfant), vers un autre cycle d’études. – Par extension: Formation intellectuelle complémentaire destinée à adapter un adulte à de nouvelles fonctions ou à l’informer des nouvelles connaissances nécessaires à l’exercice de sa profession“ (Stichwort „Recyclage“, in Rey/Morvan (Hrsg.), Le Grand Robert de la Langue Française, Band 5, 2. Aufl. 2001). 232 Vgl. P. Stoppelli, (Hrsg.), Il Grande Dizionario Garzanti della Lingua Italiana, 2000, Stichwort „Riqualificare“, das dort definiert wird als „qualificare nuovamente; in particolare, dare una nuova qualificazione professionale o aggiornare una precedente“. 233 Das bedeutet in diesem Kontext „formação profissional complementar proporcionada a trabalhadores com o fin de lhes permitir uma melhor adaptaçãoà evaluação técnica e científica do seu ramo de actividade“ (Berufsbildung für Arbeiter mit dem Ziel, eine bessere Anpassung an die technische und wissenschaftliche Entwicklung in ihrem Tätigkeitsbereich zu geben), Stichwort „reciclagem“ in Academia das Ciências de Lisboa, Dicionário da Língua Portuguesa Contemporânea, 2001. 234 „Förtjupante utbildning inom område inom vilket man redan har formell kompetens“ (vertiefende Ausbildung in einem Gebiet, in dem man schon Kenntnisse hat), Stichwort „fortbildning“ in St. Allén (Hrsg.), Svensk Ordbok, 1986. 235 Unter dem Verb „reciclar“ ist zu verstehen: „Dar a alguien una formación complementaria para que ponga al día sus conocimientos o pueda encontrar trabajo en otro sector.“ (Stichwort reciclar“ in M. Moliner, Diccionario de uso del Español, 2. Aufl. 1999). Freilich wird dieser Begriff von den spanischen Steuerbehörden dahingehend ausgelegt, dass es sich grundsätzlich um Stoff handeln muss, der in Lehrplänen des spanischen Bildungswesens unterrichtet werden muss, vgl. SG de Impuestos sobre el Consumo, Consulta 0221-03 vom 18.2.2003. 236 Conseil d’Etat v. 10.4.2002 Nr. 219715 – SARL, Les Nouvelles Fiscales 878 (2002), 4.
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gung, eine gleichmäßige Erhebung der eigenen Mittel in allen Mitgliedsstaaten zu ermöglichen, eine gemeinsame und einheitlich verstandene Liste der Steuerbefreiungen erfordert. Die Einräumung eines Spielraums für die Mitgliedsstaaten läuft diesem Ziel sowie dem der Verwirklichung eines gemeinsamen Marktes zuwider. Sie dürfte daher von der genannten Richtlinienvorschrift nicht intendiert sein; letzte Klarheit kann hier aber erst eine einschlägige Entscheidung des EuGH bringen. Geht man wie hier davon aus, dass die Anerkennung keinen materiellen Spielraum gewährt, so lässt sich die deutsche Regelung auch nicht durch Art. 13 Teil A Abs. 2 der Sechsten Richtlinie aufrechterhalten: Die Norm erlaubt es mit Blick auf den Harmonisierungszweck der Richtlinie nicht, andere als die dort genannten Kriterien einzuführen.237 Die gebotene Ausweitung auf alle Fälle der Fortbildung kann bereits über eine richtlinienkonforme Auslegung erreicht werden. Die Einschränkung der „Vorbereitung auf einen Beruf“ ist nicht derart eindeutig, dass sie eine Auffrischung während der Berufsausübung nicht erfassen könnten. Folglich fallen auch Institutionen in die Steuerbefreiung, die nur Fortbildungskurse anbieten. Die Konsequenz ist indes eine missliche: Denn häufig dürften entgeltliche Fortbildungen von Unternehmern bezahlt werden. Erklärt man die Ausgangsumsätze der Bildungseinrichtungen für steuerbefreit, so kann sie derzeit auch keine Vorsteuer für ihre Eingangsumsätze geltend machen. Daher kommt es zu der geschilderten systemwidrigen Kumulation von Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette. Freilich ist das als Fehlleistung des geltenden Rechts hinzunehmen. Milderungen können nur Übergangsvorschriften bringen, die etwa die Anwendung für die Vergangenheit ausschließen.
IV. Vermögensteuer Die Nichterfassung des Humankapitals bei der Vermögensteuer führt unmittelbar zur Rechtfertigung der Vermögensteuer überhaupt. Diese ist nicht so unbedeutend, wie es zunächst mit Blick auf die Aussetzung der Vermögensteuer238 erscheinen mag. Denn sie ist nicht nur rechtsvergleichend mit Blick auf die Vermögensbesteuerung in anderen europäischen Ländern239 von In________________________ 237 Im Übrigen ist auch keine Übergangsvorschrift einschlägig. 238 Beschluss des BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BGBl. 1995 I, 1191 = BStBl. 1995 II, 655. 239 Vgl. dazu M. Lehner et al., Tax Law Review 23 (2000), S. 613 ff.
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teresse. Vielmehr wird auch in Deutschland die Wiedereinführung der Vermögensteuer – ironischerweise im Zusammenhang mit der Finanzierung des Bildungswesens – immer wieder erwogen, zumeist in gewisser zeitlicher Nähe zu Wahlen.240 Sie ist auch in jüngerer Zeit noch wissenschaftlich diskutiert worden.241 Man kann zum einen erwägen, ob die Vermögensteuer, wenn sie wieder eingeführt würde, auch Humankapital erfassen sollte. Für dessen Erfassung mag man in einer Welt vollkommener Information gute Gründe anführen können, wenn man Vorkehrungen gegen einen mittelbaren Arbeitszwang trifft.242 Für die reale Welt ist Klaus Tipke – zumindest für eine Bewertung nach der Einkommensmethode243 – zuzustimmen, wenn er lapidar bemerkt, das Bewertungsproblem wäre kaum gerecht lösbar.244 Zum anderen kann man den Spieß umdrehen und in der relativen Privilegierung von Humankapital geradezu den Sinn einer Besteuerung des Vermögens sehen. Man erreicht dann das Umfeld der sogenannten Fundustheorie.245 Grund für die Besteuerung von Vermögen ist nach dieser Ansicht die vermeintlich höhere Leistungsfähigkeit von Beziehern fundierter Einkünfte. Vermögenseinkommen sei besonders sicher. Der (an Sachkapital) Vermögende brauche daher keine Vorsorge zu treffen und könne daher freier über die Einkünfte verfügen. Das freilich ist mit Blick auf die sozialen Sicherungssysteme nicht mehr zutreffend.246 Man kann auch nicht damit argumentieren, dass sich Sachkapital im Notfall veräußern lässt, Humankapital hingegen nicht.247 Denn auch nichtveräußerbare Rechte unterlagen der Vermögensteuer. Zudem ist die Konstellation, dass der Mensch dauerhaft arbeitsunfähig wird, durchaus mit der Zerstörung des Sachkapitals zu vergleichen; in dieser Situation hilft die vermeintliche Fundierung dem Inhaber von Sachkapital aber auch nichts.
________________________ 240 241 242 243 244 245
S. K. Tipke, StRO II, 2. Aufl., 916. Vgl. Birk (Hrsg.), Steuern auf Erbschaft und Vermögen, DStjG 22 (1999). Auf dieses Problem weist K. Tipke, StRO II, 1. Aufl., 797 zu Recht hin. Dazu Kap. 1 I 4 (S. 24 ff.); dort auch zur Kostenmethode als Alternative. K. Tipke, StRO II, 1. Aufl., 797. S. dazu nur E. Raths, Bedeutung und Rechtfertigung der Vermögensteuer aus historischer und heutiger Sicht, 1977, 148 ff. m. w. N. 246 K. Tipke, StRO II, 1. Aufl., 776 dort m. w. N. in Fn. 24. 247 Dieses Argument wäre eine Fortführung des Arguments von R. Meyer, Die Prinzipien der gerechten Besteuerung in der Finanzwissenschaft, 1884, 326 (dem folgend D. Birk, DStJG 22 (1999), 7, 12), dass die Vermögensquelle, weil eigenständig verwertbar, eine eigenständige Leistungsfähigkeit vermittle.
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Subsystem der egoistischen Investitionen
V. Gewerbesteuer Mindestens ebenso in ihrer rechtspolitischen Berechtigung umstritten wie die Vermögensteuer ist die Gewerbesteuer.248 Zudem stellt sich bei ihr noch stärker die Frage ihrer rechtlichen Zulässigkeit. Namentlich die vom Gesetzgeber gewählte Außenabgrenzung, und zwar insbesondere die der Gewerbesteuer zugrunde liegenden Differenzierung zwischen den freien Berufen einerseits und den Gewerbebetrieben andererseits, stehen im Streit. Davon wird die Steuer trotz der mittlerweile eingeführten pauschalierten Anrechnung auf die Einkommensteuerschuld249 bis ins Mark erschüttert, ist bei ihr die Frage der Außenabgrenzung doch eng verknüpft mit ihrer Rechtmäßigkeit überhaupt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Diskussion nicht beenden können, obwohl es sich wiederholt für die Zulässigkeit der Nichtbesteuerung von Freiberuflern ausgesprochen250 und in jüngerer Zeit einen konkreten Normenkontrollantrag des FG Niedersachsen251 nicht zur Entscheidung angenommen hat.252 Im Folgenden kann und soll die Diskussion um die Gewerbesteuerfreiheit der freien Berufe nicht umfassend untersucht werden, sondern nur dargelegt werden, dass sich aus dem Blickwinkel des Humankapitalansatzes keine entscheidenden neuen Aspekte für diese Diskussion ergeben.
1. Überblick über die vertretenen Auffassungen Im Wesentlichen finden sich drei Meinungen. Die ersten zwei253 halten die Differenzierung zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden für zulässig, unterscheiden sich aber in der Begründung so wesentlich, dass sie im Folgenden getrennt behandelt werden sollen. ________________________ 248 Zur Frage der Rechtfertigung der Gewerbesteuer insgesamt s. nur M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, K. Tipke, StRO II, 2. Aufl. 2003, 1132 ff. und H. Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990 m. w. N. Grundlegend zur erneuten Steuerrechtfertigungsdiskussion K. Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 ff. 249 § 35 EStG, der freilich nur für natürliche Personen gilt. S. auch § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG zur gewerbesteuerlichen Organschaft. 250 BVerfG v. 13.5.1969 1 BvR 25/65, BVerfGE 26, 1 ff., insbes. 8 f.; v. 25.10.1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 240. 251 FG Niedersachsen v. 24.6.1998 IV 317/91, FR 1998, 1041. 252 BVerfG v. 17.11.1998 1 BvL 10/98, BStBl. 1999 II, 509 (Kammerbeschluss!) unter Berufung auf gesteigerte Anforderungen an die Zulässigkeit einer bereits zuvor für verfassungskonform gehaltenen Norm. Krit. dazu etwa K. Tipke, FR 1999, 532 ff. und B. Paus, FR 1999, 534 f. 253 H. Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 184 ff.
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Gewerbesteuer
Die erste Ansicht254 hält die Nichteinbeziehung der freien Berufe als solche gerade noch für gerechtfertigt (Rechtfertigungsthese). Sie beruft sich auf das Äquivalenzprinzip und begründet ihre Ansicht damit, dass die durch die Freiberufler verursachten Gemeindelasten regelmäßig weitaus geringer seien. Zudem wird die Ausnahme der freien Berufe auch aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip hergeleitet.255 Begründet wird dies mit der Ansicht der schon bei der Vermögensteuer diskutierten256 Fundustheorie, Erträge aus der Zusammenfassung von Kapital und Arbeit seien besonders sicher und ertragreich.257 Vertreter der zweiten Ansicht betonen weitergehend, dass der Gesetzgeber in der Außenabgrenzung der Steuer große Freiheit habe. Jede Steuer habe etwas Willkürliches; es fehle an einer außersteuerlichen Sachgesetzlichkeit, an der sich der Gesetzgeber zu orientieren habe (Spielraumthese).258 Demgegenüber hält eine dritte Ansicht259 die Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuer nicht nur für wünschenswert, sondern auch für verfassungsrechtlich geboten. Für eine gleichmäßige steuerliche Abschöpfung der Erträge aus der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit komme es auf den tatsächlichen Ist-Ertrag an.260 Denn die Gewerbesteuer könne als Realsteuer ________________________ 254 Ch. Flämig, DStjG 12 (1989), 33, 41 f. H. Schnädter, Die grundlegenden Wertungen des Gewerbesteuerrechts, 1996, 145 ff. Gegen eine Rechtfertigung aus dem Äquivalenzprinzip aber etwa R. Wendt, BB 1987, 1257, 1261 ff. Eine andere Form von Rechtfertigung findet sich bei K. Vogel, Zur Auslegung des Art. 106, in FS für K. Tipke, der die in Art. 106 GG genannten Steuern für grundsätzlich gerechtfertigt hält. 255 S. H. Schnädter, Die grundlegenden Wertungen des Gewerbesteuerrechts, 1996, 164 ff. m. w. N. Dazu führt er umfangreiches Zahlenmaterial an. Allerdings erscheint seine Methodik etwas zu optimistisch, wenn er ohne weiteres auf die Steuerstatistiken vertraut („Somit ist die Leistungsfähigkeit der Land- und Forstwirte sogar besonders niedrig.“, S. 174; vgl. dagegen aber nur J. Lang, in TL, § 9 Rz. 410 zur Tatsache, dass die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nur einen Teil des wirklichen Gewinns erfasst). Außerdem stellt er offensichtlich ohne nähere Begründung auf das arithmetische Mittel (Durchschnitt) ab; Sinn macht der von ihm angestellte Vergleich aber jedenfalls nur dann, wenn Einkünfte unterhalb der gewerbesteuerlichen Freibeträge herausgelassen werden. 256 Kap. 10 IV (S. 428 f.). 257 Vgl. dazu im Kontext der Gewerbesteuer nur die Nachweise bei M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, 25 f. und 27. 258 H. Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 185 f. Ähnlich auch M. Rodi, Die Rechtfertigung der Steuern als Verfassungsproblem, 1994, 219 ff., der in der Ausnahme der freien Berufe ein konkretes Strukturmerkmal der Steuer erblickt; W. Schick, Die freien Berufe im Steuerrecht, 1973, 6 ff. 259 D. Gosch, DStZ 1998, 327, 330 ff.; M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1434; R. Seer, FR 1998, 1022 ff.; Stöhr/Stange, Reform der Gewerbesteuer, 2003, 31 f. 260 M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1434.
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Subsystem der egoistischen Investitionen
keinesfalls eine Substanzsteuer sein, weil das gegen Art. 14 Abs. 2 S. 2; Abs. 3 GG verstoßen würde.261 Auch als Sollertragsteuer lasse sich die Gewerbesteuer nicht verstehen, da sie dann jedenfalls auf die Ertragsfähigkeit beschränkt sei, diese Ertragsfähigkeit sich aber primär im Ist-Ertrag zeige.262 Eine äquivalenztheoretische Rechtfertigung scheide aus, weil die gemeindliche Infrastruktur nicht ausschließlich oder wenigstens weit überwiegend von den Gewerbetreibenden genutzt werde.263
2. Humankapital jedenfalls kein alleiniger Differenzierungsgrund Der Streit ist hier von Interesse, weil man versucht sein könnte, ihm durch eine auf Humankapital gegründete Argumentation eine Wendung geben zu wollen. Einen möglichen Differenzierungsgrund könnte man in der Tatsache sehen, dass Freiberufler in größerem Umfang eigenes Humankapital einsetzen. Sowohl Gewerbebetriebe als auch Freiberufler können sämtliche Gehälter als Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage abziehen. Dies gilt auch für humankapitalintensive Betriebe, wie etwa pharmazeutische Forschung, solange die Forschenden angestellt sind. Die Nutzung des eigenen Humankapitals des Unternehmers, die bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung im Rahmen der kalkulatorischen Kosten als Unternehmerlohn anzusetzen wäre, spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Freiberufler hingegen bieten regelmäßig ihre Dienste in kleineren Einheiten am Markt an, so dass Tätigkeit und damit auch Humankapital des Freiberuflers ein größerer Anteil an der Wertschöpfung zukommt. In der Tat hat die Rechtsprechung für die Abgrenzung vom Gewerbebetrieb verlangt, dass der Freiberufler die fachliche Verantwortung auch für die von seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen übernimmt; das erschöpft sich nicht in der Übernahme der Verantwortung nach außen.264 Ferner ist für ________________________ 261 M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1433. 262 Genauer: „Als Sollertragsteuer könnte die Gewerbesteuer zwar grundsätzlich als Eingriff in die Nutzungsgarantie des Eigentums am Gewerbebetrieb gerechtfertigt sein. Der Steuerzugriff wäre dabei … jedenfalls auf die Ertragsfähigkeit des Eigentums am Gewerbebetrieb zu beschränken. Diese Ertragsfähigkeit zeigt sich aber primär im tatsächlich erzielten Ertrag. Nur wenn ein solcher fehlt oder nicht realitätsgerecht bzw. nicht hinreichend erfasst ist, kann die Ertragsbesteuerung auf den typischerweise zu erzielenden Ertrag zugreifen. Neben Einkommen- und Körperschaftsteuer ist danach schwerlich Raum für eine Sollertragsteuer.“, so M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1433 f. 263 M. Jachmann, BB 2000, 1432, 1434. 264 Vgl. nur die Nachweise aus der Rechtsprechung bei G. Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl. 2002, § 2 Rz. 89.
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Gewerbesteuer
einem Katalogberuf ähnliche Berufe eine vergleichbare Ausbildung nachzuweisen.265 Die Differenzierung in Form einer Entlastung von Freiberuflern könnte man aus dem verstärkten Einsatz von eigenem Humankapital durch Freiberufler legitimieren. Dazu ließen sich die bereits bei der Vermögensteuer dargelegten Gründe heranziehen: Man könnte erstens auf die Idee kommen, die Gewerbesteuer solle eine relative Entlastung von Humankapital bewirken, und zwar wie bei der Vermögensteuer ausgeführt, nicht nur als Ausgleich für die lange Investitionsphase und für dadurch verursachte Progressionsnachteile, sondern auch für die nur unzureichende Berücksichtigung der Investitionskosten im Rahmen der Einkommen- und der Umsatzsteuer. Zweitens ließe sich wiederum die Fundustheorie anführen. Daneben könnte drittens ein neues Argument treten: Die Gewerbesteuer berücksichtigt als Objektsteuer nichtaktivierungsfähige Aufwendungen vor Beginn der Gewerbesteuerpflicht nicht. Humankapital wird gerade von Freiberuflern zumeist vor Aufnahme ihres Betriebs akkumuliert. Die Phasenungleichheit von Investition und Ertrag kann auch nicht wie bei Sachkapital durch eine Aktivierung beseitigt werden. Man kann sich daher auf den Standpunkt stellen, die Nichtberücksichtigung der Freiberufler trage der Tatsache der fehlenden Berücksichtigungsmöglichkeit der Aufwendungen für eigenes Humankapital Rechnung. Darin läge ein der Systematik der Gewerbesteuer immanenter Differenzierungsgrund. Gegen die Rechtfertigung aus der Humankapitalintensität spricht aber neben den bereits zur Vermögensteuer vorgebrachten Einwänden, dass die Abgrenzung Freiberufler-Gewerbetreibende dafür nur ein sehr grobes Raster liefern würde. Denn es gibt durchaus auch Gewerbebetriebe, bei denen typischerweise das Humankapital ihres Inhabers im Vordergrund steht. Darunter fallen namentlich Apotheker, bei denen der Warenumschlag im Vordergrund steht und die daher Gewerbetreibender sind. Umgekehrt spiegelt nicht der gesamte Gewinn des Freiberuflers ausschließlich die Nutzung seines Humankapitals wider. Vielmehr geht auch bei ihm ein Teil des Gewinns auf Sachkapital zurück, wie das Beispiel eines Geigers mit einer wertvollen Stradivari, aber auch eines Radiologiefacharztes mit modernster Technologie266 erhellen. Es ist daher dabei zu bleiben, dass es einen einheitlichen tragenden Gesichtspunkt für die Nichteinbeziehung der freien Berufe nicht geben kann.267 ________________________ 265 Vgl. z. B. BFH v. 16.9.1999 XI B 63/98, BFH/NV 2000, 424. 266 Zur Kapitalintensität von Fachärzten schon BVerfG v. 25.10.1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 241. 267 BVerfG v. 25.10.1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 241.
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Subsystem der egoistischen Investitionen
Die Qualität und Länge der Berufsausbildung kann nur einer unter mehreren Gesichtspunkten sein.268
VI. Zusammenfassung 1. Bei den Eigeninvestitionen sollte bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2003 die „neue Rechtsprechung“ auch auf das reine Erststudium ausgedehnt werden. Hingegen sind Aufwendungen für den Besuch allgemeinbildender Schulen wegen seines Beitrags zur Persönlichkeitsentwicklung nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Die Gesetzesänderung ist hingegen weitgehend abzulehnen. Sie setzt sich, wenngleich nunmehr auf rechtspolitisch-systematischer Ebene, denselben Einwänden aus wie die alte Rechtsprechung, wenn sie die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium für nicht abzugsfähig erklärt. Zudem bestehen neue Unstimmigkeiten, etwa mit Blick auf den genauen Begriff des Erststudiums bei vorherigen Besuch von Beamtenfachhochschulen und die aus dem Gesetzestext gestrichene Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf. 2. Egoistische Fremdinvestitionen müssen wegen des Interessengegensatzes zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich nicht symmetrisch zu den Eigeninvestitionen bei der Einkommensteuer behandelt werden. 3. Die Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer ist darauf angelegt, Inputfaktoren der Produktion im Ergebnis von der Steuer zu entlasten und nur den privaten Verbrauch zu belasten. Daher sind die Befreiungsnormen in § 4 Nr. 21–23 UStG bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Sechsten Richtlinie nicht ausschließlich als Sozialzwecknormen zu begreifen. Vielmehr stellen sie, soweit es um die Vermittlung typischen Erwerbswissens geht, das in der Produktion umsatzsteuerbarer Leistungen genutzt wird, unvollkommen ausgestaltete Fiskalzwecknormen dar. De lege ferenda ist die Richtlinie dahingehend anzupassen, dass die genannten Bildungseinrichtungen insoweit nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden. Im Übrigen verstößt die innerstaatliche Umsetzung der Befreiungsvorschriften gegen das europarechtliche Transparenzprinzip. Die Gewährung der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG nur für bestimmte Einrichtungen ist ebenfalls mit der Richtlinie nicht vereinbar und ist durch richtlinienkonforme Auslegung auf alle Fortbildungsmaßnahmen zu erstrecken. 4. Gegen eine Einbeziehung von Humankapital bei der Vermögensteuer sprechen erhebliche Bewertungsprobleme, zumindest soweit die Einkommensmethode angewandt wird. Die Vermögensteuer lässt sich nicht aus der größeren Unsicherheit des Humankapitals rechtfertigen. ________________________ 268 BVerfG v. 25.10.1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 242.
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Zusammenfassung
5. Auch die Gewerbesteuer, deren Verfassungsmäßigkeit nicht zuletzt wegen der Nichteinbeziehung der freien Berufe bezweifelt wird, kann nicht durch eine durch sie erreichte relative Entlastung von Humankapital gerechtfertigt werden.
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Kapitel 11: Subsystem der altruistischen Investitionen „Children suck the mother when they are young and the father when they are old.“ Englisches Sprichwort
Dieses Kapitel setzt die im vorangegangenen Kapitel eingeschlagene Linie fort. Es würdigt die rechtlichen Sätze des Subsystems der altruistischen Investitionen kritisch und unterbreitet sowohl de lege lata als auch de lege ferenda Verbesserungsvorschläge. Dabei spielen wiederum die in Kapitel 9 erarbeiteten Maßstäbe und damit die Systemkonformität eine besonders wichtige Rolle, ohne dass freilich die anderen Auslegungskriterien gänzlich vernachlässigt würden. Dazu sind bei der Einkommensteuer Probleme der steuerlichen Behandlung des Kostenträgers sowie die Besteuerung des Lernenden als Begünstigtem zu erörtern (I). Vor dem Hintergrund des Verbrauchsteuerprinzips ist zudem näher auf die umsatzsteuerliche Behandlung von Zuschüssen im Rahmen der Arbeitsförderung einzugehen (II). Schließlich werden die erbschaftsteuerlichen Steuerbefreiungsvorschriften im Lichte der systemkonstituierenden Prinzipien des Bereicherungsprinzips einerseits und der Chancengleichheit andererseits ausgelegt (III).
I. Einkommensteuer Die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeitsminderung beim Träger der Bildungskosten entspricht grundsätzlich1 den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die verbindliche Konkretisierung der Materie durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben beengt zugleich den Spielraum für eine Systemoptimierung durch Hinzuziehung von Wertungen. Die Ausführungen zu den Leistungen der Eltern an ihre Kinder und zum allgemeinen Unterhaltstatbestand des § 33a Abs. 1 EStG können sich daher auf zwei Punkte beschränken: Zum einen wird für das Spezialproblem der Berücksichtigung von Sonderausgaben bei der Bestimmung der schädlichen Einkünfte des Kindes dargelegt, dass zumindest ein anderweitiger Weg über § 33a Abs. 1 EStG bestünde (1). Zum anderen wird die Europarechtswidrigkeit des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG aufgezeigt, hingegen eine Verfassungswidrigkeit der Norm, die gleichwohl abgeschafft werden sollte, abgelehnt (2). Danach wird eine Kommentierung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unternommen, die im ________________________ 1
Zur Diskussion um die Berücksichtigung des Betreuungs- und Erziehungsbedarfs s. aber Kap. 5 I 1 a) (S. 200 ff.).
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Jahre 2004 auch bezüglich der Kosten für die Berufsausbildung des Ehegatten erheblich geändert wurde (3). Abschließend werden Vorschläge zur systemkonformen steuerlichen Behandlung des Lernenden unterbreitet, wobei wie schon in der Bestandsaufnahme ein Schwergewicht auf den staatlichen Leistungen liegt (4).
1. Berücksichtigung von Sonderausgaben bei den Kindeseinkünften Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zuzustimmen, wenn sie bei der Ermittlung der Kindeseinkünfte den Abzug von Sonderausgaben, insbesondere von Sozialversicherungsbeiträgen nicht vollständig außen vor lassen möchte.2 Allerdings erscheint ein anderer Weg vorzugswürdig: In kritischen Grenzfällen kann § 33a Abs. 1 EStG den existenznotwendigen Bedarf hinreichend berücksichtigen. a) Existenznotwendiger Bedarf: Voller Ansatz von Ausbildungsbedarf und Sonderausgaben Ausgangspunkt sollte der existenznotwendige Bedarf sein, so wie ihn der Bundesfinanzhof3 berechnet hat. Daraus ergibt sich für das Jahr 2004 ein Wert von 6.408 Euro,4 für das Jahr 2005 von 6.468 Euro.5 Bei der Berechnung sollte man – in Übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts6 – den Ausbildungsbedarf nicht nur hälftig ansetzen: Weil es auf die Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern ankommt, sind ihnen nicht direkt zurechenbare künftige „Vorteile für die Familie“ zur Kompensation ungeeignet.7 Auch die Sonderausgaben mindern weder hälftig den Bedarf noch sind sie zur Hälfte leistungsfähigkeits________________________ 2 3 4
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Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566. Dem liegen die Werte für 2003 zugrunde: Sozialhilferechtlicher Regelsatz von 3.564 € pro Jahr zuzüglich einmaliger Leistungen von 540 € und der Mindestmiete nach § 8 WoGG von 1920 € zuzüglich pauschal 20 Prozent für Heizung also 384 Euro und damit insgesamt 6.408 Euro, vgl. den Vierten Existenzminimumbericht, BT-Drucks. 14/7765. Dieser wird alle zwei Jahre erstellt, vgl. BT-Drucks. 13/1558. Aus Vereinfachungsgründen sind die Werte in das jeweils zweite Jahr fortzuschreiben, so BFH v. 21.7.2000 VI R 153/99, BStBl. 2000 II, 566 für das Jahr 1997. Sozialhilferechtlicher Regelsatz von 4.164 € pro Jahr zuzüglich Mindestmiete nach § 8 WoGG von 1920 € und 384 € für Heizkosten, also insgesamt 6.468 Euro, vgl. den Fünften Existenzminimumbericht, BT-Drucks. 15/2462. BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911. Anders noch BVerfG v. 26.1.1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346 für die Grundentscheidung über den Ausgleich geringerer finanzieller Leistungsfähigkeit. Dazu Kap. 9 I 2 a) (S. 340 ff.). Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.).
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steigernd zu berücksichtigen.8 Denn es kommt in beiden Fällen allein auf die Frage an, ob die Eltern typisiert Unterhalt leisten müssen. Dies haben sie solange zu tun, wie das Kind nicht gegenwärtig über ausreichend Geld verfügt, um sein Existenzminimum selbst zu bestreiten. Dafür ist unerheblich, ob das Kind kontingente, vom Eintritt des Versicherungsfalls abhängige Ansprüche auf Gegenleistungen erwirbt und dadurch gegen bestimmte Risiken gesichert wird. So sieht es auch das Familienrecht, wo Steuern und Sozialabgaben das anzurechnende Einkommen der Unterhaltsgläubiger mindern.9 b) Mittel trotz Überschreitens der Schädlichkeitsgrenze für Kinderfreibeträge nicht immer ausreichend Das Kind kann den existenznotwendigen Bedarf nicht in allen Fällen selbst decken, obwohl seine Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG überschreiten: Verdient es 7.681 Euro aus nichtselbständiger Arbeit nach Abzug der typischen Werbungskosten von 920 Euro und überschreiten die Einkünfte damit gerade den Jahresgrenzbetrag, dann ergeben sich Sozialabgaben von 1.626 Euro.10 Ihm verbleiben in diesem Fall 6.055 Euro und mithin weniger als der existenznotwendige Bedarf.11 Nimmt man an, dass das Kind sogar höhere Werbungskosten hatte oder höhere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, die durch andere negative Einkünfte gemindert wurden, so verschärft sich diese Diskrepanz. Die Tatsache, dass die Mittel trotz Überschreitens der Schädlichkeitsgrenze nicht ausreichend sein können, wirft zwei Probleme auf: Zum einen ein freiheitsrechtliches Problem, weil den Eltern Mittel genommen werden, die sie für das Bestreiten des Existenzminimums ihrer Kinder benötigen, und ein gleichheitsrechtliches Problem,12 weil nur Eltern von Kindern mit sozialversicherungspflichtigen Einkünften getroffen werden, nicht aber von Kindern mit anderen Einkünften. c) Lösung über § 33a Abs. 1 EStG bzw. in Extremfällen über Billigkeitserlass Jedoch hätten sich die aufgezeigten beiden Probleme de lege lata auch ohne die vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebene verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der Einkünfte in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG beheben lassen. Denn bei Versagung des Kinderfreibetrags kommt ein Abzug der tat________________________ 8 Dagegen auch W. Greite, NWB 2004, 901, 906. 9 Allgem. Ansicht, vgl. etwa W. Reinken, in Bamberger/Roth, BGB, Band 3, § 1602 Rz. 7. 10 Bei einem Krankenkassenbeitrag von 14 Prozent. 11 Zur Berechnung Kap. 11 I 1 a) (S. 437 f.). 12 Darauf stellt BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911 maßgeblich ab.
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sächlichen Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht.13 Die Norm kennt keinen absoluten Grenzbetrag. Vielmehr mindern die Einkünfte und Bezüge des Kindes den berücksichtigungsfähigen Höchstbetrag von 7.680 Euro. Die Minderung erfolgt aber für Einkünfte und Bezüge – anders als für Leistungen aus öffentlichen Mitteln – nur, soweit ein Betrag von 624 Euro überschritten wird. Dem Kind können damit insgesamt maximal 8.304 Euro brutto14 und damit 6.431 Euro nach Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zur Verfügung stehen.15 Das liegt über dem für den existenznotwendigen Bedarf errechneten Betrag. aa) Dabei ist aus freiheitsrechtlicher Sicht unerheblich, dass § 33a Abs. 1 EStG mit Blick auf die Anrechnung von Einkünften (statt der Freigrenze), die Berücksichtigung von Vermögen sowie die Anknüpfung an tatsächliche Aufwendungen schwächer ausgestaltet ist als der großzügigere § 32 Abs. 4, 6 EStG:16 Das gilt umso mehr, als § 32 Abs. 4 EStG eine überaus großzügige Regelung darstellt, wenn das Kind eigene Einkünfte erzielt, die nahe an der Höchstgrenze liegen.17 Dagegen lässt sich nicht anführen, dass ein Verweis in § 33a Abs. 1 EStG auf § 32 Abs. 1 S. 5 EStG fehlt und daher § 33a Abs. 1 EStG Einkünfte und Bezüge anders als § 32 Abs. 4 EStG auch berücksichtigt, soweit sie zu Ausbildungszwecken verwendet werden. Denn zum einen ist ein Studium mit nur ganz geringen Zusatzaufwendungen zumindest möglich. Zum anderen würde es sich ohnehin um ein generelles Problem des Familienleistungsausgleichs handeln, das nicht durch eine isolierte Korrektur zu beseitigen wäre, sondern eine umfassende Erhöhung der ausbildungsabhängigen Freibeträge erfordern würde. Derzeit belaufen sich die kombinierten Freibeträge – der niedrigste effektive Betrag, der dem Lernenden qua unterstelltem Transfer zur Verfügung stehen kann, wenn er über ________________________ 13 Dazu Kap. 5 I 3 (S. 236 ff.). 14 7.680 Euro als Höchstgrenze gemäß § 33a Abs. 1 EStG erhöht um den Anrechnungsfreibetrag von 624 Euro. 15 Rechnet man dies wieder mit Werbungskosten von 920 € und einem Krankenkassenbeitrag von 14 Prozent durch, so ergibt sich ein Wert von 6.431 €, der dem Kind zur Verfügung steht. 16 Die Ausführungen in BVerfG v. 10.11.1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216, 243 („Da die kindbedingte Minderung der einkommensteuerlichen Leistungsfähigkeit zudem von konkreten Aufwendungen unabhängig ist, sie auch unabhängig von Anträgen und sonstigen formalen Voraussetzungen gewährt werden kann, ist es möglich, die gesamte kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit in einem Grundtatbestand zu erfassen, der alle kinderbezogenen Entlastungen umfaßt und dessen Voraussetzungen allein durch die Angabe familienbezogener Daten dargelegt werden können.“) dürften dem nicht entgegenstehen, zumal es sich jenseits des Betreuungsaufwands um ein obiter dictum handelt. 17 Sehr kritisch dazu D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 292.
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keine eigenen Einkünfte und Bezüge verfügt – für ein in Ausbildung befindliches Kind auf 6.732 Euro und damit in etwa auf einen Betrag in derselben Höhe. In den noch nicht erfassten Konstellationen ist ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit nach §§ 163, 227 AO zu erwägen,18 wenn die Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben im Einzelfall dazu führt, dass das Kind den eigenen Unterhalt nicht bestreiten kann. Das ist namentlich der Fall sein, wenn das Kind höhere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat, die durch negative Einkünfte ausgeglichen werden, oder seine Werbungskosten besonders hoch sind: Dann fallen die auf den Bruttobetrag der Einkünfte berechneten Sozialversicherungsbeiträge verstärkt ins Gewicht. Dieses Ergebnis lässt sich auf das Jahr 2005 übertragen: Unterstellt man konstante Sozialversicherungsbeiträge, so wird zwar durch die typisierende Kindergeldregelung der existenznotwendige Bedarf wiederum unterschritten. Es bleibt für den Gesetzgeber aber wiederum der „Rettungsanker“ des § 33a Abs. 1 EStG. Dort steht dem Bedarf von 6.468 Euro ein Betrag der Kindeseinkünfte nach Sozialabgaben von wiederum mindestens 6.431 Euro gegenüber. Die Unterschreitung um weniger als ein Prozent dürfte unschädlich sein. Auch für das seinerzeit umstrittene Jahr 1997 gilt dementsprechend nichts anderes: Hat das Kind Bruttobezüge von 15.200 DM mit Werbungskosten von 2.000 DM und beträgt der Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung von 19 Prozent, also 2.888 DM, so verbleiben ihm im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG 10.312 DM. Auch das liegt bei einer Abweichung von 1,5 Prozent noch im zulässigen Intervall gegenüber dem vom BFH zugrunde gelegten Wert von 10.468,80 DM. Im Übrigen ist, selbst wenn man die hier vertretene Position nicht teilen mag, dass derzeit § 33a Abs. 1 EStG typisierend die Belastungen ausreichend berücksichtigt, die Minderung der Einkünfte des Kindes um die Sonderausgaben qua verfassungskonformer Auslegung nicht bei § 32 Abs. 4 EStG vorzunehmen. Denn die diskutierten Konstellationen von hohen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit würden dort über die Freigrenze zu einer vom Gesetzgeber nicht intendierten Überentlastung führen. Vielmehr bietet sich dann eine verfassungskonforme Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG an, die eine weitaus geringere fiskalische Auswirkung hätte und im Übrigen die Überentlastung vermeiden würde. ________________________ 18 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen s. nur R. von Groll, in HHSp, § 227 Rz. 126 ff. (Stand Juni 2000). Zum Grundsatz, dass eine verfassungswidrige Norm nicht durch Billigkeitsregeln gerettet werden kann, s. ders., a. a. O., Rz. 180 (Stand Juni 2000).
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bb) Gleichheitsrechtliche Probleme mit Blick darauf, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit benachteiligt würden, stellen sich gleichfalls eigentlich nicht, weil der Lernende für seine Beiträge eine – wenn auch kontingente und bei den Rentenversicherungsbeiträgen in der Zukunft liegende – Gegenleistung erhält. Zudem würde mit der hier vorgeschlagenen Lösung über § 33a Abs. 1 EStG ein Gleichlauf mit dem Unterhaltsrecht hergestellt.19 Ferner ist zu beachten, dass die vom Bundesverfassungsgericht befürwortete verfassungskonforme Auslegung ihrerseits erhebliche Folgeprobleme aufweist: Illustrativ ist insoweit ein finanzgerichtliches Urteil, das der Mutter eines Beamtenanwärters das Kindergeld versagte, weil die Beiträge zu einer freiwilligen privaten Krankenversicherung die maßgeblichen Einkünfte nicht verminderten.20 Liegt insoweit wirklich eine freie Willensentscheidung des Kindes vor und damit die Leistungsfähigkeit der Mutter größer als die der Eltern eines zwangsversicherten Kindes? d) De lege ferenda Berücksichtigung der Sonderausgaben bei § 33a Abs. 1 EStG De lege ferenda sollten Sonderausgaben allerdings berücksichtigt werden. Wegen der aufgezeigten Gefahr einer Überentlastung sollte § 32 Abs. 4 S. 2 EStG unverändert bleiben. Statt dessen empfiehlt sich eine Änderung des § 33a Abs. 1 EStG, der ergänzend eingreift, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags nicht vorliegen: Hier sollten Sonderausgaben, jedenfalls aber Sozialversicherungsbeiträge die Einkünfte und Bezüge des Kindes mindern. Denn bei dieser Norm greift das vom BFH angeführte Argument einer Gestaltbarkeit nicht ein, weil keine feste Grenze vorgesehen ist, sondern eine Anrechnung. Die prima facie verdächtigen Unterschiede bei Berechnung der Einkünfte und Bezüge erklären sich aus den unterschiedlichen Anrechnungsmechanismen und sind daher wegen des Ziels der Vermeidung einer Überentlastung systemkonform. Ferner gilt es zu erwägen, in § 33a Abs. 1 EStG auch die Regelung des § 32 Abs. 4 S. 5 EStG in Bezug zu nehmen. Denn ansonsten mindern die Fortbildungskosten die Einkünfte, die Ausbildungskosten hingegen weder die Einkünfte noch die Bezüge, so dass die problematische Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten, die durch die Gesetzesänderung aus dem Jahre 2004 wieder zu neuem Leben erweckt wurde, auch auf der Ebene der Eltern relevant wird. Zudem erscheint es nicht recht stimmig, bei der großzügigeren Pauschalregelung der Kinderfreibeträge einen Abzug zuzulassen, bei der Einzelfallprüfung des § 33a Abs. 1 EStG, der tatsächlichen Aufwand voraussetzt, hingegen nicht. ________________________ 19 Kap. 8 I (S. 311 f.). 20 FG SH v. 9.11.2005 5 K 55/05, juris.
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2. Schulgeldabzug, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG verfassungskonform, aber europarechtswidrig und zu streichen Der rechtspolitisch umstrittene21 Schulgeldabzug ist im Ergebnis verfassungsgemäß, verstößt aber wegen Nichtberücksichtigung von Schulen aus dem EG-Ausland gegen die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages. Die Norm sollte im Übrigen gänzlich abgeschafft werden. a) Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift Die Norm ist im Ergebnis verfassungsgemäß und insbesondere mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Diese Ansicht stimmt mit dem Bundesfinanzhof22 und dem Bundesverfassungsgericht23 überein.24 aa) Ungleichbehandlung wegen regressiver Entlastungswirkung Man sollte freilich in Hinblick auf die regressive Entlastungswirkung der Norm tatbestandlich eine Ungleichbehandlung annehmen.25 Diese ergibt sich daraus, dass der Abzug als Sonderausgabe eine einkommensabhängige Entlastung bringt. Die effektive Entlastung wächst mit dem Grenzsteuersatz des Steuerpflichtigen. Zwar ist in jüngerer Zeit geltend gemacht worden,26 der Grund für die Norm liege in einer reduzierten subjektiven Leistungsfähigkeit der Eltern. Mit Blick auf das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit als tertium comparationis27 sei schon keine Ungleichbehandlung anzunehmen. Begründet wird diese Ansicht damit, dass die Bereitstellung privater Schu________________________ 21 Vgl. dazu Kap. 5 I 1 e) (S. 226 ff.). Zur hier vertretenen Ansicht sogleich Kap. 11 I 2 d) (S. 455 f.). 22 Vgl. nur BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617 sowie die Nachweise in Kap. 5 I 2 d) bb), Fn. 258 (S. 229). 23 BVerfG v. 16.4.2004 2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951, 952. 24 Die gerichtlichen Stellungnahmen bezogen sich allerdings nicht auf die grundsätzliche Rechtfertigung der Norm, sondern nur auf ihre konkrete Ausgestaltung, nämlich auf die Nichteinbeziehung von Kindern, die ausländische Schulen bzw. solche inländischen Privatschulen besuchen, welche die formalen Erfordernisse einer Anerkennung, Erlaubnis bzw. Genehmigung nicht erfüllen. 25 So auch H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 17 (Stand Juni 2002). 26 St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 72 ff.; ders., Private Mittel für öffentliche Zwecke im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, in Bertelsmann Stiftung/Maecenata Institut für Dritter-Sektor-Forschung (Hrsg.), Expertenkommission zur Reform des Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts, 2. Aufl. 2000, 211, 220 ff. 27 Zur strukturierenden Funktion von Prinzipien für die Prüfung des Gleichheitssatzes vgl. Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.).
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len die Wahrnehmung einer staatlichen Aufgabe sei. Die Bezahlung von Schulgeld sei zwar nicht, wie die gemeinnützige Spende eine uneigennützige Finanzierung öffentlicher Aufgaben, da der Vorteil einer nahestehenden Person zufließe.28 Jedoch sei die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, weil die Eltern eine Zahlung leisteten, um die unentgeltliche Staatsleistung durch eine private Leistung zu ersetzen.29 Wenn das Grundgesetz aber dem Steuerpflichtigen in Art. 7 Abs. 4 GG die Wahl zwischen unentgeltlicher Staatsleistung und selbst finanziertem privaten Leistungsangebot einräume, dann dürfe der Steuergesetzgeber den Bürger nicht auf die Inanspruchnahme des staatlichen Leistungsangebots verweisen. Steuerpflichtigen, die ihr Kind einer Schule in freier Trägerschaft anvertrauten, stehe das nach Abzug des Schulgeldes verbleibende Einkommen in gleichem Umfang zur „freien“ Verfügung wie Eltern, die keine Schulausbildungskosten zu tragen hätten.30 In dieser Position schwingt stillschweigend ein sehr weites – und hier nicht geteiltes – Verständnis des Subsidiaritätsprinzips31 mit: Wenn der einzelne Ausgaben für die ersatzweise Vornahme staatlicher Aufgaben freiwillig tätige, so könne er die Kosten dafür von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer absetzen, weil seine Leistungsfähigkeit gemindert sei. Jedoch ist der Steuergesetzgeber nach hier vertretener Auffassung, weil dem Subsidiaritätsprinzip kein Verfassungsrang zukommt, nicht verpflichtet, diese Aufwendungen zu berücksichtigen.32 Daher erscheint es zutreffender, die Zulässigkeit der gleichwohl angeordneten Berücksichtigung auf Ebene der Rechtfertigung zu überprüfen und zunächst vom tatbestandlichen Vorliegen einer Ungleichbehandlung durch die regressive Entlastungswirkung auszugehen. Dies gilt auch, wenn man in den an Stelle des Staates übernommenen Aufwendungen fakultative Leistungsfähigkeitsminderungen sieht. Dieses Verständnis entspricht dem Gewährleistungsgehalt des Art. 7 Abs. 4 ________________________ 28 St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 73 spricht insoweit davon, die Maßnahme sei nicht altruistisch. Auf diesen Begriff wurde hier verzichtet, weil nach der hier gewählten Terminologie auch Ausbildungsfinanzierungsleistungen von Eltern an ihre Kinder als altruistisch bezeichnet werden. Unterschiede in der Sache bestehen insoweit aber nicht. 29 Ob sich gerade daraus ein Anspruch gegen den Staat auf Förderung der Privatschulen ergibt, lässt das BVerfG v. 8.4.1986 1 BvL 8, 16/84, BVerfGE 75, 40, 66 ausdrücklich offen. 30 St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 74. Tendenziell in diese Richtung auch FG Nds v. 11.3.1998 II 459/96, EFG 1998, 1316 (bestätigt von BFH v. 16.12.1998 X R 68/98, BFH/NV 1999, 1193). 31 Dazu Kap. 9 I 5 c) (S. 365 ff.). 32 Kap. 9 I 5 c) (S. 365 ff.).
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i. V. m. 6 Abs. 2 GG. Denn vom Wahlrecht der Eltern, ihre Kinder auf eine Privatschule zu schicken,33 ist logisch getrennt und auch nicht wertungsmäßig determiniert die Frage der steuerlichen Berücksichtigung der Kosten der Inanspruchnahme dieses Rechts: Beispielsweise ist auch die Versammlungsfreiheit geschützt, ja sie ist von schlechthin konstitutiver Bedeutung für die Demokratie. Trotzdem können die Kosten für die Teilnahme an einer Demonstration nicht steuerlich geltend gemacht werden. Etwas anderes gilt dort, wo der Privatschulbesuch und damit auch seine Kosten zwangsläufig sind. Für diesen Sonderfall steht aber mit den außergewöhnlichen Belastungen eine Lösung zur Verfügung. bb) Ungleichbehandlung jedoch zu rechtfertigen Eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung erscheint problematisch. Bei der Prüfungsintensität des Gleichheitssatzes ist von einem Kontinuum der Anforderungen an die Rechtfertigung auszugehen.34 Dementsprechend ist die Grundstruktur der folgenden Ausführungen durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgegeben, wobei die genauen Anforderungen bei der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu thematisieren sind. (1) Vor diesem Hintergrund soll die Förderung der Privatschulen als der vom Gesetzgeber selbst zugrunde gelegte und verfassungsrechtlich erlaubte Zweck, dem die Norm nach dem dokumentierten Willen des historischen Gesetzgebers und der überwiegenden Ansicht in der Literatur allein dient,35 als erster Rechtfertigungsgrund untersucht werden. Der Abzug von der Bemessungsgrundlage erscheint nicht ungeeignet zur Zielerreichung. Dem Gesetzgeber steht die Entscheidung über die Modalitäten der Förderung der Privatschulen grundsätzlich frei. Die Förderung wird hier über den Markt vermittelt. Die Norm kann ihren Zweck erreichen, wenn es entweder im Gleichgewicht zu einer Erhöhung der Preise für die Schulleistungen oder aber zu einer Vergrößerung des Schülerkreises kommt. Damit verfolgt, das sei nur am Rande angemerkt, die Norm neben dem intendierten Endziel einer Verbesserung der Einnahmesituation der Privatschulen als notwendiges Zwischenziel die Entlastung der Eltern. Das Vorliegen der Voraussetzungen für den Förderzweck kann daher nicht gesichert verneint werden. Die Maßnahme ist auch erforderlich, da dem Bund keine milderen Mittel zur Erreichung des Förderzwecks zur Verfügung stehen. Eine direkte Förderung ________________________ 33 Vgl. nur D. Coester-Waltjen, in von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, 5. Aufl., 1999, Art. 6 Rz. 88. 34 Kap. 9 I 4 b) (S. 356 ff.). 35 Vgl. dazu schon oben Kap. 5 I 1 e) (S. 226 ff.).
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der Privatschulen durch den Bund scheidet mit Blick auf die Alleinzuständigkeit der Länder jenseits der gemeinsamen Bildungsplanung gemäß Art. 91b GG36 aus Kompetenzgründen aus. Ein Abzug von der festzusetzenden Steuer führt, so kann man vorbringen, hingegen zu neuen Verwerfungen,37 etwa mit Blick auf diejenigen, die keine Steuern zahlen. Die Maßnahme ist aber nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Denn der Förderzweck ist nicht von ausreichendem Gewicht. Dabei ist zunächst zu beachten, dass dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers dort engere Grenzen gezogen sind, wo eine Ungleichbehandlung Auswirkungen auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten hat. Die Grenzen sind umso enger, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann.38 Für den hier zu untersuchenden Fall ist die Freiheit des Art. 7 Abs. 4, 6 Abs. 2 GG einschlägig. Nach deren klarer Wertung soll es zumindest bei Ersatzschulen für den Zugang zur Bildung gerade nicht auf den finanziellen Hintergrund der Eltern ankommen (Verbot der Sonderung nach den Besitzverhältnissen, Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG). Das verbietet zwar nicht die Erhebung eines Schulgeldes, verpflichtet aber in besonderem Maße zur Förderung der Chancengleichheit.39 Die hier gegebene regressive Wirkung der Entlastung findet sich also zumindest bei den Ersatzschulen in einem gegenüber Ungleichbehandlungen schon durch den Verfassungstext besonders sensibilisierten Bereich.40 ________________________ 36 Vgl. nur BVerfG v. 8.4.1987 1 BvL 8, 16/84, BVerfGE 75, 40, 66 f. 37 Zu letzterem vgl. R. Kleeberg, in KSM, § 10e Rz. A 52 (Stand November 1996) für den Fall des früheren § 10e EStG. 38 BVerfG v. 8.2.1998 1 BvR 1237/85, BVerfGE 89, 365, 376. 39 Dazu Kap. 9 III 2 (S. 377 ff.). 40 Freilich sollte man das Gewicht dieses Arguments auch nicht überschätzen. Denn der Gesetzgeber hat nur eine Abzugsfähigkeit von 30 Prozent der Aufwendungen, die nicht in Beherbergung, Betreuung und Verpflegung bestehen, vorgesehen. Daher ergibt sich selbst beim Vergleich eines Steuerpflichtigen mit einem Steuersatz von null Prozent mit einem anderen, dessen Grenzsteuersatz sich auf (vereinfachungshalber) 50 Prozent beläuft, nur ein Unterschied von 15 Prozent. Berücksichtigt man weiter die Verpflichtung des Staates zur Förderung der Ersatzschulen sowie das Verbot, Schulgelder zu erheben, die zu einer Sonderung nach den Besitzverhältnissen führen (das Bundesverfassungsgericht hat einen Betrag von 170–190 DM monatlich in den 90er Jahren grundsätzlich als zu hoch erachtet, BVerfG v. 9.3.1994 1 BvR 682, 712/88, BVerfGE 90, 107, 119), so wird deutlich, dass sich die Unterschiede in diesem Bereich auf sehr geringe Beträge belaufen. Dann aber wird man nicht davon ausgehen können, dass gerade in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung ein im Ergebnis signifikanter Beitrag zur Sonderung geleistet wird. Im Bereich der Ergänzungsschulen hingegen gilt das Verbot der Sonderung grundsätzlich nicht. Dort werden zwar in der Praxis erheblich höhere Schulgelder verlangt, so dass sich auch ein 30prozentiger Anteil durchaus auswirken kann. Jedoch gilt hier eben auch der erhöhte normative Maßstab nicht.
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Diese Wertung wird verstärkt und erstreckt auch auf die Ergänzungsschulen41 durch das Sozialstaatsprinzip mit der Verpflichtung auf Verbesserung der intergenerationellen Mobilität, für die Ausbildungschancen von besonders hervorgehobener Bedeutung sind.42 Diesem Gebot widersprechen Maßnahmen, die nicht nur gegenüber Eltern mit geringeren Einkünften neutral, sondern sogar relativ nachteilig sind. Andererseits ist zwar auch zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich den Folgen der Ungleichbehandlung zu entziehen, indem er sein Kind das Angebot des staatlichen Schulwesens nutzen lässt. Das freilich ist nach der Wertung des Art. 7 Abs. 4, 6 Abs. 2 GG, der den Eltern gerade ein Wahlrecht eröffnen will, ob sie ihr Kind auf eine staatliche oder eine private Schule schicken möchten, nur von geringerem Gewicht. Wägt man unter Berücksichtigung des derart bestimmten erhöhten Maßstabes ab, dann muss der steuerlichen Belastungsgleichheit, der für die Rechtfertigung der Besteuerung eine zentrale Rolle zukommt, der Vorrang gebühren. Der Förderungszweck ist dementsprechend, wie Hartmut Söhn zu Recht betont,43 kein überzeugender Rechtfertigungsgrund.44 Das gilt umso mehr, als die Finanzierung und Förderung zunächst den Ländern obliegt und daher Maßnahmen des Bundes ohnehin nur die Ausnahme sein können.45
________________________ 41 Bei denen die Entlastungsunterschiede wegen des wesentlich höheren Schulgelds – die Beschränkung durch das Verbot der Sonderung der Besitzverhältnisse und die sich als Kehrseite ergebende weitreichende Förderungspflicht des Staates gelten hier nicht – im Ergebnis viel höher ausfallen. So können Schulgelder auch anerkannter allgemeinbildender Ergänzungsschulen 13.000 Euro erreichen, so auf der Frankfurt International School, www.fis.edu/home_facts.html. Zu weiteren Beispielen s. Fn. 64 zu Kap. 11 I 2 b) aa) (S. 451). 42 Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.). 43 H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 7 (Stand Juni 2002). 44 Eine ähnliche Diskussion fand sich auch vor der Einführung der Eigenheimzulage bei der Möglichkeit eines Sonderausgabenabzugs nach § 10e EStG. Diese Norm wurde von großen Teilen der Literatur für verfassungswidrig gehalten, vgl. etwa D. Birk, StuW 1989, 212, 217; W. Drenseck, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 5. Aufl. 1986, S. 1889; ders., DStR 1986, 379, 380; etwas schwächer ders., in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 15. Aufl. 1996, § 10e Rz. 4; P. Handzik, Wohnungseigentumsförderung nach § 10e EStG, 1990, 15 ff., 32; P. Kirchhof, Gutachten F für den 57. Deutschen Juristentag, 1988, 79; J. M. Mössner, DStZ 1990, 132, 137; K. Tipke, StRO II, 1. Aufl. 1993, 717 f. A. A. aber etwa R. Kleeberg, in KSM, § 10e Rz. A 52 (Stand November 1996). 45 Mit Blick auf die Besonderheiten des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG und der grundsätzlichen Länderzuständigkeit für die Förderung unterscheidet sich die Norm von anderen Sonderausgabenabzügen, insbesondere von der früher vorgesehenen Bausparförderung.
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(2) Die Durchbrechung ist auch durch das Argument der Entlastung des Staates wohl nicht zu rechtfertigen.46 Denn mit Blick auf die ganz erheblichen Kosten, welche die privaten Ersatzschulen durch die grundgesetzlich geforderte Subventionierung für den Staat hervorrufen, ist schon fraglich, ob im Ergebnis überhaupt eine Entlastung des Staates vorliegt und mithin ob die Steuerentlastung überhaupt geeignet ist. Selbst wenn man das bejahte und auch eine Erforderlichkeit annähme, würde sich wiederum das Problem stellen, dass das verfolgte Ziel sich in Hinblick auf die Ungleichbehandlung rechtfertigen lassen müsste. Dann würde wieder in die Waagschale zu werfen sein, dass es sich um eine personenbezogene Differenzierung handelt, die sich zudem im Feld eines Freiheitsrechts bewegt. Ferner ist die Maßnahme dem Entlastungsinteresse, wenn überhaupt, ganz schwach förderlich. Das Argument, die Anforderungen seien nicht allzu hoch, da man der Beeinträchtigung ohne weiteres durch Inanspruchnahme der öffentlichen Schulen ausweichen könne, ist hier im Übrigen von noch geringerem Gewicht. Denn damit bewegt sich die Ausgabe noch weiter weg von der Zwangsläufigkeit und mithin von der Reduktion der subjektiven Leistungsfähigkeit. (3) Ein anderes Verständnis der Funktion der Norm erscheint jedoch möglich, das zwar nicht überzeugt, aber das Verdikt der Verfassungswidrigkeit wohl (gerade noch) abwenden kann: Man kann darauf abstellen, dass bereits der Schulbesuch eine investive Komponente hat, die sich in einem erhöhten Einkommen in der Zukunft widerspiegelt. Das würde etwa für diejenigen Kinder gelten, die den Anforderungen der staatlichen Schule nicht gerecht werden und nur mit verstärkter individueller Beratung – sowie gegebenenfalls aktivem Einüben der Abiturvorschläge in Bundesländern ohne zentrale Prüfung – zur Reifeprüfung getragen werden können. Zwar fehlt es an einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung, so dass Erwerbsaufwendungen ausscheiden. Jedoch liegt der Struktur nach Vorsorgeaufwand vor. Dafür spricht auch die Herausnahme von Beherbergung, Betreuung und Verpflegung als genuin privaten Aufwendungen. Gegen eine Berücksichtigung beim Lernenden bestünden daher wegen des Vorsorgecharakters47 keine Bedenken. Bei allgemeinbildende Schulen besuchenden Kindern tragen diesen Aufwand aber regelmäßig die Eltern. Man kann insoweit die Zahlung von Schulgeld erstens als „Drittvorsorgeaufwand“ einstufen. Diese Rechtsfigur wäre dem Sonderausgabenabzug auch nicht vollständig fremd, wie der inzwischen allerdings aufgehobene § 10 ________________________ 46 So tendenziell aber St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 73 ff. 47 So sind denn auch bei § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Einwände stets nur gegen die zu niedrigen Höchstbeträge vorgebracht worden, nie aber umgekehrt gegen die Gewährung des Sonderausgabenabzugs als solchem.
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Abs. 5 Nr. 3 Buchst. b EStG, aber auch § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa) EStG über Beiträge zu den Risikolebensversicherungen zeigen. Die Aufnahme eines nach tatsächlichem Aufwand berechneten Abzugstatbestands zusätzlich zu den pauschalen ausbildungsbezogenen Freibeträgen48 stellt auch keinen Systembruch dar, der die Abweichung rechtfertigungsbedürftig machen würde. Denn in technischer Hinsicht49 begründet sich die Pauschalierung durch die Tatsache, dass in Ausbildung befindliche Kinder (noch) Massenfälle sind, während der Besuch allgemeinbildender Privatschulen eine Ausnahme bildet. Durch den Privatschulbesuch entsteht auch gegenüber den Schülern an staatlichen Schulen zusätzlicher Aufwand, der hier gezielt (und teilweise) berücksichtigt wird. Statt der Konstruktion eines Drittvorsorgeaufwands könnte man mit Blick auf die bürgerlich-rechtliche Verpflichtung der Kinder zum Elternunterhalt die Schulgeldzahlungen zweitens gar als eine Eigenvorsorgeaufwendung der Eltern ansehen. Letztere Sichtweise erscheint auch mit der Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts zu den Ausbildungsfreibeträgen vereinbar: Dort heißt es, Aufwendungen für die (Berufs-)Ausbildung des Kindes seien für die Familie nicht verloren, sondern stellten zumindest auf lange Sicht Investitionen in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft ihrer Kinder dar.50 Dann aber ist es mit Blick auf die Unterhaltsverpflichtung von Kindern zugunsten ihrer Eltern möglich, die Tragung von Schulgeld als eine Form des Aufwands der Eltern für ihre eigene Vorsorge zu erachten. Wenn man dieses Verständnis für mit der Konzeption der Norm für vereinbar hält, so lässt sich die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Zwar liegen keine zwangsläufigen Aufwendungen51 vor, mit der eine verringerte Leistungsfähigkeit einhergeht. Die Anforderungen für die Rechtfertigung sind aber nicht mehr so hoch, da sich die Norm wenigstens im Umkreis der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bewegt. Daher würde man das wiederum zutreffende Gegengewicht, dass die Ungleichbehandlung der Wertung des Verbots der Sonderung nach den Besitzverhältnissen in Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG widerstreitet, wohl überwinden können. ________________________ 48 Vgl. dazu die Bestandsaufnahme in Kap. 5 I 1 b) (S. 203 ff.). 49 Ohnehin erscheint fraglich, ob die Durchbrechung eines technischen Prinzips einem Bruch des inneren Systems gleichgestellt werden kann. 50 BVerfG v. 26.1.1994, 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346. 51 Generell sehen BFH v. 12.11.1976 VI R 167/74, BStBl. 1977 II, 154 und v. 30.1.1980 VI B 114/79, BStBl. 1980 II, 320 in den Sonderausgaben Vergünstigungen, über die der Gesetzgeber frei entscheiden könne. A. A. etwa H. Söhn, StuW 1985, 395, 404. Vgl. aber auch BVerfG v. 26.1.1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346: Unterhaltsaufwendungen für die Berufsausbildung der Kinder seien nicht genauso zwangsläufig wie Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums der Kinder.
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Mithin lässt sich mit Blick auf die grundsätzlich anzunehmende Freiheit des Gesetzgebers trotz verbleibender Zweifel eine Verfassungswidrigkeit der Norm ablehnen.52 Das freilich kann nicht als rechtspolitische Vindikation der verfehlten Norm verstanden werden. b) Unvereinbarkeit mit Europarecht Entgegen der innerstaatlichen Rechtsprechung53 liegt jedoch in der Beschränkung der Norm auf (bestimmte) inländische Schulen ein Verstoß gegen das europäische Recht. aa) Dienstleistungsfreiheit anwendbar Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet. Zwar verneint der Bundesfinanzhof, um dies noch einmal in Erinnerung zu rufen, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49, 50 EG (bzw. damals der Art. 59, 60 EGV) mit dem Argument, diese Grundfreiheit sei schon gar nicht einschlägig. Denn bei den Bildungsleistungen handle es sich regelmäßig um stark subventionierte Leistungen, so dass es an einer Entgeltlichkeit fehle.54 Zudem, so wird in der untergerichtlichen Rechtsprechung ausgeführt, sei keine Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Schulen gegeben, weil auch die inländischen Schulen im Ausland nicht anerkannt würden.55 Ferner komme eine Rechtfertigung in Betracht. Diese Argumentation ist in der Literatur in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert worden.56 Wenngleich nicht immer in der Form, so doch im Ergebnis erscheint die Kritik der Literatur zutreffend: In der Beschränkung auf inländische Schulen liegt ein Verstoß gegen Art. 49, 50 EG. Zwar ist zutreffend, dass dies zum Zeitpunkt des Erlasses der BFH-Urteile57 noch nicht hinreichend feststand. Zu dieser Zeit war der Rechtsprechung des EuGH nur zu entnehmen, dass eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit ________________________ 52 Weitergehend H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 7 (Stand Juni 2002), der von einer Verfassungswidrigkeit der Norm ausgeht. 53 Kap. 5 I 1 e) bb) (S. 227 ff.). 54 Vgl. nur BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617. 55 Vgl. aber nunmehr BFH v. 14.12.2004 XI R 32/03, BStBl. 2005 II, 518 zu deutschen Schulen im Ausland. Zweifelnd an der dadurch zum Ausdruck kommenden Ungleichbehandlung zwischen deutschen Schulen im Ausland und anderen deutschen Schulen aber H.-J. Kanzler, FR 2005, 759. 56 W. Meilicke, BB 2000, 17, 19 f.; R. Eckhoff, in D. Birk (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Steuer- und Abgabenrechts, 1995, § 18 Rz. 63; Herzig/Dautzenberg, DB 1997, 8, 13; W. Meilicke, DB 1994, 1011 f.; ders., BB 2000, 17, 19 f.; Meilicke/ Weyde, DStZ 1996, 97 ff. Zweifelnd an der Europarechtskonformität auch D. Birk, DStJG 19 (1996), 63, 79. Unentschieden W. Heinicke, DStR 1998, 1332, 1338. 57 Die Grundsatzentscheidung stammt aus dem Jahre 1997.
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nicht in Betracht kam, wenn eine private Schule im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde und keinen Gewinn zu erzielen versuchte, und dass umgekehrt die Freiheit dort Anwendung fand, wo eine Schule im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert wird und die versucht einen Gewinn zu erzielen.58 Seit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Danner ist jedoch deutlich geworden, dass der seinerzeit nicht eindeutige Fall der im Wesentlichen durch eigene Beiträge der Begünstigten finanzierten, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht unternommenen Leistungserbringung der Dienstleistungsfreiheit unterfällt.59 Bei der Frage, ob die Schulen im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert werden, ist zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen zu unterscheiden. Für Ersatzschulen ist das in Deutschland fraglos nicht der Fall. Eine Genehmigung kommt für sie, wie es auch der Bundesfinanzhof zutreffend herausgestellt hat, nur dann in Betracht, wenn sie nicht zu einer Sonderung nach den Besitzverhältnissen führen, Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG. Daraus folgt ein Verbot der Erhebung von Schulgeldern in erheblicher Höhe. Umgekehrt erwächst den Schulen daher ein Anspruch gegen den Staat auf Zuwendung der Mittel. Für Ergänzungsschulen liegen die Dinge anders. Denn das Verbot der Sonderung nach den Besitzverhältnissen gilt für sie nicht. Sie haben keinen Anspruch auf staatliche Finanzhilfen,60 wenngleich diese in einigen Bundesländern unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse nach Maßgabe des Haushaltsplans erhalten können61 und davon auch Gebrauch gemacht wird.62 Dementsprechend sind Ergänzungsschulen nicht gehindert, ganz erhebliche Schulgelder zu verlangen. Zwar kommen einige Schulen wegen gewährter Förderung durch den französischen Staat mit 2.300 Euro pro Schuljahr aus.63 Es gibt aber auch solche, deren Schulgeld sich durchaus auf durch________________________ 58 59 60 61
Vgl. die Nachweise in Fn. 263 in Kap. 5 I 1 e) bb) (S. 230). Vgl. näher Kap. 9 II 1 b) (S. 369 ff.). Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde, 7. Aufl. 2000, 222 f. Vgl. die Nachweise bei Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde, 7. Aufl. 2000, 223, dort in Fn. 104. 62 In Baden-Württemberg sind dies nach Auskunft des baden-württembergischen Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zum Beispiel die International School of Stuttgart, die japanische Schule in Saulgau und eine weitere Schule für Schüler der beiden letzten Schuljahre im Ausbildungsgang zum Internationalen Baccalaureat; Informationen darüber, ob die Schulen „überwiegend“ durch staatliche Mittel finanziert werden, liegen demnach nicht vor; bezüglich der reinen Schulbetriebskosten sei aber davon auszugehen. 63 Grundschule Ecole Pierre et Marie Curie in Heidelberg, www.ecole.de/unsere_Schule/ Verbindliche_Anmeldung_fuer_das_Schuljahr_2004.pdf.
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schnittlich 13.000 Euro pro Kind und Schuljahr belaufen kann.64 Mit diesen Beträgen ist eine überwiegende Eigenfinanzierung möglich.65 Man sollte auch nicht dem Irrglauben verfallen, die staatliche Anerkennung komme bei derart hohen Summen nicht in Betracht. Denn Ziel des Anerkennungsverfahrens kann es nicht sein, Anforderungen an die wirtschaftliche Organisation der Schule zu stellen. Vielmehr geht es darum, die Einhaltung der Kriterien für die staatlich anerkannten Zeugnisse zu gewährleisten.66 Allgemeinbildende Ergänzungsschulen sind daher nicht zwingend ähnlich förderungsbedürftig und förderungswürdig wie Ersatzschulen.67 Für sie kann man daher nicht davon ausgehen, dass der Typus in der Einbettung in das staatliche Subventionssystem besteht. Daraus ergibt sich die Folgefrage, ob die Ersatzschulen wegen ihrer weitaus größeren Zahl68 als der typische Fall angesehen werden können.69 Dagegen spricht schon das Gesetzgebungsverfahren. Ursprünglich waren die Ergänzungsschulen nicht vom Sonderausgabenabzug erfasst; sie wurden erst auf Betreiben des Finanzausschusses des Bundestages70 in die Norm aufgenommen. Das zeigt, dass auch der Gesetzgeber von einer Trennbarkeit der beiden Fallgruppen ausgeht. Der Fall der Ergänzungsschulen kann daher für die Prüfung der Dienstleistungsfreiheit nicht absorbiert werden, sondern ist eigenständig zu prüfen. Bei Ergänzungsschulen stellt das gezahlte Schulgeld daher oftmals die Gegenleistung für die zu erbringenden Unterrichtsleistungen dar. Soweit dies der Fall ist, ist die Dienstleistungsfreiheit eröffnet. ________________________ 64 Frankfurt International School, www.fis.edu/home_facts.html. Ähnlich Stuttgart International School, www.international-school-stuttgart.de. Günstiger ist die International School Hannover Region, www.is-hr.de/admission/fees.html, die auf Corporate Sponsorship zurückgreifen kann, aber immer noch Schulgeld von bis zu 8.000 Euro pro Person erhebt. Dieser Betrag dürfte erheblich über dem Aufwand für einen durchschnittlichen Gymnasiasten liegen. 65 Vgl. wiederum Frankfurt International School, www.fis.edu/home_facts.html: Das Schulgeld decke 95 Prozent der Kosten. 66 Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde, 7 Aufl. 2000, 222. 67 A. A. BFH v. 11.6.1997, X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617. 68 Vgl. etwa die Listen der anerkannten Ersatz- und Ergänzungsschulen einiger Bundesländer, die in der Datenbank juris abrufbar sind: VV ND OFD Hannover 2003-03-17 S 2221-179 – StO 211; VV BW OFD Karlsruhe 2002-03-25 S 7177 (7 Ergänzungsschulen); VV BR FinSen 2001-10-10 S 2221-5480-182 (keine Ergänzungsschule); VV TH OFD Erfurt 2001-04-24 S 2221 A-03-St 321 (n. ers.); VV RP OFD Koblenz 2001-03-15 S 2221 A-St 31 1 (n. ers.); VV HE OFD Frankfurt 2000-08-28 S 2221 A-67-St II 27 (6 Ergänzungsschulen). 69 Stillschweigend dafür etwa St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 105. 70 BT-Drucks. 11/8346, 8 und 21.
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Daran ändert auch das Erfordernis der Einhaltung staatlicher Regularien wie die Befolgung eines bestimmten Lehrplanes nichts. Denn auch die Ausübung anderer Dienstleistungen ist reguliert – man denke nur an die umfangreichen Regelungen zum anwaltlichen Berufsrecht, ohne dass man deswegen die Qualifikation als Dienstleistung in Zweifel ziehen könnte. Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht, dass Art. 50 Abs. 1 EG unter Dienstleistungen Leistungen versteht, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden.71 Denn das schließt nur aus, dass staatliche Leistungen erfasst werden, auch wenn sich Lernende oder deren Eltern in gewissem Umfang an den Kosten beteiligen. Hingegen finden sich in der Rechtsprechung des EuGH keine Anhaltspunkte, dass die private kostendeckende Erbringung einer üblicherweise vom Staat erbrachten Leistung nicht als entgeltliche Leistung gewertet werden könnte.72 Auch Art. 149 Abs. 1 EG – wonach die Gemeinschaft zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch beiträgt, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedsstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt – ändert m. E. an der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten nichts.73 Auch im Bereich der direkten Steuern ist eine direkte Kompetenz der Gemeinschaft, wie der EuGH immer wieder betont, nicht gegeben. Gleichwohl werden nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des EuGH Regelungen der nationalen direkten Steuern an den Grundfreiheiten gemessen. Hätte der Vertrag für den Bildungsbereich die Grundfreiheiten suspendieren und den Mitgliedsstaaten Diskriminierungen gestatten wollen, so hätte dies im Normtext stärker zum Ausdruck kommen müssen. Vielmehr lässt sich die Norm des Art. 149 Abs. 1 EG unbefangen derart verstehen, dass sie eine weitere Kompetenz der Gemeinschaft begründet, diese Kompetenz aber unter einen strikten Subsidiaritätsvorbehalt stellt. Damit kommt es letztlich auf die Tatsache nicht mehr an, dass die in Art. 149 Abs. 2 EG normierten bildungspolitischen Ziele, unter denen sich die Entwicklung der europäischen Dimension des Bildungswesens befindet, mit dem Subsidiaritätsgrundsatz in Konflikt stehen.74 ________________________ 71 A. A. etwa FG Köln v. 28.6.2001 7 K 8690/99, DStRE 2004, 865, 876 – Rev. XI R 19/04. 72 Die Hinweise in FG Köln v. 28.6.2001 7 K 8690/99, DStRE 2004, 865, 876 – Rev. XI R 19/04 gehen fehl. 73 A. A. aber P. Fischer, FR 2005, 754 f. 74 Auf die konfligierenden Ziele weist zu Recht R. P. Schenke, JZ 2005, 946, 948 hin.
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Im Übrigen, darauf sei nur am Rande verwiesen, geht auch der Gesetzgeber von der Möglichkeit aus, dass allgemeinbildende Schulen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden können, wie die Gewerbesteuerbefreiung für Schulen und andere allgemeinbildende und berufsbildende Einrichtungen in § 3 Nr. 13 GewStG75 zeigt. Dies entspricht auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten der Realität: So richtet derzeit in Großbritannien ein kommerziellen Unternehmen preisgünstige Privatschulen ein, die Gewinne erzielen sollen.76 In Schweden und den Niederlanden gibt es zudem Bildungsgutscheinsysteme, die auch an privaten Schulen eingelöst werden können.77 bb) Diskriminierung des Besuchs ausländischer Schulen Es liegt auch eine Diskriminierung des Besuchs und damit der Inanspruchnahme der Dienstleistungen ausländischer Schulen vor. Denn nur die Eltern von Schülern an inländischen Privatschulen und von der Kultusministerkonferenz anerkannte deutsche Schulen im Ausland sind privilegiert. Dass tatsächlich nicht alle inländischen Schulen begünstigt sind, ändert daran nichts. Es erscheint im Übrigen aus den oben dargelegten Gründen auch nicht zutreffend, wenn behauptet wird, inländische Schulen würden, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, nicht der Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG unterfallen können. Allerdings sind keine anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschulen ersichtlich, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben würden. Freilich ist hier zu beachten, dass die Regelung nur insoweit unmittelbar diskriminierend wirkt, wie Schulgeld als Sonderausgabe abziehbar wäre, wenn die Schule sich ceteris paribus im Inland befände.78 Diesen Gesichtspunkt hat der BFH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2004 herangezogen:79 Da das Schuldgeld im Streitfall so hoch war, dass eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen zu befürchten wäre, hätte im Inland eine Genehmigung ________________________ 75 76 77 78
Zu dieser Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.). Economist vom 1.5.2004, 68. Economist vom 1.5.2004, 68. Es geht also nicht darum, die autonome Entscheidung des britischen Gesetzgebers zwischen einer privatrechtlichen und einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform von einem deutschen Gericht nachprüfen zu lassen (a. A. O. Thömmes, IWB 2005, 569, 571). Denn gefordert ist allein eine Gleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Schulen. Wenn im Inland tatsächlich aufgrund gesetzgeberischer Anordnung nur Schulgeld für solche Schulen absetzbar wäre, deren Schulgeld nicht so hoch ist, dass es zu einer Sonderung nach den Besitzverhältnissen beitrüge, so würde das wohl auch für das an ausländische Schulen gezahlte Schulgeld gelten (a. A. R. P. Schenke, JZ 2005, 946). Das ist freilich wegen der überaus teuren Ergänzungsschulen nicht der Fall. 79 BFH v. 14.12.2004 XI R 66/03, BStBl. 2005 II, 473.
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als Ersatzschule nicht erfolgen dürfen. Auch eine Anerkennung als Ergänzungsschule war nach Auffassung des BFH nicht in Betracht zu ziehen, weil das nicht revisible baden-württembergische Landesrecht – als dem Wohnort des Klägers – eine Anerkennung nur dann als im öffentlichen oder besonderen pädagogischen Interesse liegend zugelassen hätte, wenn das Schulgeld grundsätzlich von jedermann aufgebracht werden könne. Das überzeugt aber im Ergebnis nicht: Zwar erscheint die fehlende Vergleichbarkeit mit einer inländischen Ersatzschule wegen der drohenden Sonderung nach den Besitzverhältnissen zutreffend. Hingegen wird für die Ergänzungsschulen die Referenzgruppe zu eng gewählt: Die Anerkennung wird nicht von der Landesbehörde des Landes ausgesprochen, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Vielmehr kommt es auf die Anerkennung durch die Landesbehörde an, in dem die jeweilige Schule ihren Sitz hat. Daher ist eine unmittelbare Diskriminierung auch dann zu bejahen, wenn in irgendeinem deutschen Bundesland eine Anerkennung als Ergänzungsschule in Betracht gekommen wäre. Dann würde der Besuch dieser Schule anders behandelt als der Besuch der in Rede stehenden ausländischen Schule. Dass eine solche Anerkennung, wenn schon nicht in Baden-Württemberg, so doch etwa in Hessen durchaus in Betracht kommt, zeigt das Beispiel der Internationalen Schulen, bei denen wegen des hohen Schulgeldes durchaus eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen droht.80 Daneben ist auch immer an eine verbotene mittelbare Diskriminierung zu denken: Es erscheint plausibel, dass mehr inländische Schulen als ausländische Schulen den Eltern ihrer Schüler einen Sonderausgabenabzug ermöglichen, weil sie die an Ersatz- oder Ergänzungsschulen gestellten Merkmale für eine Genehmigung oder Anerkennung erfüllen. Letztlich kommt es indes auf die mittelbare Diskrimierung nicht an, da bereits die unmittelbare Diskriminierung bejaht wurde. cc) Keine Rechtfertigung der Diskriminierung Die Diskriminierung lässt sich auch nicht rechtfertigen. Die geschriebenen Schranken des Art. 55, 46 EG kommen nicht in Betracht, da weder die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betroffen ist. Es bliebe damit nur die Rechtfertigung über die zwingenden Interessen der Allgemeinheit, die aber hier nicht einschlägig sind.81 dd) Allgemeines Diskriminierungsverbot subsidiär Demgegenüber kommt dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG keine Bedeutung zu. Für die Privatschulen selbst ist das gegenüber der ________________________ 80 Vgl. Kap. 10 Fn. 64 (S. 451). 81 Kap. 9 II 2 (S. 371 ff.).
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Dienstleistungsfreiheit subsidiäre82 allgemeine Diskriminierungsverbot verdrängt, wenn man das Vorliegen einer Dienstleistung annimmt. Eine Diskriminierung ausländischer Eltern, die in Deutschland zum Sonderausgabenabzug berechtigt sind, ist hingegen grundsätzlich nicht ersichtlich. Denn die Regelung ist, worauf der Bundesfinanzhof zurecht83 hinweist, grundsätzlich gleichermaßen für In- und Ausländer anwendbar.84 Sie stellt daher jedenfalls keine offene Diskriminierung dar. Für das Vorliegen einer verdeckten Diskriminierung bedürfte es hingegen des Nachweises, dass wesentlich mehr ausländische Steuerpflichtige von der Beschränkung des Sonderausgabenabzugs auf inländische Schulen betroffen sind als Inländer. Das erscheint, zumal es nicht unüblich ist, die Kinder für bestimmte Zeit in das (zumeist englischsprachige) Ausland auf Privatschulen zu schicken, nicht gesichert der Fall zu sein. c) Kein Verstoß gegen WTO-Recht Nur am Rande sei hier noch darauf hingewiesen, das kein Verstoß gegen WTO-Recht zu verzeichnen ist. Denn es liegt zwar eine Dienstleistung nach Art. 1 GATS vor; das GATS gewährt im Gegensatz zum GATT85 aber schon keine Inländergleichbehandlung. Vielmehr enthält Art. II GATS nur eine grundsätzliche Meistbegünstigungspflicht.86 Auch die hier vertretene Pflicht zur Ausdehnung auf Schulen in anderen Mitgliedsstaaten ist unschädlich, Art. V GATS. d) Rechtspolitischer Vorschlag einer Abschaffung Bisweilen wird die Forderung erhoben, die Norm auf alle inländischen allgemeinbildenden Schulen zu erweitern.87 Dadurch könne die unechte Gesetzeskonkurrenz zwischen § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und dem Landesrecht vermieden werden. In der Tat erscheint es aus der Sicht der Steuerpflichtigen wenig befriedigend, ihre Einkommensteuerbelastung danach zu bestimmen, ob das Bundesland, in dem die Schule ihren Sitz hat, diese anerkannt hat oder nicht. Zudem ist die Beschränkung auf inländische Anbieter nach hier vertretener ________________________ 82 Vgl. den Wortlaut des Art. 12 EG. 83 Ebenso St. Geserich, Privater, gemeinwohlwirksamer Aufwand im System der deutschen Einkommensteuer und des europäischen Rechts, 1999, 111 f. 84 BFH v. 11.6.1997 X R 74/95, BStBl. 1997 II, 617. 85 Dazu ausführlich etwa Ismer/Neuhoff, A feasible way to address nonparticipation in Emission Trading, Working Paper 2004, 8 ff. 86 Vgl. dazu etwa Ch. Pitschas, in Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch,2003, Rn. B II 40 ff.; Stoll/Schorkopf, WTO, 2002, Rz. 540 ff.; Ch. Ohler, in Weiß/Hermann, Welthandelsrecht, 2003, 853 ff. 87 P. Gottwald, DB 1998, 1362, 1365.
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Auffassung europarechtswidrig, so dass eine Ausweitung auf alle vergleichbaren Schulen aus anderen Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaft erfolgen muss. Zur Vermeidung einer – freilich rechtlich nicht verbotenen – Inländerdiskriminierung liegt daher die Erstreckung auch auf alle inländischen Anbieter nahe.88 Jedoch ist dieser Forderung nicht zu folgen. Vielmehr sollte die genau umgekehrte Lösungsmöglichkeit umgesetzt werden: die Aufhebung der Begünstigung.89 Denn die Abzugsfähigkeit lässt sich kaum mehr rechtfertigen. Selbst wenn der Gesetzgeber Privatschulen für förderungswürdig erachtet, was im Übrigen im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland eine den Ländern obliegende Entscheidung ist, dann sollte dies über eine direkte Förderung der Privatschulen umgesetzt werden. Der Rechtfertigungsgrund der Absicherung der Eltern durch Schulung ihrer Kinder überzeugt in der Praxis kaum, da sich dies gerade für Steuerpflichtige mit hohem Einkommen selten realisieren dürfte und außerdem die Besonderheiten gerade des Besuchs der Privatschulen – im Gegensatz etwa zu Nachhilfeunterricht – nicht recht einzuleuchten vermögen. In ganz besonders gelagerten Einzelfällen wird man im Übrigen darüber nachdenken können, bei im Ausland tätigen deutschen Steuerpflichtigen den Besuch einer Privatschule in Deutschland als Erwerbsaufwendungen zum Abzug zuzulassen. Freilich hat dies die absolute Ausnahme zu bleiben.90
3. Berufsausbildung des Ehegatten, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Erhebliche Änderungen haben sich im Wortlaut zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die Berufsausbildungen des Ehegatten ergeben. Bestimmte § 10 Abs. 1 S. 3 EStG a. F. früher explizit, dass auch Aufwendungen für die Berufsausbildung des Ehegatten berücksichtigt wurden, sieht § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG nunmehr vor, dass für Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllen, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG für jeden Ehegatten gilt. Von den Tatbestandsvoraussetzungen her kann auf den Acquis der bisherigen Rechtsprechung und der Stellungnahmen von Wissenschaft und Finanzverwaltung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. zurückgegriffen werden.
________________________
88 P. Gottwald, DB 1998, 1362, 1365. 89 Dafür auch Einkommensteuer-Kommission, BB 1994, Beil. 24, 8; H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. L 12 (Stand Juni 2002). Gegen eine Aufhebung aber N. Trossen, EFG 2005, 711. 90 Wesentlich großzügiger P. Gottwald, DB 1998, 1362, 1365, der die Wertung des § 21 Abs. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Dienst, wonach der Bund den Kindern von Angehörigen des öffentlichen Diensts Schulbeihilfen gewährt, entsprechend heranziehen will.
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Die Rechtsfolge dieser Vorschrift liegt jedoch wegen der lapidaren Anordnung „gilt Satz 1 für jeden Ehegatten“ im Dunkeln. Ohne die Regel würden bei der Zusammenveranlagung Ehegatten, die sich beide in Ausbildung befinden, insgesamt den Sonderausgabenabzug von 4.000 Euro nur einmal in Anspruch nehmen können. Hingegen würde es für Ehegatten, die die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllen, aber eine getrennte Veranlagung beantragen, beim doppelten Abzug von höchstens 4.000 Euro verbleiben. Dieser Anreiz gegen eine Zusammenveranlagung erschiene wenig sinnvoll. Vor diesem Hintergrund könnte man bei unbefangener erster Lektüre auf die Idee kommen, dass § 10 Abs. 1 S. 1 EStG diese Rechtsfolge auch für den Fall der Zusammenveranlagung anordnet. Dann würde es nur darauf ankommen, ob dem Ehegatten Aufwendungen für seine eigene Berufsausbildung erwachsen. Mithin würde die Vorschrift nur noch egoistische Investitionen erfassen; es käme zu einem Gleichlauf von der Eigenschaft als Lernender und als Kostenträger. Gegen ein solches Verständnis spricht nicht der Wortlaut der Norm. Dieser knüpft nicht an die Zusammenveranlagung an, sondern an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG. Mithin wird die Erweiterung auch für Fälle angeordnet, derer es nicht bedarf, weil die Rechtsfolge ohnehin gilt. Dies ist desto erstaunlicher, als zum einen beispielsweise § 10 Abs. 3 EStG zielgenau auf eine Zusammenveranlagung abstellt, zum anderen die wesentlich weiter zu verstehende Vorgängernorm des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG bereits an § 26 Abs. 1 S. 1 EStG anknüpfte. Jedoch deutet die Begründung des Gesetzesentwurfs an, dass dem überschießenden Bereich kein besonders starkes Gegenargument zu entnehmen ist, spricht sie doch nur davon, der Höchstbetrag gelte „nach Satz 2 bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten für jeden Ehegatten gesondert.“91 Gerade für den Fall der Zusammenveranlagung ist aber kryptisch, was es bedeutet, dass Satz 1 für jeden Ehegatten gelte. Denn dort gibt es mit den zusammenveranlagten Eheleuten gerade nur einen Steuerpflichtigen. Bei den Sonderausgaben ist es dann im Allgemeinen gerade gleichgültig, welcher der Ehegatten die Aufwendungen getätigt hat. Man sollte daher zwischen den beiden Dimensionen des Lernenden und des Kostenträgers trennen. Der Verweis lässt sich dann auch dahingehend verstehen, dass Satz 1 für jeden lernenden Ehegatten gilt, egal wer die Kosten dafür getragen hat. Maximal können pro Lernendem 4.000 Euro geltend gemacht werden. Mit dem Wortlaut des Satzes 1 erscheint dies durchaus ver________________________ 91 BT-Drucks. 15/3339, 15.
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einbar, weil die Ehegatten in dieser Situation ein Steuerpflichtiger sind, so dass eigene Aufwendungen vorliegen. Auch mit Satz 2 entsteht kein Konflikt, weil die Norm ja gerade für jeden (lernenden) Ehegatten gesondert gilt. Diese zunächst vielleicht etwas künstlich anmutende Aufspaltung hat einige Vorteile: Sie erklärt erstens, warum sich in der Begründung zu diesem Punkt keine weiteren Erläuterungen finden: Die Abweichung gegenüber der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG a. F. ist gering und betrifft nur die Fälle der Getrenntveranlagung, bei der früher Probleme bestanden. Zweitens entspricht sie der Natur der Ehe als Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft, wonach die Ehegatten tendenziell aus einem Topf wirtschaften. Dieser Tatsache wird bei der Zusammenveranlagung gerade dadurch Rechnung getragen, dass es auf die Herkunft der Mittel nicht ankommt. Drittens vermeidet diese Auslegung das Auftreten einer Dummensteuer, weil die Überlassung der Mittel für den Zweck der Bestreitung der Aufwendungen gleichbehandelt wird mit der direkten Zahlung des anderen Ehegatten. Viertens entspricht diese Auslegung auch dem Kontinuitätsprinzip. Danach ist dort, wo gleichgewichtige Gründe für und gegen eine bestimmte Sinndeutung sprechen, aber nur einer von ihnen die rechtliche Kontinuität stärkt, letztere Interpretation geboten.92 Dementsprechend ist die Norm dahingehend zu verstehen, dass bei einer Zusammenveranlagung für die Berufsausbildung jedes Ehegatten maximal 4.000 Euro als Sonderausgabe abgesetzt werden können, egal wer die Aufwendungen getragen hat. Hingegen ist bei der getrennten Veranlagung eine Änderung anzunehmen, weil es nunmehr auf selbst getragene Aufwendungen ankommt und die früher möglichen altruistischen Investitionen in diesem Fall ausscheiden.
4. Steuerbefreiungen beim Lernenden durch außersteuerliche Motivation gerechtfertigt In jüngerer Zeit sind die Steuerbefreiungen generell in Verdacht geraten, ungerechtfertigt zur Komplizierung des Steuerrechts beizutragen und nicht gerechtfertigte Privilegien zu begründen.93 Immer wieder wird ihre Streichung vorgeschlagen.94 Die Einkommensteuer-Kommission95 forderte im Jahre 1994 unter Berufung auf „die Systematik“ grundsätzlich eine Einbeziehung in die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage.96 ________________________
92 So A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, 432. 93 Krit. etwa W. Bergkemper, in HHR, § 3 Allg. Rz. 7 (Stand Oktober 1995). 94 So schon Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen (Hrsg.), Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil II Rz. 59. 95 Einkommensteuer-Kommission, BB 1994, Beil. 24, 6 f. 96 Im Einzelnen forderte sie die Einbeziehung der § 3 Nr. 11, 42 und 44 EStG.
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Freilich sind gerade bei den Humankapitalinvestitionen die Steuerbefreiungen systematisch im Kontext sozialrechtlicher Wertungen zu sehen, deren konsequente Fortführung sie zumeist darstellen: Zugewandt wird – vergleichbar der mittelbaren Grundstücksschenkung im Erbschaftsteuerrecht – nicht Geld, sondern eine bestimmte Ausbildung. Eine Besteuerung der Zuwendungen würde den Zweck zu vereiteln drohen, so dass ein Wertungswiderspruch entstehen würde.97 Dieser Wertungswiderspruch würde sich auch nicht nur auf die Fälle beschränken, in denen sozialrechtliche Normen die Bedürftigkeit unsystematisch generöser bestimmen als das einkommensteuerliche Existenzminimum.98 Vielmehr wird zur Herstellung der Chancengleichheit oder zur Verwirklichung des staatlichen Interesses an der Ausbildung oftmals mehr zugewandt als das einkommensteuerliche Existenzminimum – man denke etwa an die Übernahme der Kosten einschließlich Studiengebühren eines Auslandsstudiums in den Vereinigten Staaten. Etwaige Kritik hat daher gegebenenfalls an den (sozialrechtlichen) Zuwendungsnormen anzusetzen, nicht aber an ihren steuerrechtlichen Folgerungen. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden kurz die rechtfertigenden Leitgedanken für die Steuerbefreiungen dargestellt sowie auf Detailprobleme der einzelnen Befreiungsnormen eingegangen, bevor abschließend die Frage nach der Steuerbarkeit der Leistungen diskutiert wird. a) Grundsätzliche Steuerbarkeit Zuvor gilt es freilich Position zur Frage nach der grundsätzlichen Steuerbarkeit der befreiten Einnahmen und damit zur Markteinkommenstheorie zu beziehen:99 Gerade für den konkreten Fall erscheint eine skeptische Sicht gegenüber einer Beschränkung auf das Markteinkommen angebracht.100 ________________________ 97 So spricht sich denn auch K. Tipke, StRO II, 2. Aufl., 751 f. für eine Beibehaltung der Steuerbefreiung von sozialen Fördermaßnahmen aus. Prägnant auch ders., a. a. O., 631: „Was sozialwürdig ist, kann nicht zugleich steuerwürdig sein.“ 98 Einen eleganten Lösungsweg findet allerdings J. Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993 durch § 106 Abs. 2 S. 3 des Entwurfes, wonach öffentliche Transferzahlungen nur insoweit einzubeziehen sind, als Leistungen für den Lebensbedarf gewährt werden. Dies setzt freilich die Umsetzung der von ihm a. a. O., Rz. 618 vorgeschlagenen differenzierten Bestimmung des einkommensteuerlichen Existenzminimums voraus. 99 Vgl. dazu die Nachweise in Kap. 3 III 2 b) bb) (S. 103 ff.) und Kap. 5 I 4 vor a) (S. 242). 100 Krit. auch W. Schön, Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative, FS für K. Offerhaus, 385, 397 f.; H. Söhn, Erwerbsbezüge, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, FS für K. Tipke, 343 ff.; ders., FR 1996, 81 ff. Für die Geltung der Markteinkommenstheorie de lege lata aber etwa P. Fischer, in KSM, § 22 Rz. B 353 f. m. w. N. (Stand Februar 1995); J. Lang, in TL, § 9 Rz. 52 und 99 m. w. N.
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Denn grundsätzlich erfasst der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Nr. 1 EStG alle wiederkehrenden Bezüge; S. 2 der Norm nimmt davon die Leistungen von unbeschränkt steuerpflichtigen Gebern unter bestimmten Voraussetzungen aus. Dies entsprach auch der Intention des historischen Gesetzgebers.101 Daher liegt eine klare Anordnung des Gesetzgebers vor, die zumindest in diesem Bereich keinen Raum für eine prinzipiengestützte Argumentation belässt.102 b) Leistungen der Arbeitsförderung, § 3 Nr. 2 EStG Die Leistungen nach SGB III sind zum Teil von vorangegangener Beitragsleistung abhängig. Deren steuerliche Befreiung trägt dem Versicherungsgedanken und der nur eingeschränkten steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beiträge beim Empfänger Rechnung. Darüber hinaus dienen die Leistungen nach dem SGB III, die keine Versicherungsleistungen sind, und die Leistungen des Europäischen Sozialfonds der Arbeitsförderung. Diese Ziele würden entweder durch eine Besteuerung beeinträchtigt oder die gebotene Förderung müsste für Lernende mit geringem Grenzsteuersatz über das Ziel hinausschießen. c) Ausbildungsbeihilfen, § 3 Nr. 11 EStG Ausbildungsbeihilfen dienen der Verwirklichung der Chancengleichheit103 oder, wo die Beihilfen nicht vom Einkommen des Lernenden abhängen, der Verwirklichung des staatlichen Interesses an der Ausbildung. Auch hier würde eine Besteuerung die Ziele der Zuwendungen verfehlen. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass eine Beihilfe erfordern würde, dass der Lernende einen Teil der monetären Aufwendungen trägt.104 Denn aus teleologischer Sicht ist nicht ersichtlich, warum eine Vollzuwendung nicht von der Steuer befreit sein sollte. Das Erfordernis würde sich auch dem Einwand aussetzen, dass Unstetigkeiten entstünden, wenn man staatliche Zuwendungen und Besteuerung zusammen betrachten würde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum eine ganz geringe Eigenbeteiligung die Besteuerung ausschließen sollte. Letztlich aber lässt sich, wenn man dem Begriff der Beihilfe eine Beteiligung des Lernenden entnehmen will, das Problem ________________________ 101 Vgl. zur Entstehungsgeschichte P. Fischer, in KSM, § 22 Rz. A 71 (Stand Februar 1995). 102 Zur Beschränkung der Prinzipienargumentation in diesem Fall Kap. 3 II 1 b) aa) (S. 97). 103 Zu BAföG vgl. Kap. 8 II 1 a) (S. 316 ff.). Zur Chanceneröffnungsfunktion als Effizienzargument für eine staatliche Umverteilung bei Unvollkommenheit des Kreditmarktes s. Kap. 1 IV 5 (S. 59 ff.). 104 So aber die in Kap. 5 I 4 b) (S. 244 ff.).
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dadurch bewältigen, dass man als Eigenleistung auch den zum Lernen erforderlichen Einsatz der eigenen Arbeitskraft ausreichen lässt. d) Stipendien, § 3 Nr. 37, 42 und 44 EStG Gerechtfertigt ist auch die Steuerbefreiung der Stipendien – einschließlich des Fulbright-Stipendiums –, soweit sie dem besonderen staatlichen Interesse an der Absolvierung einer bestimmten Ausbildung Rechnung trägt. Daraus erklärt sich auch, warum Lehrende nicht erfasst sind, obwohl der Zweck der Entlastung des Leistungsträgers genauso eingreift.105 Im Übrigen ist zu bedenken, dass insbesondere bei Stipendien oftmals eine Alternativität zwischen kostenloser staatlicher Bereitstellung des Bildungsangebotes und der Übernahme der Kosten für eine entgeltliche Ausbildung besteht. So hat namentlich Italien dem Vernehmen nach lange Zeit auf die Einrichtung eines hochkarätigen wirtschaftswissenschaftlichen Postgraduiertenstudienganges verzichtet und statt dessen geeigneten Kandidaten das Studium an einer der amerikanischen Spitzenuniversität finanziert. Ein Grund dafür, warum ein Studium an der zwischenzeitlich gegründeten Bocconi-Universität eine abweichende steuersystematische Beurteilung erzwingen würde als das stipendienfinanzierte Studium in Übersee, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund ist freilich kein Grund für die in § 3 Nr. 44 Buchst. c) EStG enthaltene Frist ersichtlich. Diese Frist bedeutet darüber hinaus auch eine Benachteiligung von Akademikern und Akademikerinnen, die sich zwischenzeitlich der Kindererziehung widmen, und ein Erschwernis für die Rückkehr in den wissenschaftlichen Arbeitsmarkt. Dies ist mit Blick auf die in Deutschland ohnehin geringe Vereinbarkeit von Hochschullaufbahn und Familie für Frauen,106 besonders misslich und sollte beseitigt werden. e) Meister-BAföG, § 3 Nr. 37 EStG Die Leistungen nach dem AFBG dienen der Verwirklichung der Chancengleichheit und der Wirtschaftsförderung;107 § 3 Nr. 37 EStG verhindert, dass die Besteuerung den Zweck der Zuwendung zuwiderläuft. ________________________ 105 Zu diesem Zweck Kap. 5 I 4 c) (S. 247 ff.). 106 Veranschaulichen lässt sich das an den folgenden Zahlen: Die Hälfte der Professorinnen, aber nur 20 Prozent der Professoren in Deutschland sind kinderlos; zudem haben 45 Prozent der Professorinnen mit Kind ein Kind, 47 Prozent zwei und 8 Prozent drei oder mehr Kinder, während sich die entsprechenden Zahlen für ihre männlichen Kollegen auf 16/47/37 Prozent beliefen, vgl. Krimmer/Stahlmann/Behr/ Zimmer, Karrierewege von ProfessorInnen in Deutschland, 2003, 25. Dies verkennen die Ausführungen des FG Köln v. 8.2.2001 10 K 7221/96, DStRE 2001, 617, 618 zur Vereinbarkeit der Universitätslaufbahn und Kindern. 107 Kap. 8 II 1 b) (S. 318 ff.).
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Subsystem der altruistischen Investitionen
f) Steuerbefreiungen bei internationalen Sachverhalten Demgegenüber liegt der Steuerfreiheit nach Art. 20 OECD-MA bzw. R. 166 S. 2 EStR keine sozialrechtliche Wertung zugrunde, die nur weitergeführt wird. Vielmehr sollen die Normen selbst der Ausbildungsförderung bzw. Billigkeitszwecken dienen. Mit Blick auf die grundsätzliche Steuerbarkeit ist de lege lata die Befreiung in der Richtlinie contra legem und aufzuheben, soweit nicht qua Europarecht eine Gleichstellung mit reinen Inlandsfällen oder qua DBA eine Freistellung geboten ist. Insofern ist eine zur Billigkeitsregelung ermächtigende Änderung des § 22 Nr. 1 EStG geboten. g) Erstreckung des Begriffs der öffentlichen Mittel auf Leistungen anderer EU-Staaten Ferner ist bei der Behandlung des Lernenden problematisch, ob sich der Begriff der öffentlichen Mittel auch auf Leistungen anderer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bezieht. Dies ist in der Vergangenheit für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung abgelehnt worden. Soweit dies für Versicherungsleistungen gelten soll, erscheint die Auffassung problematisch, weil sich dadurch negative Folgen für einen vorangegangenen Grenzübertritt ergeben: Das Gebrauchmachen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit eines Inländers, der zunächst in das Ausland zieht, dort eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ergreift und in das Inland zurückkehrt, führt dazu, dass die Versicherungsleistungen im Inland steuerpflichtig werden, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn eine Tätigkeit im Inland ausgeübt worden wäre. Mit Blick auf die nur teilweise Steuerpflicht der in die Sozialversicherung abgeführten Beiträge lässt sich diese Diskriminierung auch nicht aus dem Grundsatz der Kohärenz rechtfertigen. In Bezug auf Stipendien und Ausbildungsbeihilfen kommt hingegen mangels Anwendbarkeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit108 zumeist109 nur das Allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG in Betracht. Hier würde eine statistische Diskriminierung drohen, wenn die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Ausländer einen höheren Anteil ausländischer Stipendien aufweisen als Inländer und dies bei inländischen Stipendien genau umgekehrt wäre. Das erscheint allerdings mit Blick auf die Leistungen des DAAD, die gerade Ausländern ein Studium in Deutschland ermöglichen sollen, nicht zweifelsfrei. ________________________ 108 Vgl. Wölker/Grill, in von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV/EGV, 6. Aufl. 2003, Vorbem. zu den Artikeln 39 bis 41 EG, Rz. 35. 109 Zu denken wäre freilich auch an die Dienstleistungsfreiheit, wenn eine signifikant entgeltliche Berufsausbildung absolviert wird.
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Einkommensteuer
Freilich gilt es neben dem Diskriminierungsverbot auch Art. 10 Abs. 2 EG zu beachten, der den Mitgliedsstaaten alle Maßnahmen verbietet, welche die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden können. Gem. Art. 149 Abs. 2 EG hat die Tätigkeit der Gemeinschaft bei der bildungspolitischen Zusammenarbeit u. a. das Ziel der Förderung der Mobilität der Lernenden. Man wird zwar nicht davon ausgehen können, dass die Besteuerung ausländischer Stipendien oder Ausbildungsbeihilfen eine Gefährdung dieses Zieles heraufbeschwören würde. Gleichwohl ist die zugrundeliegende Wertung nach dem hier vertretenen methodischen Ansatz zu übertragen. Dieser entspricht es, eine ungleiche Besteuerung, die zu einer Behinderung der transnationalen Mobilität führen kann, zu unterlassen. Eine derartige Auslegung der Vorschriften des § 3 Nr. 11 und 44 EStG ist mit Blick auf den offenen Wortlaut der Norm, der keine Beschränkung auf inländische öffentliche Mittel kennt, möglich und daher geboten. Gegen sie lässt sich auch nicht anführen, dass es in anderen Mitgliedsstaaten an einem vergleichbaren Kontrollstandard fehlen würde. Denn dagegen spricht die wechselseitige Anerkennung der Standards, etwa im Bildungsbereich für Hochschulabschlüsse. Zudem dürfte mit Blick auf die pluralistische Struktur der Stipendien die Varianz innerhalb der deutschen Stipendien höher sein als die Varianz im Ländervergleich. Der Begriff der öffentlichen Mittel tritt daneben noch in anderem Zusammenhang auf: Bei § 33a Abs. 1 und 2 EStG sind als Ausbildungsbeihilfen aus öffentlichen Mitteln und aus öffentlichen Mitteln finanzierten Fördereinrichtungen bezogene Zuschüsse in voller Höhe, also ohne Verschonung von 624 Euro wie bei den Einkünften und sonstigen Bezügen, anzurechnen. Hier sollte man angesichts des wiederum offenen Wortlauts und der unabhängig von der Herkunft der Mittel geminderten Bedürftigkeit des Lernenden jedenfalls alle aus Mitteln eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union finanzierten Leistungen einbeziehen. Das ist unabhängig davon, welchen Grund man für die unterschiedlichen Behandlung der Einkünfte und sonstigen Bezüge annimmt: Die Vermeidung einer doppelten Förderung hat auch dann ihre Berechtigung, wenn die Mittel aus dem Haushalt eines anderen Mitgliedsstaat stammen. Hält man die verbesserte Verifizierbarkeit der aus öffentlichen Mitteln zugewandten Leistungen für entscheidend, so spricht die zumindest theoretische Gleichstellung aufgrund der Amtshilferichtlinie ebenfalls für eine Gleichbehandlung. Dasselbe gilt schließlich auch dann, wenn man darauf abstellt, dass die Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln nicht auf Leistung beruhten. Eine Ausdehnung auf Mittel aus anderen Staaten sollte man hingegen ablehnen. Denn das ließe sich nur begründen, wenn man auf das Argument der fehlenden eigenen Leistung abstellen würde: Die doppelte Förderung tritt
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auch bei Schenkungen Privater auf; eine Rücksichtnahme auf andere Haushalte ist ebenfalls nicht geboten; zudem stellen sich Verifikationsprobleme, die schon beginnen, wenn es darum geht, zu ermitteln, aus welchen Mitteln die Leistungen erbracht werden. Gerade die fehlende eigene Leistung stellt aber nur ein schwaches Argument dar, weil auch andere Bezüge, die den Einkünften gleichgestellt werden wie Waisenrenten nicht auf eigener Leistung des Berechtigten beruhen. Zudem stellt das Steuerrecht grundsätzlich bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit nicht auf das Ausmaß der eigenen Leistung ab. Die geminderte Unterhaltspflicht, die bisweilen für eine Gleichstellung vorgebracht wird, vermag für sich genommen nicht zu überzeugen, da dasselbe Argument auch für Einkünfte und Bezüge gelten müsste. Dagegen spricht auch nicht das Argument, dass § 33a Abs. 1 S. 2 EStG ausdrücklich von „inländischen öffentlichen Mitteln“ spricht. Dort ging es dem Gesetzgeber ersichtlich darum, den Empfängerkreis nach inländischen Maßstäben zu bestimmen und so eine Vergleichbarkeit mit § 33a Abs. 1 S. 1 EStG herzustellen, wo auf die nach inländischen Maßstäben zu bestimmende Unterhaltspflicht abgestellt wird.
5. Staatliche Ausbildungsförderung und Berücksichtigung beim Unterhaltsschuldner Abschließend zur Einkommensteuer ist noch darauf hinzuweisen, dass die Integration der staatlichen Ausbildungsförderung mit der steuerlichen Berücksichtigung beim Unterhaltsschuldner grundsätzlich zutreffend ist: Die Anrechnung öffentlicher Mittel auf die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers nach §§ 32 Abs. 4 S. 2; 33a Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 2 EStG steht in Einklang mit dem Zivilrecht.110 Dagegen spricht auch nicht, dass hier ein Vorrang staatlicher Leistung vor der steuerlichen Verschonung begründet wird. Denn der Staat strebt legitimerweise nach Chancengleichheit und gewährt Ausbildungsförderung. Deren steuerlich konsequente Fortführung ist die an dieser Stelle vorgesehene Anrechnung.111 Ein besonders gelungenes Beispiel einer systematisch-teleologischen Auslegung stellt in diesem Zusammenhang die teleologische Reduktion des Begriffes der „öffentlichen Mittel“ im Rahmen des Familienleistungsausgleichs dar.112 Nur soweit die staatliche Förderung die Leistung des Unterhaltsgläubigers ersetzt, ist eine Kürzung gerechtfertigt.
________________________ 110 Kap. 8 I (S. 311 f.). 111 Zum Grundsatz der Chancengleichheit s. allgemein Kap. 9 III 2 (S. 377 f.). 112 Kap. 5 I 1 d) cc) (S. 222 f.) und 5 I 3 a) cc) (S. 239 f.).
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Umsatzsteuer
II. Umsatzsteuer Der Auffassung der Rechtsprechung zur Einstufung von Zuschüssen bei der Arbeitsförderung als steuerbare Leistungen ist de lege lata grundsätzlich zuzustimmen.113 Man könnte dieses Ergebnis zwar unter Berufung auf den Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer in Zweifel ziehen wollen. Denn die integrativen Leistungen sollen auch der Allgemeinheit zugute kommen, weil durch sie das Risiko einer Arbeitslosigkeit gesenkt und die Chance einer erfolgreichen Teilhabe am Arbeitsmarkt erhöht werden soll.114 Zudem könnte man zweifeln, ob dem Arbeitnehmer überhaupt eine verbrauchbare Leistung zugewandt wird, weil es hier nicht um seine Eigenschaft als Konsument geht, sondern um seine Stellung als Anbieter des Faktors Arbeit. Freilich überzeugt das letzte Argument nicht. Denn Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie zeigt mit der Aufnahme der Variante „Ausbildung und berufliche Fortbildung“, dass insoweit grundsätzlich eine steuerbare Leistung vorliegt. Auch das öffentliche Interesse allein vermag das erste Argument nicht zu stützen: Die Rechtsprechung des EuGH im Fall Keeping Newcastle Warm zeigt, dass es auch in Fällen, in denen eine Leistung im öffentlichen Interesse liegt, allein darauf ankommt, ob ein individueller Leistungsempfänger vorliegt, dem ein verbrauchbarer Vorteil zugewandt wird. De lege ferenda ist dieses Ergebnis jedoch mit Blick auf den Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer nicht überzeugend; auch diesem Problem könnte durch eine Umwandlung der Steuerbefreiungen für die berufliche Bildung in echte Steuerbefreiungstatbestände abgeholfen werden:115 Dann wäre ein hinreichender Anhaltspunkt für eine systemkonforme Auslegung nach dem Verbrauchsteuerprinzip gegeben.
III. Erbschaft- und Schenkungsteuer Für die in § 13 Abs. 1 Nr. 5 und 12 ErbStG steuerbefreite Zuwendung von Ausbildungskosten ergeben sich aus der sozialstaatlich gebotenen116 Chanceneröffnungsfunktion Leitmotive einer zutreffenden Auslegung. Zuvor soll aber der Frage der Steuerbarkeit des Anspruchs der Stiefabkömmlinge nach § 1371 Abs. 4 ErbStG nachgegangen werden.
________________________ 113 114 115 116
Kap. 6 II 2 b) (S. 290 ff.). Kap. 8 II 2 a) (S. 320 ff.). Dazu schon Kap. 10 III 2 (S. 422 ff.). Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.).
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1. Anspruch der Stiefabkömmlinge Der Anspruch der Stiefabkömmlinge nach § 1371 Abs. 4 BGB stellt keinen sonstigen Erwerb i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG dar. Zwar wird dies teilweise angenommen.117 Teleologisch gesehen steht bei diesem Anspruch mit Mischcharakter auch die erbrechtliche Komponente im Vordergrund.118 Der Wortlaut des Gesetzes119 steht dem jedoch entgegen, wie der Umkehrschluss aus §§ 1932 Abs. 2, 1969 Abs. 2 BGB zeigt.120 Gegenteiliges lässt sich nicht aus der Tatsache ableiten, dass im Zivilrecht bisweilen bezüglich § 1371 Abs. 4 BGB als einem gesetzlichen Vermächtnis gesprochen wird.121 Denn dabei handelt es sich um eine bewusste Vereinfachung,122 aus der dogmatisch keine Folgen hergeleitet werden können.123 Das gilt umso mehr, als die Norm des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gar nicht von gesetzlichen Vermächtnissen, sondern vielmehr von der Anwendung der Vorschriften über das Vermächtnis spricht. Mit Blick auf die Wechselbeziehung zwischen Erbfallschuld und korrespondierendem Erwerb124 ergibt sich aus der fehlenden steuerlichen Erfassung beim Empfänger zugleich eine Nichtberücksichtigung beim Stiefelternteil. Dann aber ist der Weg frei, die Leistungen, wenn sie erfolgen, als eine gesetzliche Unterhaltspflicht im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG zu behandeln und beim Leistenden einen Abzug zuzulassen.
2. Steuerbefreiung für Mittelgewährung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG a) Bedürftigkeit des Empfängers Erstens stellt sich die Frage, ob die Steuerbefreiung der Mittelgewährung125 eine Bedürftigkeit des Empfängers voraussetzt. Die Position der Rechtsprechung, die dies verlangt, ist zutreffend. Sie trägt dem Konflikt zwischen erb________________________ 117 Kap. 7 I 2 b) aa) (S. 297 f.). 118 Kap. 8 I 4 (S. 315). 119 „Als Erwerb von Todes wegen gilt … 3. die sonstigen Erwerbe, auf die die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendung finden“. 120 Darauf verweist mit Recht J. P. Meincke, ErbStG, 13. Aufl. 2002, § 3 Rz. 71. 121 W. Edenhofer, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1939 Rz. 1. 122 So auch W. Edenhofer, in Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 1939 Rz. 1. 123 Ohnehin strikt gegen die Einbeziehung des § 1371 Abs. 4 BGB D. Leipold, in Rebmann/Säcker/Rixecker, Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 9 – Erbrecht, 3. Aufl., 1997, § 1939 Rz. 10 m. w. N. 124 S. etwa D. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 10 Rz. 170 (Stand März 1999). 125 Zum Begriff s. oben Kap. 7 I 2 b) vor aa) (S. 297).
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
schaftsteuerlichem Bereicherungsprinzip126 und dem Grundsatz der Chancengleichheit127 Rechnung. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm. Die Norm macht als Durchbrechung des Bereicherungsprinzips wenig Sinn, wenn man sie generell als Subvention von Humankapitalinvestitionen ansieht. Denn Investitionen in eigenes Humankapital rechnen sich für den Lernenden, wie die bei der Vorstellung des Humankapitalkonzepts dargestellten empirischen Erkenntnisse belegen.128 Es ist nicht ersichtlich, warum eine Form der lukrativen Geldanlage begünstigt werden sollte, andere aber nicht:129 Zwar besteht ein Allgemeininteresse an der Bildung, dem der Grundsatz der Förderung der Bildung Rechnung trägt.130 Die generelle Förderung von Humankapital hat aber gerade im erbschaftsteuerlichen Kontext den Nachteil, dass sie ein überaus einfaches Instrument der Steuerplanung darstellen würde und damit sozialstaatlichen Wertungen zuwiderliefe. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass die Steuerfreiheit das Ziel der vermehrten Investition in Humankapital signifikant fördern würde, wenn sie Zuwendungen zu Ausbildungszwecken an diejenigen steuerbefreit, die sich die Ausbildung ohnehin hätten leisten können. Die Privilegierung der Bildung erscheint aber sinnvoll, soweit sie der sozialstaatlich gebotenen131 Chanceneröffnung, die namentlich als Grundsatz zahlreichen sozialrechtlichen Regeln zugrunde liegt,132 dient.133 Dann aber bedarf es einer solchen Befreiung nur für diejenigen, die sich die Ausbildung ohne die Zuwendung nicht leisten könnten. Der Wortlaut „Zuwendung zur Ausbildung“ spricht nicht gegen ein solches Verständnis. Denn es lässt sich durchaus vorbringen, die Zuwendung werde nicht „zur Ausbildung“, sondern allein zur Mehrung des Vermögens gemacht, wenn der Bedachte sie sich ohnehin hätte leisten können.134 Das Gewicht des historischen Arguments, der Gesetzgeber habe die Bedürftigkeit durch das Erbschaftsteuergesetz 1919 gerade nicht mehr verlangt, ist nicht besonders groß. Denn erstens ist nicht ersichtlich, welche Zwecke der histo________________________ 126 127 128 129
130 131 132 133 134
Dazu Kap. 9 I 4 a) (S. 355 f.). Vgl. Kap. 9 III 2 (S. 377 f.). Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). Man könnte zwar an die Externalitäten der Bildung denken. Diese aber sind nur schwer nachweisbar, vgl. N. Barr, The Economics of the Welfare State, 3. Aufl. 1998, 339 ff. Kap. 9 III 3 (S. 378 ff.). Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.). Kap. 8 II (S. 316 ff.). Zur Chanceneröffnung im Kontext von Besteuerung s. schon Kap. 1 IV 5 (S. 59 ff.). So die Begründung der Rechtsprechung für ihre Position. Vgl. Kap. 7 I 2 b) bb) (S. 298 ff.).
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rische Gesetzgeber mit dieser Streichung verfolgte. Jedenfalls aber war die gewählte Lösung nicht in sich stimmig: Der Darlehenserlass war wesentlich weiter als die Mittelgewährung, so dass sich leichte Umgehungsmöglichkeiten boten. Zweitens konnte man bei den sehr strengen Anforderungen für die Mittelgewährung im Erbschaftsteuergesetz 1919 wohl typischerweise von einer Bedürftigkeit des Empfängers ausgehen. Drittens schließlich sind die Regeln drei Jahre später wiederum grundlegend umgestaltet worden, ohne dass die genaue Motivation des historischen Gesetzgebers ersichtlich wäre. Dann aber erscheint ein Gegenschlussargument zur Vorgängerregelung aus dem Erbschaftsteuergesetz 1906 nicht besonders stark.135 Vielmehr sprechen umgekehrt für diese Sichtweise die bei Einführung der Vorgängervorschrift im Reichserbschaftsteuergesetz diskutierten Beispielsfälle.136 Dieses Verständnis harmoniert auch mit der Steuerbefreiung für Unterhalt als anderem Tatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG. Denn dort wurde schon immer eine Bedürftigkeit des Empfängers gefordert.137 Die Aufnahme der Voraussetzung der Angemessenheit im Jahre 1919 diente hingegen nur der Klarstellung, welches Niveau der Unterhalt anstreben konnte, ob nur der notwendige oder aber der angemessene Unterhalt steuerfrei geleistet werden durfte.138 Das Auslegungsergebnis ist zudem im Zusammenspiel mit den Regeln über den Unterhalt stimmig. Der von der Schenkungsteuer nicht erfasste gesetzliche Unterhalt umfasst für die Kinder139 grundsätzlich auch den Ausbildungsbedarf. Die Steuerbefreiung für Mittelgewährung deckt nach der hier vertretenen Ansicht die Fälle ab, in denen kein Anspruch gegen die Eltern mehr besteht, etwa weil eine Zweitausbildung oder weil der Lernende nicht nach dem Gegenseitigkeitsprinzip die Ausbildung mit der gebotenen Zielstrebigkeit verfolgt hat,140 oder in denen Dritte für die Ausbildung zahlen. Gerade die überobligatorische Zahlung durch die Eltern sollte nach dem Gedanken der partizipierenden Steuerstaatlichkeit befreit werden.141 Denn die Zielstrebigkeit des Lernenden entzieht sich regelmäßig der staatlichen Kon________________________ 135 Im Übrigen ist seitdem das Erbrecht mehrfach stark umgestaltet worden, die Vorschrift ist aber unverändert geblieben, obwohl das hier zugrunde liegende Verständnis der Ansicht der herrschenden Auffassung entsprach, vgl. nur den sehr einflussreichen Kommentar von Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 73. 136 Dazu Kap. 7 I 2 b) aa) (S. 297 f.). 137 Vgl. nur L. Mirre, ErbStG 1919, § 42 Tz. 2; Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 72. 138 Vgl. Kap. 7 I 2 b) cc) (S. 302 f.). 139 Sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch für den (geschiedenen) Ehegatten (vgl. dazu Kap. 8 I [S. 311 f.]). 140 Selbstverständlich aber nicht mangels Bedürftigkeit. 141 Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.).
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
trolle, so dass an sie wegen der Informationsasymmetrie keine negativen Folgen geknüpft werden können, ohne dass die gleichmäßige Besteuerung gefährdet würde.142 Die Bedürftigkeit hingegen erscheint verifizierbar, da nur die Angabe erhoben werden muss, wie das Vermögen des Bedachten vor der Zuwendung der Ausbildungskosten beschaffen war. Die Gleichstellung der Leistungen Dritter ergibt sich direkt aus dem Gesetz. Ergebnis ist eine Wertungsparallelität zum Unterhaltsrecht, das Ausbildung grundsätzlich privilegiert,143 aber eben nur zugunsten Bedürftiger. b) Steuerbefreiung von Einmalzuwendungen Diese enge Auslegung eröffnet Spielräume zur Bejahung der Frage, ob auch Einmalzuwendungen steuerbefreit sein können.144 Auch hier ist zunächst eine Parallele zum Unterhaltsrecht herzustellen: Bei diesem besteht zwar grundsätzlich nur ein Anspruch auf laufende Zahlung, Ausnahmen sind aber durchaus möglich.145 Diesen sollte bei der Auslegung der Steuerbefreiung Rechnung getragen werden. Nicht ganz so eindeutig ist die Lage, soweit im Unterhaltsrecht in einer vergleichbaren Situation kein Anspruch auf eine Einmalzahlung bestünde. Hier gilt es die Parallelwertung zum Unterhaltsrecht abzuwägen gegen den Grundsatz der Chanceneröffnungsfunktion: So wird sich ein Lernender nicht unbedingt auf eine teure Ausbildungsmaßnahme einlassen, wenn die weitere Finanzierung vom freien Willen des Schenkers abhängt, der sich periodisch durch eine Zahlung aktualisieren muss. Vielmehr besteht ein Anreiz für ihn, sich in den Bereich der staatlichen Regelvorsorge zu begeben. Das spricht dafür, Einmalzuwendungen, die für die Eröffnung einer bestimmten Ausbildungsmöglichkeit erforderlich sind, generell der Steuerbefreiung unterfallen zu lassen. Das gegen die Ausdehnung von Einmalzahlungen vorgebrachte Argument der fehlenden Sicherung der Verwendung zu einem Ausbildungszweck146 überzeugt hingegen nicht. Zwar sollte man die theoretische gegebene Möglichkeit, bei nachträglichem Fortfall der Bedürftigkeit ein rückwirkendes Ereignis anzunehmen und damit eine anteilige Korrektur nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vorzunehmen, in der steuerstaatlichen Praxis nicht überschätzen. Denn das dürfte kaum verifizierbar sein und jedenfalls einen erheblichen Verwaltungsaufwand hervorrufen. Jedoch findet sich eine erste Sicherung bereits im zuvor dargelegten Erfordernis der Bedürftigkeit des Lernenden. ________________________ 142 143 144 145 146
Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.). Vgl. oben Kap. 8 I (S. 311 f.). Kap. 7 I 2 b) bb) (S. 298 ff.). Kap. 8 I 4 (S. 315). BFH v. 13.2.1985 II R 227/81, BStBl. 1985 II, 333. Dazu Kap. 7 I 2 b) bb) (S. 298 ff.).
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Weiterhin wird zu verlangen sein, dass die durch die Zuwendung ermöglichte Ausbildung bereits in konkreten Zügen feststeht. Dann aber hat es der Schenker in der Hand, bei einer Verwendung zu anderen als Ausbildungszwecken den geschenkten Betrag zurückzufordern.147 Das weitere Argument der Rechtsprechung, bei einer Erfassung von Einmalzahlungen drohe ein Konflikt mit dem Gleichheitssatz, da nicht mehr erklärbar sei, warum Zuwendungen von Todes wegen von der Steuerbefreiung nicht erfasst seien,148 überzeugt gleichfalls nicht. Denn die Rechtsprechung erkennt schon im Bereich des Unterhaltsrechts Durchbrechungen an, wenn von vorneherein feststeht, dass der Zuwendungsempfänger wegen seines hohen Alters und seiner Vermögenslosigkeit keine Aussicht mehr hat, Einkommen zu beziehen, und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse in Zukunft wesentlich verbessern können.149 Außerdem dürfte der vermeintliche Konflikt mit dem Gleichheitssatz nicht bestehen.150 Gegen diese Erweiterung auf Einmalzahlungen spricht schließlich auch nicht die Tatsache, dass eine Einmalzahlung bei § 33a Abs. 1 EStG und früher auch bei § 33a Abs. 2 EStG grundsätzlich keine Berücksichtigung finden kann.151 Denn diese Situation betrifft die Leistung von gesetzlich geschuldetem Unterhalt, so dass insoweit die hier für maßgeblich gehaltenen Unsicherheiten nicht in vergleichbarem Ausmaße bestehen. c) „Gemischte“ Zuwendungen Weiterhin wurde in der Bestandsaufnahme aufgezeigt, dass die Behandlung von Zuwendungen, die nur zum Teil eine Ausbildung des Bedachten ermöglichen sollen, im Übrigen aber zur freien Verfügung des Bedachten stehen, umstritten ist. Hier soll weder der gänzlichen Versagung der Steuerbefreiung gefolgt noch einer Aufteilung das Wort geredet werden. Gegen die Anwendung des § 13 Abs. 2 ErbStG spricht, dass die Norm ihrem Wortlaut gerade nicht auf Zuwendungen zum Zwecke der Ausbildung anzuwenden ist. Sie ist im Übrigen ungewöhnlich scharf und wird typischerweise unberatene Steuerpflichtige treffen, die die Zuwendung in einem Zug vornehmen, statt sie steuerunschädlich aufzuteilen und zuerst die Mittel zur Ermöglich der Aus________________________ 147 Aufgrund einer condictio ob rem, § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, wenn nicht gar eine auflösende Bedingung vereinbart wurde. Dass er das Recht möglicherweise nicht geltend macht, stellt keinen entscheidenden Einwand dar, da er auch bei einer periodischen Zahlung trotz Fortfalls der Voraussetzungen weiter zahlen könnte. 148 BFH v. 13.2.1985 II R 227/81, BStBl. 1985 II, 333. S. Kap. 7 I 2 b) bb) (S. 298 ff.). 149 BFH v. 13.8.1954 III 87/154, BStBl. 1954 III, 282. 150 Dazu sogleich Kap. 11 III 2 d) (S. 471 f.). 151 BFH v. 23.2.1994 X R 131/93, BStBl. 1994 II, 694.
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bildung zuzuwenden. Aber auch die Aufteilung erscheint unbefriedigend, weil sie den Ermöglichungszweck verfehlen dürfte: Werden dem Lernenden in großem Maße Mittel zugewandt, so kann er auf diese zurückgreifen und braucht die ihm im gleichen Zuge zugewandten Mittel zur Ermöglichung seiner Ausbildung nicht. Statt dessen erscheint eine analoge Anwendung von § 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ErbStG geboten. Denn wenn bei einem nachträglichen Erlass nicht jede überschießende Zuwendung die Anwendung der Befreiung ausschließt, ist dies angesichts der Chanceneröffnungsfunktion erst recht bei einer Zuwendung geboten, welche die Ausbildung erst möglich macht. Die Steuerbefreiung entfällt daher nur, soweit die Steuer aus der Hälfte des nicht zu Ausbildungszwecken bestimmten Teils gedeckt werden kann. d) Symmetrie der Erbschaft- und Schenkungsteuer? Ein weiteres Problem besteht darin, ob eine Symmetrie der Zuwendungen unter Lebenden und von Todes wegen zu verlangen ist. Das wird namentlich dann virulent, wenn man aus den dargelegten Gründen davon ausgeht, dass eine Steuerfreiheit von Zuwendungen zur Ausbildung des Bedachten auch bei Einmalzahlungen möglich ist. Raum für eine korrigierende Auslegung besteht allerdings in Anbetracht des klaren Wortlauts und der klaren Entstehungsgeschichte bei § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG nicht. Aber auch eine Verfassungswidrigkeit der Beschränkung auf Zuwendungen unter Lebenden ist nicht auszumachen. Die Differenzierung ist insbesondere mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Zwar dürfte ein Verstoß gegen das einheitliche Bereicherungsprinzip152 vorliegen, so dass von einer Ungleichbehandlung auszugehen ist. Jedoch hat dieses Prinzip nur ein geringes Gewicht und ist relativ leicht zu überwinden, soweit die Schenkungsteuerbelastung hinter der Erbschaftsteuerbelastung zurückbleibt.153 Zudem sind auf der Rechtfertigungsebene entsprechend der Neuen Formel nur geringe Anforderungen an die Prüfungsintensität zu stellen. Denn es liegt keine Ungleichbehandlung vor, die an das „So-Sein“ von Personen anknüpft.154 Auch grundrechtlich geschützte Freiheiten sprechen nicht für eine intensivere Prüfung, weil es hier nicht um die Zufügung eines Nachteils, sondern um die Gewährung eines Vorteils geht.155 Diesen geringen Anforderungen genügt der sachliche Grund, der in der vom historischen Gesetzgeber bei erstmaliger Ein________________________ 152 153 154 155
Vgl. Kap. 9 I 4 a) a. E. (S. 355 f.). Vgl. dazu schon Kap. 9 I 4 a) a. E. (S. 355 f.). Dazu Kap. 9 I 4 b) (S. 356 ff.). Kap. 9 I 4 b) (S. 356 ff.).
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Subsystem der altruistischen Investitionen
führung der Norm angenommenen unterschiedlichen Möglichkeit einer Verifikation liegt.156 Das ist nicht unplausibel, sind doch testamentarische Verfügungen zu eröffnen, § 2260 BGB; in diesem Falle hat eine Mitteilung an das zuständige Finanzamt, § 7 ErbStDV zu erfolgen. An dieser Möglichkeit fehlt es demgegenüber jedenfalls bei einer Handschenkung.157 Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber von einer unterschiedlichen Möglichkeit einer Verifikation ausging. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz besteht daher nicht.158 e) Erweiterung rechtspolitisch opportun Freilich verlangt der für die Auslegung der Norm für maßgeblich erachtete Gedanke der Chanceneröffnungsfunktion eine Ausdehnung auch auf Zuwendungen von Todes wegen, wenn die übrigen Tatbestandsmerkmale, also insbesondere die – nach denselben Maßstäben wie bei Einmalzuwendungen unter Lebenden zu bestimmende – Bedürftigkeit des Empfängers, erfüllt sind. Rechtspolitisch ist die Beschränkung auf Zuwendungen unter Lebenden daher, wie in den wissenschaftlichen Beiträgen überwiegend vertreten,159 verfehlt. Es sollte eine Erweiterung auch auf Zuwendungen von Todes wegen beschlossen werden. Dafür spricht im Übrigen auch, dass bei der ursprünglich als Ergänzung konzipierten Norm des § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG auch Zuwendungen von Todes wegen befreit sind.
3. Darlehenserlass a) Schuld ursprünglich zwischen Zuwendendem und Lernendem Beim Darlehenserlass wird bisweilen auf das Erfordernis verzichtet, dass die Schuld ursprünglich zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten begründet sein musste. Eine entgegenstehende Sicht wird schroff als „unbegründete Engherzigkeit“160 abgelehnt. Freilich hat sich das Feld seither gewandelt durch ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz.161 Danach soll die Befreiung von einer Drittschuld nicht unter die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG fallen. Wür________________________ 156 Kap. 7 I 2 b) cc) (S. 302 f.). 157 Für beurkundete Schenkungen s. aber § 8 ErbStDV. 158 Damit ist nicht gesagt, dass in besonders gelagerten Fällen keine sachliche Unbilligkeit vorliegen könnte, die zum Erlass nach §§ 163, 227 AO führen würde. 159 Vgl. nur R. Kapp, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rz. 106 (Stand Januar 1989); M. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz. 136 (Stand Oktober 2003); R. Petzold, ErbStG, 2. Aufl. 1986, § 13 Rz. 46. A. A. Herrmann/Michel, in H. Wilms (Hrsg.), ErbStG, § 13 Rz. 87. 160 So Th. Kipp, ErbStG 1925, 1927, § 18 Tz. 47. 161 FG RP v. 3.7.1997 4 K 1966/96, DStRE 1997, 769 = DStRE 1997, 821 (!) – rkr.
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Erbschaft- und Schenkungsteuer
de man nun den Erlass einer von einem Dritten erworbenen Forderung für § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ausreichen lassen, so ergäbe sich ein schwerer Wertungswiderspruch: Worin liegt der Unterschied in der Leistungsfähigkeit zwischen einem Bedachten, dem seine Schuld getilgt wird, und demjenigen, dessen Forderung zunächst vom Zuwendenden – wohlmöglich gar mit Blick auf den späteren Erlass – erworben und dann erlassen wird?162 Zur Beseitigung des aufgezeigten Wertungswiderspruchs gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen gibt es die „engherzige Ansicht“, also die Beschränkung des § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG auf ursprünglich zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten bestehende Schulden. Zum anderen könnte man umgekehrt die Rechtsprechung des Finanzgerichts ablehnen und eine Erweiterung des § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG fordern. Allerdings wird man in der nachträglichen Überlassung der zur Tilgung erforderlichen Mittel kaum noch eine Gewährung von Mitteln zur Ausbildung sehen können. Die Erweiterung der Norm ließe sich daher nur im Wege einer Analogie erreichen. Das jedoch wäre mit dem Zweck der Norm, eine Ergänzung aus Billigkeitsgründen zur direkten Schenkung der Mittel zu gewährleisten, nicht vereinbar. Denn bei der nachträglichen Tilgung geht es nicht mehr um das soziale Ziel der Eröffnung von Bildungschancen, die im konkreten Falle ja schon genutzt sind. Vielmehr tritt der Vermögenstransfer in den Vordergrund. Warum aber ein verschuldeter Inhaber von Humankapital steuerfrei bedacht werden können soll, ein verschuldeter Häuslebauer oder Familienvater hingegen nicht, ist nicht ersichtlich. Daher erscheint die Beseitigung des Wertungswiderspruches über die vermeintlich „engherzige“ Lösung geboten. Steuerfrei ist daher entgegen der wohl herrschenden Ansicht in der Literatur nur der Erlass solcher Forderungen, die von Anfang an zwischen dem Bedachten und dem Erlassenden bestanden haben oder im Wege der Universalsukzession auf ihn übergegangen sind.163
________________________ 162 Bei einem solchen Verständnis droht wegen der überaus einfachen Umgehung der Effekt einer Besteuerung allein der unkundigen Unberatenen, mithin eine „Dummensteuer“. 163 Dagegen lässt sich auch nicht vorbringen, dass dann statt der Tilgung einfach der an einer Zuwendung Interessierte mit dem Gläubiger im Wege eines entgeltlichen Vertrages zugunsten Dritter einen Erlass der Forderung vereinbaren kann. Denn das wäre keine Zuwendung des Erlassenden, sondern des Zuwendenden, so dass die Steuerfreiheit nach wie vor am fehlenden ursprünglichen Schuldverhältnis scheitern würde. Eine wichtige Barriere gegenüber möglichen Umgehungen liegt im Übrigen im oben erwähnten Erfordernis, dass die erlassene Schuld schon zur Ausbildung begründet sein musste, vgl. Kap. 7 I 2 b) cc) (S. 302 f.).
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Subsystem der altruistischen Investitionen
b) Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit Gegen die Norm bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie stellt zwar eine Durchbrechung des Bereicherungsprinzips dar, weil die Befreiung von der Schuld gegenüber dem Zuwendenden den Empfänger bereichert. Den geringen Anforderungen an eine Rechtfertigung164 genügt aber die sozialstaatliche Motivation zweifellos.
IV. Zusammenfassung 1. a) Bei der Einkommensteuer ist de lege lata die Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge und der Sonderausgaben ganz generell bei Ermittlung der schädlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes unschädlich, weil über § 33a Abs. 1 EStG ein verfassungsmäßiger Zustand sichergestellt wird. De lege ferenda sollten die Sonderausgaben bei Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden können. b) Der Schulgeldabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist verfassungskonform. Die Beschränkung auf inländische Schulen verstößt allerdings gegen die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages. Die Vorschrift ist de lege ferenda zu streichen. c) Die Berufsausbildung des Ehegatten ist gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG trotz der Neufassung im Ergebnis weitgehend unverändert geblieben. d) Die Kostenübernahme führt beim Lernenden, wenn sie in wiederkehrender Form erfolgt, grundsätzlich zu steuerbaren Einkünften; daran ändert das Prinzip der Besteuerung des Markteinkommens nichts. Die Steuerbefreiungen stellen sich zumeist als konsequente Fortführung außersteuerlicher Normen dar, so dass eine Besteuerung systemwidrig wäre; etwaige Kritik an der Berechtigung der Zuwendung von Vorteilen hat sich gegen diese „Ausgangsnormen“ zu richten. Der Begriff der Leistungen aus öffentlichen Mitteln erfasst grundsätzlich auch Leistungen anderer EG-Staaten. e) Die Integration von staatlicher Ausbildungsförderung mit der steuerlichen Berücksichtigung beim Kostenträger erscheint gelungen. 2. Bei der Umsatzsteuer ist de lege lata die Steuerbarkeit der aus Mitteln der Arbeitsförderung an den Arbeitgeber zugewandten Zuschüsse nicht zu beanstanden. De lege ferenda ist mit Blick auf den Verbrauchsteuergedanken eine Freistellung von Umsatzsteuerbelastung geboten. ________________________ 164 Vgl. Kap. 9 I 4 b) (S. 356 ff.).
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Zusammenfassung
3. Im Rahmen der Erbschaftsteuer unterliegen die Zahlungen an Stiefabkömmlinge nach § 1371 BGB nicht der Erbschaftsteuer. Sie sind vielmehr als Leistungen gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person zu bewerten. Die Steuerbefreiung von Zuwendungen unter Lebenden zur Ausbildung nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG setzt die Bedürftigkeit des Empfängers voraus. Einmalzuwendungen können dieser Steuerbefreiung unterfallen. Für gemischte Zuwendungen ist § 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ErbStG analog anzuwenden. Die Beschränkung auf Zuwendungen unter Lebenden ist nicht verfassungswidrig, sollte aber de lege ferenda korrigiert werden. Die Steuerbefreiung des Darlehenserlasses nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG setzt voraus, dass die Schuld zwischen dem Lernenden und dem Erlassenden zur Ermöglichung einer Ausbildung begründet wurde.
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Kapitel 12: Subsystem der indirekten Förderung „Wenn Du es sehr eilig hast, mache einen Umweg.“ Chinesisches Sprichwort
Als letztes Subsystem werden in diesem Kapitel nunmehr die Normen, die eine indirekte Förderung von Humankapitalinvestitionen bezwecken, unter die Lupe genommen. Die Steuerbefreiungen der Umsatzsteuer als wirtschaftlich bedeutsamste Normen, die herkömmlich der indirekten Förderung von Humankapitalinvestitionen zugeschrieben werden, wurden freilich bereits zum Teil als unvollkommene Fiskalzwecknormen enttarnt.1 Damit rechnen zur indirekten Förderung – neben dem Bereich bei der Umsatzsteuer, der nicht berufsspezifisches Wissen betrifft – nur die Steuerbefreiungen von gewerblichen Unterrichtseinrichtungen bei der Gewerbesteuer und die Anerkennung der Bildung im Gemeinnützigkeitsrecht.
I. Gewerbesteuer 1. Überschießende Richtlinienumsetzung Die Norm des § 3 Nr. 13 GewStG ist weniger wegen ihrer praktischen Bedeutung, als vielmehr unter methodischen Gesichtspunkten interessant. In ihr liegt wegen der europarechtlichen Harmonisierung der Umsatzsteuer mittlerweile2 eine sogenannte „überschießende Richtlinienumsetzung“.3 Die nicht harmonisierte gewerbesteuerliche Norm verweist auf die harmonisierte und damit europarechtskonform auszulegende Norm des § 4 Nr. 21 UStG. Damit gilt an sich die Vermutung für eine richtlinienkonforme Auslegung auch dieser überschießenden Norm.4 Die Erkenntnis, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie für Humankapitalinvestitionen und mithin die diese umsetzenden nationalen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes nicht besonders eng auszulegen sind, wäre demnach grundsätzlich auch auf die gewerbesteuerliche Norm zu übertragen. Die Vermutung wird aber im konkreten Fall aufgrund der Unterschiede zwischen den Funktionen der Normen im Umsatzsteuerrecht und im Gewerbs________________________ 1 2 3 4
Kap. 10 III 2 (S. 422 ff.). Zur Zeit der Einführung der Norm im Jahre 1971 war die 6. Richtlinie noch nicht in Kraft getreten (wohl aber die 1. und 2. Mehrwertsteuerrichtlinie). Zum Problem s. Kap. 3 II 1 b) bb) (S. 98 f.). Kap. 3 II 1 b) bb) (S. 98 f.).
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Gewerbesteuer
teuerrecht widerlegt. Denn im Umsatzsteuerrecht ist die Steuerbefreiung eine durch die Neutralität der Mehrwertsteuer gebotene Entlastungsnorm und daher systemkonform.5 Bei der Gewerbesteuer liegt hingegen keine Fiskal-, sondern eine Sozialzwecknorm vor. Die Entlastung greift hier zudem unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung des Aufwands beim Kostenträger ein – eine Rückwirkung wie beim umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug fehlt. Es kann somit auch zu einer Kumulation der Entlastungen kommen, indem Kosten beim Anbieter keiner Gewerbesteuer unterliegen, beim Kostenträger aber als Betriebsaufwand den Gewerbeertrag und damit die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer mindern. Die Norm dient daher allein dem Sozialzweck der Entwicklung eines „modernen, den bildungspolitischen Anforderungen unserer Zeit genügenden Privatschulwesens“.6 Die Auswirkungen lassen sich anhand des Problems der Versagung der gewerbesteuerlichen Befreiung beim Besitzunternehmen illustrieren.7 Einige Stimmen in der wissenschaftlichen Literatur stellen hier bekanntlich darauf ab, dass das Besitzunternehmen dem Bildungszweck nicht unmittelbar dient.8 Würde nun die Vermutung der richtlinienkonformen Auslegung greifen, dann wäre die Unmittelbarkeit aber gerade das falsche Kriterium. Denn in der Richtlinie wird gerade kein unmittelbarer Zusammenhang gefordert, sondern nur ein enger. Darunter ließe sich die Leistung des Besitzunternehmens an das Betriebsunternehmen möglicherweise subsumieren. Dagegen spräche zwar, dass Besitz- und Betriebsunternehmen zwei Unternehmen sind und sich die Steuerbefreiungen grundsätzlich nicht auf die Eingangsleistungen auswirken. Man könnte aber erwidern, dass keine überzogenen Anforderungen an die Nähe des Zusammenhangs gestellt werden dürften.9 Diese Schwierigkeiten vermeidet die hier vertretene Widerlegung der Vermutung einer richtlinienkonformen Auslegung. Zum gleichen Ergebnis würde im Übrigen auch der Ansatz der Rechtsprechung10 führen: Sie verneint die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung mit Hinweis darauf, dass das Besitzunternehmen keine Schule oder entsprechende Einrichtung sei. Diese ________________________ 5 6 7 8
Dazu oben Kap. 10 III 2 (S. 422 ff.). So seinerzeit BT Drucks. VI/1844. Hierzu schon Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.). D. von Twickel, in Blümich, § 3 GewStG Rz. 75 (Stand März 2000); H.-W. Stäuber, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 3 Nr. 13 Rz. 55e (Stand Januar 2000); S. Woring, in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, GewStG, 1989, § 3 Rz. 55 a. E. 9 Zudem könnte man anführen, auch der Grundsatz der Neutralität spreche dagegen, der fehlenden Integration belastungserhöhende Auswirkungen zuzuschreiben. Das freilich ist die – vielfach kritisierte – Konsequenz der Versagung des Vorsteuerabzugs bei bestimmten steuerbefreiten Umsätzen. 10 Zu § 3 Nr. 13 GewStG: BFH vom 12.11.1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362. S. auch die Nachweise in Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.), dort Fn. 94.
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Subsystem der indirekten Förderung
Begründung zieht den Einleitungssatz heran, der gerade kein überschießendes Richtlinienrecht darstellt. Daher greift, obwohl er insoweit mit § 4 Nr. 21 UStG wortgleich ist, die Vermutung einer richtlinienkonformen Auslegung als solche nicht.11 Das Problem stellt sich damit als ein rein innerstaatliches dar. Dann kann ungehemmt teleologisch ausgelegt werden und der abweichenden Funktion, aber auch dem unterschiedlichen systematischen Kontext der wortgleichen Norm in den beiden Steuerarten Rechnung getragen werden.
2. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit Gegen die Norm des § 3 Nr. 13 GewStG bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Sie durchbricht zwar das Leistungsfähigkeitsprinzip, da keine signifikanten Unterschiede in der Leistungsfähigkeit von Gewinn erwirtschaftenden Privatschulen einerseits und anderen Gewerbebetrieben mit gleich hohem Gewinn andererseits ersichtlich sind. An eine Rechtfertigung dieser Begünstigung sind aber, weil weder personenbezogene Nachteile vorliegen noch die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten erschwert wird – für die Begünstigten wird sie im Gegenteil erleichtert, für die anderen Gewerbetreibenden mag sie allerhöchstens als bloßer Reflex zu einer geringfügigen Erhöhung der von ihnen zu tragenden Steuerlast führen – keine allzu großen Anforderungen zu stellen. Der Zweck der Norm, den Aufbau eines leistungsfähigen Privatschulwesens ermöglichen, reicht daher für eine Rechtfertigung der Norm aus.
3. Rechtspolitische Fragwürdigkeit Von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit unberührt ist allerdings die rechtspolitische Fragwürdigkeit der Norm. Die Norm sieht eine pauschale Subvention vor, die mit der Systematik der Gewerbesteuer nichts zu tun hat. Sie kann aber auch nicht durch außerhalb der Gewerbesteuer liegende Prinzipien gerechtfertigt werden. Insbesondere überzeugt die Begründung des seinerzeitigen Gesetzesentwurfes nicht, die Norm diene stehe der Entwicklung eines „modernen, den bildungspolitischen Anforderungen unserer Zeit genügenden Privatschulwesens im Wege“.12 Durch die Gewerbesteuer ________________________ 11 Eine Formulierung, die vollumfassend eine überschießende Richtlinienauslegung darstellen würde, wäre durchaus möglich, wenngleich auch etwas weniger elegant: „Schulen und Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG, soweit ihre Leistungen nach dieser Norm von der Umsatzsteuer befreit sind.“ 12 Vgl. Kap. 7 II 3 (S. 306 ff.).
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Gemeinnützigkeitsrecht
werden, wie durch jede Steuer, Substitutionseffekte ausgelöst.13 Warum diese gerade in Bezug auf gewerbliche Unternehmen im Bildungsbereich schwerer erträglich sein sollen als andere, vermag nicht einzuleuchten. Jedenfalls kann dafür der Grundsatz der Förderung der Bildung14 nicht herangezogen werden: Das Ausmaß der Subvention (in Form der Befreiung von der Gewerbesteuer) bestimmt sich nach dem Gewinn. Je höher der Gewinn, desto höher der Wert der Steuerbefreiung. Inwieweit aber ein Zusammenhang besteht zwischen erzieltem Gewinn und für staatlicherseits als förderungswürdig erachteter Bildung besteht, liegt zumindest nicht auf der Hand. Die objektive Feststellungslast obliegt jedenfalls den Advokaten des Systembruchs.15
II. Gemeinnützigkeitsrecht Gegen die Berücksichtigung der Bildung beim Gemeinnützigkeitsrecht bestehen – im Gegensatz zu einigen anderen als Förderung der Allgemeinheit enumerierten Zwecken16 – keine verfassungsrechtlichen oder rechtspolitischen Bedenken. Sie stellt sich vielmehr als Ausprägung des Prinzips der Förderung der Bildung17 dar und ist daher systemkonsequent.
III. Zusammenfassung Die Steuerbefreiungen bei der Gewerbesteuer sind zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, gegen sie sprechen aber – anders als gegen die Privilegierung der Bildung im Gemeinnützigkeitsrecht – durchschlagende rechtspolitische Gründe.
________________________ 13 Kap. 1 IV 1 (S. 44 ff.). 14 Kap. 9 III 3 (S. 378 ff.). 15 Im Übrigen liegt in der Anknüpfung an den Gewinn ein erheblicher Unterschied zur Förderung der nicht berufsspezifischen Bildung bei der Umsatzsteuer, bei der es auf den Wert der Ausgangsleistung ankommt und damit unmittelbar auf die erbrachten Bildungsleistungen, vgl. Kap. 10 III 2 b) (S. 424 f.). Dasselbe gilt auch für die Maßnahmen der indirekten Förderung nach § 248 SGB III, dazu Kap. 8 II 2 a) dd) (S. 322 f.). 16 Vgl. nur K. Tipke, StuW 1989, 165 ff. 17 Kap. 9 III 3 (S. 378 ff.).
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Kapitel 13: Integration der Subsysteme „Eine intellektuelle Funktion in uns fordert Vereinheitlichung, Zusammenhang und Verständlichkeit von jedem Material der Wahrnehmung oder des Denkens, dessen sie sich bemächtigt, und scheut sich nicht, einen unrichtigen Zusammenhang herzustellen, wenn sie infolge besonderer Umstände den richtigen nicht erfassen kann.“ Sigmund Freud, Totem und Tabu.1
Die Subsysteme der egoistischen Investitionen, der altruistischen Investitionen und der indirekten Förderung sind in den vorangegangenen drei Kapiteln auf ihre Systemkonformität untersucht worden. Dieses Kapitel betrachtet nunmehr die drei Subsysteme gleichzeitig und untersucht ihr Zusammenspiel. Es entwickelt dazu zunächst einen im Wesentlichen einheitlichen Begriff der Berufsausbildung, der auf alle Normen Anwendung finden kann, die ihn enthalten (I). Danach werden die Interaktionen zwischen den Normen über die egoistischen Investitionen einerseits und altruistischen Investitionen andererseits erarbeitet und de lege ferenda eine Integration der altruistischen Fremdinvestitionen und der Sozialzwecknormen mit der Besteuerung der Eigeninvestitionen vorgeschlagen (II).
I. Begriff der Ausbildung Der Begriff der Ausbildung bzw. der Berufsausbildung findet sich an verschiedenen Stellen im Steuerrecht: Er tritt in § 3 Nr. 2, 11 und 44 EStG ebenso auf wie in §§ 32 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 S. 1; 33a Abs. 1 und 2 EStG und in § 3 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 12 ErbStG, neuerdings aber auch in §§ 10 Abs. 1 Nr. 7 und 12 Nr. 5 EStG. Für den Kinderfreibetrag befindet sich, wie in der Bestandsaufnahme dargelegt, in der Ausbildung, wer sein Ausbildungsziel noch nicht erreicht hat und sich ernstlich darauf vorbereitet.2 Die Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten, wie sie bei den Erwerbsaufwendungen gezogen wird, ist nach der Rechtsprechung nicht entscheidend.3 Für die Bestimmung des Begriffs für die Steuerbefreiungen im Einkommenund im Erbschaftsteuerrecht soll es hingegen nach weitgehend einhelliger Auffassung der wissenschaftlichen Literatur, und zwar auch soweit sie nach ________________________ 1 2 3
S. Freud, Totem und Tabu, in ders., Gesammelte Werke IX, 1996, 1, 117. Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.).
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Begriff der Ausbildung
der Wende in der Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Aus- und Fortbildungskosten bei den Erwerbsaufwendungen publiziert wurde, auf eben diese Abgrenzung ankommen.4 Diese Übertragung der Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten erscheint freilich wenig ratsam: Zunächst vernebelt der Hinweis, den Begriff „in Einklang mit dem Einkommensteuerrecht“ bestimmen zu wollen, mehr als dass er Klarheit schafft, gibt es doch dort gerade die zwei divergierenden Begriffsverständnisse. Die Anknüpfung an die für (egoistische) Eigeninvestitionen entwickelten Kategorien ist weiterhin mit zahlreichen schwerwiegenden Nachteilen verbunden: Die Rechtsprechung zu den Erwerbsaufwendungen hat erstens in leidvoller Weise gezeigt, dass die Abgrenzung zwischen den beiden Kategorien streitbefangen und im Ergebnis wenig klar ist.5 Zweitens können selbst diese Ergebnisse nicht ohne Weiteres verwertet werden, weil die Interessenlage des Steuerpflichtigen gegenüber dem früheren Regelfall umgekehrt ist: Er wäre an einem weiten Verständnis der Berufsausbildung interessiert. Ob der zwischen Aus- und Fortbildung errichtete Deich aber auch einer Klageflut aus genau entgegengesetzter Richtung gewachsen wäre, ist keinesfalls sicher. Das zeigen schon die Folgen der Informationsasymmetrie: Das Verlangen, Ausbildung anzunehmen, kann den Steuerpflichtigen dazu (ver-)führen, seine Fortschritte „kleinzureden“ und einen Zusammenhang mit einer späteren steuerbaren Tätigkeit in weite Ferne zu stellen. Das wird von der Finanzverwaltung nicht immer nachprüfbar sein. Drittens drängt die Übertragung der geänderten Rechtsprechung auf diese Abgrenzung, die nunmehr zutreffenderweise auf den Veranlassungszusammenhang abstellt, die Steuerbefreiungen stark zurück. Das aber ist mit dem intendierten Ziel der Förderung der Ausbildung kaum vereinbar. Über diese Nachteile hinaus stört, dass der Begriff für die verschiedenen Konstellationen uneinheitlich gehandhabt wird. Getreu dem Anliegen dieser Arbeit, ein System der Besteuerung von Humankapitalinvestitionen herauszuarbeiten, soll im Folgenden untersucht werden, ob ein einheitliches Verständnis möglich ist.6 Eine systemhafte Bestimmung des Bedeutungsgehalts muss daher zuerst die Fixpunkte aufdecken. Erster Ausgangspunkt dafür ist die Begriffsbestim________________________ 4 5 6
Vgl. die Nachweise im Zweiten Teil. Kap. 4 III (S. 133 ff.). Eine einheitliche Auslegung von Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Nr. 2 lit a EStG und § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG nahm das FG Hessen vom 2.4.2001 9 K 4334/99, EFG 2001, 1028 (aufgehoben durch BFH vom 26.6.2003 VI R 67/01, HFR 2004, 216) an. Wenngleich die Aufhebung zu Recht erfolgte, ist die in der Entscheidung zum Ausdruck kommende Sehnsucht nach einem Gleichlauf dennoch bezeichnend.
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Integration der Subsysteme
mung nach den Normen über den Kinderfreibetrag. Dieser dient der Verwirklichung des subjektiven Nettoprinzips. In pauschaler Weise trägt er der Belastung der Eltern durch den Unterhalt für das Kind Rechnung. Zwar ist es zulässig, wenn der Gesetzgeber über das zivilrechtlich geschuldete Maß hinaus auch den Unterhalt etwa für eine Zweitausbildung oder eine nicht hinreichend zielstrebig verfolgte Erstausbildung pauschal leistungsfähigkeitsmindernd berücksichtigt, ja erscheint für einen sich seiner Ignoranz bewussten Steuerstaat sogar ratsam. Umgekehrt jedoch darf der Steuergesetzgeber die zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung nicht in typischen Fällen ignorieren. Das aber würde er tun, wenn er auf die Abgrenzung bei den Erwerbsaufwendungen zwischen Aus- und Fortbildungskosten abstellte, um den Begriff der Berufsausbildung nach Kindergeldrecht zu bestimmen. Daher erweist sich, dass die Berufsausbildung, solange der zivilrechtlich geschuldete Unterhalt nicht anders bestimmt wird, eigenständig und unabhängig von den Begriffen der Aus- und Fortbildungskosten bei den Erwerbsaufwendungen zu bestimmen ist. Der Rechtsprechung ist in diesem Punkt zuzustimmen. Der zweite Ausgangspunkt liegt in der geänderten Rechtsprechung bezüglich der Abgrenzung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten bei den Erwerbsaufwendungen. Diese ist nachdrücklich zu billigen. Zur alten Grenzziehung führt jenseits der unsystematischen Korrektur durch den Gesetzgeber kein Weg zurück. Die beiden Ausgangspunkte liefern einen Ansatz für die zutreffende Bestimmung des Begriffes der Ausbildung bei den Steuerbefreiungen. Die Steuerbefreiungen betreffen, anders als die stets7 egoistisch motivierten Eigeninvestitionen, jeweils Fälle der altruistischen Fremdinvestitionen. Sie stehen damit dem Fall des Kinderfreibetrages, der gleichfalls altruistische Fremdinvestitionen betrachtet, erheblich näher. Eine genauere Betrachtung ergibt sogar, dass etwa im Fall der Schenkungsteuerbefreiung der Schenker dem Beschenkten noch ferner stehen kann als beim Kinderfreibetrag. Ein solcher Fall des reinen, von eigenen Interessen befreiten Altruismus hat dem historischen Gesetzgeber sogar bei der Einführung der Norm als Leitbild gedient. Dann aber sollte man die Begriffe auch in Einklang mit dieser Norm und nicht mit den Erwerbsaufwendungen bestimmen. Dieses Verständnis ist auch mit den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers, soweit sie ersichtlich sind,8 vereinbar. Freilich könnte man nun erstens zutreffenderweise einwenden, dass § 3 Nr. 44 EStG gerade eine Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung ________________________ 7 8
Zumindest, wenn man die ökonomische Theorie der Nutzenmaximierung als Maßstab der individuellen Entscheidung für eine taugliche Wiedergabe der Realität hält. Dazu Kap. 7 I 2 b) aa) (S. 297 f.).
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Begriff der Ausbildung
voraussetzt. Denn in § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. c EStG wird eine besondere Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Förderung der Fortbildung geschaffen. Diese ist, selbst wenn man sie für rechtspolitisch verfehlt ansieht, bei der induktiven Findung des Systems beachtlich. Jedoch liefert die Norm kein schlagendes Gegenargument: Denn auch wenn man das Vorliegen von Ausbildung, wie hier befürwortet, so lange annimmt, wie der Lernende sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet, verbleibt noch Raum für die reine Fortbildung: Diese ist sicher dann anzunehmen, wenn einmal erworbenes Wissen wiederholt oder auf den neuesten Stand gebracht wird. Aber auch eine punktuelle Vertiefung des Wissens, die keine neuen Berufsziele erschließt, ist als Fortbildung zu werten. Das Verständnis von Berufsbildung als Humankapital ermöglicht im Übrigen, eine Parallele zur Abgrenzung zwischen Herstellungskosten9 und Erhaltungsaufwand zu ziehen. Ein zweiter Einwand gegen dieses Verständnis könnte darin liegen, dass ein steuerfreier Erwerb durch Schenkung zu Ausbildungszwecken immer noch einen Abzug als Erwerbsaufwendung ermöglicht. Das steht im Gegensatz zur Situation, wenn ein nach § 3 EStG steuerbefreiter Zufluss vorliegt, der dann nach § 3c Abs. 1 EStG das Vorliegen von Erwerbsaufwendungen hindert. Allerdings handelt es sich bei der angesprochenen Konstellation um eine durchaus konsequente Folgerung aus dem Schenkungsteuerrecht: Im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern wird bei einer Schenkung unter Ausnutzung der Freibeträge gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ein Abzug von Erwerbsaufwendungen durch das Kind nicht verhindert. Durch das Erfordernis der Bedürftigkeit des Empfängers erhöht die Steuerbefreiung den Rahmen des steuerfrei zu Übertragenden regelmäßig nicht. Die Steuerbefreiung gewinnt ihre wahre Bedeutung also in den Fällen, in denen ein außenstehender Dritter dem Empfänger eine Ausbildung ermöglicht. Dadurch, dass dem Kind in dieser Situation der Abzug der aus dem geschenkten Betrag bestrittenen Erwerbsaufwendungen ermöglicht wird, wird also nur die Situation erreicht, die im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern aufgrund des Freibetrages ohnehin gilt. Dieser Bruch ergibt sich aus dem Nebeneinander von Erbschaft- und Einkommensteuer. Er ist hinzunehmen. Freilich lässt sich ein dem zweiten Einwand verwandtes drittes Gegenargument anführen: Nimmt man an, dass die Steuerbefreiungen in § 3 Nr. 11 und Nr. 44 EStG deklaratorisch sind und schon gar keine steuerbaren Einnahmen vorliegen, so könnte sich die Unanwendbarkeit des § 3c EStG ergeben. Das ________________________ 9
Mangels Übertragbarkeit (vgl. Kap. 1 I 3 b) (S. 22 f.)) scheidet ein Vergleich mit Anschaffungskosten selbstverständlich aus.
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Integration der Subsysteme
daraus resultierende Problem lässt sich anhand des folgenden Beispiels erhellen: Ein Jurist plant eine fürwahr steile Karriere in einer Großkanzlei. Nach kurzer Berufstätigkeit erkennt er die Notwendigkeit einer Promotion. Er bewirbt sich daher erfolgreich um ein Promotionsstipendium. Nimmt man an, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG nur deklaratorisch ist, weil die Einkünfte nicht am Markt erwirtschaftet und daher schon gar nicht steuerbar sind, dann ist zweifelhaft, ob § 3c EStG Anwendung findet.10 Ist das abzulehnen, kann er möglicherweise die Kosten der Promotion als Erwerbsaufwendungen geltend machen, obwohl ihm zur Deckung u. a. eben dieses Aufwands ein steuerfreies Promotionsstipendium zugeflossen ist. Aber auch dieses Bedenken erweist sich nicht als zwingend. Denn die Möglichkeit einer solchen Doppelbegünstigung ist, wenn man sie theoretisch für möglich hält, ohnehin in § 3 Nr. 44 EStG angelegt, da die Norm nach ihrem Wortlaut auch auf Stipendien für die Fortbildung Anwendung findet. Es würde also kein neues Problem geschaffen, sondern ein vorhandenes nur auf andere Steuerbefreiungen ausgedehnt. Dieses lässt sich im Übrigen ohne weiteres für die geschilderten doppelt veranlassten Maßnahmen dadurch lösen, dass man § 3c EStG analog anwendet.11 Daher erscheint es geboten, den Begriff der Ausbildung für alle altruistischen Fremdinvestitionen grundsätzlich einheitlich zu verstehen. Danach befindet sich in Ausbildung, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat und sich ernstlich darauf vorbereitet. Auf die Zuordnung zu den für die Eigeninvestitionen entwickelten Kategorien der Aus- und Fortbildung kommt es hingegen nicht an. Noch weiter gehend lässt sich dieses Verständnis prinzipiell auf die Eigeninvestitionen übertragen:12 Auch der Begriff der Berufsausbildung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist im dargelegten Sinne zu verstehen. Die früher einander wechselseitig ausschließenden Kategorien überschneiden sich damit. Das stimmt mit der dogmatischen Konstruktion des Bundesfinanzhofes seit der Änderung der Rechtsprechung im Jahre 2002 überein, wonach Überschneidungen zwischen den beiden Begriffen denkbar seien, wobei dann die ________________________ 10 Dagegen etwa H.-J. von Beckerath, in KSM, EStG, § 3c Rz. B 89 (Stand Oktober 1988). 11 Grundsätzlich für eine analoge Anwendung des § 3c EStG auf nicht steuerbare Einnahmen auch J. Lang, in TL, § 9 Rz. 290. 12 Für einen unterschiedlichen Begriff aber etwa BFH v. 9.6.1999 VI R 92/98, BStBl. 1999 II, 708. Das soll auch nach der Änderung der Rechtsprechung zur Abgrenzung bei den Erwerbsaufwendungen im Jahre 2002 noch gelten, so BFH vom 10.12.2003 VIII B 151/03, juris unter Hinweis darauf, dass der Begriff in den beiden Bereichen unterschiedlichen Zwecken diene. Für eine Trennung der Begriffe auch BMF v. 4.11.2005 IV C8 – S 2227 – 5/05, BStBl. 2005 I, 955 Tz. 4.
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Zuordnung zu den Erwerbsaufwendungen Vorrang habe.13 Allerdings unterfallen zur Lösung der durch den Wegfall der Weiterbildungsalternative in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hervorgerufenen Probleme dem Begriff dort auch die Fälle der Weiterbildung. Die durch die Erweiterung hervorgerufene Spaltung des Begriffsverständnisses ist bedauerlich, lässt sich aber wegen der angeführten starken Argumente für eine Gleichstellung nicht vermeiden.14 Daher lässt sich festhalten, dass der Begriff der Ausbildung und gleichbedeutend der Begriff der Berufsausbildung im Steuerrecht zu verstehen ist als ernstliche Vorbereitung eines Steuerpflichtigen auf das Erreichen seines Berufsziels, das er bisher noch nicht erreicht hat. Unterschiede bestehen allerdings in den zeitlichen Anforderungen: Im Hinblick auf die Bedürftigkeit des Kindes beim Familienleistungsausgleich, die typisiert gerade auf die Berufsausbildung zurückgeht, wird dort ein zeitlicher Mindestumfang gefordert.15 Vergleichbares gilt für den Unterhaltsgläubiger im Rahmen von § 33a Abs. 1 EStG. Hingegen wird ein solcher Mindestumfang für die Ausbildungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht verlangt16 – zurecht, weil dort auf die tatsächlichen Kosten abgestellt wird. Dies liefert einen Maßstab: Allein die Normen, die eine Leistungsfähigkeitsminderung pauschal annehmen, bedürfen eines zeitlichen Mindestumfangs, während auf tatsächliche Aufwendungen abstellende Normen dieser Korrektur nicht bedürfen.
II. Integration von egoistischen und altruistischen Investitionen Ein weiteres Gebiet, auf dem sich das Systemdenken zu bewähren hat, liegt in der Integration der Regeln über egoistische Investitionen einerseits und altruistische Investitionen andererseits.
1. Behandlung der Eltern und weiterer Unterhaltsgläubiger korrespondiert Behandlung des Lernenden a) Integration der Behandlung von Eltern und Kind Der Leistungsfähigkeitsminderung der Eltern, die ihrem Kinde eine Ausbildung finanzieren, ist von Verfassungs wegen Rechnung zu tragen.17 Verfügt ________________________ 13 Zur Ablehnung der Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Kap. 4 III 2 b) (S. 161 ff.) und Kap. 10 I 1 a) (S. 384 ff.). 14 Dazu Kap. 10 I 2 e) aa) (S. 408 ff.). 15 Kap. 5 I 1 b) aa) (S. 204 ff.). 16 S. etwa H. Söhn, in KSM, § 10 Rz. J 116 (Stand Juni 2002). 17 Vgl. die Ausführungen zum subjektiven Nettoprinzip in Kap. 9 I 2 a) (S. 317 ff.).
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das Kind nicht über ausreichende Einkünfte, sein Existenzminimum zu bestreiten – wobei ausbildungsbedingte Minderungen der Leistungsfähigkeit des Kindes (jedenfalls teilweise18) einzurechnen sind –, so ist anzunehmen, dass die Eltern für das Kind aufkommen. Dies ist als Fixpunkt für die weiteren Überlegungen anzusehen. Davon ausgehend wird häufig die nur beschränkte Möglichkeit für das Kind, Kosten der Erstausbildung und des Erststudiums als Erwerbsaufwendungen steuerlich geltend zu machen, für sachgerecht erachtet, weil der Aufwand typisierend bereits bei den Eltern berücksichtigt wurde.19 So schrieb etwa Walter Drenseck noch in jüngerer Zeit:20 „Wenn auch die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Erwerbsaufwendungen zu qualifizieren sind, so ist die gesetzgeberische Entscheidung, diese Kosten durch eine Spezialvorschrift dem Sonderausgabenbereich zuzuordnen, nicht ohne Sachgesetzlichkeit. Von Erstausbildungen sind regelmäßig nur junge Steuerpflichtige in einem Alter betroffen, in welchem die Eltern einen Anspruch auf Kindergeld, Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag haben (bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres). Hierin kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass die Eltern auch die Finanzierung der Berufsausbildung tragen. Wenn daneben dem jungen Steuerpflichtigen für seine eigenen Ausbildungsaufwendungen nur ein begrenzter Sonderausgabenabzug zugebilligt wird, so ist dies ein vertretbare gesetzgeberische Maßnahme, die in der überwiegenden Vielzahl der Fälle im wesentlichen den begrenzten Sonderausgabenabzug als sachgerecht erscheinen lässt.“ Diese Sichtweise gewinnt an Überzeugungskraft, wenn man sich die – in der wissenschaftlichen Literatur seit den Grundsatzentscheidungen zur erweiterten Abzugsfähigkeit von Bildungsaufwendungen des öfteren erörterte21 – Gefahr einer doppelten Berücksichtigung der Aufwendungen vor Augen hält: Diese droht dann, wenn das Kind zugleich die von ihm getragenen Beträge als Erwerbsaufwendungen geltend machen kann, die dann auf dem ________________________ 18 Zur – m. E. unzutreffenden – Position des BVerfG, wonach die Aufwendungen für die Ausbildung nur zur Hälfte bei der Bestimmung des Existenzminimums zu berücksichtigen sind, Kap. 9 I 2 a) (S. 317 ff.). 19 Vgl. etwa F. Vangerow, StuW 1960, Sp. 443, 447 f., wonach die Berufsausbildung zur Lebensführung gehöre, weil sie von der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht erfasst sei. S. auch die Nachweise bei M. Müller, Ausbildung und Fortbildung, 115. 20 StuW 1999, 3, 10. 21 H.-J. Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FamRZ 2003, 1688, 1690; B Paus, INF 2003, 295, 297 f.; M.-I. Thomas, INF 2004, 167; Wolf/Schäfer, DB 2004, 775, 776. Für ungeklärt hält das Verhältnis zwischen dem Abzug der Erwerbsaufwendungen und dem Familienleistungsausgleich auch H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747.
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Wege des Verlustvortrags in den Folgeperioden steuerliche Wirkung entfalten können. Dasselbe Problem besteht bei den Sonderausgaben jedenfalls in dem Jahr, in dem das Kind die Ausbildung beendet und eine Erwerbstätigkeit aufnimmt. Das Problem lässt sich nach geltendem Recht nicht lösen:22 Eine Kürzung der Erwerbsaufwendungen bzw. Sonderausgaben des Kindes ist de lege lata nicht möglich,23 da die Leistungen an ein anderes Subjekt erbracht werden. Umgekehrt ist aber auch bei der typisierten Bestimmung der Bedürftigkeit des Kindes eine Kürzung der eigenen Einkünfte und Bezüge um seine ausbildungsbedingten Aufwendungen vorgeschrieben. Schließlich kann auch die Erbschaft- und Schenkungsteuer diese Leistungen nicht erfassen, weil sie keine freigiebigen Zuwendungen sind.24 Eine Korrespondenzbesteuerung beim Kind25 – etwa in Form des Familienrealsplittings26 – würde de lege ferenda das Problem der Doppelberücksichtigung lösen: Soweit es aufgrund der unwiderleglich angenommenen Unterhaltszahlungen zu einer Minderung der steuerlichen Belastung bei den Eltern gekommen ist, entstünden dem Kind der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte. Das wäre dem Einkommensteuerrecht nicht vollständig fremd, sehen dies doch bereits §§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; 22 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vor. Ein solcher Vorschlag wäre jedoch wegen des damit verbundenen hohen Verwaltungsaufwands kaum praktikabel, müsste doch eine Vielzahl neuer Veranlagungen bewältigt werden. Zudem würde es auch an den vereinfachten Zahlungswegen fehlen, wie sie die Quellensteuererhebung darstellt. Der Gesetzgeber hat sich denn auch zulässigerweise bei der Gewährung des ausbildungsbezogenen Freibeträge für eine Freigrenze bezüglich der Einkünfte des Kindes entschieden.27 Dieses – in der Praxis sinnvolle – Prinzip sollte nicht durch eine Besteuerung beim Kind unterlaufen werden. Die Doppelberücksichtigung lässt sich aber auch auf einem anderen, etwas verschlungenen Wege beseitigen. Ziel ist es, die Entstehung von Erwerbsaufwendungen beim Kind zu vermeiden, soweit die Kosten dafür typischerweise von den Eltern bestritten werden und sich bei diesen steuermindernd ________________________ 22 23 24 25 26
Ebenso H.-J. Kanzler, FR 2003, 722, 723; B. Paus, INF 2005, 185, 186. W. Bergkemper, FR 2003, 202. Kap. 7 I 2 a) aa) (S. 296). Dafür etwa B. Paus, INF 2003, 295, 298. Dafür D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 303 ff. 27 Kap. 9 III 4 (S. 380 f.).
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ausgewirkt haben. Das ist durch eine korrespondierende Kürzung28 der Erwerbsaufwendungen bzw. Sonderausgaben erreichbar: Soweit bei den Eltern von einer Leistungsfähigkeitsminderung aufgrund der Transferzahlungen an das Kind auszugehen ist, würden in gleicher Höhe beim Kind negative Erwerbsaufwendungen angesetzt.29 Probleme bei den Eltern bestehen nicht, da ihrer Leistungsfähigkeitsminderung hinreichend Rechnung getragen wird. Aber auch dem Kind geschieht kein Unrecht, da der Vorschlag hinter einer zulässigen vollständigen Korrespondenzbesteuerung zurückbleibt. Das lässt sich anhand einiger vereinfachter Beispiele zeigen:30 Verfügt das (auswärts untergebrachte volljährige) Kind über keine eigenen Einkünfte und entstehen ihm ausbildungsbedingte Erwerbsaufwendungen in ________________________ 28 Für einen Ausschluss des Abzugs anstelle der hier vorgeschlagenen Kürzung hingegen W. Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772 unter Berufung auf einen Vorschlag von B. Heuermann vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. 29 Ähnlich U. Prinz, FR 2005, 229, 236, der vorschlägt, den Verlustabzug um die dem Unterhaltsverpflichteten gewährten Vergünstigungen zu kürzen. Eine ähnliche Konstruktion liegt stillschweigend bei MIT, DStRE 2004, 3 zugrunde: Zur Frage der Nichtanrechnung von Unterhaltsleistungen nach SGB III auf die Erwerbsaufwendungen des sich in einer Weiterbildungsmaßnahme befindlichen Steuerpflichtigen merkt er an, es sei eine gewisse Nähe zu einem Ausbildungsdienstverhältnis gegeben. 30 Oder auch analytisch (vgl. Einleitung III, Fn. 57, S. 11): Seien die Aufwendungen des Kindes für seine Ausbildung (kurz Ausbildungskosten) benannt AK. Je nach Möglichkeit einer Berücksichtigung können sie unterteilt werden in Erwerbsaufwendungen AKEW und in für die Erwerbssphäre nicht zu berücksichtigende Aufwendungen AKPrivat, soweit sie gleichwohl bei Ermittlung der schädlichen Einkünfte und Bezüge abgezogen werden. Die – nicht um Ausbildungskosten geminderten und nicht um Transferzahlungen der Eltern erhöhten – eigenen Einkünfte des Kindes seien E, die eigenen Bezüge B. Seien die den Eltern wegen der Ausbildung ihrer Kinder eingeräumten Freibeträge, die unwiderleglich als Zahlungen zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes angenommen werden, gekennzeichnet als Transferzahlungen TEltern-Kind. Diese Transferzahlungen bestimmen sich für ein volljähriges auswärtig untergebrachtes Kind wie folgt: T
6932 Euro für E B - AK EW - AK Privat d 7680 Euro ° ® °O sonst. ¯
Bei einer Umsetzung des Korrespondenzprinzips errechnet sich das zu versteuernde Einkommen des Kindes als E – AKEW + T. Für die hier vorgeschlagene Umsetzung der Korrespondenz über die Erwerbsaufwendungen ergibt sich derselbe Wert (also E – AKEW + T), wenn AKEW ≥ T. Ist hingegen AKEW < T, so ist, weil keine negativen Erwerbsaufwendungen anzusetzen sind, der Wert 0, so dass sich das Einkommen ergibt als E. Daraus folgt, dass der hier unterbreitete Vorschlag für das Kind stets günstiger ist als eine Korrespondenzbesteuerung.
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Höhe von 3.000 €, so kann es nach derzeitigem Recht einen Verlust in dieser Höhe vortragen. Bei den Eltern hingegen würden die Aufwendungen für die Ausbildung des Kindes in Höhe von 6.732 € abgezogen. Setzt man hingegen negative Erwerbsaufwendungen in Höhe des bei den Eltern abzugsfähigen Betrages an, so entfallen beim Kind vortragsfähige Erwerbsaufwendungen. Damit würde in diesem Beispiel dasselbe Ergebnis reproduziert, das auch bei einer Korrespondenzbesteuerung der vom Gesetz unterstellten Zahlungen an das Kind in Höhe von 6.732 € folgen würde. Hat dasselbe Kind Einkünfte von 6.000 €, so kann es nach derzeitiger Rechtslage keinen Verlust vortragen. Auch nach korrespondierender Kürzung der Erwerbsaufwendungen um die vom Gesetz unterstellten Transferzahlungen würde sich nichts anderes ergeben, da die Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags liegen. Bei einer Besteuerung nach dem Korrespondenzprinzip würde hingegen eine Steuerpflicht entstehen, da die um die Transferzahlungen erhöhten Einkünfte den Grundfreibetrag übersteigen würden. Ein Problem darf allerdings nicht verschwiegen werden: Bei dem hier vorgeschlagenen Weg würde beim Kind eine indirekte Besteuerung des bloß unterstellten Transfers angenommen. Damit würden seine Erwerbsaufwendungen auch dann gekürzt, wenn es überhaupt keine oder nur zu geringe Unterhaltszahlungen von seinen Eltern erhalten hat. Das Problem lässt sich auf zwei verschiedenen Wegen lösen, die beide den Vorteil haben, die Verhandlungsposition des Kindes bei den familieninternen Verteilungsstreitigkeiten zu verbessern.31 Man kann erstens auf die individuell nachzuweisenden Beträge abstellen, womit freilich der Vereinfachungseffekt dahin wäre. Zweitens kommt aber auch eine Widerspruchslösung32 in Betracht. Belegt das Kind, dass es tatsächlich keine Zahlungen der Eltern erhalten hat, so wäre die Kürzung seiner Erwerbsaufwendungen ausgeschlossen. Freilich würde damit auch der Grund für die Berücksichtigung bei den Eltern entfallen. Es wäre dann nur konsequent, ihnen die Freibeträge zu versagen. Besteht Streit zwischen Eltern und Kind über den geleisteten Unterhalt, so ist dieser – ganz wie beim Realsplitting – bei den Familiengerichten auszutragen. ________________________ 31 Zur ökonomischen Literatur zu Verteilungskonflikten in der Familie vgl. D. Dohmen, Ausbildungskosten, Ausbildungsförderung und Familienleistungsausgleich, 1999, 182 ff. 32 Diese hat gegenüber der Zustimmungslösung wie in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG den Vorteil der erhöhten Verwaltungseffizienz. Denn im Regelfall dürfte es den Interessen des Kindes entsprechen, die steuerliche Berücksichtigung bei den Eltern zu ermöglichen. Für ein Wahlrecht auch M.-I. Thomas, INF 2004, 167, wobei er eine einheitliche Ausübung befürwortet.
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Die Lösung über die Korrespondenzbesteuerung hat im Übrigen den Vorteil, dass für den Regelfall eines Hochschulschulstudiums in der Bundesrepublik Deutschland keine Erwerbsaufwendungen entstehen würden. Dies würde das von manchen33 befürchtete gewaltige „Arbeitsbeschaffungsprogramm“ für die Finanzverwaltung vermeiden, das vor allem durch die ansonsten erforderlichen zahlreichen Verlustfeststellungsbescheide nach § 10d EStG drohen würde. Auch die „Bürokratisierung der Jugend“34 würde abgewendet. Vielmehr würde das Belegesammeln nur noch für diejenigen Lernenden erforderlich, die Aufwendungen oberhalb des erhaltenen Transferbetrages haben. In diesen Fällen würde auch die Drittaufwandsproblematik, die bei einer Kostentragung durch die Eltern droht, hinnehmbar sein, zumal typischerweise das Vertragsverhältnis mit dem Lernenden als Vertragspartner zustande kommt.35 b) Weitere Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner Anhand vergleichbarer Maßstäbe lässt sich auch die Behandlung weiterer Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner erreichen: Unterliegen die Leistungen beim Empfänger nicht ausnahmsweise ohnehin schon der Steuerpflicht, wie dies namentlich für die Leistungen unter dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen früheren Eheleuten der Fall ist, so sollten de lege ferenda die beim Unterhaltsschuldner steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen die Erwerbsaufwendungen des Unterhaltsgläubigers mindern: Das ist etwa anzunehmen für Leistungen, die nach § 33a Abs. 1 EStG und nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG nF. berücksichtigt werden.
2. Integration mit sozialrechtlichen Leistungen Die Besteuerung der sozialrechtlichen Leistungen würde, wie oben nachgewiesen, den Zweck der Leistungen zu vereiteln drohen.36 Dementsprechend kommt eine Besteuerung der Leistungen grundsätzlich nicht in Frage. Freilich ergibt sich die Notwendigkeit einer Integration auch hier daraus, dass im Ausbildungsbereich die Armen von heute vielfach die Reichen von morgen sein werden. Heute kann man dem nicht durch eine Besteuerung Rechnung tragen. Es lässt sich aber verhindern, dass morgen zusätzliche Vorteile anfallen durch einen Verlustvortrag.37 Dafür liefert § 3c EStG einen ________________________ 33 Etwa H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747. 34 H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747. 35 Diesbezügliche Bedenken finden sich allerdings bei H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747. 36 Kap. 11 I 4 (S. 458 ff.). 37 Auf dieses Problem weist auch E. Steuerle, National Tax Journal 50 (1997), 351, 352 hin.
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Ansatzpunkt: Der steuerfreie Ersatz von Erwerbsaufwendungen führt zur Nichtberücksichtigung dieser Aufwendungen. Vergleichbares gilt auch im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Freilich ist nach der Rechtsprechung die Reichweite des Grundsatzes beschränkt: Ein Abzug kommt nicht in Betracht, wenn die Sozialleistungen für die Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt waren. Diese Beschränkung erscheint nicht überzeugend: Conditio sine qua non für die Sozialleistung ist die Ausbildung. Eine Vereitelung des Zwecks droht nicht, weil keine direkte Besteuerung, sondern nur eine Kürzung der Erwerbsaufwendungen oder des Sonderausgabenabzugs zu fordern wäre. Daher sollten grundsätzlich durch die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen bedingte Sozialleistungen in voller Höhe auf die Erwerbsaufwendungen oder die Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG angerechnet werden. Diese Lösung bewährt sich im Vergleich mit dem Ausbildungsdienstverhältnis: Würde der Arbeitgeber zuwenden, so wären seine Leistungen zu versteuern. Eine Steuerbefreiung würde ausscheiden. Umgekehrt könnten sämtliche Aufwendungen ungekürzt als Erwerbsaufwendungen geltend gemacht werden. Das ist in den Fällen staatlicher Leistungen nicht gewollt, so dass dann aber auch eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit geboten erscheint. Eine begrenzte Ausnahme sollte allerdings für die Versicherungsleistungen nach dem SGB III angenommen werden: Diese beruhen zumindest teilweise auf aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträgen; zudem unterliegen sie grundsätzlich dem Progressionsvorbehalt, so dass die Leistungen keine reinen Zuwendungen darstellen. Sie sind daher nicht abzuziehen. Dasselbe sollte für die Leistungen des Europäischen Sozialfonds gelten, die auch dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Das entspricht der Gleichstellung in § 3 Nr. 2 EStG. Im Ergebnis würde damit die Rechtsprechung zur Anrechnung von Arbeitsförderungsmaßnahmen fortgeführt, ohne dass auf die Unmittelbarkeit des Vorteils abgestellt werden müsste.38 De lege lata ist die Vollanrechnung mit Blick auf den Wortlaut des § 3c EStG freilich für die Erwerbsaufwendungen mit Blick auf den gebotenen unmittelbaren Zusammenhang zwischen steuerfreien Einnahmen und Ausgaben39 zweifelhaft.40 Daher sollte de lege ferenda eine Klarstellung aufgenommen werden. ________________________
38 Dazu Kap. 4 IV 4 (S. 195 f.). 39 F. Wassermeyer, DB 1998, 642, 643. 40 Dazu F. Wassermeyer, DB 1998, 642, 643: Unmittelbarkeit statt Veranlassung systemwidrig. Ebenso K.-J. von Beckerath, in P. Kirchhof (Hrsg.), 4. Aufl. 2004, § 3c Rz. 8, 13; Lang/Seer, FR 1994, 521, 531. A. A. de lege lata Birk/Jahndorf, in HHR, § 3c EStG Rz. 62 (Stand Oktober 2000); W. Heinicke, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 3c Rz. 4; H.-J. Kanzler, FR 2001, 310.
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3. Keine Integration mit erbschaftsteuerbefreiten Ausbildungszuwendungen Hingegen erscheint eine Integration mit den privilegierten Zuwendungen unter Lebenden oder von Todes wegen nicht möglich. Denn Einkommenund Erbschaftsteuer sind, wenn man dem Tipkeschen Verständnis der in beiden Fällen gleich hohen Leistungsfähigkeitserhöhung nicht folgt,41 grundsätzlich zu unterscheiden. Das kommt auch in regelmäßig wesentlich geringeren Steuersätzen bei der Erbschaftsteuer zum Ausdruck.
III. Zusammenfassung 1. Grundsätzlich ist ein einheitlicher Begriff der Berufsausbildung ausgehend von dem beim Kindergeld zugrunde gelegten zu entwickeln. In Berufsausbildung befindet sich danach, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Zeitliche Mindestanforderungen sind nur dort zu fordern, wo eine pauschale Berücksichtigung an die Berufsausbildung anknüpft. Den Besonderheiten des Begriffs der Berufsausbildung bei § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die sich durch die Abschaffung des Merkmals der Weiterbildung in einem nichtausgeübten Beruf ergeben haben, ist Rechnung zu tragen. 2. Die Behandlung der egoistischen Investitionen sollte de lege ferenda die Behandlung der Aufwendungen beim Kostenträger berücksichtigen. Als Reaktion auf eine Abzugsmöglichkeit bei der Einkommensteuer der Kostenträgers sollte eine Anrechnung auf die abzugsfähigen Aufwendungen beim Lernenden erfolgen. Ferner sollten auch erhaltene Sozialleistungen – mit Ausnahme der Unterhaltsgelder aus dem Europäischen Sozialfonds und der Versicherungsleistungen aus dem SGB III – die abzugsfähigen Aufwendungen des Lernenden mindern, und zwar unabhängig davon, ob sie zur Deckung der Ausbildungs- oder der Unterhaltskosten eingesetzt werden sollen. Hingegen erscheint eine Integration mit der Erbschaftsteuer nicht möglich.
________________________ 41 K. Tipke, StRO II, 2. Aufl., 872 ff.
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Kapitel 14: Rechtspolitischer Vorschlag: Aufwandsverteilung von Humankapitalinvestitionen „Mit Propheten unterhält man sich am besten drei Jahre später.“ Sir Peter Ustinov
Die bisherigen Ausführungen haben eher bescheidene Änderungen eingefordert, die von der Rechtsprechung umgesetzt werden können oder den Gesetzgeber zu kleineren Korrekturen aufrufen. Das letzte Kapitel dieser Arbeit verlässt diese vorsichtige Linie. Es nimmt das in Kapitel 1 eingeführte Konzept des Humankapitals wieder auf und unterbreitet einen mutigen Reformvorschlag: Der Aufwand von Humankapitalinvestitionen sollte zur Überwindung der Probleme der Diachronizität von Ausgaben und Ertrag zumindest für die Zwecke des Ertragsteuerrechts „aktiviert“ und damit über die Zeit verteilt werden können! Diese Idee ist nicht vollständig neu: So versuchte bereits im Jahre 1963 die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag erfolglos, das Auseinanderfallen von Aufwand und Ertrag bei Humankapitalinvestitionen zu verhindern, indem sie vorschlug, die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für die Ausbildung zum Erwerb seiner Einnahmen in den letzten fünf Jahren vor dem Bezug der Einnahmen gemacht hat, als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen.1 Näher am hier Vertretenen spricht sich Paul David dafür aus, die Investitionen zunächst nicht zum Abzug von der Bemessungsgrundlage zuzulassen, sondern sie auf einem „Humankapitalkonto“ mit fiktiver Verzinsung fortzuschreiben. Von diesen können sie erst nach Ablauf einer vorher festgesetzten Frist als Abzugsposten von der Einkommensteuer entnommen werden.2 Auch Friedrich Vangerow diskutierte seinerzeit eine Aktivierung von Ausbildungsaufwendungen. Er schrieb, bevor er diesen Ansatz ablehnte, weil der von ihm in Einklang mit der seinerzeitigen Rechtsprechung geforderte – ________________________ 1 2
BT-Drucks. IV/1347. P. David, Reforming the Taxation of Human Capital, in Arnott/Greenwald/Kanbur/ Nalebuff (Hrsg.), Economics for An Imperfect World: Essays in Honor of Joseph Stiglitz, Cambridge/MA, 2003, 439 ff. Gegen eine Aufwandsverteilung freilich M. Rose, Vom Steuerchaos zur Einfachsteuer, 2003, 230 f.: Eine Verteilung über den Zeitraum der Nutzung sei praktisch unmöglich.
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in der vorliegenden Arbeit freilich abgelehnte3 – Zusammenhang zwischen den Aufwendungen mit einer bestimmten Einkunftsart nicht vorliege: „Bei Anwendung bilanzmäßiger Überlegungen könnte sich der Gedanke aufdrängen, den Bildungserwerbsaufwand vorerst zu aktivieren und ähnlich wie sachliche länger nutzbare Wirtschaftsgüter auf die voraussichtliche Nutzungsdauer allmählich abzuschreiben, oder wenn man eine Aktivierung in der Person steckender geistiger Werte als unüblich, rechtlich nicht besonders vorgesehen, vielleicht auch mangels einer Abnutzung der Kenntnisse und Erfahrungen während ihrer Gebrauchsdauer bedenklich und schließlich praktisch in befriedigender Weise nicht durchführbar ablehnt, den Aufwand als bereits im Zeitpunkt seines Anfalls als abzugsfähige Werbungskosten (…) und Betriebsausgaben (…) anzusprechen. Daß Einnahmen erst später erzielt werden, brauchte dabei nach der Rechtsprechung kein unbedingtes Hindernis für einen Abzug zu sein.“4 Die nachführenden Ausführungen stellen zunächst die Aufwandsverteilung in ihren Grundzügen dar (I). Danach werden die Vorteile der „Quasi-Aktivierung“ genauer erläutert (II). Abschließend wird ein erster Vorschlag zur konkreten Umsetzung unterbreitet (III).
I. Grundzüge einer Aufwandsverteilung 1. Fremdinvestitionen Bei egoistischen Fremdinvestitionen erscheint die bilanzielle Behandlung vergleichsweise unproblematisch. Wenn man der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung nicht folgt, einen Ansatz von mittels Rückzahlungsklausel gesicherten Fremdinvestitionen bereits de lege lata zuzulassen, sollte man insoweit durch eine Änderung des Handelsrechts und zur Vermeidung der ________________________ 3 4
Kap. 10 I 1 b) aa) (1) (S. 386). F. Vangerow, StuW 1960, 443, 445. Dem vergleichbar sind die Ausführungen des FG Baden-Württemberg vom 18.7.1972 IV 104/71, EFG 1972, 529 – rkr., wonach bei Aufwendungen, die eine Einkunftsquelle erst schüfen, nur die AfA als Werbungskosten in Betracht kämen. S. auch die Ausführungen von E. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 10. Aufl. 1972, § 12 Rz. 47: „Entscheidend für die Ablehnung der Berufsausbildungskosten dieser Art ist, daß der Steuerpflichtige vor Beendigung der Ausbildung … gar nicht in der Lage ist, die erstrebten Einkünfte zu erzielen. Die Dinge liegen für die Aufwendungen zur Schaffung des geistigen und seelischen Fundaments einer späteren Berufstätigkeit insoweit gleichartig mit denjenigen zur Schaffung toten Kapitals. Der Beschaffung des Kapitals entspricht die Beendigung der Ausbildung. Erst wenn und soweit beides zur Erzielung von Einnahmen tatsächlich verwendet wird, liegen Betriebsausgaben und Werbungskosten vor.“
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Grundzüge einer Aufwandsverteilung
Frage, ob diese Änderung zu den handelsrechtlichen GoB gehört, zugleich durch eine inhaltlich entsprechende Vorschrift im Steuerbilanzrecht de lege ferenda einen Ansatz als Rechnungsabgrenzungsposten vorsehen. Nachfolgend sind daher nurmehr die Eigeninvestitionen zu erörtern.
2. Eigeninvestitionen Für Eigeninvestitionen ist im steuerlichen Ergebnis ein Gleichlauf mit der Behandlung der Herstellungskosten von materiellen Wirtschaftsgütern anzustreben, um eine Diskriminierung von Human- gegenüber Sachkapital zu vermeiden.5 Daher sollte der tatsächlich entstandene Aufwand – in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem Verfahren bei der Aktivierung von materiellen Wirtschaftsgütern – im Jahr seiner Entstehung neutralisiert werden. Der zur Aufwandsverteilung bestimmte Posten würde erst nach Vollendung der Berufsausbildung – wobei auf die im vorhergehenden Kapitel gegebene Definition zurückgegriffen werden kann6 – schrittweise aufgelöst. Der sich daraus ergebende Aufwand wäre als Erwerbsaufwendung zu berücksichtigen, wenn das Humankapital zur Einkünfteerzielung genutzt würde oder genutzt werden sollte. Verwendet es der Lernende hingegen aufgrund freier Entscheidung ausschließlich oder überwiegend zu privaten Zwecken7 – etwa weil er beschließt, doch nicht berufstätig zu sein – so scheidet eine Berücksichtigung der Aufwendungen bei der Bestimmung der Einkommensteuerschuld aus. Letzteres wird sich nicht immer leicht feststellen lassen. Dennoch lässt sich aus der gebotenen Verifizierbarkeit kein entscheidendes Gegenargument herleiten, weil die Rechtsordnung auch in anderen Bereichen glaubt, zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Erwerbslosigkeit zu unterscheiden können.8 ________________________ 5
6 7 8
Für eine Gleichstellung von Sach- und Humaninvestitionen sprach sich bei der Diskussion um das Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung (Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.7.2004, BGBl. 2004 I, 1753) die Abgeordnete Christiane Scheel, Verhandlungen des deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 10568: „Langfristiges Ziel muss natürlich sein, dass Sach- und Humaninvestitionen steuerlich gleichbehandelt werden und gleichermaßen abzugsfähig sind. Angesichts der Zeit, in der wir leben, und der Entwicklung in unserer Gesellschaft ist es nicht mehr zu legitimieren, dass zwar die Kosten für eine Maschine, die man sich in die Halle stellt, voll abzugsfähig sind, dass aber Investitionen in Bildung die Abzugsfähigkeit versagt bleibt.“ Kap. 13 I (S. 480 ff.). Zur Ausnahme für die Elternzeit sogleich. Vgl. etwa § 144 SGB III zum Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeiten.
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Rechtspolitischer Vorschlag: Aufwandsverteilung von Humankapitalinvestitionen
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sollte für die Elternzeit gemacht werden.9 Während dieser Zeit wird das Humankapital zwar, wenn überhaupt, privat genutzt. Das Humankapital sollte während dieser Zeit aber nicht steuerneutral verfallen. Denn das würde nicht nur in der sozialen Realität Frauen benachteiligen,10 sondern einen erheblichen Anreiz dafür setzen, zunächst keine Kinder zu bekommen. Statt dessen bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder man fingiert die steuerlich relevante Nutzung des Humankapitals während dieser Zeit. Dafür spräche das Argument, dass während dieser Zeit home production11 in Form der Weitergabe der abstrakten erworbenen Fähigkeiten an die nächste Generation erfolgt. Dies ruft allerdings das Problem hervor, dass während dieser Zeit möglicherweise keine oder nur geringe steuerbare Einnahmen erzielt werden mit der Folge, dass die Abzugsmöglichkeit doch verfällt. Oder aber man schiebt während der Elternzeit die Abschreibung einfach auf und lässt sie erst nach deren Ende wieder aufleben. Das hätte den Vorteil, dass die Elternzeit letztlich neutral wäre. Fortbildungsmaßnahmen nach Abschluss der Berufsausbildung hingegen, die keine wesentliche Verbesserung des erworbenen Humankapitals bringen, sondern nur bestehendes auf Stand halten – etwa Kurse eines Anwalts zur Schuldrechtsmodernisierung –, wären sofort erfolgswirksam. Damit wird die Unterscheidung zwischen auf die Nutzungsdauer zu verteilenden nachträglichen Herstellungskosten und sofort erfolgswirksamen Erhaltungsaufwand auch für Humankapital entsprechend aufgenommen. An dieser Stelle könnte die alte Rechtsprechung zur Abgrenzung der Berufsarten eine beschränkte Renaissance erleben. In diesem Rahmen ließe sich, ohne dass dies zwingend gemeinsam implementiert werden müsste, auch den Zielen der Integration von egoistischen und altruistischen Investitionen Rechnung tragen, wie sie in Kapitel 13 entwickelt worden sind: Die Zuschüsse des Staates und die im Rahmen des Familienleistungsausgleichs als Transferleistungen der Eltern angenommenen Beträge sind – wie generell Zuschüsse etwa im Rahmen der staatlichen Investitionsförderung – von den „Herstellungskosten“ abzuziehen. Das wür________________________ 9 Vgl. dazu aber auch BFH vom 15.7.2003 VIII R 47/02, BStBl. 2003 II, 848 für die Nichtberücksichtigung der Elternzeit als Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 lit a) EStG. Dazu entsteht mit der hier erhobenen Forderung wegen der andersartigen Teleologie kein durchschlagender Wertungswiderspruch, geht es doch bei den Regeln des Familienleistungsausgleichs um die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeitsminderung der Eltern. 10 So schon FG Niedersachsen 12.7.2000 9 K 73/97, EFG 2002, 15 im Zusammenhang der Abgrenzung von vorweggenommenen Erwerbsaufwendungen und Sonderausgaben. 11 Zum Begriff Kap. 1 IV 3 a) aa).
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de eine Korrespondenzbesteuerung beim Empfänger sicherstellen. Nicht davon betroffen wären allerdings erbschaftsteuerbare Zuwendungen Die Integration mit den altruistischen Investitionen hätte neben dem Gerechtigkeitsvorteil der Vermeidung einer doppelten Entlastung und dem Vorteil der Schonung des Staatshaushalts einen ganz praktischen Vorzug: Sie würde vermeiden, dass das relativ aufwendige Verfahren der Aufwandsfortschreibung und -verteilung in der Masse der Fälle nicht anwendbar wäre.12 Vielmehr käme es nur bei denjenigen zur Anwendung, deren Bildungsaufwendungen nicht durch die Transferzahlungen von Staat und – soweit im staatlichen Familienleistungsausgleich steuerlich bzw. in Form des Kindergelds berücksichtigt – von den Eltern gedeckt werden. Das würde auch den Regeln der Typisierung entsprechen, die bei kleinen Unterschieden der Individuen akzeptabel ist, bei größeren hingegen auf ihre Grenzen stößt.13
II. Vorteile der Aufwandsverteilung 1. Vereinfachte Handhabung Aus Sicht der Finanzverwaltung hätte die Aufwandsverteilung den Vorteil einer vereinfachten Handhabung: Es wäre nicht mehr auf die schwierige Frage der Veranlassung im Einzelfall einzugehen, sondern allein das vergleichsweise einfache Problem der tatsächlichen Nutzung zu lösen.14 Das steht nicht nur mit der Natur des Steuerrechts als Massenfallrecht in Einklang, sondern gewährt ein erhöhtes Maß sowohl an richtiger Rechtsanwendung als auch an Rechtssicherheit. Auch lässt sich nur so die vom BFH geforderte15 anteilige Aufteilung auf steuerfreie Einnahmen und die Bestimmung der Höhe der deshalb nicht abzugsfähigen Aufwendungen erreichen.
________________________ 12 Damit würde dem Einwand in Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen (Hrsg.), Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil II Rz. 457 Rechnung getragen. 13 Kap. 9 I 4 c) (S. 365 f.). 14 Auf die tatsächliche Nutzung des erworbenen Humankapitals – freilich nur als Indiz – stellt beispielsweise auch BFH vom 26.8.1988 VI R 176/85, BStBl. 1989, 91 ab. In einem ausführlichem Kriterienkatalog lässt er die Absetzbarkeit von Kosten für einen Skilehrerkurs unter anderem von der tatsächlichen Verwendung zur Erteilung von Skiunterricht abhängen. 15 BFH vom 22.7.2003 VI R 7/01, DStRE 2004, 1.
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2. Umsetzung der steuerstaatlichen Vorgaben Das Prinzip der partizipierenden Steuerstaatlichkeit drängt den Gesetzgeber dazu, auf Informationsasymmetrien Rücksicht zu nehmen.16 Eine solche besteht in besonders starkem Ausmaß für weit in die Zukunft reichende Pläne. Eine Lebensplanung lässt sich mangels Anhaltspunkten kaum verifizieren. Auch der von der Rechtsprechung bisweilen angeratene Weg über eine vorläufige bzw. unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung nach §§ 164, 165 AO erscheint nicht allein wegen der hohen Zahl nicht endgültig abgeschlossener Veranlagungen nur wenig überzeugend: Zwar treten mit Zeitablauf weitere Tatsachen zu Tage, diese lassen aber nur in eingeschränktem Maße einen Rückschluss auf die – nach bestehender Rechtslage allein maßgeblichen – zum Zeitpunkt der Investition vorhandenen Absichten zu. Eine Aktivierung stellt hingegen zutreffenderweise und in Einklang mit dem dem Kapitel vorangestellten Motto bereits eine andere Frage: Regelmäßig entscheidend ist dann, ob im Zeitpunkt der Nutzung des Humankapitals eine Verwendung zu Erwerbszwecken erfolgt; nur ausnahmsweise, insbesondere bei Fehlschlag vor Beginn der Nutzung, kommt es noch auf die ursprüngliche Verwendungsabsicht an. Die Aktivierung genügt zugleich auch dem zweiten aus der partizipierenden Steuerstaatlichkeit hergeleiteten Gebot: Sie vermeidet eine Anknüpfung an Absichten, die der Steuerpflichtige noch nicht unbedingt und endgültig gefasst hat.17 Das ist gerade bei den Kosten einer Hochschulausbildung ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Diese wird nicht selten aufgenommen, ohne dass ein konkretes Berufsziel vorliegt. Das hindert die Einordnung als Investition nicht, kann ein Studium doch ganz verschiedene Wege eröffnen, die alle lukrativ sind. Forderte man vom Lernenden schon bei der erstmaligen Veranlagung, sich über seine Absichten zu erklären, würde ihm häufig nur der Weg über eine vorgeschützte Intention helfen. Ferner drohte eine dem Sozialstaatsprinzip zuwiderlaufende Privilegierung von Akademikerkindern: Diese kennen oftmals die Möglichkeiten, die ein Hochschulstudium vermittelt, besser und können daher ihre Chancen besser abschätzen – bzw. plausiblere Geschichten erzählen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Übernahme eines elterlichen Betriebs möglich erscheint.
3. Periodengerechte Aufwandszuordnung und Überwindung der Schwächen des § 10d EStG Eine Aufwandsverteilung würde zudem die zutreffende Zuordnung des Aufwands zu der Periode ermöglichen, zu dem er wirtschaftlich gehört, und ________________________ 16 Kap. 2 II 1 c) (S. 83 ff.). 17 Kap. 2 II 2 (S. 87 ff.).
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Vorteile der Aufwandsverteilung
damit der Wertung eines Gleichlaufs von Aufwand und Erträgen genügen.18 Eine solche periodengerechte Zuordnung liegt nach wohl überwiegender Auffassung19 auch den Vorschriften über die planmäßige AfA zugrunde. Sie mildert dadurch zugleich die Spitzenlasten der progressiven Besteuerung ab. Sie ist aber auch deshalb sinnvoll, weil der intertemporale Ausgleich negativer Einkünfte nach § 10d EStG die aufgezeigten erheblichen Schwächen aufweist.20
4. Sozialstaatliche Verträglichkeit Damit weist diese Lösung zugleich eine höhere sozialstaatliche Verträglichkeit im Sinne der intergenerationellen Mobilität auf als die bloße Abzugsfähigkeit der Ausbildungskosten im Zeitpunkt der Investition: Die letztgenannte Lösung wirkt sich zuvörderst zugunsten derjenigen aus, die zum Investitionszeitpunkt ohnehin hohe Einkünfte haben. Das sind, weil die Ausbildung regelmäßig in jungen Jahren vorgenommen wird, zumeist diejenigen, denen Vermögen übertragen wurde. Hingegen vermeidet die QuasiAktivierung diesen Nachteil. Sie steht insbesondere auch denjenigen offen, die Humankapitalinvestitionen durch Kreditaufnahme finanzieren müssen.21 Im Vergleich zum Referenzszenario der Nichtabzugsfähigkeit von Studienkosten verbleiben sozialstaatliche Nachteile in Bezug auf die intragenerationelle Mobilität, da nunmehr im Lebenseinkommen Reiche zusätzliche Aufwendungen geltend machen können und daher weniger Steuern zahlen. Dem stehen aber die zuvor aufgezeigten Vorteile bei der intergenerationellen Mobilität gegenüber.22 Diese Nachteile sind aber schon deswegen hinzunehmen, weil grundsätzlich eine Abzugsmöglichkeit durch das objektive Nettoprinzip geboten und nicht ersichtlich ist, warum eine intragenerationelle Umverteilung gerade durch eine diskriminierende Behandlung von Humankapitalinvestitionen erreicht werden sollte.
________________________ 18 Dazu schon oben Kap. 9 I 2 c) (S. 351), dort auch mit einer Begründung, warum die Zuordnung von Aufwand und Ertrag nicht als strikte Vorgabe verstanden werden kann. 19 So z. B. Jakob/Wittmann, FR 1988, 540, 544 ff. Vgl. i. Ü. die Nachweise dazu bei W. Drenseck, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 23. Aufl. 2004, § 7 Rz. 2. 20 Dazu Kap. 10 I 1 d) (S. 400). Damit wird dem Anliegen der Position Rechnung getragen, die im Jahr der Darlehenstilgung die Aufwendungen zum Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zulassen wollte, so z. B. F. Petermann, DStR 1974, 266. De lege ferenda ebenso H. Söhn, in KSM, EStG, § 10 Rz. J 280 (Stand Juni 2002). 21 Zu den Problemen der Kreditrestriktionen vgl. Kap. 1 IV 5 (S. 59 ff.). 22 Damit liegt dieselbe Kollision vor, wie sie exemplarisch für Studiengebühren in Kap. 9 I 5 a) (S. 361 ff.) diskutiert wurde.
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5. Gleichbehandlung mit Sachkapital und Fremdinvestitionen Die soeben erläuterte Aufwandsverteilung würde die Behandlung von Eigeninvestitionen der von Fremdinvestitionen angleichen, was in Hinblick auf die Wertung des Gleichheitssatzes23 tendenziell wünschenswert erscheint. Zudem würde ein stärkerer Gleichlauf mit den steuerlichen Folgen von Investitionen in Sachkapital erreicht. Demgegenüber würde eine Divergenz gegenüber der Behandlung von selbst hergestellten immateriellen Wirtschaftsgütern neu auftreten, die nicht aktiviert werden dürfen und daher sofort erfolgswirksam sind. Diese ist aber leichter hinzunehmen: Nicht nur erscheint die ratio des § 5 Abs. 2 EStG zweifelhaft,24 die Rechtsfolge lässt sich hier – anders als bei Eigeninvestitionen in Humankapital – zumeist durch Gestaltung vermeiden.
6. Wertung der informationellen Selbstbestimmung Der Selbstentwurf der Person ist, wie in der Bestandsaufnahme dargelegt,25 ein zentraler Bestandteil der Menschenwürde. Die Pflicht zu einer Offenbarung von (Lebens-)Plänen berührt daher das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in einem besonders sensiblen Bereich. Zwar liegt in steuerlichen Anreizen zur Offenbarung regelmäßig kein Eingriff.26 Schonender – und damit der grundrechtlichen Wertung besser entsprechend27 – ist es jedoch, wenn der freiheitliche Staat eine „datenschutzrechtliche Generosität“28 zeigt und bestimmte Daten überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt, ob sie ihm der Steuerpflichtige nun freiwillig offenbart oder nicht. Dem genügt die Aktivierung: Sie erfordert zum Zeitpunkt der Humankapitalinvestition keine Erläuterung der damit verfolgten Ziele und beseitigt die aus dem Offenbarungsanreiz folgenden Bedrohungen für das Selbstbestimmungsrecht. Sie vermeidet es daher regelmäßig, den Steuerpflichtigen überhaupt in Versuchung zu führen. Eine Offenlegung des tatsächlichen Verhaltens erscheint hingegen unschädlich. Auch bei gescheiterten Investitionen ist nicht mehr der gegenwärtige Selbstentwurf betroffen, sondern nur ein früherer; nur soweit sich aus dem gescheiterten Entwurf Folgerungen für den gegenwärtigen ziehen lassen, besteht eine Gefahr, die sich freilich systembedingt nicht bannen lässt. ________________________ 23 Kap. 9 I 4 d) (S. 360). 24 So etwa J. Schreiber, in Blümich, § 5 EStG Rz. 522 (Stand Februar 2003) m. w. N. auch zur Gegenansicht. 25 Kap. 9 I 1 und 3 b) (S. 338 f. und 352 ff.). 26 Kap. 9 I 3 b) (S. 352 ff.). 27 Kap. 9 I 3 b) a. E. (S. 355). 28 P. Kirchhof, Steueranspruch und Informationseingriff, FS. Für K. Tipke, 27, 37.
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Vorteile der Aufwandsverteilung
7. Übereinstimmung mit Territorialitätsprinzip Eine Aktivierung harmoniert zudem mit dem Territorialitätsprinzip. Sie verhindert, dass der Steuerpflichtige im Inland Aufwendungen für Humankapitalinvestitionen absetzen kann, obwohl er es zur Erzielung von im Ausland steuerpflichtigen Einkünften nutzt.29 Das harmoniert mit den europarechtlichen Vorgaben und verhindert zugleich eine weitere Erosion der Bemessungsgrundlage.30 Sie erlaubt zugleich den problemlosen Zuzug von hoch qualifizierten Fachkräften.31 Deren Humankapitalinvestitionen mindern im Inland ihre einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage, auch soweit sie im Ausland getätigt wurden. Dadurch wird eine teilweise Kompensation dafür erreicht, dass im Inland einer vergleichsweise hohen Einkommensteuer weitgehend kostenfreie Bildungsangebote gegenüberstehen, von denen der Zuwandernde jedoch keinen Gebrauch gemacht hat.
8. Lösung der Diachronizitätsprobleme bei der Gewerbesteuer Die Aktivierung mildert weiterhin die Probleme der Diachronizität bei der Gewerbesteuer.32 Soweit insbesondere Eigeninvestitionen vor Aufnahme des Gewerbebetriebs getätigt wurden, verfallen diese. Damit unterfallen der grundsätzlich ertragsabhängigen Gewerbesteuer auch die Erträge, die lediglich den Kapitalstamm der getätigten Investitionen wieder hereinholen. Vermeiden lässt sich dieser Effekt, wenn man die Gewerbesteuer als Objektsteuer auf den stehenden Gewerbebetrieb begreift, nur durch eine zeitliche Zuordnung des Aufwands zur Zeit der späteren Nutzung des Humankapitals, wie sie die Aktivierung erlaubt.
9. Zuwanderungsanreiz als pragmatischer Grund Neben diesen rechtlichen Argumenten lässt sich ein zusätzlicher pragmatischer, im Kontext des Steuerwettbewerbs anzusiedelnder Grund für eine Aktivierung anführen: Eine Abschreibung setzt, gerade wenn sie in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum möglich ist, für mit hohem Aufwand Ausgebildete den Anreiz, sich in Deutschland niederzulassen. Den Kontext da________________________ 29 Darauf verweist auch P. David, Reforming the Taxation of Human Capital: A Modest Proposal for Promoting Economic Growth, in R Arnott/Greenwald/Kanbur/Nalebuff (Hrsg.), Economics for An Imperfect World: Essays in Honor of Joseph Stiglitz, Cambridge/MA, 2003, 439, 456 ff. 30 Kap. 10 I 5 b) (S. 413 f.). 31 P. David, Reforming the Taxation of Human Capital, in Arnott/Greenwald/Kanbur/ Nalebuff (Hrsg.), Economics for An Imperfect World: Essays in Honor of Joseph Stiglitz, Cambridge/MA, 2003, 439, 456 ff. 32 Dazu schon Kap. 7 II 1 und 2 (S. 303 ff.) und Kap. 10 V (S. 430 ff.).
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für stellt die Überlegung dar, dass der Wettbewerb der Steuersysteme nicht auf Unternehmen und (Sach-)Kapital beschränkt ist, sondern sich auch auf High-Potentials und Humankapital beziehen kann.33 Das erscheint gerade dann besonders füglich, wenn man mit den Erkenntnissen der Behavioral Economics34 davon ausgeht, dass nur eine zeitlich begrenzte Rationalität besteht und dass dementsprechend junge Akademiker nach Vollendung einer Ausbildung stärker mobil sind als später, wenn sie eine Familie gegründet haben. Da es international noch an Zuwanderungsanreizen fehlt, könnte hier ein zeitnahes Tätigwerden des zeitnahen Steuergesetzgebers einen „firstmover-advantage“35 hervorbringen.
10. Schlechterstellung in Ausnahmefällen hinzunehmen Allerdings könnte sich aus einer Pflicht zur Aktivierung eine größere Belastung der Investierenden ergeben. Diese bestünde neben dem Liquiditätsnachteil und möglichen umgekehrten Progressionsnachteilen36 auch darin, dass Begrenzungen des intertemporalen Verlustausgleichs nach § 10d EStG nF. eine steuerliche Berücksichtigung des Aufwands in besonderen Fällen insgesamt ausschließen können. Das wäre mit einem steuerstaatlichen Partizipieren, das immer wieder zugunsten des Maßgeblichkeitsprinzips angeführt wird,37 in der Tat schwerlich vereinbar. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten könnte man – ebenso wie dies bereits im Handelsrecht bei den Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs vorgesehen ist38 – ein Wahlrecht einräumen. Jedoch sind die Probleme des intertemporalen Verlustausgleichs zuallererst bei diesem Ausgleich zu lösen; zudem dürften sie auch für die der Höhe nach beschränkten Humankapitalinvestitionen keine besondere ________________________ 33 So mit Recht etwa W. Schön, StuW 2004, 62, 68. Allerdings lassen sich zu einem derartigen „brain drain“ für Deutschland derzeit kaum valide Aussagen treffen, so Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Brain Drain – Brain Gain, 2002, 1. Auch die ökonomische Literatur behandelt schwerpunktmäßig den Steuerwettbewerb von Sachkapital und immateriellen Wirtschaftsgütern; zu Ausnahmen vgl. z. B. jüngst G. Piaser, CORE Discussion Paper 2003/06, m. w. N. 34 Dazu den Überblicksartikel Camerer/Loewenstein, Behavioral Economics: Past, Present and Future, in Camerer/Loewenstein/Rabin (Hrsg.), Advances in Behavioral Economics, 2003, 1 ff. 35 Darunter versteht man in der Spieltheorie den Vorteil, der einem Spieler daraus erwächst, dass er zuerst ziehen kann, vgl. etwa Osborne/Rubinstein, A Course in Game Theory, 1994, 126. 36 Für den atypischen Fall, dass Steuerpflichtige während der Investitionsphase in Humankapital einen höheren Grenzsteuersatz haben als nachher. 37 Kap. 2 I 2 a), dort Fn. 23 (S. 68). 38 § 269 HGB.
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Probleme einer praktischen Implementierung
Rolle spielen. Die in einem Wahlrecht liegende weitere Verkomplizierung des Steuerrechts ist daher zu vermeiden.
III. Probleme einer praktischen Implementierung 1. Wege einer „Aktivierung“ a) Problem der Maßgeblichkeit Bei Fortbestehen der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz scheidet eine Aktivierung auch in letzterer aus. Wie oben gezeigt39 kommt derzeit zumeist weder im Handels- noch im Steuerbilanzrecht eine Aktivierung von Eigeninvestitionen in Betracht. Am handelsbilanziellen Aktivierungsverbot wird sich auch de lege ferenda nichts ändern lassen. Selbst der Übergang zu den IAS/IFRS eröffnet keine umfassende Möglichkeit dazu, weil auch diese die Eigeninvestitionen nicht erfassen können. Die Hoffnung auf eine Modifikation der IAS ist wenig aussichtsreich. Auch das europarechtlich für Kapital- und Publikumsgesellschaften harmonisierte Bilanzrecht gewährt zwar den Mitgliedsstaaten bei der Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter einen Spielraum.40 Eine Aktivierung von Eigeninvestitionen erscheint aber mangels Vermögensgegenstands auch innerhalb dieses Freiraums unmöglich. Nationale Änderungswünsche, die eine Aktivierung von Eigeninvestitionen erlauben und die damit weiter gehen als die Regeln nach IAS/IFRS, dürften kaum Aussicht auf Erfolg haben. Eine solche Aktivierung wäre mit Blick auf den Gläubigerschutz als eines der Ziele der Handelsbilanz41 auch kaum wünschenswert. Denn die Eigenschaft als Vermögensgegenstand wurde in Übereinstimmung mit dem Ziel des Gläubigerschutzes verneint, weil der Bilanzierende wegen des Verbots von Arbeitszwang nicht zu einer Verwertung von Humankapital für Rechnung Dritter gezwungen werden kann.42 b) Steuerbilanzielle Ausnahmevorschrift? Freilich zeigen die zahlreichen Ausnahmevorschriften im Bilanzsteuerrecht, dass Durchbrechungen der Maßgeblichkeit durchaus möglich sind. So sehen bekanntlich § 5 Abs. 2 bis 6 EStG Ausnahmen vor; handelsrechtliche Aktivierungs- und Passierungswahlrechte werden steuerbilanziell zu Aktivie________________________ 39 40 41 42
Kap. 5 II 3 c) (S. 262 f.). Art. 9 Aktiva C I 1 bzw. 10 Aktiva C I 1 der Richtlinie 78/660/EWG. S. nur BFH vom 7.8.2000 GrS 2/99, BStBl. 2000 II, 632, 638. Kap. 5 II 3 c) (S. 262 f.).
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rungspflicht und Passivierungsverbot,43 so dass auch die handelsrechtlichen Bilanzierungshilfen nach §§ 269, 274 Abs. 2 HGB nicht in die Steuerbilanz aufzunehmen sind.44 Es erscheint daher auf den ersten Blick durchaus möglich, den bestehenden Ausnahmen eine weitere hinzuzufügen und nur in der Steuerbilanz eine Aktivierung von Humankapital zuzulassen. Die weitere Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips könnte man, wenn dieses überhaupt noch für zukunftsfähig gehalten wird,45 hinnehmen, wenn man annimmt, dass das Steuerrecht neben staatlicherseits verfolgten Lenkungszwecken vor allem nach Belastungsgleichheit46 und damit nach anderen Zielen als das Handelsbilanzrecht strebt. Das wird bisweilen mit der Forderung der Besteuerung des „vollen Gewinns“ zum Ausdruck gebracht.47 Eine Aktivierung von Humankapital nur im Steuerrecht würde diese Zieldivergenz berücksichtigen: Humankapitalinvestitionen schaffen einen Vermögensposten, dessen Nutzung allein vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt. Eine handelsbilanzielle Berücksichtigung kommt nicht in Betracht; aus steuerlicher Sicht würde eine Aktivierung hingegen die aufgezeigten48 Vorteile aufweisen. Auch die Durchbrechung des § 5 Abs. 2 EStG ließe sich möglicherweise noch rechtfertigen. Zweck der – ohnehin umstrittenen49 – Norm ist es, Bewertungsschwierigkeiten bei selbstgeschaffenen immateriellen Gütern zu vermeiden. Immaterielle Güter sollten daher nur dann in das Anlagevermögen aufgenommen werden, wenn ihr Wert in einem entgeltlichen Geschäft am Markt bestätigt wurde.50 Für Humankapital bestehen keine besonderen ________________________ 43 Letzteres freilich wiederum durchbrochen etwa im Fall des § 6a EStG für das Wahlrecht nach Art. 28 EGHGB. 44 Statt vieler G. Crezelius, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 3. Aufl. 2003, § 5 Rz. 37 m. w. N. 45 Für eine Abschaffung des Maßgeblichkeitsprinzips, das für einen Anachronismus gehalten wird etwa von J. Lang, DStJG 24 (2001), 49, 114; H. Weber-Grellet, in L. Schmidt (Hrsg.), EStG, 24. Aufl. 2004, § 5 Rz. 27 m. w. N. Vgl. auch den Überblick bei S. Grotherr, Die Diskussion des Maßgeblichkeitsprinzips in der Bundesrepublik Deutschland, in Bertl/Egger/Gassner/Lang/Nowotny (Hrsg.), Die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Gewinnermittlung für das Steuerrecht, 2003, 221 ff. 46 H. Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, 1996, § 2 Rz. 5. 47 H. Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, 1996, § 2 Rz. 5. Krit. zu dieser Forderung etwa J. Lang, DStJG 24 (2001), 49, 114. 48 Kap. 14 II (S. 497 ff.). 49 Vgl. etwa H. Weber-Grellet, in L. Schmidt (Hrsg.), 23. Aufl. 2004, § 5 Rz. 162. Zu möglichen Ausweichgestaltungen bei Küting/Kaiser, BB 1994, Beilage 2, 11. 50 So die Begründung zu § 153 Abs. 3 AktG 1965, BT-Drucks. IV/171, 177; mit der Aufnahme der steuerbilanziellen Regelung sollte ein Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz erreicht werden, BT-Drucks. V/3187, Anlage 1.
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Schwierigkeiten, wenn man es nach der Kostenmethode bewertet51 und keine Teilwertabschreibung erforderlich ist. Das dürfte, wenn man von der generellen Lukrativität von Humankapitalinvestitionen ausgeht, regelmäßig der Fall sein.52 Auch erwirbt der Lernende zumindest bei organisierten entgeltlichen Lehr- und Studiengängen häufig ein standardisiertes Produkt, dem gerade ein marktmäßiger Austausch zugrunde liegt. Freilich begegnet dies im Ergebnis durchgreifenden Bedenken. Erstens entstehen dann, wenn eine Teilwertabschreibung doch im Raum steht, ganz erhebliche Bewertungsprobleme, zumal die Humanvermögensrechnung als einschlägige wissenschaftliche Disziplin nach einer kurzen Boomphase ohne große Erfolge wieder eingeschlafen ist.53 Zweitens bereitet die Form der Aktivierung Schwierigkeiten. Bilanzierungshilfen, wie sie das Handelsrecht in §§ 269, 274 Abs. 2 HGB kennt, sind im Steuerrecht unbekannt und werden schlichtweg ignoriert.54 Drittens sind isolierte Durchbrechungen der Maßgeblichkeit, die nicht auf einem einheitlichen Konzept beruhen, zweifelhaft.55 Viertens wäre – selbst nach einer Aufgabe der Maßgeblichkeit – eine Zugehörigkeit des Humankapitals zum steuerlichen Betriebsvermögen56 nicht nur wegen der Höchstpersönlichkeit inhaltlich unzutreffend. Vielmehr würde sie unlösbare praktische Schwierigkeiten verursachen, da die private Nutzung des Humankapitals als Entnahme erfasst werden müsste. Das wäre kaum zuverlässig und damit nicht gleichheitsgerecht möglich. c) Außerbilanzielle Aufwandsverteilung Sinnvoller erscheint es daher, eine Aufwandsverteilung außerhalb der Bilanz vorzunehmen.57 Das würde auf ein bekanntes steuerrechtliches Instrument zurückgreifen: Außerbilanzielle Hinzu- und Abrechnungen sind bekanntlich bereits an verschiedenen korrekturbedürftigen Konstellationen vorgesehen, ________________________ 51 Kap. 1 I 4 (S. 24 ff.). 52 Kap. 1 III 1 (S. 36 f.). 53 So H. Streim, Stichwort „Humanvermögensrechnung“ in W. Wittmann et al (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5. Aufl. 1993, Sp. 1682, 1692. 54 S. etwa H. Weber-Grellet, in L. Schmidt (Hrsg.), 23. Aufl. 2004, § 5 Rz. 32 m. w. N. 55 So mit Recht im Kontext von Aufkommensschöpfung durch den Fiskus J. Hey, in TL, § 17 Rz. 53. Zur „schleichenden Abschaffung“ des Maßgeblichkeitsprinzips s. H. Weber-Grellet, Argumente für die Abschaffung des Maßgeblichkeitsprinzips, in Bertl/Egger/Gassner/Lang/Nowotny (Hrsg.), Die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Gewinnermittlung für das Steuerrecht, 2003, 267, 269 f. 56 Die derzeit nicht möglich ist, vgl. nur W. Heinicke, in L. Schmidt, EStG, 23. Aufl. 2004, § 4 Rz. 309. 57 Für eine Verteilung des Aufwands über die Zeit anstelle einer Abschreibung eines Wirtschaftsguts auch D. Suhr, StuW, Sp. 579, 592 f.
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so namentlich in § 4 Abs. 5 EStG58 und in § 8 Abs. 3 S. 2 KStG,59 für Körperschaftsteuersubjekte auch bei § 10d EStG.60 Der Aufwand sollte entsprechend den bereits in den Grundzügen der Aufwandsverteilung skizzierten Linien61 im Regelfall über die Nutzungsdauer des Humankapitals verteilt werden.
2. Bestimmung der Nutzungsdauer Bei der Forderung einer schrittweisen Auflösung des außerbilanziellen Aufwandsverteilungspostens stellt sich freilich sogleich die Frage, welche Nutzungsdauer anzusetzen wäre und in welchen Schritten die Auflösung zu erfolgen hätte. Keinesfalls lässt sich argumentieren, Humankapital nutze sich gar nicht ab, sondern akkumuliere sich weiter, je mehr praktische Erfahrung der Lernende gewinnt. Denn mit Eintritt in den Ruhestand, spätestens aber am Lebensende ist das Humankapital wertlos. Der Aufwand entsteht also irgendwann zwischen Erwerb der Fertigkeiten und dem Tod. Es bleibt daher lediglich die Frage der Verteilung über die Zeit.62 Man könnte sich zwar wie bei materiellen Wirtschaftsgütern für einen je nach Art des erworbenen Humankapitals unterschiedlichen Zeitraum aussprechen. Für eine in einer besonderen Computersprache ausgebildete Informatikerin wäre in Anbetracht des schnellen Wandels in diesem Bereich eine sehr kurze Frist angemessen, ein als verbeamteter Lehrer tätiger Altphilologe müsste hingegen den Aufwand über sein gesamtes Berufsleben verteilen. Das überzeugt indessen nicht, da derzeit keine Erfahrungen mit Nutzungsdauern von Humankapital bestehen. Der Versuch der Erstellung von Tabellen, die den bereits bestehenden AfA-Tabellen im Grade ihrer Ge________________________ 58 Vgl. nur W. Heinicke, in L. Schmidt, EStG, 23. Aufl. 2004, § 4 Rz. 491. Zu unbeachtlichen Gewinnerhöhungen s. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 3 EStG. 59 Str., vgl. nur die Nachweise bei G. Frotscher, in Frotscher/Maas, Anhang zu § 8 KStG Rz. 213 ff. (Stand Februar 2002). 60 Vgl. nur Abschn. 24 KStR. 61 Kap. 14 I 2 (S. 495 ff.). 62 A. A. aber H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746: „Dass ein Zusammenhang dieser Aufwendungen mit dem späteren Beruf besteht, lässt sich nicht bestreiten. Nur ist auch in diesen Fällen eine ähnliche Differenzierung wie im Wirtschaftsgut-Bereich vorzunehmen. Die Ausbildung dient der ‚Anschaffung bzw. Herstellung des Berufs’, alles andere – wie etwa die Fortbildung – sind abziehbare ‚Erhaltungsaufwendungen’. Die vorzunehmende Unterscheidung lautet daher nicht ‚beruflich oder nicht beruflich veranlasst’, sondern Anschaffung oder Erhaltung. Der Beruf ist so gesehen ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut, dessen Anschaffungskosten im Bereich privater Einkünfte (von den Spekulationsgeschäften abgesehen) nicht absetzbar sind“ (Hervorhebung nur hier). Das verkennt m. E. die Verkörperung des Humankapitals, die zwingend einen zu verteilenden Aufwand bedingt.
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nauigkeit nahe kommen, dürfte kaum von Erfolg gekrönt sein und im Übrigen einen disproportionalen Arbeitsaufwand hervorrufen. Daher sollte für die Verteilung des Aufwands über die Zeit ein pauschaliertes Verfahren vorgesehen werden. Danach wäre eine typische Nutzungsdauer für alle Formen von Humankapitalinvestitionen vorzuschreiben. Ein solches Vorgehen ist dem bestehenden Recht nicht fremd.63 Deren Bestimmung für den hier zu diskutierenden Fall trüge notwendig dezisionistische Züge. Bei der Festlegung sollte man nicht die Dauer bis zum voraussichtlichen Eintritt in den Ruhestand anlegen. Denn eine Fortschreibung und Überwachung würde trotz der verbesserten Möglichkeiten der Datenverarbeitung einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten.64 Zudem erweist die gestiegene Zahl von Umschulungen, dass heutzutage der Lebensberuf nicht mehr zwingend als Regel einzustufen ist.65 An dieser Stelle kann das Systemdenken Hilfe leisten. Faute de mieux kann man auf die richterrechtlich festgelegten Werte zur zulässigen Bindung bei arbeitgeberseitig getragenen Kosten von Bildungsmaßnahmen zurückgreifen.66 Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass eine gewisse Harmonisierung mit der Behandlung egoistischer Fremdinvestitionen erreicht werden kann. Auch hier sollte man freilich vergröbern und nicht die Unsicherheiten der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung in das Steuerrecht hineintragen. Vielmehr sollte man einheitlich von einer Frist von fünf Jahren, also der absolut zulässigen Höchstdauer solcher Bindungsklauseln, ausgehen.67 Die fünfjährige Nutzungsdauer stimmt mit anderen steuerrechtlichen Instrumenten überein, die der Vermeidung von Progressionsmöglichkeiten bzw. der Korrektur der Zuordnungsentscheidung zwischen Privat- und Unternehmenssphäre dienen:68 § 34 Abs. 1 EStG geht davon aus, dass zur Vermeidung der Progressionsnachteile eine Glättung durch Verteilung auf einen ________________________ 63 Vgl. § 7 Abs. 1 S. 3 EStG. 64 Noch stärker Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen (Hrsg.), Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Teil II Rz. 457: „Auch eine – unter Umständen jahrzehntelange – Überwachung ist augeschlossen.“ 65 Vgl. nur B. Gast-de Haan, Weiterbildung, in FS für L. Schmidt, 105, 112. Das Problem würde auch nicht dadurch gelöst, dass man einen vorzeitigen Totalabzug des Humankapitals zuließe. Denn die beschränkte Nutzungsdauer ist nicht mehr außergewöhnlich. 66 Kap. 8 III 1 (S. 327 ff.). 67 Kap. 8 III 1 (S. 327 ff.). 68 Hingegen sollen die eine Siebenjahresfrist enthaltenden Vorschriften der §§ 3 Nr. 40 S. 4 Buchst. a; 6 Abs. 5 S. 6 EStG steuersenkende Gestaltungen verhindern; sie verfolgen damit einen anderen Zweck.
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Fünfjahreszeitraum zufriedenstellend erreicht werden kann.69 § 15a UStG sieht für Nichtimmobilien einen fünfjährigen Korrekturzeitraum vor, wenn sich die private Nutzungsquote von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen verändert. Allerdings ist Konstellationen Rechnung zu tragen, in denen das Humankapital tatsächlich nur kürzer genutzt werden kann, etwa weil die Kenntnisse und Fertigkeiten völlig wertlos werden – man denke an das Wissen eines Marxismus-Leninismus-Lehrers in der ehemaligen DDR – oder weil der Träger aufgrund von Krankheit oder Tod nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten. Ebenfalls sind zu berücksichtigen Konstellationen einer von Anfang an vorauszusehenden kürzeren Nutzbarkeit, etwa wegen bevorstehenden Erreichens der Altersgrenze. In diesen Fällen ist eine entsprechend kürzere Dauer anzusetzen. Ferner ist auch die Möglichkeit des Fehlschlagens von Investitionen zu beachten.70 Diese droht namentlich dann, wenn man einen signifikanten Sheepskin-Effekt71 annimmt. Dann gilt es, ebenso wie bei einer Schraubenfabrik, die bereits in der Bauphase abbrennt, eine Prognose über die geplante Nutzung vorzunehmen und zu einem entsprechenden Anteil Erwerbsaufwendungen anzusetzen. Letztlich weisen diese Gesichtspunkte keine Besonderheiten gegenüber der Situation bei materiellen Wirtschaftsgütern auf.
3. Höhe des Ansatzes Bei der Höhe des Ansatzes sollte man sich auf tatsächlich getragenen Aufwendungen beschränken, also das Humankapital nach der Kostenmethode bewerten.72 Sowohl eine Bewertung des Humankapitals nach der Einkommensmethode73 als auch eine fiktive Verzinsung der ursprünglichen Aufwendungen74 harmonieren nicht mit dem derzeitigen Ertragsteuersystem. Denn derzeit werden Zinsen grundsätzlich besteuert. Lässt man eine Verzinsung der ursprünglich getätigten Aufwendungen zu, dann entsteht eine systemwidrige Privilegierung für diejenigen, die in Humankapital sparen.75 ________________________
69 Vgl. zu dieser § 34 Abs. 1 EStG zugrunde liegenden Motivation etwa R. Mellinghoff, in P. Kirchhof (Hrsg.), EStG, 4. Aufl. 2004, § 34 Rz. 1 und 60. 70 So auch H. Weber-Grellet, StuB 2003, 746, 747. 71 Kap. 1 II 2 b) aa) (S. 33 f.). Kosten wären freilich nur die monetären Kosten. 72 Kap. 1 I 4 (S. 24 ff.). 73 Kap. 1 I 4 (S. 24 ff.). 74 Dafür P. David, Reforming the Taxation of Human Capital, in Arnott/Greenwald/ Kanbur/Nalebuff (Hrsg.), Economics for An Imperfect World: Essays in Honor of Joseph Stiglitz, Cambridge/MA, 2003, 439, 446 f. 75 Hintergrund für den Vorschlag von P. David war gerade eine Nichtbesteuerung von Kapitalerträgen in den USA durch besondere zinsbefreite Programme. Umgekehrt könnte der Übergang zu einer Fair-Value Besteuerung das Sparen in Humankapital
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Probleme einer praktischen Implementierung
Jedoch könnte man erwägen, die abzugsfähigen Aufwendungen der Höhe nach weiter zu beschränken.76 Denn man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass in extrem teuren Bildungsmaßnahmen regelmäßig auch eine gewisse Konsumkomponente enthalten sei.77 So könnte man dem Undergraduate-Studium in Harvard nicht nur berufsvorbereitenden Charakter, sondern auch eine gewisse Privatnützigkeit (Erweiterung des interkulturellen Horizonts; verbesserte Chancen auf dem Heiratsmarkt; Absolventenstatus der bekanntesten Universität der Welt) zusprechen. Dabei handelt es sich um eine Frage der Abgrenzung von Privat- und Erwerbsphäre, bei der dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zukommt.78 Allerdings erscheint eine eigenständige Festsetzung von Obergrenzen durch den Gesetzgeber nicht unbedingt geboten, ist die Möglichkeit einer Begrenzung nach oben doch schon in § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG vorgesehen.
4. Technische Umsetzung In gesetzestechnischer Hinsicht lässt sich das hier dargestellte Ziel einer außerbilanziellen Aufwandsverteilung erreichen, indem – ausgehend von der neuen Rechtsprechung vor Ergehen des Nichtanwendungsgesetzes und damit von der Qualifizierung von erwerbsbestimmten Bildungsaufwendungen als Erwerbsaufwendungen – lediglich das in § 12 Nr. 5 EStG geregelte Abzugsverbot für Erstausbildung und Erststudium wieder aufgehoben wird. a) In § 4 Abs. 5 EStG wäre eine neue Nummer 11 anzufügen. Ein erster Formulierungsversuch könnte lauten: „Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern: … 11. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung des Steuerpflichtigen, solange er sich in der Berufsausbildung oder in der Elternzeit gemäß § 15 BErzGG befindet. 2Während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Abschluss der Berufsausbildung ist für jeden Monat, in dem der Steuerpflichtige einen Gewinn unter Einsatz des durch die Berufsausbildung erworbenen Wissens erzielt, ein Sechzigstel der kumulierten Aufwendungen für die Berufsausbildung wie eine Betriebsausgabe ________________________ privilegieren, so dass über eine teilweise Abzugsbeschränkung der Aufwendungen nachzudenken wäre, vgl. dazu L. Kaplow, American Econmic Review, Papers and Proceedings, 86 (1996), 347, 351. 76 Dafür ab einer vernünftigen Höhe auch P. David, Reforming the Taxation of Human Capital, in Arnott/Greenwald/Kanbur/Nalebuff (Hrsg.), Economics for An Imperfect World: Essays in Honor of Joseph Stiglitz, Cambridge/MA, 2003, 439, 443 f. Für eine Grenze von 10.000 Euro spricht sich aus U. Prinz, FR 2005, 229, 236. 77 Vgl. Kap. 1 I 3 c) (S. 23 f.) zur Verwobenheit mit der Konsumsphäre. 78 Vgl. oben Kap. 3 III 3 b) bb) (S. 111 ff.).
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Rechtspolitischer Vorschlag: Aufwandsverteilung von Humankapitalinvestitionen
anzusetzen. 3Dieser Zeitraum verlängert sich um die Dauer der Elternzeit. 4Ist eine kürzere Nutzungsdauer anzunehmen, so tritt diese an die Stelle des Fünfjahreszeitraums. 5§ 7 Absatz 1 Satz 6 gilt entsprechend. 6Hat der Steuerpflichtige nach § 3 Nummern 11, 37, 42 oder 44 oder nach Doppelbesteuerungsabkommen befreite Unterhaltsleistungen erhalten, so sind die kumulierten Aufwendungen um diese Leistungen zu verringern. 7Dasselbe gilt in Höhe der Freibeträge nach §§ 32 Abs. 6, 33a Abs. 1 und 2,[79] die während der Dauer der Berufsausbildung des Steuerpflichtigen einem anderen Steuerpflichtigen gewährt werden.“ b) Diese Norm wäre in die Verweisungsliste des § 9 Abs. 5 EStG aufzunehmen. c) Änderungen bei § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bedürfte es nicht. Denn die neu eingefügte Vorschrift würde die Qualifikation als Betriebsausgaben nicht beseitigen, so dass der Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG („Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind“) einem Sonderausgabenabzug entgegenstünde. Die Norm würde an der Qualifizierung als Erwerbsaufwendung nichts ändern. Eine doppelte Berücksichtigung als Erwerbsaufwendung und als Sonderausgabe wäre damit ausgeschlossen. d) Ferner wäre in den Vorschriften der §§ 32 Abs. 6 und 33a Abs. 1 und 2 EStG ein Widerspruchsrecht des Lernenden vorzusehen.
5. Aktivische Steuerabgrenzung Folge dieser steuerlichen „Quasi-Aktivierung“ wäre dann innerhalb der (Handels-)Bilanz, dass über eine aktive Steuerabgrenzung nach § 274 HGB nachgedacht werden könnte. Diese ist zwar im Gesetz nur für Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsgesellschaften explizit vorgesehen; die Regeln finden aber grundsätzlich auf alle Kaufleute Anwendung.80 Dementsprechend gehen von der „Quasi-Aktivierung“ auch noch positive Folgen für die Handelsbilanz aus. So könnte indirekt auch an potentielle Kreditgeber das Signal gesendet werden, dass Humankapital eine lukrative Investition darstellt.
________________________ 79 Hier könnte man einen klarstellenden Hinweis auf 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG aufnehmen. Hingegen ist wegen der bereits erfolgten Korrespondenzbesteuerung § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht anzuführen. 80 B. Großfeld, Bilanzrecht, 3. Aufl. 1998, 424.
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Zusammenfassung
IV. Zusammenfassung Dieses Kapitel unterbreitete einen Reformvorschlag für die Einkommensteuer: Aufwand für Humankapital sollte zur Überwindung der Probleme der Diachronizität von Ausgaben und Ertrag über die Zeit verteilt werden können. 1. Dies ist nach hier vertretenem Verständnis für die Fremdinvestitionen de lege lata bereits möglich durch Ansatz eines aktivischen Rechnungsabgrenzungspostens für die durch Rückzahlungsklausel gesicherten Aufwendungen. Bei Eigeninvestitionen sollte grundsätzlich ein vergleichbares Ergebnis herbeigeführt werden. Mit Ausnahme der Elternzeit sollte sich die Möglichkeit, Aufwendungen für die Berufsausbildung als Erwerbsaufwendungen geltend zu machen, grundsätzlich nach der Verwendung des Humankapitals während dessen potenzieller Nutzungsdauer richten; im Falle des Scheiterns der Investition käme ein Sofortabzug in Betracht. Kosten für die Aufrechterhaltung des Humankapitals, insbesondere in Form der Aktualisierung, wären hingegen sofort abzugsfähig. Die Aktivierung würde sich mit der geforderten Integration mit den altruistischen Investitionen durch einen entsprechenden Abzug von den zu aktivierenden Aufwendungen ohne Weiteres in Einklang bringen lassen. 2. Die Aktivierung hätte die Vorteile einer vereinfachten Handhabung und der Umsetzung steuerstaatlicher Vorgaben. Sie würde den Aufwand periodengerecht zuordnen und die Schwächen des § 10d EStG überwinden. Sie wäre ferner sozialstaatlich verträglich und würde die Behandlung der Eigeninvestitionen in Humankapital mit der von Fremdinvestitionen sowie von Investitionen in Sachkapital angleichen. Sie würde auch der Wertung der informationellen Selbstbestimmung Rechnung tragen und mit dem Territorialitätsprinzip in Einklang stehen. Die Probleme der Diachronizität bei der Gewerbesteuer würden gelöst. Schließlich würde eine Zuwanderungsanreiz für Hochqualifizierte gesetzt. Die in Ausnahmefällen mögliche Schlechterstellung gegenüber der derzeitigen Rechtslage wäre hinzunehmen. 3. In technischer Hinsicht sollte die „Aktivierung“ die Form einer außerbilanziellen Aufwandsverteilung annehmen. Die Nutzungsdauer sollte grundsätzlich in Übereinstimmung mit der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln pauschal fünf Jahre betragen, wenn der Steuerpflichtige keine kürzere Nutzungsdauer nachweist. Die Höhe des Ansatzes bestimmt sich nach den tatsächlichen monetären Kosten; einer gesonderten Obergrenze für unangemessen hohe Aufwendungen bedarf es nicht. In der Handelsbilanz kann sich die Aufwandsverteilung als aktive Steuerabgrenzung widerspiegeln.
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Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung und Ausblick
Tony Blair says his priorities are education, education, education. Well, so are mine (but in a different order). Premierminister John Major im britischen Wahlkampf 19971
I. Die Arbeit hat versucht, das in der Ökonomik gängige Konzept des Humankapitals2 – verstanden als der in Geld bewertete in einem Menschen verkörperte Bestand an Ausbildung, der zur Erzielung eines erhöhten Einkommens in der Zukunft eingesetzt werden kann – für den deutschen steuerrechtswissenschaftlichen Diskurs fruchtbar zu machen. Dazu wurde der aktuelle Stand der ökonomischen Forschung zur individuellen und gesamtgesellschaftlichen Lukrativität von Investitionen in Humankapital3 und zur Optimalsteuertheorie in Bezug auf die Besteuerung von (Human-)Kapitalerträgen4 eingehend dargestellt. Die dort gewonnenen Erkenntnisse wurden nicht nur in Hinblick auf eine bessere Ausgestaltung der Gesetze für relevant gehalten. Vielmehr ist nach hier vertretener Auffassung eine diesbezügliche Ausrichtung der Besteuerung auch mit Blick auf Art. 109 Abs. 2 GG (partiell) normativ geboten.5 Als Staatsstrukturmodell lag der Arbeit das Modell des steuerstaatlichen Partizipierens6 zugrunde. Dieses wurde um die Erkenntnisse der Informationsrevolution in der Ökonomik7 angereichert. Demnach ergeben sich aus der Entscheidung für eine steuerstaatliche Partizipation vor dem Hintergrund der nicht immer ehrlichen Steuerbürger zwei Restriktionen für Rechtsanwendung und Rechtssetzung: Erstens dürfen Steuergesetze in ihrer Auslegung durch die Gerichte keine Tatbestandsmerkmale enthalten, die beim Steuerpflichtigen typischerweise nicht definiert sind.8 Dasselbe gilt zweitens für aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Hindernisse9 nicht zuverlässig verifizierbare Merkmale.10 ________________________ 1 Zitiert nach A. Wolf, Does Education Matter? Myths about education and economic growth, 2002, 13. 2 Zum Konzept Kap. 1 I (S. 15 ff.). Zur Diskussion der Signalling-Theorie als in der Ökonomik diskutierte Alternative Kap. 1 II 2 (S. 31 ff.). 3 Kap. 1 III (S. 35 ff.). 4 Kap. 1 IV (S. 43 ff.). 5 Kap. 9 I 5 b) (S. 363 ff.). 6 Zur partizipatorischen Dimension der Steuerstaatlichkeit Kap. 2 I 2 (S. 67 ff.). 7 Dazu allgemein Kap. 1 II 2 a) (S. 31 ff.). 8 Kap. 2 II 2 (S. 87 ff.). 9 Vgl. dazu auch Kap. 9 (S. 337 ff.) und dort vor allem zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Kap. 9 I 3 b) (S. 352 ff.). 10 Kap. 2 II 1 (S. 75 ff.).
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Zusammenfassung und Ausblick
In methodischer Hinsicht verfolgte die Arbeit einen Systemansatz.11 Freilich wurde das gesetzliche12 System13 nur für die Rechtsanwendung für verbindlich erachtet, die daran aus Gründen der Gewaltenteilung in Verbindung mit dem Demokratieprinzip gebunden ist.14 Die Rechtssetzung darf sich hingegen außerhalb des bundesstaatlichen Kontexts zu außersteuerlichen Normen in Widerspruch setzen.15 Zudem kann sie jenseits der Vorgaben höherrangigen Rechts16 ihre Belastungsentscheidungen relativ frei treffen. Hat sie jedoch eine solche Entscheidung getroffen, darf sie davon nur bei Vorliegen eines die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grundes abweichen.17 Diese relativ große Freiheit der Rechtssetzung ändert freilich nichts daran, dass Widerspruchsfreiheit ein anzustrebendes rechtspolitisches Ideal ist.18 II. Der Zweite Teil beantwortete – auf Grundlage der Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdinvestitionen sowie zwischen egoistischen dun altruistischen Investitionen19 – die Frage, wie Investitionen in Humankapital derzeit in Deutschland steuerlich behandelt werden.20 Diese relativ umfangreiche deskriptive Bestandsaufnahme der bestehenden Regelungen und ihres Verständnisses durch Rechtsanwendung und wissenschaftlicher Literatur diente zugleich auf der präinterpretativen Stufe zur Vorbereitung der Systemoptimierung des Dritten Teils. Sie erstreckte sich auf Vorschriften aus dem Bereich der Einkommen-21 und Umsatzsteuer22 sowie der sonstigen steuerlichen Regeln (Erbschaft-,23 Gewerbe-24 und frühere Vermögensteuer25 sowie Gemeinnützigkeitsrecht26). Der Zweite Teil zeigte zudem den durch
________________________ 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Kap. 3 (S. 92 ff.). Eine Selbstbindung der Rechtsprechung wird hingegen abgelehnt, Kap. 3 II 2 (S. 100). Zum Begriff Kap. 3 I (S. 94 ff.). Kap. 3 II 1 (S. 95 ff.). Kap. 3 III 2 a) (S. 102 f.). Dazu Kap. 3 III 1 (S. 101 f.) und Kap. 9 (S. 337 ff.). Kap. 3 III 3 b) (S. 109 ff.). Kap. 3 IV (S. 112). Einleitung zum Zweiten Teil II 1 und 2 (S. 116 ff.). Kap. 4 bis 7 (S. 119 ff.). Kap. 4 und 5 (S. 119 ff.). Zur Unterscheidung zwischen egoistischen und altruistischen Investitionen s. Einleitung zum Zweiten Teil II (S. 115 ff.). Kap. 6 (S. 265 ff.). Kap. 7 I (S. 294 ff.). Kap. 7 II (S. 303 ff.). Kap. 7 III (S. 308). Kap. 7 IV (S. 308 f.).
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Zusammenfassung und Ausblick
andere einfachgesetzliche Vorschriften27 des Familien-,28 Arbeits-29 und Sozialrechts30 gebildeten Kontext auf. III. Vor dem Hintergrund der Bestandsaufnahme des Zweiten Teils überprüfte der Dritte Teil die dargestellten Regeln auf ihre Systemkonformität. 1. Dazu wurden zunächst die Vorgaben und Wertungen diskutiert, die für die Besteuerung von Humankapital zu beachten sind. Dabei ergaben sich im Verfassungsrecht vergleichsweise wenige derzeit konfliktträchtige Vorgaben. Jedoch bestehen zahlreiche Wertungen und Staatsstrukturprinzipien, die für die Systemoptimierung zu beachten sind. Zudem wurden die europarechtlichen Grundfreiheiten und die Rechtfertigungsgründe erörtert, von denen für die Humankapitalinvestitionen derzeit nur die Kohärenz von Bedeutung ist.31 Darüber hinaus liessen sich – mit dem Grundsatz der strikten Trennung zwischen der Privat- und der Erwerbssphäre; dem Grundsatz der Chancengleichheit und der Förderung der Bildung sowie der Entscheidung, Leistungsfähigkeitsminderungen der Eltern in pauschaler Form und nicht individualisiert zu berücksichtigenaus dem einfachen Recht vier besonders wichtige Prinzipien gewinnen, die für die Systemoptimierung bedeutsam sind.32 2. Die darauf folgenden Ausführungen beleuchteten die Vereinbarkeit mit den Vorgaben höherrangigen Rechts. Im Bereich des Europarechts wurden einige Verstöße gegen zwingende Vorgaben aufgezeigt: In der Rechtsprechung, die den Werbungskostenabzug bei angestrebter Tätigkeit im EUAusland ausschließt, wurde wegen fehlender Kohärenz ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit gesehen.33 Auch verstößt nach hier vertretener Auffassung die Richtlinienumsetzung bei den umsatzsteuerlichen Befreiungsvorschriften gegen das europarechtliche Transparenzgebot, da die gebotene richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift wegen der zersplitternden, zugleich aber amalgamierenden Umsetzung nicht möglich erscheint.34 Zudem ist die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 UStG aufgrund der Vorgaben der Richtlinie auch auf nicht berufs- oder prüfungsvorbereitende Kurse auszudehnen.35 Ferner wurde die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf inländische Schulen für mit der Dienstleistungsfreiheit unvereinbar befunden.36 ________________________ 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Kap. 8 (S. 310 ff.). Kap. 8 I (S. 311 f.). Kap. 8 III (S. 326 ff.). Kap. 8 II (S. 316 ff.). Kap. 9 (S. 337 ff.). Kap. 9 III (S. 374 ff.). Kap. 10 I 3 a) (S. 411 f.). Kap. 10 III 3 a) (S. 425 f.). Kap. 10 III 3 b) (S. 426 ff.). Kap. 11 I 2 b) (S. 449).
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Zusammenfassung und Ausblick
Durchschlagende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hingegen grundsätzlich nicht. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die im Jahre 2004 eingefügte Vorschrift des § 12 Nr. 5 EStG, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG37 und die Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben bei Bestimmung der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG bzw. § 33a Abs. 1 EStG.38 Auch die Beschränkung der steuerbefreiten Mittelgewährung auf Zuwendungen unter Lebenden ist verfassungsrechtlich unbedenklich. 3. Der Dritte Teil suchte zudem die Bausteine zu einem System der Humankapitalbesteuerung zusammenzufügen. a) Im Bereich der Auslegung folgte die Arbeit im Ergebnis weitgehend der Linie der im Jahre 2002 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Insbesondere wurde für die noch nach alter Rechtslage zu entscheidenden Fälle bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2003 die neue Rechtsprechung39 zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten begrüßt und eine Ausweitung auf das reine Erststudium befürwortet.40 Hingegen unterfielen die Fälle des Erwerbs von Allgemeinbildung nach hier vertretener Auffassung wegen gemischter Veranlassung dem Aufteilungs- und Abzugsverbot.41 Zur Begründung dieser Ergebnisse wurde entscheidend auf eine generalisierte Veranlassung als Form der formellen Typisierung abgestellt.42 Weiterhin wurde die Reichweite der Gesetzesänderung zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten untersucht und ein Vorschlag unterbreitet, wie § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 nF. EStG zu verstehen und die fortbestehenden Probleme zu lösen sind.43 Ferner wurde die Geltung eines Symmetrieprinzips der steuerlichen Behandlung von Eigeninvestitionen und egoistischen Fremdinvestitionen beim Lernenden abgelehnt.44 Bei der Erbschaftsteuer sollte die Befreiung von Zuwendungen zum Zwecke der Ausbildung nach § 3 Nr. 12 ErbStG auf die Fälle beschränkt werden, in denen eine Bedürftigkeit des Empfängers anzunehmen ist.45 Der Erlass von Ausbildungsdarlehen sollte nur dann befreit sein, wenn der Darlehensvertrag ________________________ 37 38 39 40 41 42 43
Kap. 11 I 2 a) (S. 442 ff.). Kap. 11 I 1 (S. 437 ff.). Kap. 4 III 2 (S. 159 ff.). Kap. 10 I 1 b) cc) (S. 395 ff.). Kap. 10 I 1 b) bb) (S. 392 ff.). Kap. 10 I 1 b) aa) (S. 386 ff.). Kap. 10 II (S. 418 ff.) sowie Kap. 11 I 3 (S. 456 ff.) zur Berufsausbildung des Ehegatten. 44 Kap. 10 II (S. 418 ff.). 45 Kap. 11 III 2 a) (S. 466 f.).
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Zusammenfassung und Ausblick
ursprünglich zwischen dem Zuwendenden und dem Lernenden zur Ermöglichung der Ausbildung begründet wurde.46 Außerdem wurde ein weitgehend einheitlicher Begriff der Berufsausbildung erarbeitet.47 Dabei wurde gezeigt, dass der Begriff nicht, wie bisher zumeist vertreten, von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG her entwickelt werden sollte, sondern grundsätzlich ausgehend vom bei § 32 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG herrschenden Verständnis. Allerdings ist den Besonderheiten der Unterhaltssituation Rechnung zu tragen. b) In rechtspolitischer Hinsicht stellen sich für das Einkommensteuerrecht zwei Grundprobleme: Zum einen ist es geboten, die steuerliche Behandlung von egoistischen und altruistischen Investitionen48 aufeinander abzustimmen, um eine doppelte Begünstigung zu vermeiden. Diese wird beim Familienleistungsausgleich hervorgerufen, wenn die Eltern kindbezogene Freibeträge in Anspruch nehmen und das Kind selbst Verlustvorträge generiert, die in späteren Perioden wirksam werden. Sie kann ferner bei sozialrechtlichen Zuwendungen dadurch entstehen, dass ausbildungsbedingt Zuwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts gewährt werden, der Lernende aber gleichwohl seine Erwerbsaufwendungen ungemindert geltend machen kann. Zur pragmatischen Lösung dieses Problems sollte eine indirekte Korrespondenzbesteuerung eingeführt werden. Dazu sollten die steuerlich relevanten Abzugsbeträge der Kostenträger bzw. die erhaltenen Sozialleistungen die geltend zu machenden Erwerbsaufwendungen mindern. Dies würde die haushaltspolitische Brisanz der neuen Rechtsprechung systemgerecht abmildern.49 Zum anderen ist eine Abgrenzung der Erwerbs- von der Privatsphäre zu leisten, die idealerweise periodengerecht sein sollte. Dazu erscheint als Ausgangspunkt die neue Rechtsprechung zutreffend, das durch die im Jahre 2004 neu eingefügte Norm § 12 Nr. 5 EStG statuierte Abzugsverbot hingegen nicht. Freilich weist auch die neue Rechtsprechung noch Defizite auf. Diese liegen vor allem in der Schwäche des Verlustabzugs, aber auch im informatorischen Bereich begründet. Zur Überwindung dieser Probleme sollte daher de lege ferenda bei Eigeninvestitionen eine „Quasi-Aktivierung“ der Kosten von Humankapitalinvestitionen mit anschließender pauschalierter Abnutzung während einer fünfjährigen Nutzungsdauer vorgesehen wer-
________________________ 46 47 48 49
Kap. 11 III 3 a) (S. 472). Kap. 13 I (S. 480 ff.) mit einer Erweiterung für § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Zu den Begriffen Einleitung zum Zweiten Teil II 2 (S. 116 ff.). Kap. 13 II (S. 485 ff.).
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Zusammenfassung und Ausblick
den.50 Bei Fremdinvestitionen hingegen gewährleistet die Möglichkeit einer Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten eine befriedigende Lösung.51 Weiterhin sollten Sonderausgaben und insbesondere die Sozialversicherungsbeiträge bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes in § 33a Abs. 1 EStG, nicht aber in § 32 Abs. 4 EStG als Abzugsposten berücksichtigt werden.52 Weniger bedeutsam, aber gleichwohl geboten erscheint es, den Sonderausgabenabzug für Privatschulunterricht zu streichen.53 Die Steuerbefreiungen beim Lernenden sind zumeist steuerrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie eine konsequente Fortsetzung sozialrechtlicher Wertungen darstellen.54 Bei der Umsatzsteuer ist, wenn man den Verbrauchsteuergedanken ernst nimmt, ohne zugleich die Praktikabilität der Besteuerung aus den Augen zu verlieren, eine Umwandlung der unechten Steuerbefreiung in eine echte Steuerbefreiung bei der Vermittlung von typischem Erwerbswissen angezeigt.55 Dann lösen sich auch die Probleme der Behandlung von Zuschüssen an Arbeitgeber im Rahmen der Arbeitsförderung.56 Hingegen liefert das Humankapitalkonzept entscheidende Argumente weder für eine Rechtfertigung der Vermögensteuer noch der Gewerbesteuer.57 IV. Die unterbreiteten Vorschläge fügen sich nicht nur in den Kontext des bestehenden Steuersystems ein. Vielmehr lassen sich ihre Grundzüge prinzipiell auch auf die in jüngster Zeit vorgelegten Reformentwürfe übertragen.58 Diese enthalten derzeit zumeist noch keine gesonderten Regeln, die den herausgearbeiteten Besonderheiten von Humankapital vollständig Rechnung tragen.59 Zwar müsste der hier unterbreitete Vorschlag je nach der genauen Ausgestaltung des jeweiligen Entwurfs im Einzelfall angepasst werden. Je________________________ 50 51 52 53 54 55 56 57 58
Eingehend dazu Kap. 14 (S. 493 ff.). Kap. 14 I 1 (S. 494 ff.). Kap. 11 I 1 d) (S. 441 f.). Kap. 11 I 2 d) (S. 455 f.). Kap. 11 I 4 (S. 458 ff.). Kap. 10 III 2 b) (S. 424 f.). Kap. 11 II (S. 465 f.). Kap. 10 IV und V (S. 428 ff.). Probleme bereitet allerdings die materielle Typsierung der Erwerbsaufwendungen in § 15 des Berliner Entwurfs für Arbeitnehmer in Höhe von 2 Prozent der Einnahmen (vgl. dazu H.-O. Solms, Die neue Einkommensteuer, 2003, 8). 59 So etwa P. Kirchhof et al., Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes, 2001; ders.: Einkommensteuergesetzbuch, 2003; J, Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993. Zwar enthält der Heidelberger Entwurf zu einem Einkommensteuergesetz 2015 (http://www.einfachsteuer.de/idee/download/Gesetz.pdf) in seinem § 12 eine Vorschrift über Humankapital. Er sieht freilich eine sofortige Abzugsmöglichkeit vor, die sich den sogleich geschilderten Bedenken aussetzt.
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Zusammenfassung und Ausblick
denfalls aber vermag eine sofortige Abziehbarkeit60 wegen der Gefahren eines möglichen Progressionsnachteils, des potentiellen Verlusts von Sonderausgaben und Grundfreibetrag, eventueller Schwierigkeiten mit Blick auf die Gewerbesteuer, aber auch wegen der Probleme in Hinblick auf die Vereinbarkeit mit internationaler Mobilität nicht ohne weiteres zu überzeugen.61 In Bezug auf die realwissenschaftlichen62 Grundlagen der vorgeschlagenen Änderungen werden neue Entwicklungen der ökonomischen Forschung zu beobachten sein. Bereicherungen sind insofern namentlich von den immer stärker verfeinerten Instrumenten der Datenanalyse zu erwarten, die gerade für den Bereich der Bestimmung der Steuerinzidenz ein verbessertes Verständnis verspricht. Ferner sind die Beiträge der noch relativ jungen Teildisziplinen der Behavioral Economics und der Experimental Economics mit großem Interesse zu verfolgen. Die größte Herausforderung wird in einem Zeitalter zunehmender Globalisierung freilich vom Steuerwettbewerb ausgehen, dem sich die Bundesrepublik Deutschland auch bei der Besteuerung von Humankapitalinvestitionen wird stellen müssen. Noch ist der Steuerwettbewerb auf diesem Gebiet nicht in voller Schärfe ausgebrochen, so dass schnelles Handeln einen first-mover-advantage63 eröffnen kann. Dabei geht es freilich nicht ausschließlich darum, unter Verzicht auf Gerechtigkeitsüberlegungen eine möglichst niedrige Besteuerung anzubieten. Vielmehr ist wegen seiner Verkörperung die Standortwahl für das eigene Humankapital anders als für Sachkapital grundsätzlich mit einer Entscheidung für einen Wohnsitz und damit für bestimmte lokale Lebensbedingungen verbunden. Daher ist die Entscheidung der Steuerpflichtigen durch die mittels Steuern finanzierten staatlichen Leistungen, aber auch durch ihre Präferenzen für ein gerechtes Steuerrecht beeinflusst.64 Gerechtigkeit und die effektive staatliche Einnahmeerzielung müssen daher auch in Zeiten des Steuerwettbewerbs nicht immer in Widerstreit stehen.
________________________ 60 Wie sie ausdrücklich vorgeschlagen wird vom Heidelberger Entwurf zu einem Einkommensteuergesetz 2015 (http://www.einfachsteuer.de/idee/download/Gesetz.pdf) sowie vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2003/2004, 2003, 333 ff., insbes. Rz. 601. 61 Vgl. zu den Vorteilen einer „Quasi-Aktivierung“ im Gegensatz zu einer sofortigen Absetzbarkeit näher Kap. 14 II (S. 497 ff.). 62 Dazu Einleitung II (S. 5 ff.). 63 Zum Begriff Kap. 14 II 9, dort Fn. 35 (S. 490). 64 Zum Einfluss der Einschätzung der Gerechtigkeit von Steuern auf die Bereitschaft, Steuern zu zahlen, s. Kap. 2 II 1 a) (S. 75 ff.).
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Abkürzungsverzeichnis AER Bbg BReg DAFamEStG
American Economic Review Brandenburg Bundesregeierung Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs Dü Düsseldorf EJ Economic Journal FS Festschrift HGR Handbuch der Grundrechte HHR Hermann/Heuer/Raupach (Hrsg.), Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz HStR Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland IER International Economic Review ILRA-Modelle Infinitely-Lived-Representative-Agent Modelle i. V. m. in Verbindung mit JEL Journal of the Economic Literature JEP Journal of Economic Perspectives JET Journal of Economic Theory JME Journal of Monetary Economics JPolE Journal of Political Economics JPubE Journal of Public Economics KSM Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz – Kommentar MV Mecklenburg-Vorpommern m. w. N. mit weiteren Nachweisen NBER National Bureau of Economic Research Nds Niedersachsen OLG-Modelle Overlapping-Generations Modelle QJE Quarterly Journal of Economics RES Review of Economic Studies RP Rheinland-Pfalz SH Schleswig-Holstein Thü Thüringen TL Tipke/Lang, Steuerrecht v. vom Im Übrigen wird verwiesen auf Hildebert Kirchner/Cornelie Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 2003. 577
Stichwortverzeichnis AFBG 318 f. – AFBG, Einkommensteuerbefreiung 251; 461 Aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten s. ARAP Allgemeinbildende Schulen 151 f.; 172 f.; 392 ff.; 404; 417 Allgemeine Lebensführung – Abgrenzung zu Fortbildungskosten 175 ff.; 413 ff. – Fortbildungsreisen 184 ff.; 393 – Führerschein 187 f. – Messefahrten 184 ff. – NLP 190 – Persönlichkeitsbildende Kurse 189 ff. – Privatpilotenschein 188 f. – Scientology 190 – Sprachkurse 176 ff. – Sprachreisen 180 ff. – Abgrenzung zu Sonderausgaben 124 ff.; 416 f. Allgemeiner Gleichheitssatz – Gleichbehandlung von Kapitalformen 360 f. – Neue Formel 356 ff. – Prinzipien 355 f. – Typisierungen 359 f.; s. auch Typisierung – und Quasi-Aktivierung 500 Altruistische Fremdinvestitionen – Definition 116 – Einkommensteuer 198 ff.; 436 ff. – Erbschaftsteuer 296 ff.; 465 ff. – Integration mit egoistischen Investitionen 485 ff. – Umsatzsteuer 290 ff.; 465
ARAP, bei egoistischen Fremdinvestitionen 260 f. Arbeitsförderung nach Europäischem Sozialfonds 324 Arbeitsförderung nach SGB III 320 ff. Arbeitsförderung, Einkommensteuerbefreiung 243 f.; 460 Arbeitslosigkeit 157 Arbeitsrecht 326 ff. – Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln 326 ff. Arbeitsstätte, Fahrten zur 193 f.; 234 Arbeitszimmer 128; 193 Asymmetrische Information 31 ff. Aufbaustudium 139 ff.; 168; 384; 403 Aufstiegsfortbildungsförderung nach AFBG 318 f. Aufteilungs- und Abzugsverbot 86 f.; 130 ff.; 163 f.; 191 ff.; 232; 268; 375; 388 – Abgrenzung von Sonderausgaben und Erwerbsaufwand 130 ff. – bei Umsatzsteuer 268 Aufwand, Gleichlauf mit Erträgen 351 Aufwandsverteilung – Eigeninvestitionen 495 ff. – Fremdinvestitionen 494 f. Ausbildung – Begriff bei der Erbschaftsteuer 299 – einheitlicher Begriff 480 ff. Ausbildungsbedarf 218 Ausbildungsbeihilfen – Einkommensteuerbefreiung 244 ff.; 460 f.
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Stichwortverzeichnis
– Verhältnis zu Ausbildungskosten 132 f. Ausbildungsdienstverhältnis 146 ff.; 157 f.; 405; 410 Ausbildungsfreibetrag 218 ff.; 226; 232 – Einkünfte und Bezüge des Kindes 222 f. – Monatsprinzip 223 f. Ausbildungskosten – Abgrenzung zu Fortbildungsnach alter Rechtsprechung 134 ff. – Abgrenzung zu Fortbildungsnach neuer Rechtslage 159 ff. – Abgrenzung zu Fortbildungsnach neuer Rechtsprechung 173 ff. – Abgrenzung zur Allgemeinen Lebensführung 126 ff. – Aufwendungen des Lernenden 131 ff. – Aufwendungen des Steuerpflichtigen 131 ff. – Ausbildungsbeihilfen 132 f. – Beruf 125 f. – Berufsausbildung 126 – Höhe der Aufwendungen 133; 175 – Restanwendungsbereich nach neuer Rechtsprechung 398 ff. Ausbildungskosten s. auch Fortbildungskosten Ausbildungsunterhalt – Ehegatten 311 f. – familienrechtlicher Anspruch 310 ff. – Kinder 312 ff. – Lebenspartner 312 – Stiefabkömmlinge 315 – Zahlungsmodalitäten 314 f.
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Ausländische Lehrlinge, DBASteuerbefreiung ausbildungsbezogener Zahlungen 252 ff.; 461 Ausländische Praktikanten, DBASteuerbefreiung ausbildungsbezogener Zahlungen 252 ff.; 461 Ausländische Schüler, Billigkeitsregelung bei Einkommensteuer 254, 462 Ausländische Studenten, Billigkeitsregelung bei Einkommensteuer 254, 462 Ausländische Studierende, DBASteuerbefreiung ausbildungsbezogener Zahlungen 252 ff.; 461 Auslandstätigkeit, beabsichtigte 399; 413 Außenabgrenzung 102 ff.; 430 f. Außergewöhnliche Belastung – Abgrenzung von reiner Privatsphäre 417 f. – Ausbildung als 196 f.; 417 f. – durch Ausbildung Unterhaltsberechtigter 236 ff. – Anrechnung von Einkünften 239 – Aufwendungen 240 – Opfergrenze 240 f. – Aufwandszuordnung 241 – Monatsprinzip 242 Auswärtige Unterbringung 220 ff. Bachelor 305; 317; 396; 403 BAföG 316 ff. – Darlehensrückzahlung 196 – Einkommensteuerbefreiung 460 f. Becker, Gary S. 20, 29
Stichwortverzeichnis
Beherbergung, bildungsbezogene 286 ff. Bereicherungsprinzip, Erbschaftsteuer 355 f. Beruf, Definition bei Sonderausgaben 125 f. Berufsartwechsel 134 ff. Berufsausbildung – Begriff bei Ausbildungsfreibetrag 219 – Begriff bei Ausbildungskosten 126 – Begriff bei außergewöhnlichen Belastungen 238 – Begriff bei Kinderfreibetrag 204 ff. – einheitlicher Begriff 480 ff. – Ende bei Kinderfreibetrag 209 f. – erstmalige 152 ff.; 168; 173 ff.; 401 ff. – Unterbrechung bei Kinderfreibetrag 210 Berufsfreiheit 346 ff.; 351 ff. Berufsvorbereitende Maßnahmen 320 ff.; 417 Bestandsaufnahme 115 ff. Betreuungsbedarf 218 Bildung 1 ff. – Allgemeininteresse an 5 – Förderung als einfachgesetzliches Prinzip 378 f. – persönliche Bedeutung 1 f. – Recht auf 3 f. – und Chancengleichheit 2 f. – und Erziehungsrecht der Eltern 4 f. – und wirtschaftliche Stellung 2 Bildungsangebote gemeinnütziger Träger 284 Canaris, Claus-Wilhelm 96 Chancengleichheit 361
– BAföG als Instrument 316 – einfachgesetzliches Prinzip 377 f. – und Erziehungsrecht der Eltern 4 f. Comprehensive Income 104 Constructive Interpretation 96 f. David, Paul 493 Deadweight loss 46 Deutschkurse für Ausländer 180 f.; 417 Dworkin, Ronald 96 Effizienz, Definition 22 Egoistische Fremdinvestitionen – Abgrenzung zu altruistischen 255 ff. – Aktivierung 259 ff. – Definition 116 – Einkommensteuer 254 ff. – Erbschaftsteuer 295 f. – Rechnungsabgrenzungsposten 260 f. – Steuerbarkeit beim Lernenden 257 f. – Symmetrie zu Eigeninvestitionen 418 – Umsatzsteuer 289 f. Ehegatten, Aufwendungen für die Berufsausbildung 233 ff.; 456 ff. Eigeninvestitionen – Abgrenzung zwischen Sonderausgaben und Lebensführung im EStG 124 ff. – Definition 116 – Einkommensteuer 119 ff. – Erbschaftsteuer 294 – geschichtliche Entwicklung bei Einkommensteuer 119 ff. – Umsatzsteuer 265 ff.; 420 ff. – Umsatzsteuerentlastung durch hoheitliche Leistung 269 f.
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Stichwortverzeichnis
– Umsatzsteuerentlastung durch Vorsteuerabzug 265 ff.; 421 Eigentumsfreiheit 346 ff. Einheit der Rechtsordnung 107 ff. Einkommenseffekt 45 Einkommensteuer 119 ff.; 198 ff.; 384 ff.; 418 ff.; 436 ff.; 493 ff. – Steuerbefreiungen 242 ff.; 458 ff. Einkünfte und Bezüge des Kindes s. Kindeseinkünfte Eltern, Leistungen an Kinder s. Familienleistungsausgleich Eltern, pauschale Berücksichtigung der Finanzierungsverantwortung 380 Erbschaftsteuer 294 ff., 466 ff. – Bedürftigkeit 300, 466 ff. – bei gesetzlichem Unterhalt 296 – Bereicherungsprinzip 355 f. – Darlehenserlass 302 f.; 472 ff. – Einmalzuwendungen 298 f.; 469 f. – gemischte Zuwendung 301 f., 470 f. – keine Integration mit Einkommensteuer 492 – Schenkung für Ausbildungszwecke 298 ff.; 466 ff. – Steuerbefreiung für Mittelgewährung 298 ff., 466 ff. – Stiefabkömmlinge 296, 466 – Symmetrie zwischen Erbschaft und Schenkung 471 f. Ergänzungsschulen – nach Landesrecht anerkannte 228 – Umsatzsteuer 281 f. Ergebnisgleichheit 361 ff. Ersatzschulen – staatlich genehmigte 227 f. – Umsatzsteuer 281
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Erstmalige Berufsausbildung 152 ff.; 168; 173 ff.; 401 ff. Erststudium 135 ff.; 167 f.; 173 ff.; 395 ff.; 403 ff. – berufsbegleitendes 167 f. – reines 173 ff.; 395 ff.; 403 ff. Erziehungsbedarf 218 Europäische Schulen 229 f. Europarecht, Grundfreiheiten 368 ff. Excess Burden 44 Familienleistungsausgleich – Einkommensteuer 199 ff. – Geschichtliche Entwicklung 199 ff. – Übergangszeit 218 – Übergangszeitraum 218 – vorrangige Unterhaltsverpflichtete 217 f. Familienrecht 310 ff. Flugzeugführerlizenz 154 ff. Folgerichtigkeit 110 Fortbildungskosten – alte Rechtsprechung 134 ff. – Allgemeinbildung 151 f. – Arbeitslosigkeit 157 – Aufbaustudium 139 ff. – Ausbildungsdienstverhältnis 146 f. – erste Berufsausbildung 152 ff. – Erststudium 135 ff. – fehlende Abschlussabsicht 147 – Flugzeugführerlizenz 154 ff. – Habilitation 150 f. – Heilpraktiker 158 – Hochschulstudium 135 ff. – nichtakademische Berufe 152 ff. – Promotion 148 ff. – Referendare 157 f. – Vertragsstrafe 158 f.
Stichwortverzeichnis
– neue Rechtslage 173 ff.; 384 ff. – Ausbildungsdienstverhältnis 174; 410 – erstmalige Berufsausbildung 173 ff. – Erststudium 173 ff.; 395 ff. – Promotion 411 f. – systemwidrig 406 ff. – Umschulung 401 – Verfassungsmäßigkeit 405 f. – Weiterbildung 175; 408 ff. – neue Rechtsprechung 159 ff.; 384 ff. – Allgemeinbildende Schulen 172 f.; 392 ff. – Aufbaustudium 168 – Ausbildungsdienstverhältnis 157 f.; 405; 410 – berufsbegleitendes Erststudium 167 f. – erstmalige Berufsausbildung 168 – offene Fragen 170 ff.; 386 ff. – Promotion 165 f.; 411 f. – reines Erststudium 170 ff.; 395 ff. – Umschulung 161 ff.; 166 f. – Zweitstudium 168 Fortbildungsreisen 184 ff. Free-Riding 75 Fremdinvestitionen – altruistische s. Altruistische Fremdinvestitionen – Definition 116 – egoistische s. Egoistische Fremdinvestitionen – Umsatzsteuer 289 ff. Führerschein 187 f. Fulbright-Stipendium, Einkommensteuerbefreiung 251; 461 Full Income 104
Gemeinnützige Träger, Umsatzsteuer 284 ff. Gemeinnützigkeitsrecht 308 f.; 479 Gemischte Aufwendungen 128 ff.; s. auch Aufteilungs- und Abzugsverbot Gemischte Zuwendung 301 f., 470 f. Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 38; 363 ff.; 391; 406 Gewerbesteuer 303 ff.; 430 ff.; 476 ff. – Abzugsfähigkeit der Investitionskosten 304 – Angestellte und Freiberufler 305 f. – Rechtfertigung 430 ff. – Steuerbefreiung für Bildungseinrichtungen 306 – überschießende Richtlinienumsetzung 476 ff. – und Quasi-Aktivierung 501 Gleichheitssatz, Allgemeiner s. Allgemeiner Gleichheitssatz Gleichlauf von Aufwand und Erträgen 351 Goldscheid, Rudolf 67 Grundlagen – konzeptionelle 13 ff. – wirtschaftswissenschaftliche 15 ff. Habilitationskosten 150 f. Hautärztin 23 Heilpraktiker 158 Hochschulstudium 135 ff. Hoheitsbereich 269 f. Humankapital 15 ff. – Abgrenzung zu human capabilities 18 – Bedeutung für Lernenden 35 ff. – Bewertung 24 ff.
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Stichwortverzeichnis
– Definition 16 – Effizienzargument für Umverteilung 59 ff. – Einkommensmethode zur Bewertung 24 ff. – empirische Arbeiten 33 ff. – Erträge 18 ff. – Fehldeutungen 17 – firmenspezifisches 17; 328 – Gegensatz zu immateriellen Wirtschaftsgütern 17 – Gegensatz zu Signalling 30 ff. – Gegensatz zu Wissen 16 – generelles 17; 328 – Höchstpersönlichkeit 21 f. – Investitionsregel 20 – Kosten 18 f. – Kostenmethode zur Bewertung 24 ff. – Kreditrestriktionen bei Investitionen 59 ff. – Lukrativität von Investitionen 36 f.; 37 ff. – monetäre Erträge 19 – monetäre Kosten 19 – Motor des Wachstums 38 ff. – nichtmonetäre Erträge 19 f. – Nutzungsdauer 506 ff. – Opportunitätskosten 19 – psychische Kosten 19 – Quasi-Aktivierung 493 ff. – und Verteilung 40 ff. – Unterschiede zu anderen Kapitalformen 20 ff. – Unwort des Jahres 2005 17 – Verkörperung 22 f.; 294; 506; 519 – Verwobenheit mit der Privatsphäre 23 f. – Zusammenhang zum Wirtschaftswachstum 38 ff.
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Humankapitalinvestitionen – derzeitige Besteuerung 115 ff. – gesellschaftliche Erträge 36 ff. – individuelle Erträge 36 ff. – ungleiche Höhe der selbst getragenen Kosten 42 f. – ungleiche Rendite aus 41 Humankapitalkonzept – Gegensatz zu Signalling-Theorie 30 ff. – Geschichte 26 ff. Humboldt, Wilhelm von 1 ILRA-Modelle 47 ff. – Nullsteuerergebnis 49 ff.; 53 f. – optimale Besteuerung mit Sachund Humankapital 51 ff. – optimale Besteuerung mit Sachkapital 49 ff. Immaterielle Wirtschaftsgüter 17 Indirekte Förderung, Subsystem 476 ff. Infinitively lived representative agent-Modelle s. ILRA-Modelle Information, asymmetrische 31 ff. Informationelle Selbstbestimmung – Grundrecht auf 352 f. – und Quasi-Aktivierung 500 Informationsrevolution in der Ökonomik 31 ff.; 76 f. Interner Zinsfuß 38 Kinderfreibetrag 203 ff. Kindergeld 325 – Einkommensteuerbefreiung 251 Kindeseinkünfte – Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben 437 ff. – BAföG 213 – bei Ausbildungsfreibetrag 224 ff. – bei Kinderfreibetrag 211 ff.
Stichwortverzeichnis
– besondere Ausbildungszwecke 214 f. – Unkostenpauschale 215 – zeitliche Zuordnung 215 f. Kirchhof, Paul 347, 351 Kohärenz 372 f. Konzeptionelle Grundlagen 13 ff. Korrespondenz, umgekehrte 485 ff. Kruse, Heinrich-Wilhelm 346 Law as Integrity 96 f. „Lebenskampfthese“ des RFH 121 Lehrer, selbständige 282 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip 102 ff.; 339 ff. Marshall, Alfred 28 Master 396; 403 Mehrwertsteuer s. Umsatzsteuer „Meister-BAföG“ s. AFBG Menschenwürde 338 f.; 357; 393, 500 Messefahrten 184 ff. Milesi-Ferretti, Gian Maria 51 Mill, John Stuart 28 Mittelgewährung 298 ff., 466 ff. Monatsprinzip, unterhaltsrechtliches 216; 314 f. Moral Hazard 21 f. Nessie 346 Neue Formel 356 ff. Neurathsches Schiff 115 Neutralitätsgrundsatz – betriebswirtschaftlicher 46 – Umsatzsteuer 73; 271; 275; 288; 377 f.; 420 ff. NLP 190 Nullsteuerergebnis – für ILRA-Modell 49 ff.; 53 f.
– für OLG-Modelle 57 f. – Zweifel an 54 ff. Objektives Nettoprinzip 342 ff.; 398; 406 f.; 482; 499 – freiheitsrechtliche Vorgaben 346 ff. – Herleitung aus Gleichheitssatz 342 f. – und Finanzverfassung 343 f. – und Steuerstaat 345 f. Öffentliche Güter 70 Öffentliche Mittel 222 f., 238 f., 245; 463 f. – andere EU-Mitgliedsstaaten 462 ff. OLG-Modelle 47 f. – Ergebnisse 57 ff. – Nullsteuerergebnis 57 ff. – optimale Besteuerung mit Sachund Humankapital 58 f. – optimale Besteuerung mit Sachkapital 57 f.. Opportunitätskosten, Definition 19 Opportunity-enhancing effect of redistribution 60 f. Optimalsteuertheorie und Ausweichreaktionen 45 Optimalsteuertheorie, ökonomische 43 ff. Overlapping-Generations-Modelle s. OLG-Modelle Pareto-Effizienz, Definition 22 Persönlichkeitsbildende Kurse 189 ff. Petty, William 26 Pilotenschein 154 ff. Präinterpretative Stufe 9; 97, 115; 351 Prinzipien 332 – einfachgesetzliche 374 ff.
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Stichwortverzeichnis
Private Arbeitsgemeinschaft 192 f.; 415 Privatpilotenschein 188 f. Promotion 148 ff.; 165 f.; 208 Pufendorf, Samuel von 339 Quasi-Aktivierung von Humankapital 493 ff. – Ausnahmevorschrift 503 f. – außerbilanzielle 505 f. – Höhe 508 f. – Maßgeblichkeitsprinzip 503 – praktische Implementierung 503 ff. – technische Umsetzung 509 f. – Vorteile 497 ff. Realsplitting 235 f. Rechnungsabgrenzungsposten, aktivischer s. ARAP Rechtswissenschaft – als Neurathsches Schiff 115 – als Realwissenschaft 7 – und Systemdenken 7 ff.; 92 ff. Referendare 157 f. Richtlinienumsetzung, überschießende 98 f.; 476 ff. Roubini, Nouriel 51 Rückzahlungsklauseln – und Aktivierung 259 ff. – Unzulässigkeit bei Berufsausbildung 330 – Zulässigkeit 326 ff. Scheidungsunterhalt 311 Schenkungsteuer s. Erbschaftsteuer Schuldgeld, kein Abzug als Erwerbsaufwendungen 233 f. Schulgeld 226 ff.; 442 ff. – Allgemeines Diskriminierungsverbot 230 f.; 454 f. – ausländische Schulen 230 ff.
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– berücksichtigungsfähiges Entgelt 232 – berücksichtigungsfähiges Kind 227 – Dienstleistungsfreiheit 230 f.; 449 ff. – Drittvorsorgeaufwand 447 – Ergänzungsschule 228 – Ersatzschule 227 f. – Europäische Schulen 229 f. – Europarechtswidrigkeit 230 f.; 449 ff. – formale Anerkennung der Schule 228 ff. – regressive Entlastung 442 ff. – Verfassungsmäßigkeit 442 ff. – Vorschlag der Abschaffung 455 ff. – WTO-Recht 455 Schultz, Theodore W. 29 Schumpeter, Joseph A. 67 Schweizer, Albert 117 Scientology 190 Selbstbindung der Gerichte, keine 100 Self selection constraint 85 Sen, Amartya 18, 88 Sheepskin-Effekt 33 f., 508 Signale 32 Signalling-Theorie 30 ff. – empirische Arbeiten 33 ff. Smith, Adam 27 Söhn, Hartmut 446 Sonderausgaben – Abgrenzung zur Allgemeinen Lebensführung 124 ff. – Abzugsfähigkeit bei Kindeseinkünften 437 ff. – Ausbildungskosten s. Ausbildungskosten – Berufsausbildung des Ehegatten 233 ff.; 456 ff.
Stichwortverzeichnis
– Realsplitting 235 f. – Schuldgeld s. Schulgeld – Weiterbildungskosten s. Weiterbildungskosten Soziale Wohlfahrtsfunktion 44 Sozialrecht 316 ff. – Integration mit Einkommensteuerrecht 195 f.; 458 ff.; 490 f. Sozialstaatsgebot, und QuasiAktivierung 499 Sozialstaatsprinzip 361 ff. Sozialzwecknormen, Wertungsakzessorietät 334 Spence, Michael 31 Sperrwirkung der Ausbildungskosten 162 f.; 385 f. Sprachkurse 176 ff.; 417 Sprachreisen 181 ff. Steuerabgrenzung, aktivische 510 Steuerfreie Einnahmen, Zusammenhang mit 195 f.; 413 Steuerhinterziehung, ökonomische Theorie der 77 f. Steuerinzidenz 105 Steuerreformentwürfe 518 Steuerstaat, partizipierender 65 ff. Steuerstaat, und Quasi-Aktivierung 498 Steuerstaatlichkeit – Folgerungen aus partizipatorischer Dimension 74 ff. – Grenzen der Kontrolle 79 ff. – Kontrollgrenzen und materielles Steuerrecht 83 ff. – partizipatorische Dimension 65 ff. – und asymmetrische Information 75 ff. – und Aufteilungs- und Abzugsverbot 86 f. – und Informationsdefizite des Steuerpflichtigen 87 ff.
– und Verbot nicht-definierter Merkmale 87 ff. – und Verbot nicht-verifizierbarer Merkmale 75 ff. – Vorrangdimension 65 ff. Steuerwettbewerb 519 Stiefabkömmlinge – Ausbildungsunterhalt 315 – Erbschaftsteuer 296, 466 Stipendien, Einkommensteuerbefreiung 248 ff.; 461 Stipendien, sozialrechtliche Regeln 324 f. Subjektives Nettoprinzip 340 ff. Subsidiaritätsprinzip 365 ff.; 417 Substitutionseffekt 45 Subsystem der altruistischen Investitionen 436 ff. Subsystem der egoistischen Investitionen 383 ff. Subsystem der indirekten Förderung 476 ff. Subsysteme, Integration 480 ff. Supervision 190 System – Bindung an höherrangiges Recht 98, 101 – Bindung des Gesetzgebers 100 ff. – Bindung des Rechtsanwenders 95 ff. – Definition 94 – Freiheit des Gesetzgebers bei Außenabgrenzung 102 ff. – Hilfsmittel bei Gleichheitsprüfung 111 f. – inneres 109 – Reichweite der Bindung des Rechtsanwenders 98 ff. – und Leistungsfähigkeitsprinzip 102 ff. Systemdenken 92 ff. – Einheit der Rechtsordnung 107 ff.
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Stichwortverzeichnis
– Folgen von Wertungswidersprüchen 106 ff. – Folgerichtigkeit 110 – Nachteil 99 f. – und Constructive Interpretation 95 ff. – und Law as Integrity 96 f. – Vorteile 92 f. Systemhaftigkeit 94 f. – einfache 95 – qualifizierte 95 Systemoptimierung 331 ff. – Maßstäbe 337 ff. Territorialitätsprinzip 373 f. – und Quasi-Aktivierung 501 Tipke, Klaus 92, 429 Titelkauf 165 f.; 412 Transparenzgebot, europarechtliches 425 f. Trennung zwischen Privat- und Erwerbssphäre 374 ff. Trennungsunterhalt 311 f. Typisierung 85 f.; 391; 407; 415 – Rechtfertigung 359 f. – und Quasi-Aktivierung 502 f. Überschusslast 44 Umsatzsteuer 265 ff.; 420 ff.; 465 – allgemeinbildende Einrichtungen 276 ff. – Aufteilungs- und Abzugsverbot 268 – berufsbildende Einrichtungen 276 ff. – Berufsvorbereitung 276 ff.; 426 ff. – Bescheinigung 281 f. – bildungsbezogene Beherbergung 286 ff. – Ergänzungsschulen 281 f. – Ersatzschulen 281
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Fortbildung 276 ff.; 426 ff. gemeinnützige Träger 284 Hoheitsbereich 269 f. Nebenleistungen 279 f. Neutralitätsgrundsatz 377 f.; 420 ff. – private Schulen 276 ff. – Repräsentationsaufwendungen 422 – selbständige Lehrer 282 ff. – Steuerbefreiungen als Lenkungsvorschriften 276, 422 ff. – Steuerbefreiungen im innerstaatlichen Recht 275 ff.; 425 ff. – Steuerbefreiungen in 6. Richtlinie 270 ff.; 422 ff. – Steuerbefreiungen systemkonform 422 ff. – Tom-Sawyer-Fälle 280 – Unternehmer 266 f. – Verbrauchsteuer 376; 424 – Vorsteuerabzug 265 ff. – Zuschüsse 290 ff.; 465 Umschulung 152 ff.; 401 Umverteilung, Chancenerweiterung bei 60 f. Unmittelbarkeitsfälle 179 f.; 393 f.; 413 f. Unterhalt, ehelicher s. Ausbildungsunterhalt Unternehmereigenschaft des Lernenden 266 f. Vangerow, Friedrich 397; 493 Veranlassung 159 ff.; 166 ff.; 386 ff. – generalisierte 388 ff. – individualisierte 388 ff. – und Beginn der steuerbaren Tätigkeit 387 f. – Zusammenhang zu einer Einkunftsart 386 f.
Stichwortverzeichnis
Verkörperung von Humankapital 22 f.; 294; 506; 519 Verlustvortrag – Schwäche 400 f.; 499 – und Quasi-Aktivierung 498 f. Vermögensteuer 308; 428 f. Verpflegungsmehraufwand 194 f. Vertragsstrafe 158 f. Vogel, Klaus 65 Vorauszahlungen von Ausbildungskosten 133 Vorrangige Unterhaltsverpflichtete 217 f. Wachstumstheorie, endogene 39 f. Waisenpensionen 326 Waisenrenten 326 Waldhoff, Christian 65 Weiterbildungskosten 175; 408 ff.; s. auch Ausbildungskosten
Wertungswidersprüche, Folgen 111 f. Widerspruchsfreiheit – konstitutiv für System 94 – rechtspolitisches Ideal 112 f. Wissen 16 Wissensgesellschaft 2 WTO-Recht 455 Zeitpunktsneutralität 390 f. Zinsfuß, interner 38 Zuschüsse – echte 290 f. – unechte 290 f. Zuwanderungsanreiz, und QuasiAktivierung 501 f. Zweitausbildung 238 f. Zweitstudium 139 ff.; 168; 396
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