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German Pages 221 Year 2010
Schaumburg/Piltz (Hrsg.) Besteuerung von Funktionsverlagerungen- Neuausrichtung?
Forum der Internationalen Besteuerung
Band 37
Besteuerung von Funktionsverlagerungen Neuausrichtung? Herausgegeben von
Prof. Dr. Harald Schaumburg Prof. Dr. Detlef J. Piltz Rechtsanwälte Fachanwalte tar Steuerrecht Bonn mit Beiträgen von
Prof Dr. Hubertus Baumhoff Dr. Xaxer Ditz Dr. Markus Frischmuth Franz Hruschka Prof Dr. Bert Kaminski Diskussionsteilnehmer
Prof Dr. Detlef J. Plltz Prof Dr. Harald Schaumburg Prof Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer und die Beitragsverfasser
2010
Verlag Dr.OftoSchmidt
Köln
Bibliografische I'!formation der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutseben Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
VerlagDr. Otto SchmidtKG Gnstav-Heinernann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221193738-01, Fax 02211937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-61537-6 ©2010 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist nrheberrechtlich geschü1zt. Jede Verwertong, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Znstimmnng des Verlages. Das gilt insbesondere fiir Vervielfiiltigongen, Besrbeitnngen, Übersetzongen, Mikroverfilmungen und die Einspeichernng und Verarbeitnng in elektronischen Systemen.
Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterongsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltong nach einem Entwarf von: Jan P. LichtenCord Satz: A. Quednau, Haan Druck: Betz, Dannstadt Printed in Germany
Vorwort Die Besteuerung von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen ist ein zentraler Punkt der derzeitigen international-steuerrechtlichen Diskussion. Obwohl es auch Funktionsverlagerungen vom Ausland in das Inland gibt, stehen für die deutsche Wirtschaft die Funktionsverlagerungen in das Ausland ganz im Vordergrund. Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 3 AStG einschlägige Regeln aufgestellt, eine Verordnung hierzu ist ergangen, und die Finanzverwaltung arbeitet an einem umfangreichen Erlass. Aktuell soll durch Änderungen des § 1 Abs. 3 AStG eine sog. dritte Escape-Klausel eingefügt werden, die eine Einzelbewertung verbrachter Wirtschaftsgüter statt einer Gesamtbewertung erlaubt. Der vorliegende Band befasst sich mit den aktuellen Entwicklungen zur Funktionsverlagerung, mit der Frage, ob die neuen Regelungen auch für Altfälle faktisch rückwirkend anwendbar sind, mit Funktionsverlagerungen in das Inland, dem Austausch der Funktionen im Konzern und der Bewertung des Transferpakets, der Wahl des Steuerpflichtigen zwischen einer Sofortversteuerung und einer laufenden Besteuerung über die Lizenzierung von Funktionsverlagerungen, sowie Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich. Bonn, im Juni 2010 Prof. Dr. Detlev J. Piltz Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Inhaltsverzeichnis* Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Franz Hruschka, München Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung? . . . . . . . . . . . . .
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A. B. C. D. E.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neufassung des Grundtatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand der Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3 3 13 21
Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski, Hamburg Funktionsverlagerungen in das Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. B. C. D. E. F.
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Pre-Verlagerungsphase“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verlagerungsphase (i. e. S.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Post-Verlagerungsphase“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgewählte Sonderaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24 29 34 64 67 70
Dr. Markus Frischmuth, Friedrichshafen Austausch von Funktionen im Konzern und Bewertung des Transferpakets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begriffsdefinitionen und Arten des Funktionstauschs im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundlagen zur Funktionsverlagerungsbesteuerung . . . . . . . . . . D. Verrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76 84 102 135
_____________ * Ausführliche Inhaltsübersichten jeweils zu Beginn der Beiträge.
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Inhaltsverzeichnis
Prof. Dr. Harald Schaumburg, Bonn (Diskussionsleitung) Diskussion I: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung . . . . Podiumsdiskussion Prof. Dr. Hubertus Baumhoff, Bonn Lizenzierung von Funktionsverlagerungen vs. Sofortbesteuerung . A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Funktionsverlagerung im Wege der Übertragung oder Überlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ableitung angemessener Lizenzsätze bei Überlassung einer Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Xaver Ditz, Bonn Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. B. C. D.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung einer Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begründung eines ständigen Vertreters gem. § 13 AO . . . . . . . . Begründung einer Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 5 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Einkünfteabgrenzung bei Vertreterbetriebsstätten . . . . . . . . . . . F. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prof. Dr. Detlef J. Piltz, Bonn (Diskussionsleitung) Diskussion II: Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Podiumsdiskussion Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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149 149 151 155 160
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Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung? Franz Hruschka Leitender Regierungsdirektor Finanzamt München, Abteilung Betriebsprüfung
Inhaltsübersicht A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Neufassung des Grundtatbestands . 3 C. Tatbestand der Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 II. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Transferpaket . . . . . . . . . . . . . . . 5 IV. Verlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . 6 V. Negativabgrenzung . . . . . . . . . . 7 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Personalentsendung . . . . . . . . 7 3. Transfer von Einzelwirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . 10 4. Funktionsaufnahme ohne Verlagerung (Funktionsverdoppelung) . . . . . . . . . . . . 10 5. Schleichende Verlagerung (Abgrenzung zur Funktionsverdoppelung) . . . . . . . . . . . . 11 VI. Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV) . . . . . . . . . . . . . . 12
D. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bewertungsmethode (Ertragswertverfahren) . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtbewertung als Transferpaket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertung der Einzelbestandteile der Funktion . . . . . . . . . . . 1. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . 3. Sonstige Vorteile . . . . . . . . . . IV. Sonstige Preisbildungsfaktoren 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppelter ordentlicher Geschäftsführer . . . . . . . . . . 3. Allwissenheitsthese . . . . . . . 4. Mittelwertthese . . . . . . . . . . V. Verschärfter Schätzungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Preisanpassungsklauseln . . . . .
13 13 13 14 14 15 15 16 16 17 17 18 19 20
E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
A. Einführung Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz vom 14.8.2008 hat der Gesetzgeber den § 1 AStG vollumfänglich neu gestaltet und mit Wirkung ab 1.1.2008 den Begriff der „Funktionsverlagerung“ als Sonderform der Verrechnungspreiskorrektur in das Gesetz eingeführt (§ 1 Abs. 3 Satz 9– 12 AStG). Dem zwischenzeitig üblichen Dreiklang1 folgend hat er die _____________ 1 Siehe nur: Dokumentationspflicht gem. § 90 Abs. 3 AO, GAufzV und VWG-Verfahren.
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Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
Begrifflichkeiten in der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) konkretisiert, um sodann noch offene Fragen in den Verwaltungsgrundsätzen-Funktionsverlagerung (VWG-FVerl) zu klären. Seit Juli 2009 war der Entwurf dieses Schreibens vom 17.7.2009 auf der Website des BMF zur Einsicht eingestellt, ehe er Anfang November von dort wieder entfernt wurde. Kurz davor hatte die neue Regierung in ihrem Koalitionsvertrag verlauten lassen, dass als Sofortmaßnahme zur Krisenentschärfung bei den grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen unverzüglich die negativen Auswirkungen der Neuregelung zur Funktionsverlagerung auf den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland zu beseitigen seien.2 Im Kabinettsentwurf des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 9.11.2009 war diesbezüglich allerdings nichts enthalten. Nunmehr hat die CDU/CSU-Fraktion Ende Januar 2010 eine Formulierungshilfe zur Neufassung der Funktionsverlagerungsregeln veröffentlicht, nach der die negativen Rechtsfolgen des § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG eingedämmt werden sollen. Dessen ungeachtet stellt sich natürlich die Frage, ob und in welchem Umfang die einzelnen Regelungen zur Funktionsverlagerung zur Anwendung kommen. Von besonderer Bedeutung ist dies für Zeiträume vor 2008, die sich derzeit in der Betriebsprüfung befinden und in denen das Finanzamt den Tatbestand einer Funktionsverlagerung feststellt. Die Antwort auf diese Frage mutet auf den ersten Blick einfach an. Denn § 21 Abs. 16 AStG bestimmt, dass § 1 Abs. 1, 3 und 4 in der Fassung des Art. 7 des Gesetzes vom 14.8.20073 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden ist. Ein Blick in den Entwurf des BMF-Schreibens macht allerdings deutlich, dass die Neufassung des § 1 AStG nach der Gesetzesbegründung zu Art. 7 des Unternehmensteuerreformgesetz 20084 vor allem klarstellende und präzisierende Wirkung hat, soweit die besonderen Regelungen zu Funktionsverlagerungen Ausfluss des unverändert geltenden Fremdvergleichsgrundsatzes sind. Nach Ansicht der Verwaltung sind daher die Regelungen zu Funktionsverlagerung grundsätzlich auch für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2007 anzuwenden. _____________ 2 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, S. 11. 3 BGBl. I 2008, 1912. 4 BT-Drucks. 16/4841, 84.
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Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
B. Neufassung des Grundtatbestands Im Rahmen des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 wurde der Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG lediglich dahingehend modifiziert, dass der Korrekturmaßstab so anzusetzen ist, als ob die Beteiligten voneinander unabhängig gewesen wären. Im Ergebnis sind damit nach wie vor der Gesetzesänderung die Einkünfte sämtlicher grenzüberschreitender Beziehungen zu nahestehenden Personen beim Steuerpflichtigen zu korrigieren, sofern fremdunübliche Konditionen die inländischen Einkünfte gemindert haben. Eine substantielle Änderung hat hierdurch nicht stattgefunden, d. h. der Korrekturrahmen wurde durch die Neufassung des § 1 AStG nicht berührt. Dieser Grundtatbestand wird in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG durch den Begriff der Funktionsverlagerung konkretisiert. Aus dem Zusammenspiel der Normbestandteile setzt damit eine Funktionsverlagerung dem Grunde nach voraus: 1. einen grenzüberschreitenden Transfer 2. einer Funktion nebst Wirtschaftsgütern und sonstiger Vorteile, also eine Sachgesamtheit (Tranferpaket) 3. auf eine nahestehende Person 4. im Rahmen einer Geschäftsbeziehung 5. zu fremdunüblichen Konditionen
C. Tatbestand der Funktionsverlagerung I. Überblick Neu sind in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG nur die Begriffe der Funktion und des Transferpakets. Fraglich ist aber, ob nur die Begriffe neu sind, oder durch ihre Einführung ein neuer Tatbestand geschaffen wurde. Insoweit ist zu untersuchen, ob es vor dem 1.1.2008 überhaupt schon Funktionsverlagerungen i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG gab. Gegenstand einer Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG ist die Verlagerung einer Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken und der mit übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile. Sind diese Tatbestandselemente erfüllt, ist die Funktion als Ganzes (sog. Transferpaket) unter Berücksichtigung funktions- und risikoadäquater Kapitalisierungszinssätze zu bewerten. 3
Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
II. Funktion Begrifflich wird als Funktion eines Objektes die Aufgabe bezeichnet, die es zu erfüllen hat.5 Unter einer Aufgabe wird in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre ein zu erfüllendes Handlungsziel, eine durch physische oder geistige Aktivitäten zu verwirklichende Soll-Leistung verstanden.6 Tätigkeiten sind demgegenüber untergeordnete Handlungen, die zur Erfüllung der Aufgaben dienen.7 Vereinfacht formuliert ist eine Aufgabe eine Pflicht und die Tätigkeit deren Erfüllung. Nach den Vorstellungen der Verwaltung ist eine Funktion eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Sie ist ein organischer Teil eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss (§ 1 Abs. 1 FVerlV). Der BMF versteht hierunter die Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben innerhalb eines Unternehmens, die durch ihre Zuordnung zu einzelnen Stellen oder Abteilungen im Unternehmen entstehen. Als Funktionen kommen in Betracht: Geschäftsleitung, Forschung und Entwicklung, Materialbeschaffung, Lagerhaltung, Produktion, Verpackung, Vertrieb, Montage, Bearbeitung oder Veredelung von Produkten, Qualitätskontrolle, Finanzierung, Transport, Organisation, Verwaltung, Marketing, Kundendienst usw.8 Damit widerspricht die Verwaltung zunächst dem Wortsinn, wenn sie in den VWG-FVerlV-E von einer Funktion spricht und damit eine Tätigkeit meint. Allerdings entspricht der von der Verwaltung verwendete Wortsinn dem aus dem Lateinischen abgeleiteten. Denn übersetzt heißt „functio“ Tätigkeit, Verrichtung und eben nicht Aufgabe.9 Dem könnte man wiederum entgegenhalten, dass nur Objekte wie die Aufgabe, nicht aber Zustände und Handlungen wie die Tätigkeit Gegenstand einer Verlagerung sein können. Ist der Wortsinn aber offen – wie im konkreten Fall – ist dieser durch Auslegung in den Grenzen des Wortlauts in erster Linie nach dem Wortsinn zu ermitteln, den der Gesetzgeber der Norm zumessen wollte, da von seinem Bemühen auszugehen ist, mit der Formulierung das _____________ 5 Frischmuth, IStR Jahrestagung am 19./20.11.2009. 6 Hoffmann in Grochla (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, 2. Aufl., Stuttgart 1980, 200. 7 Siehe nur: www.wikipedia.org Schlagwort: Funktion. 8 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 2.1.1. 9 Siehe nur: www.wikipedia.org Schlagwort: Funktion.
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auszudrücken, was er will.10 Das betrifft sowohl den geregelten Sachverhalt (Tatbestand) als auch die angeordnete Rechtsfolge. Denn die Auslegung darf nicht in Widerspruch zu dem Willen des Gesetzgebers treten.11 Berücksichtigt man dies, wird deutlich, dass von Seiten des Gesetzgebers unter dem Begriff Funktion Aufgabe und Tätigkeit gemeint sind. Denn einerseits ist nur die Aufgabe, der die Tätigkeit akzessorisch folgt, verlagerbar. Andererseits umfasst die Funktion gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG auch die dazugehörigen Chancen und Risiken. Diese haften aber nur Tätigkeiten an, da nur die Erfüllung einer Aufgabe12 die Möglichkeit bietet, sie gut oder schlecht zu erledigen und damit Chancen (auf Gewinn) und Risiken (auf Verlust) bergen kann. Diese Aufgaben und Tätigkeiten sind seit jeher Grundlage der unternehmerischen Wertschöpfung. In Ihren Bestandteilen wurden sie nicht erst durch die Regeln zur Funktionsverlagerung als neue Tatbestandselemente geschaffen. Im Rahmen der bisherigen Korrektur- und Bewertungsvorschriften sind sie damit auch schon in der Vergangenheit verlagerungs- und damit ggf. auch vergütungsfähig gewesen.
III. Transferpaket Verwirklicht wird der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG allerdings erst, wenn neben die Funktion Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile treten. Damit handelt es sich bei der verlagerungsfähigen Funktion um eine Sachgesamtheit, das sog. Transferpaket. Begrifflich beginnt diese bei einer einzelnen Aufgabe nebst einem Wirtschaftsgut und einem sonstigen Vorteil und endet bei (Teil-)betrieben. Zivilrechtlich kann eine solche Sachgesamtheit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wie z. B. im Erbfall oder bei Umwandlungen i. S. d. UmwG, oder aber durch Einzelrechtsnachfolge übertragen werden. Wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes handelt es sich bei der Gesamtrechtsnachfolge um speziell geregelte Ausnahmetatbestände. Eine solche zivilrechtliche Regelung für Transferpakete gibt es nicht. _____________ 10 Vgl. BFH v. 14.12.1999 – IX R 7/95, BStBl. II 2000, 265. 11 BFH v. 14.12.1999 – IX R 7/95, BStBl. II 2000, 265. 12 Nicht aber die Aufgabe selbst.
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Dem entsprechend ist die Zusammenfassung zu einem Transferpaket lediglich steuerlicher Natur. Diese hat es bis zur Einführung des § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG nicht gegeben. Damit ist die steuerrechtliche Zusammenfassung von Einzelwerten zu einem Transferpaket ein Novum.
IV. Verlagerung Verlagert wird das Transferpaket, wenn grenzüberschreitend eine oder mehrere Aufgaben eines Unternehmens („verlagerndes Unternehmen“) auf ein anderes Unternehmen („übernehmendes Unternehmen“) unter Nutzung oder Erwerb von Wirtschaftsgütern des verlagernden Unternehmens übertragen werden. Dies kann auch geschehen, wenn betriebliche Funktionen nur zeitweise oder nur teilweise übertragen werden, z. B. durch befristete Versetzung einzelner Mitarbeiter mit ihrem Zuständigkeitsbereich oder durch Übertragung des Vertriebsrechts für einzelne Produkte, Märkte oder Kunden. Dem Grunde nach stellt der Tatbestand einer Funktionsverlagerung nicht darauf ab, ob durch einen entsprechenden Vorgang die Gewinnerwartungen des verlagernden Unternehmens steigen (z. B. Verlagerung einer Teilefertigung auf einen Auftragsfertiger mit Vergütung nach der Kostenaufschlagsmethode) oder ob sie gemindert werden (z. B. bei Umstellung vom Eigenhändler zum Kommissionär). Für die Tatbestandsverwirklichung ist es auch unerheblich, ob das verlagernde Unternehmen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen in der Lage ist, die betreffende Funktion weiterhin selbst auszuüben.13 Entscheidend ist vielmehr, dass die Funktion, die bisher von dem einen Unternehmen ausgeübt wurde, nach der Verlagerung von dem anderen Unternehmen ausgeübt wird. Abstrakt gesprochen setzt damit eine Funktionsverlagerung nicht nur eine Bereicherung des Übernehmenden, sondern auch eine damit korrespondierende Entreicherung des Übertragenden voraus. Dahin gehende Rechtsgeschäfte haben auch schon bisher eine Pflicht zur fremdüblichen Vergütung des Transferierten ausgelöst. Insoweit regelt § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG nichts Neues.
_____________ 13 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 2.1.2.1.
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Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
V. Negativabgrenzung 1. Überblick Überträgt man das Zwischenergebnis in die Praxis, wird schnell deutlich, dass Aufgaben und deren Verrichtung in einer Vielzahl von Fällen eng mit Personen verbunden sind, oder aber die Aufgabe bis auf weiteres beim verlagernden Unternehmen auch nach der Verlagerung fortgeführt wird. Für derartige Fälle ist vor wie nach der gesetzlichen Neuregelung zu untersuchen, ob tatsächlich eine Funktion verlagert wurde. 2. Personalentsendung Besondere Probleme bereitet die Frage, ob und ab wann die endgültige oder zeitweise Überlassung von Personal zu einer Funktionsverlagerung führt. Nach den Grundsätzen der FVerlV löst die reine Entsendung von Personal im Konzern i. S. d. VWG Arbeitnehmerentsendung14 regelmäßig keine Funktionsverlagerung i. S. d. § 1 Abs. 2 FVerlV aus (§ 1 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 FVerlV). Allerdings kann es in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer tatsächlich verwirklichten Funktionsverlagerung zu einer Entsendung von Personal kommen. In solchen Fällen sind die VWG-Arbeitnehmerentsendung15 nicht anzuwenden, weil die Entsendung Teil des Transferpakets ist. Die Einbeziehung der Personalentsendung erfolgt im Übrigen unabhängig davon, ob in den betreffenden Arbeitsverträgen Entschädigungsansprüche, Wettbewerbsverbote usw. für den Fall geregelt sind, dass sie zu Fremdunternehmen wechseln. Werden im Rahmen einer Funktionsverlagerung Arbeitnehmer des verlagernden Unternehmens beim übernehmenden Unternehmen tätig, ist im Regelfall davon auszugehen, dass sie im Auftrag des verlagernden Unternehmens Dienstleistungen erbringen. Derartige Dienstleistungen und die damit verbundenen Vorteile sind Teil des Transferpakets. Zu den Vorteilen können z. B. gehören: Kenntnisse des Produkt- oder Prozess-Know-hows, Kenntnisse über Forschungsprojekte, Kenntnisse über die Betriebsorganisation, persönliche Netzwerkbeziehungen zu anderen Konzernunternehmen, Markt- oder Branchenkenntnisse, personengebundene Aufträge im Beratungsgeschäft. _____________ 14 BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796. 15 BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796.
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Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
Beispiel: Die A-GmbH ist weltweit agierender Automobilzulieferer und gründet im Jahr 01 im Ausland eine Tochtergesellschaft (B-GmbH). Die B-GmbH errichtet ein neues Werk zur Herstellung von Klimaanlagen. Damit die Produktion zeitnah aufgenommen werden kann, erhält die B-GmbH von der A-GmbH neben einigen Produktionsmaschinen im Wege der Personalentsendung auch für vier Monate zehn Mitarbeiter (Ingenieure, Techniker), die die neuen Mitarbeiter vor Ort einarbeiten. Für die Produktion darf die B-GmbH Patente der A-GmbH verwenden. Die Klimaanlagen werden von der B-GmbH unter Verwendung der Namens- und Markenrechte unmittelbar an bisherige Kunden der A-GmbH in Asien verkauft. Das führt zu einer Einschränkung der Geschäftstätigkeit der A-GmbH. Die B-GmbH erhält ein Leistungspaket aus materiellen Wirtschaftsgütern (Maschinen) und immateriellen Wirtschaftgütern (Patente, Rechte, Kundenstamm). Durch Entsendung von Experten findet zudem ein Technologietransfer statt, da der B-GmbH Produktionswissen (Know-how) überlassen wird.16 Es liegt eine Funktionsverlagerung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG vor. Im Rahmen des Transferpakets ist auch die Überlassung des Produktionswissen (Know-how) einzubeziehen. Fortsetzung: Aufgrund hoher Auslastung benötigt die B-GmbH weiteres Personal und erhält im Jahre 02 zur „Geschäftsaushilfe“ für zwei Monate zehn Mitarbeiter (angelernte Fachkräfte). Die Aushilfen werden am Fließband eingesetzt. Hierzu schließen die beiden Gesellschaften einen Dienstleistungsvertrag, wonach die B-GmbH der A-GmbH ihre sämtlichen Kosten und einen fremdüblichen Gewinnaufschlag (Kostenaufschlagsmethode) bezahlt. Es liegt keine Arbeitnehmerentsendung vor, denn die Leistungen werden zur Erfüllung des Dienstleistungsvertrags erbracht.17 Die B-GmbH wird schon deswegen kein wirtschaftlicher Arbeitgeber, weil die Entsendung nicht über drei Monate18 erfolgt. Eine Vergütung nach der Kostenaufschlagsmethode ist angemessen.19 Aufgrund der ausgeübten Tätigkeit der Fachkräfte ist kein Technologietransfer erkennbar. Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor. Eine Funktionsverlagerung kann in Personalentsendungsfällen z. B. dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und nach der Entsendung im übernehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt und in Folge dessen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen werden bzw. Chancen und Risiken übergehen. In solchen Fällen gelten vorrangig die Regelungen zur Funktionsverlagerung.
_____________ 16 17 18 19
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Vgl. BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796, Tz. 4.2. BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796, Tz. 2.1. BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796, Tz. 2.2. Vgl. BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218, Tz. 3.2.3.2.
Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
Im Kern lassen sich diese Aussagen wie folgt zusammenfassen: In der Regel ist Personal das Medium, das Aufgaben erfüllt, d. h. Tätigkeiten verrichtet. Wird dieses Personal überlassen, ohne dass damit eine Aufgabe übergeht, liegt eine reine Personalentsendung vor. Dies sind etwa Fälle der Personalüberlassung zu Lernzwecken. Ebenso liegt der Fall, wenn Personal „als Lückenfüller“ eines Personalengpasses überlassen wird, da auch hier die Funktion als solche schon beim übernehmenden Unternehmen vorhanden ist. Ist zur Erfüllung der verlagerten Aufgabe zusätzliches Wissen der entsendeten Person (beispielsweise Know-how eines Produktionsverfahrens) notwendig, liegt eine Funktionsverlagerung vor. Denn dieses „übertragbare Wissen“ erfüllt wegen seiner Trennbarkeit von der Person grundsätzlich die Voraussetzungen eines Wirtschaftsguts. Schließlich sind nach der Rechtsprechung des BFH20 Wirtschaftsgüter objektiv werthaltige Positionen, die nach der Verkehrsanschauung einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und in der Regel einen Nutzen für mehrere Jahre erbringen. Dies ist auch bei ungeschütztem Know-how der Fall. Wird daher neben dem Personal auch eine Aufgabe überlassen, liegt einer Funktionsverlagerung vor, da das übernehmende Unternehmen nicht nur die Arbeitskraft, sondern mehr erhält. In der Praxis kann man dieses „Mehr“ daran identifizieren, dass ein fremder Dritter bereit ist, für die Überlassung des Personals mehr zu bezahlen als die reine Vergütung des überlassenen Personals. Beispiel: Ein inländisches Kreditinstitut verlagert die Investmentabteilung in die ausländische Tochtergesellschaft. Vollzogen wird diese Restrukturierung durch Transfer diverser Unterlagen an das neue Büro sowie Versetzung der bisher im Inland tätigen Investmentbanker. Mit der endgültigen Versetzung des Personals an das übernehmende Unternehmen geht auch der Lohnaufwand auf das übernehmende Unternehmen über. Dem entsprechend sind Gegenstände einer gesonderten Vergütung nur noch die überlassenen Wirtschaftsgüter sowie ggf. eine Funktion. Wäre ein Dritter bereit, mehr zu bezahlen als den Wert der überlassenen Wirtschaftsgüter, kann auf eine übergegangene Funktion zurück geschlossen werden. Das
_____________ 20 Z. B. BFH v. 6.12.1990 – IV R 3/89, BStBl. II 1991, 346; v. 8.4.1992 – XI R 34/88, BStBl. II 1992, 893; v. 1.6.1994 – X R 81/90, BFH/NV 1995, 154; v. 24.7.1996 – X R 139/93, BFH/NV 1997, 105.
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Hruschka – Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung?
Praxisproblem ist aber, dass der Wert, von dem der Rückschluss gezogen werden soll, im Zweifel streitig ist, da ein echter Marktwert nicht feststellbar ist.
3. Transfer von Einzelwirtschaftsgütern Die Veräußerung oder die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern jeder Art oder die Erbringung von Dienstleistungen führt allein noch nicht zu einer Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 2 FVerlV, es sei denn, diese Geschäftsvorfälle sind wirtschaftlich Teil einer solchen. Entscheidende Bedeutung kommt damit der Überlassung der Aufgabe (Funktion) zu. Denn erst sie erhebt die Einzelwirtschaftsgüter im Übertragungsfall zu einem Transferpaket. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Alt- wie für Neufälle: Fehlt es an einer mit übertragenen Funktion oder finden Geschäftsvorfälle in einem rein zeitlichen Zusammenhang mit einer Funktionsverlagerung, jedoch ohne wirtschaftlichem Zusammenhang mit ihr statt, sind nach wie vor die Verrechnungspreise nach den allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen. 4. Funktionsaufnahme ohne Verlagerung (Funktionsverdoppelung) Eben so wenig liegt eine Funktionsverlagerung vor, wenn lediglich eine bestehende Funktion bei der nahe stehenden Person aufgenommen wird, ohne dass dadurch der Zustand bei der bestehenden Funktion eingeschränkt wird (§ 1 Abs. 6 FVerlV). Dies gilt auch, wenn alle übrigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 FVerlV erfüllt sind. In diesen Fällen liegt eine Funktionsverdoppelung vor, auf die die Regelungen zum Transferpaket nicht anwendbar sind. Beispiele: Eine Verdoppelung einer ausgeübten Funktion liegt vor, wenn bei Aufnahme einer Produktion im Ausland die bisherige Produktionstätigkeit des inländischen Unternehmens unverändert ausgeübt wird. Anders verhält es sich, wenn z. B. im Ausland die Vertriebsfunktion neu aufgenommen wird und dadurch der Umsatz des verlagernden Unternehmens aus dieser Vertriebsfunktion eingeschränkt wird, weil das übernehmende Unternehmen bisherige Kunden des verlagernden Unternehmens beliefert.
Gemeinsam ist Funktionsverlagerung und Funktionsverdoppelung, dass die Funktion im „übernehmenden“ Unternehmen erstmals ausgeübt wird. Der Unterschied befindet sich auf Seiten des übertragenden Unternehmens. Denn im Unterschied zur Funktionsverlagerung fehlt bei 10
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der Funktionsverdoppelung die mit der erstmaligen Ausübung korrespondierende „Entreicherung“ des übertragenden Unternehmen. Im Ergebnis lösen damit erstmalige Funktionsausübungen durch nahestehende Personen im Ausland keine Einkünftekorrektur im Inland aus, sofern die funktionsbezogene Ertragssituation des Steuerpflichtigen unberührt bleibt. In Alt- wie auch in Neufällen sollte m. E. gleichwohl darauf geachtet werden, ob Geschäftschancen übergegangen sind. Diese sind ggf. nach den allgemeinen Verrechnungspreismethoden zu korrigieren. 5. Schleichende Verlagerung (Abgrenzung zur Funktionsverdoppelung) Wird die Funktion des inländischen Unternehmens innerhalb von 5 Jahren nach der Neuaufnahme der Funktion im Ausland eingeschränkt, liegt zum Zeitpunkt, in dem die Einschränkung eintritt, insgesamt eine einheitliche Funktionsverlagerung vor. Etwas anderes gilt nur wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass diese Einschränkung nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Funktionsverdoppelung steht (§ 1 Abs. 6 Satz 2 FVerlV). Zur Glaubhaftmachung hat der Steuerpflichtige darzulegen, dass für die behauptete Tatsache eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die behauptete Tatsache ist nur zugrunde zu legen, wenn ihr Bestehen wahrscheinlicher ist als das Gegenteil, sonst ist die Behauptung schon begrifflich nicht „glaubhaft“ gemacht. Die Glaubhaftmachung erfordert im vorliegenden Zusammenhang eine plausible Darlegung aller tatsächlichen, objektiven Umstände, die den Rückschluss zulassen, dass kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der (späteren) Einschränkung der betreffenden Funktion des bisher schon tätigen Unternehmens und der Aufnahme dieser Funktion durch das andere Unternehmen gegeben ist. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher, d. h. unlösbarer Zusammenhang21 liegt nach Ansicht der Verwaltung vor, wenn die (spätere) Einschränkung der betroffenen Funktion durch dasselbe Ereignis, d. h. durch die ursprüngliche Funktionsverdoppelung, verursacht worden ist.22 Die maßgeblichen Bezugsgrößen, auf die sich die Kausalität bezieht, sind die (wegfallenden) Einnahmen des verlagernden Unternehmens und die aufgrund des Vorgangs (entstehenden) Einnahmen des übernehmenden _____________ 21 Vgl. BFH v. 29.1.1986 – I R 22/85, BStBl. II 1986, 479. 22 Vgl. BFH v. 11.10.1989 – I R 208/85, BStBl. II 1990, 88.
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Unternehmens. Speziell vor diesem Hintergrund kann nur empfohlen werden, die Gründe für Umsatzveränderungen feinsäuberlich zu dokumentieren.
VI. Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV) Erstreckt sich die Verlagerung über mehrere Jahre hinweg, sind nach § 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV sämtliche Geschäftsvorfälle zusammenzufassen, die innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren verwirklicht werden und sich wirtschaftlich als Bestandteile eines einheitlichen Verlagerungsvorgangs darstellen. In Fällen, in denen nicht von vornherein eine Funktionsverlagerung vorliegt, ist die Funktionsverlagerung zu dem Zeitpunkt verwirklicht, zu dem der Tatbestand der Funktionsverlagerung vollendet ist. Für die Frage, ob ein einheitlicher, sich über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckender Verlagerungsvorgang anzunehmen ist, ist auf objektive Kriterien abzustellen.23 Kommt es damit durch die Neuaufnahme einer Aufgabe im Ausland vor dem 1.1.2008 zu einer unmittelbaren wirtschaftlichen Einschränkung der Funktion des inländischen Unternehmens nach dem 1.1.2008 ist die Funktionsverlagerung erst in dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem die Funktionseinschränkung verwirklicht ist. Insofern liegt hier nur eine zulässige, unechte Rückwirkung vor. Dem entsprechend unterliegen Funktionsverdoppelungen nach dem 1.1.2003 der verschärften Beobachtung durch die Betriebsprüfung. Aber auch bei Verwirklichung der Einschränkung vor dem 1.1.2008 ist die Zusammenfassung mehrerer Einzeltransaktionen unter dem Aspekt des sog. „Gesamtplans“ nicht neu.24 Vielmehr hat auch schon die Rechtsprechung für die steuerrechtliche Beurteilung eine Mehrzahl von Rechtsgeschäften, die auf einer einheitlichen Planung (einem „Gesamtplan“) beruhen und in engem zeitlichen und sachlichem Zusammenhang stehen, zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammengefasst und das wirtschaftliche Gesamt- oder Endergebnis dieses Vorgangs sodann unter den Steuertatbestand subsumiert. Meldet man Zweifel an einem zeitlichen Zusammenhang an, wenn sich die Einzelakte über mehrere Jahre hinweg erstrecken, sollte allerdings bedacht werden, dass auch die Rechtsprechung keinen starren Zeitgrenzen _____________ 23 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 2.1.2.4. 24 Statt aller: Spindler, DStR 2005, 1 ff.
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sieht, sondern entscheidend auf die Beherrschbarkeit des Verhaltens abstellt. Dies ist aber bei nahestehenden Personen, insbesondere bei Konzerngesellschaften regelmäßig gegeben. Im Ergebnis ist daher die Zusammenfassung mehrerer Einzeltransaktionen nichts Neues.
D. Rechtsfolgen I. Bewertungsmethode (Ertragswertverfahren) Mit der Neufassung des § 1 AStG zieht erstmals für die Bewertung ausdrücklich das Ertragswertverfahren anhand der auf Basis funktions- und risikoadäquater Zinssätze kapitalisierten Gewinnerwartungen der Beteiligten in das Gesetz ein (§ 1 Abs. 3 Satz 6 und Satz 9 AStG). Bisher war hingegen ausschließlich der Fremdvergleichsmaßstab gem. § 1 Abs. 1 AStG ohne nähere Spezifizierung maßgeblich. Eine tatsächliche Gesetzesänderung ist damit jedoch nicht verbunden. Denn im Ergebnis weichen die Methoden nicht voneinander ab. Dies ergibt sich allein schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AStG, dessen stete Maxime der Fremdvergleichsgrundsatz war und ist. An diesem hat sich durch die ertragswertorientierte Bewertung nichts geändert. So bleibt es etwa dem Steuerpflichtigen gem. § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG unbenommen, eine Einzelbewertung der überführten Wirtschaftsgüter durchzuführen, sofern keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter übergegangen sind. Um dieses Ziel zu verdeutlichen hat der Gesetzgeber sogar nochmals in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG klargestellt, dass Ziel der Bewertungsmethoden des § 1 Abs. 3 AStG ist, die Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen zur Einkunftsabgrenzung sicherzustellen. Damit orientiert sich der Fremdvergleichspreis des § 1 AStG unabhängig von der Einzel- oder der Gesamtbewertung am „arms-length-price“ des Art. 9 OECD-MA.
II. Gesamtbewertung als Transferpaket Der Wert einer Funktion ist nach den Vorstellungen des Gesetzes grds.25 als Sachgesamtheit (sog. Transferpaket) unter Berücksichtigung _____________ 25 Ausnahmen regelt § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG.
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funktions- und risikoadäquater Kapitalisierungszinssätze zu bestimmen (§ 1 Abs. 3 Satz 9 AStG). Nach Ansicht der Verwaltung26 ist diese Gesamtbewertung auch schon für Zeiträume vor 2008 zulässig. Allerdings soll grundsätzlich nicht beanstandet werden, wenn ein Unternehmen in Veranlagungszeiträumen vor 2008, trotz Erfüllung seiner Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 90 AO, für die Fälle einer Funktionsverlagerung keine Unterlagen über die Gewinnerwartungen vorlegt, die tatsächliche Gewinnsituation des verlagernden Unternehmens vor der Funktionsverlagerung und die tatsächliche Gewinnsituation des übernehmenden Unternehmens nach der Funktionsverlagerung für die Preisbestimmung zugrunde zu legen. Dem ist entgegenzuhalten, dass es bis 2007 weder die Sachgesamtheit (Transferpaket) noch deren einheitliche Bewertung gab. Vielmehr galt bis dahin kategorisch der Grundsatz der Einzelbewertung.27 Deshalb ist für Zeiträume bis zum 31.12.2007 stets das Transferpaket in seine Einzelbestandteile zu zerlegen. Entscheidend für einen bewertungstechnischen Unterschied der Rechtslagen vor und nach Einführung der Funktionsverlagerungsregeln sind damit die von der Verlagerung betroffenen Objekte und deren Bewertung. Nur soweit die betroffenen Objekte nach der Rechtslage bis 2008 keiner eigenständigen Bewertung und damit Vergütung zugänglich waren, kommt es tatsächlich zu einer Veränderung der Rechtslage.
III. Bewertung der Einzelbestandteile der Funktion 1. Funktion Wie bereits dargestellt, ist Gegenstand der Verlagerung die Aufgabe, der die Tätigkeit mit Chancen und Risiken folgt (Funktion). Da nur die Erfüllung der Aufgabe die Möglichkeit bietet, sie gut oder schlecht zu erledigen, gehen Chancen und Risiken nicht mit der Aufgabe, sondern mit der Tätigkeit einher. Nur diese bergen aber Gewinn- und Verlustpotential in sich. Damit ist aber die Aufgabe selbst wertneutral. In diesem Verständnis bildet sie nur die Klammer für Tätigkeiten sowie die zu Ihrer Verrichtung erforderlichen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile. Hinsichtlich der der Aufgabe folgenden Tätigkeit ist zu unterscheiden, ob zu ihrer Verrichtung Personal erforderlich ist oder nicht. _____________ 26 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, 3.10.3. 27 Vgl. nur: Reichl, IStR 2009, 680 ff.
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Wird mit der Funktion auch Personal übertragen oder überlassen, ist entscheidend, ob dem übernehmenden Unternehmen aus der Überlassung nach Abzug der Lohnkosten für das Personal ein Mehrwert verbleibt. Ist dies der Fall, ist zu untersuchen, für welche Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile dieser Betrag gezahlt wurde. Wird kein Personal zur Verrichtung benötigt, ist lediglich zu untersuchen, ob mit ihr Wirtschaftsgüter (Know-how, Rechte etc.) oder sonstige Vorteile (Nutzungsrechte, Geschäftschancen) übergehen. Diese sind ggf. einzeln zu bewerten.28 2. Wirtschaftsgüter Wurden einzelne Wirtschaftsgüter bisher zwischen Nahestehenden übertragen, ermittelte sich der Fremdvergleichspreis anerkanntermaßen anhand der allgemein üblichen Standardmethoden. Diese umfassen auch den Unternehmergewinn auf der jeweiligen Handelsstufe. Damit entspricht der Ertragswert des einzelnen Wirtschaftsguts seinem gemeinen Wert. Bei Sachgesamtheiten, die zwar noch nicht die Voraussetzungen des Teilbetriebs erfüllen enthält das Transferpaket auch ggf. einen anteiligen Kundenstamm bzw. Firmenwert oder ein entsprechendes Markenrecht. Auch diese sind ggf. einzeln zu bewerten. Erfolgt dies unter Maßgabe des Fremdvergleichsgrundsatzes entspricht dabei die Summe der Einzelwerte dem einheitlich ermittelten Gesamtwert sämtlicher, verlagerter Wirtschaftsgüter. Daher hat sich insoweit durch die Gesamtbewertung des Transferpakets in der Praxis nicht viel geändert. Die entscheidende Aufgabe in der Praxis besteht für die Vergangenheit damit insbesondere in der Identifikation der verlagerten Wirtschaftsgüter. Zentrale Bedeutung kommt dabei natürlich den immateriellen Wirtschaftsgütern, Abwehrrechten und ähnlichem zu. 3. Sonstige Vorteile Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG fließen auch sonstige Vorteile in die Bewertung des Transferpakets mit ein. Hierunter fallen sämtliche geldwerten Vorteile, die die Voraussetzungen eines Wirtschaftsguts nicht erreichen. Dies sind z. B. Geschäftschancen, Entschädigungsansprüche, die noch nicht aktiviert werden dürfen, sonstige Abwehrrechte und ähnliches. Dieser Vorteilswert ist Bestandteil des Gewinnpotentials neuer Lesart. _____________ 28 Siehe hierzu unter D. III. 2 Wirtschaftsgüter.
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Allen sonstigen Vorteilen ist gemeinsam, dass der Inhaber diese Positionen einem Fremden Dritten nicht unentgeltlich überlassen hätte. Daher hätte er auch schon bisher für die Aufgabe bzw. Überlassung ein Entgelt verlangt. Insoweit hat sich durch die neue Rechtslage nichts geändert. Beispiel: Das Unternehmen A hat das Recht erworben, den „Film X“ 3mal exklusiv auf dem deutschsprachigen Markt (Deutschland, Österreich, Schweiz) zu senden. Dieses Recht wurde für einen Zeitraum von 5 Jahren erworben. Während dieses Zeitraums darf kein anderer den Film X auf dem deutschsprachigen Territorium ausstrahlen. Auch wenn A seine 3 Ausstrahlungsmöglichkeiten verbraucht hat, kann es während des 5-Jahreszeitraums die Nutzung des Rechts durch einen anderen unterbinden. Dieses Abwehrrecht hat ggf. für einen Konkurrenten einen Geldwert.
Für die Ermittlung des individuellen Fremdpreises in „Altzeiträumen“ ist dabei zu unterscheiden: Ist die wirtschaftliche Folge der Überlassung bekannt (z. B. bei reiner Verlagerung eines betriebswirtschaftlichen Kostenfaktors, z. B. Buchführung) oder gehen mit dem überlassenen Vorteil einzuschätzende Chancen oder Risiken einher. Bei bloßer Kostenverlagerung liegt der Fremdpreis m. E. im Bereich der konzernweit durch die Verlagerung ersparten Kosten, da anderenfalls das übertragende Unternehmen keinen Anlass zur Übertragung gehabt hätte. Denn es selbst hätte sich durch die Verlagerung nichts erspart. In dem letzt genannten Fall, d. h. bei Übergang von Chancen und Risiken hätte das verlagernde Unternehmen auch nicht unentgeltlich auf die Position verzichtet, sondern nach Einschätzung der Konsequenzen für den Vorteil ein Entgelt verlangt. Dieses Entgelt wäre auch schon bisher von fremden Dritten auf Basis eingeschätzter Gewinn- und Verlustaussichten der beteiligten Unternehmen ermittelt worden. Daher liegt auch insofern keine Änderung zur bisherigen Rechtslage vor.
IV. Sonstige Preisbildungsfaktoren 1. Überblick Neben den überlassenen Werten können sich aber auch noch andere Faktoren auf die Preisbildung auswirken. Allen voran sind dies die Standortfaktoren (Personal-/Standortkosten, Subventionen) der Beteiligten, aber auch deren Handlungsalternativen (insb. bei verlustbringenden 16
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Tätigkeiten). Ferner ist bedeutsam, ob derartige Faktoren in die Preisermittlung einbezogen werden dürfen. 2. Doppelter ordentlicher Geschäftsführer Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 6 AStG sind beide Vertragspartner in den Fremdvergleich einzubeziehen, da sie beide am Markt teilnehmen und der Markt die Bedingungen, insbesondere die Preise, bestimmt. Um so zu marktkonformen und ausgewogenen Bedingungen zu gelangen wird unterstellt, dass beide Geschäftsleiter ihre Aufgaben ordentlich und gewissenhaft wahrnehmen (Prinzip des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters). Dieses Prinzip ist gängige Besteuerungspraxis und entspricht der ständigen Rechtsprechung.29 Die Gesetzesänderung hat insoweit nur klarstellende Wirkung. 3. Allwissenheitsthese Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG nach der für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes davon auszugehen ist, dass voneinander unabhängige Dritte alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen, ist für die sinnvolle Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes unabdingbar. Eine dahingehende Annahme findet sich jedoch für Veranlagungszeiträume bis 2008 nicht im Gesetz. Vielmehr hat der BFH festgestellt, dass eine inländische Tochtergesellschaft nicht gegen ihre erhöhten Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 2 AO verstößt, wenn sie bei der Muttergesellschaft befindliche Informationen nicht beschafft.30 Beruft sich daher ein Beteiligter für Veranlagungszeiträume vor 2008 darauf, dass er Informationen nicht geben oder Aufzeichnungen nicht vorlegen kann, weil ausschließlich eine nahe stehende Person darüber verfügt und die Herausgabe verweigert, liegt kein Verstoß des Beteiligten gegen seine Mitwirkungspflichten vor, wenn er weder rechtlich (z. B. gesellschaftsrechtlich) noch tatsächlich die Möglichkeiten hat, die Informationen oder Unterlagen bei dem Nahestehenden zu beschaffen und ihm auch _____________ 29 Vgl. BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204; v. 6.12.1995 – I R 88/94, BStBl. II 1996, 383; v. 19.5.1998 – I R 36/97, BStBl. II 1998, 689 und v. 28.1.2004 – I R 87/02, BFH/NV 2004, 736. 30 BFH v. 10.5.2001 – I S 3/01, DStR 2001, 985.
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eine Beweisvorsorge nicht möglich oder nicht zumutbar war.31 Sofern aber der Steuerpflichtige rechtliche Möglichkeiten hat, seinen Willen bei der nahestehenden Person durchzusetzen, etwa weil er Mehrheitsgesellschafter ist, liegt die Situation anders. In diesem Fall löst ein Verstoß gegen die gesteigerten Mitwirkungspflicht gem. § 90 Abs. 2 AO die Schätzungsmöglichkeiten des § 162 Abs. 2 AO aus. Im Ergebnis ist daher bei Preisermittlungen für Verlagerungen vor 2008 in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob beide Parteien über sämtliche Umstände der Transaktion informiert waren. 4. Mittelwertthese Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG ist im Falle des hypothetischen Fremdvergleichs vom Mittelwert zwischen dem Höchst- und Tiefstpreis (Einigungsbereich) auszugehen, wenn kein anderer Preis glaubhaft gemacht wird. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für diese Annahme besteht erst für Veranlagungszeiträume ab 2008.32 Nach Ansicht der Verwaltung33 darf diese Annahme auch schon in Veranlagungszeiträumen vor 2008 angewendet werden, da in derartigen Fällen von dem Erfahrungssatz auszugehen sei, dass sich fremde Dritte auf einen mittleren Wert einigen. Dies gelte insbesondere, wenn auf beiden Seiten ein gleichermaßen hohes Interesse am Zustandekommen des Geschäftes und gleichermaßen starke Verhandlungspositionen bestehen und wenn keine konkreten Anhaltspunkte für einen bestimmten Wert innerhalb des Einigungsbereiches erkennbar sind.34 Im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln zur Beweis- bzw. Darlegungslast.35 Ergibt sich auf der Basis der Standardmethoden nur eine Bandbreite angemessener Fremdvergleichspreise, besteht nach Ansicht der Rechtsprechung36 für die Schätzung eines Mittelwertes regelmäßig keine Rechtsgrundlage. Vielmehr muss sich die Schätzung an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Bandbreitenwert orientieren. _____________ 31 Siehe. BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570 – Verwaltungsgrundsätze Verfahren – Tz. 3.3.2. 32 Siehe Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 3.10. 33 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 3.10.4. 34 Vgl. auch BFH v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 und v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649. 35 Siehe BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570 – Verwaltungsgrundsätze Verfahren – Tz. 2.1 i. V. m. Tz. 4. 36 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II, 2004, 171.
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Dieses Schätzungsverbot gilt aber nicht für die Mittelwertthese, da hier kein Wert innerhalb einer Bandbreite aus tatsächlichen Fremdvergleichsdaten37 geschätzt, sondern rechnerisch als arithmetisches Mittel zweier feststehender Größen (Höchst- bzw. Tiefstpreis) ermittelt wird. Praktisch bedeutet dies, dass das Finanzamt den Mittelwert auch in Jahren vor 2008 annehmen darf, wenn es den Höchst- und Tiefstpreis sowie die Vergleichbarkeit der Interessenlagen und Verhandlungspositionen festgestellt hat.
V. Verschärfter Schätzungsrahmen Von entscheidender Bedeutung sind für Veranlagungszeiträume bis 2008 die allgemeinen und speziellen Mitwirkungspflichten und die bei Verstoß gegen dieselben drohenden Sanktionen. Als Sonderform der Verrechnungspreisfragen unterliegen Funktionsverlagerungen den Dokumentationspflichten des § 90 Abs. 3 AO. Als außergewöhnlicher Geschäftsvorfall sind sie zeitnah zu dokumentieren (§ 90 Abs. 3 Satz 3 AO). Unterlässt dies der Steuerpflichtige darf das Finanzamt in Schätzungsfällen (nicht Mittelwert) bei der Einkünfteermittlung an die Obergrenze des Schätzungsrahmens gehen (§ 162 Abs. 3 AO). Ferner stehen Strafzuschläge gem. § 162 Abs. 4 AO im Raum. Weiterhin ermöglicht § 162 Abs. 3 Satz 3 AO der Finanzverwaltung eine Schätzung auf den für den Steuerpflichtigen ungünstigsten Punkt eines sich ergebenden Schätzungsrahmens, wenn der Sachverhalt wegen Verletzung der Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten einer ausländischen nahe stehende Person nicht ausreichend aufgeklärt werden kann. Diese Vorschrift kommt nur eingeschränkt zur Anwendung, da Mitwirkungspflichten voraussetzen, dass der Adressat Beteiligter i. S. v. § 78 AO ist. Dies ist hier nicht der Fall. Damit kann die Schätzung nur auf den Verstoß gegen Auskunftspflichten anderer Personen (§ 93 AO) gestützt werden. Diese besteht allerdings, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Nach Ansicht der Verwaltung38 ist diese, erweiterte Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 3 Satz 3 AO ist für Fälle von Funktionsverlagerungen anzuwenden, die sich nach dem 31.12.2007 ereignet haben, da § 162 _____________ 37 Siehe BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570 – Verwaltungsgrundsätze Verfahren – Tz. 3.4.12.5. 38 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 3.10.6.
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Abs. 3 Satz 3 AO durch Art. 6 Nr. 5 Buchst. B des Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.200739 mit Wirkung vom 18.8.2007 eingefügt wurde.
VI. Preisanpassungsklauseln Eine vertraglich vereinbarte Preisanpassungsklausel der beteiligten Unternehmen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, ist grundsätzlich sowohl zugunsten wie auch zuungunsten des inländischen Unternehmens anzuerkennen. Hat der Steuerpflichtige seine Einkünfte nicht entsprechend der vereinbarten Preisanpassungsklausel ermittelt, ist eine Verrechnungspreiskorrektur in dem Jahr geboten, in dem die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen eingetreten sind. Die gesetzliche Fiktion einer Preisanpassungsklausel nach § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG gilt erst für Veranlagungszeiträume ab 2008. Eine Verrechnungspreiskorrektur ist jedoch nach Ansicht der Verwaltung40 auch dann vorzunehmen, wenn sich fremde Dritte mit Erfolg auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB oder, soweit nicht die Geltung deutschen Rechts vereinbart wurde, auf eine vergleichbare Regelung ausländischen Zivilrechts hätten berufen können. Das zivilrechtlich allgemein geltende Rechtsinstitut des „Wegfalls bzw. der Störung der Geschäftsgrundlage“, das Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben ist, muss auch im Rahmen des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 AStG berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen für seine Anwendung sind erfüllt, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrages waren, schwerwiegend verändern und einem Vertragspartner insbesondere unter Berücksichtigung der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung nach Treu und Glauben ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. In der Praxis wird dies m. E. die absolute Ausnahme sein. Faktisch ist davon auszugehen, dass die Regelung zu den Preisanpassungsklauseln kaum rückwirkende Anwendung finden wird.
_____________ 39 BGBl. I 2008, 1912. 40 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009, Tz. 3.10.5.
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E. Fazit Durch die Einführung der Regelungen zur Funktionsverlagerung hat sich die bis zum 31.12.2007 bestehende Rechtslage nicht dramatisch verschärft. Denn substantiell neu ist lediglich die Möglichkeit, Sachgesamtheiten zu bilden, diese als Ganzes (Transferpaket) zu bewerten. Da aber die Summe der gemeinen Werte der transferierten Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile dem Ertragswert des Transferpakets entspricht, tritt materiell durch die Neuregelung keine Verschärfung ein. Neu ist ferner, dass die Parteien über sämtliche Details des Geschäfts Bescheid wissen (Allwissenheitsthese). Bedeutung entfaltet diese These bestenfalls bei auslandsdominierten Konzernen, da bei diesen die inländische Gesellschaft nicht sämtliche Informationen beschaffen kann. Hingegen hat die Normierung der Ertragswertmethode, die Annahme des doppelten gewissenhaften Geschäftsleiters sowie des Mittelwerts zu keiner Änderung der bisherigen Rechtslage geführt. Denn beide Annahmen konkretisieren lediglich Rechtsfolgen, die auch aus dem allgemeinen Fremdvergleichsgrundsatz abgeleitet werden können.
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Funktionsverlagerungen in das Inland Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Helmut-SchmidtUniversität – Universität der Bundeswehr Hamburg
Inhaltsübersicht A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Die „Pre-Verlagerungsphase“ . . . . 29 I. Vorlaufkosten . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Laufende Dienstleistungen . . . 31 C. Die Verlagerungsphase (i. e. S.) . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entschädigungsansprüche aufgrund der Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangsüberlegungen . . . . . a) Die Regierungsbegründung zu § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des § 1 AStG auf eine Verlagerung in das Inland? . . . . . . . . . . 2. Relevante Fallgruppen . . . . . a) Mögliche Sachverhaltskonstellationen . . . . . . . . b) Bestehende Entschädigungsansprüche in den jeweiligen Einzelfällen . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . bb) Fallgruppe 1a) und 1b) cc) Fallgruppe 2a) . . . . . . . dd) Fallgruppe 2b) . . . . . . . ee) Fallgruppe 3a) . . . . . . . ff) Fallgruppe 3b) . . . . . . . gg) Fallgruppe 4a) . . . . . . . hh) Fallgruppe 4b) . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 34
34 34
34
35 38 38
40 40 40 40 41 43 44 49 53 54
3. Bewertungsüberlegungen . . . a) Korrekturnormspezifischer Bewertungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . bb) Fälle der verdeckten Gewinnausschüttung . cc) Fälle der verdeckten Einlage . . . . . . . . . . . . dd) Anwendung des § 1 AStG . . . . . . . . . . . . . . (i) Wertermittlung . . . (ii) Einfluss ausländischer Bewertungsvorschriften . . . . . . (iii) Handels- und steuerrechtliche Behandlung des „Transferpaketes“ b) Rückgriff auf § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG als allgemeine Auslegungsnorm für den Fremdvergleichsgrundsatz? . . . . . . . . . . . . . III. Unterstützungsleistungen . . . .
55
55 55 55 56 59 59
60
61
63 64
D. Die „Post-Verlagerungsphase“ . . . 64 I. Laufende Entgeltbestimmung nach der Verlagerung . . . . . . . . 64 II. Anpassung von ursprünglichen Entschädigungen? . . . . . . . . . . . 65 E. Ausgewählte Sonderaspekte . . . . . 67 I. Betriebsstättenbegründung . . . . 67 II. „Schädliche Mitwirkung“ i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG . . . . . . . 69 F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
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Kaminski – Funktionsverlagerungen in das Inland
A. Problemstellung Die steuerlichen Konsequenzen von Funktionsverlagerungen wurden in der Vergangenheit fast ausschließlich unter dem Blickwinkel einer Verlagerung vom Inland in das Ausland diskutiert1 und dies, obwohl bereits die Bundesregierung in ihrer Begründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 20082 sich zur Funktionsverlagerung in das Inland geäußert hat.3 Berichte aus der Tagespresse zeigen, dass diese Fälle durchaus praktische Relevanz haben.4 Entscheidend hierfür ist u. a., dass sich häufig die Erwartungen, die mit der Begründung eines Auslandsengagements verbunden waren, nicht erfüllen ließen. Dies gilt insbesondere neben dem regelmäßig bestehenden Problem, eine der inländischen Produktion vergleichbare Qualität zu gewährleisten5 für die Veränderung von Rahmenbedingungen im Ausland.6 Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit eine Reihe von inländischen Unternehmen ihren inländischen Arbeitnehmern weit reichende Beschäftigungsgarantien gegeben haben, deren Umsetzung sich – gerade angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung – als schwierig erweist. Um diese Verpflichtungen zu erfüllen, erfolgt teilweise eine Verlagerung aus dem Ausland in das Inland. Entscheidend hierfür ist, dass diese Zusagen teilweise nicht konzernbezogen, sondern geschäftsbezogen abgegeben wurden.
_____________ 1 Vgl. zu ersten Überlegungen zur Verlagerung in das Inland Greinert, in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, München 2007, 541, sowie sehr knapp Brandenberg, BB 2008, 867. 2 Vom 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 86, sowie hierzu eingehend unter Gliederungspunkt C. II. 1. a). 4 Vgl. das Beispiel Rückverlagerung bei Katjes Spiegel-Online vom 2.2.2007 oder die Rückverlagerung von Stihl aus Brasilien, Welt-Online vom 23.12.2009. Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe hat die Rückverlagerung in einer Untersuchung erfasst, vgl. Kinkel/Jäger/Maloca, Produktions- und FuE-Verlagerungen ins Ausland, Stuttgart 2009, 18–27. Der häufig genannte Fall der Beendigung des China-Engagements des Stofftierherstellers Steiff überrascht, weil nach Medienberichten die in China beendigten Aktivitäten nicht nach Deutschland, sondern nach Tunesien und Portugal verlagert wurden, vgl. FTD vom 14.12.2009 (online-Ausgabe). 5 Vgl. hierzu z. B. Kinkel/Jäger/Maloca, Produktions- und FuE-Verlagerungen ins Ausland, Stuttgart 2009, 25 ff. 6 Dies gilt speziell für die erhofften Lohnkostenvorteile im Ausland, die sich mittlerweile in vielen osteuropäischen Staaten nicht (mehr) in dem bisherigen Umfang erzielen lassen.
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Kaminski – Funktionsverlagerungen in das Inland
Im Weiteren werden Funktionsverlagerungen in das Inland unter dem Blickwinkel der deutschen Regelungen betrachtet. Die Überlegungen der OECD zum sog. Business Restructuring7 nehmen keine Differenzierung zwischen der Verlagerung vom Inland in das Ausland e.v.v. vor. Hieraus ist zu schlussfolgern, dass die OECD beide Fälle gleichbehandelt wissen will. Allerdings bleiben deren Vorgaben – trotz des Umfangs von fast 60 Seiten – vergleichsweise ungenau. Dies gilt speziell für die Bewertungsfragen,8 die aus materieller Sicht den Kern der Materie bilden. Die folgenden Ausführungen widmen sich nicht der Frage, wie die gesetzlichen Regelungen,9 die Vorgaben der Rechtsverordnung10 oder der Entwurf des BMF-Schreibens der VWG-Funktionsverlagerung11 normativ zu würdigen sind, sondern es wird – trotz der hieran geübten Kritik – von deren Geltung und Anwendung ausgegangen. Hierbei wurden die geltenden Regelungen zugrunde gelegt und die in der Diskussion befindlichen Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften12 nicht berücksichtigt. Aus Vereinfachungsgründen erfolgt eine ausschließliche Betrachtung von Kapitalgesellschaftskonzernen.13 In der Unternehmenspraxis werden Funktionsverlagerungen in der Regel nicht von steuerlichen Überlegungen dominiert, sondern durch wirt-
_____________ 7 Entwurf v. 19.9.2008, herunterzuladen im Internet unter http://www.oecd.org/ dataoecd/59/40/41346644.pdf. Vgl. zu einer Erläuterung z. B. Baumhoff/Puls, IStR 2009, 73 ff. oder Dozsa/Greinecker, SWI 2009, 530 ff. 8 Vgl. zu einer Analyse nach nationalem Recht z. B. Oestreicher/Hundeshagen, DB 2008, 1637 ff. und 1693 ff., Oestreicher/Hundeshagen, IStR 2009, 145 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1948 ff. oder Kaminski, in Strunk/Kaminski/ Köhler (Hrsg.), AStG/DBA, § 1 AStG n. F. Rz. 50 ff. (Sept. 2007), Vögele, DStR 2010, 418 ff. sowie speziell zur Abgrenzung ggü. der Geschäftschance Greil, IStR 2009, 202. 9 Vgl. hierzu Kaminski, RiW 2007, 594. 10 Vgl. hierzu Strunk/Kaminski, DB 2008, 2501 ff. zur Anwendbarkeit des Transferpakets auf Betriebsstätten- und Personengesellschaftsfälle. 11 Vgl. hierzu Kaminski/Strunk, RiW 2009, 706 und speziell zum Anwendungszeitraum Reichl, IStR 2009, 680 ff. 12 Vgl. BT-Drucks. 17/923 v. 3.3.2010, 8 sowie Kaminski, Stbg 2010, 196. 13 Vgl. zur Diskussion der möglichen Anwendbarkeit auf Personengesellschaften und Betriebsstätten Kaminski/Strunk, DB 2008, 2501 sowie zur Gefahr der Betriebsstättenbegründung im Rahmen der Funktionsverlagerung unter Gliederungspunkt E. 1. und zum Spezialproblem der Vertreterbetriebsstätte den Beitrag von Ditz in diesem Band.
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schaftliche Aspekte bestimmt.14 Dies schließt nicht aus, dass auch steuerliche Faktoren einen Einfluss darauf haben, an welchem Standort ein Unternehmen tätig wird.15 Um eine umfassende Analyse der steuerlichen Konsequenzen einer Funktionsverlagerung in das Inland vornehmen zu können, ist es sinnvoll, an die einzelnen Phasen dieses Verlagerungsprozesses anzuknüpfen. Damit erfolgt eine Begrenzung des Risikos, steuerliche Auswirkungen zu übersehen. Abb. 1 stellt eine Unterteilung des Verlagerungsprozesses im weiteren Sinne in unterschiedliche Phasen dar.16
Abb. 1: Phasen einer Funktionsverlagerung17
Eine Funktionsverlagerung im weiteren Sinne erstreckt sich gedanklich über drei Phasen, die sich folgendermaßen voneinander abgrenzen lassen: _____________ 14 Dies zeigt etwa die Untersuchung des Fraunhofer-Instituts. Vgl. Kinkel/Maloca/ Jäger, Produktions- und FuE-Verlagerungen ins Ausland, Stuttgart 2009, 21 ff., nach der Steuern und Subventionen bei sechs genannten Gründen auf den vorletzten Platz kommen. Hingegen entfiel auf die Personalkosten eine fast achtmal häufigere Nennung. 15 Vgl. hierzu z. B. Kaminski/Strunk, Steuern in der internationalen Unternehmenspraxis, Wiesbaden 2006, 71 ff., Kaminski/Strunk, in Steueranwalt International: Praxisleitfaden Internationales Steuerrecht, Stuttgart 2008, 147 ff., Fischer/ Kleineidam/Warneke, Internationale Betriebwirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Berlin 2005, 572 ff., Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 6. Aufl., München 2007, 840 f., Köhler, in Kessler/Förster/Watrin (Hrsg.), Unternehmensbesteuerung, FS Herzig, München 2010, 953 ff. 16 Diese Unterscheidung ist zunächst unabhängig davon, ob eine Verlagerung aus dem In- in das Ausland erfolgt oder vice versa. 17 Eigene Darstellung.
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– Die „Pre-Verlagerungsphase“ umfasst den Zeitraum bis zur Beschlussfassung über die Beendigung der Ausübung einer Funktion im Ausland. Hierbei handelt es sich neben einer „üblichen“ Unternehmenstätigkeit auch um Aktivitäten, die versuchen, die im Ausland bestehenden (leistungswirtschaftlichen) Defizite18 zu beseitigen. Ohne ein Bedürfnis für Änderungen bei der ausländischen Gesellschaft wäre eine Verlagerung in das Inland nicht sinnvoll, sondern die Beibehaltung des Status Quo wirtschaftlich vorteilhafter. Denkbar ist, dass durch den Restrukturierungsprozess diese Defizite beseitigt werden und deshalb eine Entscheidung für den Verbleib der Funktion im Ausland getroffen wird. Ebenso ist es möglich, dass die Defizite nicht beseitigt werden können (z. B. weil diese auf staatlichen Rahmenbedingungen oder der Höhe der Löhne beruhen), so dass diese Maßnahmen entweder keinen Erfolg zeitigen oder wegen erwarteter Erfolglosigkeit gar nicht erst unternommen werden. In einem solchen Fall wird das Unternehmen sich die Frage stellen, ob die Defizite so gravierend sind, dass eine Verlagerung an einen anderen Standort sinnvoll ist sowie bejahendenfalls, welche Vor- und Nachteile hiermit verbunden wären. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass diese Entscheidung zugunsten der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. Mit dem Abschluss dieses Entscheidungsprozesses endet die „Pre-Verlagerungsphase“. – Die „Verlagerungsphase (i. e. S.)“ umfasst den Zeitraum zwischen der Entscheidung für eine Verlagerung aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland und der tatsächlichen Beendigung der Aktivitäten im Ausland unter Anpassung der bisher erforderlichen unternehmerischen Infrastruktur an die zukünftig als sachgerecht erachtete Ausgestaltung. Hierzu kann etwa die Liquidation der ausländischen Einrichtungen und der dort bestehenden Gesellschaft erforderlich sein, wenn eine vollständige Beendigung des Auslandsengagements erfolgt. Ebenso wäre denkbar, dass die Gesellschaft im Ausland nur einen Teil ihrer Aktivitäten einstellen muss (z. B. die Fertigung einer bestimmten Serie), im Übrigen aber andere Aktivitäten weiterhin im Ausland ausgeübt werden. Damit erfolgt keine Vollbeendigung des Auslandsengagements, sondern „lediglich“ eine Verringerung auf ein niedrigeres Niveau, was die Anpassung der dortigen Ressourcen erforderlich machen kann. Dies gilt auch, wenn diese Ressourcen zukünftig einer anderen unternehmerischen Zweck_____________ 18 Welche Faktoren dies sind, kann nur im Einzelfall entschieden werden.
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setzung (z. B. der Fertigung eines anderen Produkts) gewidmet werden. Hierbei wird die „Verlagerungsphase i. e. S.“ in dem Zeitpunkt beendet, in dem die Ressourcen der neuen Funktion angeboten und deren Nutzung grundsätzlich möglich ist. Erfolgt tatsächlich noch keine Nutzung muss geprüft werden, wer dies verursacht hat. Nur wenn dies durch die Verlagerung bedingt ist, muss die Zeit bis zur Beendigung dieses Zustandes noch zur „Verlagerungsphase i. e. S.“ gezählt werden. – Die „Post-Verlagerungsphase“ erfasst den Zeitpunkt, ab dem die betreffende Funktion aus dem anderen Land, vorliegend aus der Bundesrepublik Deutschland, heraus ausgeübt wird. Die ausländische unternehmerische Infrastruktur ist auf das nunmehr als sinnvoll erachtete Maß verringert, ggf. ganz abgebaut worden. Gleichwohl können sich in dieser Phase Auswirkungen auf die zuvor erfolgten Funktionsverlagerungen ergeben. Dies gilt speziell für den Fall, dass der Wert der übernommenen (und ggf. auch vergüteten) Funktionen sich als unzutreffend ermittelt erweist oder sich nachträglich verändert hat. Sofern im Ausland keine Vollbeendigung erfolgt, stellt sich die Frage nach einer Entgeltbestimmung für laufende Lieferungen und Leistungen (unter Beachtung der veränderten Funktionsverteilung) ggü. der ausländischen Gesellschaft. Eine solche Phasenbildung darf nicht in dem Sinne (miss-)verstanden werden, dass sich die Aktivitäten vollständig voneinander trennen ließen. Dies ist regelmäßig nicht der Fall. Vielmehr ist denkbar, dass für eine gewisse Zeit die alten und neuen Ressourcen nebeneinander bestehen, um den neu aufgebauten Unternehmensteilen die Möglichkeit der Eingewöhnung und der Sammlung von Erfahrungen zu geben sowie die jederzeitige Lieferbereitschaft zu gewährleisten. Insoweit können Aktivitäten auch zu anderen Phasen auftreten, als sie in der schematischen Darstellung erscheinen. Gleichwohl bietet diese gedankliche Trennung die Möglichkeit, die entstehenden steuerlichen Auswirkungen differenziert zu betrachten. Eine abweichende steuerliche Würdigung ist hiermit nicht verbunden. Im Weiteren werden die oben genannten Phasen der Analyse zugrunde gelegt, um eine möglichst umfassende Betrachtung der Besteuerungsfolgen zu den jeweiligen Zeitpunkten vornehmen zu können. Ergänzt werden diese Überlegungen um einige Spezialfragen in Abschnitt E., die sich grundsätzlich in jeder Verlagerungsphase stellen können.
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Diese Differenzierung setzt ein Grundverständnis voraus, was Gegenstand einer Funktionsverlagerung sein kann. Wird eine weite Begriffsdefinition gewählt, steigt die Zahl der Funktionsverlagerungsfälle stark an. Gemäß § 1 Abs. 1 FVerlV19 ist eine Funktion „eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Sie ist ein organischer Teil eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss.“.20 Dass die Finanzverwaltung dieses ohnehin schon weite Verständnis noch ausdehnen will, zeigt sich am Entwurf der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung vom 17.7.2009. Dessen Tz. 2.1.1 führt aus, dass die einzelnen Funktionen das Ergebnis der Aufgabenteilung innerhalb des Unternehmens sind und die jeweiligen Aufgaben nicht sämtliche zur Erwirtschaftung der Gesamtwertschöpfung notwendigen Elemente umfassen. Darüber hinaus werden nur einige Beispiele für Funktionen genannt.21 In der bisher nicht offiziell veröffentlichten Fassung des Entwurfs vom 3.12.2009 ist insoweit keine Änderung erfolgt.
B. Die „Pre-Verlagerungsphase“ I. Vorlaufkosten Unter Vorlaufkosten werden – auf Grundlage der obigen Definition der „Pre-Verlagerungsphase“ – die Kosten bis zu einer Entscheidung über die Aufgabe der Funktion im Ausland verstanden. Entsprechend dem Veranlassungsprinzip22 sind diese Kosten grundsätzlich von der ausländischen Gesellschaft zu tragen. Hierbei handelt es sich um Sanierungs_____________ 19 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung) vom 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680, im Folgenden zitiert als FVerlV. 20 Vgl. zum Begriff Borstell/Schäperclaus, IStR 2008, 275 ff. sowie bereits früher Kaminski/Strunk, IStR 1999, 218 ff. und Kaminski, Verrechnungspreisbestimmung bei fehlendem Fremdvergleichspreis, Kriftel 2001, 72 ff. 21 Vgl. zur Kritik an den Vorgaben der FinVerw. z. B. Kaminski, RiW 2009, 706; Looks/Freudenberg, BB 2009, 2514 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1945 ff.; Kroppen/Rasch/Eigelshoven, IWB, F 3, Deutschland, Gr. 1, 2201 ff.; Kroppen/ Rasch, IWB, F 3, Deutschland, Gr. 1, 2339 ff. sowie Kroppen in Lüdicke (Hrsg.), Brennpunkte im deutschen Internationalen Steuerrecht, Köln 2010, 149 ff. 22 Vgl. § 4 Abs. 4 EStG und zu einer Erläuterung jüngst Weber, StuW 2009, 184 sowie Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., Köln 2010, § 9 Rz. 213 ff.
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aufwand, der zu einer Optimierung der bisherigen Abläufe bei der ausländischen Gesellschaft geleistet wird. Damit besteht ein tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb der ausländischen Gesellschaft. Die h. M. lässt hierfür bereits einen allgemeinen Zusammenhang zur Schaffung günstiger betrieblicher Rahmenbedingungen genügen.23 Dem steht nicht entgegen, dass durch eine erfolgreiche Sanierung der Wert der Anteile an dieser Gesellschaft und damit der Wert der Beteiligung für den Gesellschafter steigt bzw. zukünftig weitere Wertminderungen verhindert werden. Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen unter fremden Dritten eine Beteiligung an solchen Sanierungsmaßnahmen erfolgt. Dies geschieht regelmäßig bei Vertriebsgesellschaften. Sowohl die Finanzverwaltung24 als auch die ständige Rechtsprechung des BFH25 gehen davon aus, dass sich die Produktionsgesellschaft an den Kosten für die Markterschließung bzw. -verteidigung beteiligen muss. Auch wenn diese Grundsätze m. E. zu pauschal sind26 und nicht ausreichend auf die Zuordnung des Risikos der Markterschließung im Rahmen der Funktionsverteilung Rücksicht nehmen, ist zumindest für funktionsschwache Vertriebsgesellschaften davon auszugehen, dass eine solche Beteiligung fremdüblich ist. Entsprechendes gilt auch für andere funktionsschwache Gesellschaften, wie etwa verlängerte Werkbänke oder Gesellschaften, die Auftragsforschung durchführen. Liegen derartige Gesellschaften vor, muss eine Beteiligung an den Sanierungskosten durch eine andere Gesellschaft erfolgen, sofern jene Gesellschaft bei einer erfolgreichen Sanierung einen ähnlichen Vorteil erzielen kann, wie die Produktionsgesellschaft in den oben geschilderten Fällen der Vertriebsgesellschaft. Allerdings besteht ein weiter Gestaltungsspielraum, weil auch die andere Gesellschaft sich fragen wird, ob sie mit einem Erfolg der Sanierungsmaßnahmen rechnen kann und wie hoch ihr daraus entstehender wirtschaftlicher Vorteil ist. Insoweit kommt der Bestimmung der Pay-back-Perioden und der Ausgestaltung von Exit-Klauseln besondere Bedeutung zu. Grundlage für die mögliche _____________ 23 Vgl. z. B. Heinicke in Schmidt (Hrsg.), EStG, 29. Aufl., München 2010, § 4 Rz. 28. 24 Vgl. Tz. 3.4 des BMF-Schreibens vom 23.2.1983, IV C 5 – S 1341 – 4/83, BStBl. I 1983, 218 mit späteren Änderungen. 25 Vgl. aus der Rspr. insbesondere BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457; v. 15.10.1997 – I R 80/96, BFH/NV 1998, 624; v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 und v. 6.4.2005 – I R 22/04, BStBl. II 2007, 658. 26 Vgl. hierzu eingehend Kaminski in Grotherr/Herfort/Strunk, Internationales Steuerrecht, 1. Aufl., Achim 1998, 299 ff.
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Aufteilung dieser Kosten muss die Verteilung der Funktionen und Risiken bilden sowie die Dauer der Amortisation der jeweiligen Investitionen. Handelt es sich in der Ausgangsstruktur um eine funktionsschwache ausländische und um eine funktionsstarke inländische Gesellschaft, ist eine fremdübliche Beteiligung der inländischen Gesellschaft an den entsprechenden Kosten der ausländischen Gesellschaft geboten. Aus inländischer Sicht ist hiermit die Frage verbunden, wie diese Zahlungen sich im Rahmen der inländischen Gewinnermittlung auswirken. Gerade infolge des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG kommt diesem Aspekt besondere Bedeutung zu, weil eine Teilwertabschreibung auf Beteiligungen außerbilanziell zu korrigieren wäre und damit keine Auswirkungen auf das Einkommen der Kapitalgesellschaft hätte. Soweit eine fremdübliche Beteiligung an solchen Kosten erfolgt, handelt es sich um laufenden Aufwand. Entscheidend ist, dass diese Zahlungen durch die unternehmerische Tätigkeit der Produktionsgesellschaft verursacht sind. Geht die Beteiligung darüber hinaus, fehlt es an dieser Veranlassung. Vielmehr liegt diese im Gesellschaftsverhältnis begründet. Folglich handelt es sich um nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung, die zu einer Hinzuaktivierung führen. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob handelsrechtlich eine Behandlung als Ertrag oder als Einzahlung in das Eigenkapital gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erfolgt.27 Die steuerliche Behandlung im Ausland richtet sich ausschließlich nach dem dortigen lokalen Recht.
II. Laufende Dienstleistungen Möglicherweise nimmt die ausländische Gesellschaft während der „PreVerlagerungsphase“ Dienstleistungen in Anspruch, die sonst nicht genutzt werden. Für diese kommen die allgemeinen Verrechnungspreisgrundsätze für Dienstleistungen zur Anwendung,28 so dass regelmäßig ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen ist. _____________ 27 Gl. Auffassung für den Fall der Zuschüsse Roser in Gosch (Hrsg.), KStG, 2. Aufl., München 2009, § 8 Rz. 131 Zuschüsse. 28 Vgl. zu einer Erläuterung z. B. Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 243 ff. (Okt. 2005); Macho/Steiner/Ruess, Verrechnungspreise kompakt, Wien 2007, 144 ff.; Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, AStG, § 1 AStG, Anm. 451 ff.; Vögele/Raab in Vögele/Borstell/Engler, Handbuch der Verrechnungspreise, 2. Aufl., München 2004, 249 ff.
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Tz. 6.1 VG29 sieht ausdrücklich vor, dass keine Leistungsverrechnung zu erfolgen hat, wenn die Leistungen „ihren Rechtsgrund in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen“ haben. Hieraus folgt, dass nur solche Leistungen zu verrechnen sind, welche die ausländische Gesellschaft auf eigene Veranlassung in Anspruch nimmt und aus deren Nutzung sie tatsächlich einen Vorteil erwarten konnte. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob hieraus tatsächlich ein Vorteil entsteht. Entsprechendes muss auch bei umgekehrter Richtung der Leistungsbeziehung gelten. Hieraus folgt, dass bei einer Veranlassung in der Sphäre des (hier als inländisch unterstellten) Gesellschafters umgekehrt zu verfahren ist und die Kosten bei diesem als Betriebsausgaben anzusehen sind. Dies wäre etwa der Fall, wenn die inländische Gesellschaft prüft (oder durch eine andere Konzerngesellschaft prüfen lässt), ob eine Verlagerung im Interesse des Gesamtkonzerns vorteilhaft wäre.30 Zur Vermeidung von Auseinandersetzungen mit den beteiligten Finanzverwaltungen sollte auf im Voraus getroffene, klare, eindeutige und schriftliche Vereinbarungen geachtet werden, deren Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des BFH zu Verträgen zwischen Kapitalgesellschaften und deren beherrschenden Gesellschaftern31 vor dem Hintergrund des Urteils des FG Köln vom 22.8.200732 noch Bestand haben kann. Danach wäre davon auszugehen, dass die Regelungen entsprechend Art. 9 Abs. 1 OECD-MA auch für diese formalen Anforderungen durch den Fremdvergleichsgrundsatz eine Grenze beinhalten.33 In der Praxis wird sich häufig keine ausschließliche Veranlassung durch die Gesellschaft oder den Gesellschafter feststellen lassen. In diesen Fällen muss mit Hilfe eines „sachgerechten“ Schlüssels eine Aufteilung erfolgen. Was als „sachgerecht“ anzusehen ist, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, sondern ist von den jeweiligen Leistungen und den Verhältnissen des Einzelfalls abhängig. Entscheidend ist, durch _____________ 29 Verwaltungsgrundsätze vom 23.2.1983, IV C 5 – S 1341 – 4/83, BStBl. I 1983, 218, mit späteren Änderungen. 30 Hierbei handelt es sich um typische Shareholder-Kosten, die von diesem zu tragen sind. 31 Vgl. z. B. BFH v. 2.3.1988 – I R 63/82, BStBl. II 1988, 590; v. 24.5.1989 – I R 90/85, BStBl. II 1989, 800 und vom 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545. 32 Vgl. FG Köln v. 22.8.2007, – 13 K 647/03, EFG 2008, 161, rkr., mit Anmerkungen Baumhoff/Greinert, IStR 2008, 353; Rasch, IWB 2008, F. 3a, Deutschland, Gr. 1, 1103; Strunk/Kaminski, Stbg 2008, 211. 33 Bejahend Gosch in Gosch (Hrsg.), KStG, 2. Aufl., München 2009, § 8 Rz. 190.
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welchen Schlüssel der prognostizierte Vorteil aus der Leistung bestmöglich aufgeteilt werden kann. Hierbei sind die Erwartungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. der Vereinbarung der Leistung entscheidend, nicht die tatsächlich entstehenden Vorteile.34 Bei der Erbringung von Dienstleistungen aus dem Inland an ausländische Gesellschaften kann das Problem entstehen, dass die ausländische Finanzverwaltung möglicherweise Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Leistungsverrechnungen aus dem Inland als Betriebsausgaben bereitet. Entscheidend hierfür ist, dass die Kostenbelastungen aus dem Inland häufig höher sind als die Kosten bei einer alternativen Beschaffung von vergleichbaren Leistungen auf dem lokalen Markt. Die Versagung oder Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs wird damit begründet, dass fremde Dritte sich für eine Beschaffung „vor Ort“ entschieden und damit die kostengünstigere Variante genutzt hätten. Um diesem Vorwurf zu begegnen, sollte die Leistung so beschrieben werden, dass deren Einzigartigkeit erkennbar wird. Damit ist zu verdeutlichen, dass entsprechendes Know-how auf dem lokalen Markt nicht vorhanden ist oder zumindest nicht unter vergleichbaren Bedingungen erlangt werden kann. Hierfür kann es sich anbieten darzulegen, dass ein Konzernfremder sich zunächst in die Verhältnisse der ausländischen Gesellschaft einarbeiten müsste und hierfür zusätzlich zu vergütende Zeit erforderlich wäre. Ziel sollte es dabei sein, im Rahmen eines Gesamtkostenvergleichs den Nachweis zu erbringen, dass insgesamt keine höheren Kosten entstanden sind als beim Bezug vom lokalen Markt. Zeichnet sich ab, dass eine vollständige Abzugsfähigkeit im Ausland nur sehr schwer erlangt werden kann, wäre zu prüfen, inwieweit eine Mitveranlassung durch die inländische (Mutter-)Gesellschaft gegeben ist, um einen Teil der Kosten im Inland als Betriebsausgaben berücksichtigen zu können.
_____________ 34 Ganz h. M. Dies ergibt sich schon aus dem Grundsatz, dass bei Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter im Voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarungen verlangt werden, vgl. grundlegend BFH v. 3.11.1976 – I R 98/75, BStBl. II 1977, 172.
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C. Die Verlagerungsphase (i. e. S.) I. Überblick Aus steuerlicher Sicht sind während dieser Phase zwei wesentliche Faktoren relevant: Einerseits ist zu prüfen, inwieweit die Funktionsverlagerung in das Inland zu Entschädigungsansprüchen führt und wie diese ggf. im Inland zu berücksichtigen wären.35 Andererseits stellt sich die Frage, inwieweit während dieser Phase Unterstützungsleistungen erbracht werden und wie diese ggf. zu vergüten sind.
II. Entschädigungsansprüche aufgrund der Funktionsverlagerung 1. Ausgangsüberlegungen a) Die Regierungsbegründung zu § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG Die Regierungsbegründung zu § 1 AStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetz 2008 führt u. a. aus:36 „Der Fremdvergleichsgrundsatz gilt aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich in gleicher Weise für Funktionsverlagerungen ins Ausland („Outbound-Fall“) wie für Funktionsverlagerungen ins Inland („InboundFall“), auch wenn Abs. 1 nur Berichtigungen zulässt, wenn die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte fremdvergleichswidrig gemindert worden sind. Berichtigungen zugunsten des Steuerpflichtigen sind aber nach anderen Rechtsnormen möglich (vor allem im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung). Sie können zur Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter und anschließend zu erfolgswirksamen Abschreibungen führen. Werden im InboundFall immaterielle Wirtschaftsgüter aufgrund der Transferpaket-Betrachtung erkennbar, kann ihre Lizenzierung leichter anerkannt werden. Diese steuerlichen Vorteile können Funktionsverlagerungen ins Inland, die zum Aufbau von Wirtschaftstätigkeit und Arbeitsplätzen führen, attraktiv machen.“.
Eine solche Formulierung erscheint auf den ersten Blick begrüßenswert, führt sie doch zu einer scheinbar spiegelbildlichen Behandlung von Inund Auslandsfällen. Es wird der Eindruck erweckt, als würden lediglich andere Einkunftskorrekturnormen anzuwenden sein, materiell rechtlich jedoch die gleichen Konsequenzen entstehen. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen sich tatsächlich aus einer Funktionsverlagerung in das Inland ergeben. Dafür muss zunächst _____________ 35 Vgl. § 1 Abs. 3 Sätze 9 ff. AStG. 36 BT-Drucks. 16/4841, 86, re. Sp., Herv. d. Verf.
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geprüft werden, auf welche Rechtsgrundlage mögliche Einkunftskorrekturen zu stützen wären. b) Anwendbarkeit des § 1 AStG auf eine Verlagerung in das Inland? § 1 AStG ist mit „Berichtigung von Einkünften“ überschrieben. Diese Überschrift ist unverändert seit der Einführung des Außensteuergesetzes im Jahre 1972.37 Hierbei handelt es sich um einen Teil des Gesetzes und nicht lediglich um eine redaktionelle Ergänzung. Nach seiner Zwecksetzung zielt § 1 AStG darauf ab, lediglich eine Korrektur zugunsten des deutschen Fiskus zu ermöglichen. Dies wird auch aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG deutlich. Dieser verlangt, dass eine Minderung der Einkünfte eines inländischen Steuerpflichtigen infolge einer Geschäftsbeziehung mit einer ihm nahe stehenden ausländischen Person eingetreten sein muss. Hingegen scheidet eine Korrektur nach § 1 AStG aus, wenn das inländische Unternehmen zu Lasten der ausländischen Gesellschaft einen Vorteil erlangt hat. Vielmehr wurde davon ausgegangen, dass die ausländische Rechtsordnung eine Korrekturvorschrift enthält, die eine Anpassung zu ihren Gunsten ermöglicht. Dieses Verständnis stimmt mit der Regierungsbegründung überein. Sie erklärt nicht § 1 AStG auf den Inbound-Fall anwendbar, sondern bringt zum Ausdruck, dass dieser – ebenso wie der Outbound-Fall – nach dem Fremdvergleichsgrundsatz behandelt werden soll. Zugleich wird die Anwendung des § 1 AStG nicht suspendiert, so dass dieser neben anderen Einkunftskorrekturvorschriften steht. Insoweit ergibt sich eine Normenkonkurrenz, wie sie auch bei anderen Anwendungsfällen des § 1 AStG gegeben ist. Infolge des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG ist dieser stets ergänzend zu prüfen, sofern seine Anwendungsvoraussetzungen ebenso erfüllt sind wie die einer anderen Korrekturvorschrift. Ermöglicht diese keine Korrektur nach Maßgabe des Fremdvergleichsgrundsatzes, erfolgt insoweit eine ergänzende Anwendung von § 1 AStG. Eine solche Interpretation wirft allerdings die Frage nach dem Verhältnis zwischen § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG und dem Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG auf. Denkbar wäre, die Regelungen zur Funktionsverlagerung als lex specialis anzusehen, die den allgemeineren Einkunftskorrekturmaßstab des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG verdrängt. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass es sich bei den Regelungen zur Funktionsverlagerung um allgemeine Prinzipien handelt, die _____________ 37 Vom 8.9.1972, BGBl. I 1972, 1713.
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einen Rückgriff auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG entbehrlich machten. Einer solchen Auffassung, die auch zur Anwendung der Funktionsverlagerungsgrundsätze auf reine Inlandsfälle führte, kann nicht gefolgt werden.38 Entscheidend ist hierfür, dass Satz 9 des Abs. 3 über seine Verweisung eine Einbindung in den § 1 insgesamt erfahren hat und damit nicht isoliert von den übrigen Regelungen dieser Norm besteht. Diese Auslegung wird auch durch die Regierungsbegründung gestützt, die auf den Fremdvergleichsgrundsatz als die zentrale Norm abstellt, aber nicht auf die Funktionsverlagerungsregelung.39 Einem solchen Verständnis folgt auch die Finanzverwaltung. In Tz. 1.1 am Ende des Entwurfs der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung wird von einer ergänzenden Anwendung des § 1 AStG ausgegangen, wenn dies zu einer Erhöhung der Einkünfte des Steuerpflichtigen führt.40 Würde durch Abs. 3 Satz 9 ein allgemeiner Grundsatz normiert, handelte es sich nicht um eine „ergänzende“ Anwendung des § 1 AStG. Ferner dürfte dann nicht die Erhöhung der Einkünfte als Voraussetzung verlangt werden, denn diese ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG und nicht aus Abs. 3 Satz 9. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Abs. 3 Satz 9 ergänzende Regelungen für den Fall der Funktionsverlagerung trifft, allerdings nur unter den allgemeineren Voraussetzungen des Abs. 1 anwendbar ist. Auf der Grundlage dieses Verständnisses ist das Verhältnis der unterschiedlichen Einkunftskorrekturvorschriften zueinander zu bestimmen. Diesem Fragenkreis kommt grundlegende Bedeutung zu, weil § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG anordnet, dass diese Norm nur „… unbeschadet anderer Vorschriften …“ zur Anwendung kommt. Der BFH hat diese Formulierungen für Kapitalgesellschaften – allerdings vor Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 200841 – so ausgelegt, dass die Anwen_____________ 38 Dies gilt ungeachtet der damit verbundenen Ungleichbehandlung von Inlands- und Auslandsfällen, die EU-rechtlich problematisch ist. Vgl. zur Diskussion Rolf, IStR 2009, 152; Jahndorf, FR 2008, 101; Graf in Brähler/Lösel (Hrsg.), Deutsches und internationales Steuerrecht, FS Djanani, Wiesbaden 2008, 104 ff. und Schön in Kessler/Förster/Watrin (Hrsg.), Unternehmensbesteuerung, FS Herzig, München 2010, 301 ff.; a. A. Brandenberg, BB 2008, 867, unter Hinweis auf die Abgrenzung der Besteuerungsrechte der Staaten. 39 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 85 f. 40 Eine entsprechende Formulierung findet sich auch in dem aktualisierten Entwurf vom 3.12.2009. 41 Vom 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912.
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dung des § 1 AStG nachrangig gegenüber anderen Einkunftskorrekturvorschriften ist, wenn diese zu gleichweit reichenden Rechtsfolgen führen.42 Da der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Interpretation und den hiermit verbundenen Schwierigkeiten diese Formulierung im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 nicht geändert hat, ist davon auszugehen, dass er dieses Verständnis billigt, zumal er gerade durch § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG für die Fälle eine Regelung geschaffen hat, bei denen keine Korrektur auf den Fremdvergleichsgrundsatz erfolgt. Daher ist davon auszugehen, dass in den vorliegend betrachteten Kapitalgesellschaftsfällen die Regelungen zur vGA und zur verdeckten Einlage vorrangig sind und eine ergänzende Anwendung des § 1 AStG nicht zu einem höheren Wert führt als vGA und verdeckte Einlage.43 Allerdings wird diese Frage wesentlich von dem Verständnis des Fremdvergleichsgrundsatzes geprägt. Sofern § 1 AStG eine über den Fremdvergleich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinausgehende Korrektur ermöglicht, wäre infolge von § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG eine insoweit ergänzende Anwendung des § 1 AStG geboten. Bei einer solchen Interpretation ist jedoch die Schrankenwirkung der Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden Regelungen zu beachten, wie die Grundfreiheiten des EU-Vertrages.44 Da nach bisherigem Verständnis der internationale Fremdvergleichsgrundsatz einheitlich für Inlands- und Auslandsfälle im Rahmen der verdeckten Gewinnausschüttung angewendet wurde, wird diese Auffassung auch im Folgenden vertreten. Würden hingegen unterschiedliche Maßstäbe für anwendbar gehalten, führt dies zwangsläufig zu einer Kollision mit höherrangigem Recht. Dieses Verständnis wird auch durch die Regierungsbegründung unterstützt, nach der „… die Reichweite der Vorschrift und ihre Korrekturmöglichkeiten …“ erhalten bleiben sollten.45 Folglich zielt die Änderung insoweit nicht auf ein grundlegend verändertes Verständnis der _____________ 42 Vgl. BFH v. 9.11.1988 – I R 335/83, BStBl. II 1989, 510. 43 Gl. Auffassung Gosch in Gosch (Hrsg.), KStG, 2. Aufl., München 2009, § 8 Rz. 187. Etwas anderes würde sich jedoch ergeben, wenn unterschiedliche Fremdvergleichsmaßstäbe von § 1 AStG und der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der verdeckten Einlage zur Anwendung kämen, vgl. dazu Abschnitt C. II. 3. b) zur Frage der Funktionsverlagerung. 44 Vgl. hierzu eingehend Kaminski, StuW 2008, 337 ff. und Kaminski in Brähler/ Lösel (Hrsg.), Deutsches und internationales Steuerrecht, FS Djanani, Wiesbaden 2008, 129 ff. 45 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 85, li. Sp.
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Norm ab. Allerdings erfolgt durch Satz 3 eine Klärung des Verhältnisses zur Entnahme.46 2. Relevante Fallgruppen a) Mögliche Sachverhaltskonstellationen Um die vielfältigen möglichen Sachverhaltsgestaltungen erfassen zu können, werden diese zunächst einer Systematik zugeführt. Dies ist geboten, weil unterschiedliche Korrekturvorschriften mit verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen zur Anwendung kommen können. Abb. 2 fasst die unterschiedlichen Möglichkeiten zusammen.
Abb. 2: Sachverhaltskonstellationen bei Funktionsverlagerungen in das Inland47
Es müssen grundsätzlich zwei Betrachtungsebenen unterschieden werden. Einerseits muss in Abhängigkeit von der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung des Sachverhalts differenziert werden. Denkbar ist, dass es sich bei der inländischen Gesellschaft um die Tochtergesellschaft einer ausländischen Gesellschaft handelt. Ebenso wäre es möglich, dass die Tochtergesellschaft im Ausland ansässig und eine inländische
_____________ 46 Vgl. zur bisherigen Diskussion z. B. Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, § 1 AStG, Rz. 48 ff. (Oktober 2005); Gocksch, IStR 2002, 181 und Wassermeyer, IStR 2001, 634 ff. 47 Eigene Darstellung.
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Muttergesellschaft vorhanden ist.48 Aus Vereinfachungsgründen werden ausschließlich 100 %-Beteiligungen betrachtet.49 Grundsätzlich wäre denkbar, dass eine Funktionsverlagerung zwischen Schwestergesellschaften oder Mutter- und Enkelgesellschaften erfolgt. Für die folgenden Überlegungen wird – unter Rückgriff auf die sog. Dreieckstheorie des BFH50 – davon ausgegangen, dass sich die entsprechenden Konsequenzen ggf. mittelbar bei der Mutter- bzw. der Tochtergesellschaft auswirken. Aus Vereinfachungsgründen wird deshalb eine unmittelbare Verlagerung zwischen diesen beiden Gesellschaften unterstellt. Die zweite Differenzierungsebene ergibt sich aus der Höhe der Vergütung für die übernommene Funktion. Maßgebend hierfür ist, dass eine Korrektur ausschließlich in den Fällen erfolgen soll, in denen diese nicht „fremdüblich“ ist. Folglich ist danach zu differenzieren, ob die Vergütung der inländischen an die ausländische Gesellschaft angemessen, unangemessen hoch oder unangemessen niedrig war. Als Sonderfall wird ergänzend berücksichtigt, dass möglicherweise ein Anspruch auf Schadenersatz bzw. den Ausgleich von in der Zukunft eintretenden Verlusten besteht, aber keine entsprechende Vergütung gezahlt wird. Wie die weiteren Ausführungen zeigen werden, handelt es sich hierbei um einen Sonderfall der überhöhten Vergütung der inländischen an die ausländische Gesellschaft für die erlangte Funktion, der jedoch zu abweichenden Besteuerungskonsequenzen führt. Eine Permutation der entstehenden Varianten führt zu den unter C. II. 2. b) im Einzelnen dargestellten Fallvarianten, deren jeweilige steuerliche Konsequenzen im Folgenden gewürdigt werden. Bevor dies geschehen kann, bedarf es einer Aussage zur Quantifizierung der Vergütung. Es wird zunächst davon ausgegangen, dass deren Beurteilung durch die deutsche Finanzverwaltung erfolgt. Hingegen wird die _____________ 48 Hingegen wird auf rein inländische Fälle nicht eingegangen. Für sie kommen jedoch grundsätzlich die gleichen Regelungen zur Anwendung mit Ausnahme des § 1 AStG, der ausschließlich auf grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen anwendbar ist. 49 Würde diese Prämisse aufgehoben, müsste geprüft werden, ob auch bei dem bzw. den Minderheitsgesellschafter(n) steuerliche Konsequenzen entstehen. Handelsrechtlich ist § 285 Nr. 21 HGB i. d. F. des BilMoG (vom 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102) zu beachten. 50 Vgl. grundlegend BFH v. 21.12.1972 – I R 70/70, BStBl. II 1973, 449 und seitdem ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH v. 23.10.1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986, 195 und Beschl. v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348.
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Frage der Bewertung und die ggf. zu berücksichtigenden Auswirkungen des § 1 Abs. 3 AStG zunächst noch nicht diskutiert. Diese Aspekte sind dem Gliederungspunkt C. II. 3. vorbehalten, weil die Festlegung des anzuwendenden Korrekturmaßstabes nicht unabhängig von der zur Anwendung kommenden Korrekturnorm ist. Folglich muss diese zunächst bestimmt werden, bevor eine Entscheidung über den Bewertungsmaßstab getroffen werden kann. Ursächlich hierfür ist, dass es keinen einheitlichen Maßstab für die Korrektur gibt, sondern je nach Sachverhalt unterschiedliche Wertmaßstäbe Verwendung finden (können). b) Bestehende Entschädigungsansprüche in den jeweiligen Einzelfällen aa) Überblick Im Rahmen der folgenden Ausführungen werden lediglich die steuerlichen Konsequenzen betrachtet, die sich bei der jeweils inländischen Gesellschaft ergeben. Dies liegt in der Überlegung begründet, dass die Behandlung im Ausland dem jeweiligen dortigen Recht folgt und sich insoweit einer allgemeinen Beurteilung entzieht.51 bb) Fallgruppe 1a) und 1b) Der Fall ist annahmegemäß dadurch gekennzeichnet, dass die deutsche Gesellschaft ein angemessenes Entgelt für die übertragene Funktion entrichtet. Folglich besteht keine Veranlassung zu einer Verrechnungspreiskorrektur im In- oder Ausland. Damit erübrigt sich die Frage nach einer evtl. Korrekturvorschrift.52 cc) Fallgruppe 2a) Die inländische Tochtergesellschaft erhält von ihrer ausländischen Muttergesellschaft eine Funktion übertragen und zahlt dafür eine nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung überhöhte Vergütung. Hierbei handelt es sich – wie bei einer fremdunüblichen laufenden Liefer_____________ 51 Missverständlich sind insoweit die Ausführungen in Tz. 3.5 des Entwurfs der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung (a. a. O.), die keine Differenzierung zwischen In- und Ausland vornehmen. 52 Dieser Fall wurde in die Betrachtung mit aufgenommen, weil sich zu einem späteren Zeitpunkt die Einschätzung, dass der vereinbarte Preis angemessen war, ändern kann. Gleichwohl darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die Beurteilung der Angemessenheit die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend sind; vgl. hierzu vor dem Hintergrund von § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG unter D. II.
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oder Leistungsbeziehung – um eine verdeckte Gewinnausschüttung der inländischen Tochtergesellschaft an ihre ausländische Muttergesellschaft. Als Rechtsfolge muss eine außerbilanzielle Einkommenskorrektur erfolgen,53 die neben entsprechenden Steuernachzahlungen eine Belastung mit Zinsen auf die Steuernachzahlungen auslöst.54 Dieser Fall kann insbesondere dann eintreten, wenn die ausländische Gesellschaft oder die ausländische Finanzverwaltung davon überzeugt ist, dass ein Produkt entwickelt wurde, das in der Zukunft einen hohen Gewinn erzielen wird, dies jedoch von der aufnehmenden Gesellschaft entweder nicht geteilt wird oder bei einer Verwertung dieses Produktes aus dem Inland heraus sich diese Gewinne nicht in diesem Umfang erzielen lassen (z. B. weil die Kosten im Inland höher als im Ausland sind). Dieser Fall kann auch dadurch entstehen, dass die deutsche Finanzverwaltung im Rahmen einer Betriebsprüfung die Ist-Erträge mit den prognostizierten Erträgen aus der Berechnung des Transferpakets vergleicht und hierbei einen geringeren Wert feststellt. Dies könnte – gerade vor dem Hintergrund der Anwendung des Konzeptes der ewigen Rente55 – zu einem erheblich niedrigeren Wert und damit der Feststellung einer – vermeintlich – überhöhten Entschädigungszahlung führen. Auch wenn damit gegen den Grundsatz verstoßen wird, dass die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäfts bzw. hier der Funktionsverlagerung entscheidend sind,56 muss in der Praxis immer wieder festgestellt werden, dass die Finanzverwaltung auf die tatsächliche Entwicklung von Werten und Zahlen zurückgreift, um hieraus Rückschlüsse für die – vermeintlich tatsächlichen – ursprünglichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zu ziehen. dd) Fallgruppe 2b) Die inländische Muttergesellschaft übernimmt eine Funktion von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft und zahlt hierfür eine überhöhte Vergütung. Es handelt sich steuerlich um eine verdeckte Einlage, die das Einkommen der Muttergesellschaft nicht verringern darf. Einer sol_____________ 53 Vgl. grundlegend BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366, wonach eine Berichtigung des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 EStG zu erfolgen hat. Vgl. hierzu auch BMF v. 28.5.2002, IV A 2 – S 2742 – 32/02, BStBl. I 2002, 603. 54 Vgl. § 233a AO. 55 Gemäß § 6 FVerlV soll von einem unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum auszugehen sein, wenn keine Gründe für einen kürzen Zeitraum „glaubhaft“ gemacht werden oder solche ersichtlich sind. 56 Vgl. § 3 Abs. 1 FVerlV.
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chen Qualifikation steht nicht entgegen, dass möglicherweise der bilanzielle Charakter dessen, was die Muttergesellschaft im Rahmen der Funktionsverlagerung erlangt, nicht abschließend geklärt ist, insbesondere ob es sich hierbei um ein einlagefähiges Wirtschaftsgut handelt.57 Im vorliegenden Fall erfolgt die verdeckte Einlage von Geld (eingekleidet in die Form eines überhöhten Kaufpreises für eine übernommene Funktion) in die Tochtergesellschaft, so dass die Frage nach einer Einlagefähigkeit im bilanzrechtlichen Sinne eindeutig zu bejahen ist. Der überhöhte Teil der Vergütung ist als nachträgliche Anschaffungskosten dem Beteiligungsbuchwert an der ausländischen Tochtergesellschaft hinzuzuaktivieren. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen diese Zahlungen – etwa aufgrund des Substanzverzehrs der ausländischen Gesellschaft infolge der Funktionsverlagerung – nicht zu einer Wertsteigerung der Beteiligung führen.58 Vielmehr soll es bereits ausreichend sein, wenn die Einlage zur Wertsteigerung geeignet ist.59 Etwas anderes würde lediglich in den Fällen des § 8 Abs. 3 Satz 6 KStG gelten.60 In der vorliegenden Sachverhaltskonstellation steht § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG einer ergebniswirksamen Berücksichtigung von evtl. Teilwertabschreibungen ohnehin entgegen, so dass der Frage der Abschreibung der Beteiligung nur für bilanzielle Zwecke Bedeutung zukommt,61 diese aber außerbilanziell wieder zu korrigieren ist. Hinsichtlich der Gründe, die zu der Einschätzung der Vergütung als überhöht führen, wird auf die Ausführungen unter C. II. 2. b) cc) zur Fallgruppe 2a) verwiesen. _____________ 57 Vgl. zu dieser Diskussion unter C. II. 2. b) ff). 58 Vgl. BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652. 59 Vgl. BFH v. 28.4.2004 – I R 20/03, BFH/NV 2005, 19 und v. 18.12.1990 – VIII R 158/86, BFH/NV 1992, 15. 60 Dies setzt voraus, dass es sich um eine verdeckte Einlage handelt, die auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde. Vgl. hierzu und zur Rückausnahme in Satz 5 lz. Hs. z. B. Dötsch/Pung, DB 2007, 14. 61 Hieraus folgt zugleich, dass die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zum Vorliegen von sog. Anlaufverlusten (ca. 3 Jahre (vgl. etwa BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457) im Inlandsfall und ca. 5 Jahre im Auslandsfall (vgl. BFH v. 27.7.1988 – I R 104/84, BStBl. II 1998, 274)) keine Bedeutung haben können. Aus handelsrechtlicher Sicht sprechen sie für das Vorliegen einer voraussichtlich nur vorübergehenden Wertminderung, vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., München 2006, Rz. M 676.
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ee) Fallgruppe 3a) Die inländische Tochtergesellschaft übernimmt von ihrer ausländischen Muttergesellschaft eine Funktion, die fremde Dritte nur übernommen hätten, wenn sie hierfür eine Entschädigung oder einen Ausgleich der zu erwartenden Verluste erhalten hätten. Ein solcher Fall liegt vor, wenn bereits bei Übernahme der Funktion zu erwarten ist, dass aus dieser Tätigkeit kein Gewinn erzielt werden kann oder – vorbehaltlich besonderer Umstände62 – zumindest keine mit vergleichbaren anderen Geschäften erzielbare Rendite auf das eingesetzte Kapital zu erwarten ist. Unter fremden Dritten würde diese Funktion nur übernommen werden, wenn hierfür ein angemessener Ausgleich bezahlt wird.63 Im Ergebnis übernimmt die inländische Tochtergesellschaft damit zukünftige wirtschaftliche Belastungen, die ohne die Funktionsverlagerung bei der Muttergesellschaft entstehen würden. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Muttergesellschaft über einen bestimmten Zeitraum verpflichtet hat, Ersatzteile für Produkte vorzuhalten oder zu produzieren und diese Verpflichtung auf die inländische Tochter übertragen wird. Aus steuerlicher Sicht handelt es sich um einen Fall, in dem eine Tochtergesellschaft zugunsten ihres Gesellschafters auf die Geltendmachung von bestehenden Ansprüchen verzichtet. Sofern dieser Verzicht – wie vorliegend – fremdunüblich ist, liegt hierin nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine verdeckte Gewinnausschüttung der inländischen Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft.64 Folglich würde eine Erhöhung des Einkommens der inländischen Tochtergesellschaft um den üblicherweise als Schadenersatz verlangten Betrag erfolgen. Damit kommt es zu einer außerbilanziellen Erhöhung des Einkommens, entstehenden Steuernachzahlungen und einer sich hieraus ergebenden Zinsbelastung.
_____________ 62 Diese können sich etwa bei Komplementärprodukten ergeben, die bewusst mit sehr kleinen oder sogar negativen Margen in das Sortiment aufgenommen werden, um damit die Voraussetzungen für den Absatz der gewinnstarken Produkte zu schaffen. 63 Vgl. auch BFH v. 2.2.1994 – I R 78/92, BStBl. II 1994, 479. 64 Vgl. BFH v. 3.11.1971 – I R 68/70, BStBl. II 1972, 227; v. 13.10.1983 – I R 4/81, BStBl. II 1984, 65 und v. 7.12.1988 – I R 25/82, BStBl. II 1989, 248. Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen die Gesellschaft einen Schadenersatzanspruch gegen den Gesellschafter hat, vgl. hierzu BFH v. 30.5.2001 – I B 176/00, BFH/NV 2001, 1456 und v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89.
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ff) Fallgruppe 3b) Die inländische Muttergesellschaft übernimmt von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft eine mit dauerhaften Verlusten behaftete Funktion, ohne von dieser hierfür eine angemessene (also fremdübliche) Entschädigung zu bekommen. Es stellt sich die Frage, ob – wie im Vergleichsfall 2 Variante b) – eine Korrektur nach Maßgabe der verdeckten Einlage in das die Funktion abgebende Unternehmen erfolgen kann. M. E. ist dies nicht der Fall. Entscheidend ist, dass vorliegend keine Einlage von Geld erfolgt, sondern die inländische Kapitalgesellschaft ihre ausländische Tochtergesellschaft von einer voraussichtlich verlustbringenden Funktion „befreit“. Fraglich ist, ob hierin ein einlagefähiges Wirtschaftsgut zu sehen ist, das im Wege der verdeckten Einlage der ausländischen Tochtergesellschaft zugewendet wurde. Hierfür kommt es nicht auf die Regelungen des ausländischen Rechts an, sondern die des inländischen. Maßgebend hierfür ist, dass nicht über die (bilanzielle) Behandlung im Ausland entschieden wird, sondern ausschließlich über die Qualifikation für Zwecke der deutschen Besteuerung. Das Vorliegen einer verdeckten Einlage setzt nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH voraus, dass der empfangene Vermögensvorteil einlagefähig ist.65 Hierfür ist die bilanzielle Behandlung bei der empfangenden Kapitalgesellschaft entscheidend.66 Dies impliziert, dass es sich beim Gegenstand der Einlage um ein Wirtschaftsgut handeln muss, das das Vermögen der ausländischen Tochtergesellschaft mehrt. Hierbei kann es sich sowohl um dem Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder den Wegfall oder die Minderung eines Passivpostens handeln.67 Dieser Auffassung folgt auch die Finanzverwaltung.68 Sie geht unter Hinweis auf das BFH-Urteil v. 24.5.198469 davon aus, dass Gegenstand einer verdeckten Einlage nur ein aus Sicht der Gesellschaft bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil sein kann. Dieser muss in der Steuerbilanz der Gesellschaft entweder zum Ansatz bzw. zur Erhöhung eines Aktivpostens oder zum Wegfall bzw. zur Minderung eines Passivpostens führen. _____________ 65 Vgl. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348. 66 Vgl. Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., Heidelberg 1990, 174. 67 Vgl. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348. 68 Vgl. H 40 Einlagefähiger Vermögensvorteil KStH 2004. 69 BFH v. 24.5.1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747.
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Damit kommt es in den Fällen der Funktionsverlagerung darauf an, ob die Übernahme der verlustbehafteten Funktion als ein Wirtschaftsgut zu qualifizieren ist. Unstreitig sind bei der Übertragung von materiellen oder anderen immateriellen Wirtschaftsgütern die allgemeinen Regelungen anzuwenden, so dass insoweit eine verdeckte Einlage vorliegen kann. Fraglich ist, ob ein darüber hinausgehender Vermögensvorteil vorliegt, insbesondere ob die „Befreiung“ von zukünftigen Verlusten zu einer Einlage führt. Dies ist anhand der allgemeinen Wirtschaftsgutkriterien70 zu beurteilen. Das Vorliegen eines Wirtschaftsguts kann nicht per se unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 EStG verneint werden. Dieser widmet sich „nur“ der Frage des Ansatzes in der Bilanz, nicht aber der Eigenschaft als Wirtschaftsgut.71 Ferner ist zu beachten, dass nach Auffassung des BFH die Grundsätze über die Entnahme dem Aktivierungsverbot vorgehen.72 Bekanntlich sind die Kriterien für das Vorliegen eines Wirtschaftsguts73 nicht gesetzlich definiert. Nach der st. Rspr. des BFH gehören dazu Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können.74 Insoweit geht der BFH von einem weiten Begriffsverständnis aus. Allerdings verlangt die Rspr. eine hinreichende Konkretisierung. So muss sich das Entgelt für das erlangte Wirtschaftsgut auf den Erwerb beziehen und nach den Vorstellungen beider Vertragsteile eine Gegenleistung für die erlangten Vorteile darstellen.75 Ein aus einem Mietverhältnis folgendes Nutzungs_____________ 70 Vgl. zu diesen z. B. RFH v. 27.3.1928 – 1 A 470/27, RStBl. 1928, 260; BFH v. 29.4.1965 – IV 403/62 U, BStBl. III 1965, 414; v. 6.12.1990 – IV R 3/89, BStBl. II 1991, 346, und v. 19.6.1997 – IV R 16/95, BStBl. II 1997, 808. 71 Vgl. Wolffgang in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz. C60 (Feb. 1998). 72 Vgl. BFH v. 23.3.1995 – IV R 94/93, BStBl. II 1995, 637. 73 Vgl. eingehend Strunk/Kaminski, Steuerliche Gewinnermittlung bei Unternehmen, Kriftel 2001, 21 ff. m. w. N. 74 Vgl. aus der umfangreichen Rspr. z. B. BFH v. 28.5.1979 – I R 1/76, BStBl. II 1979, 734 (736); v. 6.12.1990 – IV R 3/89, BStBl. II 1991, 346; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 (352); v. 26.8.1992 – I R 24/91, BStBl. II 1992, 977; v. 3.8.1993 – VIII R 37/92, BStBl. II 1994, 444; v. 19.6.1997 – IV R 16/95, BStBl. II 1997, 808 und v. 20.3.2003 – IV R 27/01, BStBl. II 2003, 878. 75 Vgl. BFH v. 3.8.1993 – VIII R 37/92, BStBl. II 1994, 444 zu Belieferungsrechten aus Abonnentenverträgen.
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recht ist nur dann entgeltlich erworben und damit zu aktivieren, wenn als Entgelt ein laufend zu entrichtender Mietzins bezahlt wird.76 Vorliegend erfolgt die Befreiung von zukünftigen wirtschaftlichen Belastungen. Ein solcher Vorgang führt bei der Tochtergesellschaft nicht zu einer aktivierungsfähigen Bilanzposition. Zwar könnte grundsätzlich daran gedacht werden, eine Forderung auf die Leistung der Muttergesellschaft zu aktivieren, doch wäre dies nicht zulässig. Einerseits würde gegen das Bilanzierungsverbot für schwebende Geschäfte verstoßen, andererseits hat die Tochtergesellschaft keinen solchen Anspruch. Vielmehr haben diesen allenfalls die ehemaligen Kunden der Tochtergesellschaft. Insoweit wäre eine solche Aktivierung unzulässig. Auch eine Forderung aufgrund des Rechts, eine Freistellung von Ansprüchen Dritter zu verlangen, muss ausscheiden, weil deren Ansprüche noch nicht entstanden sind und damit eine solche Forderung nicht ausreichend konkretisiert wäre. Ferner könnte daran gedacht werden, in den Zahlungen für das Transferpaket Vorleistungen zu sehen.77 Allerdings kann ein auf die laufende Nutzung entfallendes Entgelt nicht als Wirtschaftsgut „Nutzungsrecht“ aktiviert werden.78 Dies spricht auch gegen eine Aktivierung nach Maßgabe der erbrachten Leistungen der inländischen Gesellschaft. Der BFH hat in einem Urteil zwar die Chance, auf einem kontingentierten Markt des Güterverkehrs einen Gewinn zu erzielen, als ein Wirtschaftsgut angesehen,79 doch ist Voraussetzung für den Ansatz als Wirtschaftsgut, dass dieses gesondert bewertbar ist. Ein vermögenswerter Vorteil ist i. S. d. Grundsätze zum Wirtschaftsgut dann „selbständig bewertbar“, wenn ein Erwerber des gesamten Unternehmens darin einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde.80 Ein immaterieller Wert kann sich nur dann zu einem immateriellen Wirtschaftsgut konkretisieren, wenn er als werthaltige greifbare Einzel_____________ 76 Vgl. BFH v. 12.8.1982 – IV R 184/79, BStBl. II 1982, 696 und v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 (416). 77 Vgl. etwa BFH v. 12.8.1982 – IV R 184/79, BStBl. II 1982, 696 zu degressiven Leasingraten beim Leasingnehmer und v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413, zur Bilanzierung eines Erbbaurechtsverhältnisses beim Erbbauberechtigten. 78 Vgl. BFH v. 25.10.1994 – VIII R 65/91, BStBl. II 1995, 312, m. w. N. 79 Vgl. BFH v. 18.12.1970 – VI R 99/67, BStBl. II 1971, 237 und v. 10.8.1989 – X R 176/87, X R 177/87, BStBl. II 1990, 15. 80 Vgl. BFH v. 9.7.1986 – I R 218/82, BStBl. II 1987, 14.
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heit ggü. dem Geschäftswert abgegrenzt werden kann.81 Einzelheit in diesem Sinne bedeutet nicht selbständige Verkehrsfähigkeit. Ausreichend ist, dass der immaterielle Wert (z. B. wie das Warenzeichen) mit dem Betrieb übertragen werden kann. Dies folgt daraus, dass auch der erworbene Geschäftswert82 als immaterielles Wirtschaftsgut behandelt wird, obwohl er losgelöst vom Betrieb nicht übertragbar ist. Voraussetzung ist auch nicht, dass der immaterielle Wert mit einem Recht verbunden ist; denn auch wirtschaftliche Positionen, die nicht durch ein ihnen zugeordnetes (dingliches) Recht geschützt werden, können hinreichend ggü. dem Geschäftswert abgegrenzt sein. Ein als greifbare Einzelheit abgrenzbarer immaterieller Wert verdichtet sich zum immateriellen Wirtschaftsgut, wenn die Verkehrsanschauung ihn als selbständig bewertbaren immateriellen Wert anerkennt oder wenn er erworben wurde oder wenn er durch Aufwendungen als geldwerte Realität in Erscheinung tritt.83 Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine Anerkennung als selbständiger Wert scheidet aus, weil die zukünftigen Verluste noch nicht hinreichend konkretisiert sind. Ferner bereitet die Bewertung Schwierigkeiten, denn die zukünftig entstehenden Verluste lassen sich nur schwer bestimmen. Ferner hat der BFH entschieden, dass ein Wirtschaftsgut dann nicht vorliege, wenn sich sein Wert ins Allgemeine verflüchtige.84 Dies ist vorliegend der Fall, weil pauschal ein Wert abgebildet wird, ohne dass der wirtschaftliche Vorteil für die ausländische Tochtergesellschaft hinreichend bestimmbar ist. Nach der Rechtsprechung des BFH sind schwebende Geschäfte grds. dem Geschäftswert als dessen Komponente zuzuordnen.85 Ein solcher Wert, der nur aufgrund einer Verkehrsanschauung vorhanden ist, darf nicht als Wirtschaftsgut qualifiziert werden.86 Das HGB i. d. F. des BilMoG87 sieht vor, dass der Firmenwert als ein zeitlich begrenzt nutz_____________ 81 Vgl. BFH v. 18.6.1975 – I R 24/73, BStBl. II 1975, 809. 82 Nach st. Rspr. ist hierunter der Wert zu verstehen, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert (Verkehrswert) der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus innewohnt, vgl. grundlegend BFH v. 27.3. 2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771. 83 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – II R 224/82, BStBl. II 1988, 50 und vom 11.11.1983 – III R 25/77, BStBl. II 1984, 187. 84 Vgl. BFH v. 28.1.1954 – IV 255/53 U, BStBl. III 1954, 109. 85 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – II R 224/82, BStBl. II 1988, 50. 86 Vgl. BFH v. 17.1.1975 – III R 69/73, BStBl. II 1975, 324. 87 Vom 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102.
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barer Vermögensgegenstand „gilt“.88 In der Regierungsbegründung wird ausdrücklich betont, dass diese Fiktion keine Änderung des handelsrechtlichen Vermögensgegenstandbegriffs bewirken soll.89 Daraus folgt, dass vorliegend nicht von einem Vermögensgegenstand auszugehen ist. Aufgrund der Rspr. des BFH (insbesondere des Beschlusses des Großen Senats vom 3.2.196990 und der hieran anschließenden st. Rspr. des Gerichts91) sind die Begriffe Wirtschaftsgut und aktiver Vermögensgegenstand identisch auszulegen. Folglich führen die nicht erfüllten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes dazu, dass auch kein Wirtschaftsgut gegeben ist. Damit scheidet die Möglichkeit einer verdeckten Einlage aus. In seinem Urteil vom 21.9.198992 hat der BFH die Abnahmeverpflichtung der Muttergesellschaft ggü. den Lieferanten der Tochtergesellschaft als nicht einlagefähig angesehen. Hier liegt eine vergleichbare Verpflichtung vor, die in der Erbringung von Leistungen gegenüber Ditten besteht. Wirtschaftlich handelt es sich um zukünftig zu erbringende Dienstleistungen, von der mittelbar die Tochtergesellschaft profitiert. Solche Leistungen sind jedoch nach h. M. nicht einlagefähig.93 Denkbar wäre, dass in der Bilanz der Tochtergesellschaft für eine Leistungspflicht bereits eine Rückstellung gebildet wurde. Hierbei kann es sich infolge des § 5 Abs. 4a EStG nur um Gewährleistungsrückstellungen handeln.94 Durch die Funktionsverlagerung auf die Muttergesellschaft können die Voraussetzungen für die Auflösung dieser Rückstellung vorliegen. Dies wäre jedoch nur der Fall, wenn die Tochtergesellschaft einen eindeutigen und voll werthaltigen Rückgriffsanspruch gegen die Muttergesellschaft hat, so dass mit ihrer Inanspruchnahme nicht
_____________ 88 89 90 91
§ 246 Abs. 1 letzter Satz HGB i. d. F. des BilMoG. Vgl. BR-Drucks. 344/08, 102. Vgl. BFH v. 3.2.1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291. Vgl. z. B. BFH v. 26.2.1975 – I R 72/73, BStBl. II 1976, 13 und v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348, sowie vom 7.8.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632. 92 BFH v. 21.9.1989 – IV R 115/88, BStBl. II 1990, 86. 93 Vgl. Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl., Köln 2006, 532 sowie das Urt. des FG Düsseldorf v. 20.3.2003 – 15 K 7704/00 F, EFG 2003, 1290 zur Nichtaktivierbarkeit eines Auftragsbestandes bei Rahmenvereinbarungen. 94 Auch wenn es sich um eine ausländische Gesellschaft handelt, muss auf deutsches Bilanzrecht zurückgegriffen werden, weil nach inländischen Grundsätzen zu beurteilen ist, ob eine Einlage erfolgt ist.
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mehr zu rechnen ist.95 In diesem Fall würde eine Passivposition in der Bilanz der Tochtergesellschaft entfallen. Nach den oben dargestellten Grundsätzen führt dies zu einer verdeckten Einlage in Höhe des aufzulösenden Betrages. Möglich wäre, dass nur ein Teil der durch Rückstellungen bilanziell abgebildeten Verpflichtungen auf die Muttergesellschaft übergeht, so dass eine genaue Analyse der dieser Rückstellungsbildung zugrunde liegenden Verpflichtungen zu erfolgen hat. Kann keine verdeckte Einlage angenommen werden, kommt es zu einer Anwendung des § 1 AStG. Entscheidend hierfür ist, dass eine Einkommensminderung bei der inländischen Muttergesellschaft erfolgt, indem vom Fremdvergleichspreis abgewichen wird. Da es sich bei der ausländischen Tochtergesellschaft um eine nahe stehende Person i. S. v. § 1 Abs. 2 AStG handelt, sind die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 1 AStG erfüllt. Damit kommt es zu einer Anwendung des Transferpaketansatzes im Inland. gg) Fallgruppe 4a) Die inländische Tochtergesellschaft übernimmt von ihrer ausländischen Muttergesellschaft eine Funktion und bezahlt hierfür eine zu geringe Vergütung. Damit kommt es wirtschaftlich betrachtet zu einer zu geringen Minderung der Einkünfte der inländischen Tochtergesellschaft. Fraglich ist, auf welcher Rechtsgrundlage dies zu korrigieren ist. Da keine Minderung der inländischen Einkünfte vorliegt, scheidet sowohl ein Rückgriff auf § 1 AStG96 als auch auf die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung aus. Fraglich ist, ob eine verdeckte Einlage der ausländischen Muttergesellschaft in die inländische Tochtergesellschaft vorliegt und dies ggf. zum Ansatz eines Wirtschaftsgutes führt. Die Finanzverwaltung scheint davon auszugehen, dass die Einlage eines Firmenwertes erfolgt. Tz. 3.5 des Entwurfs der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung sieht hierzu unter Hinweis auf das BFH-Urteil v. 27.3.200197 vor, dass ein _____________ 95 Vgl. zu diesen Anforderungen Ballwieser, in: Schmidt, MünchKomm/HGB, Bd. 4, § 249, 2. Aufl., München 2008, Rz. 107; Ellrott/Rhiel, in: Ellrott, BeckBilanzkomm, § 249 Rz. 21, 7. Aufl., München 2010. 96 Dies wäre jedoch anders zu beurteilen, wenn – abweichend von der Argumentation in Abschnitt C. II. 1. b) – in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG nicht nur eine Korrekturvorschrift im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 1 AStG gesehen würde, sondern eine generelle Korrekturmöglichkeit. 97 BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771.
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nicht einzelnen Wirtschaftsgütern zuzuordnender Restbetrag als Geschäftswert anzusetzen ist.98 Die Bezugnahme auf das genannte Urteil überzeugt nicht. Der BFH hat im Urteilsfall, der die Begründung einer inländischen Betriebsaufspaltung betraf, entschieden, dass ein Firmenwert übergehen könne, aber keineswegs müsse, und das Verfahren an das FG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Die Formulierung in dem Entwurf legt die Vermutung nahe, dass die Finanzverwaltung auch in diesem Fall von der Anwendung des Transferpaketansatzes ausgeht.99 Eine solche Vorgehensweise kann schon deshalb nicht überzeugen, weil der Transferpaketansatz Ausfluss der Regelungen zur Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG ist. Insoweit kann methodisch ein Rückgriff auf diesen Ansatz nur erfolgen, wenn § 1 AStG als Korrekturnorm anzuwenden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Hierfür fehlt das Tatbestandsmerkmal der Minderung der inländischen Einkünfte. Wie die vorstehenden Überlegungen gezeigt haben, kann allenfalls eine verdeckte Einlage vorliegen. Hieraus folgt zwingend, dass der bei diesem Korrekturinstrument angeordnete Bewertungsmaßstab zu verwenden ist.100 Zu prüfen ist, ob die inländische Tochtergesellschaft über die übrigen Wirtschaftsgüter hinaus zusätzliche Vermögensvorteile erlangt hat, die zu bilanzieren sind. Dies kann etwa für einen Auftragsbestand gelten. Ein übernommener Auftragsbestand kann – ggf. auch neben dem Geschäfts- und Firmenwert – ein selbständig bewertungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut sein.101 Der Auftragsbestand umschreibt den zu erwartenden Gewinn, der sich aus rechtsverbindlich abgeschlossenen (schwebenden) Verträgen ergibt. Es handelt sich um einen firmenwertähnlichen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens, der aufgrund des Vollständigkeitsgebots des § 246 Abs. 1 HGB bei entgeltlichem Erwerb zwingend zu aktivieren ist. Ein Auftragsbestand ist gesondert bilanzierungsfähig, wenn er als werthaltige greifbare Einzelheit ggü. dem _____________ 98 Vgl. zur Kritik an dieser Regelung wegen der fehlenden Differenzierung zwischen In- und Auslandsfall bereits unter C. II. 2. 99 Vgl. die Formulierung „… dem Fremdvergleich entsprechende Wert (Barwert) des Transferpaketes …“ auf S. 51 unter Tz. 3.5 am Ende des 1. Abs. 100 Vgl. zu diesen Bewertungsfragen unter C. II. 3. und zur ggf. erfolgenden Ausstrahlungswirkung des § 1 AStG auf andere Korrekturvorschriften. 101 Vgl. BFH v. 1.2.1989 – VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778; v. 28.5.1998 – IV R 48/97, BStBl. II 1998, 775; Köhler, DStR 1997, 297 und Breidenbach/Niemeyer, DB 1991, 2501; a. A. Siegel, DB 1997, 941 und Flies, DB 1996, 847.
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Geschäftswert abgegrenzt werden kann.102 Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn er rechtlich verselbständigt werden kann oder er von der Verkehrsanschauung als selbständig bewertbar anerkannt wird und darauf Anschaffungskosten entfallen.103 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass es sich im vorliegenden Fall um eine konzerninterne Transaktion handelt und die Funktionsverlagerung nicht mit den Fällen des Kaufes eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft gleichgesetzt werden kann, die den vom BFH entschiedenen Fällen zugrunde lagen. Zwingende Voraussetzung für die Aktivierung eines Auftragsbestands als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut ist das Vorliegen von schwebenden Geschäften im Zeitpunkt des Anteilserwerbs.104 Es müssen konkrete, verbindlich vereinbarte Aufträge vorhanden sein, die noch nicht (vollständig) erfüllt sind und die eine selbständig bewertbare Gewinnchance nach sich ziehen. Dagegen reicht die bloße Gewinnerwartung aufgrund zukünftig erwarteter Aufträge, deren Umfang noch ungewiss ist, ebenso wenig aus105 wie die Aussicht auf zukünftige Gewinne, die mit dem Kaufpreis abgegolten werden sollen. Vielmehr scheidet ein Ansatz als selbständiges Wirtschaftsgut auch dann aus, wenn es sich lediglich um Rahmenverträge handelt, die in jedem Einzelfall einer konkreten Ausgestaltung bedürfen.106 Zu prüfen ist, ob darüber hinaus von fremden Dritten eine ergänzende Vergütung bezahlt worden wäre. Allenfalls diese kann als Firmenwert angesetzt werden. Hierbei ergeben sich regelmäßig erhebliche Bewertungsschwierigkeiten, weil gerade kein Verkaufspreis vorliegt, der als Maßstab für die Bestimmung des Firmenwertes als Saldogröße herangezogen werden kann, sondern beide Größen sich nur unter Rückgriff auf den Fremdvergleichsgrundsatz mittelbar bestimmen lassen. Vor diesem Hintergrund kommt dem BFH-Urteil v. 2.9.2008107 große Bedeutung zu. In diesem war streitig, wann ein Geschäftswert von einem Einzelunternehmer auf eine Kapitalgesellschaft im Wege der verdeckten Einlage übergeht. Der Senat führt aus, dass Voraussetzung _____________ 102 Vgl. BFH v. 13.9.1989 – II R 1/87, BStBl. II 1990, 47. 103 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – II R 224/82, BStBl. II 1988, 50. 104 Vgl. BFH v. 15.12.1993 – X R 102/92, BFH/NV 1994, 543; v. 2.1.1989 – VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778 m. w. N. und v. 7.11.1985 – IV R 7/83, BStBl. II 1986, 176. 105 Vgl. etwa Siegel, DB 1997, 941. 106 Vgl. FG Düsseldorf v. 20.3.2003 – 15 K 7704/00 F, EFG 2003, 1290. 107 BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634.
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für den Ansatz eines Geschäftswertes sei, dass die geschäftswertbildenden Faktoren endgültig und nicht (wie bei einer Verpachtung) nur vorübergehend überlassen werden müssen. Das aufnehmende Unternehmen müsse sie auf der Grundlage einer verfestigten Rechtsposition dauerhaft nutzen können. Nicht ausreichend sei eine verfestigte tatsächliche Nutzungsmöglichkeit oder der tatsächliche Verbrauch der geschäftswertbildenden Faktoren. Im Streitfall sei der Geschäftswert nicht auf die GmbH übergegangen, weil die GmbH die Kundenkontakte und die Wirtschaftsgüter des früheren Entsorgungsunternehmens nur faktisch habe nutzen können. Dem Nutzungsverhältnis habe ein (konkludent geschlossener) Leihvertrag zugrunde gelegen, auf dessen Grundlage der Kläger jederzeit die Rückgabe habe verlangen können. Die GmbH erlangte damit keine gesicherte und endgültige Rechtsposition an den Wirtschaftsgütern. Auf Grundlage dieses – im BStBl. veröffentlichten – Urteils wird in vielen Fällen der Ansatz eines Firmenwertes ausscheiden müssen. Etwas anderes gilt, wenn dem nutzenden Unternehmen die materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter sowie die sonstigen, sich im Geschäftswert niederschlagenden, Faktoren auf einer vertraglichen Grundlage überlassen werden. Ist die Nutzung auf Dauer angelegt und besteht gegen den Rechtsträger des nutzenden Unternehmens kein Rechtsanspruch auf Rückgabe dieser Wirtschaftsgüter, geht der Geschäftswert grundsätzlich über. Dies gilt auch dann, wenn bei den Beteiligten eine andere Vorstellung besteht oder zwischen ihnen vertraglich vereinbart wurde, der Geschäftswert solle zurückbleiben und sei pachtweise überlassen worden.108 Ferner ist eine verfestigte tatsächliche Nutzungsmöglichkeit oder der tatsächliche Verbrauch der geschäftswertbildenden Faktoren nicht ausreichend, um vom Übergang auszugehen.109 Hierfür bedürfe es des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an den Wirtschaftsgütern, welche die geschäftswertbildenden Faktoren beinhalten.110 Sollte die Finanzverwaltung bei ihrer bisherigen Auffassung bleiben, würde es bei grenzüberschreitenden Fällen zu einer Schlechterstellung ggü. dem Inlandsfall kommen, was vor dem Hintergrund der Vereinbar_____________ 108 Vgl. BFH v. 5.6.2008 – IV R 79/05, BStBl. II 2009, 15. Folglich hilft es in der Praxis nicht, eine Verpachtungsabrede zu treffen, wenn tatsächlich keine geschäftswertbildenden Faktoren beim überlassenden Unternehmen verbleiben. 109 Vgl. BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634. 110 Vgl. Bünning, BB 2009, 1180 und Levedag, NWB 2010, 110.
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keit dieser Regelung mit den Grundfreiheiten des EU-Vertrages problematisch wäre.111 Entscheidend hierfür ist, dass im Inlandsfall nur dann ein Ansatz eines Firmenwertes erfolgen kann, wenn die Finanzverwaltung darzulegen vermag, welche Wirtschaftsgüter den Geschäftswert verkörpern, ob diese Wirtschaftsgüter endgültig auf das aufnehmende Unternehmen übergangen sind und dass eine Rückgabe dieser Wirtschaftsgüter an das überlassende Unternehmen ausgeschlossen ist. Dies sind deutlich restriktivere Voraussetzungen als jene, die im grenzüberschreitenden Fall angewendet werden. In dem – bisher nicht veröffentlichten – Entwurf vom 3.12.2009 erfolgt zumindest insoweit eine Einschränkung, dass ein Ansatz als Firmenwert nur insoweit zu erfolgen hat, wie es sich nicht um Betriebsausgaben (z. B. als Entgelte für Dienstleistungen oder für eine Nutzungsüberlassung) handelt. Dies ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, führt aber zur Notwendigkeit der Aufteilung des sich nach Abzug der Wertansätze für die Wirtschaftsgüter verbleibenden Restbetrages auf den Firmenwert und die Betriebsausgaben. Der Entwurf äußert sich nicht zu der Frage, wie diese Differenzierung erfolgen soll. hh) Fallgruppe 4b) Die inländische Muttergesellschaft bekommt von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft eine Funktion übertragen, für den fremde Dritte eine höhere Vergütung bezahlt hätten. Hier liegt nach deutschem Verständnis eine verdeckte Gewinnausschüttung der ausländischen Tochtergesellschaft an die inländische Muttergesellschaft vor. Nach Maßgabe des § 8b Abs. 1 KStG bleibt der Differenzbetrag zwischen dem vereinbarten und dem fremdüblichen Entgelt steuerfrei. Allerdings ist die Folgewirkung des § 8b Abs. 5 KStG zu beachten, der eine Fiktion von nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben i. H. v. 5 % der steuerfreien Einnahmen beinhaltet.112 Unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG erfolgt keine Belastung mit GewSt. Aufgrund der Konzernverbundenheit kommt dem Nachweis der Besitzzeit und der Tätigkeit i. S. v. § 8 _____________ 111 Vgl. zu den ohnehin schon bestehenden EU-rechtlichen Problemen Rolf, IStR 2009, 152 ff. 112 Vgl. hierzu den Vorlagebeschluss des FG Hamburg v. 7.11.2007 – 5 K 153/06, EFG 2008, 236, an das BVerfG, dort anhängig unter Az. 1 BvL 12/07; unter Hinweis auf Hilbertz, Anmerkung, BFH-PR 2008, 85; Kerssenbrock, BB 2003, 2148; Kaminski/Strunk, BB 2004, 689; Oldiges, DStR 2008, 533 ff. sowie Gosch, KStG, 2. Aufl., München 2009, § 8b Rz. 283 f.
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Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG besondere Bedeutung zu. Für diese Rechtsfolge ist die Einlagefähigkeit des Vorteils nicht entscheidend. Vielmehr kann eine vGA auch dann vorliegen, wenn es sich um nicht einlagefähige Wirtschaftsgüter handelt. c) Fazit Aufgrund der Vielschichtigkeit der Fälle fasst Abb. 3 diese zusammen und zeigt die zur Anwendung kommenden Korrekturregelungen. Fallgruppe
Korrekturvorschrift
1 Variante a) und b) Keine 2 Variante a)
Verdeckte Gewinnausschüttung der inländischen Tochtergesellschaft an die ausländische Muttergesellschaft
2 Variante b)
Verdeckte Einlage von Geld der inländischen Muttergesellschaft in die ausländische Tochtergesellschaft
3 Variante a)
Verdeckte Gewinnausschüttung der inländischen Tochtergesellschaft infolge des Verzichts auf angemessene Entschädigung bzw. Ausgleich der Verluste
3 Variante b)
In der Regel keine verdeckte Einlage der inländischen Muttergesellschaft, weil es an der Einlagefähigkeit fehlt, Korrektur nach § 1 AStG mit Anwendung des Transferpaket-Ansatzes
4 Variante a)
Inländische Tochtergesellschaft erhält eine verdeckte Einlage von der ausländischen Muttergesellschaft, soweit wie von einer Einlagefähigkeit ausgegangen wird, sonst keine Korrektur; Problem: Firmenwertansatz
4 Variante b)
Inländische Muttergesellschaft empfängt eine verdeckte Gewinnausschüttung der ausländischen Tochtergesellschaft
Abb. 3: Anzuwendende Korrekturvorschriften bei den Fallgruppen113
Auf dieser Grundlage können im Folgenden die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe analysiert werden, um zu entscheiden, ob eine zutreffende Bewertung erfolgt ist bzw. um die Höhe einer evtl. erforderlichen Einkunftskorrektur bestimmen zu können.
_____________ 113 Eigene Darstellung.
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3. Bewertungsüberlegungen a) Korrekturnormspezifischer Bewertungsmaßstab aa) Überblick Korrespondierend zu den in Abb. 3 dargestellten Korrekturvorschriften ergeben sich aus diesen die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe. Hierbei wird von dem in Abschnitt C. II. 1. b) bereits dargestellten Verständnis ausgegangen, dass § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG kein allgemeiner Korrekturmaßstab in den Fällen der Funktionsverlagerung ist, sondern nur unter den Voraussetzungen des Grundtatbestands des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG Anwendung findet. bb) Fälle der verdeckten Gewinnausschüttung Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer vGA u. a. daran zu prüfen, ob die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.114 Damit wird auf den Fremdvergleichsgrundsatz abgestellt, der durch den Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters konkretisiert wird.115 Nach bisherigem Verständnis wurde in vergleichbaren Fällen nicht dem Transferpaketansatz des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG gefolgt, sondern entweder ein entstehender – ggf. fremdüblich ermittelter – Schadenersatz verwendet oder ggf. eine Entschädigung nach Maßgabe der Geschäftschancenlehre vergütet.116 Da der Gesetzgeber die Regelungen zur vGA nicht geändert hat, ist davon auszugehen, dass sich auch dieses Verständnis nicht verändert hat. Als gravierender Unterschied zwischen dem bisherigen Fremdvergleichsgrundsatz und der Neuregelung des § 1 AStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erweist sich die Einbeziehung der ausländischen Vorteile in die Betrachtung sowie die Fiktion der vollständigen Kenntnisse über die wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung. _____________ 114 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 16.3.1967 – I 261/63, BStBl. III 1967, 626. 115 Vgl. Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz-Kommentar, 17. Aufl., Köln 2009, § 43 Rz. 6 ff. 116 Vgl. BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, BFHE 178, 371; v. 12.10.1995 – I R 127/94, BFHE 179, 258; v. 11.6.1996 – I R 97/95, BFHE 181, 122; v. 13.11.1996 – I R 149/94, BFHE 181, 494; v. 18.12.1996 – I R 26/95, BFHE 182, 190; v. 13.11.1996 – I R 126/95, BFHE 182, 358 und v. 12.6.1997 – I R 14/96, BFHE 183, 459.
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Damit wird deutlich über die bisherige Praxis hinausgegangen und ein Maß an vorliegenden Informationen fingiert, das nicht fremdüblich ist. Da § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG die ergänzende Anwendung des § 1 AStG anordnet, ist zu prüfen, ob die Regelungen zum Transferpaket zusätzlich zu beachten sind und ggf. eine ergänzende Anwendung neben anderen Einkunftskorrekturvorschriften zu erfolgen hat. Ob dies der Fall ist, hängt entscheidend von dem zugrunde gelegten Verständnis des Fremdvergleichs ab: Wird davon ausgegangen, dass eine Korrektur nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu einer i. S. v. § 1 AStG fremdvergleichskonformen Einkunftsabgrenzung führt, scheidet dies aus, weil bereits eine Korrektur auf den Fremdvergleichspreis erfolgt ist. Wird hingegen ein unterschiedlicher Fremdvergleichsmaßstab unterstellt, kommt es zum Ansatz des Transferpaketes in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG. Für dieses Verständnis mag die scheinbar vom Gesetzgeber angestrebte weitergehende Korrekturmöglichkeit sprechen. Gleichwohl hat diese Interpretation zur Folge, dass bei Inlands- und Auslandsfällen unterschiedliche Korrekturmaßstäbe zur Anwendung kämen. Eine solche Vorgehensweise führt zu einem Verstoß gegen die Grundfreiheiten des EU-Vertrages.117 Um dies zu vermeiden, ist eine einschränkende Interpretation vorzunehmen. Deshalb ist m. E. der ersten Auffassung zu folgen, so dass ein einheitliches Verständnis des Fremdvergleichsmaßstabes gewahrt wird. Danach muss eine ergänzende Anwendung des § 1 AStG ausscheiden. Dieses Kollisionsproblem stellt sich nur, wenn es zu einer Verringerung der inländischen Einkünfte gekommen ist. Dies ist in Fall 4b) nicht geschehen, so dass eine Anwendung des § 1 AStG wegen der nicht erfüllten Tatbestandsvoraussetzungen ausscheidet. cc) Fälle der verdeckten Einlage Die Bewertung einer verdeckten Einlage erfolgt gem. § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der Regel mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung. Allerdings gilt dies nicht, wenn die erstmalige _____________ 117 Dies gilt auch vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 21.1.2010 – Rs. C-311/08 – SGI, IStR 2010, 144. Vgl. hierzu z. B. Englisch, IStR 2010, 139; Andresen, IStR 2010, 289; a. A.: Becker/Sydow, IStR 2010, 195. M. E. darf nicht übersehen werden, dass der EuGH auf den abkommensrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatz abstellt, § 1 AStG jedoch über diesen deutlich hinausgeht. Damit ist genau die Bedingung nicht erfüllt, unter der der EuGH eine Vereinbarkeit der belgischen Regelung mit den Grundfreiheiten für möglich gehalten hat.
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Begründung des deutschen Besteuerungsrechts erfolgt. Für diesen Fall ordnet § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG einen einer Einlage gleichgestellten Vorgang an, der gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG zu einer Bewertung mit dem gemeinen Wert führt. Das Verhältnis zwischen dem gemeinen Wert und dem Wert des Transferpakets ist bisher nicht abschließend geklärt.118 Bekanntlich ist der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.119 Anders als der Teilwert billigt der gemeine Wert der Einbindung in den Gesamtbetrieb keinen wertbestimmenden Einfluss zu. Bei der Bewertung des Transferpaketes werden auch die im Ausland künftig realisierbaren Vorteile und die Synergieeffekte mit in die Überlegungen einbezogen. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG, dass der Transferpaketansatz nachrangig zu den uneingeschränkt und eingeschränkt vergleichbaren Fremdvergleichswerten ist.120 M. E. wird in den vorliegenden Fallkonstellationen in vielen Fällen eine Bewertung auf Grundlage solcher Vergleichswerte möglich sein, so dass insoweit ein Rückgriff auf den Wert des Transferpaketes ausscheidet. Außerdem unterstellt der gemeine Wert eine Einzelbewertung, so dass die Einbeziehung in das Gesamtunternehmen keinen Einfluss auf die Bewertung hat. Hieraus folgt, dass die Summe der gemeinen Werte geringer als der Wert des Transferpaketes sein wird. Dies resultiert auch daraus, dass der gemeine Wert des § 9 Abs. 2 BewG durch den Einzelveräußerungspreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestimmt wird. Der Preis für die einzelnen übertragenen Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen ist aber nicht mit dem Wert der Gesamtheit _____________ 118 Dies liegt wohl u. a. daran, dass bereits das Verhältnis zwischen dem gemeinen Wert und dem Fremdvergleichspreis unterschiedlich beurteilt wird. So geht etwa Hruschka (StuB 2006, 584 f.) von einer Übereinstimmung aus. Klingberg/van Lishaut (Der Konzern 2005, 704) sprechen von einer Nähe der beiden Werte. Korn/Strahl (in: Korn (Hrsg.), EStG, § 6 Rz. 410.4, Juni 2007) sehen den Fremdvergleichspreis als Anhaltspunkt für den gemeinen Wert. Werra/Teiche (DB 2006, 1456) und Rödder/Schumacher (DStR 2006, 1485) vertreten die Auffassung, dass der gemeine Wert über dem Fremdvergleichspreis liegt. Gosch (in: Gosch (Hrsg.), KStG, 2.Aufl., München, 2009, § 8 Rz. 383) verweist auf das BFH-Urteil v. 27.11. 1974 – I R 250/72, BStBl. II 1975, 306. Danach bestimmt sich der Fremdvergleichspreis als gemeiner Wert unter Berücksichtigung ungewöhnlicher und persönlicher Verhältnisse. 119 Vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG. 120 Dies ergibt sich aus der Verweisung auf Satz 5 in Satz 9.
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(Transferpaket) und damit dem Fremdvergleichspreis gleichzusetzen.121 Dieses Ergebnis wird auch dadurch unterstützt, dass zur Bewertung mit Hilfe des Transferpaketansatzes auf die Fiktion der umfassenden Kenntnis in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG122 zurückgegriffen wird. Hingegen besteht unter fremden Dritten und damit auch im Rahmen der Ermittlung des gemeinen Werts keine vergleichbare Informationsgrundlage. Wird unterstellt, dass die Wirtschaftssubjekte eine vorsichtige Herangehensweise verfolgen, ergibt sich hieraus, dass nur niedrigere Werte akzeptiert würden, indem der Unsicherheit mit einem Wertabschlag Rechnung getragen würde. Ein niedriger Wertansatz ergibt sich auch aus der Nichtberücksichtigung des originären Firmenwertes. Dieser ist infolge der vorzunehmenden Einzelbewertung nicht anzusetzen. § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG verwendet den Begriff des „Wirtschaftsgutes“. Diese Regelung ist durch das SEStEG123 eingeführt worden. Mit diesem Gesetz wurde auch das UmwStG vollständig überarbeitet. Von der h. M. wird etwa zu § 3 UmwStG die Auffassung vertreten, dass bei der Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils als Sachgesamtheit ein Firmenwert zu berücksichtigen sei.124 Dies spricht nicht gegen die vorstehende Interpretation, weil in diesem Fall das UmwStG eine umfassendere Formulierung verwendet: „Wirtschaftsgüter, einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter“. Insoweit liegt ein anderer Gesetzeswortlaut vor. Etwas anderes scheint sich aus der Regierungsbegründung zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu ergeben. Danach soll beim Übergang einer Sachgesamtheit auch der Ansatz eines Geschäfts- und Firmenwertes erfolgen. Allerdings führte diese Interpretation dazu, dass die sprachliche Differenzierung zwischen den Regelungen im EStG und im UmwStG keinen Sinn mehr ergäbe. Da beide Regelungen durch das SEStEG geschaffen wurden, scheint es schwer vorstellbar, dass dem Gesetzgeber bei der Formulierung des Art. 1 (Änderung des EStG) und des Art. 6 (Änderung des UmwStG) nicht die jeweils anderen Formulierungen bekannt waren. _____________ 121 Gl. Auffassung Looks/Steinert/Müller, BB 2009, 2350. 122 Vgl. hierzu eingehend Kaminski, in Strunk/Kaminski/Köhler (Hrsg.), AStG/DBA, § 1 AStG n. F. Rz. 6 ff. (Sept. 2007). 123 Vom 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. 124 Vgl. z. B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 UmwStG, Rz. 522; Brinkhaus in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., München 2010, § 3 Rz. 93; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1527; Dötsch/Pung, DB 2006, 2705 und BT-Drucks. 16/2710, 28 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG).
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Allerdings äußern sich weder die bisherigen Entwürfe zu einem BMFSchreiben zur Funktionsverlagerung hierzu, noch die sich auf § 9 BewG beziehenden Ausführungen in den ErbStR. Insoweit sollte zur Begrenzung der Rechtsunsicherheit eine verbindliche Auskunft beantragt werden. Es zeigt sich sehr deutlich, dass der wesentliche Unterschied ggü. dem Transferpaket in der Einbeziehung der ausländischen Standortvorteile liegt und in der Fiktion der Kenntnisse der wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung. Insoweit wird es tendenziell zu unterschiedlich hohen Beträgen kommen. dd) Anwendung des § 1 AStG (i) Wertermittlung § 1 AStG sieht in den Fällen der Funktionsverlagerung eine Bewertung des Transferpaketes vor. Entscheidend hierfür ist lediglich, dass die Tatbestandsmerkmale des § 1 AStG erfüllt sind. Hingegen ist für die Bewertung irrelevant, ob es zu einer Verlagerung in das Aus- oder Inland kommt.125 Die Bestimmung des Ertragswertunterschiedes erfolgt jedoch nur dann, wenn es keine tatsächlichen, uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbaren Fremdvergleichspreise gibt. Hiervon ist im Regelfall auszugehen, weil die übertragenen Funktionen so individuell sind, dass dafür in der Regel kaum Marktpreise vorliegen.126 Anschließend erfolgt die Bestimmung des Einigungsbereichs. Sofern keine besonderen Argumente für eine bestimmte Aufteilung innerhalb dieses Bereichs vorgebracht werden können, ist eine hälftige Teilung vorzunehmen.127 Die Schließungskosten im Ausland führen zu einer Verringerung des ausländischen Gewinns nach der Funktionsverlagerung. Hiermit ist verbunden, dass der Mindestwert des ausländischen verlegenden Unternehmens steigt und höhere Ausgleichszahlungen zu leisten sind. Eventuelle im Inland gewährte Standortanreize (z. B. im Rahmen des Investi_____________ 125 Dieser Frage kommt große Bedeutung bei der Prüfung der Minderung der inländischen Einkünfte zu. 126 Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn Funktionen ggf. auch auf Dritte gegen Entgelt übertragen werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die kritische Produktionsmenge ein bestimmtes Niveau unterschreitet und sich damit für größere Unternehmen nicht mehr rentiert, aber für kleinere Unternehmen (mit entsprechend geringeren Ausbringungsmengen) durchaus noch lohnend sein kann. 127 Vgl. Looks/Steinert/Müller, BB 2009, 2351.
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tionszulagengesetzes 2010128 und des Gesetzes zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftstruktur129) führen zu einer Erhöhung des Höchstpreises des Übernehmers der Funktion. Dies führt in Folge des Bewertungskalküls für das Transferpaket dazu, dass der ausländischen Gesellschaft tendenziell eine höhere Vergütung für die Abgabe der Funktion zu gewähren ist. Fraglich ist, inwieweit bei der Bewertung des Transferpaketes eine eventuelle Abschreibung auf das Transferpaket zu berücksichtigen ist. Dies würde bewirken, dass der Gewinn, den die inländische Gesellschaft nach Steuern im Anschluss an die Funktionsverlagerung erzielen kann, sich durch diese Abschreibungen verringert. Hiermit verbunden wäre eine deutliche Erschwerung der Ermittlungsweise, weil in den Wert des Transferpaketes auch die Gewinne der inländischen Gesellschaft nach der Verlagerung einfließen, deren Höhe u. a. von den Abschreibungen auf den Wert des Transferpakets abhängig ist. Außerdem wird – verglichen mit einer Verlagerung in das Ausland – regelmäßig eine bessere Datenbasis bei der Sachverhaltsermittlung für die deutsche Finanzverwaltung gegeben sein. Daraus können in der Praxis Probleme für die Bewertung entstehen, weil möglicherweise in Zweifel gezogen wird, ob bestimmtes Know-how nicht schon bisher in Deutschland vorhanden war und insoweit eine Vergütung des Transferpaketes nicht notwendig ist. Außerdem können bei einer eventuellen Rückverlagerung einer Funktion Probleme entstehen, weil sich die Frage stellt, inwieweit – trotz der insoweit eindeutigen Inkrafttretensvorschrift des § 21 Abs. 16 AStG – die Finanzverwaltung die Auffassung vertritt, dass schon für die Vergangenheit eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze zu erfolgen hat. (ii) Einfluss ausländischer Bewertungsvorschriften Fraglich könnte sein, ob eine Berufung auf die Regelungen in § 1 Abs. 3 Sätze 9 ff. AStG in den Inlandsfällen davon abhängig gemacht wird, dass im Ausland tatsächlich eine entsprechende Zahlung in Höhe des Werts des Transferpaketes erfolgt. Dies hätte zur Konsequenz, dass bei einer Nichterhebung einer Steuer infolge der Funktionsverlagerung auch kein _____________ 128 Vom 7.12.2008, BGBl. I 2008, 2350. 129 Dieses wird derzeit durch den 36. Rahmenplan (abgedruckt auf: BT-Drucks. 16/5215) konkretisiert, in dem insbesondere die Abgrenzung des Fördergebiets und die Regelung der einzelnen Fördermaßnahmen erfolgt sowie die Fördervoraussetzungen und die Mittelausstattung festgelegt werden.
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Ansatz in Deutschland erfolgen dürfte. Dieser Auffassung ist m. E. nicht zu folgen. Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass der Gesetzgeber von einer Berücksichtigung im Inland ausgeht. Hierfür hat er nicht darauf abgestellt, ob im Ausland eine vergleichbare Besteuerung erfolgt.130 Vielmehr wird weder im Gesetz noch in der Regierungsbegründung eine Verknüpfung mit entsprechenden Regelungen vorgenommen. Diese geht zwar auf Vorgaben zur Funktionsverlagerung ein, doch wird dort behauptet, dass die deutschen Regelungen internationalen Standards entsprechen und in anderen Staaten vergleichbare Regelungen bestehen.131 Diese Argumentation wird jedoch nicht im Zusammenhang mit der Funktionsverlagerung in das Inland bemüht, sondern für die Rechtfertigung der Regelungen insgesamt. Dieses Ergebnis wird auch dadurch unterstützt, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von In- und Outbound-Fällen erreichen wollte. Bei letzteren wird die Anwendung des Transferpaketansatzes gerade nicht davon abhängig gemacht, dass im Ausland eine korrespondierende Berücksichtigung erfolgt. Vielmehr wird eine autonome Anwendung der deutschen Regelungen praktiziert, unabhängig davon, ob sich hieraus Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen ergeben. Damit wird deutlich, dass die angestrebte Gleichbehandlung nur erreicht wird, wenn die Anwendung unabhängig von den Regelungen des Auslandes erfolgt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass andernfalls auch die Höhe des Werts des Transferpaketes angepasst werden müsste. Würden die im Ausland angewendeten Bewertungsregelungen zu einem anderen Wert führen, als nach Maßgabe der deutschen Vorschriften, müsste die deutsche Finanzverwaltung diesen Wert anerkennen. Hierfür sind jedoch keine Hinweise vorhanden. Vielmehr sieht § 1 Abs. 3 Sätze 9 ff. AStG ein autonomes Bewertungskonzept vor. (iii) Handels- und steuerrechtliche Behandlung des „Transferpaketes“ Ausweislich § 1 Abs. 3 der Funktionsverlagerungsverordnung132 „besteht das Transferpaket aus einer Funktion und den mit dieser Funktion zusammenhängenden Chancen und Risiken sowie den Wirtschaftsgütern und Vorteilen, die das verlagernde Unternehmen dem übernehmenden _____________ 130 Obwohl er auf den Fremdvergleichsgrundsatz als beherrschendes Prinzip abstellt und die Regelungen zur Bewertung des Transferpakets als Ausfluss dieses Grundsatzes ansieht. 131 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 84, re. Sp. 132 Vom 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680.
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Unternehmen zusammen mit der Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, und den in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen“. Aus dieser Definition ergibt sich, dass das Transferpaket selbst kein Wirtschaftsgut ist.133 Folglich kann es auch bilanzrechtlich nicht als ein solches behandelt werden. Hieraus ergeben sich die folgenden Konsequenzen: Zunächst ist zu prüfen, inwieweit Teile des Entgelts auf materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter entfallen. Diese Teile sind mit dem jeweiligen Zeitwert anzusetzen134 und in der Zukunft nach Maßgabe der Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsgutes planmäßig abzuschreiben.135 Verbleibt ein Restbetrag, ist dieser nach Verwaltungsauffassung als Firmenwert zu qualifizieren und gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über die gesetzlich angeordnete Nutzungsdauer von 15 Jahren planmäßig abzuschreiben. Darüber hinaus kann grundsätzlich eine außerplanmäßige Abschreibung in Betracht kommen. Hierfür gelten die allgemeinen Regelungen, die für eine außerplanmäßige Abschreibung des Firmenwertes zu beachten sind.136 Allerdings besteht insoweit eine Besonderheit, weil die Finanzverwaltung regelmäßig die Frage aufwerfen wird, ob eine solche Abschreibung steuerlich anzuerkennen ist oder ob von vornherein eine zu hohe Bewertung des Transferpaktes erfolgt ist. Diese Gefahr ist besonders groß, wenn der Wert des Transferpaketes an der Grenze der Bandbreite bestimmt wird, weil streitig sein kann, ob diese Vorgehensweise zum Zeitpunkt der Verlagerung in das Inland sachgerecht war. Aus den bereits oben dargelegten Gründen137 kann dieser Auffassung m. E. nicht gefolgt werden. Vielmehr ist unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des BFH davon auszugehen, dass es an einer hinreichenden Konkretisierung fehlt138 und damit eine Aktivierung als Firmenwert ausscheiden muss. _____________ 133 Vgl. zu einer eingehenden Begründung Strunk/Kaminski, DB 2008, 2504 f. 134 Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter zu erfolgen. 135 Ggf. kommen ergänzend nach den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Regelungen außerplanmäßige Abschreibungen in Betracht, wenn es sich um eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung handelt. 136 Vgl. zu diesen z. B. Zeitler, DStR 1988, 304 und Kozikowski/Roscher/Schramm in Ellrott (Hrsg.), BeckBilanzkomm, 7. Aufl., München 2010, § 253 Rz. 675. 137 Vgl. oben Abschnitt C. II. 2. b) ff). 138 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – II R 224/82, BStBl. II 1988, 50.
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b) Rückgriff auf § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG als allgemeine Auslegungsnorm für den Fremdvergleichsgrundsatz? Das Bewertungskonzept des Transferpakets schafft einen neuen und über das bisherige Verständnis hinausgehenden Korrekturmaßstab. Insbesondere die Regierungsbegründung erweckt den Eindruck, als sei das Konzept nichts anderes als die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Wie die Ausführungen unter C. II. 3. a) gezeigt haben, geht dieses Konzept jedoch deutlich über das bisherige Verständnis des Fremdvergleichsgrundsatzes hinaus. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob insoweit ein neuer Fremdvergleichsmaßstab begründet wurde, der vom bisherigen Verständnis abweicht. Dies wäre grundsätzlich auf zwei Ebenen vorstellbar.139 – Einerseits könnte bei einem einheitlichen Fremdvergleichsmaßstab geblieben werden, so dass die Regelungen zum Transferpaket etwa auch im Rahmen der vGA heranzuziehen sind. Im Ergebnis würden die Änderungen in § 1 AStG damit Rückwirkungen auf alle Fälle haben, in denen eine Einkunftskorrektur mit Hilfe des Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgt. – Andererseits könnte eine zweite Form des Fremdvergleichspreises geschaffen worden sein, der spezifisch für § 1 AStG in den Fällen der Funktionsverlagerung ist. Aufgrund des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG wäre bei diesem Verständnis zu prüfen, ob § 1 AStG ergänzend neben der vGA anzuwenden ist und ggf. eine weitergehendere Korrektur ermöglicht.140 M. E. ist der zweiten Auffassung zu folgen. Entscheidend hierfür ist die Einbindung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG in das Regelungskonzept des § 1 AStG.141 Ferner wird aus der Regierungsbegründung deutlich, dass lediglich eine Normierung für einen Sonderfall erfolgen sollte, jedoch keine vollständige Neuinterpretation des Fremdvergleichsgrundsatzes im Allgemeinen. Hierfür spricht auch die Einordnung des AStG als speziellere Regelung ggü. den allgemeinen Korrekturvorschriften nach Maßgabe der vGA und verdeckten Einlage. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass § 1 AStG nur in den Fällen zur Anwendung kommen kann, in denen eine Minderung des inländischen Einkommens erfolgte. _____________ 139 Ein vergleichbares Problem ergibt sich auf Grund der Fiktion der umfassenden Kenntnis in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG. Kritisch hierzu z. B. Wulf, DB 2007, 2280 ff. 140 Damit würde auch bei Kapitalgesellschaften eine ergänzende Anwendung des § 1 AStG erfolgen, wie dies bei einer Personengesellschaft der Fall ist. 141 Im Ergebnis ebenso Looks/Steinert/Müller, BB 2009, 2348 ff.
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Dies sind die Anwendungsfälle der Gruppe 3 Variante b). Bei diesen ist ergänzend die Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA zu beachten.142 Danach muss eine Einkunftskorrektur insoweit unterbleiben, wie über den Fremdvergleichsgrundsatz hinausgegangen wird. Dies ist in Folge der Einbeziehung der Vorteile des anderen Staates und der Fiktion der vollständigen Kenntnis regelmäßig der Fall, so dass insoweit eine Begrenzung zu erfolgen hat.
III. Unterstützungsleistungen Auch während der Verlagerungsphase i. e. S. können sowohl von der aufnehmenden als auch von der abgebenden Gesellschaft Dienstleistungen erbracht bzw. in Anspruch genommen werden. Hierfür gelten grundsätzlich die allgemeinen Prinzipien für die Verrechnung von Dienstleistungen, wie sie bereits für die Pre-Verlagerungsphase unter B. II. dargestellt wurden. Als Besonderheit sollte darauf geachtet werden, inwieweit mit den erbrachten Dienstleistungen ggf. auch Know-how übertragen wird. Regelmäßig wird die aufnehmende Gesellschaft versuchen, die bei der abgebenden Gesellschaft vorhandenen Erfahrungen zu übernehmen und aus dort gemachten Fehlern zu lernen. Daher ist zu prüfen, inwieweit es sich hierbei um einen vergütungspflichtigen Vorgang handelt. Um Auseinandersetzungen über eine möglicherweise mehrfach erfolgende Vergütung des gleichen Know-hows zu vermeiden, sollte auf eine sorgfältige Dokumentation geachtet werden.
D. Die „Post-Verlagerungsphase“ I. Laufende Entgeltbestimmung nach der Verlagerung Die Funktionsverlagerung ist als ein außergewöhnlicher Geschäftsvorfall zu qualifizieren,143 der die Verpflichtung zu einer zeitnahen Dokumentation mit sich bringt. Darüber hinaus ergeben sich grundlegende Auswirkungen auf die Höhe der laufenden Verrechnungspreise. Diese lassen sich grundsätzlich in zwei Bereiche unterscheiden. _____________ 142 Vgl. hierzu FG Köln v. 22.8.2007 – 13 K 647/03, EFG 2008, 161, rkr., mit Anmerkungen Baumhoff/Greinert, IStR 2008, 353; Rasch, IWB 2008, F. 3a, Deutschland, Gr. 1, 1103 und Strunk/Kaminski, Stbg 2008, 211. 143 Vgl. § 3 Abs. 2 GAufzV.
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– Einerseits ist zu prüfen, ob nach der Funktionsverlagerung neue oder veränderte Lieferungen oder Leistungen erbracht werden, die zu einer Anpassung der laufenden Preise bzw. der Notwendigkeit der Verrechnung oder ggf. auch der Einstellung einer bisher erfolgten Vergütung führen. Insoweit muss den veränderten Leistungsbeziehungen Rechnung getragen werden. – Andererseits ist die Verteilung von Funktionen und Risiken je nach angewendeter Verrechnungspreismethode ein wesentlicher Faktor für die Marge, den Gewinnaufschlag oder ggf. für die Aufteilung des Gewinns. Insoweit muss geprüft werden, ob auch diese Größen anzupassen sind. In beiden Fällen wird die Finanzverwaltung von einem außergewöhnlichen Geschäftsvorfall ausgehen, dessen zeitnahe Dokumentation verlangt wird. Für die konkrete Bewertung gelten die allgemeinen Verrechnungspreisregelungen. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die Anpassung der Preise zeitnah zur Veränderung der Leistungsbeziehungen erfolgt, weil sonst Probleme bei der steuerlichen Anerkennung während der Übergangsphase drohen. Bei der Anpassung der Beschreibung der Funktions- und Risikoverteilung sollte sehr sorgfältig vorgegangen werden. Sofern dieser Teil der Dokumentation später erneut angepasst werden muss, um den wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, drohen mit hoher Wahrscheinlichkeit Auseinandersetzungen um die steuerlichen Konsequenzen der Funktionsverlagerung. Es kann sich anbieten, den Umstellungsprozess als solchen zu dokumentieren, um die unterschiedlichen Phasen zwischen dem Ausgangssachverhalt und dem Endstadium deutlich werden zu lassen und ggf. auch die Faktoren offen zu legen, die für weitere Anpassungen der Funktionsverteilung entscheidend waren.
II. Anpassung von ursprünglichen Entschädigungen? § 1 Abs. 3 Satz 11 AStG ordnet an, dass eine Anpassungsklausel widerlegbar vermutet wird, wenn keine vertragliche Anpassungsregelung vereinbart wurde.144 Ist eine solche nicht vorgesehen, erfolgt eine Korrektur innerhalb eines zehnjährigen Zeitraumes im Folgejahr der erstmaligen Abweichung. Zunächst stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eine solche Anpassungsklausel als fremdüblich anzusehen ist. In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Fällen, bei denen zwischen fremden Dritten _____________ 144 Vgl. hierzu eingehend Greil, IStR 2009, 567.
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keine Anpassungsklausel vereinbart wird. Insofern könnte § 1 Abs. 3 AStG über den Fremdvergleichsgrundsatz hinausgehen und damit mit Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen unvereinbar sein.145 Ferner stellt sich die Frage, inwieweit eine veränderte Wertentwicklung zu späteren Zeitpunkten berücksichtigt werden muss. Außerdem ist zu beachten, dass im Ausland keine entsprechende Berichtigung erfolgen wird. Hierfür spricht nicht nur, dass im Ausland häufig der Transferpaketansatz unbekannt ist,146 sondern auch eine unterschiedliche Periodisierung. Insofern bietet es sich an, um die negativen Auswirkungen einer entstehenden Doppelbesteuerung zu begrenzen, vertragliche Anpassungsklauseln vorzusehen. Hierbei stellt sich die Frage, wie diese zu gestalten sind, um die Fremdüblichkeit zu gewährleisten. Dabei ist zu beachten, dass eine vertragliche Klausel nur ausreichend ist, den gesetzlichen Regelungen zu entgehen, wenn sie ihrerseits dem Fremdvergleichsgrundsatz genügt. Hieraus ergeben sich gravierende Auswirkungen auf die gesamte Unternehmensplanung, insbesondere auf die Liquiditätsplanung. Unklar bleibt, wie zu verfahren ist, wenn eine Anpassung erfolgt und diese höheren Beträge in der Vergangenheit in Folge von Abschreibungen zu einer Einkunftsminderung geführt haben. Denkbar wäre, den Restbuchwert über die verbleibende Nutzungsdauer zu verteilen oder den Restbuchwert um die aus heutigem Verständnis überhöhten Abschreibungsbeträge zu kürzen und eine Verteilung über die Restnutzungsdauer vorzusehen. Bisher hat sich die Finanzverwaltung hierzu nicht geäußert. Da es sich bei der Korrekturklausel um eine Spezialvorschrift des AStG handelt, kommt diese nur zur Anwendung, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 AStG erfüllt sind. Ist hingegen – wie im Regelfall – eine der anderen Korrekturvorschriften einschlägig, scheidet ein Rückgriff auf diese Norm aus. Andernfalls würde diese Regelung in den Rang einer allgemeinen Revisionsklausel erhoben, wofür es jedoch keine Rechtsgrundlage gibt. Damit zeigt sich erneut, dass die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichbehandlung von Inlands- und Auslandsfällen nicht erreicht wird.
_____________ 145 Vgl. hierzu Kaminski, StuW 2008, 342 f. 146 Vgl. Wehnert/Sano, IStR 2010, S. 54 ff. und Wilmanns, Status: Recht 2007, 201 ff.
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Im Schrifttum ist anerkannt, das der Transferpaketansatz zu einem deutlich überhöhten Wertansatzes führen kann.147 Dies bedingt, dass möglicherweise auch den einzelnen Wirtschaftsgütern ein relativ hoher Wert zugeordnet wird. Es ist zu befürchten, dass der nach Verwaltungsauffassung anzusetzende Geschäfts- und Firmenwert am Bilanzstichtag objektiv überhöht bewertet sein wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn im Ausland höhere Kosten für die Schließung entstehen als ursprünglich angenommen. Unstreitig ist, dass zunächst eine planmäßige Abschreibung vorgenommen werden muss. Erst danach stellt sich die Grundsatzfrage, ob eine zu hohe Bewertung gegeben ist. Selbst wenn die Anpassungsklausel nach § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG zur Anwendung kommt, kann dies m. E. nicht mit Wirkung für die Vergangenheit geschehen, sondern nur für die Zukunft. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit eine Teilwertabschreibung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter oder ggf. auf den nach Verwaltungsauffassung anzusetzenden Geschäftsund Firmenwert erfolgen kann. Hierfür ist entscheidend, ob es sich um eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung handelt, die eine Teilwertabschreibung ermöglicht. M. E. kann nicht davon ausgegangen werden, dass Teilwertabschreibungen per se unzulässig sind, sondern es müssen die allgemeinen Bewertungskriterien gelten, so dass auf den Zeitraum abzustellen ist, bis zu dem voraussichtlich der Teilwert über dem fortgeführten Buchwert liegt.148
E. Ausgewählte Sonderaspekte I. Betriebsstättenbegründung Als Sonderproblem stellt sich die Frage, ob im Rahmen der Funktionsverlagerung oder im Anschluss daran eine Betriebsstätte begründet wird. Hierbei kann es sich grundsätzlich um jede Form einer Betriebsstätte handeln. Zu den Sonderproblemen der Vertreterbetriebsstätte wird auf die Ausführungen von Ditz auf S. 161 ff. in diesem Tagungsband verwiesen. Aus deutscher Sicht ist auf Folgendes hinzuweisen: Wird im Rahmen der „Pre-Verlagerungsphase“ oder der „Verlagerungsphase i. e. S.“ eine _____________ 147 Vgl. z. B. Frotscher, FR 2008, 49; Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, München 2007, 541; Baumhoff/Puls, IStR 2009, 80 und Looks/ Steinert/Müller, BB 2009, 2351; a. A.: Schreiber in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kommentar zur Funktionsverlagerungsverordnung, 35. 148 Vgl. BMF v. 25.2.2000, IV C 2 – S 2171b – 14/00, BStBl. I 2000, 372.
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Betriebsstätte im Ausland i. S. v. § 12 AO begründet (etwa im Rahmen einer Bau- und Montagetätigkeit), so muss dies ggü. der deutschen FinVerw. gem. § 138 Abs. 2 AO innerhalb von 4 Wochen angezeigt werden. Unter den weiteren in § 379 Abs. 2 AO genannten Voraussetzungen begründet die Nichterfüllung dieser Pflicht eine Ordnungswidrigkeit, die gem. Abs. 4 mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden kann. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Begründung einer Betriebsstätte von der Finanzverwaltung stets als außergewöhnlicher Geschäftsvorfall angesehen wird, der eine Verpflichtung zur zeitnahen Dokumentation auslöst.149 Kommt der Steuerpflichtige dieser nicht nach, ist die Dokumentation unvollständig. Insoweit droht eine Diskussion, wie unvollständig eine Dokumentation sein kann, ohne als „im Wesentlichen unverwertbar“ i. S. v. § 162 Abs. 3 Satz 1 AO zu gelten. Wäre dies der Fall, käme es zu einer Anwendung der Sanktionsvorschriften. Während der „Verlagerungsphase i. e. S.“ aber insbesondere während der „Post-Verlagerungsphase“ stellt sich die Frage, ob die inländische Gesellschaft eine Betriebsstätte i. S. v. § 12 AO und ggf. nach den Vorschriften des einschlägigen DBA mit dem Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft begründet. Hiervon hängt ab, ob mit dem Ende der „Verlagerungsphase i. e. S.“ eine Entstrickung für die der ausländischen Betriebsstätte zugeordneten Wirtschaftsgüter erfolgt.150 In einem solchen Fall drohen nicht nur Auseinandersetzungen über die Einkunftszurechnung,151 sondern auch eine Auseinandersetzung über die Frage, ob tatsächlich eine Besteuerung in Deutschland erfolgen durfte. Dies kann dazu führen, dass die ausländische Finanzverwaltung das Vorliegen einer Betriebsstätte verneint und im Nicht-DBA-Fall eine Anwendung _____________ 149 M. E. ist dieser Auffassung für solche Fälle nicht zu folgen, in denen die Errichtung einer Betriebsstätte Teil des laufenden Tagesgeschäfts ist und damit keinen außergewöhnlichen Charakter hat. Vgl. hierzu eingehend Kaminski in Strunk/ Wassermeyer/Kaminski (Hrsg.), Unternehmenssteuerrecht und Internationales Steuerrecht, Gedächtnisschrift für Dirk Krüger, Bonn 2006, 127 ff. 150 Vgl. hierzu jüngst BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 zur Aufgabe der sog. finalen Entnahmetheorie, sowie BMF v. 20.5.2009 – IV C 6 – S 2134/ 07/10005, BStBl. I 2009, 671, und einer Diskussion der Auswirkungen auf den § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG insbesondere Mitschke, FR 2009, 329 f.; Kahle/Franke, IStR 2009, 408 f.; Schönfeld, IStR 2010, 133 ff. sowie Müller-Gatermann, in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, FS Schaumburg, Köln 2009, S. 943 ff. und Köhler, ebd., 828 ff. 151 Dies gilt speziell für die Frage, welche Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte funktional zuzurechnen sind.
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der unilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung versagt oder einschränkt.152 M. E. sind diese Betriebsstättenprobleme deshalb so gravierend, weil in vielen Unternehmen außerhalb der Steuerabteilungen der Irrglaube vorherrscht, dass das Bestehen einer Tochtergesellschaft im Ausland das Entstehen bzw. Vorliegen einer Betriebsstätte ausschließt. Ferner scheint in einigen Konzernen der Gedanke vorzuherrschen, dass die Begründung einer Betriebsstätte durch eine Gesellschaft des Konzerns die Besteuerungsprobleme für alle anderen Konzerngesellschaften löst. Schließlich sollte nicht übersehen werden, dass im Inland möglicherweise nicht nur eine Betriebsstätte gegeben ist, sondern mehrere. Gerade vor dem Hintergrund der gewerbesteuerlichen Zerlegung nach §§ 28 ff. GewStG können sich erhebliche Auswirkungen ergeben, die nicht nur aus unterschiedlichen Hebesätzen resultieren, sondern aus den nicht abzugsfähigen Zinsen auf Steuernachzahlungen.153 Die hiermit verbundene Belastung ist deshalb besonders groß, weil die Gewerbesteuerzahlungen nicht ohne weiteres verrechnet werden können, selbst wenn eine Betriebsstätte erklärt wurde und diese GewSt bezahlt hat.154
II. „Schädliche Mitwirkung“ i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG Es sollte geprüft werden, inwieweit infolge der Funktionsverlagerungen die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöst werden. Dieses Problem erweist sich als gravierend, weil aus wirtschaftlichen Gründen bei Inlandskonzernen die ausländischen Tochtergesellschaften regelmäßig beherrscht werden.155 Ferner sieht § 8 Abs. 3 AStG unverändert einen Grenzwert für eine niedrige Besteuerung von 25 % vor, so dass die Gefahr groß ist, dass die im Ausland ansässige Tochtergesellschaft auch dieses Kriterium erfüllt. Zwar wurde mit dem Jahressteuer_____________ 152 Etwa vergleichbar der Regelung in § 34c Abs. 1 EStG, wonach eine Anrechnung ausländischer Steuern nur erfolgen kann, wenn es sich um ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG handelt; vgl. hierzu z. B. Strunk/Kaminski, in Korn (Hrsg.), EStG, § 34c Rz. 26 (Juli 2008). 153 Vgl. § 233a AO. 154 Vgl. zu diesem Zinsproblem z. B. Sikorski, DStR 1991, Beilage 18, 2, und Heuermann, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung Kommentar, § 233a AO Rz. 5 f. (Juni 2004). 155 Dies ergibt sich aufgrund der Notwendigkeit, die wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen nicht am Widerspruch evtl. Mitgesellschafter scheitern zu lassen bzw. Entscheidungsprozesse zu verlängern, indem diese erst mühsam überzeugt oder ggf. aus dem Unternehmen herausgekauft werden müssen.
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gesetz 2008156 und der Einführung des § 8 Abs. 2 AStG die Anwendung dieser Regelungen in den EU- und EWR-Fällen grundsätzlich suspendiert, doch gibt es auch außerhalb dieser Staatengruppen eine Reihe von Ländern, die Steuerbelastungen von weniger als 25 % aufweisen, wobei nicht auf die Höhe der Steuersätze, sondern auf die tatsächliche Steuerbelastung abzustellen ist. Damit erlangt das dritte Tatbestandsmerkmal der Hinzurechnungsbesteuerung, der Tätigkeitskatalog des § 8 Abs. 1 AStG, zentrale Bedeutung. Bekanntlich werden in diesem einige Tätigkeiten als „unschädlich“ („aktiv“) qualifiziert, andere als „schädlich“ („passiv“). Von besonderer Bedeutung im Kontext mit Funktionsverlagerungen sind die sog. Mitwirkungstatbestände. So ist z. B. das Erbringen einer Dienstleistung grundsätzlich als unschädlich anzusehen. Dies ändert sich jedoch, wenn die ausländische dienstleistungerbringende Gesellschaft sich der inländischen Gesellschaft oder einer dieser nahe stehenden Person bedient. Dies zeigt, dass umfangreiche Vorsorge getroffen werden muss, um nicht die Tatbestände der §§ 7 ff. AStG zu verwirklichen, zumal nicht nur die Mitwirkung durch die inländische Gesellschaft schädlich ist, sondern auch die von nahe stehenden Personen. Besondere Schwierigkeiten bereitet regelmäßig die Nachweisproblematik, weil der Steuerpflichtige etwas nachweisen muss, was nicht geschehen ist. Handelt es sich bei der inländischen Gesellschaft nicht um die Muttergesellschaft des Konzerns, sondern um eine Tochtergesellschaft, sollte rechtzeitig geprüft werden, inwieweit mögliche vergleichbare CFCRegulations oder ähnliche Vorschriften des Auslandes zur Anwendung kommen. Dies gilt speziell in den Fällen, in denen das Ausland in die Höhe der Steuerbelastung nur die Steuern einbezieht, die bundeseinheitlich erhoben werden. In einem solchen Fall bliebe die deutsche Gewerbesteuer außer Betracht, mit der Folge, dass nur die vergleichsweise niedrige deutsche Körperschaftsteuer berücksichtigt würde. Sofern diese Regelungen an Tätigkeiten anknüpfen, sollte rechtzeitig für eine ausreichende Nachweismöglichkeit gesorgt werden.
F. Fazit Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass keineswegs eine Gleichbehandlung des Auslands- mit dem Inlandsfall erfolgt. Vielmehr _____________ 156 Vom 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150.
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scheidet eine Anwendung des § 1 AStG regelmäßig aus, so dass andere Korrekturvorschriften zur Anwendung kommen. Hierbei führen die weitgehenden Vorgaben des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG dazu, dass sich die Frage stellt, inwieweit im Inlandsfall ähnliche Ergebnisse entstehen. Die Antwort hierauf hängt wesentlich von dem Verständnis des Transferpaketansatzes ab. Wird – wie dies offenbar die Finanzverwaltung unterstellt – davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber hiermit eine allgemein übliche Vorgehensweise normiert, käme es zu keinen Abweichungen gegenüber einer Korrektur auf Grundlage des Fremdvergleichs. Wenn hingegen – insbesondere vor dem Hintergrund der bisherigen Praxis der Bewertung, dem Gesetzeswortlaut und der Regierungsbegründung – davon ausgegangen wird, dass das nunmehr kodifizierte Verständnis über den allgemeinen Fremdvergleichsgrundsatz hinausgeht, entstehen neue Interpretationsschwierigkeiten. In diesem Fall ist die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichbehandlung von Auslands- und Inlandsfall in der Regel nicht zu erreichen. Hieraus werden sich auch im Rahmen von Verständigungsverfahren zu Funktionsverlagerungsfragen negative Auswirkungen ergeben. Systematisch rückt immer stärker die Frage in den Mittelpunkt, warum die Regelungen zur Funktionsverlagerung im § 1 AStG normiert wurden. Es zeigt sich, dass diese Vorgehensweise schon vom Ansatz her nicht geeignet sein kann, eine Gleichbehandlung des Auslands- mit dem Inlandsfall zu erreichen. Hiermit verbunden sind vielfältige Anwendungskonkurrenzen und Auslegungsschwierigkeiten. Diese vergrößern sich weiter, wenn auch Personengesellschaften und Betriebsstätten in die Überlegungen mit einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die Hoffnung des Gesetzgebers, durch diese Regelungen einen Beitrag zu verstärkter Wirtschaftsaktivität und dem Aufbau von Arbeitsplätzen im Inland zu leisten,157 angesichts der vielfältigen Rechtsund Planungsunsicherheiten als wirklichkeitsfremd.
_____________ 157 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 85, re. Sp.
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Austausch von Funktionen im Konzern und Bewertung des Transferpakets Dr. Markus Frischmuth Tognum AG/MTU Friedrichshafen GmbH, Friedrichshafen
Inhaltsübersicht A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . 75 B. Begriffsdefinitionen und Arten des Funktionstauschs im Konzern I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Arbeitsdefinition . . . . . . . . . . . III. Varianten des Austauschs von Funktionen im Konzern . . . . . . 1. Substitutionsfall . . . . . . . . . . 2. Bilateraler Austausch . . . . . . 3. Multilateraler Austausch . . . C. Grundlagen zur Funktionsverlagerungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsgrundlagen und sonstige Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionsbegriff . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Horizontale und vertikale Atomisierung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konzeption, Anwendungsgebiete und Dimensionen der Funktionsverlagerungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Transferpaketwert und Investitionsrechnung . . . . . . 2. Direkte und indirekte Methode der Transferpaketpreisberechnung . . . . . . . . . . 3. Übertragungs- vs. Überlassungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandsebene . . . . . . . c) Rechtsfolgenebene . . . . . . d) Verrechnungspreisbildung im Überlassungsfall (Lizenzfall) . . . . . . . . . . . .
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4. Weitere Dimensionen der Funktionsverlagerungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . 94 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . 96 IV. Alternative Verrechnungspreismethoden beim Funktionstausch im Konzern . . . . . . 97 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Sonderregelung des Substitutionsfalls gem. Tz. 2.7.1 VWG-FVerl . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Die neue Escape-Klausel – Einzelverrechnungspreise . . . 99 4. Ein zusammenfassendes Beispiel – Transferpaketansatz versus Einzelverrechnungspreise . . . . . . . . . 100 D. Verrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundsätzliche Bewertungsfragen und Bewertungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . 2. Transferpaketbewertung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene . . . . . . . . . . . . b) Indirekte Transferpaketermittlung auf Unternehmensebene . . . . . . . . c) Sonderregelung (Nullansatz) im Substitutionsfall (Tz. 2.7.1 VWG-FVerl) . .
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung 3. Die Einzelverrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern . . . III. Substitutionsfall . . . . . . . . . . . 1. Ausgangsdaten . . . . . . . . . . a) Abgebendes bzw. verlagerndes Unternehmen . . b) Übernehmendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 2. Verrechnungspreisermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene . . . . . . . . . . . c) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene . . . . . . . . d) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . e) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden . . . 3. Zwischenergebnis – Plädoyer für Einzelverrechnungspreise . . . . . . . . . . . . . IV. Bilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern . . . . . . . . . . . 1. Ausgangsdaten . . . . . . . . . . 2. Verrechnungspreisermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene . . . . . . . . . . . c) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene . . . . . . . . d) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung (Tz. 2.7.1. VWGFVerl) . . . . . . . . . . . . . . . e) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . .
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V. Bilateraler Funktionstausch – tätigkeitsextern . . . . . . . . . . . 1. Ausgangsdaten . . . . . . . . . . 2. Verrechnungspreisermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene . . . . . . . . . . . . b) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene . . . . . . . . c) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung (Tz. 2.7.1. VWGFVerl) . . . . . . . . . . . . . . . d) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . VI. Multilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern . . . . 1. Ausgangsdaten . . . . . . . . . . 2. Verrechnungspreisermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene . . . . . . . . . . . . b) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene . . . . . . . . c) Nullansatz als Sonderregelung nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl . . . . . . . . . . . d) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . VII. Multilateraler Funktionstausch – tätigkeitsextern . . . . 1. Ausgangsdaten . . . . . . . . . . 2. Verrechnungspreisermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . VIII. Bewertungs- und Methodenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Zusammenfassung und Ausblick 135
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A. Einleitende Bemerkungen Die folgenden Ausführungen befassen sich mit der komplexen Materie des Austauschs von Funktionen im Konzern und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Bewertung des Transferpakets oder besser der Transferpakete. Komplex und umfassend ist dieses Analysegebiet, weil bereits die Verlagerung nur einer Funktion (einfache Funktionsverlagerung) durch die komplizierten und mit Anwenderunsicherheiten behafteten Vorschriften der Funktionsverlagerungsbesteuerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG eine sehr anspruchsvolle Steuermaterie ist. Aufgrund der Atomisierung des Funktionsbegriffs durch die deutsche Finanzverwaltung werden laufend durchgeführte Funktionsänderungen im international tätigen Konzern potentiell von der deutschen Funktionsverlagerung erfasst. Das gilt auch für den Funktionsaustausch, an dem definitionsgemäß mindestens zwei Unternehmen, mindestens zwei Funktionen und mindestens zwei Staaten beteiligt sind, weshalb der Komplexitätsgrad bei der Anwendung der einschlägigen Funktionsverlagerungsbesteuerung signifikant steigt. Dazu kommt noch, dass der Austausch von Funktionen regelmäßig finanzielle oder gewinnrelevante Austausch- oder Kompensationseffekte bei den beteiligten Unternehmen auslöst. Insoweit mündet der Funktionstausch in einer Funktionsaustausch- und nicht nur Funktionsverlagerungsbetrachtung. Wenn man zusätzlich noch die Perspektive der am Funktionstausch beteiligten ausländischen Staaten, denen die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung eine große Unbekannte ist, in Betracht zieht, stößt die Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung beim Austausch von Funktionen im Konzern auf weitreichende Praxisprobleme. Diesen praxisrelevanten Problemen und möglichen Lösungsansätzen widmet sich die folgende Analyse. Diese Analyse leitet in Abschnitt B. zunächst eine Arbeitsdefinition für den Austausch von Funktionen im Konzern ab und systematisiert die unterschiedlichen Varianten des Funktionstauschs im Konzern. Abschnitt C. bespricht die Grundzüge, wesentlichen Eigenschaften und Dimensionen der Funktionsverlagerungsbesteuerung, die für die Besteuerungswirkungen beim Austausch von Funktionen im Konzern wesentlich sind. Darauf aufbauend werden unter D. praxisrelevante Bewertungsfragen und Verrechnungspreismethoden beim Austausch von Funktionen im Konzern vorgestellt und anhand konkreter Beispielsfälle zu den Varianten des Funktionstauschs erläutert. Die Auswirkungen auf die Transferpaketbewertung werden sichtbar. Abschnitt E. fasst die 75
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Ausführungen, Würdigungen und Ergebnisse zum Austausch von Funktionen im Konzern zusammen.
B. Begriffsdefinitionen und Arten des Funktionstauschs im Konzern I. Überblick Die folgenden Ausführungen widmen sich der Abgrenzung und Definition der Begrifflichkeit „Austausch von Funktionen im Konzern“ sowie der Darstellung dessen Varianten. Die folgend abgeleiteten Varianten basieren auf der Analyse der Wertschöpfungskette im produzierenden Industriesektor, die aus folgenden – auch für die Erfassung immaterieller Wirtschaftsgüter wesentlichen – Kernkomponenten besteht: – Forschungs- und Entwicklungstätigkeit („R & D-Tätigkeit“) – Produktionstätigkeit – Vertriebstätigkeit Das Zurückgreifen auf diese Wertschöpfungskette erlaubt es, die später zu besprechenden Implikationen und Probleme der Funktionsverlagerungsbesteuerung und Transferpaketbewertung (z. B. Funktionsatomisierung, Verkaufs- vs. Lizenzfall usw.) transparent zu machen, konkret zu problematisieren und sachgerechten Lösungen zuzuführen.
II. Arbeitsdefinition Die Fallkonstellationen des Austauschs von Funktionen im Konzern sind variantenreich und müssen mit Blick auf den begrenzten Umfang der hier durchgeführten Untersuchung zielgerecht eingegrenzt werden. Vor dem Hintergrund der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG bietet sich folgende Arbeitsdefinition an: Unter dem Austausch von Funktionen im Konzern versteht man die Kombination von Funktionsverlagerungen im Sinne des deutschen AStG, wobei mindestens eine Funktionsverlagerung eine Outbound-Funktionsverlagerung – von Deutschland ins Ausland – ist. Für alle am Funktionstausch beteiligten Funktionsverlagerungen ist jeweils die Transferpaketbewertung das gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG steuerrechtlich vorgeschriebene Bewertungsverfahren.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Diese Begriffsdefinition umfasst nicht alle Fälle des Austauschs von Funktionen im Konzern. Dazu gehört insbesondere der Austausch von Funktionen, bei dem mindestens eine der ausgetauschten Funktion nach § 2 Abs. 2 FVerlV nach der Kostenaufschlagsmethode verrechnet wird. Diese Fälle des Austauschs der Auftragsfertigungsfunktion sind selbstverständlich praxisrelevant, aber wegen der Verrechnungsvorschriften des § 2 Abs. 2 FVerlV – isoliert betrachtet – nicht der Transferpaketbewertung, die im Rahmen dieser Untersuchung betrachtet wird, zugänglich.
III. Varianten des Austauschs von Funktionen im Konzern 1. Substitutionsfall Beim Substitutionsfall (im weiteren Sinne) wird innerhalb einer Tätigkeit (z. B. Produktions- und Vertriebstätigkeit als Funktion Eigenproduktion) eine produktbezogene Funktion durch eine andere produktbezogene Funktion ersetzt. Insofern ist die Verlagerung einer Funktion mit der Aufnahme einer anderen Funktion sachlich und zeitlich zusammenhängend. Es kommt regelmäßig zu keiner Einschränkung der Tätigkeit, sondern ausschließlich zu einem produktbezogenen Austausch bzw. zu einer produktspezifischen Substitution innerhalb der Tätigkeit. Anmerkung: Selbstverständlich kann aus Unternehmenssicht auch eine Substitution einer Tätigkeit durch eine andere erfolgen, wie dies z. B. bei den tätigkeitsexternen Varianten bei bilateralen oder multilateralen Austausch der Fall ist. Diese werden in den folgenden Abschnitten angesprochen. Es handelt sich hier um Substitutionsfälle im weitesten Sinne.
Der Substitutionsfall im engeren Sinne, wie ihn die deutsche Finanzverwaltung in Tz. 2.7.1 des Entwurfs-VWG-FVerl vom 17.7.2009 festlegt,1 beschreibt den Funktionsaustausch lediglich als Substitution der Funktionsausübung eines Altprodukts durch ein Nachfolgeprodukt. Gleichzeitig gelten restriktive Voraussetzungen für die Einschlägigkeit des Substitutionsfalls im engeren Sinne. Diese unterschiedlichen Facetten des Substitutionsfalls sind für die später vorzustellende Besteuerungspraxis äußerst relevant und offenbaren ein unterschiedliches Funk_____________ 1 Vgl. zu alledem und zu den Bewertungsfolgen später und detailliert Abschnitt C. 4.1.
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tionsverständnis. Dieses zeigt sich in Abschnitt C. 2. konkreter, wobei schon der Fall (2) im Folgenden Beispiel zeigen soll, wie atomisiert das Funktionsverständnis seitens der deutschen Finanzverwaltung nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl ist. Beispiele: (1) Die ANLAGEN GmbH tauscht innerhalb ihrer Tätigkeit „Produktion und Vertrieb“ (Eigenproduktion) die produktbezogene Funktion „Produktion inkl. Vertrieb des Produkts A“ gegen eine andere Funktion „Produktion und Vertrieb des Produkts B“ aus. Die Funktion bezogen auf Produkt A wird auf das verbundene Unternehmen, die ANLAGEN Hungaria kft., verlagert. Es kommt zu keiner Umsatz- oder Ergebniseinbuße bei der ANLAGEN GmbH, dennoch wird die Verlagerung des Produkts A isoliert als Funktionsverlagerung betrachtet. (2) Wie vorstehend. Allerdings kommt es zu einer Substitution innerhalb des Produkts A, d. h. der Substitutionsgegenstand ist wesentlich enger. Hiernach übernimmt die ANLAGEN Hungaria kft. die Produktion und den Vertrieb des Produkts A ALT (Vorgängerprodukt), während die ANLAGEN GmbH die Produktion und den Vertrieb des Produkts A NEU (Nachfolgeprodukt) übernimmt.
Sowohl im Fall (1) als auch im Fall (2) bleibt bei tätigkeitsbezogener Betrachtung „Alles beim Alten“.2 Im Fall (2) bleibt sogar produktbezogen „Alles beim Alten“, es kommt lediglich zu einer produktvarianten- bzw. produktversionen- bzw. produktgenerationenbezogenen Funktionsverlagerung, was eine sehr weitreichende Atomisierung zum Ausdruck bringt, die später – in Abschnitt C. 2. – detailliert besprochen wird. Der Substitutionsfall im engeren Sinne ist der für die Funktionsverlagerungsbesteuerung im Besonderen – wegen Tz. 2.7.1 VWG-FVerl – zu erwähnende, weshalb er in Abbildung 1 nochmals grafisch aufbereitet ist. In Abgrenzung zu den weiter unten folgenden bilateralen und multilateralen Austauscharten kann der Substitutionsfall als interner Funktionsaustausch bezeichnet werden.
_____________ 2 Das kann auch für Umsatz und Gewinn gelten, was sogar die Finanzverwaltung bestätigt bzw. eingesteht, vgl. nur. Tz. 2.1.2.2 und Tz. 2.7.1 VWG-FVerl.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Substitutionsfall (interner Austausch) Produkt ALT ANLAGEN GmbH Produkt NEU
Kunden ANLAGEN Hungaria kft
Produkt ALT
Abb. 1: Substitutionsfall
2. Bilateraler Austausch Der bilaterale Austausch von Funktionen erfolgt ausschließlich zwischen zwei Konzernunternehmen. Beide Unternehmen tauschen Funktionen aus, d. h. sie geben jeweils eine Funktion ab und nehmen jeweils eine Funktion auf.3 Der bilaterale Austausch kann tätigkeitsintern oder tätigkeitsextern erfolgen: (1) tätigkeitsintern: die zwei beteiligten Konzernunternehmen führen einen Funktionstausch innerhalb einer Tätigkeit (z. B. Eigenproduktion als Produktion- und Vertrieb) durch. Beispiel: Die ANLAGEN GmbH übernimmt die Produktion und den Vertrieb (Funktion Eigenproduktion) des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft, die demgegenüber die Produktion und den Vertrieb des Produkts ALT übernimmt. Dieser Funktionsaustausch zwischen dem deutschen und dem ungarischen Konzernunternehmen beruht auf konzerninternen strategischen Überlegungen der Konzernmutter (ANLAGEN GmbH), die darauf zielen, das Produkt ALT weiterhin – zu geringeren Kosten – am Markt zu halten. Dafür muss die ungarische Tochtergesellschaft Kapazitäten zur Verfügung stellen, was durch die Verlagerung des Produkts NEU erfolgt. Aus Konzernsicht ist diese Verlagerung unproblematisch, weil die Eigenproduktion des Produkts NEU in Deutschland weiterhin profitabel ist. In Verbindung mit der Verlagerung des Produkts ALT werden hingegen künftig höhere Gewinne – in Ungarn und im Konzern – erzielt.
_____________ 3 Der Substitutionsfall ist demnach auch ein bilateraler Fall, aber eben kein Austausch, weil nur ein Konzernunternehmen eine Funktion abgibt.
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(2) tätigkeitsextern: die zwei beteiligten Konzernunternehmen führen einen Funktionstausch aus, der sich auf unterschiedliche Tätigkeiten erstreckt. Beispiel: Die ANLAGEN GmbH übernimmt die Produktion des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft. Gleichzeitig soll die ANLAGEN Hungaria kft. den Vertrieb des Produkts ALT übernehmen, das weiterhin in Deutschland produziert wird. Die ANLAGEN Hungaria kft. behält zudem die Vertriebsfunktion für das Produkt NEU bei. Insofern kommt es zu einem bilateralen Austausch von Funktionen, der jedoch tätigkeits- und produktübergreifend – jeweils Produktion und Vertrieb – ist. Diese konzerninterne Funktionsänderung beruht auf strategischen Konzernüberlegungen, die darauf zielen, die Produktion (z. B. aus Qualitätsgründen, Kundenwünschen, Unterlauslastungen) in Deutschland zu zentralisieren, während die Vertriebsorganisation dezentral – an den lokalen Märkten – ausgerichtet werden soll.
Die beiden Arten des bilateralen Funktionstauschs fasst Abbildung 2 nochmals zusammen.
Bilateraler Austausch - tätigkeitsintern Produkt ALT ANLAGEN GmbH Produkt „NEU“
ANLAGEN Hungaria kft
Kunden Produkt NEU Produkt ALT
Bilateraler Austausch - tätigkeitsextern Produktion & Vertrieb ALT ANLAGEN GmbH Produktion NEU
Kunden ANLAGEN Hungaria kft
Produktion & Vertrieb NEU Vertrieb ALT
Abb. 2: Bilateraler Funktionstausch/tätigkeitsintern und -extern
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
3. Multilateraler Austausch Ein multilateraler Austausch von Funktionen liegt vor, wenn mehr als zwei Konzernunternehmen am Funktionsaustausch beteiligt sind. Hierbei ist unterstellt, dass die Konzernmutter doppelt beteiligt ist; sie ist das auslösende (Konzern-)Moment. Demnach ist die Konzernmutter das austauschende Unternehmen. Sie nimmt eine Funktion auf und gibt eine Funktion ab. Für das austauschende Unternehmen gilt der Substitutionsfall im weiteren Sinne (interner Funktionsaustausch). Die anderen Konzernunternehmen sind nur eindimensional beteiligt; sie geben entweder eine Funktion ab (Perspektive der Funktionsverlagerung) oder nehmen eine Funktion auf (Perspektive der Funktionsübernahme). Der bilaterale Austausch kann tätigkeitsintern oder tätigkeitsextern erfolgen: (1) tätigkeitsintern: der Funktionstausch zwischen den drei oder mehr beteiligten Konzernunternehmen findet innerhalb einer Tätigkeit (z. B. Eigenproduktion als Produktion- und Vertrieb) statt. Beispiel: Die ANLAGEN GmbH übernimmt die Produktion und den Vertrieb (Funktion Eigenproduktion) des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft. In diesem Zusammenhang wird jedoch die Produktion und der Vertrieb (Funktion Eigenproduktion) des Produktes ALT auf die ANLAGEN Slovakia sro verlagert. Hintergrund dieser konzerninternen Funktionsänderungen sind Qualitätsprobleme bei der ANLAGEN Hungaria kft. Deshalb soll die Produktion und der Vertrieb des Produkts NEU nach Deutschland verlagert werden. Allerdings bestehen bei der ANLAGEN GmbH Kapazitätsengpässe, weshalb freie Kapazitäten über die Verlagerung der Produktion und des Vertriebs des Produkts ALT geschaffen werden sollen. Die Produktion und der Vertrieb für das Produkt ALT soll deshalb auf die nicht ausgelastete ANLAGEN Slovakia sro übertragen werden; diese produziert und vertreibt das Produkt ALT weiterhin profitabel.
Abbildung 3 stellt den multilateralen, tätigkeitsinternen Funktionsaustausch nochmals grafisch dar.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Multilateraler Austausch - tätigkeitsintern Produkt ALT ANLAGEN GmbH Produkt NEU
ANLAGEN Hungaria kft
ANLAGEN Slovakia sro
Produkt NEU
Kunden
Produkt ALT
Abb. 3: Multilateraler, tätigkeitsinterner Funktionsaustausch
(2) tätigkeitsextern: der Funktionstausch zwischen den drei oder mehr beteiligten Konzernunternehmen ist tätigkeitsübergreifend. Beispiel: Die ANLAGEN GmbH übernimmt die Eigenproduktion (Produktion und Vertrieb) des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft. Gleichzeitig verlagert die deutsche ANLAGEN GmbH jedoch ihre F & E- gleich R & D-Tätigkeit und damit verbundene immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. Patente) auf die ANLAGEN R&D Austria G.m.b.H. Hintergrund dieser konzerninternen Funktionsänderungen sind Qualitätsprobleme bei der ANLAGEN Hungaria kft sowie eine Neuausrichtung der R & D-Tätigkeit im Konzern.
Den multilateralen, tätigkeitsexternen Funktionsaustausch im Konzern fasst Abbildung 4 zusammen:
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Multilateraler Austausch - tätigkeitsextern ANLAGEN GmbH
Produkt „NEU“
R&D
ANLAGEN Hungaria kft
Produkt „NEU“
Kunden
ANLAGEN R&D Austria G.m.b.H. R&D
Abb. 4: Multilateraler, tätigkeitsexterner Funktionsaustausch
Für alle vorstehenden Fallkonstellationen und demnach Varianten des Funktionstauschs wird im Folgenden geprüft, welche Bewertungsmethoden und -ansätze sachlich zutreffend, faktisch und rechtlich möglich sowie international üblich und anerkannt sind.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
C. Grundlagen zur Funktionsverlagerungsbesteuerung4 I. Rechtsgrundlagen und sonstige Vorschriften Die Gesetzgebung unterliegt im Bereich der Funktionsverlagerung einer beachtenswerten Dynamik.5 Diese Dynamik zeigt sich aktuell durch die Einführung einer dritten Komponente der in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. enthaltenen Escape-Klausel. Auch diese Neuregelung ist bereits wieder – wie die gesamte Funktionsverlagerungsbesteuerung an sich – mit Rechtsunsicherheiten verbunden und folgerichtig einer Kritik in der Literatur ausgesetzt.6 Es zeichnen sich deshalb neue Korrekturen oder zumindest Klarstellungen in der FVerlV oder den VWGFVerl ab. Dieser, der Unternehmenspraxis nicht zuträglichen Dynamik scheint damit kein Ende gesetzt zu sein. _____________ 4 Die Literatur zur Funktionsverlagerungsbesteuerung ist sehr umfangreich. Stellvertretend für viele andere Autoren sind genannt: Borstell, Funktionsverdoppelungen, IStR 2009, 329 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, Die Besteuerung von Funktionsverlagerungen nach der Funktionsverlagerungsverordnung v. 12.8.2008, DStR 2008., 1945 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 auf die Besteuerung grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen, DStR 2007, 1649 ff.: B!umers, Funktionsverlagerung per Transferpaket BB 2007, 1757 ff.; Frischmuth, Die Konzeption der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach dem UntStRefG 2008, StuB 2007, 386 ff.; Frischmuth, Funktionsverdoppelung im Visier des deutschen Fiskus – Quo vadis?, IWB 2007, F. 3 Gr. 1, 2253 ff.; Kroppen/Rasch/Eige!shoven, Die Behandlung der Funktionsverlagerungen im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 und der zu erwartenden Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung IWB 2007, F. 3 Gr. 1, 2201 ff.; Frotscher, Grundfragen der Funktionsverlagerung, FR 2008, 49 ff.; Kaminski, Änderungen im Bereich der internationalen Einkunftsabgrenzung durch die Unternehmensteuerreform 2008, RIW 2007, 594 ff.; Wassermeyer, Funktionsverlagerung – Statement; FR 2008, 67 f.; Welling/Tiemann, Funktionsverlagerungsverordnung im Widerstreit mit internationalen Grundsätzen, FR 2008, 68 ff. 5 Diese Dynamik umfasst auch Rückwirkungseffekte. Zunächst vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Vorschriften der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG rückwirkend anzuwenden sind, also auch schon mit Wirkung in die Veranlagungszeiträume vor 2008. Auf der anderen Seite sind erst im April 2010 Änderungen in den § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG eingeführt worden, die wiederum schon mit Wirkung auf den 1.1.2008 Geltung erfahren sollen, obwohl Sachverhalte in den Jahren 2008 bis April 2010 bereits verwirklicht sind. Man fragt in diesem Zusammenhang nach einer vertrauensschützwürdigen und praxisorientierten Gesetzgebung. 6 Vgl. zu aktuellen Kritik nur Kroppen/Rasch, Funktionsverlagerung – der nächste Akt, IWB 2010, 316 ff.
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Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, die für die folgenden Ausführungen wichtigen Rechtsgrundlagen und sonstigen Vorschriften sowie deren Kurzbezeichnungen aufzuführen und herauszustellen: – § 1 Abs. 3 Außensteuergesetz in der Fassung nach Art. 9 JStG 2009;7 – Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV);8 – Entwurf Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen (VerwaltungsgrundsätzeFunktionsverlagerung) vom 17.7.2009 (VWG-FVerl); – § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG in der Fassung des Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher EU-Vorgaben sowie weiterer steuerrechtlicher Regelungen;9 hier insbesondere die dritte Escape-Klausel im Satz 10, Halbs. 2 (im Folgenden: § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F.).
II. Funktionsbegriff 1. Überblick Die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung greift bei der Verlagerung einer „Funktion“ ein. Damit kommt dem Begriff der Funktion eine wesentliche Bedeutung zu, für die bei einer Verlagerung ein Verrechnungspreis zu bestimmen ist, und zwar für die Funktion als Ganzes. Denn die Funktionsverlagerungsbesteuerung richtet sich konzeptionell an der sog. Transferpaketbewertung und demnach Transferpaketbesteuerung aus. Nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG, § 1 Abs. 3 FVerlV i. V. m. Tz. 2.1.3 FVerlV-VG besteht ein Transferpaket „… aus einer Funktion und den mit dieser Funktion zusammenhängenden Chancen und Risiken sowie den Wirtschaftsgütern und Vorteilen, die das verlagernde Unternehmen zusammen mit der Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt …“. Dieser Transferpaketpreis (oder Funktionspreis) ist der gesamthafte Verrechnungspreis für die Funktion als Ganzes inkl. aller Wirtschaftsgüter, Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen sowie sonstiger Vorteile. Die Einzelverrechnungspreisbestimmung wird in den Hintergrund gedrängt und ist insoweit nicht maßgeblich. _____________ 7 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2009, 2794. 8 FVerlV v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680. 9 EU-Umsetzungsgesetz v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
2. Horizontale und vertikale Atomisierung von Funktionen Bei dieser Besteuerungskonzeption wird der Begriff der Funktion der entscheidende für die Bestimmung der Ebene, auf welcher die Funktionsverlagerungsbesteuerung eingreift (Eingriffsebene). Hier zeigt sich, dass die deutsche Finanzverwaltung eine Funktion, die nach § 1 Abs. 1 FVerlV eine Geschäftstätigkeit ist bzw. sein muss, nicht tätigkeitsbezogen, sondern produktbezogen oder noch weiter differenzierend ausgelegt.10 Die produktbezogene Auslegung führt dazu, dass der Begriff der Funktion als Geschäftstätigkeit atomisiert wird. Die Funktionsverlagerungsbesteuerung greift damit auf der Ebene von atomisierten Funktionen und deren Verlagerung ein. Ein Beispiel verdeutlicht den für die praktische Handhabung des Funktionstauschs sehr wichtigen Unterschied zwischen einer tätigkeits- und produktbezogenen Auslegung. Beispiel: Das Unternehmen X übt die Geschäftstätigkeit „Produktion und Vertrieb – Eigenproduktion“ auf der Grundlage eigener Produktentwicklungen (R & DTätigkeit) aus. Diese Geschäftstätigkeit ist unstrittig eine Funktion nach herkömmlichem Verständnis. Diese Funktion wird jedoch von der deutschen Finanzverwaltung nach den VWG-FVerl weiter atomisiert und in produktbezogene Funktionen wie beispielsweise „Eigenproduktion Produkt A“ und „Eigenproduktion Produkt B“ zerlegt. Allerdings ist mit dieser horizontalen Produktatomisierung die Atomisierung von Funktionen durch die deutsche Finanzverwaltung nicht beendet, denn die VWG-FVerl gehen noch einen Schritt weiter, mit dem produktbezogene Funktionen zusätzlich vertikal unterteilt und atomisiert werden. Wird beispielsweise das Produkt A ALT durch eine neu entwickelte Generation, das Nachfolgeprodukt Produkt A NEU beim abgebenden Unternehmen abgelöst, indem z. B. aus Kapazitätsgründen die „alte“ Produktgeneration Produkt A ALT auf ein anderes Konzernunternehmen übertragen wird, ist nach den VWG-FVerl sorgfältig zwischen der „Eigenproduktion Produkt A ALT“ und der „Eigenproduktion A NEU“ zu unterscheiden. Beide (atomisierten) Funktionen stellen eigenständig zu betrachtende Funktionen dar. Deshalb ist die Verlagerung des Vorgängerprodukts eine eingriffsrelevante Funktionsverlagerung, obwohl es auf Ebene der Funktion (Eigenproduktion), ja sogar auf Ebene der Teilfunktion
_____________ 10 Vgl. nur Tz. 2.1.1 der VWG-FVerl, der diese Funktionsatomisierung danach regelt, dass eine Funktion im Sinne der Funktionsverlagerungsbesteuerung ist: „… z. B. die Produktion eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktgruppe, der Vertrieb eines bestimmten Produkts …“.
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(Eigenproduktion Produkt A) zu keiner Einschränkung der Funktion kommt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV) kommt.11
Diese horizontale und vertikale Atomisierung des für die Besteuerung relevanten Funktionsbegriffs ist sehr weitgehend und führt zu einer atomisierten Funktionsverlagerungsbesteuerung, die wiederum zur Folge hat, dass die in § 3 FVerlV geregelten Methoden zur Transferpaketwertermittlung atomisiert und damit in einer Vielzahl praktischer Funktionsänderungsfälle anzuwenden sind. Mit der zunehmenden Atomisierung von Funktionen innerhalb eines international tätigen Konzerns geht eine zunehmende Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung im international tätigen Konzern einher. Damit erfährt auch die Methodik der Transferpaketbewertung und Funktionsverlagerungsbesteuerung eine zunehmende Praxisrelevanz – insbesondere beim häufig stattfindenden, arbeitsteiligen Austausch von Funktionen im Konzern.
III. Konzeption, Anwendungsgebiete und Dimensionen der Funktionsverlagerungsbesteuerung 1. Transferpaketwert und Investitionsrechnung Nach § 3 Abs. 1 FVerlV ergibt sich der Transferpaketpreis für eine Funktion als Ganzes aus der Perspektive der beteiligten Unternehmen in Übereinstimmung mit den Gewinnen, die zum Zeitpunkt der Verlagerung aus der Ausübung der Funktion erwartet werden können und der Funktion zuzuordnen sind (funktionsbezogene Gewinnpotentiale). Mit anderen Worten: die funktionsbezogenen Gewinnpotentiale bestimmen den Verrechnungspreis des Transferpakets losgelöst von den Einzelverrechnungspreisen der inkludierten einzelnen Wirtschaftsgüter und Vorteile. Für die Ermittlung der einschlägigen Gewinnpotentiale sind jeweils – auf Ebene des verlagernden und des aufnehmenden Unternehmen – Investitions- respektive „Zukunftserfolgswertrechnungen“12 erforderlich. Diese funktionsbezogenen Berechnungen weisen folgende Eigenschaften auf. _____________ 11 Hier handelt es sich um den sog. Substitutionsfall (Nachfolgeprodukt) im engeren Sinne, wie er in Tz. 2.7.1 der VWG-FVerl geregelt ist; vgl. detailliert Abschnitt C. IV. 1. 12 Tz. 2.1.4 der VWG-FVerl verweist auf IDW S 1 i. d. F. 2008 Tz. 5 und erwähnt den „… Barwert der aus der verlagerten Funktion jeweils zu erwartenden Reingewinne nach Steuern …“; zur Nach-Steuer-Problematik vgl. weiter unten.
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– Die Gewinnpotentialermittlung muss unter Berücksichtigung aller Standortvor- und -nachteile sowie aller einschlägigen Synergie- und Kompensationseffekte erfolgen (vgl. § 3 Abs. 2 FVerlV) – Die periodischen Gewinne sind Reingewinne nach Steuern. Dieses Abstellen der Besteuerung auf eine Gewinngröße nach Steuern ist ein Paradigmenwechsel im Internationalen Steuerrecht. Zudem werden mit dieser Methode standortbezogene Steuervorteilen inklusive (reiner) Steuersatzvorteile im Rahmen von konzerninternen Funktionsverlagerungen besteuert. Anmerkung: Die Tz. 2.1.4.1. VWG-FVerl ist von weitreichenden Begriffsungereimtheiten gekennzeichnet. So werden Berechnungsgrößen wie „Reingewinn“, „Gewinn“, „Finanzielle Überschüsse“, „Nettoeinnahmen“, „Jahresergebnisse“, „Plan-Gewinne“ in einem sachlichen Zusammenhang erwähnt, ohne nur im geringsten deutlich zu machen, welche Berechnungsgrößen für die Investitions- und Gewinnpotentialberechnung relevant sind. Es kommen CashFlow-Größen, IFRS-Größen, HGB-Größen aber auch Größen des nationalen Steuer- und Handelsbilanzrechts ausländischer Staaten (z. B. bei den Berechnungen auf Ebene des aufnehmenden, ausländischen Unternehmens) in Betracht. Aufgrund der signifikanten (Bar-)Wertunterschiede ist eine klarstellende Äußerung der Finanzverwaltung, ja eigentlich des Gesetz- oder Verordnungsgebers dringend angeraten.
– In die Verrechnungspreisbestimmung für das Transferpaket werden über die Gewinnpotentialberechnung auch immaterielle Wirtschaftsgüter oder Vorteile einbezogen, die bei einer Einzelverrechnungspreisbestimmung nicht unmittelbar identifiziert werden können. Diese werden residual – über die Differenz zwischen Transferpaketpreis und Summe der Einzelverrechnungspreise – berechnet und abgegriffen. Dieser Residualwert enthält damit geschäfts- oder firmenwertbildende quantitative Faktoren und kann insofern als geschäftsoder firmenwertähnlicher Funktionswert bezeichnet werden; dessen Berechnung folgt dem Konzept der derivativen Geschäfts- oder Firmenwertberechnung nach § 253 Abs. 3 HGB (nach BilMoG) bzw. § 255 Abs. 4 HGB (vor BilMoG) sowie § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG.13 Das Abstellen auf die funktionsbezogenen Gewinnpotentiale als „sonstige Vorteile“, die ansonsten – ohne die Transferpaketbewertung – nicht unmittelbar identifiziert werden können (vgl. Tz. 2.1.3 VWG_____________ 13 Vgl. nur Frischmuth, Die Konzeption der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach dem UntStRefG 2008, StuB 2007, 386 ff.
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FVerl),14 führt methodisch zu einer umfassenden steuerlichen Erfassung der Verlagerung atomisierter Gewinnpotentiale.15 – Für den Transferpaketpreis als Gesamtpreis für die Funktion gilt, dass er regelmäßig als Mittelwert des Einigungsbereichs aus der Mindestpreisforderung des verlagernden Unternehmens und dem sich für das übernehmenden Unternehmens ergebenden Höchstpreis festgelegt wird, es sei denn, der Steuerpflichtige weist einen anderen niedrigeren, mit höherer Wahrscheinlichkeit eintretenden Transferpaketpreis nach (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 7 und 9 AStG, Mittelwertvermutung). 2. Direkte und indirekte Methode der Transferpaketpreisberechnung Bei der Ermittlung des Transferpaketpreises als dem Wert der Funktion als Ganzes kann von einer Art Methodenwahl gesprochen werden. Die alternativen Berechnungsmethoden sind in Tz. 2.1.4.1 VWG-Fverl als direkte und indirekte Methode erwähnt. Die direkte Methode ordnet der Funktion – soweit praktisch möglich – isoliert und direkt die Reingewinne nach Steuern jeweils für das verlagernde und das übernehmenden Unternehmen zu. Alternativ können die funktionsbezogenen Gewinnpotentiale auch indirekt berechnet werden, indem in einer Differenzrechnung für das verlagernde und das übernehmende Unternehmen jeweils die Gewinnpotentiale vor und nach der Funktionsverlagerung berechnet werden (Vorher-Nachher-Betrachtung). Diese funktionsbezogenen Gewinnpotentiale bzw. Gewinnpotentialdifferenzen bestimmen damit indirekt den geschäfts- oder firmenwertähnlichen Funktionswert. Die Konzeption der indirekten Methode (vgl. auch Tz. 2.1.4.1 VWG-FVerl) verdeutlichen die folgenden Berechnungsschemata nochmals.
_____________ 14 Vgl. nur Tz. 2.1.3 oder TZ. 2.15 VWG-FVerl. 15 Insofern wäre die Besteuerung von Gewinnpotentialverlagerungen wohl der bessere Ausdruck dafür, was der deutsche Gesetzgeber mit § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG erreichen will. M. E. ist es nicht erforderlich, dafür das praxisunsichere Vehikel der Funktionsverlagerungsbesteuerung umzusetzen. Es hätte genügt, bestimmte etablierte Verrechnungspreismethoden (z. B. Lizenzmethoden, Verkaufspreisermittlungen bei Teilbetriebsverlagerungen) zu konkretisieren und Gewinnorientierungen oder net-present-value-Kalküle klarstellend einzuführen.
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Verlagerndes Unternehmen Gewinnpotential vor Funktionsverlagerung (regelmäßig höher) ./. Gewinnpotential nach Funktionsverlagerung (regelmäßiger niedriger) = Verlagertes Gewinnpotential durch Funktionsverlagerung (Funktionswert I)
Übernehmendes Unternehmen Gewinnpotential nach Funktionsverlagerung (regelmäßig höher) ./. Gewinnpotential vor Funktionsverlagerung (regelmäßiger niedriger) = Zusätzliches Gewinnpotential durch Funktionsübernahme (Funktionswert II)
Aus Sicht der Unternehmenspraxis ist die indirekte Methode die praktikablere und zutreffende Berechnungsmethodik insbesondere für die Fälle des Austauschs von Funktionen im Konzern. Dafür sprechen die folgenden Gründe: – Die direkt-funktionsbezogene Ertragswertberechnungen lassen sich für weitreichend atomisierte Funktionen nur schwer durchführen. Eine direkte, atomisierte Gewinnpotentialzuordnung stößt auf praktische Grenzen.16 – Synergieeffekte, Kompensations- oder Substitutionseffekte oder sonstige Vorteile aus einer Funktionsverlagerung oder aus einem Funktionstausch für die beteiligten Unternehmen können regelmäßig nur auf Unternehmensebene berechnet werden; nur auf dieser Ebene werden sie generiert. Aus diesem Grund ist die unternehmensbezogene, indirekte Methode die zutreffende. – Handlungsalternativen, die nach § 3 Abs. 2 FVerlV im Funktionsverlagerungskalkül zu berücksichtigen sind, sind stets und unstrittig unternehmensbezogene Handlungsalternativen. Dies erfordert wiederum ein unternehmensbezogenes Ermittlungsverfahren, wie es nur die indirekte Methode ist. – Auch der Gesetz- oder Verordnungsgeber stellt explizit und konzeptionell auf indirekte, unternehmensbezogene Methode ab. So gibt § 3 Abs. 2 FVerlV implizit eine Vorher-Nachher-Betrachtung vor, und _____________ 16 Allerdings ist dann vom Tatbestandsmerkmal bzw. vom Funktionsbegriff her zu fragen, ob es sich unter diesen Berechnungsumständen überhaupt um eine Funktion als „organischer Teil eines Unternehmens“ mit abgegrenzter Aufwands- und Ertragsrechnung handeln kann (§ 1 Abs. 1 FVerlV).
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der unternehmensbezogene „Verzicht von Gewinnpotentialen“ kommt in § 1 Abs. 4 FVerlV zum Ausdruck. Sofern man die Transferpaketbewertung überhaupt zur Anwendung bringt, ist nach vorstehenden Ausführungen die indirekte Methode die sachlich zutreffende Methode. Das gilt umso mehr, wie es zum Austausch von Funktionen verbunden mit Austausch-, Kompensationsund Substitutionseffekten auf Unternehmensebene kommt. Anmerkung: Es ist zudem nicht korrekt, dass die Ergebnisse der direkten und indirekten Berechnung identisch sind, wie dies Tz. 2.1.4.1 VWG-FVerl suggeriert.17 Selbst wenn man sich als Steuerpflichtiger oder als Finanzverwaltung für die Anwendung der direkten Methode entscheidet, z. B. weil man sie für geeigneter hält, muss – durch welche Berechnungen auch immer – sichergestellt sein, dass unternehmensbezogene Synergie- und andere Standorteffekte oder auch unternehmensbezogene Handlungsalternativeneffekte in die funktionsbezogenen, direkten Berechnungen Eingang finden.
3. Übertragungs- vs. Überlassungsfall a) Überblick Für den weiteren Verlauf der Analyse ist wichtig festzuhalten, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach § 1 Abs. 3 AStG zwischen dem Übertragungs- und dem Überlassungsfall unterscheidet. Auch die Unternehmenspraxis differenziert diese Fälle notwendigerweise, um den unterschiedlichen rechtlichen Positionen insbesondere bei den immateriellen Wirtschaftsgütern Rechnung zu tragen. Insofern stehen sich das gesetzlich Geregelte und die Unternehmenspraxis gegenüber. Dieses Gegenüberstehen legt jedoch Probleme offen, die dadurch bedingt sind, dass der Gesetzgeber den Übertragungs- und den Überlassungsfall unsachgemäß vermengt. Diese Vermengung vollzieht sich auf zwei Ebenen und ist für die Verrechnungspreismethodenwahl beim Austausch von Funktionen im Konzern eine wichtige Rahmenbedingung. b) Tatbestandsebene Die Vorschriften der Funktionsverlagerungsbesteuerung sind bei der Verlagerung von Funktionen einschließlich der dazugehörigen Chancen _____________ 17 Vgl. hierzu die Vorstellung der Berechnungsmethoden für den Funktionstausch ab Abschnitt D.
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und Risiken sowie der mitübertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile (vgl. hierzu § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG) anzuwenden. Damit werden sowohl Übertragungs- als auch Überlassungsvorgänge als Verlagerung der Funktion als Ganzes qualifiziert und der Transferpaketbewertung zugeführt. Ungeachtet dessen, dass die Rechtspositionen bei den immateriellen Wirtschaftsgütern diametral unterschiedlich sind und die verlagerten und übernommen Funktionen und Risiken der beteiligten Unternehmen nach einem Übertragungs- oder Überlassungsfall signifikant abweichen, wird der Transferpaketwert für beide Arten der Funktionsübertragung identisch berechnet. Die Berechnungsfolgen lassen sich demnach wie folgt den unterschiedlichen Funktionsverlagerungsarten zuordnen. (1) Funktionsverlagerung mit endgültiger rechtlicher und wirtschaftlicher Übertragung der funktionsbezogenen immateriellen Wirtschaftsgüter ⇒ Verrechnungspreis für Funktionswert: Einmalzahlung im Verlagerungszeitpunkt ⇒ Bewertungsmethodik: Transferpaketwert für Funktion aus Basis Ertragswertberechnung inklusive geschäfts- oder firmenwertähnliche Faktoren (2) Funktionsverlagerung mit nur temporärer Überlassung funktionsbezogenen immateriellen Wirtschaftsgüter ⇒ Verrechnungspreis für Funktionswert: Nutzungsentgelt im relevanten Zeitraum (Lizenzfall) ⇒ Bewertungsmethodik: (stereotyp gleich, d. h.) identisch wie nach (1) oben Dieses Ergebnis – insbesondere zur Bewertungsmethodik in beiden Fällen – ist abzulehnen, weil im Fall (2) keine geschäfts- oder firmenwertähnlichen Faktoren einschlägig sind, d. h. übergehen (vgl. näher folgend Punkt c)). Die gewinnpotentialorientierte, residuale Transferpaketberechnung ist in diesem Fall nicht zulässig. Dem pflichtet das Konzept der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG jedoch nicht bei. Diese Vermengung oder stereotype Gleichbehandlung bekommt weiteren Nährboden durch § 4 Abs. 2 FVerlV. Hiernach ist in Zweifelsfällen beim „Übergang“ von immateriellen Wirtschaftsgütern auf Antrag des Steuerpflichtigen von einer Nutzungsüberlassung auszugehen. Dies erweckt den Anschein, dass Übertragungs- und Überlassungsfall nahezu 92
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beliebig – oder einfach durch Antrag – austauschbar seien. Das ist mit Nichten der Fall, denn eine Übertragung kann nur durch einen rechtlich wirksamen Übertragungsakt (z. B. Verkauf) vollzogen werden, der wiederum den Überlassungsfall ausschließt, denn auch letzterer bedarf eines zivilrechtlich wirksamen, aber keinesfalls inhaltsgleichen Vertrags (z. B. Lizenzvertrags). c) Rechtsfolgenebene In § 9 FVerlV hingegen wird die Nutzungsüberlassung bzw. Lizenzvereinbarung auf der Rechtsfolgenebene aufgegriffen. Diese Vorschrift definiert Lizenzvereinbarungen als Preisanpassungsregelungen i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG. Allerdings sind Lizenzvereinbarungen keine Preisanpassungsregelungen, sondern eine Preisvereinbarung zur Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern. Vielmehr unterliegen auch Lizenzvereinbarungen als Preisvereinbarung Anpassungsregelungen, indem beispielsweise vertragliche Vereinbarungen getroffen werden, nach denen Lizenzsätze in % vom Umsatz angepasst werden, wenn sich wesentliche Geschäftsgrundlagen (z. B. Umsatzentwicklung) ändern. Für den Fall einer Funktionsverlagerung, bei der es – wie z. B. bei einer Teilgeschäftsveräußerung – zu einer Übertragung (einer Veräußerung) von immateriellen und sonstigen Vorteilen kommt, ist auf der Grundlage einer rechtswirksamen Übertragungsvereinbarung ein Übertragungspreis zu zahlen. Für eine Überlassungsvergütung, also eine Lizenzzahlung, ist hier unstrittig kein Platz.18 Preisanpassungsregelungen im Veräußerungsfall können nur Kaufpreisanpassungen bei Eintritt bestimmter Bedingungen (z. B. Überschreiten einer bestimmten Gewinnzone, Earn-out-Klauseln usw.) sein. Das Vorliegen eines Übertragungsfalls schließt eine Lizenzvereinbarung als geeignete Preisanpassungsregelung definitionsgemäß aus. Es zeigt sich hier – wie auch schon auf Tatbestandsebene –, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber den Übertragungsfall (Verkaufsfall) und den Überlassungsfall (Lizenzfall) sowohl auf der Tatbestands-, der Sachverhalts- als auch Rechtsfolgenebene nicht sachgerecht unterscheidet, sondern in eine nicht praxisgerechte Gemengelage manövriert. _____________ 18 Möglich ist hingegen eine Ratenzahlung unter Berücksichtigung von Zins- und Zinseszinseffekten. Diese Zahlungsmodalität als Finanzierungsvariante hat hingegen nichts mit einer Lizenzvereinbarung zu tun, die rechtliche Position und die Funktionen und Risiken der beteiligten Unternehmen vollkommen unterschiedlich regelt als im Übertragungs- bzw. Veräußerungsfall.
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d) Verrechnungspreisbildung im Überlassungsfall (Lizenzfall) Daneben ist eine vollkommen andere, aber essentielle Frage, wie die Verrechnungspreisbildung im Überlassungsfall (Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen) zu erfolgen hat. Die Lizenzsatzermittlung bei einer Nutzungsüberlassung kann m. E. niemals eine Transferpaketbewertung nach der Konzeption der Funktionsverlagerungsbesteuerung sein, auch wenn der Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG Gegenteiliges enthält. Bei der Nutzungsüberlassung werden keine geschäfts- und firmenwertbildenden Faktoren oder sonstigen Vorteile analog einer Geschäftsveräußerung übertragen. Der Lizenznehmer nimmt seine Funktion neu auf und übt diese im relevanten Nutzungsüberlassungszeitraum aus (Funktionsausübung). Der Lizenzgeber berechtigt ihn – als Funktionsberechtigter – dazu und überlässt ihm das Recht zur Funktionsausübung. Es geht insoweit nicht um den Preis für die Übertragung eines organischen Teils eines Unternehmens oder eines Teilbetriebs; es geht allein um die Angemessenheit des Entgelts für die Nutzungsüberlassung, also die Angemessenheit des Lizenzsatzes. Und die Angemessenheitsprüfung von Lizenzsätzen greift im internationalen Umfeld auf etablierte und konventionelle Verrechnungspreismethoden zurück, die gewinn- oder nutzenorientiert sind, aber keineswegs geschäfts- oder firmenwertbildende Faktoren aus Transferpaketansätzen vergüten. Es handelt sich um Einzelverrechnungspreismethoden, wozu die Methoden nach der Knoppe-Formel und der 25 %-Goldscheider-Rule19 zählen. Diese Einzelverrechnungspreismethoden sind neben der in § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG vorgeschriebenen Transferpaketbewertung die alternativen Verrechnungspreismethoden beim Austausch von Funktionen im Konzern; wie später zu zeigen sein wird. Das gilt umso mehr, wie in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. die Einzelverrechnungspreisbestimmung für genau bezeichnete immaterielle Wirtschaftsgüter, also individuelle Überlassungsentgelte, zulässig sind (vgl. zu alledem Abschnitt C. IV. 2.). 4. Weitere Dimensionen der Funktionsverlagerungsbesteuerung Die vorstehend erläuterten Methoden sind in alle Verlagerungsrichtungen anzuwenden und gelten demzufolge sowohl für Outbound- als auch für Inboundfälle. Selbstredend ist die Funktionsverlagerungsbesteuerung _____________ 19 Vgl. Vögele/Borstell/Engler, Handbuch der Verrechnungspreise, 2. Aufl., München 2004, 854; zur Goldscheider-Rule Smith/Parr, Intellectual Property – Valuation, Exploitation, and Infringement Damages, New Jersey 2005.
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nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG auf die Verlagerung von Gewinnpotentialen ausgerichtet, die sich von Deutschland ins Ausland, also Outbound,20 vollziehen. Denn mit der Funktionsverlagerungsbesteuerung soll verhindert werden, dass Gewinne, die aus in Deutschland entwickelten immateriellen Wirtschaftsgütern resultieren, ins Ausland verlagert werden.21 Daneben gibt es jedoch in einem international tätigen Konzern bei unternehmensinternen Funktionsänderungen auch Inbound-Fälle, in denen Funktionen, die bisher im Ausland ausgeübt werden, ins Inland, also nach Deutschland, verlagert werden. Grundsätzlich vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass beide Verlagerungsrichtungen – In- und Outbound – gleich behandelt werden.22 Allerdings geht diese Gleichbehandlung auf deutscher Seite nicht notwendigerweise mit einer analogen steuerlichen Behandlung von Funktionsverlagerungssachverhalten durch ausländische Steuerverwaltungen einher. Die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung in der Konzeption des § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG ist kein international harmonisiertes Besteuerungsregime, das alle steuerlichen Folgen in In- und Outboundfällen grenzüberschreitend einer Lösung zuführt.23 Das ist kritisch, denn der Austausch von Funktionen im international tätigen Konzern betrifft eine Vielzahl von beteiligten Unternehmen und Staaten und umfasst regelmäßig mindestens einen Outbound- und Inboundfall. Daraus folgt, dass die Vielzahl der möglichen Austauschrichtungen verbunden mit der Vielzahl beteiligter Unternehmen und nationalen Besteuerungsregime die Komplexität der Anwendung der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung in Fällen des Austauschs von Funktionen im Konzern signifikant erhöht. Diese Komplexität wird nochmals erhöht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Austauschrichtungen und ausgetauschten Funktionen jeweils Funktionen mit Gewinn- oder Verlustpotentialen betreffen können. Auch in dieser Hinsicht können unterschiedliche Austausch_____________ 20 Vgl. in diesem Zusammenhang nochmals die Definition des Funktionstauschs in Abschnitt B. 1. 21 Vgl. dazu ausführlicher Frischmuth, Die Konzeption der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach dem UntStRefG 2008, StuB 2007, 386 ff. 22 Vgl. nur Tz. 1.2.3, Tz. 3.5 VWG-FVerl. 23 Dafür sprechen schon allein die divergierende steuerliche Behandlung von geschäftsund firmenwertbildenden Faktoren im internationalen Vergleich sowie die allgemein vorherrschende Dominanz des Einzelverrechnungspreisansatzes im internationalen Vergleich. Vgl. hierzu auch Haas, in Spindler, Tipke, Rödder (Hrsg.), Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Schaumburg, Köln 2009, 715 ff.
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varianten (z. B. Verlustfunktion wird in Gewinnfunktion ausgetauscht etc.) beim Funktionstausch im Konzern einschlägig sein. Diese Gewinn- und Verlustsituationen sachgerecht zu berücksichtigen, ist bereits bei einfachen Funktionsverlagerungen eine anspruchsvolle Aufgabe, denn es werden Problemfelder transparent, die Sonderlösungen, wie z. B. Ausgleichszahlungen, erfordern. Dies zeigen auch die Tz. 2.7.2 und Tz. 2.7.3 VWG-FVerl. Die Interessenlagen der deutschen Finanzverfaltung sind selbstverständlich je nach Ertragspotential der Funktion in In- und Outboundfällen unterschiedlich. Die folgende Abbildung 6 fasst die praxisrelevante Reichweite des Funktionstauschs im Konzern zusammen. Es zeigen sich diverse mögliche Fallkonstellationen, ohne dass bereits berücksichtigt ist, wie viele Konzernunternehmen und Staaten beim jeweils einschlägigen Funktionsaustausch beteiligt sind. Funktionsverlagerungen im Konzern
von Deutschland ins Ausland (Outbound)
vom Ausland nach Deutschland (Inbound)
vom Ausland ins Ausland Gewinnpotenziale
Gewinnpotenziale
Verlustpotenziale
Verlustpotenziale
Abb. 6: Fallkonstellationen konzerninterner Funktionsverlagerungen
5. Zwischenergebnis Die vorstehenden, zwar grundlegenden, aber für den weiteren Verlauf der Untersuchung sehr wichtigen Ausführungen zeigen, dass ausgehend vom Funktionsbegriff über die alternativen Berechnungsmethoden bis hin zu den möglichen Fall- und Ergebniskonstellationen in unterschiedliche Verlagerungsrichtungen viele Problemfelder bei der Funktionsverlagerungsbesteuerung entstehen. Diese Qualifizierungs-, Definitions-, Bewertungs- und Komplexitätsprobleme führen auch dazu, dass sich die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung nur sehr schwer in der 96
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internationale Unternehmenspraxis umsetzen lässt und einen erheblichen konzerninternen Verwaltungs- und Analyseaufwand auslöst. Diese Erkenntnisse lösen den Komplexitätsgrad des hier zu besprechenden Themas aus, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Funktionstausch regelmäßig mindestens zwei Verlagerungsrichtungen, mindestens zwei beteiligte Unternehmen und mindestens zwei beteiligte Staaten impliziert,24 wobei regelmäßig austauschbedingte Substitutions- oder Kompensationseffekte bei den beteiligten Unternehmen festzustellen sind. Die vorstehend beschriebenen Einzelprobleme entstehen hier für jede beteiligte bzw. ausgetauschte, verlagerte oder aufgenommene Funktion, die am konzerninternen Funktionsaustausch beteiligt ist. Diese vielfältige Einschlägigkeit resultiert wiederum aus der Atomisierung von Funktionen innerhalb eines international tätigen Konzerns. So kommt es innerhalb eines international tätigen Konzerns häufig zu einem „Hin und Her“ von atomisierten Funktionen. Dies wiederum löst die potentielle Pflicht zu Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG aus. Ob und inwieweit der dort geregelte Transferpaketansatz beim Funktionstausch im Konzern der richtige Verrechnungspreisansatz ist, wird in Abschnitt D zu prüfen sein, denn dem Transferpaketansatz können folgende alternative Verrechnungspreismethoden beim Austausch von Funktionen im Konzern gegenüberstellt werden.
IV. Alternative Verrechnungspreismethoden beim Funktionstausch im Konzern 1. Überblick Für den Austausch von Funktionen im Konzern kommen neben dem bisher ausführlicher besprochenen Transferpaketansatz nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG zwei weitere Methoden in Betracht. Zum einen die Sonderregelung des Substitutionsfalls nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl, die dem Gedanken des Funktionsaustauschs im Konzern in gewissem Maße Rechnung trägt. Zum anderen Einzelverrechnungspreismethoden, wie sie in der neuen Escape-Klausel des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. angedeutet sind. Letztere sind grundsätzlich dazu geeignet, der Komplexität des Funktionsaustauschs und dem Erfordernis der internationalen Akzeptanz der Verrechnungspreisbildung in Fällen des Funktionstauschs _____________ 24 Vgl. nochmals die in Abschnitt B vorgestellten Varianten des Funktionstauschs.
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Rechnung zu tragen und berücksichtigen dabei in ihrer Ausgestaltung auch eine Gewinn- und Nutzenorientierung, die wohl auch im (fiskalischen) Interesse der deutschen Finanzverwaltung sein dürfte. 2. Sonderregelung des Substitutionsfalls gem. Tz. 2.7.1 VWG-FVerl Die Sonderregelung des Substitutionsfalls nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl ist konzeptionell der Transferpaketbewertung zuzuordnen. Entgegen der allgemein gültigen Methodik wird bei der Transferpaketpreisermittlung im Substitutionsfall auf der Ebene des abgebenden und verlagernden Unternehmens ein Mindestpreis von Null fixiert. Dieser Mindestpreis von Null ist zulässig, sofern die Voraussetzungen des in Tz. 2.7.1 VWGFVerl definierten Substitutionsfalls vorliegen. Der Mindestpreis von Null impliziert, dass auf Ebene des verlagernden Unternehmens Substitutions- oder Kompensationseffekte entstehen, die das verlagernde Unternehmen veranlassen, einen Mindestpreis von lediglich Null zu verlangen. Hier liegt ein Austauschgedanke zugrunde, nach dem es zum verrechnungspreisrelevanten Austausch von Gewinnpotentialen auf Ebene des substituierenden Unternehmens kommt. Insoweit nehmen Faktoren auf Unternehmensebene (z. B. Substitutionseffekte) und Handlungsalternativen (z. B. Nichtdurchführung der Substitution) auf den funktionsbezogenen Mindestpreis des verlagernden, substituierenden Unternehmens Einfluss. Der Einigungsbereich nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG wird auf die niedrigere Untergrenze, den Mindestpreis von Null, verschoben. Dadurch verringern sich c. p. auch der Mittelwert des Einigungsbereichs und der relevante funktionsbezogene Transferpaketpreis der substituierten Funktion. Dieser niedrigere Transferpaketpreis, der für die Funktionsverlagerung zu verrechnen ist, trägt dem Umstand Rechnung, dass das verlagernde Unternehmen in einer Gesamtsicht – Substitution von Funktionen – positive, verrechnungspreisrelevante Effekte erzielt (vgl. hierzu das zusammenfassende Beispiel im folgenden Abschnitt C. IV. 3.). Die Anwendung des Substitutionsfalls nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl bedingt allerdings die Erfüllung der folgenden Voraussetzungen (Auszug): – Ein technisch oder wirtschaftlich veraltetes Produkt (atomisierte, produktgenerationenbezogene Funktion 1) wird durch ein Nachfolgeprodukt (atomisierte, produktgenerationenbezogene Funktion 2) ersetzt; – Die Funktionsausübung (tätigkeitsbezogen) für das direkte Nachfolgeprodukt führt zu einer höheren Gewinnerwartung und wird un98
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mittelbar im Zusammenhang mit der Funktionsverlagerung (des Vorgängerprodukts) aufgenommen; – Die für die verlagerte Funktionsausübung notwendigen immateriellen Wirtschaftsgüter werden lizenziert (Überlassungsfall); – Das Vorgängerprodukt kann auf den bisher hauptsächlich belieferten Märkten nicht mehr abgesetzt werden, weil es veraltet ist. Diese Voraussetzungen für die Anwendung des Substitutionsfalls sind sehr restriktiv und einnahmenorientiert, was zur Folge hat, dass die betriebswirtschaftlich zutreffenden Substitutionseffekte nur für eine sehr begrenzte Anzahl von Substitutions- und damit Austauschsachverhalten zur Anwendung kommen kann. 3. Die neue Escape-Klausel – Einzelverrechnungspreise Mit Art. 11 des EUStVUG25 ist in Satz 10 des § 1 Abs. 3 AStG eine neue Escape-Klausel eingeführt worden, nach der unter bestimmten Bedingungen Einzelverrechnungspreise für immaterielle Wirtschaftsgüter als Bestandteile des Transferpakets verrechnet werden können. Maßgeblich sind für diesen Fall die Einzelverrechnungspreise und nicht der Transferpaketwert inklusive aller residual berechneten Funktionswertgrößen. Mit Wirkung vom 1.1.2008 gilt folgende weitere Escape-Klausel. „… macht der Steuerpflichtige glaubhaft, dass zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist, und bezeichnet er es genau, sind Einzelverrechnungspreise für die Bestandteile des Transferpakets anzuerkennen …“
Diese Escape-Klausel stellt m. E. den Versuch dar, der fehlenden Praktikabilität und der internationalen Untauglichkeit der Transferpaketvorschriften entgegenzuwirken, weist aber handwerkliche Fehler sowie Rechtsunsicherheiten auf.26 Ungeachtet dieser praktischen Probleme der neuen Escape-Klausel des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F., die hier nicht ausführlicher besprochen werden können, wird im weiteren Verlauf der Untersuchung für die vorgestellten Fälle des Funktionstausches _____________ 25 Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (EUStVUG) vom 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386. 26 Vgl. hierzu die Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BT-Drucks. 17/506; Vorschlag der Fraktionen CDU/ CSU und FDP zur Änderung der Funktionsverlagerungsbesteuerung vom 8.2.2010. Vgl. hierzu auch ausführlich Kroppen/Rasch, Funktionsverlagerung – nächster Akt, IWB 2010, 316 ff.
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unterstellt, dass lizenzierungsfähige Produktions- und Vertriebsrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter vorliegen. Diese können genau bezeichnet und der jeweils betrachteten Funktion zugeordnet werden können. Demzufolge sind diese immateriellen Wirtschaftsgüter einer Einzelverrechnungspreisbestimmung zugänglich, d. h. für die Überlassung dieser immateriellen Wirtschaftsgüter kann ein angemessenes Entgelt ermittelt werden. Mit Blick auf die Ermittlung des Überlassungsentgelts in Form eines Lizenzsatzes in Prozent vom Umsatz wird die Auffassung vertreten, dass diese auf der Grundlage gängiger, konventioneller und gewinnorientierter Lizenzmethoden, namentlich der Knoppe-Formel oder 25 %-Goldscheider-Rule,27 angemessen bestimmt werden können. M. E. lässt die dritte Escape-Klausel in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. derartige Überlassungs- bzw. Lizenzentgelte als Einzelverrechnungspreise für immaterielle Wirtschaftsgüter zu, auch wenn noch Auslegungs- und Anwenderunsicherheiten im Konkreten bestehen.28 Insoweit ist die Neufassung der Escape-Klausel ein Regelungsfortschritt im Sinne der deutschen Unternehmenspraxis, denn Überlassungs- bzw. Lizenzentgelte sind im Rahmen der konzerninternen Überlassung von Eigenproduktion gängige Praxis bei international tätigen Unternehmen. Diese Verrechnungspreismethodik stößt regelmäßig nicht auf Widerstand bei ausländischen Steuerverwaltungen, denn sie sind international üblich und in den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Letzteres gilt für Funktionsverlagerungen in keinem Fall. 4. Ein zusammenfassendes Beispiel – Transferpaketansatz versus Einzelverrechnungspreise Die Besprechung der alternativen Verrechnungspreismethoden beim Funktionstausch abschließend ist auf das Verhältnis zwischen den hier besprochenen Einzelverrechnungspreismethoden (Lizenzmethoden) und der Sonderregelung für den Substitutionsfall nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl hinzuweisen. Hier zeigt sich, dass die Gewinnorientierung bei Überlassungsentgelten regelmäßig zu einem Verrechnungsvolumen führt, das innerhalb des substitutionsfallbezogenen Einigungsbereichs nach dem Transferpaketansatz, nämlich zwischen Null und dem Höchstpreis des _____________ 27 Vgl. nur Smith/Parr, Intellectual Property – Valuation, Exploitation, and Infringement Damages, New Jersey 2005. 28 Dazu umfassend und zutreffend Kroppen/Rasch, Funktionsverlagerung – nächster Akt, IWB 2010, 316 ff.
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aufnehmenden Unternehmens, liegt. Das bedeutet, dass gängige und international akzeptierte Lizenzermittlungsmethoden für immaterielle Wirtschaftsgüter regelmäßig die „andere“, zweite Escape-Klausel nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG (= Summe der Einzelverrechnungspreise entspricht Transferpaketansatz) erfüllen können und werden. Das folgende Beispiel verdeutlicht diese These schon an dieser Stelle. Beispiel: Die ANLAGEN GmbH ersetzt ein Altprodukt (Eigenproduktion) durch ein Nachfolgeprodukt. Das Neuprodukt führt zu höheren Gewinnpotentialen nach Steuern i. H. v. 100 GE. Im Zusammenhang mit der Verlagerung der Eigenproduktion des Altprodukts auf die ANLAGEN Hungaria kft. werden Maschinen im Wert von 10 GE übertragen. Der der Funktion zugrunde liegende Umsatz ist 1.000 GE. Das Gewinnpotential nach Steuern bei der aufnehmenden ANLAGEN Hungaria kft. beträgt 80 GE (vor Steuern 100 GE). Das mit der Funktion Altprodukt verlagerte Gewinnpotential des verlagernden Unternehmens beträgt 40 GE. Folgende Einigungsbereiche (Mittelwerte) nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG sind einschlägig: – ohne Sonderregelung – mit Sonderregelung Tz. 2.7.1 VWG-FVerl
zw. 40 und 80 GE (Mittelwert 60 GE) zw. 0 und 80 GE (Mittelwert 40 GE)
Es zeigt sich, dass die Summe der Einzelverrechnungspreis der übertragenen Wirtschaftsgüter 10 GE beträgt; dieser Wert liegt bereits innerhalb Sondereinigungsbereich nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl. Unstrittig werden aber auch immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. produktions- und Vertriebsrechte) überlassen. Die ANLAGEN GmbH berechnet die Lizenzhöhe nach der GoldscheiderRule, also 25 % des Gewinns vor Steuern. Dies entspricht 2,5 % des Umsatzes, wobei die ANLAGEN GmbH nachweisen kann, dass dieser Prozentsatz marktüblich ist. Demnach werden zusätzlich 25 GE verrechnet. Ergebnis: Insgesamt werden als Einzelbestandteile des Transferpakets materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter im Wert von 35 GE verrechnet. Dieser Gesamtwert ist wesentlich höher als der Mindestpreis von Null und entspricht annähernd dem Mittelwert des relevanten Einigungsbereichs. Bei einer gewinnorientierten Methodik der Einzelverrechnungspreisbestimmung wird diese immer innerhalb des relevanten Einigungsbereichs mit der Untergrenze von Null sein. Die Einzelverrechnungspreisbestimmung ist zudem der in der Besteuerungspraxis wahrscheinlichste Wert innerhalb des Einigungsbereichs und uneingeschränkt angemessen, weil fremdvergleichskonform.
Die Grundlagen zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen sind nunmehr abschließend dargestellt. Diese Grundlagen und ersten Ergebnisse 101
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
werden nunmehr mit Zahlenbeispielen zu den Arten des Funktionstauschs im Konzern zusammengeführt und weiter konkretisiert.
D. Verrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern I. Überblick Als Bewertungsmethoden kommen – wie schon in vorhergehenden Abschnitt C angedeutet – in Betracht: (1) Direkte, isolierte funktionsbezogene Transferpaketbewertung nach der reinen Lehre, im Folgenden: direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene (2) Indirekte und kombinierte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene, die den Funktionsaustausch sowie Substitutions- und Kompensationseffekte berücksichtigt, im Folgenden: indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene (3) Sonderregelung im Substitutionsfall bzw. Nullansatz nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl; hiernach Nullansatz mit partieller Berücksichtigung von Substitutionseffekten (4) Einzelverrechnungspreisermittlungen nach konventionellen, international anerkannten Verrechnungspreismethoden, im Besonderen gewinnorientierte Lizenzentgeltermittlung analog Knoppe-Formel oder Goldscheider-Rule29 Diese Bewertungsmethoden werden nunmehr auf ihre grundsätzliche Geeignetheit zur Bewertung und Verrechnungspreisbildung beim Austausch von Funktionen im Konzern analysiert. Dabei zeigen sich schon erste Auswirkungen auf die Transferpaketbewertung bei den in Abschnitt B vorgestellten Arten des Funktionstauschs.
II. Grundsätzliche Bewertungsfragen und Bewertungsalternativen 1. Überblick Die Analyse der Bewertungsfragen beim Austausch von Funktionen im Konzern wirft grundsätzliche Fragen auf, die zunächst losgelöst von _____________ 29 Vgl. nur Smith/Parr, Intellectual Property – Valuation, Exploitation, and Infringement Damages, New Jersey 2005; Vögele/Borstell/Engler, Handbuch der Verrechnungspreise, 2. Aufl., München 2004, 854 ff.
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Einzelfragen der Transferpaketbewertung zu beantworten sind. Wie die obigen Fälle verdeutlichen, zeigen sich mit Blick auf die beteiligten Konzernunternehmen unterschiedliche Zusammenspiele und demnach Konsequenzen. So ist in den Fällen regelmäßig die Konzernmutter (hier: die ANLAGEN GmbH) zweifach involviert in dem Sinne, dass es in allen Fällen ein Substitutionsfall zumindest im weitesten Sinne einschlägig ist. Die Konzernmutter tauscht eine Funktion gegen eine andere aus, wobei dieser Austausch entweder tätigkeitsintern oder tätigkeitsextern durchgeführt wird. Daraus folgt, dass die Konzernmutter in allen Fällen mit zwei Funktionsverlagerungen i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG konfrontiert wird, während die anderen beteiligten Konzerngesellschaften (ANLAGEN Hungaria Kft. und ANLAGEN Slovakia sro) nur eindimensional an einer Funktionsverlagerung beteiligt sein können. Dies vorausgesetzt, zeigt sich eine weitreichende Komplexität der Funktionsverlagerungsbesteuerung im Fall des Funktionstauschs im Konzern. Unklar sind dabei vor allem folgende Aspekte: – Wie berechnen sich die Transferpaketwerte und damit die Funktionswerte der einzelnen Funktionen auf Ebene der beteiligten Einzelunternehmen? – Ist auf die einzelne Funktion oder eine aggregierte Betrachtung abzustellen, die den gesamthaften Funktionstausch betrachtet? – Welche Methode der Transferpaketbewertung – direkte oder indirekte – ist die sachlich angebrachte, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die direkte Methode allein auf die Funktion abstellt, während die indirekte Methode die Gewinnsituation vor und nach der Verlagerung berücksichtigt? – Welche Verrechnungsfolgen und Angemessenheitsprobleme ergeben sich aus einer „konsolidierten Betrachtung“ für die Verrechnungspreise bzw. die Transferpaketpreise für die Einzelverlagerungen in Richtung der beteiligten Unternehmen und somit Staaten? – Auf welche Weise finden bei Anwendung der indirekten Methode alle Funktionsverlagerungen gesamthaft und konsolidiert bei der mehrdimensional beteiligten Muttergesellschaft in die Berechnungen Eingang? – Wie werden die Austausch- und Substitutionseffekte bei einer kombinierten Betrachtung des Funktionstauschs auf die Funktionsverlagerungen respektive die Einzelverrechnungspreisbestimmungen in Richtung diverser Unternehmen und Staaten aufgeteilt?
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
– Wie wird sicher gestellt bzw. welche Rechtsgrundlagen in den beteiligten Ländern gewährleisten die steuerrechtliche Umsetzung derart komplexer Verrechnungspreismechanismen in den einzelnen beteiligten Staaten? Dieser Frage- und demnach Problemkatalog ist nicht erschöpfend und verdeutlicht die (grundsätzlich bestehenden) Unklarheiten und Unsicherheiten der Funktionsverlagerungsbesteuerung (z. B. Funktionsbegriff, Funktionsatomisierung, Gewinnpotentialberechnung, 4-maliges Ertragswertverfahren usw.) nochmals nachdrücklich für den Austausch von Funktionen im Konzern. Ob und inwieweit die oben vorgestellten alternativen Berechnungsmethoden geeignet sind, vor dem Hintergrund vorstehender Fragen sachgemäße Verrechnungspreise in Fällen des Austauschs von Funktionen im Konzern zu ermitteln, wird nunmehr analysiert. Dabei werden in einem ersten Schritt die Transferpaketbewertungsmethoden an sich, d. h. die Methoden (1) bis (3), der alternativen Einzelverrechnungspreisbestimmung gegenübergestellt. Anschließend erfolgt die Übertragung dieser ersten Ergebnisse auf die Tauschfälle wie in Abschnitt B. II. vorgestellt. 2. Transferpaketbewertung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene Die Investitionsrechnung kann zunächst direkt für die Funktion jeweils auf Ebene des verlagernden und übernehmenden Unternehmens berechnet werden (isoliert-direkte Funktionswertermittlung).30 Dies ist allerdings nur möglich, wenn die Reingewinne nach Steuern der Funktion direkt aus der funktionsbezogenen Ertragswertrechnung ermittelt werden können. Beispiel: Die deutsche ANLAGEN GmbH (Muttergesellschaft) produziert und vertreibt das Produkt ALT (Funktion „Eigenproduktion Produkt ALT“). Die
_____________ 30 Hier zeigen sich Analogien zur direkten Cash-Flow-Ermittlung z. B. im Zusammenhang mit Kapitalflussrechnungen verglichen mit der indirekten Berechnung durch Ableitung aus anderen (Gewinn-)Größen.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Produktlebensdauer ist 5 Jahre. Die Gewinnpotentiale werden trotz der Auslegungsunsicherheiten auf Basis der Cashflows nach Steuern31 berechnet.32 Es ergeben sich folgende wichtige Berechnungsgrößen für die verlagernde ANLAGEN GmbH, die annahmegemäß direkt für die Funktion aus einer funktionsbezogenen Investitionsrechnung ermittelt werden können. Der relevante Steuersatz für die deutsche ANLAGEN GmbH ist 30 %. Gewinnpotential vor Steuern Gewinnpotential nach Steuern (vereinfacht) Volumen des verlagerten Umsatzes
2.000 TEUR 1.400 TEUR 20.000 TEUR
Die funktionsbezogenen Wirtschaftsgüter, Dienstleistungen und sonstigen Vorteile haben folgende Einzelverrechnungspreise: Maschinen (Marktpreis gem. Gutachten) Dienstleistungen (Cost-Plus-Methode) Gewöhnliche, marktübliche Lizenz vom Umsatz
400 TEUR 200 TEUR 3–3,5 %
Lösung: Der direkt berechnete Transferpaketpreis für die Funktion als Ganzes beträgt auf Ebene der ANLAGEN GmbH 2.000 TEUR vor und 1.400 TEUR nach Steuern.
b) Indirekte Transferpaketermittlung auf Unternehmensebene Der Transferpaketwert kann auch indirekt ermittelt werden, indem mittels Ertragswertberechnungen die Veränderungen durch die Funktionsverlagerung berechnet werden. Es handelt sich insoweit um einen Vorher-Nachher-Vergleich, bei welchem die Barwerte der Gewinnpotentiale vor und nach Funktionsverlagerung jeweils für das verlagernde und das übernehmende Unternehmen berechnet werden. Das folgende Beispiel verdeutlicht die indirekte Methode. Beispiel: Für die Produktion und den Vertrieb (Funktion Eigenproduktion) des Produkts ALT gilt das vorstehend Gesagte. Allerdings wird an dieser Stelle die oben dargestellte Funktion auf Ebene der ANLAGEN GmbH durch eine andere (tätigkeitsgleiche) Funktion substituiert. Die ANLAGEN GmbH tauscht die Produktion und den Vertrieb von Produkt ALT in die Eigenproduktion Produkt NEU. Auch dieses Produkt NEU zeigt aufgrund der Innovationsdynamik in der Branche eine Produktlebenszeit von 5 Jahren.
_____________ 31 Diese stellen insofern die „Reingewinne nach Steuern“ i. S. d. § 1Abs. 4 FVerlV dar. 32 Dynamische Zins- und Zinseszinseffekte sind aus didaktischen Gründen, z. B. zur unmittelbaren Offenlegung des Nach-Steuer-Effekts, vereinfachend dargestellt.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Es ergeben sich nunmehr folgende wichtigen wirtschaftlichen Größen für die ANLAGEN GmbH und für Produkt NEU. Produktumsatz Gewinnpotential vor Steuern Gewinnpotential nach Steuern (30 % Steuersatz)
30.000 TEUR 3.000 TEUR 2.000 TEUR
Vor diesem Hintergrund sind folgende Bewertungsvorschriften des § 3 FVerlV (Wert des Transferpakets) von Bedeutung: – Abs. 1: „… muss dieser Wert … aus der Sicht der beteiligten Unternehmen in Übereinstimmung mit den Gewinnen stehen, die zum Zeitpunkt der Verlagerung aus der Ausübung der Funktion erwartet werden können und der Funktion zuzuordnen sind (Gewinnpotentiale) …“ – Abs. 2: „… Die jeweiligen Gewinnpotentiale sind unter Berücksichtigung aller Umstände … vor und nach der Funktionsverlagerung … zu ermitteln und beinhalten auch Standortvorteile oder – nachteile … Für die Berechnung der jeweiligen Gewinnpotentiale … sind die … entsprechenden Gewinnerwartungen der beteiligten Unternehmen … zugrunde zu legen.“ Diese Rechtsvorschriften beschreiben m. E. die indirekte Methode, indem auf die Umstände und Gewinnpotentiale respektive entsprechenden Gewinnerwartungen der beteiligten Unternehmen vor und nach der Funktionsverlagerung abgestellt wird. Diese indirekte Vorgehensweise erlaubt es auch, Synergie- und Standortvorteile sachgerecht abzugreifen und zu berücksichtigen, weil diese über die Vorher-Nachher-Betrachtung indirekt in den Funktionswert Eingang finden. Gleichzeitig werden auch alle Aspekte auf Unternehmensebene abgegriffen wie z. B. Substitutionseffekte, Opportunitätsüberlegungen, strategische Einflüsse, die einer Funktion für sich genommen regelmäßig nicht zugeordnet werden können. Das zeigt sich in diesem Beispiel im Vergleich der direkten Methode (s. oben) mit der indirekten Methode, die nunmehr fortgeführt wird. Beispiel (Fortsetzung): Wird nunmehr die Funktion Eigenproduktion Produkt ALT durch die Funktion Eigenproduktion Produkt NEU ersetzt (Substitutionsfall, vgl. Zf. 2.7.1 FVerlV-VG), ist dieser Umstand und der Substitutionseffekte bei der Funktionsbewertung auch im Sinne von Opportunitätsüberlegungen uneingeschränkt zu berücksichtigen. Es ergeben sich nach der indirekten Methode, die auf die Ebene der beteiligten Unternehmen abstellt und analysiert
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
„was dort gewinnbezogen passiert“, folgende Gewinnpotentiale vor und nach Funktionsverlagerung (hier die Ebene der ANLAGEN GmbH).33 Gewinnpotentialänderung durch Funktionsverlagerung ? vor Steuern
durch Produkt ALT durch Produkt NEU beim beteiligten UN -2.000 TEUR
+3.000 TEUR
nach Steuern
-1.400 TEUR
+2.100 TEUR
Verlagerungseffekt
Verminderung Gewinnpotential
Erhöhung Gewinnpotential
+1.000 TEUR +700 TEUR Total Veränderung Gewinnpotential
Lösung/Ergebnis Die Funktionsverlagerung, die mit einer Substitution verbunden ist, führt zu einer Erhöhung der Gewinnpotentiale des verlagernden Unternehmens, der ANLAGEN GmbH. Insoweit muss die ANLAGEN GmBH daran interessiert sein, dass Produkt ALT aus dem Unternehmen zu verlagern, denn es zeigt sich, dass Gesamtwert für das Unternehmen durch den Funktionsverlagerungsvorgang steigt. Damit wäre der Transferpaketwert eigentlich negativ, d. h. die ANLAGEN GmbH wäre aus Opportunitätsüberlegungen womöglich bereit, eine Ausgleichszahlung an das aufnehmende Unternehmen zu bezahlen.
Vorstehende Ausführungen zeigen schon im Ansatz, dass bereits beim einfachen Austauschfall „Substitution“ ausschließlich die indirekte Methode geeignet ist, alle erforderlichen betriebswirtschaftlichen und gewinnpotentialbezogenen Effekte der beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen (kombiniert-indirekte Funktionswertberechnung). Daraus folgt unmittelbar, dass bei einem Funktionstausch unter Beteiligung mehrerer ausgetauschter Funktionen nur die direkte Methode eine sachgerechte „funktionstauschbezogene Transferpaketbewertung“ sicherstellen kann. Sie ist beim austauschenden Unternehmen (hier: ANLAGEN GmbH) die zutreffende Methodik, sofern man die Transferpaketbewertung an sich nicht hinterfragt. Selbstredend kann man beim Austausch von Funktionen im Konzern ausschließlich beim tauschenden Unternehmen (z. B. der ANLAGEN GmbH) von einer funktionstauschbezogenen Transferpaketbetrachtung ausgehen, während dieser auf Ebene der anderen beteiligten Einzelunternehmen (z. B. im multilateralen Fall) die Einzelbetrachtung gegenüber_____________ 33 So auch Tz. 2.3.2.2 der VWG-FVerl. Vgl. hierzu auch Frischmuth, Lizenzverrechnungen nach dem § 1 Abs. 3 AStG – offene Unterscheidungsfragen, IWB 2009, Gr. 1, Fach 3, 2419 ff.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
steht. Darauf aufbauend ist unklar, wie sich die Verrechnungspreisfindung in Richtung eines anderen, am Funktionstausch beteiligten Unternehmens (= Einzelsachverhalt aus dessen Perspektive) gestaltet, wenn doch auf Ebene des tauschenden Unternehmens (= Tauschsachverhalt aus dessen Perspektive) nicht die Einzelsachverhaltsbetrachtung die sachlich richtige ist. Für die nicht tauschenden Konzernunternehmen bleibt es aus nationaler Sicht bei einer Einzelverrechnungspreisbestimmung; nicht mehr, nicht weniger. c) Sonderregelung (Nullansatz) im Substitutionsfall (Tz. 2.7.1 VWG-FVerl) Ungeachtet dessen lässt Tz. 2.7.1 VWG-FVerl mit seiner Sonderregelung im Substitutionsfall im engeren Sinne eine kombiniert-indirekte Funktionswertberechnung auf Ebene des tauschenden Unternehmens zu, sofern diverse restriktive Bedingungen erfüllt sind. Damit erkannt die Finanzverwaltung die kombiniert-indirekte Transferpaketbewertung grundsätzlich an. Diese Methodik stößt jedoch vielmehr als schon die einfache Funktionsverlagerungsbesteuerung auf Akzeptanzprobleme bei ausländischen Staaten, wenn man sich nur einmal den Substitutionsfall als Inboundfall vergegenwärtigt. Im Ausland sind regelmäßig Einzelverrechnungspreismethoden bekannt, insbesondere auch dann, wenn mehrere ausländische Unternehmen (hier: ANLAGEN Hungaria kft und ANLAGEN Slovakia sro) am Funktionstausch im Konzern beteiligt sind. M. E. kann die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung mit dem strikten Transferpaketansatz diese sich gegenüberstehenden Sachverhalte im internationalen Umfeld praktisch und methodisch nicht oder kaum lösen. Hierbei unterstützt auf der Unterfall des gesondert geregelten Substitutionsfalls nicht, denn er ist gleichfalls eine rein deutsche Sonderlösung. Insofern stellt sich unmittelbar die Frage, ob nicht die international üblichen, gängigen Verrechnungspreismethoden die zutreffenden sind, und ob diese nicht auch in der Lage sind, den Drang der deutschen Finanzverwaltung in Richtung einer Gewinnpotentialbesteuerung zu befriedigen. 3. Die Einzelverrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern Die Anwendung der Einzelverrechnungspreismethoden zielt in den hier besprochenen Fällen (v. a. Verlagerung von Eigenproduktionen) darauf, 108
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
alle ausgetauschten Funktionen auf der Grundlage gängiger Einzelverrechnungspreismethoden (z. B. Standardmethoden) individuell zu bepreisen, ohne Transferpaketkalküle und geschäfts- oder firmenwertbildende Faktoren in die Verrechnungspreisbildung zu integrieren. Dabei kann die Einzelverrechnungspreisbestimmung ohne weiteres betriebswirtschaftliche Kompensations-, Austausch- oder Substitutionseffekte in die jeweiligen Einzelverrechnungspreisbestimmungen einbeziehen (z. B. Ausnutzen der Bandbreite zulässiger Lizenzsätze bei positiven Substitutionseffekten des Lizenzgebers). In den hier besprochenen Fällen treten gewinnorientierte Lizenzmethoden in den Vordergrund, die – im Vergleich zur rein deutschen, problembehafteten Funktionsverlagerungsbesteuerung – folgende Vorteile auf weisen: 1. Die Einzelverrechnungsmethoden sind international akzeptiert und stoßen bei multilateralen Sachverhalten nicht auf potentielle Inakzeptanz; 2. Die Einzelverrechnungsmethoden (hier Lizenzmethoden) berücksichtigen den wirtschaftlichen Nutzen der individuellen, ausgetauschten Funktionen beim aufnehmenden Unternehmen adäquat und ausreichend (vgl. dazu OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 6.14, 6.20, 6.24, 6.27);34 3. Einzelverrechnungsmethoden vermeiden scheingenaue, komplexe Transferpaketberechnungen, die vermeintlich alle Austausch- und Substitutionseffekte erfassen und diese korrekt auf alle beteiligten Funktionsträger verteilen; 4. Die Einzelverrechnungsmethoden (hier Lizenzmethoden) sind praktikabel und werden dem Umstand ständig erforderlicher „kleiner“ und „großer“ Funktionsänderungen innerhalb eines Konzerns gerecht; 5. Die Einzelverrechnungsmethoden scheitern nicht an den Grenzen des multilateralen Funktionstauschs, der es nicht erlaubt „gesamtheitliche Pakete“ auf diverse Staaten/Funktionsträger zu verrechnen; 6. Die Einzelverrechnungsmaßnahmen berücksichtigen in ausreichendem Maße, dass beim deutschen Unternehmen (Outbound) jeglicher Austauschfall stets ein Substitutionsfall zumindest im weitesten Sinne ist. _____________ 34 Dazu auch Frischmuth, Lizenzverrechnungen nach dem § 1 Abs. 3 AStG – offene Unterscheidungsfragen, IWB 2009, Gr. 1, Fach 3, 2419 ff.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Der letzte Punkt ist bedeutend, weil er es grundsätzlich erlaubt, die Auswirkung der Einzelverrechnungspreisbestimmung dem Nullansatz gem. Tz. 2.7.1 VWG-FVerl gegenüberzustellen. Denn dieser Nullansatz ist quantitativer Ausdruck dessen, dass auch die deutsche Finanzverwaltung den Gewinnpotentialaustausch, Substitutionseffekte und Handlungsalternativen für zulässig erachtet. Insoweit kann dieser Transferpaketansatz auch quantitative Messlatte für die Anwendung von Einzelverrechnungspreisen für immaterielle Wirtschaftsgüter sein, unabhängig davon, dass diese nunmehr durch die neue Escape-Klausel nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. generell und ohne Vergleich mit dem Transferpaketwert erlaubt sind. Im Folgenden werden vorstehende Thesen zur Anwendbarkeit der Einzelverrechnungspreisbestimmung belegt, indem die Varianten des Funktionstauschs nach Abschnitt B mit konkreten Zahlenbeispielen versehen mit den vier alternativen Bewertungsmethoden in Verbindung gebracht werden.
III. Substitutionsfall 1. Ausgangsdaten Das Beispiel unter Abschnitt D. II. ist der Ausgangspunkt der hier durchgeführten Fallbesprechung für die erste Art des Funktionstauschs, den Substitutionsfall.35 In diesem Beispiel wird die Funktion Eigenproduktion Produkt ALT durch die Funktion Eigenproduktion Produkt NEU ersetzt (Substitutionsfall, vgl. Tz. 2.7.1 VWG-FVerl). a) Abgebendes bzw. verlagerndes Unternehmen Für die deutsche ANLAGEN GmbH ergeben sich „… unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls … vor und nach der Funktionsverlagerung unter Berücksichtigung tatsächlich bestehender Handlungsalternativen …“ (vgl. § 3 Abs. 2 FVerlV) aufbauend auf den Ausgangswerten in Abschnitt D. II. folgende Werte; vgl. dort die Tabelle unter b) – Gewinnpotentialänderung (vor Steuern) – Gewinnpotentialänderung (nach Steuern)
+1.000 TEUR +700 TEUR
Insoweit kann die deutsche ANLAGEN GmbH eine Gewinnpotentialsteigerung durch die Substitution der Funktion erzielen. Das isolierte _____________ 35 Vgl. hierzu auch Abbildung 1 in Abschnitt B. III. 1.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Gewinnpotential der Funktion Produkt ALT beträgt 2.000 TEUR (vor Steuern) bzw. 1.400 TEUR (nach Steuern). Es ist jedoch für die isolierte Betrachtung der Funktion Produkt ALT zu konstatieren, dass die isolierte Ermittlung des Funktionswerts für Produkt ALT (1.400 TEUR nach Steuern) keineswegs alle Umstände der Einzelfalls und Handlungsalternativen berücksichtigt. Der weiteren Ausübung der Funktion Produkt ALT, deren Verlagerung das auslösende Moment der Funktionsverlagerungsbesteuerung ist, muss die Möglichkeit gegenübergestellt werden, durch den Funktionstausch mehr Gewinn zu erzielen. Vielmehr: für die ANLAGEN GmbH wäre es sinnvoll, die Funktion Produkt ALT einzustellen und nicht zu verlagern. Der Wert diese Funktion ist insoweit Null oder sogar negativ (-700 TEUR nach Steuern). b) Übernehmendes Unternehmen In die Betrachtung ist nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG das aufnehmende Unternehmen, die ANLAGEN Hungaria kft. einzubeziehen. Für die ANLAGEN Hungaria kft. ergeben sich annahmegemäß folgende Berechnungsgrößen für die übernommene Funktion Eigenproduktion Produkt ALT: – Gewinnpotential (vor Steuern) – Gewinnpotential (nach Steuern)
2.500 TEUR 2.000 TEUR
Bei allen vorstehenden Werten ist zu beachten, dass die auf in Abschnitt D. II. vorgestellten und dem Transferpaket zugeordneten Einzelverrechnungen und deren Gewinnpotentialeffekte (z. B. Kauf und Abschreibung von Maschinen) in der Transferpaketbewertung – den Gewinnpotenzialberechnungen des verlagernden und des übernehmenden Unternehmens – enthalten sind (zum Iterationsproblem siehe unten). Das gilt im Besonderen für die marktübliche Lizenz, die selbstredend einen Überlassungsfall impliziert. Das höhere funktionsbezogene Gewinnpotential (vor Steuern) der ANLAGEN Hungaria kft (2.500 TEUR) verglichen mit demjenigen der ANLAGEN GmbH (2.000 TEUR) ergibt sich aus Produktionskostenersparnissen (z. B. geringere Personalkosten). Das Gewinnpotential (nach Steuern) der ANLAGEN Hungaria kft (2.000 TEUR) wird zudem durch den im Vergleich zu Deutschland (hier ANLAGEN GmbH mit 1.400 TEUR) geringeren Steuersatz von 20 % beeinflusst.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
2. Verrechnungspreisermittlung a) Überblick Den oben dargestellten Berechnungsalternativen zufolge lassen sich die folgenden Werte im Konkreten gegenüberstellen. Dabei ist bei den Transferpaketberechnungen das Interdependenzproblem aus Vereinfachungsgründen vernachlässigt, nach dem eine Verrechnung des Transferpakets mit dem residualen Funktionswert wiederum Rückwirkungen auf die Gewinnpotentiale der beteiligten Unternehmen hat. Dieses Interdependenzproblem mündet in einem iterativen Berechnungsprozess und hängt auch davon ab, wie die „Funktionswertvergütung“ beim aufnehmenden Unternehmen wiederum dem Gewinn und der Besteuerung nach (z. B. Sofortaufwand oder Goodwill mit Abschreibungsdauer o. Ä.) behandelt wird.36 b) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene37 Betrachtet man bei dem hier zugrunde gelegten Substitutionsfall die Funktion Produkt ALT mittels der direkten Methode isoliert, ergeben sich ein gewinnpotential- bzw. ertragswertbezogener Funktionswerte nach Steuern (!)38 wie folgt: – Transferpaketwert ANLAGEN GmbH – Transferpaketwert ANLAGEN Hungaria kft – Transferpaketwert als Mittelwert
1.400 TEUR 2.000 TEUR 1.700 TEUR
Betrachtet man nunmehr die Verrechnungspreissituation gesamthaft, zeigt sich, dass der Transferpaketwert von 1.700 TEUR wie folgt durch konkrete Verrechnungen abgegriffen respektive vergütet wird. Es zeigt sich aber auch, dass ein Residualwert nicht in den „gewöhnlichen“ Einzelverrechnungspreisen enthalten ist. Dieser Wert (hier: 500 TEUR) bedarf nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG einer besonderen Vergütung, denn das Gesamtergebnis der Einzelpreisbestimmungen für die Bestandteile _____________ 36 Vgl. dazu mit weiteren Nachweisen Frischmuth, Funktionsverlagerungsbesteuerung, StuB 2010, 91 ff. 37 Vgl. nochmals Abschnitt D. IV. 1. 38 Die Steuersatzdifferenz geht in der Mittelwertbetrachtung zu 50 % als werterhöhend in die deutsche Besteuerungsgrundlage ein. Damit werden Steuersatzvorteile als Standortvorteile abgegriffen und in Deutschland besteuert. Diese Betrachtung des „Reingewinns nach Steuern“ (vgl. nur. § 1 Abs. 4 FVerlV) führt zu einer Ertragsbesteuerung von Bemessungsgrundlagen nach Ertragsteuern, was einen Paradigmenwechsel bei internationalen Besteuerungssachverhalten darstellt.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
des Transferpakets (hier: total 1.200 TEUR) ist verglichen mit dem Transferpaketwert (hier: 1.700 TEUR) nicht ausreichen (vgl. auch § 4 Abs. 1 FVerlV). Transferpaketwert
1.700 TEUR
Maschinenübertragung Dienstleistungen „Gewöhnliche“ Lizenz (3,125 % vom Umsatz)
400 TEUR 200 TEUR 625 TEUR
Residual
475 TEUR
Wie unter Abschnitt C. III. 3. ausgeführt, kann dieser Residualwert als funktionsbezogener Goodwill (Funktionswert) unmittelbar und einmalig vergütet werden (Übertragungsfall) oder zur Nutzung überlassen werden (Überlassungsfall). Der Überlassungsfall ist in der hier unterstellten und grundsätzlich anwendbaren Lizenzmethodik auch vor dem Hintergrund des § 4 FVerlV (Annahme der Nutzungsüberlassung) der sachlich zutreffende. Dies vorausgesetzt, muss zur Rückvergütung des Funktionswerts i. H. v. 475 TEUR bezogen auf den relevanten Umsatz von 20.000 TEUR ein zusätzliches Überlassungsentgelt i. H. v. 2,375 % von der ANLAGEN GmbH an die ANLAGEN Hungaria kft. verrechnet werden. Das Überlassungsentgelt steigt somit auf 5,5 % und ist wesentlich höher als das am Markt feststellbare und fremdvergleichskonforme (hier: 3 bis 3,5 % vom Umsatz). Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass vorstehende Methodik zu einem Ergebnis führt, das internationale Doppelbesteuerungsrisiken auslöst und nicht berücksichtigt, dass die ANLAGEN GmbH durch die Verlagerung der Funktion Produkt ALT ein Umsatzwachstum und einen Gewinnpotentialsprung erzielt. Dem aufnehmenden Ausland dürfte völlig unverständlich sein, weshalb unter diesen Umständen die marktübliche Lizenz signifikant überschritten wird. c) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene Es stellt sich vor dem Hintergrund dieser lizenzerhöhenden Ergebnisse die Frage, ob nicht die kombiniert-indirekte Methode, also die VorherNachher-Betrachtung auf Ebene der beteiligten Unternehmen (vgl. § 3 Abs. 2 FVerlV) die angemessene und alle Umstände berücksichtigende Methode ist. Sie kombiniert die Wirkungen der Funktionen Produkt ALT und Produkt NEU sachgerecht und weist alle Synergie- und Verlagerungseffekte bei den beteiligten Unternehmen aus. Aus der Diffe113
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renzrechnung (Vorher-Nachher-Betrachtung) ergeben sich die unten angeführten Transferpaketwerte nach Steuern, wobei derjenige des abgebenden Unternehmens negativ ist, weil er ausdrückt, dass die ANLAGEN GmbH ein wirtschaftliches Interesse daran hat, dass die Funktion Produkt ALT abgegeben wird, weil mit der Ausübung der Funktion Eigenproduktion Produkt NEU die Gewinnpotentiale im Vergleich zur Handlungsalternative „Beibehaltung Eigenproduktion Produkt ALT“ gesteigert werden können. Diese Handlungsalternative bestimmt die Transferpaketbewertung essentiell (vgl. § 3 Abs. 2 FVerlV, der die Berücksichtigung von Handlungsalternativen nachdrücklich fordert). – Transferpaketwert ANLAGEN GmbH -700 TEUR – Transferpaketwert ANALGEN Hungaria kft 2.000 TEUR – Transferpaketwert als Mittelwert 650 TEUR Aus dieser Ermittlung des Transferpaketwerts ergeben sich folgende Verrechnungskonsequenzen: Transferpaketwert
650 TEUR
Maschinenübertragung Dienstleistungen „Gewöhnliche“ Lizenz
400 TEUR 200 TEUR 625 TEUR
Residual
-575 TEUR
Die streng nach § 3 Abs. 2 FVerlV angewendete Ermittlungsmetthode als Vorher-Nachher-Betrachtung führt zu einem Ergebnis, das eine Art Ausgleichszahlung (-575 TEUR) fordert. Integriert man diese in die Lizenzmethodik, ist eine Reduktion der Lizenz auf 0,25 % (625 ./. 575 TEUR bezogen auf 20.000 TEUR Umsatz) die Verrechnungsfolge. Allerdings ist auch diese nicht marktüblich, weil zu niedrig. Die Ergebnisse beider Methoden lassen keinen Schluss zu, welche Transferpaketbewertung – direkt oder indirekt – die zutreffende ist. Es finden sich auf keine hinreichenden Antworten in der FVerlV, aber auch nicht in den FVerlV-VG. Diese Unklarheiten bergen weit reichende Besteuerungsrisiken im In- und Ausland verbunden mit Doppelbesteuerungsrisiken. Diese Risiken werden nicht vermindert, indem der direkten und der indirekten Methode der Transferpaketbewertung eine weitere Methode zur Seite gestellt wird, die sich im Speziellen mit dem Sonderfall der Substitution von produktbezogenen Funktionen befasst. 114
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
d) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung39 Grundsätzlich sind alle oben angeführten Berechnungsparameter gültig, wobei nunmehr nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl – unter Erfüllung restriktiver Voraussetzungen – von einem Mindestpreis von Null auf Ebene des verlagernden Unternehmens ausgegangen wird. Damit gelten folgende transferpaketbezogene Berechnungsgrößen nach Steuern (!): – Transferpaketwert ANLAGEN GmbH 0 TEUR – Transferpaketwert ANLAGEN Hungaria kft 2.000 TEUR – Transferpaketwert als Mittelwert 1.000 TEUR Dieser, ggü. der obigen Berechnung reduzierter Transferpaketwert wird als Summe von Einzelverrechnungen wie folgt verrechnet: Transferpaketwert Maschinenübertragung Dienstleistungen „Gewöhnliche“ Lizenz (siehe oben) Residual
1.000 TEUR 400 TEUR 200 TEUR 625 TEUR -225 TEUR
Beim sog. Nullansatz nach Tz. 2.7.1 der VWG-FVerl ergibt sich eine negative Residuale, die impliziert, dass der „gewöhnliche“ Lizenzsatz zu reduzierten ist, und zwar auf 2 % vom Umsatz (625 ./. 225 TEUR bezogen auf 20.000 TEUR). Der Lizenzsatz ist insoweit außerhalb der Marktüblichkeit, weil zu niedrig. Der niedrige Lizenzsatz hat drei Ursachen: 1. Aufgrund der unteren Nulllinie für den Mindestpreis des abgebenden Unternehmens ist nur noch das Gewinnpotential des aufnehmenden Unternehmens berechnungsrelevant. 2. Das Gewinnpotential des aufnehmenden Unternehmens ist ein Nach-Steuer-Gewinnpotential (100 ./. 20 % = 80 %), das zu 50 % – über den Mittelwert – in den Transferpaketpreis eingeht. Des Gesamtwert des Transferpakets als Ertragswert ist demnach 2.500 x 80 % x 50 % = 1.000 TEUR. 3. Dieser Gesamtwert ist durch die rechtlich und wirtschaftlich einschlägigen Einzelsachverhalte (Maschinenübertragung, Dienstleistungserbringung und Nutzungsüberlassung) abzuschöpfen bzw. zu _____________ 39 Vgl. Tz. 2.7.1 der VWG-FVerl.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
verrechnen, wodurch auf der Grundlage der Einzelverrechnungen für die Lizenzverrechnung (auch als Ausdruck der Funktionswertverrechnung, vgl. § 4 Abs. 2 FVerlV) nur noch 200 TEUR verrechnet werden können. Nur wenn dieser Wert verrechnet wird, wird der erforderliche Transferpaketwert (hier: 1.000 TEUR) vergütet. Insoweit führt die Sonderregelung des Nullansatzes verglichen mit dem isoliert-funktionsbezogenen Berechnungsansatz unter oben (1) in die richtige Richtung, denn bei der Verrechnungspreisbildung für die verlagerte Funktion wird der Substitutions- oder Kompensationseffekt pauschal – durch den festgesetzten Mindestpreis von Null – berücksichtigt. Allerdings ist diese Nullsetzung eine pauschalierte Festsetzung, die die subjektive Perspektive des verlagernden oder überlassenden Unternehmens völlig vernachlässigt. Deshalb ist an dieser Stelle die Frage zu stellen, ob es nicht sachgerecht und praktikabler ist, unmittelbar, ausschließlich und direkt auf den Nutzen des aufnehmenden Unternehmens abzustellen, ohne auch nur an die Funktionsverlagerungsbesteuerung zu denken. e) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden Damit würde die Verrechnungspreisbildung der Methodik der Einzelverrechnungspreisbestimmung folgen, die im Lizenzfall auf gewinnorientierte Methoden zurückgreift. Dabei ist herauszustellen, dass auch aus einnahmenorientierten Sicht der Finanzverwaltung der Einzelverrechnungsansatz per se nicht nachteilig ggü. dem modifizierten Transferpaketansatz im Substitutionsfall sein muss, weil letzterer bei Gewinn nach Steuern, die konventionellen, gewinnorientierten Lizenzmethoden beim Gewinn vor Steuern ansetzen. Nicht nur dieser quantitative Zusammenhang leitet unmittelbar vom Substitutionsfall oder Nullansatz auf die Einzelverrechnungspreisbestimmung (Lizenzmethode) über. Aus qualitativer Sicht gilt Folgendes: Das „verlagernde“ Unternehmen (hier: ANALGEN GmbH) hat ein berechtigtes Interesse daran, die Funktionsausübung (hier: Eigenproduktion) dem aufnehmenden Unternehmen (hier: ANLAGEN Hungaria kft) zu überlassen, um eine andere umsatz- und gewinnträchtige Funktion (hier: Produkt NEU) ersatzweise ausüben zu können. Das aufnehmende Unternehmen hat gleichwohl ein Interesse daran, die „alte“ Funktion zu übernehmen respektive auszuüben. Deshalb ist für die Funktionsausübung oder die Überlassung der Eigenproduktion als make-or-buy-Entscheidung des funktionsberechtigten Unternehmens das fremdvergleichskonforme und 116
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
marktübliche Überlassungsentgelt zu ermitteln. Regelmäßig orientiert sich dieses Überlassungsentgelt am wirtschaftlichen Nutzen des aufnehmenden Unternehmens (OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 6.14, 6.20, 6.24, 6.27). Es geht deshalb bei Überlassungen ausschließlich um den angemessenen Einzelverrechnungspreis der Nutzungsüberlassung, also um die angemessene Lizenzhöhe. Daran knüpfen die konventionellen, gewinnorientierten Lizenzmethoden an, die alternativ zu allen bisher angeführten Verrechnungspreisermittlungsverfahren auch für die hier betrachtete Funktionsänderung (Austausch Funktion Produkt ALT in Funktion Produkt NEU) eingesetzt werden können. Die Ermittlung marktgängiger Lizenzverrechnungen wird dabei durch weitere Einzelverrechnungen auf der Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes ergänzt. Die Nutzungsüberlassung wird durch eine Maschinenübertragung begleitet, für die sich auf der Grundlage von Marktpreisen ein Maschinenübertragungswert von 400 TEUR ergibt. Nach der Funktionsänderung erbringt die übertragende ANLAGEN GmbH Dienstleistungen im Wert von 200 TEUR. Die Verrechnungspreisbildung folgt der Cost-Plus-Methode. Die Lizenzmethode orientiert sich an den Gewinnen respektive den Gewinnpotentialen des aufnehmenden Unternehmens vor Steuern (!) und gewährleistet insoweit die in den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen (Tz. 6.14, 6.20, 6.24, 6.27) geforderte Orientierung am wirtschaftlichen Nutzen. Zudem werden Verrechnungspreise und demnach Besteuerungsgrundlagen auf Ausgangsgrößen vor Steuern berechnet; so ist es international üblich. Konkret wird die Höhe der Lizenz wie folgt berechnet. – Gewinnpotential ANLAGEN Hungaria kft – davon 25 % Abschöpfung durch Lizenzgeber40
2.500 TEUR 625 TEUR
Es ergibt sich eine markübliche Lizenz von 3,125 %, die zu einem Verrechnungsvolumen von 625 TEUR zugunsten des verlagernden Unternehmens führt. Ergänzt um den Wert der Maschinenübertragung und die Dienstleistungsverrechnung ergibt sich für die Summe der Einzel_____________ 40 Diese Berechnungsmethodik der „anteiligen Abschöpfung des Gewinns“ durch den Lizenzgeber wurde bereits in vorhergehenden Abschnitten erläutert und folgt bekannten Instrumentarien wie z. B. der Knoppe-Formel oder der US-amerikanischen 25 %-Goldscheider-Rule. Diese Methoden werden in der Verrechnungspreispraxis häufig noch durch unternehmensbezogene Umsatzrenditenvergleiche (Datenbankstudien) ergänzt. Damit ist die Verrechnungspreisbildung aus internationaler Perspektive – losgelöst von konkreten „deutschen“ Funktionsverlagerungs- oder Funktionstauschsachverhalten – als angemessen zu qualifizieren.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
verrechnungspreise ein Verrechnungswert i. H. v. 1.225 TEUR, der auch die deutsche Finanzverwaltung befriedigen dürfte. 3. Zwischenergebnis – Plädoyer für Einzelverrechnungspreise Aus den vorstehenden Berechnungen lassen sich die folgenden Ergebnisse für die Anwendung der Einzelverrechnungspreismethoden ableiten: 1. Es ergibt sich ein fremdvergleichskonformer, marktüblicher und „unauffälliger“ Lizenzsatz von 3,125 % vom Umsatz (= 625/20.000 Euro); 2. Die Summe der Einzelverrechnungspreise beträgt 1.225 TEUR; 3. Die Summe der Einzelverrechnungspreise liegt innerhalb des Einigungsbereichs 3.a nach der kombinierten Transferpaketbewertung (indirekte Methode); hier zwischen -700 TEUR und 2.000 TEUR und 3.b nach dem sog. Nullansatz (Sonderregelung der direkten Methode); hier zwischen 0 und 2.000 TEUR. Aus diesen quantitativen Implikationen folgt aus deutscher Sicht die uneingeschränkte Anwendungsmöglichkeit des Einzelverrechnungsansatzes für obige Fallkonstellationen, zumal derartige Einzelverrechnungspreisbestimmungen in der internationalen Besteuerungspraxis bekannt und akzeptiert sind. Dadurch wird der Einzelverrechnungsansatz zum angemessenen, praxisorientierten und international üblichen Besteuerungsansatz ohne Doppelbesteuerungsrisiken. Dass das Gesamtergebnis aller Einzelverrechnungen (1.225 TEUR) unterhalb des Einigungsbereichs (hier: zwischen 1.400 und 2.000 TEUR) bei der direkten Methode nach oben D.II 2.b) liegt, tut dieser Aussage keinen Abbruch, weil dieser direkt berechnete, funktionsbezogene Einigungsbereich im Austausch- oder Substitutionsfall völlig unzutreffend ist. Er berücksichtigt positive Austauscheffekte und Wirkungen von Handlungsalternativen nicht oder nicht hinreichend. Die Summe der Einzelverrechnungspreise (1.225 TEUR) ist höher ist als das Transferpaketergebnis, das sich nach Tz. 2.7.1 der VWG-FVerl im Sonderfall der Substitution (als Mittelwert 1.000 TEUR) ergibt. Es zeigt sich, dass der Transferpaketansatz für die deutsche Steuerverwaltung nicht das einnahmenorientierte Allheilmittel zur Abschöpfung eigentlich „nicht identfizierbarer“ Gewinnpotentiale ist. Vielmehr sind auch sachgerechte Einzelverrechnungsmethoden, wie sie international gängig und üblich sind, dazu geeignet, eine angemessene Verrechnungspreisbildung bei Funktionsänderungen im Konzern und sachgerechte Steuersubstrat118
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
verteilungen zu gewährleisten. Die Einzelverrechnungsmethoden sind ggü. dem Sonderfall der Substitution wiederum mit dem Vorteil ausgestattet, dass sie aufgrund ihrer allgemeinen Anerkennung im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr Doppelbesteuerungsrisiken vermeiden. International akzeptieren Einzelverrechnungspreismethoden (wie den Lizenzmethoden) ist eine signifikant höhere internationale Akzeptanz immanent. Nach alledem sind Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage gängiger und international üblicher Verrechnungspreismethoden (Lizenzmethoden) uneingeschränkt geeignet sind, in Substitutions- oder Austauschfällen eine angemessene Verrechnungspreisbildung für alle beteiligten Unternehmen und Staaten umzusetzen. Die komplexe und rein auf Deutschland ausgerichtete Funktionsverlagerungsbesteuerung ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich und nicht praxistauglich.
IV. Bilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern 1. Ausgangsdaten Die Ausgangsdaten des bilateralen, tätigkeitsinternen Funktionstauschs (vgl. nochmals Abbildung 2, Abschnitt B. II. 2.) entsprechen denjenigen unter Abschnitt D. II. 2. Allerdings wird nunmehr die Funktion Eigenproduktion Produkt NEU zunächst von der ANLAGEN Hungaria kft. ausgeübt. Diese Funktion soll – aus konzerninternen, nicht-steuerlichen Gründen – auf die deutsche ANLAGEN GmbH übertragen werden (Inbound-Funktionsverlagerung). Dafür überträgt die ANLAGEN GmbH aus Kapazitätsgründen die Funktion Produkt ALT auf die ANLAGEN Hungaria kft (Outbound-Funktionsverlagerung). Es kommt zu einem gegenseitigen, bilateralen Funktionsaustausch zwischen der ANLAGEN GmbH und der ANLAGEN Hungaria kft in Form eines „doppelten Substitutionsfalls“. Für die Funktion Produkt NEU, die einen Umsatz von 30.000 TEUR erzielt, gelten folgende Größen. Es ist zu beachten, dass im Zuge der Verlagerung der Funktion Produkt NEU von Ungarn nach Deutschland Maschinen im Wert von 800 TEUR (Marktwert) übertragen werden müssen: Angebende ANLAGEN Hungaria kft – Gewinnpotential (vor Steuern) – Gewinnpotential (nach Steuern, 20 %)
3.000 TEUR 2.400 TEUR
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Aufnehmende ANLAGEN GmbH – Gewinnpotential (vor Steuern), gleich Hungaria – Gewinnpotential (nach Steuern, 30 %)
3.000 TEUR 2.100 TEUR
Für die Funktion Produkt ALT gelten die unter Abschnitt D. II. 2. dargestellten Ausgangsdaten. 2. Verrechnungspreisermittlung a) Überblick Die unterschiedlichen Alternativen zur Verrechnungspreisermittlung zeigen sich im bilateralen Substitutionsfall wie folgt. Es gelten die Berechnungsprämissen wie oben vorgestellt (z. B. Vernachlässigung des Iterationsproblems). b) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene Bei der direkten, isolierten und funktionsbezogenen Verrechnungspreisermittlung ergibt sich für die Funktion Produkt ALT ein Transferpaketwert von 1.700 TEUR. Dies mündet in der erhöhten Lizenzverrechnung von 5,5 % vom Umsatz (vgl. oben). Für die Funktion Produkt NEU zeigt sich hingegen folgende Situation nach dem Konzept der Funktionsverlagerungsbesteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG: – Mindestpreis aus Sicht der ANLAGEN Hungaria kft – Höchstpreis aus Sicht der ANLAGEN GmbH
2.400 TEUR 2.100 TEUR
Für die Funktion Produkt NEU ergibt sich bei deren isolierter Betrachtung insoweit kein Einigungsbereich. c) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene Betrachtet man den Sachverhalt kombiniert und auf Ebene der beteiligten Unternehmen, indem man berücksichtigt, dass es sich um einen gegenseitigen Austausch von Funktionen handelt und berücksichtigt alle Umstände in den Gewinnpotentialänderungen der beteiligten Unternehmen, zeigen sich folgende Wirkungen. – Gewinnänderung ANLAGEN Hungaria kft – Gewinnänderung ANLAGEN GmbH
-400 TEUR 700 TEUR
Daraus folgt, dass die ANLAGEN Hungaria kft durch den konzerninternen Funktionstausch (Verlagerung Produkt NEU – Aufnahme Produkt ALT) „verliert“, also Gewinn einbüßt, während die deutsche 120
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
ANLAGEN GmbH „gewinnt“. Es stellt sich die Frage, wie diese Umstände in die Verrechnungspreisbildung des Funktionstausches und der zeitlich nachgelagerten Funktionsausübung Eingang findet. Denkbar wären an dieser Stelle sowohl Ausgleichszahlungen der ANLAGEN GmbH an die ANLAGEN Hungaria kft. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen alle Wirtschaftsgüter, die „von links nach rechts“ und von „rechts nach links“ gehen, miteinander verrechnen und sich über einen Spitzenausgleich einigen. Zuletzt könnte man darüber nachdenken, der ANLAGEN Hungaria kft. einen Ausgleich von 400 TEUR zu vergüten, damit dort keine negativen Ergebniswirkungen entstehen. Die Gewinnwirkungen aufgrund des Funktionstauschs bei der ANLAGEN GmbH wären immer noch positiv (700 ./. 400 TEUR). Unabhängig vom konkreten und „richtigen“ Ergebnis zeigt sich, dass eine isolierte Betrachtung der relevanten Funktionen Produkt ALT und Produkt NEU völlig unangebracht ist. Es ist eine kombinierte und gesamthafte Betrachtung des Funktionstauschs respektive des doppelten Substitutionsfalls erforderlich. Methodisch und der konkreten Verrechnung nach bestehen jedoch Unklarheiten, die auch nicht durch die VWG-FVerl beseitigt werden. M. E. ist der hier besprochene Sachverhalt durch die Konzeption der Funktionsverlagerungsbesteuerung nicht lösbar. Fraglich ist, ob diese durch die doppelte Verwendung des Nullansatzes nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl gelingt. d) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung (Tz. 2.7.1. VWG-FVerl) Wendet man den Nullansatz der Finanzverwaltung spiegelbildlich für beide beteiligten Unternehmen und die zwei einschlägigen Funktionen an, sind nur noch die Gewinnpotentiale der aufnehmenden Unternehmung relevant. Es ergeben sich folgende Transferpaketwerte auf der Grundlage des doppelten Nullansatzes: – Transferpaketwert als Mittelwert Produkt ALT – Transferpaketwert als Mittelwert Produkt NEU
1.000 TEUR 1.050 TEUR
Es zeigt sich, dass sich die Transferpaketwerte nahezu ausgleichen. Unterstellt man einen Vorteilsausgleich, stellt sich aber weiterhin die Frage der konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Einzelverrechnung, denn es finden im Zuge des Funktionsaustauschs konkrete Maschinenübertragungen, Dienstleistungserbringungen und Nutzungsüberlassungen statt, die allesamt in konkrete Verträge zu übernehmen sind. Fraglich ist, ob diese gegenseitigen Vertragsansprüche gegeneinan121
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
der aufgerechnet werden können, oder ob nicht die aus dem doppelten Nullansatz resultierenden Einzelverrechnungspreise nicht einzeln und ohne Aufrechnung verrechnet werden gemäß der folgenden Aufstellung: Sachverhalt/Vertragsbeziehung
Produkt ALT
Produkt NEU
Maschinenübertragung
400 TEUR
800 TEUR
Dienstleistung
200 TEUR
/
Lizenzverrechnung
400 TEUR
250 TEUR
1.000 TEUR
1.050 TEUR
Total (Transferpaketwert bei Nullansatz)
M. E. sind vorstehende Fragen wie die Fragen unter oben b) nahezu ungeklärt, zumal der Nullansatz nach dem ausländischen Steuerrecht (hier: ungarisches Steuerrecht) nicht bekannt ist. Aus Sicht der Unternehmenspraxis sind derartige Unklarheiten beim bilateralen Funktionstausch selbstredend unbefriedigend, weshalb auch an dieser Stelle die international etablierten Einzelverrechnungspreismethoden einzuführen sind. e) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden Wendet man bei dem hier einschlägigen doppelten Substitutionsfall auf die ausgetauschten Funktionen jeweils konventionelle Einzelverrechnungspreismethoden (hier: Lizenzmethoden) an, ergeben sich folgende Verrechnungspreise: Sachverhalt/Vertragsbeziehung
Produkt ALT
Produkt NEU
Maschinenübertragung
400 TEUR
Dienstleistung
200 TEUR
/
Lizenzverrechnung (25 % des Gewinnpotentials vor Steuern, aufnehmendes Unternehmen)
625 TEUR
750 TEUR
1.225 TEUR
1.550 TEUR
Total
800 TEUR
3. Zwischenergebnis Als Ergebnis ist festzuhalten, dass erstens alle Einzelverrechnungspreisbestimmungen nach Buchstabe e) individuell angemessen und marktüblich sind. Zweitens liegen die Gesamtergebnisse der Einzelverrech122
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
nungspreise innerhalb des Einigungsbereichs, wie ihn die Finanzverwaltung in Substitutionsfällen nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl festlegt. Drittens führen die Einzelverrechnungen zu einer signifikanten Gewinn- und damit Steuereinnahmenerhöhung für den deutschen Fiskus. Insofern gibt es keine Gründe, für den hier besprochenen Sachverhalt die Einzelverrechnungspreisermittlung auf der Grundlage gängiger Verrechnungspreismethoden abzulehnen. Hinsichtlich der internationalen Akzeptanz und der Praktikabilität gilt das unter Abschnitt D. III. 3 Gesagte. Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass die Einzelverrechnungspreismethoden, hier namentlich die Lizenzmethode, eine Flexibilität der Höhe nach aufweisen. Das bedeutet wiederum, dass Kompensations- oder Austauscheffekte bei der Ausnutzung der Bandbreite angemessener Einzelverrechnungen (z. B. Lizenzsatz zwischen 3 bis 3,5 % vom Umsatz) bei der Festlegung der konkreten Verrechnungssatzes (z. B. Lizenzsatz hier 3,125 %) verringernd berücksichtigt werden könnten. Insoweit sind derartige Methoden ökonomisch orientiert und praxisgerecht.
V. Bilateraler Funktionstausch – tätigkeitsextern 1. Ausgangsdaten Die Ausgangsdaten entsprechen denjenigen des bilateralen tätigkeitsinternen Funktionstauschs. Allerdings gibt die ANLAGEN GmbH mit Blick auf das Produkt ALT nur die Vertriebsfunktion an die ANLAGEN Hungaria kft ab.41 Hingegen wird die Eigenproduktion (Produktion inklusive Vertrieb) von der ANLAGEN Hungaria kft nach Deutschland – auf die ANLAGEN GmbH – übertragen. Für die Vertriebsfunktion Produkt ALT sind folgende Berechnungsgrößen relevant: Transferpaketwert Vertrieb (ANLAGEN GmbH) vor Steuern 800 TEUR nach Steuern (30 %) 560 TEUR Transferpaketwert Vertrieb (ANLAGEN Hungaria kft) Basis: Sales Cost ratio: 15 % of Sales vor Steuern 800 TEUR nach Steuern (20 %) 640 TEUR
_____________ 41 Vgl. nochmals Abbildung 3 in Abschnit B. II. 2.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
2. Verrechnungspreisermittlung a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene Auf der Grundlage vorstehender Berechnungen ergibt sich ein mittlerer Transferpaketwert für die verlagerte Vertriebsfunktion Produkt ALT von 600 TEUR. Unzweifelhaft ist, dass die ANLAGEN GmbH weiterhin produziert und an die ANLAGEN Hungaria kft die Erzeugnisse liefert, die diese an die Kunden weiterverkauft. Vergleicht man den hier vorliegenden Fall mit der obigen Verlagerung der Eigenproduktion verbleiben vor Steuern 1.700 TEUR in Deutschland (2.500 ./. 800 TEUR). M. E. ist es unklar, wie dieser nach der reinen Lehre berechnete Funktionswert zu verrechnen ist: werden die Zulieferpreise erhöht? Wird eine Vertriebslizenz verlangt? Muss die Vertriebsgesellschaft, die ANALGEN Hungaria kft, ein Eintrittsgeld bzw. eine Abschlagszahlung leisten? Ungeachtet dieser Fragestellungen zeigt sich für die von der ANLAGEN Hungaria kft verlagerte Funktion, dass kein Einigungsbereich besteht, weil die Mindestpreisforderung der ANLAGEN Hungaria kft den Höchstpreis der ANLAGEN GmbH übersteigt. Mittels einer isolierten und direkten Betrachtung der beiden Einzelfunktionen ist dieser Funktionstausch im Konzern verrechnungspreistechnisch über die deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerungskonzeption m. E. nicht lösbar. b) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene Verlässt man diese isolierte Betrachtung der Vertriebsfunktion Produkt ALT, zeigt sich bei einer kombinierten Betrachtung, dass der VorSteuern-Gewinn der ANLAGEN GmbH durch den Funktionstausch im Konzern um 2.200 TEUR (3.000 ./. 800 TEUR) zunimmt. Bei isolierter Betrachtung der Vertriebsfunktion Produkt ALT hingegen zeigte sich eine Verminderung des Gewinns der ANLAGEN GmbH. Insofern kann nur eine zusammenfassende und gesamthafte Betrachtung des Funktionstauschs richtig sein. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass die ANLAGEN GmbH ein berechtigtes Interesse hat, die Eigenproduktionsfunktion (Produkt NEU) im Tausch mit der Vertriebsfunktion (Produkt ALT) zu übernehmen. Dies impliziert eine Ablösungszahlung der ANLAGEN GmbH an die ANLAGEN Hungaria kft, das aus der Bewertung des „Transferpakets für den Funktionstausch“ resultiert. Aber der Höhe nach bestehen bei diesem Bewertungsansatz erhebliche Unklarheiten; diese Sachverhalte sind weder im AStG noch in der FVerlV noch in den VWG-FVerl angesprochen noch gelöst. Einzige Ausnahme 124
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
ist der sog. Nullansatz, der auch in diesem Fall zur Anwendung kommen könnte. c) Nullansatz als Sonderregelung der Finanzverwaltung (Tz. 2.7.1. VWG-FVerl) Wendet man den Nullansatz der Finanzverwaltung spiegelbildlich für beide Unternehmen respektive beide Funktionen an, weil jeweils eine Funktion gegen eine andere getauscht wird, zeigt sich folgendes Bild: Transferpaketwert als Mittelwert bei Nullansatz – Vertriebsfunktion Produkt ALT (aus 640 TEUR) – Eigenproduktion Produkt NEU (vgl. oben)
320 TEUR 1.050 TEUR
Diese Transferpaketwerte führen dazu, dass die ANLAGEN GmbH ein Gewinnpotential von 320 TEUR „abgreifen“ muss, so dass der ANLAGEN Hungaria kft vor Steuern nur noch ein Gewinnpotential von 480 TEUR (Iterationsproblem vernachlässigt, 800 ./. 320 TEUR) verbleibt. Hingegen verrechnet die ANLAGEN Hungaria kft an die ANLAGEN GmbH den Maschinenübertragungswert von 800 TEUR und eine Lizenz i. H. v. 250 Euro (= restliches „Abgreifen“ 1.050 ./. 800 TEUR). Eine Aufrechnung oder ein Vorteilsausgleich dieser Einzelkomponenten, die faktisch zu verrechnen sind, erscheint m. E. ausgeschlossen, weil die ausgetauschten Tätigkeiten dem Grunde nach nicht einer Aufrechnung zugänglich sind. Zusammenfassend lässt sich für die Anwendung des Nullansatzes festhalten, dass dieser der Verrechnung nach in die richtige Richtung führt, weil er den Austauschgedanken auf jeder Ebene berücksichtigt. Allerdings ist sehr fraglich, ob er überhaupt zur Anwendung kommt, weil a. die Voraussetzungen der Tz. 2.7.1 VWG-FVerl nicht erfüllt sind, weil – die ausgetauschten Funktionen nicht tätigkeitsgleich sind, – die Gewinne bei der ANLAGEN Hungaria kft durch die Verlagerung zurückgehen, und eine einseitig deutsche Perspektive (höhere Gewinne) nicht zutreffend ist; b. die Anwendung des Nullansatzes und die komplexe deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerungskonzeption im Ausland auf Ablehnung stoßen wird und Doppelbesteuerungsrisiken entstehen. Vor diesem Hintergrund ist wiederum zu prüfen, ob nicht die konventionellen Methoden der Einzelverrechnungspreisermittlung zu angemessenen, praxistauglichen und zielgerichteten Ergebnissen führen.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
d) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden Vorstehende Problemfelder zeigen die Schwierigkeiten der reinen Transferpaketlehre, weshalb der Einzelverrechnungsansatz der Alternativansatz ist. Unstrittig ist, dass im hier besprochenen Fall die Verlagerung der Vertriebstätigkeit stattfindet. Die Funktionsberechtigte ANLAGEN GmbH entschließt sich, die Routinefunktion Resale Produkt ALT konzernintern auszulagern. Es handelt sich um eine make-or-buy-Entscheidung, die analog der Verlagerung der Produktion auf einen Auftragsfertiger erfolgt. Die Vertriebsfunktion ist nicht weniger eine Routinefunktion wie sie die Auftragsfertigung nach § 2 Abs. 2 FVerlV ist. Letztere hingegen ist sogar noch wertschöpfungsintensiver und daher tendenziell mit höheren absoluten Gewinnpotentialen verbunden. Vor dem Hintergrund eines Fremdvergleichs ist deshalb zu konstatieren, dass bei Einschaltung eines externen Wiederverkäufers anstatt des direkten Verkaufs an den Kunden regelmäßig keine „Unternehmensbewertung“ durchzuführen ist. Es geht schlicht weg um den angemessenen Verrechnungspreis für einen Wiederverkäufer eigens hergestellter Produkte im Sinne der Vergütung einer Routinefunktion im Sinne des Normzwecks des § 2 Abs. 2 FVerlV. Im Zuge der Einzelverrechnung der Funktion Produkt NEU (Eigenproduktion), die von der ANLAGEN Hungaria kft auf die ANLAGEN GmbH übertragen wird, werden die Maschinen im Wert von 800 TEUR übertragen. Nach den gängigen, gewinnorientierten Einzelverrechnungspreismethoden ergibt sich für den Lizenzsatz 2,5 % vom Umsatz, also 750 TEUR. Beide Werte, also insgesamt 1.550 TEUR, werden von ANLAGEN GmbH an die ANLAGEN Hungaria kft vergütet. Der Gewinn vor Steuern der ANLAGEN GmbH beträgt nach Lizenz 2.250 Euro (3.000 ./. 750 TEUR), was einer Umsatzrendite von 7,5 % entspricht. Aus Sicht der ANLAGEN Hungaria kft handelt es sich bei näherem Hinsehen um eine Funktionsänderung in der Weise, dass sie nunmehr als Lizenzgeber auftritt, der die Eigenproduktion per Lizenz der ANLAGEN GmbH überlässt. Die Gewinnpotentiale der ANLAGEN Hungaria kft verringern sich auch unter Berücksichtigung der Vertriebsfunktion Produkt ALT. Allerdings ist zu konstatieren, dass sich das Gewinnpotential verstetigt und wesentlich sicherer ist (gewinnorientierte Lizenzeinnahmen sowie garantierte Vertriebsmarge, s. unten). Bei der ANLAGEN GmbH führt der Funktionstausch zu einer Gewinnpotentialsteigerung, auch unter Berücksichtigung der Vertriebsverlagerung Produkt ALT. Die Verlagerung der Vertriebstätigkeit für Produkt ALT 126
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
eine typische make-or-buy-Entscheidung, die m. E. analog § 2 Abs. 2 FVerlV keiner Transferpaketbewertung zugänglich ist, weil keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter übertragen oder überlassen werden. Das allein spricht schon dafür, analog § 2 Abs. 2 FVerlV bei der Verlagerung einer Vertriebsfunktion bzw. einer Vertriebsstufe gängige Verrechnungspreismethoden anzuwenden. Das ist im Vertriebsbereich die Resale-Minus-Methode, die vor dem Hintergrund der vertriebs- und funktionsrelevanten Kosten zu einer angemessenen Umsatzrendite der Vertriebsgesellschaft führen muss. Unterstellt man für die Anwendung der Resale-Minus-Methode einen angemessenen Abschlag auf den Verkaufspreis (hier: 20.000 TEUR) von beispielsweise 20 %, führt das zu einem Gewinn der Vertriebsgesellschaft von 1.000 TEUR, was zu einer sehr angemessenen Umsatzrendite von 5 % führt. Die ANLAGEN GmbH gewinnt insoweit ein Gewinnpotential von 1.250 TEUR (Produkt Neu 2.250 TEUR ./. Produkt ALT 1.000 TEUR) vor Steuern dazu, und der Funktionsaustausch setzt gängige und allgemein akzeptierte Verrechnungspreismethoden um. 3. Zwischenergebnis Es ist unstrittig, dass es im Verhältnis zwischen der ANLAGEN GmbH und der ANLAGEN Hungaria Kft durch den Funktionstausch im Konzern zu einer absoluten Verschiebung von Gewinnpotentialen kommt. Es ist auch ersichtlich, dass die ANLAGEN Hungaria kft per Saldo die Produktionsfunktion aufgibt; das Produktions- und Vertriebsergebnis für Produkt NEU bricht weg und wird durch das Vertriebsergebnis Produkt ALT nur partiell kompensiert oder substituiert. Vor diesem Hintergrund ist deshalb im Konkreten und detailliert zu analysieren, ob und inwieweit eine Adjustierung der obigen Lizenzhöhe oder der Vertriebsvergütung erforderlich ist, um diesen Gewinnverschiebungen und den veränderten Funktionen- und Risikoprofilen der beteiligten Unternehmen Rechnung zu tragen. Eventuell sind auf Ebene der ANLAGEN Hungaria kft zusätzlich Produktionsschließungselemente zu berücksichtigen, die sich auf die Lizenzhöhe preiserhöhend auswirken oder eine höhere Vertriebsvergütung rechtfertigen. Allerdings vollziehen sich diese potentiellen Adjustierungen im Bereich der Einzelverrechnungspreise, denn der Transferpaketansatz versagt methodisch, weil für die Funktion Produkt NEU kein Einigungsbereich besteht. Insoweit kommt nur eine Verrechnungspreisfindung auf Einzelpreisebene (z. B. bei der Vertriebsvergütung oder der Lizenzmethodik) in Frage, weil der Nullansatz gleichfalls nicht anwendbar ist. Denn die Substitution der Funk127
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tion Produkt NEU durch Vertrieb ALT führt bei der ANLAGEN Hungaria kft zu geringeren Gewinnen; die wesentliche Voraussetzung für den Nullansatz ist nicht erfüllt. Zusammenfassend folgt auch für den bilateralen, tätigkeitsexternen Funktionstausch, dass die Einzelverrechnungspreisbestimmung die angemessene, sachgerechte und international akzeptierte Methode beim Austausch von Funktionen im Konzern ist.
VI. Multilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern 1. Ausgangsdaten Im Vergleich zum bilateralen Funktionstausch im Konzern erhöht sich die Komplexität in den folgenden Fällen nochmals, denn es sind Dreiecksverhältnisse einschlägig. Diese Dreiecksverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Unternehmen eine Funktion gegen eine andere austauscht und insoweit zwei Funktionen kombiniert betrachten muss. Hingegen sind die anderen beteiligten Unternehmen nur einseitig betroffen. Das eine Unternehmen nimmt eine Funktion auf, das andere Unternehmen gibt eine Funktion ab. Dies verdeutlichen die Abbildungen in Abschnitt B. II. 3. Den bisherigen Beispielen folgend übernimmt die ANLAGEN GmbH auch im hier besprochenen Fall die Produktion und den Vertrieb des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft. Um Kapazitäten für diese Funktionsübernahme freizusetzen, verlagert die ANLAGEN GmbH die bisherige Eigenproduktion des Produktes ALT auf die ANLAGEN Slovakia sro. Mit dieser Verlagerung der Eigenproduktion des Produkts ALT kann die Unterauslastung der ANLAGEN Slovakia sro beseitigt werden. Die Produktionskosten seien in Deutschland und in der slowakischen Republik identisch; der relevante Steuersatz in der Slowakei ist 19 %. Für die einzelnen Funktionen ergeben sich folgende Ausgangsgrößen: Funktion Produkt ALT – Gewinnpotential vor Steuern – Gewinnpotential nach Steuern Verlagernde ANLAGEN GmbH Aufnehmende ANLAGEN Slovakia sro
128
2.000 TEUR 1.400 TEUR 1.620 TEUR
Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
Funktion Produkt NEU – Gewinnpotential vor Steuern – Gewinnpotential nach Steuern Verlagernde ANLAGEN Hungaria kft Aufnehmende ANLAGEN GmbH
3.000 TEUR 2.400 TEUR 2.100 TEUR
2. Verrechnungspreisermittlung a) Direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene Bei der isolierten, funktionsbezogenen Transferpaketbewertung zeigt sich wiederum, dass nur für die Übertragung der Funktion Produkt ALT ein Einigungsbereich besteht. Der mittlere Transferpaketwert ist 1.510 TEUR. Im Falle der Funktion Produkt NEU ist der Höchstpreis geringer als der Mindestpreis, weshalb es zu keiner Einigung nach der reinen Lehre der Funktionsverlagerungsbesteuerung kommt. b) Indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene Auch die kombinierte Betrachtung des Funktionstausches, also beider Funktionen, führt zu keinem Ergebnis, weil nur eine der beteiligten Parteien (ANLAGEN GmbH) eine kombinierte Transferpaketbewertung auf der Grundlage einer Vorher-Nachher-Betrachtung durchführen kann. Die kombinierte Betrachtung auf Ebene der ANLAGEN GmbH zeigt, dass es durch den Funktionstausch zu einer Erhöhung der Gewinnpotentiale vor und nach Steuern kommt. Insoweit hat die ANLAGEN GmbH ein berechtigtes Interesse daran, die Funktionen im Dreiecksverhältnis zu tauschen. Allerdings ist nicht ersichtlich, wie unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse die Verrechnungspreisbildung in Richtung der beteiligten ANLAGEN Hungaria kft und der ANLAGEN Slovakia sro erfolgen soll, die für sich genommen mit Einzelsachverhalten konfrontiert sind. Die ANLAGEN Hungaria kft lizenziert die Eigenproduktion an die ANLAGEN GmbH, während die ANLAGEN Slovakia sro die Eigenproduktion mittels Lizenzierung übernimmt. Diese individuellen Perspektiven sind maßgeblich, wobei bei der ANLAGEN Hungaria kft negative Austauschfolgen – eine Gewinnverlagerung nach Deutschland – eintreten. Die ANLAGEN Slovakia sro hingegen erhält durch die Nutzungsüberlassung betreffend Produkt ALT Gewinnpotentiale. Diesen individuellen Perspektiven steht die Perspektive der deutschen ANLAGEN GmbH gegenüber, die sich aufgrund der Einschlägigkeit des 129
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Substitutionsfalls auf den Nullansatz gem. Tz. 2.7.1 VWG-FVerl berufen kann. c) Nullansatz als Sonderregelung nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl Beim Nullansatz beider Transferpaketbewertungen ergibt sich für die Funktion Produkt ALT ein mittlerer Transferpaketwert von 810 TEUR, weil das Gewinnpotential nach Steuern der aufnehmenden ANLAGEN Slovakia sro 1.620 TEUR beträgt. Für die ANLAGEN Hungaria kft würde sich bei spiegelbildlicher Anwendung der Nullansatzmethode ein Transferpaketwert für die Funktion Produkt NEU von 1.050 TEUR (aus dem Gewinnpotential von 2.100 TEUR des aufnehmenden Unternehmens) ergeben. Allerdings gilt wie oben, dass der Nullansatz bei der ANLAGEN Hungaria kft nicht zur Anwendung kommen kann, weil bei dieser der Substitutionsfall nicht einschlägig ist. Aus Sicht der ANLAGEN Hungaria kft muss die Verrechnungspreisbildung andere Wege einschlagen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die ANLAGEN Hungaria kft keine immateriellen Wirtschaftsgüter überträgt, sondern als Funktionsberechtigte der ausübenden ANLAGEN GmbH die Eigenproduktion zur Nutzung überlässt. Es geht insoweit um die richtige Lizenzhöhe, wodurch Einzelverrechnungspreisbestimmungen wiederum in den Vordergrund rücken. d) Einzelverrechnungspreise auf der Grundlage konventioneller Verrechnungspreismethoden Die Einzelverrechnungspreisbestimmung führt zu folgenden Einzelverrechnungspreisen je ausgetauschter bzw. überlassender oder übernommener Funktion: Sachverhalt/Vertragsbeziehung
Produkt ALT
Produkt NEU
Maschinenübertragung
400 TEUR
800 TEUR
Dienstleistung
200 TEUR
/
Lizenzverrechnung (25 % des Gewinnpotentials vor Steuern, aufnehmendes Unternehmen)
625 TEUR
750 TEUR
1.225 TEUR
1.550 TEUR
Total
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Daraus folgt, dass die verlagerte Funktion Produkt ALT aus Sicht des deutschen Fiskus angemessen verrechnet ist, weil der Gesamtwert denjenigen nach dem Nullansatz (s. oben; 810 TEUR) übersteigt. Die Verrechnung der Nutzungsüberlassung für die Eigenproduktion Produkt NEU ist aus deutscher Sicht gleichfalls nicht nachteilig, weil die Übernahme der Eigenproduktion Produkt NEU mit Gewinnpotentialsteigerungen von 3.000 TEUR vor Lizenzverrechnung und Steuern verbunden ist. Die oben dargestellte Lizenzverrechnung führt zu einer Erhöhung des Gewinnpotentials vor Steuern von 2.250 TEUR. Die Verminderung nach Lizenzverrechnung an die ANLAGEN Slovakia sro vor Steuern beträgt 1.375 TEUR (2.000 ./. 625 TEUR). Demzufolge führt die Einzelverrechnungspreisermittlung bei der deutschen ANLAGEN GmbH zu einer Gewinnsteigerung vor Steuern i. H. v. 875 TEUR. Die an die ANLAGEN Slovakia sro überlassene Eigenproduktion Produkt ALT wird angemessen und fremdvergleichskonform über die Lizenzmethode verrechnet. 3. Zwischenergebnis Es zeigt sich für die ANLAGEN Hungaria kft eine erhebliche Verringerung des Gewinnpotentials, das durch die Überlassung der Eigenproduktion entstanden ist bei gleichzeitig signifikanter Veränderung der Funktions- und Risikolage. Die ANLAGEN Hungaria kft wandelt sich vom Eigenproduzent zum Lizenzgeber für die Funktionsausübung Eigenproduktion Produkt NEU. Diese Umstände können dazu führen, dass bei der Lizenzsatzermittlung bestimmte Anpassungen der Höhe nach vorzunehmen sind, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die ANLAGEN Hungaria kft eine Eigenproduktion zur Nutzung überlassen hat, die sehr profitabel ist und bei der ANLAGEN GmbH zu einer signifikanten Gewinnsteigerung führt. Diese Anpassungen sind jedoch Verrechnungspreisfragen bei der Einzelverrechnungspreisbestimmung und haben mit dem Transferpaketansatz und der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung nichts zu tun. Diese versagt im hier besprochenen Fall des Funktionstauschs im Konzern aufgrund fehlender Einigungsbereiche und des multilateralen Dreiecksverhältnisses. Die Einzelverrechnungspreisbestimmung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Funktionstauschs im Konzern ist die sachgerechte Verrechnungspreismethode.
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Frischmuth – Austausch von Funktionen im Konzern und Transferpaketbewertung
VII. Multilateraler Funktionstausch – tätigkeitsextern 1. Ausgangsdaten Wie in den vorstehenden Fällen übernimmt die ANLAGEN GmbH die Produktion und den Vertrieb des Produktes NEU von der ANLAGEN Hungaria kft. In diesem Zusammenhang und zeitgleich verlagert sie in diesem Zusammenhang die F & E-Tätigkeit und damit verbundene immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. Patente) auf die ANLAGEN R&D Austria G.m.b.H. Die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit (= R & DTätigkeit) soll effektiver ausgerichtet werden. Intensive Standortanalysen zeigen eine effiziente F & E-Tätigkeits-Landschaft in Österreich verbunden mit einer wirkungsvollen öffentlichen Förderung. 2. Verrechnungspreisermittlung Die Verrechnungspreisermittlung für den multilateralen, tätigkeitsexternen Funktionstausch im Konzern wird an dieser Stelle nicht quantitativ analysiert, denn die in den vorhergehenden Analysen dargestellten Aussagen zu den Transferpaketansätzen inklusive Nullansatz gelten im multilateralen, tätigkeitsexternen Fall umso mehr. Das belegen die folgenden qualitativen Analysen, die darüber hinausgehende Probleme und Unklarheiten der Verrechnungspreisermittlung zum Gegenstand haben. – Aus deutscher Sicht handelt es sich um einen tätigkeitsübergreifenden Substitutionsfall, für den sich unzweifelhaft die Frage stellt, ob und inwieweit dieser durch Tz. 2.7.1. der VWG-Fverl abgedeckt ist. M. E. erfüllt der vorliegende tätigkeitsexterne Austauschfall die in Tz. 2.7. VWG-FVerl aufgeführten Voraussetzungen nicht, weil sie ausschließlich bezogen auf ein Nachfolgeprodukt formuliert sind. Insoweit ist die Sonderregelung für den hier einschlägigen Fall nicht anwendbar. – Insoweit ist wiederum der isolierte Bewertungsansatz, also die isoliert-direkte Bewertung aller am Funktionstausch beteiligten Funktionen, dem zusammengefassten, kombiniert-indirekten Bewertungsansatz gegenüberzustellen. Letzterer wird bewertungsmethodisch durch die indirekte Vorher-Nachher-Bewertung (vor und nach Funktionsverlagerung) i. S. d. § 3 Abs. 2 FVerlV gewährleistet. Beide Ansätze sind selbstverständlich nur für die Ebene des beteiligten Unternehmens relevant, für das mehrere Funktionsbewertungen erforderlich sind (hier: die ANLAGEN GmbH). Für die anderen beteiligten 132
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Unternehmen ist die verrechnungspreisrelevante Perspektive stets eine isolierte Betrachtung. – Wenn man den kombinierten, indirekten Bewertungsansatz wählt, muss man für die Outbound-Komponente (hier: Verlagerung von Schutzrechten) konstatieren, dass keine keine Geschäftstätigkeit und damit keine Funktion verlagert wird. Es werden konkrete immaterielle Wirtschaftsgüter übertragen respektive verkauft. Für diese immateriellen Wirtschaftsgüter ist ein Verrechnungspreis zu ermitteln, der außerhalb der Sätze 9 ff. des § 1 Abs. 3 AStG geregelt ist.42 Der Transferpaketansatz ist für die Outbound-Komponente nicht anwendbar. – Die reine Übertragung (Verkauf) von immateriellen Wirtschaftsgütern muss insofern durch konventionelle Methoden gelöst werden. Hier bieten sich die Net Present Value-Methode an, die die künftigen fremdvergleichskonformen Lizenzeinnahmen vor Steuern bewertet und einem Barwertkalkül zuführt. Ersatzweise kommt die Kostenaufschlagsmethode (Entwicklungskosten-Plus) als Einzelverrechnungspreis in Frage. – Für die Inbound-Komponente gilt oben Gesagtes, insbesondere die internationale Unüblichkeit des deutschen Transferpaketansatzes. In jedem Fall ist die aus ausländischer Sicht (hier: ANLAGEN Hungaria kft) vorliegende Funktionsverlagerung als Überlassungsfall konzipiert und erfordert eine Lizenzbemessung. Und für diese Lizenzbemessung gilt vielmehr, dass der Transferpaketansatz im Ausland eine unbekannte Größe ist. Deshalb ist für die Inbound-Komponente die Lizenzmethode auf der Grundlage gängiger Methoden die angemessene und zutreffende. 3. Zwischenergebnis Vor diesem Hintergrund ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass im vorliegenden Fall des multilateralen, tätigkeitsexternen Austauschs keine doppelte Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung festzustellen ist. Vielmehr: es ist eine doppelte Einzelverrechnungspreisbestimmung erforderlich.
_____________ 42 Vgl. hierzu m. w. N. Frischmuth, Funktionsverlagerungsbesteuerung, StuB 2010, 91 ff.
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VIII. Bewertungs- und Methodenergebnisse Die vorstehenden Berechnungen und führen beim Funktionstausch im international tätigen Konzern zu folgenden Ergebnissen mit Blick auf die Anwendbarkeit der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung und des Transferpaketansatzes: – Beim Funktionstausch im Konzern muss eine kombinierte Betrachtung und Bewertung auf der Ebene des austauschenden Unternehmens erfolgen. Die Gewinnpotentialfolgen des Funktionstausches und nicht die isolierten, direkten Gewinnpotentialfolgen jeder individuellen Funktion sind die maßgeblichen Verrechnungspreisparameter. – Die Gewinnpotentialfolgen des Funktionstauschs werden auf der Ebene des die Funktionen tauschenden (substituierenden) Unternehmens durch die kombinierte, indirekte Transferpaketbewertung gem. § 3 Abs. 2 FVerlV methodisch zutreffend erfasst. – Allerdings ist festzuhalten, dass der Transferpaketansatz nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG ein rein deutscher ist und im Ausland nicht ungeprüft Anerkennung findet. Das gilt umso mehr für die kombinierte Anwendung des Transferpaketansatzes nach § 3 Abs. 2 FVerlV und einer Beteiligung mehrerer Staaten an dem konzerninternen Funktionstausch (mutlilateraler Funktionstausch im Konzern). – In die Richtung einer kombinierten Betrachtung zweier ausgetauschter Funktionen geht die Sonderregelung der Tz. 2.7.1 der VWG-FVerl, denn sie unterstellt, dass bei einer Substitution der Mindestpreis der abgegebenen Funktion regelmäßig Null ist, weil sie eben durch die „neue“ Funktion ersetzt wird. Diese „neue“ Funktion muss sich auf ein direktes Nachfolgeprodukt mit höherer Gewinnerwartung beziehen, wodurch die Anwendbarkeit der Substitutionsregelung sehr restriktiv geregelt wird. – Es zeigt sich bei der Anwendbarkeit des Substitutionsfalls, dass eine konventionelle Einzelverrechnungspreisbestimmung auf der Grundlage von Größen vor Steuern zu Verrechnungspreisen führen, die internationalen Grundsätzen der Einzelverrechnungspreisbestimmung folgen. Die Akzeptanz der Verrechnungspreisbildung bei einem Funktionstausch im Konzern steigt signifikant. Sofern der Substitutionsfall anwendbar ist, wird eine Einzelverrechnungspreisbestimmung über Lizenzen immer im Einigungsbereich sein, weil die Lizenzen regelmäßig zu einem Rückfluss größer Null führen. Die 134
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Voraussetzungen der zweiten Escape-Klausel in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG sind erfüllt. – In den komplexeren Fällen des Funktionstauschs, namentlich beim bilateralen, tätigkeitsexternen und beim multilateralen Funktionstausch, ist die kombinierte Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung über alle Funktionen und alle beteiligten Staaten in der Unternehmenspraxis nicht anwendbar. Es verbleiben für diese Fälle ausschließlich die Einzelverrechnungspreisbestimmungen, die international auf Akzeptanz stoßen und bezogen auf die beteiligten Funktionen und Staaten zu angemessenen, substantiellen und nachhaltigen Verrechnungspreislösungen führen.
E. Zusammenfassung und Ausblick Die Betrachtung des Austauschs von Funktionen im Konzern und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Bewertung des Transferpakets sind eine äußerst komplexe Materie. Die Analyse dieses Problemfelds erfordert es, die komplexen Fragestellungen und Bewertungsvorschriften, die mit der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung verbunden sind, in vielfacher und kombinierter Hinsicht zu stellen. Dies konnte im Rahmen der hier durchgeführten Untersuchung nur ansatzweise erfolgen, indem ausgewählte Aspekte systematisiert, besprochen und Lösungsansätzen zugeführt wurden. Die vielfältigen und komplexen Wirkungen der Funktionsverlagerungsbesteuerung erforderten es, die Arten des Funktionstauschs im Konzern zu systematisieren. In den vorangegangen Ausführungen sind folgende Arten des Funktionstauschs herausgestellt: (1) Substitutionsfall (2) Bilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern und -extern (3) Multilateraler Funktionstausch – tätigkeitsintern und -extern Beim Funktionstausch im Konzern sind stets mindestens zwei Funktionen, mindestens zwei Unternehmen und mindestens zwei Staaten betroffen, für die nach der reinen Lehre eine Transferpaketbewertung erforderlich ist, sei es direkt funktionsbezogen und isoliert für jede Funktion, sei es indirekt auf Ebene der Unternehmen durch eine Vorher-Nachher-Betrachtung i. S. d. § 3 Abs. 2 FVerlV. Allerdings kommen weitere, alternative Verrechnungspreisermittlungsvorschriften in Frage.
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Die bei einem Funktionstausch im Konzern grundsätzlich anwendbaren Verrechnungspreismethoden sind: (1) Der isolierte Transferpaketansatz für jede relevante Funktion (direkte Methode) nach der reinen Lehre isoliert-direkte Transferpaketbewertung auf Funktionsebene (2) Der kombinierte Transferpaketansatz nach der indirekten Methode kombiniert-indirekte Transferpaketbewertung auf Unternehmensebene (3) Die Sonderregelung des Nullansatzes im Substitutionsfall (Tz. 2.7.1 VWG-FVerl) substitutionsbezogene Transferpaketbewertung (4) Die Einzelverrechnungspreisbestimmung ohne Transferpaketansatz nach konventionellen Methoden (zulässig nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F.) nutzen- und gewinnorientierte Lizenzmethoden Bei einem internationalen Konzern ist eine weit reichende Einschlägigkeit der Funktionsverlagerungsbesteuerung in Fällen des Funktionstauschs – als Funktionsänderung – zu konstatieren. Diese resultiert aus der weit reichenden, ja exzessiven Atomisierung von tätigkeitsbezogenen Funktionen (z. B. Eigenproduktion – Produktion und Vertrieb) in produktbezogene Funktionen (z. B. Eigenproduktion Produkt ALT und Produkt NEU). Damit geht beim Funktionstausch im Konzern stets eine Analyse und Transferpaketbewertung von atomisierten Funktionen einher, obwohl auf der Tätigkeitsebene (gleich Unternehmensebene) mit Blick auf kritische Größen wie Umsatz, Gewinn oder Personal „nichts passiert“ oder sogar positive Auswirkungen feststellbar sind. Es zeigt sich, dass die Transferpaketbewertungsmethoden nach (1) bis (3) nur bedingt dafür geeignet sind, die Fälle des Funktionstausches sachgerecht zu lösen. Der isolierte, direkt-funktionsbezogene Transferpaketansatz ist vollumfänglich ungeeignet, weil er Substitutions- und Austauscheffekte auf Tätigkeits- und Unternehmensebene vollumfänglich vernachlässigt. Der kombinierte Transferpaketansatz gewährleistet, dass auf Ebene des Funktionstauschs durch die Vorher-NachherBetrachtung die Gesamtwirkungen in das Verlagerungskalkül Eingang finden und damit alle Handlungsalternativen in die Bewertung einfließen. Allerdings zeigt hier auch, dass der Transferpaketansatz kombiniert zu fragwürdigen Ergebnissen führt, die sowohl auf Ebene des austauschenden Unternehmens (z. B. Ausgleichszahlung bei kombinierter Betrachtung) und der anderen involvierten Unternehmen (z. B. kein Einigungsbereich bei abzugebender Funktion) anzutreffen sind. Unab136
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hängig von diesen Ergebnissen ist festzuhalten, dass der Transferpaketansatz beim Funktionstausch im Konzern sehr komplex, kompliziert und erklärungsbedürftig ist. Zudem sind die Verrechnungspreiswirkungen des Transferpaketansatzes ausschließlich Wirkungen der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung, die im Ausland nahezu unbekannt sind. Selbstredend führen diese komplexen und partiell fragwürdigen Ergebnisse zu einer Nichtakzeptanz im Ausland. Das Risiko von Doppelbesteuerungen insbesondere im multilateralen Fall ist sehr hoch. So stellt ein ausländischer Staat berechtigt die Frage, weshalb ein dort ansässiges Unternehmen einen funktionsbezogenen Geschäftswert (Funktionswert) auf der Basis isolierter Gewinnpotentiale vergüten soll, wenn doch das aufnehmenden und austauschende Unternehmen insgesamt von dem Funktionsaustausch – gemessen am Umsatz und Gewinn – profitiert. Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Sonderregelung für den Substitutionsfall nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl, die den Gedanken des Funktionstauschs mit kombinierter Betrachtung der beiden ausgetauschten, atomisierten Funktionen (Produkt und Nachfolgeprodukt) einführt. Allerdings ist diese Sonderregelung, die einen Mindestpreis von Null beim austauschenden Unternehmen unterstellt, nur eingeschränkt geeignet, praxisrelevante Austauschfälle im Konzern sachgerecht zu regeln. Die Voraussetzungen ihrer Anwendung sind viel zu restriktiv und m. E. einseitig fiskalorientiert – in die deutsche Richtung. Die Sonderregelung regelt eben nur den Substitutionsfall in reinster Form (Nachfolgeprodukt). Für alle weiteren, hier besprochenen Arten des Funktionstauschs bietet die Tz. 2.7.1 VWG-FVerl regelmäßig keine Lösung, es sei denn, man legt die Sonderregelung weit und analog aus. Die vorstehenden Grenzen der Anwendbarkeit des Transferpaketansatzes gelten umso mehr, wie Austauschfälle in bilaterale und multilaterale Fälle münden und hier lediglich im Inland kompensatorische Effekte entstehen. Selbst wenn man diese Effekte über die indirekte Vorher-Nachher-Betrachtung (§ 3 Abs. 2 FVerlV) korrekt berechnen könnte, entstehen diese allein auf Ebene des austauschenden Unternehmens. Die Verteilung dieser Effekte auf die beteiligten, nicht tauschenden, abnehmenden oder aufnehmenden Konzernunternehmen ist hingegen völlig ungeklärt und auch deshalb unpraktikabel. Dies mündet in einer praktischen und rechtlichen Unmöglichkeit, den deutschen Transferpaketsatz international und grenzüberschreitend anzuwenden.
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Als einzige Möglichkeit der Verrechnungspreisbildung beim Funktionstausch im Konzern verbleiben die international akzeptierten, konventionellen Einzelverrechnungspreismethoden. Diese Methoden richten sich an den relevanten Einzeltätigkeiten und -sachverhalten aus und enthalten regelmäßig Gewinnorientierungen oder eine Orientierung am wirtschaftlichen Nutzen des Unternehmens. Dies sehen elementare Rechtsvorschriften wie z. B. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 8 AStG; insbes. den darin enthaltenen hypothetischen Fremdvergleich, oder auch die OECDVerrechnungspreisrichtlinien vor. Einer gewinnpotentialorientierten Funktionsverlagerungsbesteuerung nach deutscher Eigenart bedarf es nicht. Daneben sind Einzelverrechnungspreismethoden uneingeschränkt geeignet, kompensatorische Auswirkungen auf Ebene des austauschenden Unternehmens in der Verrechnungspreisbildung zu berücksichtigen, denn Einzelverrechnungspreisbestimmungen weisen eine gewisse Flexibilität der Höhe nach auf, indem beispielsweise Bandbreiten ausgenutzt werden. Als Gesamtergebnis zum Funktionstausch und den Auswirkungen auf die Transferpaketbewertung ist deshalb festzuhalten: der Transferpaketbewertungsansatz ist ungeeignet, unpraktikabel und international unüblich, weshalb Fälle des Austauschs von Funktionen im Konzern über Einzelverrechnungspreisbestimmungen zu lösen sind, denn diese – berücksichtigen den wirtschaftlichen Nutzen aller am Austausch beteiligten Unternehmen; – weisen eine Flexibilität der Höhe nach auf, um kompensatorische Effekte auf Ebene des austauschenden Unternehmens bei der Verrechnungspreisbildung in Richtung anderer Konzernunternehmen zu berücksichtigen; – sind rechtlich umsetzbar und praxisorientiert; – können bilaterale und multilaterale Fälle auch komplexerer Art lösen; – heilen die sehr engen Anwendbarkeitsgrenzen der Sonderregelung des Substitutionsfalls nach Tz. 2.7.1 VWG-FVerl; – setzen auf Gewinn- und Verrechnungspreisgrößen vor Steuern auf, was internationalen Anforderungen entspricht; der unsachgemäße Paradigmenwechsel der Funktionsverlagerungsbesteuerung in Richtung Nach-Steuer-Größen wird vermieden;
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– folgen international gültigen Verrechnungsvorschriften und -methoden (z. B. Vor-Steuer-Methoden) und erfahren damit internationale Akzeptanz. Vor alledem ist abschließend zu urteilen, dass die dritte Escape-Klausel in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG n. F. ein Schritt in die richtige Richtung ist, wenngleich diese Vorschrift handwerkliche Fehler aufweist und viele Unsicherheiten im Konkreten zurücklässt.
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Diskussion I: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung Podiumsdiskussion Leitung Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Flick Gocke Schaumburg, Bonn Teilnehmer Prof. Dr. Hubertus Baumhoff Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Prof. Dr. Kaminski Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Helmut-SchmidtUniversität, Hamburg
Dr. Markus Frischmuth Tognum AG/MTU Friedrichshafen GmbH, Friedrichshafen
Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer Vors. Richter am BFH a. D. Rechtsanwalt und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Franz Hruschka Leitender Regierungsdirektor, Finanzamt München
Prof. Dr. Schaumburg Die Diskussion wollen wir mit dem von Herrn Dr. Frischmuth soeben vorgestellten Substitionsfall eröffnen. Wir wollen annehmen, dass die von ihm erwähnte PKW-Baureihe, die vor einem Modellwechsel steht, bislang einen Gewinn von 100 abgeworfen hat. Die Produktion soll in das Ausland verlagert werden, um somit letztlich im Inland die Kapazitäten für neue Baureihen zu schaffen, mit der in Zukunft ein Gewinn von 500 erwirtschaftet wird. Hierzu hat Herr Dr. Frischmuth die Ansicht vertreten, dass die Annahme eines Transferpaketes und damit eine Gesamtbewertung unangemessen sei. Wenn überhaupt, sei der Ansatz einzelner Verrechnungspreise geboten. Und im Übrigen – das klang soeben durch – habe dieser Vorgang überhaupt gar nichts mit § 1 AStG zu tun. Der deutsche Fiskus profitiere doch im Ergebnis von diesem 141
Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
Vorgang. Greift § 1 Abs. 3 AStG ein? Der Antrag auf verbindliche Auskunft ist gestellt, Herr Hruschka. Hruschka Solchen Anträgen nehmen wir uns natürlich auch gerne an. Prof. Dr. Kaminski Entschuldigung, darf ich da gleich mal zwischenfragen? Es gibt ja eine ständige Praxis der Finanzverwaltung, dass es keine verbindlichen Auskünfte gibt, wenn ein BMF-Schreiben angekündigt ist. Wie stehen Sie dazu? Hruschka Ob eine verbindliche Auskunft erteilt wird, hängt vom Einzelfall ab. Dem Grunde nach haben Sie vollkommen Recht, Herr Professor Kaminski, wenn ein BMF-Schreiben angekündigt ist, gibt es grundsätzlich keine verbindliche Auskunft. Man muss aber immer im Einzelfall beurteilen, ob ein angekündigtes BMF-Schreiben für den angefragten Fall eine große Relevanz hat. Ansonsten dürfte wegen des seit drei Jahren anstehenden Erlasses zum neuen Umwandlungssteuergesetz zu keiner einzigen Umwandlung irgendeine verbindliche Auskunft erteilt werden. Zum Fall: Es kommt auf das Delta zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert für die übertragenen Wirtschaftsgüter an. Angesprochen ist damit die Übertragung von Maschinen und Rechten. Zudem spielt am Ende wieder das Thema Goodwill eine Rolle. Es geht hierbei um die den über die Bewertung der Einzelwirtschaftsgüter hinausgehende im Rahmen einer Gesamtbewertung anzusetzende Restgröße, die im Rahmen der Funktionsverlagerung über § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG zu vergüten ist. Ich glaube, dass das hier nicht viel ist. Und ich muss auch ganz deutlich sagen, dass hier Art. 9 OECD-MA in die Betrachtung einzubeziehen ist, ob also dieses Delta abkommensrechtlich angesetzt werden darf. Ich könnte mir also durchaus vorstellen, die verbindliche Auskunft im vorgenannten Sinne zu erteilen. Prof. Dr. Schaumburg Herr Hruschka, Sie haben einen Hinweis gegeben, den wir direkt hier aufgreifen können. Die Frage ist nämlich, ob dieses Delta, von dem Sie gerade gesprochen haben, mit Blick auf Artikel 9 OECD-MA überhaupt 142
Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
einzubeziehen ist, wenn man davon ausgeht, dass hiernach nur Einzelwirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind. Herr Wassermeyer, ich bitte um Ihre Stellungnahme. Prof. Dr. Dr. h.c. Wassermeyer Ja, ich möchte allerdings allgemeiner anfangen. Ich halte es für einen Fehler des Gesetzgebers, dass er im § 1 AStG überhaupt den Begriff Funktion verwendet hat. Ich verstehe unter einer Funktion eine Aufgabe, aber das Gesetz sagt überhaupt nichts über die Ausübung dieser Aufgabe. Es ist offenkundig, dass viele Fälle nicht erfasst werden. Wenn etwa ein bekannter Fußballspieler, der in Deutschland groß geworden ist, auf der Höhe seines Leistungsvermögens zu einem ausländischen Verein wechselt, dann ist das eigentlich auch eine Art der Funktionsverlagerung. Entsprechendes gilt, wenn ein in Deutschland ansässiger Boxer in den USA um die Weltmeisterschaft kämpft, dann liegt das Besteuerungsrecht in erster Linie in den USA. Und wenn die USA eine Steuer erheben, die der deutschen entspricht, dann bleibt für Deutschland nichts übrig. Es gibt mit anderen Worten kein geschlossenes System, wonach Funktionsverlagerungen immer besteuert werden. Wenn das aber so ist, besteht kein Grund einen Goodwill in die Besteuerung einzubeziehen. Hieraus will der Gesetzgeber immerhin EUR 1,7 Mrd. mehr Steuern erzielen. Insoweit handelt es sich um eine besondere Goodwill-Besteuerung, die nur für Funktionsverlagerungen in das Ausland, aber nicht für solche in das Inland zur Anwendung kommt. Ebenso kommt es auch nicht zu einer Goodwill-Besteuerung bei Funktionsverlagerungen im Inland. Mit anderen Worten: Abgesehen von Betriebsund Teilbetriebsübertragungen verlangt der Gesetzgeber nur für Funktionsverlagerungen in das Ausland eine Gesamtbewertung und damit eine Goodwill-Besteuerung.1 Diese Differenzierung ist systematisch nicht zu rechtfertigen. Eigentlich gehört eine einheitliche Regelung in das Einkommensteuergesetz. Hier gilt aber der Grundsatz der Einzelbewertung. Wenn davon abgewichen werden soll, wenn also über Betriebe und Teilbetriebe hinaus, auch für Transferpakete eine Gesamtbewertung eingreifen soll, so bedarf es einer klaren Regelung, die § 1 Abs. 3 AStG indessen nicht enthält.
_____________ 1 Vgl. hierzu allerdings die bevorstehende Neuregelung nach dem JStG 2010.
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Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
Dr. Frischmuth Ich möchte aus Sicht der Praxis noch einige ergänzende Ausführungen machen. Im Prinzip kann man das Problem auf die folgende Frage reduzieren. Was ist die Residualgröße, was ist der Goodwill? Wegen der einseitigen Ausrichtung des § 1 Abs. 3 AStG, der nur die Funktionsverlagerung in das Ausland steuerlich erfasst, bleiben Folgewirkungen, wie sie bei Substitutionsfällen deutlich werden, unberücksichtigt. Ich bringe es auf den Punkt: Bei einem Substitutionsfall interessiert die Finanzverwaltung die neu übernommene Funktion, die die alte Funktion ersetzt, prinzipiell nicht. Das halte ich aus betriebswirtschaftlicher Sicht für falsch. Das ist die reine Funktionsverlagerungslehre der Finanzverwaltung, die leider Gesetz geworden ist und nur auf das „Verlagern“, nicht das „Austauschen“ fokussiert ist. Der darauf beruhende Transferpaketwert, der der deutschen Besteuerung zu Grunde gelegt wird, würde im Ausland nicht akzeptiert werden, so dass es regelmäßig zu einer Doppelbesteuerung kommt. Im Falle von Verständigungsverfahren wird sich Deutschland wohl kaum durchsetzen können. Prof. Dr. Schaumburg Herr Professor Wassermeyer hat eben deutlich gemacht, dass die im § 1 Abs. 3 AStG geregelte Funktionsverlagerungsbesteuerung eine Sonderregelung darstellt. Besteht die Gefahr, dass diese Regelung, speziell etwa der Transferpaketansatz, auch auf andere Einkünftekorrekturnormen übertragen wird. Bitte, Herr Kaminski. Prof. Dr. Kaminski Ja, Sie können das aus meiner Sicht am einfachsten sehen in der Regelung zur Betriebsstätte. Wenn Sie sich an die neuen Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze2 und an den Entwurf der VerwaltungsgrundsätzeFunktionsverlagerungen3 erinnern, dann steht da drin, dass im Verhältnis von Stammhaus und Betriebsstätte der Fremdvergleichsgrundsatz gilt. Es wird der Eindruck erweckt, als würde auch der Transferpaketansatz für Stammhaus und Betriebsstätte gelten. Das steht da so explizit nicht drin, aber „zwischen den Zeilen“ wird dies deutlich erkennbar. Und das führt zu der Überlegung, ob das möglicherweise auch für die verdeckte Gewinnausschüttung gilt. Die Frage lautet also: Ist immer _____________ 2 BMF v. 25.8.2009, BStBl. I 2009, 888. 3 Vom 3.12.2009.
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Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
dann, wenn der Fremdvergleichspreis für Funktionsverlagerungen zu bestimmen ist, § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG anzuwenden? Das ist natürlich nicht der Fall. Aber es besteht die Gefahr, und dies wird gestützt durch die Herangehensweise der Finanzverwaltung, dass alle Fälle der Funktionsverlagerungen unter dem Gesichtspunkt des Transferpaketansatzes gelöst werden. Prof. Dr. Schaumburg Herr Hruschka, Sie sind noch einmal aufgefordert, Stellung zu nehmen. Hruschka Zunächst zur Kaminski-These, wonach § 1 Abs. 3 AStG eine Art Infektionswirkung auf andere Korrekturtatbestände des nationalen Rechts entfalten könnte. Das glaube ich nicht, und zwar deshalb, weil es einhellige Auffassung ist, dass der Regelungskreis des § 1 AStG nur greift, soweit die anderen nationalen Korrekturvorschriften nicht zur Anwendung kommen. Es ist allerdings richtig, dass man bei der Lektüre des Entwurfs Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerungen4 zum Ergebnis kommen könnte, die Funktionsverlagerung solle auch auf Betriebsstättenaspekte ausgedehnt werden. Da gibt es immer wieder diese Überlegungen, die ja auch in der OECD gelegentlich diskutiert werden, dass quasi rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zu berücksichtigen seien. Meine persönliche Auffassung ist, dass letzten Endes ohne eine entsprechende Änderung des nationalen Rechts mangels Geschäftsbeziehung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte die vorstehenden Überlegungen nicht Platz greifen können. Zum nächsten Thema: Professor Wassermeyer hat gesagt, dass die Frage der Gesamtbewertung bei Funktionsverlagerungen – wenn überhaupt – einheitlich im Einkommensteuergesetz hätte geregelt werden müssen. Da möchte ich einfach nur bei der Gelegenheit kurz daran erinnern, dass das im Rahmen der Entwürfe zum SEStEG angedacht wurde. Hier wurde die Überlegung angestellt, auch Nutzungseinlagen zu regeln mit der Folge, dass § 1 AStG insoweit hinfällig geworden wäre. Dies hätte dazu geführt, dass etwa das zinslose Darlehen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft als verdeckte Einlage zu einer Einkünftekorrektur geführt hätte. Das heißt, jeder Nutzungstransfer zwischen Gesellschafter und Gesellschaft wäre korrekturbedürftig geworden. Das hat man seinerzeit in den Vorüberlegungen zum SEStEG _____________ 4 Vom 3.12.2009.
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Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
erkannt und meines Erachtens voll und ganz zu Recht letztlich nicht umgesetzt, so dass die Nutzungseinlage im § 1 AStG als Regelung verblieben ist. Insofern sind dann die weiteren Überlegungen im § 1 Abs. 3 AStG meines Erachtens konsequent. Nun der letzte Aspekt: Herr Dr. Frischmuth hatte soeben den Substitutionsfall angesprochen. Im Ergebnis meint er, betriebswirtschaftlich sei eine kompensierende Betrachtung zwischen übertragender und neu aufgenommener Funktion geboten. Das ist betriebswirtschaftlich richtig, steuerrechtlich sind das aber zwei verschiedene Vorgänge, die auch isoliert abzuhandeln sind. Prof. Dr. Baumhoff Eine kompensatorische Betrachtung ist im Rahmen des § 1 AStG als Vorteilsausgleich allerdings keineswegs unüblich. Dieser Vorteilsausgleich ist in den Verwaltungsgrundsätzen aus 1983 geregelt.5 Das ist im Ergebnis eine Saldo-Betrachtung. Voraussetzung ist aber, dass dieser Vorteilsausgleich vorher vereinbart wurde. Dann können Vor- und Nachteile aus dem einen mit dem anderen Geschäft kompensiert werden, so dass nur das Delta zu versteuern ist. Dr. Frischmuth Nur eine Ergänzung: Der Vorteilsausgleich stößt aber auf Grenzen, wenn es sich um multilaterale Sachverhalte handelt. Prof. Dr. Schaumburg Zum Abschluss: Sollte § 1 Abs. 3 AStG wie angekündigt6 geändert werden, wäre es dann nicht so, dass dann die Funktionsverlagerungsbesteuerung mit dem Transferpaketansatz in der Praxis die Ausnahme wird? Prof. Dr. Baumhoff Ich glaube nicht, dass die Funktionsverlagerungsbesteuerung damit sozusagen erledigt ist. Die Einzelbewertung setzt nämlich voraus, dass nachgewiesen wird, dass einzelne immaterielle und materielle Wirtschaftsgüter übergehen. Soweit darüber hinaus Teilbetriebe und Betriebe übergehen, kommt es ohnehin zum Ansatz eines höheren Wertes, weil insoweit in Übereinstimmung mit dem auch im Übrigen geltenden Grundsätzen, eine Gesamtbewertung erfolgt. Hier ist der anzuset_____________ 5 Tz. 2.3 des BMF-Schreibens v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218. 6 Entwurf eines JStG 2010.
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Podiumsdiskussion: Verwaltungsgrundsätze – Funktionsverlagerung
zende Wert in aller Regel höher als die Summe der Einzelwerte für die übergehenden materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter. Damit wird im Ergebnis der Goodwill berücksichtigt. Die Neuregelung führte also dazu, dass alles was unterhalb von einem Teilbetrieb oder Betrieb übergeht, einer Einzelbewertung zugänglich wäre. Das würde dann auch international wieder akzeptiert und würde letztlich auch keinen europarechtlichen Zweifeln ausgesetzt.
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Lizenzierung von Funktionsverlagerungen vs. Sofortbesteuerung Prof. Dr. Hubertus Baumhoff Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Inhaltsübersicht A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . 149 B. Funktionsverlagerung im Wege der Übertragung oder Überlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
C. Ableitung angemessener Lizenzsätze bei Überlassung einer Funktionsverlagerung . . . . . . . . . 155 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . 160
A. Problemstellung Durch das UntStRefG 20081 wurde in § 1 AStG eine Regelung zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen eines inländischen Unternehmens auf ein ausländisches nahe stehendes Unternehmen aufgenommen. In diesem Zusammenhang ordnet die Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG an, das im Rahmen der Funktionsverlagerung übergehende „Transferpaket“ als Ganzes unter Berücksichtigung des mit der Funktion verbundenen Gewinnpotentials zu bewerten.2 Was unter einer Funktionsverlagerung im Einzelnen zu verstehen ist, wird nicht im Gesetz selbst, sondern in § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV3 definiert. Demnach liegt eine Funktionsverlagerung vor, „wenn ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderen, nahe stehenden Unternehmen (übernehmendes Unternehmen) Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile _____________ 1 Vgl. UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 2 Zu Einzelheiten der Besteuerung von Funktionsverlagerungen nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG vgl. auch Greinert, in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 558 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1649; Wassermeyer, FR 2008, 67; Brandenberg, BB 2008, 864; Kroppen/Rasch/Eigelshoven, IWB 2007, 2207 ff.; Frotscher, FR 2008, 49; Kaminski, RIW 2007, 594; Oestreicher/Hundeshagen, DB 2008, 1637, 1693; Looks/Scholz, BB 2007, 2541. 3 Vgl. FVerlV v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680, die auf Basis der in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG enthaltenen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung erstellt wurde. Eine Rechtsverordnung hat materiellen Gesetzescharakter und bindet die Finanzverwaltung, die Finanzgerichte und die Steuerpflichtigen gleichermaßen.
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Baumhoff – Lizenzierung von Funktionsverlagerungen vs. Sofortbesteuerung
sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt“. Der Begriff Funktionsverlagerung ist insofern als ein übergeordneter Begriff zu verstehen, der sowohl die „Übertragung“ als auch die „Überlassung“ zur Nutzung beinhaltet. Im Rahmen des EU-Umsetzungsgesetzes4 hat der Gesetzgeber § 1 Abs. 3 Satz 9 und 10 AStG neu gefasst. Auch nach der Gesetzesänderung ist in Satz 9 weiterhin von „übertragenenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter(n)“ die Rede. Während im Fall der Übertragung das wirtschaftliche Eigentum an den jeweiligen Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen auf den Erwerber übergeht, verbleibt bei einer Überlassung zur Nutzung das wirtschaftliche Eigentum bei dem ursprünglichen Unternehmen. Das empfangende Unternehmen darf die Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile lediglich für einen begrenzten Zeitraum nutzen. Typischerweise erfolgt eine solche Überlassung zur Nutzung im Wege einer Lizenzierung oder Verpachtung. Damit wird jedenfalls deutlich, dass Übertragung einerseits und Überlassung andererseits zwei verschiedene Transaktionsarten mit einem wesentlichen wirtschaftlichen Unterschied sind, nämlich dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Während der Empfänger bei einer Übertragung das wirtschaftliche Eigentum erhält und insofern die übernommenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile in beliebiger Weise verwenden kann, ist der Empfänger bei einer Überlassung regelmäßig in einen engen Rechtsrahmen eingebunden, der die Nutzung der Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile nur für konkret definierte Produktarten, Regionen usw. zulässt. Insofern verbleiben bei einer Nutzungsüberlassung deutlich geringere Freiheitsgrade und damit unternehmerische Möglichkeiten. Darüber hinaus erfolgt eine Nutzungsüberlassung generell nur zeitlich begrenzt. Insofern kann der Empfänger den Nutzen aus den Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen nur für einen vertraglich vereinbarten Zeitraum ziehen. Nach Ablauf dieses Zeitraums fallen diese an den wirtschaftlichen Eigentümer zurück. Mithin wird deutlich, dass Übertragung und Überlassung nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich zwei verschiedene Transaktionsarten sind, die einen unterschiedlichen Nutzen versprechen. Der erwar_____________ 4 Siehe Art. 9a des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 5.3.2010. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 26.3.2010 zugestimmt; s. BR-Drucks. 107/10.
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tete Nutzen ist freilich das Kriterium zur Bestimmung eines Werts und damit letztlich der Verrechnungspreise von Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen.5 Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend untersucht werden, inwieweit sich die Verrechnungspreise bei einer Funktionsverlagerung in Abhängigkeit davon unterscheiden, ob eine Übertragung oder Überlassung vorliegt.
B. Funktionsverlagerung im Wege der Übertragung oder Überlassung Bei einer Funktionsverlagerung ist zunächst zu klären, ob ein Transferpaket übertragen oder zur Nutzung überlassen wird. Es kommt also auf die Frage an, welcher Gesellschaft das Eigentum an den Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen zuzuordnen ist. Nach deutschem Steuerrecht sind Wirtschaftsgüter nur im ersten Prüfungsschritt dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzuordnen.6 Insofern bietet sich zunächst die Art des Vertrags für eine Zuordnung an: Während bei einem Kaufvertrag das rechtliche Eigentum übergeht (Übertragung), verbleibt bei einem Lizenz- oder Pachtvertrag das rechtliche Eigentum bei der ursprünglichen Gesellschaft (Überlassung). Letztlich entscheidend ist jedoch der zweite Prüfungsschritt, bei dem das wirtschaftliche Eigentum zugeordnet wird. So kann sich eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zuordnung ergeben, wenn ein anderer (etwa der Lizenznehmer) die tatsächliche Sachherrschaft über die Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile in der Weise ausübt, dass er den rechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf sie wirtschaftlich ausschließen kann (wirtschaftliches Eigentum).7 Zur Klärung der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums wird nach allgemeinem Verständnis darauf abgestellt, wer nach dem Gesamtbild der Umstände Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten der Wirtschaftsgüter und der sonstigen Vorteile trägt.8 Insofern sind insbesondere die vertraglichen Vereinbarungen zwischen _____________ 5 So stellt etwa § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG ausdrücklich klar, dass die Bewertung des Transferpakets unter Berücksichtigung des Gewinnpotentials – also des erwarteten Nutzens – zu erfolgen hat. 6 Vgl. § 39 Abs. 1 AO. 7 Vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. 8 Vgl. nur BFH v. 28.4.1977 – IV R 163/75, BStBl. II 1977, 553; v. 7.11.1991 – IV R 43/90, BStBl. II 1992, 398.
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den beteiligten Unternehmen zu prüfen.9 Generell bereitet es allerdings meist erhebliche Schwierigkeiten, das wirtschaftliche Eigentum zuzuordnen.10 Dabei erweist es sich insbesondere als nachteilig, dass die Frage des wirtschaftlichen Eigentums i. S. d. § 39 AO mit Bezug auf Funktionsverlagerungen bisher weder durch Rechtsprechung entschieden noch durch Verwaltungsanweisungen der deutschen Finanzverwaltung konkretisiert wurde. Es verbleibt daher letztlich nur eine Bezugnahme auf die allgemeine BFH-Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Eigentum im Zusammenhang mit Mietkauf und Leasing sowie die hierzu seitens der Finanzverwaltung herausgegebenen BMF-Schreiben (sog. LeasingErlasse11). Dass sich diese BMF-Schreiben auch für Funktionsverlagerungen und die dabei primär interessierenden immateriellen Wirtschaftsgüter eignen dürften, ergibt sich insbesondere daraus, dass die darin enthaltenen Grundsätze auch speziell für Filmrechte – also immaterielle Wirtschaftsgüter – zur Anwendung kommen.12 Wenn also ein Lizenzvertrag (oder Pachtvertrag) vereinbart wurde, kommt es unter Bezugnahme auf diese Anforderungen für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums an den bei einer Funktionsverlagerung beteiligten Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen vor allem auf die folgenden Kriterien an: – Laufzeit des Lizenzvertrages, – Art des Lizenzvertrags (exklusive, alleinige oder einfache Lizenz), – Höhe der Lizenzentgelte für die Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile über die Laufzeit des Vertrages im Verhältnis zum Wert der Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile, – Recht zur Einräumung von Unterlizenzen, – Übernahme von Chancen und Risiken im Hinblick auf Wertveränderungen der lizenzierten Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile, – Übernahme der Aufgaben und Kosten im Zusammenhang mit der Erhaltung des rechtlichen Schutzes der beteiligten immateriellen Wirtschaftsgüter, _____________ 9 Vgl. Baumhoff/Bodenmüller in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2. Aufl., 369 f. 10 Vgl. Portner in Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, 1994, 78 ff.; Strunk in Schaumburg/Piltz, Veräußerungsgewinne im Internationalen Steuerrecht, 2004, 57 ff. 11 Vgl. insbesondere BMF v. 19.4.1971, BStBl. I 1971, 264. 12 Vgl. den sog. „Medienerlass“, BMF vom 23.2.2001, BStBl. I 2001, 175.
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– Ordentliche und außerordentliche Kündigungsrechte des Lizenzgebers, – Kaufoptionsrechte des Lizenznehmers und Andienungsrechte des Lizenzgebers. Mit Bezug auf diese Kriterien lässt sich am ehesten von einer Überlassung zur Nutzung ausgehen, wenn – die Dauer des Lizenzvertrags möglichst kurz ist, – nur eine einfache Lizenz vereinbart wird, – dem Lizenznehmer kein Recht zur Einräumung von Unterlizenzen gewährt wird, – der Lizenzgeber die Risiken im Hinblick auf Wertveränderungen der lizenzierten Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile trägt, – die Maßnahmen zur Erhaltung des Schutzes der beteiligten immateriellen Wirtschaftsgüter von dem Lizenzgeber übernommen werden, – der Lizenzgeber über außerordentliche Kündigungsrechte verfügt und – dem Lizenznehmer keine Kaufoptionsrechte eingeräumt werden. Anhand der Vielzahl der Kriterien und den möglicherweise entgegengesetzt wirkenden Ausprägungen bei einzelnen Kriterien bereitet es in der Praxis häufig Probleme, das wirtschaftliche Eigentum zuzuordnen. Die Finanzverwaltung scheint sich dieser Abgrenzungsprobleme durchaus bewusst zu sein. Insofern ist es begrüßenswert, dass in § 4 Abs. 2 FVerlV eine praktikable Regelung für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums aufgenommen wurde. Demnach wird auf Antrag des Steuerpflichtigen von einer Überlassung ausgegangen, wenn die Frage der Übertragung oder Überlassung aufgrund bestehender Zweifel nicht eindeutig geklärt werden kann.13 Der Verordnungsgeber will durch dieses faktische Wahlrecht zugunsten des Steuerpflichtigen eine Sofortversteuerung („ggf. erheblicher“14) stiller Reserven (Differenz zwischen dem Fremdvergleichspreis und dem Buchwert) vermeiden, um besteuerungsbedingte unerwünschte Liquidationsprobleme nicht aufkommen zu lassen.15 Dieses Wahlrecht basiert aber wirtschaftlich und rechtlich auf zwei unterschiedlichen Sachverhalten. Bei einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteile auf _____________ 13 Vgl. § 4 Abs. 2 FVerlV. 14 Begründung zu § 4 Abs. 2 FVerlV, BR-Drucks. 352/08. 15 Vgl. Wassermeyer/Baumhoff/Greinert, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Anm. V 91 f. zu § 1 AStG.
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das funktionsübernehmende Unternehmen kommt es zu einer vollständigen Aufdeckung und Versteuerung der in den übertragenen Wirtschaftsgütern und Vorteilen ruhenden stillen Reserven bei dem funktionsabgebenden Unternehmen, und zwar sofort. Hier ist dann eine Lizenzierung nicht mehr möglich, sondern allenfalls eine Ratenzahlung des funktionsübernehmenden Unternehmens, was das Problem der Sofortversteuerung der stillen Reserven mit entsprechendem sofortigen steuerbedingten Liquiditätsentzug beim funktionsabgebenden Unternehmen nicht löst. Betriebswirtschaftlich liegt hier dann quasi ein Mietkauf vor. Verbleibt dagegen das wirtschaftliche Eigentum bei dem funktionsabgebenden Unternehmen und wird dem funktionsübernehmenden Unternehmen nur eine Nutzung des Transferpakets gestattet, so ist dies als eine Lizenzierung zu qualifizieren. Diese Situation wäre dann einer Teilbetriebsverpachtung ähnlich;16 man könnte auch von einer Funktions- bzw. Transferpaketverpachtung sprechen. Steuerliche Folge wäre, dass das funktionsabgebende Unternehmen die Lizenzerträge versteuern müsste, und zwar im Zeitablauf mit ihrer Realisierung. Es kommt dann jedoch nicht zu einer Übertragung von Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen, so dass sich die in ihnen enthaltenen stillen Reserven erst im Zeitablauf über die Lizenzerträge auflösen.17 In diesem Zusammenhang soll noch ein für die Besteuerung weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Übertragung und Überlassung erwähnt werden. Bei Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter (als Bestandteile einer Funktionsverlagerung) im Wege der Lizenzierung behalten sich die meisten Fisci den Einbehalt von Quellensteuer vor,18 wobei die Höhe dieser Quellensteuer häufig durch Doppelbesteuerungsabkommen19 oder andere Vorschriften (insbesondere EU-Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie20) reduziert wird. Bei Erhebung von Quel_____________ 16 So zutreffend Kroppen, in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Tz. 147 zu Erläuterungen FVerlV. 17 Vgl. Baumhoff/Bodenmüller, in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2. Aufl., 350 f.; Greinert, in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 570. 18 Vgl. etwa aus deutscher Perspektive § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG, § 50a Abs. 4 Nr. 3 EStG. 19 Vgl. insbesondere Art. 12 OECD-MA. 20 Vgl. Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3.6.2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, (ABl. EG Nr. L 157, 49).
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lensteuer besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, die so entstehende Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder Abzug zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren.21 Bei der Abzugsmethode lässt sich die Quellensteuerbelastung jedoch nicht vollständig eliminieren, so dass eine Definitivbelastung eintritt. Selbst wenn die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt, können Anrechnungsüberhänge entstehen. Dann führt die ausländische Quellensteuer auch bei Anwendbarkeit der Anrechnungsmethode zu einer Definitivbelastung und einer Erhöhung der Steuerquote. Vor diesem Hintergrund ist es bei einer Funktionsverlagerung von Bedeutung festzustellen, ob eine Übertragung oder Überlassung vorliegt. Es ergeben sich jedoch nicht nur die oben dargestellten Auswirkungen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung und den Anfall von Quellensteuer. Vielmehr hat die Frage der Übertragung und Überlassung auch selbst Auswirkungen auf die Höhe des maßgebenden Verrechnungspreises für die Funktionsverlagerung.
C. Ableitung angemessener Lizenzsätze bei Überlassung einer Funktionsverlagerung Was die Höhe der angemessenen Lizenzsätze für die Überlassung der Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile bei einer Funktionsverlagerung angeht, so gilt zunächst das allgemeine Stufenverhältnis hinsichtlich der Anwendung der Verrechnungspreismethoden. Demnach sind die Lizenzsätze primär gemäß dem tatsächlichen Fremdvergleich zu ermitteln.22 Der tatsächliche Fremdvergleich dürfte allerdings nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, weil es keinen Markt für die Überlassung von Transferpaketen gibt bzw. solche Überlassungen zwischen fremden Dritten nur schwer denkbar sind.23 Zudem gelten die bei der Lizenzierung immaterieller Wirtschaftsgüter bestehenden Vorbehalte ggü. der Anwendung der Preisvergleichsmethode24 im Fall der Überlassung einer Funktionsverlagerung entsprechend. _____________ 21 Vgl. § 34c EStG. 22 Mit der klarstellenden Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 1 FVerlV wird die Gültigkeit dieses allgemeinen Stufenverhältnisses auch für Funktionsverlagerungen anerkannt. 23 Vgl. Kleineidam/Baumhoff/Seutter, DB 1986, 233 für die Bestimmung angemessener Pachtzinsen bei (Teil-)Betriebsverpachtungen sowie Kroppen, in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Tz. 147 zu Erläuterungen FVerlV. 24 Vgl. im Einzelnen Greinert, RIW 2006, 451 f.
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Selbst wenn am Markt Werte für die Übertragung der im Rahmen einer Funktionsverlagerung übertragenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile ermittelt werden könnten, wäre es nicht vertretbar, die angemessenen Lizenzsätze für die Überlassung unmittelbar aus den Werten für die Übertragung abzuleiten. Wirtschaftlich macht es einen erheblichen Unterschied, ob das „Stammrecht“ beim funktionsabgebenden Unternehmen bleibt (Überlassung) oder auf das funktionsübernehmende Unternehmen übergeht (Übertragung). Verbleibt das Stammrecht beim funktionsabgebenden Unternehmen, darf das funktionsübernehmende Unternehmen das Stammrecht nicht vollumfänglich, sondern nur in der Weise nutzen, wie es im zugrunde liegenden Vertrag vereinbart wurde, etwa beschränkt auf einzelne Produktgruppen oder Regionen. Die Nutzung wird auch häufig in der Weise beschränkt, dass eine anderweitige Verwertung, etwa durch Sublizenzierung, untersagt wird. Möglicherweise wird sogar anderen Unternehmen gestattet, ebenfalls das Stammrecht zu nutzen (einfache Lizenz). Zudem muss das funktionsübernehmende Unternehmen die überlassene Funktion bei Beendigung der Nutzungsüberlassung wieder zurückgeben. Diese Rückübertragung stellt dann allerdings keine weitere entgeltpflichtige Funktionsverlagerung dar.25 Die Ursprungsgesellschaft hat vielmehr nach Rückgabe der Funktion sogar die Möglichkeit, sie selbst zu nutzen, auf ein weiteres Konzernunternehmen zu übertragen oder anderweitig zu verwerten und hierfür erneut ein Entgelt zu verlangen. Bei einem Übergang des Stammrechts auf das funktionsübernehmende Unternehmen wäre diese Möglichkeit hingegen ausgeschlossen. Die Wahl zwischen Übertragung und Überlassung einer Funktion führt zu gravierenden Unterschieden im Hinblick auf den erwarteten Nutzen aus der Funktion. Solche betriebswirtschaftlichen Abweichungen müssen auch entsprechende steuerliche Unterschiede hinsichtlich der Höhe der Entgelte zur Folge haben.26 So wird auch ausdrücklich in den OECD-Richtlinien 1995 darauf hingewiesen, dass diese Unterschiede die Vergleichbarkeit und damit die Höhe des angemessenen Entgelts beeinflussen.27 Bei der Überlassung ist im Rahmen der Kalkulation des Lizenzentgelts vor allem von Bedeutung, ob der Lizenznehmer (funktionsübernehmen_____________ 25 Vgl. Brüninghaus/Bodenmüller, DStR 2009, 1288. 26 A. A. wohl Kroppen, in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Tz. 147 zu Erläuterungen FVerlV. 27 Vgl. Tz. 6.20 OECD-Richtlinien 1995.
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des Unternehmen) zur Substanzerhaltung der Funktion verpflichtet ist.28 Wäre dies der Fall, so müsste die Funktion bei Beendigung der Nutzungsüberlassung in dem bei Beginn der Überlassung gegebenen Zustand unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zurückgegeben werden. Letztlich ist es daher i. d. R. erforderlich, zur Ableitung der angemessenen Lizenzsätze für die Überlassung einer Funktion auf den hypothetischen Fremdvergleich abzustellen. Konkret kommen dabei meist gewinnorientierte Verrechnungspreismethoden zur Anwendung, bei denen auf den aus der Funktion resultierenden Gewinn abgestellt wird. Hierbei kann auch unmittelbar auf die Vorschläge Bezug genommen werden, welche die Literatur29 bereits vor langer Zeit zur mathematisch exakten Ermittlung von Pachtzinsen bei konzerninternen Pachtverhältnissen gemacht hat. Die Grundüberlegungen bei der Verpachtung eines Betriebs oder Betriebsteils sind jedenfalls vergleichbar mit denen bei der Überlassung einer Funktion. Diese Vorschläge enthalten sogar schon die Einigungsbereichsbetrachtung, wie sie nunmehr § 1 Abs. 3 Sätze 5 ff. AStG vorsieht. Allerdings erfordern diese Kalkulationen einen erheblichen mathematischen Aufwand. Daher sind sie – in der mathematisch exakten Anwendung – nur begrenzt praktikabel. Es ist daher zu diskutieren, inwieweit Vereinfachungen möglich sind. In der Besteuerungspraxis haben sich mittlerweile vereinfachte Verrechnungspreismethoden herausgebildet, bei denen zugleich die gewünschte Gewinnorientierung gegeben ist. Die wohl bekannteste Vereinfachung bildet die sog. Knoppe-Formel.30 Wenngleich sie konzeptionell angreifbar ist, so werden in der Verrechnungspreispraxis Lizenzsätze für immaterielle Wirtschaftsgüter oft nach dieser Formel verprobt.31 Diese Formel sieht für den Lizenzgeber (hier: funktionsabgebendes Unternehmen) eine Lizenz i. H. v. 25 % bis 331/3 % des vorkalkulierten Gewinns des Lizenznehmers (hier: funktionsübernehmendes Unternehmen) aus den zur Nutzung überlassenen immateriellen Wirtschaftsgütern (hier:
_____________ 28 29 30 31
Vgl. Kleineidam/Baumhoff/Seutter, DB 1986, 233. Vgl. Kleineidam/Baumhoff/Seutter, DB 1986, 233. Vgl. Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und Know-how-Verträge, 1972. Zur Eignung der Knoppe-Formel in der Praxis vgl. Zech, IStR 2009, 419, Ditz, IStR 2009, 423.
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Transferpaket) ohne Berücksichtigung der Lizenzgebühr vor.32 Mithin verbleibt nach dieser Formel der größere Teil des durch die Überlassung der Funktion erwirtschafteten Gewinns beim Lizenznehmer (hier: funktionsübernehmenden Unternehmens). Dies ist auch insoweit gerechtfertigt, als der Lizenznehmer umfassendere Aktivitäten übernimmt und höhere wirtschaftliche Risiken (z. B. Vermarktungsrisiko, Kapitaleinsatzrisiko) trägt; insofern hat er auch Anspruch auf einen größeren Anteil des Einigungsbereichs.33 Auch wenn die Knoppe-Formel wegen ihrer Herleitung und pauschalen Vorgehensweise vielfach Kritik erfährt,34 so gibt es mittlerweile recht umfassende Studien, die ihren Gehalt bestätigen und präzisieren. Interessant ist dabei, dass diese Studien nicht aus dem Bereich des Steuerrechts, sondern des gewerblichen Rechtschutzes (IP-Recht) stammen. Dies ist auch nachvollziehbar, weil die Lizenzierung immaterieller Wirtschaftsgüter (Marken, Patente usw.) zwischen fremden Dritten ein vornehmliches Betätigungsfeld des gewerblichen Rechtschutzes darstellt. Hier gibt es eine umfassende Datengrundlage, anhand derer allgemeine Erkenntnisse abgeleitet werden können. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Goldscheider. Dieser hatte bereits vor Jahrzehnten die sog. „25 %Rule“ zur Ermittlung angemessener Lizenzsätze auf Basis eigener empirischer Studien sowie Vorarbeiten anderer Experten abgeleitet. Diese Regel besagt, dass ein angemessener Lizenzsatz so zu bemessen ist, dass der Lizenzgeber 25 % des mit den lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgütern generierten (erwarteten) Gewinns erhält.35 Bei diesen immateriellen Wirtschaftsgütern handelt es sich um ein Bündel aus Patenten, Know-how, Marken usw. Damit weist die „25 %-Rule“ eine erhebliche Ähnlichkeit zu der „Knoppe-Formel“ auf. _____________ 32 Vgl. hierzu im Einzelnen Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Anm. 715.2 zu § 1 AStG; Greinert, RIW 2006, 454. 33 Vgl. Bernhardt/van der Ham/Kluge, Ubg 2009, 247; Haas, Ubg 2008, 519; Goldscheider/Jarosz/Mulhern, Les Nouvelles 2002, 124. 34 Knoppe betont auch in seinem Buch „Die Besteuerung der Lizenz- und Know-howVerträge“, 1972, 101, dass es sich bei seiner Formel um einen „recht vagen Anhaltspunkt“ handele. Überdies ist anzumerken, dass Knoppe die nach ihm benannte „Formel“ nicht selbst entwickelt bzw. empirisch nachgewiesen hat. Er verweist an der entsprechenden Stelle (S. 102) lediglich auf ein 54 Jahre altes Werk von Neuberg. 35 Vgl. Goldscheider/Jarosz/Mulhern, in Parr, Royalty Rates for Licensing Intellectual Property, 2007, 31; Granstrand, Les Nouvelles 2006, 179.
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Basierend auf einem Datensatz von über 1.500 Lizenzverträgen aus 15 verschiedenen Branchen haben Goldscheider/Jarosz/Mulhern vor wenigen Jahren untersucht, inwieweit diese „25 %-Rule“ noch Bestand hat bzw. inwieweit sie ausdifferenziert werden kann.36 Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass bei Bezugnahme auf sämtliche Lizenzverträge und Branchen der Anteil des dem Lizenzgeber zustehenden Gewinns 26,7 % (ausgedrückt als Median) beträgt. Wenn aus dem Gesamtbestand der Lizenzverträge nur die erfolgreichen37 Lizenzverträge ausgewählt wurden, beträgt der Anteil des dem Lizenzgeber zustehenden Gewinns 22,6 % (ebenfalls ausgedrückt als Median). Es gab zwar auch Vereinbarungen, bei denen deutlich höhere oder deutlich niedrigere Lizenzsätze vereinbart waren. Dies ist auch nicht verwunderlich, hängt der zugrunde gelegte Lizenzsatz von den Spezifika des jeweiligen immateriellen Wirtschaftsguts, aber auch der Aufteilung der Funktionen und Risiken zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer ab. Bei einer Durchschnittsbetrachtung über so viele Lizenzverträge (über 1.500) lässt sich jedoch feststellen, dass im Normalfall eine Zuordnung von ca. 25 % des erwarteten Gewinns auf den Lizenzgeber nicht unangemessen ist. Damit ist es bei einer Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter zwischen fremden Dritten gerade nicht üblich, dass sich Lizenzgeber und Lizenznehmer den aus den lizenzierten Gütern erwarteten Gewinn hälftig teilen. Entgegen der Auffangnorm in § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG, die den Ansatz des Mittelwerts und insofern eine hälftige Teilung des Gewinns im Zweifelsfall vorsieht,38 lässt sich auf Basis umfassender statistischer Untersuchungen glaubhaft machen, dass der Lizenznehmer den größeren Teil des erwarteten Gewinns für sich beanspruchen kann.39 Der Lizenzgeber muss sich demnach mit dem geringeren Anteil begnügen. Dabei zeigen jüngste Untersuchungen, dass im Normalfall eine Orientierung bei 25 % des Gewinns angemessen ist. Die durch die Knoppe-Formel vorgegebene Bandbreite von 25 % bis 331/3 % ist – jeden_____________ 36 Vgl. Goldscheider/Jarosz/Mulhern, Les Nouvelles 2002, 123 ff. 37 Ein erfolgreicher Lizenzvertrag liegt gemäß dieser Studie dann vor, wenn die unter Verwendung der Lizenz realisierte Gewinnmarge im Top Quartil der Gewinnmargen der jeweiligen Branche liegt. Vgl. Goldscheider/Jarosz/Mulhern, Les Nouvelles 2002, 133. 38 Kritisch zur generellen hälftigen Teilung vgl. Kleineidam, in Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, 1994, 119 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1950 f.; Frotscher, FR 2008, 54 ff.; Kaminski, StuW 2008, 341 f.; Kroppen/Rasch, IWB 2008, 557 f.; Roeder, Ubg 2008, 207 f. 39 Vgl. hierzu auch Schreiber, Ubg 2008, 440 f.
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falls für den Durchschnittsfall – zu hoch. Eine Ausrichtung an den 25 % liefert die wohl zutreffenderen Werte.
D. Zusammenfassung Eine Funktionsverlagerung kann sowohl im Wege der Übertragung als auch der Überlassung erfolgen. Diese Unterscheidung ist zunächst in rechtlicher Hinsicht relevant, also mit Bezug auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Die Übertragung führt zu einer sofortigen Realisierung der in den übertragenen Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen enthaltenen stillen Reserven. Demgegenüber kommt es bei der Überlassung zur Realisierung der stillen Reserven im Zeitablauf über die Lizenzerträge. Darüber hinaus fällt bei der Überlassung im Wege der Lizenzierung mit Bezug auf die enthaltenen immateriellen Wirtschaftsgüter häufig Quellensteuer an. Die Unterscheidung zwischen Übertragung und Überlassung ist allerdings auch in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsam. Im Fall der Überlassung ist das funktionsübernehmende Unternehmen wesentlich eingeschränkter in der Verwertung der überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile im Vergleich zur Übertragung, etwa weil die Wirtschaftsgüter nur für einzelne Produktgruppen oder Regionen verwendet werden dürfen. Auch eine anderweitige Verwertung, z. B. durch Sublizenzierung, wird häufig ausgeschlossen. Zudem muss das funktionsübernehmende Unternehmen die überlassene Funktion bei Beendigung der Nutzungsüberlassung wieder zurückgeben. Solche wirtschaftlichen Abweichungen müssen sich auch in unterschiedlichen Entgelten für die Überlassung einerseits und die Übertragung andererseits widerspiegeln. Wie die Höhe des angemessenen Entgelts im Fall der Überlassung einer Funktion zu bemessen ist, wurde bereits vor Jahrzehnten mathematisch exakt abgeleitet, auch mit Bezug auf den mittlerweile im Gesetz enthaltenen Einigungsbereich. Da solche aufwendigen mathematischen Verfahren für die praktische Anwendung meist ausscheiden, haben sich mittlerweile vereinfachte Methoden etabliert. Die bekannteste ist die sog. „Knoppe-Formel“, die jedoch nur schwach theoretisch bzw. empirisch fundiert ist. Vergleichbar dieser Formel, jedoch deutlich umfassender fundiert, ist die aus dem US-amerikanischen IP-Recht stammende „25 %-Rule“. Diese Methode besagt, dass ein angemessener Lizenzsatz so zu bemessen ist, dass der Lizenzgeber 25 % des mit den lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgütern generierten erwarteten Gewinns er160
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hält. Damit wird deutlich, dass der größere Teil des erwarteten Gewinns dem Lizenznehmer zusteht, übernimmt er auch typischerweise mehr Funktionen und trägt größere Risiken. Jedenfalls wird damit glaubhaft gemacht, dass sich die in § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG als Auffanglösung unterstellte hälftige Teilung des Gewinns zwischen übertragendem und übernehmendem Unternehmen bei Überlassung einer Funktion nicht eignet. Vielmehr steht dem funktionsabgebenden Unternehmen nur ein geringerer Teil des erwarteten Gewinns zu.
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Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich Dr. Xaver Ditz Dipl.-Kaufmann und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 B. Besteuerung einer Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verdeckte Gewinnausschüttung der V-GmbH an die M-Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendung des § 89b HGB 2. Entschädigungsanspruch für einen „entgangenen Gewinn“ . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG . . . . . .
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C. Begründung eines ständigen Vertreters gem. § 13 AO . . . . . . . 169 I. Kommissionär als ständiger Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Steuerliche Folgen des ständigen Vertreters . . . . . . . . . . . . . 170 D. Begründung einer Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 5 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Definition der Vertreterbetriebsstätte im Allgemeinen 171
II. Kommissionär als Vertreterbetriebsstätte . . . . . . . . . . . . . 173 III. Handelsvertreter als Vertreterbetriebsstätte . . . . . . . . . . . 176 E. Einkünfteabgrenzung bei Vertreterbetriebsstätten . . . . . . . . . . I. Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundlagen der Einkünfteabgrenzung . . . . . . . . . . 1. Veranlassungsgerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen . . . . . . 2. Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA) . . III. Ermittlung der Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionsanalyse als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnung von Erträgen . . 3. Zuordnung von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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F. Zusammenfassung der Ergebnisse 187
A. Einleitung Im Rahmen der Anpassung von Vertriebsfunktionen an den internationalen Globalisierungs- und Konzentrationsprozess werden vermehrt innerkonzernliche Vertriebsfunktionen von einer Vertragshändlertätigkeit auf eine Kommissionärsstruktur umgestellt (sog. Funktionsab163
Ditz – Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich
schmelzung1). Während eine Vertriebsgesellschaft als Vertragshändler (bzw. Eigenhändler) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung agiert und folglich die volle Vertriebsfunktion ausübt, übernimmt der Kommissionär keine oder nur sehr geringe Risiken. Denn er handelt zwar im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Kommittenten.2 Für die Umstellung von einer Vertragshändler- auf eine Kommissionärsstruktur sind häufig sowohl betriebswirtschaftliche als auch steuerliche Gründe maßgeblich. Betriebswirtschaftlich liegen die Vorteile der Kommissionärsstruktur insbesondere in der organisatorischen und logistischen Vereinfachung der Vertriebsstruktur und einer damit einhergehenden Kostenreduktion. Ferner gewährleistet eine Kommissionärsstruktur – trotz regional agierender Vertriebsgesellschaften – eine einheitliche Preis- und Distributionspolitik. Daneben sind regelmäßig auch steuerliche Gründe für die Etablierung einer Kommissionärsstruktur maßgebend. Das gegenüber einem Eigenhändler reduzierte unternehmerische Risiko aber auch der eingeschränkte Funktionsumfang des Kommissionärs haben zur Folge, dass diesem eine (mitunter wesentlich) geringere Vertriebsmarge zuzurechnen ist. Befindet sich die Vertriebsgesellschaft in einem Staat mit relativ hoher Steuerbelastung (z. B. Deutschland), kann demnach ein Teil der Vertriebsmarge in einen niedrig besteuerten Staat verlagert und somit die Gesamtsteuerbelastung des Konzerns – und damit auch die Konzernsteuerquote – reduziert werden. Die steuerlichen Konsequenzen einer Funktionsabschmelzung werden anhand des folgenden Ausgangssachverhalts dargestellt. Dabei geht es insbesondere um die Frage des Vorliegens einer Funktionsverlagerung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG3 und der Begründung einer beschränkten Steuerpflicht des ausländischen Prinzipalunternehmens auf Grund einer sog. Vertreterbetriebsstätte:4 _____________ 1 Vgl. dazu auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1650; Kroppen/Rasch/Eigelshoven, IWB 2007, 308; Frischmuth, StuB 2007, 387. 2 Ein Kommissionär ist nach § 383 HGB derjenige, der es gewerbsmäßig übernimmt, Waren für Rechnung eines Kommittenten im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Zu den üblicherweise von einem Kommissionär wahrgenommenen Funktionen und Risiken sowie zur Abgrenzung des Kommissionärs vom Eigenhändler und Handelsvertreter vgl. Wassermeyer in FS Schaumburg, Köln 2009, 972 ff.; Eisele, Grenzüberschreitende Funktionsverlagerung, Herne/Berlin 2003, 49 ff. 3 Vgl. dazu im Einzelnen Abschnitt B. 4 Vgl. dazu im Einzelnen Abschnitt C. bis E.
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Ausgangssachverhalt: Der US-amerikanische Baumaschinenkonzern M-Inc. vertreibt seine in den USA hergestellten Baumaschinen in Deutschland über seine Tochter-Vertriebsgesellschaft V-GmbH. Die V-GmbH agiert als Eigenhändler, indem sie die von ihrer Muttergesellschaft, der M-Inc., in den USA produzierten Baumaschinen auf eigene Rechnung und im eigenen Namen in Deutschland (Vertriebsgebiet) vertreibt. Die V-GmbH verfügt über einen „Showroom“, in welchem sie die aus den USA gelieferten Baumaschinen ausstellt, sowie über ein eigenes Lager, in welchem Baumaschinen bis zu ihrem Verkauf an Kunden sowie Ersatzteile für die Baumaschinen gelagert werden. Zum 31.1.2010 kündigt die M-Inc. vertragsgerecht den Vertriebsvertrag, da die V-GmbH ab dem 1.2.2010 als Kommissionär tätig werden soll. Der entsprechende (Kommissionärs-)Vertrag sieht vor, dass die V-GmbH im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung der M-Inc. in Deutschland tätig wird und dabei ein vermindertes Funktions- und Risikoprofil ausübt. Für die Kunden der V-GmbH ist die Umstellung auf das Kommissionärsmodell nicht erkennbar, da die V-GmbH weiterhin im eigenen Namen auftritt. Zur Vergütung ihrer Tätigkeit erhält die V-GmbH eine angemessene Umsatzprovision i. H. v. 10 %. Diese wurde auf Basis von Planzahlen anhand der Kostenaufschlagsmethode unter Berücksichtigung eines Gewinnaufschlags i. H. v. 3 % ermittelt. Nach der Umstellung auf das Kommissionärsmodell zum 1.2.2010 wird das Lager der V-GmbH aufgelöst; die in den USA produzierten Baumaschinen werden jetzt unmittelbar durch die M-Inc. an die Kunden der V-GmbH geliefert. Der Showroom bleibt allerdings aus Marketinggesichtspunkten bestehen. Auf Grund der Umstellung auf das Kommissionärsmodell erleidet die V-GmbH in 2010 gegenüber 2009 einen Gewinnrückgang i. H. v. ca. 50 %.
B. Besteuerung einer Funktionsverlagerung I. Verdeckte Gewinnausschüttung der V-GmbH an die M-Inc. 1. Anwendung des § 89b HGB Nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen ist, in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auf einen Fremdvergleich abzustellen. Der Fremdvergleich 165
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findet dabei seine Konkretisierung in der sog. „Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters“.5 Vor diesem Hindergrund stellt sich in Bezug auf den unter A. dargestellten Ausgangssachverhalt die Frage, ob zwei ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter der M-Inc. und der V-GmbH im Rahmen der Kündigung des Vertriebsvertrages bei gleichzeitigem Abschluss des Kommissionärsvertrages einen Ausgleichs- oder sonstigen Entschädigungsanspruch vereinbart hätten. Grundsätzlich kennt das deutsche Recht keine Rechtsgrundlage für einen Ausgleichsanspruch eines Eigenhändlers im Fall der Kündigung des Vertriebsvertrages durch das Prinzipalunternehmen (hier: M-Inc.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist jedoch § 89b HGB, der bei der Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gegenüber seinem Prinzipal für den durch den Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm vorsieht, analog bei einem Eigenhändler anzuwenden.6 Die Rechtsfolge des Ausgleichsanspruchs gem. § 89b HGB tritt bei einem Eigenhändler nach Auffassung des BGH allerdings nur dann ein, wenn – zwischen dem Hersteller und dem Eigenhändler ein Rechtsverhältnis besteht, das sich nicht in einer bloßen Verkäufer/Käufer-Beziehung erschöpft, sondern den Eigenhändler auf Grund vertraglicher Regelungen so in die Absatzorganisation des Herstellers eingliedert, dass er wirtschaftlich betrachtet in erheblichem Umfang Aufgaben übernimmt, die mit denen des Handelsvertreters vergleichbar sind, und der weisungsgebunden ist7 und – der Vertragshändler vertraglich verpflichtet ist, dem Hersteller die Kundendaten mitzuteilen, so dass dieser in der Lage ist, die Daten sofort und unmittelbar für eigene Zwecke zu nutzen. Folglich ist die Anwendung des § 89b HGB bei einem Eigenhändler nur dann möglich, wenn bei Vertragsende eine Verpflichtung des Eigenhändlers zur Überlassung des von ihm geworbenen Kundenstamms an das Prinzipalunternehmen besteht und davon auszugehen ist, dass das _____________ 5 Vgl. nur BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204; v. 6.12.1995 – I R 88/94, BStBl. II 1996, 383; v. 19.5.1998 – I R 36/97, BStBl. II 1998, 689; v. 24.4.2002 – I R 18/01, BStBl. II 2002, 670. 6 Vgl. ständige Rechtsprechung des BGH v. 20.10.1983 – I ZR 86/82, NJW 1984, 2102; v. 2.7.1987 – I ZR 188/85, NJW-RR 1988, 42; v. 17.4.1996 – VIII ZR 5/95, BB 1996, 1458. 7 Vgl. etwa BGH v. 25.3.1982 – I ZR 146/80, DB 1982, 2293; v. 14.4.1983 – I ZR 20/81, DB 1983, 2412.
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Prinzipalunternehmen die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzen kann.8 In Bezug auf den Ausgangssachverhalt9 ist hingegen davon auszugehen, dass die V-GmbH auch nach ihrer Funktionsabschmelzung auf einen Kommissionär alle bisherigen Kundenbeziehungen aufrechterhält bzw. fortführt. Demnach geht ihr Kundenstamm nicht auf die M-Inc. über, sondern dieser wird auch weiterhin von der V-GmbH – nunmehr in ihrer Funktion als Kommissionär – genutzt. Insoweit wird das bestehende Vertriebsverhältnis nicht vollständig beendet, sondern nur in seiner Struktur verändert. Da letztlich alle Kunden bei der V-GmbH verbleiben und von dieser weiterhin betreut werden, scheidet im Rahmen der Funktionsabschmelzung der V-GmbH ein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB aus.10 2. Entschädigungsanspruch für einen „entgangenen Gewinn“ Kommt insofern eine verdeckte Gewinnausschüttung der V-GmbH in Bezug auf einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB nicht in Betracht, könnte sich eine solche aus einem möglichen Verzicht der V-GmbH auf einen Entschädigungsanspruch für einen „entgangenen Gewinn“ im Sinne einer entgangenen Geschäftschance11 ergeben. Dies deswegen, weil der Gewinn des Kommissionärs auf Grund seiner reduzierten Funktionen (z. B. keine Lagerhaltung ab dem 1.2.2010) und Risiken (z. B. Verkauf auf Rechnung der M-Inc.) geringer ist, als der des Eigenhändlers. Allerdings geht die Verminderung der Gewinne bei der V-GmbH mit einer Verringerung der durch sie ausgeübten Funktionen (z. B. keine Lagerhaltung) und der von ihr getragenen Risiken (z. B. Forderungsverluste, Lagerhaltungsrisiko, Garantieleistungen etc.) einher. Vor diesem Hintergrund steht der verminderten Gewinnchance eine äquivalente Minderung der Funktionen und Risiken der V-GmbH gegenüber, so dass für einen Entschädigungsanspruch der V-GmbH gegenüber der M-Inc. auf Grund geminderter Gewinnerzielungsmöglichkeiten kein Raum bleibt.12 _____________ 8 9 10 11 12
Vgl. BGH v. 17.4.1996 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159 m. w. N. Vgl. Abschnitt A. Vgl. auch Kroppen, IWB 1997, Fach 3 Gruppe 2, 746; Faix/Wangler, IStR 2001, 68. Zur Geschäftschancenlehre vgl. im Einzelnen Ditz, DStR 2006, 1625 ff. m. w. N. Vgl. auch Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 615; Kroppen/Hüffmeier, IWB 1995, Fach 3 Gruppe 2, 642; Faix/Wangler, IStR 2001, 68; wohl a. A. Kuckhoff/Schreiber, Verrechnungspreise in der Betriebsprüfung, 1997, Rz. 180.
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Im Ergebnis kommt daher im Ausgangssachverhalt eine verdeckte Gewinnausschüttung der V-GmbH an die M-Inc. nicht in Betracht. Auch eine Anwendung des Gedankens einer Übertragung eines Transferpakets mit Gewinnpotenzial i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG kommt nicht in Betracht. Denn ein solcher Ansatz ist der Definition der verdeckten Gewinnausschüttung, die jeweils auf eine einzelne Transaktion zwischen Gesellschaft (hier: V-GmbH) und ihrem Gesellschafter (hier: M-Inc.) abstellt, fremd.
II. Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG Auch in Bezug auf die Besteuerung von Funktionsverlagerungen ist § 1 AStG nur anwendbar, wenn die Funktionsverlagerung auf ein im Ausland ansässiges nahestehendes Unternehmen die Tatbestandsvoraussetzungen einer Geschäftsbeziehung i. S. d. § 1 Abs. 5 AStG erfüllt. Vor diesem Hintergrund ist hinsichtlich des in Abschnitt A. dargestellten Ausgangssachverhalts § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG nicht einschlägig, weil es im Hinblick auf die Kündigung des Vertriebsvertrages und den Abschluss eines (neuen) Kommissionärsvertrages an einer Geschäftsbeziehung i. S. d. § 1 Abs. 5 AStG fehlt.13 Diese Vorschrift definiert die Geschäftsbeziehung als eine „den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist […]“. Eine solche „schuldrechtliche Beziehung“ liegt gerade in Bezug auf die fristgerechte Kündigung des Vertriebsvertrages zwischen der V-GmbH und der M-Inc. nicht vor. Vielmehr wird der bestehende Vertriebsvertrag beendet, wobei die Beendigung des Vertriebsvertrages selbst keine Geschäftsbeziehung im Sinne einer schuldrechtlichen Beziehung begründen kann.14 Auch nach Ansicht der Finanzverwaltung ist eine „vertragskonforme Funktionsänderung selbst und die damit einhergehende Verminderung von Chancen und Risiken für sich allein keine Funktionsverlagerung“.15 Allerdings hat die Finanzverwaltung in Tz. 4.2.2 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009 ein Beispiel gebildet, welches mit dem in Abschnitt A. geschilderten Ausgangssachverhalt vergleich_____________ 13 Zur Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG in Bezug auf Funktionsabschmelzungen vgl. auch Jahndorf, FR 2008, 104 f.; Tz. 4.2.2 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009. 14 Zur Definition der Geschäftsbeziehung vgl. auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2010, 476 ff. 15 Tz. 4.2.2 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009.
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bar ist. In diesem Beispiel geht die Finanzverwaltung bei einer Funktionsabschmelzung von einem Vertragshändler zum Kommissionär unter bestimmten Voraussetzungen von einer Funktionsverlagerung i. S. d. § 1 Abs. 2 FVerlV aus. M. E. besteht allerdings insoweit ein Widerspruch in der Argumentation als – wie oben dargestellt – die Finanzverwaltung grundsätzlich bei einer vertragskonformen Funktionsänderung keine Funktionsverlagerungsbesteuerung vornimmt. Insoweit bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung diesen Punkt in der endgültigen Fassung der VWG-Funktionsverlagerung klarstellt.
C. Begründung eines ständigen Vertreters gem. § 13 AO I. Kommissionär als ständiger Vertreter Im Rahmen der dargestellten Kommissionärsstrukturen stellt sich die Frage, ob die als Kommissionär organisierte Vertriebsgesellschaft (im Ausgangssachverhalt: V-GmbH) eine Betriebsstätte bzw. Vertreterbetriebsstätte des Kommittenten (im Ausgangssachverhalt: M-Inc.) begründet und damit der Kommittent im Inland der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Kommissionäre begründen zwar – mangels Verfügungsmacht des Kommittenten über eine feste Geschäftseinrichtung – keine Betriebsstätte des Kommittenten i. S. d. § 12 AO; jedoch können Kommissionäre die Voraussetzungen des ständigen Vertreters gem. § 13 AO erfüllen.16 Nach § 13 Satz 1 AO ist eine natürliche oder juristische Person17 als ständiger Vertreter zu qualifizieren, wenn sie nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dessen Sachanweisungen unterliegt. Damit ist eine inländische Kommissionärs-Vertriebsgesellschaft als ständiger Vertreter der ausländischen KommittentenGesellschaft anzusehen, wenn sie nachhaltig, d. h. nicht nur vorübergehend,18 die Geschäfte des Kommittenten besorgt und dessen Sachanweisungen unterliegt. Eine ausdrückliche Vollmacht ist dazu nicht notwendig; vielmehr reicht die tatsächliche Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen des vertretenen Unternehmens aus.19 _____________ 16 Zu Einzelheiten der Tatbestandsvoraussetzungen des ständigen Vertreters i. S. d. § 13 AO vgl. Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 13 AO Rz. 1 ff.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 5.173 ff.; zum Verhältnis des § 13 AO zum § 12 AO s. Boergen, IStR 2003, 800. 17 Vgl. Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 13 AO Rz. 2. 18 Zur Nachhaltigkeit i. S. d. § 13 AO im Einzelnen vgl. Heußner, IStR 2004, 165 m. w. N. 19 Vgl. BFH v. 12.4.1978 – I R 136/77, BStBl. II 1978, 494.
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Eine sachliche Weisungsgebundenheit liegt vor, wenn der Wille des Unternehmers die Tätigkeit des Vertreters maßgeblich bestimmt.20 Dazu muss kein Arbeitnehmerverhältnis bestehen;21 vielmehr kann auch ein anderes Auftragsverhältnis eine Weisungsgebundenheit begründen, wenn der Wille des Unternehmers das Handeln des Vertreters entscheidend mitbestimmt.22 Folglich ist die Kommissionärs-Vertriebsgesellschaft (d. h. im Ausgangssachverhalt: V-GmbH) als ständiger Vertreter i. S. d. § 13 AO der auftraggebenden Konzerngesellschaft (d. h. im Ausgangssachverhalt: M-Inc.) anzusehen, wenn diese auf die Geschäftstätigkeit der KommissionärsVertriebsgesellschaft tatsächlich Einfluss nimmt und die Geschäftstätigkeit mitbestimmt. Dies wird – insbesondere bei Vertriebsgesellschaften, die den Sachweisungen einer Konzern- oder Vertriebszentrale unterliegen – im Regelfall erfüllt sein. Insoweit geht die h. M. zutreffend davon aus, dass Konzerngesellschaften, die als Kommissionär tätig sind, als ständiger Vertreter des Kommittenten zu qualifizieren sind.23 Dies gilt sowohl für den Verkaufs- als auch für den Einkaufskommissionär, nicht jedoch für den Eigen- bzw. Vertragshändler.
II. Steuerliche Folgen des ständigen Vertreters Die steuerliche Folge der Begründung eines ständigen Vertreters i. S. d. § 13 AO ist, dass das ausländische Unternehmen (in Bezug auf den Ausgangssachverhalt: M-Inc.) gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 13 AO in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.24 Die durch den Kommissionär (im Ausgangssachverhalt: V-GmbH) in Deutschland ausgeübte Vertriebstätigkeit wird folglich ertragsteuerlich doppelt erfasst: Einerseits im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht der im Inland ansässigen Kommissionär-Gesellschaft und andererseits im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des im Ausland ansässigen Prinzipalunternehmens (Kommittenten). Bemerkenswert ist allerdings, _____________ 20 Vgl. zur sachlichen Weisungsgebundenheit auch das Grundsatzurteil des BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785. 21 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 1.1.2. 22 Vgl. BFH v. 12.4.1978 – I R 136/77, BStBl. II 1978, 494. 23 Vgl. BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; Prinz, FR 1996, 483; Faix/ Wangler, IStR 2001, 69; Burkert in FS Fischer, Berlin 1999, 522; Bodenmüller, Steuerplanung bei Funktionsverlagerungen ins Ausland, Düsseldorf 2004, 420; Wassermeyer in FS Schaumburg, Köln 2009, 971 ff. 24 Vgl. R 49.1 Satz 1 EStR 2008.
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dass die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte des ausländischen Unternehmens nicht der deutschen Gewerbesteuer unterliegen, da § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG den ständigen Vertreter nicht erfasst, sondern eine Betriebsstätte gem. § 12 AO voraussetzt. Die dem ständigen Vertreter zuzuordnenden Einkünfte unterliegen daher im Ergebnis „lediglich“ einer Körperschaftsteuerbelastung i. H. v. 15 %.25 Hinsichtlich der steuerlichen Konsequenzen eines ständigen Vertreters in Deutschland ist schließlich noch auf die Sonderregelung der Finanzverwaltung in R 49.1 Satz 2 EStR 2008 hinzuweisen. Danach gilt Folgendes: „Ist der ständige Vertreter ein Kommissionär, der Geschäftsbeziehungen für das ausländische Unternehmen im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit unterhält, und ist die Besteuerung des ausländischen Unternehmens nicht durch ein DBA geregelt, sind die Einkünfte des ausländischen Unternehmens insoweit nicht der Besteuerung zu unterwerfen.“
Bei dieser Regelung handelt es sich für Nicht-DBA-Fälle wohl um eine Billigkeitsregelung, wonach von einer beschränkten Steuerpflicht abzusehen ist, wenn im Nicht-DBA-Fall der Kommissionär im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt. Eine Rechtsgrundlage für diese Auffassung der Finanzverwaltung ist indessen nicht ersichtlich.
D. Begründung einer Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 5 OECD-MA I. Definition der Vertreterbetriebsstätte im Allgemeinen Die sich aus innerstaatlichem Recht im Rahmen des Kommissionärmodells ergebende beschränkte Steuerpflicht auf Grund der Begründung eines ständigen Vertreters gem. § 13 AO wird durch die engere abkommensrechtliche Definition der Vertreterbetriebsstätte eingeschränkt. Nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA wird ein „abhängiger“ Vertreter als Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens behandelt, wenn er die Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und er diese Vollmacht gewöhnlich ausübt. Makler, Kommissionäre und andere „unabhängige“ Vertreter begründen dagegen gem. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA ausdrücklich keine Betriebsstätte, wenn diese Personen im Rahmen ihrer „ordentlichen Geschäftstätigkeit“ handeln. Nach _____________ 25 Vgl. auch Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECDMA Rz. 191c.
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der Rechtsprechung des BFH ist die Abhängigkeit des Vertreters anhand der Kriterien der sachlichen Weisungsgebundenheit und eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zu beurteilen.26 Dazu Folgendes: Die bloße sachliche Weisungsgebundenheit des Vertreters (z. B. Vorgaben des Unternehmens im Hinblick auf die zu vereinbarenden Preise und Lieferkonditionen) reicht dabei für die Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht aus, da eine solche Weisungsgebundenheit für jede Vertretertätigkeit typisch ist.27 Dagegen schließt die persönliche Abhängigkeit eine Unabhängigkeit i. S. d. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA aus.28 Eine persönliche Abhängigkeit kann rechtlich oder wirtschaftlich begründet sein und ist insbesondere gegeben, wenn die unternehmerischen Entscheidungen des Vertreters maßgeblich vom Auftraggeber bestimmt und kontrolliert werden bzw. wenn der Vertreter keine oder nur geringe unternehmerische Risiken trägt.29 Dies ist nach (umstrittener) Auffassung des Schrifttums z. B. gegeben, wenn die Vergütung des Vertreters mittels der Kostenaufschlagsmethode bestimmt wird und dem Vertreter damit ein relativ sicherer Gewinn zugestanden wird.30 Hingegen kann von einer Abhängigkeit des Vertreters nicht ausgegangen werden, wenn eine Konzerngesellschaft eine eigene Geschäftstätigkeit entfaltet und hierbei ohne enge Weisungsgebundenheit auf eigenes Risiko tätig wird. Ihre Zugehörigkeit zu einem Konzern steht dabei der Annahme einer Unabhängigkeit nicht entgegen.31 Nach Art. 5 Abs. 6 OECD-MA begründet der unabhängige Vertreter nur dann keine Vertreterbetriebsstätte, wenn dieser im Rahmen seiner „ordentlichen Geschäftstätigkeit“ handelt. Handelt der Vertreter außer_____________ 26 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238. Vgl. ferner OECD, Musterkommentar, Art. 5 OECD-MA Tz. 38 ff. – mit weiteren Details und Beispielen. 27 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238. 28 Vgl. BFH v. 23.9.1983 – III R 76/81, BStBl. II 1984, 94; v. 8.2.1995 – I R 126/93, BStBl. II 1995, 626. 29 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238; OECD, Musterkommentar, Art. 5 OECD-MA Tz. 38; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung Art. 5 OECD-MA Rz. 203; Piltz, IStR 2004, 186; Timmermanns, IWB 2000, Fach 3 Gruppe 2, 811. 30 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 1.2.2; Prinz, FR 1996, 483 f.; Endres, IStR 1996, 5. Die Auffassung des Schrifttums ist insoweit problematisch, als bestimmte konzerninterne Dienstleistungen – mangels anderer Möglichkeit – immer nach der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden. Kritisch auch Heinsen in Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, München 2003, Rz. 162; Eisele, Grenzüberschreitende Funktionsverlagerung, Herne/Berlin 2003, 335. 31 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238.
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halb seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit, hat dies zur Folge, dass trotz seiner Unabhängigkeit eine Vertreterbetriebsstätte entsteht. Eine Überschreitung der ordentlichen Geschäftstätigkeit liegt nach Auffassung der Rechtsprechung vor, wenn der Vertreter entgegen den Gepflogenheiten der Branche zusätzliche Aufgaben aus dem Betrieb seines Auftraggebers übernimmt. Insoweit ist die ordentliche Geschäftstätigkeit der zu beurteilenden Person mit den branchenüblichen Geschäftsbereichen der Berufsgruppe zu vergleichen, zu welcher der Vertreter gehört.32 Maßgeblich ist damit die Verkehrsanschauung.33
II. Kommissionär als Vertreterbetriebsstätte Nach deutschem Handelsrecht schließt ein Kommissär Verträge auf fremde Rechnung aber im eigenen Namen.34 Damit fehlt es an einer unmittelbaren rechtlichen Bindungswirkung für den Kommittenten; vielmehr binden die vom Kommissionär abgeschlossenen Verträge nur ihn selbst. Ob ein Kommissionär vor diesem Hintergrund eine Vertreterbetriebsstätte i. S. d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA begründen kann, ist umstritten: Nach h. M. sind bei einem Kommissionär i. S. d. § 383 HGB – mangels Abschlussvollmacht – die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 OECDMA nicht erfüllt, so dass er nicht als abhängiger Vertreter eingestuft werden kann.35 Da im Übrigen Art. 5 Abs. 6 OECD-MA den Kommissionär als unabhängigen Vertreter explizit von der Begründung einer Vertreterbetriebsstätte ausschließt, wenn er innerhalb seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt, kann nach h. M. ein Kommissionär nur in Ausnahmefällen (d. h. wenn er außerhalb seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit tätig wird und – ausnahmsweise – eine Abschlussvoll_____________ 32 Vgl. BFH v. 30.4.1975 – I R 152/73, BStBl. II 1975, 626; v. 23.9.1983 – III R 76/81, BStBl. II 1984, 94; v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238; FG Köln v. 7.7. 1993, – 6 K 4693/87, EFG 1994, 138; Entscheidung des FG Köln aufgehoben durch BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238; s. ferner Tz. 38.7 und 38.8 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA; dazu kritisch Krabbe, IStR 2003, 256. 33 Vgl. Piltz, IStR 2004, 187. 34 Vgl. § 383 HGB. 35 Vgl. Piltz, IStR 2004, 184; Wassermeyer in FS Schaumburg, Köln 2009, 978; Endres, IStR 1996, 3; Ortenburg in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 5 DBA Rz. 80; Kroppen/Hüffmeier, IWB 1995, Fach 3 Gruppe 2, 641; Faix/Wangler, IStR 2001, 69.
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macht vorliegt) eine Vertreterbetriebsstätte begründen.36 Eine als Kommissionär agierende Konzernvertriebsgesellschaft handelt dabei immer dann innerhalb ihrer ordentlichen Tätigkeit, wenn ihre Geschäftstätigkeiten dem für Kommissionäre branchenüblichen Handeln entsprechen, d. h. wenn sich ihre Aktivitäten und die entsprechenden Vertragsbeziehungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Kommissionärrechts und den kaufmännischen Gepflogenheiten von Kommissionären halten. Entgegen der h. M. reicht nach anderer Ansicht das Handeln auf fremde Rechnung zur Annahme einer Vertreterbetriebsstätte i. S. d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA (abhängiger Vertreter) aus; dies selbst dann, wenn der Vertreter im eigenen Namen handelt.37 Diese Auffassung stützt sich auf Tz. 32.1 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA. Darin heißt es (entgegen dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA38): „Ferner soll der Ausdruck ‚Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen‘ die Anwendung des Absatzes [Abs. 5 des Art. 5 OECD-MA] nicht auf Vertreter beschränken, die dem Wortlaut nach Verträge im Namen des Unternehmens abschließen; der Absatz ist ebenso auf einen Vertreter anzuwenden, der Verträge mit rechtsverbindlicher Wirkung für das Unternehmen abschließt, auch wenn diese Verträge tatsächlich nicht im Namen des Unternehmens abgeschlossen werden.“
Allerdings kann der auf den OECD-MK gestützten Einordnung des Kommissionärs als abhängiger Vertreter entgegengehalten werden, dass sich die Ausführungen des OECD-MK nicht auf den Kommissionär deutscher bzw. kontinentaleuropäischer Prägung beziehen, sondern speziell auf den „undisclosed agent“ des Common Law angelsächsischer Staaten ausgerichtet sind. Dieser ist – im Gegensatz zum Kommissionär – dadurch gekennzeichnet, dass er trotz Auftreten im eigenen Namen durch sein Handeln den Auftraggeber unmittelbar rechtlich bindet.39 In diesen Fällen – und nicht in Bezug auf den Kommissionär _____________ 36 Vgl. österreichisches BMF v. 14.10.2002 – EAS 2128, SWI 2002, 556; Eisele, Grenzüberschreitende Funktionsverlagerung, Herne/Berlin 2003, 336 f. m. w. N.; a. A. Bodenmüller, Steuerplanung bei Funktionsverlagerungen ins Ausland, Düsseldorf 2004, 422; Burkert in FS Fischer, Berlin 1999, 524 f. – nach denen ein Kommissionär deutscher Prägung „regelmäßig“ keine Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA begründen kann. 37 Vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rz. 201a. 38 Vgl. Piltz, IStR 2004, 184 f.; Wassermeyer in FS Schaumburg, Köln 2009, 978 f. 39 Vgl. dazu Andresen, IWB 2003, Fach 9 Australien Gruppe 2, 191 ff.
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kontinentaleuropäischer Prägung – wollte der OECD-MK sicherstellen, dass eine Vertreterbetriebsstätte entstehen kann.40 Welcher Auffassung sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Einordnung des Kommissionärs als Vertreterbetriebsstätte des Kommittenten anschließt, ist unklar. So soll nach Tz. 4.2.2 Entwurf VWG-Funktionsverlagerung v. 3.12.2009 „unter bestimmten Umständen […] ein Kommissionär oder Agent für sein Geschäft eine Vertreterbetriebsstätte begründen“ können.41 In welchen Fällen dies allerdings konkret der Fall sein soll, lässt die Finanzverwaltung offen. Dagegen hat sich die österreichische Finanzverwaltung klarer artikuliert: So soll nach der EAS 2988 v. 23.7.200842 in Fällen, in denen ein multinationaler Konzern eine österreichische Tochtergesellschaft zu einer Kommissionärs-Tochtergesellschaft herabstuft, eine Vermutung dafür sprechen, dass die Tochtergesellschaft eine Vertreterbetriebsstätte für die Prinzipalgesellschaft begründet. Eine Begründung für diese Auffassung bleibt die österreichische Finanzverwaltung indessen schuldig. Auf Grund der bestehenden Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Frage, inwieweit ein Kommissionär eine abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte i. S. d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA begründet oder nicht, ist zur Vermeidung von Betriebsstättenrisiken bei Anwendung des Kommissionärmodells zu empfehlen, die Unabhängigkeit der Vertriebsgesellschaft zu stärken, so dass der Kommissionär im Zweifel unter die ausdrückliche Regelung des Art. 5 Abs. 6 OECD-MA fällt und damit keine Betriebsstätte begründet, wenn er im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit von Kommissionären handelt. Die Unabhängigkeit des Kommissionärs kann dabei durch folgende Merkmale untermauert werden:43 – Die Vergütung des Kommissionärs sollte durch eine fremdübliche (umsatzabhängige) Provision und nicht durch ein kostenorientiertes Entgelt erfolgen. – Der Kommittent sollte nicht durch Weisungen in das Tagesgeschäft des Kommissionärs eingreifen. _____________ 40 Vgl. Vetter in Gassner/Lang/Lechner, Die Betriebsstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 1998, 107; Füger in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Herne/Berlin 2003, 766; Jones/Ward, ET 1993, 158; Caridi, ET 2003, 12. 41 Vgl. ferner Naumann/Förster, IStR 2004, 252. 42 Vgl. EAS 2988 v. 23.7.2008, SWI 2008, 386. 43 Vgl. Piltz, IStR 2004, 186; Prinz, FR 1996, 483; Herzig, WPg 1998, 293.
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– Der Kommissionär sollte mit rechtlichen und wirtschaftlichen Freiräumen ausgestattet werden. – Der Kommissionär sollte über eine eigene, zur Durchführung seiner Tätigkeit erforderliche Infrastruktur (z. B. Ausstellungsräume, Transportmittel und Verwaltung) verfügen.
III. Handelsvertreter als Vertreterbetriebsstätte Das deutsche Handelsrecht definiert den Handelsvertreter als selbstständigen Gewerbetreibenden, der ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln und in dessen Namen abzuschließen.44 Der Handelsvertreter agiert damit im fremden Namen und auf fremde Rechnung, so dass die auf Basis seiner Vermittlungsleistung entstehende Vertragsbeziehung nicht ihn, sondern den Prinzipal bindet. Folglich ist mit der h. M. davon auszugehen, dass der Handelsvertreter die Voraussetzungen des § 13 AO erfüllt und nach innerstaatlichem Recht einen ständigen Vertreter des Prinzipals begründet.45 Darüber hinaus haben Handelsvertreter auf Grund ihrer Vollmacht im Namen des Prinzipals Verträge abzuschließen, eine Abschlussvollmacht i. S. d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA. Infolgedessen begründen sie für den Prinzipal auch abkommensrechtlich eine Vertreterbetriebsstätte, soweit sie nicht als unabhängiger Vertreter i. S. d. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA anzusehen sind, der im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt. Die „Unabhängigkeit“ des Handelsvertreters wird nach dem BFH-Urteil v. 14.9.1994 dadurch erreicht, dass der Handelsvertreter neben seiner Vertriebstätigkeit eine eigenständige umfassende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.46 Im Konzernverbund kann damit die Begründung einer abkommensrechtlichen Vertreterbetriebsstätte durch die als Handelsvertreter organisierte Vertriebsgesellschaft vermieden werden, wenn diese mit weiteren Funktionen (z. B. Produktionstätigkeiten oder Dienstleistungen) an_____________ 44 Vgl. § 84 HGB. 45 Vgl. § 13 Satz 2 Nr. 1 AO; BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238; v. 30.4.1975 – I R 152/73, BStBl. II 1975, 626. 46 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238. Der BFH hat eine „Abhängigkeit“ für den Fall verneint, dass eine GmbH neben ihrer Vertriebstätigkeit im Namen und auf Rechnung eines US-Unternehmens eigene Produkte produziert und vertreibt und darüber hinaus eigene Dienstleistungen erbringt. Vgl. auch Endres, IStR 1996, 3; Prinz, FR 1996, 483; kritisch Roser, FR 1996, 577.
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gereichert wird. Fehlt indessen eine derartige eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit der Vertriebsgesellschaft, besteht – im Rückschluss auf das BFH-Urteil v. 14.9.199447 – das Risiko, dass der Handelsvertreter als „abhängig“ anzusehen ist und damit eine Vertreterbetriebsstätte des Prinzipals begründet.48 Vor diesem Hintergrund wird im Schrifttum von der Etablierung von Handelsvertreterstrukturen im Konzernverbund abgeraten.49 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass eine gesetzestypische Weisungsbefugnis (hier: Weisungsbefugnis des Prinzipals gegenüber dem Handelsvertreter) nicht per se zur Annahme einer Abhängigkeit des Vertreters führt. Denn letztlich ist jeder Makler, Kommissionär oder sonstiger Vertreter in Bezug auf seinen Auftraggeber weisungsgebunden, so dass Art. 5 Abs. 6 OECD-MA ins Leere laufen würde.50 Vielmehr kommt es auch im Rahmen der Prüfung der Unabhängigkeit eines Handelsvertreters darauf an, ob ihm – trotz der grundsätzlichen Weisungsbefugnis des Prinzipals – ein eigenständiger unternehmerischer Entscheidungsspielraum verbleibt, der ihm die Nutzung seiner unternehmerischen Chancen und Risiken erlaubt. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Vertriebsgesellschaft, die als Handelsvertreter Waren für eine (produzierende) Konzerngesellschaft vertreibt, als unabhängiger Vertreter, der im Rahmen seiner ordentlichen Tätigkeit handelt, zu qualifizieren ist.51 Dies gilt selbst dann, wenn die Vertriebsgesellschaft als sog. Einfirmenvertreter nur für eine Konzerngesellschaft (z. B. für ihre Muttergesellschaft) tätig ist. Denn die Anzahl der Auftraggeber, für die eine Vertriebseinheit als Handelsvertreter agiert, sagt nichts darüber aus, welchen Entscheidungsspielraum und welches unternehmerische Risiko sie im Einzelfall wahrnimmt.
_____________ 47 Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 16/93, BStBl. II 1995, 238. 48 Vgl. Hemmelrath in Schaumburg, Joint Ventures, Köln 1999, 288. 49 Vgl. Bodenmüller, Steuerplanung bei Funktionsverlagerungen ins Ausland, Düsseldorf 2004, 422. 50 Vgl. BFH v. 30.4.1975 – I R 152/73, BStBl. II 1975, 626. 51 Vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rz. 203b.
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E. Einkünfteabgrenzung bei Vertreterbetriebsstätten I. Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung Soweit ein im Ausland ansässiges Unternehmen auf Grund der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des ständigen Vertreters gem. § 13 AO52 der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, ist es im Inland zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.53 Ferner ist zu prüfen, ob im Inland auf Grund des § 141 AO eine Buchführungspflicht besteht. Die separate Erstellung einer Buchführung ist indessen bei Vertreterbetriebsstätten in der Praxis unüblich, da es sich insoweit um ein rein „fiktives“ Gewinnermittlungsobjekt54 handelt. Im DBA-Fall stellt sich freilich die Frage, ob bei einem fehlenden abkommensrechtlichen Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (auf Grund der Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA) eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht. Im BFH-Urteil v. 29.1.200355 wird dazu die Auffassung vertreten, dass das Abkommensrecht die Anwendung des inländischen Verfahrensrechts nicht ausschließt. Bezieht man diese Grundsätze auf die Steuererklärungspflicht bei Vorliegen eines ständigen Vertreters gem. § 13 AO, der jedoch kein abhängiger Vertreter i. S. d. Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA ist, würde dies bedeuten, dass – trotz fehlendem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland – der im Ausland ansässige Prinzipal in Deutschland eine Steuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige abzugeben hätte.56 Da in diesem Fall mangels abkommensrechtlicher Betriebsstätte Deutschland jedoch gar kein Besteuerungsrecht hat, wäre eine Steuererklärung mit einem zu versteuernden Einkommen von „Null“ anzugeben. M. E. sollte in Fällen eines fehlenden abkommensrechtlichen Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland – im Billigkeitswege – auf die Abgabe einer Steuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige verzichtet werden können. Dafür spricht auch die Entscheidung des BFH v. 14.9.1994,57 wonach eine Buchführungspflicht im Inland entfällt, wenn der Bundesrepublik Deutschland – mangels Betriebsstätte i. S. d. _____________ 52 53 54 55 56 57
Vgl. dazu Abschnitt C. Vgl. §§ 149 ff. AO i. V. m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG. Vgl. dazu Abschnitt E. III. 2. Vgl. BFH v. 29.1.2003 – I R 10/02, BStBl. II 2003, 687. Vgl. §§ 149 ff. AO i. V. m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG. Vgl. BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238.
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Art. 5 OECD-MA – für die entsprechenden Einkünfte kein Besteuerungsrecht zusteht.
II. Rechtsgrundlagen der Einkünfteabgrenzung 1. Veranlassungsgerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen Mangels konkreter Regelungen im deutschen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerrecht hat die Ermittlung der der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnenden Einkünfte auf Basis des Veranlassungsprinzips zu erfolgen.58 Nach dem Veranlassungsprinzip, dessen gesetzlicher Ursprung in der Definition der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG liegt, sind Aufwendungen und Erträge der Vertreterbetriebsstätte dann zuzuordnen, wenn sie durch diese veranlasst sind.59 Von einer Veranlassung durch die Betriebsstätte ist dabei immer dann auszugehen, wenn die Aufwendungen oder die Erträge objektiv mit der Vertreterbetriebsstätte zusammenhängen und subjektiv der Vertreterbetriebsstätte zu dienen bestimmt sind.60 Im Ergebnis ist der Vertreterbetriebsstätte nach dem Veranlassungsprinzip ein Anteil an den Erträgen und Aufwendungen des Gesamtunternehmens (im Ausgangssachverhalt:61 M-Inc.) aus den von ihr besorgten Geschäften zuzuordnen. Die der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnenden Erträge haben sich dabei an den von ihr ausgeübten Funktionen auszurichten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Vertreterbetriebsstätte um eine reine Dienstleistungsbetriebsstätte62 handelt. Folglich können weder Umsatzerlöse aus den für Rechnung des Prinzipals vorgenommenen Warenverkäufen noch die entsprechenden Einstandskosten der Vertreterbetriebsstätte zugeordnet werden.63 Dies ergibt sich auch aus der BFH_____________ 58 Vgl. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.221. 59 Vgl. auch BFH v. 20.7.1988 – I R 49/84, BStBl. II 1989, 140; v. 17.11.1999 – I R 7/99, BStBl. II 2000, 605. 60 Zu Einzelheiten der objektiven und subjektiven Komponente des Veranlassungsprinzips vgl. Ditz, Internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, Berlin 2004, 238 ff. 61 Vgl. Abschnitt A. 62 Zu Einzelheiten vgl. Abschnitt E. III. 1. 63 Vgl. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.221; a. A. Looks in Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, München 2003, Rz. 930 f.; Naumann/Förster, IStR 2004, 249 f.
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Rechtsprechung zur Zuordnung von Liefergewinnen bei Bau- und Montagebetriebsstätten zum Stammhaus.64 Danach kann ein Liefergewinn aus dem An- und Verkauf von Waren einer Bau- und Montagebetriebsstätte nur dann zugeordnet werden, wenn der An- oder Verkauf der Waren von der Betriebsstätte auch tatsächlich abgewickelt wird.65 Die Vertreterbetriebsstätte ist jedoch ihrer Natur nach weder für den Annoch den Verkauf von Waren zuständig. Vielmehr vermittelt sie lediglich das entsprechende Geschäft und partizipiert deshalb nicht am entsprechenden Liefergewinn. Stattdessen erhält sie lediglich einen Teil der Liefererlöse, welcher als Provision für die erbrachte Vermittlungsleistung der Betriebsstätte zuzuordnen ist.66 Neben den Erträgen sind der Vertreterbetriebsstätte auch die durch sie veranlassten Aufwendungen zuzuordnen.67 Als der der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnende Aufwand ist dabei die an den Vertreter zu leistende Vergütung zu berücksichtigen.68 2. Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA) Nach dem OECD-MK zu Art. 7 OECD-MA gelten für die Einkünfteabgrenzung von Vertreterbetriebsstätten die gleichen Grundsätze wie bei „normalen“ Betriebsstätten.69 Dies läuft auf eine Anwendung der in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA niedergelegten Selbstständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion der Betriebsstätte unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes hinaus. Vor diesem Hintergrund sind der Vertreterbetriebsstätte auch abkommensrechtlich diejenigen Aufwendungen und Erträge zuzuordnen, die sie als selbstständiges und vom Stammhaus unabhängiges Unternehmen erwirtschaftet hätte. Was die Höhe der Zuordnung der Erträge und Aufwendungen betrifft, so gilt der Fremdver-
_____________ 64 65 66 67 68
Vgl. dazu BFH v. 13.11.1990 – VIII R 152/86, BStBl. II 1991, 94. So auch die Finanzverwaltung im BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 4.3.7. Zu Einzelheiten vgl. nachfolgend Abschnitt E. III. 2. Zu Einzelheiten vgl. nachfolgend Abschnitt E. III. 3. Vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rz. 216; Görl in Vogel/Lehner, DBA, Art. 5 Rz. 153; Sieker, BB 1996, 983. 69 Vgl. Tz. 26 OECD-MK zu Art. 7.
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gleichsgrundsatz allerdings nur insoweit, als diese für das Gesamtunternehmen tatsächlich realisiert wurden.70 In diesem Zusammenhang ist das wesentliche Problem bei der Gewinnabgrenzung bei Vertreterbetriebsstätten die Frage, welcher Teil der Erträge des Stammhauses der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen ist.71 Hierbei können – mangels self-executing-Wirkung des Art. 7 OECDMA – nur solche Erträge der Vertreterbetriebsstätte zugeordnet werden, die für das Gesamtunternehmen des Prinzipals durch einen Außenumsatz realisiert wurden.72 Auch die abkommensrechtliche Selbstständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion der Vertreterbetriebsstätte gem. Art. 7 Abs. 2 OECD-MA kann daher nicht dazu führen, dass der Vertreterbetriebsstätte im Rahmen der Einkünfteabgrenzung über eine angemessene Provision hinausgehende Erträge zuzuordnen sind.
III. Ermittlung der Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte im Einzelnen 1. Funktionsanalyse als Ausgangspunkt Die veranlassungsgerechte Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen des Gesamtunternehmens zur Vertreterbetriebsstätte hat sich an den von der Vertreterbetriebsstätte ausgeübten Tätigkeiten und damit an den von dieser übernommenen Funktionen zu orientieren.73 Die von der Vertreterbetriebsstätte ausgeübten Funktionen sind damit für die Einkünfteabgrenzung der Höhe nach von zentraler Bedeutung. Insoweit ist der Auffassung der OECD74 und der Finanzverwaltung75 zuzustimmen, nach der die Funktionsanalyse den Ausgangspunkt der Einkünf_____________ 70 Vgl. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464; Wassermeyer in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rz. 216; Schön in Lüdicke, Besteuerung von Unternehmen im Wandel, Köln 2007, 91 ff.; Ditz, IStR 2009, 117 m. w. N.; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.222. 71 Vgl. auch Schön in Lüdicke, Besteuerung von Unternehmen im Wandel, Köln 2007, 97. 72 Vgl. Ditz, IStR 2005, 37 ff.; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.221. 73 Vgl. Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 4.40. 74 Vgl. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Paris 1995, Tz. 1.20; Ditz, IStR 2005, 38. 75 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 2.3.1 Abs. 3.
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teabgrenzung zwischen Stammhaus und (Vertreter-)Betriebsstätte darstellt. Im Rahmen der Funktionsanalyse werden die vom Stammhaus bzw. der Betriebsstätte ausgeübten Funktionen systematisch untersucht. Ziel der Funktionsanalyse ist die Analyse der Struktur des im Inund Ausland agierenden Unternehmens mit einer eingehenden Untersuchung der vom Stammhaus und der (Vertreter-)Betriebsstätte wahrgenommenen Funktionen und ihrer relativen Bedeutung im gesamten Leistungserstellungsprozess der Unternehmung.76 Im Hinblick auf die Funktionsanalyse der Vertreterbetriebsstätte ist von zentraler Bedeutung, dass diese eine reine Geschäftsbesorgungs- und damit eine reine Vermittlungsleistung erbringt. Weder der Kommissionär noch der Handelsvertreter erwerben das wirtschaftliche Eigentum an den zu vertreibenden Waren.77 Dieses wird vielmehr unmittelbar vom Prinzipal auf den Kunden übertragen. Das Risiko des zufälligen Untergangs der Waren, das Absatz- und Preisrisiko, das Forderungsausfallrisiko, das Gewährleistungsrisiko etc. werden damit von der Prinzipalgesellschaft, d. h. dem Stammhaus, getragen und sind folglich auch diesem zuzuordnen. Für den in Abschnitt A. dargestellten Ausgangssachverhalt bedeutet dies, dass diese Risiken dem US-amerikanischen Stammhaus der M-Inc. zuzuordnen sind (wenn davon ausgegangen werden würde, dass die M-Inc. im Inland eine Vertreterbetriebsstätte begründet). Die Vertreterbetriebsstätte erbringt hingegen im Rahmen ihrer Geschäftsbesorgung und Geschäftsvermittlung eine reine Dienstleistung, die als sog. Routinefunktion einzuordnen ist.78 Im Rahmen der Einkünfteabgrenzung, d. h. konkret der veranlassungsgerechten Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen zur Vertreterbetriebsstätte, ist damit zu beachten, dass es sich bei der Vertreterbetriebsstätte in der Regel um funktionsschwache Dienstleistungsbetriebsstätten handelt. Dies hat zur Folge, dass die aus den Warenverkäufen originär entstehenden Einkünfte dem Stammhaus zuzuordnen sind. Der Vertreterbetriebsstätte steht hingegen nur ein für ihre erbrachten Dienstleistungen entsprechender Gewinn zu. Dieser ist als Saldo aus den der Vertreterbetriebsstätte zugeordneten Erträgen und Aufwendungen zu ermitteln. _____________ 76 Vgl. auch § 4 Nr. 3 GAufzV v. 13.11.2003, BGBl. I 2003, 2296. 77 A. A. Naumann/Förster, IStR 2004, 249 f. 78 So explizit auch BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570, Tz. 3.4.10.2; s. ferner Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, 1551.
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2. Zuordnung von Erträgen Sowohl nach der ständigen Rechtsprechung des BFH79 als auch nach Auffassung der Finanzverwaltung80 sind die Einkünfte einer Betriebsstätte grundsätzlich nach der sog. „direkten Methode“ zu bestimmen. Dies gilt auch für die Einkünfteabgrenzung bei einer Vertreterbetriebsstätte. Die Anwendung der direkten Methode setzt zwar üblicherweise das Vorliegen einer eigenen Buchführung für die Vertreterbetriebsstätte voraus. An einer solchen Buchführung der Vertreterbetriebsstätte fehlt es jedoch üblicherweise in der Praxis, weil sie ein rein fiktives Gewinnermittlungsobjekt darstellt. Insofern kann jedoch nicht schlussgefolgert werden, dass die indirekte Methode bei der Einkünfteabgrenzung von Vertreterbetriebsstätten anzuwenden sei.81 Denn die Anwendung der indirekten Methode ist nur dann möglich, wenn die Funktionen des Unternehmens mit denjenigen der Betriebsstätte (hier: Vertreterbetriebsstätte) weitgehend übereinstimmen.82 Dies ist indessen im Verhältnis zwischen Stammhaus und Vertreterbetriebsstätte nicht der Fall. Denn die Vertreterbetriebsstätte übt lediglich eine (Vertriebs-)Dienstleistung aus, während das Stammhaus üblicherweise als Strategieträger bzw. Entrepreneur die wesentliche unternehmerische Wertschöpfung wahrnimmt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der indirekten Methode sind damit bei Vertreterbetriebsstätten in der Regel nicht erfüllt.83 Im Ergebnis ist daher für die Ermittlung der Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte die direkte Methode anzuwenden. Nach dem Veranlassungsprinzip sind der Vertreterbetriebsstätte unter Berücksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes die tatsächlich realisierten Erträge des Prinzipalunternehmens zuzuordnen, die durch die Vertreterbetriebsstätte veranlasst sind (bzw. durch sie erwirtschaftet wurden). Unter Berücksichtigung des Funktionsprofils der Vertreterbetriebsstätte als reine Dienstleistungsbetriebsstätte mit Routinefunktionen ist ihr daher im Rahmen der Ertragszuordnung eine angemesse_____________ 79 Vgl. etwa BFH v. 28.3.1985 – IV R 80/82, BStBl. II 1985, 405; v. 25.6.1986 – II R 213/83, BStBl. II 1986, 785; v. 29.7.1992 – II R 39/89, BStBl. II 1993, 63. 80 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 2.3; Ditz/Schneider, DStR 2010, 82. 81 Gl.A. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.224. 82 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 2.3.2. 83 Wohl a. A. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 6. Aufl., München 2007, 666.
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ne Provision zuzuordnen. Einkünfte des Prinzipalunternehmens aus den von diesem vorgenommenen Warenverkäufen sind der Vertreterbetriebsstätte genauso wenig zuzuordnen, wie die Einstandskosten für vom Prinzipal bezogene Waren.84 Dies wird durch das BFH-Urteil v. 13.11.199085 für ausländische Bau- und Montagebetriebsstätten bestätigt, wonach der Liefer- und Montagegewinn getrennt zu beurteilen sind. Auch die Vertreterbetriebsstätte ist lediglich vermittelnd tätig und partizipiert deshalb nicht am Liefergewinn. Vielmehr erhält sie lediglich einen Anteil der aus den durch den Prinzipal aus der Warenlieferung realisierten Erträgen als „Provision“ für die erbrachte Vermittlungsleistung. Vor dem Hintergrund des BFH-Urteils v. 13.11.199086 ist nicht ersichtlich, weshalb dabei für Vertreterbetriebsstätten etwas anderes gelten sollte, als für Bau- und Montagebetriebsstätten. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Warenbestände in einer (möglichen) Bilanz der Vertreterbetriebsstätte auszuweisen.87 Bei einer ausländischen Vertreterbetriebsstätte (z. B. Einschaltung eines im Ausland ansässigen Kommissionärs oder Handelsvertreters durch einen deutschen Prinzipal) können folglich auch die Entstrickungsregelungen des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und des § 12 Abs. 1 KStG keine Rolle spielen. Die Bestimmung des angemessenen Anteils der Vertreterbetriebsstätte an den Erlösen des Prinzipalunternehmens kann auf Basis der Preisvergleichsmethode oder der Kostenaufschlagsmethode erfolgen. Denn bei den von der Vertreterbetriebsstätte ausgeübten Funktionen handelt es sich um eine Dienstleistung, für die nach allgemeinen Verrechnungspreisgrundsätzen eine angemessene Vergütung auf Basis dieser Standardmethoden üblicherweise ermittelt wird.88 Im Rahmen der Anwendung der Preisvergleichsmethode kann die Vertreterprovision durch einen internen oder externen Preisvergleich ermittelt werden. Dabei wird üblicherweise ein Provisionssatz Anwendung finden, der an den vermittelten Umsatz anknüpft. Alternativ (d. h. wenn die Preisvergleichsmethode nicht anwendbar ist) kann die angemessene Provision _____________ 84 Vgl. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.221; a. A. Looks in Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, München 2003, Rz. 930 f.; Naumann/Förster, IStR 2004, 249 f. 85 Vgl. BFH v. 13.11.1990 – VIII R 152/86, BStBl. II 1991, 94. 86 Vgl. BFH v. 13.11.1990 – VIII R 152/86, BStBl. II 1991, 94. 87 A. A. Naumann/Förster, IStR 2004, 249 ff. 88 Vgl. BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 3.1.2; v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 213, Tz. 3.2.3.1. und 3.2.3.2.
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auch auf Basis der Kostenaufschlagsmethode bestimmt werden. In diesem Fall ergibt sich die angemessene Provision aus den beim Vertreter entstandenen Kosten zzgl. eines Gewinnaufschlags i. H. v. in der Regel 5 % bis 10 %.89 Ferner ist auch die Anwendung der Transactional Net Margin Method (TNMM) denkbar; denn bei der Vertreterbetriebsstätte handelt es sich um die Ausübung einer Routinefunktion, für die die TNMM grundsätzlich anwendbar ist.90 Die Wiederverkaufspreismethode kann hingegen nicht zur Anwendung kommen, da sie zur Bepreisung von Dienstleistungen in der Regel keine Anwendung finden kann91 und es darüber hinaus an einer mehrstufigen Vertriebsstruktur verbunden mit einer Überführung von Waren in die Vertreterbetriebsstätte fehlt. 3. Zuordnung von Aufwendungen Dem der Vertreterbetriebsstätte zugeordneten Ertrag in Form einer fremdüblichen Vertreterprovision ist zur Ermittlung der Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte der durch sie veranlasste Aufwand gegenüberzustellen. Die Differenz beider Größen ergibt dann die der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnenden Einkünfte, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Bei den der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnenden Aufwendungen des Stammhauses handelt es sich konkret um die Aufwendungen, die dem Stammhaus durch die Einschaltung des Vertreters entstanden sind. Dies ist im Wesentlichen die an den Vertreter geleistete Vergütung (in der Regel in Form der an den Vertreter entrichteten Provision).92 Hinsichtlich der Folgen der Aufwandszuordnung zur Vertreterbetriebsstätte ist danach zu differenzieren, ob es sich bei dem Vertreter um eine dem Vertretenen nahestehende Person handelt oder nicht bzw. ob der Ver-
_____________ 89 Zu Einzelheiten der Ausgestaltung der Kostenaufschlagsmethode bei Betriebsstätten vgl. Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 4.69. 90 Vgl. BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570, Tz. 3.4.10.3 Buchst. b); Baumhoff/Ditz/ Greinert, DStR 2005, 1551 f. 91 Vgl. Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 655. 92 Vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rz. 216; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.232 ff.; Sieker, BB 1995, 983; Görl in Vogel/Lehner, DBA, Art. 5 Rz. 153.
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treter ein Organ oder Angestellter des vertretenen Unternehmers ist.93 Im Einzelnen: Soweit es sich bei dem Vertreter um eine Person handelt, die dem vertretenen Unternehmen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG nicht nahesteht, ist die zwischen dem vertretenen Unternehmen und dem Vertreter vereinbarte Vergütung (in der Regel in Form einer Provision) zwischen fremden Dritten vereinbart und folglich angemessen. In diesem Fall entspricht der der Vertreterbetriebsstätte in Form einer fremdüblichen Provision zugeordnete Ertrag den dieser zugeordneten Aufwendungen, so dass der Vertreterbetriebsstätte weder ein Gewinn noch ein Verlust zuzurechnen ist. Die Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte betragen in diesem Fall Null.94 Handelt es sich bei dem Vertreter um eine dem vertretenen Unternehmen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG nahestehende Person (z. B. um eine im Inland ansässige Tochter-Vertriebsgesellschaft), ist der Vertreterbetriebsstätte ebenfalls kein Gewinn zuzuordnen, wenn die Vergütung des Vertreters angemessen ist.95 Ist das durch das vertretene Unternehmen an den nahestehenden Vertreter entrichtete Entgelt indessen unangemessen, so kann grundsätzlich bei der Vertreterbetriebsstätte ein Gewinn oder Verlust entstehen: Ist die Vergütung des Vertreters unangemessen hoch, entsteht ein Verlust der Vertreterbetriebsstätte; ist es hingegen zu gering, ist der Vertreterbetriebsstätte ein Gewinn zuzuordnen. Die Praxis zeigt, dass in Fällen einer unangemessenen Vergütung des Vertreters die Finanzverwaltung regelmäßig Einkünftekorrekturen auf Basis der einschlägigen Einkünftekorrekturvorschriften96 vornimmt. Im Ergebnis werden daher diese Fälle von der Finanzverwaltung anhand von Einkünftekorrekturen des nahestehenden Vertreters (z. B. bei der _____________ 93 Vgl. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.232 ff.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 18.50 ff. 94 Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 18.50 m. w. N.; Sieker, BB 1995, 984; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.233; wohl a. A. Looks in Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, München 2003, Rz. 929 ff.; Naumann/Förster, IStR 2004, 249 ff. (mit Verweis auf den „Functionally Separate Entity Approach“ der OECD); Griemla, IStR 2005, 858 ff. m. w. N. 95 Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 18.51 m. w. N.; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.234. 96 Namentlich verdeckte Gewinnausschüttung, § 1 AStG, Entnahme und Einlage.
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Tochter-Vertriebsgesellschaft) gelöst; selten wird hingegen zusätzliches inländisches Besteuerungssubstrat durch die Annahme einer beschränkten Steuerpflicht über eine Vertreterbetriebsstätte generiert. Mit Durchführung der entsprechenden Einkünftekorrekturen ist der daraus resultierende Aufwand oder Ertrag der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen. Daher geht die h. M. der Literatur auch in Fällen von unangemessenen Vergütungen des Vertreters davon aus, dass die Einkünfte der Vertreterbetriebsstätte Null betragen.97 Handelt es sich bei dem Vertreter um ein Organ des vertretenen Unternehmens oder dessen Angestellten, wird in der Regel der der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnende Aufwand niedriger sein als der angemessene Ertragsanteil für die von der Vertreterbetriebsstätte ausgeübten Funktionen. Infolgedessen ist der durch ein Organ oder einen Angestellten des vertretenen Unternehmens begründeten Vertreterbetriebsstätte in der Regel ein Gewinn zuzuordnen.98 Im Ergebnis ergeben sich damit lediglich bei Vertreterbetriebsstätten, die durch Organe oder Angestellte des vertretenen Unternehmens begründet werden, positive Einkünfte, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die genannten Grundsätze gelten dabei sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Vertreterbetriebsstätten.
F. Zusammenfassung der Ergebnisse Die vorstehend dargestellten Ausführungen zur Begründung von Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich lassen sich – in aller Kürze – wie folgt zusammenfassen: – Bei der Funktionsabschmelzung einer im Inland ansässigen TochterVertriebsgesellschaft von einem Eigenhändler zum Kommissionär erfolgt – mangels Geschäftsbeziehung i. S. d. § 1 Abs. 5 AStG – keine Funktionsverlagerungsbesteuerung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG. Dies setzt allerdings voraus, dass ein entsprechender Vertriebsvertrag vertragskonform beendet wird und der vom Eigenhändler generierte Kundenstamm vom Kommissionär weitergenutzt werden kann. _____________ 97 Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 18.51 m. w. N.; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.234. 98 Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Köln 1998, Rz. 18.51; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Köln 2006, Rz. 10.235; Sieker, BB 1995, 985.
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Ditz – Vertreterbetriebsstätten bei Funktionsverlagerungen im Vertriebsbereich
– Sowohl der Kommissionär als auch der Handelsvertreter begründen einen ständigen Vertreter gem. § 13 AO. – Der Kommissionär ist – mangels Abschlussvollmacht – nicht als Vertreterbetriebsstätte i. S. d. Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA zu qualifizieren. Der Handelsvertreter kann hingegen eine solche Vertreterbetriebsstätte begründen. – Der Vertreterbetriebsstätte sind in der Regel Einkünfte i. H. v. Null zuzuordnen. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Vertreterbetriebsstätten, die durch Organe oder Mitarbeiter des vertretenen Unternehmens begründet werden. In diesen Fällen sind der Vertreterbetriebsstätte regelmäßig Einkünfte, die von Null abweichen, zuzuordnen.
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Diskussion II: Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung Podiumsdiskussion Leitung Prof. Dr. Detlef J. Piltz Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Flick Gocke Schaumburg, Bonn Teilnehmer Prof. Dr. Hubertus Baumhoff Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Franz Hruschka Leitender Regierungsdirektor, Finanzamt München
Dr. Xaver Ditz Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Prof. Dr. Kaminski Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Helmut-SchmidtUniversität, Hamburg
Dr. Markus Frischmuth Tognum AG/MTU Friedrichshafen GmbH, Friedrichshafen
Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer Vors. Richter am BFH a. D. Rechtsanwalt und Steuerberater Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Prof. Dr. Piltz Vielen Dank, Herr Ditz. Bevor wir hier in die Pause gehen, möchte ich dem Podium eine Frage vorlegen. Herr Ditz sagt, dass eine Vertreterbetriebsstätte normalerweise keinen Gewinn habe. Das sehe ich anders. Bei der beschränkten Steuerpflicht hätte andernfalls § 49 EStG mit dem ständigen Vertreter m. E. keine Funktion. Außerdem geht es nicht immer nur um beschränkt Steuerpflichtige. Wenn eine Vertreterbetriebsstätte im DBA-Ausland ist, könnte deren Gewinn von der deutschen Steuer freigestellt sein. Wenn der Gewinn immer Null ist, kommt die Freistellung nicht zum Zuge. Ich will dazu einen stark vereinfachten Fall darstellen. Ein Amerikaner kauft in Amerika eine Sache 189
Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
für 100 ein und verkauft sie per Telefon nach Deutschland für 150. Die Rechtsfolge ist klar: Der Amerikaner verdient 50, die mangels Anknüpfung gemäß § 49 EStG keiner deutschen Steuer unterliegen. Der Kontrastfall ist, dass der Amerikaner durch einen in Deutschland ansässigen unabhängigen Dritten als ständigen Vertreter verkauft, der hierfür 10 als Entgelt erhält. Dass der ständige Vertreter in Deutschland im Rahmen seiner unbeschränkten Steuerpflicht 10 besteuern muss, ist klar. Es geht um die 40, die der Amerikaner noch verdient. Ist er mit diesen 40 in Deutschland deswegen beschränkt steuerpflichtig, weil er „Einkünfte aus Gewerbebetrieb [erzielt], für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist“ (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst a EStG). Anders gefragt: Wird von den 40 Gewinn ein Teil (die Bestimmung der Höhe nach soll hier nicht interessieren) in Deutschland besteuert? Die Antwort von Herrn Ditz ist: „Nein“. Wenn das so ist, wird m. E. der § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst a EStG funktionslos. Wie beantwortet das Podium die Frage? Prof. Dr. Dr. h.c. Wassermeyer Ich möchte der Auffassung von Herrn Ditz folgen und sagen, es wird nichts besteuert. Dies gilt jedenfalls für den von Herrn Ditz gebildeten Fall. Deshalb wird aber § 49 EStG nicht funktionslos. Es gibt eben ganz verschiedenartige Vertreter. Bei den Vertretern, die eine fremdübliche Provision bekommen, führt dies zu einem Plus-Minus-Null-Spiel. Aber immer dann, wenn der Vertreter nicht wie ein selbständig tätiger Dritter handelt, kann sich ein Gewinn für die Vertreterbetriebsstätte ergeben. Der Vertreter kann z. B. ein Angestellter sein. Dann bekommt er ein Gehalt, das höher, aber auch niedriger als die gedachte Provision sein kann. Es gibt viele Fälle, in denen kein Kommissionär eingeschaltet wird. In diesen Fällen muss ich konkret rechnen, was auch die Möglichkeit eines Verlustes der Vertreterbetriebsstätte nicht ausschließt. Prof. Dr. Piltz Herr Kaminski? Prof. Dr. Kaminski Ich sehe das im Prinzip genauso. Vielleicht nur dahingehend etwas anders, weil ich sage, dass bei der Tochtergesellschaft ein Gewinn allokiert wird.
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Prof. Dr. Piltz Das sollte ein Fremder sein. Prof. Dr. Kaminski In dem Fall, den Herr Ditz gebildet hat, war es ja so, und da wird ein Teil zugeordnet und in Deutschland besteuert. Wenn es nun ein unabhängiger Vertreter wäre, gäbe es einen natürlichen Interessengegensatz, der dafür sorgt, dass er seine angemessene Vergütung bekommt. Damit ist die Vergütung fremdüblich. Und mehr erhielt ein fremder Dritten nun mal auch nicht. Ich meine also, dass die Nullsummen-These zutreffend ist. Prof. Dr. Piltz Das heißt, von den 40 wird in Deutschland nichts versteuert? Dr. Ditz Wenn 10 die fremdübliche Marge ist, dann ja. Die Besteuerung von 10 erfolgt im Beispiel allerdings im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht des in Deutschland ansässigen Vertreters. Die Einkünfte des Amerikaners, die in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, betragen null. Prof. Dr. Piltz Wenn der ein fremder Dritter ist, dann ist es fremdüblich. Also keine Besteuerung. Dr. Ditz Ich schließe mich – wie aus meinem Vortrag hervorgeht – der Auffassung von Herrn Kaminski an. Hruschka Also, ich habe überhaupt kein Problem mit der Nullsummen-Theorie. Das praktische Problem ist natürlich immer die BP-Situation, wo die Fremdüblichkeit der Vergütung in Frage steht. Das ist doch genau sozusagen Gegenstand der Untersuchung des Betriebsprüfers. Die Frage des Prüfers lautet „Ist die Vergütung – in unserem Beispielsfall die 10 – der fremdübliche Tarif?“. Das ist die Frage, um die wir letzten Endes strei191
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ten. Und wenn das Ergebnis Ja ist, d’accord. Wenn das Ergebnis Nein ist, dann findet eine Korrektur statt. Prof. Dr. Baumhoff Ich sehe das auch so. Hier bleiben ja immer noch 10 Punkte für den Vertreter übrig. Und diese 10 Punkte des Vertretergewinns kann man natürlich besteuern, da der Gewinn hier steuerpflichtig ist, und wir uns hier im echten Fremdvergleich befinden. Prof. Dr. Piltz Das bedeutet, dass ein Steuerausländer in Deutschland Waren durch einen ständigen Vertreter vertreiben kann, ohne dass er im Ergebnis auf den von ihm – nach Abzug eines fremdüblichen Vertreterentgelts – erzielten Gewinn einer beschränkten Einkommensteuer unterliegt. Dr. Ditz Auch der Sinn und Zweck der beschränkten Steuerpflicht (Quellenbesteuerung) spricht für die Null-Gewinntheorie: Die beschränkte Steuerpflicht will eine Wertschöpfung, die im Quellenstaat erbracht wird, besteuern. Diese Wertschöpfung wird durch die Tätigkeit des Vertreters erbracht. Und wenn der ein angemessenes Entgelt erhält, dann versteuert er das doch über seinen Gewinn im Rahmen seiner unbeschränkten Steuerpflicht. Damit wird die Wertschöpfung, die in Deutschland erbracht wird, angemessen steuerlich erfasst. Und dann bedarf es auch keiner weiteren beschränkten Steuerpflicht. Prof. Dr. Piltz Ich habe die Teleologie des § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG bisher anders verstanden. Der Steuerausländer, der ein reines Importgeschäft macht, wird nicht besteuert. Wenn er seine Inlandsaktivität aber so verdichtet, dass er einen Inländer als ständigen Vertreter einsetzt, dann soll er, der Steuerausländer, mit einem Teil seiner Einkünfte aus dem Geschäft in Deutschland besteuert werden (ganz unabhängig von dem ständigen Vertreter, der als eigenes Steuersubjekt natürlich der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt). Ich sehe aber, dass die Meinung auf dem Podium das anders sieht und im Ergebnis keine beschränkte Steuerpflicht annimmt. Daraus folgt für eine ausländische Vertreterbetriebsstätte, dass auch im Falle eines DBA mit Betriebsstättenfreistellung der ge192
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samte Gewinn im Inland steuerpflichtig bleibt, also keine (teilweise) Freistellung des Vertriebsgewinns erfolgt. Prof. Dr. Piltz Ich bin gebeten worden, das Lastwagen-Beispiel noch einmal klarzustellen. Ein Lastwagen wird als Einzelwirtschaftsgut in das Ausland verbracht. Er steht mit 1 zu Buch, hat aber noch einen Verkehrswert von 20. In diesem Falle ist klar, dass die stille Reserve von 19 realisiert wird. Wenn der Lastwegen (weil Personal und immaterielle Wirtschaftsgüter mit verbracht werden) einen Teilbetrieb darstellt, habe er eine Gewinnerwartung von 50. Dann werden nicht 19 realisiert, sondern 49. Nicht etwa werden die 49 zu den 19 addiert. Wenn der Lastwagen, verstanden als Teilbetrieb, später 200 verdient, kann die Finanzverwaltung einen Nachschlag verlangen. Wenn er später aber nicht 50, sondern nur 10 verdient, hat der Steuerpflichtige Pech gehabt. Eine Anpassung nach unten ist nicht vorgesehen. Dr. Frischmuth Ich würde noch mal Bezug auf Ihr Lastwagen-Beispiel nehmen, weil das natürlich für die Praxis eine spannende Frage ist. Am Ende des Tages können wir berechnen, dass so ein Lastwagen einen Funktionswert von 50.000 hat. Aber dahinter stehen ja immer noch Transaktionen oder Einzelsachverhalte, die wir im grenzüberschreitenden Verkehr abbilden müssen. Für diesen Fall würden wir jetzt in der Praxis sagen „Okay, wir müssen irgendwie 50.000 vergütet bekommen.“ Wir wissen, dass der Lastwagen einen Wert von 20.000 hat. Würden wir den Lastwagen für 20.000 verkaufen, hätten wir von den 50.000 mit einer Transaktion 20.000 „verbraucht“, und die restlichen 30.000 müssten wir irgendwie noch über die Grenze bekommen. Wir müssen „etwas“ irgendwie verkaufen. Und hier stellt sich die Frage, die heute des Öfteren aufgekommen ist: Ist diese Differenzgröße ein Goodwill? Ungeklärt ist hierbei selbstverständlich, wie das Ausland diese Differenzgröße von 30.000 behandelt, sollte diese dem Ausland in Rechnung gestellt werden. Ist dieser Umstand aus Sicht des Auslands ein eingekaufter Goodwill, sind es sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, oder macht man es so wie in Mexiko und sagt, solche Goodwills dürfen steuerlich nicht abgesetzt werden? All diese Unwägbarkeiten haben wiederum Rückwirkungen auf die Transferpaketwertbestimmung (nach Steuern).
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Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
Und die zweite Frage: Im Beispiel Herrn Baumhoffs ist die Lizenzverrechnungsmethode eingeführt. Die, Herr Baumhoff, haben mit der Knoppe-Formel gerechnet und haben meines Wissens – Seite 116 in ihrem Skript – eine Lizenz von 250.000 p. a. ermittel. Das wäre dann pro Jahr 250.000 mal 5 Jahre, und wir wären bei 1,25 Millionen. Und Sie haben erläutert, der Liquidationswert – ich nehme an, das ist eine Maschine oder so etwas – wären 500.000; diese würden wir auch verkaufen. Demnach hätte der deutsche Fiskus insgesamt 1,75 Millionen eingenommen. Ihr Einigungsbereich war zwischen 500 und 3,9 Millionen, insoweit ist man mit den 1,75 Millionen relativ in der Mitte. Als deutsches Unternehmen würde ich jetzt sagen „Das ist in Ordnung und angemessen so.“. Wir haben auch im Ausland keine Probleme, weil ich mal unterstelle, dass die Knoppe-Methode oder die 25 %-Rule im Ausland anerkannt sei. Sie sehen, wir befinden uns auch in Ihrem Beispiel, Herr Baumhoff, im Prinzip wieder bei meinen EinzelverrechnungspreisMethoden, wo ich am Ende des Tages sage „Irgendwie passen sie dann doch und treffen den Einigungsbereich der Funktionsverlagerungsbesteuerung“. Wozu also dieses äußerst komplizierte Vehikel? Hruschka Fangen wir mit dem einfacheren Fall an. Das ist der zweite in meinen Augen. Ich stimme Ihnen zu, Herr Dr. Frischmuth, dass, wenn letzten Endes die Einzeltransferpreise im Korridor liegen, wird ein Praktiker diesen Preis akzeptieren. Dieses Beispiel, was Sie da gerade zitiert haben, belegt eigentlich auch meine These, dass nämlich de facto alles, was an Einzelwirtschaftsgütern transferiert wird, und was an sonstigen Rechten überlassen wird, vergütet gehört. Wenn man das alles einmal fein säuberlich zusammenzählt, gibt es am Ende des Tages keinen großen Unterschied zwischen der Einzelbewertung und der Gesamtbewertung. Und damit kommen wir zu dem Import-Export-Fall, also der Frage, wie ist der LKW-Fall zu entscheiden ist. Oder sozusagen, wie das Ertragsdelta 30.000 im Export- und im Importfall zu behandeln ist. Im Exportfall ist es natürlich aus dem Blickwinkel des deutschen Fiskus ganz einfach. Das ist ein außerordentlicher Ertrag. Punkt. Im Importfall stellt sich natürlich die Frage, ist das jetzt ein AO-Aufwand, oder aber ist dort irgendein Wirtschaftsgut oder was auch immer erworben worden ist, ein Nutzungsrecht möglicherweise, das ich irgendwie über verschiedene Steuerperioden abzugrenzen habe. Das wird man im Einzelfall wie194
Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
der konkret untersuchen müssen. Lassen Sie mich noch einmal zurück gehen. Diese Vergütung kann und ist meines Erachtens nur dann zu zahlen, wenn an dem Betrag auch eine Position hängt, vermöge der ich die Nutzung des LKWs durch den Anderen verhindern kann. Weil, wenn es nur um den Erwerb eines LKWs geht, wird mit der Übertragung des Wirtschaftsguts keine Funktion übertragen. Mit anderen Worten, ich brauche einen zusätzlichen Funktionsnutzen. Und dessen Rechtsnatur muss ich identifizieren. Und wenn ich das kann, dann stelle ich in der Regel ein Nutzungsrecht fest, für das ich einen Abgrenzungsposten zu bilden habe. Oder aber habe ich möglicherweise sogar ein Wirtschaftsgut erworben, das ich zu aktivieren habe. Das wäre meines Erachtens die Lösung für den Importfall. Dr. Frischmuth Ich komme noch einmal auf das Ausland. Dort gibt es drei Möglichkeiten. Manche Länder lassen die Kompensationszahlung als Sofortaufwand zu, andere nehmen ein immaterielles Wirtschaftsgut an und lassen es z. B. auf fünf Jahre abschreiben. Aber es gibt Länder, die sagen, die zusätzliche „Goodwillzahlung“ kann steuerlich nicht angesetzt werden. Und dann rasen wir natürlich in Doppelbesteuerungen. Hruschka Diesen AO-Ertrag würde ich natürlich, wenn man es jetzt mal steuerlich zu Ende denkt, ansetzen. Quasi als wäre das ein Ergebnis nach § 1 AStG. Man müsste dementsprechend zulassen, dass Sie einen außerbilanziellen Merkposten in Höhe dieser 30.000 bilden dürfen, den Sie dann gegebenenfalls, spätestens im Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung, auflösen können. Prof. Dr. Baumhoff Ich möchte zunächst einmal grundsätzlich davor warnen, die Folgen der neuen Funktionsverlagerungsbesteuerung sozusagen zu verharmlosen. Wenn nunmehr die Summe der Werte der Einzelwirtschaftsgüter im Angemessenheitskorridor liegt, wird in der Praxis kein Korrekturbedarf vorliegen. Die Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung führt aber dennoch in diesen Fällen zu Konfliktpotential, da sich die Angemessenheitsgrenzen nicht mehr eindeutig fixieren lassen.
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Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
Zum zweiten Thema (gemeint ist die 30 Punkte-Differenz im LKWFall) sehe ich das ähnlich wie Herr Hruschka. Bezogen auf die heute morgen zitierten aktuellen BFH-Urteile sehe ich den Fall nicht so, dass an einem einzelnen Wirtschaftsgut, welches 20 wert ist, noch eine Geschäftschance bzw. ein Goodwill oder ein Firmenwert von 30 kleben kann. Das ist eigentlich nur denkbar, wenn wir in Richtung Teilbetrieb/Betrieb gehen, wo grundsätzlich ein Goodwill vorhanden sein kann. An sich kann ein einzelnes Wirtschaftsgut keinen Goodwill haben, vielmehr müsste dieser in dem Preis letztlich mit einkalkuliert sein. Was allerdings sein kann, ist, dass mit einem Wirtschaftsgut eine Geschäftschance oder eine Gewinnchance verbunden ist. Und dann sind wir letztlich wieder in der Geschäftschancenlehre des BFH. Und da haben wir fünf Einzelfälle, die, wenn ich das richtig sehe, allesamt aus der Bauindustrie stammen, also Fälle, in denen ein Bauunternehmer, dessen GmbH ein günstiges Grundstück angeboten wurde, dieses sozusagen „privat“ erworben hat. Dieser Vorgang wurde dann zu Recht als VGA qualifiziert, weil man sagte, man hat der GmbH eine Geschäftschance genommen. Diese Geschäftschancenlehre knüpft an einige Kriterien an, insbesondere daran, dass sich diese Gewinnexpektanz schon ganz deutlich konkretisiert haben muss. Das dürfen nicht nur vage Gewinnaussichten sein, sondern es muss schon praktisch sicher sein, dass dieses Delta von 30 dann realisierbar ist. Also noch einmal als Resümée: Ich habe Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, dass insbesondere an materiellen Wirtschaftsgütern ein Delta in Form eines Goodwill klebt. Ich meine, das geht eigentlich nur, wenn das im Zusammenhang mit der Übertragung von Teilbetrieben oder Betrieben geschieht. Dr. Ditz Auch nach § 1 Abs. 7 FVerlV stellt die reine Veräußerung eines Wirtschaftsgutes keine Funktionsverlagerung dar. Prof. Dr. Piltz Das war nur zur Veranschaulichung gemeint. Es könnten ja drei LKWs sein mit 10 Mann, dann haben Sie einen Teilbetrieb. Prof. Dr. Baumhoff Gut, dann haben wir schon einen halben Speditions-Teilbetrieb. Da sind wir schon einen Schritt weiter. 196
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Die zweite Frage, Herr Frischmuth, betrifft die Lizenzverrechnungsmethode, auf Ihrem Skript Seite 116. Sie haben zu Recht gesagt „250.000 Lizenz per Anno mal 5.“. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich nicht mal 5 genommen habe, sondern mal 4,5. 4,5 deswegen, weil 4,5 90 % von 5 sind. Denn sonst – und wir hatten ja gesagt, annahmegemäß beträgt die ganze Nutzungsdauer der Funktion 5 Jahre – hätten wir einen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, und genau das wollen wir ja vermeiden, dann wären wir nicht mehr im Lizenzfall. Das heißt, wir wären bei 4,5 Jahren maximal à 250.000, das sind 1.125.000. Das wäre die Gewinnrealisierung im Falle der Lizenzierung, zeitlich gestreckt, versus – wie Sie es eben gesagt haben – 1.750.000 Sofortversteuerung. Also, da ist schon noch ein kleiner Unterschied. Insofern macht es Sinn, über diese beiden Alternativen auch betriebswirtschaftlich nachzudenken. Was ich interessant fand, auch in Ihrem Beispiel, war der Umstand, dass Sie ein Transferpaket noch mal aufgeschnürt und gesplittet haben. Das ist an sich möglich, aber ich war bisher immer davon ausgegangen, entweder Übertragung oder Lizenzierung. Man kann das natürlich aufsplitten und sagen: Einen Teil übertrage ich direkt, insbesondere, wenn das Transferpaket materielle Wirtschaftsgüter enthält, wie z. B. hier einen LKW. Und dieses Delta, das dann auf immaterielle Wirtschaftsgüter entfallen muss, lizenziert man dann. Also, das ist ein interessanter Vorschlag, der durchaus auch praktikabel ist. Und ich wüsste auch keinen Grund, warum das nicht auch zwischen Fremden stattfinden sollte. Prof. Dr. Piltz Heute Vormittag ist noch eine Frage offen geblieben, nämlich die der Personalentsendung. Bei Herrn Hruschka klang an, dass die Personalentsendung im Konzern grundsätzlich keine Funktionsverlagerung ist. Ist das auch so, wenn es sich um spezielle Wissensträger handelt? Nehmen wir an, dass fünf Forscher an einer Entwicklung in Deutschland drei Jahre lang arbeiten. Als die Arbeiten zu etwa zwei Drittel fertig sind, gehen die fünf Personen zu einer Tochtergesellschaft in die USA und führen die Entwicklung zu Ende. Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Hruschka, dass in einem solchen Fall doch eine Funktionsverlagerung vorliegen könnte? Meines Erachtens muss gefragt werden: Bezahlt ein fremder Dritter? Es könnte Leute geben, für deren Abwerbung dem bisherigen Arbeitgeber oder dem Abzuwerbenden über sein später zu zahlendes Normalgehalt hinaus etwas als Prämie gezahlt wird. Im Fußball gibt es bekanntlich in diese Richtung die Ablöse197
Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
summe. Das kann man sich auch bei qualifizierten Wissenschaftlern vorstellen. Deutsche Universitäten locken bisweilen ausländische Wissenschaftler nach Deutschland, indem sie Ihnen über das laufende Gehalt eine Prämie zahlen. In diesem Fall könnte man sich auch eine Funktionsverlagerung durch Verlagerung eines Menschen vorstellen. Wenn aber ein Dritter hierfür nichts bezahlen würde, dann kann die Personalverlagerung auch keine Funktionsverlagerung sein. Hruschka Also, ich gebe ja zu, wie gesagt, der Entwurf des BMF-Schreibens beschränkt sich ja letzten Endes nur auf diese drei Fallbeispiele, die ich Ihnen an die Wand geworfen habe. Eine tiefer gehende Systematisierung finden Sie dort nicht. Wenn kein Wissen transferiert wird, habe ich keine Funktion und damit keine Funktionsverlagerung. Der Fall ist klar. Die Frage, die sich jetzt eigentlich stellt, ist, wenn wir tatsächlich davon ausgehen, dass Wissensträger über die Grenze entsendet werden, wann der Wissensträger eine vergütungsfähige Funktion mitnimmt und wann nicht. Das ist sozusagen diese Gretchenfrage, um die es sich dreht. Und ich gebe ganz offen zu, ich persönlich habe den Entwurf so verstanden, dass die Person als solches vorgeht, weil es dort heißt, die Grundsätze der Personalentsendung gehen vor. Und das hätte für mich zur Folge, dass § 1 Abs. 3 AStG nicht greift, wenn ich dieses Wissen nicht von der Person trennen kann – das wäre das Beispiel von Professor Wassermeyer mit dem Michael Ballack oder das von mir gebildete fiktive Michael Schumacher Beispiel. Im Ergebnis haben wir dann wohl keine Funktionsverlagerung, weil ich ja sozusagen dieses Wissen nicht von der Person trennen kann. Hingegen, wenn es sich um ein übertragbares, kann quasi mit der Übertragung des Personals sozusagen auch ein Funktionsnutzen übergehen. Prof. Dr. Dr. h.c. Wassermeyer Herr Hruschka, ich habe noch eine andere Schwierigkeit. Das Wissen ist ein Umstand, der dem einzelnen Angestellten und jedenfalls im Regel nicht dem Unternehmen zuzurechnen ist. Der Angestellte könnte auch kündigen und morgen bei dem anderen Unternehmen einen neuen Vertrag abschließen. Die Konsequenz dessen, was Sie sagen, ist, dass es jedenfalls gestaltbar ist. Es mögen manche Gründe gegen eine Kündigung und für die Entsendung des Angestellten sprechen. Entscheidend ist aber, ob man die Nachteile einer Kündigung nicht auch anders aus198
Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
gleichen kann, ob also eine Kündigung die Anwendung von § 1 AStG ausschließt. Dr. Vögele1 Es gibt diesen extremen Fall, dass das Wissen wirklich an den übertragenden Leuten selbst hängt. In der Praxis ist das bei den meisten Unternehmen so, dass das Wissen, das von einer Vielzahl von Mitarbeitern im Unternehmen entwickelt wurde, aber durch einige Wenige auf andere Einheiten übertragen wird. Dazu bedient man sich auf der einen Seite McKinsey oder anderer Consultants oder anderer Externer und einiger weniger Interner. Hier geht es normalerweise nicht um das Wissen, das die Leute selbst entwickelt haben, sondern es geht um die Übertragung des Wissens anderer und um die Implementierung dieses Wissens in ein anderes Unternehmen. Man muss dann immer klar unterscheiden. Es gibt die Fälle, dass eine Person ihr eigenes Wissen überträgt. Solange sie nur ihr eigenes Wissen überträgt, ist das kein Knowhow. Das ist nicht lösbar von der Person. Wenn es mehrere Leute zusammen sind, können sie natürlich unter Umständen auch wieder gemeinsam ihr Wissen übertragen wie einen Teilbetrieb. Aber Know-how ist dadurch noch nicht entstanden. Know-how entsteht nur dann, wenn andere Personen im Konzern von ihnen losgelöstes Konzern-Know-how übertragen, beispielsweise Manufacturing Know-how. Und dieses KnowHow wird dann entweder durch die Leute übertragen, die es selbst entwickelt haben, oder auch durch andere konzerninterne Mitarbeiter. Oder auch durch konzernexterne Personen. Wir müssen diese Fälle unterscheiden. Das sind verschiedene Fallgruppen. Wissen und Know-how sind zu trennen. Wenn ich Wissen und Know-how getrennt habe, muss ich überlegen, wer überträgt es. Das können konzerninterne oder -externe Berater sein. Oder es kann natürlich auch sein, dass es nicht um Know-How, sondern nur um Wissen handelt, aber dass mehrere Wissensträger zusammen wieder einen Teilbetrieb bilden; dann kann ebenfalls eine Vergütung erforderlich werden. Aber nicht mehr im Rahmen der Funktionsverlagerung. Prof. Dr. Piltz Herr Wassermeyer, Sie wollten zu Herrn Ditz noch etwas sagen! _____________ 1 Dr. Alexander Vögele, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Voegele Partner GmbH, Frankfurt.
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Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
Prof. Dr. Dr. h.c. Wassermeyer Ich wollte zunächst noch mal deutlich darauf hinweisen, dass diese Vertreterbetriebsstätte der klassische Fall einer Dienstleistungs-Betriebsstätte ist. Man muss das vor dem Hintergrund des Streits bei der OECD sehen, wonach die Dienstleistungsbetriebsstätte stark ausgeweitet werden soll. Bei der Vertreterbetriebsstätte fehlt es sehr häufig an einer festen Geschäftseinrichtung. Das führt zu vielen bisher ungelösten Problemen. Ich bilde ein einfaches Beispiel: Ein deutsches Unternehmen mietet in Paris ein Büro. Es stellt dort einen Vertreter an, der l das Unternehmen im gesamten französischsprachigen Raum vertreten soll. Der Vertreter hat also ein Büro in Paris und fährt durch Frankreich, nach Belgien, Luxemburg und in die Schweiz. Er tritt in Belgien, in Luxemburg, in der Schweiz als Vertreter auf, wobei sich die Vertretertätigkeit auch auf bloße Kundenbesuche beschränken kann. Das Verhältnis zwischen Schweiz und Frankreich, also der Betriebsstätte in Frankreich und der Vertretertätigkeit in der Schweiz und in Luxemburg ist völlig ungeregelt. Keiner weiß, ob sozusagen die Gewinne, die in der Vertreterbetriebsstätte in der Schweiz erzielt werden, auch zu der Betriebsstätte in Frankreich gehören oder nicht. Die OECD hat sich damit bisher noch nicht befasst, auch wenn man abkommensrechtlich die Auffassung vertreten kann, dass die Vertreterbetriebsstätte in jeder Hinsicht wie jede andere Betriebsstätte zu behandeln ist. Im Verhältnis zwischen §§ 12 und 13 AO greift diese Auffassung jedoch nicht. Herr Ditz hat von Ansprüchen i. S. des § 89b HGB gesprochen. Der Hinweis auf das deutsche HGB macht deutlich, dass wir immer erst einmal prüfen müssen, welches Recht anzuwenden ist, d. h. ob ausländisches oder inländisches Recht anzuwenden ist. Wir können nicht sofort auf inländisches Recht zugehen, sondern es ist durchaus denkbar, dass das ganze Rechtsverhältnis dem ausländischen Recht unterworfen ist. Herr Hruschka hat das Verhältnis zwischen § 1 AStG und der verdeckten Gewinnausschüttung angesprochen. Er hat davon gesprochen, dass § 1 AStG subsidiär sei. Diese Auffassung hat man in der Tat früher vertreten. Aber die Gesetzesänderung des § 1 AStG im Unternehmenssteuerreformgesetz ist gleichbedeutend mit einer Übernahme der von Menck vertretenen Auffassung, der immer von einer Idealkonkurrenz zwischen den beiden Vorschriften gesprochen hat. Das heißt, soweit die Rechtsfolge des § 1 AStG weiter geht als die der vGA, greift § 1 AStG, weshalb die Vorschriften nebeneinander anzuwenden sind. Herr Ditz hat dann völlig richtig darauf hingewiesen, dass eine inländische Ver200
Podiumsdiskussion: Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung
treterbetriebsstätte keine Gewerbesteuer auslöst. Der inländische Vertreter begründet also für das von ihm vertretene ausländische Unternehmen keine deutsche Gewerbesteuer. Man muss allerdings auch die Brisanz des spiegelbildlichen Falls sehen. hat ein inländisches Unternehmen im Ausland einen Vertreter, dann geht das in der ausländischen „Vertreterbetriebsstätte“ erzielte Ergebnis in die deutsche Gewerbesteuer ein. Diese Rechtsfolge kann eine positive sein, wenn es Verluste sind. Sie kann aber auch eine negative sein, wenn es Gewinne sind. Das erhöht dann die deutsche Gewerbesteuer. Dies gilt jedenfalls im Bereich der §§ 12 und 13 AO, möglicherweise jedoch nicht abkommensrechtlich. Noch zwei Anmerkungen zu Zuordnungsfragen. Hat ein inländisches Unternehmen im Ausland einen Vertreter, dann müssen der ausländischen Vertreter-Betriebsstätte Erträge zugeordnet. Stellt man sich vor, dass durch die Vertreterbetriebsstätte der Vertretene Produkte verkauft, so muss ein Teil des Verkaufserlöses der Vertreterbetriebsstätte zugeordnet werden. Im Grundsatz geht es dabei um die Frage, welchen Vorteil der Vertretene durch die Einschaltung der Vertreterbetriebsstätte hat. Unterstellt man, dass der Vertreter eine fremdübliche Provision erhält, dann muss der Vorteil des Vertretenen zumindest dieser fremdüblichen Provision entsprechen, weil der Vertretene andernfalls den Vertreter nicht eingeschaltet hätte. Die Frage geht dahin, ob der Vorteil auch über die fremdüblichen Provision liegen kann und bejahendenfalls ob er nach cost-plus-Gesichtspunkten ermittelt werden kann. Gegen den Ansatz eines höheren Vorteils spricht sicherlich die Tatsache, dass Art. 5 Abs. 5 OECD-MA den Makler, den Kommissionär und andere unabhängige Vertreter aus dem abkommensrechtlichen Vertreterbegriff ausklammern. Insoweit ist von Interessen, auf die Begründung dieser Ausklammerung einzugehen. Auf der Aufwandseite der Vertreterbetriebsstätte muss natürlich die tatsächlich gezahlte Provision als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Dann als letztes Beispiel: In allen Fällen der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte müssen wir heute die Rechtsfolgen aus § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG bedenken. Die Frage geht dahin, ob das auch für Überführungen in eine ausländische Vertreterbetriebsstätte gilt. Dies gilt insbesondere für ausländische Vertreterbetriebsstätten, die in den Verkauf von Produkten eingeschaltet sind. Grundsätzlich ist wohl die Zuordnung von Produkten, die mit Hilfe einer Vertreterbetriebsstätte verkauft werden sollen, zu 201
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der Betriebsstätte denkbar. Ich bin dennoch mit Herrn Ditz der Auffassung, dass die Wirtschaftsgüter, die im Ausland verkauft werden, im Regelfall bilanziell in der Stammhaus-Betriebsstätte und nicht in der Vertreterbetriebsstättenbilanz zu erfassen sind. Ich kann mir relativ wenige Fälle vorstellen, in denen Produkte des Vertretenen in der ausländischen Vertreter-Betriebsstätte zu bilanzieren sein sollen. Man kann sogar daran denken, dass im Bereich der §§ 12 und 13 AO einerseits und des Abkommensrechts andererseits unterschiedliche Grundsätze gelten, weil der Vertreter innerstaatlich betrachtet keine Betriebsstätte des Vertretenen begründet. Prof. Dr. Piltz Zur Vermeidung einer Funktionsverlagerung hat Herr Schaumburg den Gedanken einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung zur Diskussion gestellt. Wenn ein Ausländer und ein Inländer ein Joint Venture im Ausland gründen, der Ausländer 100 in bar einlegt und der Inländer eine Funktion aus dem Inland einlegt, dann schließen sie einen Gesellschaftsvertrag. § 1 AStG gilt aber nur für Geschäftsbeziehungen und nicht gesellschaftsrechtliche Beziehungen. Kann hiermit die Besteuerung nach § 1 Abs. 3 AStG vermieden werden? Natürlich kann man auch in einen Gesellschaftsvertrag schuldrechtliche Verpflichtungen hereinschreiben. Dann gilt für diese selbstverständlich § 1 AStG. Aber für eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung eben nicht. Prof. Dr. Dr. h.c. Wassermeyer Ich bin der Überzeugung, dass die Finanzverwaltung das Problem aufgreifen würde. Man muss damit rechnen, dass es zu einem Prozess über diese Rechtsfrage kommen wird. Letztlich wird der BFH entscheiden müssen. Es hat ja schon immer Streit um den Begriff der Geschäftsbeziehungen gegeben. Ich darf daran erinnern, dass der heutige § 1 Abs. 5 AStG erst Gesetz wurde, nachdem der BFH einschränkend judiziert hat. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der Begriff sehr weit zu verstehen ist. Tatsächlich kann man nach dem Wortlaut im Sinne hier von Herrn Schaumburg judizieren. Möglicherweise wird aber eine entsprechende Entscheidung nur den Gesetzgeber erneut auf den Plan rufen. Also, die Sache ist nicht einfach und vor allem langwierig.
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Prof. Dr. Kaminski Ich sehe das ebenso. Allerdings müssen Sie die Frage stellen, inwieweit Sie einen Wertausgleich hinbekommen. Möglicherweise würde die Finanzverwaltung versuchen, jetzt über das Transferpaket im Inland für die Bewertung nachzudenken und dann über § 42 AO die Gestaltung angreifen, um eine „zweite Linie“ zu haben damit die Diskussion nicht ausschließlich auf § 1 Abs. 5 AStG gestützt werden muss. Herr Wassermeyer hat in seiner Kommentierung diese damaligen Versuche der Neuregelung regelrecht zerrissen. Das macht Freude, das zu lesen. Die Ausführungen sind sehr gelungen und überzeugend. Die aufgeworfenen Zweifelsfragen werden vermutlich dazu führen, dass seitens der Finanzverwaltung über weitere Angriffsmöglichkeiten nachgedacht würde. Hiervon einmal abgesehen, müsste das funktionieren. Prof. Dr. Piltz Herr Ditz! Dr. Ditz Ich sehe das genauso. Der Wortlaut von § 1 Abs. 5 AStG ist meines Erachtens in dem Punkt klar. Geschäftsbeziehung ist jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist. In Ihrem Fall besteht mit der Einbringung gegen Gesellschaftsrechte eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, die keine Geschäftsbeziehung darstellt. Hruschka Dem Ergebnis meiner Vorredner kann ich mich nicht anschließen. In Bezug auf die Frage nach der Geschäftsbeziehung würde ich Ihnen aber zustimmen. Ich gebe ganz offen zu, ich würde deswegen versuchen, im Prüfungsfall anders zu argumentieren. Also, der erste Punkt wäre, man müsste überlegen, was ein Joint Venture ist. Dabei handelt es sich um eine GbR. Dann würde ich einfach mal spontan über § 6 Abs. 5 EStG nachdenken. Insoweit sind die stillen Reserven auch bei gesellschaftsrechtlich veranlasstem Transfer aufzudecken, wenn die Besteuerung nach dem Transfer nicht mehr sicher gestellt ist. Einfach nur mal so als Gedanke. Wir reden hier allerdings nur über Wirtschaftsgüter. Da kommt jetzt schon wieder die Thematik auf, sozusagen was ist Gegenstand der Funktion. Sie sehen wiederum, warum ich glaube, dass die 203
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rückwirkende Anwendung dieser Funktionsverlagerungsgrundsätze gar nicht notwendig ist. Entscheidend ist, dass immer wieder eigentlich schaut, was ist hier tatsächlich transferiert worden. Und wenn man da genau hinschaut, dann mag möglicherweise das heute schon so oft zitierte kleine Funktions-Delta, das quasi über die einzelnen Wirtschaftsgüter hinaus geht, überbleiben. Dieses erfasse ich über den § 6 Abs. 5 EStG ebenso wenig, wie wenn wir unterstellen, dass das Joint Venture eine Kapitalgesellschaft sei. Dann könnte ich ja nur über eine verdeckte Einlage nachdenken. Da könnten wir auch nur zum Teilwert einlegen. Ich glaube, da bleibt dieses Delta über. Aber für die Praxis entscheidend ist, und das muss man sich doch immer wieder klar machen, warum diskutieren wir überhaupt seit 3 Jahren über die Funktionsverlagerung? Weil es Kollegen von mir wie auch mir immer wieder sauer aufgestoßen ist oder aufstößt, dass man auf einmal sieht, dass Ertragspotential ins Ausland abgeflossen ist und es entsteht bei uns das Störgefühl, dafür hat es keinerlei adäquate Vergütung gegeben. Ja, ich sehe schon in der ersten Reihe Verzweiflung. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, wie es ist. Dieses Störgefühl war meines Erachtens Ursache für die Gesetzesänderung. Und da haben Sie es selbst auch in der Hand, ich hab das mehrfach schon wiederholt heute so in kleineren Runden gesagt. Es liegt bei Ihnen, dem Betriebsprüfer, das ist nämlich derjenige, mit dem Sie am Ende des Tages dieses Thema zu diskutieren haben, dass Sie ihm das Gefühl geben, dass das im Großen und Ganzen vernünftig gelaufen ist. Und wenn Sie das schaffen, dann haben Sie das Thema Funktionsverlagerung auch vom Tisch. Und über was wir hier seit sieben Stunden diskutieren, das sind alles nur vordergründige argumentative Scheingefechte, um dieses Gefühl zu rechtfertigen. Jetzt sagen Sie wieder „Das ist jetzt eine ganz einfache Begründung eines Praktikers“, aber glauben Sie mir, das ist wirklich entscheidend. Daher sorgen Sie dafür, und da sind wir wieder bei der Dokumentation, dass Sie das entsprechend begründet haben. Im Übrigen ganz kurz nur eine Anmerkung. Den Fall von Herrn Dr. Ditz würde ich in ganzer Linie anders entscheiden. Aber das würde jetzt zu weit führen an der Stelle. Wollte ich nur gesagt haben. Also sozusagen unbestritten würde ich das nicht durchgehen lassen. Prof. Dr. Baumhoff Ich möchte noch auf einen anderen Aspekt eingehen, angekündigt unter der Überschrift „Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung“. Dieser Aspekt ist heute ein bisschen zu kurz ge204
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kommen. Ich habe fünf Instrumente gesucht oder zusammengestellt. Das erste Instrument ist die sogenannte Funktionsverdopplung, die ja keine Funktionsverlagerungsbesteuerung auslösen soll, wenn nicht innerhalb von fünf Jahren eine Funktionsabschmelzung erfolgt. Rechtsgrundlage ist hier der § 1 Abs. 6 der Funktionsverlagerungsverordnung. Das zweite Instrument, meines Erachtens praktisch noch wichtiger als die Funktionsverdopplung, weil da Bedingungen und Hürden aufgestellt werden, insbesondere in den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung, über die man schnell stolpern kann, ist nämlich die Verlagerung der Funktion auf ein Routineunternehmen. Das ist zwar eine Funktionsverlagerung im Sinne der Definition, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. § 2 Abs. 2 der Verordnung sagt, wenn eine Funktion auf ein Routineunternehmen verlagert wird – klassischer Fall ist der Lohnfertiger –, und der Verrechnungspreis für den laufenden Liefer- und Leistungsverkehr nach der Kostenaufschlagsmethode abgerechnet werden, ist das zwar eine Funktionsverlagerung, die aber keine Funktionsverlagerungsbesteuerung auslöst. Warum? Weil letztlich die Routinevergütung das Plus auf die Kosten bei dem ausländischen „Routineunternehmen“ darstellt, somit sozusagen der Routinegewinn ist. Das ist die normale Verzinsung des eingesetzten Kapitals, auf die der deutsche Fiskus keinen Besteuerungsanspruch hat und auch nicht erhebt, sondern nur auf den sogenannten „Übergewinn“. Nur dieses Delta will ja der deutsche Fiskus dann besteuern. Das würde ja hier nicht stattfinden, wenn wir nur auf CostPlus-Basis abrechnen würden. Dann würde das nicht die Funktionsverlagerungsbesteuerung auslösen. Drittes Instrument ist nach 1 Abs. 7 Funktionsverlagerungsverordnung die sog. Bagatellregelung: „Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn ausschließlich Wirtschaftsgüter veräußert oder zur Nutzung überlassen werden, oder wenn nur Dienstleistungen erbracht werden“, es sei denn, sie sind Teil einer Funktionsverlagerung. „Entsprechendes gilt, wenn Personal im Konzern entsandt wird, ohne dass eine Funktion mit übergeht.“ Dann haben wir noch als vierte Alternative – im nach derzeit noch geltenden Gesetz – die Escape-Regelung nach § 1 Abs. 10 AStG. Da steht drin: „Wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter oder Vorteile mit der Funktion übergegangen sind, oder zur Nutzung überlassen werden oder, dass das Gesamtergebnis der Einzelpreisbestimmung gemessen an der Preisbestimmung des Transferpaket als Ganzes dem Fremdverweis205
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grundsatz entspricht“. So ähnlich lautet jetzt auch die Neuregelung. Das heißt, wir haben auf jeden Fall unabhängig davon, ob die alte Regelung jetzt bleibt, oder ob eine neue Regel kommt, im Gesetz diese Escape-Möglichkeit der Einzelverrechnung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern. Die fünfte Variante zwecks Vermeidung der Sofortbesteuerung ist die Lizenzierungsalternative nach § 4 Abs. 2 FVerlV. Ich denke, diese fünf Instrumente stehen auf jeden Fall auch in der Gestaltung zur Vermeidung von Funktionsverlagerungsbesteuerungs-Vorgängen zur Verfügung, die man in der Praxis gezielt einsetzen sollte. Besondere Beachtung kommt dabei auch hier der Dokumentation zu. Das heißt, in Fällen der Verlagerung auf ein Routine-Unternehmen, die Vorlage eines Lohnfertigervertrages, in dem die Cost-Plus-Methode mit einem bescheidenen Gewinnaufschlag zwischen 5 und 10 % enthalten ist. Das Gleiche gilt bei der Funktionsverdopplung. Da vielleicht noch eine Frage an Herrn Hruschka zum Abschluss. Nach der Verordnung sollen Funktionsverdopplungen besteuert werden, wenn nicht innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe der Funktion durch das nahestehende Unternehmen es zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion bei funktionsabgebenden Unternehmen kommt. In dem Entwurf „Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung“ soll es aber zu einer Einschränkung kommen, wenn der Umsatz um mehr als ein Million sinkt. Da fragt man sich nach der Rechtsgrundlage. Hruschka Die Funktionsverdoppelung ist vom Gesetz her so geregelt. Prof. Dr. Baumhoff Vom Willen des Gesetzgebers oder des Verordnungsgebers? Hruschka Das ist sozusagen der Wille des Verordnungsgebers. Letzten Endes geht ja diese Formulierung, wenn ich mich nicht täusche, aber da sind möglicherweise Sie näher am Sachverhalt dran als ich, durchaus auch auf die Firmenseite zurück, weil man einfach gesagt hat „Es kann ja wohl nicht sein, dass wenn ich ein neues Geschäft oder sozusagen das selbe Geschäftsfeld in einem neuen Territorium erstmals errichte, automa206
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tisch damit dann eine steuerliche Rechtsfolge im Inland ausgelöst wird.“ Und umgekehrt gab es natürlich von Seiten der Finanzverwaltung immer die Bedenken, dass, wenn man die Funktionsverdoppelung dem Grunde nach aus dem § 1 Abs. 3 AStG rausgenommen hätte, dies das StandardUmgehungsmodell geworden wäre, so dass man zunächst einmal eine Verdopplung macht und dann sukzessive die inländische Funktion absterben lässt. Prof. Dr. Baumhoff Schleichende Funktionsverlagerung? Hruschka Genau! Und diesen Interessensausgleich hat man jetzt dann im Verordnungswege gefunden, indem man gesagt hat „Wenn sich innerhalb von fünf Jahren nach der Verlagerung wirtschaftlich nichts geändert hat, dann gehen wir typisierend davon aus, dass hier keinerlei inländische Rechtsfolge ausgelöst wird.“. Die Umsatzgrenze eine Million ist schlichtweg eine Hilfsmaßnahme von Seiten der Finanzverwaltung, damit Sie halt ungefähr einschätzen können, wo es kritisch wird. Es gibt keine Rechtsgrundlage, das ist schlichtweg eine Verfahrensvereinfachung. Wenn Sie die attackieren, bin ich mir sicher, dass sich der Herr Gosch entsprechend dem Herrn Wassermeyer verhalten wird und dieses Ding im Zweifel in der Luft zerreißen wird. Punkt. Prof. Dr. Baumhoff Problem ist aber nur, dass ich erstmal da hingehen muss. Hruschka Aber, kommen wir zum Routineunternehmen, dass die Verlagerung auf Routineunternehmen mit entsprechender Vergütung keine Funktionsverlagerungsfolgen auslöst, halte ich für richtig. Man sollte sich bloß eines bewusst sein. Das Routineunternehmen führt dazu, dass der gesamte Standort-Vorteil im Inland verkonsumiert wird. Das ist sozusagen der Preis dafür, dass ich keine Funktionsverlagerung habe. Das ist auch der Grund, warum wir das durchgehen haben lassen. Die Bagatellgrenze ist in Ordnung, wenn Sie das darstellen können. Wenn Sie die einzelnen Wirtschaftsgüter benennen können, dann halte ich das für zielführend. Entscheidend dürfte da sein, dass Sie im Prinzip keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter überlassen. Das dürfte 207
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dann auch für Sie im Einzelfall, gerade was die Dokumentation anbelangt, das entscheidende Kriterium sein. Dass Sie darlegen, dass hier keine Forschungsergebnisse oder sonstigen wirklichen existentiellen Nutzungsrechte des Unternehmens überlassen werden. Das müssen Sie dokumentieren. Das wird im Zweifel der Knackpunkt sein. Ansonsten ist es eine ganz saubere Lösung. Und sie führt im Ergebnis nämlich zu dem selben Ergebnis wie der Escape nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG. Der führt nämlich dazu, dass Sie sowohl beim Escape wie auch bei der Bagatellregelung die Einzelbewertung durchführen. Nämlich für die übertragenen bzw. überlassenen Wirtschaftsgüter. Prof. Dr. Baumhoff Vielleicht ein Satz dazu. Der Escape enthält in der jetzigen Form einen Webfehler, insbesondere die zweite Alternative des Escape. Da heißt es „Oder dass das Gesamtergebnis der Einzelpreisbestimmung“ – und jetzt kommt’s, und dieser Fehler ist ja auch im neuen Gesetz noch enthalten – „gemessen an der Preisbestimmung für das Transferpaket als Ganzes“. Das heißt, ich muss erst einmal das Transferpaket als Ganzes (im Rahmen einer Gesamtbetrachtung) ganz normal ermitteln, was ich ja gerade vermeiden will. Stellen Sie sich mal vor, Sie haben den Wert ermittelt, und der Betriebsprüfer sieht diesen Wert, und dieser Wert ist höher als die Summe der Einzelwerte. Letztlich drehen wir uns dann im Kreis, da wir die Summe der Einzelwerte einem Wert gegenüberstellen sollen, dessen Ermittlung wir – aus den genannten Gründen – gerade vermeiden wollen. Hruschka Zugegeben, Sie müssen zweimal bewerten. Das ist im Prinzip der Preis. Und das kann man durchaus auch als Steine statt Brot empfinden. Insoweit will ich Ihnen nicht widersprechen. Und die Lizenzierung halte ich dem Grunde nach auch für unproblematisch. Ich darf von meiner Seite nur noch einmal wiederholen: Solange Sie bei dieser GesamtTransaktion einfach nur vermitteln können, dass hier ein angemessener Anteil im Inland besteuert wird, wird das in der Praxis meines Erachtens kein größeres Problem sein. Und ich erspare mir jetzt den Vortrag von vorhin. Aber das wäre mir wichtig, dass Sie das mitnehmen. Und glauben Sie mir, das funktioniert viel viel besser als die feinsinnige Diskussion, ob wir jetzt eine Funktion haben und ob die Funktion die Aufgabe oder die Tätigkeit ist. 208
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Prof. Dr. Piltz Vielen Dank, Herr Hruschka. Sie merken, an der Stelle, wo er gesagt hat, das sei alles nicht so ein Problem, hat er hinzugefügt „glauben Sie mir“. Das war vermutlich der alte Freud, der da drin gesessen hat. Ich bedanke mich ganz herzlich hier beim Podium, und auch bei Ihnen, meine Damen und Herren. Wir wollen die Tagung schließen. Herzlichen Dank, Guten Abend, Wiederschauen.
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Stichwortverzeichnis 25%-Rule 156 f. Allwissenheitsthese 17 f. Atomisierung von Funktionen 86 Betriebsstätte 144 Bilateralter Funktionstausch 79 ff., 119 ff. – tätigkeitsextern 123 ff. – tätigkeitsintern 119 ff. Doppelter ordentlicher Geschäftsführer 17 Entschädigungsansprüche 34 ff. Ertragswertverfahren 13 Funktion – Atomisierung 86 – Begriff, Kritik 143 – Definition 4 ff., 85 – Verlagerung 6 Funktionsbegriff – Kritik 143 Funktionstausch im Konzern 73 ff. – alternative Verrechnungspreismethoden 97 ff. – Bewertung 102 ff. – bilateralter Austausch 79 ff., 119 ff. – Definition 76 – Einzelverrechnungspreisbildung 108 f. – multilateralter Austausch 81 ff., 128 ff. – Substitutionsfall 77 ff, 110 ff. – Transferpacketbewertung auf Funktionsebene 104 ff. – Transferpacketbewertung auf Unternehmensebene 105 ff. Funktionsverdoppelung 10 f.
Funktionsverlagerung – Allwissenheitsthese 17 f. – Begriff 85 – doppelter ordentlicher Geschäftsführer 17 – Entschädigungsansprüche 34 ff. – Ertragswertverfahren 13 – Funktionstausch im Konzern 73 ff. – Funktionsverdoppelung 10 f. – Geschäftsvorfälle, Zusammenfassung 12 f. – Inland 23 ff. – Investitionsrechnung 87 ff. – Lizenzierung vs. Sofortbesteuerung 149 ff. – Mittelwerthese 18 f. – Personalentsendung 7 ff. – Preisanpassungsklauseln 20 – Preisbildungsfaktoren 16 ff. – Rechtsgrundlagen 84 – rückwirkende Besteuerung 1 ff. – Schätzungsrahmen 19 f. – schleichende Verlagerung 11 f. – sonstige Vorteile 15 f. – Tatbestand 3 ff. – Transfer von Einzelwirtschaftsgütern 10 – Transferpacketwert 87 f. – Transferpaket 5 f., 13 f., 59 ff. – Überblick 1 ff. – Überlassungsfall 91 ff., 151 ff. – Unternehmensteuerreform 2008 3 – Unterstützungsleistungen 64 – verdeckte Einlage 56 – verdeckte Gewinnausschüttung 55 211
Stichwortverzeichnis
– Vertreterbetriebsstätte im Vertriebsbereich 163 ff. – Voraussetzungen 3 – Wirtschaftsgüter, Übertragung 15 Funktionsverlagerung in das Inland 23 ff. – Betriebsstättenbegründung 67 f. – Bewertung 55 ff. – Dienstleistungen, laufende 31 ff. – Entgeltbestimmung 64 – Entschädigungsansprüche 34 ff. – Post-Verlagerungsphase 64 ff. – Pre-Verlagerungsphase 29 ff. – Problemstellung 24 ff. – schädliche Mitwirkung 69 – Transferpaket 59 ff. – Unterstützungsleistungen 64 – verdeckte Einlage 56 – verdeckte Gewinnausschüttung 55 – Verlagerungsphase i.e.S. 34 ff. – Vorlaufkosten 29 f. Funktionsverlagerungsbesteuerung, rückwirkende 1 ff. Geschäftsvorfälle, Zusammenfassung 12 f. Handelsvertreter 176 f. Knoppe-Formel 157 f. Kommissionär 169, 173 Lizenzierung vs. Sofortbesteuerung 149 ff. Lizenzsätze, angemessene 155 ff. Lizenzvertrag 152 ff. Mittelwerthese 18 f. Multilateralter Funktionstausch 81 ff., 128 ff. – tätigkeitsextern 132 ff. 212
– tätigkeitsintern 128 ff. Personalentsendung 7 ff. Preisanpassungsklauseln 20 Preisbildungsfaktoren 16 ff. Rückwirkende Funktionsverlagerungsbesteuerung 1 ff. Schätzungsrahmen 19 f. Schleichende Funktionsverlagerung 11 f. Ständiger Vertreter 169 f. Substitutionsfall 110 ff., 141 ff. Transfer von Einzelwirtschaftsgütern 10 Transferpaket 5 f., 13 f., 59 ff. Transferpacketbewertung 73 ff. – direkte Methode 89 f. – Einzelverrechnungspreisbildung 108 f. – Funktionsebene 104 ff. – Funktionstausch im Konzern 104 ff. – indirekte Methode 89 f. – Substitutionsfall 110 ff. – Überlassungsfall 91 ff. – Übertragungsfall 91 ff. – Unternehmensebene 105 ff. Übertragungsfall 91 ff., 151 ff. Überlassungsfall 91 ff., 151 ff. Unterstützungsleistungen 64 Verbindliche Auskunft bei anstehendem BMF-Schreiben 141 f. Verdeckte Einlage 56 Verdeckte Gewinnausschüttung 55, 165 ff. Vertreterbetriebsstätte im Vertriebsbereich 163 ff. – Art. 5 OECD-MA 171 ff. – Einkünfteabgrenzung 178 ff. – Einkünfteermittlung 181 ff.
Stichwortverzeichnis
– – – –
Handelsvertreter 176 f. Kommissionär 169, 173 Nullsummen-These 190 ff. ständiger Vertreter 169 f.
– Steuererklärungspflichten 178 – verdeckte Gewinnausschüttung 165 ff.
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