Der Gesamtplan im Steuerrecht 9783504383893

Hinter dem im Steuerrecht regelmäßig bemühten Schlagwort des „Gesamtplans“ verbirgt sich ein nur scheinbar einheitliches

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German Pages 225 [233] Year 2016

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Der Gesamtplan im Steuerrecht
 9783504383893

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Kempelmann Der Gesamtplan im Steuerrecht

Steuerfragen der Wirtschaft

Band 26

Der Gesamtplan im Steuerrecht von

Dr. jur. Goetz Kempelmann 2016

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64127-6 ©2016 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/2016 von der Ju­ ristischen Fakultät der Universität zur Köln als Dissertation angenom­ men. Danken möchte ich vor allem Frau Prof. Dr. Johanna Hey, die diese Ar­ beit angeregt und betreut hat. Sie hat mich zu jedem Zeitpunkt und in allen Belangen in bewundernswertem Maße unterstützt und gefördert. Besonderer Dank gilt auch ihrer schnellen Korrektur. Danken möchte ich ebenfalls Herrn Prof. Dr. Stefan Eilers, der freundlicherweise die Zweitkorrektur übernommen hat. Mein Dank geht auch an den Arbeitskreis Wirtschaft und Recht im Stif­ terverband für die Deutsche Wissenschaft, der diese Arbeit mit einem Promotionsstipendium sowie mit einem Druckkostenzuschuss gefördert hat und im Rahmen seiner Jahrestagung eine außergewöhnliche Diskus­ sionsplattform geboten hat. Ich widme diese Arbeit meinen Eltern. Sie in jeder Lebenslage hinter mir zu wissen, ist für mich von großer Bedeutung und war auch für den Erfolg dieser Arbeit entscheidend. Düsseldorf, im Juni 2016

Goetz Kempelmann

V

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV

Teil 1 Einführung und Grundlagen § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 § 2 Ziel und Gang der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 § 3 Grundlagen des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 I. Begriff des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 II. Rechtscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 III. Entwicklung und Überblick über die Gesamtplanrecht­ sprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Teil 2 Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis § 1 Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung . . . . . . . . 17 I. Kategorisierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Saldierung gegenläufiger Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1. Darlehensgewährung aus geschenkten Mitteln . . . . . . 22 2. Eigenheimzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Berlindarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Ersetzen eines unentgeltlichen Wohnrechts durch ­Mietvertrag und gegenläufige Dauernde Last . . . . . . . . 28 5. Gegenläufige Vermietungen als Gesamtplan . . . . . . . . . 29 6. Dividendenstripping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 7. Rückfluss von sonstigen Aufwendungen . . . . . . . . . . . . 31 8. Zwei-Konten Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 9. Potential der Anwendung auf weitere Fallgruppen . . . . 34 10. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

VII

Inhaltsverzeichnis

III. Dreiecksgestaltungen bei der Besteuerung qualifizierter ­Umsatzakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Kettenschenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Buchwerttransfer von Einzelwirtschaftsgütern zwischen ­beteiligungsidentischen Personengesellschaften . . . . . . . 39 3. Realteilung in das Gesamthandsvermögen der Realteiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4. Grunderwerbsteuer bei Übertragung auf eine Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 IV. Zwischenschaltung Dritter in die steuerliche Tatbestands­ verwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Gewerblicher Grundstückshandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Bedeutung des Gesamtplans für die Einkünftezurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 V. Gesamtplanmäßige Zerlegung eines qualifizierten Vorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Umstrukturierung von Personengesellschaften . . . . . . . 54 a) §§ 16, 34 ­EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Exemplarische Entscheidungen zulasten des ­Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Exemplarische Entscheidungen zugunsten des ­Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 cc) Folgerungen für den Gesamtplan . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Teleologische Auslegung als Rechtsgrundlage des Gesamtplans zugunsten und zulasten des ­Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (2) Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (3) Einschränkung der Anwendbarkeit des ­Gesamtplans aus dem Normzweck . . . . . . . . . 68 dd) Fazit zu §§ 16, 34 ­EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b) §§ 20, 24 ­UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Exemplarische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 71 bb) Folgerungen für den Gesamtplan nach den ­Urteilen des I. und X. ­Senats . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (1) Keine Aussagen zum Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (2) Kein Gesamtplan zulasten des Steuerpflich­ tigen aufgrund einer teleologischen Auslegung der §§ 20, 24 ­UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

VIII

Inhaltsverzeichnis

(3) Gesamtplan auf der Grundlage von § 42 AO als Ausweich- und Korrekturgeschäft möglich . 81 cc) Zulässigkeit taggleicher Einbringungsvorgänge – ­Ausstrahlung des BFH-Urteils v. 2.8.2012 . . . . . . . 85 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) § 6 Abs. 3 ­EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Konvergenz zwischen §§ 20, 24 ­­UmwStG und § 6 ­Abs. 3 ­EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 bb) Zulässigkeit taggleicher Ausgliederungen . . . . . . 91 (1) BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11 . . . . . . . . . . . . . . 91 (2) Auswirkung für den Gesamtplan . . . . . . . . . . . 93 (3) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Sonderfall: Der „Plan in Einzelakten“ . . . . . . . . . . . . . 99 e) Fazit für Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Gesellschaftsrechtliche Grundstücksverfügung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Gr­EStG vor Schaffung des Abs. 2a. . . . . 105 3. Aktivierungspflichtiger Aufwand bei Sanierung in Raten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4. Mantelkauf § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 und § 8c Abs. 1 KStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 VI. Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Aktivierungspflicht von Herstellungskosten . . . . . . . . . 110 2. Grundstückshandel und Erbfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Qualifizierte Nachfolgeklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 VII. Gesamtplan im Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 VIII. Exkurs: Gesamtplan in anderen Steuerrechtsordnungen . . 115 IX. Exkurs: Gesamtplan im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 X. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 § 2 Das Gesamtplanargument in den Stellungnahmen der Finanz­ verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Zerlegungsfälle: Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Ausweich- und Korrekturgeschäfte: Darlehensgewährung aus geschenkten Mitteln, Kettenübertragung gem. § 6 Abs. 5 ­EStG, Verzicht auf Arbeitslohn . . . . . . . . . . . . . 119 III. Prägung des Gesamtplans durch die Finanzverwaltung . . . 120 1. Inhaltliche Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Institutionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Unwucht zwischen belastendem und begünstigendem ­Gesamtplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IX

Inhaltsverzeichnis

Teil 3 Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung § 1 Normative Verankerung des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Allgemeines zur Gesetzesauslegung und -umgehung . . . . . 126 1. Gesetzesauslegung und -umgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Speziell: Auslegung und Umgehung von Steuergesetzen 127 a) Analogieverbot im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Existenz von § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Innen- vs. Außentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Praktische Relevanz des Dogmenstreits . . . . . . . . 135 3. Zur als maßgeblich erkannten Wortsinngrenze steuer­ rechtlicher Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Sondernorm der Umgehungsabwehr: § 41 Abs. 2 AO . . . 140 III. Konkrete Zuordnung der Gesamtplanfälle . . . . . . . . . . . . . 141 1. § 41 Abs. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Materielle Steuernormen oder § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Ausweich- und Korrekturgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Dreiecksgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Zwischenschaltung Dritter in die steuerliche ­Tatbestands­verwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 d) Gesamtplanmäßige Zerlegung qualifizierter ­Gesamtvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 IV. Kodifizierung des Gesamtplangedankens . . . . . . . . . . . . . . 152 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 § 2 Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen . . . . . 155 I. Zerlegung qualifizierter tatbestandsmäßiger Elemente und Zwischenschaltungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Besonderheit bei Ausweich- und Korrekturgeschäften und Dreiecksgestaltungen bei qualifizierten Umsatzakten 157 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 § 3 Merkmale des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Einheitliche Behandlung des Gesamtplans in Literatur, ­Rechtsprechung und Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Konstitutive Merkmale im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Einheitliche Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Objektive und subjektive Beschaffenheit des Plans . . 162 b) Beweisanzeichen für das Vorliegen einer einheitlichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 X

Inhaltsverzeichnis

aa) Sachlicher Zusammenhang als Kern der Verklammerungs­entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Zeitlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 cc) Weitere Indizien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Verwirklichung: Beherrschbarkeit und Erfolg der Teilschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Bedeutungslosigkeit der Teilschritte . . . . . . . . . . . . . . . . 172 § 4 Rechtsfolgen des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Teil 4 Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans § 1 Kritik am herkömmlichen Gesamtplankonzept . . . . . . . . . . . . . 177 I. Einheitlicher Gesamtplan fehlerhaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 II. Keine Abmilderung durch stillschweigende Korrektur . . . 177 III. Methodologische Bedenklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 IV. Vehikelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 V. Grenzenlosigkeit des Gesamtplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 VI. Bindung intellektueller Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 § 2 Eigenes Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Reduzierung der Wirkweite des Gesamtplans . . . . . . . . . 182 2. Differenzierte Bestimmung der Verklammerungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3. Fallgruppenspezifische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Ausweich- und Korrekturgeschäfte; Dreiecksgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Zerlegungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Zwischenschaltungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 § 3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

XI

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Realteilung, BFH v. 16.12.2016 – IV R 8/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Abbildung 2: Ausgliederung vor Veräußerung, BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abbildung 3: Veräußerung der aufnehmenden Gesellschaft, BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Abbildung 4: Ausgliederung begünstigter Einheiten, BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Abbildung 5: Ausgliederung vor Einbringung, BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Abbildung 6: Taggleiche Ausgliederung vor § 6 Abs. 3 EStG, BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/ 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

XIII

Abkürzungsverzeichnis a.A. anderer Ansicht a.a.O. an angegebenem Ort a.F. alter Fassung AG Aktiengesellschaft AktStR Aktuelle Steuerrundschau AO Abgabenordnung Az. Aktenzeichen BB Der Betriebs-Berater Gesetz zur Förderung der Berliner Wirtschaft BerlinFG BewG Bewertungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidun­ gen des BFH BFHE Sammlung der Entscheidungen des BFH BGBl. Bundesgesetzblatt Sammlung der Entscheidungen des BGH in Zivilsachen BGHZ BMF Bundesminister der Finanzen Bundessteuerblatt BStBl. BT-Drucks. Bundestags-Drucksache BVerfGE Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungs­ gesetzes DB Der Betrieb derselbe / dieselbe ders./dies. DStJG Veröffentlichung der Deutschen Steuerjuristischen Ge­ sellschaft DStR Deutsches Steuerrecht DStRE Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Deutsche Steuer-Zeitung DStZ EFG Entscheidungen der Finanzgerichte Eigenheimzulagengesetz EigZulG Der Erbschaftsteuer-Berater ErbStb ErbStG Erbschaftsteuergesetz EStG Einkommensteuergesetz EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung EStR Einkommensteuerrichtlinien EuGHE Entscheidungssammlung des Europäischen Gerichtshofs FG Finanzgericht Fn. Fußnote FR Die Finanz-Rundschau FS Festschrift XV

Abkürzungsverzeichnis

gl.A. gleicher Ansicht GmbHR Die GmbH-Rundschau GrEStG Grunderwerbsteuergesetz GrS Großer Senat Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung HFR i.S.d. im Sinne des JbFfSt Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht jurisPr-SteuerR juris Praxisreport-Steuerrecht JZ Juristenzeitung Kölner Steuerdialog KÖSDI krit. kritisch KStG Körperschaftsteuergesetz mit Anmerkung m. Anm. Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notar­ MittBayNot kasse und der Landesnotarkammer Bayern mit weiteren Nachweisen m.w.N. Neue juristische Wochenschrift NJW NWB Neue Wirtschafts-Briefe OFD Oberfinanzdirektion RAO Reichsabgabenordnung RFH Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Reichfinanzhofs RFHE Rn. Randnummer RStBl. Reichssteuerblatt SAM Steueranwaltsmagazin Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und Slg. des Gerichts Erster Instanz StAnpG Steueranpassungsgesetz Stbg Die Steuerberatung StbJb Steuerberaterjahrbuch Steuer und Wirtschaft StuW Tz. Textziffer unter anderem u.a. UmwStE Umwandlungssteuererlass UmwStG Umwandlungssteuergesetz vor allem v.a. vgl. vergleiche VJSchrStuFR Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht WaffG Waffengesetz Zum Beispiel z.B. ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für die Notarpraxis ZNotP

XVI

Teil 1 Einführung und Grundlagen § 1 Einleitung Im Allgemeinen ist es ratsam, seine Verhältnisse planvoll zu gestalten. Schon dem Kind wird beigebracht, dass planvolles Handeln der Schlüssel zum Erfolg im Leben ist. Man kann kaum verübeln, dass das deutsche Steuerrecht als Erkenntnisquelle für diese Lebenseinstellung wohl unbe­ rücksichtigt blieb, da es ja ohnehin nicht als Lehrmeister der Tugenden berühmt ist. Dennoch erstaunt, dass im Steuerrecht genau der gegentei­ lige Effekt eintreten kann: mitunter ist es schädlich, für gegangene Wege einem allzu offensichtlichen Gesamtplan gefolgt zu sein. Der Gesamtplan bezeichnet im deutschen Steuerrecht ein von der Recht­ sprechung entwickeltes Argumentationsmuster, das zu einer Verklam­ merung nur formal isoliert ausgeführter Teilschritte einer mehraktigen Gestaltung befähigt, wenn die Teilschritte sich bei einer Gesamtbetrach­ tung nur als unselbständiger Teil eines einheitlichen Gesamtvorgangs darstellen. Die Besteuerung soll in diesem Fall nicht formalistisch an den einzelnen Teilakten hängen bleiben, sondern den dahinterstehenden wirtschaftlichen Gesamtvorgang zutreffend erfassen. Insbesondere an Subsumtionsvorschläge des Steuerpflichtigen bei nur artifiziell aufgeteil­ ten Geschehen soll das Steuerrecht nicht gebunden sein. Voraussetzungen dieses verklammernden Gesamtplans sind nach allge­ meinem Verständnis die einheitliche, vorherige Planung der mehrakti­ gen Gestaltung und die vom Steuerpflichtigen beherrschte Planrealisierung. Auf einen Gesamtplan wird meist beim Vorliegen eines engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Teilschritten geschlossen. Teilweise wird auch die Bedeutungslosigkeit seiner Teil­ schritte als zwingende Voraussetzung einer Verklammerung verlangt, es sollen also nur artifiziell aufgeteilte Gestaltungen zusammenfassend be­ trachtet werden. Ganz überwiegend wirkt sich die Verklammerung von über einen Gesamtplan verbundenen Einzelschritten zulasten des Steu­ erpflichtigen aus: Wählt ein Steuerpflichtiger für ein Geschehen eine mehraktige Gestaltung, um seine Steuerlast im Verhältnis zum direkten, einaktigen Weg zu mindern, wird dies bei Vorliegen eines Gesamtplans unter Umständen nicht anerkannt.

1

Teil 1  Einführung und Grundlagen

Problematisch am Gesamtplan ist, und dies rechtfertigt diese Arbeit, dass er sich mehr und mehr zu einem eigenständigen und festen Schlag­ wort entwickelt hat. In der Breite herrscht das Selbstbewusstsein, unter den einheitlichen Gesamtplanvoraussetzungen könne jede mehraktige Gestaltung zusammenfassend betrachtet und verklammert werden. Ins­ besondere die Finanzverwaltung verwendet den Gesamtplan als allge­ meines Abwehrinstrument gegen missbräuchliche oder steuervermei­ dende Gestaltungen. Dabei beschleicht einen mitunter das Gefühl, komplizierte Gestaltungen würden per se und nur aufgrund ihrer Kom­ plexität mit dem Gesamtplanverdikt belegt und negiert. Ob ggf. der Wortlaut oder die Wertungen der einschlägigen Steuertatbestände dem entgegenstehen, wird dagegen nicht mehr, jedenfalls nicht mehr beson­ ders intensiv, geprüft. Damit ist bereits die Verselbständigung von den zugrundeliegenden steuerrechtlichen Nomen als wesentlicher Kritik­ punkt angesprochen, der den Gesamtplan seit seinen Ursprüngen be­ gleitet.1 Jedoch zeigt schon ein erster Blick auf die verschiedenen den Gesamtplan heranziehenden richterlichen Entscheidungen, dass die an­ genommene Einheitlichkeit des Gesamtplans zumindest in der aktuel­ len Entscheidungspraxis nur vermeintlich existiert. Wenn der Gesamt­ plan dennoch in Form eines allgemeingültigen und abstrakten Grundsat­ zes zur Verklammerung mehraktiger Gestaltungen behandelt wird, fragt sich, ob dieser Ansatz berechtigt ist und lediglich mangels hinreichender Präzisierung des Gesamtplans durch die Rechtsprechung bisher mangel­ haft umgesetzt wird, oder ob die Uneinheitlichkeit in der Praxis viel­ mehr Ausdruck einer auch dogmatisch zwingend gebotenen Differenzie­ rung zwischen den einzelnen Gesamtplanfällen ist. Die Thematik des Gesamtplans ist aus mehreren Gründen dogmatisch komplex. Zum einen überschneidet sie sich großflächig mit der seit jeher kaum fassbaren Problematik der Steuerumgehung: Einerseits steht es dem Steuerpflichtigen frei, seine Verhältnisse steuerlich möglichst güns­ tig zu gestalten und zu planen.2 Andererseits wird irgendwann die Gren­ ze zur Steuerumgehung überschritten, in deren Folge eine kreative Ge­ staltung nicht mehr anerkannt werden kann. Soweit der Gesamtplan die Grenzziehung zwischen einer Steuerumgehung und der Reichweite der möglicherweise umgangenen Gesetze mit subsumtionsfähigen Begriff­

1 Diese Kritik wird v.  a. von Crezelius in regelmäßiger Erneuerung vorgetragen: FR 2003, 537 (541); Stbg 2007, 449 (459), BB 2013, 27 (30). 2 St. Rspr.: BFH Beschl. v. 29.11.1982 – GrS 1/81, ­ BStBl. II 1983, 272 (277); BFH v. 12.7.1988 – IX R 149/83, B ­ StBl. II 1988, 942 (943); v. 12.9.1995 – IX R 54/93, ­BStBl. II 1996, 158 (159); v. 18.7.2001 – I R 48/97, BFHE 196, 128 (134).

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§ 1  Einleitung

lichkeiten zu konkretisieren versucht, ist diese Zielvorstellung so hehr wie diffizil zugleich. Zum anderen ist der Gesamtplan deutlich vielschichtiger als ein reines Instrument zur Umgehungs- und Missbrauchsabwehr: So gibt es Gesamt­ pläne, deren Verklammerung zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt, aber auch solche Gesamtplansachverhalte zulasten des Steuerpflichtigen, die weit von jedem Missbrauchsvorwurf entfernt sind. Diese Vielheit wird in der Literatur zugunsten einer vereinfachenden Betrachtung, die regelmä­ ßig allein unter dem Aspekt des Gestaltungsmissbrauchs erfolgt, ver­ kannt. Symptomatisch ist insoweit die dem Bearbeiter regelmäßig entge­ gengebrachte, kennerhafte Aussage: „Der Gesamtplan – der unterfällt doch § 42 AO?“ Die Schwierigkeiten um den Gesamtplan werden dadurch noch poten­ ziert, dass es sich um eine richterrechtliche Entwicklung handelt, deren gesetzliche Anknüpfung genau wie ihr exakter Anwendungsbereich mangels eigenständiger Normierung bis jetzt unklar geblieben ist. Neben der bereits angedeuteten Frage, inwieweit eine eigenständige Rechtsfigur zur Konkretisierung steuerrechtlicher Tatbestände herangezogen werden kann, stellt sich die ganz konkrete Frage danach, auf welche Rechts­ grundlage der Gesamtplan in jedem Einzelfall gestützt wird, wobei weit­ hin § 42 AO, § 41 Abs. 2 AO und die teleologische Auslegung der mate­ riellen Steuernormen herangezogen werden. Relevant wird bei dieser Frage das umstrittene Verständnis dieser Vorschriften untereinander, womit auch Grundfragen der (Steuer-)Rechtsanwendung wie z. B. die Auslegung und Reichweite steuerrechtlicher Normen betroffen sind. Na­ turgemäß findet die Zuordnung zu einer Rechtsgrundlage ihre gewichti­ ge Fortsetzung in der ebenfalls unklaren Ausprägung der konkreten Merkmale, unter denen die negativen oder positiven Folgen des Gesamt­ plans in jedem Einzelfall angenommen werden können. Diese Fragen wurden in der Wissenschaft bisher nicht befriedigend be­ antwortet. Im Gegenteil ist das Feld mitunter von der Tendenz geprägt, die komplexe Gesamtplanrealität in Form starker Simplifizierung zu ig­ norieren; gleichzeitig bestehen Unsicherheiten und Missverständnisse. So werden auf der einen Seite die nur scheinbar klaren Voraussetzungen eines allgemeingültigen Gesamtplans aufgezählt und als geklärt etiket­ tiert.3 Demgegenüber findet die Unsicherheit ihren Widerhall in der skeptischen Titulierung des Gesamtplans als „Schreckgespenst“4, „Schi3 So z. B. Offerhaus, FR 2011, 878 (884) und Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1148). 4 Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (552).

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

märe“5 oder „babylonische Sprachverwirrung“6, dem momentan erstar­ kenden Ruf nach einer Aufgabe der Gesamtplanrechtsprechung7 und dem Offenlassen aller Problemfragen des Gesamtplans durch die Recht­ sprechung.8 M. E. ist die Verunsicherung letzterer Stimmen die berechtigtere Hal­ tung. Trotz oder gerade aufgrund mehrerer maßgeblicher Entscheidun­ gen des BFH in der jüngsten Vergangenheit sind selbst die Grundsätze der Gesamtplanrechtsprechung nicht geklärt. Der Gesamtplan kann mit gu­ tem Recht als amorphe Rechtsfigur bezeichnet werden. Sie taucht in ver­ schiedensten Sachverhalten auf, teils offen erkennbar, teils verdeckt. Der Gesamtplan bleibt dabei meist konturenlos, uneinheitlich und ist von Gestaltänderungen geprägt. Im Lauf der Zeit wandert er zu neuen Fall­ gruppen, nur um sich kurze Zeit später zurückzuziehen. Davon betroffen ist eine kaum fassbare Vielfalt von Einzelfällen, die eine Konturierung des Gesamtplans umso mehr erschwert. Insofern herrscht im Bereich der Gesamtplanrechtsprechung keinesfalls eine einheitliche und gesicherte Rechtsanwendung vor. Diese Unsicherheit beeinträchtigt sowohl die Rechtssicherheit als auch die Planungssicherheit des Steuerpflichtigen9 in wirtschaftlich besonders sensiblen Situationen und wirkt als ein­ schneidende Gestaltungssperre.10 Der Moment für eine Aufarbeitung dieser offenen Fragen um den Ge­ samtplan ist günstig wie nie. In der jüngsten Vergangenheit nahm der BFH in mehreren Fällen in Anerkenntnis einer teilweise fehlerhaften Ge­ samtplananwendung und unter Akklamation der Literatur Restriktionen des Gesamtplans vor.11 Selten war die Gesamtplanrechtsprechung in der­ artiger Dynamik und noch nie war sie es in rückläufiger Richtung. Jeden­ 5 Kanzler, FS Korn, S. 287 (304). 6 Herlinghaus, FR 2014, 441 (446). 7 Vgl. statt aller Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris, unter dem Titel: „Ende der Gesamtplanrechtsprechung“. 8 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­­BStBl. II 2012, 638, (643) m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 9 Den Stellenwert der Planungssicherheit für den Steuerpflichtigen hebt insbesonde­ re die Betreuerin dieser Arbeit in ihrer Habilitationsschrift hervor: Hey, Steuerpla­ nungssicherheit als Rechtsproblem; vgl. für das Richterrecht als Planungsgrundlage S. 46 ff. 10 Vgl. dies betonend Strahl, KÖSDI 2003, 13918: „Gestaltungssperre Gesamtplan­ rechtsprechung“. 11 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, ­BStBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761; BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234.

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§ 2  Ziel und Gang der Arbeit

falls ist die Bereitschaft, den Gesamtplan zu hinterfragen, größer als je zuvor, sodass eine Auseinandersetzung mit dem Gesamtplan fruchtbaren Boten erwarten kann.

§ 2 Ziel und Gang der Arbeit Ursprünglich war der Verfasser mit dem Primärziel angetreten, die Vo­ raussetzungen eines abstrakt verstandenen Gesamtplans in Form eines einheitlichen und allgemeingültigen Grundsatzes für die Verklamme­ rung von mehraktigen Geschehen weiter zu präzisieren und bestehende Unklarheiten auszuräumen. Diese Abstraktionshöhe hat sich aufgrund der Vielgestaltigkeit des Gesamtplans als nicht sachgerecht herausge­ stellt. Stattdessen ist diese Arbeit darauf gerichtet, besagten Ansatz eines einheitlichen Gesamtplans, der in Rechtsprechung und Literatur teils unterschwellig, teils ausdrücklich vorherrscht, zugunsten einer differen­ zierten und einzelfallorientierten Betrachtung des Gesamtplans aufzuge­ ben. Sodann geht es um die Definition eines kleinsten gemeinsamen Nenners, der für eine Zusammenfassung mehrerer Teilschritte eines ge­ samtplanmäßigen Geschehens doch vor die Klammer gezogen werden kann. Soweit eine solche Vereinheitlichung möglich ist, müssen deren Voraussetzungen konkret dargelegt werden. Soweit der momentan ver­ tretene Gesamtplan diesen kleinsten gemeinsamen Nenner überschrei­ tet, ist ihm in der Hoffnung entgegenzutreten, dass dies in der Rechtspre­ chung nachvollzogen wird. Herauszuheben ist dabei, dass diese Arbeit alle Topoi des Gesamtplans erfasst. Ist die sich aktuell verstärkende Er­ kenntnis einer differenzierten Gesamtplananwendung (bzw. deren teil­ weiser Aufgabe) auf den Teilbereich der Umstrukturierungsvorgänge be­ schränkt, soll diese Arbeit besagte Entwicklung in das Gesamtbild der Gesamtplanfälle integrieren. Ausgangspunkt ist eine Analyse des Aufkommens des Gesamtplanargu­ ments in den verschiedenen Einzelfällen. Eine Errungenschaft der Arbeit ist eine bisher nur im Ansatz existierende Systematisierung der Gesamt­ planfälle, die nicht nur eine eingängige Gruppierung der exemplarischen Gesamtplanentscheidungen erlaubt, sondern maßgeblich auf materielle Aspekte des Gesamtplans ausstrahlt. Kritische Hinweise zur Gesamt­ plananwendung im Einzelfall erfolgen innerhalb des jeweiligen Anwen­ dungsfalls. Besondere Bedeutung wird dem Gesamtplan im Bereich der Umstrukturierung von Personengesellschaften beigemessen, der auf­ grund der neuesten Beschränkungsversuche den höchsten Aktualitäts­ wert genießt. Die unterschiedlichen Ansätze für eine Beschränkung des 5

Teil 1  Einführung und Grundlagen

Gesamtplans durch die verschiedenen Senate, insbesondere der vom X. Senat neu kreierte, sog. „Plan in Einzelakten“12 als Antagonist des Gesamtplans werden kritisch gewürdigt. Gesondert wird darauf ein­ gegangen, wie die Verwendung des Gesamtplanarguments durch die Fi­ nanzverwaltung erfolgt. Erst auf dieser Grundlage kann erörtert werden, inwiefern eine Abstrak­ tion eines einheitlichen Gesamtplanarguments von den Einzelfällen hin­ weg möglich ist. Ausgangspunkt ist die klärungsbedürftige Kernfrage, in welchen Rechtsgrundlagen die Gesamtplanargumentation ihre gesetzli­ che Fundierung findet und inwieweit der Gesamtplan im Rahmen dieser Rechtsgrundlagen autonom zu einer Verklammerung führen kann. Die gefundene Systematisierung der Gesamtplanfälle erlaubt eine fallgrup­ penbezogene Zuordnung zu spezifischen Rechtsgrundlagen. Die Rechts­ grundlagenwahl ist sodann unerlässlich, um in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen einer Verklammerung zu bestimmen. Nur soweit die Voraussetzungen der Verklammerung identisch sind, ist ein einheitli­ ches Gesamtplanargument sachgerecht. Letztlich sind beide Fragen Teil­ aspekte des Versuchs, dem Gesamtplan eine einheitliche und verbindli­ che Gestalt zu geben.

§ 3 Grundlagen des Gesamtplans I. Begriff des Gesamtplans Vor dem Einstieg in die juristischen Diskussion sind einige rein termino­ logische Aspekte des Gesamtplans aufzugreifen, die allerdings bereits auf die folgenden Rechtsprobleme hinführen. Zunächst ist auf die Bedeutungsarmut des Begriffs Gesamtplan im natür­ lichen Sprachgebrauch hinzuweisen.13 Ein Plan beinhaltet jedenfalls die Absicht, ein Ziel zu erreichen. Einer Planung bedarf es erst, wenn nicht nur einer, sondern mehrere Teilschritte zur Zielerreichung organisiert werden müssen, was im Präfix „Gesamt-“ Ausdruck findet. Teil eines Plans können denklogisch nur die Schritte sein, die von Vornherein in diesem enthalten waren, also ex ante beabsichtigt waren. Im Zusam­ menhang mit der Konstruktion der Steuergesetze, die an objektiv ver­ wirklichte Umstände als Voraussetzung der Besteuerung anknüpfen und 12 Erstmals in BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 13 Vgl. für eine Annäherung an den Gesamtplan über den natürlichen Sprachgebrauch Söffing, BB 2004, 2777 (2777).

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

Gesamtplans durch die verschiedenen Senate, insbesondere der vom X. Senat neu kreierte, sog. „Plan in Einzelakten“12 als Antagonist des Gesamtplans werden kritisch gewürdigt. Gesondert wird darauf ein­ gegangen, wie die Verwendung des Gesamtplanarguments durch die Fi­ nanzverwaltung erfolgt. Erst auf dieser Grundlage kann erörtert werden, inwiefern eine Abstrak­ tion eines einheitlichen Gesamtplanarguments von den Einzelfällen hin­ weg möglich ist. Ausgangspunkt ist die klärungsbedürftige Kernfrage, in welchen Rechtsgrundlagen die Gesamtplanargumentation ihre gesetzli­ che Fundierung findet und inwieweit der Gesamtplan im Rahmen dieser Rechtsgrundlagen autonom zu einer Verklammerung führen kann. Die gefundene Systematisierung der Gesamtplanfälle erlaubt eine fallgrup­ penbezogene Zuordnung zu spezifischen Rechtsgrundlagen. Die Rechts­ grundlagenwahl ist sodann unerlässlich, um in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen einer Verklammerung zu bestimmen. Nur soweit die Voraussetzungen der Verklammerung identisch sind, ist ein einheitli­ ches Gesamtplanargument sachgerecht. Letztlich sind beide Fragen Teil­ aspekte des Versuchs, dem Gesamtplan eine einheitliche und verbindli­ che Gestalt zu geben.

§ 3 Grundlagen des Gesamtplans I. Begriff des Gesamtplans Vor dem Einstieg in die juristischen Diskussion sind einige rein termino­ logische Aspekte des Gesamtplans aufzugreifen, die allerdings bereits auf die folgenden Rechtsprobleme hinführen. Zunächst ist auf die Bedeutungsarmut des Begriffs Gesamtplan im natür­ lichen Sprachgebrauch hinzuweisen.13 Ein Plan beinhaltet jedenfalls die Absicht, ein Ziel zu erreichen. Einer Planung bedarf es erst, wenn nicht nur einer, sondern mehrere Teilschritte zur Zielerreichung organisiert werden müssen, was im Präfix „Gesamt-“ Ausdruck findet. Teil eines Plans können denklogisch nur die Schritte sein, die von Vornherein in diesem enthalten waren, also ex ante beabsichtigt waren. Im Zusam­ menhang mit der Konstruktion der Steuergesetze, die an objektiv ver­ wirklichte Umstände als Voraussetzung der Besteuerung anknüpfen und 12 Erstmals in BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 13 Vgl. für eine Annäherung an den Gesamtplan über den natürlichen Sprachgebrauch Söffing, BB 2004, 2777 (2777).

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§ 3  Grundlagen des Gesamtplans

insofern nur den getätigten Willen besteuern,14 kann zudem die tatsäch­ liche Durchführung des Plans, mithin dessen Realisierung, noch in den Gesamtplan hineingelesen werden; dies erfordert zugleich, dass der Steu­ erpflichtige das Gesamtgeschehen beherrscht, weil sich nur dann tat­ sächlich der Plan und nicht ein bloßer Zufall realisiert. Damit ergeben sich die meisten allgemein anerkannten Merkmale des Gesamtplans be­ reits aus seinem Wortlaut. Weitere Merkmale sind dem Begriff Gesamt­ plan allerdings nicht zu entnehmen. Insbesondere das sich später als ­neuralgisch herausstellende Merkmal der Bedeutungslosigkeit der Teilschritte ist im Gesamtplan terminologisch nicht angelegt.15 Zum anderen beschreibt das Wort Gesamtplan nur die Art und Weise einer Verknüpfung zweier Teilschritte, während es indifferent gegenüber deren sachlichen Gehalt ist.16 Dass zwei Schritte planmäßig verbunden sind, trifft keine Aussage über deren materielle Stoßrichtung. Eine Zu­ sammengehörigkeit zweier Teilschritte im Sinne eines einheitlichen Ge­ samtgeschehens und deren einheitliche Subsumtion unter ein Tatbe­ standsmerkmal verlangt aber auch eine inhaltliche Zusammengehörigkeit, die durch eine einheitliche Planung zwar nahelegt wird, aber keineswegs zwingend ist.17 Es können auch völlig verschiedenartige Schritte auf ei­ ner einheitlichen Strategie beruhen. Insofern deutet schon die sprachli­ che Durchdringung des Gesamtplans an, dass neben die Merkmale eines Gesamtplans weitere sachliche Voraussetzungen treten müssen, um eine Verklammerung zu begründen, also der Gesamtplan mit den Worten Spindlers grundsätzlich nur „eingeschränkte Anwendung“ finden kann.18 Die zentrale Problematik, inwieweit ein Gesamtplan selbständig und ab­ strakt für eine Zusammenfassung von Teilschritten sorgen kann, spiegelt sich auf diese Weise bereits in der Begrifflichkeit wider.

14 Vgl. schon Hensel, Steuerrecht, S. 58 als sog. „sachliche Seite des Tatbestandes“; Sieker, Beihefter zu DStR 39 2007, 36; Krüger, DStZ 2014, 194 (200); Waldhoff, FS Spindler, S. 853 (859). 15 Zur Diskussion dieses Merkmals Teil 3, § 3 II. 3. 16 Eine gewisse Ausnahme dazu ist nur das dem Gesamtplan zugerechnete Merkmal der Bedeutungslosigkeit seiner Teilschritte, das insofern auf die inhaltliche Seite der Teilschritte abstellt, als die Teilschritte gerade keine inhaltliche Bedeutung ha­ ben dürfen. Gerade dieses Merkmal ist aber wie soeben dargestellt nicht im Wort­ laut angelegt und auch rechtlich besonders problematisch. 17 Allerdings wird umgekehrt von einem sachlichen Zusammenhang als objektives Beweiszeichen auf eine einheitliche Planung geschlossen. Das erlaubt aber nicht, im Umkehrschluss von den Verknüpfungsmodalitäten auf den sachlichen Gehalt zu schließen. Vgl. dazu Teil 3, § 3 II. 1. b) aa). 18 Spindler, DStR 2005, 1 (4 f.).

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

Darin liegt im Übrigen der Ursprung des moralischen Widerspruchs zwi­ schen dem positiv belegten Bedeutungsgehalt planvollen Handelns und dem oft mit dem Gesamtplan einhergehenden Missbrauchsverdikt.19 Da der Gesamtplan im allgemeinen Sprachgebrauch nur die Beziehung zwei­ er Teilschritte zueinander beschreibt, nicht aber deren Inhalt, ist er grundsätzlich wertneutral. Ein Missbrauch stellt dagegen auf die inhalt­ liche Unangemessenheit ab, die ein Gesamtplan nur unter Hinzutreten weiterer sachlicher Voraussetzungen begründen kann. Ein mehraktiges Geschehen einheitlich zu planen, kann allein grundsätzlich nicht miss­ billigt werden. Zwar ist Schmidtmann zuzustimmen, dass die Nomenklatur des Ge­ samtplans für den materiellen Begriffsinhalt keine entscheidende Be­ deutung hat.20 Dennoch deutet sich an der Bezeichnung schon jenseits juristischer Wertungen eine terminologische Schwäche und sogar Wider­ sprüchlichkeit des Gesamtplans an. Möglicherweise ist diese unter wei­ teren Faktoren kausal für die erwähnte Konturenlosigkeit des Gesamt­ plans. Dafür spricht, dass die bei diesem Überblick zutage getretenen Aspekte ausgerechnet die besonders problematischen juristischen Zwei­ felsfragen des Gesamtplans betreffen.

II. Rechtscharakter Fraglich ist, welchen Rechtscharakter der Gesamtplan besitzt. Es kursie­ ren verschiedene Bezeichnungen. Mangels Normierung kann es sich nicht um einen Tatbestand bzw. ein ausdrückliches Tatbestandselement handelt.21 In Anlehnung daran, dass der Gesamtplan eigene subsumtions­ fähige Begriffe enthält und diese mitunter steif, d. h. ohne Berücksichti­ gung der zugrundeliegende Rechtsgrundlage als Abwehrinstrument ver­ wendet werden, ist allerdings vereinzelt die kritisch konnotierte Bezeichnung „Quasitatbestand“ gefallen.22 In Anbetracht der tatsäch­ lich identifizierbaren Loslösung und Verselbständigung des Gesamtplans 19 Krüger, DStZ 2014, 194 (199) geht sogar soweit, dass der Steuerpflichtige durch den Gesamtplan nicht mehr aus obrigkeitsstaatlicher Perspektive als „Steueruntergebener“ sondern im Sinne einer strafrechtlichen Perspektive als „Täter“ aufgefasst werde. Das ist m. E. überzogen. 20 Schmidtmann, FR 2015, 57 (59). 21 Vorbehaltlich der gesetzlichen Formulierung eines Gesamtplans für sog. „back-toback“ Finanzierungen bei der Abgeltungsteuer, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Sätze 3, 4 ­EStG, vgl. Teil 3, § 1 I. Dennoch werden die Merkmale des Gesamtplans verein­ zelt als „Tatbestandsmerkmale“ bezeichnet, vgl. Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (560); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1139). 22   V. a. Tanzer, DStJG 33, S. 189 (207); Krüger DStZ 2014, 194 (202).

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§ 3  Grundlagen des Gesamtplans

von gesetzlichen Tatbeständen ist diese Charakterisierung nicht ganz unberechtigt. Ein richtig verstandener Gesamtplan innerhalb seiner rechtsstaatlichen Grenzen kann aber nur unterhalb der Normebene rangieren und diese lediglich ausfüllen bzw. konkretisieren. Durchgesetzt hat sich deshalb wohl das Verständnis des Gesamtplans als Argumentationsmuster23 bzw. neutraler als Begründungstopos24. Auf diese Weise wird die Funktion des Gesamtplans umschrieben, das Vorliegen einzelner Tatbestandsmerkma­ le zu konkretisieren, die nicht auf eine formale Einzelbetrachtung abstel­ len, sondern das planmäßige Umfeld eines Vorgangs mit einschließen, z. B. wann noch von einer „einheitlichen Veräußerung“ gem. §§ 16, 34 ­EStG gesprochen werden kann, wann wegen vorherigen Ausgliederungen nicht mehr von einem „Betrieb“ gesprochen werden kann, oder wann eine Hin- und Herzahlung „unangemessen“ i. S. d. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO ist. Weniger überzeugend ist die Bezeichnung des Gesamtplans als Methode der „Sachverhaltswürdigung“.25 Sicherlich beeinflusst der Gesamtplan den Fokus auf den Sachverhalt, den ein Tatbestand ins Visier nimmt, und es soll auch nicht die Wechselwirkung zwischen Normauslegung und Sachverhaltsanalyse abgestritten werden, da jede Sachverhaltsbestim­ mung bereits unter der Berücksichtigung der potentiellen rechtlichen Relevanz erfolgt.26 Auch ist nicht zu leugnen, dass der Gesamtplan eine Ausprägung der in anderen Rechtsordnungen anerkannten, allgemeinen Erkenntnis des Grundsatzes „substance-over-form“ ist, bzw. Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist, die Einfluss auf das gesamte Steuerrecht hat.27 Der Gesamtplan erlaubt gerade ein Hindurchschauen durch künstlich aufgespaltene Sachverhalte. Die Formulierung verleitet aber zu einer alleinigen Verortung des Gesamtplans auf der Sachver­ haltsebene, in deren Folge der Primat der Normauslegung vernachlässigt wird. Das Risiko ist groß, die zusammenfassende Betrachtung durch den 23 Z. B. Spindler, DStR 2005, 1; Crezelius, FR 2003, 537; Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139. 24 Z. B. Wiese/Berner, DStR 2014, 1148. 25 Offerhaus, FR 2011, 878 (880); Osterloh, Jahrbuch d. Öffentlichen Rechts, Band 56, S. 141 (151); wohl auch Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 77; Schmidtmann, FR 2015, 57 (59). 26 Vgl. zur Bedeutung der Sachverhaltserfassung Larenz, Methodenlehre, S. 280 f.; im Zusammenhang mit dem Gesamtplan Schmidtmann, FR 2015, 57 (59). 27 Vgl. Osterloh, Jahrbuch d. Öffentlichen Rechts, Band 56, S. 141 (149). Vgl. kritisch zur Verortung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf der Ebene der Sachver­ haltsermittlung, Gassner, Interpretation, S. 105.

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

Gesamtplan in freier Rechtsschöpfung bei jeder mehraktigen Sachver­ haltsgestaltung anzunehmen. Es wird auf diese Weise die Gefahr gestei­ gert, dass der Blickwinkel der einschlägigen Norm ausgeklammert wird. Es kann im deutschen Steuerrecht, selbst unter Hinzuziehung einer wirt­ schaftlichen Betrachtungsweise, keinen allgemeinen Grundsatz geben, dass mehraktige, aber gesamtplanmäßig verbundene Teilschritte als ein­ heitliches Ganzes gewürdigt werden, ohne dass dies in einer Norm in irgendeiner Form angelegt ist. Indem Offerhaus den Gesamtplan als „anerkannte Generalregel für die zutreffende Ermittlung des steuerrechtlich maßgeblichen Sachverhalts“ bezeichnet, die einer „Beachtung der Verkehrsanschauung“ oder dem „Gesamtbild der Verhältnisse“ ähnlich sei, realisiert sich diese Befürchtung: Der Beitrag sieht sich dazu in der Lage, das Erfordernis einer Rechtsgrundlage des Gesamtplans größten­ teils zu ignorieren; eine Anwendung des Gesamtplans, wenn dessen „vom Schrifttum systematisch zusammengefassten konstitutiven Merkmale erfüllt sind“, klammert die Teleologie der angewendeten Normen weitestgehend aus und leistet einer rechtsgrundlosen Verselbständigung des Gesamtplans Vorschub.28 Vergleichbare Risiken birgt die ebenfalls Autonomie beanspruchende Be­ zeichnung als „Rechtsfigur“,29 die aus diesem Grund vermieden werden sollte. Die Begriffsschöpfung der Rechtsfigur ist, trotz ihrer großen Ge­ läufigkeit, ohnehin von zweifelhaftem Aussagegehalt und dokumentiert eher die fragliche gesetzliche Fundierung eines Argumentationsmusters als dessen Tragfähigkeit. Zuzustimmen ist insofern folgendem kriti­ schen Vermerk: „Die Rede von Rechtsfiguren bietet […] die Möglichkeit der Argumentation auf einer außerpositiven Grundlage – entweder um Recht zu kritisieren oder um es zu erweitern.“30 Im Folgenden wird deshalb vom „Gesamtplanargument“ gesprochen. Dies birgt das geringste Risiko, schon begrifflich die Grenzen eines me­ thodisch zulässigen Gesamtplans zu überschreiten.

28 Offerhaus, FR 2011, 878 (884). Anders Schmidtmann, FR 2015, 57 (59), der den Ge­ samtplan bei der Sachverhaltsfindung verortet, ohne die erforderliche gesetzliche Fundierung aus den Augen zu verlieren. 29 U.a. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1139); Offerhaus, FR 2011, 878 (885); wenig verwunderlich ist insofern, dass diejenigen Stimmen, die den Begriff der Rechtsfi­ gur bevorzugen, im Literaturspektrum eher zu einer autonomeren Anwendung des Gesamtplans tendieren. 30 Bors, FS Tercier, S. 219 (235).

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§ 3  Grundlagen des Gesamtplans

III. Entwicklung und Überblick über die Gesamtplanrecht­ sprechung Regelmäßig wird als Geburtsstunde der Gesamtplanrechtsprechung das Urteil des BFH vom 6.9.2000 angeführt.31 Zu Recht wird darauf hinge­ wiesen, dass diese Darstellung verkürzt sei.32 Dass der Terminus einer konkreten Gesamtplanrechtsprechung erst in diesem Zusammenhang aufgetaucht ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass vergleichbare Fälle schon vor besagtem Urteil mit Gesamtplangrundsätzen entschie­ den wurden.33 Dies ist in Vergegenwärtigung des Umstands nicht verwunderlich, dass maßgebliche Bereiche der Gesamtplanrechtsprechung Kernfälle der Ge­ setzesumgehung betreffen, die bereits im römischen Recht wegen der damals praktizierten restriktiven Gesetzesauslegung Blüten trieb und demgemäß bereits zu diesem Zeitpunkt in den Fokus der Rechtswissen­ schaft geriet.34 So wurden gesamtplanmäßige Ausweich- und Korrektur­ geschäfte und gesamtplanmäßige Zwischenschaltungen Dritter in die Tatbestandsverwirklichung bereits zu diesem Zeitpunkt identifiziert, erstere vor allem unter dem Aspekt der „simulatio“, letztere unter dem Begriff der „persona interposita“.35 Bezogen auf das Steuerrecht wurden gesamtplanähnliche Lösungsansätze derartiger Fälle in der Literatur ebenfalls frühzeitig entwickelt. Lions Schilderung eines „zwangsläufigen Mechanismus“ ist nichts anderes als die Umschreibung eines ge­ samtplanmäßig beherrschten Geschehensablaufs.36 Nicht zuletzt hat Böckli bereits deutlich vor dem Aufkommen der ausdrücklichen Ge­ samtplanrechtsprechung eine präzise Analyse von sog. Ausweich- und 31 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II ­­ 2001, 229; so z. B. Strahl, FS Herzig, S. 577 (578); ders., KÖSDI 2011, 17363 (17363); Fuhrmann, KÖSDI 2013, 18410 (18412). 32 Vgl. Dornheim, DStZ 2014, 44 (49); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1139); Förster, FS Korn, S. 3 (5); Herlinghaus FR 2014, 441 (445). Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1422) sieht als Startpunkt das zuvor ergangene Urteil zu einer stufenweisen Betriebsaufgabe als Beginn der Gesamtplandoktrin, BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, BStBl. II ­­ 1991, 635; Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 357 erkennt den Ursprung der Gesamtplanrechtsprechung im Grunderwerbsteuerrecht, näm­ lich BFH v. 24.11.1982 – II R 38/78, ­BStBl. II 1983, 429. 33 Vgl. dazu allein das Urteil des BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, B ­ StBl. II 1991, 635, das nur wenige Jahre vor besagtem Initialurteil gleichermaßen auf das Vorliegen ei­ nes Plans abstellt. 34 Im Zusammenhang mit der Figur des fraus legi facta; vgl. Honsell, FS Kaser, S. 111 ff. und Teichmann, Die Gesetzesumgehung, S. 6; wohl aus diesem Grund führt auch Offerhaus, FR 2011, 878 (884) die Entwicklung der Gesamtplanrecht­ sprechung auf Missbrauchsbekämpfung und § 42 AO zurück. 35 Vgl. Honsell, FS Kaser, S. 111 ff. 36 Lion, VJSchrStuFR 1927, 132 (165).

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

Korrekturgeschäften geliefert und stellt dabei zumindest inhaltlich auf Merkmale ab, die dem Gesamtplan immanent sind.37 Aber auch außerhalb dieses Bereichs ist früh mit dem Gesamtplan argu­ mentiert worden, teilweise sogar unter dieser Begrifflichkeit. So hat der BFH bereits in einem Urteil vom 2.3.1961 zur Abgrenzung von Anschaf­ fungskosten und Erhaltungsaufwand nicht auf isolierte Einzelmaßnah­ men abgestellt, sondern auf die Gesamtmaßnahme, wie sie sich aus dem weiteren „Gesamtplan“ des Steuerpflichtigen ergebe.38 Auch im Bereich der Grunderwerbsteuer ist es bereits viel früher zu Gesamtplanargumen­ tationen gekommen.39 Herlinghaus hat sogar ein Urteil des Reichsfi­ nanzhofs ausfindig gemacht, das für den Umfang der Tarifermäßigung gem. §§ 16, 34 ­EStG auf einen Gesamtplan abstellt.40 Das besagte Initialurteil ist also weder in der Sache noch nomenklato­ risch der Startpunkt der Gesamtplanargumentation. Soweit ihm teilwei­ se eine solche Funktion zugeschrieben wird, ist dies abzulehnen.41 Gleichwohl kommt dem Urteil ein gewisser Neuigkeitswert zu. Zum einen treten Fälle von sich ergänzenden Zwischenschritten erstmals ne­ ben den oben genannten Konstellationen (Ausweich- und Korrekturge­ schäfte und persona interposita) in den Mittelpunkt der Diskussion; auf diese Weise verschiebt sich der Fokus auf die Gesamtplanrechtsprechung außerhalb der reinen Steuerumgehung.42 Zweitens hat das Urteil den ­Gesamtplangedanken, nunmehr festgeschrieben als „Gesamtplanrechtsprechung“, zu einem höheren Abstraktionsniveau über den Einzelfall hinaus aufgewertet. Wurde zuvor im Einzelfall mit Gesamtplanmerkma­ len agiert, hat dies mit besagter Entscheidung eine Institutionalisierung erfahren. Dies kommt vor allem in der später praktizierten Verweistech­ nik zum Ausdruck, mit der Gesamtplanfälle verschiedenster Couleur unter der pauschalen Bezugnahme auf das Urteil vom 6.9.2000 gelöst werden.43 Diese Institutionalisierung ist der eigentliche Kern einer Be­ zeichnung als Initialurteil. Mit dem Urteil setzte eine intensive Phase der Ausdehnung der Gesamt­ planrechtsprechung auf weitere Bereiche ein. Ging es im Urteil vom 37 Vgl. Böckli, FS Cagianut S. 289 (298 f.). 38 BFH 2.3.1961 – IV 166/59 U, BFHE 73, 528 (530). 39 Vgl. BFH v. 16.1.1991 – II R 38/87, ­BStBl. II 1991, 374. 40 RFH v. 1.2.1934 – IV A 1856/32, RStBl. 1934, 540; Herlinghaus, FR 2014, 441 (445). 41   V. a. Strahl, FS Herzig, S. 577 (579). 42 Zur Differenzierung der Gesamtplantopoi sogleich Teil 2, § 1 I. 43 Z. B. der besonders folgenreiche Beschl. des BFH v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939.

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§ 3  Grundlagen des Gesamtplans

6.9.2000 um die auf einen Gesamtplan bauende Aberkennung einer be­ günstigten Betriebsveräußerung gem. §§ 16, 34 ­EStG, wurde dies später auch auf begünstigte Einbringungen gem. §§ 20, 24 ­UmwStG und auf begünstigte Übertragungen gem. § 6 Abs. 3 ­EStG angewendet.44 Treiben­ de Kraft dieser Ausdehnung war unter anderem die Finanzverwaltung, die ein allgemeines Gesamtplanargument in diesen Bereichen frühzeitig in die Verwaltungspraxis integriert hat.45 Dazu kommt die Tendenz in der Literatur, unter dem neu belebten Schlagwort des Gesamtplans neue Rechtsanwendungsfelder zu suchen.46 Jüngst bemühen sich sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur wieder um eine Beschränkung der Gesamtplanrechtsprechung. Zuletzt urteilte der BFH scheinbar abschließend, es gebe „keinen allgemeingültigen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine aufgrund einheitlicher Planung in engem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang stehende Mehrzahl von Rechtsgeschäften für die steuerliche Beurteilung zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen und sodann unter den Steuertatbestand zu subsumieren ist.“47 Dies ist der vorerst letzte Schritt einer Serie von Urteilen, in denen insbesondere die Ausweitungstendenzen bzgl. §§ 20, 24 ­UmwStG und § 6 Abs. 3 ­EStG rückgängig gemacht wurden.48 Die Entwicklung trifft in der Literatur auf große Zustimmung, verbunden mit dem Ruf nach einer Abschaffung der Gesamtplanrechtsprechung zugunsten einer einzelfallorientierten teleo­ logischen Auslegung der betroffenen Normen.49 Teilweise wird der Ge­ samtplan – ähnlich der Formulierung des BFH – auch für bereits tot bzw. für im Absterben begriffen gehalten.50

44 Z. B. mit besagtem BFH Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939; in der Folge auch BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530, wenn auch i. Erg. den Gesamtplan ablehnend. 45 Z. B. BMF v. 3.3.2005, B ­ StBl. I 2005, 458 Tz. 7; BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314; Tz. 20.07; BMF v. 8.12.2011, B ­ StBl. I 2011, 1279; Vgl. Teil 2, § 2. 46 Vgl. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1147); Förster, FS Korn, S. 3 (16 f.); Strahl, FS Herzig, S. 577. 47 BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, BFHE 252, 142 mit. Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 19/2016 Anm. 1. 48 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, ­BStBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761. Zuletzt BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265. 49 Vgl. Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris; Krüger DStZ 2014, 194 (205); Oenings/ Lienicke, DStR 2014, 1997; Herlinghaus, FR 441 (452). 50 Z. B. Prinz, JbFfSt 2013/2014, 423; Dornbusch, SAM 2015, 82 (88).

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Teil 1  Einführung und Grundlagen

Selbst ohne Analyse der Einzelfälle en détail ist offenkundig, dass die Argumentation mit dem Gesamtplan nur um die jüngsten Ausweitungs­ tendenzen bereinigt wurde: Es handelt sich ausschließlich um Restrikti­ onen im Bereich von Umstrukturierungen. Selbst dort ist eine vollstän­ dige Abkehr von der Gesamtplananwendung mit sich ergänzenden Zwischenschritten nicht in Sicht, bleibt sie doch im Bereich der §§ 16, 34 ­EStG unverändert bestehen.51 Völlig unbeeinträchtigt wird auch die Riege der altbekannten Ausweich- und Korrekturgeschäfte sowie der Zwischenschaltungen Dritter weiter nach herkömmlichen Grundsätzen entschieden, unter anderem mithilfe der Gesamtplanargumentation.52 Selbst das energische Urteil des BFH v. 16.12.2015 bleibt bei genauer Be­ trachtung deutlich hinter seiner vordergründig absoluten Ablehnung des Gesamtplans zurück.53 Dennoch ist insgesamt ein struktureller Rückgang der Gesamtplanrecht­ sprechung bemerkbar. Das liegt zum einen an besagter Einschränkungs­ tendenz, zum anderen auch am vermehrten Einsatz von spezialgesetzli­ chen Sperrfristen, die dort eingreifen, wo zuvor mit dem Gesamtplan argumentiert wurde.54 Diese Entwicklung ist keineswegs die Konsequenz einer wachsenden Skepsis gegenüber dem Gesamtplan, sondern eine pri­ mär fiskalisch motivierte Verschärfung der als nicht ausreichend emp­ fundenen Umgehungsabwehr durch die Gesamtplanrechtsprechung. Ein Ende der Gesamtplanrechtsprechung begründet auch dies nicht. Was zudem erkennbar überhaupt nicht rückgängig gemacht werden konnte, ist die angesprochene Institutionalisierung der Gesamtplan­ rechtsprechung. Zwar wird der Gesamtplan vermehrt im Einklang mit teleologischen Aspekten des Einzelfalls korrigiert.55 Dies ändert aber nichts am grundsätzlichen Verständnis eines Gesamtplans als einheitli­ che und abstrakt zu verstehende Rechtsfigur. Das beste Beispiel dafür ist, dass auch die Einschränkungstendenzen nicht im Einzelfall, sondern u. a. durch ein ebenfalls abstraktes Gegeninstitut zum Gesamtplan erfolgen, 51 Vgl. in diesem Sinne das nach besagter Einschränkung ergangene Urteil des BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 und jüngst BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, ­BStBl. II 2015, 536. 52 Vgl. BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, ­BStBl. II 2014, 374. 53 Vgl. § 1 III. 3. Fischer bezeichnet es aus diesem Grund – zu Recht – als apodiktisch, jurisPR-SteuerR 19/2016 Anm. 1. Vgl. auch zur Kontinuität des Gesamtplans Wacker, Ubg 2016, 245 (245). 54 Z. B. § 1 Abs. 2a und Abs. 3 Gr­EStG. 55 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; v. a. BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, ­BStBl. II 2010, 726 und BFH v. 28.5.2015 – IV R 26/12, ­BStBl. II 2015, 797.

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§ 3  Grundlagen des Gesamtplans

dem jüngst geschaffenen „Plan in Einzelakten“.56 Auch ist die Verwei­ sungstechnik auf abstrakte Grundsätze der Gesamtplanrechtsprechung weiterhin gängig.57 Neben den Bereichen, in denen keinerlei Restriktion eingetreten ist, wirkt der Gesamtplan daher durch das von ihm geschaf­ fene Abstraktionsniveau nach. Dieser Überblick zeigt, dass die Gesamt­ planrechtsprechung weit davon entfernt ist, abgeschafft zu sein. Die Dis­ kussion um den Gesamtplan bleibt aktuell und wird es aller Voraussicht nach auch noch länger bleiben.

56 BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 57 Vgl. BFH v. 22.1.2013 – IX R 18/12, BFH/NV 2013, 1094 als Beispiel für einen aktu­ ellen Verweis sogar zwischen verschiedenartigen Gesamtplantopoi; v. a. die Finanz­ verwaltung korrigiert ihre bisherige Verweisungspraxis nicht, vgl. den Nichtanwen­ dungserlass BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164.

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Teil 2 Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis § 1 Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung Im Folgenden sollen die Hauptfelder der Gesamtplanrechtsprechung an­ hand exemplarischer Entscheidungen skizziert werden. Auch nicht mehr aktuelle und andererseits nur potentielle, von der Literatur angedachte Gesamtplanfälle werden in gebotener Kürze erläutert, soweit dies zur Erhellung der Dogmatik des Gesamtplans beitragen kann. Für eine um­ fangreiche Sammlung einzelner Entscheidungen (insbesondere nicht mehr aktueller) wird auch auf das Werk von Kugelmüller-Pugh verwie­ sen.58 Die unter Erwähnung gesamtplanmäßiger Argumente ergangene Vielzahl von Einzelfällen ist fast unüberschaubar. Eine Strukturierung und Kategorisierung in Fallgruppen ist deshalb unabdingbar, wenn auch nicht in jedem Einzelfall durchführbar.

I. Kategorisierungsmodelle Die gröbste und schon deshalb nicht zielführende Unterteilung der Ge­ samtplanfälle könnte den Aspekt aufgreifen, dass Gesamtpläne zuguns­ ten59 und zulasten60 des Steuerpflichtigen wirken. Dennoch sei dies kurz thematisiert. Teilweise kommt nämlich das unterschwellige Verständnis des Gesamtplans als zweiseitige Medaille auf,61 was den Umstand igno­ riert, dass die Mehrzahl der Gesamtpläne zulasten des Steuerpflichtigen wirkt und kein äquivalentes Pendant zugunsten des Steuerpflichtigen hat.62 Die perfekte Spiegelbildlichkeit des Gesamtplans zugunsten und zulasten des Steuerpflichtigen ist nur eine Vermeintliche. Die Existenz des Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen kann erst Recht kein 58 Vgl. Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan. 59 Z. B. BFH v. 24.8.1989 – IV R 67/86, B ­ StBl. II 1990, 132; BFH v. 12.4.1989 – I R 105/85, ­BStBl. II 1989, 653. 60 Vgl. die gesamtplanmäßigen Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Gestal­ tungsmissbrauch gem. § 42 AO unter § 1 II. Z. B. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, ­BStBl. II 1984, 705. 61 In diese Richtung wohl Wolfsteiner, ZNotP 2007, 89 (89); Schmidtmann FR 2015, 57 (66). 62 Z. B. gibt es keine Ausweich- und Korrekturgeschäfte zugunsten des Steuerpflichti­ gen, vgl. § 1 II.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

rechtfertigender Ausgleich für den Gesamtplan als Abwehrinstrument sein. Eine etwaige Symmetrie kann keinen Einfluss auf die dogmatische Zulässigkeit eines Rechtsanwendungsmusters haben.63 Regelmäßig werden die Gesamtplanfälle stattdessen nach ihren gesetzli­ chen Anknüpfungspunkten unterscheiden.64 Es gibt einige wenige Ent­ scheidungen auf der Basis von § 41 Abs. 2 AO, in denen eine gesamtplan­ mäßige Hin- und Herzahlung ein Scheingeschäft begründet.65 Ansonsten werden die Teilschritte unter § 42 AO66 oder unmittelbar im Rahmen einer Auslegung der betroffenen materiellen Steuernorm67 der Gesamt­ schau zugeführt. Allerdings ist die Abgrenzung der besagten Normen un­ tereinander unklar, sodass selbst innerhalb vergleichbarer Sacherhalte verschiedene Rechtsgrundlagen angewendet werden.68 Eine Anordnung anhand von Rechtsgrundlagen ist zwar berechtigt. Sie ist auf der Basis der unklaren Abgrenzung aber in der Durchführung bisher nicht gelun­ gen.69 In eine ähnliche Richtung weist auch die von Spindler vertretene Diffe­ renzierung nach der „eingeschränkten“ und „uneingeschränkten“ An­ wendung des Gesamtplans.70 Uneingeschränkt wirke der Gesamtplan, wenn die Annahme des Gesamtplans bereits ohne weiteres zu einer Ver­ klammerung von Teilschritten führe. Eingeschränkt sei die Anwendung im Rahmen des § 42 AO, wenn neben den Gesamtplan weitere Voraus­ setzungen treten müssten, die eine Gestaltung als „unangemessen“ cha­ rakterisierten.71 Überwiegend wird gar keine Systematisierung angestrebt oder erreicht, sondern werden die Gesamtplanfälle thematisch aneinandergereiht.72 63 A.A. Wolfsteiner, ZNotP 2007, 89 (89); wohl auch Schmidtmann, FR 2015, 57 (66). 64 So z. B. Söffing BB 2004, 2777 (2779 ff.); Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552; i. Erg. Spindler DStR 2005, 1. 65 Z. B. BFH v. 5.12.1990 – I R 5/88, BFHE 163, 87, ­BStBl. II 1991, 309. 66 Z. B. BFH v. 28.1.1997 – IX R 23/94, B ­ StBl. II 1997, 655; BFH v. 7.12.2002 – IX R 23/00, BFH/NV 2003, 612; BFH v. 28.1.2003 – IX R 53/00, BFH/NV 2003, 768. 67 Z. B. BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229. 68 Vgl. Darlehensfälle, für die bereits alle denkbaren Rechtsgrundlagen des Gesamt­ plans aufgeführt wurden, Teil 2, § 1 II. 1. 69 Dies ausdrücklich bestätigend Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1140). 70 Spindler, DStR 2005, 1 (4 ff.). 71 Dieser Ansatz unterliegt zudem der Prämisse, dass der Gesamtplan überhaupt un­ eingeschränkt angewendet werden kann. Das ist m. E. problematisch, vgl. Teil 3, § 2. 72 Vgl. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139; dies., Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 2 ff.; Offerhaus, FR 2011, 878 (882 ff.); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (115 ff.).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

In dieser Arbeit wird als sachgerechte Kategorisierung eine Differenzie­ rung nach der Wirkweise der Teilschritte herausgearbeitet.73 Erst die Identifikation von wiederkehrenden Konstruktionsmustern der Gesamt­ planfälle ermöglicht ihre systemgetragene und methodologisch differen­ zierte Begegnung. Vergleichbare Konstruktionsmechanismen erlauben das Anstreben einer sachgerechten Vereinheitlichung. Es können insge­ samt vier Mechanismen identifiziert werden, auf die sich die allermeis­ ten Gesamtplanfälle zurückführen lassen: –– Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan; –– Dreiecksgestaltungen bei der Besteuerung qualifizierter Umsatzakte (im Folgenden: Dreiecksgestaltungen); –– strukturell mit beiden verwandte Zwischenschaltungen Dritter in die Tatbestandsverwirklichung (persona interposita; im Folgenden: Zwischenschaltungsfälle); und –– gesamtplanmäßige Zerlegungen von qualifizierten tatbestandlichen Elementen in Einzelteile/-akte (im Folgenden: Zerlegungsfälle). Während innerhalb dieser Kategorien ein hohes Maß an Strukturgleich­ heit besteht, unterscheiden sie sich untereinander deutlich, womit be­ reits vorausgeschickt sei, dass es eine einheitliche Struktur aller Ge­ samtplanfälle nicht gibt. Vielmehr handelt es um grundverschiedene Topoi des Verklammerungsgedankens. Die erste Gruppe, die Ausweichund Korrekturgeschäfte, zeichnen sich durch gegenläufige, sich gegensei­ tig aufhebende und damit im Ergebnis saldierende Teilschritte aus. Mit einem ersten Teilschritt wird ein Zustand erreicht, der steuerlich günstig ist; in einem zweiten Korrekturschritt wird das von vornherein nur inte­ rimistisch angelegte Ausweichgeschäft wirtschaftlich (allerdings unter Behalt des Steuervorteils) wieder vollständig rückabgewickelt, sodass es bezüglich der wirtschaftlichen Folgen des Geschehens wie von Anfang an beabsichtigt beim status quo bleibt. Dreiecksgestaltungen sind dem ähnlich. Es wird ein Intermediär in einen Umsatzakt eingeschaltet, der bewirken soll, dass die Umsatzakte vom Geber zum Intermediär und vom Intermediär zum Enddestinatär insgesamt günstiger besteuert wer­ den als der direkte Weg, weil die Besteuerungsfolgen von der Beziehung der Beteiligten zueinander abhängig ist. Bei der strukturverwandten Zwi­ schenschaltung Dritter in die Tatbestandsverwirklichung gilt die Beson­ 73 In der Literatur nimmt allein Tanzer zumindest im Ansatz eine vergleichbare Kate­ gorisierung vor, indem er die Gesamtplanfälle zweiteilt in solche mit sich aufhe­ benden Zwischenschritten und solchen mit sich addierenden Zwischenschritten, DStJG 33, S. 189 (192 f.); ähnlich allerdings schon Lion, VJSchrStuFR 1927, S. 132 (165 f.) als „Zerschlagung“ und „zwangsläufiger Mechanismus“.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

derheit, dass die Ausweichbewegung zu einer interpersonalen Verschie­ bung führt. Im Unterschied zu den vorstehenden Gruppen gilt für Zerlegungsfälle die Besonderheit, dass die Zwischenschritte nicht flüch­ tig sind: vielmehr wird ein tatbestandsmäßiges Element in beständige, sich ergänzende Teilschritte aufgespalten, die das qualifizierte Tatbe­ standselement bei isolierter Betrachtung unterschreiten. Dass sie im Rahmen eines Gesamtplans unselbständig nur auf das Erreichen des End­ ziels gerichtet sind, kann ihre Zusammenschau als Gesamtmaßnahme rechtfertigen. Das Verständnis des Gesamtplans als Konglomerat dieser vier Mechanis­ men ist der Grundstein für seine abstrakte Behandlung. Diese Kategori­ sierung hat eine ordnende Funktion, hilft bei der Durchdringung der Ge­ samtplanfälle und sensibilisiert für die verschiedenen Gesamtplantopoi. Zudem ist sie der Kern der später erfolgenden sachgerechten Zuordnung der Gesamtplanfälle zu ihren Rechtsgrundlagen und darauf aufbauend der Durchdringung der Merkmale des Gesamtplans. Andere Kategorisie­ rungsversuche fördern die sachwidrige Verallgemeinerung von sich un­ terscheidenden Rechtsanwendungsmustern, weil ihr Vergleichsmaßstab von vornherein zu grob ist, um die Besonderheiten der Fälle zu würdigen und Gemeinsamkeiten zu identifizierten. Nur wenige Gesamtplanfälle entziehen sich auch dieser Kategorisierung, was – so viel sei vorausgeschickt – Zweifel an der Zulässigkeit einer Ge­ samtplanargumentation in diesen Fällen begründet.

II. Saldierung gegenläufiger Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan Der Bereich der Ausweich- und Korrekturgeschäfte stellt einen maß­ geblichen Teilbereich der Gesamtplanrechtsprechung dar. Mit dieser Konstruktion soll entweder einem belastenden Steuertatbestand ausge­ wichen werden oder ein begünstigender Steuertatbestand erschlichen werden,74 ohne sich dabei von der wirtschaftlichen Grundabsicht lösen zu müssen.75 Eine nur flüchtige Ausweichbewegung wird mit einem ge­ genläufigen Korrekturgeschäft im gesamtplanmäßigen Zusammenhang vollständig rückgängig gemacht. Treffend ist insofern der im Englischen

74 Vgl. Söffing, BB 2004, 2777 (2783); Förster, FS Korn, S. 3 (8); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 365: „Tatbestandsvermeidung“ und „Rechtsfolgenerschleichung“; ders., DB 1996, 644 (651). 75 Eine Präzise Analyse dieser Wirkweise steht bei Böckli, FS Cagianut, S. 289 (299).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

gebräuchliche Terminus „self-cancelling schemes“.76 In Deutschland hat sich dagegen die auf Böckli77 zurückgehende Bezeichnung als gesamt­ planmäßiges Ausweich- und Korrekturgeschäft durchgesetzt.78 Des Wei­ teren sind derartige Konstruktionen als „zwangsläufiger Mechanismus“79 bzw. als „vorprogrammiertes Rückholverfahren“80 charakterisiert worden. Kennzeichnend ist die damit umschriebene saldierende Wir­ kung des Zusammenspiels aller Teilschritte. Bei einem Konstrukt aus nur zwei Geschäften wird die Saldierung durch eine vollständige Gegen­ läufigkeit beider Teilschritte, einem Hin und Her erreicht. Bei einer Mehrzahl von Teilschritten kann durch zirkuläre Kettungen erreicht werden, dass es im Ergebnis durch das kreisförmige Zusammenspiel aller Teilschritte beim status quo bleibt, auch wenn die einzelnen Teilschritte vordergründig bestehen bleiben.81 Auf diese Weise sollen Steuerfolgen re­ alisiert werden, die gewissermaßen abseits des wirtschaftlichen Weges liegen. Derartige Gestaltungen fallen oft schon äußerlich durch ihre in­ nere Widersprüchlichkeit, Künstlichkeit oder gar Lächerlichkeit auf.82 Es handelt sich um einen Kernbereich der Gesetzes- bzw. Steuerumge­ hung.83 Insofern ist nicht verwunderlich, dass derartige Konstruktionen bereits frühzeitig die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich gezogen haben: So sind Ausweich- und Korrekturgeschäfte bereits aus dem römi­ schen Recht bekannt84 und auch im Bereich des Steuerrechts die wohl ältesten systematisch erfassten Gesamtplanfälle.85 Der Gesamtplan begründet dabei den hinreichenden Konnex zwischen Ausweich- und Korrekturbewegung, der eine saldierende Betrachtung rechtfertigt. Erst wenn die auf ein Geschäft folgende Korrektur ex ante geplant ist, tatsächlich durchgeführt wird, vom Steuerpflichtigen be­ 76 Lord Wilberforce, zitiert nach Nevermann, Justiz und Steuerumgehung, S. 179 ff. 77 Böckli, FS Cagianut, S. 289 (298). 78 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 352; Förster, FS Korn, S. 3 (8); Söffing, BB 2004, 2777 (2783). 79 Lion, VJSchrStuFR 1927, 132 (165). Allerdings bezieht Lion diese Bezeichnung auch auf die Fälle zwischengeschalteter Rechtsträger. 80 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 390; Heuermann, BB 2003, 1465 (1467). 81 Aus diesem Grund sind auch diese Gestaltungen m. E. Ausweich- und Korrekturge­ schäfte, obwohl die Teilschritte nicht unmittelbar wieder ausgelöscht werden. Im Ergebnis sind sie zumindest bzgl. des wirtschaftlichen Erfolgs self-cancelling. Eine Zuordnung zu Gesamtplanfällen mit sich ergänzenden Teilschritten ist terminolo­ gisch verwirrend; a. A.: Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 364. 82 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 360. 83 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 47 ff. 84 Vgl. schon im römischen Recht die Fälle der Kuhverstellung zur Umgehung des kanonischen Zinsverbots bei Teichmann, Die Gesetzesumgehung, S. 6. 85 Maßgeblich v.A. Lion, VJSchrStuFR 1927, 132 (165 f.).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

herrscht wird und keine wirtschaftlichen Gründe für das Hin und Her bestehen, kann eine Gesetzesumgehung angenommen werden. Denn die bloße objektive Gegenläufigkeit zweier Rechtsgeschäfte bzw. Kreis­ förmigkeit mehrerer Rechtsgeschäfte genügt, wie Böckli zutreffend er­ kennt, „angesichts der Vielgestaltigkeit menschlicher Handlungsziele und -formen“ nicht für eine endgültige Qualifikation dieser Art.86 Mit­ hin wird erst unter Hinzutreten der gesamtplanmäßigen Verknüpfung der Subsumtionsvorschlag des Steuerpflichtigen in Form der isolierten Teilschritte verworfen. Diesen Ausweich- und Korrekturgeschäften lassen sich aus dem Fundus der Gesamtplanrechtsprechung folgende Einzelfälle zuordnen: 1. Darlehensgewährung aus geschenkten Mitteln Einer der immer wiederkehrenden Hauptfälle betrifft die steuerliche An­ erkennung von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 ­EStG oder Werbungskosten gem. § 9 ­EStG, wenn das Darlehen aus Mit­ teln gewährt wird, die dem Darlehensgeber vom Darlehensnehmer zuvor nur zu diesem Zweck unentgeltlich zugewendet wurden. Regelmäßig ist der Beschenkte und zugleich Darlehensgeber ein Kind des Darlehensneh­ mers, sodass auf diese Weise ein Familiensplitting erreicht wird.87 Zins­ zahlungen aus derartigen Darlehen erkennt der BFH trotz fremdüblicher Ausgestaltung der beiden Geschäfte dann nicht an, wenn zwischen Zu­ wendung des Geldbetrags und Darlehensrückgewähr ein Gesamtplan existiert.88 Die Voraussetzungen der Versagung der Betriebsausgaben variieren indes bzw. haben eine Entwicklung durchlaufen. Früher wurden auch solche Darlehensverträge anerkannt mit der Folge von abziehbaren Betriebsaus­ gaben auf Seiten des Schenkers/Darlehensnehmers und Kapitalerträgen auf Seiten des Beschenkten/Darlehensgebers.89 Erst in einem von Tanzer als „leading case“ bezeichneten Urteil vom 10.4.1984 ging der BFH dazu

86 Böckli, FS Cagianut, S. 289 (303). 87 Die Nichtanerkennung der Darlehen ist trotz der verwandtschaftlichen Beziehung nicht mit der „Angehörigenrechtsprechung“, also dem Fremdvergleich der Ver­ tragsbedingungen unter Angehörigen, zu verwechseln. Vgl. Groh, DStR 2000, 753 (755). 88 Z. B. BFH v. 18.1.2001 – IV R 58/99, B ­ StBl. II 2001, 393; BFH v. 22.1.2002 – VIII R 46/00, ­BStBl. II 2002, 685. 89 So noch BFH v. 27.1.1971 – I R 169/69, ­BStBl. II 1971, 424 und BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, ­BStBl. II 1984, 623.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

über, die Anerkennung der Betriebsausgaben abzulehnen.90 Während dies zunächst nur dann erfolgte, wenn beide Verträge in einer einzigen Ur­ kunde abgefasst waren,91 versagte der BFH später auch bei getrennt abge­ fassten Urkunden den Betriebsausgabenabzug, wenn die Kinder die zuge­ wendeten Mittel nicht zur freien Verfügung, sondern unter der Bedingung der Rückgewähr erhielten.92 Ohne sich im Ergebnis zu unterscheiden, negieren die meisten neueren Urteile den Betriebsausgabenabzug, wenn ein Gesamtplan zwischen Schenkung und Rückgewähr liegt.93 Die Fi­ nanzverwaltung sieht die Abfassung in einer Urkunde, die Schenkung unter Auflage der Rückgewähr und die Schenkung unter der aufschieben­ den Bedingung der Rückgewähr als unwiderlegliche Vermutung für den (gesamtplanmäßigen) sachlichen Zusammenhang beider Rechtsgeschäf­ te an,94 den bloßen zeitlichen Zusammenhang zwischen beiden Geschäf­ ten dagegen als widerlegliche Vermutung.95 Die dogmatische Grundlage der Nichtanerkennung ist nicht einheitlich. Das Grundsatzurteil vom 10.4.1984 und diesem folgend einige weitere argumentieren zivilrechtlich: Zum Zeitpunkt der Schenkung des Geld­ betrags liege noch keine endgültige Vermögensverschiebung zwischen Eltern und Kindern vor. Vielmehr existiere ein privat veranlasstes Ver­ sprechen, künftig mit der Darlehensrückgewähr Geldbeträge zuzuwen­ 90 Vgl. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, ­BStBl. II 1984, 705; Tanzer, DStJG 33, S. 189 (195). 91 Vgl. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, B ­ StBl. II 1984, 705; auch BFH v. 20.3.1987 – III R 197/83, ­BStBl. II 1988, 603. 92 Vgl. BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, B ­ StBl. II 1992, 468 mit einer umfangreichen Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung. 93 Vgl. BFH v. 22.1.2002 – VIII R 46/00, ­ BStBl. II 2002, 685; BFH v. 18.1.2001 – IV R 58/99, ­BStBl. II 2001, 393; BFH v. 26.3.1996 – IX R 51/92, B ­ StBl. II 1996, 443; anerkennend auch jüngst BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, ­BStBl. II 2014, 374; dane­ ben existiert eine vereinzelte Entscheidung, die die Hin- und Herzahlung aufgrund fehlender Sicherheiten als nicht fremdübliches Angehörigengeschäft ignoriert, BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, ­BStBl. 1991 II, 391. Die Nichtanerkennung von Darle­ hen aus geschenkten Mitteln ist aber unabhängig von Angehörigengeschäften und müsste folgerichtig auch auf Dritte angewendet werden, wie auch der VIII. Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 10.4.1984 – VIII R 134/81, ­BStBl. II 1984, 705 erkannte, vgl. Groh, DStR 2000, 753 (755); es geht um die Anerkennung von Darle­ hen, die dem Fremdvergleich gerade standhalten. 94 Vgl. BMF v. 23.12.2010, ­BStBl. I 2011, 37, Tz. 10. 95 Weist der Steuerpflichtige also nach, dass der Beschenkte frei über den Betrag verfü­ gen konnte, kann auch ein zeitlicher Zusammenhang zu einer späteren Darlehens­ vergabe nicht zu einer Saldierung führen. So auch BFH v. 18.1.2001 – IV R 58/99, ­BStBl. II 2001, 393; BFH v. 18.12.1990 – VIII R 1/88, ­BStBl. II 1991, 911; zust. Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (116); anders noch BMF v. 1.12.1992, ­BStBl. I 1992, 729.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

den, mit der Folge, dass die Zinsen keine abziehbaren Betriebsausgaben, sondern nicht abziehbare Zuwendungen i. S. d. § 12 Nr. 2 ­EStG seien.96 Diese Argumentation wird teilweise auch als „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ verstanden.97 In späteren Urteilen werden Schenkung und Darlehen jeweils als Rechtsgeschäfte anerkannt, aber unter dem Ge­ sichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs gem. § 42 AO als unangemesse­ ne Gestaltung verworfen.98 Offerhaus erkennt darin zwei verschiedene „Denkschulen“, die allerdings zum selben Ergebnis führten.99 Die Merkmale des Gesamtplans verwendet der BFH ohne Besonderhei­ ten in der einleitend angesprochenen Weise. Es wird auf die einheitliche Planung von Schenkung und Rückgewähr abgestellt. Überragende Be­ deutung für die Entscheidung hat meist die Frage, ob der Steuerpflichtige das gesamte Geschehen beherrschen konnte (was nicht der Fall ist, wenn der Beschenkte frei über den Betrag verfügen kann). Auf beides wird an­ hand von objektiven Beweisanzeichen geschlossen. Ob außersteuerliche Gründe für die Gestaltung dem Gesamtplan entgegenstehen, wird in den Entscheidungen auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungs­ weise nicht thematisiert, wohl aber in solchen, die auf § 42 AO abstellen. Es wird in der Praxis aber nur schwerlich möglich sein, außersteuerliche Gründe für die Konstruktion dieser Hin- und Herzahlung anzuführen, sodass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass das Vorlie­ gen dieser Voraussetzung in allen Entscheidungen begründet werden könnte. Ob die Nichtanerkennung der Darlehenszinsen in der Sache berechtigt ist, ist m. E. zumindest fraglich. Dies gilt unabhängig von der Berech­ tigung der verwendeten Gesamtplanmerkmale zur Bestimmung des ­hinreichenden Konnexes zwischen Schenkung und Rückgewähr als Dar­ lehen. Unzulässig scheint es, in Form einer freischwebenden wirtschaft­ lichen Betrachtungsweise erst die späteren Zinszahlungen als Schen­ kungsgegenstand zu qualifizieren. Es kann nicht negiert werden, dass der Beschenkte bereits mit der Einräumung der Darlehensforderung einen Vermögenswert erhalten hat.100 Das zeigt sich schon daran, dass der Be­ schenkte die Darlehensforderung durch Abtretung sofort versilbern könnte und nicht erst auf den Mittelzufluss durch die Zinszahlungen 96 Vgl. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, B ­ StBl. II 1984, 705; BFH v. 22.1.2002 – VIII R 46/00, ­BStBl. II 2002, 685. 97 Spindler, DStR 2005, 1 (2). 98 Vgl. BFH v. 26.3.1996 – IX R 51/92, ­BStBl. II 1996, 443. 99 Offerhaus, FR 2011, 878 (882). 100 Vgl. Groh, DStR 2000, 753 (755 f.); zustimmend wohl Tanzer DStJG 33, S. 189 (195).

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angewiesen ist. Dann muss die Darlehensforderung aber auch als exis­ tent betrachtet werden. Ist die Darlehensforderung des Beschenkten be­ achtlich, hat der Betrag auch die Vermögenssphäre des Schenkers verlas­ sen. Die zivilrechtliche bzw. wirtschaftliche Argumentation des BFH ist mithin abzulehnen. Insofern wird man für eine Nichtanerkennung auf § 42 AO angewiesen sein.101 Die dann erforderliche „Unangemessenheit“ dieser Gestaltungen und die mit diesem Verdikt einhergehende Saldierung der gesamtplanmäßig verbundenen Gegengeschäfte unter § 42 AO ist gut vertretbar, steht m. E. aber nicht unumstößlich. Schenkung und Rückgewähr als Darlehen füh­ ren gerade nicht zu einer vollkommenen Saldierung. In der Schenkung wird die Vermögenssubstanz übertragen. Diese bleibt – trotz der Darle­ hensgewähr – beim Beschenkten. Zurück fließt nur die Nutzungsmög­ lichkeit des Kapitals in Form des Darlehensbetrags. Insofern beziehen sich die Gegengeschäfte auf verschiedene Ebenen des Wirtschaftsguts.102 Das gilt jedenfalls, solange das Darlehen isoliert betrachtet als solches anerkennenswert (insbesondere fremdüblich) ist. Mit jedem Dritten könnte der Schenker ein zu Betriebsausgaben führendes Darlehen aus­ führen und dem Unterhaltsberechtigten den freiwerdenden Betrag schen­ ken, damit dieser sich unmittelbar aus der Substanz unterhalten kann; warum sollte das bei einem fremdüblichen Darlehen von einem Angehö­ rigen anders sein, zumal dieser die Darlehensforderung jederzeit an einen Dritten abtreten könnte oder im umgekehrten Fall eine anerkannte Dar­ lehensforderung eines Dritten mit geschenkten Mitteln erwerben könn­ te? Stein des Anstoßes ist allein die Zahlung des Unterhalts aus fremdfi­ nanzierten Mitteln. Letztlich liegt darin ein im Gesetz nicht angelegter Eingriff in die Finanzierungsfreiheit des Steuerpflichtigen, die nicht durch die allgemeine Missbrauchsnorm § 42 AO und den Gesamtplan eingeschränkt werden sollte.103 Ein Missbrauch wird zweifelsohne aber 101 Zustimmend Tanzer, DStJG 33, S. 189 (195); wohl auch Söffing, DB 2004, 2777 (2779), der auch in den Rechtsprechungsfällen, die § 42 AO nicht bemühen, des­ sen Voraussetzungen für gegeben hält. 102 Für eine Gesamtbetrachtung nur bei Betroffenheit der identischen Ebene (für Ver­ mietungsgeschäfte) Heuermann, StuW 2004, 124 (129). 103 Vgl. dazu BFH v. 20.6.2000 – VIII R 57/98, DB 2000, 2098 für einen ähnlich gela­ gerten Gesamtplan im Zusammenhang mit einer auf diese Weise fremdfinanzier­ ten Anteilserwerb: „Tatsächlich braucht […] ein Steuerpflichtiger nach den deutschen Steuergesetzen keinen rechtfertigenden Grund für seine Entscheidung, ein Wirtschaftsgut nicht mit eigenen Mitteln, sondern durch einen Kredit zu finanzieren.“; vgl. Prinz, FS Herzig, S. 147 (164). (dieser allerdings ohne konkreten Be­ zug zum Gesamtplan); a. A. auch schon vor dem leading case Kruse, StbJb 1978/79, 443 (444, 456 ff.).

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dann vorliegen, wenn das Darlehen so ausgestaltet ist, dass es einer Rückübertragung der Vermögenssubstanz sehr nahe kommt (Abtretungs­ verbote, überlange Laufzeiten etc.). Dann wird man sich allerdings auch über die Fremdüblichkeit Gedanken machen müssen. Insofern ist einer der Kernfälle des Gesamtplans nicht zweifelsfrei als Ausweich- und Kor­ rekturgeschäft zu identifizieren, sofern man eine vollkommene Saldie­ rung als konstitutiv für eine Verklammerung unter § 42 AO erachtet. Jedenfalls ist eine Problematisierung des Aspekts erforderlich, ob die Vo­ raussetzungen für eine saldierende Betrachtung vorliegen, anstatt wie selbstverständlich von einer Verklammerung als Fallgruppe des Gesamt­ plans auszugehen. Es ist zu betonen, dass diese Kritik zumindest nicht unmittelbar den Gesamtplan als Konnektor der Teilschritte angreift, sondern nur die als Vorfrage zu verstehende Verklammerungsfähigkeit derselben. 2. Eigenheimzulage Ebenfalls um die Anerkennung von Darlehen geht es in den inzwischen nicht mehr aktuellen und deshalb nur kurz zu skizzierenden Fällen der Eigenheimzulage. Die Eigenheimzulage wurde bis zum Veranlagungs­ zeitraum 2006 für die entgeltliche Anschaffung von selbst genutztem Wohnraum gewährt.104 Im Gegensatz dazu konnte die schenkweise Über­ tragung eines Eigenheims nicht beim Empfänger gefördert werden.105 Steuerpflichtige nahmen dies zum Anreiz, tatsächlich vorliegende Schenkungen als entgeltliche Vorgänge zu gestalten, z. B. indem die Im­ mobilie eines Familienmitglieds von einem anderen Familienmitglied entgeltlich erworben, im Zusammenhang damit aber der gesamte Kauf­ preis zurückgegeben wurde. Der BFH lehnte eine solche Gestaltungen als missbräuchlich i. S. d. § 42 AO ab, wenn die Rückgabe der Mittel im ge­ samtplanmäßigen Zusammenhang mit der Veräußerung der Immobilie steht.106 Wirtschaftlich sei dann von vornherein eine unentgeltliche Überlassung geplant gewesen. In einem anderen Fall finanzierte ein Steu­ erpflichtiger den Erwerb einer Wohnung über ein scheinbares Darlehen seines Vaters.107 Die rechtlichen Folgen eines solchen Darlehens sollten aber übereinstimmend nicht gezogen werden, weil der Steuerpflichtige schon aufgrund seines niedrigen Gehalts zur Bedienung des Darlehens nicht in der Lage gewesen wäre. Der BFH wertete das Darlehen als 104 Vgl. Erhard in Blümich, § 2 EigZulG, Rn. 46 ff. 105 Vgl. BFH v. 13.11.1993 – X R 186/93, BFH/NV 97, 344. 106 Vgl. BFH v. 27.10.2005 – IX R 76/03, ­BStBl. II 2006, 359. 107 Vgl. BFH v. 7.11.2006 – IX R 4/06, ­BStBl. II 2007, 372.

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Scheingeschäft gem. § 41 Abs. 2 AO und nahm stattdessen eine mittelba­ re Grundstücksschenkung des Vaters an den Sohn an, sodass der Sohn nicht mit den für die Eigenheimzulage erforderlichen Anschaffungskos­ ten aus einem entgeltlichen Erwerb belastet war.108 In diesen Fällen kommt das Wesen gesamtplanmäßiger Ausweich- und Korrekturgeschäfte im Gegensatz zu den Angehörigendarlehen gerade­ zu schulmäßig zur Anwendung. Durch ein vollkommen gegenläufiges Geschäft wird die zunächst erfolgte und für die steuerliche Privilegie­ rung erforderliche Übertragung der Vermögenssubstanz in Gestalt des Kaufpreises (nur dann liegt ein entgeltliches Geschäft vor) durch eine Schenkung vollständig rückabgewickelt bzw. als Scheingeschäft unter verdeckter Rückabwicklung von vornherein nicht vorgenommen. Der Gesamtplan tritt damit im Zusammenhang sowohl mit § 41 Abs. 2 AO als auch mit § 42 AO auf. Der hinreichende Zusammenhang der saldie­ renden Geschäfte wird beim Vorliegen aller klassischen Gesamtplan­ merkmale angenommen; insbesondere wirtschaftliche Gründe für das Vorgehen werden berücksichtigt.109 3. Berlindarlehen Ebenfalls nicht mehr aktuell und nur kurz zu streifen sind die Fälle des sog. Berlindarlehens, die mit der vorstehenden Gruppe vergleichbar sind. § 17 Abs. 2 BerlinFG sollte Anreize setzen, dem Westberliner Baumarkt Geld zuzuführen und ermäßigte aus diesem Grund die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für Personen, die langfristige Baudarlehen nach den Voraussetzungen der Vorschrift vergaben. Im Rahmen einer teleologisch orientierten wirtschaftlichen Auslegung versagte der BFH die Tarifver­ günstigung, wenn ein Darlehensempfänger seinerseits dem Darlehensge­ ber ein Baudarlehen gem. § 17 Abs. 2 BerlinFG zurückgewährt und sich beide Geschäfte wegen eines engen sachlichen Zusammenhangs als Hinund Rückzahlung der Darlehensvaluta darstellen.110 Das in § 17 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG enthaltene Rückzahlverbot werde so umgangen. Der Zweck der Berlinförderung werde verfehlt, weil wirtschaftlich betrachtet beide mit eigenen Mitteln bauen.111 Dies muss auch gelten, wenn sich Darlehen nicht durch zwei gegenläufige Geschäfte saldieren, sondern 108 Vgl. BFH v. 7.11.2006 – IX R 4/06, ­BStBl. II 2007, 372. 109 Vgl. BFH v. 27.10.2005 – IX R 76/03, ­BStBl. II 2006, 359. 110 Vgl. BFH v. 28.11.1990 – X R 109/89, ­BStBl. II 1991, 327. 111 So schon zu vergleichbaren begünstigten Baudarlehen nach § 7c ­EStG 1949, BFH v. 4.7.1957 – IV 67/56, juris; die Rechtsprechung von Berlindarlehen greift die Rechtsprechung zu § 7c ­EStG Darlehen auf.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

erst durch eine zirkuläre Verkettung mehrerer Rechtsgeschäfte unter der gesamtplanmäßigen Ägide eines Initiators ausgleichen.112 Die Versagung der Begünstigung wird methodologisch neben der angesprochenen wirt­ schaftlich teleologischen Auslegung auf § 42 AO gestützt.113 Auch hierbei handelt es sich um Gegengeschäfte, die streng dem Kon­ struktionsmuster der Ausweich- und Korrekturgeschäfte entsprechen. Die steuerliche Begünstigung stellt auf die Nutzung fremden Kapitals ab. Diese Nutzungsmöglichkeit wird durch das gegenläufige Darlehen zu­ rückübertragen. Die Geschäfte saldieren sich damit auf der Nutzungs­ ebene. Für die Gesamtplanmerkmale gelten keine Besonderheiten. 4. Ersetzen eines unentgeltlichen Wohnrechts durch Mietvertrag und gegenläufige Dauernde Last Ein weiteres Beispiel für eine gesamtplanmäßige Saldierung auf der Nut­ zungsebene betrifft die Ablösung von unentgeltlichen Wohnrechten durch entgeltliche Mietverträge, wobei der Mietzins durch Einräumung einer gegenläufigen Dauernden Last ausgeglichen wird.114 Wird einem Steuerpflichtigen von seinen Eltern durch vorweggenommene Erbfolge ein Grundstück unter Einräumung eines Wohnrechts zugunsten der El­ tern übertragen, verbleibt diesen die unentgeltliche Nutzungsmöglich­ keit; nur die Substanz des Grundstücks geht auf das Kind über. Um gleichwohl Werbungskosten oder nachträgliche Anschaffungskosten für das Grundstück geltend zu machen, kann das unentgeltliche Wohnrecht in ein entgeltliches Mietverhältnis umgewandelt werden. Dies erachtet der BFH als zulässig.115 Anderes gilt, wenn die Auflösung des Wohnrechts mit einer Dauernden Last in Höhe der Miete zugunsten der Eltern ein­ hergeht. Dann bleibt wirtschaftlich der status quo erhalten: Dem Kind steht die Substanz zu. Die Eltern nutzen das Haus; dies geschieht wegen der saldierenden Wirkung von Dauernder Last und Mietzahlungen wei­ terhin unentgeltlich. Der BFH sah darin einen Gestaltungsmissbrauch: Dieser liege vor „wenn die Parteien der Grundstücksübertragung durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreichen, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer

112 BFH v. 28.11.1990 – X R 109/89, ­BStBl. II 1991, 327; BFH v. 7.3.2001 – X R 192/96, ­BStBl. II 2002, 126. 113 BFH v. 7.3.2001 – X R 192/96, ­BStBl. II 2002, 126. 114 Grundlegend Heuermann, StuW 2004, 124; siehe auch Kessler/Mirbach, DStR 2015, 926 (930). 115 BFH v. 6.7.1993 – IX R 112/88, ­BStBl. II 1998, 429.

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entgeltlichen Nutzung des Übertragenden kommt.“116 Obwohl es dem BFH gerade auf einen Zusammenhang der gegenläufigen Rechtsgeschäfte ankommt, findet der Gesamtplan unmittelbar keine Erwähnung. Es han­ delt sich aber zweifellos um eine Konstellation, die den vorstehenden Gesamtplanfällen vergleichbar ist und deshalb in diesem Zuge genannt wird.117 5. Gegenläufige Vermietungen als Gesamtplan Teilweise werden auch Fälle gestaltungsmissbräuchlicher Überkreuzver­ mietungen als Anwendungsfall des Gesamtplans erkannt.118 Werden zwei identische Wohnungen in derselben Wohnanlage von zwei Arbeit­ nehmern gekauft und sodann wechselseitig vermietet, könnte dies zu einer Anerkennung von Zinsaufwendungen als Werbungskosten im Rah­ men von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, die nicht möglich wäre, wenn jeder der beiden Beteiligten die gekaufte Wohnung selbst nutzte. Der BFH bejahte einen Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO und erkannte die Schuldzinsen nicht an.119 Es sei eine rein for­ male Gestaltung, die nur darauf abziele, den Abzug der Zinsaufwendun­ gen als Werbungskosten zu erreichen. Die Entscheidung bemüht den Gesamtplan nicht ausdrücklich, wird aber gleichwohl in diesem Zusam­ menhang genannt, weil der BFH die Entscheidung wegen des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs auch auf einen Gesamtplan hätte stüt­ zen können.120 Ob dieses Ergebnis in der Sache gerechtfertigt ist, ist m. E. zweifelhaft. Beide Wohnungen sind trotz ihrer identischen Aufteilung verschiedene Wirtschaftsgüter. M. E. sollten sie trotz ihrer Ähnlichkeit einzeln be­ trachtet werden. Eine vollkommene Saldierung derart, dass jeder tatsäch­ lich in seiner eigenen Wohnung wohnt, erfolgt dadurch, dass jeder in ei­ ner der eigenen ähnlichen Wohnung wohnt, nicht.121 Erneut wird in die 116 BFH v. 17.12.2003 – IX R 56/03, ­BStBl. II 2004, 648. 117 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 403; Söffing, BB 2004, 2777 (2780); Heuermann, StuW 2004, 124 (128); ders., BB 2003, 1465 (1467); Kessler/Mirbach, DStR 2015, 926 (930) sehen dagegen schwer nachvollziehbar ein Gesamtplanrisiko in der Verknüpfung zwischen Verkauf unter Nießbrauchsvorbehalt und der späte­ ren Ablösung des Nießbrauchs. 118 Vgl. Heuermann, BB 2003, 1465 (1466); Offerhaus, FR 2011, 878 (884); Strahl, KÖSDI 2003, 13918 (13920); ders., FS Herzig, S. 577 (584). 119 BFH v. 19.6.1991 – IX R 134/86, ­BStBl. II 1991, 904. 120 Vgl. Offerhaus, FR 2011, 878 (884). 121 Förster, FS Korn, S. 3 (8) scheint in Fußnote 22 dagegen auch bei „art-, wert- und funktionsgleichen“ Wirtschaftsgütern von einer möglichen Saldierung auszuge­ hen. Selbst wenn man dies annimmt, ist eine solche Artgleichheit bei zwei Woh­

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Finanzierungsfreiheit des Steuerpflichtigen eingegriffen, nachdem eine Fremdfinanzierung als Vorwurf identifiziert wurde. Insofern ist Fischer zuzustimmen, dass weniger das Überkreuzvermieten selbst „anstößig“ sei als die Entwicklung der Vermietungs- und Verpachtungseinkünfte zu einem Subventionstatbestand, weshalb auch er die Anwendung des § 42 AO für nicht überzeugend hält.122 Ein klassisches Ausweich- und Korrekturgeschäft liegt nicht vor. Wieder ist die Kritik außerhalb der über den Gesamtplan begründeten – und definitiv bestehenden  – Ver­ knüpfung zwischen beiden Geschäften zu verorten. 6. Dividendenstripping Auch das sog. Dividendenstripping bewegt sich im Umfeld des Gesamt­ plans und speziell im Bereich der Ausweich- und Korrekturgeschäfte. Zu­ mindest wird das Dividendenstripping in der Literatur im Zusammenhang mit dem Gesamtplan erwähnt.123 Durch eine Veräußerung von Aktien vor dem Dividendenstichtag cum Dividende und zeitnahen Rückkauf junger Aktien ex Dividende sollten Dividendengewinne in nicht steuerbare Ver­ äußerungsgewinne umgemünzt werden.124 Mit der Einführung der Steu­ erbarkeit von Veräußerungsgewinnen hat das Dividendenstripping in nationalen Sachverhalten nur noch geringe Bedeutung, kann aber nach wie vor für internationale Steuerarbitrage genutzt werden.125 nungen problematisch. Insbesondere die zivilrechtlichen Beschränkungen bei der Ausgestaltung eines Mietverhältnisses sprechen dagegen, den Vermieter und Mie­ ter im Rahmen eines Überkreuzgeschäfts mit einem selbstnutzenden Eigentümer gleichzustellen. 122 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 418; a. A. Clausen, DB 2003, 1589 (1591). 123 Vgl. Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (117); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1140). 124 Neben der Verlagerung von Dividendengewinnen in den nicht steuerbaren Vermö­ gensbereich ist die Anerkennung von Dividendenstripping auch Voraussetzung für die großflächige Nutzung eines Steuerschlupflochs in Form einer doppelten Er­ stattung von nur einmal einbehaltener Kapitalertragsteuer bei cum-ex Leerver­ käufen; vgl. statt aller Desens, DStZ 2012, 142. Die dazu entbrannte Diskussion, ob solche Gestaltungen gestaltungsmissbräuchlich i. S. d. § 42 AO sind, hat keine Berührungspunkte mit dem Gesamtplan; vgl. dazu Desens FR 2014, 265 und eben­ da 305. 125 Veräußerungsgewinne unterliegen nur dann der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen gem. § 17 ­EStG resultieren, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe e, aa E ­ StG oder einer inländischen Betriebstätte zuge­ ordnet werden, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a E ­ StG. Außerdem kann das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund von DBA beschränkt sein, Art. 13 Abs. 4 und Abs. 5 OECD MA; die Möglichkeit der Nutzung von cum-ex Geschäften zur doppelten Erstattung von Kapitalertragsteuer ist dagegen endgültig mit dem OGAW-IV Um­ setzungsgesetz vom 1.1.2012 (BGBl. I 2011, 1126) beendet worden.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Tatsächlich ist es naheliegend, den zeitnahen Verkauf und Rückkauf ei­ ner Aktie nach einem Gesamtplan als nicht anerkennenswertes Aus­ weich- und Korrekturgeschäft zu werten, da im Ergebnis der status quo, nämlich das Eigentum an der Aktie und die wirtschaftliche Vereinnah­ mung der Dividende, beibehalten wurde. Der BFH verneinte allerdings eine Zusammenfassung von Verkauf und Rückkauf trotz der zeitlichen Nähe.126 Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft beträfen nicht dassel­ be Wirtschaftsgut und seien mit dem realistischen Risiko von Kurs­ schwankungen und Pfändungszugriffen verbunden, sodass eine zusam­ menfassende Betrachtung nicht in Frage komme. § 42 AO komme aufgrund der noch existenten speziellen (ebenfalls nicht einschlägigen) Missbrauchsvorschrift § 50c Abs. 8 Satz 2 ­EStG nicht zur Anwendung. In den jüngsten Urteilen zur Wertpapierleihe bzw. cum-ex Geschäften lässt der BFH die Anwendung von § 42 AO dagegen zu Recht offen, indem er eine Lösung wegen der Beschaffenheit der konkreten Einzelfälle bereits über eine fehlende wirtschaftliche Zurechnung gem. § 39 AO erreicht, sodass es auf eine etwaige Gestaltungsmissbräuchlichkeit gar nicht mehr ankam.127 Die grundsätzliche Anerkennung des Dividendenstrippings ist m. E. be­ rechtigt. Ein Ausweich- und Korrekturgeschäft liegt wie bei den über­ kreuzvermieteten Wohnungen nicht vor, weil nicht das identische Wirt­ schaftsgut Hin- und Herübertragen wird. Die Konstruktion ist nur scheinbar self-cancelling. Selbst wenn man Aktien als Inbegriff von artund funktionsgleichen Wirtschaftsgütern in die Saldierung einbeziehen würde, ist zudem die erforderliche Beherrschbarkeit des Geschehens we­ gen des Kursrisikos nicht gegeben. Die Feststellung des FG, dass der Di­ videndenanspruch wirtschaftlich beim Veräußerer verbleibe,128 ist kei­ nesfalls gerechtfertigt. Damit darf der Gesamtplan für Dividendenstripping m. E. selbst dann nicht angewendet werden, wenn § 42 AO mangels Spe­ zialvorschrift anwendbar wäre. 7. Rückfluss von sonstigen Aufwendungen Eine größere Bündelung von Ausweich- und Korrekturgeschäften ist fol­ gende Sammlung von Fällen, in denen die Anerkennung von geltend ge­ machtem Aufwand unter dem Gesichtspunkt des Scheingeschäfts gem. § 41 Abs. 2 AO verneint wird, wenn die dafür verwendeten Mittel unmit­ 126 Vgl. BFH v. 15.12.1999 – I R 29/97, ­BStBl. II 2000, 527. 127 Vgl. BFH v. 18.8.2015 – I R 88/13, BFHE 251, 190; BFH v. 16.4.2014 – I R 2/12, BFHE 246, 15. 128 Vgl. FG Hessen v. 2.12.1996 – 4 K 3180/94, EFG 1997, 825.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

telbar nach der Zahlung an den Steuerpflichtigen zurückfließen oder so­ gar bereits zuvor vom Zahlungsempfänger zur Verfügung gestellt wer­ den. Ein Scheingeschäft wird dann angenommen, wenn die Zahlung und Rückzahlung in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplans er­ folgt. Dies hat der BFH wiederholt entschieden zu Mietzahlungen, die aus vom Vermieter zugewendeten Mitteln gezahlt werden, ohne dass den Vermie­ ter eine Rechtspflicht zu einer solchen Zuwendung trifft.129 Das Mietver­ hältnis sei dann für die Besteuerung unerheblich.130 Auch werden Lohnzahlungen, die der Mitarbeiter dem Arbeitgeber sofort nach Erhalt wieder zurückgibt, nicht als Lohnkosten berücksichtigt.131 Die Rückzahlung im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Auszah­ lung sei in Wirklichkeit ein Lohnverzicht. Ein Abzug sei nur möglich, wenn der Verzicht als Gehaltsverwendung verstanden wird, z. B. indem der Arbeitgeber durch Bedingungen an eine bestimmte Verwendung der zurückgegebenen Mittel gebunden wird. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Lohnzahlung bewege sich im Kreis des Scheinhandlung gem. § 41 Abs. 2 AO, weil ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Beteiligten im Rahmen eines Gesamtplans vorliege. Diesen Grundsatz bestätigte der BFH später für sich überkreuzende Pro­ visionsansprüche von Lebensversicherungen.132 Den Steuerpflichtigen kam es allerdings gerade darauf an, zwei gegenseitige Provisionsansprü­ che wegen wechselseitiger Versicherungsvermittlung als sich saldieren­ de Scheingeschäfte unberücksichtigt zu lassen, um jeweilige Einkünfte aus gelegentlicher Vermittlung gem. § 22 Nr. 3 E ­ StG zu vermeiden. Dies lehnte der BFH ab. Ein Scheingeschäft liege vor, „wenn ein Zahlungsempfänger die ihm zugeflossenen Beträge in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplanes alsbald dem Schuldner wieder zuwendet“.133 Ein solcher Gesamtplan konnte schon deshalb nicht bestehen, weil die jeweils abgeschlossenen Lebensversicherungen als wirtschaftlicher Grund hinter der gegenseitigen Vermittlungsleistung standen. Der Gesamtplan wird in dieser Fallgruppe dazu verwendet, festzustellen, ob überhaupt ein für das Steuerrecht relevantes Rechtsgeschäft vor­ 129 Vgl. BFH v. 28.1.1997 – IX R 23/94, ­ BStBl. II 1997, 655; BFH v. 7.12.2002 – IX R 23/00, BFH/NV 2003, 612; BFH v. 28.1.2003 – IX R 53/00, BFH/NV 2003, 768. 130 Vgl. BFH v. 28.1.1997 – IX R 23/94, ­BStBl. II 1997, 655. 131 Vgl. BFH v. 5.12.1990 – I R 5/88, ­BStBl. II 1991, 308. 132 Vgl. BFH v. 27.6.2006 – IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657. 133 BFH v. 27.6.2006 – IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

liegt.134 Durch die Rückübertragung von Vermögenssubstanz werden un­ entgeltliche Geschäfte in entgeltliche umgemünzt. Die Rechtsgrundlage in diesen Fällen liegt in § 41 Abs. 2 AO, was verdeutlicht, dass Aus­ weich- und Korrekturgeschäfte nicht nur unter dem Aspekt des § 42 AO berücksichtigt werden. Wirtschaftliche Gründe für die Gestaltung, so sie denn ausnahmsweise nachgewiesen werden können, verhindern die An­ nahme eines Gesamtplans und damit eines Scheingeschäfts.135 8. Zwei-Konten Modell Der X. Senat bemühte den Gesamtplan in einem Vorlagebeschluss an den Großen Senat zur Ablehnung einer Zwei-Konten Gestaltung in einer Weise, die an Ausweich- und Korrekturgeschäfte erinnert.136 Dieser An­ wendungsbereich des Gesamtplans konnte sich nach der gegenteiligen Entscheidung des Großen Senats zu Recht nicht verfestigen.137 Der einzel­unternehmerisch tätige Kläger besaß bei einer Bank ein Betriebs­ konto, auf dem er bis 2001 Betriebseinnahmen und –ausgaben abwickel­ te. In 2002 baute er für 300.000 e kreditfinanziert ein Haus zur privaten Nutzung. Ab 2002 verbuchte er die Betriebseinnahmen auf einem neuen Konto und entnahm diese zur Tilgung des privaten Darlehens, während er die sich kumulierenden Verluste auf dem ersten Konto „stehen ließ“ und sein betriebliches Ergebnis durch die Zinsleistungen verschlechter­ te. Im Kern geht es um die Frage, ob die stehengelassenen Darlehen in einem Veranlassungszusammenhang mit dem privaten Hausbau stehen. Der X. Senat nahm dies aufgrund einer gesamtplanmäßigen Gestaltung an und verglich den Fall mit einer bloßen Umwidmung einer Privat­ schuld in eine Betriebsschuld. Aufgrund des „künstlichen Hin und Hers“ von Zahlungen sei durch den privaten Darlehensvertrag hindurchzugrei­ fen; der tatsächlich private Finanzierungszweck ändere sich dadurch nicht. Dagegen entschied der große Senat, dass ein Zweikontenmodell der Finanzierungsfreiheit des Steuerpflichtigen entspreche.138 Es müsse ihm freistehen, Barmittel zu entnehmen und privat zu verwenden. Dies ändere nichts an der betrieblichen Veranlassung der stehen bleibenden Schulden. Auch eine zeitliche Nähe von Entnahmen zu Darlehensauf­ nahmen ändere nichts an diesen Grundsätzen, wenn die Darlehen der 134 Vgl. Spindler, DStR 2005, 1 (2); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 384, § 41 AO, Rn. 206. 135 Vgl. BFH v. 27.6.2006 – IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657. 136 Vgl. BFH v. 19.7.1995 – X R 48/94, ­BStBl. II 1995, 882; vgl. dazu Söffing, BB 2004, 2777 (2782). 137 Vgl. BFH Beschl. v. 8.12.1997 – GrS 1-2/95, GrS 1/95, GrS 2/95, ­BStBl. II 1998, 193. 138 BFH Beschl. v. 8.12.1997 – GrS 1-2/95, ­BStBl. II 1998, 193.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Betriebsfinanzierung dienten. Der Unternehmer könne trotz vorhande­ ner Barmittel betriebliche Investitionen mit Fremdkapital finanzieren. Diese so bereits im Keim erstickte Fallgruppe dient der Demonstration einer verselbständigten Anwendung des Gesamtplans, ohne dass dies sich unmittelbar aus § 4 Abs. 4 ­EStG ergeben würde. Eine gesamtplan­ mäßige Verknüpfung zwischen einer Entnahme vorhandener Barmittel zu einem privatem Zweck und einer Aufnahme weiterer Darlehen zu betrieblichen Zwecken kann nicht begründen, warum letzteres doch pri­ vat veranlasst sein soll. Söffing ist insofern zuzustimmen, wenn er die Entscheidung des X. Senats als „Gesamtplan ohne gesetzliche Grundlage“ qualifiziert.139 Ein Gesamtplan samt seiner Voraussetzungen kann ein Darlehen, das nach anerkannten Grundsätzen als betrieblich anzuse­ hen ist, nicht umqualifizieren. Wenn man die Entnahme vorhandener Barmittel im Rahmen der Finanzierungsfreiheit des Steuerpflichtigen grundsätzlich erlaubt, kann dies nicht von der gesamtplanmäßigen Ver­ bindung zu anderen betrieblichen Entscheidungen abhängen. Insbeson­ dere ein Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO kann im bloßen Umstand der Fremdfinanzierung nicht liegen. 9. Potential der Anwendung auf weitere Fallgruppen Ersichtlich sind Ausweich- und Korrekturgeschäfte derart vielgestaltig auftretende Umgehungsgestaltungen, dass weitere Fälle dieser Art in wohl jedem Kontext denkbar sind.140 Das liegt vor allem daran, dass na­ hezu jedes Tatbestandsmerkmal auf diese Art und Weise umgangen wer­ den kann. Insofern sei hier auf das Potential des Gesamtplans hingewie­ sen, in unterschiedlichsten Rechtsbereichen sachgerechte Ergebnisse zu liefern. Exemplarisch sei als potentieller exotischer Anwendungsbereich das erbschaftsteuerliche Bewertungsrecht genannt: Soweit bei der An­ teilsbewertung privatrechtliche Beschränkungen (Verfügungsbeschrän­ kungen, Gewinnverzicht, etc.) den Anteilswert laut Finanzverwaltung nicht beeinflussen sollen,141 liegt diese Haltung erkennbar an einer Miss­ brauchsbefürchtung in Form der alsbaldigen, von Anfang an geplanten Aufhebung der Beschränkung nach dem Bewertungsstichtag mit der ein­ hergehenden Steigerung des gemeinen Werts. M. E. ist es nicht gerecht­ fertigt, a priori vom Missbrauchsfall auszugehen. Jenseits praktischer 139 Söffing, BB 2004, 2777 (2782). 140 Im Ergebnis gleiche Auffassung, wenn auch mangels gleichlaufender Kategorisie­ rung unklar Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1147 f.). 141 Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 5.6.2014, ­BStBl. I 2014, 882.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Erwägungen würde sich stattdessen dogmatisch eine Nichtberücksichti­ gung nur solcher gesellschaftsrechtlich auferlegter Beschränkungen an­ bieten, die im gesamtplanmäßigen Zusammenhang wieder aufgehoben werden und dadurch die Struktur eines Ausweich- und Korrekturge­ schäfts erhalten. Viele weitere Beispiele dieser Form ließen sich bilden. 10. Fazit Ausweich- und Korrekturgeschäfte sind ein fester Bestandteil der Ge­ samtplanrechtsprechung. Neben die aktuellen Fälle der Gesamtplan­ anwendung können potentiell weitere Umgehungsfälle dieser Konstruk­ tionsweise treten. Der Gesamtplan wirkt in dieser typischen Umge­ hungskonstellation zulasten des Steuerpflichtigen. Eine einheitliche Rechtsgrundlage ist in den Fällen des BFH nicht ausfindig zu machen: Während teilweise auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt wird, sind andere Gestaltungen als Scheingeschäfte deklariert worden. Die ganz überwiegende Zahl der Entscheidungen bemüht § 42 AO für die Saldierung. Von den jüngsten Einschränkungen der Gesamtplanrecht­ sprechung sind diese Fälle erkennbar nicht betroffen. Erstaunlich ist, wie groß die Gemeinsamkeiten aller Fälle bei der Defini­ tion des schädlichen Zusammenhangs zwischen Ausweich- und Korrek­ turgeschäft ist. Auch wenn nicht immer ausdrücklich auf einen Gesamt­ plan abgestellt wird, kommt es doch immer auf eine einheitliche ex ante Planung, die beherrschte Realisierung und die wirtschaftliche Bedeu­ tungslosigkeit der Aufspaltung in Gegengeschäfte an. Auch wenn einzel­ ne Merkmale ausnahmsweise nicht ausdrücklich angesprochen sind, liegen sie in jedem Fall vor. Besonders im Fokus steht die Beherrschbar­ keit des Gegengeschäfts, da dieses von einer dritten Person durchgeführt werden muss. Kritik in der Sache entsteht meist nicht an den Voraussetzungen eines hinreichenden Konnexes zwischen den Gegengeschäften, mithin nicht an der gesamtplanmäßigen Verknüpfung. Problematisch werden die Ent­ scheidungen immer dann, wenn die Saldierung nicht vollkommen ist, weil sich Ausweich- und Korrekturgeschäft entweder auf verschiedene Wirtschaftsgüter oder auf verschiedene Ebenen desselben Wirtschafts­ guts beziehen. Während dies beim Dividendenstripping argumentativ gegen eine Verklammerung verwendet wird, berücksichtigt der BFH dies in anderen Fällen (Darlehensgewähr, Überkreuzvermietung) nicht. Ob die Kritik berechtigt ist und derartige Subsumtionsvorschläge nur ver­ worfen werden können, wenn das Bezugsobjekt der Gegengeschäfte die­ selbe Ebene desselben Wirtschaftsguts ist, gilt es zu klären. 35

Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

III. Dreiecksgestaltungen bei der Besteuerung qualifizierter Umsatzakte Beinahe identisch mit Ausweich- und Korrekturgeschäften sind die Fälle gesamtplanmäßiger Dreieckskonstellationen, deren exakte Einordnung zugegebenermaßen Probleme bereitet. Die damit angesprochenen Ge­ staltungen versuchen, wenn bei der Besteuerung von Umsatzakten (günstige) Besteuerungsfolgen an eine qualifizierte Beziehung zwischen Geber und Nehmer genknüpft sind, die Begünstigung durch die inte­ rimistische Zwischenschaltung entsprechend qualifizierter Intermediäre zu erlangen, obwohl der eigentliche Destinatär diese Qualifikation selbst nicht besitzt. Die auf diese Weise erschlichene bevorzugte Beziehung kann z. B. das Verhältnis von Rechtssubjekten untereinander betreffen (Verwandtschaftsverhältnis für die Schenkungsbesteuerung). Es geht aber nicht zwingend um Mehrpersonenverhältnisse, kann es sich doch auch um den begünstigten Transfer zwischen verschiedenen Betriebsver­ mögen eines Mitunternehmers handeln. Naturgemäß kann diese Gestal­ tung nur Erfolg haben, wenn die durch die Zwischenschaltung erforder­ lich gewordenen beiden Umsatzakte insgesamt günstiger besteuert werden als der eine direkte. Die Anerkennung als eigenes Strukturprin­ zip erweist sich deshalb als problematisch, weil diese Fälle eine natürli­ che Nähe sowohl zu Zwischenschaltungsfällen als auch zu Ausweichund Korrekturgeschäften haben, letztlich sogar zu Zerlegungsfällen.142 Die Nähe zu ersteren ist vor allem bei Kettenschenkungen ersichtlich, weil in Gestalt des Intermediärs, der die Schenkung vermittelt, ebenfalls eine dritte Person in die Gestaltung eingeplant wird. Ein relevanter Un­ terschied besteht jedoch darin, dass in diesen Fällen nicht die statische Eigenschaft eines Rechtssubjekts vermieden bzw. erschlichen werden soll, sondern die Modulation des Verkehrsaktes selbst in Rede steht.143 142 Die Problematik einer Kategorisierung teilt auch Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 57, der zufolge es sich bei Kettenschenkungen um eine „Kombination verschiedener Umgehungsstrategien“ handele; es sei eine gegenläufige Gestaltung mit ei­ ner Zwischenschaltung verbunden. Bei Lion, VJSchrStuFR 1927, 132 (165 f.), drückt sich dies in der gemeinsamen Erfassung unter dem Stichwort „zwangsläufiger Mechanismus“ aus. 143 So könnte ein persönliches Verbot durch eine Dreiecksgeschäft gar nicht umgan­ gen werden. Z. B. kann das strafbewehrte waffenrechtliches Erwerbsverbot bei feh­ lender Erlaubnis gem. §§ 10, 51 WaffG nicht durch die Zwischenschaltung eines Erlaubnisträgers umgangen werden, weil das in der Person des Destinatärs liegen­ de Hindernis der fehlenden Erlaubnis dadurch nicht umgangen werden kann. Auch bei Verkehrsgeschäften sind intersubjektive Verlagerungen in der Regel nicht relevant, weil im Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsgedanken nur auf den Wert des Umsatzaktes ohne Ansehung der Beziehung der beteiligten Parteien

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Die Nähe zu Ausweich- und Korrekturgeschäften ergibt sich dadurch, dass der Erhalt des Umsatzgegenstands beim Intermediär nur interimistisch ist und wieder rückabgewickelt wird.144 Es wird dabei nicht wie bei diesen das ganze Geschäft rückabgewickelt (wirtschaftliche Nullbewegung). Allein die für die günstige Besteuerung erforderliche Qualifikation der beteiligten Personen wird durch die Weiterleitung aufgehoben. Da insofern keine Rückgängigmachung, sondern eine Weiterreichung erfolgt145 und zudem der Weg über das Dreieck notwendig für die gewünschte Folge ist (weshalb der Zwischenschritt letztlich doch im Ergebnis fortwirkt und zumindest ideell bestehen bleibt), besteht eine vordergründige Nähe zu Zerlegungsfällen. Wie zu zeigen sein wird ist eine weitreichende Gleichbehandlung mit Ausweich- und Korrekturgeschäften erforderlich. 1. Kettenschenkung Die Kettenschenkung ist der prominenteste Fall einer Dreiecksgestaltung bei Verkehrsgeschäften.146 Das Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht differenziert in Form der Freibeträge und der Steuersätze die Besteuerungsfolgen je nach Verwandtschaftsgrad zwischen Erbe bzw. ­ Schenker einerseits und dem Erwerber andererseits. Dies eröffnet Spielraum für Gestaltungen. Soll z. B. dem Schwiegersohn vom Schwiegervater ein Betrag oberhalb der schenkungsteuerlichen Freibeträge schenkweise zugewendet werden, wird aber statt der direkten Zuwendung der Betrag zunächst dem eigenen Kind zugewendet und dieses dazu veranlasst, den Betrag dem Ehepartner weiterzugeben, wäre die Dreiecksgestaltung steuerlich wegen der höheren Freibeträge im Verhältnis zum direkten Weg günstiger. Würde der Betrag sogar aufgeteilt (einen Teil direkt, einen über das Dreieck) würde die die Nutzung mehrerer Freibe­ träge ermöglicht. Solchen Dreieckskonstruktionen wurde früher mit ­Gesamtplanargumenten begegnet:147 Beruht die Weitergabe auf einem abgestellt wird. Die Anknüpfung von Rechtsfolgen eines Umsatzaktes an die Beziehung zwischen den am Umsatzakt Beteiligten ist eine Ausnahme. 144 Aus diesem Grund wertet auch Tanzer diesen Fall als „self-cancelling-scheme“, DStJG 33, S. 189 (193). 145 Am Beispiel des Buchwerttransfers (dazu im Einzelnen sogleich, Teil 2, § 1 III. 2.): Der Endzustand (Wirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft II) entspricht nicht dem Anfangszustand (Wirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft I). 146 Die Erbschafts- und Schenkungsteuer kann wohl im weitesten Sinne als Verkehrsteuer bezeichnet werden. Vgl. BFH v. 7.11.2007 – II R 28/06, ­BStBl. II 2008, 258. 147 So z. B. der BFH unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs im Urt. v. 14.3.1962 – II 218/59, ­ BStBl. II 1962, 206. Vgl. ausführlich Spiegelberger, FS Spindler, S. 809 (811 ff.).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

abgestimmten Gesamtplan zwischen den Beteiligten, wurde die Drei­ ecksschenkung wie eine direkte Schenkung behandelt. Maßgeblicher ­Aspekt dieser Gesamtplanargumentation wird regelmäßig sein, ob der Erstschenker die Weiterschenkung beherrschen konnte. Diese Argumen­ tation ist auch in jüngerer Rechtsprechung vorgekommen.148 Wolfsteiner konstruiert sogar eine Konstellation, in der das Gesamtplanargument zu­ gunsten des Steuerpflichtigen wirken könnte.149 Wenn im Beispiel die Freibeträge von Vater zum Sohn und von Sohn zur Ehefrau ausgeschöpft sind, wäre die Dreiecksschenkung nämlich ungünstiger als der direkte Weg. Die zweimal zugreifende Schenkungsteuer mit Steuerklasse I (bei 600.000 e bis 6.000.000 e zweimal 19 % = insgesamt 38 %) liege höher als eine einmalige Besteuerung trotz Steuerklasse II (einmal 30 %). Sinn­ gemäß müsste man beim Vorliegen der Merkmale eines Gesamtplans eine direkte Schenkung zugrunde legen und die günstigere Besteuerung gewähren, was praktisch kaum geschehe. Wolfsteiner kritisiert aus die­ sem Grund insgesamt die Anwendung der Gesamtplangrundsätze bei Verkehrsgeschäften. Er befürchtet berechtigterweise, dass die Folgen des Gesamtplans nicht synchron gleichermaßen zugunsten wie zulasten des Steuerpflichtigen gezogen werden.150 Allerdings wird der Weg über die Gesamtplanrechtsprechung und auch über § 42 AO nicht mehr gegangen.151 Jüngst hat der BFH ausdrücklich ein abgestimmtes, gesamtplanmäßiges Verhalten nicht genügen lassen, um eine Direktschenkung anzunehmen.152 Vielmehr ergebe sich die maßgebliche Schenkrichtung unmittelbar aus der Bestimmung der Per­ son des Bereicherten gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Enddestinatär ist nur dann unmittelbar bereichert, wenn die Mittelsperson zur Weitergabe vertraglich verpflichtet wird. Die Bereicherung der Mittelsperson ist in diesem Fall von Anfang an um die Weitergabeverpflichtung beschwert.153 Hat die Mittelsperson dagegen eigene Verfügungsfreiheit, können die Schenkungsvorgänge nicht zusammengefasst werden. Die so geartete Be­ stimmung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses lässt einer Ge­ samtplanargumentation keinen Raum; allerdings muss man anerkennen, dass die im Rahmen des Gesamtplanarguments zu stellende Frage nach 148 FG München v. 15.6.2011 – 4 K 396/11, EFG 2011, 1816. 149 Wolfsteiner, ZNotP 2007, 89 (90). 150 Wolfsteiner, ZNotP 2007, 89 (89). 151 Vgl. BFH v. 13.10.1993 – II R 92/91, ­BStBl. II 1994, 128; vgl. auch Bruschke, ErbStB 2014, 261 (264). ­ StBl. II 2013, 934 mit Anm. Wachter, ZEV 2013, 152 BFH v. 18.7.2013 – II R 45/11, B 632. 153 Vgl. auch Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 186 f., die die Lösung schon auf zivil­ rechtlicher Ebene sucht.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

der Beherrschung der Zweitschenkung im Wesentlichen auf die Weiter­ schenkungsverpflichtung hinausläuft, sodass sachlich geringe Unter­ schiede bestehen. Insofern hat der Gesamtplan über das Merkmal der Bereicherung unmittelbar Eingang in die Norm gefunden, sodass insbe­ sondere § 42 AO nicht erforderlich ist. Der Gesamtplan könnte, auch wenn er nicht erwähnt wird, gleichermaßen hinter der Argumentation stehen.154 2. Buchwerttransfer von Einzelwirtschaftsgütern zwischen ­beteiligungsidentischen Personengesellschaften Aktuell diskutiert und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt ist die Frage nach der Möglichkeit eines Buchwertansatzes bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Perso­ nengesellschaften.155 Diesen Transfer sieht der Katalog des § 6 Abs. 5 Satz 3 ­EStG nicht ausdrücklich vor; eine analoge Anwendung der Norm könnte aber u. a. aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sein. Wenn man dennoch mit dem I. Senat156 und entgegen dem IV. Senat157 eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 E ­ StG auf diese Fälle ab­ lehnt, tritt der Gesamtplan als Folgefrage auf. Der unzulässige direkte Weg kann nämlich durch Dreiecksgestaltungen umgangen werden. Z. B. könnte in einem ersten Schritt das Wirtschaftsgut buchwertneutral gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 ­EStG aus dem Gesamthandsvermögen in das Son­ derbetriebsvermögen der Mitunternehmer übertragen werden und so­ dann wieder gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 ­EStG in das Gesamthandsver­ mögen der anderen Personengesellschaft übertragen werden, sodass über Eck die Steuerneutralität des Transfers erreicht wird. Derartige Gestal­ tungen stehen laut Finanzverwaltung unter Gesamtplanverdacht und werden folglich bei einem entsprechenden Zusammenhang als direkter Transfer mit Gewinnrealisierung behandelt.158 Rechtsprechung existiert soweit ersichtlich nicht. Erstaunlicherweise wird diese Gestaltungsopti­ 154 Vgl. Offerhaus, FR 878 (883), der zu Recht darauf hinweist, dass die Bestimmung des Zuwendungsverhältnisses der „Gesamtplanrechtsprechung entspreche“. 155 Vgl. Gosch, DStR 2010, 1173. 156 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, B ­ StBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, ­BStBl. II 2013, 1004 m. Anm. Mitschke, FR 2013, 1077; letztlich ist auch der I. Senat m. E. mit guten Gründen davon überzeugt, dass ein steuerneutraler Transfer von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaf­ ten möglich sein sollte, fordert aber aufgrund der offen entgegenstehenden Geset­ zeslage die Initiative des Gesetzgebers bzw. des BVerfG. BStBl. II 2010, 971 m. Anm. Gosch, 157 BFH Beschl. v. 15.4.2010 – IV B 105/09, ­ DStR 2010, 1173. 158 Vgl. BMF v. 8.12.2011, ­BStBl. I 2011, 1279.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

on aus dem Blickwinkel der originären Gesamtplanliteratur auch aktuell eher stiefmütterlich behandelt.159 Aus dem Prüfauftrag im einschlägigen BMF Schreiben, „ob der Buchwertfortführung die Gesamtplanrechtsprechung oder andere missbräuchliche Gestaltungen i.S. des § 42 AO entgegenstehen,“ geht her­ vor, dass die Finanzverwaltung den Gesamtplan hier als Anwendungsfall des § 42 AO versteht.160 Außer einem zeitlichen und sachlichen Zusam­ menhang zwischen den Teilschritten bleiben die weiteren Voraussetzun­ gen der Gesamtbetrachtung im Dunkeln. Insbesondere wird nicht auf Urteilsgrundsätze spezifischer BFH Rechtsprechung zum Gesamtplan verwiesen. Damit bleibt unter anderem ungeklärt, ob wirtschaftliche Gründe für die Dreiecksgestaltung beachtlich sind. Fraglich ist, ob die Anwendbarkeit der Gesamtplanrechtsprechung in der Sache gerechtfertigt ist. Fuhrmann sieht in der Gestaltung schon strukturell keinen Gesamtplan, weil die Umschichtung vom Gesamt­ handsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen ein „nullum“ sei (ein­ heitliches Betriebsvermögen) und deshalb schon keine zwei Schritte vor­ lägen.161 Auch Ley hält den Gesamtplan nicht für anwendbar, weil beide Schritte „zwingend“ seien und gar nicht ein Schritt künstlich in zwei aufgeteilt werde.162 Dies ist m. E. fragwürdig, sind doch ohne weiteres zwei gegenläufige Schritte (Ausbringung und Einbringung) erkennbar. Gegen eine Anwendung könnte auch sprechen, dass § 6 Abs. 5 Satz 4 ­EStG als spezielle Missbrauchssperrfrist diesen Fall nicht erfasst.163 Man könnte den Gesamtplan auch schon deshalb für nicht anwendbar halten, weil das Ergebnis der Gesamtplangestaltung, der steuerneutrale Transfer, letztlich auch der von beiden Senaten für allein verfassungsgemäß gehal­ tenen Option entspricht. Dagegen spricht, dass die Verwerfung einfachen Rechts aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Bundesverfassungsge­ richt vorbehalten ist. Unter der Prämisse, dass der direkte Weg von § 6 Abs. 5 Satz 3 ­EStG nicht erfasst ist, kann der Gesamtplan auch unter § 42 AO nicht das Medium verfassungsrechtlicher Entscheidungen sein. Auch ist von Kaminski geäußert worden, der Gesamtplan sei hier nicht anwendbar, weil dieser vom BFH in einer Entscheidung vom 2.8.2012164 159 Besprochen bei Söffing, BB 2004, 2777; Förster, FS Korn, S. 3 (15 f.); Ley, DStR 2011, 1208; Crezelius, FR 2003, 537; Damas/Ungemach, DStZ 2007, 551 (559). 160 BMF v. 8.12.2011, ­BStBl. I 2011, 1279. 161 Fuhrmann, KÖSDI 2013, 18410 (18410). 162 Ley, DStR 2011, 1208 (1210). 163 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (16). 164 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053 m. Anm. Wachter, DB 2013, 200.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

insgesamt verworfen worden sei.165 Letzteres ist strikt abzulehnen, ver­ mengt diese Ansicht doch die verschiedenen Gesamtplantopoi. Eine ­Abkehr vom Gesamtplan bei missbräuchlichen Ausweich- und Korrek­ turgeschäften oder Dreiecksgestaltungen ist dem Urteil nicht zu entneh­ men.166 M. E. ist die Umgehungsgestaltung als Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO anzusehen.167 Das Gesetz schließt die Begünstigung des Direkttransfers aus. Ein entsprechender Gesetzeswille ergibt sich aus der abschließenden Aufzählung der möglichen Buchwerttransfers.168 Wird über eine nur interimistische Ausgliederung in das Sonderbetriebsver­ mögen wirtschaftlich genau dieses Ziel erreicht, sollte dies negiert wer­ den. Das Steuerrecht knüpft nicht an artifizielle flüchtige Zustände an. Allerdings müssen dann beachtliche außersteuerliche Gründe dem Miss­ brauchsvorwurf entgegenstehen.169 Es bleibt zu wünschen, dass eine entsprechende Entscheidung des Verfas­ sungsgerichts zu einer gesetzgeberischen Initiative führt, die den direk­ ten Buchwerttransfer im Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip ermöglicht. Dann bedarf es auch keiner Umgehungsgestaltung. 3. Realteilung in das Gesamthandsvermögen der Realteiler Um eine ähnliche Frage geht es bei anlässlich einer Realteilung erfolgen­ den Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern auf Gesamthandsver­ mögen der Realteiler. § 16 Abs. 3 Satz 2 ­EStG lässt eine Buchwertfortfüh­ rung nur bei einer Übertragung „in das […] Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer“ zu. Dazu reicht nach der Finanzverwaltung eine Übertragung in das Gesamthandsvermögen eines Realteilers nicht aus.170 Mit verschiedenen Argumenten ist es naheliegend, auch hier wie bei § 6 Abs. 5 Satz 3 E ­ StG analog die Buchwertfortführung einer Übertra­ gung von Wirtschaftsgütern in das Gesamthandsvermögen einer Perso­ nengesellschaft, an der nur Realteiler beteiligt sind, zuzulassen.171 Soweit 165 Kaminski, Diskussionsbeitrag beim 4. Hamburger Forum für Unternehmenssteu­ errecht, FR 2014, 453 (461). 166 Vgl. ausführlich sogleich: Teil 2, § 1 V. 1. c). 167 Gl.A. Damas/Ungemach, DStZ 2007, 551 (559). 168 A.A. Crezelius, FR 2003, 537 (541). 169 Kanzler hält den Missbrauchsvorwurf sogar schon dann für fernliegend, wenn die Beteiligten „auch nur für einen kurzen Zeitraum tatsächlich Mitunternehmerinitiative entfalteten und Mitunternehmerrisiko trügen“, FS Korn, S. 287 (294). 170 BMF v. 28.2.2006, ­BStBl. I 2006, 228. 171 Dafür: Wendt, FS Lang, S. 699 (705); Wacker in Schmidt, § 16 ­EStG, Rn. 546; Rogall, DStR 2005, 992 (995); Ostermayer/Riedel, BB 2003, 1305 (1308); Niehus/Wilke, FR 2012, 1093 (1097 ff.).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

man dieser Auslegung nicht folgt,172 mithin der direkte Weg versperrt ist, stellt sich die obligatorische Frage nach der Behandlung von Umgehungs­ gestaltungen. Eine solche liegt einer Entscheidung des BFH v. 16.12.2015 zugrunde:173

Abbildung 1: Realteilung, BFH v. 6.12.2015 – IV R 8/12

Die Kommanditisten einer ­GmbH & Co. KG, die das Betriebsvermögen aufteilen wollten, brachten ihre Anteile zunächst gem. § 24 ­UmwStG buchwertneutral in zwei eigens gegründete, jeweils von ihnen beherrsch­ te ­GmbH & Co. KG ein. In dieser doppelstöckigen Struktur waren die neu gegründeten Nachfolgegesellschaften Mitunternehmer der ursprüng­ lichen, zu teilenden ­GmbH & Co. KG. Erst in einem zweiten Schritt kurz darauf erfolgte die Realteilung durch Übertragung der Einzelwirt­ schaftsgüter auf das Gesamthandsvermögen der Nachfolgegesellschaf­ ten. Da diese zumindest formell im Zeitpunkt der Teilung selbst „Mitunternehmer“ der zu teilenden Gesellschaften waren, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 ­EStG vordergründig gegeben. Dieser Gestaltung setzte noch das Instanzurteil des FG Düsseldorf den Gesamtplan entgegen. Da Einbringung und Realteilung aufgrund ein­ heitlicher Planung und im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgten, liege eine „anlässlich einer Realteilung durchgeführte Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen zweier anderer Personengesellschaften vor, an denen die bisherigen Gesellschafter der realgeteilten Personengesellschaft beteiligt waren“, wofür § 16 172 So FG Düsseldorf v. 9.2.2012 – 3 K 1348/10 F, EFG 2012, 1256. 173 BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, BFHE 252, 141.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Abs. 3 Satz 2 ­EStG keine Buchwertfortführung vorsehe. Rechtsgrundlage dieser Gesamtbetrachtung sei nicht § 42 AO, sondern unter Verweis auf das Initialurteil der Gesamtplanrechtsprechung vom 6.9.2000 eine „wirtschaftliche Gesamtbetrachtung mehrerer Rechtsgeschäfte“. Problema­ tisch ist hier, dass als beachtlicher außersteuerlicher Grund bzw. wirt­ schaftliche Funktion der Konstruktion die Aufrechterhaltung der Haftungsbeschränkung geltend gemacht werden könnte. Ob dies dem Gesamtplan entgegensteht und ob die Haftungsbeschränkung die Be­ achtlichkeitsschwelle überschreitet, wird nicht thematisiert. Das FG Düsseldorf mit seiner Einordnung des Gesamtplans als „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ geht anscheinend davon aus, dass es auf außersteu­ erliche Gründe gar nicht ankommt. Der BFH dagegen lehnte den Gesamtplan außerhalb von § 42 AO so deut­ lich wie nie zuvor ab. Einen derartigen allgemeinen Rechtsgrundsatz wie den Gesamtplan gebe es nicht. Es könne nur im Rahmen von § 42 AO zu einer Ablehnung der Gestaltung kommen, was aber schon deshalb nicht möglich sei, weil wirtschaftliche Gründe für die Fortführung des geteil­ ten Betriebs in der Form der ­GmbH & Co. KG bestünden. Dem Urteil des BFH ist zuzustimmen. Die Negierung der Gestaltung ­ StG nur unter dem Aspekt darf im Einklang zur Situation bei § 6 Abs. 5 E des § 42 AO geschehen. Eine zeitraumgreifende Betrachtung des Tat­ bestandsmerkmals, wer im Zuge der Realteilung der „einzelne[…] Mitunternehmer ist“, ist nicht möglich. Zwar könnte die tatbestandliche Formulierung „im Zuge“ der Realteilung auf eine zeitliche Offenheit hinweisen. Schon die Sperrfrist in § 16 Abs. 3 Satz 3 ­EStG zeigt aber, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einem zeitpunktbezogenen Verständ­ nis ausgeht. Damit bleibt nur der Weg über § 42 AO. Dessen Einschlägig­ keit liegt bei der nur interimistischen Einbringung nahe.174 Dann müssen aber außersteuerliche Gründe für die Gestaltung beachtlich sein. Im Ur­ teilsfall kann die Exkulpation ausnahmsweise wegen der gewünschten Aufrechterhaltung der Haftungsbeschränkung geführt werden und dem wirtschaftlichen Interesse an der Fortführung geführt werden.175 Die Ein­ bringung war, auch wenn sie nur kurz Bestand hatte, nicht bedeutungs­ los. Ob der Gesamtplan deshalb insgesamt tot ist, ist eine andere Frage. Dies ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.

174 Vgl. Niehus/Wilke, FR 2012, 1093 (1096). 175 Gl. A.: Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997. Dagegen erkennen Niehus/Wilke, FR 2012, 1093 (1096) diesen Aspekt diskussionslos nicht als beachtlichen außer­ steuerlichen Grund an.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

4. Grunderwerbsteuer bei Übertragung auf eine Gesamthand Gem. § 5 Abs. 2 Gr­EStG wird, wenn ein Grundstück auf eine Gesamt­ hand übertragen wird, Grunderwerbsteuer nicht erhoben, soweit an der Gesamthand auch der Veräußerer beteiligt ist. Soweit der Gesamthänder über seine Gesamthandsbeteiligung weiterhin am Grundstück berech­ tigt bleibt, führt die Übertragung nur zivilrechtlich, nicht aber wirt­ schaftlich zu einer Veränderung, weshalb eine Besteuerung des Vorgangs eine unbillige Härte darstellen würde.176 Insoweit legt das Gesetz eine vom zivilrechtlichen Eigentumsübergang losgelöste, wirtschaftliche Be­ trachtungsweise an.177 Die Rechtsprechung sah sich mit einer Vielzahl von Umgehungsgestaltungen zur Nutzung dieser Privilegierung konfron­ tiert;178 im Zusammenhang mit dem Gesamtplan sind vor allem Abreden relevant, die den Gesellschafter verpflichten, seinen Gesamthandsanteil alsbald nach der Einbringung auf eine andere Person zu übertagen.179 Der BFH versagte in ständiger Rechtsprechung die Begünstigung, soweit der Einbringende „entsprechend einem bereits im Einbringungszeitpunkt bestehenden Plan im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen übertragen soll oder sich durch eine beabsichtigte Neuaufnahme von Gesellschaftern die vermögensmäßige Beteiligung des Gesellschafters verringern soll.“180 Zunächst begründete er dieses Ergebnis unter Anwendung des § 42 AO,181 später ausdrücklich über eine teleologische Reduktion des § 5 Gr­EStG.182 Seit dem Inkrafttreten des § 5 Abs. 3 Gr­EStG zum 1.1.2000 wird das Missbrauchspotential der Begünstigung durch eine objektivierte Behalte­ frist von fünf Jahren verhindert. Schädlich ist nicht mehr der Plan, im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang die wirtschaftliche Teilhabe am Grundstück aufzugeben, sondern ausschließlich die tat­ 176 Vgl. BFH v. 2.10.1972 – II R 62/68, ­BStBl. II 1975, 150. 177 Vgl. Viskorf in Boruttau, § 5 Gr­EStG, Rn. 3. 178 Allgemein zum Umgehungspotential des § 5 Gr­EStG Viskorf, DStR 1994, 6. 179 BFH v. 30.10.1996 – II R 72/94, B ­ StBl. II 1997, 87. Daneben existierten ähnliche Gestaltungen, in denen der Einbringende seinen Gesamthandsanteil nicht un­ mittelbar übertrug, sondern bereits zum Einbringungszeitpunkt durch Abreden in der wirtschaftlichen Teilhabe am Grundstück beschränkt wurde, vgl. BFH v. 16.1.1991 – II R 38/87, ­BStBl. II 1991, 374. 180 BFH v. 30.10.1996 – II R 72/94, B ­ StBl. II 1997, 87; zuvor bereits BFH v. 16.1.1991 – II R 38/87, ­BStBl. II 1991, 374; BFH v. 16.1.1991 – II R 44/87, BFH/NV 1992, 132; BFH v. 13.5.1992 – II R 123/89, BFH/NV 1993, 50. 181 Vgl. BFH v. 5.9.1972 – II R 152/71, ­BStBl. II 1973, 33. 182 Erstmalig in BFH v. 24.11.1982 – II R 38/78, ­BStBl. II 1983, 429; BFH v. 16.1.1991 – II R 38/87, ­BStBl. II 1991, 374; zustimmend Söffing, BB 2004, 2777 (2785).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

sächliche Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthandsge­ meinschaft innerhalb von fünf Jahren nach der Einbringung. Es bedarf auch keiner Steuerminderungsabsicht.183 Neben diesem objektiven Kri­ terium ist kein Raum mehr für die Anwendung der Gesamtplangrund­ sätze.184 Damit hat sich die langjährige Gesamtplanrechtsprechung in diesem Bereich erübrigt, wobei erwähnenswert ist, dass nach der Geset­ zesbegründung die Gesetzesänderung nicht wegen Kritik (etwa bzgl. der Rechtsstaatlichkeit) oder wegen Anwendungsproblemen des Gesamt­ plans erfolgte, sondern aufgrund des Wunschs nach einer noch weitrei­ chenderer Begrenzung des Steuervermeidungspotentials der Vorschrift.185 Die Zuordnung dieses Falls ist etwas problematisch. Eine Bezeichnung als Dreiecksgestaltung ist hier unter folgendem Gesichtspunkt gerecht­ fertigt: Im Ergebnis sollen Dritte wirtschaftlich am Grundstück berech­ tigt werden. Als Weg dorthin wird die interimistische Zwischenschal­ tung der den Überträger berechtigenden Gesamthand gewählt. Für den ersten Schritt (Übertragung auf die wirtschaftlich den Überträger berech­ tigenden Gesamthand) wird die Steuerfreiheit gem. § 5 Abs. 2 Gr­EStG genutzt; für den zweiten Schritt (Berechtigung der Dritten) der Umstand, dass ein Wechsel der Anteilsverhältnisse nicht steuerbar ist. Da die wirt­ schaftlich den Überträger berechtigende Gesamthand nur Intermediär ist, wird unmittelbar die Beziehung zwischen dem Überträger und der die neuen Gesellschafter berechtigenden Gesamthand herangezogen, so­ dass § 5 Abs. 2 Gr­EStG insofern nicht angewendet wird. Ob dies tatsäch­ lich noch im Rahmen einer teleologischen Reduktion innerhalb des Wortlauts des § 5 Abs. 2 Gr­EStG möglich sein kann, ist fraglich. M. E. ist es problematisch, bei zunächst tatsächlich bestehender Gesamthänder­ stellung und vermögensmäßiger Beteiligung die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 2 Gr­EStG einzuschränken. Das Vorgehen der Beteiligten stößt be­ reits in den verdeckten Lückenbereich der Norm, der unter den Voraus­ setzungen des § 42 AO geschlossen werden sollte. Dies sollte in den Fäl­ len der von Anfang an geplanten Intermediärfunktion der den Überträger berechtigenden Gesamthand ohne weiteres möglich sein.

183 Vgl. Viskorf in Boruttau16, § 5 Gr­EStG, Rn. 73. 184 Vgl. Viskorf in Boruttau16, § 5 Gr­EStG, Rn. 69b. 185 BT-Drucks. 14/265; so wurde der zeitliche Rahmen der Sperrfrist mit fünf Jahren im Vergleich zum zeitlichen Moment der Gesamtplanrechtsprechung von ca. 9 Monaten (in BFH v. 13.5.1992 – II R 123/89, BFH/NV 1993, 50) deutlich ausgewei­ tet.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

5. Fazit Differenziert die Besteuerung eines Umsatzaktes nach dem Verhältnis der an ihm Beteiligten, kann die künstliche Umleitung über Interme­ diäre als Umgehung des direkten Wegs negiert werden. Dazu dient der Gesamtplan, der in den vorliegenden Fällen mit seinen typischen Vo­ raussetzungen auftritt, auch wenn er bei Kettenschenkungen nur mittel­ bar bei der Bestimmung des Bereicherungsverhältnisses durchscheint. Bezüglich seiner Rechtsgrundlage herrscht keine Einigkeit: Bei der Ket­ tenschenkung wird aus der Norm selbst argumentiert, beim Buchwert­ transfer gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 ­EStG stellt das BMF auf § 42 AO ab, bei der Realteilung und § 5 Abs. 2 Gr­EStG wird der Gesamtplan an eine „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ angeknüpft.

IV. Zwischenschaltung Dritter in die steuerliche Tatbestands­ verwirklichung Als Anwendungsfall des Gesamtplans wird allgemein auch die Identifi­ zierung des richtigen Steuersubjekts bei der Zwischenschaltung Dritter in die steuerliche Tatbestandsverwirklichung angesehen.186 Auch außer­ halb des Steuerrechts wird die Einschaltung Dritter insbesondere zur Umgehung subjektiver Verbote seit jeher praktiziert.187 Es handelt sich um einen weiteren Kernbereich der Gesetzes- und Steuerumgehung.188 Diese Fälle sind mit Ausweich- und Korrekturgestaltungen strukturver­

186 Vgl. in der Literatur: Tanzer, DStJG 33, S. 189 (198 f.); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (117); Schmidtmann, FR 2015, 57 (61); Offerhaus, FR 2011, 878 (883); Förster, FS Korn, S. 3 (6, 11); Spindler DStR 2005, 1 (3); Söffing, BB 2004, 2777 (2779); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1140); dies., Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 50 ff.; Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (554); Jehke DStR 2012, 677 (680). 187 So formulierte bereits Proculus: „Quod quis suo nomine exercere prohibetur id nec per subiectam personam agere debet“, zitiert nach Honsell, FS Kaser, S. 111 (124); dort auch weitere Nachweise für die Behandlung zwischengeschalteter Per­ sonen im römischen Recht; Heinrich von Kleist überliefert literarisch einen (fikti­ ven, aber unterhaltsamen) Umgehungsfall dieser Art im Bereich der Hundesteuer: Subjektiv steuerbefreit waren u. a. Berufsjäger. Dies nahm ein hundeliebender Steuersünder zum Anlass, seine Jagdhunde bei fortbestehender faktischer Verfü­ gungsmacht zivilrechtlich an seinen Revierjäger zu übertragen, sodass er letztlich nur noch für den „Schoßhund“ seiner Frau einen Taler zahlte. Darauf konterte die Administration undogmatisch und erhöhte die Steuerlast für den einen Schoß­ hund drastisch. In: Berliner Abendblätter, 70tes Blatt, 20.12.1810. 188 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 56.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

wandt.189 Zunächst wird die Tatbestandsverwirklichung auf einen Drit­ ten ausgelagert. Der Tatbestand wird dadurch nicht vermieden, sondern bloß verlagert, wobei die Handlung beim Dritten ggf. keine oder günsti­ gere Besteuerungsfolgen auslöst. Das wirtschaftliche Ergebnis des Ge­ schäfts wird dagegen durch Abreden zwischen der zwischengeschalteten Person und dem Hintermann letzterem verschafft. Regelmäßig werden nicht natürliche Personen, sondern vom Hintermann beherrschte Kapi­ talgesellschaften eingeschaltet. Der Zuordnung der Tatbestandsverwirk­ lichung an den gesamtplanmäßig steuernden Hintermann liegt letztlich die Frage der subjektiven Zurechnung von Einkünften zugrunde190 bzw. im Zusammenhang mit der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaf­ ten die Problematik des „Durchgriffs“ durch die Gesellschaft auf die Ge­ sellschafter.191 Dabei soll die Erkenntnis der folgenden Ausführungen vorweggenommen werden, dass der Gesamtplan für diese Fragen entge­ gen dem ersten Eindruck nach dem Studium der Literaturstimmen kaum entscheidungsleitenden Einfluss besitzt. 1. Gewerblicher Grundstückshandel Unter den vielfältigen Möglichkeiten, durch Einkünfteverlagerungen steuerliche Vorteile zu erzielen, treten im Zusammenhang mit dem Ge­ samtplan vor allem Fälle des gewerblichen Grundstückshandels her­ vor.192 Aufgrund des steuerlichen Vorteils von Gewinnen im Bereich des Privatvermögens besteht ein Anreiz, Veräußerungsgewinne aus dem ge­ werblichen Bereich herauszuschleusen.193 Dies geschieht vor allem da­ durch, dass die Veräußerung einzelner Objekte von einem gewerblichen Händler auf Personen verlagert wird, die die Drei-Objekt-Grenze einhal­ ten und deshalb nicht gewerblich handeln (z. B. die eigenen Kinder).194 In einer zweiten Konstellation veräußern zunächst nicht gewerblich grund­ stückshandelnde Steuerpflichtige ein erst später zu teilendes Objekt uno actu und damit unter Einhaltung der Drei-Objekte-Grenze zu einem un­ üblich hohen Preis an beherrschte Kapitalgesellschaften oder nahe Ange­ 189 Lion z. B. führt beide Fallgruppen gemeinsam unter dem Stichwort „zwangsläufiger Mechanismus“, VJSchrStuFR 1927, 132 (165 f.). 190 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 461 ff., 519. 191 Vgl. dazu Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, S. 20 ff. 192 Vgl. dazu aus der Literatur zum Gesamtplan ausführlich Tanzer, DStJG 33, S. 189 (198 f.); auch Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (554); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (117); Offerhaus, FR 2011, 878 (883); Spindler DStR 2005, 1 (3). 193 Folge: Keine Gewerbesteuer, bei Veräußerung außerhalb der Behaltefristen ggf. Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen. 194 Vgl. zur Indizfunktion der Drei-Objekt-Grenze BFH v. 10.12.2001 – GrS 1/98, ­BStBl. II 2002, 291; m. w. N. Bode in Blümich, § 15 ­EStG, Rn. 174.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

hörige, die sodann die Teilung, gewerbliche Vermarktung und Veräuße­ rung übernehmen, aber aufgrund des hohen Erwerbspreises nur niedrige oder gar keine gewerblichen Einkünfte daraus erwirtschaften. Der haupt­ sächliche Vermögenszuwachs trägt sich so vordergründig in der privaten Sphäre zu. Eine Grundsatzentscheidung zu letzterer Konstellation fällte der BFH in seinem Urteil vom 17.6.1998.195 Der Steuerpflichtige erwarb 1985 ein be­ baubares Grundstück, das er zur darauf erfolgenden Parzellierung und Veräußerung an die von ihm beherrschte F-­GmbH übertrug. Die Übertra­ gung an die F-­GmbH isoliert war nicht gewerblich (ein Objekt), wohl aber die Vermarktung der Parzellen seitens der F-­GmbH. Bei dieser fielen aber nur geringe gewerbliche Einkünfte an, weil der Erwerbspreis über­ höht war und auf diese Weise der maßgebliche Gewinn beim privaten Veräußerungsgeschäft entstand. Der BFH rechnete die Vermarktung un­ mittelbar dem Steuerpflichtigen zu; aufgrund der „einvernehmliche[n] und gesamtplanmäßige[n]“ Auslagerung der Tatbestandsverwirklichung GmbH in habe letztlich der Hintermann der zwischengeschalteten F-­ „mittelbarer Tatherrschaft“ die Merkmale der Gewerblichkeit erfüllt. Begründet wurde die Zurechnung auch damit, dass der Steuerpflichtige sich selbst den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion gesichert habe, indem er den Verkaufspreis an die Zwischengesellschaft nicht an Ver­ kehrswerten orientiert, sondern zu hoch festgesetzt habe. Ob sich dies unmittelbar aus einer Zurechnung der Tatbestandsverwirklichung nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 15 ­EStG oder aus der Missbräuchlichkeit der Zwi­ schenschaltung unter den Voraussetzungen des § 42 AO ergibt, ließ der BFH offen. § 42 AO „bestätigt, jedenfalls aber ermöglicht den Durchgriff“. Einer jüngeren Entscheidung vom 17.3.2010196 liegt ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Die gewerbliche Vermarktung eines aufzuteilen­ den Objekts wurde gesamtplanmäßig auf eine G ­ mbH ausgegliedert. Im Unterschied zum vorstehenden Fall übernahm die G ­ mbH jedoch zusätz­ lich die Bebauung und Erschließung des Objekts. Aus diesem Grund nahm der BFH keine unangemessene Gestaltung gem. § 42 AO an; ein Durchgriff verbiete sich. Wegen der eigenen Wertschöpfung sei die ­GmbH nicht funktionslos und wegen des damit einhergehenden wirt­ schaftlichen Risikos aus haftungsrechtlichen Gründen auch sinnvoll. Grundsätzlich stehe es dem Steuerpflichtigen frei, in welcher Rechts­ 195 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, ­ BStBl. II 1998, 667 mit. Anm. Weber-Grellet, FR 1998, 955. 196 BFH v. 17.3.2010 – IV R 25/08, ­BStBl. II 2010, 622.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

form er seine Geschäftstätigkeit ausführe. Offen bleiben konnte, ob sich der IV. Senat den Ausführungen zum Gesamtplan in o. g. Entscheidung anschließt. Für die erstgenannte Fallkonstellation soll ein Urteil vom 15.3.2005197 aufgegriffen werden. Ein gewerblich grundstückshandelnder Steuerpflich­ tiger veräußerte ein Grundstück (zu einem niedrigen Verkaufspreis) an seine drei Söhne, die die Weiterveräußerung übernahmen und den (schon wegen des niedrigen Kaufpreises hohen) erwirtschafteten Gewinn in ihrer privaten Sphäre vereinnahmen sollten. Die Weiterveräußerungsgeschäfte waren allerdings nicht von den Söhnen, sondern bereits vollständig vom Vater angebahnt worden. Letztlich rechnete der BFH die Veräußerungsge­ winne der Söhne unmittelbar den gewerblichen Einkünften des Vaters zu. Trotz ausdrücklicher Kontinuität zu den im Urteil vom 17.6.1998198 nie­ dergelegten Grundsätzen verzichtet der BFH auf einen Rückgriff auf § 42 ­ StG sei AO. Unternehmer mit gewerblicher Tätigkeit im Sinne des § 15 E der „Urheber des Handels“, wer also „den marktmäßigen Umschlag“ organisiere. Das treffe hier auf den das Geschehen beherrschenden Vater zu, während die Veräußerung der Grundstücke an die Söhne nur eine un­ ­ StG sei. Den beachtliche Mittelverwendung gem. § 12 Nr. 1 und Nr. 2 E Begriff des Gesamtplans verwendet der BFH nicht, gleichwohl wird in der Argumentation ein Gesamtplan erkannt.199 2. Bedeutung des Gesamtplans für die Einkünftezurechnung Entgegen dem Anschein, den die ausdrückliche Erwähnung des Gesamt­ plans in diesen Urteilen und in der Literatur erweckt, kommt dem Ge­ samtplan für diese Fälle geringe Bedeutung zu. Wer in Zwischenschal­ tungsfällen Einkünfte erzielt, ist eine Frage der Einkünftezurechnung.200 Zur Illustration der Rolle des Gesamtplans müssen deren Grundsätze kurz dargestellt werden.201 Dabei ist zu differenzieren zwischen der Zwi­ 197 BFH v. 15.3.2005 – X R 39/03, ­BStBl. II 2005, 817; zuvor für eine Schenkung bereits das Grundsatzurteil 6.8.1998 – III R 227/94, BFH/NV 1999, 302 (dieses unter Rückgriff auf § 42 AO). 198 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, ­ BStBl. II 1998, 667 mit. Anm. Weber-Grellet, FR 1998, 955. 199 Vgl. Tanzer, DStJG 33, S. 189 (201); Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche „Ge­ samtplan“, S. 55 f. 200 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 461 ff. 201 Vgl. allgemein zur Zurechnung: Ruppe, DStJG 1, S. 7; Raupach, FS Beisse, S. 403; Schön, FS Offerhaus, S.385; Fischer, FS Raupach, S. 339; ders. in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 461 ff.; Musil in H/H/R, § 2 E ­ StG, Rn. 100 ff.; Wolff-Diepenbrock, FS Döllerer, S. 757; von Groll, StuW 1995, 326.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

schenschaltung natürlicher Personen und der Einschaltung einer Kapital­ gesellschaft. Muss zwischen mehreren handelnden Personen eine Zuordnung der er­ zielten Einkünfte erfolgen, sei es, weil diese einen steuerlichen Tatbe­ stand arbeitsteilig verwirklicht haben, sei es, weil Einkünfte zwischen ihnen verlagert wurden, kann nur daran angeknüpft werden, wer von ih­ nen den steuerlichen Tatbestand verwirklicht hat.202 Das ist, wie Ruppe herausgearbeitet hat, derjenige, der „über die Leistungserstellung disponieren kann, d. h. die Möglichkeit hat, Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu variieren, im Extremfall auch zu verweigern, indem er seine Tätigkeit einstellt, Kapital zurückzieht, Mietverhältnisse kündigt ­etc.“203 Maßgeblich ist die Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle, wobei die Voraussetzungen der Dispositionsbefugnis und deren Übertragbar­ keit von der Beschaffenheit des Handlungstatbestands der steuerlichen Norm abhängen.204 So können höchstpersönliche Leistungen naturge­ mäß nur eigenhändig erbracht werden, ohne dass die Möglichkeit einer Auslagerung besteht.205 Für gewerbliche Einkünfte dagegen kommt es darauf an, wer den Realtypus des Unternehmers erfüllt.206 Bei diesen hier in Rede stehenden Einkünften ist also eine Auslagerung der Tatbestands­ verwirklichung auf Dritte möglich, solange der Hintermann als Unter­ nehmer in diesem Sinne anzusehen ist.207 Es ist für unternehmerisches Handeln sogar geradezu typisch, Dritte für sich einzuspannen. Für den Typus unternehmerischer Betätigung wird darauf abgestellt, wer Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative trägt.208 Der Ansicht Schöns ist viel abzugewinnen, dass es allein auf ersteres ankommen muss.209 Unter etwas anderen Gesichtspunkten erfolgt die Zurechnung bei der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften. Es widerstreiten nicht mehrere Handelnde, sondern es geht um die Zuordnung der Handlung 202 Vgl. Raupach, FS Beisse, S. 403 (407). 203 Ruppe, DStJG 1, S. 7 (18). 204 Vgl. zum Handlungs- und Erfolgstatbestand steuerrechtlicher Tatbestände Waldhoff, FS Spindler, S. 853 (860). 205 Vgl. Ruppe, DStJG 1, S. 7 (28); Wolff-Diepenbrock, FS Döllerer, S. 757 (767); Raupach, FS Beisse, S. 403 (414): z. B. selbständige oder nichtselbständige Arbeit, aber auch höchstpersönlich auszuübende gewerbliche Tätigkeiten eines Fotomodells. 206 Vgl. Schön, FS Offerhaus, S. 385; Wolff-Diepenbrock, FS Döllerer, S. 757 (760 ff.). 207 Vgl. v. Groll, StuW 1995, 326, (331); Schön, FS Offerhaus, S. 385 (399 f.). 208 Wolff-Diepenbrock, FS Döllerer, S. 757 (760). 209 Schön, FS Offerhaus, S. 385 (399 f.); wohl auch Ruppe, DStJG 1, S. 7 (30), der zwar einerseits „persönliche Betätigung und Initiative“ für Unternehmertum als be­ stimmend ansieht, anderseits darin keinen ausschlaggebenden Zurechnungsfaktor sieht.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

des Geschäftsführergesellschafters zur eigenen oder zur – auch steuerlich anzuerkennenden – gesellschaftlichen Vermögenssphäre.210 Da es dem Steuerpflichtigen freisteht, seine Betätigung über eine Kapitalgesell­ schaft zu organisieren, kann es letztlich nur darauf ankommen, in wes­ sen Namen die Handlung erfolgt und welche der beiden getrennten Ver­ mögen sie betrifft. Streng genommen ist dies keine Frage der Zurechnung zwischen zwei handelnden Subjekten, vielmehr ist das Organhandeln in diesem Fall als eigenes Handeln der Gesellschaft zu betrachten. Veräu­ ßert ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft deren Grundstücke, ist mithin die Gesellschaft als Einkünfteerzieler zu werten. Diese Zu­ rechnung hängt auch nicht davon ab, wie die Grundstücke in das Vermö­ gen der Gesellschaft gelangt sind.211 In diesem Zusammenhang erkennt Tanzer, dass Durchgriffe durch eine Kapitalgesellschaft „schon an ihrer Wurzel fragwürdig“ seien.212 Nur ausnahmsweise könne sich nach Tanzer eine anderweitige Zurechnung in dem (vermeidbaren) Fall ergeben, dass, „die Körperschaft in Wahrheit gar keine Verfügungsmacht über die verkauften Liegenschaften erlangt hat, weil ihr ein vom Beherrscher vollkommen abgeschlossenes Vertragswerk lediglich formal und final überbunden worden ist.“213 Welche Fälle dies beschreibt, ist unklar. Je­ denfalls ist zunächst grundsätzlich die Zurechnung zur Gesellschaft an­ zuerkennen. Diese Ausführungen zeigen, dass dem Gesamtplan in keiner der beiden Konstellationen eine Bedeutung als eigenständiger Zurechnungsfaktor eingeräumt werden sollte. Das entspricht auch dem Gedanken, dass der Entstehungsgrund, die causa für eine Verlagerung einer Einkunftsquelle, für die Zurechnung selbst unberücksichtigt bleiben muss, weil er keine Aussage zur maßgeblichen Dispositionsmöglichkeit des Quelleninha­ bers trifft.214 Der Gesamtplan darf deshalb keine Verknüpfung zwischen Rechtsgrund und Verlagerung herstellen, die dogmatisch unberechtigt ist. Seine Aussage beschränkt sich vielmehr auf die Selbstverständlich­ keit, dass bei der Einschaltung Dritter eine Handlung für die Zurech­ nungsentscheidung nur dann einem Hintermann zugerechnet werden kann, wenn dieser die Handlung beherrscht bzw. verantwortet. Die Zu­ rechnung muss sich dagegen in jedem Einzelfall an qualitativen Ge­ sichtspunkten der Tatbestandsverwirklichung orientieren (z. B. wer das Unternehmerrisiko einer Handlung trägt). Wer die Rolle des Gesamt­ 210 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (199); vgl. auch Fischer, FS Raupach, S. 339 (349). 211 A.A. Fischer, FR 2001, 1 (5). 212 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (199). 213 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (199). 214 Vgl. Märkle, DStZ 1985, 471 (475).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

plans bzw. einer Steuerung im Sinne einer mittelbaren Täterschaft (in Anlehnung an das Strafrecht) für die Tatbestandsauslegung betont, über­ schätzt die Bedeutung dieses nur handlungsverknüpfenden Elements.215 Die bloße Zurechnung einer Handlung (für die eine „täterschaftliche“ Steuerung sicherlich unabdingbar ist) berührt nicht zwangsläufig auch die Dispositionsbefugnis über die aufgrund dieser Handlung erwirtschaf­ tete Einkunftsquelle. Damit kann ein Gesamtplan nie allein eine Zu­ rechnungsentscheidung begründen. Besonders augenfällig ist dies bei der Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft, die in der Regel anerken­ nenswert ist, obwohl sie fast immer aufgrund planerischer Überlegun­ gen eingeschaltet sein wird. So formuliert Tanzer, dass die mittelbare Tatherrschaft des 100 % Gesellschafters sogar „idealtypisch“ sei.216 Inso­ fern können aus der Planmäßigkeit der Zwischenschaltung bzw. der Be­ herrschung noch nicht einmal indizierende Anhaltspunkte für eine Zu­ rechnungsverschiebung gewonnen werden. Nur im Einzelfall muss die oben dargestellte Zurechnung korrigiert wer­ den, womit v. a. die Missbräuchlichkeit einer Zwischenschaltung gem. § 42 AO angesprochen ist.217 Weder handelt es sich dabei um Zurech­ nungserwägungen im engen Sinne noch kommen dadurch Elemente des Gesamtplans nachträglich ins Spiel, wie man aufgrund der Schnittfläche zwischen Gesamtplan und § 42 AO vorschnell annehmen könnte. Viel­ mehr wird z. B. bei der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften die Zurechnung um einen Substanzgedanken ergänzt, der ausnahmsweise einen Durchgriff durch die Vermögenssphären begründen kann,218 bzw. um Korrekturen aufgrund der Verletzung des „arms-length“ Prinzips im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern. Bei der Übertra­ gung von Einkunftsquellen auf Angehörige kann es ebenfalls zu einer neben der Zurechnung stehenden Nichtanerkennung wegen fehlender Fremdüblichkeit kommen. Dass der Gesamtplan im Ergebnis für die Zurechnung nicht entschei­ dungsleitend ist, lässt sich trotz seiner Erwähnung auch an den angeführ­ ten Entscheidungen illustrieren. Der Gesamtplan wird insbesondere im Urteil vom 17.6.1998 im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels

215 A.A. v. Groll, StuW 1995, 326, (331); wohl auch Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 133 f. 216 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (199). Eine einheitliche Planung ist bei nur einem den­ kenden Kopf gar nicht zu vermeiden. 217 Vgl. Söffing, BB 2004, 2777 (2779). 218 Wie z. B. bei Basisgesellschaften, vgl. Raupach, FS Beisse, S. 403 (423 f.).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

verwendet.219 Selbst in dieser Entscheidung sind statt der gesamtplanmä­ ßigen Verbundenheit andere objektive Umstände entscheidungsleitend: Erst die überhöhte Gestaltung des Kaufpreises „indiziere einen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Gesellschaft abgesprochenen Gesamtplan“; damit ist weniger die gesamtplanmäßige Zwischenschaltung selbst missbräuchlich, als die verdeckte Gewinnausschüttung in Form des Verkaufs zu fremdunüblichen Bedingungen. Ähnliches ergibt eine Aufstellung der anderen Fälle höchstrichterlicher Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel, in denen einen Durchgriff bejaht wur­ de. Dies erfolgt nämlich ebenfalls anhand objektiver Kriterien, wenn –– die Mittel vom Hintermann stammen (oder erst aus dem Weiterver­ kaufserlös bestritten werden220 –– ein fremdunüblich hoher Kaufpreis an den Steuerpflichtigen gezahlt wird, sodass die Zwischengesellschaft keinen Gewinn erwirtschaf­ tet221 –– ein Anteil an einer Grundstücksgesellschaft zu unüblichen Bedin­ gungen an den Ehegatten veräußert wird, wobei der erste Enderwer­ ber im Zeitpunkt der Übertragung bereits gefunden war.222 –– der Steuerpflichtige den Anschaffungs- und Weiterveräußerungspro­ zess beherrscht und den Erlös zeitnah selbst vereinnahmt.223 Diese Aspekte sind Ausdruck der subjektiven Verortung des unterneh­ merischen Risikos und der soeben ausgeführten Gesichtspunkte des Gestaltungsmissbrauchs jenseits der primären Zurechnung. Dies ver­ ­ deutlicht, dass die einheitliche Planung bzw. Steuerung bei nicht eigen­ händiger Tatbestandsverwirklichung zwar die Grundvoraussetzung einer Zurechnung ist, allein aber keine positive Entscheidung über die Zurech­ nung erlaubt. Angesichts der Aussagelosigkeit des Gesamtplans ist es m. E. nicht gerechtfertigt, diese Fälle überhaupt als Gesamtplanfälle zu bezeichnen.

219 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, ­ BStBl. II 1998, 667 mit. Anm. Weber-Grellet, FR 1998, 955. 220 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, ­BStBl. II 1998, 667; mit genauer Begründung dieses Aspekts v. a. BFH v. 18.3.2004 – III R 25/02, ­BStBl. II 2004, 787. 221 BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, ­BStBl. II 1992, 143. 222 BFH v. 6.5.1998 – IV B 108/97, DStRE 1998, 976. 223 BFH v. 15.3.2005 – X R 39/03, ­BStBl. II 2005, 817.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

V. Gesamtplanmäßige Zerlegung eines qualifizierten Vorgangs Demgegenüber stellen Zerlegungsfälle zu Recht einen Kernbereich der Gesamtplanrechtsprechung dar. Sie unterscheiden sich deutlich von den vorstehenden Konstellationen. Die Teilschritte zur Umsetzung des Ge­ samtplans werden nicht wieder korrigiert, sondern sind erforderliches Zwischenziel auf dem Weg zur Erreichung eines Endziels. Der Steuer­ pflichtige bleibt bildlich gesprochen auf dem geraden Weg zur Zielerrei­ chung, legt aber Zwischenstopps ein, die im Verhältnis zur Handlung uno actu zu steuerlichen Vorteilen führen. Tanzer spricht von „sich ergänzenden Zwischenschritten“.224 Die Teilschritte sind also nicht „self-cancelling“, sondern vielmehr additiv bzw. als „stepping-stones“ konstruiert.225 Die Funktionsweise solcher additiver Gestaltungen liegt in der zeitlichen und zugleich quantitativen Entzerrung eines Gesamt­ vorgangs. Knüpft eine Steuerfolge an ein qualifiziertes Tatbestandsmerk­ mal an, soll die Qualifizierungshürde durch das Filetieren des entspre­ chenden Sachverhaltselements unter- oder überschritten werden. Im Gegensatz zu den zuvor dargestellten Fallgruppen kann es bei diesem Gesamtplantopos zur Anwendung des Gesamtplans zugunsten des Steu­ erpflichtigen kommen: Möglicherweise werden, meist aus nicht-steuer­ lichen Gründen, mehrere Zwischenstopps eingelegt, obwohl eine ein­ heitliche Gestaltung und damit eine Gesamtbetrachtung des Vorgangs für den Steuerpflichtigen steuerlich günstiger gewesen wäre. 1. Umstrukturierung von Personengesellschaften Diese Gesamtpläne treten insbesondere im Bereich der Umstrukturie­ rung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften auf. Regelmä­ ßig sind Umstrukturierungen betrieblicher Sachgesamtheiten im Ver­ hältnis zu Maßnahmen, die nur auf einzelne Wirtschaftsgüter bezogen sind, begünstigt. Werden Umstrukturierungen in isolierten Teilschritten durchgeführt, die jeweils für sich betrachtet die jeweilige Qualifizie­ rungshürde über- oder unterschreiten, kann der Gesamtplan zu einer Zu­ sammenfassung der Teilschritte führen, mit der Folge, dass nur ihre Ge­ samtheit über die Begünstigung entscheidet. Den Umstrukturierungsfällen wird im Folgenden besondere Bedeutung beigemessen. Dies hängt zum einen mit der Historie zusammen, dass die Deklaration als ausdrückliche Gesamtplanrechtsprechung in diesem Be­ 224 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (192 f.). 225 Insofern ist es unverständlich, wenn sie dennoch als Ausweich- und Korrekturge­ schäft behandelt werden, Strahl, FS Herzig, S. 577 (583).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

reich ihren Ausgangspunkt hat.226 Zum anderen bezieht sich die intensi­ ve aktuelle Diskussion im Zusammenhang mit den um Einschränkung des Gesamtplans bemühten jüngsten Entscheidungen des BFH aus­ schließlich auf Umstrukturierungen. Einige Missverständnisse um den Gesamtplan finden in diesen uneinheitlichen Urteilen ihren Ursprung. a) §§ 16, 34 ­EStG Als „Klassiker“ lässt sich die Gesamtplananwendung bei Betriebsveräu­ ­ StG bezeichnen. Seit besagtem Initialurteil ßerungen gem. §§ 16, 34 E vom 6.9.2000227 wird für Verweise auf die Grundsätze der Gesamtplan­ rechtsprechung regelmäßig auf diesen Rechtsprechungsstrang Bezug ge­ nommen.228 In kaum einem Bereich kommt die Gesamtplanrechtspre­ chung derart einheitlich und kontinuierlich zur Anwendung.229 Der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines Betriebs, Teilbe­ triebs, gesamten Mitunternehmeranteils oder eines fiktiven Teilbetriebs ist steuerlich unter weiteren Voraussetzungen durch den Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 ­EStG und durch die Tarifermäßigung gem. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ­EStG gegenüber dem laufenden Gewinn privilegiert. Der Zweck der Privilegierung besteht nach allgemeiner Ansicht darin, die bei der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils eintretende zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkom­ mensteuertarif zu erfassen.230 Die Begünstigung setzt aus diesem Grund die Hebung der stillen Reserven aller wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang voraus.231 Wesentliche Betriebsgrundla­ gen sind gemessen an diesem Gesetzeszweck nach einer gemischten quantitativ-funktionalen Betrachtungsweise alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen), die er­ hebliche stille Reserven enthalten oder für den Betrieb wesentlich sind.232 226 Als „Geburtsurteil“ gilt BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II, 2001, 229, vgl. Strahl, FS Herzig, S. 577 (578). 227 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II, 2001, 229. 228 Sogar dann, wenn der Gesamtplan in einem anderen Kontext verwendet wird, vgl. z. B. BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07 und 24.03. 229 Vgl. zuletzt BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, DStR 2015, 407; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 m. w. N. 230 Vgl. BT-Drucks 14/6882, 34; BFH v. 1.2.1989 – VIII R 33/85, B ­ StBl. II 1989, 458 (460); Herlinghaus, FR 2014, 441 (442); Schallmoser in Blümich, § 16 ­ EStG, Rn. 665. 231 Vgl. Geissler in H/H/R, § 16 ­EStG, Rn. 125 ff. 232 Vgl. Schallmoser in Blümich, § 16 E ­ StG, Rn. 151; vgl. dagegen zum ausschließlich funktional ausgelegten Begriff bei §§ 20, 24 ­UmwStG sogleich Teil 2, § 1 V. 1. b).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Werden einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehalten, neh­ men diese nicht an der Gewinnrealisation der Veräußerung teil, vielmehr verbleiben dem Veräußerer stille Reserven, die erst in späteren Veranla­ gungszeiträumen aufgedeckt werden.233 Dass nur die vollständige Veräu­ ßerung aller wesentlicher Betriebsgrundlagen die Begünstigung auslösen soll, findet im Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 ­EStG über das Erfordernis der qualifizierten Sachgesamtheit (wenn auch ungenügend) Ausdruck.234 Der Gesamtplan wird dabei argumentativ in zwei Varianten eingesetzt: Zulasten des Steuerpflichtigen wird eine Veräußerung nicht als § 16 ­EStG unterfallend gewertet, wenn zwar formal z. B. der gesamte Betrieb veräußert wurde, im gesamtplanmäßigen Vorfeld aber wesentliche Be­ triebsgrundlagen buchwertneutral aus dem Betrieb in ein anderes Be­ triebsvermögen des Steuerpflichtigen ausgegliedert wurden und auf diese Weise bei zeitraumbezogener Betrachtung nicht alle stillen Reserven an der Veräußerung teilgenommen haben (Ausgliederung). Zugunsten des Steuerpflichtigen kann eine Veräußerung in mehreren Einzelschritten, die jeweils isoliert nicht unter § 16 ­EStG fallen, aufgrund einer gesamt­ ­ StG un­ planmäßigen Verbindung als insgesamt einheitliche und § 16 E terliegende Veräußerung gewertet werden. In der Gesamtschau werden alle stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt.

233 Vgl. dazu den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18.10.1999 – GrS 2/98, ­BStBl. II 2000, 123 m. w. N. 234 Der allgemeinen Auffassung zum Zweck der Tarifermäßigung des § 16 E ­ StG wi­ derspricht aus diesem Grund Hannes, DStR 1997, 685, in einem bemerkenswer­ ten Beitrag: Die geballte Aufdeckung stiller Reserven komme schon durch § 34 Abs. 1 ­EStG (außerordentliche Einkünfte) zum Ausdruck. Von allen außerordentli­ chen Einkünften seien aber gem. § 34 Abs. 2 E ­ StG nur gewisse Einkünfte, u. a. § 16 ­EStG-Einkünfte, begünstigt. § 16 ­EStG wirke damit im Rahmen des § 34 ­EStG als Begrenzung, während die notwendige geballte Realisierung sich bereits zwangsläufig aus der „Außerordentlichkeit“ des § 34 Abs. 1 ­EStG ergebe. Der ei­ genständige Zweck des § 16 ­EStG müsse demzufolge etwas anderes sein als die Ermäßigung der geballten Aufdeckung stiller Reserven. Diesen Zweck sieht Hannes im Erhalt der betrieblichen Einheit zur Gewährleistung der Unternehmens­ kontinuität. Dann müsse auch in § 16 ­EStG die Ausgliederung wesentlicher Be­ triebsgrundlagen unbeachtlich sein, wenn diese Betriebsgrundlagen dem Betrieb auf Basis eines obligatorischen Nutzungsrechts zur Verfügung gestellt würden und deshalb die Funktionsfähigkeit/Kontinuität nicht eingeschränkt werde. Dieser Gedanke wird ähnlich für den Betriebsbegriff in §§ 20, 24 ­UmwStG und § 6 Abs. 3 ­EStG gefasst, vgl. Teil 2, § 1 V. 1. b). Diesem Verständnis ist viel abzugewinnen; es würde zu einer nennenswerten Restriktion des Gesamtplanarguments auch für §§ 16, 34 ­EStG in Einklang zur Rechtsprechung bei Umwandlungen bedeuten; es widerspricht aber jahrzehntelanger höchstrichterlicher Rechtsprechung.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

aa) Exemplarische Entscheidungen zulasten des Steuerpflichtigen Bereits vor der Entwicklung der ausdrücklichen Gesamtplanrechtspre­ chung hat der BFH in einem Urteil vom 19.3.1991 die Schädlichkeit der Buchwertausgliederung von wesentlichen Betriebsgrundlagen im zeitli­ chen Vorfeld einer Betriebsveräußerung bejaht.235 Der Steuerpflichtige hatte 16 Tage vor der Veräußerung seines vollständigen Kommandit­ anteils an einer ­GmbH & Co. KG und noch am Tag der Veräußerung selbst jeweils zum Sonderbetriebsvermögen gehörende Grundstücke und Schulden gem. § 6 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 ­EStG zum Buchwert in eine eigens zu diesem Zweck neu gegründete beteiligungsidentische Kommanditge­ sellschaft übertragen. Bereits zuvor war anerkannt, dass bei einer gleich­ zeitig erfolgenden Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen in der Veräußerung nicht mehr alle Reserven des gesamten Mitunternehmeran­ teils aufgedeckt werden; nun nahm der BFH an, dass „Gleichzeitigkeit“ nicht bedeute, dass die Ausgliederung formal im Augenblick der Veräu­ ßerung stattfinde. Vielmehr genüge dazu ein „zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang“ zwischen Ausgliederung und Veräußerung.236 Im Urteil vom 6.9.2000 wurde dieser zeitliche und wirtschaftliche Zu­ sammenhang, innerhalb dessen Buchwertausgliederungen im Vorfeld schädlich sind, zum gesamtplanmäßigen Zusammenhang entwickelt: Diese zeitraumbezogene Betrachtung werde angestellt, wenn der „Ver­ äußerungsplan mehrere Teilakte erfasse“.237

Abbildung 2: Ausgliederung vor Veräußerung, BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99 235 BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, B ­ StBl. II 1991, 635 m. Anm. Tismer/Ossenkopp, FR 1992, 39. 236 BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, ­BStBl. II 1991, 635 (636). 237 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229 (230).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Im Urteilsfall waren im Zuge einer Umstrukturierung zunächst Grundstücke und Gebäude des Betriebsvermögens einer Mitunternehmerschaft zum Buchwert in eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft überführt worden.238 Innerhalb von acht Wochen veräußerte der Steuerpflichtige sodann seinen abgeschmolzenen Kommanditanteil an der Mitunternehmerschaft an eine neu gegründete Holding-Gesellschaft. Aufgrund des planmäßigen Entzugs stiller Reserven im Rahmen eines „Veräußerungsplans“ versagte der BFH die Tarifermäßigung. Seither wird die Gesamtplanargumentation im Zusammenhang mit §§ 16, 34 ­EStG konsequent in dieser Weise fortgesetzt.239 Jüngst hat der BFH folgerichtig entschieden, dass diese Grundsätze nicht nur gelten, wenn vor einer Veräußerung wesentliche Betriebsgrundlagen gem. § 6 Abs. 5 ­EStG ausgegliedert werden, sondern auch dann, wenn die Ausgliederung durch eine ebenfalls buchwertneutrale Übertragung gem. ­ StG erfolgt.240 Damit ist klargestellt, dass die Begünstigung § 6 Abs. 3 E des Veräußerungsgewinns gem. §§ 16, 34 ­EStG unter der Gesamtplan­ argumentation versagt wird, wenn der Maßnahme im Vorfeld stille Reserven entzogen werden, und zwar differenzierungslos gegenüber der Art der Ausgliederung.241 Ebenfalls jüngst entschieden wurde der Fall, dass nicht der um die Buchwertausgliederung abgeschmolzene Restmitunternehmeranteil veräußert wird, sondern der Mitunternehmeranteil an der die abgeschmolzenen Wirtschaftsgüter aufnehmenden Mitunternehmerschaft.242 Vgl. Abbildung 3 auf der S. 59. Die Gesamtplanrechtsprechung soll für diesen Fall gleichermaßen anwendbar sein. Es ist m. E. berechtigt, die Veräußerung des verbleibenden Mitunternehmeranteils und des neuen Mitunternehmeranteils gleich zu behandeln. In beiden Fällen wurden der Veräußerung bei zeitraumbezogener Betrachtung nicht alle stillen Reserven der historisch bestehenden funktionalen Einheit (Mitunternehmeranteil) unterworfen. 238 Im Streitjahr war eine solche Buchwertübertragung im Rahmen des Mitunternehmererlasses noch möglich, BMF v. 20.12.1977, ­BStBl. I 1978, 8, Tz. 57, 52; vgl. zur aktuellen Rechtslage auch Teil 2, § 1 III. 2. ­ StBl. II 2003, 194 (bei dem interessanterwei239 Vgl. BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, B se über zwei Vorgänge entschieden wird, bei denen der Gesamtplan einmal zugunsten und einmal zulasten des Klägers angewendet wird); BFH v. 20.1.2005 – IV R 14/03, ­BStBl. II 2005, 395; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376. 240 BFH v. 9.12.2014 – IV R 36/13, ­BStBl. II 2015, 529. 241 Unerheblich müssen natürlich solche Vorgänge bleiben, die zu einer Aufdeckung stiller Reserven führen. 242 BFH v. 18.12.2014 – IV R 57/11, DStR 2015, 407.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Abbildung 3: Veräußerung der aufnehmenden Gesellschaft, BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11

Abbildung 4: Ausgliederung begünstigter Einheiten, BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08

Lediglich in einer Konstellation werden die soeben skizzierten Grundsät­ ze des Gesamtplans im Zusammenhang mit der Begünstigung der §§ 16, 34 ­EStG einschränkend präzisiert, nämlich wenn ihrerseits unter §§ 16, 34 ­EStG selbständig begünstigungsfähige Einheiten ausgegliedert wer­ den.243 Vgl. vorstehende Abbildung 4: Im Urteilsfall gliederte der Steuerpflichti­ ge nicht Grundstücke, sondern die Anteile an einer Unterpersonengesell­ schaft zum Buchwert auf eine Schwesterpersonengesellschaft aus. Frag­ lich war erneut die Privilegierung des Veräußerungsgewinns der kurz 243 BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, ­ BStBl. II 2010, 726 m. Anm. Schumacher, DStR 2010, 1606 und BFH v. 28.5.2015 – IV R 26/12, ­BStBl. II 2015, 797 mit An­ merkung Fischer, jurisPR-SteuerR 36/2015 Anm. 3.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

darauf erfolgenden Veräußerung der Anteile an der Obergesellschaft nach §§ 16, 34 ­EStG. Der BFH gewährte die Tarifvergünstigung, obwohl im gesamtplanmäßigen Vorfeld wesentliche Betriebsgrundlagen ohne Auf­ deckung stiller Reserven ausgeschieden waren. Die Ausgliederung sei unschädlich, weil es sich bei den ausgegliederten Betriebsgrundlagen ih­ rerseits um eine begünstigte Vermögenseinheit handele. Werde ein Teil­ betrieb zurückbehalten, könne dies der Begünstigung der Veräußerung eines anderen Teilbetriebs nicht im Wege stehen. Gleiches müsse gelten, wenn ein begünstigter Mitunternehmeranteil ausgegliedert werde und darauf die Anteile an der Oberpersonengesellschaft veräußert würden. Die Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen, die ihrerseits be­ günstigte qualifizierte Sachgesamtheiten sind, ist damit trotz eines gesamtplanmäßigen Zusammenhangs zur Veräußerung unschädlich. Das Urteil widerspricht ausdrücklich nicht der ständigen Rechtsprechung zur Vorabausgliederung von Einzelwirtschaftsgütern und stellt damit nur eine präzisierende Einschränkung und keine Abkehr von der Ge­ samtplanrechtsprechung dar. Jüngst ist der BFH zu Recht dazu überge­ gangen, diese Grundsätze auch auf die Ausgliederung von ebenfalls unter ­ StG eigenständig begünstigungsfähigen fiktiven Teilbetrieben zu § 16 E erstrecken.244 Im Rahmen eines obiter dictum stellt der BFH dabei fest, dies gelte für alle ihrerseits unter § 16 ­EStG begünstigte Einheiten. Uner­ wähnt bleibt damit letztlich nur noch, ob der Rechtsgedanke dieser Prä­ zisierung auch bei vorweggenommenen Erbfolgen gem. § 6 Abs. 3 ­EStG oder bei Umwandlungen gem. §§ 20, 24 ­UmwStG anzuwenden ist. Dies wäre wegen des Gleichlaufs der Tatbestandsmerkmale hinsichtlich der begünstigten qualifizierten Sachgesamtheiten zwar grundsätzlich be­ rechtigt, erlangt aber aufgrund einer anderweitigen, Vorfeldmaßnahme insgesamt nicht berücksichtigenden Auslegung dieser Tatbestände keine Bedeutung.245 bb) Exemplarische Entscheidungen zugunsten des Steuerpflichtigen Neben diesen Fällen eines schädlichen Gesamtplans zulasten des Steuer­ pflichtigen sollen die folgenden zwei (widersprüchlichen) Entschei­ dungen die Gesamtplananwendung zugunsten des Steuerpflichtigen ­illustrieren: In einer Entscheidung vom 24.8.1989246 veräußerten drei Ge­ sellschafterinnen einer ­GmbH & Co. KG ihre Kommanditanteile samt 244 BFH v.28.5.2015 – IV R 26/12, ­BStBl. II 2015, 797 unter Abweichung von BFH v. 2.10.1997 – IV R 84/96, ­BStBl. II 1998, 104. 245 So auch Brandenberg, DB 2013, 17 (18). 246 BFH v. 24.8.1989 – IV R 67/86, ­BStBl. II 1990, 132.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Komplementär-­GmbH.247 Einige Grundstücke, die der Erwerber nicht mitübernehmen wollte, entnahmen die Gesellschafterinnen im Vorfeld in ihr Privatvermögen. Der BFH bezog den Entnahmegewinn, der im „Einvernehmen mit dem Erwerber“ und im „unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit der Veräußerung realisiert worden sei, in den begünstigten Veräußerungsgewinn mit ein. Der Fall sei vergleichbar mit der Konstellation, dass die Grundstücke zu höherem Kaufpreis mit­ veräußert würden, um sodann vom Veräußerer zurückerworben zu wer­ den. Auch dann nähmen die aufgedeckten stillen Reserven an der Privi­ legierung der §§ 16, 34 ­EStG teil. Auch sonst entspreche es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass der Wert von Leistungen, die zwar nicht als Gegenwert für die Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmer­ anteils erbracht werden, die der Veräußerer aber im unmittelbaren wirt­ schaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhalte, in den be­ günstigten Gewinn einbezogen werde.248 Auch wegen des Alters der Entscheidung wird noch nicht ausdrücklich auf einen gesamtplanmäßi­ gen Zusammenhang zwischen Entnahme und Veräußerung abgestellt. Die zweite Entscheidung ist ein Instanzurteil des FG Münster,249 gegen das ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig ist. Der Steuerpflichtige war alleiniger Kommanditist einer KG und zugleich alleiniger Anteils­ eigner einer ­GmbH, die im Sonderbetriebsvermögen der KG gehalten wurde. Der Steuerpflichtige beabsichtigte, sein gesamtes betriebliches Engagement an die N-AG zu veräußern. Da diese nur eine einheitliche Beteiligung erwerben wollte, veräußerte der Steuerpflichtige zunächst die ­GmbH-Anteile an die KG und am selben Tag seinen gesamten Kom­ manditanteil (inklusive der ­GmbH-Anteile) an die N-AG. Fraglich war, ob beide Veräußerungen insgesamt als einheitlicher Veräußerungsvor­ gang nach § 16 ­EStG zu bewerten waren. In diesem Fall wäre der Veräu­ ßerungsgewinn aus der ­GmbH-Anteilsveräußerung als Aufgabegewinn im Gegensatz zum laufendem Gewinn nicht gewerbesteuerpflichtig. Im Ergebnis lehnte das FG die Einbeziehung des Gewinns aus der ­GmbH-Anteilsveräußerung in § 16 Abs. 1 ­EStG ab. Der formal getrennte Vorgang könne unter Anwendung der Gesamtplangrundsätze nicht ein­ heitlich betrachtet werden. Zwar sei die Veräußerung der Anteile in 247 Bei einer Gesellschafterin blieb allerdings ein 3 % Kommanditanteil zurück. Dies stand §§ 16, 34 E ­ StG nicht entgegen, weil im Streitjahr die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils noch begünstigungsfähig war. 248 Vgl. auch BFH v. 26.1.1989 – IV R 86/87, ­BStBl. II 1989, 456 zum Erlass einer be­ trieblichen Verbindlichkeit gegenüber dem Erwerber. 249 FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

e­ inem vertraglichen Gesamtkonzept zur Veräußerung erfolgt. Die zwei­ aktige Veräußerung stelle sich aber – was für einen Gesamtplan er­ forderlich sei – nicht als künstliche Zergliederung dar, sondern habe die wirtschaftliche Funktion, den Gegenstand der Übertragung entsprechend dem ­Willen des Käufers zur Verfügung zu stellen. Die Veräußerung der ­GmbH-Anteile sei damit gewerbesteuerbarer laufender Gewinn. cc) Folgerungen für den Gesamtplan (1) Teleologische Auslegung als Rechtsgrundlage des Gesamtplans zugunsten und zulasten des Steuerpflichtigen Wie zu erwarten, tritt der Gesamtplan in diesen Fällen in Folge der gro­ ßen Kontinuität recht einheitlich hervor. Dies gilt vor allem für den Ge­ samtplan zulasten des Steuerpflichtigen. Gleichwohl treten in einzelnen Aspekten Widersprüchlichkeiten der Gesamtplananwendung auf. Als gesetzlicher Anknüpfungspunkt der Verklammerungsentscheidung wird nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten des Steuerpflichtigen auf eine teleologische Auslegung der §§ 16, 34 ­EStG abgestellt. Nur in einem Fall ist ein Rückgriff auf § 42 AO bekannt; der Senat hält an dieser Auffassung jedoch nicht mehr fest.250 Konkreter tatbestandlicher An­ knüpfungspunkt einer Vorfeldmaßnahmen berücksichtigenden Ausle­ gung ist die in § 16 E ­ StG hereingelesene Definition, was als Veräußerung der gesamten Sachgesamtheit in einem einheitlichen Vorgang zu verste­ hen ist. Bei differenzierter Betrachtung verbergen sich hinter dieser Vor­ gangsbeschreibung zwei zu trennende Teilfragen, die bisher weithin nicht differenziert wahrgenommen wurden:251 Zunächst stellt sich die Frage nach der Qualifikation des Übertragungsobjekts, also ob über­ haupt eine hinreichende und tatbestandsmäßige Sachgesamtheit über­ tragen wurde. Kommt es dazu nur auf die Umstände in der Sekunde der Übertragung an, oder sollte ein gesamtplanmäßiger Beurteilungszeit­ raum herangezogen werden? Entscheidet man sich wie der BFH für letz­ teres, wird die vollständige Sachgesamtheit nur dann veräußert, wenn auch über einen ausgreifenden Beurteilungszeitraum hinweg alle stillen 250 Beschl. des BFH v. 19.1.2011 – X B 43/10, BFH/NV 2011, 636 m. Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 14/2011 Anm. 1; allerdings verweist der BFH für diese Fun­ ­ dierung des Gesamtplans nur auf Entscheidungen, die nicht zu §§ 16, 34 E ­ StG er­ gangen sind. Kritisch auch Herlinghaus, FR 2014, 441 (446). Nun anders: BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, DStR 2015, 407. 251 Anders nur Herlinghaus, FR 2014, 441 (442), der ebenfalls zwischen Übertragungs­ umfang, Übertragungszeitpunkt und Übertragungsvorgang unterscheidet und Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (1999).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Reserven dieser betrieblichen Einheit von der Maßnahme betroffen sind. Werden stille Reserven im gesamtplanmäßigen Vorfeld ohne Aufdeckung entzogen, ist der Tatbestand der §§ 16, 34 ­EStG nicht erfüllt. Der Ge­ samtplan wirkt insofern zulasten des Steuerpflichtigen. Erst wenn ein derart beurteiltes, hinreichend qualifiziertes und damit tatbestandsmäßiges Übertragungsobjekt festgestellt ist, stellt sich die Folgefrage, ob die festgestellte Sachgesamtheit auch in einem einheitlichen Vorgang veräußert wurde. Auch hier stellt sich die Frage, ob der Veräußerungsvorgang in einem formalen Akt erfolgen muss, oder ob in einer zeitraumgreifenden Betrachtung auch mehraktige, aber in einem gesamtplanmäßigen Zusammenhang stehende Veräußerungsvorgänge von der Norm erfasst werden. Wird letzteres mit dem BFH bejaht, kommt es zur Anwendung des Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen. Im Fall von §§ 16, 34 ­EStG werden beide Teilfragen m. E. zu Recht zeit­ raumbezogen beantwortet. Dies verlangt der Gesetzeszweck, der Veräu­ ßerungen immer (aber auch nur dann) begünstigen will, wenn der Steuer­ pflichtige durch die angeballte Aufdeckung stiller Reserven besonders belastet ist. Dies kann nur durch eine zeitraumbezogene Auslegung so­ wohl des Übertragungsobjekts als auch des Übertragungsvorgangs erfol­ gen.252 Würde das Übertragungsobjekt formalistisch zeitpunktbezogen ausgelegt, könnte der Steuerpflichtige durch eine vollständige Filetie­ rung seiner betrieblichen Einheit die Begünstigung der §§ 16, 34 ­EStG für einen beliebigen Teil dieses Vermögens auslösen, obwohl ein solche par­ tielle Gewinnrealisierung gerade nicht mehr zu Anballungshärten führt. Erst die zeitraumbezogene Beurteilung sichert die Begrenzung der Be­ günstigung im Einklang mit dem Gesetzeszweck. Auf der anderen Seite ist es auch für die Bestimmung des Veräußerungsvorgangs richtig, dass dieser auch mehraktige Veräußerungen erfasst. Die Veräußerung großer Sachgesamtheiten innerhalb einer logischen Sekunde ist schon praktisch kaum möglich, insbesondere wenn für verschiedene Wirtschaftsgüter unterschiedliche Übertragungsvoraussetzungen gelten. Zudem wäre der Steuerpflichtige gezwungen, seine Wirtschaftsgüter unter Wert „zu verschleudern“.253 Das kann kaum Ziel der begünstigenden §§ 16, 34 E ­ StG sein. Da die Auslegung beider Aspekte sich aus dem gleichen Gesetzeszweck generiert, ist auch die einheitliche Konkretisierung beider Zeiträume 252 Vgl. zu der Frage, ob diese Auslegung der Norm zulässigerweise noch entnommen werden kann, unten Teil 2, § 1 III. 2. b). 253 Kanzler, FS Korn, S. 287 (295).

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mit einem identischen Gesamtplan m. E. berechtigt. Sowohl die Beurtei­ lung des Veräußerungsobjekts als auch die maximalen Ausmaße des Ver­ äußerungsvorgangs orientieren sich nämlich am Anballungsargument. Diese Auslegung ist allerdings nicht zwingend. Man könnte dem Ge­ samtplan zugunsten des Steuerpflichtigen auch deutlich engere Grenzen setzen, wenn man den Veräußerungsvorgang zwar zeitraumbezogen aus­ legt, diesen Zeitraum aber nur als Kulanz zulässt, um den Schwierigkei­ ten einer Veräußerung der Sachgesamtheit gerecht zu werden. Dann wür­ de das Anballungsargument nicht mehr zur Bestimmung des Zeitraums herangezogen werden. Vielmehr müsste man dem Steuerpflichtigen dann wohl zumuten dürfen, die Veräußerung höchstens innerhalb weniger Monate auch ohne größere Effizienzverluste administrativ zu bewälti­ gen. Durch diesen alternativen Auslegungsansatz soll verdeutlicht wer­ den, dass der Gesamtplan zugunsten und zulasten des Steuerpflichtigen an unterschiedliche Tatbestandselemente anknüpft und schon deshalb nicht zwangsläufig spiegelbildlich verlaufen muss, auch wenn dies für §§ 16, 34 ­EStG richtigerweise der Fall ist. Dies gewinnt für Umwandlun­ gen gem. §§ 20, 24 ­UmwStG und Betriebsübertragungen gem. § 6 Abs. 3 ­EStG mehr Bedeutung, weil dort beide Teilfragen verschieden ausgelegt werden.254 Jedenfalls bedarf es für die zeitraumbezogene Auslegung zulasten des Steuerpflichtigen nach Ansicht der Rechtsprechung nicht des § 42 AO. Zwar bleibt § 42 AO zweifellos daneben für missbräuchliche Gestaltun­ gen anwendbar. Wenn aber Vorfeldausgliederungen schon aufgrund der zeitraumbezogenen Betrachtung verklammert werden und der Tatbe­ stand von § 16 ­EStG nicht anwendbar ist, läuft § 42 AO diesbezüglich leer.255 (2) Merkmale Widersprüche existieren vor allem bei der konkreten Beschaffenheit des Gesamtplans. Davon nicht betroffen ist das Kernelement der einheitli­ chen Planung, das grundsätzlich verlangt wird. Es ist allerdings festzu­ halten, das am Anfang der Entwicklung (vor dem Geburtsurteil) nicht ein einheitlicher Plan, sondern nur ein „zeitliche[r] und wirtschaftliche[r] Zusammenhang“ zwischen Ausgliederung und Veräußerung256 bzw. ein „unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang“ zwischen zwei Ver­

254 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. b) bb) (1). 255 Vgl. Herlinghaus, FR 2014, 441 (446). 256 BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, ­BStBl. II 1991, 635.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

äußerungsvorgängen verlangt wurde.257 Der praktische Unterschied ist jedoch gering, wird sich doch auch der wirtschaftliche Zusammenhang regelmäßig aus den Umständen, insbesondere dem einheitlichen Willens­ entschluss des Steuerpflichtigen ergeben. Die ursprüngliche Betonung des sachlichen Zusammenhangs statt der einheitlichen Planung ist in Vorgriff auf das unten vertretene Verständnis der Funktion des sachli­ chen Zusammenhangs sogar vorzugswürdig.258 Für das zeitliche Moment scheint sich der BFH mit zuletzt 18 Monaten259 bzw. zwei Jahren260 an der Rechtsprechung zur Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 ­ EStG zu orientieren.261 Argument für eine Definition des Zeitraums muss sein, innerhalb welcher Dauer man noch von einer privilegierungswürdigen „zusammengeballten“ Aufdeckung sprechen kann. Dies bei einer Verteilung über mehr als zwei Veranlagungszeiträu­ me noch anzunehmen, ist m. E. zweifelhaft, weil Progressionshärten dann bereits deutlich abgeschwächt sind.262 Eine teilweise angestellte Herleitung über den 25monatigen Zeitraum aus einem Urteil zur unent­ geltlichen Betriebsübertragung263 sollte aufgrund der verschiedenen Normzwecke nicht geführt werden. Teilweise wird zudem bei besonde­ ren Gründen für eine gestreckte Übertragung die Berücksichtigung eines längeren Zeitraums zugelassen.264 Weshalb die Motivation des Steuer­ pflichtigen Einfluss auf die zeitlichen Grenzen des objektiven Anbal­ lungseffekts haben sollen, ist unklar. Jedenfalls geht der BFH erkennbar nicht den oben angedachten Weg, die Zeiträume zulasten und zugunsten des Steuerpflichtigen deutlich zu unterscheiden. Die Beherrschung der Teilschritte, die bei Ausweich- und Korrekturge­ schäften regelmäßig der entscheidende Faktor ist, tritt in den besproche­ nen Fällen nicht deutlich hervor, ist aber ohnehin meist gegeben, weil der Inhaber der betrieblichen Sachgesamtheit das Geschehen beherrscht, ohne dass es auf das „Mitspielen“ einer zweiten Person ankommt. Sie ist dennoch klarer Bestandteil der Argumentation. So argumentierte der Steuerpflichtige im Ausgangsfall, er habe die Buchwertausgliederung vor der Veräußerung nicht steuern können, da er als Minderheitsgesellschaf­ 257 BFH v. 24.8.1989 – IV R 67/86, ­BStBl. II 1990, 132. 258 Vgl. Teil 3, § 3 II. 1. b) aa). 259 BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376. 260 BFH Beschl. v. 22.11.2013 – III B 35/12, BFH/NV 2014, 531. 261 Vgl. Herlinghaus, FR 2014, 441 (444). 262 Vgl. auch Wacker in Schmidt, § 16 ­EStG, Rn. 121, Herlinghaus, FR 2014, 441 (443); ausführlich auch Strahl, KÖSDI 2003, 13921. 263 BFH v. 12.4.1989 – I R 105/85, ­BStBl. II 1989, 653. 264 BFH Beschl. v. 22.11.2013 – III B 35/12, BFH/NV 2014, 531.

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ter den Mehrheitsbeschluss nicht habe beeinflussen können.265 Der BFH deutete an, das Argument der fehlenden Beherrschung der Teilschritte gelten zu lassen, konnte die Entscheidung aber auch hier offen lassen, weil der Steuerpflichtige zwar Minderheitsgesellschafter war, mangels Interessengegensätzen zu den übrigen Gesellschaftern das Geschehen aber sehr wohl steuern konnte. In späteren Entscheidungen wird die Be­ herrschung des Gesamtplans teilweise ausdrücklich geprüft.266 Als neuralgischer Punkt stellt sich die Frage nach der exkulpierenden Wirkung außersteuerlicher Gründe bzw. das Erfordernis der völligen Funktionslosigkeit der Teilschritte dar. Zulasten des Steuerpflichtigen wird dies als Merkmal nicht thematisiert. Dabei sind für den Zurückbe­ halt einzelner Wirtschaftsgüter in den Einzelfällen meist beachtliche wirtschaftliche Gründe identifizierbar, die einen Gesamtplan mit dieser Voraussetzung eigentlich ausschließen müssten. Die wirtschaftlichen Motive für einen Zurückbehalt sind sogar vielfältig. Häufig bezweckt der Steuerpflichtige, Teile des Betriebsvermögens (z. B. Betriebsgrundstücke) zur eigenen Altersvorsorge zurückzubehalten; oft hat ein Erwerber auch kein Interesse an der Übernahme bestimmter Wirtschaftsgüter. Zwar sind dies nur Gründe für einen Zurückbehalt, nicht aber dafür, diesen zwingend über eine buchwertneutrale Ausgliederung in ein anderes Be­ triebsvermögen zu strukturieren. Es ließe sich aber ohne weiteres argu­ mentieren, dass nur die Ausgliederung aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Dies könnte immer dann der Fall sein, wenn ein Wirt­ schaftsgut durch Nutzung in einem spezifischen anderen Betriebsvermö­ gen des Steuerpflichtigen eine bessere Rendite erzielen würde als im Pri­ vatvermögen oder durch Veräußerung. Dennoch legt der BFH in diesen Fällen einen objektiven Maßstab an und beachtet eine exkulpierende Motivationslage des Steuerpflichtigen nicht. M. E. ist das berechtigt. Weshalb das objektive Merkmal „Veräußerung einer Sachgesamtheit“ davon abhängig sein soll, welche Zwecke der Steuerpflichtige bei der He­ rauslösung einzelner Wirtschaftsgüter aus dieser Sachgesamtheit ver­ folgt hat, erschließt sich nicht und findet keinen Rückhalt im Tatbe­ stand. Auch die Gesetzesintention – die Begünstigung der Aufdeckung aller stillen Reserven einer Sachgesamtheit – ist grundsätzlich unabhän­ gig von wirtschaftlichen Gründen der Beteiligten.267 Insoweit muss be­ rücksichtigt werden, dass der BFH den Gesamtplan nicht auf § 42 AO stützt. 265 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229 (231). 266 So z. B. BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376. 267 Vgl. dazu im Einzelnen Teil 3, § 3 II. 3.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Umso problematischer ist, dass beim Gesamtplan zugunsten des Steuer­ pflichtigen dem Merkmal in einem der vorgestellten Urteile Bedeutung zugemessen wird: Im Fall des FG Münster268 werden alle Merkmale des Gesamtplans, unter anderem die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte, zunächst obersatzartig aufgeführt, woraufhin die schulmäßige Subsum­ tion letztlich daran scheitert, dass der Gestaltung eine wirtschaftliche Funktion zugrunde lag, nämlich die Bereitstellung des Verkaufsgegen­ standes im vom Erwerber gewünschten Zuschnitt. Im oben angeführten, in der Sache vergleichbaren Entnahmefall des BFH (aufgrund seines Al­ ters ohne Gesamtplan) kommt es dagegen auf die Funktionslosigkeit der Teilschritte nicht an.269 Im Gegenteil erfolgte die Entnahme gerade aus dem wirtschaftlichen Grund, dass der Erwerber die entnommenen Wirt­ schaftsgüter nicht miterwerben wollte; dies stand der einheitlichen Be­ trachtung nicht im Wege. Damit werden vergleichbare Sachverhalte er­ kennbar unterschiedlich gewürdigt, je nachdem, ob das Gericht a priori von den Tatbestandsmerkmalen eines Gesamtplans aus subsummiert, oder aber vom Telos der §§ 16, 34 ­EStG ausgeht.270 Im Vorgriff auf die abstrakten Ausführungen zu den einzelnen Merkma­ len des Gesamtplans müssen hier m. E. erst Recht zugunsten des Steuer­ pflichtigen wirtschaftliche Gründe für eine Verklammerung unbeacht­ lich sein. Was nach objektiver teleologischer Auslegung als einheitliche Veräußerung betrachtet werden kann, hängt nicht von der Motivations­ lage des Steuerpflichtigen ab. Es sollte synchron zur Anwendung des § 16 ­EStG zulasten des Steuerpflichtigen verfahren werden. Der BFH täte gut daran, dass Urteil des FG aufzuheben. Verlangte man tatsächlich konsequent die Funktionslosigkeit der Teilschritte, würde dies bei der Anwendung innerhalb der §§ 16, 34 E ­ StG gerade zugunsten des ­Steuerpflichtigen zu Fehlern führen.271 Es ist geradezu widersinnig, dem Steuerpflichtigen die positive Folge der §§ 16, 34 ­EStG zu gewähren, ­gerade weil er eine besonders bedeutungslose und artifizielle Konstruk­ tion gewählt hat. Insofern ist bereits erkenntlich, dass die Verwen­ dung des Gesamtplanarguments eine Loslösung vom Tatbestand der 268 FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388. 269 BFH v. 24.8.1989 – IV R 67/86, ­BStBl. II 1990, 132. 270 Scheinbar realisiert sich damit auch die bereits von Wolfsteiner für Verkehrsge­ schäfte befürchtete Gefahr, dass der Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichtigen nicht oder zu restriktiv geprüft wird, in: ZNotP 2007, 89. 271 Das Merkmal ist erkennbar § 42 AO bzw. dem Gesamtplan bei Ausweich- und Korrekturgeschäften entlehnt. Im konkreten Fall beruht dies auf einem Verweis ­ StBl. II auf das unten besprochene Urteil des X. Senats v. 9.11.2011 – X R 60/09, B 2012, 638; dort wurde § 42 AO infolge einer fehlerhaften Vermengung verschiede­ ner Gesamtplantopoi in die Argumentation eingeführt.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

§§ 16, 34 E ­ StG besorgt und zugleich der Gesamtplan nicht mit allen sei­ nen Merkmalen angewendet wird. (3) Einschränkung der Anwendbarkeit des Gesamtplans aus dem Normzweck Dass die Argumentation sich nah am Sinn und Zweck des § 16 E ­ StG bewegen muss, zeigt besonders die Präzisierung der Gesamtplanrecht­ sprechung im Urteil vom 25.2.2010272 und jüngst vom 28.5.2015273, wonach die Ausgliederung von ihrerseits begünstigten Einheiten un­ ­ schädlich ist. Eine losgelöste Subsumtion unter die aufgestellten Ge­ samtplanmerkmale verstellt leicht den Blick darauf, dass die Ausgliede­ rung begünstigter Teileinheiten ebenfalls § 16 E ­ StG unterfällt, unabhängig davon, welche Wirtschaftsgüter zurückbleiben und ob es sich um we­ sentliche Betriebsgrundlagen handelt oder nicht. Aus diesem Grund ist m. E. die Einschränkung der Gesamtplanrechtsprechung auch auf den Fall auszudehnen, dass eine 100 % Beteiligung an einer Kapitalge­ sellschaft vorab ausgegliedert wird, da diese als fiktiver Teilbetrieb gem. § 16 ­EStG ebenfalls eigenständig privilegierungsfähig ist.274 Für derartige Teilschritte ist die Gesamtplanargumentation gar nicht eröffnet. dd) Fazit zu §§ 16, 34 ­EStG Sowohl die Beurteilung des Veräußerungsgegenstands als auch die Fest­ stellung eines tatbestandsmäßigen Veräußerungsvorgangs werden aus dem Normzweck der §§ 16, 34 ­EStG heraus zeitraumbezogen ausgelegt. Eine derartige zeitraumbezogene Interpretation ergibt sich aus den Merk­ malen, ob tatsächlich die gesamte Sachgesamtheit veräußert wurde (zu­ lasten) und ob diese Veräußerung in einem einheitlichen Vorgang erfolgt ist (zugunsten). Der Zeitraum wird vom BFH durch einen Gesamtplan konkretisiert. Im Vordergrund steht die sachliche Verbindung der ein­ zelnen Maßnahmen, die durch eine einheitliche Planung gegeben ist. Durch weitere Merkmale wie die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte sollte die Gesamtplananwendung nicht beschwert werden. Sie finden keinen Rückhalt im Tatbestand des § 16 ­EStG. Während dies zulasten

272 BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, ­ BStBl. II 2010, 726 m. Anm. Schumacher, DStR 2010, 1606. 273 BFH v. 28.5.2015 – IV R 26/12, B ­ StBl. II 2015, 797 mit Anm. Fischer, jurisPR-­ SteuerR 36/2015 Anm. 3. 274 Vgl. zur Begünstigungsfähigkeit des fiktiven Teilbetriebs: Schallmoser in Blümich, § 16 ­EStG, Rn. 211ff.; für eine Ausweitung der Präzisierung des Urteilsfalles auf 100 % Kapitalbeteiligungen; Wendt, FR 2010, 704.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

des Steuerpflichtigen praktiziert wird, scheint dieses caveat beim Ge­ samtplan zugunsten des Steuerpflichtigen erforderlich zu sein. Die Vorrangigkeit des Normtelos vor der losgelösten Verwendung eines abstrakten Gesamtplans zeigt sich auch an der notwendigen Einschrän­ kung bei der Ausgliederung seinerseits begünstigter Teileinheiten. Zuletzt ist hinzuzufügen, dass die jüngst beobachteten Einschränkungs­ tendenzen des Gesamtplans mit Ausnahme der vorstehenden Präzisie­ rung auf die Fälle der §§ 16, 34 ­EStG keine Auswirkung haben. Vielmehr wird auch in der dem Gesamtplanargument grundsätzlich kritisch ge­ genüberstehenden Literatur eine zeitraumbezogene Betrachtungsweise der §§ 16, 34 ­EStG befürwortet.275 b) §§ 20, 24 ­UmwStG In vergleichbarer Weise fand die Gesamtplanrechtsprechung auch für die Einbringungstatbestände §§ 20, 24 ­ UmwStG Anwendung.276 Dies er­ scheint aufgrund der Ähnlichkeit der Tatbestände zunächst naheliegend: Wie §§ 16, 34 ­EStG enthalten §§ 20, 24 ­UmwStG eine Begünstigung für Maßnahmen, die betriebliche Sachgesamtheiten betreffen: Trotz des Subjektwechsels durch den Einbringungsvorgang können auf Antrag die Buchwerte des Einbringenden fortgesetzt werden (anstatt des andernfalls erfolgenden Teilwertansatzes einer Entnahme).277 Die Definition der qua­ lifizierten Sachgesamtheit als Einbringungsgegenstand ist fast identisch ­ StG: Unter Ansatz des Buchwerts erfolgen kann die Ein­ mit §§ 16, 34 E bringung eines Betriebs, Teilbetriebs und Mitunternehmeranteils.278 Zur Übertragung einer solchen betrieblichen Sachgesamtheit ist nach ganz h. M. die zivilrechtliche Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundla­ gen erforderlich.279 275 Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris; Herlinghaus, FR 2014, 441 (445 ff.); Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (2002). 276 BFH Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939; BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, 24.03. 277 Vgl. Schmitt in S/H/S, § 20 ­UmwStG, Rn. 262. 278 Nicht ausdrücklich erwähnt ist eine dem § 16 Abs. 1 E ­ StG vergleichbare Betriebs­ fiktion bei 100 % Kapitalbeteiligungen. Es ist unklar, ob diese auch Einbringungs­ gegenstand von § 20 ­UmwStG sein können. Vgl. Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 32b; gegen eine Erfassung des fiktiven Teilbetriebs ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/2710, 42; vielmehr liegt ein Anteils­ tausch gem. § 21 ­UmwStG vor. 279 Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 25 m.w.N; a. A. Blumers, DB 1995, 496; ders., DB 2001, 722; ders., DB 2013, 1625; Kutt/Pitzal, DStR 2009, 1243; wohl auch Behrens/Schmitt, FR 2002, 449 (554).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Zu berücksichtigen ist aber, dass sich der Regelungszweck der Einbrin­ gungstatbestände von dem der gem. §§ 16, 34 E ­ StG gewährten Begünsti­ gung unterscheidet. Letztere gewährt eine ermäßigte Besteuerung als Ausgleich für den Progressionsnachteil der geballten Aufdeckung aller stillen Reserven.280 Dagegen reichen §§ 20, 24 U ­ mwStG weiter, indem sie betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen vereinfachen sollen, um so die Unternehmenskontinuität sicherzustellen.281 Die Be­ steuerung wird letztlich nur aufgeschoben. Treffend formuliert Herlinghaus, der Fiskus verzichte auf „die Schlachtung der Kuh, die er später noch über möglichst viele Jahre melken will“.282 Dieser andersartige Zweck findet u. a. Niederschlag in der Auslegung, was unter wesentli­ chen Betriebsgrundlagen zu verstehen ist. Im Rahmen der §§ 20, 24 ­UmwStG sind wesentliche Betriebsgrundlagen im Gegensatz zu §§ 16, 34 ­EStG rein funktional zu bestimmen; wesentliche Betriebsgrundlagen sind nur solche, die der Art des Betriebs und ihrer Funktion im Betrieb nach wesentlich sind. Es kommt mithin nicht auf die quantitative Be­ trachtung in Form erheblicher stiller Reserven an.283 Das Abstellen auf ­ StG ist den §§ 20, 24 U ­ mwStG erkenn­ stille Reserven wie bei §§ 16, 34 E bar fremd.284 Zu unterscheiden sind wie bei §§ 16, 34 ­EStG zwei Sachverhaltskonstel­ lationen: Zugunsten des Steuerpflichtigen fragt sich, ob auch mehraktige Vorgänge insgesamt noch als tatbestandsmäßiger Einbringungsvorgang zusammengezogen werden können. Zulasten des Steuerpflichtigen fragt sich, ob für die Beurteilung des ausreichenden Einbringungsobjekts auf einen Zeitpunkt oder Zeitraum abgestellt wird. Das auch bei §§ 20, 24 ­UmwStG bestehende Interesse am Zurückbehalt einzelner Wirtschafts­ 280 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. a); bemerkenswert ist auch die bereits oben vorgestellte Ge­ genansicht von Hannes, der den alleinigen Zweck von § 16 E ­ StG in der Unterneh­ mensfortführung sieht, DStR 1997, 685, vgl. Fn. 234. 281 Vgl. Schmitt in S/H/S, § 20 ­ UmwStG, Rn. 14; Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 26; Menner in H/M, § 20 ­UmwStG, Rn. 135. 282 Herlinghaus, FR 2014, 441 (450 f.). 283 Vgl. Schmitt in S/H/S, § 20 U ­ mwStG, Rn. 24; Menner in H/M, § 20 U ­ mwStG, Rn. 133; Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 26. 284 Einen treffenden Beweis dafür liefern Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (555): §§ 16, 34 ­EStG begünstigen seit 2002 nicht mehr die Veräußerung eines Teils eines Mit­ unternehmeranteils aus genau dem Grund, dass dann nicht alle stille Reserven der Beteiligung aufgedeckt werden. Den §§ 20, 24 ­UmwStG unterfällt auch weiterhin die Einbringung eines Teils eines Mitunternehmeranteils; nur für die Begünsti­ ­ StG folgt § 20 Abs. 5 Satz 3 gung des Einbringungsgewinns nach §§ 16, 34 E ­UmwStG der Beschränkung. Der besagte Grund für den Ausschluss der Begünsti­ gung eines Teils eines Mitunternehmeranteils zieht also auch laut Gesetzgeber nicht bei Einbringungen.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

güter285 motiviert zur Abschmelzung des Einbringungsgegenstands im Vorfeld, um auf diese Weise doch die Buchwertfortführung nutzen zu können. Fraglich ist, ob derartige Vorfeldabschmelzungen durch Entnah­ men, Veräußerungen oder Buchwertausgliederungen zu einer Versagung der Buchwertfortführung führen, wie auch eine Ausgliederung im Vor­ feld einer Betriebsveräußerung eine Versagung der Tarifermäßigung zur Folge hat. Nachdem Finanzverwaltung286 und BFH287 dies bisher annah­ men, hat der BFH zuletzt eine Kehrtwende eingeleitet.288 In diesem Zu­ sammenhang ist eine rege Diskussion entstanden, ob der BFH im Bereich der Einbringungen vollständig vom Gesamtplan abgekehrt ist. Dies wird vor allem, aber nicht nur von Beraterstimmen angenommen.289 Andere Autoren290, darunter auch Mitglieder der entscheidenden Senate291, geben sich zurückhaltender. aa) Exemplarische Entscheidungen Zur besagten Konstellation eines Gesamtplans zugunsten des Steuer­ pflichtigen im Falle einer zeitlich gestreckten Einbringung existiert kei­ ne Rechtsprechung. Für Fälle zulasten des Steuerpflichtigen sind im Wesentlichen drei Entscheidungen zum Gesamtplan beachtenswert: ­ Ausgangspunkt ist ein Beschluss des IV. Senats vom 13.4.2007, mit dem ­ mwStG ge­ die Prüfung des Gesamtplans erst Einzug in die §§ 20, 24 U 285 Für dieses Vorgehen können vielfältige auch außersteuerliche Motivationen beste­ hen. Z. B. kann auf diese Weise verhindert werden, dass ein Wirtschaftsgut in die Haftungsmasse des übernehmenden Rechtsträgers fällt; auch können bei Beteili­ gung von Grundstücken die Beurkundungskosten reduziert werden; Hauptgrund ist regelmäßig eine Einsparung von Grunderwerbsteuer: Die Übertragung auf die übernehmende Kapitalgesellschaft löst Grunderwerbsteuer aus (vorbehaltlich des § 6a Gr­EStG); die Ausgliederung durch Buchwertübertragungen genießt dagegen die Steuerbefreiung des § 5 Gr­EStG; vgl. auch Benz/Rosenberg, Beilage zu DB 1 2012, 38 (40). 286 BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, 24.03. 287 BFH Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939. 288 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, B ­ StBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638, m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 289 Insbesondere im Zusammenhang mit dem unten besprochenen Urteil BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200: Brandenberg, DB 2013, 17; Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris; Rogall/Dreßler, Ubg 2013, 73; Bohn/Pelters, DStR 2013, 281. 290 Vgl. Weber-Grellet, NWB 2012, 2072; Mitschke, FR 2013, 314; Dornheim, DStZ 2014, 44 (52). Schmidtmann, FR 2015, 57 (64) geht soweit, die Urteile als Bestäti­ gung der Grundsätze des Gesamtplans zu sehen. 291 Vgl. Nöcker, DStR 2013, 1530; Manz, jurisPR-SteuerR 19/2012 Anm. 6; auch Isler, HFR 2012, 538 (zu der Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter beim X. Senat).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

funden hat.292 In diesem bestätigte der BFH unter Verweis auf ein zu §§ 16, 34 ­EStG ergangenes Urteil293 die Ansicht des FG, dass die Buch­ wertfortführung zu versagen sei, wenn im zeitlichen und wirtschaftli­ chen Zusammenhang zur Einbringung Grundstücke (wesentliche Be­ triebsgrundlagen) in ein anderes Betriebsvermögen übertragen werden.294 Aus diesem Verweis wird gemeinhin die Anwendung der Gesamtplan­ rechtsprechung bei Einbringungen geschlossen.295 Der BFH legte damit – ohne dies ausdrücklich festzustellen – auch für Einbringungen eine zeit­ raumbezogene Betrachtungsweise zur Qualifizierung der Sachgesamtheit an. Eine eigenständige Prägung des Gesamtplans erfolgt infolge des blo­ ßen Verweises nicht.296 Davon ist der BFH nun in zwei Urteilen abgebwichen, wenn auch nicht ausdrücklich: Zuerst der I. Senat297 und sodann der X. Senat298 erachten zumindest gewinnrealisierende Vorfeldausgliederungen trotz eines ge­ samtplanmäßigen Zusammenhangs als unschädlich für die buchwert­ neutrale Einbringung, wenn auch jeweils mit sich leicht unterscheiden­ der Begründung. Dies soll jedenfalls dann gelten, sofern die Ausgliederung „auf Dauer erfolgt und deshalb andere wirtschaftliche Folgen auslöst als die Einbeziehung des betreffenden Wirtschaftsguts in den Einbringungsvorgang.“299 292 BFH Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939. 293 Nämlich BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, ­BStBl. II 1991, 635 m. Anm. Tismer/­ Ossenkopp, FR 1992, 39. siehe dazu Teil 2, § 1 V. 1. a) aa). 294 Besonderer Stein des Anstoßes war vermutlich, dass die Ausgliederung ursprüng­ lich sogar zeitgleich stattfinden sollte, was nur aufgrund von Formfehlern miss­ lang. Im Übrigen wurde die Revision aus anderen Gründen zurückgewiesen: Der Steuerpflichtige rügte als Verfahrensmangel, er sei nicht zur Entkräftung eines Ge­ samtplans gehört worden. Der BFH bejahte zwar die Prüfung eines Gesamtplans, verneinte aber zugleich die Entkräftungsmöglichkeit, weil der objektiv feststellba­ re Zusammenhang nicht durch innere Absichten oder Vorbehalte entkräftet wer­ den könne. Das ist insofern interessant, als es die hier vertretene stärkere Bedeu­ tung des sachlichen Zusammenhangs unterstützt, vgl. Teil 3, § 3 II. 1. b) aa). 295 Z. B. Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1422); Nöcker DStR 2013, 1530 (1531). 296 Insofern muss man davon ausgehen, dass der Gesamtplan analog zu §§ 16, 34 ­EStG angewendet werden sollte, mithin auch die präzisierende Einschränkung für seinerseits begünstigte Einheiten berücksichtigt werden sollte; so auch BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07; Schmitt in S/H/S, Um­ wandlungssteuergesetz, § 20 ­UmwStG, Rn. 75. 297 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, ­BStBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761. 298 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 299 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, ­BStBl. II 2010, 471 (474); mit etwas abweichender Formulierung, aber im Kern genauso BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638 (643).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Abbildung 5: Ausgliederung vor Einbringung, BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08

Im Urteil des I. Senats übertrugen die Kommanditisten einer G ­ mbH & Co KG im Vorfeld einer Einbringung ihrer Kommanditanteile in eine ­GmbH das gesamte Grundvermögen der Kommanditgesellschaft auf eine personenidentische GbR. Dieser Vorgang wurde – mangels Anwendbar­ keit des § 6 Abs. 5 E ­ StG300 – als gewinnrealisierende Entnahme gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 ­EStG gewertet. Sodann verpachteten sie das Grundvermö­ gen wieder zurück an die KG. Fraglich war unter anderem,301 ob die Aus­ gliederung der Grundstücke in die X-GbR dem Buchwertansatz für die Einbringung gem. § 20 Abs. 2 ­UmwStG entgegenstand. Zwar verlangt der I. Senat für die Anwendung des § 20 ­UmwStG, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen miteingebracht werden. Zur Qua­ lifizierung legt er aber wie selbstverständlich ein zeitpunktbezogenes Verständnis an, sodass der Betriebszuschnitt vor der Maßnahme nicht berücksichtigt wird. Nur unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO wird die ausnahmsweise Einbeziehung von Vorfeldausgliederungen diskutiert. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aber bei besagten dauerhaften (d. h. nicht rückgängig gemachten und nur vorgeschobenen) Auslagerungen nicht vor. Einen Gesamtplan erwähnt der I. Senat entgegen dem Vorbrin­ gen des Finanzamts weder innerhalb des § 42 AO noch als eigenständi­ gen Prüfungspunkt.

300 Die Ablehnung des buchwertneutralen Wirtschaftsgutverkehrs zwischen personen­ identischen Schwesterngesellschaften stellt einen weiteren Schwerpunkt der Ent­ scheidung dar. Vgl. auch Teil 2, § 1 III. 2. 301 Im Sachverhalt stellte sich zudem die Frage, ob die ebenfalls zurückbehaltenen Anteile an der Komplementär-­GmbH § 20 U ­ mwStG entgegenstanden. Der BFH qualifizierte diese jedoch als funktional unwesentliche Betriebsgrundlage, deren Rückbehalt ohnehin unschädlich ist.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Fast zwei Jahre später erging die ähnlich gelagerte Entscheidung des X. Senats. Ein Einzelunternehmer wollte (stark vereinfacht) einen Inves­ tor in seinen Betrieb einsteigen lassen. Dazu brachte er seinen Betrieb erst in eine eigene KG ein und legte sodann die Anteile an dieser KG in eine von ihm und dem Investor gemeinsam beherrschte ­GmbH ein. Un­ mittelbar vor den Einbringungen hatte der Steuerpflichtige wesentliche Betriebsgrundstücke, an deren Übernahme der Investor kein Interesse hatte, an seine Ehefrau veräußert. Die Ehefrau vermietete das Grund­ stück nach der Umstrukturierung an die ­GmbH, sodass der Betrieb es weiter nutzen konnte. 5 Jahre später veräußerte sie das Grundstück letzt­ lich doch wieder an die G ­ mbH. Fraglich war, ob die (erste) Einbringung des Einzelunternehmens in die neugegründete KG gem. § 24 Abs. 2 UmwStG unter Ansatz des Buchwertes erfolgen konnte, obwohl das ­ Grundstück im Vorfeld an die Ehefrau veräußert worden war. Zumindest im Ergebnis folgt die Entscheidung den Grundsätzen des I. Senats. Wie dieser geht der X. Senat selbstverständlich davon aus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zivilrechtlich übertragen werden müssen, und dass die Beurteilung des Maßnahmeobjekts zeitpunktbe­ zogen zum Stichtag der tatsächlichen Einbringung beurteilt wird.302 Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück durch die Veräußerung an die Ehefrau – steuerlich trotz des Angehörigenverhältnisses anerkennens­ wert – bereits aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Dennoch diskutiert der BFH, ob auch eine Veräußerung im Vorfeld der Anwendbarkeit von § 24 ­UmwStG berücksichtigt werden muss. Dies er­ folgt zunächst ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO, los­ gelöst von einer Gesamtplanargumentation. Ein Gestaltungsmissbrauch wird letztlich abgelehnt, weil der Steuerpflichtige wegen der Aufdeckung der stillen Reserven des Grundstücks bei der Veräußerung schon keine Steuerminderung gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO intendiert habe. Auch sei eine Veräußerung schon wegen des tatsächlichen Übergangs des Wert­ minderungsrisikos bzw. der Wertsteigerungschance nicht unangemes­ sen, auch wenn das Grundstück wieder an die ­GmbH zurückvermietet werde. Separat geht der X. Senat sodann auf den Gesamtplan ein, wobei er ausdrücklich offen lässt, ob es sich um einen speziellen Anwendungs­ fall des § 42 AO oder eine eigenständige steuerrechtliche Würdigung mehrerer wirtschaftlich zusammenhängender Sachverhalte anhand des Normzwecks handle. Ebenfalls wird offen gelassen, ob der Gesamtplan 302 Umfassend diskutiert wird nicht der Zeitpunktbezug an sich, sondern nur, wel­ cher Zeitpunkt für die Beurteilung beachtlich ist, BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (641).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

bei Ausgliederungen vor § 24 U ­ mwStG überhaupt Anwendung finden könne.303 Denn es liege jedenfalls kein Gesamtplan vor, weil die Veräuße­ rung „als Rechtsgeschäft mit sämtlichen Rechtsfolgen gewollt“ gewesen sei.304 Es fehle dann an der Bedeutungslosigkeit der einzelnen Teilschrit­ te, die für eine gesamtplanmäßige „künstliche“ Zergliederung erforder­ lich sei. Die Bedeutung der Veräußerung erkannte der X. Senat im fehlen­ den Interesse des Investors am Grundstück. Weil es dem Kläger und seiner Ehefrau gerade auf den zivilrechtlichen Eigentumsübergang ange­ kommen sei, könne die Veräußerung nicht als unselbständiger Teil­ schritt gewertet werden, der lediglich final auf die Erreichung des Endzu­ standes gerichtet sei. Dass die Veräußerung des Grundstücks an die Ehefrau wegen der fünf Jahre später erfolgten Weiterveräußerung an die ­GmbH (wirtschaftlich eine Wiedereingliederung) nicht auf Dauer erfolg­ te, berücksichtigte der BFH aufgrund des zu großen zeitlichen Abstands nicht mehr.305 bb) Folgerungen für den Gesamtplan nach den Urteilen des I. und X. ­Senats Die Bedeutung insbesondere des Urteils des X. Senats für den Gesamt­ plan ist nicht zu unterschätzen. Ihm wird allgemein entnommen, dass ein Gesamtplan grundsätzlich nicht angenommen werden kann, wenn die Teilschritte mit ihren Rechtsfolgen gewollt und dauerhaft sind.306 Diese Aussage verfestigt sich momentan auch in der Rechtsprechung und bildet u. a. das Fundament des neuen, vom X. Senat entwickelten Gegensatzpaars zum Gesamtplan, dem „Plan in Einzelakten“, der bei bedeutsamen Teilschritten grundsätzlich einer Verklammerung entge­ genstehen soll.307 Allerdings birgt dieser Schluss erhebliche Fehler, die einer unzureichenden Analyse des Gesamtplanarguments geschuldet sind. Aus diesem Grund sind tiefere Ausführungen zur Wirkweise des Gesamtplans erforderlich. 303 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638 (643). Gegen die Anwendbarkeit wird unter anderem das Urteil des I. Senats angeführt; dafür der Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06 und ausdrücklich der neue Umwandlungssteuererlass. 304 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (643). 305 Dies wird mitunter kritisiert, weil dieser Umstand Gelegenheit geboten hätte, zu präzisieren, ab wann eine dauerhafte Ausgliederung nicht mehr angenommen werden kann, mithin eine Präzisierung des (Rest-) Anwendungsbereichs des Ge­ samtplans; vgl. Brandenberg DB 2013, 17 (19). 306 Dies liegt zwar auf einer Linie mit dem Urteil des I. Senats; nur der X. Senat be­ zieht diese Ausführungen aber konkret auf den Gesamtplan. 307 Vgl. BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234; dazu unten Teil 2, § 1 V. 1. d).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

(1) Keine Aussagen zum Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichtigen Beide Urteile betreffen nur Ausgliederungsfälle unbeachtlich eines etwa­ igen Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen. Letzterer ist von den im Urteil aufgeworfenen Fragen bzw. Beschränkungen des Gesamtplans zulasten des Steuerpflichtigen nicht berührt. Wie bei §§ 16, 34 ­EStG ist – was weithin nicht realisiert wird – zwischen der Beurteilung des Einbringungsobjekts (Gesamtplan wirkt zulasten des Steuerpflichtigen) und dem einheitlichen Einbringungsvorgang (Gesamtplan wirkt zugunsten des Steuerpflichtigen) zu differenzieren.308 Für den Einbringungsvorgang verlangen §§ 20, 24 U ­ mwStG nicht, dass alle Wirtschaftsgüter uno actu übergehen. Vielmehr ist es gerechtfertigt, zugunsten des Steuerpflichtigen auch dann noch von einer Einbringung auszugehen, wenn diese über einen gewissen Zeitraum gestreckt erfolgt, solange sich die Einzelmaßnahmen in der Sache als Teil eines übergeord­ neten Einbringungsvorgangs darstellen.309 Die Konkretisierung des sach­ lichen Zusammenhangs kann durchaus mit den aus §§ 16, 34 ­ EStG ­bekannten Gesamtplanerwägungen erfolgen, wobei der andersartige Ge­ setzeszweck berücksichtigt werden muss. So kann der maximale Zeit­ raum für einen einheitlichen Einbringungsvorgang großzügiger bemes­ sen werden als bei §§ 16, 34 E ­ StG, weil es auf den Anballungseffekt nicht ankommt.310 Andererseits könnte man auch hier durchaus für einen sehr kurzen Zeitraum plädieren, wenn man die zeitliche Kulanz nur dazu ge­ währt, damit der Steuerpflichtige Herr der praktischen Schwierigkeiten einer einheitlichen Übertragung werden kann. Wirtschaftliche Gründe für die Zergliederung sollten unbeachtlich sein, weil sich dieses Merk­ mal nicht aus der Vorgangsbeschreibung ableiten lässt und zudem in Fäl­ len zugunsten des Steuerpflichtigen widersinnig wäre.311 Folglich kann es auch bei §§ 20, 24 U ­ mwStG einen Gesamtplan zuguns­ ten des Steuerpflichtigen geben. Ist erst einmal ein tatbestandsmäßiger Einbringungsgegenstand festgestellt, kann die Einbringung selbst zeit­ lich gestreckt erfolgen. Soweit ersichtlich existiert diesbezüglich keine

308 Vgl. Oenings/Lienicke, DStR 1997 (1998); Herlinghaus, FR 2014, 441 (442). 309 Vgl. Schmitt in S/H/S, § 20 ­ UmwStG, Rn. 30; Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 42a; Herlinghaus, FR 2014, 441 (451); Oenings/Lienicke, DStR 1997 (1999); dies unterschätzend Schulze zur Wiesche, DStR 2015, 1161 (1164 ff.). 310 So auch Herlinghaus, FR 2014, 441 (451), der als „Daumenpeilung“ eine Ober­ grenze von zwei Jahren zieht. 311 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. a) cc) (2). Warum sollte eine besonders artifizielle, weil funk­ tionslose Gestaltung für die Privilegierung erforderlich sein?

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Rechtsprechung.312 Erneut sei betont, dass diese Feststellung unabhängig von der Zulässigkeit von Vorfeldausgliederungen steht, weshalb die vor­ gestellten Urteile keine Restriktionen in dieser Frage auslösen. Der Ge­ samtplan zulasten und zugunsten des Steuerpflichtigen verläuft insoweit nicht synchron. Besondere Bedeutung könnte diese Feststellung im Zu­ sammenhang mit nicht identifizierten wesentlichen Betriebsgrundlagen erlangen, wenn diese im Zuge einer vertraglichen Auffangklausel nach­ träglich bei Identifizierung miteingebracht werden. Die zeitraumbezoge­ ne Auslegung und Fortexistenz des Gesamtplans zugunsten des Steuer­ pflichtigen müsste es hier erlauben, auch diese mit heilender Wirkung in die Einbringung einzubeziehen.313 (2) Kein Gesamtplan zulasten des Steuerpflichtigen aufgrund einer teleologischen Auslegung der §§ 20, 24 ­UmwStG Dagegen ist den Urteilen zu entnehmen, dass für die Beurteilung des Einbringungsobjekts nicht die Maßstäbe von §§ 16, 34 ­EStG übernommen ­ mwStG die Beurteilung des tatbe­ werden können, da für §§ 20, 24 U standsmäßigen Betriebszuschnitts stichtagsbezogen erfolgen muss.314 Veränderungen des Betriebszuschnitts vor diesem Zeitpunkt müssen grundsätzlich unbeachtlich sein.315 Trotz des vergleichbaren Wortlauts von §§ 16, 34 ­EStG und §§ 20, 24 ­UmwStG ergibt sich dies aus dem an­ gesprochenen Gesetzeszweck: Während §§ 16, 34 E ­ StG die vollständige Hebung aller stillen Reserven begünstigt,316 sollen die Einbringungstat­ bestände unbeachtlich der betroffenen stillen Reserven betriebswirt­ schaftlich sinnvolle Umstrukturierungen möglichst weitgehend steuer­ 312 Eine zeitlich gestreckte Einbringung ist auch praktisch weniger relevant, weil Ein­ bringungen regelmäßig entweder als share-deal oder durch Gesamtrechtsnachfol­ ge erfolgen. 313 Vgl. auch Strahl, KÖSDI 2011, 17363 (17371). 314 Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 (288) sprechen von einer „Tendenz des BFH zur Stichtagsbetrachtung bei sämtlichen Vorschriften zu Umstrukturierungen von Personengesellschaften“ – auch vor dem Hintergrund des unten besprochenen ­Urteils v. 2.8.2012 – IV R 41/11; für eine Zeitpunktbetrachtung auch Herlinghaus, FR 2014, 441 (451); Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (1999); Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1424); frühzeitig bereits Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (553). 315 A.A. Schmidtmann, FR 2015, 57 (64), der von einer grundsätzlichen Berücksichti­ gung von Vorfeldabschmelzungen ausgeht und die Nichtberücksichtigung nur als Ausnahme versteht, wenn die Ausgliederung auf Dauer erfolgt. Darin liegt m. E. eine Verdrehung des Regel-Ausnahmeverhältnisses im Widerspruch zum Norm­ zweck. ­ StBl. II 1989, 458 316 Vgl. BT-Drucks 14/6882, 34; BFH v. 1.2.1989 – VIII R 33/85, B (460).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

neutral ermöglichen.317 Das Erfordernis, bei Betriebsveräußerungen auch auf Maßnahmen im Vorfeld abzustellen, entspringt gerade der Erkennt­ nis, dass eine Begrenzung der Begünstigung auf die vollständige Realisie­ rung der stillen Reserven nur bei einer zeitraumbezogenen Betrachtung nicht allzu leicht konterkariert werden kann. Dies ist beim offensicht­ lich weiterreichenden Normzweck der Einbringungstatbestände nicht erforderlich. Dieser Unterschied wird bereits beim Begriff der wesentli­ chen Betriebsgrundlagen erkannt, wo Einbringungen durch Verzicht auf die quantitative Bestimmung ebenfalls in weiterem Rahmen möglich sind. Es ist nur folgerichtig, diesem abweichenden Normzweck nicht nur hinsichtlich der Definition der wesentlichen Betriebsgrundlagen, son­ dern auch hinsichtlich der Beurteilungsmodalitäten des Maßnahmeob­ jekts zur Geltung zur verhelfen. Der Normzweck wird durch eine Einbe­ ziehung von Vorfeldmaßnahmen grundlos beschränkt.318 Eine solche Beschränkung ist gerade vor dem Hintergrund unverständlich, dass die stillen Reserven beim Rechtsnachfolger weiterhin steuerverstrickt sind, sodass die Begünstigung des Betriebsvermögens im Gegensatz zur Tarif­ ­ StG keinen definitiven Charakter hat. Dane­ ermäßigung bei §§ 16, 34 E ben sprechen auch systematische Gründe für eine stichpunktbezogene Betrachtungsweise. So kennen die §§ 20, 24 ­UmwStG (zumindest noch) ­ mwStG. Dann müssen außerhalb des keine Vorfristen wie § 15 Abs. 2 U § 15 ­UmwStG vor der Maßnahme beliebige Ausgliederungen vorgenom­ men werden dürfen.319 Es gibt sogar einige Stimmen, die den Teilbetriebs­ begriff aus § 15 ­UmwStG aufgrund des Normzwecks noch großzügiger auslegen: Ob eine betriebliche Gesamtheit übergegangen ist, soll unab­ hängig von der zivilrechtlichen Übertragung von Betriebsgrundlagen rein funktional danach bestimmt werden, ob die Funktions- und Lebensfähig­ keit auch beim Betriebsnachfolger bestehen bleibt, sodass es auf eine Be­ urteilung des Betriebszuschnitts zuvor nicht ankommt.320 Ein so verstan­ dener Betriebsbegriff führt ebenfalls zu einer Nichtberücksichtigung von Vorfeldmaßnahmen und müsste auch auf §§ 20, 24 ­UmwStG ausstahlen. Auch in der sonstigen Literatur wird die Zeitpunktbetrachtung selbst­

317 Vgl. Herlinghaus in R/H/vL, § 20 U ­ mwStG, Rn. 25; Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (554). 318 Insofern ist es fraglich, warum Dornheim in DStZ 2014, 44, 52 begründungslos eine Gesetzesänderung für diese möglichst liquiditätsschonende Anwendung der §§ 20, 24 ­UmwStG verlangt und unter geltendem Recht eine restriktivere Ausle­ gung propagiert. 319 Vgl. Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1424). 320 Vgl. wiederholt Blumers, DB 1995, 496; ders., DB 2001, 722; ders., DB 2013, 1625; m. w. N. unten Fn. 391.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

verständlich vorausgesetzt und nur problematisiert, auf welchen Zeit­ punkt abgestellt wird.321 Die logische Folge der Zeitpunktbetrachtung ist, dass es einen Gesamt­ plan als „eigenständige steuerrechtliche Würdigung mehrerer wirtschaftlich zusammenhängender Sachverhalte anhand des Normzwecks“ zulasten des Steuerpflichtigen bei §§ 20, 24 U ­ mwStG nicht geben kann.322 Denn wenn eine Norm zeitpunktbezogen ausgelegt wird, gibt es keinen zeitlichen Spielraum im Tatbestand, den ein Gesamtplan konkretisieren könnte.323 Im Gegenteil würde eine Anwendung des Gesamtplans einer Zeitpunkbetrachtung diametral entgegenstehen. Angesichts der zeit­ punktbezogenen Auslegung der §§ 20, 24 ­UmwStG ist es nur konse­ quent, wenn der I. Senat Ausgliederungen im Vorfeld zumindest im Rah­ men der Normauslegung gar nicht – auch nicht unter dem Aspekt des Gesamtplans – diskutiert. Unverständlich ist, dass der X. Senat, obwohl er die Stichtagsbetrachtung ebenfalls ausdrücklich anstellt, die Anwend­ barkeit des Gesamtplans offen lässt. Dies ist nicht folgerichtig, da durch die Stichtagsbetrachtung bereits eine Entscheidung gegen den Gesamt­ plan gefällt ist. Ein zeitlich ausgreifender Gesamtplan ist aufgrund der vorrangigen Normauslegung ausgeschlossen. Dieses Ergebnis muss im Übrigen unabhängig davon gelten, welche Form für die Ausgliederung gewählt wurde. Die oben angeführten systemati­ schen und teleologischen Argumente berücksichtigen die Form der Aus­ gliederung gerade nicht, sondern sind jeder Einbringung zu eigen. Insbe­ sondere eine Differenzierung danach, ob stille Reserven aufgedeckt werden, ist im Normzweck der §§ 20, 24 U ­ mwStG nicht angelegt, son­ dern rührt erkennbar aus der fälschlich übernommenen Zielrichtung der 321 Überwiegend wohl Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung, Schmitt in S/H/S, § 24 ­UmwStG Rn. 59; BFH v. 16.12.2009 – I R 97/08, B ­ StBl. II 2010, 808; a.A: Herlinghaus in R/H/vL, § 20 Rn. 42; Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (550); sowohl der I. als auch der X. Senat entschieden sich für den Zeitpunkt der tatsächlichen Ein­ bringung. 322 So aber BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (643). 323 Treffend beschreibt Nöcker, DStR 2013, 1530 (1531), die Existenz des Gesamt­ plans werde von der Frage „überlagert“, ob und wann Ausgliederungen steuerneu­ tral erfolgten; dass der X. Senat den Gesamtplan prüft, die eigentlich entscheiden­ de Frage der Zeitpunktbezogenheit aber nicht diskutiert, offenbart bereits die Schwäche des Gesamtplans, intellektuelle Kapazität von der Normauslegung ab­ zulenken. Dies müsste Wasser auf die Mühlen derer sein, die im Gesamtplan eine Verselbständigung von den Tatbeständen erkennen; darunter: Prinz, FR 2014, 228 (236); Crezelius, Stbg 2007, 449 (459); ders., FR 2003, 537 (541); ders., BB 2013, 27; Rose, FR 2003, 1274; Rose/Glorius-Rose, DB 2003, 409; Söffing am Beispiel des Zweikontenmodells, BB 2004, 2777; Krüger, DStZ 2014, 194.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

§§ 16, 34 E ­ StG her. Insofern sind die Aussagen der Urteile zur zeitpunkt­ bezogenen Betrachtungsweise gleichermaßen für Buchwertausgliederun­ gen anwendbar.324 Wenn nun der X. Senat trotz allem eine Gesamtplanprüfung anstellt und diesen letztlich in der Sache verneint, ist dies nur vordergründig als An­ wendung des Gesamtplans im Rahmen des Normzwecks zu verstehen: Faktisch wird der Gesamtplan, wie ihn noch der Beschluss des IV. Senats im Einklang zu §§ 16, 34 ­EStG heranzieht, auch vom X. Senat nicht mehr angewendet.325 Was der X. Senat in seiner Entscheidung als „Gesamtplan“ prüft und irritierenderweise mit Verweisen auf die Gesamtplan­ rechtsprechung der §§ 16, 34 ­EStG versieht, hat nichts mit dem aus §§ 16, 34 E ­ StG bekannten gesamtplanmäßigen Zusammenhang zwischen Ausgliederung und Einbringung im Sinne der Zerlegungsfälle zu tun. Vielmehr vermengt der X. Senat verschiedene Topoi des Gesamt­ plans. Ein Indiz dafür ist das sofort verspürte Unbehagen, wenn man die Argumente „Ausgliederung auf Dauer und mit allen Rechtsfolgen gewollt“ mit dem klassischen Gesamtplan aus §§ 16, 34 ­EStG vergleicht: Eine Ausgliederung im gesamtplanmäßigen Zusammenhang ist dort völ­ lig unabhängig von der Dauerhaftigkeit der Ausgliederung schädlich. Auch wird die Annahme eines schädlichen Gesamtplans nicht davon beeinflusst, ob die Ausgliederung mit allen ihren Rechtsfolgen gewollt ist. Im Gegenteil sind die Teilschritte, die im Ergebnis fortwirken, gerade mit ihren Rechtsfolgen gewollt. Worauf der X. Senat mit seiner Argu­ mentation wirklich anspielt, ist, dass er missbräuchliche Ausweich- und Korrekturgestaltungen bei Vorliegen eines Gesamtplans zwischen Ausgliederung und Wiedereingliederung nicht anerkennen wird. Dass er dies fälschlich außerhalb von § 42 AO prüft, ist besagter Verquickung der ver­ schiedenen Fallgruppen als einheitlicher Gesamtplan geschuldet.326 Pro­ blematisch ist daran, dass der X. Senat mit seiner Einschränkung des Gesamtplans mit Merkmalen aus § 42 AO einen Präzedenzfall geschaf­ fen hat, der nun auch außerhalb der Ausweich- und Korrekturgeschäfte

324 Dies wurde bisher nicht entschieden; eine Möglichkeit hätte im Verfahren BFH IV R 5/12 bestanden. Letztlich hat der BFH im Gegensatz zum FG einen Lösungs­ weg eingeschlagen, der diese Frage ausklammern konnte. BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, DStR 2015, 2229. 325 Falsch ist es deshalb, von einer bloßen Restriktion des Gesamtplans auszugehen: Weber-Grellet, NWB 2012, 2072; Mitschke, FR 2013, 314; Dornheim, DStZ 2014, 44 (51 f.); Nöcker, DStR 2013, 1530; Manz, jurisPR-SteuerR 19/2012 Anm. 6; Isler, HFR 2012, 538. 326 Vgl. zu § 42 AO als Rechtsgrundlage der Ausweich- und Korrekturgeschäfte Teil 3, § 1 III. 2. a).

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und damit außerhalb des § 42 AO angewendet wird.327 Aus der Auslegung der §§ 20, 24 U ­ mwStG kann sich jedenfalls kein Gesamtplan zulasten des Steuerpflichtigen ergeben. (3) Gesamtplan auf der Grundlage von § 42 AO als Ausweich- und Korrekturgeschäft möglich Die grundsätzlich zeitpunktbezogene Auslegung bedeutet aber nicht, dass im Einzelfall missbräuchliche Vorfeldmaßnahmen nicht gem. § 42 AO berücksichtigt werden können. Solche können unter den Vo­ raussetzungen des § 42 AO negiert werden, mit der Folge, dass stattdes­ sen gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 AO der angemessene Sachverhalt den Besteu­ erungsanspruch determiniert. Wäre das Wirtschaftsgut bei angemessenem Verhalten nicht ausgegliedert worden, muss es als zurückbehalten be­ handelt werden. Im Grunde eröffnet § 42 AO durch die Fiktion, die Vor­ feldmaßnahme ungeschehen zu machen, erneut die sonst gesperrte zeit­ raumbezogene Betrachtung, aber eben nur im Einzelfall bei sich missbräuchlich darstellenden Gestaltungen. Da gesamtplanmäßige Aus­ weich- und Korrekturgeschäfte eine Teilmenge des § 42 AO sind, kann auf diese Weise ausnahmsweise auch der Gesamtplan im Rahmen der ­ mwStG zur Anwendung gelangen. Es ist allerdings zu beach­ §§ 20, 24 U ten, dass dieser Gesamtplan einen ganz anderen Bezugspunkt hat als der aus §§ 16, 34 ­EStG bekannte: Schädlich ist in diesem Fall nämlich der gesamtplanmäßige Zusammenhang zwischen Ausgliederung (Ausweich­ geschäft) und Wiedereingliederung (Korrekturgeschäft), nicht schon zwi­ schen Ausgliederung und Einbringung. Allein die gesamtplanmäßige Nähe zur Einbringung kann eine Ausgliederung schon unter folgendem Aspekt nicht zum Missbrauch machen: Da § 42 AO nur Mittel zur Um­ gehungsabwehr ist, der Maßstab dazu aber allein der zugrundeliegenden Steuernorm entnommen wird,328 kann § 42 AO der zeitpunktbezogenen Betrachtung der angewendeten Steuernorm nicht grundsätzlich entge­ genlaufen; § 42 AO kann die Auslegung eines Tatbestands nicht in ihr Gegenteil verkehren. Insofern bedeutet die Anwendung des § 42 AO nicht eine Anwendung des aus § 16, 34 ­EStG bekannten Gesamtplans lediglich unter veränderter Rechtsgrundlage, sondern eine substantielle Abkehr von der grundsätzlichen Berücksichtigung von Vorfeldmaßnah­ 327 Dies betrifft z. B. die oben als problematisch dargestellte Entscheidung des FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13; vor allem aber gilt dies für den Plan in Einzelakten, der genau diese Argumenta­ tion aufgreift, BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 328 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 8; ders., StuW 2008, 154 (159).

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men. Dies berücksichtigt der I. Senat, indem er es nicht ausschließt, Ausgliederungen im engen Rahmen unter § 42 AO zu negieren. Verwir­ rend ist dagegen das Urteil des X. Senats, der diese Grundsätze außerhalb des § 42 AO in Form des eigenständigen Gesamtplans prüft. Dabei hätte gerade der X. Senat wegen der fünf Jahre später erfolgenden Wiederein­ gliederung des Grundstücks im Urteilsfall den richtigen Bezugspunkt des Gesamtplans als Ausweich- und Korrekturgeschäft klarstellen und ggf. konkretisieren können.329 Wenn nun festgestellt ist, dass Ausgliederungen nur bei Vorliegen eines gegenläufigen Ausweich- und Korrekturgeschäfts unter § 42 AO negiert werden können, fragt sich, welche konkreten Anforderungen an diese Verklammerung zu stellen sind. Dabei sollte m. E. größte Zurückhaltung geübt werden. Dem Umwandlungssteuerrecht als lex specialis gegen­ über den Tatbeständen eines gewinnrealisierenden Subjektwechsels ist der Grundgedanke der Privilegierung immanent. Diese Wirkung kann außerhalb der speziellen Missbrauchsregeln des Umwandlungssteuer­ rechts durch § 42 AO nicht großflächig konterkariert werden.330 Damit wird § 42 AO jedoch nicht unanwendbar: Wenn auch die jeweiligen vom Gesetzgeber vorgesehenen Umwandlungsmaßnahmen selbst nicht Stein des Anstoßes sein können, kann das Erschleichen der Voraussetzungen für eine dieser Maßnahmen durchaus missbräuchlich sein. Jedenfalls interimistische Ausgliederungen können m. E. zu Recht diesen Missbrauchsvorwurf auslösen. Es kommt dabei auf die ex ante erfolgte Planung der Rückgängigmachung im Rahmen eines Gesamtplans an. Dies drücken auch die auf den Gesamtplan verweisenden Formulierun­ gen des I. und X. Senats aus, dass ein Missbrauch nicht vorliege, wenn die Auslagerung auf Dauer erfolge und tatsächlich gewollt sei. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit charakterisiert dabei die erforderliche zeitliche Nähe zwischen den sich gegenseitig saldierenden Schritten.331 Dass die Rechts­ folgen tatsächlich gewollt sein müssen, bedeutet nichts anderes, als dass andernfalls von Anfang an die Wiedereingliederung geplant gewesen wäre. Auch die weiteren für Ausweich- und Korrekturgeschäfte zu ent­ wickelnden Maßstäbe müssen Anwendung finden und werden vom BFH auch verdeckt angesprochen: So muss sich die Ausgliederung und Wie­ dereingliederung auf dieselbe Ebene des Wirtschaftsguts beziehen. Die­ ser Aspekt scheint v. a. im Urteil des X. Senats durch: Der „tatsächliche 329 So auch Brandenberg, DB 2013, 17 (19). 330 Vgl. Crezelius, FS Widmann, S. 241 (262 f.). 331 Nur wenn die Auslagerung nicht für größere Dauer erfolgt, besteht ein zeitlicher Zusammenhang zur Wiedereingliederung.

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Übergang des Wertminderungsrisikos bzw. der Wertsteigerungschance“ rechtfertige eine solche Gestaltung.332 Dies entspricht der Erkenntnis zu Ausweich- und Korrekturgeschäften, dass eine Substanzverlagerung nicht schon deshalb missbräuchlich ist, weil kurz danach die Nutzungs­ möglichkeit zurückgelangt.333 M. E. sollte insbesondere die zeitliche Ver­ bindung von Ausweich- und Korrekturgeschäft restriktiv gehandhabt werden, und zwar deutlich restriktiver, als hier für den additiven Ge­ samtplan vorgeschlagen wird. Bei mehr als einem Jahr zwischen den Ge­ schäften sollte eine Vermutung für einen solchen Gesamtplan nicht mehr bestehen. Insofern ist die Wiedereingliederung nach 5 Jahren im Urteilsfall des X. Senats unschädlich. Es ist zu beachten, dass die weiteren Voraussetzungen des § 42 AO für dessen Eingreifen vorliegen müssen. Im Gegensatz zur Feststellung, dass aufgrund der zeitpunktbezogenen Auslegung im Grundsatz alle Vorfeld­ maßnahmen unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung nicht in den Blick genommen werden, ist die Annahme eines Gestaltungsmiss­ brauchs vom Einzelfall und damit von der konkreten Ausgestaltung der Ausgliederung abhängig. Es kann für § 42 AO entscheidend darauf an­ kommen, auf welche Weise die Ausgliederung erfolgt ist (buchwertneu­ trale Ausgliederung oder gewinnrealisierende Entnahme bzw. Veräuße­ rung).334 So lehnt der X. Senat einen Gestaltungsmissbrauch bei einer Ausgliederung durch Veräußerung ab, weil es aufgrund der Gewinnreali­ sierung an der gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO erforderlichen Steuerminde­ rung fehle.335 Dann wäre ein Missbrauch bei gewinnrealisierenden Aus­ gliederungen immer ausgeschlossen, selbst bei nur interimistischer Ausgliederung mit folgender Wiedereingliederung. Das Argument ist aber m. E. inhaltlich nicht schlüssig.336 Zwar werden die stillen Reserven des ausgegliederten Wirtschaftsguts aufgedeckt und versteuert. Damit kann der Steuerpflichtige aber immer noch günstiger dastehen, als wenn die Maßnahme insgesamt nicht begünstigt erfolgt wäre. Der auch bei gewinnrealisierender Ausgliederung existierende Steuervorteil bemisst sich aus der Differenz zwischen einer insgesamt nicht begünstigten Ein­ 332 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (642 f.); vgl. Behrens/Schmitt FR 2002, 549 (552). 333 Zur Zulässigkeit von sale-and-lease-back Geschäften BFH v. 10.12.2003 – IX R 12/01, B ­ StBl. II 2004, 643; Frotscher in F/M, § 15 U ­ mwStG, Rn. 23; vgl. auch Teil 2, § 1 II. 6. oder § 1 II. 4. 334 So auch Haritz, DStR 1999, 2009 (2010); a. A. Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (556). 335 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (642 f.). 336 A.A. Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 42b.

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bringung auf der einen Seite und einer steuerneutralen (Rest-)Einbrin­ gung unter Aufdeckung der stillen Reserven der ausgegliederten Betriebs­ grundlage auf der anderen Seite. Außerdem muss man sich vor Augen führen, dass auch bei einer Buchwertausgliederung spätestens die Wie­ dereingliederung zu einer Entnahme im interimistischen Betriebsvermö­ gen führt und eine Gewinnrealisierung auslöst, mithin ein Gestaltungs­ missbrauch mit diesem Argument niemals angenommen werden könnte. M. E. können deshalb nur vorgeschobene Ausgliederungen auch dann ei­ nen Gestaltungsmissbrauch begründen, wenn es sich um Entnahmen oder Veräußerungen handelt. Ob daneben Ausgliederungen aus anderen Gründen als der nur interimis­ tischen Ausgliederung missbräuchlich sein können, ist fraglich, aber kei­ ne Gesamtplanfrage. Nöcker will einen Missbrauch vor allem unter qua­ litativen Gesichtspunkten annehmen, wenn durch die Ausgliederung eine „neue betriebliche Struktur“ geschaffen werde, „die mit dem ursprünglichen Betrieb wenig gemein hat.“337 Im Grunde läuft dies darauf hinaus, dass bei besonders tiefgreifenden Ausgliederungen ausnahms­ weise doch die zeitpunktbezogene Betrachtung aufgegeben wird. Dies kann m. E. schon mangels Konturenschärfe nicht greifen. Auch sollte die zeitliche Dimension einer Norm unabhängig von qualitativen Gesichts­ punkten bestimmt werden. Dem liegt auch die Erwägung zugrunde, dass § 42 AO außerhalb von Ausweich- und Korrekturgeschäften nur höchst restriktiv angewendet werden sollte. Andernfalls beschränkt man den Gesetzeszweck der §§ 20, 24 ­UmwStG, eine möglichst weitreichende Steuerneutralität betriebsbezogener Umstrukturierungen zu gewährleis­ ten. Jedenfalls ist die Negierung gesamtplanmäßiger Ausweich- und Korrek­ turgeschäfte auch im Rahmen von §§ 20, 24 ­UmwStG der wahre Kern der Aussage, der Gesamtplan existiere bei Einbringungen nach wie vor und auch zulasten des Steuerpflichtigen; dies hat nichts mit den additi­ ven Gesamtplankonstruktionen der üblichen Zerlegungsfälle zu tun. Der Anwendungsbereich sollte aber sehr gering gehalten werden. Außer­ dem steht dem Steuerpflichtigen im Rahmen des § 42 AO in jedem Fall die Exkulpation über beachtliche außersteuerliche Gründe zu, sodass die Verklammerung regelmäßig abgelehnt werden muss, wie es der X. Senat im Ergebnis auch tut.

337 Vgl. Nöcker, DStR 2013, 1530 (1533).

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cc) Zulässigkeit taggleicher Einbringungsvorgänge – Ausstrahlung des BFH-Urteils v. 2.8.2012338 Über die Frage des Zeitpunktbezugs der Beurteilung hinausgehend stellt sich zudem die Frage, ob nicht Ausgliederungen grundsätzlich, also auch taggleiche, unschädlich sein sollen. Dann müssten – unabhängig von der zeitlichen Dimension der §§ 20, 24 ­UmwStG – erst Recht Vorfeldausglie­ derungen unbeachtlich sein. Diese Erwägung könnte sich aus einem be­ sonders umstrittenen Urteil des BFH im Bereich des Gesamtplans bei § 6 Abs. 3 ­EStG ergeben, in dessen Kontext die Entscheidung ausführlich behandelt wird.339 Der BFH bejaht in der Entscheidung die grundsätzliche Unschädlichkeit von zeitgleichen Buchwertausgliederungen gem. § 6 ­ StG für eine Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 E ­ StG. Dies lei­ Abs. 5 E tet er vor allem aus der gleichrangigen Anwendbarkeit von § 6 Abs. 3 ­EStG und § 6 Abs. 5 E ­ StG ab, die mit ihrem zwingenden Buchwertansatz jeweils zwei gleichlautende Normbefehle enthielten. Wenn diese Recht­ sprechung, ihren nicht gesicherten Bestand vorausgesetzt, auch auf ­Einbringungstatbestände auszuweiten wäre, würde dies zu einer Unschäd­ lichkeit nicht nur von Vorabausgliederungen, sondern auch von tagglei­ chen Buchwertausgliederung gem. § 6 Abs. 5 ­EStG führen. Wenn die Ar­ gumentation zusätzlich wie angedeutet auf Entnahmen und Veräußerungen angewendet würde, wäre jede erdenkliche Form der Ausgliederung auch zeitgleich zu einer Einbringungen für den Buchwertansatz unbeachtlich.340 In der zum Urteil ergangenen Literatur wird eine Erstreckung teilweise bejaht, weil auch zwischen den umwandlungssteuerrechtlichen Einbrin­ gungstatbeständen und § 6 Abs. 5 ­EStG kein irgendwie geartetes Rang­ verhältnis bestünde.341 Andererseits stellt der IV. Senat zur Begründung der Gleichrangigkeit maßgeblich auf den beidseits zwingenden Buch­ wertansatz ab, was bei §§ 20, 24 ­UmwStG gerade nicht der Fall ist. Des­ halb lehnen einige Stimmen eine Übertragung ab.342 Das geteilte Mei­ nungsspektrum zeigt, wie unergiebig die Gleichrangigkeit als Kriterium ist. Wie unten festgestellt werden wird, ist die Entscheidung des IV. Se­ 338 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 339 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. c) bb). 340 Vgl. das obiter dictum des BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 (151). 341 Vgl. Brandenberg, DB 2013, 17 (21); Rogall/Dressler, Ubg 2013, 73 (82); begrün­ dungslos Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 (287). 342 Vgl. Mitschke, FR 2013, 314 (319); Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 2414 (2419), der auch darauf hinweist, dass Ausgliederungen sonst absolut irrelevant wären: Die einzige Einschränkung der Buchwertfortführung, eine Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit des Betriebs, würde es bei Einbringungen typischerweise nicht ge­ ben können.

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nats vor allem das Resultat eines veränderten Betriebsbegriffs zu § 6 Abs. 3 ­EStG.343 Da der Betriebsbegriff im Umwandlungssteuergesetz und im Einkommensteuergesetz grundsätzlich einheitlich, wenn auch norm­ spezifisch ausgelegt wird,344 müssten die Grundsätze schon aus diesem Grund auch auf §§ 20, 24 U ­ mwStG übertragen werden. Zu diesem Ergeb­ nis kommt auch Wachter, der zwar einerseits feststellt, dass die Normen § 6 Abs. 5 ­EStG und §§ 20, 24 ­UmwStG nicht gleichrangig nebeneinan­ der stünden, es gleichwohl aber zu einer einheitlichen Auslegung kom­ men müsse.345 Dies scheint m. E. bei Bestand der Rechtsprechung allein folgerichtig, wenngleich es die nicht überzeugende Argumentation des IV. Senats illustriert. Insbesondere widerspräche der damit auch bei den Einbringungstatbeständen veränderte Betriebsbegriff auch hier dem überwiegend bejahten herkömmlichen Betriebsbegriff.346 Angesichts die­ ser Probleme der Entscheidung des IV. Senats, einer neueren Entschei­ dung desselben Senats mit anderer Argumentation347 und einem ergange­ nen Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung348 kann von ihrem Bestand derzeit nicht sicher ausgegangen werden. dd) Fazit Zum Gesamtplan bei Einbringungen ergibt sich zusammenfassend Fol­ gendes: –– Zugunsten des Steuerpflichtigen können mehraktige Einbringungen – auch mithilfe eines Gesamtplans – einheitlich betrachtet werden. –– Zulasten des Steuerpflichtigen ist es wegen andersartiger Gesetzes­ zwecke nicht berechtigt, die zeitraumbezogene Betrachtungsweise aus §§ 16, 34 E ­ StG auf die zeitpunktbezogenen §§ 20, 24 U ­ mwStG zu übertragen. Der Gesamtplan, wie man ihn aus §§ 16, 34 E ­ StG kennt, kann deshalb bei Einbringungen nicht zur Anwendung kommen. Ausgliederungen stehen dem Buchwertansatz damit nicht entgegen, nur weil sie im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Ein­ bringung stehen.

343 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. c) bb) (3). 344 Vgl. Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Rn. 25. 345 Vgl. Wachter, DB 2013, 205. ­ mwStG, Rn. 38c; Schmitt in S/H/S, § 20 346 Vgl. Herlinghaus in R/H/vL, § 20 U ­UmwStG Rn. 23; a. A.: Blumers DB 1995, 496 (498); Herzig DB 2000, 2236 (2239); Kutt/Pitzal, DStR 2009, 1243. 347 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265, allerdings ging es nicht um eine zeitgleiche Ausgliederung. 348 BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164.

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–– Unbenommen ist die Möglichkeit, Ausgliederungen als Gestaltungs­ missbrauch gem.§ 42 AO nicht anzuerkennen. Das ist bei nur interi­ mistischen Ausgliederungen in Form von Ausweich- und Korrektur­ geschäften auch auf Basis eines Gesamtplans denkbar. –– Das Urteil des IV. Senats vom 2.8.2012349 müsste auch für Einbrin­ gungen gelten. Es ist aber inhaltlich abzulehnen und eine Fortsetzung ist unsicher. c) § 6 Abs. 3 ­EStG Der dritte Anwendungsfall der Gesamtplanrechtsprechung im Zusam­ menhang mit Umstrukturierungen betrifft unentgeltliche Betriebsüber­ tragungen gem. § 6 Abs. 3 E ­ StG,350 der mit den Einbringungstatbeständen große strukturelle Ähnlichkeiten aufweist. Wird ein Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder Teil eines Mitunternehmeranteils im Wege der Schenkung bzw. des Erbgangs übertragen, ist dieser Vorgang gem. § 6 Abs. 3 ­EStG wie eine Einbringung steuerlich begünstigt, indem die Buch­ werte fortgeführt werden und auf diese Weise trotz Rechtsträgerwechsels eine Aufdeckung stiller Reserven unterbleibt. Im Unterschied zu Ein­ bringungen ist der Buchwertansatz des § 6 Abs. 3 ­EStG zwingend. Hin­ sichtlich des Normzwecks wird auf ein tradiertes Motiv des Gesetzge­ bers verwiesen, die Liquidität des fortgeführten Betriebs zu sichern und so die betriebliche Kontinuität zu gewährleisten.351 Wiederum steht ein Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlagen der Anwendung der Be­ günstigung grundsätzlich entgegen.352 Für einen Zurückbehalt kann die bereits bei Einbringungen ausgeführte Motivationslage bestehen.353 Be­ triebsgrundlagen bestimmen sich auch für § 6 Abs. 3 ­EStG angesichts des ­ StG verschiedenen Normzwecks wie bei §§ 20, 24 von §§ 16, 34 E ­­UmwStG ausschließlich nach funktionalen Gesichtspunkten und unab­ hängig davon, ob sie hohe stille Reserven enthalten.354 Für die Gesamt­ 349 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 350 § 6 Abs. 3 E ­ StG geht zurück auf das StEntlG 1999 ff. v. 24.3.1999, BGBl. I 1999, 402. Die Regelung ist inhaltsgleich zu § 7 EStDV a. F. und in dem Bemühen ge­ schaffen worden, keine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift herbeizuführen, vgl. BTDrucks 14/6882, 32 und 14/7344, 7. EStG, § 6 Rn. J 4.; Ehmcke in Blümich, § 6 ­ EStG, 351 Vgl. Werndl, in: K/S/M, ­ Rn. 1222a; Fischer in Kirchhof, § 6 E ­ StG, Rn. 188; Herlinghaus, FR 2014, 441 (447); Wendt, FR 2005, 468 (472) (auch zu verfassungsrechtlichen Aspekten des § 6 Abs. 3 ­EStG). 352 Vgl. Kulosa in Schmidt, § 6 ­EStG, Rn. 650. 353 Vgl. oben Fn. 285. 354 Vgl. Gratz in H/H/R, § 6 ­EStG, Rn. 1345; Ehmcke in Blümich, § 6 ­EStG, Rn. 1222e; Kulosa in Schmidt, § 6 ­EStG, Rn. 646.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

plananwendung bei § 6 Abs. 3 ­EStG lassen sich ebenfalls die zwei isolier­ ten Kernfragen identifizieren, ob Ausgliederungen im gesamtplanmäßigen Vorfeld der Übertragung der Begünstigung schädlich sind (Beurteilung des Übertragungsobjekts), und ob auch mehraktige Übertragungen zu­ gunsten des Steuerpflichtigen zusammengefasst werden können (Übertragungsvorgang). Insbesondere die erste Frage (Gesamtplan zulasten des Steuerpflichtigen) wurde zuletzt unterschiedlich beantwortet. Zwischenzeitlich nahmen Finanzverwaltung355 und Rechtsprechung356 an, dass Ausgliederungen im gesamtplanmäßigen Vorfeld einer Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 ­EStG schädlich seien.357 In diesem Fall liege eine ggf. tarifbegünstigte Be­ triebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 ­EStG vor.358 Wie bei §§ 20, 24 ­­UmwStG ist ­ StG davon abgerückt: Zum einen hat der der BFH auch bei § 6 Abs. 3 E BFH die vom I. und X. Senat geprägten, soeben besprochenen Grundsätze zu Einbringungen jüngst auch auf unentgeltliche Betriebsübertragungen angewendet, sodass Vorfeldmaßnahmen aufgrund eines zeitpunktbezo­ genen Normverständnisses vorbehaltlich des § 42 AO nicht mehr einbe­ zogen werden.359 Zudem erlaubt die überblicksartig bereits vorgestellte Entscheidung des IV. Senats vom 2.8.2012 im Ausnahmefall sogar tag­ gleiche Ausgliederung.360 aa) Konvergenz zwischen §§ 20, 24 ­­UmwStG und § 6 Abs. 3 ­EStG Zunächst ist festzustellen, dass der BFH zu Recht in seinem jüngsten Urteil dazu übergegangen ist, die zu den §§ 20, 24 ­UmwStG getroffenen Erwägungen auch auf § 6 Abs. 3 E ­ StG anzuwenden.361 Die erforderliche Gleichbehandlung ergibt sich aus den gleich strukturierten Tatbestän­ den in Verbindung mit dem identischen Gesetzeszweck, zugunsten der 355 BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458 unter B. I. 1. 356 Noch zu § 7 Abs. 1 EStDV a. F.: BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, B ­ StBl. II 2005, 173; BFH Beschl. v. 31.8.1995 – VIII B 21/93, ­BStBl. II 1995, 890. 357 Dabei sollten grundsätzlich die aus §§ 16, 34 ­EStG bekannten Grundsätze analog angewendet werden. Allerdings ist ein Gesamtplan für die Übertragung im Erb­ gang mangels Planbarkeit desselben von vornherein ausgeschlossen, sodass sich auch diese Grundsätze ausschließlich auf vorweggenommene Erbfolgen bezogen, vgl. zutreffend Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2001, 1773 (1775). 358 Vgl. Ehmcke in Blümich, § 6 ­EStG, Rn. 1222a; Stein/Stein, FR 2013, 156 (162). 359 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265. 360 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053 m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 361 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265; Gl. A. Herlinghaus, FR 2014, 441 (448); Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (1999).

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Unternehmenskontinuität auf eine Besteuerung zu verzichten, um erst später darauf zuzugreifen. Für den Gesamtplan gelten deshalb die bei den §§ 20, 24 ­UmwStG ausgeführten Grundsätze einschränkungslos. Das bedeutet zum einen, dass ein einheitlicher Übertragungsvorgang auch bei mehreren, im gesamtplanmäßigen Zusammenhang stehenden Übertragungen anzunehmen ist.362 Diese zeitraumbezogene Auslegung erfolgt auch hier unabhängig von der Qualifikation des hinreichenden Einbringungsgegenstands. Der Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichti­ gen findet folglich Anwendung unabhängig von der für den belastenden Gesamtplan restriktiven neuen Rechtsprechung. Es ist Ergebnis der Norm­ auslegung, dass mehrere Teilübertragungen als einheitlicher Vorgang ge­ wertet werden.363 Im Gegensatz zu den §§ 20, 24 U ­ mwStG existiert zu dieser Konstellation sogar Rechtsprechung: In einer älteren Entschei­ dung des I. Senats364 wollte ein Vater seinem adoptierten Sohn einen Teil­ betrieb übertragen. Der Sohn war jedoch gerade erst aus einer längeren Haftstrafe entlassen worden und psychisch derart labil, dass die sofortige Übernahme der Verantwortung im Betrieb ihn überfordert hätte. Aus diesem Grund wurden ihm über 25 Monate hinweg Stück für Stück Be­ reiche des Betriebs übertragen. Jeder einzelne Übertragungsakt erfüllte isoliert betrachtet nicht das Erfordernis der Übertragung eines vollstän­ digen Teilbetriebs. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs und der starken sachlichen Verklammerung (in Form der Unfähigkeit des Sohnes zur ad hoc Übernahme des Teilbetriebs und der Einheitlichkeit des ­Willensentschlusses zur Übertragung) nahm der BFH eine Gesamtschau vor und wertete die Teilschritte als einheitlichen Übertragungsvorgang, der insgesamt unter § 7 EStDV a. F. fiele und damit begünstigt sei. Die 25 Monate wurden ausdrücklich als Obergrenze der Zusammenfassung bezeichnet. Es wird schon aufgrund des Alters der Entscheidung nicht ausdrücklich auf den Gesamtplan abgestellt. Bedeutsam ist, dass hier er­ hebliche wirtschaftliche Gründe für die Aufspaltung bestanden und dies der Verklammerung nicht entgegenstand, sondern im Gegenteil sogar argumentativ zur Bestärkung des Zusammenhangs verwendet wurde. Die Beurteilung des Übertragungsobjekts erfolgt dagegen auch bei § 6 Abs. 3 ­EStG zeitpunktbezogen, sodass der Gesamtplan zulasten des Steu­ 362 Gl. A. Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (1999); Herlinghaus FR 2014, 441 (449 f.). Daneben erlaubt inzwischen § 6 Abs. 3 Satz 2 ­EStG die gestückelte Über­ tragung unter gewissen Voraussetzungen, ohne dass es eines sachlichen Zusam­ menhangs bedarf. 363 Vgl. Herlinghaus, FR 2014, 441 (450); es wäre auch praktisch kaum möglich, eine Betriebsübertragung auf eine logische Sekunde zu terminieren. 364 BFH v. 12.4.1989 – I R 105/85, ­BStBl. II 1989, 653. Ergangen noch zu § 7 EStDV a. F.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

erpflichtigen nicht anwendbar ist. Eine zeitraumbezogene Betrachtung mit dem Ziel, die tatsächliche Aufdeckung aller stiller Reserven sicher­ ­ StG genau wie den §§ 20, 24 U ­ mwStG fremd.365 zustellen, ist § 6 Abs. 3 E Es kommt nicht auf die Anballung stiller Reserven, sondern auf die ­Unternehmenskontinuität an. Dieses Verständnis spiegelt sich wie bei §§ 20, 24 ­UmwStG in der funktionsbezogenen Bestimmung der wesent­ lichen Betriebsgrundlagen wider.366 Es ist erfreulich, dass nun auch der IV. Senat im Urteil vom 9.12.2014 ausdrücklich diese Konvergenz bestä­ tigt hat und Vorfeldausgliederungen aufgrund eines zeitpunktbezogenen Verständnisses des § 6 Abs. 3 ­EStG unberücksichtigt lässt.367 Im Urteils­ fall hatte ein Mitunternehmer 16 Tage vor einer Betriebsübertragung ein im Sonderbetriebsvermögen befindliches wesentliches Betriebsgrund­ stück veräußert. Auf der Basis einer zeitpunktbezogenen Betrachtung hielt der Senat den Gesamtplan ausdrücklich für nicht anwendbar. Zuvor war dies noch unklar, hatte doch der IV. Senat im Urteil vom 2.8.2012 die ­ mwStG bloß in Übertragbarkeit des Normverständnisses der §§ 20, 24 U einem obiter dictum durch Bezugnahme auf das oben besprochene Urteil des X. Senats zu § 24 U ­ mwStG angedeutet368 und die Unschädlichkeit von Vorfeldmaßnahmen eher beiläufig erwähnt.369 Nun besteht Klarheit, dass für einen Gesamtplan zulasten des Steuer­ pflichtigen aus dem Telos der Norm, wie er zu §§ 16, 34 ­EStG judiziert wird, auch bei § 6 Abs. 3 ­EStG kein Raum ist. Auch die Finanzver­waltung wird nicht umhinkommen, dieses eindeutige und auf einer sich verfesti­ genden Linie mit dem I. und X. Senat befindliche Urteil anzuwenden.370 Der BFH äußert sich nicht dazu, ob Vorfeldmaßnahmen ausnahmsweise schädlich sein können, wenn sie sich als missbräuchlich im Sinne von § 42 AO darstellen, was wie bei §§ 20, 24 ­UmwStG wohl dann anzuneh­ 365 Vgl. Herlinghaus FR 2014, 441 (447 f.); Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 2414 (2416); Demuth/Eisgruber, Beihefter zu DStR 49 2012, 135 (148); Korn/Strahl, NWB 2012, 4060 (4063); Bode, DB 2012, 2375. 366 Wendt, FR 2002, 127; Korn/Strahl in K/S, § 6 ­EStG, Rn. 473; a. A. Gratz in H/H/R, § 6 ­EStG, Rn. 1363. 367 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265; allerdings gilt das Urteil unmittelbar nur für gewinnrealisierende Ab­ schmelzungen. M. E. muss die Art der Ausgliederung für das zeitliche Verständnis ­ StG unerheblich sein und kann lediglich im Rahmen des § 42 AO des § 6 Abs. 3 E bedeutsam werden. Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. b) bb) (2). 368 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 (151); so auch Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 (286); Kanzler, FR 2012, 1120 (1121); Bode, DB 2012, 2375. 369 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 (140 f.); Vgl. Herlinghaus, FR 2014, 441 (447 f.). 370 Nachdem noch zum Urteil vom 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 ein Nichtan­ wendungserlass ergangen ist: BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

men ist, wenn die Ausgliederung nicht auf Dauer erfolgt und nicht mit ihren tatsächlichen Folgen gewollt ist. Die Bedeutung des Einschwenkens des IV. Senats durch die Anerkennung der zeitpunktbezogenen Betrachtung für § 6 Abs. 3 E ­ StG ist größer, als man es angesichts der scheinbar weiterreichenden Entscheidung des IV. Senats zu taggleichen Ausgliederungen371 vordergründig annehmen würde. Dies liegt nicht nur am ergangenen Nichtanwendungserlass gegen dieses Urteil.372 Vielmehr ist die Zulässigkeit taggleicher Ausgliederun­ gen tatsächlich inhaltlich bedenklich und beruht auf einer nicht schlüssi­ gen Argumentation. Insofern ist eine Fortsetzung weder zwingend noch geboten. Außerdem greift das Urteil originär nur für Buchwertausgliede­ rungen; auf eine Ausweitung auf Entnahmen oder Vorabveräußerungen lässt sich nicht eindeutig schließen.373 Die aus dem Bereich der Einbrin­ gung zu übertragende, zeitpunktbezogene Auslegung ist dagegen unab­ hängig von der konkreten Ausgestaltung der Ausgliederung. bb) Zulässigkeit taggleicher Ausgliederungen (1) BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11 Trotz des Bedeutungsverlusts taggleicher Ausgliederungen aufgrund der Anerkennung der Zeitpunktbetrachtung, soll das vieldiskutierte Urteil vom 2.8.2012 wegen seiner Auswirkungen auf den Gesamtplan vorge­ stellt werden.374

Abbildung 6: Taggleiche Ausgliederung vor § 6 Abs. 3 E ­ StG, BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/ 11 371 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 372 BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164. 373 Dazu sogleich Teil 2, § 1 V. 1. c) bb). 374 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Der Steuerpflichtige war Kommanditist der F-Einmann-­GmbH & Co. KG mit einem Grundstück in seinem Sonderbetriebsvermögen (wesentliche Betriebsgrundlage). Seine Geschäftsanteile sollten im Wege der vorweg­ genommenen Erbfolge auf seine Tochter übergehen. Dazu übertrug er ihr zunächst 80 % seines Gesellschaftsanteils (ohne Mitübertragung des Grundstücks). Später übertrug er seiner Tochter die restlichen 20 % der Kommanditanteile, gliederte allerdings zeitgleich das Grundstück zum Buchwert auf eine Schwestergesellschaft aus. Fraglich war angesichts des zurückbehaltenen Grundstücks, ob beide Anteilsübertragungen ohne Gewinnrealisierung erfolgen konnten. Der Senat ließ für beide separat zu beurteilenden Übertragungsvorgänge die Fortführung der Buchwerte zu. Die Übertragung der 80 % interessiert für den Gesamtplan nicht.375 Erst bei der zweiten Übertragung kommt es auf die Schädlichkeit der zeitgleich durchgeführten Ausgliederung des Grundstücks auf die Schwesterpersonengesellschaft gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 ­EStG für den Buchwertansatz nach § 6 Abs. 3 ­EStG an. Grundsätzlich stellte der IV. Senat fest, dass für die Anwendung des § 6 Abs. 3 ­EStG alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden müssten. Eine „Ausnahme“ sei seit dem Veranlagungszeitraum 2001 zu ­ StG buchwertneutral ausgegliedert machen, wenn diese gem. § 6 Abs. 5 E würden. Denn beide Normen seien gleichzeitig anwendbar. Ihre gleich­ lautenden Gesetzesbefehle könnten genau wie beide Gesetzeszwecke ohne logischen Widerspruch nebeneinander stehen, auch wenn die Buch­ wertübertragung mit der Betriebsübertragung gepaart auftrete.376 Die Möglichkeit der Buchwertfortführung sei nur dann eingeschränkt, wenn 375 Der Buchwertansatz des ersten Übertragungsakts erfolgte auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 E ­ StG. Zwar sei das Grundstück nicht mitüber­ tragen worden; dies stünde aber gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 ­EStG i. V. m. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 E ­ StG der Buchwertfortführung nicht entgegen, wenn das Grundstück weiterhin in derselben Mitunternehmerschaft Betriebsvermögen blei­ be und der Mitunternehmeranteil vom Rechtsnachfolger fünf Jahre gehalten wür­ de. Indem der übertragende F weiterhin zu 20 % Mitunternehmer geblieben sei, habe sich das Grundstück in derselben Mitunternehmerschaft befunden. Die Vo­ raussetzungen von § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 E ­ StG seien erfüllt. Die Über­ tragung des 20 % Restanteils löse auch keinen Sperrfristverstoß nach dieser Norm aus; vielmehr ende die Frist, wenn auch der restliche Anteil übertragen werde; ob diese zweite Übertragung zur Aufdeckung stiller Reserven führe, müsse gesondert geprüft werden. ­ StG BT Drucks 14/6882, S. 32; 376 Vgl. für den Gesetzeszweck des § 6 Abs. 5 E 14/7344, S. 7; vgl. auch Werndl, in: K/S/M, § 6 E ­ StG, Rn. L 3 ff.: § 6 Abs. 5 E ­ StG soll Umstrukturierungen erleichtern, um die betriebswirtschaftlich effizientere Nutzung eines Wirtschaftsguts in einem anderen Betriebsvermögen zu ermögli­ chen.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

die „wirtschaftliche Lebensfähigkeit der entsprechenden Sachgesamtheit“ durch die Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter in einer Weise berührt würde, „dass es wirtschaftlich zu einer Zerschlagung des Betriebs und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe“ komme. Aller­ dings bedeute ein Ausscheiden wesentlicher Betriebsgrundlagen aus ei­ nem Betrieb nicht unbedingt, dass zukünftig keine funktionsfähige Sachgesamtheit bestehe. Vielmehr sei das Ausscheiden ein Indiz dafür, dass das Wirtschaftsgut für die Funktionsfähigkeit nicht bedeutsam war. (2) Auswirkung für den Gesamtplan In der Folge kommt es auf einen Gesamtplan in dieser Konstellation nicht mehr an. Die zeitliche Dimension schädlicher Vorfeldmaßnahmen wird irrelevant, wenn Ausgliederungen per se zulässig sind. Vorfeldmaß­ nahmen müssen erst Recht unberücksichtigt bleiben.377 Deshalb wurde in diesem Zusammenhang der „Abschied vom Gesamtplan“ ausgeru­ fen.378 Tatsächlich beinhaltet das Urteil den Versuch des IV. Senats, auf der Basis einer eigenständigen Argumentation – unabhängig von der zeit­ punktbezogenen Interpretation des I. und X. Senats – den Gesamtplan nicht mehr anzuwenden. Dieses Resultat wird naturgemäß von der Bera­ terschaft begrüßt.379 Dass die Entscheidung diese Auswirkung auf den Gesamtplan nicht adressiert, wird ihr dagegen teilweise vorgeworfen.380 Diese Kritik ist nicht berechtigt, wenn man sich vor Augen führt, dass der Sachverhalt gar keine gesamtplanmäßige Gestaltung enthält, son­ dern sich nur mittelbar auf den Gesamtplan auswirkt. Eine taggleiche Ausgliederung wäre in der Vergangenheit als schädlich gewertet worden, ohne dass dazu ein Gesamtplan hätte bemüht werden müssen. Insofern hatte der Senat keine Gelegenheit, sich zum Gesamtplan selbst zu äu­ ßern. Das Urteil war für den Gesamtplan vor allem deshalb von Bedeutung, weil im Zeitpunkt ihres Ergehens noch nicht klar war, wie der BFH sich zur Zulässigkeit von Vorfeldmaßnahmen bei § 6 Abs. 3 E ­ StG positionie­ ren würde. Mit dem Urteil vom 9.12.2014 wurde diese jüngst erstmalig ausdrücklich als unschädlich erachtet.381 Da Vorfeldmaßnahmen nun 377 Vgl. U. Förster, DB 2013, 2047 (2048); Levedag, ­GmbHR 2013, 673 (682); Messner, AktStR 2013, 89 (95). 378 Brandenberg, DB 2013, 17. Vgl. auch Crezelius, BB 2013, 27 (29); lediglich von ei­ ner Relativierung spricht Kaminski, Stbg 2013, 53. 379 Vgl. nur Stein/Stein, FR 2013, 162; Bohn/Pelters, DStR 2013, 281. 380 Vees, DStR 2013, 743 (745). 381 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

eindeutig schon aufgrund der zeitpunktbezogenen Interpretation des § 6 Abs. 3 ­EStG unbeachtlich sein müssen, ist die praktische Bedeutung der Zulässigkeit auch taggleicher Ausgliederungen gering: Gut beratene Steuerpflichtige werden immer den Weg über eine Vorfeldausgliederung gehen (angesichts der kritischen Haltung der Finanzverwaltung aller­ dings noch nicht). Zu beachten ist auch, dass es bisher das einzige Urteil ist, dass sich mit Buchwertausgliederungen auseinandersetzt. Alle ande­ ren Entscheidungen enthielten gewinnrealisierende Abschmelzungsvor­ gänge. M. E. gilt die Abkehr vom Gesamtplan auch auf der Basis dieser Argu­ mentation wie bei der zeitpunktbezogenen Argumentation nur vorbe­ haltlich einer Einschränkung, was bisher nicht gesehen wird: Auch die Argumentation über die Gleichrangigkeit der Normen muss Ausgliede­ rungen dann negieren, wenn sie sich als missbräuchliches Ausweichund Korrekturgeschäft nach Gesamtplan darstellen, also mit den Worten des BFH, wenn die Ausgliederung nicht auf Dauer erfolgt und mit ihren Rechtsfolgen nicht tatsächlich gewollt war. Bei derartigen nur interimis­ tischen Ausgliederungen bleibt ein gesamtplanmäßiger Zusammenhang zwischen Ausgliederung und Wiedereingliederung relevant. Insofern ist auch nach dem Urteil des IV. Senats die Abkehr vom Gesamtplan nicht absolut, sondern vielmehr als Beschränkung nur innerhalb eines Ge­ samtplantopos zu verstehen. (3) Kritik Vor Freude über das günstige Ergebnis wurde die Begründung des IV. Se­ nats als „Rechtsanwendung pur“ gelobt.382 Tatsächlich hat das Urteil wohl vor allem eine Stärke: Indem es anstelle eines Gesamtplans über die Gleichrangigkeit von § 6 Abs. 5 ­EStG und § 6 Abs. 3 ­EStG argumen­ tiert, vermeidet es einige terminologische Verwirrung. Auf diese Weise lässt das Urteil mehraktige Übertragungsvorgänge zugunsten des Steuer­ pflichtigen eindeutig unberührt. Zum anderen vermengt es nicht die Ge­ samtplantopoi des Ausweich- und Korrekturgeschäfts mit einer zeit­ raumbezogenen Auslegung bei der Beurteilung des Maßnahmeobjekts. Diese Klarheit ließ insbesondere der X. Senat zu § 24 ­UmwStG vermis­

382 Vgl Kanzler, FR 2012, 1113 (1121), der dem BFH eine „Freude an der grundlegenden Lösung systematischer Fragen“ attestiert; Messner, AktStR 2013, 89 (95). Symptomatisch auch Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 und Stein/Stein, FR 2013, 156.

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sen.383 Zugegeben ist die Zulässigkeit taggleicher Ausgliederungen bei ergebnisorientierter Betrachtung weniger rabulistisch als eine reine Zeit­ punktbetrachtung. Es ist schwer erklärlich, warum eine Ausgliederung eine Sekunde vor der Übertragung unschädlich sein soll, die zeitgleiche Ausgliederung dagegen schädlich,384 wodurch letztlich eine „Dummenbesteuerung“ erfolgt. Dennoch ist die Argumentation des Urteils aufgrund erheblicher Un­ stimmigkeiten abzulehnen. Diese sollen aufgezeigt werden, um zu de­ monstrieren, dass der zeitpunktbezogenen Auslegung der Vorzug vor der Argumentation über die Gleichrangigkeit der Normen gebührt, auch wenn im Ergebnis beide zu einer Beendigung der Gesamtplanargumenta­ tion führen. Dies hat für den Gesamtplan auch dahingehend Bedeutung, dass die Zulässigkeit von Ausgliederungen eine Vorherigkeit vor der zeit­ lichen Auslegung der Norm besitzt, mithin eine Ausstrahlung auf zeit­ raumbezogene Normen dort ggf. einem Gesamtplan eigenständig entge­ genstehen könnte. Der bedeutsamste innere Widerspruch der Entscheidung ist eine unbe­ wusste Änderung des Betriebsbegriffs, die zuerst Brandenberg identifi­ ziert hat.385 Indem der BFH absolut gleichzeitige Ausgliederungen er­ laubt, verlangt er gerade nicht mehr die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen. Die Frage, welche Teile des Betriebsvermögens über­ tragen werden müssen, ist einer rein funktionalen Betrachtungsweise gewichen: § 6 Abs. 3 ­EStG wird als Untergrenze nur dann nicht angewen­ det, „wenn die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der entsprechenden Sachgesamtheit“ durch die Ausgliederung derart eingeschränkt wird, dass es „wirtschaftlich zu einer Zerschlagung des Betriebs und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe käme“.386 Damit hat sich der IV. Senat von einer wirtschaftsgutbezogenen Betrachtungsweise von Überträger­ seite gelöst; das Vorliegen eines Betriebs bemisst sich ausschließlich nach seiner Funktions- und Lebensfähigkeit auf Übernehmerseite.387 383 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638, m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; vgl. Teil 2, § 1 V. 1. b) bb) (2); es muss allerdings zugestanden werden, dass im Bereich der §§ 20, 24 U ­ mwStG die Relevanz des Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen geringer ist. 384 Vgl. Behrens/Schmitt, FR 2002, 549 (554). 385 Vgl. Brandenberg, DB 2013, 17; a. A. Herlinghaus, FR 2014, 441 (449); auch wahr­ genommen von Wacker, Ubg 2016, 245 (248). 386 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 (148). 387 Treffend formuliert Vees, DStR 2013, 743 (745): „Aus der Betriebsübergabe wird mit dem BFH die Betriebsübernahme“. A.A. Herlinghaus, FR 2014, 441 (448): Er sieht in der gleichzeitigen Anwendung von § 6 Abs. 5 ­EStG und § 6 Abs. 3 ­EStG keine Veränderung des Betriebsbegriffs, sondern nur einen Extremfall der zeit­

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Die Argumentation über die Gleichrangigkeit der Normbefehle ist nur eine Verklausulierung dieser Änderung des Betriebsbegriffs: § 6 Abs. 3 ­EStG und § 6 Abs. 5 E ­ StG sind zwar gleichrangig anwendbar und können auch alternativ tatbestandlich erfüllt sein, nicht aber kumulativ. Ver­ langt man für § 6 Abs. 3 E ­ StG (wie der IV. Senat es zumindest formal tut) die Übertragung aller wesentlicher Betriebsgrundlagen, ist diese Voraus­ setzung gerade nicht erfüllt, wenn sie zeitgleich ausgegliedert werden und zum Übertragungsstichtag aus diesem Grund zurückbleiben. Entwe­ der es wird ausgegliedert, oder der vollständige Betrieb wird übertragen. Beides zugleich schließt sich aus. Indem der BFH sich über diese zwin­ gende Alternativität der Voraussetzungsseite hinwegsetzt, verändert er zwangsläufig den sachlichen Gehalt dieser Voraussetzungen.388 Ein Indiz dafür ist auch die völlige Beliebigkeit der Gleichrangigkeit als Kriterium, die sich gerade bei der Frage auswirkt, auf welche weiteren Konstellationen die Urteilsgrundsätze ausstrahlen. Der IV. Senat widme­ te sich der Ausweitung auf Entnahmen und Veräußerungen in einem obiter dictum, ließ die Entscheidung aber offen stehen. Die Formulierung der Frage, ob die Entscheidungsgründe auch für Entnahmen und Veräu­ ßerungen gelte als Vorgänge, „in denen es sogar zur Aufdeckung der durch das entsprechende Wirtschaftsgut verkörperten stillen Reserven kommt“, legt aber in einem Erst-Recht-Schluss die Sympathie des Senats für eine Erstreckung auf Entnahmen und Veräußerungen nahe.389 Tat­ sächlich lässt sich die Gleichrangigkeit kaum fassen: Ist es z. B. sinnvoll, als Argument für die Gleichrangigkeit wie der IV. Senat den beiderseits zwingenden Buchwertansatz heranzuziehen? Warum sollte der Gel­ tungsanspruch einer Norm wie § 20 U ­ mwStG gegenüber § 6 Abs. 5 E ­ StG deshalb eingeschränkt sein, weil der Buchwertansatz nur auf Antrag er­ folgt (zumal auf Antrag des Übernehmenden, auf den der Übertragende, der die Ausgliederung durchführt, nur begrenzten Einfluss hat)? Und ste­ punktbezogenen Betrachtung. Damit wird trotz der gleichzeitigen Anwendung beider Normen § 6 Abs. 5 ­EStG gewissermaßen ein zeitlicher Vorrang eingeräumt, sodass in der logischen Sekunde darauf ein begünstigungsfähiger Betrieb verbleibt. Gerade angesichts der Tatsache, dass der BFH über die „Gleichrangigkeit“ argu­ mentiert, ist dies nicht tragfähig. 388 Der BFH versteht die gleichzeitige Anwendbarkeit zweier gleichrangiger Normen scheinbar als bedingungsloses Ziehen beider Rechtsfolgen. Das ist m. E. eine feh­ lerhafte Subsumtionstechnik. 389 Dies wird von einem Mitglied des entscheidenden Senats als „Wink mit dem Zaunpfahl“ verstanden, Bode, DB 2012, 2375. Für dieses Verständnis auch: Crezelius, BB 2013, 27 (29); Weber-Grellet, BB 2013, 43 (50); Levedag, ­GmbHR 2013, 673 (682); a. A. Messner, AktStR 2013, 89 (96), der eine restriktive Anwendung der Ausnahme prognostiziert; Blumers, DB 2013, 1625 (1626).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

hen nicht im Grunde auch § 6 Abs. 5 ­EStG und § 16 ­EStG gleichwertig nebeneinander, sodass Ausgliederungen auch dort – entgegen aller Ra­ tio – zulässig sein müssten? Ein Rangverhältnis von § 6 Abs. 5 ­EStG zu anderen steuerlich privilegierten Maßnahmen lässt sich folglich kaum belegen.390 Wenn die gesamte Argumentation letztlich auf der Änderung des Be­ triebsbegriffs aufbaut, muss zumindest diskutiert werden, ob ein derarti­ ges funktionsbezogenes Verständnis berechtigt ist, was allerdings den Rahmen dieser Arbeit verlässt. Eine derartige Änderung wird von weni­ gen Stimmen, dafür mit besonderem Nachdruck propagiert.391 Sie ist je­ denfalls nicht schon der Abweichung selbst wegen abzulehnen.392 Dem funktionsbezogenen Betriebsbegriff ist einiges abzugewinnen, wobei zwei Argumente hier kurz aufgeworfen werden sollen: Es ist m. E. tat­ sächlich fragwürdig, auf die zivilrechtliche Übertragung von Betriebs­ grundlagen abzustellen, weil der Ursprung dieser Wertung auf §§ 16, 34 ­EStG zurückgeht. Die Gesetzeszwecke des § 6 Abs. 3 ­EStG und der §§ 20, 24 ­UmwStG, die allein der Unternehmenskontinuität verschrieben sind, werden von einer funktionsbezogenen Voraussetzungsseite naturgemäß besser ausgefüllt. Zwar werden die normspezifischen Gesetzeszwecke (inzwischen) dahingehend berücksichtigt, dass wesentliche Betriebs­ grundlagen bei § 6 Abs. 3 ­EStG und bei §§ 20, 24 ­UmwStG nur anhand einer funktionalen Betrachtung identifiziert werden.393 Dies ist aber le­ diglich die Korrektur eines fehlerhaften Ausgangspunktes und lässt im­ mer noch den Ursprung mit anderweitiger Zielrichtung erkennen. Zwei­ 390 Symptomatisch für die fehlende Differenzierbarkeit und letztlich die Fehlerhaftig­ keit der Gleichrangigkeit ist der Beitrag von Wachter, DB 2013, 200 (206). Zwar seien auch §§ 20, 24 U ­ mwStG im Verhältnis zu § 6 Abs. 5 E ­ StG wegen des An­ tragsrechts nicht gleichrangig. Darauf könne es aber nicht ankommen. Es komme auf die einheitliche Auslegung des Betriebsbegriffs an. Intuitiv zieht also auch Wachter eher den Betriebsbegriff heran als das Normverhältnis. 391 Vgl. nur Rödder/Beckmann, DStR 1999, 751 mit dem Titel „Ein neues Teilbetriebsverständnis im Umwandlungssteuergesetz tut not!“; wiederholt Blumers, DB 1995, 496; ders., DB 2001, 722; ders., DB 2013, 1625; Kutt/Pitzal, DStR 2009, 1243; Götz; DStZ 1997, 551; Herzig, DB 2000, 2236; wohl auch Behrens/Schmitt, FR 2002, 449 (554), aber nur für die zeitpunktbezogenen §§ 20, 24 ­UmwStG. Die Diskussion entbrannte zuletzt in der Folge eines zustimmenden Urteils des FG Sachsen v. 9.9.2008 – 3 K 1996/06, EFG 2009, 65, konnte aber angesichts der ge­ genteiligen Entscheidung der Revision BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, ­BStBl. II 2011, 467 nicht aufrechterhalten werden; infolge des hier besprochenen Urteils erneuert allein Blumers, DB 2013, 1625 seine Forderung. 392 So aber wohl Brandenberg, DB 2013, 18; Vees DStR 2013, 743. 393 Vgl. Gratz in H/H/R, § 6 Abs. 3 ­EStG, Rn. 1345; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, ­BStBl. II 2000, 173.

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tens hat die zufällige Eigentumssituation einzelner Betriebsgrundlagen für die Funktionsfähigkeit des Betriebs meist keine Bedeutung und sollte deshalb unbeachtlich sein. Vor diesem Hintergrund ist es zudem fraglich, warum Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die vom Betrieb nur aufgrund einer obligatorischen Nutzungsüberlassung genutzt wer­ den, bei einer Einbringung in das Volleigentum des Rechtsnachfolgers übertragen werden müssen.394 So zustimmungswürdig diese Überlegungen auch sein mögen, kann nicht ignoriert werden, dass dies ständiger Rechtsprechung395 wider­ spricht und auch der Gesetzgeber nach der Schaffung des § 6 Abs. 3 Satz 2 ­EStG als Sondernorm für den Zurückbehalt einzelner Wirtschaftsgüter erkennbar von einem wirtschaftsgutbezogenen Betriebsbegriff ausgeht. Davon unabhängig ist jedenfalls die bloß formale Beibehaltung des alten Betriebsbegriffs unter faktischer Aushöhlung desselben mit der fehler­ haften Argumentation über eine gleichzeitigen Anwendbarkeit von § 6 Abs. 5 ­EStG und § 6 Abs. 3 E ­ StG unhaltbar.396 Aus diesem Grund ist das Urteil vom 2.8.2012 nicht zustimmungsfähig. Der IV. Senat hat gut daran getan, sich nun auch dem zeitpunktbezogenen Verständnis zuzuwenden. Ob taggleiche Ausgliederungen auch zukünftig für zulässig befunden werden, ist angesichts der fehlerhaften Argumentation nicht gesichert.397 Der Gesamtplan ist auf jeden Fall nicht mehr anwendbar. cc) Fazit Damit ergeben sich für § 6 Abs. 3 ­EStG zusammenfassend folgende Er­ gebnisse: –– Ausgliederungen zeitlich vor Betriebsübertragungen sind analog zu den §§ 20, 24 ­UmwStG aufgrund eines zeitpunktbezogenen Verständ­ nisses unbeachtlich, solange sie dauerhaft erfolgen und nicht nur vor­ 394 Vgl. Kutt/Pitzal, DStR 2009, 1243. Eine gewisse Substanzübertragung ist dennoch zu verlangen, sonst kann kaum noch von einer „Betriebsübertragung“ die Rede sein. Im Gegensatz dazu konstruiert Blumers sogar einen Fall, in dem eine Be­ triebsübertragung schon dadurch erfolgen kann, dass der vollständig auf Nut­ zungsrechten agierende Betrieb alle diese Nutzungsrechte überträgt, DB 2013, 1625 (1627). 395 Zuletzt BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, ­BStBl. II 2010, 467. 396 Diese Vorgehensweise ist auf die unbewusste Änderung zurückzuführen. Daraus erklärt sich auch die irritierende Titulierung als „Ausnahme“: Jedenfalls die Er­ streckung der Grundsätze auf Veräußerungen und Entnahmen macht diese Aus­ nahme zur absoluten Regel statt zur punktuellen Beschränkung des herkömmli­ chen Betriebsbegriffs. 397 Vgl. auch Mitschke, FR 2013, 314.

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geschoben sind. Der Gesamtplan zulasten des Steuerpflichtigen ist daher (vorbehaltlich gesamtplanmäßiger Aus- und Wiedereingliede­ rungen) nicht mehr anwendbar. Die Anwendung des Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen bei der Verklammerung mehrerer Übertragungsakte bleibt unberührt. –– Zeitgleiche Ausgliederungen werden zwar vom IV. Senat zugelassen. Dieses Ergebnis ist nur unter Änderung des Betriebsbegriffs folgerich­ tig, was aber ständiger Rechtsprechung und dem gesetzgeberischen Verständnis widerspricht. Schon deshalb ist eine Korrektur des Ergeb­ nisses in späteren Urteilen nicht unwahrscheinlich. d) Sonderfall: Der „Plan in Einzelakten“ Jüngst ist in thematischer Nähe zu den vorstehenden Entscheidungen die Anwendung des Gesamtplans zugunsten des Steuerpflichtigen abgelehnt worden, weil aufgrund bedeutsamer wirtschaftlicher Gründe für die Ge­ staltung in Teilschritten gerade kein artifizieller Gesamtplan vorliege.398 Vielmehr sei dies ein sog. „Plan in Einzelakten“, der eine Gesamt­ betrachtung nicht erlaube. In einer höchst komplex gestalteten Genera­ tionennachfolge kam es dem Steuerpflichtigen gerade auf eine saldieren­ de Gesamtschau aller Teilschritte an, um eine optimale Verrechnung von Veräußerungsgewinnen und Verlusten zu erreichen. Es ging also um ei­ nen Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichtigen. Das Urteil entzieht sich einer konkreten Zuordnung zu einem der vor­ stehenden Bereiche. Es behandelt keine Verklammerung mehrere Teil­ schritte zu einem einheitlichen, unter eine Norm fallenden Gesamtvor­ gang: V war ab März 1997 Alleingesellschafter einer Betriebs-­GmbH, der er mehrere Betriebsgrundstücke im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verpachtete. Die ­GmbH war sanierungsbedürftig. In enger Abstimmung mit den finanzierenden Banken erstellte ein Berater deshalb ein Nachfol­ gekonzept zugunsten der sanierungswilligen Söhne, das plangemäß wie folgt durchgeführt wurde: Im ersten Schritt veräußerte V die Betriebs­ grundstücke an seine Söhne S1 und S2 zum Verkehrswert von 3.000.000 e, wobei er ca. 600.000 e des erhaltenen Kaufpreises den Söhnen „zurückschenkte“. Im zweiten Schritt legte er die (nach weiteren Abzügen) übrig gebliebenen 2.330.000 e in die ­GmbH ein. Dadurch sollten nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Anteile an der G ­ mbH entstehen. In einem dritten Schritt übertrug er die Anteile der G ­ mbH zum Nominalwert (49.000 e und 51.000 e) an S1 und S2, wobei er den Söhnen wiederum 398 BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234.

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diesen Nominalwert postwendend zurückschenkte. Es kam V darauf an, die Veräußerungsgewinne aus dem Grundstücksgeschäft mit den Verlus­ ten der Anteilsübertragung zu verrechnen, um eine Realisierung der stil­ len Reserven zu mindern. Dies lehnte der X. Senat ab. Durch die Veräu­ ßerung der Grundstücke komme es mangels fortbestehender personeller Verflechtung zu einer zwangsweisen Beendigung der Betriebsaufspaltung mit der Folge, dass das restliche Betriebsvermögen (die Anteile an seiner ­GmbH) zwangsläufig (ohne weitere Entnahmehandlung) in sein Privat­ vermögen entnommen würde (Betriebsaufgabe). Die Anteilsveräußerung im dritten Schritt unterfiele grundsätzlich § 17 ­EStG. Wegen der Rück­ schenkung des Kaufpreises handele es sich aber im Sachverhalt um einen unentgeltlichen Vorgang, der weder zu steuerbaren Veräußerungsge­ winnen noch zu Verlusten führe. Der BFH sah keinen Grund dafür, die zwangsweise Betriebsaufgabe mit der späteren Übertragung der Anteile unter Gesamtplangrundsätzen als einheitliche Betriebsaufgabe bzw. ein­ heitlichen unentgeltlichen Übertragungsvorgang zusammenzufassen. Ein Gesamtplan liege nicht vor, wenn wirtschaftliche Gründe für die Teilschritte vorlägen und es dem Steuerpflichtigen gerade auf diese Gründe ankomme, selbst wenn die Gestaltung auf einem vorgefertigten Konzept beruhe. Dann liege besagter Plan in Einzelakten vor. Das Ergebnis des Urteils ist sachgerecht.399 Nicht begrüßenswert ist, dass der BFH die Möglichkeit einer Verknüpfung zweier getrennter steuerli­ cher Vorgänge (1. zwangsweise Entnahme durch Beendigung der Betriebs­ aufspaltung; 2. Veräußerung privater Anteile nach § 17 E ­ StG) durch ei­ nen Gesamtplan überhaupt in Erwägung zieht und letztlich erst über die Ablehnung des Gesamtplans ein Ergebnis findet, das ohnehin das einzig nomologisch zulässige gewesen wäre. Erstmalig hätte der Gesamtplan – seine Bejahung angenommen – nicht nur dazu gedient, einen mehrakti­ gen Vorgang innerhalb einer Norm rein zeitlich zusammenzufassen, son­ dern sogar die rechtliche Qualität verschiedener Einzelschritte zu ändern. Eine zwingend angeordnete Entnahme wäre verwandelt worden in einen andersartigen Vorgang. Ein solches Begehren des Steuerpflichtigen muss mangels Rechtsgrundlage unberücksichtigt bleiben. Das Telos einer ein­ zelnen Norm kann eine derartige Auslegung jedenfalls nicht begründen. Insofern prüft der X. Senat den Gesamtplan in seiner Entscheidung ge­ wissermaßen zwischen den Stühlen ohne gesetzliche Anknüpfung an

399 Allg. Ansicht: Prinz FR 2014, 234; Dötsch, jurisPR-SteuerR 11/2014 Anm. 2; Krüger DStZ 2014, 194 (203); Wiese/Berner, DStR 2014, 1148 (1152); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 310.

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einen konkreten Steuertatbestand.400 Die ist wohl auch darauf zurückzu­ führen, dass unklar und streitig war, unter Bezug zu welcher Norm die Gestaltung geprüft wird und im Rahmen welcher Norm eine gesamt­ planmäßige Saldierung erfolgen soll.401 Der BFH hätte den Gesamtplan nicht ablehnen, sondern ihn gar nicht erst anwenden sollen. Weil der Plan in Einzelakten vom X. Senat als Gegensatzbegriff zum Ge­ samtplan erkennbar mit abstrakter Grundsatzwirkung installiert wur­ de,402 sind dazu einige Erläuterungen erforderlich. Der Plan in Einzelak­ ten ist geprägt vom Wettkampf der Senate um eine sachgerechte Restriktion des Gesamtplans. Er ist Ausdruck des „Unbehagens“ des BFH mit dem Gesamtplan.403 Dennoch führt der Plan in Einzelakten nicht zu einer Aufgabe, sondern vielmehr zu einem Zwang zu weiterer Beschäftigung mit dem Gesamtplan.404 Dabei ist der Plan in Einzelakten weder sprachlich noch inhaltlich zu­ stimmungsfähig. Kernelement des neuen Begriffs ist das Vorliegen einer wirtschaftlichen Funktion der Teilschritte, welche einer Verklamme­ rung trotz einheitlicher Planung entgegenstehen soll. Die Existenz bzw. Nichtexistenz dieses Elements ist dem Plan in Einzelakten schon sprach­ lich ebenso wenig zu entnehmen wie dem Gesamtplan; der bloße „Austausch von Vokabeln“405 zeigt die Künstlichkeit der Abgrenzung. Die Verwendung derart beliebiger Begrifflichkeiten als Subsumtionsgrundla­ ge sollte überdacht sein. In der Sache ist der Plan in Einzelakten eine Negativabgrenzung zum Gesamtplan im Fall des Vorliegens wirtschaftlicher Gründe für eine Ge­ staltung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der X. Senat die Funk­ tionslosigkeit der Teilschritte, also die Künstlichkeit der Gestaltung, als konstitutive Voraussetzung eines Gesamtplans und damit einer jeden 400 „Freischwebend“ nennt deshalb Prinz, FR 2014, 228 (236) die Gesamtplanargu­ mentation; Krüger spricht von willkürlicher „Verklammerung“ (bei Vorliegen ei­ nes Gesamtplans) und „Entklammerung“ (bei Vorliegen eines Plans in Einzelak­ ten), DStZ 2014, 194 (203). 401 Das FG fügt alle Schritte zu einer unentgeltlichen Betriebsübertragung gem. § 7 EStDV a. F. zusammen; der Steuerpflichtige begehrte eine Zusammenfügung ins­ gesamt als Veräußerungsvorgang gem. § 17 ­EStG. Es kann nicht der Willkür oblie­ gen, zu welchem Tatbestand man einen Teilschritt mit dem Gesamtplan „hinbiegt“. 402 Vgl. auch Wiese/Berner, DStR 2014, 1148 (1151), die dem Argument schon wegen der „Verbegrifflichung“ besonderes Gewicht beimessen. 403 Krüger, DStZ 2014, 194 (203). 404 Vgl. Prinz, FR 2014, 228 (236). 405 So auch Krüger, DStZ 2014, 194 (203).

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Verklammerung festschreibt. Es ist eine Erkenntnis der hier vorgenom­ menen Analyse, dass dieses Merkmal gerade nicht für alle Gesamtplan­ fälle gelten kann, sondern allein gesamtplanmäßigen Ausweich- und Korrekturgeschäften vorbehalten ist.406 Gerade bei begünstigenden Zu­ sammenfassungen ist es widersinnig, die Begünstigung nur bei einer be­ deutungslosen, artifiziellen Gestaltung anzunehmen.407 Die Quintessenz des Plans in Einzelakten ist in der allgemeinen Form, die seine Aufstel­ lung als abstrakter Begriff suggeriert, nicht gerechtfertigt. Dem Gebot der Differenzierung kann eine ebenfalls abstrakte Begrifflichkeit jedenfalls nicht Rechnung tragen. Salopp formuliert macht der Plan in Einzelakten schon im Ansatz das falsch, was beim Gesamtplan in anderer Richtung als Fehler erkannt wurde. Insofern ist nicht ersichtlich, wie der Plan in Einzelakten ein „filigranes Instrument“ im Verhältnis zur „Keule“ Ge­ samtplan sein kann.408 Die Schöpfung des Plans in Einzelakten als Reaktion auf die Gesamt­ planrechtsprechung ist verwunderlich. Gerade angesichts der Erkennt­ nis, dass zwischen §§ 16, 34 E ­ StG, §§ 20 24 U ­ mwStG und § 6 Abs. 3 ­EStG eine differenzierte Rechtsanwendung erforderlich ist, lag die Ver­ mutung nahe, dass der BFH unter Aufgabe des Gesamtplans zukünftig wieder enger am Tatbestand und ohne selbstgeschaffene, eigenständig subsumtionsfähige Begrifflichkeiten agieren würde. Diese Tendenz ist in einigen Urteilen erkennbar.409 Stattdessen gefährdet der X. Senat diese noch zarte Entwicklung durch seinen plakativen und deshalb voraus­ sichtlich wirkmächtigen Gegensatzbegriff, der zwar den Gesamtplan be­ schränkt, diesem hinsichtlich der Pauschalität seiner Anwendung und der Verselbständigung von den zugrundeliegenden Entscheidungsnor­ men nicht nachsteht. M. E. liegt der Ursprung dieses Fehlers in einem vom X. Senat bereits zum zweiten Mal begangenen Fehler, nämlich zu­ nächst fälschlich von der Anwendbarkeit des Gesamtplans auszugehen und sodann, um das Ergebnis doch noch wahren zu können, unter Ver­ mengung der verschiedenen Topoi einen Gesamtplan in der Sache abzu­ lehnen.410 Dabei werden Maßstäbe an den Gesamtplan gelegt, die ihren Ursprung in § 42 Abs. 2 Satz 2 AO haben, der ersichtlich insbesondere 406 Vgl. unten Teil 3, § 3 II. 3. 407 Umso erstaunlicher ist es, dass es im Urteilsfall um einen Gesamtplan zugunsten des Steuerpflichtigen ging. 408 Wiese/Berner, DStR 2014, 1148 (1148). 409 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, B ­ StBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761; BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135 m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 410 Zuvor bereits in BFH v. 9.11.2011 X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; vgl. Teil 2, § 1 V. 1. b) aa).

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zugunsten des Steuerpflichtigen wie im vorliegenden Fall keine Anwen­ dung finden darf. Mit einer Anwendung des Plans in Einzelakten ist glücklicherweise nicht in jedem Gesamtplanfall zu rechnen. Es ist allerdings bereits jetzt erkenntlich, dass die Ablehnung einer Verklammerung aufgrund eines abstrakten Plans in Einzelakten sich in der Rechtsprechung für Fälle zu­ gunsten des Steuerpflichtigen festsetzt.411 Dieser Entwicklung sollte ent­ gegengetreten werden. M. E. ist der Plan in Einzelakten ein sprachlich schwacher, inhaltlich falscher und praktisch keinen Nutzen bringender Gegensatzbegriff zum Gesamtplan, der nur zur Verwirrung in unsicheren Zeiten der Gesamtplanrechtsprechung beiträgt.412 e) Fazit für Umstrukturierungen Für den Gesamtplan ergeben die vorgenannten Fälle in ihren Argumenta­ tionen ein vielseitiges Bild, wobei die Ergebnisse sich verhältnismäßig gut vereinfachen lassen. Es ist zunächst strikt zwischen dem Gesamtplan zugunsten und zulasten des Steuerpflichtigen zu trennen. Zugunsten des Steuerpflichtigen dient der Gesamtplan ausschließlich der großzügigen Interpretation des be­ günstigten Vorgangs. Dabei gilt für alle Bereiche gleichermaßen, dass mehraktige Vorgänge bei entsprechendem sachlichem und zeitlichem, mithin gesamtplanmäßigem Zusammenhang jeweils als einheitliche Veräußerung, Einbringung oder unentgeltliche Übertragung zusammen­ gefasst werden können. Während dem Grunde nach einheitlich eine zeit­ liche Kulanz besteht, ist im Detail, insbesondere für die Länge des Vor­ gangs, dennoch zwischen den verschiedenartigen Normzwecken zu differenzieren. Grundlegend anders stellt sich die Situation für den Gesamtplan zu­ lasten des Steuerpflichtigen dar. Dabei geht es um die Modalitäten der Qualifizierung des Maßnahmeobjekts. Diese Beurteilung erlaubt keine einheitliche Betrachtung zwischen allen drei Komplexen. Vielmehr ist den §§ 16, 34 ­EStG allein die zeitraumbezogene Betrachtung vorbehal­ ten, deren Konkretisierung durch einen Gesamtplan zwischen Ausglie­ 411 FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13, allerdings noch vor der Kreation des Plans in Einzelakten; diesen Fehler ebenfalls begehend Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 310 (313). 412 Anders wohl Dötsch, jurisPR-SteuerR 11/2014 Anm. 2, der das Urteil als Klärung von Grenzfällen der Gesamtplanrechtsprechung begrüßt und Wiese/Berner, DStR 2014, 1148.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

derung und Veräußerung erfolgen kann. Die anderen Tatbestände sind zeitpunktbezogen auszulegen und schon deshalb nicht für einen Ge­ samtplan offen, allerdings vorbehaltlich der Verhinderung von miss­ bräuchlichen Gestaltungen unter § 42 AO im Einzelfall. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Änderungen der Rechtsprechung zum Gesamtplan bei Umstrukturierungen innerhalb kürzester Zeit ist eine Notiz zur Rolle des Gesamtplans bei der Rechtsentwicklung gebo­ ten. Denn diese ist verworren verlaufen: Die konstante zeitraumbezoge­ ne Betrachtung zu §§ 16, 34 ­EStG wurde plötzlich unberechtigterweise auf Einbringungen und auf unentgeltliche Übertragungen ausgeweitet, wobei dies maßgeblich auf der Übernahme des Gesamtplans beruht, der zu Unrecht als allen Feldern gemein angenommen wurde. Erst kürzlich wurde der Fehler erkannt und korrigiert. Statt diesen aber eindeutig einer fehlerhaften Normauslegung zuzuordnen und aufgrund eines zeitpunkt­ bezogenen Verständnisses keinen Gesamtplan mehr anzuwenden, wird jedenfalls zum Teil der abstrakte Gesamtplan selbst beschränkt, aller­ dings mit sachfremden Merkmalen aus dem Anwendungsbereich des Ge­ staltungsmissbrauchs gem. § 42 AO. Dieses Vorgehen findet seinen Kul­ minationspunkt im Plan in Einzelakten. Vereinzelt werden nun diese Beschränkungen des Gesamtplans, wieder unter der Prämisse einer allen Bereichen gemeinsamen Figur, zurück auf andere Bereiche übertragen, auch wenn dort eine Zeitraumbetrachtung und ein Gesamtplan uneinge­ schränkt erforderlich wäre.413 Die Annahme eines mehreren Tatbestän­ den immanenten Gesamtplans führt damit erkennbar zu einer Reziprozi­ tät zwischen diesen Normen, die jedenfalls zwischen §§ 20, 24 UwStG und § 6 Abs. 3 ­EStG einerseits und §§ 16, 34 ­EStG abzulehnen ist. Außerdem hat die Rückführung auf des Gesamtplans zu überschießend kreativen und uneinheitlichen Lösungsvorschlägen der Senate geführt: Der IV. Senat kassiert den Gesamtplan wortlos, indem er ihm durch die „gleichrangige Anwendbarkeit“ von § 6 Abs. 3 ­EStG und § 6 Abs. 5 ­EStG die Grundlage entzieht. Der I. Senat wendet den Gesamtplan bei Um­ wandlungen nicht mehr an und bezieht Vorfeldmaßnahmen höchstens über § 42 AO ein, was aber bei dauerhaften und ernsthaft gewollten Teil­ schritten nicht in Frage komme. Der X. Senat schließt sich einerseits dieser Linie an, behält sich aber andererseits eine Prüfung des Gesamt­ plans auf fraglicher Grundlage vor und kreiert zu allerletzt besagten Plan in Einzelakten, der zur weiteren Beschäftigung mit dem Gesamtplan

413 FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

zwingt, den er eigentlich eingrenzen sollte. Zu einer Vereinfachung hat der Gesamtplan bei Umstrukturierungen damit erkennbar nicht geführt. 2. Gesellschaftsrechtliche Grundstücksverfügung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Gr­EStG vor Schaffung des Abs. 2a. Die Gesamtplanrechtsprechung im Rahmen der Steuerbarkeit gesell­ schaftsrechtlicher Grundstücksverfügungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Gr­ EStG entspricht ebenfalls dem Muster der Zerlegungsfälle.414 Vor Inkraft­ treten des § 1 Abs. 2a Gr­EStG am 1.1.1997 erfasste das Gr­EStG den Wechsel des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personenge­ sellschaft nicht ausdrücklich als steuerbaren Erwerbsvorgang. Dennoch wurde ein vollständiger Gesellschafteraustausch einer im Wesentlichen grundbesitzenden Gesamthand unter Rückgriff auf § 42 AO a. F. in stän­ diger – hier im Einzelnen nicht darstellbarer415 – Rechtsprechung als steuerbare gesellschaftsrechtliche Verfügung über das Grundstücksei­ gentum gewertet.416 Durch den vollständigen Wechsel im Personenstand einer Personengesellschaft ändere sich die Rechtszuständigkeit in Ge­ stalt des Gesamthandseigentums der Gesellschafter an dem Grundstück, sodass wirtschaftlich mittels Anteilsübertragung das gleiche Ergebnis erzielt werde wie durch den Abschluss eines auf die Übertragung des Grundstücks gerichteten Kaufvertrags zwischen Alt- und Neugesell­ schaftern in ihrer jeweiligen gesamthänderischen Verbundenheit.417 Ein solcher vollständiger Gesellschafterwechsel durch Aus- und Eintritt wurde auch angenommen, wenn der der Eintritt der neuen Gesellschaf­ ter sukzessive und in jeweils unterhalb des Schwellenwertes liegender Höhe, aber im gesamtplanmäßigen Zusammenhang erfolgt ist;418 ein vollständiger Gesellschafterwechsel durch Anteilsübertragungen wurde auch angenommen, wenn die Gesamtheit der Anteile zwar nicht uno actu, wohl aber durch gesamtplanmäßig verbundene einzelne Anteils­ übertragungen übergegangen sind.419

414 Nicht zu verwechseln ist dieser Fall mit der nur interimistischen Zwischenschal­ tung einer Gesamthand zur Erlangung des Steuervorteils gem. § 5 Abs. 2 Gr­EStG, vgl. Teil 2, § 1 III. 4. Zum (komplexen) Zusammentreffen beider Gestaltungen in einem Sachverhalt Rossmanith, DStR 1989, 417 (419). 415 Vgl. dazu Fischer in Boruttau14, § 1 Gr­EStG, Rn. 131 ff. 416 BFH v. 31.7.1991 – II R 17/88, B ­ StBl. II 1991, 891; BFH v. 9.3.1994 – II R 82/91, BFH/NV 1994, 903; BFH v. 1.6.1994 – II R 48/93, BFH/NV 1995, 162; BFH v. 6.3.1996 – II R 38/93, ­BStBl. II 1996, 377. 417 BFH v. 17.6.1998 – II R 30/96, BFH/NV 1998, 1525. 418 BFH v. 17.6.1998  – II R 30/96, BFH/NV 1998, 1525. 419 BFH Beschl. v. 29.11.2001 – II B 114/00, BFH/NV 2002, 536.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Der Gesamtplan wurde also herangezogen, um zu bestimmen, in wel­ chem Zeitraum isoliert erfolgende Gesellschafterwechsel zusammenge­ fasst werden können, sodass insgesamt ein „vollständiger Austausch“ vorliegt, der zu einer unangemessenen gesellschaftsrechtlichen Grund­ stücksverfügung gem. § 42 AO führt.420 Damit wird ein im Rahmen von § 42 AO geschaffenes, die Unangemessenheit bestimmendes Tatbe­ standsmerkmal zeitlich konkretisiert. Dominant tritt vor allem die Be­ stimmung des noch gesamtplanbegründenden Zeitraums hervor: Ein Zeitraum von fünf421 bzw. elf Monaten schlösse die Vergleichbarkeit nicht aus422, über 18 Monate dagegen schon.423 Die Neuregelung in § 1 Abs. 2a Gr­EStG 1997 unterstellt auch gesell­ schaftsrechtliche Grundstücksverfügungen der Grunderwerbsteuer.424 Auch hier bezweckte die Neuregelung ausweislich der Gesetzesbegrün­ dung nicht etwa die Schaffung größerer Rechtssicherheit durch Abschaf­ fung der Gesamtplanrechtsprechung, sondern eine weitergehende Ver­ hinderung der Steuerumgehung, als dies die „zivilrechtlich geprägte Rechtsprechung des BFH“ gewährleistete.425 Nunmehr sind objektiv Än­ derungen in Höhe von 95 % des Gesellschafterbestands jeder grundbesit­ zenden Gesamthand innerhalb eines Fünfjahreszeitraums steuerbar. Die Gesamtplanrechtsprechung ist daneben nicht mehr anwendbar.426

420 Damit dient der Gesamtplan nicht unmittelbar der Begründung der Unangemes­ senheit i. S. d. § 42 AO, wie dies Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamt­ plan, S. 12 f. vertritt. Vielmehr konkretisiert der Gesamtplan, ausgehend von der Prämisse, dass der vollständige Gesellschafteraustausch unter Zuhilfenahme von § 42 AO steuerbar sein kann, die Voraussetzungen eines solchen vollständigen Austauschs bei gestreckt erfolgenden Gesellschafterwechseln; nur aus diesem Verständnis heraus erklärt sich, weshalb trotz des gesamtplanmäßigen vollständi­ gen Austauschs aller Gesellschafter in manchen Fällen kein Gestaltungsmiss­ brauch angenommen wird, z. B. bei Anteilsübertragungen eines „Unternehmens als lebender Organismus“, vgl. Fischer DStR 1997, 1745 (1747). 421 BFH v. 4.3.1987 – II R 150/83, ­BStBl. II 1987, 394. 422 BFH v. 31.7.1991 – II R 79/88, BFH/NV 1992, 410. 423 BFH v. 17.6.1998 – II R 30/96, BFH/NV 1998, 1525. 424 Vgl. zur aktuellen Behandlung von gesellschaftsrechtlichen Grundstücksverfü­ gungen Pahlke in Pahlke, § 1 Gr­EStG, Rn. 266 ff. 425 Vgl. BT-Drucks. 13/6151, 16; dies gilt vor allem für die Fälle des Zurückbehaltens eines Zwerganteils, der den vollständigen Gesellschaftswechsel zuvor ausschloss, und für besagte Übertragungen von „Unternehmen als lebendem Organismus“. Der Gesetzgeber hat „die vom Missbrauchsverdikt u. U. salvierenden individu­ ellen Gegebenheiten des Sachverhalts […] nunmehr gesetzlich wegtypisiert“, Fischer, DStR 1997, 1745 (1748). 426 Vgl. Pahlke in Pahlke/Franz4, § 1 Gr­EStG, Rn. 53.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

3. Aktivierungspflichtiger Aufwand bei Sanierung in Raten Ein weiterer Anwendungsfall eines derartig ausgeprägten Gesamtplans findet sich im Bilanzsteuerrecht. Wird ein Gebäude in mehreren Teilak­ ten und über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg saniert (Sanierung auf Raten), wird regelmäßig nicht schon die jeweilige Einzelmaßnahme bzw. die Maßnahmen eines Veranlagungszeitraums zu einer wesentli­ chen Verbesserung gem. § 255 Abs. 2 Satz 1, 3. Variante HGB führen, mithin isoliert betrachtet keinen aktivierungspflichtigen Aufwand be­ gründen.427 Allerdings hat der BFH entschieden, dass Baumaßnahmen auch dann als Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 HGB zu werten seien, „wenn sie zwar für sich gesehen noch nicht zu einer wesentliche Verbesserung [führten], wenn sie aber Teil einer Gesamtmaßnahme [­seien], die sich planmäßig in zeitlichem Zusammenhang über mehrere Veranlagungszeiträume erstrecke und insgesamt zu einer wesentlichen Verbesserung [führe].“428 Dabei komme es nicht darauf an, ob die Entzer­ rung des Sanierungsvorgangs auf wirtschaftlichen oder anderen Gründen beruhe oder lediglich aus steuerlichen Gesichtspunkten erfolge.429 Die Argumentation mit dem Gesamtplan gründet sich erkennbar in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nach einer teleologischen Ausle­ gung des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB dergestalt, dass ein „Verbesserungsvorgang“ nicht notwendigerweise formal auf einem einzigen „Verbesserungsakt“ beruhen muss, sondern auch mehrere Jahre hinweg erfolgen kann.430 Es ist mithin unbeachtlich, ob der Vorgang in mehrere Einzel­ schritte aufgeteilt wird, wenn der Einzelschritt sich als Teil einer überge­ ordneten Gesamtmaßnahme darstellt.

427 Von diesem Fall ist die hier nicht weiter thematisierte Frage zu unterscheiden, in­ nerhalb welchen Zeitraums Aufwand noch „anschaffungsnah“ i. S. d. aufgegebe­ nen und durch § 6 Abs. 1 Nr. 1a ­EStG ersetzten Rechtsprechung sein kann. Vgl. dazu BFH Beschl. v. 23.6.1988 – IX B 178/87, BFH/NV 1989, 165; BFH v. 30.7.1991 – IX 123/90, ­BStBl. II 1992, 30. Auch für diese Frage wurde in einem Urteil ein Ge­ samtplan bemüht: Wird Eigentum an einem Gebäude im Rahmen eines Gesamt­ plans stückweise erlangt, nahm der BFH einen einheitlichen, gestreckten Anschaffungsvorgang an, auf dessen Abschluss für die Beurteilung der Anschaf­ ­ StBl. II 1961, 458; vgl. fungsnähe abgestellt wurde; BFH v. 2.3.1961 – IV 166/59, B dazu auch Söffing, BB 2004, 2777 (2780). 428 BFH v. 12.9.2000 – IX R 39/97, ­BStBl. II 2003, 569 (572). 429 So auch Spindler, DStR 2005, 1 (2). 430 Vgl. Beck, DStR 2002, 1559 (1566); kurz auch Jebens, BB 2010, 2025 (2026).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

4. Mantelkauf § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 und § 8c Abs. 1 KStG n.F. Im weitesten Sinne strukturverwand mit Zerlegungsfällen ist die An­ wendung des Gesamtplans im Rahmen der alten Mantelkaufregelung § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 zugunsten des Steuerpflichtigen.431 Die Norm statuierte in Form eines Regelbeispiels den Untergang von Verlustvorträ­ gen, wenn kumulativ mehr als die Hälfte der Anteile übertragen wurde und der Geschäftsbetrieb danach mit überwiegend neuem Betriebsver­ mögen wieder aufgenommen wurde. Bei einem solchen Identitätsverlust der Gesellschaft nahm die Norm eine Nutzung fremder Verluste im Sin­ ne eines missbräuchlichen Gesellschaftsmantelkaufs an. Frühzeitig wur­ de in der Literatur ein missbräuchlicher Identitätsverlust einschränkend nur dann angenommen, wenn ein enger sachlicher und zeitlicher Zusam­ menhang zwischen beiden Voraussetzungen bestand.432 Dem schloss sich der BFH an, indem er zusätzlich verlangte, dass beides – Anteilswechsel und Betriebsmittelzuführung – vom alten und neuen Anteilseigner ge­ samtplanmäßig beherrscht werden müsse.433 Dies werde bei einem zeit­ lichen Zusammenhang vermutet; es stehe dem Steuerpflichtigen aber frei, einen gesamtplanmäßigen sachlichen Zusammenhang zu entkräf­ ten.434 Das Vorliegen wirtschaftlicher Gründe für die Verbindung des An­ teilswechsels mit der Betriebsmittelzuführung schadet dem Gesamtplan erkennbar nicht.435 Zuletzt wurde die Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG wieder erweitert, indem keine gesamtplanmäßige Beherrschung verlangt wurde, sondern lediglich ein sachlicher Zusammenhang. Dieser könne auch so aussehen, dass erst neues Betriebsvermögen zugeführt wird und dann ein Erwerber das Geschäft unter Billigung der neuen Ausrichtung fortführt.436 Der I. Senat stuft die Einschränkung des Verlustuntergangs durch eine gesamtplanmäßigen Verbindung offenbar als zu weitgehend ein. 431 Vgl. dazu Strahl, FS Herzig, S. 577 (581); Förster, FS Korn, S. 3 (17). 432 Förster FS Korn, S. 3 (17). 433 BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, B ­ StBl. II 2007, 602; BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, BFH/ NV 2008, 1965; BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, BFH/NV 2011, 1188. 434 BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, ­BStBl. II 2007, 602; die Vermutungswirkung wurde u. a. innerhalb eines Jahres angenommen, BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, BFH/NV 2008, 1965; dagegen ging die Finanzverwaltung bereits bei einem Abstand von ­ StBl. I 2007, zwei Jahren von einer Vermutungswirkung aus, BMF v. 2.8.2007, B 624; zuvor waren es sogar fünf Jahre, BMF v. 16.4.1999, ­BStBl. I 1999, 455, Tz. 12. 435 Vgl. BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, BFH/NV 2011, 1188; massive wirtschaftliche Gründe (ein Restrukturierungsplan) waren für den Gesamtplan und damit für den Untergang des Verlustvortrags unschädlich. Dass solche Fälle auch nach dem neu­ en § 8c Abs. 1 KStG nicht ausgegrenzt werden, ist Ansatzpunkt der Sanierungs­ klausel in § 8c Abs. 1a KStG. 436 BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, BFH/NV 2011, 1188.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Strukturell wurde die Gesamtplanargumentation hier dazu verwendet, bei einem Tatbestand, der einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang ausnahmsweise nicht unmittelbar, sondern über das kumulative Erfor­ dernis einzelner Charakteristika beschreibt, über die bloße Kumulation hinaus einen inneren Zusammenhang zwischen diesen Voraussetzungen zu verlangen. Nur ein solcher Zusammenhang weist das kumulative Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen als einheitlichen Gesamtvor­ gang aus, den die Norm eigentlich im Blick hat. Insofern besteht eine Ähnlichkeit zu den Fällen der Zerlegung eines Ge­ samtvorgangs in Einzelakte, mit dem Unterschied, dass hier das qualifi­ zierte Element nicht unmittelbar im Tatbestand niedergelegt ist, son­ dern diesem erst durch einschränkende Auslegung entnommen wird. Das teleologische Hereinlesen eines inneren Zusammenhangs zwischen kumulativen Voraussetzungen, wenn diese nur Einzelteile eines einheit­ lichen Vorgangs beschreiben, ist m. E. zur Durchsetzung des Gesetzes­ zwecks sachgerecht. Auch liegt ein solcher innerer Zusammenhang zweifellos bei einer einheitlichen Planung vor. Der Gedanke ist zudem über die Fälle des Mantelkaufs hinaus auf andere derart konstruierte Tat­ bestände verallgemeinerungsfähig. Inzwischen sind diese Grundsätze wegen der Neuregelung des Verlust­ untergangs in § 8c KStG nicht mehr anwendbar. § 8c KStG stellt wie viele der spezialgesetzlichen Missbrauchsvermeidungsvorschriften eine rein zeitlich wirkende Sperrfrist für einen qualifizierten Anteilswechsel auf. Auf die Betriebsmittelzuführung im sachlichen Zusammenhang kommt es nicht mehr an. Allerdings verwendet die Finanzverwaltung auch für § 8c KStG den Gesamtplan: Mehrere Erwerbe werden für die Fristenfrage als einheitlich zusammengefasst, wenn ihnen ein Gesamt­ plan zugrunde liegt.437

VI. Sonstige Fälle Es bleiben daneben nur noch wenige Einzelfälle, in denen ein Gesamt­ plan als Argumentationsfigur verwendet wird, ohne dass dies einer der drei genannten Fallgruppen zugeordnet werden kann. Sie sind schon im Grundsatz fragwürdig.

437 BMF v. 4.7.2008, ­BStBl. I 2008, 736, Tz. 19.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

1. Aktivierungspflicht von Herstellungskosten Neben der oben geschilderten Sanierung auf Raten identifiziert Strahl in einem weiteren Bereich des Bilanzsteuerrechts ein gesamtplanartiges Element, durch das der Herstellungskostenbegriff ausgeweitet wurde.438 Die Weichenstellung sieht Strahl in einem Urteil des ersten Senats vom 25.1.2006.439 Dort ging es um die Aktivierungspflicht von Abrisskosten eines Kraftwerks, an dessen Stelle Lagerhallen errichtet werden sollten. Während sich das Wirtschaftsgut Kraftwerk durch den Abriss naturge­ mäß nicht i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich verbessern konnte, nahm der BFH Rückgriff auf das übergeordnete Wirtschaftsgut Betriebs­ halle und führte aus, dass der Abriss des Kraftwerks die Nutzungsmög­ lichkeit für den neuen, beabsichtigten Nutzungszweck erhöhe. Strahl führt aus, dass eine Loslösung vom wirtschaftsgutbezogenen Verständnis der Herstellungskosten erfolgt sei, dies zugunsten einer übergeordneten Zwecksetzung, die nach Maßgabe eines Gesamtplans von Beginn an ver­ folgt werde.440 In einem Folgeurteil sei diese Linie unter Verweis auf das Urteil vom 24.1.2006 verallgemeinert worden.441 Ein Gebäude wurde ge­ mischt genutzt. Ein Teil diente der Nutzung zu fremden Wohnzwecken, der andere Teil diente fremder betrieblicher Nutzung (psychotherapeuti­ sche Praxis). Der Eigentümer nahm in den Praxisräumen Baumaßnah­ men vor, die das FG in Bezug auf das gesamte Objekt nicht als wesentlich ansah. Nach dem BFH war dagegen entscheidend, „ob eine bauliche Veränderung vor dem Hintergrund der betrieblichen Zielsetzung zu einer höherwertigen (verbesserten) Nutzbarkeit des Vermögensgegenstandes führte.“442 Damit werde eine wesentliche Verbesserung nicht nur anhand des tatsächlichen Zustands des jeweiligen Wirtschaftsguts bemessen, sondern auf eine „zukünftig geplante anderweitige Verwendung des Wirtschaftsgutes erstreckt“.443 Hinsichtlich der Analyse ist der Urteile ist Strahl beizupflichten. Tat­ sächlich wird in beiden Urteilen ein subjektives Element in Form einer Nutzungsintention in den Herstellungskostenbegriff interpretiert. Ob dies zugleich die Markierung als Gesamtplanurteil erlaubt, ist fraglich. Insbesondere erscheint es gekünstelt, eine einzige Maßnahme (Abriss) in Hinblick auf die vorangehende und später beabsichtigte Nutzungsände­ 438 Vgl. Strahl, FS Herzig, S. 577. 439 BFH v. 25.1.2006 – I R 58/04, ­BStBl. II 2006, 707. 440 Strahl, FS Herzig, S. 577 (589). 441 BFH v. 25.9.2007 – IX R 28/07, ­BStBl. II 2008, 218. 442 BFH v. 25.9.2007 – IX R 28/07, ­BStBl. II 2008, 218. 443 Strahl, FS Herzig, S. 577 (592).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

rung als mehraktig im Sinne einer Gesamtplandoktrin zu verstehen.444 Der BFH hat schlicht den Herstellungskostenbegriff erweitert. Wurde früher nur die Verbesserung hinsichtlich des konkret vorhandenen Ob­ jekts herangezogen, genügt nach den zitierten Urteilen schon eine Ver­ besserung hinsichtlich einer bloß intendierten Nutzungsmöglichkeit. Nicht jedes subjektive Element ist aber ein Gesamtplan. Der eigentliche Anwendungsbereich der Gesamtplanrechtsprechung, die Verklamme­ rung mehrerer Teilschritte im Rahmen einer einheitlichen Sachverhalts­ würdigung, ist nur unter Verrenkungen in die gegebene Konstellation hineinzulesen. Das zeigt, wie sehr der Gesamtplan dazu einlädt, als Schlagwort für nur scheinbar vergleichbare Konstellationen zu dienen. 2. Grundstückshandel und Erbfall Der Gesamtplan wird auch in einer weiteren Konstellation zum gewerb­ lichen Grundstückshandel thematisiert: Bei der Bestimmung der Ge­ werblichkeit von Grundstücksveräußerungen mithilfe der Drei-Ob­ jekt-Grenze bleiben Erwerbe durch Erbanfall außer Betracht; die Erwerbe des Erblassers werden dem Erben grundsätzlich nicht zugerechnet.445 Eine Ausnahme dazu soll vorliegen, wenn der Erblasser in seiner Person einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat und der Erbe die­ sen „unternehmerischen Gesamtplan“ fortführt.446 Diese Konstellation ist ebenfalls keine wirkliche Gesamtplanrechtsprechung. Vielmehr erbt der Steuerpflichtige dann einen schon bestehenden Gewerbebetrieb, den er fortsetzt. Wenn der Grund der Gewerblichkeit gerade in der Fortfüh­ rung des bestehenden Gewerbebetriebs liegt, sollte es richtigerweise gar nicht mehr auf einen Gesamtplan ankommen.447 Es werden jedenfalls keine Teilschritte in irgendeiner Form verklammert. 3. Qualifizierte Nachfolgeklauseln Auf diesen bloß potentiellen Anwendungsbereich des Gesamtplanargu­ ments hat Förster aufmerksam gemacht.448 Vererbt der Erblasser seinen Anteil an einer Personengesellschaft, für die eine qualifizierte Nachfol­ 444 Strahl, FS Herzig, S. 577 (589), sieht dagegen das Ziel des Gesamtplans in der Er­ richtung der Betriebshalle; Teilschritt 1 zur Erreichung dieses Ziels sei die Nut­ zung nach alter Zweckbestimmung, Teilschritt 2 der Abriss der Betriebsvorrich­ tung. ­ StBl. I 2001, 530; a. A. BMF v. 26.3.2004, B ­ StBl. I 445 BFH v. 15.3.2000 – X R 130/97, B 2004, 434, Tz. 9. 446 BFH v. 15.3.2000 – X R 130/97, ­BStBl. I 2001, 530. 447 So auch Tiedtke/Wälzholz, MittBayNot 2004, 325 (328). 448 Förster, FS Korn, S. 3 (16 f.).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

geklausel vereinbart ist, werden die qualifizierten Erben unmittelbar im Todeszeitpunkt mit dinglicher Wirkung Gesellschafter.449 Es handelt sich um den seltenen Fall einer erbrechtlichen Sonderrechtsnachfolge im deutschen Recht.450 Daran nimmt aber nur der Gesellschaftsanteil teil, nicht dagegen das Sonderbetriebsvermögen im zivilrechtlichen Eigen­ tum des Erblassers. Dieses fällt in den Nachlass und geht gem. §§ 1922, 2032 BGB auf die Erbengemeinschaft über. Da die Erbengemeinschaft selbst nicht Gesellschafterin ist, verliert das Sonderbetriebsvermögen seine diesbezügliche Qualität; der Erbfall führt folglich zu einer gewinn­ realisierenden Zwangsentnahme.451 Das gilt bisher auch, wenn der quali­ fizierte Erbe aufgrund der letztwilligen Verfügung des Erblasser im Wege einer Teilungsanordnung bei der Auseinandersetzung der Erbengemein­ schaft einen Anspruch auf die Wirtschaftsgüter des ehemaligen Sonder­ betriebsvermögens hat und auf diese Weise nach der Auseinandersetzung der betriebliche Zusammenhang wieder gegeben ist.452 Förster erwägt, steuerlich von einem einheitlichen Gesamtvorgang gem. ­ StG auszugehen, wenn die Übertragung des ehemaligen Son­ § 6 Abs. 3 E derbetriebsvermögens auf die qualifizierten Erben in einem engen zeitli­ chen Zusammenhang erfolge. Der gesamte Vorgang (Erbfall und Teilungs­ anordnung) sei vom Erblasser von vornherein beabsichtigt gewesen und werde insgesamt von ihm bzw. später vom qualifizierten Erben beherrscht. Damit lägen alle Voraussetzungen für einen Gesamtplan vor, der eine Zu­ sammenfassung ermögliche.453 Diese Meinung widerspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Erbfall und Erbauseinandersetzung steuerlich ge­ trennt zu würdigende Vorgänge sind.454 Ihr ist zuzugeben, das so die un­ verhältnismäßige steuerrechtliche Folge der Gewinnrealisation verhin­ dert wird, die nur an der zivilrechtlich verschiedenen Behandlung von steuerrechtlich einheitlichem Betriebsvermögen liegt. Das zivilrechtli­ che Auseinanderlaufen der Eigentumslage ist darüber hinaus zwangsläu­ fig nur temporär. Dies steuerlich zu negieren erscheint sachgemäß, zumal 449 Leipold in MüKo BGB, § 1922 BGB, Rn. 75; BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225 (237). 450 Daneben nur noch der Fall der Vererbung nach der Höfeordnung; vgl. Leipold in MüKo, § 1922, Rn. 131. 451 BFH v. 29.10.1991 – VIII R 51/84, ­BStBl. II 1992, 512. 452 BFH v. 28.1.1998 – VIII R 9/97, BFH/NV 1998, 959. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn der qualifizierte Erbe aufgrund besonderer Umstände vom Erbfall an wirtschaftlicher Eigentümer des Sonderbetriebsvermögens gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist, BFH v. 29.10.1991 – VIII R 51/84, ­BStBl. II 1992, 512. 453 Förster, FS Korn, S. 3 (17). 454 Seit der Entscheidung des Großen Senats v. 5.6.1990 – GrS 2/89, B ­ StBl. II 1990, 837.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

kein sachlicher Grund besteht, eine solche Erbfolge nicht liquiditätsscho­ nend erfolgen zu lassen. M. E. ist es trotz der grundsätzlich anerkennens­ werten getrennten steuerlichen Betrachtung zwischen Erbfall und Erbaus­ ­ StG ausnahmsweise entsprechend einandersetzung möglich, § 6 Abs. 3 E weit auszulegen, sodass insgesamt ein einheitlicher Betriebsübergabevor­ gang vorliegt, der die gewinnrealisierende Entnahme verdrängt. Ob dies unbedingt über einen Gesamtplan erfolgen muss, ist zweifelhaft. Viel­ mehr scheint es mir naheliegender, für den Zweck der Rechtsnachfolge den Begriff des Sonderbetriebsvermögens erweitert auszulegen, sodass die Zugehörigkeit zur auf Liquidation ausgerichteten und nur temporären Er­ bengemeinschaft bei entsprechender Teilungsanordnung nicht zu einem Verlust der Betriebsvermögenseigenschaft führt. Andernfalls bleibt die ­ mbH & Co. KG zu Möglichkeit, das Sonderbetriebsvermögen über eine G halten, sodass bei entsprechendem Gesellschaftsvertrag auch das Sonder­ betriebsvermögen unmittelbar auf den qualifizierten Erben übergeht.

VII. Gesamtplan im Unionsrecht Die benannten Fallgruppen sind nicht auf das nationale Recht beschränkt. Die Umgehung von Gesetzen und deren Begegnung existiert naturgemäß rechtskreisübergreifend. Aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit des Unionsrechts ist die Behandlung derartiger Fälle durch den EuGH für die nationale Besteuerung erheblich. Fraglich ist, ob auch der EuGH ge­ samtplanmäßige Argumente verwendet. In zwei Fällen war der EuGH mit Gestaltungen konfrontiert, die bei rein innerstaatlichem Bezug eine Gesamtplanargumentation ausgelöst hätten.455 Allerdings ist die Aussa­ gekraft für den Gesamtplan schon deshalb beschränkt, weil der EuGH betonte, dass die Feststellung eines Missbrauchs den nationalen Gerich­ ten obliege.456 Dennoch lassen sich für die Gesamtplanfallgruppen einige Rückschlüsse ziehen. In der Rechtssache Emsland Stärke ging es um Ausfuhrerstattungen für Kartoffelstärkeprodukte, die nur scheinbar in die Schweiz transportiert wurden. Tatsächlich wurden die LKWs nur wenige Stunden hinter der Grenze auf einem Parkplatz geparkt, die Waren kurz darauf wieder nach Deutschland zurückgeführt und zum freien Verkehr abgefertigt.457 Der 455 EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-110/99 – Emsland-Stärke, Slg. 2000 I-11569; EuGH v. 26.6.2006 – Rs. C-255/02 – Halifax, EuGHE 2006, I-01609. 456 EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-110/99 – Emsland-Stärke, Slg. 2000 I-11569, Rn. 54. 457 EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-110/99 – Emsland-Stärke, Slg. 2000 I-11569; vgl. aus­ führlich dazu Fischer, FR 2006, 297 (299).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

EuGH sah in einer solchen bloß interimistischen Ausfuhr kein „normales Handelsgeschäft“, sondern nur ein Geschäft zur Ausnutzung von Währungsausgleichsbeträgen, das nicht zur Erstattung berechtige.458 In der Rechtssache Halifax kam es wiederum zur Nichtanerkennung einer Begünstigung, die aufgrund eines vollständig wieder rückgängig gemach­ ten Zwischenschritts begehrt wurde.459 Die Korrektur erfolgte allerdings in einer zirkulären Kettung: Eine überwiegend steuerbefreite Dienstleis­ tungen erbringende Bank versuchte bei Errichtung eines Call Centers durch die Zwischenschaltung verschiedener Personen und durch eine Vielzahl gegenläufiger Verträge, die für sie negative pro-rata Regelung des Art. 17 Abs. 6 der 6. MwSt-Richtlinie 377/88/EG zu umgehen. Der EuGH erkannte für den Fall der Mehrwertsteuer an, dass es ein „grundsätzliche[s] Verbot missbräuchlicher Praktiken“ gebe und verwies dabei auf die Entscheidung Emsland-Stärke.460 Fischer, der beide Urteile unter dem Aspekt des Gesamtplans intensiv gewürdigt hat,461 betrachtet sie als „Präjudizien“ einer Gesamtplan­ dogmatik in der europäischen Rechtsprechung, die Bedenkenträger des Gesamtplans im nationalen Recht letztlich eines „Realitätsverlusts“ überführten.462 Ihm ist insoweit zuzustimmen, als der EuGH die begüns­ tigenden Normen nicht formalistisch anwendet, sondern sie anhand ih­ res Zwecks wirtschaftlich betrachtet, was auch der Gesamtplan erreicht. So befindet der EuGH in der Rs. Emsland-Stärke: „Die Feststellung eines Missbrauchs setzt […] voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde.“463 Auch ist es richtig, dass der EuGH im ersten Fall das „Argumentationspotential“ des gesetzlichen Tatbestands der Ausfuhr weit ausschöpft, statt losgelöst auf die Künstlichkeit der Gestaltung abzustellen.464 Dies mag ein Argument für die innentheoretische Auslegung des § 42 AO sein; ob als Begründungsmuster des Ergebnisses aber ausgerechnet ein Gesamtplan dienen soll, kann aus der zwischen Scheingeschäft und Um­ gehung wabernden Argumentation mit entsprechend allgemeiner Wort­ wahl („rein willkürlich“, „missbräuchliche Praxis“) nicht abgeleitet 458 EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-110/99 – Emsland-Stärke, Slg. 2000 I-11569, Rn. 51. 459 EuGH v. 26.6.2006 – Rs. C-255/02 – Halifax, EuGHE 2006, I-01609. 460 EuGH-Urteil v. 21.2.2006 – Rs. C-255/02 – Halifax, EuGHE 2006, I-01609, Rn. 70. 461 vgl. Fischer, FR 2006, 297; ders., FR 2014, 146; ders., in H/H/Sp, § 41 AO, Rn. 207, 209. 462 Fischer, FR 2014, 146 (148 f.). 463 EuGH v. 14.12.2000 – Rs. C-110/99 – Emsland-Stärke, Slg. 2000 I-11569, Rn. 52. 464 Vgl. Fischer, FR 2014, 146 (149).

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

werden. Insofern ist die Bedeutung der Urteile für die nationale Berechti­ gung eines Gesamtplanarguments nicht derart zweifelsausräumend, wie Fischer annimmt. Gleichwohl fügen sich auch diese Entscheidungen zwanglos in die oben entwickelte Fallgruppenbildung ein; die vorliegen­ den Fälle sind ohne weiteres als Ausweich- und Korrekturgeschäfte zu identifizieren. Offensichtlich werden diese auch vom EuGH als nicht an­ erkennenswert betrachtet, wohingegen eine genaue Festlegung der Argu­ mentation und der dogmatischen Fundierung nicht hervortritt.

VIII. Exkurs: Gesamtplan in anderen Steuerrechtsordnungen Auch in ausländischen Rechtsordnungen sind vergleichbare Gestaltun­ gen bekannt. Ihnen wird argumentativ mit dem Gesamtplan sehr ähnli­ chen Mustern begegnet. Ein Rechtsvergleich ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Zum Verständnis der angelsächsischen Herangehensweise wird dazu auf die überblicksartige Darstellung von Förster/Schmidtmann465 verwiesen, für eine ausführliche und erhellende Analyse des britischen Standpunkts auf Nevermann.466 Es sei jedoch erwähnt, dass gerade das Bedürfnis nach einer wirksamen Abwehr von Ausweich- und Korrektur­ geschäften (self-cancelling schemes) identifiziert ist und diese Abwehr nahezu deckungsgleich zum deutschen Gesamtplanargument erfolgt. So werden unter dem Schlagwort der „preordained series of transactions“ in Großbritannien Prüfungspunkte für eine Nichtanerkennung solcher Konstruktionen aufgestellt, die alle Elemente eines Gesamtplans enthal­ ten (finalen Vorausplanung, Beherrschung, Bedeutungslosigkeit der Teil­ schritte, tatsächliche Realisation des Plans). Das belgische Steuerrecht zeichnet sich dadurch aus, dass das Pendant zu § 42 AO dahingehend konkretisiert und kodifiziert ist, dass Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan ausdrücklich unter den Missbrauchsvorwurf fallen.467

IX. Exkurs: Gesamtplan im Zivilrecht Zuletzt ist der Gesamtplan keineswegs auf das Steuerrecht beschränkt, auch wenn sich aufgrund der besonderen Relevanz von Umgehungsge­ staltungen im Steuerrecht der Terminus „Gesamtplan“ dort entwickelt hat. Gerade Ausweich- und Korrekturgeschäfte finden sich gleicherma­

465 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114. 466 Nevermann, Justiz und Steuerumgehung. 467 Vgl. Teil 3 § 1 IV.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

ßen im Rahmen der allgemeinen Gesetzesumgehung.468 So liegt zum Bei­ spiel bei der Hin- und Herzahlung einer Einlagenschuld nach § 19 ­­GmbHG die Struktur eines Ausweich- und Korrekturgeschäfts vor;469 die Gestellung von Strohmännern zur Umgehung persönlicher Beschrän­ kungen ist schon historisch rechtsgebietsübergreifend aufzufinden.470 Für die Zerlegung qualifizierter Vorgänge außerhalb des Steuerrechts sei beispielshalber die Bagatellgrenze für Verbraucherdarlehenskredite gem. § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB angeführt, die nicht schon durch die Aufteilung einer größeren Darlehenssumme in mehrere Einzelverträge unterlaufen werden kann.471 Insofern kann das Gesamtplanargument auch in anderen Rechtsgebieten verwendet werden. Es sei verwiesen auf Werke zur allge­ meinen Gesetzesumgehung.472 Es ist schon angesichts der Beispiele er­ kennbar, dass auch außerhalb des Steuerrechts eine Einordnung der Ge­ staltungen anhand der hier getroffenen Kategorisierung möglich ist. Die Feststellung der Existenz solcher Argumentationen außerhalb des Steuerrechts bringt zwar konkret für die Konturierung des steuerrechtli­ chen Gesamtplans als Untersuchungsfrage keinen Gewinn. Gleichwohl ist es eine wichtige Erkenntnis, dass sich der Gesamtplan sehr nah an ganz grundlegenden Fragen des Rechts bewegt, die jede Norm – egal ob Steuerrecht oder normatives Zivilrecht – betreffen kann.

X. Fazit Auf der Basis dieser Einzelfallanalyse lassen sich einige allgemeine Schlüsse ziehen; konkrete Feststellungen zur einschlägigen Rechts­ grundlage und den Merkmalen des Gesamtplans werden in gesonderten Kapiteln behandelt.473 Zunächst ist die kaum fassbare Vielzahl von Gesamtplanfällen unter­ schiedlicher Ausprägung bemerkenswert. Trotz der Beschränkungsver­ suche bei der Umstrukturierung von Personengesellschaften bleibt der Gesamtplan ein inflationär häufig gebrauchtes Argument. Die kritischen 468 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 46 ff., 161 ff. 469 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 171 ff. 470 Vgl. Honsell, FS Kaser, S. 111 (123 f.). 471 Vgl. Schürnbrand in MüKo BGB, § 491 BGB, Rn. 65. 472 Insbes. Sieker, Umgehungsgeschäfte; auch Teichmann, Die Gesetzesumgehung; ders., JZ 2003, 761; Häsemeyer, FS der jur. Fakultät Heidelberg, S.163; zur Geset­ zesumgehung im Strafrecht: Schröder, Zum Begriff der Gesetzesumgehung im ma­ teriellen Strafrecht und seiner Bedeutung für die praktische Anwendung des Rechts. 473 Vgl. Teil 3, § 1 und § 3.

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§ 1  Anwendungsbereiche der Gesamtplanrechtsprechung

Bemerkungen insbesondere bei Zwischenschaltungsfällen und bei den nicht zuordenbaren Fällen belegen, dass der Gesamtplan oft auch dann verwendet wird, wenn ihm keine oder nur derart geringe Entscheidungs­ kraft zukommt, dass schon die Bezeichnung als Anwendungsfall des Ge­ samtplans fragwürdig ist. Ein aussagekräftiger Gesamtplan wird vor al­ lem bei Ausweich- und Korrekturgeschäften und bei der Zerlegung qualifizierter Tatbestandselemente relevant. Dennoch ist die Kategorisierung weitgehend möglich. Die Fallgruppen differieren erheblich, weisen aber in sich hohe strukturelle Übereinstim­ mungen auf. Insbesondere Ausweich- und Korrekturgeschäfte folgen ei­ nem immer wiederkehrenden identischen Muster. Interessant ist, dass die Fallgruppen eine fast berührungslose Koexistenz führen, die sich auch in der literarischen Diskussion niederschlägt, in der die zwei Felder des Gesamtplans regelmäßig isoliert betrachtet werden: Es gibt den Blickwinkel ausgehend von § 42 AO und Ausweich- und Korrekturge­ schäften474 und demgegenüber die Warte der Umstrukturierungsfälle (Zerlegungsfälle).475 Gemeinsame Darstellungen haben oft den Charakter einer bloßen Sammlung.476 Wo sich beide Topoi des Gesamtplans im Ein­ zelfall treffen, kommt es (vielleicht gerade deshalb) zur Konfusion der Merkmale beider Gruppen.477 Bezüglich der Anwendungstechnik lässt sich erkennen, dass der Gesamt­ plan als einheitliches Argument in der Rechtsprechung über eine ausge­ prägte Verweistechnik Eingang in die Urteile findet. Dabei wird teilweise auf vergleichbare Sachverhalte verwiesen; oft werden die Grenzen der Fallgruppen auch überschritten.478 Dies scheint einer der Gründe für die Institutionalisierung des Gesamtplans als eigenständig subsumtionsfähi­ ge Figur zu sein. Damit ist auch in der Rechtsprechung der bereits in der Literatur erkennbare Drang nach einer einheitlichen Anwendung des Gesamtplans in allen seinen Details (Rechtsgrundlage, Merkmale, An­ wendung) aufzufinden.479 Insbesondere die neusten Urteile, in denen die abstrakten Gegenspieler Gesamtplan und Plan in Einzelakten widerstrei­ ten, verstärken diese Tendenz. 474 Fischer, FR 2014, 146; Crezelius, FR 2003, 537; Osterloh, Jahrbuch d. Öffentlichen Rechts, Band 56, S. 141; Heuermann, StuW 2004, 124. 475 Herlinghaus, FR 2014, 441; Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420; Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris. 476 Spindler, DStR 2005, 1; Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139. 477 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638, m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 478 Vgl. aktuell BFH v. 22.1.2013 – IX R 18/12, BFH/NV 2013, 1094. 479 Vgl. Teil 3, § 3 I.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Dem ganz überwiegenden Teil der Urteile ist im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings sind zugleich erhebliche Anwendungsfehler erkennbar. Dies betrifft insbesondere die in der Vergangenheit praktizierte fehlerhafte zeitraumbezogene Auslegung der §§ 20, 24 ­UmwStG und des § 6 Abs. 3 ­EStG mit ihren Nachwirkungen, die Ablehnung von Verklammerungen zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund wirtschaftlicher Gründe für die Gestaltung, und manche Ausweich- und Korrekturgeschäfte, bei de­ nen eine ausreichende Saldierung fraglich ist. Regelmäßig steht dabei weniger die Konturierung des Gesamtplans selbst im Mittelpunkt der Kritik, sondern vielmehr dessen Anwendung bzw. die Voraussetzungen, die neben der gesamtplanmäßigen Verknüpfung erforderlich sind.

§ 2 Das Gesamtplanargument in den Stellungnahmen der Finanzverwaltung Nicht zu unterschätzen ist neben der Rechtsprechung die Funktion der Finanzverwaltung als maßgeblicher Protagonist der Entwicklung der Ge­ samtplanrechtsprechung. Diese äußert sich zu einigen Kernbereichen der Gesamtplanrechtsprechung in Form von Verwaltungsanweisun­ gen.480

I. Zerlegungsfälle: Umstrukturierungen Sicherlich die meisten Aussagen der Finanzverwaltung finden sich zu Umstrukturierungen; sie beschränken sich auf Ausgliederungsmodelle, also den belastend wirkenden Gesamtplan. Bei der Ausgliederung einer wesentlichen Betriebsgrundlage im „zeitlichen und wirtschaftlichen“ bzw. im „zeitlichen und sachlichen“ Zusammenhang sei die Gesamt­ 480 Das sind im Einzelnen: Zu §§ 20, 24 ­UmwStG: BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, 24.03; zu § 6 Abs. 3 ­EStG: BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458 und der Nichtanwendungserlass in BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164; zu § 6 Abs. 5 ­EStG: BMF v. 8.12.2011, ­BStBl. I 2011, 1279; zu §§ 16, 34 ­EStG: EStH 2013, H 16 (4 - Buchwertübertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen) und für den Spezialfall der Veräußerung landwirtschaftlicher Betriebe OFD NRW v. 25.3.2014; zur Darlehensgewähr aus geschenkten Mitteln: BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37; zum gesamtplanmäßigen Verzicht auf Arbeitslohn BMF ­ v. 6.8.1992 – IV B 7-S 2729-10/92, juris; zu gesellschaftsrechtlichen Grundstücks­ verfügungen: Koordinierter Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.4.2006, juris; zum gewerblichen Grundstückshandel: BMF v. 26.3.2004, ­BStBl. I 2004, 434; zur Mantelkaufregelung § 8 Abs. 4 KStG a. F.: BMF v. 2.8.2007, ­BStBl. I 2007, 624; zum Verlustuntergang gem. § 8c KStG: BMF v. 4.7.2008, ­BStBl. I 2008, 736.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

Dem ganz überwiegenden Teil der Urteile ist im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings sind zugleich erhebliche Anwendungsfehler erkennbar. Dies betrifft insbesondere die in der Vergangenheit praktizierte fehlerhafte zeitraumbezogene Auslegung der §§ 20, 24 ­UmwStG und des § 6 Abs. 3 ­EStG mit ihren Nachwirkungen, die Ablehnung von Verklammerungen zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund wirtschaftlicher Gründe für die Gestaltung, und manche Ausweich- und Korrekturgeschäfte, bei de­ nen eine ausreichende Saldierung fraglich ist. Regelmäßig steht dabei weniger die Konturierung des Gesamtplans selbst im Mittelpunkt der Kritik, sondern vielmehr dessen Anwendung bzw. die Voraussetzungen, die neben der gesamtplanmäßigen Verknüpfung erforderlich sind.

§ 2 Das Gesamtplanargument in den Stellungnahmen der Finanzverwaltung Nicht zu unterschätzen ist neben der Rechtsprechung die Funktion der Finanzverwaltung als maßgeblicher Protagonist der Entwicklung der Ge­ samtplanrechtsprechung. Diese äußert sich zu einigen Kernbereichen der Gesamtplanrechtsprechung in Form von Verwaltungsanweisun­ gen.480

I. Zerlegungsfälle: Umstrukturierungen Sicherlich die meisten Aussagen der Finanzverwaltung finden sich zu Umstrukturierungen; sie beschränken sich auf Ausgliederungsmodelle, also den belastend wirkenden Gesamtplan. Bei der Ausgliederung einer wesentlichen Betriebsgrundlage im „zeitlichen und wirtschaftlichen“ bzw. im „zeitlichen und sachlichen“ Zusammenhang sei die Gesamt­ 480 Das sind im Einzelnen: Zu §§ 20, 24 ­UmwStG: BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, 24.03; zu § 6 Abs. 3 ­EStG: BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458 und der Nichtanwendungserlass in BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164; zu § 6 Abs. 5 ­EStG: BMF v. 8.12.2011, ­BStBl. I 2011, 1279; zu §§ 16, 34 ­EStG: EStH 2013, H 16 (4 - Buchwertübertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen) und für den Spezialfall der Veräußerung landwirtschaftlicher Betriebe OFD NRW v. 25.3.2014; zur Darlehensgewähr aus geschenkten Mitteln: BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37; zum gesamtplanmäßigen Verzicht auf Arbeitslohn BMF ­ v. 6.8.1992 – IV B 7-S 2729-10/92, juris; zu gesellschaftsrechtlichen Grundstücks­ verfügungen: Koordinierter Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.4.2006, juris; zum gewerblichen Grundstückshandel: BMF v. 26.3.2004, ­BStBl. I 2004, 434; zur Mantelkaufregelung § 8 Abs. 4 KStG a. F.: BMF v. 2.8.2007, ­BStBl. I 2007, 624; zum Verlustuntergang gem. § 8c KStG: BMF v. 4.7.2008, ­BStBl. I 2008, 736.

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§ 2  Das Gesamtplanargument in den Stellungnahmen der Finanzverwaltung

planrechtsprechung zu prüfen,481 bzw. eine Buchwertfortführung zu ver­ sagen.482 Im Umwandlungssteuererlass und im BMF-Schreiben zu § 6 Abs. 3 ­ EStG wird auf Urteile aus der Gesamtplanrechtsprechung zu §§ 16, 34 ­EStG verwiesen. Im Bereich der §§ 16, 34 ­EStG selbst heißt es, die Begünstigung sei zu versagen, wenn „aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung“ wesentliche Betriebsgrundlagen ohne Aufdeckung stiller Reserven aus­ scheiden.483 Nähere Hinweise zur Ausgestaltung oder Dogmatik des Ge­ samtplans finden sich dagegen nicht. Es kommt erkennbar vor allem auf den wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang an, weniger auf die weiteren dem Gesamtplan typischerweise zugeschriebenen Merkmale.484 Ausnahmsweise wird in Fußnote 1 zu Tz. 20.06 des Umwandlungssteu­ ererlasses auf die gesetzliche Fundierung des Gesamtplans eingegangen; er wird als eigenständige, von § 42 AO unabhängige Figur charakteri­ siert.485

II. Ausweich- und Korrekturgeschäfte: Darlehensgewährung aus geschenkten Mitteln, Kettenübertragung gem. § 6 Abs. 5 ­EStG, Verzicht auf Arbeitslohn Daneben existieren vereinzelte Äußerungen der Finanzverwaltung zum Gesamtplan in Rahmen von Fallkonstellationen, die unter Ausweichund Korrekturgeschäfte fallen. So wird bei der Darlehensgewähr aus geschenkten Mitteln die für die Nichtanerkennung erforderliche „sachliche Verknüpfung“ zwischen Schenkung und Rückgewähr auch bei einem längeren zeitlichen Abstand angenommen, wenn ein Gesamtplan vorliege, wobei auf ein Urteil des BFH zu dieser Konstellation verwiesen wird.486 Das BMF-Schreiben setzt letztlich die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ohne Be­ sonderheiten um. Bemerkenswert ist, dass dieses Schreiben ein vor der ausdrücklichen Entwicklung der Gesamtplanrechtsprechung ergangenes BMF-Schreiben ersetzt, das deutlich strenger vorging: Bei einem zeitli­ chen Zusammenhang sollte die Abhängigkeit von Schenkung und Rück­

481 BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07. 482 BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458, Tz. 7. 483 EStH 2013, H 16 (4 - Buchwertübertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen). 484 Z. B. die Beherrschung der Teilschritte, die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit der Teilschritte. Vgl. Teil 3, § 3 II. 485 BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, Fn. 1. 486 BMF v. 23.12.2010, ­BStBl. I 2011, 37.

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

gewähr unwiderleglich vermutet werden.487 Insofern hat die Einführung der Gesamtplanstandards ausnahmsweise zu einer dem Steuerpflichti­ gen freundlicheren Regelung geführt. Im Rahmen von Kettenübertragungen unter § 6 Abs. 5 ­­EStG äußert sich die Finanzverwaltung wie folgt: Es sei zu prüfen, ob der Buchwertfortfüh­ rung bei einer Kettenübertragung im zeitlichen und sachlichen Zusam­ menhang „die Gesamtplanrechtsprechung oder andere missbräuchliche Gestaltungen i.S. des § 42 AO entgegenstehen“.488 Anscheinend erkennt die Finanzverwaltung den Gesamtplan hier als Fallgruppe des § 42 AO. Das steht im Einklang zum hier vertretenen Verständnis zu Ausweichund Korrekturgeschäften.489 Weitere Einzelheiten lassen sich auch hier nicht herauslesen. Zuletzt existieren inhaltliche Ausführungen zum Gesamtplan bei der Rückgewähr von Arbeitslohn als Scheingeschäft gem. § 41 Abs. 2 AO, ohne das Besonderheiten gegenüber der ergangenen Rechtsprechung zu identifizieren wären.490 Zwar ist der Gesamtplan darüber hinaus auch im Rahmen des gewerb­ lichen Grundstückshandels aufgekommen. Dabei handelt es sich aber nicht um echte Gesamtplankonstruktionen im Sinne einer „Verklammerung“.491 Sie werden deshalb nicht näher behandelt.

III. Prägung des Gesamtplans durch die Finanzverwaltung 1. Inhaltliche Neutralität Es ist offensichtlich, dass die Äußerungen der Finanzverwaltung keinen inhaltlichen Erkenntnisgewinn begründen. Ihr Beitrag zur konkreten Ausprägung des Gesamtplans ist schon deshalb gering, weil sie sich meist darauf beschränkt, die Anwendbarkeit der Gesamtplanrechtspre­ chung für eine Fallgruppe zu bestätigen.492 Die inhaltlichen Äußerungen zur Gesamtplanrechtsprechung verbleiben dagegen meist beim Erforder­

487 BMF 1.12.1992, ­BStBl. I 1992, 729, Tz. 9. 488 BMF v. 8.12.2011, ­BStBl. I 2011, 1279. 489 Vgl. Teil 3, § 1 III. 2. a). 490 BMF v. 6.8.1992, – IV B 7-S 2729-10/92, juris. Ergangen zur Anwendung des oben besprochenen Urteils, BFH v. 5.12.1990 – I R 5/88, ­BStBl. II 1991, 308, vgl. § 1 II. 7. ­ StBl. I 2004, 434; dieses Schreiben dennoch im Gesamt­ 491 Vgl. BMF v. 26.3.2004, B planzusammenhang erwähnend Spindler, DStR 2005, 1 (3). 492 Z. B. BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07: „[…] ist die Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung zu prüfen“.

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§ 2  Das Gesamtplanargument in den Stellungnahmen der Finanzverwaltung

nis eines „zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs“493, wobei nicht klar wird, ob dies die einzige Voraussetzung des Gesamtplans sein soll, oder ob dieser Zusammenhang nur eine Warn- und Hinweisfunktion bezüglich einer genauen Prüfung der Gesamtplanrechtsprechung mit ih­ ren weiteren typischen Merkmalen enthält. Insbesondere die Bedeutung problematischer Merkmale wie die Funktionslosigkeit der Teilschritte wird nicht angesprochen. Soweit manche BMF-Schreiben weiter ins De­ tail gehen, zeichnen sie in der Regel nur die BFH-Rechtsprechung nach oder definieren den praktisch relevanten Aspekt der Vermutungswir­ kung eines zeitlichen Zusammenhangs. 2. Institutionalisierung Trotz der materiellen Neutralität hat die Finanzverwaltung zu einer Ins­ titutionalisierung des Gesamtplans beigetragen. Schon terminologisch wird der Begriff der Gesamtplanrechtsprechung in der Finanzverwaltung weniger zurückhaltend verwendet als in der Rechtsprechung des BFH. Aber auch inhaltlich wird die Verselbständigung des Gesamtplans als ei­ genständige Rechtsfigur in den Verwaltungsanweisungen zu den Um­ strukturierungsfällen besonders deutlich. Das liegt vor allem daran, dass abstrakt auf die Gesamtplanrechtsprechung verwiesen wird, und zwar meist auf Urteile zu §§ 16, 34 ­EStG – unabhängig vom konkreten Wirk­ bereich des jeweiligen Verwaltungsschreibens.494 Damit verkennt die Fi­ nanzverwaltung die gebotene Differenzierungen zwischen §§ 16, 34 ­EStG einerseits und §§ 20, 24 ­UmwStG bzw. § 6 Abs. 3 ­EStG anderer­ seits. Soweit man dem entgegenhalten könnte, dass die Verweistechnik nur auf die Grundsätze der Gesamtplanrechtsprechung unter angemes­ sener Würdigung der individuellen Gesetzeszwecke gerichtet ist, ist dies weder sprachlich noch im Hinblick auf die tatsächliche Entwicklung gerechtfertigt.495 Nicht zuletzt sperrt sich die Finanzverwaltung momen­ tan, die vom BFH vollzogenen Differenzierung und Einschränkung der Gesamtplanrechtsprechung nachzuvollziehen und beharrt in Form eines Nichtanwendungserlasses496 und einer faktischen Nichtanwendung497 auf der Verwendung eines einheitlichen Gesamtplanarguments.

493 BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07. 494 Krit. dazu auch Herlinghaus in R/H/vL, § 20 ­UmwStG, Tz. 42b. 495 So aber Schmidtmann, FR 2015, 57 (63). 496 BMF v. 12.9.2013, ­BStBl. I 2013, 1164. 497 In Form einer nicht erfolgenden Änderung des Umwandlungssteuererlasses: Herlinghaus in R/H/vL, § 20 U ­ mwStG, Rn. 42e; Kaeser, Beihefter zu DStR 2 2012, 13 (15).

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Teil 2  Der Gesamtplan in Rechtsprechung und ­Verwaltungspraxis

3. Unwucht zwischen belastendem und begünstigendem Gesamtplan Zudem ist auffällig, dass der Gesamtplan in den Verwaltungsanweisun­ gen ausschließlich in seiner Ausprägung zulasten des Steuerpflichtigen angesprochen wird. Es existieren soweit ersichtlich keine Prüfanweisun­ gen eines begünstigenden Gesamtplans.498 Dabei hat der begünstigende Gesamtplan gerade bei Umstrukturierungen große Relevanz. Es reali­ siert sich insoweit die Gefahr einer Unwucht zwischen der behördlichen Anwendung eines belastenden und eines begünstigenden Gesamtplans.499 Insbesondere zeigt sich daran das Verständnis des Gesamtplans als all­ gemeines Abwehrinstrument,500 das weniger teleologischen als fiskali­ schen Zwecken genügen soll. 4. Ausdehnung Beide Aspekte sorgen für eine Katalysatorwirkung der Finanzverwaltung bei der Verbreitung des Gesamtplanarguments. So war im Bereich des § 6 Abs. 3 ­EStG die Finanzverwaltung die treibende Kraft, die eine Prüfung des Gesamtplans, wie er bis dato nur aus §§ 16, 34 ­EStG bekannt war, ins Gespräch brachte.501 Aber auch die Ausdehnung auf Umwandlungen, die durch einen Beschluss des IV. Senats502 Eingang in die Rechtsprechung gefunden hat, wurde bereits zuvor durch den Umwandlungssteuererlass a. F. vorweggenommen.503 Mit der Einschränkung der Gesamtplanrecht­ sprechung tut sich die Finanzverwaltung im Gegenzug schwer. Die be­ sagte Nichtanwendung der aktuellen einschränkenden Urteilen führt zu einem vorläufigen Beibehalten des allgemeinen Gesamtplans für alle Umstrukturierungen. Zusammenfassend hat die Finanzverwaltung, auch wenn sie inhaltlich wenig zum Gesamtplan beiträgt, aufgrund des fiskalischen Interesses zu einer Ausdehnung und Verfestigung der Gesamtplanrechtsprechung zu Lasten des Steuerpflichtigen beigetragen.

498 Vgl. auch Spindler, DStR 2005, 1 (3). 499 Dies hat schon Wolfsteiner, ZNotP 2007, 89 für den Bereich der Verkehrsgeschäfte prognostiziert. 500 Vgl. Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris. 501 BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458, Tz. 7. 502 BFH Beschl. v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939. 503 BMF 25.3.1998, ­BStBl. I 1998, 543, Tz. 20.09.

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Teil 3 Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung § 1 Normative Verankerung des Gesamtplans I. Einführung Die allermeisten Missverständnisse in der Gesamtplandiskussion beru­ hen auf der nach wie vor nicht zweifelsfrei erfolgten Anknüpfung des Gesamtplans an eine tragfähige Rechtsgrundlage. Dies ist u. a. Folge der fehlenden gesetzlichen Normierung des Gesamtplangedankens. Gesetzliche Formulierungen gesamtplanmäßiger Gedanken existieren nur vereinzelt und bezogen auf den Spezialfall, z. B. seit dem Jahressteu­ ergesetz 2010 in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Sätze 3, 4 E ­ StG für sog. back-to-back Finanzierungen.504 Naturgemäß können diese Fälle nicht als Ausdruck eines allgemeingültigen Rechtsgrundsatzes im deutschen Steuerrecht verstanden werden, sondern nur als spezialgesetzliche Defi­ nition des Gesamtplans.505 Eine Fundierung des Gesamtplans auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage ist aber schon im Hinblick auf das Rechts­ staatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG und die daraus abgeleitete Tatbe­ standsmäßigkeit der Besteuerung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AO zwingend erforderlich. Inwieweit ein Gesamtplan überhaupt in bestehende Normen der Steuer­ rechtsordnung hereingelesen werden kann, wird in der Literatur unter­ schiedlich beantwortet. Teilweise wird das Schöpfen von Rechtsfolgen aus einer Gesamtplanargumentation weitgehend ohne einen konkret überprüften Rückgriff auf einzelne Normen zugelassen. Damit sind vor 504 Die Regelung soll ein missbräuchliches Absaugen von nach dem allgemeinen Steuersatz besteuerten Einkünften in den Abgeltungssteuersatz verhindern. Sei­ tens eines Dritten gezahlte Kapitalerträge werden danach nicht vom Abgeltungs­ steuersatz erfasst, wenn sie im Zusammenhang mit einer gegenläufigen Kapi­ talüberlassung an den Betrieb des Gläubigers stehen. Dieser Zusammenhang ist gegeben, wenn Kapitalüberlassung und Kapitalanlage „auf einem einheitlichen Plan beruhen“, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Satz 3 ­EStG. Ein einheitlicher Plan wird insbesondere bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kapital­ anlage und Kapitalüberlassung oder bei einer Verknüpfung der jeweiligen Zinsver­ einbarungen angenommen, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Satz 4 ­EStG. Vgl. Werth in Blümich, § 32d ­EStG, Rn. 80. 505 Vgl. Drüen in T/K, Vor § 42 AO, Rn. 36a.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

allem Stimmen angesprochen, die den Gesamtplan als ganz allgemein zulässige Methode der Sachverhaltswürdigung verstehen; ähnlich der „Beachtung der Verkehrsanschauung“ sei der Gesamtplan ein allgemei­ nes Rechtsprinzip bei der Sachverhaltsbeurteilung.506 Dies verkennt, dass auch die Sachverhaltswürdigung eng mit der Normauslegung verbunden ist.507 Die Sachverhaltswürdigung erfolgt nur im Hinblick auf die betrof­ fenen Rechtssätze und darf deren Fokus nicht verändern. Werden Teil­ schritte auf der Sachverhaltsebene verknüpft, ohne dass dies in der Norm angelegt ist, führt diese Anwendung des Gesamtplans zu seiner Verselb­ ständigung als Quasitatbestand.508 Einen derartigen Rechtsgrundsatz gibt es im deutschen Steuerrecht nicht. Insbesondere eine wirtschaftliche Be­ trachtungsweise kann nicht so weit verstanden werden.509 Sie existiert nicht in aller Allgemeinheit und findet auch keine vorherige Anwendung auf einen Sachverhalt, sondern kann nur durch spezielle steuerlicher Tatbestände wie § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 41 AO, § 42 AO und insbeson­ dere im Rahmen der teleologischen Auslegung der materiellen Steuer­ normen Eingang in die Rechtsrealität finden.510 Sie kann die teleologi­ sche Auslegung einzelner Normen beeinflussen, aber nicht außerhalb deren Reichweite bestehen. Nur sehr vereinzelt wird die gegensätzliche Position vertreten, der Ge­ samtplan habe überhaupt keine gesetzliche Grundlage, er sei eine „außergesetzliche Theorie“.511 Überwiegend wird von der rechtsstaatlichen Zulässigkeit gesamtplan­ mäßiger Argumente ausgegangen, indem der Gesamtplangedanke § 41 Abs. 2 AO (Scheingeschäft), § 42 AO (Gestaltungsmissbrauch) oder un­ mittelbar der Auslegung der betroffenen materiellen Steuernormen ent­ nommen wird.512 Dabei wird allerdings kritisch auf die Gefahr einer Ver­ selbständigung des Gesamtplanarguments von diesen Tatbeständen 506 Wohl Offerhaus, FR 2011, 878 (880); ders., Stbg 2010, Heft 11, M1. 507 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 280 f. 508 Krit. deshalb Gersch in Klein, § 4 AO, Rn. 25; Tanzer, DStJG 33, S. 189 (207). 509 Vgl. überzeugend Beisse, StuW 1981, 1 (11): „Für eine zusätzliche steuerliche Wertung im Sinn einer Umqualifizierung von Sachverhalten kann die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht benutzt werden. Denn dies liefe auf eine – unzulässige – Besteuerung fiktiver Sachverhalte hinaus“; ähnlich Crezelius, StuW 1981, 117 (120). 510 Vgl. Beisse, StuW 1981, 1 (3); Gassner, FS Höhn, S. 65 (73); Gersch in Klein, § 4 AO, Rn. 34; Schmidtmann, FR 2015, 57 (60). 511 Begründungslos Clausen, DB 2003, 1589, Fn. 5; sehr kritisch auch Kanzler, FS Korn, S. 287 (297) für den Bereich des § 6 Abs. 3 ­EStG und § 16 ­EStG. 512 Vgl. statt aller Schmidtmann, FR 2015, 57 (60); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1144 ff.); Söffing, BB 2004, 2777.

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

hingewiesen.513 Welche der drei Rechtsgrundlagen im Einzelfall anwend­ bar ist, gehört zu den nach wie vor umstrittenen Fragen des Gesamt­ plans, zuletzt bewiesen durch das Offenlassen dieser Entscheidung durch den BFH514 bzw. durch die Anwendung verschiedener Rechtsgrundlagen trotz vergleichbarer Sachverhalte.515 Die Diskussion um diese Rechtsgrundlagen wird teilweise so geführt, als könne man darüber eine absolute Entscheidung für alle Gesamtplanfälle herbeiführen. Wohl überwiegend ist dagegen anerkannt, dass die Ge­ samtplanfälle in ihren Untergruppen jeweils verschiedenen dieser An­ knüpfungspunkte zuzuordnen sind.516 Dennoch wird der Gesamtplan oft verkürzt ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO gewür­ digt.517 Dies kann schon bei Wahrnehmung der geschilderten Gesamt­ planfälle zugunsten des Steuerpflichtigen nicht aufrecht erhalten wer­ den. Keinesfalls darf der Eindruck entstehen, der Frage nach der Rechtsgrund­ lage käme nur theoretische Bedeutung zu. Auch erfüllt die Rückführung der Gesamtplanfälle auf eine Rechtsgrundlage nicht nur das Ziel, eine irgendwie geartete rechtsstaatliche Legitimation der Gesamtplanargu­ mentation zu erreichen. Vielmehr wirkt sich die erwählte Rechtsgrund­ lage unmittelbar in den Merkmalen des Gesamtplans aus.518 Obwohl es geradezu selbstverständlich ist, dass verschiedene Tatbestände auch un­ terschiedliche Anforderungen für ihre Rechtsfolge statuieren, wird diese 513 Vgl. Crezelius, FR 2003, 547 (541); wohl auch Krüger, DStZ 2014, 194 (202); Söffing BB 2004, 2777 (2782) unter Verweis auf Fälle, in denen der Gesamtplan ohne Rechtsgrundlage angewendet wurde; a. A. Schmidtmann, FR 2015, 57 (60). 514 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (643). 515 Vgl. Beschl. des BFH v. 19.1.2011 – X B 43/10, BFH/NV 2011, 636 m. Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 14/2011 Anm. 1 und gegensätzlich BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229. 516 Vgl. Schmidtmann, FR 2015, 57; Spindler, DStR 2005, 1 (1 ff.); Söffing BB 2004, 2777 (2783); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1148). 517 Crezelius FR 2003, 537 (538); G. Kirchhof in H/H/R, Einf. ESt, Rn. 210; Osterloh, Jahrbuch d. Öffentlichen Rechts, Band 56, S. 141 (149); Rose, FR 2003, 1274 (1276); Jebens, BB 2009, 2172 (2172); Spiegelberger, FS Spindler, S. 809 (811); BFH Beschl. v. 10.1.2011 – X B 43/10, BFH/NV 2011, 636 mit Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 14/2011 Anm. 1; wenn im Gegensatz vertreten wird, die Gesamtplanrechtspre­ chung beruhe ausschließlich auf der teleologischen Auslegung von § 16 Abs. 3 ­EStG (z.  B. Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1426)), ist dies dem beschränk­ ten Blick auf das Umwandlungssteuerrecht ohne Beachtung der Ausweich- und Korrekturgeschäfte geschuldet. Vgl. für ein Abstellen auf die teleologische Ausle­ gung wohl auch Förster, FS Korn, S. 3 (14, 18). 518 Davon ist z. B. die salvierende Wirkung außersteuerlicher Gründe betroffen, die gem. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO beachtlich sein müssen, außerhalb des § 42 AO dage­ gen unberücksichtigt bleiben. Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 274 ff.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

überragende Bedeutung der Rechtsgrundlagenwahl für die Verklamme­ rung mithilfe des Gesamtplans in Literatur und Rechtsprechung weitge­ hend verkannt. Das Ziel muss deshalb sein, in jedem Einzelfall die richtige Rechtsgrund­ lage herauszuarbeiten und dabei zu bestimmen, inwieweit die Gesamt­ planfälle einer einheitlichen gesetzlichen Anknüpfung fähig sind. Dabei kommt der erschwerende Umstand hinzu, dass nicht vollends geklärt ist, in welchem Verhältnis der Gesamtplan zu seinen Rechtsgrundlagen steht: Es ist fraglich, inwieweit das Vorliegen eines Gesamtplans zum bedingungslosen Ziehen der Rechtsfolgen einer Norm berechtigt bzw. wie groß die Abhängigkeit des Gesamtplans von den weiteren Vorausset­ zungen seiner Rechtsgrundlage ist.519 Diese Frage muss im Anschluss geprüft werden.520

II. Allgemeines zur Gesetzesauslegung und -umgehung Zur dogmatischen Einordnung des Gesamtplans sind einige Grundfra­ gen der Auslegung von Gesetzen – und in diesem Zusammenhang zu ih­ rer Umgehung – relevant. Alle dem Gesamtplan zugrundeliegenden Sachverhaltsgestaltungen sind zumindest im Grenzbereich zwischen Wortlaut und Gesetzeszweck angesiedelt; bei formalistischem Tat­ bestandsverständnis sind sie ggf. nicht mehr umfasst, obwohl dies zur uneingeschränkten Durchsetzung des Gesetzeszwecks möglicherweise erforderlich wäre. Die Reichweite steuerlicher Tatbestände und die Be­ handlung von Sachverhaltsgestaltungen außerhalb dieses Bereichs sind deshalb Vorfragen, ohne die eine normative Verankerung des Gesamt­ plans schlechterdings unmöglich ist, versucht doch die Gesamtplan­ rechtsprechung, den normativen Geltungsanspruch gerade in diesem Grenzbereich zu konkretisieren. 1. Gesetzesauslegung und -umgehung Die Bestimmung der Reichweite steuerlicher Tatbestände nimmt Anlei­ hen aus der vor allem im Zivilrecht entwickelten Lehre. Dort wird die Gesetzesumgehung heutzutage ganz überwiegend als Auslegungsfrage verstanden,521 weshalb die Probleme von Gesetzesauslegung und Geset­ 519 Vgl. z. B. Spindler, DStR 2005, 1 (4 f.): „eingeschränkte Anwendung“ und „uneingeschränkte Anwendung“ der Gesamtplanrechtsprechung. 520 Vgl. Teil 3, § 2. 521 Vgl. Teichmann, JZ 2003, 761 (765); Häsemeyer, FS d. jur. Fakultät Heidelberg, S. 163 (169 f.); Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 10.

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

zesumgehung Hand in Hand gehen. In Anlehnung an Larenz hat sich bzgl. der Tatbestandsreichweite das Verständnis herausgebildet, dass bis zur Grenze des äußerst „möglichen Wortsinns“ eines Tatbestands bereits durch dessen Auslegung hinreichende Möglichkeiten bestehen, ent­ sprechende Gestaltungen zu erfassen; außerhalb dieser Wortsinngrenze ermögliche nur die Rechtsfortbildung die Durchsetzung des Geset­ zeszwecks – namentlich in Form von Analogie und teleologischer Re­ duktion.522 Es handelt sich dabei um methodologisch verwandte Erkennt­ nisverfahren, die sich gleichermaßen am Gesetzeszweck orientieren. Für die Zulässigkeit der Rechtsfortbildung existieren jedoch enge Grenzen, z. B. verlangt eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung durch Analogie eine „planwidrige Regelungslücke“.523 Die zivilrechtliche Auslegungs­ lehre hat insofern sowohl die Grenze der Auslegung als auch die Grenze der Rechtsfortbildung zu bestimmen. 2. Speziell: Auslegung und Umgehung von Steuergesetzen Das Steuerrecht teilt grundsätzlich dieses Normverständnis.524 Sieht sich der Tatbestand in der Lage, noch innerhalb des Wortsinns eine mehrakti­ ge Gestaltung zu erfassen, handelt es sich nicht um einen Umgehungs­ fall im engen Sinne. Auch im Steuerrecht ist Sachverhaltserfassung bis zum äußersten Wortsinn eine Frage der Tatbestandsauslegung.525 Be­ kannt ist Hensels Formulierung, echte Steuerumgehung fange dort an, „wo die Auslegungskunst zu versagen beginnt.“526 Bewegt sich eine ge­ samtplanmäßige Gestaltung innerhalb des Wortsinns einer Norm, sollte damit unbestritten sein, dass deren Auslegung zur Erfassung dieses Sach­ verhalts genügt. Dies gilt sowohl zugunsten als auch zulasten des Steu­ erpflichtigen. Dogmatische Schwierigkeiten bei der Begegnung von ech­ ten Steuerumgehungen, die sich aus dem unklaren Verständnis von § 42 AO bzw. der Grenze der Rechtsfortbildung im Steuerrecht ergeben, sind in diesem Bereich unbeachtlich. Allerdings beginnt mit dieser Fest­ 522 Larenz, Methodenlehre, S. 322, 366; vgl. Teichmann, JZ 2003, 761 (765). 523 Vgl. dazu umfassend Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 17 ff. 524 Vgl. für die Steuerumgehung als Unterfall der Gesetzesumgehung Fischer, DB 1996, 645 (645); Drüen, StuW 2008 154 (159). 525 Vgl. den umfangreichen Nachweis der Larenzschen Gedanken in der Rechtspre­ chung des BFH bei Woerner, DStJG 5, S. 23 (28 ff., insbes. Fn. 23); auch Englisch in T/L, § 5, Rn. 58; Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1624 f.; krit. ggü. einer Wortsinngrenze: Fischer, StuW 1979, 347 (360). Eine Sonderrolle nimmt daneben der vom Gesetzgeber in § 41 Abs. 2 AO festgeschriebene Versuch, für die Fälle der dissimulatio durch eine Interpretation des betroffenen Rechtsgeschäfts potentielle Umgehungsfälle auszuscheiden, vgl. § 1 II. 4. 526 Hensel, Festgabe für Zitelmann, S. 216 (244).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

stellung erst die eigentliche Arbeit, in jedem Einzelfall das Einhalten der Wortlautgrenze zu begründen. Es wird zu zeigen sein, dass der Wortlaut steuerlicher Tatbestände in gewissen Konstellationen mehraktige Ge­ samtplangestaltungen erfassen kann.527 Die Existenz derartiger Fälle bestätigt, dass Gesamtplan und Gestaltungsmissbrauch keineswegs ­ ­deckungsgleich sind,528 und dass Gesamtplan und Steuerumgehung eben­ falls keine identischen Wirkbereiche haben. Das dogmatische Minenfeld beginnt mit dem Überschreiten der Wort­ sinngrenze im Bereich der echten Steuerumgehung. Für die normative Verankerung der Gesamtplanrechtsprechung relevant ist zunächst die umstrittene Vorfrage, inwieweit eine Rechtsfortbildung zulasten des Steuerpflichtigen im Steuerrecht zulässig ist und sodann die damit eng verbundene Einordnung von § 42 AO. Beide Aspekte stellen spezifisch steuerrechtliche Abweichungen von der Lehre der Gesetzesumgehung dar. Unbehelligt bleiben davon Gesamtpläne zugunsten des Steuerpflich­ tigen. Weder wird vertreten, die Rechtsfortbildung zugunsten des Steu­ erpflichtigen sei beschränkt,529 noch ist § 42 AO einschlägig. Auch ­Crezelius, grundsätzlich kritisch gegenüber der Zulässigkeit der Gesamt­ planargumentation, attestiert in diesen Fällen die methodologische Un­ bedenklichkeit einer auf teleologischer Auslegung beruhenden Lösung.530 Insofern können die Gesamtplanfälle zugunsten des Steuerpflichtigen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Wortlautgrenze nach den allgemeinen Regeln zu Auslegung und Rechtsfortbildung zu einer rechtsstaatlich unbedenklichen Lösung geführt werden. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Gesamtplananwendung zugunsten des Steuerpflichtigen nur sehr restriktiv zur Anwendung gelangt. Fälle einer über den Wortlaut hinausgehenden, aber im Rahmen eines Analo­ gieschlusses durchzuführenden Verklammerung zugunsten des Steuer­ pflichtigen sind bisher nicht ersichtlich.

527 Vgl. Teil 3, § 1 III. 528 Vgl. Tanzer, DStJG 33, S. 189 (205); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (114) plastisch mit dem Bild der zwei sich überschneidenden Kreise. 529 Obwohl dies die Stimmen tun müssten, die bereits die Analogiefähigkeit des Steu­ errechts ablehnen; Kruse, StuW 1980, 226 (232); ders., DStJG 5, S. 71 (75); Flume; StbJb 1967/68, 63 (65 f.); ders., StbJb 1985/86, 277 (290 ff.). 530 Crezelius, Stbg 2007, 449 (459).

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

a) Analogieverbot im Steuerrecht Ob die Rechtsfortbildung im Steuerrecht jedenfalls zulasten der Steuer­ pflichtigen im Gegensatz zum Zivilrecht unzulässig ist, ist nach wie vor nicht vollends geklärt. Damit ist die Frage nach einem Analogieverbot im Steuerrecht angesprochen, das in der Vergangenheit vorausgesetzt wurde, jedoch mehr und mehr hinterfragt wird.531 Die Frage ist für den Gesamtplan bedeutsam, prägt sie doch das Verständnis von § 42 AO und die Zulässigkeit autonomer Rechtsetzung durch den Richter unter ande­ rem in Form eines eigenständigen Gesamtplanarguments. Zu einem Analogieverbot können zwei Gedankengebäude führen. Zum einen wird methodologisch schon die Analogiefähigkeit des Steuerrechts als von Natur aus positivistischem Recht verneint. Steuertatbestände knüpfen demnach nicht an Sachgesetzlichkeiten an, sondern sind Aus­ druck der reinen gesetzgeberischen Willkür, bestimmte Vorgänge der Be­ steuerung zu unterwerfen. Demnach gebe es auch keine übergeordneten Prinzipien, die durch Analogieschluss vervollkommnet werden könn­ ten.532 Dem steht m. E. schon die Orientierung des Steuerrechts am Fun­ damentalprinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entgegen, das sehr wohl als Leitfaden für Analogieschlüsse taugt. Der Umstand, dass dieses Prinzip tatsächlich nur ungenügend umgesetzt ist, rechtfer­ tigt nicht den Schluss, das Steuerrecht befolge überhaupt keine Prinzipi­ en.533 Zudem wird das zweifellose Vorhandensein des individuellen Ge­ setzeszwecks als hinter der Norm stehende, konkrete und folgerichtig umzusetzende Belastungsentscheidung ignoriert, obwohl schon diese allein Maßstab für eine Einzelanalogie darstellen kann. Überzeugender kann ein Analogieverbot verfassungsrechtlich begründet werden. Das Steuerrecht als Eingriffsrecht ist verstärkt an den Gesetzes­ vorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Es widerspreche der Tatbe­ standsmäßigkeit der Besteuerung, dem Demokratieprinzip, und in der Folge der Rechtssicherheit, wenn belastende Steuerfolgen auch außer­ halb des unmittelbaren Wortlauts angeordnet werden könnten.534 Zudem 531 Für ein Analogieverbot: Hensel, Festgabe für Zitelmann, S. 217 (237 f.); Kruse, StuW 1980, 226 (232); ders., DStJG 5, S. 71; Flume, StbJb 1967/68, 63 (65 f.); Friauf, DStJG 5, S. 53; Felix, DStJG 5, S. 99; Pelka, DStJG 5, S. 209; Drüen, StuW 2008, 154 (160); dagegen: Lion, VJSchrStuFR 1927, S. 132 (156 ff.); Tipke, StuW 1981, 189; ders., Steuerrechtsordnung, Band 1, S. 197 ff.; Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, S. 142 ff.; Tanzer, StuW 1981, 201. 532 Vgl. Flume, StbJb 1985/86, 277, (279 ff.); ähnlich Kruse, DStJG 5, S. 71 (75). 533 Vgl. Tipke, StuW 1981, 189 (191). 534 Vgl. m. umfangreichen Nachweisen Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 1, S. 186, Fn. 280.

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erstrecke sich das strafrechtliche Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG auf die materiellen Steuernormen, weil diese über die Blankettnorm des § 370 AO strafbarkeitsbegründend sein können.535 M. E. ist schon frag­ lich, ob die besagten Verfassungsgüter überhaupt verletzt sind. Tipke führt zur Rechtssicherheit überzeugend aus, dass diese bei erkennbaren Lücken schon nicht betroffen ist.536 Das Demokratieprinzip ist ebenfalls nicht zwingend verletzt, wenn man, geführt vom objektiv bestimmten Normtelos, einen Tatbestand vervollkommnet. Denn die Analogie ­widerspricht der Norm nicht, sie ergänzt. Sollte dennoch von einem ­Eingriff in diese Verfassungsgüter ausgegangen werden, muss m. E. be­ rücksichtigt werden, dass das Steuerrecht auch dem in Art. 3 GG nieder­ gelegten Gerechtigkeitsgedanken verpflichtet ist, sodass eine Rechtferti­ gung durch diesen kollidierenden Verfassungswert erfolgt. Die Ergänzung unvollständiger Tatbestände durch Analogie entspricht dem Gleichheits­ satz, während ein striktes Ende der Rechtsanwendung an der Wort­ sinngrenze diesem entgegensteht. Es ist fraglich, warum die oft kaum bestimmbare Wortlautgrenze trotz methodologisch einheitlicher Er­ kenntnisverfahren von Auslegung und Rechtsfortbildung derart ver­ schiedene Ergebnisse rechtfertigen soll.537 Ein ausdrückliches Analogie­ verbot existiert für das Strafrecht, für das Steuerrecht dagegen gerade nicht.538 Zudem wird ein entsprechendes Verbot tatsächlich nicht ansatz­ weise durchgehalten.539 Eine ausführliche Diskussion kann an dieser Stelle nicht stattfinden; m. E. sprechen jedoch insgesamt keine zwingen­ den Gründe für ein Analogieverbot. Für den Gesamtplan bedeutet dies, dass er auch außerhalb des unmittel­ baren Wortsinns potentiell auf einer unmittelbaren Rechtsfortbildung der umgangenen Norm beruhen könnte. b) Existenz von § 42 AO Problematisch ist vor diesem Hintergrund die Existenz der allgemeinen Missbrauchsnorm § 42 AO, deren dogmatische Einordnung ebenfalls seit jeher umstritten ist. Welche Bedeutung kann eine Missbrauchsnorm ha­ ben, wenn die Zulässigkeit belastender Analogie den Geltungsanspruch der Steuergesetze, wenn auch nicht durch Auslegung, so doch in den 535 Auf der Basis eines Vergleichs zum Strafrecht bereits Hensel, Festgabe für Zitel­ mann, S. 217 (230). 536 Tipke, StuW 1981, 189 (194 f.). 537 Vgl. Tanzer StuW 1981, 201 (215 f.). 538 So auch Tanzer, StuW 1981, 201 (215); Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 1, S. 198. 539 Vgl. mit Beispielen Crezelius, StuW 1981, 117 (121 ff.).

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

Grenzen der Rechtsfortbildung hinreichend erweitert? Welchen Anwen­ dungsbereich hat eine Norm, die sich kaum dazu in der Lage sieht, den Gestaltungmissbrauch in einer grundsätzlich die Handlungsfreiheit ak­ zeptierenden Steuerrechtsordnung abstrakt zu formulieren? Diese Fra­ gen schlagen sich im Streit zwischen Innen- und Außentheorie nieder. Soweit gesamtplanmäßig fraktionierte Sachverhalte nicht mehr durch eine Tatbestandsauslegung erfasst werden können, hängt ihre normative Zuordnung maßgeblich von diesem Verständnis des § 42 AO ab. aa) Innen- vs. Außentheorie540 Nach der Innentheorie ist jeder Rechtskreis automatisch so organisiert, dass seine Normen aus sich selbst heraus vor Umgehungen gefeit sind und „aus eigener Kraft“541, auch über ihren Wortlaut hinaus, ihren Gel­ tungsanspruch durchsetzen können.542 Diese Auffassung ist von hohem Selbstbewusstsein in die Kapazität der Auslegungsmethoden geprägt, die den Gesetzessinn grenzenlos und damit zugleich lückenlos erfüllen. Für dieses Verständnis muss man entweder schon den äußersten Wortsinn als Auslegungsgrenze ablehnen oder zumindest die Rechtsfortbildung auch zulasten des Steuerpflichtigen für zulässig halten. Vor diesem Hin­ tergrund kann § 42 AO keine eigenständige Bedeutung zukommen. Er wirkt bloß deklaratorisch oder ist sogar überflüssig. Fischer formuliert: „§ 42 AO beschränkt sich auf die Aufforderung an den Rechtsanwender zu einer methodisch abgesicherten Anwendung der materiellen Steuerrechtsnorm, ggf. mittels Analogie oder teleologischer Reduktion.“543 Für den Gesamtplan könnte unter dieser Prämisse ausschließlich die materi­ elle Steuernorm tragfähige Rechtsgrundlage sein. Die Existenz des § 42 AO würde sich auch für Gesamtplanfälle auf den Hinweis beschrän­ ken, dass das Steuergesetz nicht umgangen werden kann. Gesamtplanfäl­ le könnten als unter § 42 AO deklaratorisch zusammengefasste Fallgrup­ pe verstanden werden, die einen besonderen Ausschnitt der teleologischen Auslegung beschreibt. Die Innentheorie bietet vor allem eine Lösung für das Dilemma des § 42 AO, den Missbrauch nicht kodifizieren zu können. Dies sei bisher nicht 540 Vgl. zum Streit im spezifischen Zusammenhang zum Gesamtplan Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (556); Söffing, BB 2004, 2777 (2784 ff.); Jehke, DStR 2012, 677 (680); Heuermann, StuW 2004, 124 (124 f.). 541 Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 23, 35. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 9. 542 Für dieses Verständnis u. a.: Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 72; ders., FR 2001, 1212; ausführlich Danzer, Die Steuerumgehung, S. 83 ff., 95; Sieker, Umgehungs­ geschäfte; Gassner, FS Kruse, S. 183 (187 ff.); ders., Interpretation, S. 89. 543 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 72.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

gelungen und schlechterdings unmöglich.544 Auch der Definitionsver­ such in § 42 Abs. 2 Satz 1 AO durch das JStG 2008 in Form der Unange­ messenheit sei letztlich nur im Zusammenhang mit dem Belastungs­ grund der umgangenen Norm zu fassen.545 Selbst Becker als Schöpfer des Missbrauchstatbestands hat diesen nur aufgrund der damaligen Ausle­ gungsdefizite für erforderlich gehalten, ihm aber über diesen rechtsprak­ tischen Aspekt später Überflüssigkeit attestiert.546 Der gesetzliche Nie­ derschlag dieses Verständnisses liegt sowohl im Merkmal des „gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil[s]“ als auch im Programmsatz des § 42 Abs. 1 Satz 1 AO, dass „das Steuergesetz nicht umgangen werden kann.“547 Zudem könne die Innentheorie weitere Vorzüge für sich gel­ tend machen.548 Die Außentheorie erkennt dagegen eine konstitutive Wirkung von § 42 AO an.549 Angewiesen auf § 42 AO sind diejenigen, die strukturelle Defizite des Gesetzes bei der Durchsetzung des Gesetzeszwecks aner­ kennen.550 Davon betroffen ist, wer den äußersten Wortsinn als Ausle­ gungsgrenze akzeptiert und erst Recht, wer von der Unzulässigkeit belas­ tender Analogien im Steuerrecht ausgeht551 bzw. zumindest davon, dass sich die Analogiefähigkeit des Steuerrechts praktisch noch nicht durch­ gesetzt hat.552 Aber selbst wenn man sich aufgrund weitreichender Aus­ legung bzw. Rechtsfortbildung methodologisch nicht für auf § 42 AO angewiesen hält, lässt sich dessen Existenz und der damit verbundene 544 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 74. 545 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 35; Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 74. 546 Vgl. Becker, StuW 1924, 145 (155). 547 Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 22. Aus dieser Formulierung wird vereinzelt ge­ schlossen, dass die Änderung des § 42 AO durch das JStG eine Hinwendung zum innentheoretischen Standpunkt bedeutet, Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 74. Ge­ genteilige Auffassung: Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 8; Hey, Beihefter zu DStR 3 2014, 8 (10). 548 Z. B. erleichtere sie das Verhältnis zwischen § 42 AO und spezialgesetzlichen Missbrauchsvorschriften, vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 87; nach Fischer entschärft die Anerkenntnis einer unbeschränkten Auslegbarkeit auch die Proble­ matik um die steuerverschärfende Analogie, a. a. O. 549 Vgl. für dieses Verständnis: Hensel, Festgabe für Zitelmann, S. 216 (224); Heuermann, StuW 2004, 124; Hahn DStZ 2008, 483 (492); Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 7a ff.; Söffing, BB 2004 2777 (2786); Rose, FR 2003, 1274; Damas/Ungemach, DStZ 2007, 551 (557); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1666 ff.; Hey, Beihefter zu DStR 3 2014, 8 (9 f.); dies. StuW 2008, 167 (175); Clausen DB 2003, 1589. 550 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 8a. 551 Vgl. Teil 3 § 1 II. 2. a). 552 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 166; mit Hinweisen auf eine Änderung dieses Zustands; ders., Steuerrechtsordnung, Band 1, S. 190.

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

Anwendungszwang letztlich nicht negieren. Eine Auslegung, nach der ein (zumal mehrfach optimierter) Tatbestand im Ergebnis leerläuft, ist nicht haltbar.553 Schon wegen Art. 20 Abs. 3 GG ist § 42 AO zu beachten. Soweit Fischer feststellt, dass jeder Rechtskreis sich selbst organisiere und insbesondere Rechtskreise ohne kodifizierten Missbrauch dies auch beweisen würden,554 ist dem zwar zuzustimmen; es ändert aber nichts daran, dass der deutsche Rechtskreis nun einmal einen § 42 AO enthält, der auch zu beachten ist. Wenn der Außentheorie vorgeworfen wird, sie agiere mit aus sich selbst heraus nicht subsumtionsfähigen Begriffen („unangemessen“, „Missbrauch“) ist dem entgegenzuhalten, dass auch die Außentheorie den Missbrauch normativ bestimmt.555 Drüen unter­ scheidet treffend zwischen dem umgangenen Steuertatbestand als „Maßstab zur Beurteilung einer Steuerumgehung und § 42 AO als Mittel zu ihrer Zurückweisung.“556 Beide Herangehensweisen orientieren sich also immer am Gesetzeszweck.557 Im Ergebnis kann spätestens seit der Fest­ schreibung außentheoretischer Elemente durch die Änderung des § 42 AO mit dem JStG 2008 dessen eigenständige Bedeutung nicht mehr negiert werden.558 Nun fragt sich, welche Auswirkung eine Norm haben kann, die materiell weitestgehend559 überflüssig ist, aber dennoch zwingend mit ihren kons­ titutiven Voraussetzungen anzuwenden ist. Es handelt sich im Über­ schneidungsbereich zwischen Rechtsfortbildung der umgangenen Norm und § 42 AO letztlich um einen Fall der Gesetzeskonkurrenz, wobei § 42 AO für sich den Vorrang der Spezialität für Missbrauchsfälle bean­ spruchen kann.560 § 42 AO wirkt dabei aufgrund seiner zusätzlichen Merkmale begrenzend.561 Die Außentheorie bei gleichzeitiger Anerken­ 553 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 8a. 554 Vgl. Fischer unter Hinweis auf Missbrauchsfälle im Unionsrecht, FR 2006, 297 (299). 555 Vgl. Hey, BB 2009, 1044 (1044). 556 Drüen, StuW 2008, 159; ders. in T/K, § 42 AO, Rn. 8. 557 Vgl. Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1672. 558 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 8; Hey BB 2009, 1044 (1047); dies., Beihefter zu DStR 3 2014, 8 (10); Hahn DStZ 2008, 483 (492). 559 Hey, Beihefter zu DStR 3 2014, 8 (10) bemerkt zu Recht, dass § 42 AO weiter rei­ chen kann als die durch den Lückbegriff begrenzte Rechtsfortbildung. In diesem praktischen Ausnahmebereich ist der konstitutive Charakter des § 42 AO selbst für Innentheoretiker kaum zu leugnen. 560 Zumal im Wirkbereich des § 42 AO keine durch Analogieschluss zu füllende Re­ gelungslücke mehr besteht. 561 Damit ist § 42 AO seiner ursprünglichen Intention, eine möglichst effektive Um­ gehungsabwehr zu gewährleisten, unter dem hier vertretenen Analogieverständnis wohl eher hinderlich.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

nung der Analogie steht deshalb im Ergebnis doch vor dem Problem, den Anwendungsbereich des § 42 AO, also den Missbrauch, abstecken zu müssen. Nicht der gesamte Bereich zwischen Wortlautgrenze und Geset­ zeszweck kann dabei von vornherein Missbrauch sein. Das Steuerrecht ist wertneutral und schreibt dem Steuerpflichtigen nicht vor, wie er zu wirtschaften hat. Im Gegensatz zu Verbots- oder Gebotsnormen akzep­ tiert das Steuerrecht die Handlungsfreiheit des Steuerpflichtigen. Es zwingt nicht zu dieser oder jener Gestaltung, sondern jeder Steuerpflich­ tige darf seine Verhältnisse eben so einrichten, dass er möglichst wenig Steuern zahlt. Zwingend ist allein die Folge, dass bei gegebener Gestal­ tung die tatbestandliche Steuer entsteht. Wenn damit die einzelne Hand­ lung, auch wenn sie den Wortlaut einer Norm überschreitet, vom Steu­ errecht nicht missbilligt wird, kann sie auch nicht unangemessen oder missbräuchlich sein.562 Zudem ist die begrenzende Wirkung des § 42 AO nur sinnvoll, wenn sein Anwendungsbereich Sachverhalte abdeckt, die gewissermaßen besonders weit vom äußerst möglichen Wortsinn ent­ fernt sind. Für diesen Fall können seine restriktiven Voraussetzungen (v. a. die exkulpierende Wirkung außersteuerlicher Gründe) als Korrektiv für die derart weitreichende Gesetzesanwendung verstanden werden. Umso näher liegt der Schluss, dass die Missbilligung erst dort beginnt, wo ein die Steuernorm umgehendes Ergebnis durch das kombinatorische Zusammenspiel mehrerer Teilschritte erreicht wird, die für sich selbst bedeutungslos sind. Diese Gestaltungen bewegen sich regelmäßig nicht einmal in der Nähe des äußerst möglichen Wortsinns. Derartige Hand­ lungen realisieren gerade nicht mehr die Handlungsfreiheit, wird doch zumindest mit dem interimistischen Zwischenschritt von vornherein keine Bewegung bewirkt, die schützenswert wäre. Dieser Befund deckt sich mit der Feststellung, dass es zur wichtigsten Funktion des § 42 AO gehört, künstlich aufgespaltene mehraktige Sachverhalte zu erfassen. Dies gilt m. E. jedenfalls für kombinatorische Konstellationen, in denen die Zwischenschritte sich aufheben. Sind sie gleichgerichtet und wirken sie im wirtschaftlichen Ergebnis fort, ist dies im Angesicht der Hand­ lungsfreiheit des Steuerpflichtigen nicht mehr unangemessen. Es ist aber zu zeigen, dass letztere ohnehin regelmäßig im Rahmen der Auslegung gelöst werden können.563 Im Ergebnis ist bei Gesamtplanfällen, die au­ ßerhalb des Normwortlauts angesiedelt sind und sich zudem durch inte­

562 Vgl. für den vorstehenden Gedanken ausführlich und zustimmungsfähig Hahn, DStZ 2006, 431. 563 Vgl. Teil 3, § 1 III. 2. b).

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

rimistische Zwischenschritte auszeichnen, immer der Anwendungsbe­ reich des § 42 AO getroffen. Insgesamt zwingt also die Außentheorie dazu, in jedem Einzelfall des Gesamtplans die Grenze auszuloten, die der Wortsinn setzt. Innerhalb dieser Grenze kann ohne weiteres durch bloße Normauslegung – zuguns­ ten wie zulasten des Steuerpflichtigen – mit dem Gesamtplan argumen­ tiert werden. Ist der äußerste Wortsinn überschritten, wird in Gesamt­ planfällen jedenfalls bei saldierenden Gestaltungen ein Missbrauch vorliegen. § 42 AO muss dann mit allen seinen Merkmalen angewendet werden. bb) Praktische Relevanz des Dogmenstreits Die praktische Auswirkung dieses unüberwindlichen Dogmenstreits ist allerdings recht gering.564 Da auch die Außentheorie als Maßstab für die Anwendung des § 42 AO den Belastungsgrund der materiellen Steuer­ norm verwendet, teilen sich beide Theorien im Ergebnis den Anknüp­ fungspunkt der Abwägung. Ein Unterschied kann nur dort entstehen, wo § 42 AO neben dem Gesetzeszweck als Maßstab eigenständige Merkma­ le aufstellt, die für die Innentheorie unbeachtlich sein müssten. Solche Merkmale sind das – allerdings umstrittene – Erfordernis einer Miss­ brauchsabsicht als dem Missbrauch immanentes Element und die aus­ drücklich normierte Exkulpationsmöglichkeit durch außersteuerliche Gründe. Beide Aspekte sind jedenfalls bei Gesamtplanfällen weniger re­ levant, als es zunächst scheint. Für das Erfordernis der Missbrauchsabsicht ergibt sich dies schon aus deren wohl eher theoretischer Bedeutung, da auf sie geschlossen werden kann, wenn die am objektiven Gesetzeszweck ermittelte Unangemes­ senheit gegeben ist.565 Übrigbleibende Fälle, in denen durch persönliche Unbedarftheit oder Naivität ein entsprechender Anschein widerlegt wer­ den könnte, sind angesichts der Komplexität gesamtplanmäßiger Konst­ ruktionen kaum denkbar. Zudem enthält jeder Gesamtplan ein finales Element in Gestalt der einheitlichen Planung, durch das eine Gesamt­ schau der einzelnen Teilschritte und damit die Subsumtion unter den umgangenen Tatbestand erst möglich wird. Zwar sind Umgehungsab­ sicht und das den Gesamtplan verklammernde subjektive Element nicht identisch. Dennoch reduziert sich die praktische Möglichkeit von Ge­ 564 Vgl. Hey, BB 2009, 1044 (1044) und grundsätzlich zur praktischen Bedeutung des Streits Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 87; Ratschow in Klein, § 42 AO, Rn. 12. 565 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 44; Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1683.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

samtplanfällen ohne Missbrauchsabsicht. Damit ist in den Fällen, in de­ nen der Umgehungsversuch in einer gesamtplanmäßigen Gestaltung liegt, die Umgehungsabsicht wohl ohnehin gegeben. Ähnlich verhält es sich mit der salvierenden Wirkung außersteuerlicher Gründe gem. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO. Diese sind zwar für Innentheoretiker ein zentraler Kritikpunkt: Es widerspreche der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, dass eine nach objektiv teleologischer Auslegung für steu­ erwürdig befundene Gestaltung aufgrund kreativer Gründe des Steuer­ pflichtigen nicht besteuert werden; auf diese Weise eröffne sich ein „Eldorado der Argumentation“, das dem Steuerpflichtigen ermögliche, „gegen die Geltung des Steuergesetzes zu optieren“.566 Es handele sich um ein „frei erfundenes negatives Merkmal.“567 Für viele Gesamtplanfäl­ le gibt es trotzt dieser harschen Kritik kaum Unterschiede: Denn auch die Innentheorie hält für den bedeutenden Bereich der Ausweich- und Korrekturgeschäfte ausnahmsweise die Exkulpation wegen wirtschaftli­ cher Gründe für zulässig. Es ist allgemein anerkannt, dass sich dieses Hin- und Her gerade durch seine Künstlichkeit, mithin einen Mangel an außersteuerlichen Gründen, auszeichnet.568 Aus diesem Grund wird für die Teilschritte eines Gesamtplans auch deren Bedeutungslosigkeit ge­ fordert.569 Fischer sieht deshalb den „wahren Kern“ des § 42 Abs. 2 Satz 2 AO in der Anwendung auf gesamtplanmäßige Ausweich- und Korrek­ turgeschäfte.570 Relevanter ist die Frage für die anderen Gesamtplanfälle, in denen die Innentheorie die Relevanz außersteuerlicher Gründe verneint. Jedoch werden diese Fälle regelmäßig und zu Recht – wie im Folgenden zu prü­ fen sein wird – nicht unter Rückgriff auf § 42 AO gelöst, weil sich das Ergebnis des Gesamtplans noch innerhalb der Wortsinngrenze bewegt. So wird § 42 AO bei der Zerlegung von qualifizierten tatbestandsmäßi­ gen Vorgängen in der Regel nicht angeführt571 und für die Einkünftezu­ rechnung bei Zwischenschaltungsfällen ebenfalls nicht.572 Die Frage um Innen- und Außentheorie wird folglich gar nicht berührt. Es ist aber dar­ auf hinzuweisen, dass in beiden Gruppen vereinzelt immer wieder feh­ lerhaft doch auf § 42 AO abgestellt wird und die Exkulpationsmöglich­ keit zugelassen wird, obwohl dies in der Entscheidungsnorm nicht 566 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 278, Fn.6. 567 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 278, Fn.6. 568 Vgl. Englisch in T/L, § 5, Rn. 133; bereits Böckli, FS Cagianut, S. 289 (303). 569 Vgl. Teil 3, § 3 II. 3. 570 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 289. 571 Vgl. Teil 3, § 1 III. 2. b). 572 Vgl. Teil 3, § 1 III. 2. a).

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

angelegt ist.573 Dies ist unmittelbar nicht im Streit zwischen Innen- und Außentheorie begründet, sondern in einer fehlerhaften Rechtsgrundla­ genzuordnung. Es ist aber erkennbar, dass die dogmatische Unsicherheit über § 42 AO diesbezüglich katalysierend wirkt. 3. Zur als maßgeblich erkannten Wortsinngrenze steuerrechtlicher Normen Überragende Bedeutung kommt nach dem Vorstehenden der Frage zu, inwieweit der Wortsinn der jeweiligen Steuernorm fraktionierte Sach­ verhalte grundsätzlich und über den Gesamtplangedanken erfassen kann. Ist dies der Fall, beruht der Gesamtplan auf der Auslegung der Steuertat­ bestände. Ist es nicht der Fall, kann nach hier vertretenem Verständnis zumindest bei interimistischen Zwischenschritten nur § 42 AO mit al­ len seinen Voraussetzungen die Verklammerung rechtfertigen. Der Wort­ sinn ist, „was nach dem allgemeinen oder dem jeweils als maßgeblich zu erachtenden Sprachgebrauch dieses Gesetzgebers – wenn auch vielleicht nur unter besonderen Umständen – noch als mit diesem Ausdruck gemeint verstanden werden kann.“574 Eine genaue Abgrenzung zwischen den Auslegung und Rechtsfortbildung durch die Wortsinngren­ ze ist allerdings nicht abstrakt bestimmbar.575 Es können höchstens Ten­ denzen vor die Klammer gezogen werden. Unproblematisch wäre die Zusammenfassung mehraktiger Vorgänge im Rahmen des Wortlauts der Steuertatbestände, wenn diese allein auf ein wirtschaftliches Ergebnis ungeachtet der zu ihm führenden Gestaltung abstellten. Allerdings messen die Steuertatbestände einen wirtschaftli­ chen Erfolg nicht etwa freischwebend, sondern durch eine Anknüpfung an Zustände oder eben Handlungen, die wirtschaftlich interpretiert, nicht aber zugunsten des wirtschaftlichen Ergebnisses ignoriert werden können. Zwar ist es richtig, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Hand­ lung den Kern der Bestimmung des Steuerobjekts ausmacht.576 Die Struk­ tur des Steuertatbestands als Zusammenspiel von Erwerbs- und Er­ folgstatbestand577 kann aber nicht vernachlässigt werden. Auch die Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzip ermöglicht keine Ori­ 573 Vgl. nur die missverständliche Entscheidung des BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530 in Teil 2, § 1 V. 1. b) bb). 574 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 143. 575 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 366 f. 576 Vgl. Waldhoff, FS Spindler, S. 853 (862 f.); Hey, StuW 1998, S. 285 (286 f.). 577 Vgl. dazu BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99 88; vgl. auch Kirchhof in K/S/M, § 2 ­EStG, Rn. A 37.

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entierung am bloßen wirtschaftlichen Erfolg eines mehraktigen Gesche­ hens. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein im Zivilrecht unter­ nommener Versuch, die Auslegung normativer Tatbestände dahingehend auszuweiten, dass sie nicht mehr an privatautonome Gestaltungen an­ knüpfen, sondern ausschließlich an deren Rechtsfolgen.578 Die Begrün­ dung, dass private Rechtsgeschäfte nicht eines Tatbestands, sondern ih­ rer Wirkungen willen erfolgen, und aus diesem Grund an Tatbestände anknüpfende normative Regeln niemals mit Umgehungsgestaltungen schritthalten können, ist bestechend, gleichwohl mangels Rechtsgrund­ lage579 und praktischer Probleme bei der Definition der maßgebenden be­ absichtigten Rechtsfolge zu verwerfen. Auf der anderen Seite sagt die bloße Existenz eines Erwerbstatbestands noch nichts darüber aus, ob der diesem zugrundeliegende Vorgang zwin­ gend uno acto erfolgen muss oder auch fraktionierte Gestaltungen er­ fasst. Es ist auf die sich von Norm zu Norm stark unterscheidende, indi­ viduelle Sprachfassung des jeweiligen Tatbestands abzustellen, sodass nur eine Einzelfallbetrachtung sachgerecht ist. Insbesondere für Tatbestände, die sich zivilrechtlich vorgeprägter Begriff­ lichkeiten bedienen, sind eher enge Grenzen zu ziehen. Die Auslegung dieser Begriffe ist vom Verhältnis beider Teilrechtsordnungen abhängig. Zwar wird das Steuerrecht nicht mehr als bloßes Folgerecht des Zivil­ rechts angesehen und muss zivilrechtliche Wertungen nicht vorbehaltlos akzeptieren.580 Vielmehr dient das Aufgreifen zivilrechtlicher Typen nur der Einfachheit, ist der vom Steuerrecht vorgefundenen Lebensrealität geschuldet und begründet eine „Vorherigkeit“, aber keinen „Vorrang“ des Zivilrechts.581 Dennoch führt die tatbestandliche Anknüpfung an zi­ vilrechtliche Handlungsformen zu verstärkten Tatbestandslücken, weil das Steuerrecht die gewählte – wenn auch nach der steuerlichen Teleolo­ gie ausgelegte – Vorgangsbeschreibung berücksichtigen muss und darin der am wirtschaftlichen Gehalt ausgerichtete steuerliche Gesetzeszweck meist nur unzureichenden Ausdruck findet.582 Für den Gesamtplan be­ deutet dies, dass auch zivilrechtlich angeknüpfte Tatbestände einer wirt­ schaftlichen Interpretation offen stehen können; in der Regel wird der 578 Vgl. Häsemeyer, FS d. jur. Fakultät Heidelberg, S. 163 (172 ff.). 579 Vgl. Teichmann, JZ 2003, 761 (767). 580 Dann wäre die Auslegungsfähigkeit derartiger steuerlicher Tatbestände an der steuerrechtlichen Teleologie nicht möglich; jede kreative zivilrechtliche Gestal­ tung könnte den Geltungsanspruch des Steuergesetzes konterkarieren. 581 Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 1, S. 44 f., 50 f.; Tanzer, StuW 1981, 201 (211); Lion, VJSchrStuFR, 1927, S. 132 (180 f.). 582 Vgl. Drüen in T/K, § 42 AO, Rn. 13.

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Wortlaut solcher Tatbestände aber durch eine planmäßige Fraktionie­ rung umgangen. Knüpfen Tatbestände an spezifische steuerrechtliche Terminologie an, sind sie dagegen in der Regel einer weiterreichenden Flexion zugunsten des steuerlichen Gesetzeszwecks geöffnet. Sie verwirklichen in höherem Maße die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Steuerrechts und kön­ nen deshalb auch gesamtplanmäßige Gestaltungen eher innerhalb des Wortsinns erfassen.583 Derartige Begriffe sind z. B. der Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder die Veräußerung in den einschlägigen Tatbe­ ständen zur betrieblichen Umstrukturierung. Nahezu umgehungsresistent sind Tatbestände, die den zugrundeliegen­ den Erwerbsvorgang über Typusbegriffe definieren. Selbst wenn einzelne Merkmale eines Typusbegriffs durch eine gesamtplanmäßige Gestaltung unterlaufen werden, bleibt der Rechtsanwender dazu befähigt, dies zu ignorieren. Die Gesamtschau ist im Typusbegriff angelegt. Insofern ge­ winnt die wertende richterliche Zuordnung bei Typusbegriffen eine do­ minierende Rolle gegenüber der strikten Gesetzesbindung, was auch eine Verklammerung gesamtplanmäßiger Sachverhalte in die Hände des wertenden Richters legt.584 Folglich befähigt ein derartiger Tatbestand in besonderem Maße zur Erfassung von Umgehungsgestaltungen. Für Ge­ samtplanfälle ist vor allem der weithin als Typus verstandene Unterneh­ merbegriff gem. § 15 Abs. 2 ­EStG relevant. Zuletzt gibt es Normen, die nur auf einen sehr reduzierten Erwerbstatbe­ stand abstellen und deshalb ohnehin überwiegend den wirtschaftlichen Erfolg beachten. Dies gilt z. B. für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, dessen Vorgang (Vermögensübertragung) gegenüber dem Erfolg (Bereicherung) im Hinter­ grund bleibt.585 Derartige Normen erfassen auch kreative Handlungsfor­ men. Letztlich kann auf diesem abstrakten Niveau nur festgestellt werden, dass die Umgehungsanfälligkeit steuerlicher Tatbestände bezüglich frak­ tionierter Sachverhalte stark voneinander abweicht. Schon diese Er­ kenntnis legt nahe, dass die normative Anknüpfung des Gesamtplans einzelfallorientiert erfolgen sollte.

583 Vgl. Beisse, StuW 1981, 1 (3). 584 Krit. deshalb Mössner, FS Kruse, S. 161 (169). 585 Vgl. Waldhoff, FS Spindler, S. 853 (Fn. 47).

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4. Sondernorm der Umgehungsabwehr: § 41 Abs. 2 AO Neben dem vorstehend thematisierten Dualismus zwischen Auslegung und § 42 AO werden Gesamtplankonstruktionen regelmäßig auch unter Verweis auf die Unbeachtlichkeit von Scheingeschäften gem. § 41 Abs. 2 AO negiert.586 § 41 Abs. 2 AO nimmt im Umgehungsinstrumenta­ rium eine Sonderrolle ein. Indem Scheingeschäfte für unbeachtlich er­ klärt werden und das verdeckte Geschäft der Besteuerung zugrunde ge­ legt wird, scheidet die Norm derartige Umgehungsgestaltungen schon durch eine Interpretation des Rechtsgeschäfts aus. Die Subsumtion un­ ter das Scheingeschäft gem. § 41 Abs. 2 AO ist dabei vorrangig.587 Dies ergibt sich aus dem überwiegend angenommenen, zumindest theoretisch klaren Alternativverhältnis zwischen Scheingeschäft und Umgehungs­ geschäft.588 Denn zum Missbrauch verwendbare „Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts“ können nur solche sein, die ihrerseits anerkannt sind und nicht schon wegen § 41 Abs. 2 AO unbeachtlich sind.589 Mit einem Rechtsgeschäft, das vom Steuerrecht ignoriert wird, kann kein Steuerge­ setz umgangen werden.590 Was unter einem Scheingeschäft im Sinne dieser Norm zu verstehen ist, birgt derweil einige Schwierigkeiten, sodass die Grenze zur Steuerumge­ hung „oft schwer zu ziehen ist.“591 Das liegt unter anderem an der „natürlichen Nahbeziehung“ zwischen Scheingeschäft und Steuerumge­ hung.592 Ausgehend von einem Urteil des BGH vom 25.10.1961 hat sich ein subjektiver Begriff des Scheingeschäfts etabliert: „[Das Scheingeschäft] setzt deshalb voraus, dass den Parteien der Geschäftswille fehlt. […] Das unterscheidende Kriterium liegt also darin, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Geschäft verfolgten Zweckes ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernsthaftes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben.“593 Bei einem Umgehungsgeschäft wollen die Parteien dagegen die zivilrechtliche Wirksamkeit, sie sind sogar in der Regel für ihre Zwe­ 586 Z. B. BFH v. 5.12.1990 – I R 5/88, BFHE 163, 87, ­BStBl. II 1991, 309; vgl. Teil 2, § 1 II. 7. 587 Vgl. zum logischen Vorrang des § 41 Abs. 2 AO Heuermann, DB 2007, 416 (418); Söffing, BB 2004, 2777 (2783). 588 Vgl. Drüen in T/K, § 41 AO, Rn. 74 m. w. N.; Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 103. 589 Heuermann, DB 2007, 416 (418). 590 Spindler, DStR 2005, 1 (2), spricht bei solchen Fällen aus diesem Grund von einer Anwendung des Gesamtplans „vor der Anwendung eines Steuertatbestands“. 591 Hensel, Festgabe für Zitelmann, S. 216 (233, Fn. 2). 592 Vgl. BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, ­BStBl. II 1992, 143. 593 BGH v. 25.10.1961 – V ZR 103/60, BGHZ 36, 85; vgl. Fischer in H/H/Sp, § 41 AO, Rn. 158 m.w.N; krit. Hahn, DStZ 2000, 433.

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cke auf die Wirksamkeit des Geschäfts angewiesen. Im Steuerrecht kommt als zweite Komponente hinzu, dass die Parteien die tatsächli­ chen Folgen aus dem Vertrag auch tatsächlich nicht ziehen.594 Heuermann formuliert für das Scheingeschäft zusammenfassend: „Einig über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts ziehen die Vertragsbeteiligten daraus die notwendigen Folgerungen bewusst nicht.“595 Diese ohnehin problematische Abgrenzung verstärkt sich dadurch, dass sowohl Steuer­ umgehung als auch Scheingeschäft ein verschleierndes Element inne­ wohnt.596 Zwar bemerkt Englisch, dass die korrekte Qualifizierung nicht bedeu­ tungslos ist. § 41 Abs. 2 AO wirke beispielsweise auch zugunsten des Steuerpflichtigen.597 Für die hier relevanten Gesamtplanfälle, insbeson­ dere Ausweich- und Korrekturgeschäfte, ist dagegen kein „primäre[r] Begründungswert“ von § 41 Abs. 2 AO gegenüber § 42 AO ersichtlich.598 § 41 Abs. 2 AO ist wie § 42 AO Ausfluss der wirtschaftlichen Betrach­ tungsweise.599 Beide Normen negieren unter identischen Merkmalen und bei gleich strukturierten Gesamtplanfällen das nur vorgeschobene Aus­ weichgeschäft. Die Bedeutung der Zuordnung zu § 41 AO ist deshalb ge­ ring, muss gleichwohl wegen seiner Existenz erfolgen.

III. Konkrete Zuordnung der Gesamtplanfälle Auf der Basis dieser Vorüberlegungen können die Gesamtplanfälle kon­ kret einer Rechtsgrundlage zugeordnet werden. Der Vorzug der erfolgten Identifizierung konstruktionsbedingter Fallgruppen der Gesamtplan­ rechtsprechung ist, dass eine systematische Zuordnung anhand dieser Kategorisierung möglich ist und damit eine sehr zielgenaue Zuordnung der Rechtsgrundlagen zu den einzelnen Gesamtplanfallgruppen möglich wird.

594 Vgl. Koenig in Koenig, § 41 AO, Rn. 35. 595 Heuermann, DB 2007, 416 (417). 596 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 103; Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1687. 597 Englisch in T/L, § 5, Rn. 101. 598 Fischer in H/H/Sp, § 41 AO, Rn. 204; vgl. auch Heuermann, BB 2003, 1465 (1466), der ausführt, dass Scheingeschäft und Missbrauch „intentional sehr nah beieinander“ lägen. 599 Vgl. Drüen in T/K, § 41 AO, Rn. 64.

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1. § 41 Abs. 2 AO Ein Abstellen des Gesamtplans auf das Scheingeschäft gem. § 41 Abs. 2 AO kommt wie bereits angedeutet nur bei Ausweich- und Korrek­ turgeschäften in Frage.600 Dagegen kann man insbesondere bei additiven Gesamtplangestaltungen, den Zerlegungsfällen, ein Scheingeschäft von vornherein ausschließen. Die sich ergänzenden Zwischenschritte sollen gerade bestehen bleiben. Ihr wirtschaftlicher Bestand ist für die ge­ wünschte Rechtsfolge unabdingbar. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass z. B. die Ausgliederung von stillen Reserven mit darauf folgender Veräußerung des Restbetriebs gem. §§ 16, 34 ­EStG nie mit einem Schein­ geschäft in Zusammenhang gebracht wird, weil die Ausgliederung gerade auf Dauer erfolgt und mit allen Folgen beabsichtigt ist.601 Bei Ausweich- und Korrekturgeschäften ist dagegen schon aufgrund der vollständigen Korrektur des ausweichenden Rechtsgeschäfts dessen mangelnde Ernsthaftigkeit naheliegend. Dies ist zugleich nicht zwin­ gend, ist es doch auch denkbar, dass die Parteien es aus steuerlichen Gründen für erforderlich halten, die sich saldierenden Geschäfte tatsäch­ lich und mit allen Folgen durchzuführen, was ein Scheingeschäft aus­ schlösse.602 Allein aufgrund der saldierenden Wirkung der beiden Rechts­ geschäfte ist ein Schluss auf das subjektive „Nicht-für-erforderlich-halten“ nicht möglich. M. E. muss man danach differenzieren, auf welche Weise das Korrekturgeschäft erfolgt.603 Wird das Korrekturgeschäft (Rückzah­ lung) seinerseits offen in Form eines (gegenläufigen) zivilrechtlichen Rechtsverhältnisses durchgeführt, ist das Ausweichgeschäft kein Schein­ geschäft. Erfolgt die Rückzahlung dagegen verdeckt und ohne offengeleg­ ten Rechtsgrund, liegt ein Scheingeschäft vor. Eine offen deklarierte Rückzahlung ist ein eindeutiger Hinweis, dass die Steuerpflichtigen die Geltung der Rechtsgeschäfte für erforderlich hielten. Wie für eine Steuer­ umgehung typisch, ist wird der äußere Tatbestand der Gestaltung offen präsentiert, nur der vorfolgte Zweck bleibt verborgen.604 Damit lässt sich der Anwendungsbereich des Scheingeschäfts bei Ausweich- und Korrekturgeschäften eindeutig abgrenzen. Praktisch sind Fälle des § 41 Abs. 2 AO die Ausnahme.

600 Vgl. Teil 2, § 1 II. 7. Spindler, DStR 2005, 1 (2); Fischer in H/H/Sp, § 41 AO, Rn. 204. 601 Vgl. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1147). 602 Vgl. Heuermann, DB 2007, 416 (417). 603 Gl. A. Englisch in T/L, § 5, Rn. 101. 604 Vgl. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 104.

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Trotz ihrer inhaltlichen Verwandtschaft können Fälle von Dreiecksge­ staltungen bei Umsatzakten nicht unter § 41 Abs. 2 AO fallen. Sie zeich­ nen sich gerade dadurch aus, dass der Zwischenschritt über den Interme­ diär im Ergebnis fortwirkt; er muss schon deshalb offen vollzogen werden, um für beide Geschäfte (zum Intermediär und von diesem zum Enddestinatär) die günstigere Beziehung auszunutzen. Auch für Zwischenschaltungsfälle kommt das Scheingeschäft nicht zur Anwendung. Zwar wurde in einem (zivilrechtlichen) Ausnahmefall eine nur „papiermäßige“ Zwischenschaltung unter dem Aspekt des Schein­ geschäfts ignoriert605 und werden einige Strohmannkonstruktionen als Anwendungsfall des § 41 Abs. 2 AO geführt.606 M. E. ist dies für Gesamt­ planfälle nicht denkbar. Es kann hier auch nicht uneingeschränkt auf die Transparenz des Korrekturgeschäfts abgestellt werden (das Geschäft, das die Zuordnung des wirtschaftlichen Erfolgs des Geschäfts bewirkt). Denn bei der gesamtplanmäßigen Tatbestandsauslagerung werden zwar die Mittel für die wirtschaftliche Betätigung „hingezahlt“ und der wirt­ schaftliche Erfolg der Tätigkeit „hergezahlt“. Nicht ausradiert wird aber die tatsächlich erfolgte wirtschaftliche Betätigung des Dritten am Markt. Es ist ersichtlich, dass die Beteiligten von Einkünfteverlagerungen die offene Hin- und Her-Bewegung immer für erforderlich halten, weil es ihnen gerade auf die steuerliche Relevanz des eigenhändigen Handelns der persona interposita ankommt. Die Tätigkeit des Dritten kann des­ halb nicht ohne weiteres als Scheingeschäft ignoriert werden. Vielmehr steht die Zurechnungsfrage im Vordergrund, ob die (beachtenswerte) Handlung eine eigene oder fremde Tatbestandsverwirklichung begrün­ det. § 41 Abs. 2 AO kommt damit nur für einen kleinen Ausschnitt der Aus­ weich- und Korrekturgeschäfte in Frage, wobei erneut darauf hingewie­ sen sei, dass § 41 Abs. 2 AO gegenüber § 42 AO kein eigenständiger Be­ gründungswert zukommt.607 Insbesondere ist auch ein Scheingeschäft nur dann zu bejahen, wenn eine zielgerichtete Rückgängigmachung er­ folgt und wenn keine besonderen Gründe für die Gestaltung bestehen. Andernfalls kann man nicht davon ausgehen, dass die Parteien die Rechtsfolgen gar nicht bestehen lassen wollten.

605 BGH v. 22.10.1981 – III ZR 149/80, NJW 1982, 569 zur Umgehung der Bardepot­ pflicht. 606 Z. B. BFH Beschl. v. 2.3.2004 - III B 114/03 (NV); vgl. Ratschow in Klein, § 41 AO, Rn. 45. 607 So auch Fischer in H/H/Sp, § 41 AO, Rn. 204.

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2. Materielle Steuernormen oder § 42 AO Damit läuft die Frage nach der Rechtsgrundlage für die große Mehrzahl der Gesamtplanfälle, die nach dem vorrangigen Abschichten des § 41 Abs. 2 AO übrig bleiben, auf die Zuordnung zwischen § 42 AO und der Auslegung materieller Steuernormen hinaus.608 a) Ausweich- und Korrekturgeschäfte Ausweich- und Korrekturgeschäfte müssen unter der Prämisse der Au­ ßentheorie m. E. unter Zuhilfenahme des § 42 AO gelöst werden. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz derart, dass Normen vor gegenläufigen Gestaltungen (Saldierungen) gefeit sind. Im Gegenteil wird man anneh­ men müssen, dass der Wortsinn einer Norm, die an den typischen Weg zur Erreichung einer wirtschaftlichen Grundabsicht anknüpft, über­ schritten ist, wenn sich der Steuerpflichtige mit dem Ausweichgeschäft derart von dieser Grundabsicht entfernt, dass er das Erreichen dieser Ab­ sicht nur noch durch ein vollständig gegenläufiges Rechtsgeschäft sicher­ stellen kann. Der Steuerpflichtige wird sich mit seinem Ausweichge­ schäft nicht einmal anscheinsgemäß in die Richtung seiner Grundabsicht bewegen. Vielmehr befreit die vollständige Rückabwicklung den Steuer­ pflichtigen vor jeglichen Richtungsvorgaben des Ausweichgeschäfts. In­ sofern wird er Ausweichgeschäft und Gegengeschäft bewusst so wählen, dass sie jeweils nicht bzw. gerade mit dem Wortlaut einer Norm überein­ stimmen, die an den typischen Weg zur Erreichung der Grundabsicht anknüpft. Damit ist zwar nicht vollständig ausgeschlossen, dass das Aus­ weichgeschäft noch von dem zu umgehenden Tatbestand erfasst wird. Es handelt sich dann aber um ein gescheitertes Ausweichgeschäft, das prak­ tisch nicht vorkommen wird. In der Regel ist der Normwortlaut mit die­ sen Gestaltungen überfordert. Dass der eingeschlagene Weg zudem als Missbrauch gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO zu qualifizieren ist, ergibt sich daraus, dass der Wortlaut durch ein kombinatorisches Zusammenspiel mehrerer sich aufhebender Teil­ schritte umgangen wurde.609 Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass Ausweich- und Korrekturgeschäfte mit ihrer geradezu lächerlichen Künstlichkeit den Inbegriff einer unangemessenen Gestaltung darstel­ len. Die vollständige Rückabwicklung eines Geschäfts bietet einen ob­ jektiven Anhaltspunkt für die ansonsten schwer fassbare „Unangemes608 Dies steht im Einklang mit den „zwei sich überschneidenden Kreisen“ nach Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (114). 609 Vgl. Teil 3, § 1 II. 2. b).

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senheit“ im Tatbestand des § 42 AO.610 Insofern unterliegen sie nicht einmal der innentheoretischen Kritik, dass der Tatbestand des § 42 AO aufgrund seiner unbestimmten Begriffe nicht subsumtionsfähig sei. In diesem Sinne erkennt auch Hahn, dass die Rückgängigmachung von Teilschritten im Sinne der Gesamtplanlehre das dominierende „Charakteristikum des steuerlichen Rechtsmissbrauchs“ sei.611 Es ist für alle Ausweich- und Korrekturgeschäfte darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen einer saldierenden Betrachtung – unabhängig von der Rechtsgrundlage – allgemein anerkannt sind. Es kann auf die ­Bemerkungen zur Bedeutungslosigkeit des Streits zwischen Innen- und Außentheorie für Ausweich- und Korrekturgeschäfte verwiesen werden, die sich vor allem daraus ergibt, dass auch der Ansatz ohne § 42 AO des­ sen Merkmale für die Saldierung verlangt. Ob § 42 AO die Rechtsgrund­ lage für diese Fälle ist, hat damit eher terminologische Bedeutung. Den­ noch wäre es gerade nach der Neufassung des § 42 AO wünschenswert, wenn alle Senate Ausweich- und Korrekturgeschäfte einheitlich § 42 AO unterstellen würden, soweit die einzelnen Rechtsgeschäfte beachtlich sind. Dies würde eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Fall­ gruppen erleichtern und tatsächlich gewährleisten, dass nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 42 AO eine Saldierung erfolgt. b) Dreiecksgestaltungen Gleichermaßen verhält es sich bei Dreiecksgestaltungen. Wird der Um­ satzakt in diesem Fall im Einklang mit dem Tatbestand ausgeführt und erst darauf durch Weiterleitung an den Enddestinatär „quasirückabgewickelt“, ist die Entscheidungsnorm grundsätzlich erfüllt. Da der Steuer­ pflichtige wegen der Flüchtigkeit des Zwischenschritts diesen Teilakt frei von wirtschaftlichen Zwängen gestalten kann, wird er die Gestal­ tung zielgenau an die Vorgaben des betroffenen Tatbestands anpassen. Es wird daher in der Regel mit beiden Geschäften ein Weg eingeschlagen, den das Gesetz ausdrücklich als Gestaltungsoption vorsieht. Eine Nicht­ anerkennung würde den Wortsinn der Norm, die genau diese Gestal­ tungsoption eröffnet, sprengen. Deshalb kann eine solche Gestaltung höchstens als Missbrauch § 42 Abs. 2 Satz 1 AO gewertet werden, weil das kombinatorische Zusammenspiel der Teilschritte anstößig ist (Flüch­ 610 Vgl. Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1677: „Eine Rechtsgestaltung ist von vornherein unangemessen, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, […] wenn durch die Gestaltung wirtschaftlich gar nichts bewirkt werden soll.“ 611 Hahn, DStZ 2006, 431 (441).

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tigkeit des ersten Teilschritts, Quasirückabwicklung durch zweiten Teil­ schritt). Für die in diesem Zusammenhang existierenden Gesamtplanfälle bedeu­ tet das: Die Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwestern­ personengesellschaften über die Dreiecksgestaltung kann nur gem. § 42 AO negiert werden. Wenn die Norm spezifische Wirtschaftsguttrans­ fers als Gestaltungsmöglichkeiten aufzählt, überschreitet eine Ausle­ gung den Wortsinn, die Ausführung genau dieser Optionen als nicht tat­ bestandsgemäß zu negieren.612 Gleiches gilt für die Realteilung. Die Rückabwicklung ist auch in diesem Fall nur unter den weiteren Voraus­ setzungen des § 42 AO zu negieren. Das bedeutet vor allem, dass zwin­ gend außersteuerliche Gründe für die Gestaltung zu beachten sind. Eine Ausnahme muss für solche Tatbestände gemacht werden, deren Er­ werbstatbestand völlig untergeordnet ist, wohingegen das tatbestandlich umschriebene wirtschaftliche Ergebnis dominante Relevanz erlangt. Ein Beispiel dafür ist das Abstellen auf die letztliche Bereicherung in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die ein Hin- und Her, egal welcher Art, aufnehmen kann. Insofern stellt der Tatbestand für die Bestimmung des Zuwendungs­ verhältnisses nicht auf die Gestaltung ab, sondern auf die finale Wertbe­ wegung in Form der Bereicherung des Destinatärs. Ein Rückgriff auf § 42 AO ist nicht erforderlich, im Gegenteil würde ein Eröffnen der Exkul­ pationsmöglichkeit von § 42 Abs. 2 AO der objektiven Auslegung des Be­ reicherungsverhältnisses entgegenstehen. Insoweit beruht auch die Ge­ samtplanüberlegung auf der Auslegung des Bereicherungsverhältnisses. c) Zwischenschaltung Dritter in die steuerliche Tatbestands­ verwirklichung Besondere Uneinigkeit bei der Zuordnung einer Rechtsgrundlage ergibt sich bei den Fällen der persona interposita. Angesichts der eher geringen Bedeutung des Gesamtplans für die Lösung dieser Fälle613 soll dies in ge­ botener Kürze dargestellt werden. M. E. ist die Bestimmung des Besteue­ rungssubjekts ohne Rückgriff auf § 42 AO unmittelbar aus den verwirk­ lichten Tatbeständen zu entwickeln; die Zurechnung ergibt sich also „unbemerkt“614 aus den steuerlichen Normen. Innentheoretiker werden dies mangels konstitutiver Bedeutung des § 42 AO ohnehin annehmen.615 Aber auch, wenn man § 42 AO konstitutive Bedeutung zuspricht, sind die 612 Vgl. auch Crezelius FR 2003, 537 (540 f.). 613 Vgl. Teil 2, § 1 IV. 2. 614 Hensel, Steuerrecht, S. 59. 615 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 497; Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 133 f.

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Einkunftsarten in ihrem Handlungstatbestand hinreichend offen, aber zu­ gleich aussagekräftig genug formuliert, um das verwirklichende Subjekt eindeutig zu bestimmen, ohne dabei krampfhaft an der eigenhändigen Verwirklichung festzuhalten.616 Die subjektive Zurechnung erfolgt gerade nicht durch die Umschreibung eines vertypten rechtlichen Wegs, sondern durch eine tatsächliche Umschreibung des Einkünfteerzielers. Die Ent­ scheidung darüber, wer über die Einkünfte generierende Leistung dispo­ nieren kann, ist nicht an die eigenhändige Ausführung einzelner Teil­ schritte gebunden. Dies gilt besonders, soweit wie bei den relevanten Gesamtplanfällen der gewerbliche Einkünfteerzieler über den Typusbe­ griff des Unternehmers konkretisiert wird, für den von vornherein nur das Gesamtbild maßgeblich ist. Bahnt der Vater alle Geschäfte selbst an und treten seine Söhne nur noch formal im Kaufvertrag als Vertragspartner in Erscheinung – ernten sie also nur die Früchte eines fertigen Geschäfts ohne eigenen Beitrag und vor allem ohne eigenes Risiko – muss man ohne weiteres, insbesondere ohne Rückgriff auf § 42 AO, auf die Unternehmer­ tätigkeit des Vaters schließen können.617 Eine Vereinnahmung des Ge­ winns durch die zwischengeschaltete Person ist dann eine Verfügung über bezogenes Einkommen.618 Beim Verhältnis zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter muss dagegen schon zur Wahrung der Trennung der Vermögenssphären das Handeln des Organs ohne weiteres der Gesell­ schaft als eigenes Handeln zugerechnet werden. Damit ist die von der Rechtsprechung regelmäßig praktizierte, zumindest hilfsweise Anfüh­ rung von § 42 AO für die originäre Zurechnung abzulehnen. Soweit der Gesamtplan in Form einer mittelbaren Tatbestandsverwirkli­ chung Grundlage der subjektiven Zurechnung wird (was nur in geringem Maß der Fall ist), findet diese ihren gesetzlichen Anknüpfungspunkt mit­ hin allein in der teleologischen Auslegung des Einkünftetatbestands. Dies gilt nicht für die Korrektur der Zurechnung im Fall des Durchgriffs durch eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft. Dieser kann nur un­ ter § 42 AO erfolgen.619 Wie oben geschildert, handelt es sich dabei aber nicht um eine Zurechnungsfrage im engen Sinne und damit nicht um einen Anwendungsfall des schon für die Zurechnung bedeutungsarmen Gesamtplans. Vielmehr sind dies Fälle der Substanzlosigkeit der Kapital­ 616 Nur wenn ein Einkunftstatbestand wie § 18 ­EStG die eigenhändige Verwirkli­ chung verlangt, kann es keine anderweitige Zurechnung geben; dieses Ergebnis ist dann aber in der Sache gerechtfertigt; auch eine planmäßige Zwischenschaltung Dritter kann keine abweichende Zurechnung begründen. 617 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, ­BStBl. II 1998, 667. 618 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 498. 619 Vgl. auch Tanzer DStJG 33, 189 (199).

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gesellschaft (in deren Folge sie die am Markt angebotene Leistung gar nicht mit eigenen Mitteln erbringen kann), oder einer missbräuchlich nicht fremdüblich ausgestalteten Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Dieser nur unter § 42 AO zulässige Durchgriff ist keine Zurechnungsfrage und berührt den Gesamtplan nicht, sodass es bei der Feststellung bleibt, dass die Zurechnung bei mittelbarer Tatbestandsver­ wirklichung aus den Normen heraus entschieden wird. d) Gesamtplanmäßige Zerlegung qualifizierter Gesamtvorgänge Besonders schwierig gestalten sich die Ermittlung der Reichweite der Auslegung und die Zuordnung einer Rechtsgrundlage bei Zerlegungsfäl­ len. Symptomatisch für diesen Befund ist das ausdrückliche Offenlassen dieser Frage seitens des BFH.620 Während die überwiegende Zahl der Ent­ scheidungen auf den Normzweck abstellt, wird vereinzelt auch in die­ sem Bereich § 42 AO herangezogen.621 M. E. lässt sich eine Gesamtschau von zerstückelt erreichten oder unterschrittenen Qualifikationshürden im Rahmen der teleologischen Auslegung der jeweiligen qualifizierten Tatbestandselemente der Entscheidungsnorm erreichen. Zu bedenken ist in diesem Bereich auch das Auftreten von Gesamtplänen zugunsten des Steuerpflichtigen, für die eine Anwendung des § 42 AO ausgeschlos­ sen ist. In diesen Fällen ist ein Überschreiten der Wortsinngrenze aller­ dings weniger problematisch, weil weder § 42 AO noch ein etwaiges Ver­ bot belastender Analogien einer durch Rechtsfortbildung erweiterten Auslegung entgegenstehen. Ausgangspunkt ist erneut der äußerst mögliche Wortsinn der Entschei­ dungsnorm. Die von Zerlegungsfällen betroffenen Tatbestände zeichnen sich dadurch aus, dass sie qualifizierte sachliche Elemente objektiv be­ schreiben. Dies kann ein Vorgang sein, aber auch ein Objekt, also eine sachliche Einheit, auf die die Norm sich bezieht. Meist wird ein Tatbe­ stand sogar beides zugleich enthalten. Die Rechtsfolge greift dann, wenn eine qualifizierte sachliche Einheit einen bestimmten qualifizierten Vor­ gang durchläuft. Beispielsweise stellt § 16 ­EStG wie oben beschrieben zum einen auf die Veräußerung des gesamten betriebliche Engagements ab, zum anderen auf die Veräußerung in einem Zug. M. E. ist diese objek­ tive Beschreibung nicht darauf beschränkt, nur formal einheitliche Ge­ genstände bzw. Vorgänge zu erfassen. 620 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­StBl. II 2012, 638 (643) mit Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 621 BFH Beschl. v. 10.1.2011 – X B 43/10, BFH/NV 2011, 636; BFH v. 31.7.1991 – II R 17/88, ­BStBl. II 1991, 891.

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

Für Vorgangsbeschreibungen ergibt sich das schon daraus, dass sie schon im allgemeinen Sprachgebrauch von einer gewissen Kulanz geprägt sind. Insbesondere Vorgänge, die nach der Natur der Sache nicht in einem Schritt erfolgen können, sind offen gegenüber einer mehraktigen Er­ füllung. Z. B. wird jeder Mensch unter dem Vorgang Erstellen einer Dis­ sertation ohne weiteres ein Konglomerat verschiedener Einzelschritte erkennen. Aber auch verhältnismäßig kurze Prozesse enthalten eine – wenngleich geringere – Kulanz. Die Durchführung einer Maßnahme kann folglich auch durch mehrere Schritte erfolgen. Äußerste Grenze der Zugehörigkeit zu einer objektiven Vorgangsbeschreibung ist ein sachlicher Konnex zum Gesamtvorgang. In einer Pause die Zeitung zu lesen, wird vom Betrachter kaum noch als Teil der Dissertationserstellung zu werten sein, obwohl es sich zeitlich nahtlos in den Schreibprozess ein­ fügt; anders das Lesen von sachnaher Literatur, ggf. auch im Vorfeld des tatsächlichen Schreibprozesses. Es ist dann eher eine Definitionsfrage, welche Vorbereitungshandlungen man sachlich schon unter den Prozess Dissertationserstellung fasst. Für juristische Vorgänge gilt nichts ande­ res. Da die Zerlegungsfälle sich im Gegensatz zu Ausweich- und Korrek­ turgeschäften dadurch auszeichnen, dass ihre Teilschritte bestehen blei­ ben und gleichgerichtet sind, z. B. mehrere Teilübertragungen eines Betriebs insgesamt auf die Übertragung des gesamten Betriebs gerichtet sind, ist regelmäßig eine sachliche Nähe zwischen den Teilschritten ge­ geben, die eine Subsumtion unter die Vorgangsbeschreibung ermöglicht. Man wird bei den in Rede stehenden Vorgängen sogar davon ausgehen müssen, dass diese aufgrund ihrer Qualifizierung überhaupt nicht in ei­ nem formal einheitlichen Vorgang durchgeführt werden können.622 Man könnte nun argumentieren, dass der Gesamtplan darüber hinaus­ geht, indem er mit der einheitlichen Planung ein subjektives Element einführt, das von der Vorgangsbeschreibung nicht mehr erfasst ist und deshalb in einem derartigen Tatbestand nicht angelegt ist. Das subjektive Element würde dann eher in die Richtung einer Missbrauchsabsicht und damit auf § 42 AO verweisen. Dem ist wie folgt zu begegnen: Die Wort­ sinngrenze verläuft dort, wo der sachliche Konnex zweier Akte gerade noch vorhanden ist. Die einheitliche Planung indiziert letztlich nur ­diese sachliche Verbindung, die insbesondere bei größerem zeitlichem ­Abstand nur noch unter Rückgriff auf dieses subjektive Element offen erkennbar ist. Bei einer einheitlichen Planung ist also ein noch tatbestandsmäßiger sachlicher Zusammenhang in aller Regel gegeben. Mithin ist das Ge­ 622 Z. B. wegen unterschiedlicher zivilrechtlicher Anforderungen an die Übertragung der einzelnen Bestandteile der Sachgesamtheit.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

samtplanelement zu einem gewissen Maß in jeder objektiven Beschrei­ bung eines qualifizierten Vorgangs enthalten.623 Davon zu unterscheiden ist, wie eng der spezifische Zusammenhang innerhalb dieser vom Wort­ laut allgemein gesetzten Grenze gestaltet sein muss. Dies ist eine Frage der spezifischen Normauslegung. So ist es denkbar, dass ein Tatbestand mehraktige Gestaltung gerade ausschließt, weil er stichtagsorientiert ist, obwohl der Wortsinn grundsätzlich weiterreichen würde. Genauso wenig überschreitet es den Wortsinn, wenn für die Beurteilung des Vorliegens einer qualifizierten tatbestandlichen Sachgesamtheit eine zeitraumbezogene Betrachtung angestellt wird. Denn die Frage der Beur­ teilungsmodalitäten über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Tatbe­ standsmerkmals wird in aller Regel vom Tatbestand offen gelassen und steht damit einer Auslegung offen. Diese muss sich am Gesetzeszweck und an dem zu beurteilenden Merkmal orientieren. So ergibt sich bei­ spielsweise für §§ 16, 34 ­EStG, dass es dem Wortsinn der Veräußerung eines Betriebs nicht widerspricht, wenn man gesamtplanmäßig filetierte „Restbetriebe“, die aufgrund des Ausscheidens stiller Reserven im engen Zusammenhang nicht mehr vollständig sind, nicht als tatbestandsmäßi­ gen „Betrieb“ betrachtet. Ein ganzer Betrieb wird eben nicht übertragen, wenn er kurz zuvor zerlegt wurde. Gerade Normen, die qualifizierte Ge­ genstände betreffen, beschränken sich auf die Beschreibung dieses Ge­ genstands, lassen dessen Qualifikationsmodalitäten aber offen. Folglich steht der Wortsinn einer entsprechend zeitraumbezogenen Auslegung auch nicht entgegen. Eine stichpunktbezogene Auslegung ist jedenfalls nicht schon von vornherein in jeder Beschreibung einer qualifizierten Sachgesamtheit angelegt. Sie kann sich aber im Einzelfall aus dem Normzweck ergeben. Es bedarf jedenfalls auch hierzu keines Rückgriffs auf § 42 AO. Soweit die Rechtsprechung die Frage dennoch offen lässt, basiert dies auf einer Verwechslung zwischen diesen Fällen und Ausweich- und Korrek­ turgeschäften. Der X. Senat624 hat verkannt, dass beide Konstellationen auch gleichzeitig auftreten können; erst die Vermengung beider führt zu der vermeintlichen Unklarheit über die Rechtsgrundlage. Ist eine Zerle­ gung wegen einer stichpunktbezogenen teleologischen Auslegung zu ak­ 623 Vgl. dazu Teil 4, § 2 1. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Ausgangspunkt der Gesamtplanüberlegung nicht der einheitliche Plan ist, sondern die Feststellung eines sachlichen Zusammenhangs der Teilschritte. Der Plan ist ein Beweismerk­ mal für den sachlichen Zusammenhang. Dies wird in der allgemeinen Gesamtplan­ literatur regelmäßig verkannt. 624 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638, vgl. ausführlich § 1 V. 1. b).

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

zeptieren, können Teilschritte, die nur interimistisch als Ausweichge­ schäft gestaltet wurden, auf der Basis von § 42 AO immer noch negiert werden. Gesondert soll wegen der Verallgemeinerungsfähigkeit des Gedankens auf die Anwendung des Gesamtplans beim Mantelkauf gem. § 8 Abs. 4 KStG a. F. eingegangen werden.625 Zur Umschreibung eines wirtschaftli­ chen Vorgangs (Identitätsverlust der Gesellschaft) wird auf zwei kumula­ tive Voraussetzungen abgestellt, den Gesellschafterwechsel und die Zu­ führung neuen Betriebsvermögens. Diese könnten wortlautgemäß auch durch jeweils getrennte Vorgänge erfüllt sein. Da die Voraussetzungen nur einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang umschreiben sollen, ist naheliegend, dass neben dem kumulativen Vorliegen der Vorausset­ zungen auch eine innere Verbindung zwischen ihnen bestehen muss. Dies ist – nicht nur weil es sich um einen begünstigenden Fall handelt – Teil einer methodologisch unproblematischen Normauslegung in Form der teleologischen Reduktion. Es bestätigt nur das soeben ausgeführte Verständnis, dass Elemente eines mehraktigen Vorgangs mindestens ei­ nen sachlichen Konnex haben müssen. Das gilt auch, wenn die Norm unzureichenderweise nur einzelne Teilakte kodifiziert ohne den dahin­ terstehenden Gesamtvorgang zu nennen, der aber gleichwohl durch Aus­ legung identifizierbar ist. Eine besondere Stellung unter den Zerlegungsfällen nehmen die Ent­ scheidungen zur Grunderwerbsteuer ein, die trotz ihrer Zuordnung zu den Zerlegungsfällen beanstandungslos über § 42 AO gelöst werden.626 Dies steht einer Fundierung der Zerlegungsfälle auf der teleologischen Auslegung der Entscheidungsnorm jedoch nicht entgegen. Dass § 42 AO herangezogen wurde, liegt daran, dass § 1 Gr­EStG a. F. gesellschaftsrecht­ liche Verfügungen überhaupt nicht erfasste, weder gestückelt noch auf einen Streich, sondern als typischen steuerbaren Vorgang nur die zivil­ rechtliche Grundstücksverfügung kannte. Insofern war die gesellschafts­ rechtliche Verfügung ein atypischer, nicht mehr vom Wortsinn gedeckter Gestaltungsweg. Mit einer an der wirtschaftlichen Verfügungsmacht an­ knüpfenden Formulierung hätte eine gesellschaftsrechtliche Verfügung dagegen vom Wortsinn noch erfasst werden können.627 Der Gesamtplan 625 Vgl. Teil 2, § 1 V. 4. 626 Vgl. Teil 2, § 1 V. 2. 627 Vgl. dazu den Formulierungsvorschlag Tipkes, Steuerrechtsordnung, Band 3, S. 1675: „Der Grunderwerbsteuer unterliegen Rechtsvorgänge, die es mit oder ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.“

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

kommt hier erst auf einer zweiten Stufe zum Einsatz, nämlich bei der Frage, ob auch eine gestreckte Anteilsübertragung als vollständige gesell­ schaftsrechtliche Verfügung gilt. Der Gesamtplan dient damit der teleo­ logischen zeitlichen Auslegung des Merkmales eines vollständigen Ge­ sellschafterwechsels. Zur Anwendung des § 42 AO führt nicht die zeitliche Spreizung des Gesellschafterwechsels, sondern überhaupt die Wahl des Gesellschafterwechsels anstelle der zivilrechtlichen Übertra­ gung des Eigentums. Mit der Aufnahme der gesellschaftsrechtlichen Ver­ fügung als grunderwerbsteuerlichen Tatbestand käme heute (gäbe es kei­ ne spezialgesetzliche Sperrfrist) ein Gesamtplan aus teleologischer Auslegung in Frage. Insofern stellen die Fälle zur Grunderwerbsteuer die Ergebnisse zu Zerlegungsfällen nicht in Frage.

IV. Kodifizierung des Gesamtplangedankens Zeitweilig wurde angedacht, den Gesamtplan als solchen zu kodifizie­ ren, um den vorgenannten Problemen aus dem Weg zu gehen. Dies wur­ de gerade unter dem Aspekt vorgetragen, dass verschiedene Senate, aus­ gehend von unterschiedlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkten, unterschiedliche Anforderungen an den Gesamtplan stellten.628 Insbe­ sondere ging es um die Anwendung der zusätzlichen Voraussetzungen (Entkräftungsmöglichkeiten) des § 42 AO629 bzw. der zeitlichen Eingren­ zung.630 Hinter diesem Begehren scheint die Forderung nach einer gesetz­ geberischen Entscheidung über Innen- und Außentheorie hervor, aber auch der Ruf nach einer Beschränkung der sich verselbständigenden Ge­ samtplanrechtsprechung als unternehmerisches Risiko. Eine Kodifizie­ rung existiert z. B. im belgischen Einkommenssteuergesetz, wo mehrak­ tige Gestaltungen im Rahmen des dortigen Gestaltungsmissbrauchs der Gesamtmaßnahme gleichstellt sind.631 Dem Kodifizierungsbegehren ist zuzugeben, dass die Anwendungsfälle der Gesamtplanrechtsprechung 628 Vgl. Jebens, BB 2010, 2015 (2027). 629 Vgl. Jebens, BB 2010, 2025 (2027); ders., BB 2009, 2172 (2176). 630 Drüen in T/K, Vor § 42 AO, Rn. 36a. 631 Art. 344 Abs. 1 ­EStG Belgien: „N’est pas opposable à l’administration des contri­ butions directes, la qualification juridique donnée par les parties à un acte ainsi qu’à des actes distincts réalisant une même opération lorsque l’administration constate, par présomptions ou par d’autres moyens de preuve visés à l’article 340, que cette qualification a pour but d’éviter l’impôt, à moins que le contribuable ne prouve que cette qualification réponde à des besoins légitimes de caractère finan­ cier ou économique.“ Die Norm wurde geschaffen, nachdem sich das höchste Ge­ richt nicht in der Lage sah, missbräuchliche Gestaltungen auf der Basis einer Si­ mulationslehre zu ignorieren, vgl. Thuronyi, Comparative Tax Law, S. 159 f.

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§ 1  Normative Verankerung des Gesamtplans

auf der Voraussetzungsseite eine Vereinheitlichung erfahren würden und insofern größtmögliche Planungssicherheit für den Steuerpflichtigen be­ stünde. Dies gilt gerade für die zeitlichen Ausmaße der Gesamtplan­ rechtsprechung. Andererseits würden gerade wegen des bisher unge­ klärten dogmatischen Verständnisses des Gesamtplans die konkrete Formulierung einer Gesetzesfassung und deren Reichweite Probleme bereiten.632 Eine allgemeine Kodifizierung des Gesamtplans ist m. E. schon bei Kenntnisnahme der verschiedenartigen Konstruktionsweisen mit ihren verschiedenen Rechtsgrundlagen nicht sachgerecht. Die bisher nicht er­ folgte Zusammenfassung unter einer Norm liegt nicht an verbleibenden Unklarheiten, sondern an den Unterschieden der betroffenen Fälle. Eine Verklammerung aufgrund der neuen Gesamtplannorm würde sich des­ halb vom Belastungsgrund entfernen. Die schon jetzt dem Gesamtplan vorgeworfene Verselbständigung würde – mit dem Siegel des Gesetzge­ bers versehen – noch größere Ausmaße erfahren. Es würde so zu einer pauschalen Gleichbehandlung ungleicher Fälle kommen. Gerade für eine zeitliche Eingrenzung des Gesamtplans, die für die Planungssicherheit besonders relevant ist, ist eine Vereinheitlichung problematisch.633 Inso­ fern kann eine Gesamtplanargumentation auch nicht in der Form eines Gesetzes „vor die Klammer gezogen werden“. Zudem würden die Probleme um das Verständnis von § 42 AO nicht ge­ löst, sondern vielmehr verschärft. Auch für die Gesamtplannorm wäre fraglich, ob die Merkmale konstitutiver Bedeutung sind und in welchem Verhältnis sie zu den materiellen Steuernormen stehen. Der Anwen­ dungsbereich bliebe unscharf. Insofern würde sich die Kritik an § 42 AO in dieser Norm fortsetzen. Zusätzlich müsste sie – möglicherweise als speziellere Norm – in ein Verhältnis zu § 42 AO gesetzt werden. Ein weiteres Problem ist, dass die Kodifizierung des Gesamtplans nicht dazu in der Lage wäre, das für jede Norm verschiedene Verhältnis des Gesamtplans zu seiner Rechtsgrundlage zu umschreiben.634 Der Gesamt­ plan befähigt nicht zu einer bedingungslosen Verklammerung, sondern macht diese von weiteren zu prüfenden Voraussetzungen der Norm ab­ hängig. Dazu wäre eine Gesamtplankodifikation aufgrund ihrer Genera­ lität nicht in der Lage.

632 Vgl. Hey, BB 2009, 1044 (1048), Fn. 56. 633 Vgl. Teil 3, § 3 II. 1. b). 634 Vgl. sogleich Teil 3, § 2.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

Die einzig mögliche Form einer Kodifizierung, ohne dabei auf sachwidri­ ge Weise den Prüfungsmaßstab zu verrücken, liegt m. E. in einer Be­ schränkung der Norm auf Fallgruppen, innerhalb derer ein weitgehender Voraussetzungsgleichlauf vorhanden ist. Das trifft, wie zu zeigen sein wird, allein auf Ausweich- und Korrekturgeschäfte zu.635 Letztlich würde es sich dabei vergleichbar mit der belgischen Regel nur um die Konkreti­ sierung einer Fallgruppe des § 42 AO handeln. Damit würde die ange­ strengte Vereinfachung weitgehend verfehlt, zumal es sich um eine Gruppe handelt, die schon jetzt nach gesicherten Kriterien entschieden wird, und zwar unabhängig von Innen- oder Außentheorie. Das Dilem­ ma, dass in den anderen Fällen jeder Tatbestand ausgehend vom Geset­ zeszweck gesondert ausgelegt werden muss, lässt sich methodisch nicht vermeiden. Allerdings würde eine vorteilhafte Wirkung mit dieser Kodi­ fizierung einhergehen: Indem sie ausdrücklich zu einer Differenzierung zwischen Ausweich- und Korrekturgeschäften und anderen Gesamtplan­ fällen führt, würde möglicherweise das Bewusstsein verschiedener Topoi gestärkt und die Verselbständigung des Gesamtplans rückgängig gemacht werden.

V. Fazit Der Gesamtplan ist keine rechtsgrundlose Figur. Eine einheitliche Rechtsgrundlage für alle Gesamtplanfälle gibt es dagegen nicht. Dazu ist die Struktur der Gesamtplanfälle zu verschiedenartig. Deshalb ist auch eine einheitliche Kodifizierung des Gesamtplans abzulehnen. Eine dif­ ferenzierte Lösung der verschiedenen Untergruppen des Gesamtplans würde unmöglich gemacht. Die Zuordnung der richtigen Rechtsgrund­ lage lässt sich dagegen zielgenau anhand der Kategorisierung nach der Konstruktionsweise der Fälle vornehmen. Ausweich- und Korrekturge­ schäfte basieren je nach der Transparenz des Korrekturgeschäfts auf § 41 Abs. 2 AO oder auf § 42 AO, wobei beiden Alternativen kein eigen­ ständiger Begründungswert zukommt. Gesamtplanmäßigen Zwischen­ schaltungen Dritter begegnet man durch eine an der Norm orientierten subjektiven Einkünftezurechnung. Auf die Bedeutungslosigkeit des Ge­ samtplans für diese Fälle sei hingewiesen. Etwas problematisch sind die Dreiecksgestaltungen bei Umsatzakten, deren Rechtsgrundlage davon abhängt, in welcher Weise der Tatbestand den Umsatzakt beschreibt. Wird an die wirtschaftliche Bewegung von Werten angeknüpft wie bei der Kettenschenkung, erlaubt schon die Normauslegung die Negierung 635 Vgl. Teil 4, § 2 3. a).

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§ 2  Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen

von Dreiecksgestaltungen. Wird formal an den Umsatzakt angeknüpft wie bei § 6 Abs. 5 ­EStG, muss § 42 AO zu Hilfe kommen. Die Zerle­ gungsfälle in der vierten Fallgruppe finden ihre Grundlage ausschließlich in der Auslegung der das qualifizierte Tatbestandselement beschreiben­ den Norm. Insofern realisiert sich die von Förster/Schmidtmann ausgesprochene Vorstellung der zwei Kreise des Gesamtplans.636 Es stehen sich einerseits Ausweich- und Korrekturgeschäfte und Dreiecksgestaltungen auf der Ba­ sis von § 42 AO (und dem gleichwertigen § 41 Abs. 2 AO) und anderer­ seits auf die teleologische Auslegung der Norm gestützte Zerlegungsfälle gegenüber.

§ 2 Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen Nachdem in diesem ersten Schritt das Verhältnis der möglichen Rechts­ grundlagen untereinander festgestellt wurde und darauf aufbauend eine Zuordnung der bekannten Gesamtplanfälle zu einer dieser Rechtsgrund­ lagen erfolgt ist, bleibt zu klären, welche Funktion der Gesamtplan im Verhältnis zu diesen Rechtsgrundlagen ausübt. Dazu wurde bereits fest­ gestellt, dass der Gesamtplan sich nur innerhalb des Rahmens seiner Rechtsgrundlage bewegen kann und nicht selbst zum Tatbestand über­ höht werden darf.637 Der Gesamtplan ist nicht deckungsgleich mit seinen Rechtsgrundlagen, was schon durch die Mehrzahl einschlägiger Rechts­ grundlagen bewiesen ist. Er bleibt in seiner Voraussetzungstiefe hinter seinen Rechtsgrundlagen zurück, indem er darauf beschränkt ist, einzel­ ne Tatbestandsmerkmale in ihrer Reichweite zu konkretisieren. Aus die­ sem Grund kann eine Verklammerungsentscheidung nicht allein auf dem Vorliegen eines Gesamtplans beruhen; vielmehr müssen die weite­ ren Merkmale der jeweils betroffenen Entscheidungsnorm eigenständig geprüft werden. Unverständlich ist, dass diese weiteren Voraussetzungen in der Literatur in Bezug auf § 42 AO anerkannt werden, nicht aber für die anderen ­potentiellen Rechtsgrundlagen, die ebenfalls weitere Voraussetzungen enthalten.638 Im Hinblick auf die damit einhergehende in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Gesamtplan zumindest in gewissen Fällen 636 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (114); Schmidtmann, FR 2015, 57 (58). 637 Vgl. Teil 3, § 1 I. 638 Vgl. z. B. Schmidtmann, FR 2015, 57 (58); Spindler, DStR 2005, 1 (4 f.).

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§ 2  Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen

von Dreiecksgestaltungen. Wird formal an den Umsatzakt angeknüpft wie bei § 6 Abs. 5 ­EStG, muss § 42 AO zu Hilfe kommen. Die Zerle­ gungsfälle in der vierten Fallgruppe finden ihre Grundlage ausschließlich in der Auslegung der das qualifizierte Tatbestandselement beschreiben­ den Norm. Insofern realisiert sich die von Förster/Schmidtmann ausgesprochene Vorstellung der zwei Kreise des Gesamtplans.636 Es stehen sich einerseits Ausweich- und Korrekturgeschäfte und Dreiecksgestaltungen auf der Ba­ sis von § 42 AO (und dem gleichwertigen § 41 Abs. 2 AO) und anderer­ seits auf die teleologische Auslegung der Norm gestützte Zerlegungsfälle gegenüber.

§ 2 Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen Nachdem in diesem ersten Schritt das Verhältnis der möglichen Rechts­ grundlagen untereinander festgestellt wurde und darauf aufbauend eine Zuordnung der bekannten Gesamtplanfälle zu einer dieser Rechtsgrund­ lagen erfolgt ist, bleibt zu klären, welche Funktion der Gesamtplan im Verhältnis zu diesen Rechtsgrundlagen ausübt. Dazu wurde bereits fest­ gestellt, dass der Gesamtplan sich nur innerhalb des Rahmens seiner Rechtsgrundlage bewegen kann und nicht selbst zum Tatbestand über­ höht werden darf.637 Der Gesamtplan ist nicht deckungsgleich mit seinen Rechtsgrundlagen, was schon durch die Mehrzahl einschlägiger Rechts­ grundlagen bewiesen ist. Er bleibt in seiner Voraussetzungstiefe hinter seinen Rechtsgrundlagen zurück, indem er darauf beschränkt ist, einzel­ ne Tatbestandsmerkmale in ihrer Reichweite zu konkretisieren. Aus die­ sem Grund kann eine Verklammerungsentscheidung nicht allein auf dem Vorliegen eines Gesamtplans beruhen; vielmehr müssen die weite­ ren Merkmale der jeweils betroffenen Entscheidungsnorm eigenständig geprüft werden. Unverständlich ist, dass diese weiteren Voraussetzungen in der Literatur in Bezug auf § 42 AO anerkannt werden, nicht aber für die anderen ­potentiellen Rechtsgrundlagen, die ebenfalls weitere Voraussetzungen enthalten.638 Im Hinblick auf die damit einhergehende in der Literatur vertretene Ansicht, dass der Gesamtplan zumindest in gewissen Fällen 636 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (114); Schmidtmann, FR 2015, 57 (58). 637 Vgl. Teil 3, § 1 I. 638 Vgl. z. B. Schmidtmann, FR 2015, 57 (58); Spindler, DStR 2005, 1 (4 f.).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

allein eine Verklammerung begründen kann,639 ist zu prüfen, ob aus­ nahmsweise doch Gesamtpläne existieren, die autonome Tragfähigkeit besitzen. Dem ist schon vor dem Hintergrund folgender abstrakter Überlegung zu widersprechen: Der Gesamtplan beschreibt nur ein Verhältnis mehrerer Akte zueinander, ist aber indifferent gegenüber deren sachlichen Gehalt. Für eine zusammengefasste Tatbestandsmäßigkeit mehrerer Teilschritte hat aber beides Bedeutung, sodass ein Faktor allein keine Besteuerung auslösen kann. Schon mit dieser Erkenntnis ist ersichtlich, dass der Ge­ samtplan niemals autonom die Verklammerung besorgen kann. Dies sei anhand der einzelnen Fallgruppen gezeigt.

I. Zerlegung qualifizierter tatbestandsmäßiger Elemente und Zwischenschaltungsfälle Sehr deutlich hervor tritt dies im Bereich der Zerlegungsfälle. Zwar eröff­ net der Zeitraumbezug einer Norm wie bei §§ 16, 34 E ­ StG ein gesamt­ planmäßig zu konkretisierendes Zeitfenster, aber naturgemäß nur im Zusammenhang zu Maßnahmen, die tatbestandsmäßig sind. Spindler hält den Gesamtplan in diesen Fällen dagegen für „uneingeschränkt anwendbar“, bejaht also dessen Verklammerungswirkung ohne weitere Vo­ raussetzungen,640 wobei die tatbestandlichen Erfordernisse des § 16 ­EStG ignoriert werden. Bester Beweis für das Erfordernis weiterer Kriterien ist die präzisierende Einschränkung der Gesamtplanrechtsprechung bei der Ausgliederung von ihrerseits begünstigten Vermögenseinheiten vor einer Betriebsveräußerung, welche – trotz gesamtplanmäßigen Zusammen­ hangs – aus dem Telos der Norm heraus unbeachtlich sein muss.641 Mit­ hin macht der BFH selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen eines Ge­ samtplans die Entscheidung über die Verklammerung von einer weiteren Subsumtion unter die ausgelegte Norm abhängig. Gleiches gilt für die Frage, ob der Gesamtplan in bestimmten Normkom­ plexen überhaupt anwendbar ist, mithin ob das zu konkretisierende Zeit­ fenster überhaupt geöffnet wird. Man wird diesem Aspekt sogar eine 639 Vgl. Spindler, DStR 2005, 1 (4 f.), der in diesen Fällen eine „uneingeschränkte Anwendung“ des Gesamtplans attestiert; wohl auch Offerhaus, FR 2011, 878 (884). A.A. Tanzer, DStJG 33, S. 189 (207); Crezelius, BB 2013, 27 (30); ders., schon in FR 2003, 537 (541). 640 Spindler, DStR 2005, 1 (4). 641 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. a) cc) (3); BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, ­BStBl. II 2010, 726; BFH v. 28.5.2015 – IV R 26/12, ­BStBl. II 2015, 797.

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§ 2  Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen

g­ rößere Relevanz als dem Gesamtplan einräumen, weil er gewisserma­ ßen Vorherigkeit vor den Umständen einer Verknüpfung beansprucht. Gleiches gilt in gesteigerter Form für Zwischenschaltungsfälle, was im Rahmen der untergeordneten Bedeutung des Gesamtplans für die Sach­ entscheidung bereits angesprochen wurde.642 Dem Gesamtplan kommt keine allein zurechnende Kraft zu. Zwar ist er zwingende Grundvoraus­ setzung für die Zurechnung der Handlung eines Dritten; die Person des Einkünfteerzielers ist damit aber noch nicht bestimmt. Das gilt insbe­ sondere, wenn eine juristische Person zwischengeschaltet ist und die Planmäßigkeit dieser Zwischenschaltung sogar idealtypisch ist, sodass ein Durchgriff allein von anderen Umständen abhängig sein muss.

II. Besonderheit bei Ausweich- und Korrekturgeschäften und Dreiecksgestaltungen bei qualifizierten Umsatzakten Allein bei Ausweich- und Korrekturgeschäften ist eine autonome Bedeu­ tung des Gesamtplans naheliegend.643 Scheinbar kann hier allein die Existenz des gesamtplanmäßigen Zusammenhangs zwischen den beiden Geschäften zu einer Verklammerung führen. Tatsächlich tritt aber auch in diesen Fällen ein die Verklammerung auslösendes inhaltliches Mo­ ment neben den Gesamtplan: dieses liegt in der Flüchtigkeit der Teil­ schritte, insbesondere in der objektiven Gegenläufigkeit von Ausweichund Korrekturgeschäft, ggf. in der besonderen Form einer zirkulären Verkettung.644 Erst die darin begründete, tatsächlich saldierende Wirkung macht die Gestaltung zu einem nicht anzuerkennenden Missbrauch, weil es nur dann wirtschaftlich beim status quo bleibt.645 Bzgl. der kon­ kreten Beschaffenheit dieser Gegenläufigkeit lassen sich verschiedene Standpunkte vertreten. M. E. liegt ein missbräuchliches Ausweich- und Korrekturgeschäft nur dann vor, wenn die Gegengeschäfte zu einer voll­ kommenen Saldierung führen. Dazu ist es erforderlich, dass sie sich auf 642 Vgl. Teil 2, § 1 IV. 2. 643 Umso erstaunlicher ist, dass gerade in diesem Bereich das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen am ehesten gefordert wird, vgl. Schmidtmann, FR 2015 57 (58) oder Spindler DStR 2005, 1 (4) mit der nur „eingeschränkten Anwendung“. 644 Dieser zweite Aspekt wird trotz der inhaltlichen Nähe nicht schon von dem Erfor­ dernis der Bedeutungslosigkeit der Teilschritte erfasst: Gegenläufige Geschäfte müssen nicht zwingend bedeutungslos sein. Umgekehrt ist das Fehlen wirtschaft­ licher Gründe kein zwingendes Indiz für die Gegenläufigkeit einer Gestaltung. Vgl. dazu auch Teil 3, § 3 II. 3. 645 Vgl. Heuermann, StuW 2004, 124 (130): Der Gesamtplan sei „ein bloßes Schema“, das nicht vorgebe, „in welchen Fällen Rechtsgeschäfte als gegenläufig angesehen werden müssen.“

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

dasselbe Wirtschaftsgut beziehen und zugleich dieselbe Ebene des Wirt­ schaftsguts betreffen (Substanzebene/Nutzungsebene).646 Wer den Miss­ brauch weiter zieht, könnte auch „art-, wert- und funktionsgleiche“ Wirtschaftsgüter als Bezugsobjekt ausreichen lassen647 oder ein Aus­ weichgeschäft auf der Substanzebene und Rückgewähr des Nutzungs­ rechts als ausreichend ansehen, wie es bei Darlehensfällen in ständiger Rechtsprechung geschieht.648 M. E. greift es übermäßig in die Gestal­ tungsfreiheit des Steuerpflichtigen ein, schon derart unvollkommene Saldierungen als Missbrauch anzusehen. Insbesondere die Vermischung verschiedener Ebenen kann einen unangemessenen Eingriff in die Finan­ zierungsfreiheit des Steuerpflichtigen darstellen, obwohl grundsätzlich die Zulässigkeit von sale-and-lease-back Geschäften anerkannt ist.649 Damit gerät man in die schwierige Position, begründen zu müssen, war­ um manche dieser Fälle anerkannt werden, andere dagegen aufgrund ei­ nes kaum nachprüfbaren Werturteils nicht. Die Besonderheit der inhaltlichen Komponente bei Ausweich- und Kor­ rekturgeschäften – und dies lässt den Gesamtplan autonom wirken – liegt darin, dass die Gegenläufigkeit im Gegensatz zu den zusätzlichen Voraussetzungen von Zerlegungsfällen oder den Zurechnungserwägun­ gen ein ihrerseits abstraktionsfähiger Grundsatz ist, der sich nicht aus der spezifischen Teleologie der umgangenen Norm ergibt. Denn die Ge­ genläufigkeit von Teilschritten lässt sich losgelöst von der Art des betrof­ fenen Geschäfts identifizieren. Sie offenbart sich schon bei einer „Draufsicht“ auf die Gestaltung ohne Kenntnisnahme ihres Inhalts. Mithin hängt die Verklammerung erstens von einem abstrakt bestimmbaren Zusammenhang der Teilschritte ab (Gesamtplan) und zweitens von einer ebenfalls abstrakt bestimmbaren inhaltlichen Komponente (Flüchtig­ keit/Gegenläufigkeit). Dies führt zu einem allgemeinen, vor die Klam­ mer zu rückenden Grundsatz, dass das Steuerrecht ohne Ansehung der betroffenen Norm eine gesamtplanmäßige Rückabwicklung nicht aner­ kennt. Nur interimistische und bedeutungslose Teilschritte lösen ein Tatbestandsmerkmal gerade noch nicht aus, ungeachtet der Beschaffen­ heit des Merkmals. Diese Erkenntnis erklärt auch, weshalb diese Fälle ausschließlich an § 42 AO und § 41 Abs. 2 AO angeknüpft werden. Beide 646 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (8); Heuermann, StuW 2004, 124 (129). 647 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (8); BFH zur kreuzweisen Vermietung, Urteil v. 19.6.1991 – IX R 134/86, B ­ StBl. II 1991, 904, vgl. Teil 2, § 1 II. 5. anders wohl BFH v. 15.12.1999 – I R 29/97, B ­ StBl. II 2000, 527 zum Dividendenstripping, Teil 2, § 1 II. 6. 648 Vgl. krit. Teil 2, § 1 II. 1. 649 Vgl. Fischer, FR 2004, 723; BFH v. 10.12.2003 – IX R 12/01, ­BStBl. II 2004, 643.

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§ 2  Verhältnis des Gesamtplans zu seinen ­Rechtsgrundlagen

Normen, erkennbar schon an ihrer systematischen Position im allgemei­ nen Steuerschuldrecht, normieren über den Einzelfall hinausreichende Rechtsprinzipien mit allgemeinem Geltungsanspruch. Zuzugeben sei, dass dieses zweite Erfordernis regelmäßig zwanglos in den Gesamtplan hineingelesen wird, sodass dessen Bedeutungsgehalt für Ausweich- und Korrekturgeschäfte auf die inhaltliche Komponente er­ weitert wird. Dies spiegelt sich schon terminologisch in den verwende­ ten Begrifflichkeiten „self-cancelling-schemes“,650 „vorprogrammiertes Rückholverfahren“651 oder eben „Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan“652 wider, in denen jeweils die Gegenläufigkeit bereits zwingender Bestandteil ist.653 Auf diese Weise wirkt es tatsächlich so, als könnte der Gesamtplan autonom eine Verklammerung bewirken. Vor dem Hintergrund der Abstraktionsfähigkeit beider Komponenten ist dies in der Sache nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die dogmatische Erfassung des Gesamtplans sollte dessen Bedeutung aber auch bei ­ Ausweich- und Korrekturgeschäften auf die verknüpfende Funktion ­ ­zwischen zwei zuvor als verknüpfungsfähig erkannten Teilschritten be­ schränkt werden. Die mangelnde Differenzierung beider Aspekte führt zu Anwendungsfehlern, die vor allem darin begründet sind, dass die Ge­ genläufigkeit in den Gesamtplan hineingelesen wird, zugleich aber nicht als eigenständiger Prüfungspunkt eines derart verstandenen Gesamt­ plans erkannt ist (was wiederum an dessen Genese aus §§ 16, 34 ­EStG liegt). Damit kommt es insgesamt zu einer Vernachlässigung dieses As­ pekts.654 Dieses Risiko besteht besonders unter innentheoretischem Ver­ ständnis, das dazu führen kann, die Zwischenschritte ohne weiteres „beiseite zu schieben“.655 Eine Prüfung der Unangemessenheit im Rah­ men des § 42 AO wird vermutlich eher zu einer Berücksichtigung des saldierenden Elements führen. Diese Überlegungen haben für Dreiecksgestaltungen gleichermaßen Gültigkeit. Zugegeben ist aber hier, dass die Definition des zusätzlichen Elements größere Probleme bereitet, weil die Flüchtigkeit hier nicht zu 100 % gegeben ist. Zwar wird das Zwischengeschäft rückabgewickelt, 650 Lord Wilberforce, zitiert nach Nevermann, Justiz und Steuerumgehung, S. 179 ff. 651 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 390. 652 Böckli, FS Cagianut, S. 289. 653 Anders dagegen: Lions zwangsläufiger Mechanismus, der sich nur auf die Art und Weise der Verknüpfung bezieht, VJSchrStuFR 1927, 132 (165 f.). 654 Vgl. die kritischen Ausführungen zu Darlehensfällen unter Teil 2, § 1 II. 1., zum Zwei-Kontenmodell Teil 2, § 1 II. 8. und zu Überkreuzvermietungen Teil 2, § 1 II. 5. 655 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (207).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

aber durch die „Weiterreichung“ bleibt es bei einer gewissen wirtschaft­ lichen Bewegung. Hier kann es also auf die vollständige Saldierung nicht in gleichem Maß ankommen. Insofern sollte man schwerpunktmäßig die Flüchtigkeit bereits des qualifizierenden Elements heranziehen. Wenn ein Gesetz Vorteile gerade an die wirtschaftliche Bewegung von einem A an ein qualifiziertes B anknüpft, dann sollte es nicht erst unangemessen sein, wenn das Geschäft ganz rückgängig gemacht wird, sondern auch schon dann, wenn nur die qualifizierenden Merkmale des B rückgängig gemacht werden und von vornherein nur vorgeschoben wurden, weil in Wirklichkeit an ein C weitergereicht wird.

III. Fazit Der Gesamtplan kann nicht autonom zu einer Verklammerungsent­ scheidung führen. Diese ist von den weiteren Voraussetzungen der jewei­ ligen Norm abhängig. Einmal mehr zeigt sich, dass der Gesamtplan die zugrundeliegenden Normen, unabhängig davon welche es im Einzelfall sind, nicht aus den Augen verlieren darf. Selbst wenn diese weiteren ­Voraussetzungen wie bei Ausweich- und Korrekturgeschäften in Form eines abstraktionsfähigen Grundsatzes daherkommen, bleiben sie be­ achtenswert. Es ist aber anzuerkennen, dass in diesem Fall eine Verklam­ merungsentscheidung autonom getroffen werden kann.

§ 3 Merkmale des Gesamtplans Die Zuordnung des Gesamtplanarguments zur richtigen Rechtsgrundla­ ge besitzt große dogmatische Bedeutung. Dagegen kommt es für die kon­ krete Rechtsanwendung vor allem auf die Voraussetzungen an, unter denen eine Verklammerung mehraktiger Geschehen stattfinden kann, wenn auch naturgemäß die Wahl der Rechtsgrundlage in der Frage nach den Voraussetzungen fortwirkt. Erst die verbindliche Bestimmung der Merkmale des Gesamtplans gewährt dem Steuerpflichtigen die erforder­ liche Planungssicherheit. Auch zeigt sich erst an der Möglichkeit ein­ heitlicher Voraussetzungen, inwieweit der Gesamtplan als einheitliches Argumentationsmuster tragfähig ist und inwieweit er eine Vereinfa­ chung bewirken kann.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

aber durch die „Weiterreichung“ bleibt es bei einer gewissen wirtschaft­ lichen Bewegung. Hier kann es also auf die vollständige Saldierung nicht in gleichem Maß ankommen. Insofern sollte man schwerpunktmäßig die Flüchtigkeit bereits des qualifizierenden Elements heranziehen. Wenn ein Gesetz Vorteile gerade an die wirtschaftliche Bewegung von einem A an ein qualifiziertes B anknüpft, dann sollte es nicht erst unangemessen sein, wenn das Geschäft ganz rückgängig gemacht wird, sondern auch schon dann, wenn nur die qualifizierenden Merkmale des B rückgängig gemacht werden und von vornherein nur vorgeschoben wurden, weil in Wirklichkeit an ein C weitergereicht wird.

III. Fazit Der Gesamtplan kann nicht autonom zu einer Verklammerungsent­ scheidung führen. Diese ist von den weiteren Voraussetzungen der jewei­ ligen Norm abhängig. Einmal mehr zeigt sich, dass der Gesamtplan die zugrundeliegenden Normen, unabhängig davon welche es im Einzelfall sind, nicht aus den Augen verlieren darf. Selbst wenn diese weiteren ­Voraussetzungen wie bei Ausweich- und Korrekturgeschäften in Form eines abstraktionsfähigen Grundsatzes daherkommen, bleiben sie be­ achtenswert. Es ist aber anzuerkennen, dass in diesem Fall eine Verklam­ merungsentscheidung autonom getroffen werden kann.

§ 3 Merkmale des Gesamtplans Die Zuordnung des Gesamtplanarguments zur richtigen Rechtsgrundla­ ge besitzt große dogmatische Bedeutung. Dagegen kommt es für die kon­ krete Rechtsanwendung vor allem auf die Voraussetzungen an, unter denen eine Verklammerung mehraktiger Geschehen stattfinden kann, wenn auch naturgemäß die Wahl der Rechtsgrundlage in der Frage nach den Voraussetzungen fortwirkt. Erst die verbindliche Bestimmung der Merkmale des Gesamtplans gewährt dem Steuerpflichtigen die erforder­ liche Planungssicherheit. Auch zeigt sich erst an der Möglichkeit ein­ heitlicher Voraussetzungen, inwieweit der Gesamtplan als einheitliches Argumentationsmuster tragfähig ist und inwieweit er eine Vereinfa­ chung bewirken kann.

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

I. Einheitliche Behandlung des Gesamtplans in Literatur, ­Rechtsprechung und Finanzverwaltung In der Literatur wird teilweise von einer hinreichenden Klärung der Ge­ samtplanmerkmale ausgegangen.656 Zudem hat sich ein Verständnis von einheitlichen Merkmalen eines Gesamtplans durchgesetzt.657 So bejaht Offerhaus ein Eingreifen der Verklammerungswirkung des Gesamtplans unabhängig von der in Rede stehenden Rechtsgrundlage, „wenn ihre von der Rechtsprechung praktizierten und vom Schrifttum systematisch zusammengefassten konstitutiven Merkmale erfüllt sind“.658 Dies steht im Widerspruch zur auch in der Literatur anerkannten Mehrheit von ein­ schlägigen Rechtsgrundlagen, obwohl es nur logisch sein sollte, dass jede konkrete Rechtsgrundlage ihre eigenständigen Voraussetzungen ver­ langt. Die einheitliche Betrachtung des Gesamtplans liegt insbesondere dem Verständnis des Gesamtplans als Methode der Sachverhaltswürdi­ gung nahe.659 Aber auch diejenigen, die der Verschiedenheit der Rechts­ grundlagen einen größeren Stellenwert einräumen, agieren bezüglich der Merkmale ähnlich.660 Kugelmüller-Pugh und Damas/Ungemach gehen so weit, die Merkmale eines Gesamtplans als „Tatbestandsmerkmale“ zu bezeichnen, was schon nomenklatorisch die Grenzen der Funktion des Gesamtplanarguments überschreitet.661 Die Rechtsprechung ist für dieses vereinheitlichende Vorgehen grund­ sätzlich nicht anfällig, muss sie den Gesamtplan doch nur im konkreten Einzelfall anwenden. Gleichwohl leistet auch die Rechtsprechung einen Anteil daran, den Gesamtplanmerkmalen zur Eigenständigkeit zu ver­ helfen. Das geschieht maßgeblich durch die Institutionalisierung der Be­ grifflichkeit „Gesamtplanrechtsprechung“ in Form der Verweise auf an­ dere Gesamtplanurteile. Diese Verweise führen dazu, dass zunächst für den Einzelfall entwickelte Kriterien einen allgemeineren Anwendungs­ bereich erlangen und sorgen letztlich für die Anwendung einheitlicher Gesamtplanmerkmale auf verschiedene Sachverhalte oder sogar Fall­ 656 Vgl. Schmidtmann, FR 2015, 57 (57); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1148); Offerhaus, FR 2011, 878 (884). 657 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (7 ff.); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120 f.); Offerhaus, FR 2011, 878 (878 f.); Söffing, BB 2004, 2777 (2777); eingeschränkt Spindler, DStR 2005, 1 (3 f.). 658 Offerhaus, FR 2011, 787 (884). 659 Vgl. Teil 1, § 3 II. 660 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120 f.); Söffing, BB 2004, 2777 (2777 f.); Spindler, DStR 2005, 1 (3 f.). 661 Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1140); Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (555).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

gruppen.662 Gleiches gilt in verstärktem Maß für die Finanzverwaltung, die regelmäßig nur die Prüfung der Gesamtplanrechtsprechung als solche anordnet.663 Die jüngsten Beschränkungsversuche des Gesamtplans im Bereich der Umstrukturierungen haben diese Entwicklung nicht umge­ kehrt. Durch die Kreation des Plans in Einzelakten, dessen Grundsätze sich bereits in der Rechtsprechung festsetzen, verstärkt der BFH im Ge­ genteil die pauschale Bejahung oder Verneinung einer Verklammerung.664 Mithin ist festzustellen, dass Literatur, Finanzverwaltung und einge­ schränkt auch die Rechtsprechung von einheitlichen Merkmalen einer abstrakten Gesamtplanfigur ausgehen.

II. Konstitutive Merkmale im Einzelnen Diese konstitutiven Merkmale eines Gesamtplans, wie sie in der Litera­ tur herausgearbeitet wurden, sollen im Folgenden vorgestellt werden und dabei kritisch geprüft werden, ob sie tatsächlich alle Gesamtplan­ fälle betreffen. 1. Einheitliche Planung a) Objektive und subjektive Beschaffenheit des Plans Kernelement eines jeden Gesamtplans ist das subjektive Merkmal der Planung der Maßnahme.665 Eine komplexe Gestaltung darf sich nicht rein zufällig ergeben, sondern muss das Ergebnis einer gesteuerten Kom­ bination der einzelnen Teilschritte sein. Dieses Merkmal wird auch als „einheitliche Planung“,666 „geschlossenes Konzept“667 oder in der frühen Literatur deutlich weitläufiger als „zwangsläufiger Mechanismus“668 be­ zeichnet. Die einheitliche Planung verbindet die Teilschritte derart zu einer Einheit, dass eine Gesamtbetrachtung möglich wird.669 M. E. muss auf der Basis der Rechtsgrundlagenzuordnung schon an dieser Stelle ein neues Verständnis von der einheitlichen Planung etabliert wer­ 662 Beispielhaft sei die Übernahme der Grundsätze aus §§ 16, 34 E ­ StG auf Umwand­ lungen. 663 Vgl. Teil 3, § 2. 664 BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234; vgl. Teil 2, § 1 V. 1. d). 665 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (7); Offerhaus, FR 2011, 877 (878 f.). 666 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229. 667 BFH v. 26.1.1989 – IV R 86/87, ­BStBl. II 1989, 456; auch Spindler, DStR 2005, 1 (3). 668 Lion, VJSchrStuFR 1927, 132 (165). 669 Vgl. Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120).

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

den. In Zerlegungsfällen, bei denen das Gesamtplanargument aus der Normauslegung generiert wird, kann der einheitlichen Planung nur die untergeordnete Rolle als Indiz zukommen. Denn die betroffene Norm beschreibt tatbestandliche Elemente objektiv. Eine Zusammengehörig­ keit verschiedener Teilschritte zu einem solchen Kompositelement er­ gibt sich primär aus der objektiven sachlichen Verbundenheit der Teil­ schritte. Diese kann durch eine einheitliche Planung als subjektives Umstandsmoment indiziert sein. Wenn der sachliche Zusammenhang aber nachgewiesen ist, muss es für Zerlegungsfälle unerheblich sein, ob die Teilschritte einheitlich geplant wurden oder nicht. Es ist kein aus der Norm erwachsender Grund ersichtlich, warum es auf die Planung an­ kommen sollte. So sollte z. B., wenn eine Betriebsveräußerung zunächst nicht als vollständige Übertragung geplant ist und deshalb schon erste Betriebsgrundlagen veräußert werden und erst dann der Entschluss zu einer Komplettveräußerung getroffen wird, die gesamte Veräußerung trotzdem unter § 16 ­EStG fallen. Dennoch ist der allgemeinen Ansicht zuzugeben, dass die einheitliche Planung in der Regel vorliegen wird und in den allermeisten Fällen das entscheidende Kriterium sein wird, den sachlichen Zusammenhang zu begründen. Zudem ist die einheitliche Planung im Rahmen von § 42 AO tatsächlich ein zwingender Bestandteil der tatbestandlichen Unangemessenheit und deshalb zu beachten. Für die Merkmale der einheitlichen Planung, insbesondere die subjektive und objektive Qualität der Planung, egal ob als Indiz oder als zwingendes Merkmal verwendet, gilt Folgendes: Ein Gesamtplan setzt eine Absicht des Steuerpflichtigen als gesteigerte subjektive Einstellung voraus (Plan=Absicht). Diese Absicht muss auf ein Ziel gerichtet sein, dass über die Vornahme des jeweiligen Teilschritts hinausgeht („Gesamt-“). So­ weit aber vertreten wird, dieses Ziel müsse auf die „Steuerersparnis, Steuervergünstigung, Steuervermeidung“ gerichtet sein, ergibt sich diese Einschränkung weder aus den sprachlichen Elementen des Gesamtplans noch lässt sie sich auf Gesamtpläne zugunsten des Steuerpflichtigen an­ wenden.670 Der Steuerpflichtige muss zwar ein Endziel vor Augen haben; dieses ist aber qualitativ in keiner Weise beschränkt. Eine hinreichende subjektive Einstellung liegt nicht vor, wenn die Teil­ schritte einer zufälligen Reihung nur billigend in Kauf genommen wer­ den. Auch können m. E. andere Motive der Gestaltung die Absicht der Zielerreichung verdrängen, wenn sie zum dominierenden Motiv aufstei­ gen. Stellen sich die Teilschritte als bloße Reaktion auf von außen wir­ 670 So aber Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1039 (1040).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

kende wirtschaftliche oder sonstige Zwänge dar, kann dies im Einzelfall trotz einer vorher existenten Planung die dominierende Ursache der Teil­ schritte werden. Dann ist trotz des zufälligerweise plangemäßen Ablaufs dieser nicht mehr als Ursache für die Gestaltung anzusehen. Selbstverständlich ist, dass der Plan von Anfang an bestehen muss.671 Eine Verklammerung einzelner Schritte kann nur dann erfolgen, wenn sie auch vom Plan erfasst sind. Damit sind nicht solche Teilschritte ge­ meint, die vor der Planfassung erfolgten und auch nicht solche, die auf einem späteren ad-hoc Willensentschluss beruhen. Einen Gesamtplan zeichnet des Weiteren aus, dass er mehrere Teilschrit­ te umfasst. Nur mehraktige Geschehen können gesamtplanmäßig struk­ turiert werden und einheitlich betrachtet werden. Eine Verklammerung isolierter Schritte ist bei einem einaktigen Geschehen schlechterdings nicht vorstellbar. Dieser Aspekt ist nur aufgrund einer schwer vertretba­ ren Ansicht erwähnenswert, im Zuge von Scheingeschäften gem. § 41 Abs. 2 AO gebe es auch einaktige Gesamtpläne.672 Eine bloße Absicht im Sinne eines Gesamtplans kann nicht zur Nichtanerkennung eines verein­ zelten Rechtsgeschäfts führen. Vermutlich beruht die Fehleinschätzung darauf, dass Scheingeschäfte in Form von Ausweich- und Korrekturge­ schäften sich durch eine Verschleierung der Rückzahlung auszeichnen und deshalb scheinbar einaktig ablaufen, während es tatsächlich wie bei jedem Ausweich- und Korrekturgeschäft ein mehraktiges Beziehungsge­ flecht gibt. b) Beweisanzeichen für das Vorliegen einer einheitlichen Planung Problematisch ist die Sachverhaltsfeststellung dieses subjektiven Ele­ ments. Aus diesem Grund haben sich als Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes, dass von objektiven Umständen auf innere Tatsachen ge­ schlossen werden kann, auch für das Vorliegen eines Gesamtplans objek­ tive Beweisanzeichen herausgebildet.673 Allgemein werden als Indizien ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Teil­ schritten angeführt.674 Als weiteres Indiz für eine gesamtplanmäßige Ver­ 671 Spindler, DStR 2005, 1 (3); Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 82. 672 Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1141); dies., Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 70. 673 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 370. 674 Förster, FS Korn, S. 3 (9); Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 81 f.; Offerhaus, FR 2011, 878 (879); BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229.

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

bindung wird die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte angesehen.675 Völ­ lige Klarheit über die Funktion dieser Elemente besteht bisher nicht. aa) Sachlicher Zusammenhang als Kern der Verklammerungs­ entscheidung Dies gilt besonders für den sachlichen Zusammenhang, der m. E. wie be­ reits mehrfach angesprochen nicht bloß Indizfunktion hat, sondern den Kern der Verklammerungsentscheidung ausmacht. Ohne einen inneren sachlichen Zusammenhang gibt es keine Rechtfertigung für eine Zusam­ menfassung von Teilschritten unter einem Tatbestandsmerkmal. Zwei Einzelakte sind nicht schon deshalb verklammerungswürdig, weil sie im Rahmen desselben Maßnahmebündels gemeinsam geplant wurden, son­ dern erst, weil sie auch sachlich miteinander verwoben sind. Allerdings lässt sich dieser sachliche Konnex den meisten Maßnahmen nicht un­ mittelbar ansehen. Erst die Umstände – insbesondere ein einheitlicher Willensentschluss – ermöglichen in der Regel den Schluss auf die sachli­ che Verbundenheit. Folglich verhält es sich umgekehrt als allgemein an­ genommen: Es muss von der einheitlichen Planung auf den sachlichen Zusammenhang als Rechtfertigung für eine Zusammenfassung geschlos­ sen werden und nicht von einem sachlichen Zusammenhang auf eine Planung.676 Ein sachlicher Zusammenhang ist ohnehin kein Indiz. Er ist entweder nachweisbar oder er ist es nicht.677 Die Annahme der Vermu­ tungswirkung des sachlichen Zusammenhangs ist vielmehr ein Zirkel­ schluss, der versucht, das Vorliegen einer einheitlichen Planung durch sich selbst zu erklären.678 Auch gewichtige Stimmen in der Literatur leh­ 675 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366; Förster, FS Korn, S. 3 (8); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142). 676 Diese Wahrnehmung der Planung als Indiz für den sachlichen Zusammenhang löst zudem Probleme bei der normativen Verankerung des Gesamtplans. Ein sub­ jektives Moment ist in den Tatbeständen nicht unmittelbar angelegt; eine Würdi­ gung als Indiz für die Tatbestandsmäßigkeit von Teilakten ist dagegen zwanglos möglich. Zudem zeigt das Abstellen auf den sachlichen Zusammenhang, dass es für die Verklammerung zwingend auf die spezifischen weiteren Voraussetzungen der jeweiligen Norm ankommen muss. Anderes gilt nur im Rahmen von § 42 AO. 677 Vgl. Söffing, BB 2004, 2777 (2787). 678 Abzulehnen ist deshalb die von Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (121) und Förster, FS Korn, S. 3 (10) und im Anschluss daran von Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1144) vertretene reziproke Abhängigkeit von zeitlichem und sachlichem Zusammenhang in dem Sinne, dass ein geringer sachlicher Zusammenhang durch besondere zeitliche Nähe kompensiert werden kann. Allerding geht anscheinend auch Kugelmüller-Pugh a. a. O. von einem gewissen Vorrang des sachlichen Zu­ sammenhangs aus: Bei deutlichen „Absprachen“ will sie bei Hinzutreten eines sachlichen Zusammenhangs auf den zeitlichen Zusammenhang verzichten.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

nen die Bedeutung dieses Merkmals neben dem zeitlichen Zusammen­ hang ab679 bzw. erwähnen es nicht.680 bb) Zeitlicher Zusammenhang Unbestritten muss derweil die Indizwirkung des zeitlichen Zusammen­ hangs bleiben. Aber auch dieses Merkmal birgt Schwierigkeiten. So wird weitgehend vermengt, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen Teil­ schritten sich auf zwei Aspekte beziehen kann: Zum einen legt eine be­ sondere zeitliche Nähe mehrerer Schritte deren tatsächliche einheitliche Planung (bzw. den m. E. relevanteren sachlichen Zusammenhang) nahe. Zum anderen erleichtert die zeitliche Nähe die tatsächliche Planbarkeit der Teilschritte: Bei geringem zeitlichen Abstand ist die Beherrschung des Planablaufs naheliegend, wohingegen bei größerem zeitlichen Ab­ stand die Beherrschung des Geschehens wegen der einhergehenden stei­ genden Unsicherheiten nicht mehr unbedingt gewährleistet ist.681 Inso­ fern ist der zeitliche Zusammenhang ein Indiz für zwei verschiedene Merkmale des Gesamtplans.682 Dieser Umstand ist beachtlich. Ist z. B. die Beherrschbarkeit nachgewiesen, sodass es diesbezüglich keines Indi­ zes bedarf, kann eine Argumentation über die bei längeren Zeiträumen bestehenden Marktrisiken und Unsicherheiten nicht einem Schluss auf eine einheitliche Planung entgegenstehen, weil diese Begründung sich nur auf die Beherrschbarkeit bezieht.683 Konsens besteht darüber, dass mit wachsendem zeitlichen Abstand die Vermutungswirkung (jeweils) sinkt.684 Es herrscht jedoch keine Einigkeit darüber, ob und wie sich dieses Zeitmoment des Gesamtplans konkreti­ sieren lässt. Die Rechtsprechung äußert sich zu Zeiträumen nur im Zu­ sammenhang mit konkreten Rechtsgrundlagen ohne Anspruch auf Ein­ heitlichkeit. Einige Literaturstimmen lehnen eine Vereinheitlichung 679 Ausdrücklich Söffing, BB 2004, 2777 (2787); wohl auch Englisch in T/L, § 5 Rn. 123. 680 Tanzer, DStJG 33, S. 189, 190; Spindler, DStR 2005, 1 (3); Strahl, FR 2004, 929 (935); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 370; unbewusst wohl auch Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1144), vgl. oben Fn. 678. 681 Vgl. zur Beherrschung sogleich, Teil 3, § 3 II. 2. Es ist zu beachten, dass die Vermu­ tung nur widerleglich gilt und auch bei nur sehr geringem zeitlichen Abstand die Beherrschbarkeit nicht unbedingt gegeben sein muss. Vgl. Dividendenstripping, Teil 2, § 1 II. 6. 682 Vgl. Spindler, DStR 2005, 1 (4); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (122); Schmidtmann, FR 2015, 57 (66). 683 Nicht unterscheidend z. B. Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 82; Krüger, DStZ 2014, 194 (203). 684 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 370; Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1143).

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

unter Hinweis auf die Entscheidungsnormen und deren sich unterschei­ dende Normzwecke ab.685 Andere entwickeln Lösungsvorschläge für eine zeitlich bestimmbare Grenze: Spindler äußert, dass man „entsprechend der Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel und zu der kurzfristigen Vermietung“ höchstens innerhalb von fünf Jahren von einem Gesamtplan aus­ gehen könne.686 Söffing setzt sich ebenfalls für ein „Limit“ der Indizwir­ kung mit Ablauf von fünf Jahren ein, um das Verfassungsgebot der Rechtssicherheit zu wahren, erkennt aber zugleich engere Grenzen im Einzelfall aufgrund spezifischer Normzwecke an.687 Förster/Schmidtmann bestimmen für „besonders gewichtige[…] Gesamtmaßnahmen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Betriebsaufgabe eine äußere Grenze bei einem Zeitraum von 36 Monaten zwischen erstem und letz­ tem Schritt.688 Förster differenziert in einem späteren Beitrag zusätzlich zur Gewichtigkeit der Maßnahme auch nach der Zeitraum- oder Zeit­ punktbezogenheit der Gesamtmaßnahme und legt die Obergrenze für „gewichtige“, jedoch „zeitpunktbezogene“ Maßnahmen auf nur zwei Jahre fest.689 Für weniger gewichtige Gesamtmaßnahmen müsse der zeit­ liche Zusammenhang nach beiden Beiträgen noch enger gezogen werden. Unklar bleibt bei diesen Lösungsansätzen schon, worauf sich die Zeit­ grenze überhaupt bezieht. Eine zeitliche Grenze könnte zum einen als absolute Begrenzung des Gesamtplanarguments verstanden werden. We­ niger weitreichend wäre eine Grenze, die bloß das Erschöpfen der Vermu­ tungswirkung für eine einheitliche Planung angibt. Der Unterschied ist beachtlich, könnte doch in letzterem Fall trotz deutlich größerer Zeitab­ stände mit entsprechendem Nachweis ein Gesamtplan noch angenom­ men werden. M. E. ist eine sinnvolle absolute Begrenzung des Gesamtplans metho­ disch gar nicht und verfassungsrechtlich kaum begründbar. Ein gesamt­ planmäßiger Zusammenhang ist theoretisch grenzenlos denkbar. Gerade sorgfältig geplante Gesamtpläne können auf einen langen Zeitraum aus­ gerichtet sein. Insbesondere die in der Literatur angeführten Begrün­ 685 Vgl. Strahl, FR 2004, 929 (935); Tanzer, DStJG 33, 189 (190 f.); Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 82; dies., FR 2007, 1139 (1144); Fischer, in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 370; Lang in T/L19, § 5 Rn. 102; Offerhaus, FR 2011, 878 (879). 686 Spindler, DStR 2005, 1 (3 f.). 687 Söffing, BB 2777 (2787). 688 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (122); Förster, FS Korn, S. 3 (10 f.). 689 Förster, FS Korn, S. 3 (10 f.), wobei fraglich ist, warum es für eine zeitpunktbezoge­ ne Maßnahme überhaupt auf eine Zeitraumbestimmung ankommen soll.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

dungsansätze aus dem spezifischen Normtelos bestimmter Gesamtplan­ fälle können keine einheitliche Grenze begründen. Zwar haben einzelne Tatbestände oft einen zeitlich begrenzten Horizont. Zum Beispiel ist die Vermeidung von Progressionshärten als Begünstigungszweck der §§ 16, 34 ­EStG m. E. schon bei einer Spreizung über mehr als zwei Veranla­ gungszeiträume mangels hinreichender Anballung nicht mehr erforder­ lich.690 Diese Begrenzung entspringt allerdings nicht originär der Defini­ tion eines allgemeinen gesamtplanmäßigen Zusammenhangs, sondern normspezifischen teleologischen Erwägungen, innerhalb eines welchen Zeitfensters eine gesamtplanmäßige Konkretisierung überhaupt statt­ finden kann. Diese Erwägungen sind nicht über die jeweilige Rechts­ grundlage hinaus verallgemeinerungsfähig. Deshalb sind alle Versuche abzulehnen, eine allgemeine Grenze des Gesamtplans aus einzelnen Fall­ gruppen heraus zu entwickeln.691 Jenseits teleologischer Einzelfallüberlegungen könnte eine absolute Ver­ klammerungsgrenze im Einklang mit Söffing und (im Ansatz) Spindler allein aus dem Rechtssicherheitsgebot abgeleitet werden.692 Dies ist al­ lerdings nur begrenzt überzeugend. Die Rechtssicherheit ist vor allem durch eine überschießende Vermutungswirkung gefährdet, weniger aber bei einem nachweisbaren Zusammenhang. Vielmehr ist die Verklamme­ rung der Teilschritte auf der Basis einer nachgewiesenen einheitlichen Planung eine absehbare Rechtsfolge, zumal sie nur die besonders gut und langfristig planenden Steuerpflichtigen betrifft. Außerdem kann sich die­ se verfassungsrechtliche Grenze von vornherein nicht auf Fälle des Ge­ samtplans zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken. Eher könnte man sich fragen, ob ein unbegrenzter Gesamtplan als dauerhafte Gestaltungs­ sperre mit der Unternehmerfreiheit kollidiert.693 Ab einer gewissen Dau­ er wird man dies m. E. annehmen müssen. Allerdings ist die Frage ohne praktische Bedeutung, wird doch der jeweilige Normzweck früher eine Grenze ziehen bzw. bei derartig großem Abstand der Nachweis einer ein­ heitlichen Planung kaum gelingen Sachgerecht ist es m. E. dagegen, die Vermutungswirkung zu begrenzen. Dies entspricht der Funktion des zeitlichen Rahmens als Beweisanzei­ chen. Es ist lebensnah, ab einem gewissen zeitlichen Abstand nicht mehr 690 Gl. A. Kanzler, FS Korn, S. 287 (298) mit einer zweijährigen Karenzzeit. 691 So wird weder eine Ableitung aus dem gewerblichen Grundstückshandel, noch eine Ableitung aus der Rechtsprechung zur Betriebsaufgabe der Vielheit der Ge­ samtplanfälle gerecht. 692 Söffing, BB 2004, 2777 (2787); Spindler, DStR 2005, 1 (3 f.). 693 Vgl. zur Unternehmerfreiheit auch Drüen, StuW 2008, 154 (155 ff.).

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

ohne weitere Anhaltspunkte von einer einheitlichen Planung auszuge­ hen. Dieser naturgesetzliche Zusammenhang kann durchaus abstrakt und typisierend gehandhabt werden. Eine Grenzziehung sollte allerdings m. E. nicht fest sein. Vielmehr ist eine wie von Förster und Förster/ Schmidtmann vorgebrachte Differenzierung nach dem Gewicht der je­ weiligen Maßnahme dogmatisch unbedenklich und sachgerecht.694 Tat­ sächlich kann dem Steuerpflichtigen bei bedeutsamen Maßnahmen ein professionalisierter Planungshorizont mit der Folge einer weiterreichen­ den Vermutungswirkung unterstellt werden. Denkbar wäre es, sich grundsätzlich an spezialgesetzlichen Sperrfristen zu orientieren, die der Gesetzgeber (teilweise die Gesamtplanrechtsprechung ersetzend)695 im­ plementiert hat.696 Diese beinhalten meist Fristen von fünf Jahren.697 Man könnte argumentieren, dass auch der Gesetzgeber typisierend ver­ mutet, dass bei mehr als fünf Jahren zwischen zwei Gestaltungsschritten kein Zusammenhang mehr besteht. Wenn nach fünf Jahren – selbst unter Ausblendung der subjektiven Seite – ein Zusammenhang nicht mehr an­ genommen wird, kann erst Recht nicht ohne weitere Nachweise auf eine einheitliche Planung geschlossen werden. Es muss aber berücksichtigt werden, dass sich Vorstehendes nur auf die Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs bezieht; ist eine längerfristige Planung nachgewiesen, kommt es auf die Vermutung gar nicht an.698 Mithin ist eine Vereinheitlichung des zeitlichen Moments der Gesamt­ planrechtsprechung kaum möglich. Ein derartiger Versuch muss sich auf die Vermutungswirkung beschränken und kann nur eine sehr weitrei­ chende äußere Grenze setzen, die von zeitlichen individuellen Grenzen der einzelnen materiellen Steuernormen deutlich unterschritten wird. cc) Weitere Indizien Für einen Gesamtplan können weitere Indizien sprechen. So wird die Bedeutungslosigkeit der einzelnen Teilschritte als objektives Zeichen für 694 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (122); Förster, FS Korn, S. 3 (10 f.); nicht übernommen werden kann allerdings die sodann erfolgende Definition der Gren­ ze, die am Normtelos der §§ 16, 34 ­EStG orientiert ist. 695 V. a. im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Grundstücksverfügungen, vgl. Teil 2, § 1 V. 2. 696 So auch Kugelmüller-Pugh, Der steuerrechtliche Gesamtplan, S. 82 für den Be­ reich des § 6 Abs. 3 ­EStG. 697 Z. B. § 6 Abs. 5 Satz 4 ­EStG, § 6 Abs. 3 Satz 2; § 1 Abs. 2a Gr­EStG. 698 Vgl. z. B. FG München v. 12.11.2003 – 9 K 4811/01, EFG 2004, 496, in dem noch bei 6 Jahren ein einheitlicher Zusammenhang (zugunsten des Steuerpflichtigen) angenommen wurde, weil die einheitliche Planung vertraglich dokumentiert war. Vgl. auch Strahl, KÖSDI, 2011, 17363 (17368).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

eine einheitliche Planung herangezogen.699 Dem ist zuzustimmen, kann man doch lebensnah davon ausgehen, dass Maßnahmen, die nur im Zu­ sammenspiel eine Funktion erfüllen, planmäßig genau für diesen Zweck durchgeführt wurden. Es ist wichtig zu erkennen, dass dies nicht im Um­ kehrschluss bedeutet, dass der Gesamtplan zwingend aus funktionslosen Teilschritten besteht.700 Ebenfalls können Umstände wie die Formulie­ rung innerhalb einer Urkunde für einen Gesamtplan sprechen, wobei dies im Grunde nur die Extremform eines zeitlichen Zusammenhangs, nämlich die absolute Gleichzeitigkeit bedeutet. 2. Verwirklichung: Beherrschbarkeit und Erfolg der Teilschritte Ein Gesamtplan besteht nicht ausschließlich aus dem subjektiven Plan. Vielmehr kommt es auch darauf an, dass die Konstruktion gemäß dem gefassten Gesamtplan tatsächlich durchgeführt wird, sich der Plan also realisiert.701 Das ergibt sich schon daraus, dass Steuertatbestände die Ver­ wirklichung eines objektiven Tatbestands verlangen, während eine Ab­ sicht allein nicht besteuerungswürdig ist.702 Zwangsläufig ergibt sich aus der Realisation des Gesamtplans auch das Erfordernis der Beherrschbarkeit der Teilschritte. Sind einzelne Teile ei­ nes Plans nämlich nicht beherrschbar, realisiert sich im Erfolg gerade nicht die Planung des Steuerpflichtigen, sondern nur der zufällige Er­ folgseintritt oder das eigenständige Mitwirken Dritter; letztlich handelt es sich dann um eine erfolgreiche Spekulation, nicht um das Ergebnis der Planung. Die Beherrschbarkeit von Teilschritten ist oft schwer zu bestimmen. In Sachverhalten, die nur von einer Person verwirklicht werden, ist sie re­ gelmäßig gegeben. Dagegen sprechen im Einzelfall allein Markt- und Umweltrisiken, soweit diese nicht ausgeschlossen werden können. Da­ runter fallen auch Gesetzesänderungen oder den Pfändungszugriff eines Gläubigers.703 Wie geschildert gewinnt auch hier das zeitliche Element Bedeutung. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand verringert sich die 699 Vgl. Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366; Förster, FS Korn, S. 3 (8); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142). 700 Vgl. Teil 3, § 3 II. 3. Diese Mehrfachfunktion der Bedeutungslosigkeit der Teil­ schritte wird in der Literatur zwar inhaltlich (wenn auch nicht in aller Klarheit), nicht aber systematisch gezogen, vgl. z. B. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142). 701 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (13). 702 So schon Hensel, Steuerrecht, S. 58 als „sachliche Seite des Tatbestandes“. 703 Spindler, DStR 2005, 1 (4); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1143).

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

Beherrschbarkeit des Gesamtgeschehens gegenüber besagten Umweltri­ siken, bei engem zeitlichem Zusammenhang kann man auf die Be­ herrschbarkeit schließen. Wenn es auch ohne weiteres schlüssig ist, dass die Planbarkeit über größere Zeiträume schwieriger wird, ist eine feste Grenze nur unter übermäßigen Typisierungen aufrechtzuerhalten. Gera­ de wirtschaftlich erfahrene Steuerpflichtige mit langfristigem Geschäfts­ horizont sind ohne weiteres dazu in der Lage, auch große Zeiträume planmäßig zu gestalten und Marktrisiken auszuschließen. Faktisch wür­ den gerade besonders sorgfältige und gute Gesamtpläne nicht mehr er­ fasst. Die Indizwirkung eines besonders kurzen Zeitraums auf die Be­ herrschbarkeit ist dagegen tragfähig.704 Eine Vermutung für ein objektives und verhältnismäßig leicht feststellbares Merkmal ist allerdings kaum erforderlich und entbindet nicht von der Beachtung der Umstände des Einzelfalls, wie das Urteil zum Dividendenstripping zeigt, bei dem trotz eines minimalen Zeitraums zwischen den Schritten die Marktrisiken eine Beherrschbarkeit ausschlossen.705 Größere Relevanz erlangt die Beherrschbarkeit der Teilschritte, wenn weitere Personen in den Gesamtplan eingebunden werden, wie es bei der Zwischenschaltung Dritter in die Tatbestandsverwirklichung oder bei der Beteiligung Dritter als Konterpart eines Ausweich- und Korrekturge­ schäfts der Fall ist. Während die Marktrisiken dann unter Umständen eine geringere Rolle spielen (weil statt des Marktes miteinander abge­ sprochene Personen agieren), kommt es nennenswert darauf an, ob der Steuerpflichtige die Dritten beherrschen bzw. beeinflussen kann. Die Zurechnung der Handlung der anderen Person kommt nach allgemeiner Ansicht in Frage, wenn der Steuerpflichtige seinen Willen bei diesen auf­ grund vertraglicher Verpflichtungen oder durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen zur Geltung bringen kann.706 Auch gesellschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen, sogar die gemeinsame Verbundenheit zur Erreichung eines Zwecks, sollen zu einer Beherrschbarkeit der Teil­ schritte führen.707 M. E. muss man mit den schwer nachweisbaren, rein sozial veranlassten Beherrschungsverhältnissen zurückhaltend umge­ hen, insbesondere wenn es sich um von Art. 6 GG geschützte verwandt­ schaftliche Beziehungen handelt. Jedenfalls ist ein Schluss von einer ver­ wandtschaftlichen Verflechtung auf eine Beherrschung ohne nähere Hinweise unzulässig.

704 Spindler, DStR 2005, 1 (4); Förster, FS Korn, S. 3 (13). 705 Vgl. Teil 2, § 1 II. 6. 706 Vgl. Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1143); Spindler, DStR 2005, 1 (4). 707 Vgl. Offerhaus, FR 2011, 878 (879); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1143).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

3. Bedeutungslosigkeit der Teilschritte Als absolut neuralgisches Merkmal der Gesamtplanrechtsprechung hat sich in den Einzelfällen die Frage nach der Bedeutungslosigkeit der Teil­ schritte gezeigt. Schließen wirtschaftliche Gründe einer Gestaltung je­ den Gesamtplan aus? Die Bedeutung dieser Frage hat für die Sachent­ scheidung weitreichende Folgen, da wirtschaftliche Gründe für eine Gestaltung argumentativ einfach gefunden werden können; lässt man sie als Exkulpationsgrund zu, wird regelmäßig eine Verklammerung entfal­ len.708 Von dieser Frage ist der soeben thematisierte, selbständige Aspekt zu trennen, dass die fehlende Bedeutung der Teilschritte einen Gesamt­ plan indiziert.709 Dieser zulässige Schluss führt nicht in seiner Umkeh­ rung dazu, dass ein Gesamtplan zwingend bedeutungslose Teilschritte beinhaltet. In der Rechtsprechung gibt es bisher keine einheitliche Linie. Die Bedeu­ tungslosigkeit wird für manche Fälle gefordert, für andere Fälle (in denen eindeutig Gründe für die Gestaltung vorlagen) dagegen nicht.710 Diese differenzierende Anwendung des Merkmals wird nicht begründet. Teil­ weise führt dies dazu, dass die Frage trotz vergleichbarer Sachverhalte unterschiedlich entschieden wird und es so zu gegensätzlichen Ergebnis­ sen kommt.711 Es ist jedoch erkennbar, dass vermehrt die Bedeutungslo­ sigkeit der Teilschritte als konstitutives Merkmal des Gesamtplans ver­ standen wird.712 Insbesondere der X. Senat bemüht sich, Teilschritte grundsätzlich einer Verklammerung zu entziehen, wenn sie mit ihren Rechtsfolgen tatsächlich gewollt sind.713 Die Kreation des Plans in Einzel­ akten, der sich gerade durch dieses Merkmal negativ vom Gesamtplan 708 Vgl. zur weitreichenden Exkulpationsmöglichkeit durch die Argumentation mit wirtschaftlichen Gründen Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 278, Fn.6.: „Eldorado der Argumentation.“ 709 Vgl. Teil 3, § 3 II. 1. b); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366; Förster, FS Korn, S. 3 (8); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142). 710 Bedeutungslosigkeit relevant: Z. B. BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 (643) m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; Bedeutungslosigkeit irrelevant: Z. B. BFH v. 12.4.1989 – I R 105/85, ­BStBl. II 1989, 65. 711 BFH v. 24.8.1989 – IV R 67/86, ­BStBl. II 1990, 132 und gegenteilig FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13. 712 FG Münster v. 29.11.2012 – 3 K 3834/10 G, EFG 2013, 388; Az. der Rev. BFH IV R 4/13; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 mit Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158. Schon zuvor kam Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142) zu dem Schluss, dass die Fälle einer fehlenden wirtschaftlichen Bedeutung in den Entscheidungen überwiegt. 713 Ausgehend von BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530.

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§ 3  Merkmale des Gesamtplans

abgrenzt, ist der Versuch einer allgemeingültigen Etablierung der Funk­ tionslosigkeit der Teilschritte.714 In der Literatur wird die Frage ebenfalls regelmäßig nicht thematisiert.715 Überwiegend wird begründungslos die Funktionslosigkeit der Teilschrit­ te für einen Gesamtplan vorausgesetzt.716 Selten werden außersteuerli­ che Gründe insgesamt für unerheblich gehalten.717 Jedenfalls herrscht für die Bedeutung der Teilschritte das Verständnis vor, für den Gesamtplan eine einheitliche Entscheidung treffen zu können. Nur sehr vereinzelt wird angenommen, dass es je nach Fallgruppe auf die Bedeutungslosig­ keit der Teilschritte ankommen kann, aber nicht muss.718 Damit lässt sich sowohl der Literatur als auch der Rechtsprechung ganz überwiegend der Schluss entnehmen, dass die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte ei­ nes Gesamtplans zu dessen konstitutiven Merkmalen gezählt wird. M. E. ist den vereinzelten Stimmen zuzustimmen, die erkennen, dass es auf die Bedeutungslosigkeit ankommen kann, aber nicht muss. Dass z. B. für Gesamtpläne zugunsten des Steuerpflichtigen die wirtschaftliche Be­ deutungslosigkeit der Teilschritte unbeachtlich sein muss, ist eindeutig: Es wäre widersinnig, denjenigen mit einem begünstigend wirkenden Gesamtplan zu belohnen, der eine besonders artifizielle Gestaltung ­ ­aufgesetzt hat.719 Auf der anderen Seite muss dem Steuerpflichtigen im Anwendungsbereich des § 42 AO schon wegen der gesetzlich festge­ schriebenen Entkräftungsmöglichkeit von § 42 Abs. 2 Satz 2 AO die Ex­ kulpation über die Angabe außersteuerlicher Gründe zustehen. Letztlich ist es erforderlich, nach den jeweils betroffenen Rechtsgrundlagen zu dif­ ferenzieren. Nur Gesamtplanfälle, die auf einem Gestaltungsmissbrauch basieren, lassen dem Steuerpflichtigen die Exkulpationsmöglichkeit zu. Da Gesamtplan und Gestaltungsmissbrauch nicht deckungsgleich sind, bleiben viele Anwendungsfälle sowohl zugunsten als auch zulasten des 714 BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 715 Vgl. Damas/Ungemach, DStZ 2007, 552 (555); Offerhaus, FR 2011, 878 (879); Söffing, BB 2004, 2777 (2777). 716 Vgl. Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366; Offerhaus, FR 2011, 878 (878); Förster/ Schmidtmann, StuW 2003, 114 (120); Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 1420 (1422); Osterloh, Jahrbuch des Öffentlichen Rechts, Band 56, S. 141 (143); mit Be­ gründung dagegen Strahl, FR 2004, 929 (932), weil andernfalls „steuergestaltendes und wirtschaftlich planvolles Handeln schlechthin unmöglich würde.“ 717 Vgl. Förster, FS Korn, S. 3 (7), allerdings zwiespältig. 718 Vgl. Tanzer, DStJG 33, S. 189 (192); Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142). 719 Vgl. BFH v. 12.4.1989 – I R 105/85, B ­ StBl. II 1989, 65 als Beispiel besonders massi­ ver Gründe für eine mehraktige Übertragungslösung: Der übernehmende Sohn ist psychisch zu labil, die Verantwortung für den Betrieb auf einmal zu übernehmen; dennoch kommt es zu einer Verklammerung.

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

Steuerpflichtigen, bei denen nur die teleologische Auslegung zu einer Verklammerung führt, ohne dass dies durch außersteuerliche Gründe verhindert würde.720 In letzteren Fällen ist es unabhängig von Miss­ brauchserwägungen nur die sachliche Tatbestandsmäßigkeit der Teil­ schritte, die eine Verklammerung begründet. Besteht der Zusammen­ hang, indiziert durch die einheitliche Planung, wird der Zusammenhang aufgrund außersteuerlicher Gründe für die Gestaltung nicht aufgehoben. Nur wenn ausnahmsweise die außersteuerlichen Gründe so dominant werden, dass die Teilschritte in Wirklichkeit nicht mehr auf einem ein­ heitlichen Willensentschluss basieren, sondern als reine Reaktion auf die äußeren Zwänge daherkommen, verdrängt die anderweitige Motiva­ tion des Steuerpflichtigen den sachlichen Zusammenhang und verhin­ dert eine Verklammerung. Soweit in der Literatur dagegen überwiegend im Rahmen von einem grundsätzlichen Erfordernis der Bedeutungslosig­ keit der Teilschritte ausgegangen wird, geht dies auf den oftmals be­ schränkten Blickwinkel auf den Gesamtplan allein als Fall des § 42 AO zurück, der mit der Vielgestaltigkeit des Gesamtplans nicht vereinbar ist.721

§ 4 Rechtsfolgen des Gesamtplans Die Rechtsfolgen eines Gesamtplans werden in der Literatur kaum the­ matisiert722 und erfordern tatsächlich keine größeren Ausführungen. Liegt ein Gesamtplan vor, werden dessen Teilschritte für die Besteuerung „verklammert“.723 Was die Verklammerung bewirkt, hängt von den Um­ ständen der Gestaltung ab. Gegenläufige Geschäfte werden saldiert, so­ dass sie letztlich für die Besteuerung negiert werden. Gleichgerichtete Teilmaßnahmen, die sich als zerlegter Gesamtvorgang darstellen, wer­ den additiv zusammengefasst und unterliegen als beachtliches Ganzes 720 Ähnlich wohl Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142), die formuliert, dass in die­ sen Fällen „der geringe zeitliche Abstand zwischen den beiden Schritten […] das für die Annahme eines Gesamtplans typisch schädliche ist“ und dass deshalb die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit der Teilschritte durch besondere zeitliche Nähe „ersetzt“ werden könne. Damit signalisiert sie, wenn auch unklar, dass die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte unbeachtlich ist. Vgl. auch Tanzer, DStJG 33, S. 189 (192). 721 Z. B. Rose, FR 2003, 1274 (1276 f.), der den Gesamtplan nur als Spezialfall von § 42 AO für vertretbar hält und schon deshalb die Entlastungsmöglichkeit durch außersteuerliche Gründe folgerichtig bejaht; genauso Jebens, BB 2009, 2172 (2173); Crezelius, FR 2003, 537 (539); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366. 722 Anders nur: Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1145 ff.); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (123 f.); Strahl, FS Herzig, S. 577 (587 f.). 723 Spindler, DStR 2005, 1 (4); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (123 f.).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

Steuerpflichtigen, bei denen nur die teleologische Auslegung zu einer Verklammerung führt, ohne dass dies durch außersteuerliche Gründe verhindert würde.720 In letzteren Fällen ist es unabhängig von Miss­ brauchserwägungen nur die sachliche Tatbestandsmäßigkeit der Teil­ schritte, die eine Verklammerung begründet. Besteht der Zusammen­ hang, indiziert durch die einheitliche Planung, wird der Zusammenhang aufgrund außersteuerlicher Gründe für die Gestaltung nicht aufgehoben. Nur wenn ausnahmsweise die außersteuerlichen Gründe so dominant werden, dass die Teilschritte in Wirklichkeit nicht mehr auf einem ein­ heitlichen Willensentschluss basieren, sondern als reine Reaktion auf die äußeren Zwänge daherkommen, verdrängt die anderweitige Motiva­ tion des Steuerpflichtigen den sachlichen Zusammenhang und verhin­ dert eine Verklammerung. Soweit in der Literatur dagegen überwiegend im Rahmen von einem grundsätzlichen Erfordernis der Bedeutungslosig­ keit der Teilschritte ausgegangen wird, geht dies auf den oftmals be­ schränkten Blickwinkel auf den Gesamtplan allein als Fall des § 42 AO zurück, der mit der Vielgestaltigkeit des Gesamtplans nicht vereinbar ist.721

§ 4 Rechtsfolgen des Gesamtplans Die Rechtsfolgen eines Gesamtplans werden in der Literatur kaum the­ matisiert722 und erfordern tatsächlich keine größeren Ausführungen. Liegt ein Gesamtplan vor, werden dessen Teilschritte für die Besteuerung „verklammert“.723 Was die Verklammerung bewirkt, hängt von den Um­ ständen der Gestaltung ab. Gegenläufige Geschäfte werden saldiert, so­ dass sie letztlich für die Besteuerung negiert werden. Gleichgerichtete Teilmaßnahmen, die sich als zerlegter Gesamtvorgang darstellen, wer­ den additiv zusammengefasst und unterliegen als beachtliches Ganzes 720 Ähnlich wohl Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1142), die formuliert, dass in die­ sen Fällen „der geringe zeitliche Abstand zwischen den beiden Schritten […] das für die Annahme eines Gesamtplans typisch schädliche ist“ und dass deshalb die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit der Teilschritte durch besondere zeitliche Nähe „ersetzt“ werden könne. Damit signalisiert sie, wenn auch unklar, dass die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte unbeachtlich ist. Vgl. auch Tanzer, DStJG 33, S. 189 (192). 721 Z. B. Rose, FR 2003, 1274 (1276 f.), der den Gesamtplan nur als Spezialfall von § 42 AO für vertretbar hält und schon deshalb die Entlastungsmöglichkeit durch außersteuerliche Gründe folgerichtig bejaht; genauso Jebens, BB 2009, 2172 (2173); Crezelius, FR 2003, 537 (539); Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 366. 722 Anders nur: Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1145 ff.); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (123 f.); Strahl, FS Herzig, S. 577 (587 f.). 723 Spindler, DStR 2005, 1 (4); Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (123 f.).

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§ 4  Rechtsfolgen des Gesamtplans

der Besteuerung. Bei Zwischenschaltungsfällen wird teilweise von ei­ nem „Durchgriff“ gesprochen;724 jedenfalls beeinflusst der Gesamtplan die Zurechnung der Einkünfte und wirkt so weniger verklammernd als zuweisend. Wie die Verklammerungswirkung methodisch erfolgt, hängt maßgeblich vom Verständnis des Gesamtplanarguments ab. Wer es als Methode der Sachverhaltswürdigung sieht, wird die Rechtsfolge des Gesamtplans als „Sachverhaltsumdeutung“ bzw. korrekte „Sachverhaltswürdigung“ an­ sehen.725 Teilweise ist es zu einer Nichtanerkennung der zugrundeliegen­ den zivilrechtlichen Geschäfte gekommen.726 Wenn man dagegen, wie hier vertreten, im Gesamtplan eine teleologische Maßnahme zur Norm­ auslegung sieht, beeinflusst der Gesamtplan lediglich die Aufgriffs­breite dieser Normen. Letztlich ist die Unterscheidung ohnehin nur terminolo­ gischer Natur. Sie wirkt sich nicht auf das Resultat der Verklammerung aus und sollte nicht überbewertet werden.727 Förster/Schmidtmann problematisieren allerdings zutreffend die rele­ vante Frage der zeitlichen Auswirkung der Verklammerung, also in wel­ chem von mehreren Veranlagungszeiträumen die Verbuchung der zu­ sammengefassten Gesamtmaßnahme erfolgt, wenn sie sich über mehrere erstreckt.728 Sie differenzieren nach Fällen und legen dabei intuitiv die in dieser Arbeit herausgearbeiteten Fallgruppen zugrunde: Bei Ausweichund Korrekturgeschäften bedarf es einer Anknüpfung nicht, weil nach der Negierung der Einzelgeschäfte keine steuerlich beachtlichen Vorgän­ ge verbleiben. Zwischenschaltungsfälle haben als reine Zurechnungsfra­ ge ohnehin mangels zeitlicher Komponente keine Auswirkung auf den betroffenen Veranlagungszeitraum. In den Fällen der Aufspaltung von tatbestandsmäßigen qualifizierten Elementen kommt es auf das betroffe­ ne Merkmal an: Soweit um die sachliche Aufspaltung eines Gegenstands geht (Abschmelzung des Betriebs), beziehen sich die Steuerfolgen auf den Veranlagungszeitraum, in dem die Maßnahme erfolgt (Veräußerung des 724 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (198). 725 Offerhaus, FR 2011, 878 (880, 884); wohl auch Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1146) für Teilbereiche. 726 Im Fall von Darlehen aus geschenkten Mitteln: BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, ­BStBl. II 1984, 705; bei der Kettenschenkung für eine Nichtanerkennung der zivil­ rechtlichen Schenkung Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 186 f.; vgl. ausführlich für die verschiedenen höchstrichterlichen Begründungen für eine Verklammerung: Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139 (1146 ff.). 727 A.A. wohl Kugelmüller-Pugh mit ausführlicher Differenzierung, Der steuerrecht­ liche Gesamtplan, S. 84 ff. 728 Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114 (124).

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Teil 3  Dogmatik, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ­Verklammerung

abgeschmolzenen Betriebs). Im Grunde wirkt der Gesamtplan in diesem Fall nicht zeitlich, da er eine Zeitraumbetrachtung nur für die Beurteilung des tatbestandlichen Maßnahmeobjekts aufstellt. Wird dagegen der Vorgang selbst zeitlich aufgespalten (Übertragung in mehreren Einzelak­ ten), realisieren sich die Steuerfolgen jeweils im Zeitpunkt des Eintritts Teilschritte. Besonderheiten gelten für die Dreiecksgestaltungen. Sie sind zwar mit Ausweich- und Korrekturgeschäften verwandt, die einzel­ nen Geschäfte werden aber nicht tatsächlich saldiert und sind damit nicht unerheblich. Vielmehr führt der zweite Schritt dazu, die Bewe­ gungsrichtung des Gesamtvorgangs korrekt zu erfassen. M. E. ist es sach­ gerecht, die Besteuerungsfolgen des Gesamtplans auf den letzten Schritt, nämlich das Korrekturgeschäft, zu terminieren. Erst mit diesem werden die Voraussetzungen des § 42 AO geschaffen und kann die tatsächlich der Besteuerung zu unterwerfende Gestaltung erkannt werden.

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Teil 4 Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans § 1 Kritik am herkömmlichen Gesamtplankonzept I. Einheitlicher Gesamtplan fehlerhaft Auf der Basis der vorstehenden Erwägungen ist das einheitliche Konzept des Gesamtplans als grundlegend fehlerhaft zu bewerten. Die Analyse der Einzelfälle zeigt, dass es keine gemeinsamen Voraussetzungen sind, die für alle Gesamtplanfälle über die Verklammerung entscheiden dür­ fen. Wesentliche Voraussetzungen einer Verklammerung können er­ kennbar nur im Einklang mit der jeweils betroffenen Norm im konkre­ ten Sachverhalt entschieden werden und entziehen sich damit einer abstrakten Erschließung. Dabei handelt es sich nicht nur um Nebenfra­ gen, sondern um entscheidende Voraussetzungen des Gesamtplans: Be­ troffen sind die Konkretisierung des zeitlichen Rahmens einer Verklam­ merung und die Bedeutungslosigkeit der Teilschritte. Vor allem die Literatur und die Finanzverwaltung stehen damit in der Kritik. „Die“ konstitutiven Merkmale des Gesamtplans gibt es nicht. Insofern be­ wahrheitet sich die Vermutung, dass die Mehrzahl von Rechtsgrundla­ gen des Gesamtplans auch eine Differenzierung auf der Vorausset­ zungsseite erforderlich macht. Zudem bestätigt sich die von Tanzer geäußerte Feststellung, dass die Vorstellung von einem Gesamtplan kei­ ne verselbständigende typisierende Betrachtungsweise vertrage, ohne zu­ gleich zum Quasitatbestand überhöht zu werden.729

II. Keine Abmilderung durch stillschweigende Korrektur Allerdings zeigt die Analyse der Rechtsprechung zugleich, dass sie kei­ neswegs alle Einzelfälle des Gesamtplans gleich behandelt, sondern re­ gelmäßig den Umständen der Einzelfälle gerecht wird. Selbst, wenn der BFH auf den Gesamtplan verweist, korrigiert er stillschweigend die Ge­ samtplanmerkmale zugunsten einer individuellen Lösung. Als Beispiele seien angeführt, dass die Rechtsprechung vermehrt die Anwendbarkeit des Gesamtplans in Frage stellt, wenn der individuelle Gesetzeszweck dies verlangt. Auch wird die Funktionslosigkeit der Teilschritte nicht in 729 Tanzer, DStJG 33, S. 189 (194).

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jedem Gesamtplanfall zu Grunde gelegt. Deshalb sind die meisten Ge­ samtplanurteile im Ergebnis nicht zu beanstanden.730 Insofern könnte man betonen, dass der Gesamtplan in der Praxis gar nicht starr angewen­ det wird und die angebrachte Kritik nicht verfängt. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass auch der BFH dazu neigt, den Gesamtplan nicht nur im Einzelfall, sondern als eigenständige und ­abstrakte Figur zu prüfen. Insbesondere die Arbeit mit Verweisen auf die Gesamtplanrechtsprechung führt zu einer institutionalisierten Anwen­ dung des Gesamtplanarguments, die in dieser Einheitlichkeit nicht zuläs­ sig ist. Gerade unter den Entscheidungen, die den Gesamtplan in dieser Weise aufgenommen haben, sind maßgebliche Fehlurteile auszuma­ chen.731 Auch zukünftig ist im Hinblick auf die jüngsten Einschrän­ kungstendenzen eher eine Verstärkung dieser einheitlichen Betrachtung zu erwarten: Die Kreation des Plans in Einzelakten zeigt, dass das Bedürf­ nis nach der Ausdifferenzierung eines einheitlichen Gesamtplantopos gerade nicht erkannt ist, sondern die pauschale Nomenklatur und Ent­ scheidungsfindung aufrechterhalten wird. Der Gesamtplan wird zwar eingeschränkt, dies aber nicht zugunsten einer differenzierten Lösung, sondern mit Hilfe einer gleichermaßen universellen Ablehnung der Ver­ klammerung beim Fehlen einer eigenständigen Bedeutung der Teilschrit­ te.

III. Methodologische Bedenklichkeit Doch selbst soweit die Korrekturen tatsächlich erfolgen und das Ergebnis unbeanstandet bleibt, führt die Verwendung des Gesamtplans als Aus­ gangspunkt zu nicht korrekturfähigen grundsätzlichen Problemen. Zuerst ist es methodologisch fragwürdig, von einem Grundsatz der Ein­ heitlichkeit auszugehen, der sodann in einer großen Zahl von Fällen nicht durchgehalten werden kann. Der Rechtsanwender wird über das Regel- Ausnahmeverhältnis getäuscht, worunter letztlich auch die Vor­ hersehbarkeit der Besteuerung leidet, die – wenn auch sanktionslos – im­ mer wieder vom Bundesverfassungsgericht eingefordert wird.732 Es ist mit der Gestaltungsfreiheit des Steuerpflichtigen nicht vereinbar, wenn in Form eines Damoklesschwerts die Gesamtplanrechtsprechung unkal­ 730 So auch Crezelius, FR 2003, 537 (542). 731 Der größte Fehler dieser Art war wohl die zwischenzeitliche Ausdehnung der Gesamtplanrechtsprechung auf Umwandlungen in der Folge von BFH Beschl. ­ v. 13.4.2007 – IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939. 732 BVerfGE 19, 253 (267); 34, 348 (365); 49, 343 (362).

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kulierbar über ihm schwebt, um im Ergebnis doch keine Anwendung auf den Sachverhalt zu finden. Genau diese Wirkung eines Generalverdachts kommt der Gesamtplanrechtsprechung momentan bei Umstrukturie­ rungen zu.

IV. Vehikelfunktion Der größte Fehler der einheitlichen Betrachtung mit nur mangelhafter Korrektur liegt darin, dass nach Belieben Argumente, die ausschließlich für eine Norm relevant sind, auf ein allgemeineres Niveau und damit mittelbar auf andere Bereiche übertragen werden können. Diese Gefahr ist frühzeitig von Crezelius als „Verselbständigung“ identifiziert wor­ den.733 Die tatsächliche Auswirkung geht über eine bloße Verselbständi­ gung hinaus, indem willkürlich entweder unter Berufung auf den Ge­ samtplan oder unter Berufung auf die Teleologie der jeweiligen Norm Argumente aus dem Gesamtplan je nach Einzelfall verwendet werden oder nicht. Der Gesamtplan ermöglicht dadurch den willkürlichen Transport von Elementen zwischen eigentlich zu trennenden Normkom­ plexen. Er wird im Zuge eines fehlerhaften Induktionsschlusses mit Merkmalen aufgeladen, die auf normspezifischen Erwägungen beruhen, aber dennoch sodann als vermeintlich allen Gesamtplanfällen gemeine Voraussetzungen auch bei anderen Normen angewendet werden. Auf diese Weise werden aus den verschiedenen Topoi des Gesamtplans je­ weils die Merkmale verwendet, die den Interessen des Rechtsanwenders am ehesten entsprechen. So ist es wenig verwunderlich, dass die Finanz­ verwaltung gerade bei Fällen zugunsten des Steuerpflichtigen durch das Erfordernis der Künstlichkeit der Gestaltung restriktiv vorgeht, während zulasten des Steuerpflichtigen eine großzügigere Anwendung der Ver­ klammerung praktiziert wird.734 Dies kann nur als fiskalisch motiviertes Rosinenpicken beschrieben werden, dem erst der zu weit verstandene Gesamtplan die Tür öffnet. Als Beispiel für diese Vehikelfunktion des Gesamtplans kann auch die zwischenzeitliche Anwendung des Gesamtplans auf §§ 20, 24 ­UmwStG angeführt werden. Erst die gemeinsame Anwendung des Gesamtplans sorgte dafür, dass die auf §§ 16, 34 E ­ StG beschränkte zeitraumbezogene Betrachtung auch auf andere Normen übertragen wurde.

733 Crezelius, FR 2003, 537 (541). A.A. Schmidtmann, FR 2015, 57 (60). 734 Vgl. Teil 2, § 2 III. 3.

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V. Grenzenlosigkeit des Gesamtplans Diese Bedenken wiegen umso schwerer, als der Anwendungsbereich ei­ nes abstrakten Gesamtplans kaum sachgerecht beschränkbar ist.735 So­ bald der Gesamtplan losgelöst von konkreten Entscheidungsnormen steht, bewegt er sich auch nicht mehr nur in dem jeweiligen vom Norm­ telos geöffneten Fenster. Die Anwendbarkeit einer abstrakten Figur ohne präzise Rückkoppelung an spezifische Tatbestandsmerkmale führt zu der Gefahr einer unkalkulierbaren Ausdehnung. Im Hinblick auf die bisheri­ ge Geschichte der Gesamtplanrechtsprechung hat sich diese Gefahr be­ stätigt. Dieser Befund zeigt sich letztlich auch in der Tendenz der Recht­ sprechung, die Anwendbarkeit des Gesamtplans eher zu bejahen oder offen zu lassen und über eine fragwürdige Ablehnung des Gesamtplans selbst eine Verklammerung im Ergebnis dann doch zu verneinen.736 Da­ mit laufen alle mehraktigen Gestaltungen Gefahr, vom Gesamtplan er­ fasst zu werden. Dies hängt auch eng mit der inhaltlichen Neutralität des Gesamtplans zusammen. Da sich die einheitliche Planung jeglicher Aussage darüber enthält, welche Teilschritte verklammert werden, ist von vornherein die Konturenlosigkeit und zugleich Grenzenlosigkeit des so verstandenen Gesamtplans angelegt. Diese Feststellung ist schon für sich genommen bedenklich. Sie wird umso bedenklicher, als dadurch die weiteren Kritikpunkte am Gesamt­ plan potentiell auf einen kaum bestimmbaren Kreis von Anwendungsfäl­ len ausstrahlen.

VI. Bindung intellektueller Kapazität Zudem ist erkennbar, dass die Prüfung des Gesamtplans Kapazitäten von der sorgfältigen Auslegung der maßgeblichen Entscheidungsnorm ab­ zieht. Der Gesamtplan als oft griffigere Alternative verleitet zu einer nachlässigen Normarbeit.737 Z. B. bei Umstrukturierungen hat der BFH die in der Literatur treffend, wenngleich spät formulierte, auslegungsba­ sierte Differenzierung nach zeitraumbezogenen Normen (Anwendung 735 Ähnlich Crezelius, FR 2003, 537 (541). 736 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B ­ StBl. II 2012, 638 (643 ff.) m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 737 Dieses Phänomen ist auch schon für eine losgelöste wirtschaftliche Betrachtungs­ weise identifiziert worden, vgl. Gassner, Interpretation, S. 98.

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des Gesamtplans) und zeitpunktbezogenen Normen (keine Anwendbar­ keit des Gesamtplans)738 erst in einer einzigen Entscheidung aufgegrif­ fen.739 Die Gesamtplanprüfung lenkte den BFH zuvor davon ab, dass eine zeitraumgreifende Auslegung in diesen Normen gar nicht angelegt ist. Geradezu ein Paradebeispiel ist die Entscheidung des X. Senats zur Aus­ gliederung vor Einbringungen, die eine (auch noch falsche) Merkmals­ prüfung des Gesamtplans durchführt und dabei die wichtigere zugrunde­ liegende Auslegungsfrage zum Zeitbezug der Einbringungstatbestände ausdrücklich offen lässt.740 Ebenso wird im Urteil zum Plan in Einzelak­ ten ein Gesamtplan und damit eine Verklammerung verneint, für die es von Vornherein keine Rechtsgrundlage gegeben hätte.741 Erleichtert wird dies dadurch, dass mit der vermeintlich allgemein erfor­ derlichen Funktionslosigkeit der Teilschritte immer die erforderliche Reserve zur Verneinung der Verklammerung bereitsteht.742 Damit wird die Anwendungsfrage zugunsten der scheinbar einfacheren Subsumtion unter den bereitstehenden Gesamtplan ausgeblendet. Diese Gefahr eines „Kampfes auf dem falschen Schlachtfeld“ verstärkt sich durch vor­ schnelle Verweise auf die Grundsätze der Gesamtplanrechtsprechung, wie es bei §§ 20, 24 ­UmwStG743 und § 6 Abs. 3 ­EStG744 geschehen ist. Der Gesamtplan führt dabei insbesondere zu einer Vernachlässigung die­ ser Aspekte, die neben dem Gesamtplan für eine Verklammerung erfor­ derlich sind. Nicht ohne Grund knüpft die an einzelnen Gesamtplanent­ scheidungen angebrachte Kritik in den meisten Fällen an genau diese weiteren Voraussetzungen an, nicht dagegen an den gesamtplanmäßigen Zusammenhang selbst. Dieses Risiko realisiert sich sogar bei Ausweichund Korrekturgeschäften, bei denen diese weiteren Voraussetzungen ­einer einheitlichen Betrachtung offenstehen. So gerät z. B. bei den Dar­ lehensfällen aus geschenkten Mitteln neben der Prüfung der gesamtplan­ mäßigen Verbindung aus dem Blickfeld, ob sich die derart verbundenen Teilschritte überhaupt saldieren bzw. welche Formen von Saldierungen 738 Frühzeitig v. a. Behrens/Schmitt, FR 2002, 549; aktuell Herlinghaus, FR 2014, 441; Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997; Schulze zur Wiesche, DStR 2015, 1161. 739 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265. ­ StBl. II 2012, 638, m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 740 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, B 1530. 741 BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234. 742 Zuzustimmen ist deshalb Krüger, DStZ 2014, 194 (203), der von willkürlicher „Verklammerung“ und „Entklammerung“ spricht. 743 BFH Beschl. v. 13.4.2007 - IV B 81/06, BFH/NV 2007, 1939; BMF v. 11.11.2011 [UmwStE], ­BStBl. I 2011, 1314, Tz. 20.07, 24.03. 744 BMF v. 3.3.2005, ­BStBl. I 2005, 458.

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dem Missbrauchsvorwurf unterliegen.745 Insofern unterbindet der Ge­ samtplan regelmäßig die ausführliche Prüfung relevanter Auslegungs­ fragen.

§ 2 Eigenes Konzept Auf der Basis der vorstehenden Kritik an einem autonomen und einheit­ lichen Gesamtplan ist m. E. ein neues Verständnis für die Verklamme­ rung mehraktiger Geschehen erforderlich. Dieser Ansatz muss vor allem zwei grundlegende Fehler in der Gesamtplankonzeption vermeiden. Zum einen muss das Verhältnis des Gesamtplans zu seinen Rechtsgrund­ lagen wieder dahingehend korrigiert werden, dass ihm keine autonome Entscheidungskraft über die Verklammerung von Teilschritten zugespro­ chen wird. Vielmehr ist er als inhaltlich neutrales, verknüpfendes Ele­ ment zu verstehen. Zweitens ist die Einheitlichkeit der Voraussetzun­ gen, unter denen diese Verknüpfung erfolgt, zugunsten einer nach Rechtsgrundlagen – und damit nach den eingeführten Fallgruppen – dif­ ferenzierenden Betrachtung aufzugeben. 1. Reduzierung der Wirkweite des Gesamtplans Die Erkenntnis, dass der Gesamtplan nicht autonom zu einer Verklam­ merung führen darf,746 macht es in einem ersten Schritt erforderlich, die weiteren Verklammerungsvoraussetzungen der jeweiligen Entschei­ dungsnorm aus der Gesamtplanprüfung auszugliedern. Dabei sind grundsätzlich zwei Fragen zu unterscheiden: Zunächst muss die jeweilige Norm grundsätzlich überhaupt einer Verklammerung offen stehen. Gerade dieser Aspekt ist stärker als alle anderen Voraussetzun­ gen vom jeweiligen Tatbestand abhängig. Erst wenn ein Tatbestand einer zeitraumbezogenen oder sonst ausgreifenden Betrachtung offen steht, kommt es auf die Modalitäten des Zusammenhangs mehrerer Teilschrit­ te an. Kann der Norm ausdrücklich oder durch teleologische Auslegung entnommen werden, dass sie keine zeitlich oder gegenständlich über den Einzelakt hinausgreifende Betrachtung anstellt, ist gar kein Fenster eröff­ net, das der Gesamtplan konkretisieren könnte. Dies gilt z. B. für die zeit­ punktbezogene Beurteilung, ob eine hinreichend qualifizierte betriebli­ che Sachgesamtheit i. S. d. §§ 20, 24 U ­ mwStG oder § 6 Abs. 3 E ­ StG Gegenstand der Maßnahme ist. Eine Verklammerung verbietet sich von 745 Vgl. Teil 2, § 1 II. 1. 746 Vgl. Teil 3, § 2.

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dem Missbrauchsvorwurf unterliegen.745 Insofern unterbindet der Ge­ samtplan regelmäßig die ausführliche Prüfung relevanter Auslegungs­ fragen.

§ 2 Eigenes Konzept Auf der Basis der vorstehenden Kritik an einem autonomen und einheit­ lichen Gesamtplan ist m. E. ein neues Verständnis für die Verklamme­ rung mehraktiger Geschehen erforderlich. Dieser Ansatz muss vor allem zwei grundlegende Fehler in der Gesamtplankonzeption vermeiden. Zum einen muss das Verhältnis des Gesamtplans zu seinen Rechtsgrund­ lagen wieder dahingehend korrigiert werden, dass ihm keine autonome Entscheidungskraft über die Verklammerung von Teilschritten zugespro­ chen wird. Vielmehr ist er als inhaltlich neutrales, verknüpfendes Ele­ ment zu verstehen. Zweitens ist die Einheitlichkeit der Voraussetzun­ gen, unter denen diese Verknüpfung erfolgt, zugunsten einer nach Rechtsgrundlagen – und damit nach den eingeführten Fallgruppen – dif­ ferenzierenden Betrachtung aufzugeben. 1. Reduzierung der Wirkweite des Gesamtplans Die Erkenntnis, dass der Gesamtplan nicht autonom zu einer Verklam­ merung führen darf,746 macht es in einem ersten Schritt erforderlich, die weiteren Verklammerungsvoraussetzungen der jeweiligen Entschei­ dungsnorm aus der Gesamtplanprüfung auszugliedern. Dabei sind grundsätzlich zwei Fragen zu unterscheiden: Zunächst muss die jeweilige Norm grundsätzlich überhaupt einer Verklammerung offen stehen. Gerade dieser Aspekt ist stärker als alle anderen Voraussetzun­ gen vom jeweiligen Tatbestand abhängig. Erst wenn ein Tatbestand einer zeitraumbezogenen oder sonst ausgreifenden Betrachtung offen steht, kommt es auf die Modalitäten des Zusammenhangs mehrerer Teilschrit­ te an. Kann der Norm ausdrücklich oder durch teleologische Auslegung entnommen werden, dass sie keine zeitlich oder gegenständlich über den Einzelakt hinausgreifende Betrachtung anstellt, ist gar kein Fenster eröff­ net, das der Gesamtplan konkretisieren könnte. Dies gilt z. B. für die zeit­ punktbezogene Beurteilung, ob eine hinreichend qualifizierte betriebli­ che Sachgesamtheit i. S. d. §§ 20, 24 U ­ mwStG oder § 6 Abs. 3 E ­ StG Gegenstand der Maßnahme ist. Eine Verklammerung verbietet sich von 745 Vgl. Teil 2, § 1 II. 1. 746 Vgl. Teil 3, § 2.

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vornherein. Insbesondere aus Vereinfachungsmotiven oder um weitrei­ chenden Gestaltungsspielraum zu eröffnen, sind formalistisch stich­ punktbezogene Tatbestände denkbar. Die zweite Frage richtet sich an die Verklammerungsfähigkeit der kon­ kreten Teilschritte. Denn selbst wenn die Norm grundsätzlich einer aus­ greifenden Interpretation offen steht, müssen die jeweils in Rede stehen­ den Teilschritte zulässigerweise in die Verklammerung einbezogen werden können. Die Einbeziehung eines Teilschritts ist ausgeschlossen, wenn dieser nicht tatbestandsmäßig bzw. nicht tatbestandsschädlich ist. Der Teilschritt muss gewissermaßen bereits in die richtige Richtung zei­ gen. So ist selbstverständlich, dass z. B. bei §§ 16, 34 ­EStG zugunsten des Steuerpflichtigen nur Teilschritte als einheitliche Veräußerung zusam­ mengefasst werden können, die zur Aufdeckung stiller Reserven führen (Veräußerungen und Entnahmen). Auf der anderen Seite kann es im ­Einzelfall geboten sein, dass grundsätzlich in der Verklammerung zu be­ rücksichtigende Teilschritte ausnahmsweise aufgrund des Normzwecks unbeachtlich bleiben müssen. Als Beispiel dienen kann dazu die präzi­ sierende Einschränkung der Gesamtplanrechtsprechung bei §§ 16, 34 ­EStG:747 Ihrerseits begünstigungsfähige Sachgesamtheiten dürfen unab­ hängig vom Vorliegen eines Gesamtplans nicht in die Verklammerung einbezogen werden. Auch diese Frage kann nur individuell anhand des Gesetzeszwecks und in Ansehung des betroffenen Teilschritts erfolgen. Beide Aspekte sind notwendigerweise aus dem Gesamtplan herauszu­ lösen. Andernfalls besteht zum einen das Risiko, dass diese weiteren Vo­ raussetzungen der jeweiligen Normen nicht mehr präzise geprüft, son­ dern zugunsten der eigentlich nachrangigen Gesamtplandiskussion ignoriert werden. Zweitens besteht das vermutlich größere Risiko, dass diese weiteren zu prüfenden Merkmale in den Gesamtplan hineingelesen werden. Dies wiederum erhebt normspezifische Merkmale auf das ver­ meintlich abstrakte Niveau des Gesamtplans. Dadurch wird verunklart, welche Aspekte der Verklammerungsentscheidung allgemeiner und wel­ che normspezifischer Natur sind. Nur eine Ausgliederung dieser Frage kann die Vehikelfunktion des Gesamtplans unterbinden. Im Ergebnis wird die Funktion des Gesamtplans auf das Niveau reduziert, das ihm auch terminologisch innewohnt. Eine Ausnahme kann allerdings für Ausweich- und Korrekturgeschäfte gelten, bei denen diese weiteren Voraussetzungen ihrerseits in Form ei­ nes abstraktionsfähigen Grundsatzes stehen können. Dabei ist die erste 747 Vgl. Teil 2, § 1 V. 1. a) cc) (3).

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Frage grundsätzlich zu bejahen: Das Steuerrecht muss interimistische Zwischenschritte dieser Art nicht akzeptieren, deshalb ist die Verklam­ merung grundsätzlich anwendbar, wenn sich nicht ausnahmsweise aus der umgangenen Norm etwas anderes ergibt. Es wurde aber bereits aus­ geführt, dass der Umstand, wann genau eine sich aufhebende, gegenläu­ fige Gestaltung vorliegt, als Merkmal der Unangemessenheit i. S. d. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO nicht vernachlässigt werden darf. 2. Differenzierte Bestimmung der Verklammerungsmodalitäten Es verbleibt ein Gesamtplan, der darauf beschränkt ist, die Beschaffen­ heit eines Zusammenhangs zwischen mehreren Teilschritten zu konkre­ tisieren, für die eine Norm grundsätzlich die Verklammerung zulässt. Der erforderliche gesamtplanmäßige Zusammenhang meint damit letzt­ lich nur noch eine Konkretisierung des sachlichen Zusammenhangs zwi­ schen mehreren Teilschritten, der sich durch eine einheitliche Planung, einen zeitlichen Zusammenhang oder die Bedeutungslosigkeit zwischen den Teilschritten manifestiert. Selbst dieser Kernbereich des Gesamtplans verlangt nach einer Differen­ zierung. Insbesondere die Reichweite der Vermutungswirkungen, und ob die Funktionslosigkeit der Teilschritte für die Annahme der Verklamme­ rung erforderlich ist, muss normspezifisch gelöst werden. Es ist auf die entsprechenden Ausführungen zu verweisen.748 3. Fallgruppenspezifische Betrachtung Letztlich ist es deshalb sinnvoll, den Gesamtplan von vornherein nur im Kontext seiner jeweiligen Fallgruppe zu betrachten. Diese bieten die größtmögliche Bündelung gemeinsamer Entscheidungsgrundsätze. Im Folgenden werden diese zusammengefasst: a) Ausweich- und Korrekturgeschäfte; Dreiecksgeschäfte Ausweich- und Korrekturgeschäfte und gleichlaufend Dreiecksgestal­ tungen sollten als einziger Topos des Gesamtplans weiterhin unter ein­ heitlichen Grundsätzen zu einer Verklammerung geführt werden kön­ nen. Der Gesamtplan kann mit allen seinen in der Literatur aufgestellten Merkmalen nahezu einschränkungslos zur Anwendung kommen.

748 Vgl. Teil 3, § 3 II.

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Als Ursache dieser einheitlichen Verklammerungsgrundsätze muss die allen Ausweich- und Korrekturgeschäften gemeinsame Rechtsgrundlage gesehen werden, nämlich § 42 AO bzw. der begründungsgleiche § 41 Abs. 2 AO. Es ist gerade keine Normenvielfalt zu berücksichtigen, die einer einheitlichen Verklammerung entgegenstünde. Zwar ist anzuer­ kennen, dass auch § 42 AO den Entscheidungsmaßstab der jeweils um­ gangenen Norm entnimmt. Bei Ausweich- und Korrekturgeschäften las­ sen sich die Konturen des Missbrauchs aber ausnahmsweise objektivieren. Die Nichtanerkennung von Ausweich- und Korrekturgeschäften ist in ihrer Anwendbarkeit nicht beschränkt. Steuerrechtliche Tatbestände müssen, soweit sie Handlungsvorgaben enthalten, nicht hinnehmen, dass diese Tatbestandsmerkmale durch unmittelbare Rückgängigma­ chung konterkariert werden. In diesen Fällen ist die Prüfung des Gestal­ tungsmissbrauchs immer eröffnet. Allerdings begründen nur tatsächlich saldierende Gestaltungen den Missbrauch. Wie dies im Einzelfall ver­ standen werden muss (gleiches oder nur vergleichbares Wirtschafts­ gut, gleiche Ebene des Wirtschaftsguts?), sollte diskutiert werden. Schon aus diesem Grund ist es wichtig, diese weiteren Voraussetzungen des § 42 AO losgelöst vom gesamtplanmäßigen Zusammenhang zu prüfen. Die so bestimmte Saldierung kann abstrakt bestehen und macht die Nichtanerkennung von Ausweich- und Korrekturgeschäften zu einem allgemeinen Rechtsprinzip des Steuerrechts. Aber auch bezüglich der Beschaffenheit des gesamtplanmäßigen Zusam­ menhangs lassen sich in dieser Fallgruppe einheitliche Grundsätze auf­ stellen. Zuallererst gilt dies für die notwendige Funktionslosigkeit der Teilschritte. Dies ergibt sich schon aus der Anknüpfung an § 42 AO bzw. § 41 Abs. 2 AO, zu deren zwingenden Voraussetzungen die Funktionslo­ sigkeit der Gestaltungsschritte gehört. Nicht zuletzt erkennen auch In­ nentheoretiker, die dem Merkmal der außersteuerlichen Gründe aus § 42 Abs. 2 Satz 2 AO grundsätzlich kritisch gegenüberstehen, die Relevanz für gesamtplanmäßige Ausweich- und Korrekturgeschäfte. So bezeich­ net Fischer diesen Bereich des Gesamtplans als „wahren Kern der sonst dogmatisch nicht zu rechtfertigenden These, dass wirtschaftlich beachtliche Gründe […] eine Steuerumgehung ausschließen.“749 Allein aus ­diesem Bereich stammt wohl auch dieses in der Literatur pauschal vorge­ nommene Erfordernis des Gesamtplans. Zudem kann m. E. für Ausweich- und Korrekturgeschäfte mangels unter­ schiedlicher zu berücksichtigender Gesetzeszwecke auch der Rahmen 749 Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 288 f.

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Teil 4  Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans

des den Gesamtplan indizierenden zeitlichen Zusammenhangs einheit­ lich bestimmt werden. Sachgerecht erscheint, die Vermutungswirkung deutlich strenger handzuhaben, als dies für die Allgemeinheit des Ge­ samtplans vorgeschlagen wurde. Es ist selbstverständlich, dass die Nicht­ anerkennung eines Gestaltungsschritts durch Annahme eines Miss­ brauchs restriktiver verlaufen muss als die Verklammerung aufgrund teleologischer Erwägungen. Dies ist schon dem Schutz der Gestaltungs­ freiheit geschuldet. So wird man bei einem Abstand von nur wenigen Monaten zwischen Ausweichgeschäft und korrigierendem Gegenge­ schäft nicht mehr ohne weiteres von einer einheitlichen Planung aus­ gehen können. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass bei Ausweich- und Korrekturgeschäften meist weniger der zeitliche Rahmen als die Be­ herrschbarkeit des Geschehens kritisch ist. Wird nachgewiesen, dass der Gegenspieler bereits mit dem Ausweichgeschäft zur Rückgewähr ver­ pflichtet wurde, ergibt sich daraus zugleich die einheitliche Planung, ohne dass es auf die Vermutungswirkung des zeitlichen Zusammenhangs ankäme. Es ist zuletzt darauf hinzuweisen, dass ausnahmsweise etwas anderes gelten muss, wenn ein Tatbestand überwiegend auf den wirtschaftlichen Erfolg ohne Berücksichtigung einer besonderen Handlung des Steuer­ pflichtigen abstellt. Dann kann schon diese Norm selbst unter ihren ei­ genen Voraussetzungen die Saldierung aufnehmen.750 b) Zerlegungsfälle Im Gegensatz dazu ist der Gesamtplan für Zerlegungsfälle nicht auf­ rechtzuerhalten. Hier können weder die neben dem Gesamtplan zu prü­ fenden Voraussetzungen noch die Beschaffenheit des gesamtplanmäßigen Zusammenhangs selbst verallgemeinert werden. Ein den Ausweich- und Korrekturgeschäften vergleichbarer Grundsatz, der unter bestimmten autonomen Bedingungen eine Addition der Teilschritte gebietet, exis­ tiert nicht. Zuzustimmen ist deshalb dem sich verstärkenden Ruf in der Literatur,751 den Gesamtplan für diesen Topos fallenzulassen zugunsten einer teleologischen Auslegung, die allerdings im Ergebnis regelmäßig auf einen Gesamtplan hinauslaufen wird.

750 Dies gilt für die Kettenschenkung durch Auslegung des Bereicherungsverhältnis­ ses gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, vgl. Teil 2, § 1 III. 1. 751 Prinz, Beilage zu DB 7 2013, M01, juris; Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (2004); Herlinghaus, FR 2014, 447 (453); Crezelius, BB 2013, 27 (30).

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Die Ursache dafür ist die normative Verankerung der Verklammerungs­ entscheidung an der potentiellen Vielfalt teleologisch ausgelegter Steuer­ normen. Ob und inwieweit ein Tatbestandselement die mehraktige Er­ reichung aufnimmt, entscheidet allein die konkrete Norm durch die Beschreibung des qualifizierten Merkmals im Zusammenspiel mit ihrem eigenständigen Gesetzeszweck. Erstaunlicherweise gilt das Differenzie­ rungsgebot damit am allermeisten ausgerechnet in der Fallgruppe, die in der Folge des vermeintlichen Geburtsurteils vom 6.9.2000752 als Inbegriff der Gesamtplandoktrin verstanden wurde. Schon die Anwendbarkeit des Gesamtplans ist bei Zerlegungsfällen nicht in jedem Fall gewährleistet. Nur wenn das betroffene Tatbestands­ merkmal eine ausgreifende Betrachtung anlegt, ist überhaupt ein Zeit­ fenster geöffnet, das der Gesamtplan konkretisieren könnte. Bei objekti­ ven Vorgangsbeschreibungen (Veräußerung, Übertragung, Einbringung, vollständiger Gesellschafterwechsel einer Grundstücksgesellschaft, etc.) wird man diese gewisse zeitliche Kulanz im Einklang zum allgemeinen Sprachgebrauch regelmäßig annehmen können. Kommt es dagegen auf die Beurteilung eines qualifizierten Maßnahmeobjekts an, enthalten sich Steuertatbestände einer Aussage darüber, wie die Beurteilung statt­ zufinden hat. Es ist offene Auslegungsfrage und damit vor allem vom Gesetzeszweck abhängig, ob die Beurteilung zeitpunktbezogen oder zeit­ raumbezogen erfolgt. Die Eröffnung dieser ausgreifenden Betrachtung vorausgesetzt, ist auch die Frage, welche Teilschritte in die Verklammerung einbezogen werden, normspezifisch zu beantworten. In der Gesamtmaßnahme aufgehen kön­ nen nur solche Teilschritte, die die tatbestandlichen Voraussetzungen des Tatbestandselements bis auf die Qualifizierung erfüllen oder umge­ kehrt deren Fehlen einem Tatbestandselement schaden kann. Eine ir­ gendwie geartete Regel lässt sich dafür nicht aufstellen. Zuletzt ist sogar die Beschaffenheit des gesamtplanmäßigen Zusammen­ hangs selbst nicht einheitlich zu bestimmen. Die zeitliche Reichweite des durch den Gesamtplan zu konkretisierenden Fensters ist von Norm zu Norm verschieden, z. B. eher eng bei §§ 16, 34 E ­ StG zur Wahrung des Anballungseffekts, eher weit bei §§ 20, 24 ­UmwStG zur Förderung der Unternehmenskontinuität.753

752 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, ­BStBl. II 2001, 229. 753 Höchstens eine verfassungsrechtlich begründete Maximalgrenze ist zu erwägen, vgl. Teil 3, § 3 II. 1. b) bb).

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Teil 4  Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans

Übrig bleibt vom Gesamtplan in dieser Fallgruppe damit nicht viel, letzt­ lich nur die einheitliche Planung und Beherrschung als Verklamme­ rungsvoraussetzungen. Eine einheitliche Bestimmung erlaubt daneben überraschenderweise ein vermeintliches Gesamtplanelement, die Bedeu­ tungslosigkeit der Teilschritte, und zwar dahingehend, dass es entgegen der allgemeinen Annahme für die Verklammerung nicht relevant ist: In Zerlegungsfällen kommt es nie auf die Bedeutungslosigkeit der Teil­ schritte an. Die Verklammerung ist also gerade nicht auf künstliche Ge­ staltungen begrenzt.754 Das ist nur logisch, wenn man diese Fälle auf eine teleologische Auslegung objektiv umschriebener Vorgänge stützt, die gerade nicht von der Motivation des Steuerpflichtigen abhängt. Auch stimmt dieses Ergebnis mit den nur in diesem Bereich auftretenden Ge­ samtplänen zugunsten des Steuerpflichtigen überein und mit dem empi­ rischen Befund, dass fast alle dieser bestehenbleibenden und im Ergebnis fortwirkenden additiven Teilakte gewollt und dauerhaft durchgeführt werden. Wenn dennoch in nahezu allen neueren Urteilen anderes gefor­ dert wird, liegt die Ursache in der oben aufgedeckten Vermengung ver­ schiedener Topoi des Gesamtplans, namentlich mit Ausweich- und Kor­ rekturgeschäften. c) Zwischenschaltungsfälle Der Zusammenhang von Zwischenschaltungskonstellationen zum Ge­ samtplan ist unberechtigt und sollte vermieden werden. Die Merkmale des Gesamtplans können höchstens im Sinne einer mittelbaren Tatherr­ schaft einzelne Handlungsbeiträge zwischen zwei handelnden Subjekten zuweisen.755 Damit ist über die erst auf der Grundlage dieser Handlungen zu bestimmende Person des Einkünfteerzielers noch keine Aussage ­möglich. Diese erfolgt über die oben dargelegten Grundsätze der Ein­ 754 Eine Ausnahme gilt insoweit für die (alten) Fälle zur gesellschaftsrechtlichen Grundstücksverfügung. Da sie unter dem Aspekt des § 42 AO gelöst werden, er­ gibt sich aus § 42 Abs. 2 Satz 2 AO für sie die Beachtlichkeit außersteuerlicher Gründe. Allerdings kann damit richtigerweise nicht wiederlegt werden, dass ein vollständiger Gesellschafterwechsel vorliegt, sondern nur, dass dieser Gesellschaf­ terwechsel eine Umgehung der Grundstücksverfügung ist. 755 Die Gesamtplananwendung ist sogar problematisch, suggeriert sie doch aufgrund des allseits angenommenen Merkmals der Bedeutungslosigkeit seiner Teilschritte, dass nur eine künstliche Zwischenschaltung in die Zurechnungserwägungen ein­ gehen kann. Dies ist abzulehnen, ist die Zurechnung doch als Auslegungsfrage identifiziert worden. Im Rahmen der Zurechnung können wirtschaftliche Gründe, so berechtigterweise Fischer in H/H/Sp, § 42 AO, Rn. 369, „eine Anwendung des Gesetzes entsprechend seinem nach Sinn und Zweck ausgelegten Tatbestand nicht verhindern.“

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§ 3  Ergebnis

künftezurechnung. Bei der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften kommt es dagegen auf besagte mittelbare Tatherrschaft nicht einmal mehr für die Zuweisung von Handlungsbeiträgen an. Organhandeln ist ohne weiteres als Handeln der Gesellschaft zuzurechnen. Die Durchbre­ chung der Gesellschaftssphäre auf der Basis von § 42 AO hat keinerlei Verbindung zum Gesamtplan. Jedenfalls ist der Gesamtplan weit davon entfernt, über eine Zurechnung zu bestimmen.

§ 3 Ergebnis I. Zusammenfassung Die Exegese der als Gesamtplanfälle deklarierten Sachverhalte ergibt ein ernüchterndes Bild: Diese sind keineswegs so einheitlich zu behandeln, wie das gemeinsame Schlagwort suggeriert. Vielmehr sind unter dem Dach der Gesamtplanrechtsprechung mit Ausweich- und Korrekturge­ schäften, Dreiecksgestaltungen, Zerlegungsfällen und Zwischenschal­ tungsfällen vier unterschiedlich zu behandelnde Strukturprinzipien zu unterscheiden. Gemeinsam ist diesen nur, dass die einheitliche Planung der Teilschritte und deren Realisation grundsätzlich sachgerechte Krite­ rien sind, um einen Zusammenhang zwischen mehreren Teilschritten zu begründen. Dieser Zusammenhang genügt aber zum einen allein nicht für eine Verklammerung aus. Zum anderen ist die konkrete Beschaffen­ heit des gesamtplanmäßigen Zusammenhangs unterschiedlich auszule­ gen. Der bisher in der Literatur vertretene Ansatz, unter bestimmten konstitutiven Merkmalen eines abstrakten Gesamtplans eine autonome Verklammerung von Teilschritten für die Besteuerung vorzunehmen, ist damit abzulehnen. Zukünftig sollte hinsichtlich der materiellen Voraus­ setzungen einer Verklammerung eine nach den hier aufgeworfenen To­ poi differenzierende Betrachtung angelegt werden. Im Einklang mit dem hier vorgestellten Konzept ergibt sich vielmehr folgende Differenzierung: In den Fällen einer gesamtplanmäßigen Zwi­ schenschaltung Dritter in die Tatbestandsverwirklichung kann der Ge­ samtplan nicht einmal im Ansatz eine Verklammerung begründen. Eine Würdigung als Gesamtplanfall ist nicht angemessen. Damit stehen sich letztlich nur zwei verschiedene Topoi des Gesamtplans gegenüber: Zer­ legungsfälle auf der einen Seite und Ausweich- und Korrekturgeschäfte bzw. Dreiecksgestaltungen auf der anderen Seite. Erstere beruhen auf ei­ ner teleologischen Auslegung, letztere auf § 42 AO bzw. dem begrün­

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§ 3  Ergebnis

künftezurechnung. Bei der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften kommt es dagegen auf besagte mittelbare Tatherrschaft nicht einmal mehr für die Zuweisung von Handlungsbeiträgen an. Organhandeln ist ohne weiteres als Handeln der Gesellschaft zuzurechnen. Die Durchbre­ chung der Gesellschaftssphäre auf der Basis von § 42 AO hat keinerlei Verbindung zum Gesamtplan. Jedenfalls ist der Gesamtplan weit davon entfernt, über eine Zurechnung zu bestimmen.

§ 3 Ergebnis I. Zusammenfassung Die Exegese der als Gesamtplanfälle deklarierten Sachverhalte ergibt ein ernüchterndes Bild: Diese sind keineswegs so einheitlich zu behandeln, wie das gemeinsame Schlagwort suggeriert. Vielmehr sind unter dem Dach der Gesamtplanrechtsprechung mit Ausweich- und Korrekturge­ schäften, Dreiecksgestaltungen, Zerlegungsfällen und Zwischenschal­ tungsfällen vier unterschiedlich zu behandelnde Strukturprinzipien zu unterscheiden. Gemeinsam ist diesen nur, dass die einheitliche Planung der Teilschritte und deren Realisation grundsätzlich sachgerechte Krite­ rien sind, um einen Zusammenhang zwischen mehreren Teilschritten zu begründen. Dieser Zusammenhang genügt aber zum einen allein nicht für eine Verklammerung aus. Zum anderen ist die konkrete Beschaffen­ heit des gesamtplanmäßigen Zusammenhangs unterschiedlich auszule­ gen. Der bisher in der Literatur vertretene Ansatz, unter bestimmten konstitutiven Merkmalen eines abstrakten Gesamtplans eine autonome Verklammerung von Teilschritten für die Besteuerung vorzunehmen, ist damit abzulehnen. Zukünftig sollte hinsichtlich der materiellen Voraus­ setzungen einer Verklammerung eine nach den hier aufgeworfenen To­ poi differenzierende Betrachtung angelegt werden. Im Einklang mit dem hier vorgestellten Konzept ergibt sich vielmehr folgende Differenzierung: In den Fällen einer gesamtplanmäßigen Zwi­ schenschaltung Dritter in die Tatbestandsverwirklichung kann der Ge­ samtplan nicht einmal im Ansatz eine Verklammerung begründen. Eine Würdigung als Gesamtplanfall ist nicht angemessen. Damit stehen sich letztlich nur zwei verschiedene Topoi des Gesamtplans gegenüber: Zer­ legungsfälle auf der einen Seite und Ausweich- und Korrekturgeschäfte bzw. Dreiecksgestaltungen auf der anderen Seite. Erstere beruhen auf ei­ ner teleologischen Auslegung, letztere auf § 42 AO bzw. dem begrün­

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Teil 4  Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans

dungsgleichen § 41 AO.756 Die Unterscheidung macht nicht bei der nor­ mativen Verankerung halt, sondern wirkt sich auch materiell auf die Verklammerung aus. Bei Zerlegungsfällen ist zwar die Struktur eines Gesamtplans im Ergeb­ nis der jeweiligen Verklammerungsentscheidung nicht zu leugnen. Auf­ grund der vielfältigen normspezifisch zu beantwortenden Erfordernisse einer Verklammerung sollte aber nicht a priori mit einem subsumtions­ fähigen Gesamtplan agiert werden. Er stellt eine zu große Versuchung dar, diesen speziellen Erwägungen auszuweichen oder sie durch aus an­ deren Normzusammenhängen stammende, vermeintlich generalisie­ rungsfähige Auslegungsergebnisse zu ersetzen. Deshalb sollten diese ­Fälle ohne Rückgriff auf eine abstrakte Rechtsfigur durch strenge Tatbe­ standsauslegung und Subsumtion gelöst werden, wohlwissend, dass im Ergebnis regelmäßig (aber eben nicht immer) eine Verklammerung von Teilschritten innerhalb eines gesamtplanmäßigen Zusammenhangs er­ folgen wird. Es ist an dieser Stelle erneut anzumerken, dass die Verklam­ merung entgegen vieler Ansichten nicht auf künstliche Konstruktionen beschränkt ist. Allein die Negierung von Ausweich- und Korrekturgeschäften und Drei­ ecksgeschäften ist unter abstrahierbaren Grundsätzen möglich. Nur in diesem Fall ist das Aufstellen eines eigenständigen Argumentations­ muster zur Verklammerung sachgerecht. Diese Funktion erfüllt zu Recht der Gesamtplan mit allen Merkmalen, die ihm allgemein zugeschrie­ ben werden, und zwar auch der Funktionslosigkeit seiner Teilschritte, die schon zur Wahrung der Exkulpationsmöglichkeit aus § 42 Abs. 2 Satz 2 AO erforderlich sind. Zu beachten ist allerdings auch hier die Ab­ hängigkeit der Verklammerung von der tatsächlichen Saldierung der Teilschritte, deren Prüfung neben dem Gesamtplanargument erfolgen muss. Insgesamt erstaunlich ist, dass die eine Gesamtplananwendung nicht rechtfertigenden Zerlegungsfälle bisher im Mittelpunkt der Dis­ kussion standen, dagegen der eigentliche Kern des abstrakten Gesamt­ planarguments bei Ausweich- und Korrekturgeschäften aus dem Fokus gerückt ist. Terminologisch sollte der Gesamtplan vollständig fallengelassen wer­ den. Das Schlagwort Gesamtplan ist verbraucht. Es wurde in der Vergan­ genheit mit einem Bedeutungsgehalt aufgeladen, der das Ausmaß der geringen Gemeinsamkeiten der Topoi weit überschreitet. Sein Anwen­ 756 Darin realisiert sich das Bild der zwei sich überschneidenden Kreise von Förster/ Schmidtmann, StuW 2003, 114 (114).

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§ 3  Ergebnis

dungsbereich und seine voraussetzungsseitigen Grenzen sind zu ver­ schwommen, um wieder zu neuer Aussagekraft zu gelangen.757 Insbeson­ dere als untauglich muss der Versuch gewertet werden, den Gesamtplan über einen gleichermaßen abstrakten und mithin die Kritik nicht auf­ nehmenden Gegenbegriff wie den Plan in Einzelakten auf das zulässige Maß zu beschränken. Deshalb sollte auch bei Ausweich- und Korrektur­ geschäften, dem Restbereich, in dem eine autonome Verklammerung auf der Basis abstrakter Voraussetzungen möglich ist, das Wort Gesamtplan vermieden werden. Mindestens muss immer die Gegenläufigkeit als be­ stimmendes materielles Strukturprinzip zugesetzt werden, wie es etwa durch den Begriff der „Ausweich- und Korrekturgeschäfte nach Gesamtplan“ geschieht. Diese materiellen und terminologischen Korrekturen auf der Basis der hier erfolgten Kategorisierung sollten ausreichen, künftig die Vermen­ gung verschiedener Gesamtplantopoi und den einhergehenden Transport sachfremder Motive aus anderen Gesamtplansachverhalten zu verhin­ dern. Insbesondere beim Zusammenstoßen beider Topoi in einem Fall können die Voraussetzungen einer Verklammerung präzise vorhergese­ hen werden. Die Sensibilität für diese Unterscheidung würde die durch die vielfältigen Ansätze des BFH bei der Beschränkung des Gesamtplans zuletzt ins Wanken geratene Rechtssicherheit und Planungssicherheit restituieren. Wünschenswert wäre es, wenn durch die gewonnene Präzisierung das Selbstbewusstsein in den (restringierten) materiellen Gehalt des Ge­ samtplans wieder gestärkt würde. Denn die Verklammerung sachlich zusammengehöriger Schritte auf der Basis einer einheitlichen Planung ist nicht nur weitgehend alternativlos, sondern gerade in Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit des Steuerpflichtigen sachgerecht. Es wäre be­ dauernswert, würde diese Erkenntnis aufgrund der durch den Gesamt­ plan geschaffenen Unsicherheiten leiden. Denkbare Folge wäre eine Ver­ stärkung der ohnehin schon ausufernden Neigung des Gesetzgebers, die Gestaltungsfreiheit des Steuerpflichtigen nicht mittels der Gesamtplan­ rechtsprechung, sondern in Form spezialgesetzlicher Missbrauchsver­ meidungsvorschriften, insbesondere weitreichender Sperrfristen, zu be­ schränken. Denn ein Aspekt der ungeliebten Gesamtplanrechtsprechung wird weitgehend nicht erkannt: Sie ist unberechenbar, solange ihr An­ wendungsbereiche nicht abschätzbar ist. Soweit sie sich im Rahmen zu­ 757 Im Gegensatz dazu und m. E. zu Unrecht konnotiert Schmidtmann die Vokabel Gesamtplan positiv, weil sie etabliert sei und mit ihr „bestimmte Begriffsinhalte“ assoziiert werden, FR 2015, 57 (59).

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Teil 4  Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans

lässiger Normauslegung bewegt, handelt es sich um ein verhältnismäßig mildes Mittel bei der steuerlichen Würdigung mehraktiger Lebenssach­ verhalte, dem gegenüber handwerklich regelmäßig problematischen und in der Tendenz überschießenden speziellen Missbrauchsvorschriften der Vorzug gegeben werden sollte.758

II. Prognose Soweit dieser Dualismus der Gesamtpläne als Zielvorstellung identifi­ ziert wurde, fragt sich, ob die momentane Entwicklung dazu geeignet ist, sich diesem Ziel anzunähern oder ob im Gegenteil zu erwarten ist, dass die Fehlannahmen in Bezug auf die Gesamtplanrechtsprechung fortge­ führt werden. Nachdem der Gesamtplan jahrelang verhärtet war, ist mo­ mentan wegen der aktuell hohen Dynamik der Diskussion und wegen der erkennbaren Bereitschaft des BFH, gegangene Wege zu hinterfragen, jedenfalls ein optimaler Zeitpunkt gegeben, um die Handhabung des Ge­ samtplans dogmatisch zu korrigieren. Bei rein ergebnisorientierter Betrachtung ist sogar zu konstatieren, dass die Rechtsprechung sich der Zielvorstellung deutlich angenähert hat: Die aktuellen Urteile entscheiden die Verklammerung bei Zerlegungs­ fällen auf der Basis einer differenzierenden Normauslegung.759 Damit wird – zunächst für Umstrukturierungen als wichtigstem Bereich der Zerlegungsfälle – eine individuelle Lösung anerkannt. Die seit langem praktizierte Gesamtplananwendung bei Ausweich- und Korrekturge­ schäften wird von Ihnen dagegen nicht berührt.760 Insofern könnte man salopp formulieren, dass der Gesamtplan im Ergebnis ungefähr so steht, wie er stehen sollte. Problematisch ist, dass die zu diesem Ergebnis führenden Begründungen Klarheit vermissen lassen und auf Fehlschlüssen beruhen. Die verschie­ denen Gesamtplantopoi und die Auswirkungen dieser Differenzierung wurden nach wie vor nur zum Teil erkannt. Insbesondere beim Zusam­ menstoßen unterschiedlicher Gesamtpläne innerhalb desselben Sachver­ 758 Vgl. krit. ggü. aktueller spezieller Missbrauchsgesetzgebung Hey, StuW 2008, 167 (167 f.). 759 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530; BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, ­BStBl. II 2010, 471 m. Anm. Kanzler, FR 2010, 761; BFH v. 22.10.2013 – X R 14/11, ­BStBl. II 2014, 158 m. Anm. Prinz FR 2014, 234; auch BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 760 Vgl. nur den Darlehensfall BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, ­BStBl. II 2014, 374.

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§ 3  Ergebnis

halts sieht sich vor allem der X. Senat zu einer Präzisierung anscheinend außerstande.761 Gleiches gilt für den IV. Senat, der sich nach seinem zu­ nächst verwirrenden Lösungsansatz für taggleiche Ausgliederungen762 nun erstmals die Argumentation des X. Senats zu eigen gemacht hat.763 Glücklicherweise wird in der Literatur auf der Basis dieser Urteile ver­ mehrt präzise formuliert, dass eine Verklammerung in den betroffenen Umstrukturierungsfälle grundsätzlich nur anhand des konkreten Norm­ telos erfolgen kann und der Gesamtplan aufzugeben ist.764 Es wäre wün­ schenswert, wenn sich diese Klarheit in der BFH Rechtsprechung durch­ setzen würde. Dies steht nicht unbedingt zu erwarten. Außerdem ist als Risiko für diese Entwicklung die weiterhin auf dem Gesamtplan behar­ rende Finanzverwaltung zu identifizieren, möglicherweise auch als Ein­ flüsterer gesetzgeberischer Gegenmaßnahmen. In diesem Zusammenhang scheint zum Schluss ein Monitum unerläss­ lich: Das allergrößte Risiko für die richtige Entwicklung des Gesamt­ planarguments stellt m. E. der Plan in Einzelakten dar. Zwar wird dieser teilweise als den Gesamtplan beschränkender Gegenspieler begrüßt.765 Tatsächlich führt der Plan in Einzelakten zu einer Ablehnung der Ver­ klammerung auf der Basis genauso einheitlicher und damit sachwidriger Voraussetzungen, wie sie für eine Bejahung der Verklammerung auf der Ebene des Gesamtplans abgelehnt wurden. Ein wegen seiner Abstrakti­ onshöhe kritisiertes Argument kann nicht ohne die gleiche Kritik von einem ebenso abstrakten Gegenargument geschlagen werden. Auf diese Weise wird, auch wenn der Gesamtplan selbst in diesen Fällen abgelehnt wird, erneut das Verständnis hervorgerufen, auf abstrakter Ebene über die Verklammerung entscheiden zu können. Insofern fördert der Plan in Einzelakten das Selbstbewusstsein, anhand einer spezifischen Rechtsfi­ gur außerhalb des Normtelos gleichmäßige Lösungen zu finden. Dass dieser Weg für die damit angesprochenen Gesamtplanfälle falsch ist, wurde gezeigt. Die Gefahr einer von den zugrundeliegenden Normteleologie verselb­ ständigten Rechtsanwendung ist mithin nicht gebannt. Im Gegenteil 761 Symptomatisch das Offenhalten der Rechtsgrundlage und Anwendung des Ge­ samtplans mangels Identifizierung beider verschiedenartiger Gesamtpläne in BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, ­BStBl. II 2012, 638 m. Anm. Nöcker, DStR 2013, 1530. 762 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFHE 238, 135, m. Anm. Wachter, DB 2013, 200. 763 BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, BFHE 247, 449 m. Anm. Schmidtmann, ­GmbHR 2015, 265. 764 Prinz, zu DB 7 2013, M01, juris; Oenings/Lienicke, DStR 2014, 1997 (2004); Herlinghaus, FR 2014, 447 (453). 765 Z. B. Wiese/Berner, DStR 2014, 1148 (1148).

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Teil 4  Korrekturbedarf und Korrekturoptionen des Gesamtplans

stellt sich der Plan in Einzelakten schon in seinen Anfängen als wirk­ mächtiges Schlagwort dar, dass ähnlich der sprunghaften Ausdehnung der Gesamtplanrechtsprechung eine wachsende Institutionalisierung be­ fürchten lässt. Dann würde derselbe Fehler – ausgerechnet zur Korrektur des ersten – ein zweites Mal begangen. Dazu darf es nicht kommen.

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Stichwortverzeichnis Analogieverbot  129, 131 Anschaffungs-/Herstellungs­ kosten  110, 107 Anteilsbewertung  34 f. Art- Wert- und Funktionsgleich­ heit  29, 31, 82, 157 Ausgliederungsmodell   56, 57, 70, 73, 91 Belastungssymmetrie  17, 122 Buchwerttransfer  39 ff., 73, 120, 146 cum-ex Geschäft  30 Darlehensgewährung  22 ff., 27, 116, 119 Dividendenstripping   30 Drei-Objekte-Grenze  47, 111 Durchgriff  47 f., 51, 147 f. 157 Einkünftezurechnung   49 ff., 146 Finanzierungsfreiheit  25, 29 f. Funktionaler Betriebsbegriff  78, 86, 95, 97 f. Funktionslosigkeit von Teil­ schritten  66 f., 83 f., 135 ff., 169 f., 172 ff., 181 Gewerblicher Grundstücks­ handel  47 ff., 52, 111 Grunderwerbsteuer  44 ff., 105, 151 Günstig wirkender Gesamt­ plan  17, 32, 38, 60 f., 76 ff., 99, 108 Initialurteil   11, 55, 57 Intermediär   37 ff.

Kettenschenkung   36, 37 ff., 139, 159 f. Neutralität, inhaltliche  7, 120 f., 156, 180 persona interposita  46 ff., 146 Plan in Einzelakten  75, 99 ff., 178 Quasitatbestand 8 Rechtsfigur 10 Rechtsfortbildung   127 f. Sachlicher Zusammen­ hang   149 f., 164 ff. Sachverhaltswürdigung  9, 175 Scheingeschäft   26 f., 31, 33 f. 140 f., 142 Schwesterpersonengesellschaf­ ten  39 ff., 41 f., 120, 146 Sperrfristen  14, 44 f., 105, 109 Tarifermäßigung  55 ff., 150 Teleologische Auslegung  62, 79, 123, 126, 147 f. Typusbegriff  139, 147 Vermietungsgeschäft 29 Wirtschaftliche Betrachtungs­ weise 137 Wohnrecht   28 Zeitlicher Zusammenhang  65, 164 ff., 185 f. Zeitpunktbezogene Aus­ legung  74, 78, 89, 182 f. Zeitraumbezogene Aus­legung  58, 63, 76, 89, 150, 182 f. Zwischenschaltung  46 ff., 143, 188 f.

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