Baugebot und Baufreiheit: Das Spannungsverhältnis zwischen dem einfach-gesetzlich ausgestalteten Baugebot und der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums [1 ed.] 9783428530144, 9783428130146

Die Rechtsfigur "Baugebot" (§§ 175, 176 BauGB) ist Gegenstand der vorliegenden zusammenfassend vertiefenden Be

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Baugebot und Baufreiheit: Das Spannungsverhältnis zwischen dem einfach-gesetzlich ausgestalteten Baugebot und der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums [1 ed.]
 9783428530144, 9783428130146

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1126

Baugebot und Baufreiheit Das Spannungsverhältnis zwischen dem einfach-gesetzlich ausgestalteten Baugebot und der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums

Von Roberta Leisner

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ROBERTA LEISNER

Baugebot und Baufreiheit

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1126

Baugebot und Baufreiheit Das Spannungsverhältnis zwischen dem einfach-gesetzlich ausgestalteten Baugebot und der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums

Von Roberta Leisner

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-13014-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Rechtsfigur „Baugebot“ (§§ 175, 176 BauGB) war seit langem nicht mehr Gegenstand einer zusammenfassend vertiefenden Behandlung. Nach ihrer Entwicklungsgeschichte wie der Zahl ihrer Anwendungsfälle erscheint sie zwar als eine behördliche Eingriffsform von nur begrenzter Bedeutung. Immerhin werden Baugebote aber zur Baulückenschließung praktiziert, sie können als Instrumente der Wohnungs(bau)politik eingesetzt werden. Darüber hinaus ist ihre (Fern-)Wirkung als „Drohpotenzial“ von Kommunen gegenüber wenig kooperationswilligen Eigentümern beträchtlich, wenn auch im Einzelfall nicht leicht nachweisbar. Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Baugebote soll hier systematisch dargestellt werden, vor allem in ihrer notwendigen Planungskonformität wie in der besonders wichtigen Berücksichtigung der Eigentümerbelange, in zumutbarer Bebauung. Anschließend wird dies am Maßstab des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) präzisiert und verfassungsrechtlich akzentuiert. Denn auch Baugebote müssen vor allem die grundrechtlich vorgegebene Baufreiheit achten. So ist dies ein bedeutsames Feld baurechtlicher Verfassungsdogmatik. Herrn Professor Dr. Michael Brenner gilt mein herzlicher Dank für wertvolle Anregungen bei der Betreuung der Arbeit, Herrn Professor Dr. Walter Pauly für sein Zweitvotum. Der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, Hamburg, danke ich sehr für die großzügige Unterstützung des Promotionsvorhabens. Der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V., Wiesbaden, gilt gleichsam mein Dank für die ebenso großzügige Unterstützung, durch welche sie das Erscheinen dieses Werkes gefördert hat. Jena, im Februar 2009

Roberta Leisner

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung: Bedeutung und Untersuchungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Die Bedeutung der Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Rechtliche und ökonomische Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Die gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3. Praktische Bedeutung der Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 a) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 b) Vorfeldwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4. Der gegenwärtige Stand der rechtlichen Problembehandlung . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Die Entwicklung des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Die historischen Wurzeln des heutigen Städtebaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Die Entwicklung des Baurechts bis zum 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Die Entfaltung eines liberalen Baurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Abschwächung und Entfallen der Baupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Die Entwicklung des Baugebots in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts . . . . . . . . 28 1. Erste Nachkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Baurecht unter dem Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Die Baupflicht in den Aufbaugesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Allgemeine Aufbausituation der Nachkriegszeit und Baugebote . . . . . . . . . . . . 31 2. Einzelne Baugebote in den Aufbaugesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a) §§ 46 ff HessAufbauG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

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Inhaltsverzeichnis b) §§ 52 ff NiedersAufbauG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 c) §§ 49 ff Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 IV. Die Entwicklung des Baugebots im Bundesbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Bundesbaugesetz 1960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Städtebauförderungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Bundesbaugesetz 1976 – BauGB 1987 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Maßnahmengesetz 1990 zum Baugesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5. Das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 1993 – EAG-Bau 2004 40

C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Grundlinien der einfachgesetzlichen Regelungen des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Einheitliche Rechtsfigur „Baugebot“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Grundlinien nach Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Handlungsgebot – daher staatliche Zurückhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4. Geringe Regelungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Erscheinungsformen des Baugebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Allgemeine Grundsätze – Zielvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Redaktionelle Stellung und Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) „Planungskonformität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Baugebote im beplanten Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Bereich eines einfachen Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Vorhandene Bebauung im Planungsbereich – Anpassungsbaugebot . . . . . . . . . 49 a) Beseitigungsanordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Anpassungsbaugebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4. Baugebot im unbeplanten Innenbereich (§ 176 Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 a) Der Anwendungsbereich und seine Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

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b) Die „Baulücke“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) „Anpassungsgebot“ im unbeplanten Innenbereich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5. (Bau-)Gebot zur Durchsetzung nicht-baulicher Festsetzungen (§ 176 Absatz 6) 52 6. Bauantragsgebot (§ 176 Absatz 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Die Bedeutung der Vorschrift: Mindestinhalt des Baugebots . . . . . . . . . . . . . 53 b) Die Fristen des § 176 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

III. Die Ordnungsgegenstände der Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Grundstücksgleiche Rechte (§ 200 Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. „Privilegierte Grundstücke“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

IV. Adressaten der Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Der Eigentümer als Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Mehrere Grundstücke – mehrere Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3. Andere Realisierungsverpflichtete als Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

V. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Das gemeindliche Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Ermessensschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Baugebot als gemeindliches Einvernehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

VI. Bestimmtheit des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Keine Änderung der durch Bebauungsplan eröffneten Bebauungs- und Nutzungsmöglichkeit – Rechte des Eigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Bestimmte Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4. Maßnahmenaustausch durch den Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

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VII. Erforderlichkeit des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Allgemeines – negative Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Städtebauliche Gründe (§ 175 Absatz 2, 1. Halbsatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Konkretisierung(sbedarf) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Baulücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Dringender Wohnbedarf (§ 175 Absatz 2, 2. Halbsatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Erforderlichkeit „alsbaldiger Durchführung der Maßnahmen“ (§ 175 Absatz 2, 1. Halbsatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5. Weitere Erforderlichkeitsgründe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6. Keine Erforderlichkeit von Baugeboten wegen Verfügbarkeit anderer Instrumentarien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 7. Exkurs: Missbrauch des Baugebots als Druckmittel – Koppelungsverbot . . . . . 77

VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots (§ 176 Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Allgemeines zum Begriff „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Allgemeines – „das Vorhaben“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Zumutbarkeit und Rechtsstaatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Wirtschaftliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Die objektive Unzumutbarkeit – das Markt-Rendite-Kriterium . . . . . . . . . . . . . 81 a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Objektbestimmte Rentabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Investitionsbestimmte Rendite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 d) Günstige Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 e) Unzumutbarkeit nach Marktkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3. Die subjektive Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Verpflichtung zum Einsatz eigenen Vermögens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4. Der Übernahmeanspruch § 176 Absatz 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Inhaltsverzeichnis

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IX. Vollstreckung des Baugebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Die Frage: Baugebot – undurchsetzbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Die Durchsetzbarkeit des Baugebotes – jedenfalls durch Zwangsgeld(androhung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3. Die Problematik der Ersatzvornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Grundsätzliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Bei Bauantragsgebot (§ 176 Absatz 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4. Enteignung zur Durchsetzung der Bebauung (§ 176 Absatz 8 und 9) . . . . . . . . 91 a) Das Verhältnis von (Vollstreckung des) Baugebot(es) und Enteignung . . . . . 91 b) Das Wahlrecht der Gemeinde nach § 176 Absatz 8: Baugebot oder Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 X. Rechtsschutzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Drittrechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . 96 I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Die rechtliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Der rote Faden bei der Verfassungsprüfung: Sicherung des Eigentumskerns . . 97 3. Die praktische und verwaltungspolitische Dimension der Verfassungsprüfung . 98 a) Verfassungsgrenzen des kommunalen Ermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Praktische Rechtschutzbedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. Baugebote und Abschöpfung von Grundstückswertsteigerungen . . . . . . . . . . . . 99 5. Fragestellungen einer Verfassungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Die traditionelle Auffassung: Baufreiheit eigentums-grundrechtlich geschützt . 101

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Inhaltsverzeichnis 2. Eine neuere Meinung: Bebaubarkeit vom Bau(planungs)gesetzgeber verliehen? 102 a) Bebaubarkeit als Gegenstand öffentlich-rechtlicher Konzession – die „Verleihungslehren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Politisch-ökonomische Ausgangspunkte der Verleihungslehren: Die Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Die „Neuentdeckung“ der Inhalts- und Schrankenbestimmung (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) – der „Nassauskiesungsbeschluss“ . . . . . . . . . . . . . . . . 104 d) Die (angebliche) Wirklichkeit: Bauplanung als Baurechtsverleihung . . . . . . 105 e) „Baufreiheit im Rahmen der Gesetze“ – die Formel der Rechtsprechung . . . 106 3. Die traditionelle und herrschende Lehre: Verfassungsschutz der einfachgesetzlich nur ausgeformten Baufreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Die herrschende Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Das Missverständnis der „Verleihungs-Diskussion“: Der einfache Gesetzgeber als notwendige Ausformungsinstanz der Baufreiheit . . . . . . . . . 108 c) Auseinanderklaffen von (Gesetzes-)Wirklichkeit und Verfassungsgebot? – (Wieder-)Herstellung der Eigentumsfreiheit durch Baugestattung . . . . . . . . . 110 d) Die eigentliche Problematik: Der Gewährleistungskern der Baufreiheit: Die Privatnützigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Die Bedeutung der verfassungsrechtlich geschützten Baufreiheit für das Baurecht – Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Der grundsätzliche rechtsdogmatische Ertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Strenge Verfassungskontrolle von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht . . . . 114 c) Ausblick: Privatnützigkeit und Marktwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5. Allgemeine Folgerungen für das Recht der Baugebote aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Baugebote als Eingriffe in das einheitlich verfassungsgeschützte Eigentum Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG: Maßstab jedes konkreten Baugebots . . . . . . 116 c) Baugebote: nicht Konzessionsauflagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 d) Baugebote als besonders tiefer Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 e) Privatnützigkeit als allgemeine Orientierung für Baugebote . . . . . . . . . . . . . 117 f) „Subsidiarität“ der Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 g) Planungsfreiheit und Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 h) Baugebote: Bestätigung der Baufreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Inhaltsverzeichnis

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III. Die Verfassungsschranken der Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Baugeboten (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Baugebote und Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) §§ 175, 176 BauGB: Verfassungsgemäß im Rahmen des Verfassungsbegriffs 120 b) Baugebote als „Positivpflichten“ und Eigentum als Abwehrrecht . . . . . . . . . 121 2. Einzelne Folgerungen für Baugebote aus der „Privatnützigkeit“ des Eigentums 122 a) Baugebot nur (auch) mit Eigentümernutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Privatnützige Ausgestaltungen des Eigentums durch Baugebote . . . . . . . . . . 122 c) Baugebote nach einem Schwerekriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Baufreiheit als Selbstbestimmung der persönlichen Lebensführung . . . . . . . . . 125 a) Baugebote und Eigentümerrechte der persönlichen Lebensführung . . . . . . . . 125 b) Selbstbestimmung (auch) durch Nichtgebrauch der Baufreiheit . . . . . . . . . . . 126 4. Die Einheit des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Die Einheit des Eigentumsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Baugebote – nicht (nur) Eingriffe in ein „Nutzungseigentum“ . . . . . . . . . . . . 128 5. Der Objektbezug des Eigentumsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Objektbezug als Eigentumskategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Keine Verpflichtung zum Einsatz anderweitigen Vermögens . . . . . . . . . . . . . 129 6. Soziale Verfassungsaspekte bei Baugeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Sozialbindung – Gemeinwohlverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Städtebauliche Gemeinwohlgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Dringender Wohnbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 d) „Angewiesenheit“ auf Bebauung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 e) Rücksicht auf Mieter/Pächter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 IV. Das Baugebot und das Verfassungsrecht der Enteignung (Artikel 14 Absatz 3 GG) . 133 1. Enteignung nur als Rechteentzug – Baugebot als solches nicht „kalte Enteignung“; keine Ausgleichsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Enteignung: Entzug von Rechtspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Baugebote: Keine Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Ausnahme: Enteignung von Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

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Inhaltsverzeichnis d) Keine Ausgleichsleistung für Baugebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Die „Anschlussenteignung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Vollstreckung des Baugebots und anschließende Enteignung . . . . . . . . . . . . . 135 b) Voraussetzungen und Ziele der Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Entschädigungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Nur nach Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Vorwirkungen der Enteignung auf den Grundstückswert? . . . . . . . . . . . . . . . 137

E. Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Gesetzesänderungen im Bereich von §§ 175, 176 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Gebote nach §§ 177 bis 179 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Baugebotsteuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 F. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. Abw AcP AG AGB AK AO AöR A(ufl.) BauGB BayBO BayGT BayOblG BayVBl BayVerf BayVerfGH BB BBauBl. Bd Bek BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BImSchG BlGBW BMF BStBl BT BT-Dr., BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BWGZ

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz abweichend Archiv für civilistische Praxis Amtsgericht; auch Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternativkommentar Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Auflage Baugesetzbuch Bayerische Bauordnung Bayerischer Gemeindetag Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Verfassung des Freistaats Bayern vom 2. 12. 1946 Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebsberater Bundesbaublatt Band Bekanntmachung Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundes-Immissionsschutzgesetz Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesminister der Finanzen Bundessteuerblatt Bundestag Drucksache des Deutschen Bundestags Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-württembergische Gemeindezeitung

16 BWVP DB dies. Diss. DJT DNotZ DÖV DVBl. DWW EG ErbStG EStG EU EuGH FGO FN FS GBl. Ges. GeschO GewArch GewO GewSt GG GK GmbH GrS GVBl. GVG H HdbStR Hg. hsg. i. d. R. i.S.d. i.V.m. IHK InsO JA JöR JR JURA JuS JZ KommJur KStG LG

Abkürzungsverzeichnis Baden-württembergische Verwaltungspraxis Der Betrieb dieselbe, dieselben Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitung Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Wohnungswirtschaft Europäische Gemeinschaft Erbschaftsteuer und Schenkungsteuergesetz Einkommensteuergesetz Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Europäischer Gerichtshof) Finanzgerichtsordnung Fußnote Festschrift Gesetzblatt Gesetz Geschäftordnung Gewerbearchiv Gewerbeordnung Gewerbesteuer Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gemeinschaftskommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Großer Senat Gesetz und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Heft Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Herausgeber herausgegeben In der Regel in Sinne der /des in Verbindung mit Industrie- und Handelskammer Insolvenzordnung Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch des öffentlichen Rechts Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunaljurist Körperschaftsteuergesetz Landgericht

Abkürzungsverzeichnis LKV Ls m.w.N. MDR MittBayNot N NJ NJW NJW-RR NuR NVwZ NVwZ-RR NWB NZ Bau ÖPNV OHG OLG OVG PAG Parl. Parl.Rat Preuß.ALR, ALR Pr. GS PrOVG RG RGBl RGZ Rn Rs RVBl. Slg st.Rspr StGB StGB StPO StR StuB StuW u. U. UStG UWG VerwArch VerwRspr VG VGH VGHE Vgl.

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Landes- und Kommunalverwaltung Leitsatz mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht Mitteilungen des bayerischen Notarvereins Nachweise Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe Neue Zeitschrift für Baurecht Öffentlicher Personen-Nahverkehr Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Polizeiaufgabengesetz Das Parlament Parlamentarischer Rat Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Preußische Gesetzessammlung Preußisches Oberverwaltungsgericht Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer, oder Randziffer Rechtssache Reichsverwaltungsblatt Sammlung ständige Rechtsprechung Deutscher Städte- und Gemeindebund Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Steuerrecht Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft unter Umständen Umsatzsteuergesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verwaltungsarchiv Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland, Sammlung obergerichtlicher Entscheidungen aus dem Verfassungs- und Verwaltungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes Vergleiche

18 VIZ VO VR VVDStRL VwGO. VwVfG VwVG WEG WiVerw WRV ZAP ZIP ZP ZPO ZRP

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Verordnung Verwaltungsrundschau Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Wohnungseigentumsgesetz Wirtschaft und Verwaltung Verfassung des deutschen Reiches vom 11. 8. 1919 ( Weimarer Reichsverfassung) Zeitschrift für Anwaltspraxis Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zusatzprotokoll Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

A. Einleitung: Bedeutung und Untersuchungsweg I. Die Bedeutung der Baugebote 1. Rechtliche und ökonomische Dimension Bauen stellt in einer Marktwirtschaft eine der wichtigsten wirtschaftlichen Aktivitäten dar. Durch das Bauen wird insbesondere der Wert des Grundbesitzes gesteigert, dieser ist die bedeutsamste Kreditgrundlage der Gesamtwirtschaft und damit ein entscheidender Faktor der Steigerung der Attraktivität eines nationalen Standortes. Bebaute und bebaubare Grundstücke stehen weit überwiegend im Eigentum Privater. Ihre Bebauung ist daher – gerade in einer Marktwirtschaft – eine wesentlich private Tätigkeit. Die Entscheidung, ob gebaut werden soll, wie die Durchführung einer Bebauung ist grundsätzlich Sache der Eigentümer oder sonstiger berechtigter Privater. Bautätigkeit ist daher eine besonders gewichtige, ja zentrale Form der Betätigung grundrechtlicher Freiheit. Hier handelt der Bürger „als Eigentümer seines Grundstücks“ (Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG)1. In Vorbereitung wie Durchführung des Bauens bewegt er sich, in einer für seine Lebensführung meist besonders bedeutsamen Weise, im Rahmen seiner verfassungsrechtlich gesicherten Privatautonomie. In vielen Fällen wird für ihn damit das Bauen und die Nutzung von dessen Ergebnissen gleichzeitig zu einem zentralen Teil seiner Berufstätigkeit (Artikel 12 Absatz 1 GG)2, insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien. Beruflich/gewerbliche Bautätigkeit ist als solche eine der volkswirtschaftlich wichtigsten Bereiche, in denen das Bruttosozialprodukt erwirtschaftet wird; hier greifen die Sektoren der Produktion (Baustoffe, Baumaschinen – Bauindustrie) und der Dienstleistungen ineinander; selbst der landwirtschaftliche Primärsektor, in dem sich wichtige Baulandreserven finden, wird durch diese Aktivitäten in seiner Entwicklung tiefgreifend beeinflusst. Die folgende Untersuchung muss daher ihren Gegenstand, die baurechtlichen Regelungen der Baugebote, stets, und auch in einer besonderen Schwerpunktbildung, 1 Vgl. dazu Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A. 2005, Artikel 14 Rn 114 ff. 2 Was unter verschiedenen Gesichtspunkten verfassungsrechtlich gerade bei der Bautätigkeit relevant wird, von den steuerlichen (vgl. Manssen, G., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A. 2005, Art.12 Rn 199 f) bis zu allgemeinen genehmigungsrechtlichen Regelungen (vgl. Manssen, G., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A. 2005, Art.12 Rn 155 ff).

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A. Einleitung: Bedeutung und Untersuchungsweg

betrachten als einen bedeutsamen Bereich der Anwendung und Erprobung verfassungsrechtlicher Sicherungsformen, von Rechtsstaatlichkeit und grundrechtlichen Freiheiten. Die Bedeutung der im Folgenden untersuchten Baugebote erschöpft sich nicht in ihrem praktischen Gewicht gerade in der Gegenwart. Sie sind keine (baurechtliche) Marginalie, sie betreffen vielmehr Regelungsbereiche und Regelungsformen von grundsätzlicher, verfassungsrechtlicher Dimension.

2. Die gesetzliche Ausgangslage Die Bebauung ist, wie kaum ein anderer Bereich privater Tätigkeiten, besonders eingehend gesetzlich geregelt, das Eigentum Privater durch Bauplanungs- wie Bauordnungsrecht beschränkt. Diese Einschränkung(smöglichkeit)en gehen gerade hier so weit, dass vor allem die Baufreiheit Manchem nicht mehr als gesetzlich beschränkt, sondern als durch Gesetz verliehen erscheint3. Hier gilt es daher mit besonderer Sorgfalt verfassungsrechtliche Freiheiten so deutlich wie möglich als Schutzbereiche festzulegen. Darüber hinaus müssen vor allem die staatlichen Eingriffsformen derart präzisiert werden, dass sich ausufernde staatliche Gestaltung beschränken lässt. Beides stellt sich als Aufgabe speziell gegenüber den Baugeboten, mag man sie als eine einheitliche Rechtsfigur oder gar als eine herkömmliche Institution des Baurechts ansehen, oder sie, wie es zum Teil der Praxis entspricht, nur in ihren Einzelausprägungen betrachten. Die Ausgangspunkte aller gesetzlichen Beschränkungen des Bauens liegen im Recht der Bauplanung. Zu ihrer konkretisierenden Durchsetzung, in räumlich meist enger begrenzten Konstellationen, dienen seit der Entfaltung eines modernen Baurechts behördliche Baugebote, welche von den Gemeinden erlassen werden. Diese regeln damit typische „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung“ (Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG)4. Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs sind hierfür spezielle gesetzliche Normierungen ergangen, seit 1960 in bundesrechtlicher und in zunehmend systematisierter Form. Seit über drei Jahrzehnten gilt im Wesentlichen – insgesamt mit wenigen Änderungen kontinuierlich – eine Regelung der Baugebote, welche sich nun im geltenden Recht in § 175 und vor allem in § 176 BauGB findet. Sie ist Gegenstand der folgenden Untersuchung, in deren Mittelpunkt zunächst (C) Ordnungsgegenstände und Adressaten der Baugebote stehen, sodann die rechtsstaatlichen Anforderungen an diese. Ihre Durchsetzung wirft weitere Probleme auf; soweit hier allgemeinere Instrumentarien zum Einsatz gelangen, etwa die Enteignung, werden diese nur mit Blick gerade auf den Untersuchungsgegenstand behandelt. 3

Vgl. dazu naher D. II. ff. Vgl. Löwer, W., in: v. Münch / Kunig (Hg.), GG, 4./5. A. 2001, Art. 28 Rn 33 ff; Dreier, H., in: Dreier (Hg), GG, 2.A. 2006, Art. 28 Rn 110 ff; Ehlers, D., Die verfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, DVBl. 2003, S. 1301 ff. 4

I. Die Bedeutung der Baugebote

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3. Praktische Bedeutung der Baugebote Von besonderem rechtsdogmatischen Interesse sind die Baugebote vor allem deshalb, weil in ihnen eine „typisch private Wirtschaftsaktivität“ durch behördliche Akte nicht (nur) beschränkt, sondern im Rahmen von „Positivverpflichtungen“ hervorgerufen und vielleicht sogar bis in Einzelheiten hinein hoheitlich bestimmt werden kann. Deshalb sollte anzunehmen sein, dass Baugebote unter den städtebaulichen Geboten, welche der Durchsetzung bauplanungsrechtlicher Vorgaben dienen, von besonderem Gewicht sind. Ihre praktische Bedeutung lässt sich aber gegenwärtig weder eindeutig nach Zahl und Auswirkung der Anwendungsfälle erfassen, noch ist sie wohl auf diese beschränkt. a) Anwendungsfälle Untersuchungen, welche allerdings zeitlich weiter zurückliegen5, ergaben, dass nur jede achte Stadt über 20.000 Einwohnern Baugebote erlassen oder vorbereitet hatte, obwohl es damals nicht wenige, auch noch kriegsbedingte Baulücken gab, die auf diesem Weg hätten geschlossen werden können. Später wird berichtet6, dass zwar in gewissen Gemeinden, nicht zuletzt unter dem Druck der Baulandnachfrage, eine aktive kommunale Baugebotspraxis betrieben wurde; es kann jedoch kaum davon ausgegangen werden, dass dies flächendeckend und systematisch, vor allem auch in kleineren Gemeinden, der Fall war. Zwar fehlen exakte, aussagekräftige Zahlen; doch wird auch neuerdings aus der Praxis berichtet, dass dieses Instrument wenig bewirke7. b) Vorfeldwirkungen Das praktische Gewicht der Baugebote wird allerdings mit den Fällen ihrer Durchsetzung nur unvollständig erfasst. Vielmehr entfaltet diese Rechtsfigur eine eigenartige „Vorfeldbedeutung“, welche zwar im Einzelnen schwer fassbar ist, in der Baurechtspraxis aber doch immer wieder eine Rolle spielt, vor allem in zwei Fallkonstellationen: – Ein privater Eigentümer will bauen. Bei Vorerörterungen oder nach Stellung eines Bauantrages (Einreichung einer Bauanzeige) zeigt sich, dass die Gemeinde zwar dem Vorhaben einer Bebauung an sich positiv gegenübersteht, ja an ihm interessiert ist, dabei jedoch gewisse, vielleicht auch sehr weitgehende Voraussetzungen für dessen Realisierung erfüllt sehen möchte; die Gründe dafür könnenvielfältig sein – von Stadtbild und 5

Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik, NVwZ 1984, 425; vgl. Keppel, H., Baulandpotential Baulücken, 1991, S. 151 ff. 6 Dieterich, H. / Buchwald, B., Baugebot als Instrument der Gemeinden, BWGZ 1990, 753 (754); Harke, D., Recht auf Wohnung, Wohnungsmarktsituation und Mietrecht, NDV 1990, 401 (407). 7 Schröer, T., Warum städtebauliche Gebote in der Praxis nichts bewirken, NZBau, 2007, 234 ff.

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A. Einleitung: Bedeutung und Untersuchungsweg

Denkmalschutz bis zu kommunalen Infrastrukturinteressen. Die Kommune wird dann nicht selten die Möglichkeit des Erlasses eines Baugebots „ins Gespräch bringen“, insbesondere wenn der Eigentümer erkennen lässt, dass er von dem Vorhaben ja auch bei zu weit gehenden Auflagen Abstand nehmen könnte. – In wohl noch zahlreicheren anderen Fällen wendet sich ein Eigentümer gegen gewisse behördliche Anforderungen, diese mögen nicht nur das Baurecht, sondern etwa auch das Umwelt- oder das Sicherheitsrecht betreffen. Dann können Bauaufsichtsbehörden versucht sein, ihm Möglichkeiten eines Baugebots – in geeigneter Form – „nahe zu bringen“: er könne dieses aber durch Nachgeben in den strittigen Punkten abwenden. Solche Formen der Druckausübung auf Bauwerber im Vorfeld von Baugeboten sind zwar problematisch, vielleicht gar rechtswidrig, doch sie treten nur selten offen in Erscheinung. Baugebote, mit ihren oft sehr schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen stellen aber immerhin wirksame „Drohkulissen“ dar, vor allem, wenn hinter ihnen auch noch die Möglichkeit einer Enteignung sichtbar wird. Und es kann ja auch durchaus sein, dass die Gemeinde an sich gute Gründe dafür hat, gerade eine solche Bebauung zu verlangen. Insgesamt rechtfertigt es also die aktuelle Bedeutung der Baugebote, nicht zuletzt in Verbindung mit ihrem potenziellen Gewicht in der Praxis, diese Rechtsfigur einer näheren rechtlichen Prüfung zu unterziehen.

4. Der gegenwärtige Stand der rechtlichen Problembehandlung Eine derartige Untersuchung erscheint auch nach dem gegenwärtigen Stand der Problembehandlung als erforderlich: Mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen haben sich bisher (soweit ersichtlich) nur vier höchstrichterliche Entscheidungen8 näher beschäftigt, sowie einige nachgeordnete Gerichte9, deren Erkenntnisse jenen aber nichts Wesentliches hinzufügen. Im Schrifttum haben sich nur wenige Autoren eingehend mit dem Baugebot befasst10, aber in weit zurückliegender Zeit. Alle in der vorliegenden Untersuchung auftretenden, zum Teil grundlegenden Fragen werden weder dort noch in der Kommentarliteratur hinreichend vertiefend behandelt, in welcher weitgehend nur herkömmliche Argumentationen weiter tradiert werden. Im Übrigen beschäftigt sich

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BVerwGE 7, 292; 84, 335; 84, 354; 88, 97. Z.B. OLG Karlsruhe v. 16. 9. 1993 AZ: 4 U 17/93; OLG Nordrhein-Westfalen v. 13. 6. 1997 AZ: 10 E 439/97; VGH Baden-Württemberg v. 20. 7. 2000 AZ: 8 S 177 / 00. 10 Weyreuther, F., Baugebot und Baupflicht, BauR 1974, 7; Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976; Lücke, J., Das Baugebot – ein wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980; Köhler, H., Die Planverwirklichungsgebote als Instrument des Städtebaurechts, 1985. 9

II. Gang der Untersuchung

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die Literatur im Wesentlichen mit Einzelproblemen, ohne dass diese immer in einen größeren, systematischen Zusammenhang gestellt würden11. Vor allem lassen die bisherigen Äußerungen zu den Baugeboten eines vermissen: Die nähere Beschäftigung mit dem Verfassungsrecht des Eigentumsschutzes (Artikel 14 GG). Dieses hat sich aber, seit den früheren Behandlungen der Materie, erheblich weiter entwickelt. Zu erwähnen ist schon hier die Diskussion um die Baufreiheit, die Entfaltung der Privatnützigkeit oder die Abschöpfung von Bodengewinnen. Diese Vorgaben müssen daher für das Recht der Baugebote fruchtbar gemacht werden.

II. Gang der Untersuchung Die Untersuchung versucht, die bisherigen Bemühungen um die rechtliche Erfassung der Baugebote systematisch zusammenzufassen, zu ergänzen und zu vertiefen, vor allem gegenüber den erwähnten bisherigen Formen der Behandlung (I. 3.). Dabei wird zunächst ein Überblick über die Entwicklung geboten, über die historischen Ausgangslagen (B. I., II., III.) wie, insbesondere, die baurechtliche Gesetzgebung nach 1945, in deren Kontinuität das geltenden Gesetzesrecht weitgehend noch immer steht (B. IV.). Der anschließende Hauptteil C. befasst sich mit dem einfachen Gesetzesrecht der Baugebote nach dem Baugesetzbuch (§§ 175, 176). Dabei geht es zunächst um Begriff und planungsrechtliche Anwendungsbereiche der Baugebote (C. I., II.), deren Ordnungsgegenstände (Grundstücke) (C. III.) und Adressaten (C. IV.). Es schließt sich die Behandlung von allgemeinen Grundsätzen an, die bei diesen Ordnungsentscheidungen zu beachten sind, insbesondere als Richtlinien des behördlichen Ermessens (C. V.): Bestimmtheit, Erforderlichkeit, Zumutbarkeit (C. VI.–VIII.). Diese Kapitel zeigen zugleich die einfachgesetzlichbaurechtlichen Konkretisierungen der Rechtsstaatlichkeit. Der Hauptteil C. schließt mit Bemerkungen zur Vollstreckung von Baugeboten (C. IX.) und zum Rechtsschutz (C. X.), aus denen sich auch Einiges zur inhaltlichen Struktur dieser Rechtsfigur ergibt. Ein Hauptteil D. bietet dann eine eingehende Untersuchung der verfassungsrechtlichen Problematik der Baugebote, wobei der Eigentumsschutz im Mittelpunkt steht. Hier soll gezeigt werden, wie diese Materie in die Verfassungssystematik und deren einzelne Kategorien einzuordnen ist. Daraus ergeben sich spezifisch grundrechtliche Akzentuierungen der bereits dargestellten einfachgesetzlichen Ausprägungen, welche deren bedürftig, aber auch dafür offen sind. Am Ende stehen Reformüberlegungen (E.). 11 Vgl. z. B. Fislake, H., Das Bauantragsgebot zum Baugebot, NVwZ 1990, 1046 ff.; Bluhm, U., Das Baugebot – ein wirksames Mittel zur Schaffung neuen Wohnraums?, LKV 1994, 50 ff.; Loddenkemper, B., Zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit beim Baugebot, BauR 1985, 489 ff.; Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, ZfBR 1990, 163 ff.

B. Die Entwicklung des Baugebots I. Die historischen Wurzeln des heutigen Städtebaurechts Die Institute des Boden- und Baurechts können in Deutschland auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken1. So kannte bereits das mittelalterliche Baurecht die Baugenehmigung ebenso wie Fälle zwangsweisen Grundstücksentzuges aus Gründen des gemeinen Wohls, also (etwas wie) „Bauverbote als negative Baugebote“.2 Das Baurecht des fürstlichen Absolutismus zählte städtebauliche Pläne3 und staatliche Bausubventionen4 zu seinen üblichen Instrumentarien. Großprojekte beruhten jedoch damals zumeist auf den Entschlüssen der weltlichen oder kirchlichen Herrschaft und wurden mit deren Mitteln auf dem Eigentum der Machtträger, auch Privater, verwirklicht5.

1. Die Entwicklung des Baurechts bis zum 19. Jahrhundert Das mittelalterliche Baurecht war im Rahmen der lehnsrechtlichen Bindungen zwischen Ober- und Untereigentümer von der Baupflicht beherrscht, derzufolge der Beliehene das ihm hingegebene Grundstück kurzfristig zu bebauen und das Gebäude instandzuhalten hatte. Die Nichtbefolgung der Baupflicht zog den Heimfall des Grundstückslehens nach sich6. Das mittelalterliche Baurecht war im Übrigen weithin geprägt von der kommunalen Struktur des Städtebaus7. 1 Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S.7 ff., vgl. zum Überblick Schulte, B., in: Reichel / Schulte (Hg.), Handbuch Bauordnungsrecht, 2004, 1. Kapitel Teil 2 Historische Entwicklung des Baurechts S. 10 ff. 2 Eberstadt, R., Handbuch des Wohnungswesens, 1920, S. 27 ff (55). 3 Pirson, D., Das Baurecht des fürstlichen Absolutismus im hohenzollernschen Franken, 1961, S.88 ff. 4 In diesem Sinne wohl spricht davon, dass sie unter Mitwirkung des Volkes umgesetzt wurden, Pirson, D., Das Baurecht des fürstlichen Absolutismus im hohenzollernschen Franken, 1961, S.147 ff. 5 Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklung des Städtebaurechts, in: FS für Hoppe, 2000, S. 40. 6 Vgl. Gönnewein, O., Die Anfänge des kommunalen Baurechts, in: Kunst und Recht, Festgabe für Fehr, 1948, S. 71 ff. 7 Hoppe, W., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2.A. 2002, S. 8; Eckhardt, K. A., in: Planitz / Eckhardt / Oppitz , Deutsche Rechtsgeschichte , 3.A. 1971, III. Teil, 1 Kap., § 33.

I. Die historischen Wurzeln des heutigen Städtebaurechts

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In der landesfürstlich-absolutistischen Periode des Städtebaus erlebte dieser Städtebau eine Blütezeit; Probleme des Bodenmonopols und der Bodenspekulation konnten durch Eingriffe des Landesherren gelöst werden. So wurden die heute noch das Bild vieler Städte prägenden großflächig angelegten Stadtstrukturen mit ihren großzügigen Schloss- und Parkanlagen auf fürstliches Geheiß hin verwirklicht8. In dieser Entwicklung spielte das Baugebot in Form einer allgemeinen Baupflicht eine erhebliche Rolle. In der Epoche des landesfürstlichen Städtebaus in der frühen Neuzeit verdichteten sich die Formen eines öffentlichen Bauzwangs: unbebaute Grundstücke konnten entschädigungslos enteignet werden, wenn der Eigentümer eine bauliche Nutzung ablehnte9. Bald aber wirkte dann die Fiskustheorie mit ihrer Vorstellung von der Enteignung als Zwangskauf10 : Entschädigung musste gewährt werden.

2. Die Entfaltung eines liberalen Baurechts Eine Wende in der Entwicklung des Baurechts brachte der auch in Deutschland seit dem späten 18. Jahrhundert aufkommende Liberalismus, mit dem nun die Freiheit des Einzelnen in den Vordergrund trat und dementsprechend auch das Grundeigentum weitgehend von Bindungen befreit wurde11. Die Anerkennung eines freien Bodeneigentums in der Französischen Revolution hatte schon 1789 das aristokratische und kirchliche sowie weitere Formen eines sich verdichtenden staatlich-obrigkeitlichen Obereigentums gebrochen12. Die Kodifikation des Preußischen Allgemeinen Landrechts wies einen Weg mit ihrer Definition der Baufreiheit in § 65 I 8, derzufolge „in der Regel jeder Eigentümer seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen, oder seine Gebäude zu verändern wohl befugt sein soll“. Eine schrankenlose Ausnutzung dieser Freiheit hätte jedoch auch nach damaligen Vorstellungen dem Wohl der Allgemeinheit widersprochen: § 66 I 8 bestimmte daher, dass „zum Schaden oder zur Unsicherheit des gemeinen Wesens oder zur Verunstaltung der Städte und öffentlichen Plätze kein Bau und keine Veränderung vorgenommen werden“ dürfen13. 8 Sie entstanden insbesondere in Formen „geometrischen“ Städtebaus in Anlehnung an das Baurecht der antik-römischen Siedlungen („insulae“), in welche aristokratische und fürstliche Bauten integriert wurden. Imponierende Beispiele finden sich in Spanien und Lateinamerika, aber auch in Italien (Turin) oder in Deutschland (Mannheim). 9 Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 367 m. Nachw. 10 Malmendier, B., Vom wohlerworbenen Recht zur verrechtlichten Freiheit, 2001, Erster Teil I 3; Fleiner, F., Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 6./7.A. 1922, § 3 I; allgemein dazu Wieacker, F., Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2.A.1967. 11 Hoppe, W., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2.A. 2002, S.8. 12 Huber, E.-R., Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, 1957, § 1, Deutschland und die Nationalstaatsidee im Zeitalter der französischen Revolution, S. 3 ff; Würtenberger, T., in: Merten / Papier (Hg.) Handbuch der Grundrechte, Bd. 1, 2004, § 2 Rn 7 ff. 13 Schrödter, W., in: Schrödter, BauGB, 7.A. 2006, § 1 Rn 1.

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B. Die Entwicklung des Baugebots

Die Ausbildung der frühliberalen Bodenordnung bis 1850 erfolgte in Deutschland in einer ersten Gesetzgebungsphase durch die vom liberalen Zeitgeist14 geprägten preußischen Reformgesetze der Jahre 1807 bis 1811, repräsentativ für Tendenzen in den anderen deutschen Staaten15 ; diese folgten denn auch dem preußischen Vorbild in unterschiedlichen zeitlichen Abständen16. Wesentlicher Inhalt dieser Gesetze war die sog. „Bauernbefreiung“,17 d. h. die Ermöglichung freien Erwerbes und erleichterten Besitzes von Grundeigentum in persönlicher Freiheit durch die Landbevölkerung. Im Vordergrund stand dabei zwar die Entwicklung der ländlichen Bodenordnung18, die preußischen Reformgesetze entfalteten jedoch ihren Einfluss auch auf dem städtischen Parallelsektor. Die zweite Phase bodenordnender Gesetzgebung in Preußen begann mit dem Gesetz betr. Ablösung der Reallasten und dem Rentenbankgesetz, beide vom 2. März 1850. In ihnen sollte die Gewährleistung freien Eigentums, wie sie nun in der Preußischen Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 enthalten war19, in Einzelausgestaltungen festgelegt werden. Mit diesen Gesetzen wurde das Grundeigentum endgültig von den Bindungen des Ancien Rgime befreit.20 Damit ergab sich die Notwendigkeit einer Entwicklung des Baurechts zum Bauplanungsrecht. Der rasche Anstieg der Bevölkerungszahl führte in Deutschland zu einer Einwohnerkonzentration in städtischen Ballungszentren21. Ziel und Aufgabe des Städtebaus, vor allem in der sog. Gründerzeit, war es daher, möglichst viele Woh14

Grundlagen wurden bereits in der Rechtslehre Kants gelegt, sowie in den nationalökonomischen Lehren aus der Schule Adam Smiths; der Code Civil nahm dies weithin auf, vgl. Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S. 8. 15 Dreier, W., Raumordnung als Bodeneigentums- und Bodennutzungsform, 1968, S. 31. 16 Vgl. Frh. v. d. Goltz, T., Auswirkungen der Stein-Hardenbergschen Agrarreform im Laufe des 19. Jahrhunderts, 1936, S.160; derselbe in: Geschichte der deutschen Landwirtschaft, Bd. II, 1903, 1, S.141 ff; Die bayerische Gesetzgebung und Verwaltung im Bereich der Landwirtschaft, hrsg. v. Generalkomitee des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern, München 1862. 17 Dieser Begriff hat sich erst seit dem 1887 erschienenen Werk von Knapps, G.F., Die Bauernbefreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den älteren Teilen Preußens, durchgesetzt. Die zeitgenössische Gesetzgebung spricht von Regulierung, Grundentlastung, Aufhebung, Ablösung. Vgl. Elster / Ludwig, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 1899, Band II S.541 ff; vgl. dazu auch Huber, E.-R., Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, 1957, § 14 I, „Die Bauernbefreiung“ m.w.Nachweisen. 18 Vgl. dazu Lette, A. / v. Rönne, L., Die Landes-Kultur-Gesetzgebung des Preußischen Staates, Bd. 1 und 2, 1853 und 1854. 19 Art. 9 der Verfassung vom 31. Januar 1850 (Pr.GS. S. 17): „Das Eigentum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles gegen vorgängige, in dringenden Fällen wenigstens vorläufig festzustellende Entschädigung durch Gesetz entzogen oder beschränkt werden.“ 20 Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S. 13. 21 Zwischen 1850 und dem Beginn des ersten Weltkrieges stieg die Bevölkerungszahl von 35,4 Mio. auf 67 Mio. an, vgl. Lütge, F., Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 1960, S. 400, 423, 445 f.

I. Die historischen Wurzeln des heutigen Städtebaurechts

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nungen auf engem Raum für die vom Land in die Stadt strömenden Arbeitskräfte zu schaffen sowie Gebäude für Industrie und Handel. Zunächst war dabei das Baurecht weithin von Regelungen zur Gefahrenabwehr beherrscht; im Jahre 1875 brachte dann das Preußische Gesetz betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften (PrFluchtlG) erstmals eine Unterscheidung zwischen Bauplanungsrecht (Städtebaurecht) und Baupolizeirecht22. Gleichzeitig gingen damit erhebliche Kompetenzbereiche der Städtebaulichen Planung auf die Gemeinden über.23 Diese wurden zugleich durch die Einführung von generellen Bauverboten und Anliegerbeitragspflichten der Eigentümer der durch diese Baugenehmigungen, verbunden mit gemeindlichen Infrastrukturmaßnahmen, begünstigten Grundstücke entlastet. Die Ansiedelungsgesetzgebung von 1876 sah erstmals eine Genehmigungspflicht für die Errichtung neuer Wohngebäude im Außenbereich vor24. In dieser planungsrechtlichen Entwicklung blieb formal die Einheit des Vollzuges durch die Baupolizei erhalten. Materiell stellte das Kreuzbergurteil des PrOVG vom 14. Juni 188225 klar, dass die Baupolizei die Baufreiheit nur beschränken dürfe, um Gefahren anzuwehren.

3. Abschwächung und Entfallen der Baupflicht Sowohl für städtische als auch für ländliche Grundstücke hatte das Allgemeine Landrecht vom 5. 2. 1794 in den §§ 36 ff I, 8 in Verb. mit §§ 60 ff. I, 8 ALR26 ein Baugebot für „Gebäude,…, die an Straßen oder öffentliche Plätze stoßen27,..“ vorgesehen. Demnach war „die Obrigkeit“ berechtigt „den nothwendigen Bau auf seine (des Eigentümers) Kosten zu veranstalten“ (§ 39 I 8 ALR). Das Baugebot für ländliche Grundstücke in den §§ 60 ff I 8 ALR i.V.m. 36 ff. I 8 ALR28 galt jedoch als Hoppe, W., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht 2.A. 2002, S. 9. Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklung des Städtebaurechts, in: FS für Hoppe, 2000, S. 41. 24 Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S. 21. 25 PrOVG v. 14. 6. 1882 – II. B.23/82 – PrOVGE 9,353 ff (auch abgedruckt in RVBl. 1985,219 ff). 26 § 38 I 8 ALR: „Vernachläßigt er diese Pflicht dergestalt, dass der Einsturz des ganzen Gebäudes, oder eine Gefahr für das Publikum zu besorgen ist, so muß die Obrigkeit ihn zur Veranstaltung der nothwendigen Reparatur, innerhalb einer nach den Umständen zu bestimmenden billigen Frist, allenfalls durch Zwangsmittel anhalten.“; § 39 I 8 ALR „Sind diese fruchtlos, so ist die Obrigkeit den nothwendigen Bau auf seine Kosten zu veranstalten berechtigt.“ 27 § 36 I 8 ALR: „Noch weniger dürfen, ohne Erlaubnis, Gebäude in den Städten, die an Straßen oder öffentliche Plätze stoßen, zerstört oder vernichtet werden.“; § 37 I 8 ALR: „Dergleichen Gebäude muß der Eigenthümer, so weit es zur Erhaltung der Substanz und Verhütung alles Schadens und Nachtheils für das Publikum notwendig ist, in baulichem Stande unterhalten.“ 28 § 60 I 8 ALR: „Was von städtischen Grundstücken verordnet ist, gilt auch von Grundstücken auf dem Lande, die als eigne für sich bestehende Stellen oder Nahrungen in den Steueroder Lagerbüchern eingetragen sind.“ ; § 61 I 8 ALR: „Wenn also der Eigenthümer ein solches 22 23

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B. Die Entwicklung des Baugebots

durch das Landeskulturedikt v. 14. September 181129 aufgehoben30. Für städtische Grundstücke wurde dessen Fortgeltung zwar durch die Regierung bestätigt,31 aber zunehmend auf Gefahrenfälle eingeschränkt, so dass schließlich von einem Neubaugebot nichts mehr übrig blieb. Wurde die Baupflicht der Besitzer leerer Hausstellen in einem Erlass des Innenministers von 182032 noch in vollem Umfang anerkannt, so wurden in einem Reskript von 182933 schon Billigkeitserwägungen gegen die Durchsetzung der Baupflicht berücksichtigt. 1897 wurde das Gebot bereits ausschließlich als Konkretisierung der allgemeinen polizeilichen Generalklausel verstanden34. Damit war die Baupflicht, die immerhin ein nicht unwichtiges Element des absolutistischen Baurechts darstellte35, praktisch entfallen. Ergebnis: Im Mittelalter gab es Baugebote im Rahmen des Lehnsrechts und der Ordnung des kommunalen Städtebaus; zur Zeit des Absolutismus wurden großzügige Bebauungen hoheitlich erzwungen. Vor allem mit dem Preußischen Allgemeinen Landrecht setzte sich aber die Baufreiheit durch, in der Folgezeit verstärkt unter dem Einfluss des Liberalismus. Zwar entfaltete sich ab 1850 das Baurecht (auch) als Bauplanungsrecht; frühere Baupflichten wurden jedoch zunehmend abgeschwächt, zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten sie kaum mehr eine Rolle.

II. Die Entwicklung des Baugebots in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Mit der Weimarer Reichsverfassung (Art. 153) wurde eine neue (Rahmen)-Ordnung für das Eigentum geschaffen. Der Eigentumsbegriff der Verfassung umfasste, nach seiner von Martin Wolff36 begründeten Erweiterung, die sich bald in Literatur und Rechtsprechung durchsetzte, sogar alle vermögenswerten Rechte37, insbesondere Grundstück dergestalt in Verfall geraten lässt, dass davon die öffentlichen Aufgaben und Präsentationen nicht mehr entrichtet werden können, so ist die Obrigkeit damit eben so, wie bey den städtischen Grundstücken vorgeschrieben, zu verfahren berechtigt.“; § 62 I 8 ALR: „Ein Gleiches findet statt, wenn der Eigenthümer die zum Gute nothwendig erforderlichen Gebäude, ohne welche dasselbe nicht bewohnt, oder nicht bewirtschaftet werden kann, eingehen lässt.“ 29 Pr.GS. S.300. 30 v. Rönne, L./ Simon, H., Die Bau-Polizei des Preußischen Staates, 1846, S. 532 Anm.1; zweifelnd Baltz, C., Preußisches Baupolizeirecht, 4. Auflage 1910, S.95 Anmerkung 10. 31 Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S.17. 32 Abgedruckt bei v. Rönne, L. / Simon, H., Die Bau-Polizei des Preußischen Staates, 1846, S. 520. 33 v. Rönne, L. / Simon, H., Die Bau-Polizei des Preußischen Staates, 1846, S. 534. 34 Baltz, C., Preußisches Baupolizeirecht, 1. Auflage 1897, S. 36 ff. 35 Pirson, D., Das Baurecht des fürstlichen Absolutismus im hohenzollernschen Franken, 1961, S.107 ff. 36 Wolff, M., Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe für Kahl, 1923, S. 3 ff. 37 Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S. 44.

II. Die Entwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

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aber weiterhin das Grundeigentum. In der Formulierung „Eigentum verpflichtet“ fand sich eine – wenn auch sehr allgemeine – Orientierung für eine Gesetzgebung, aus welcher sich nun „Inhalt und Schranken des Eigentums“ ergeben sollten. Damit war Raum für eine Bauplanung, welche den allgemeinen Bedürfnissen der Bevölkerung durch Lenkung der Bereitstellung von Bauland entsprechen konnte, damit der Gebrauch des Bodeneigentums, nach dem Verfassungswortlaut, „zugleich Dienst für das gemeine Beste“ sei. Dieses Gemeinwohl verlangte in der Tat nach bodenordnenden Maßnahmen des Staates. Bereits vor Kriegsende hatte das Preußische Wohnbaugesetz38 eine Entwicklung in Richtung auf eine umfassende städtebauliche Planung eingeleitet39, über eine Abwehr von Gefahren und eine Vermeidung von Verunstaltungen hinaus.

1. Erste Nachkriegszeit Um der nach dem Krieg sich verstärkenden Notlage entgegenzuwirken, erging 1919 die Verordnung zur Behebung dringender Wohnungsnot, die eine vereinfachte Enteignung von Bau- und Gartenland für Klein- und Mittelwohnungen ermöglichte.40 Die Gesetzgebungskompetenz für das Bau(planungs)recht stand nach der Weimarer Reichsverfassung dem Reich und den Ländern in Form einer Rahmengesetzgebung zu41. Versuche, die Vielzahl von baurechtlichen Regelungen, Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Einzelfallentscheidungen in einem Gesamtwerk zusammenzuordnen, scheiterten jedoch mehrmals, auf Landes-42 wie auf Reichsebene43. Eine spezielle Regelung des Institutes des Baugebotes fand sich im preußischen Städtebaugesetz nicht mehr. Damit blieb die Rechtsfigur Baugebot auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg bedeutungslos44.

38 PreußWohnbaugesetz v. 28. 3. 1918, PrGes 1918, Nr. 9 ; vgl. auch Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklung des Städtebaurechts, in: FS für Hoppe, S. 43. 39 v. Strauss u. Thorney, H. / Sass, C., Straßen- und Baufluchtgesetz Kommentar, 6.A. 1920, S.22 f. 40 Hoppe, W. in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2.A. 2002, S.11. 41 Art. 10 I Nr. 4 Weimarer Reichsverfassung vom 11. 8. 1919. 42 So der Entwurf eines Preußischen Städtebaugesetzes 1926, auch in seiner zweiten geänderten Fassung 1929. 43 Vgl. den Referentenentwurf für ein Reichsstädtebaugesetz 1931. 44 Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S.367.

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B. Die Entwicklung des Baugebots

2. Baurecht unter dem Nationalsozialismus In nationalsozialistischer Zeit griff man planungsrechtlich weitgehend auf die vorbereitenden Arbeiten der Weimarer Republik zurück. Die Planung verlagerte sich jedoch von der gemeindlichen Basis hin zu zentralen Planungsinstanzen45. Für den Städtebau war das Reichsarbeitsministerium zuständig. Mit der Bauregelungsverordnung von 1936 wurde erstmals eine Regelung geschaffen, mit der reichseinheitlich dem ungeordneten Bauen durch ein systematisches Planungsrecht begegnet werden sollte. Sie ermöglichte es, durch Polizeiverordnung Baugebiete auszuweisen, ihre Abstufung zu regeln und durch Bauverbote im Außenbereich auf eine „geordnete Entwicklung des Gemeindegebietes“ hinzuwirken46. Einzelne Bestimmungen47 der BauRegVO galten bis zum Inkrafttreten der BBauG 1960 weiter, da sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht Ausdruck nationalsozialistischer Ideen waren, sondern einer aus langjähriger Erfahrung gewonnenen, modernen städtebaulichen Gesichtspunkten Rechnung tragenden Erkenntnis48. Die Regelungen der BauRegVO stellten eine zulässige Beschränkung des Eigentumsinhalts dar49. Besondere Bedeutung erlangte das im Hinblick auf die großflächigen Neukonzeptionen der nationalsozialistischen Bauprojekte 1937 erlassene Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte50. Ziel war es, „als äußeres Zeichen für diese große Epoche der Wiederauferstehung unseres Volkes“ den planmäßigen Ausbau einiger großer Städte zu betreiben, wie es der Generalinspektor für die Reichshauptstadt Albert Speer in seinem Vorwort zum Kommentar über das Gesetz zur Neugestaltung deutscher Städte formulierte51. Im Mittelpunkt stand der Ausbau der Städte Berlin, Nürnberg, Hamburg, München und der „Volkswagenstadt“ Wolfsburg. Nach § 2 I dieses Gesetzes konnte das Grundeigentum entzogen oder beschränkt werden, soweit es zur Durchführung einer städtebaulichen Maßnahme nach diesem Gesetz erforderlich war. Wann das Gesetz Anwendung finden sollte, bestimmte nach § 1 II der Führer und Reichskanzler. Das Verfahren der Enteignung war im Einzelnen in den §§ 8 ff geregelt. Auf diesem Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass das Baugebot im Gesetz zur Neugestaltung deutscher Städte einen besonderen Platz eingenommen hätte, da es eine einfache Möglichkeit eröffnet hätte, größere Bauvorhaben aufeinander abzustimmen und die jeweiligen Grundeigentümer zur Bebauung ihres Grundstücks zu 45

Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, S. 56. Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklung des Städtebaurechts, in: FS für Hoppe, S. 45. 47 So z. B. § 3 BauRegVO bzgl. des Bauens in sog. Außengebieten. 48 BVerwG Beschl. v. 15. 6. 1954 – I B 260.53 – Buchholz § 3 BauRegVO Nr. 1. 49 BVerwG Beschl. v. 15. 6. 1954- I B 260.53 – BBauBl. 1954, 442. 50 Hoppe, W. in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2.A. 2002, S.11. 51 Speer, A. in: Fränk, G. / Hempfing, W., Kommentar zum Gesetz vom 4. Oktober 1937, 1939, I 1 S.1. 46

III. Die Baupflicht in den Aufbaugesetzen

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verpflichten, ohne eine Enteignung durchzuführen, die auch nach diesem Gesetz mit erheblichem Begründungsaufwand und nicht geringen Kosten verbunden gewesen wäre. Erstaunlicherweise findet sich jedoch dort keine Vorschrift über ein Baugebot, sondern nur zur Enteignung, bei der der Grundeigentümer nicht gezwungen wurde, das Grundstück selbst zu bebauen, sondern es gegen eine angemessene Entschädigung52 abzugeben. Allerdings bot § 2 II des Erlasses über einen Generalbaudirektor für die Reichshauptstadt vom 30. Januar 1937 eine Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen und Anordnungen, die zur einheitlichen Gestaltung von das Stadtbild beeinflussenden Parkanlagen, Straßenzügen und Bauten als notwendig erachtet wurden. Dabei wurde in der Kommentierung ausdrücklich die Schließung von Baulücken als eine solche Maßnahme genannt53. Unklar blieb jedoch, ob dies durch die Eigentümer auf Grund eines Baugebotes erfolgen sollte, durch Ankauf von Grundstücken durch die öffentliche Hand oder im Wege der Enteignung. Insgesamt hat also das Baugebot auch in der Zeit des Nationalsozialismus keine Bedeutung erlangt, da die Durchführung von (großen) Bauvorhaben im Konfliktfall im Wesentlichen durch Enteignungen ermöglicht wurde. Der tiefere Grund dürfte aber darin liegen, dass es eben eine Rechtsfigur „Baugebot“ als solche mit baurechtlicher Tradition nicht gab, dass insbesondere eine solche in der historischen Entwicklung bislang nicht als eine „mildere Eingriffsform“ im Namen der rechtstaatlichen Erforderlichkeit entfaltet worden war. Ergebnis: Trotz des Wohnungsnotproblems in der ersten Nachkriegzeit blieb das Baugebot als Rechtsfigur zur Zeit der Weimarer Republik bedeutungslos. Auch unter dem Nationalsozialismus wurde es nicht eingesetzt, schon weil große Bauprojekte im autoritären Staat durch (Drohung mit) Enteignung durchgesetzt werden konnten.

III. Die Baupflicht in den Aufbaugesetzen 1. Allgemeine Aufbausituation der Nachkriegszeit und Baugebote Nach dem zweiten Weltkrieg standen Städte und Gemeinden baulich weithin vor einem völligen Neubeginn. Da es an einer einheitlichen Regelung in Deutschland fehlte, wurden in den westdeutschen Ländern, mit Ausnahme von Bayern54, Berlin55

§ 10 I Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte. Fränk, G. / Hempfing, W., Kommentar zum Gesetz vom 4. Oktober 1937, 1939, II 1 S.4. 54 Der in Bayern im Jahre 1950 ausgearbeitete Entwurf eines umfassenden bayerischen Baurechts wurde im Hinblick auf eine erwartete bundeseinheitliche Regelung zurückgestellt. 55 In Berlin wurden nur die ersten beiden Teile einer vorbereitenden Gesamtregelung des Baurechts beraten und verabschiedet (Plenargesetz vom 22. 8. 1949, VOBl. I S.301, Baulandumlegungsgesetz vom 3.3. 1950, VOBl. I S. 71). 52 53

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B. Die Entwicklung des Baugebots

und Bremen, in den Jahren 1948 bis 1950 zunächst sog. Aufbaugesetze erlassen56, wobei die einzelnen Länder jeweils für ihr Gebiet von ihrem Gesetzgebungsrecht, nach 1949 ihrer Gesetzgebungskompetenz, Gebrauch machten. In diesen Normwerken wurde die Aufbauplanung als Selbstverwaltungsangelegenheit den Gemeinden übertragen. In den Aufbaugesetzen wurde das für lange Zeit aus der Praxis verschwundene Baugebot wieder aufgenommen57. Dies geschah in den §§ 62, 63 HambAufbauG, §§ 46 ff. HessAufbauG, §§ 52 ff NiedersAufbauG, § 49 Nordrhein-WestfAufbauG, §§ 64 ff. Rheinland-PfälzAufbauG und §§ 66 ff. Schlesw-HolstAufbauG. Uneinheitlich wurde allerdings die Bedeutung beurteilt, die diesen wiedereingeführten Baugeboten zukam. Spricht Pathe 1950 von einer „erheblichen Wichtigkeit“ der Baugebote beim Wiederaufbau der Städte58, so stellt Weyreuther später fest, dass sie keine namhafte Rolle spielten59, da sich ihrer Durchführung in der Praxis doch Schwierigkeiten entgegengestellt hätten60. Vor allem die damaligen Grundeigentümer in den Innenstädten zerstörter Städte standen in der Tat vor einem Dilemma: Einerseits lag es in ihrem Interesse, die Grundstücke wieder zu bebauen, da sie nur dann Ertrag bringen konnten61; insoweit hätte es aber des Zwanges eines Baugebotes nicht bedurft, da davon auszugehen war, dass die meisten Eigentümer ihre Grundstücke schon aus eigenen Stücken wieder hätten bebauen oder zu diesem Zweck verkaufen wollen. Andererseits war in dieser Zeit das Bauen zwar nach heutigen Maßstäben preisgünstig, jedoch mangelte es in der Nachkriegszeit häufig an den erforderlichen finanziellen Mitteln. Entscheidend war also meist, ob es einem Eigentümer gelang, über einen Kredit den Wiederaufbau zu finanzieren. Die Bedingungen der Kapitalbeschaffung für Private und andere Interessenten, etwa gemeinnützige Baugesellschaften, waren sehr unterschiedlich62. In dieser Situation kam es nicht selten dazu, dass ein Eigentümer sein Grundstück längere Zeit nicht bebaute, so dass aus städtebaulichen Gründen ein Baugebot erforderlich erschien, um die vorhandenen Baumöglichkeiten gerade dort zu nutzen, wo dies zur Linderung der Wohnungsnot dringend war63. Daher wurden sogar Bauverbote64 in Gebieten außerhalb dieser not-

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Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklung des Städtebaurechts, in: FS für Hoppe, S. 48. Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 3. 58 Pathe, K., Die westdeutschen Aufbaugesetze, DVBl. 1950, 33 (37). 59 Weyreuther, F., Baugebot und Baupflicht, BauR 1974, 7. 60 So noch in der 3.A. Schrödter, H., in: Schrödter, Bundesbaugesetz, 3.A. 1973, § 86 Rn 8. 61 Pathe, K., Die westdeutschen Aufbaugesetze, DVBl. 1950, 33 (35). 62 Reinhardt, R., Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 54. 63 Vgl. Göderitz, J. im Vorwort zu Göderitz / Blunck, Kommentar zum Aufbaugesetz von Niedersachen, 1950, S. 25. 64 Vgl. § 55 Niedersächisches AufbauG. 57

III. Die Baupflicht in den Aufbaugesetzen

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wendigen Schwerpunkt-Zonen vorgesehen, um zu erreichen, dass jedenfalls alle dringlichen Bauvorhaben durchgeführt werden konnten65. So ergab sich in der Zeit der Aufbaugesetze eine nicht unerhebliche Bedeutung der Baugebote. Maury etwa spricht daher in seiner Kommentierung des Hessischen Aufbaugesetzes von einer „fühlbaren Lücke“, die mit der Wiedereinführung des Baugebotes geschlossen werde66 ; nur so sei es insbesondere möglich (gewesen), eine Ausnutzung des teilweise mit hohen Erschließungskosten bereitgestellten Baulandes zu erreichen. Durch den Krieg waren zu den vorhandenen Baulücken noch weitere hinzugekommen, und nun „fordert(e) die Verarmung gebieterisch“, das in Kellerfundamenten, Straßen, Versorgungsleitungen, Verkehrsmitteln bereits investierte Kapital möglichst auszunutzen, ehe man sich zu Neuinvestitionen entschließe. Insbesondere müssten Eigentümerinteressen beim Wiederaufbau kriegszerstörter Häuser hinter dem zwingenden öffentlichen Bedürfnis, Wiederaufbaumöglichkeiten auszunutzen, zurückstehen, wenn sich solche durch Aktivitäten bauwilliger Dritter böten. Dies sei keine unbillige Belastung der ohnehin schon Kriegsgeschädigten, sondern ein öffentliches Anliegen67. Die Bedeutung des Baugebotes betont auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner einzigen Entscheidung zum Baugebot aus dieser Zeit: In ihr weist es auf die geschichtliche Tradition dieses Rechtsinstituts hin68 und stellt fest, dass gegen § 46 I Nr. 6 des HessAufbauG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden: Die Baupflicht sei vom hessischen Gesetzgeber als Inhaltsbestimmung des Eigentums verstanden worden, es liege kein wertmindernder Eingriff in die Substanz des geschützten Vermögensbestandes des Eigentums vor, da beim Eigentümer mit der Errichtung der Bauteile ein Vermögenszuwachs und damit in aller Regel eine Erhöhung seiner Einnahmen entstehe69. Hier klangen also bereits Überlegungen an, die auch später begegnen werden.

2. Einzelne Baugebote in den Aufbaugesetzen Die Aufbaugesetzgebung ist Vergangenheit. Ihre Einzelregelungen zu den Baugeboten zeigen aber erste allgemeine Lösungsansätze zu dieser Rechtsfigur als solcher.

65 Göderitz, J. im Vorwort zu Göderitz / Blunck, Kommentar zum Aufbaugesetz von Niedersachen, S. 25. 66 Maury, K., Kommentierung des Hessischen Aufbaugesetzes vom 25. Oktober 1948, 1949, S. 137. 67 Reinhardt, R., Verfassungsschutz des Eigentums, S.55. 68 BVerwGE 7, 297 (299). 69 Vgl. BVerwG (FN 68).

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B. Die Entwicklung des Baugebots

a) §§ 46 ff HessAufbauG In § 46 HessAufbauG vom 25. Oktober 1948 war nicht von einem Baugebot, sondern von einer Baupflicht die Rede (Absatz I Nr. 4 und 5), welche auch das Instandsetzungsgebot in Absatz I Nr. 1 und 2 und das Beseitigungsgebot in Absatz I Nr. 3 umfasste. Dabei wurde in I Nr. 1 vor allem rein ästhetischen Gesichtspunkten Rechnung getragen. Das Baugebot bezog sich auf Baulücken oder auf Grundstücke, die im Enteignungs- oder Umlegungsverfahren zugewiesen wurden, oder die der Eigentümer im Wege eines Vorkaufsrechts erworben hatte; er musste, wenn ein Baugebot an ihn erging, das Gebäude entsprechend den baurechtlichen Vorschriften errichten, so dass das Gebot als Durchsetzung allgemeiner Planungskonformität wirkte. Insbesondere konnte einem Eigentümer aufgegeben werden (§ 46 Absatz I Nr. 5), eine zerstörte oder beschädigte bauliche Anlage wiederaufzubauen, um deren gefahrlose Nutzbarkeit zu ermöglichen; hier stand also (noch) die frühere baupolizeiliche Zielsetzung im Vordergrund. Gegenüber der Instandsetzung nach I Nr. 2 hatte das Gebot des Wiederaufbaus jedoch weiterreichende Folgen: Kam der Eigentümer dieser Aufforderung der Gemeinde nicht nach, so konnte die Fläche gemäß § 49 enteignet werden. Bei Instandsetzung konnte er dagegen sein Grundstück behalten und musste lediglich die Instandsetzungskosten gemäß § 47 tragen. Die Unterscheidung zwischen Ausbau und Instandsetzung war also keineswegs klar, hatte aber für den Eigentümer gravierende Konsequenzen70. Nach § 46 III mussten alle diese Anordnungen unterbleiben oder waren aufzuheben, wenn die „bauwirtschaftlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der Baupflicht“ fehlten. Damit sollten insbesondere die Kapazitäten der Bauwirtschaft in dem betreffenden Gebiet berücksichtigt werden. Formal hatte das Baugebot eine angemessene Zeit71 zu bestimmen und war zuzustellen72. Kam der Eigentümer der Aufforderung nicht nach, so konnte das Grundstück enteignet werden73. Dies galt jedoch nicht (§ 49 Absatz II), wenn ein Kriegsschaden den ursprünglichen Gebäudewert um weniger als 25 % minderte; in diesen Fällen finanzierte die Gemeinde gegen Hinterlegung und Eintragung einer Sicherungshypothek die Kosten der baulichen Maßnahmen (§ 48 Absatz II)74. Der Eigentümer sollte bei nur geringen Kriegsschäden am Gebäude im Falle der Nichtbefolgung des Baugebotes nicht durch die Enteignung seines Grundstückes belastet werden, was Folge eines Baugebots hätte sein können. Insgesamt galt damit in Hessen also ein weit reichendes Baugebot, dessen Anwendung sich auch nicht auf Kriegsfolgen beschränkte. Seine tatsächlichen Zwangswir70 Vgl. dazu insgesamt Maury, K., Kommentierung des Hessischen Aufbaugesetzes vom 25. Oktober 1948, S. 137 ff. 71 § 46 I HessAufbauG. 72 § 46 II HessAufbauG. 73 § 49 HessAufbauG. 74 Maury (FN 31) hielt diese Regelung für verfehlt, da der Schadensgrad zu hoch festgelegt sei, S. 142.

III. Die Baupflicht in den Aufbaugesetzen

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kungen hielten sich allerdings angesichts der sich rasch verbessernden wirtschaftlichen Verhältnisse in engen Grenzen. b) §§ 52 ff NiedersAufbauG Das kurz nach dem hessischen Gesetz erlassene Niedersächsische Aufbaugesetz vom 9. Mai 1949 verstand unter „Anordnungen von Baumaßnahmen“ (§ 52) ebenfalls das Baugebot und das Instandsetzungsgebot. Beides war nur zulässig, wenn die erforderlichen Straßen und Versorgungsleitungen hergestellt waren, oder dies zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Bauten sichergestellt war75. Ein Baugebot musste überdies in den Erläuterungen zum Durchführungsplan (§ 10 III Niedersächsisches AufbauG) vorgesehen sein. Ein öffentliches Interesse für die Anordnung musste bestehen, und die persönlichen Belange des Betroffenen waren zu berücksichtigen (§ 32 der Ersten Durchführungsverordnung zum Aufbaugesetz vom 17. Juni 1949). In Niedersachsen wurde also deutlicher auf die Belange des Eigentümers abgestellt als in Hessen. Der Eigentümer konnte im Verwaltungsstreitverfahren vorbringen, dass zwingende Voraussetzungen nicht eingehalten seien, kein öffentliches Interesse bestehe, oder eben seine persönlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt worden seien76. Diese waren nicht näher bestimmt, umfassten aber wohl (auch) die Finanzierungsmöglichkeiten im konkreten Fall. Der hessischen Regelung entsprachen der Begriff der Baulücke77, die Folgen von Instandsetzung und Wiederaufbau78 wie auch die formalen Anforderungen79. c) §§ 49 ff Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen Der Abschnitt „Baugebote“ (§§ 49 ff. des Aufbaugesetzes von Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1950) entsprach weithin den §§ 52 ff Niedersächsisches AufbauG80. Auch diese Regelung setzte einen Durchführungsplan voraus und sah für Instandsetzung und Aufbau unterschiedliche Rechtsfolgen vor. Der Grundeigentümer musste die baulichen Maßnahmen nur durchführen, soweit diese nach denselben Grundsätzen wie gleichwertige andere Bauvorhaben gefördert 75

§ 52 II i.V.m § 50 II NiedersAufbauG. Göderitz, J. im Vorwort zu Göderitz / Blunck, Kommentar zum Aufbaugesetz von Niedersachen S. 317. 77 Vgl. Göderitz, J. im Vorwort zu Göderitz / Blunck, Kommentar zum Aufbaugesetz von Niedersachen S. 319; Maury, K., Kommentierung des Hessischen Aufbaugesetzes vom 25. Oktober 1948, S. 139. 78 Vgl. dazu § 53, 54 Niedersächsisches AufbauG. 79 Angemessene Frist § 52 I, Zustellung § 50 III, vgl. Göderitz, J. im Vorwort zu Göderitz / Blunck, Kommentar zum Aufbaugesetz von Niedersachen, S.315. 80 Vgl. zu Einzelheiten Ernst, W., Kommentar zum Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen, 1953, S. 245 ff. 76

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B. Die Entwicklung des Baugebots

wurden81 und ihre tragbare Finanzierung gewährleistet war82. Die Gemeinde hatte dem betroffenen Grundeigentümer aber nicht selbst die Mittel für das Vorhaben zur Verfügung zu stellen, sondern nur für eine Bereitstellung der Mittel – gleichgültig durch wen – zu sorgen83. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen konnten die Forderung nach Einsatz von Eigenkapital rechtfertigen. Diese harte Regelung, welche den Leistungsfähigen schlechter stellte, wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen, obwohl er es nicht für gerecht hielt, dem Einzelnen Baugebote aufzuerlegen, wenn ihm nicht die gleichen Bedingungen für das betreffende Vorhaben verschafft würden wie den Trägern anderer vergleichbarer Vorhaben. Andererseits hätte eine Baupflicht ohne Berücksichtigung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu einer erheblichen Verdichtung der Besitzverhältnisse innerhalb der Bevölkerung und damit zu ernsten (sozial-) politischen Folgen führen können84. Eine allgemeine Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Eigentümers war jedoch, im Gegensatz zum Niedersächsischen AufbauG, nicht vorgesehen. Ergebnis: Die Aufbaugesetze der Länder nach 1945 bringen erstmals flächendeckende und näher geregelte Baugebote – im Wesentlichen für kriegsbedingte Schäden – unter Enteignungsandrohung. Eigentümerbelange, insbesondere Finanzierungsund Durchführungsmöglichkeiten, waren zu berücksichtigen, ohne dass dabei allerdings eine systematisch-einheitliche Grenze der (Un-)Zumutbarkeit erkennbar wäre. Nach Regelungssystematik wie in manchen Einzelheiten, insbesondere zum Verfahren, finden sich hier Ausgangspunkte für spätere Entwicklungen.

IV. Die Entwicklung des Baugebots im Bundesbaurecht Das Baugebot ist erst durch das Bundesbaurecht85 nach 1949 in seiner gegenwärtig geltenden Form entwickelt worden. Dabei hat es sich in wenigen Schritten entfaltet, ohne Änderungen oder Ergänzungen von grundsätzlicher Bedeutung. Insgesamt zeigt sich eine klar kontinuierliche gesetzgeberische Entwicklung.

81

Wegen der verschiedenen Arten der Förderung vgl. § 2 des 1. Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 – BGBl- I S. 83. 82 § 49 NordrheinWestfAufbauG. 83 So Ernst, W., Kommentar zum Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen, S. 246. 84 So Ernst (FN 94). 85 Zu dessen Entwicklung vgl. allg. Ehebrecht-Stüer, E.-M., Entwicklungen des Städtebaurechts, FS für Hoppe, 2000 , S. 39 ff; darin zum BBauG 1960 S. 49 ff, zu dessen Novellierung 1976 S. 55 ff, zum BauGB 1986 S. 60 ff., zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaugesetz 1993 S. 64 ff.

IV. Die Entwicklung des Baugebots im Bundesbaurecht

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1. Bundesbaugesetz 1960 Einen ersten bundesrechtlichen Schritt in Richtung auf ein Baugebot brachte das Bundesbaugesetz86, auf der Grundlage von Referentenentwürfen für ein „Reichsstadtsbaugesetz“ von 1931 und ein „Deutsches Baugesetz“ aus dem Jahre 194287. Dort wurde in § 59 Absatz 5 für Sanierungsgebiete die Möglichkeit aufgenommen, Grundstücke mit der Auflage einer Baupflicht zuzuteilen88. Dies galt aber nur in begrenzten Fallkonstellationen: Lediglich im Rahmen der Umlegung und beschränkt auf Sanierungsgebiete konnte die Gemeinde im Umlegungsfall Grundstücke „auf Verlangen mit der Maßgabe zuteilen, dass sie innerhalb einer näher zu bestimmenden angemessenen Frist zu bebauen waren, wenn die alsbaldige Bebauung zur geordneten baulichen Entwicklung des Gemeindegebietes erforderlich und eine tragbare Finanzierung gewährleistet“ war. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung konnte die Gemeinde die Übereignung des Grundstücks zum Verkehrswert verlangen.

2. Städtebauförderungsgesetz Ein erster Schritt zur systematischen Normierung eines Baugebots wurde 1971 mit dem Städtebauförderungsgesetz89 getan: Nach dessen § 20 war eine solche Anordnung nun nicht mehr nur im Rahmen einer Umlegung, sondern für alle Grundstücke in Sanierungsgebieten zulässig. Erstmals wurde ferner die Planungskonformität zur entscheidenden Voraussetzung (Absatz 1) erhoben. Die Stellung des Eigentümers wurde verbessert: Er konnte die Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde verlangen, wenn er nur glaubhaft machte, dass „eine tragbare Finanzierung nicht zu ermöglichen ist“ (Absatz 1 Satz 2). Eine Enteignung war zugunsten der Gemeinde oder eines bauwilligen Dritten möglich (Absatz 3). Diese Regelung ging wesentlich über eine Fortbildung des Baugebots im Bundesbaugesetz 1960 hinaus90. Allerdings wurde sie erneut – auch hinsichtlich ihrer Ver86

Vom 23. 6. 1960, BGBl. I, S. 341. Vgl. Heitzer, S. / Oestreicher, E., Bundesbaugesetz und Städtebauförderungsgesetz, 5. A. 1973, S.1 ff; vgl. zum damaligen Verhältnis von Städte- und Gemeindeentwicklung und Bauleitplanung Badura, P., Gutachten „Der verfassungsrechtliche Rahmen der Baugesetznovelle“, erstattet im November 1974 vor dem 15. BT-Ausschuss, Protokoll Nr. 33, S. 94 ff. 88 § 59 Absatz 5 Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960, BGBl. I S.341: „Im Sanierungsrecht kann die Umlegungsstelle – der Umlegungsausschuss auf Verlangen der Gemeinde – die Grundstücke mit der Maßgabe zuteilen, dass sie innerhalb einer näher zu bestimmenden angemessenen Frist zu bebauen sind, wenn die alsbaldige Bebauung zur geordneten baulichen Entwicklung des Gemeindegebiets erforderlich und eine tragbare Finanzierung des Bauvorhabens gewährleistet ist. Erfüllt der Eigentümer diese Verpflichtung nicht, so kann die Gemeinde die Übereignung des Grundstücks verlangen. § 89 Absatz 2 gilt sinngemäß“. 89 Vom 27. Juli 1971, BGBl. I, S.1125. 90 Als welche sie seinerzeit noch von Zinkahn, W., Bundesbaugesetz und Städtebauförderungsgesetz, 16. A. 1985, § 20 angesehen wurde. 87

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B. Die Entwicklung des Baugebots

fassungsmäßigkeit91 – unter Hinweis gerade auf die Sanierung gerechtfertigt, als deren notwendiges Instrument die Bebauung ja in besonderer Weise gelten konnte. In näheren Bestimmungen über Sanierung wurden denn auch bis ins Einzelne Voraussetzungen geregelt, unter denen allein das Baugebot, nur in ohnehin begrenzten Bereichen, erlassen werden konnte. So war Voraussetzung für den Erlass eines Baugebots, dass ein Beschluss der Gemeinde über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes (§ 5) vorlag, ein Bebauungsplan für das Sanierungsgebiet aufgestellt war (§ 10), und dass die alsbaldige Bebauung oder Anpassung zur Durchführung der Sanierung erforderlich war92. Noch immer gab es aber kein allgemeines, bundesrechtliches Baugebot.

3. Bundesbaugesetz 1976 – BauGB 1987 Der entscheidende Schritt zur Einführung eines allgemein- flächendeckenden Baugebots erfolgte im BBauG 197693 (§ 39 b Bau- und Pflanzgebot): Die Beschränkung auf Sanierungsgebiete entfiel. Erstmals wurde die – rein objektive – Voraussetzung der Finanzierungsmöglichkeit durch die der „Zumutbarkeit“ der Bebauung ersetzt (Absatz 1 Satz 2). Ein Beseitigungsgebot für hindernde Anlagen wurde vorgesehen, (Absatz 5). Bedeutsam war auch, dass erstmals Baugebote nicht nur im beplanten, sondern auch im unbeplanten Bereich möglich wurden (Absatz 7). Die Enteignungsmöglichkeit (auch) zugunsten eines bauwilligen Dritten blieb aufrechterhalten. Damit entsprach § 39 b BauGB 1976 bereits weitgehend dem geltenden Recht des § 176 BauGB94. Insgesamt hat die Regelung des Baugebots im BBauG 1976 seinerzeit in der Praxis ein positives Echo gefunden. Vor allem wurde begrüßt, dass es die Verhandlungen mit den Gemeinden über die Schließung von Baulücken beschleunigt habe, weil mit ihm ein gewisser Druck ausgeübt werden konnte95. Dennoch wurden Defizite gerügt96 : Es werde nicht hinreichend darauf abgehoben, ob zur Erfüllung von Baugeboten öffentliche Mittel bereitgestellt seien. Vor allem aber zeige die Praxis, dass die Erfüllung 91

Vgl. Heitzer, S. / Oestreicher, E. , Bundesbaugesetz und Städtebauförderungsgesetz,5. A. 1973, S.1111. 92 Vgl. Heitzer, S. / Oestreicher, E. , Bundesbaugesetz und Städtebauförderungsgesetz,5. A. 1973, S.1112. 93 Vom 18. 8. 1976, BGBl. I S.2221. 94 Vgl. dazu Bielenberg, W., Schwerpunkte der Novelle zum Bundesbaugesetz (IV), Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht, 1977, 1 (3); im Vorfeld bereits Schmidt-Assmann, E., Plangebote und Planungspflichten, Stadtbauwelt 1974, 15 ff.; Neuhausen, K.-H., Die Planverwirklichungsgebote nach der Neufassung des Bundesbaugesetzes, NJW 1977, 784 (785 f); Weyreuther, F., Baugebot und Baupflicht, BauR 1974, 7 ff. 95 Krautzberger, M., Das Gesetz zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland, BBaubl. 1981, 514 (515). 96 Haack, D., Bauland ausweisen – Nutzung sicherstellen!, Demokratische Gemeinde 1981, 210; Krautzberger, M., Das Gesetz zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland, BBaubl. 1981, 514 (515).

IV. Die Entwicklung des Baugebots im Bundesbaurecht

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von Baugeboten häufig deshalb verzögert werde, weil Eigentümer abwarten wollten, bis eine Enteignung erfolge – um dann den zu diesem Zeitpunkt meist höheren Wert des Grundstücks ihrer Entschädigungsforderung zugrunde zu legen. Um insbesondere dies zu verhindern, legte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland vor97. Dieser wurde jedoch wegen der Auflösung des Bundestages im Gefolge der Wende von 1982 nicht mehr verabschiedet. Im Baugesetzbuch von 198798 wurde (von nun an) das Baugebot in § 176 im Wesentlichen mit dem bereits geltenden Inhalt geregelt. Ein spezielles Enteignungsrecht zugunsten bauwilliger Dritter findet sich nicht mehr; es ist auch entbehrlich, weil dieser Fall nach allgemeinem Enteignungsrecht zu behandeln ist (Art. 14 Absatz 3 GG).

4. Maßnahmengesetz 1990 zum Baugesetzbuch Das Maßnahmengesetz zum BauGB99 (§ 8) hat die bislang einzige größere Änderung der Baugebotsregelung seit 1976 gebracht, weithin in deren erweiternder Ergänzung. Hier findet sich bereits die noch heute geltende Gesetzesfassung. Neu eingefügt wurden damals Bestimmungen, nach denen - ein dringender Wohnbedarf der Bevölkerung ein Baugebot rechtfertigen kann, - eine Bauantragsverpflichtung ausgesprochen werden kann, - das Enteignungsverfahren bereits nach erfolglosem Vollstreckungsversuch des Baugebots eingeleitet werden kann, und - im Enteignungsverfahren auf den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Baugebots abzustellen ist; damit wurde den Reformüberlegungen (oben 3) Rechnung getragen. Diese Regelungen sollten100, „weil zumeist klarstellend, (nur) die Voraussetzungen, Form und Inhalt der Baugebote besser verständlich machen“; deshalb wurden sie durch den Einigungsvertrag im Wege einer umfangreichen Überleitungsregelung (246 a BauGB) zusammen mit § 176 BauGB auch in den Neuen Ländern eingeführt. Wie sich im Folgenden zeigen wird, sind jedoch vor allem die beiden erstgenannten Bestimmungen von nicht geringer Bedeutung.

97

Vom 27. 5. 1981, BT-Drucksache 232/81. Geltend in Fassung der Bekanntmachung vom 8. 12. 1986, BGBl. III, 213 – 1. 99 Vom 17. 5. 1990, BGBl. I, S. 296 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. 4. 1993, BGBl. I, S.622; dazu Gather, H.-H., Die Neuregelungen des Wohnungsbau-Erleichterungsgesetzes, DWW 1990, 190. 100 Krautzberger, M., Das Städtebaurecht nach dem Einigungsvertrag, NVwZ 1991, 238 (241). 98

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B. Die Entwicklung des Baugebots

5. Das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 1993 – EAG-Bau 2004 Das „Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland“ trat am 1. 5. 1993 in Kraft101: Mit ihm wurde die Ergänzung des Baugebots durch das Maßnahmengesetz (vgl. 4 a) in das Baugesetzbuch eingearbeitet und damit selbstständig in das Dauerrecht übernommen102. Seither gilt § 176 in der gegenwärtig maßgeblichen Fassung. In der Baurechtsnovelle von 2004103 blieb diese unverändert. Im Gesetzgebungsverfahren wurde aber betont: „Im Vordergrund der städtebaulichen Praxis beim Stadtumbau sollten jedoch vertragliche Lösungen stehen“104. Ergebnis: Die Entwicklung des heute maßgeblichen bundesrechtlichen Baugebotes hat sich in wenigen Etappen und insgesamt geradlinig vollzogen. Im Wesentlichen zeigt sie nicht neue oder gar wechselnde Grundentscheidungen, sondern nur rechtstechnische Verbesserungen. Da ihre Grundlinien, zurückreichend bis zu frühen Entwürfen, bereits seit nahezu einem halben Jahrhundert festliegen, kann man von einer bemerkenswerten Gesetzeskontinuität ausgehen. Diese sollte deshalb auch bei Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts gewahrt werden.

101 BGBl. I 1993, 466, vgl. dazu Busse, J., Das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz, BayVBl. 1993, 193. 102 Busse, J., BayGT 1991,184. 103 Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien – EAG-Bau vom 24. 6. 2004; dazu Lege, J., Stadtumbau und städtebauliche Gebote, NVwZ 2005, 880 ff. 104 Entwurf des EAG vom 17. 12. 2003, BT-Drucksache 15/2250, S. 60.

C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots I. Grundlinien der einfachgesetzlichen Regelungen des Baugebots 1. Einheitliche Rechtsfigur „Baugebot“ Seit 1976, in deutlichen Konturen bereits seit 1960, gibt es ein „Recht der Baugebote“. Dieser Begriff bezeichnet nicht ein Bündel von Einzelregelungen, welche nur spezielle Einzelaspekte der Durchsetzungen oder gar Fortentwicklung der Bauplanung betreffen. Vielmehr kann, nicht nur nach den Auswirkungen, sondern auch nach der baurechtstechnischen Ausgestaltung, von einer „Rechtsfigur des Baugebots“ gesprochen werden. Dieses weist, nach Voraussetzungen wie Rechtsfolgen, vor allem aber auch nach seiner redaktionellen Gesetzesform, insgesamt, bei allen im Folgenden zu untersuchenden Einzelausprägungen, eine normative Einheit auf, schon in seiner einfachgesetzlichen Gestaltung. Dieser können sich dann verfassungsrechtliche Schranken überlagern (vgl. im Folgenden D.). Diese Begriffseinheit des Baugebotes zeigt sich bereits darin, dass diese Rechtsfigur seit langem auf allen gegenständlichen Bereichen gilt, welche vom Bauplanungsrecht erfasst werden, damit für das Immobiliarrecht als solches. Dem steht nicht entgegen, dass es dabei stets nur um ein spezifisches Gestaltungsmittel geht (vgl. im Folgenden II. 1.): Entscheidend ist die Einheit der Regelungsgegenstände (vgl. im Folgenden III. – Grundstücke) und das Fehlen spezieller Voraussetzungen für die Zulässigkeit solcher Anordnungen, die sich früher auf die Städtebauförderung beschränkten. Auch die Zielkonzentration auf die Verfolgung baupolizeilicher Gefahrenabwehr ist nun entfallen. Dass das Baugebot nicht zu den meisteingesetzten Instrumenten des öffentlichen Baurechts gehört, ändert daran nichts; seine virtuelle Anwendungsbedeutung geht darüber weit hinaus und könnte in der Zukunft zu seiner Aktivierung durch Planungsrechtsnovellen unter erweiterten Voraussetzungen führen. In diesem Sinn ist das Bauordnungsrecht etwas wie eine Form von „potentiellem Bauplanungsrecht“, dessen Aufwertung schon nach geltendem Recht in gewissem Umfang der gemeindlichen Bauplanungshoheit1 überlassen ist. 1 Vgl. BVerfGE 56, 298 (310); 103, 332 (365 ff.); BVerwG DVBl. 1996, 914; Dreier, H., in: Dreier, GG, 2.A. 2006, Art. 28 Rn 140 ff; Koch, H.-J. / Hendler, R., Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3.A. 2001, Teil 2 § 12; grundlegend dazu Stüer, B., Planungshoheit und Planungspflicht in der Abwägungs- und Rechtsschutzpyramide, NVwZ 2004,

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Das Baugebot stellt nicht nur als Rechtsfigur eine Einheit dar, es wirkt auch im Baurecht vereinheitlichend-koordiniernd. Hier liegt nicht so sehr eine Schnittstelle als vielmehr ein Übergang von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht2. Baugebote betreffen ja, in aller Regel nicht nur einen bauplanerischen Rahmen („Lückenschließung als solche“), sie bringen auch Vorgaben für die baugestalterische Form, in der jener auszufüllen ist, in Anwendung des Bauordnungsrechts; dessen Gebote müssen hier mit denen der Bauplanung koordiniert werden. In den bisherigen Betrachtungen zum Baugebot wird dem zu wenig Beachtung geschenkt, da der Akzent, entsprechend den gesetzlichen Grundlagen, regelmäßig bei bauplanungsrechtlichen Bezügen gesetzt wird. Gerade die zentralen Probleme des Baugebots, etwa die Zumutbarkeit (im Folgenden VIII.), stellen sich aber meist (auch) im Zusammenhang mit Anforderungen an die Baugestaltung.

2. Grundlinien nach Verwaltungsrecht Aus dieser baugesetzlichen Einheit der Rechtsfigur des Baugebots ergibt sich die Notwendigkeit, schon aus seinen einfachgesetzlichen Regelungen gewisse Grundlinien aufzuzeigen, welche dann auch seine dogmatische Einordnung wie seine Begrenzung orientieren, nach den Grundsätzen des Verwaltungsrechts. Das Recht der Baugebote ist ein wichtiger Bereich der Bewährung des staatsrechtlichen Freiheitsschutzes (im Folgenden D); doch es bleibt stets und zuallererst Verwaltungsrecht, wird als solches von Behörden und Gerichten gesehen und angewendet. Immer kommen daher Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts zunächst zur Anwendung. Dies rechtfertigt eine Behandlung nach seinen Kriterien im folgenden Hauptteil, bevor sodann staatsrechtliche, grundrechtliche Begründungen und Vorgaben untersucht werden. Hier zeigt sich aber auch, wie sich die grundrechtliche Dogmatik bruchlos aus dem Allgemeinen und dieses sich wieder aus dem Besonderen Verwaltungsrecht entwickeln lässt: Diese Grundlinien, etwa in der Bestimmtheit der Fristen und Anordnungsinhalte, der Koordinierung der formalen Notwendigkeiten einer Antragstellung auf Baugenehmigung mit den inhaltlichen Rahmenvorgaben der Bauplanung, lassen sich zunächst einmal diesseits des Grundgesetzes vorzeichnen, münden dann aber in dessen eigentumsrechtliches System und werden in diesem verfeinert3. Die Baugebote zeigen verwaltungsspezifische Rechtstechnik in besonderer Weise geöffnet zum Staatsrecht.

814 ff; Oebbecke, J., Die verfassungsrechtlich gewährleistete Planungshoheit der Gemeinden, in: FS für Hoppe, 200, S. 239 ff. 2 s. dazu unten VI. 4. 3 Im Folgenden D.

I. Grundlinien der einfachgesetzlichen Regelungen des Baugebots

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3. Handlungsgebot – daher staatliche Zurückhaltung Das Verwaltungsrecht insgesamt, vor allem aber das Baurecht normiert zahlreiche Verhaltenspflichten der Adressaten freiheitsbeschränkender staatlicher Eingriffe. Die Behörden verbieten danach ein Verhalten, schreiben es aber in der Regel nicht vor, wie dies jedoch durch ein Baugebot geschieht. Dieses legt, unter Umständen bis in die Einzelheiten, Handlungspflichten fest, eine besondere und keineswegs gängige verwaltungsrechtliche Gestaltungsform. Von anderen rechtlichen Verpflichtungen zu Aktivitäten, z. B. in Form von Auflagen4, unterscheiden sich die Baugebote schon dadurch, dass sie nicht an eine vorangegangene Initiative der Verpflichteten anschließen, etwa Stellung von Bauanträgen, Betreiben gewisser Anlagen. Vielmehr knüpfen sie allein an die Innehabung von Vermögensgegenständen an, damit stehen sie rechtssystematisch – mutatis mutandis – den Besitzsteuern näher als den Belastungen zufließenden Einkommens aus einer vom Bürger entfalteten Tätigkeit5. Daraus ergibt sich rechtssystematisch von vorneherein eine grundsätzliche Verpflichtung der Staatsgewalt zu größerer Zurückhaltung als bei der Festlegung von Rechtsfolgen eines Bürgerverhaltens. Denn vor allem in einer Marktwirtschaft6 ist die Entfaltung von Initiativen grundsätzlich Sache des Bürgers. Selbst im Staatsrecht sind Verhaltensverpflichtungen ohne vorausgegangenes Tun deutliche Ausnahmen7; die Verpflichtung zu gemeinschaftsbewusstem Eigentumsgebrauch (Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG) setzt in der Regel gerade jenes vorgängige „Gebrauchmachen“ durch Private voraus. Wenn der Staat dies bei den Baugeboten – in einer deutlichen Ausnahmegestaltung – nicht nur über „Anreize“ hervorrufen, sondern anordnen und bis ins Detail regeln kann, so muss dem eine Pflicht entsprechen, sich dabei grundsätzlich zurückzuhalten. Eine solche ergibt sich also bereits aus allgemein-rechtsdogmatischen Überlegungen und muss im Folgenden stets zugrunde gelegt werden. 4 Vgl. dazu allgemein Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 16.A. 2006, 3. Teil, § 12; Bleckmann, A., Zur Dogmatik des Allgemeinen Verwaltungsrechts I, 1999, Teil 2, § 4, B; Axer, P., Nebenbestimmungen im Verwaltungsrecht, Jura 2001, 748 ff; Grundlegend zum Verwaltungshandeln Erichsen, H.-U., Das Verwaltungshandeln, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1992, 179 ff. 5 Vgl. zu dieser Unterscheidung grundlegend BVerfGE 93, 121, 165; Birk, D., Rechtfertigung der Besteuerung des Vermögens aus verfassungsrechtlicher Sicht, Steuern auf Erbschaft und Vermögen 1999, 7 ff. 6 Dazu vgl. allg. grundlegend Rupp, H.-H., in: Kirchhof / Isensee (Hg.), Handbuch des Staatsrechts IX, 1997, § 203, Die soziale Marktwirtschaft in ihrer Verfassungsbedeutung; Kirchhof, P., Der demokratische Rechtsstaat – die Staatsform der Zugehörigen, ebenda, § 221 Rn 159 ff; Kleinhenz, G. Marktwirtschaft und Sozialstaat – Zukunftsmodell für Deutschland, Parl. Beilage 2005, Nr. 43, 33 ff; vgl. auch Gaßner, O., Europa und das Zusammenspiel von Markt und Daseinsvorsorge, KommJur 2007, 129 ff, zum Zusammenspiel von Marktwirtschaft und Europa. 7 Vgl. allgemein zu solchen „Grundpflichten“ Randelzhofer, A., in: Merten / Papier (Hg.), Handbuch der Grundrechte, 2006, § 37 Grundrechte und Grundpflichten; Stern, K., Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/2, 1994, § 88 Die Grundpflichten und ihr Verhältnis zu den Grundrechten, S. 985 ff.; neuerdings Schmidt, T.I., Grundpflichten, 1999; Wehr, M., Rechtspflichten im Verfassungsstaat, 2004.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

4. Geringe Regelungsdichte Baugebote betreffen rechtliche Regelungsinstrumentarien, nicht Regelungsinhalte. Dieser ihr formaler Charakter lässt sie als eine Art von verfahrensrechtlichem Annex zum inhaltsbestimmenden Bau(planungs)recht erscheinen8. Das Recht der Baugebote weist, dadurch bedingt, eine wenig ausgeprägte Regelungsdichte auf, was sich vor allem in der Einräumung eines weitreichenden Ermessens zeigt9. Dies steht in einer Spannung zu den weithin eingehenden Regelungen des Bauplanungsrechts und zwingt gerade deshalb, wie zu zeigen sein wird, im Einzelnen zu strenger Plankonformität der Baugebote. Schon die geringe Regelungsdichte gebietet es auch, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um einem ausufernden Gebrauch solcher Gestaltungsfreiheit durch die Gemeinde entgegenzutreten und damit einen zielgerichteten Einsatz des Instrumentariums sicher zu stellen. Ergebnis: „Das Baugebot“ ist kein Regelungsbündel, sondern eine einheitliche Rechtsfigur des Baurechts; sie bezieht sich grundsätzlich auf alle baurechtlichen Ordnungsbereiche. In ihr verbinden sich Bauplanungs- und Bauordnungsrecht. Baugebote stellen, nach ihren einfachgesetzlichen Grundlinien, Ausprägungen eines Besonderen Verwaltungsrechts dar, für das aber stets zuallererst die herkömmlichen Grundsätze des Allgemeinen Verwaltungsrechts gelten. Sie werden im Verfassungsrecht systematisiert und verfeinert. Baugebote sind als Handlungsgebote ohne vorausgehende Bürgerinitiative eine Sonderform verwaltungstechnischer Gestaltung. Da in einer freiheitlich-marktwirtschaftlichen Ordnung die Initiative grundsätzlich beim Bürger liegt, verpflichtet dies die öffentliche Gewalt von vorneherein zur Zurückhaltung. Die geringe Regelungsdichte dieses Instrumentariums verlangt seinen in besonderer Weise zielgerichteten Einsatz.

II. Erscheinungsformen des Baugebotes 1. Allgemeine Grundsätze – Zielvorstellungen a) Redaktionelle Stellung und Fassung Aus der Festlegung der Erscheinungsformen des Baugebots und der Fallgruppen, in denen es zulässig ist, ergeben sich nach § 176 bereits wichtige Grundsätze für die Anwendung der Vorschrift. Sie sind schon in der redaktionellen Stellung der Vorschrift angelegt. Diese findet sich im Zweiten Kapitel des BauGB, als eine Regelung des „Besonderen Städtebaurechts“ (§§ 136 ff), dort wieder in einem speziellen Teil über „städtebauliche Gebote“ (§§ 175 ff). Dieser redaktionelle Aufbau hat Gründe,

8 9

Vgl. insbesondere im Folgenden II. Im Folgenden V.

II. Erscheinungsformen des Baugebotes

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welche sich aus der baurechtlichen Entwicklung ergeben10, er entspricht aber auch der Grundeinteilung des BauGB: Dieses normiert zunächst die materiellen, inhaltlichen Ziele der Boden(nutzungs)ordnung, um sodann die Instrumente ihrer Durchsetzung zu regeln11. Dabei steht wiederum das allgemeine Durchsetzungsmittel der Enteignung an erster Stelle. Erst nach ihm werden die einzelnen Befugnisse aufgeführt, welche die Realisierung der Bodenordnung sicherstellen sollen, darunter eben das Baugebot. Die Entwicklung des Baugebots seit 1960 (vgl. B. IV.) spiegelt sich noch darin wider, dass es redaktionell erst nach den auf die besondere Fallkonstellation der Sanierung bezogenen Vorschriften (§ 136 ff) geregelt ist, obwohl mit ihm (auch) darüber hinausgehende, eben allgemeine, Regelungsbereiche angesprochen werden12. In all dem zeigt sich das Baugebot schon nach seiner redaktionellen Stellung deutlich als eine Spezialvorschrift, eine besondere Befugnisnorm im Gesamtsystem des BauGB. Daraus ergibt sich bereits eine grundsätzliche gesetzliche Vorgabe – unabhängig von verfassungsrechtlichen Schranken13 – für die Methodik der Beantwortung aller Anwendungsfragen des Baugebots: Sie sind in jener Spezialität zu prüfen, welche Befugnisnormen im Rechtsstaat eigen ist14. Erweiterndes Verständnis der Befugnisse, Analogien von einer Fallgruppe zur anderen sind daher im Zweifel nicht zulässig, bedürfen jedenfalls überzeugender Begründung im Einzelfall. Selbst die Auswirkung der Baugebote auf das Planungsrecht (im Folgenden b) darf nicht zu einer extensivierenden Übersteigerung der Teleologie führen. Baugebote sind vielmehr grundsätzlich Ausdruck „rechtstechnisch- spezialisierender“ Gestaltungen, welche sich streng an der Fallgruppentypik auszurichten haben, wie sie im Gesetz zum Ausdruck kommt. Dies zeigt sich auch im redaktionellen Aufbau des § 176. Er unterscheidet bei den Befugnissen zum Erlass von Baugeboten nach Fallgruppen, wie sie sich aus dem Bodennutzungsrecht der §§ 29 BauGB ergeben (§ 176 Absatz 1, 2 mit Folgen in Ab10

Insbesondere sollten so Regelungen des speziellen Städtebauförderungsrechts in das allgemeine Baurecht des BauGB eingebaut werden, vgl. Schrödter, W., in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7. Auflage 2006, § 136 Rn 1 ff. Zur Entwicklungsgeschichte der §§ 136 ff BauGB aus dem Städtebauförderungsgesetz vgl. derselbe § 1 Rn 3; Stock, J., in: Ernst/ Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 175 Rn 5 ff. ; Roeser, T., in: Schlichter / Stich , Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand September 2006, Vor § 136 – 164 b. 11 Allg. zu Sanktionsinstrumenten der Bauplanung Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, FS für Weyreuther, 1993, 349 S. 354 f.; Vgl. zum Aufbau Erbguth, W., in: Achterberg / Püttner / Würtenberger (Hg.) Besonderes Verwaltungsrecht, 2.A. 2000,Kapitel 8 Bauplanungsrecht Rn 27 ff. 12 Vgl. dazu Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 175 Rn 3; Köhler, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7.A. 2006,§ 175 Rn 1; Brohm, W., Öffentliches Baurecht, 3.A. 2002, § 27 Rn 2. 13 Vgl. dazu unten D. 14 Siehe dazu die grdl. Unterscheidung zwischen Aufgaben und Befugnissen im Sicherheitsrecht (vgl. Kugelmann, D., Polizei- und Ordnungsrecht, 2006, S.22 ff; Schmidbauer, W., in: Schmidbauer / Steiner, PAG und POG, 2.A. 2006, Art. 2 Rn 4 f.; Schrödter, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7.A. 2006, § 1 Rn 4) mit dem ja früher die „Bau-Polizey“ eng und wesentlich verbunden war.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

satz 5 ff). Die dementsprechenden Kriterien der Zulässigkeit von Baugeboten gelten jeweils nur für die Fallkonstellationen, für welche das Gesetz sie vorsieht; die Erscheinungsformen des Baugebots (im Folgenden 2. ff) müssen daher bei ihrer Anwendung stets danach eindeutig unterschieden werden15. Dies gilt ebenso für das Verhältnis der Fallgruppen „beplanter – unbeplanter Bereich“ (im Folgenden 2. f) wie für die diese übergreifenden Inhalte der Baugebote („Bebauungsgebot“, „Anpassungsgebot“, „Antragsgebot“ – im Folgenden 3. ff). Die grundsätzliche Spezialität des Rechts der Baugebote setzt sich also von der redaktionellen Stellung der § 176 im BauGB fort in die Einzelheiten der redaktionellen Fassung der Vorschrift.

b) „Planungskonformität“ Wortlaut wie redaktionelle Stellung zeigen auch bereits einen inhaltlichen (Ober-) Grundsatz, der sämtliche Erscheinungsformen des Baugebots und damit dieses als solches beherrscht: Eindeutig und durchgehend, damit „strikt“, bleibt es stets auf Planungskonformität ausgerichtet, ist es nichts als ein Instrument zur Verwirklichung der Planung. Der Ausdruck „planakzessorisch“16 ist jedoch missverständlich: einerseits zu eng, weil Baugebote keinen Plan voraussetzen (vgl. Absatz 2), sondern nur einen Bauordnungszustand nach „Bauplanungsrecht“ im übergreifenden, etwa auch § 34 BauGB einbeziehenden Sinn; andererseits „tritt das Gebot nicht zum Plan hinzu“ – im Sinne der eigentlichen Bedeutung einer „Akzessorietät“ –, es muss ihm entsprechen und zu dessen Realisierung geeignet sein. Aus der „Planungskonformität“ ergeben sich zwei Grundsätze: - Die Bebauungsplankonformität des Baugebots (§ 176 Absatz 1 Nummer 1): Dieses darf die bebauungsplanerische Bodennutzung nicht ändern, weder erweitern noch einschränken, was praktisch von besonderer Bedeutung ist. Bebauungsplankonformität verlangt auch nicht nur, dass das Baugebot der Planung nicht widerspricht17, es ist nur zulässig, soweit es deren Verwirklichung erkennbar fördert, insbesondere beschleunigt. Dabei sind auch seine Wirkungen außerhalb des Raumes zu berücksichtigen, auf den es sich nach seinem Wortlaut bezieht. - Die Bebauungskonformität (§ 176 Absatz 1 Nummer 2 Absatz 2). Hier tritt an die Stelle des Bebauungsplanes die bereits realisierte Bebauung, wobei es keine Rolle spielt, ob diese ursprünglich plankonform war. Auch hier muss das Baugebot die bestehende Bauplanungssituation fördern, sie insbesondere umgebungskonform, folgerichtig entwickeln. 15

Ein Baugebot kann daher nicht auf „zwei Tatbestände“ gleichzeitig gestützt werden, so aber Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 21. 16 Als Festpunkt schon bezeichnet von Weyreuther, F., Baugebot und Baupflicht, BauR 1974, 7 (14); vgl. etwa Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 21. 17 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 28, 31; vgl. dazu auch unten V, 4; BVerwGE 84, 335.

II. Erscheinungsformen des Baugebotes

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Die Fassung des § 176 lässt aber klar erkennen: Priorität kommt stets dem Grundsatz der Bebauungsplankonformität zu; die Bebauungskonformität, welche insbesondere in Fällen des Absatzes 2 zu beachten ist und auf die umliegende Bebauung abstellt (§ 34 BauGB), ist ja häufig auch nur gewissermaßen eine Fortschreibung (früherer) planungsrechtlicher Situationen. Dass ein gültiger Bebauungsplan stets vorrangig zu beachten ist, dass seine Festsetzungen als solche zunächst vollständig realisiert werden müssen, ohne Blick auf vorhandene Bebauung, ergibt sich bereits aus der Fassung des Absatzes 1; auch nach dessen Nummer 2 richtet sich die Anpassung nach dem Plan, nicht dieser nach der vorhandenen Bebauung. Und auch im Fall des § 34 Absatz 1 BauGB hat sich eben die neue Bebauung in die früher geschaffene Lage „einzufügen“; diese tritt damit bis zur Verwirklichung der angeordneten Bebauung, anschließend in Verbindung mit dieser, an die Stelle eines planungsrechtlich bestimmten Zustandes. Dieser Vorrang der Bebauungsplankonformität zeigt, dass bei Erlass eines Baugebotes nicht etwa eine Abwägung zwischen vorhandenem Zustand und Planfestsetzungen stattzufinden hat: Das Gebot ist, wie bereits erwähnt, ein Sanktionsinstrument der Planung, nicht ein solches der „Planentwicklung“; darüber hinausgehende Wirkungen darf es nur entfalten, soweit die Planung ihm dafür, durch Schweigen oder im Rahmen ihrer Interpretierbarkeit, Raum lässt. Zu beachten ist eben stets: Das Baugebot muss den Planfestsetzungen nur „entsprechen“, es darf diese nicht „fortdenken“: ein vorauseilender Gehorsam gegenüber deren möglichen Implikationen kann von ihm nicht erwartet und darf ihm nicht zugrunde gelegt werden. Dies ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Erlasszuständigkeiten und -verfahren in beiden Fällen18 – eine bisher zu wenig beachtete, aber wichtige Vorgabe. Dieser Grundsatz der Plankonformität ist bei allen im Folgenden behandelten Untersuchungsgegenständen ungeschriebene allgemeine Voraussetzung für den Erlass eines Baugebots, soweit eine Planungslage bereits besteht. Wenn dies nicht der Fall ist oder eine solche keine eindeutigen Vorgaben bringt, wirkt das Prinzip der Planungskonformität jedenfalls insoweit, als sowohl die negative Planungsfreiheit als auch ein etwa erforderlicher planerischer Gestaltungsraum für die Zukunft stets geachtet werden muss. Das verlangt, dass eine Vorwegnahme künftiger Planung keinesfalls Gebotsinhalt sein darf. Dies aber bedeutet wiederum eine streng begrenzende Einzelfallbezogenheit jeglichen Baugebots. Ergebnis: Nach seiner redaktionellen Stellung im BauGB ist das Baugebot Gegenstand einer speziellen Befugnisnorm, die daher grundsätzlich in enger Begrifflichkeit anzuwenden ist. Oberster Grundsatz ist die Planungskonformität; dabei hat Bebauungsplankonformität (§ 176 Absatz 1) Vorrang vor Bebauungskonformität (§ 176 Absatz 2). Im Bereich einfacher Bebauungspläne sind unter Umständen auch die Maßstäbe des § 34 zu beachten. 18

Vgl. dazu unten C. I. 2. ff.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

2. Baugebote im beplanten Bereich a) Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans Das Baugebot hat den Planfestsetzungen zu entsprechen, in all deren möglichen Inhalten (§ 9) – aber eben auch nur, soweit die Planungsinstanz dies deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Wenn diese den Mindestinhalt in ihre Bestimmungen aufgenommen hat, welcher für einen qualifizierten Bebauungsplan erforderlich ist (Festsetzungen über Art der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstückflächen und die örtlichen Verkehrsflächen, § 30 Absatz 1), so kommen nur diese Festsetzungen als bindende Vorgaben für ein Baugebot in Betracht; es gilt für dieses allein § 176 Absatz 1 Nummer 1. Dies ist auch systemkonform: Wenn die Planungsinstanz die Bebauung so intensiv regeln wollte, so besteht kein Bedürfnis, dies in irgendeiner Richtung durch Baugebote ergänzen zu lassen. Der qualifizierte Bebauungsplan verlangt – und ermöglicht – festsetzungstechnisch strenge Plankonformität, nach solchen, aber eben nur diesen Vorgaben. Sie müssen jedoch die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten nicht ausschöpfen; es genügen (einige) Festsetzungen über Art und Maß der Nutzung, diese muss nicht durchgehend und vollständig bestimmt sein; auch müssen nicht sämtliche örtlichen Verkehrsflächen trennscharf festgelegt sein19.

b) Bereich eines einfachen Bebauungsplans Hat die Planungsinstanz Mindestfestsetzungen nach § 30 Absatz 1 nicht getroffen, liegt also ein einfacher Bebauungsplan vor20, so ist zu unterscheiden: - Realisiert das Baugebot lediglich Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans, so ist es allein auf § 176 Absatz 1 zu stützen21. - Geht das Baugebot darüber hinaus22, so hat es den entsprechenden Maßstäben des § 34 BauGB Rechnung zu tragen. Es stützt sich dann insoweit nur auf § 176 Absatz 2 (vgl. im Folgenden 4) – für eine gleichzeitige Planrealisierung nach Absatz 1 ist dabei kein Raum23. Eine Berufung darauf, dass die Planfestsetzungen 19

Söfker, W., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg (Hg.), BauGB, Stand Mai 2007, § 30 Rn 7 ; Löhr, R.-P., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 30 Rn 14. 20 Zu den Unterschieden zwischen einfachem und qualifizierten Bebauungsplan vgl. Köhler, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch,7.A. 2006, § 30 Rn 1; Löhr, R.-P., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 9 Rn 6 f . 21 Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005 § 176 Rd. 6. 22 Und es fehlt im Bebauungsplan selbst mehr als nur die Festsetzung der örtlichen Verkehrsflächen, soweit diese keine Vorgabe für ein Baugebot darstellen kann, Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 20. 23 So im Ergebnis Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 20; Gaentzsch, G., Bundesbaugesetz 3.A. 1977, § 39 b Rn 2. Die a.A. von Köhler, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7.A. 2006, § 30 Rn 5, 7 überdehnt die Plankonformität.

II. Erscheinungsformen des Baugebotes

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dem nicht widersprechen, genügt zur Bestimmung des Rahmens für ein Baugebot nicht, wenn die Planungsinstanz so viel eben gar nicht hat regeln wollen; dann muss auch die umliegende Bebauung berücksichtigt werden.

3. Vorhandene Bebauung im Planungsbereich – Anpassungsbaugebot a) Beseitigungsanordnungen Für die beiden Bereiche des qualifizierten wie des einfachen Bebauungsplans gilt: Bebauung kann auf unbebauten wie auf (teil)bebauten Grundstücken angeordnet werden24. Das Gesetz lässt nicht erkennen, dass auf vorhandene Bebauung Rücksicht zu nehmen ist; diese muss vielmehr grundsätzlich weichen (§ 176 Absatz 5, § 179 Absatz 1). Dies gilt allerdings nur insoweit, als andernfalls einem im Übrigen zulässigen Baugebot nicht entsprochen werden kann. Eine umliegende Bebauung, welche nach § 34 Bauplanungsbedeutung hat, darf allerdings insoweit nicht durch ein Beseitigungsverbot derart betroffen werden, dass sie damit gerade ihre Planungsrelevanz verliert; denn damit würde § 34 unterlaufen und die Bebauungskonformität im Ergebnis missachtet werden. Da ein Abbruch Ansprüche von Eigentümern und Nutzern auslösen kann, auf welche § 176 Absatz 5 durch Verweisung auf § 179 Absatz 2 und 3 Satz 1 ausdrücklich aufmerksam macht, wird ein Baugebot, das Bebauungsbeseitigung verlangt, in der Praxis meist zurückhaltend gehandhabt, so dass der Schwerpunkt beim Erlass von Baugeboten eindeutig bei unbebauten Grundstücken liegt. Im Ergebnis wird es allerdings häufig zu einer – nicht unproblematischen – Abwägung zwischen finanziellen Folgelasten eines Abbruchs und (oft) monetär schwer bestimmbaren öffentlichen Interessen kommen; diesen muss jedenfalls bei bedeutsamen Belangen des Stadtbildes oder gar des Denkmalschutzes Vorrang eingeräumt werden. Beseitigungsanordnungen stehen zwar allgemein im Ermessen der Gemeinde, und dies gilt auch, wenn sie sich aus dem Vollzug eines Baugebots ergeben25. Die Ausübung des Baugebotsermessens beinhaltet dabei zugleich auch die Ausübung des Beseitigungsermessens: Wenn ein zulässiges Baugebot ergeht, so „ist“ der Adressat nach § 176 Absatz 5 auch zu einem Abbruch „verpflichtet“, ohne den jenes nicht realisiert werden kann. Die Baugebotsinstanz wird allerdings gerade in den Fällen, in welchen eine Beseitigung notwendige Folge eines Baugebotes ist, eingehend überlegen, ob die Voraussetzungen für ein solches, insbesondere die Erforderlichkeit26, zweifelsfrei vorliegen, ob die Bebauungsentscheidung nicht doch weitgehend dem Eigentümer überlassen werden soll, der immerhin in der Regel in Vertragsbeziehun24 Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005 § 176 Rn 5; Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 21. 25 § 179 Absatz 1 wie § 176 Absatz 1 beinhalten Kann-Gebote. 26 Vgl. unten C. VI.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

gen zu dritten Nutzungsberechtigten steht und vielleicht gar noch finanzielle Lasten aus deren Abfindung zu tragen hat. Ein Baugebot ohne „Beseitigungskonsequenzen“ kann aber nicht erlassen werden, wenn dann seine Durchsetzung an vorhandener Bebauung scheitern sollte. b) Anpassungsbaugebot Um diese Spannungslage zwischen vorhandener Bebauung und Baugeboten abzumildern, sieht das Gesetz eine besondere Erscheinungsform des Baugebots vor: das Anpassungsbaugebot (§ 176 Absatz 1 Nummer 2); durch dieses wird die grundsätzlich strenge Bebauungsplankonformität (1 b) gelockert. Diese Anpassung betrifft Änderungen im Sinne von § 29 Absatz 1, also etwa Aufstockungen und Erweiterungen von Gebäuden, nicht aber Nutzungsänderungen27. Dies ermöglicht von vorneherein angemessene Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Belange des Eigentümers, nachdem auch bauliche Anpassungsmaßnahmen im Einzelfall ja nicht unbedingt die Nutzbarkeit des Grundstücks in dem Maße erhöhen, dass entsprechende Investitionen dem Eigentümer zuzumuten wären. Über eine flexible Handhabung des Anpassungsbegriffs kann jedenfalls der grundsätzliche Gegensatz „Baugebot, dann Beseitigung“ oder „Verzicht auf Baugebot“ auch im Sinne einer Berücksichtigung der baulichen Bestandssituation entschärft werden – weitergehend als es die Grundsätze des Baugebotsrechts (vgl. 1 a) an sich erfordern würden. Daher entspricht dem Gesetz hier großzügige Handhabung; sie hat allerdings stets zu berücksichtigen: Die Bebauung muss am Ende zum Plan passen, nicht der Plan zur Bebauung. Ergebnis: Vorhandene Bebauung steht nicht selten einem Baugebot entgegen, was schwierige Abwägungen erfordern kann. Das Beseitigungsermessen ist nach rechtsstaatlichen Kriterien auszuüben, insbesondere mit Blick auf die Zumutbarkeit der Maßnahme für sämtliche Betroffene. Durch Erlass eines Anpassungsbaugebotes kann ggf. eine ausgleichende Lösung gefunden werden.

4. Baugebot im unbeplanten Innenbereich (§ 176 Absatz 2) a) Der Anwendungsbereich und seine Grenzen In § 176 Absatz 2 ist ausdrücklich vorgesehen, dass auch für Flächen innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen Baugebote zulässig sind. Der allgemeine Rahmen für solche Anordnungen ergibt sich aus § 3428 : Das Baugebot muss also sicherstellen, dass sich die angeordnete Bebauung in die umliegende „einfügt“. Diese 27 Darauf weist zutreffend hin Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 28. 28 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176, Rn 30 f; Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 6; Allgemein zu § 34 Krebs, W., in: Schmidt-Aßmann (Hg.) Besonderes Verwaltungsrecht, 13.A. 2005, Baurecht S.487 ff.

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Einfügung weist jedoch einen wichtigen, erweiternden Unterschied gegenüber der Anpassung (3 b) auf: Sie kann – muss allerdings nicht – auch zu Nutzungsänderungen des Grundstücks führen, damit aber doch wohl auch hinsichtlich einer gegebenenfalls dort bereits vorhandenen Bebauung (vgl. 3a). Allgemein gilt jedoch: Das Baugebot darf den Rahmen des § 34 voll ausfüllen, diesen aber nicht verengen29. Ein derartiges „Einfügungsbaugebot“ ist nach dem Gesetz allerdings nur vorgesehen im Falle fehlender oder geringfügiger Bebauung auf dem Grundstück (§ 176 Absatz 2)30 ; der letztere Fall betrifft Erweiterungen/Aufstockungen. Bei „Vollbebauung“ auf einem Grundstück in diesem Bereich kommt also ein Baugebot nicht in Betracht; insoweit kann hier auch keine Beseitigung bestehender Bausubstanz verlangt werden, obwohl sich § 176 Absatz 5 nicht nur auf Absatz 1 bezieht. Es muss also eine „erweiterungsfähige“ Bebauung vorliegen. Dieser Begriff ist daher von der „Vollbebauung“ nach den Maßstäben des § 34 abzugrenzen, welche das Maximum an zulässiger Bebauung festlegen. b) Die „Baulücke“ Als Regelungsgegenstand wird vor allem die Schließung von „Baulücken“ genannt, von Räumen also, in denen eine natürliche Betrachtung einen durch umgebende Bebauung nahe gelegten Bauzusammenhang vermisst. Der Begriff der „Baulücke“ ist baurechtlich nicht näher bestimmt. Der Gesetzeswortlaut („insbesondere“) lässt zwar ein spezielles Interesse des Gesetzgebers an der Lückenschließung erkennen; doch hat er das dazu geeignete städtebauliche Instrumentarium nicht im Wege einer Sollvorschrift auf dieses Ziel ausgerichtet, was Manche nicht zu Unrecht bedauern mögen. Dem Baugebot ist damit ein wesentlicher Anwendungsbereich zwar nicht verschlossen, aber auch nicht mit Eindeutigkeit als Aufgabe zugeordnet – im Ergebnis Ausdruck einer weitreichenden der Achtung des Eigentümerbeliebens. Andererseits ist die Regelung des § 176 Absatz 2 auch nicht nur nach dem Begriff „Baulücke“ auszulegen oder gar auf diesen zu beschränken31: das Baugebot kann auch größere Flächen betreffen. Damit wirkt es dann allerdings im Ergebnis wie eine teilweise bauplanerische Fortentwicklung im unbeplanten Innenbereich, ohne dass dabei das formelle Bauplanungsverfahren einzuhalten wäre – eine wohl nicht voll durchdachte Konsequenz, die auch nicht in allen Fällen durch notwendige Rücksichtnahme auf mögliche Entschädigungsansprüche gemildert wird.

29 Stock, J. , in : Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176. Rn 31– unter Hinweis auf BVerwG 84,335 (340). 30 Köhler, H., in: Schrödter (Hg.), BauGB, 7.A. 2006, § 176 Rn 7. 31 Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005 § 176 Rn 6, nimmt allerdings eine Anwendung „ regelmäßig“ auf Baulücken an.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

c) „Anpassungsgebot“ im unbeplanten Innenbereich? Anpassung an (geringfügige) vorhandene Bebauung ist an sich begrifflich wie rechtstechnisch vorstellbar; insoweit könnte ein Anpassungsbaugebot nach oben 3b auch im unbeplanten Innenbereich zulässig sein 32. Da es jedoch an Festsetzungen eines Bebauungsplans fehlt, den ein Anpassungsbaugebot aber nach § 176 Absatz 1 Nummer 2 vorsieht, kann sich der Zulässigkeitsrahmen im unbeplanten Innerbereich nur aus der näheren Umgebung, nach § 34, ergeben33. Das spricht dafür, dass „Einfügung“ (§ 34) und „Anpassung“ (§ 176 Absatz 1 Nummer 2) zu unterscheiden sind, was ja auch die redaktionelle Fassung ( § 176 Absatz 1 und 2) nahe legt: Einfügung gestattet mehr als Anpassung – auch Nutzungsänderung; Anpassung geht von strikterer, dienender Konformität aus, „Einfügung“ lässt demgegenüber mehr Spielraum. Dies entspricht auch allgemein den planerischen Vorgaben und Wirkungen der „Eigenart der näheren Umgebung“ (§ 34 Absatz 1 Satz 1), die eben im unbeplanten Innenbereich einen größeren Gestaltungsraum eröffnet. Für den Inhalt eines Baugebotes im unbeplanten Innenbereich bedeutet das, dass dieses die Vorgaben des § 34 präzisieren, nicht allerdings verengen darf. Nicht von einem Anpassungs-, sondern von einem Einfügungsbaugebot sollte daher die Rede sein. Insgesamt spricht all dies zwar für eine Zurückhaltung bei Baugeboten im unbeplanten Innenbereich, da sie dort fehlende Planung nicht ersetzen dürfen; solche Zurückhaltung muss aber nicht so weit gehen wie im beplanten Raum. Dieses Ergebnis entspricht eben der allgemeinen Planungssystematik der §§ 29 ff: Wenn die Planungsgewalt nicht mit formellen Festlegungen eingreift, lässt sie dem Eigentümer – und eben auch der Baubehörde im Fall von Baugeboten – weiterreichende Möglichkeiten flexibler Gestaltung. Ergebnis: Im unbeplanten Innenbereich ist ein Baugebot zulässig (§ 176 Absatz 2) in Form eines „Einfügungsbaugebots“ (vgl. § 34), insbesondere – aber nicht ausschließlich – zur Schließung von Baulücken; einem solchen sind eher weitere Gestaltungsräume eröffnet als bei Vorgaben durch einen Bebauungsplan.

5. (Bau-)Gebot zur Durchsetzung nicht-baulicher Festsetzungen (§ 176 Absatz 6) § 176 Absatz 6 ergänzt Absatz 1: In dessen (beplantem) Anwendungsbereich können selbst nicht-bauliche Nutzungen durch eine Anordnung gefordert werden, welche nach der Systematik des Gesetzes hier ebenfalls „Baugebot“ heißt. Erzwungen wer-

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Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 30. Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 30; Dirnberger, F., in: Jäde / Dirnberger / Weiß, Baugesetzbuch, Baunutzungsverordnung, 5. A. 2007, § 176 Rn 6; a.A. Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 6. 33

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den kann etwa die Anlage von Spiel-, Stell- und Lagerplätzen34. Bestehende Bebauung darf dabei, soweit erforderlich, beseitigt werden (Absatz 5). Hinsichtlich der nichtbaulichen, durch Baugebot aber angeordneten Nutzungs-Anlagen kann auch deren Anpassung an – nach der Bauplanung weiterhin zulässige – bestehende Bebauung gefordert werden. Voraussetzung ist jedoch stets ein – wenigstens einfacher – Bebauungsplan35. Im unbeplanten Innenbereich kann also ein derartiges Baugebot (i.w.S.) nicht ergehen. Dies ist eine notwendige Folge der gesetzlichen Formulierung, nach der die betreffende Nutzung – durch Plan – „festgesetzt“, nicht nur (nach § 34) zulässig sein muss; auch verweist Absatz 5 gerade nicht auf Absatz 2. Durch Gesetzesergänzung sollte jedoch vorgesehen werden, dass auch eine solche Zulässigkeit genügen kann: Mit Blick auf tatsächliche Bebauungsnutzung in der nahen Umgebung kann eine derartige Nutzungsergänzung sinnvoll und sogar vom Gleichheitsgebot gefordert sein (Artikel 3 Absatz 1 GG); sie widerspricht dann weder dem Normzweck des § 34, noch dem des § 176 Absatz 2, der ohnehin nur ein eingeschränktes Baugebot zulässt. Im Übrigen gelten für das Gebot nach Absatz 6 dieselben allgemeinen und besonderen Anordnungsvoraussetzungen wie für die anderen Baugebote36. Ergebnis: Baugebote zur Durchsetzung nicht-baulicher Festsetzungen sind nach dem Gesetzeswortlaut nur im beplanten Innenbereich zulässig; sie sollten auch im unbeplanten Innenbereich ergehen können, jedenfalls soweit sie eine sinnvolle Ergänzung dort bereits ausgeübter Nutzung bringen.

6. Bauantragsgebot (§ 176 Absatz 7) a) Die Bedeutung der Vorschrift: Mindestinhalt des Baugebots Das Baugebot und eine Baugenehmigung, welche etwa zu dessen Realisierung erforderlich ist, sind streng zu trennen: ein Baugebot schließt die Baugenehmigung nicht ein37. Die Verpflichtung des Eigentümers, einen entsprechenden Antrag zu stellen, geht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die Pflicht hinaus, dem Baugebot nachzukommen, sie bedurfte daher einer speziellen gesetzli34 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10. A. 2007 § 176 Rn 11; anders als dort angenommen muss es sich dabei aber nicht um Nebeneinrichtungen einer (anderweitigen) Hauptnutzung handeln. 35 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 37. 36 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176. Rn 40. 37 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10. A. 2007, § 176 Rn 5; allgemein zum Bauantragsgebot Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, ZfBR 1990, 163 (166 f); Stüer, B., Baugebot nach § 176 BauGB – Ein stumpfes Schwert?, DÖV 1988, 337 (337 ff); Rubsamen, W., Zu den Voraussetzungen des Baugebots nach § 176 BauGB, BWVP 1990, 269 (270).

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

chen Grundlage. Das Gericht sah diese allerdings in dem (jetzigen) Absatz 8, welcher die Verpflichtung beinhalte, dem Baugebot nachzukommen38. Diese Lösung ließ sich zwar bereits als Mitwirkungspflicht des Eigentümers rechtfertigen, warf allerdings die Frage auf, inwieweit schon im Baugebot Näheres zum Erfordernis der Baugenehmigung auszuführen war: Das Bundesverwaltungsgericht hatte überzeugend begründet39, dass dazu das Baugebot keine näheren Bestimmungen enthalten könne, schon weil es das Recht des Eigentümers nicht einschränken dürfe, sein Grundstück jedenfalls nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu bebauen. Der Gesetzgeber hat daher bereits im Jahre 1990 das Bauantragsgebot ausdrücklich im Städtebaurecht verankert40. Diese jetzt in Absatz 7 enthaltene Klärung hat nicht nur Unsicherheiten in der Praxis über den Mindestinhalt eines Baugebots beseitigt; dieser muss gegenständlich (nur) so bestimmt sein (vgl. unten VI), dass Behörde und Eigentümer erkennen können, was zur Realisierung des Gebots zu geschehen hat und innerhalb welcher Fristen. Ferner ist mit der Gesetzesergänzung aber auch klargestellt, dass das Baugebot über diesen Mindestinhalt hinaus weitere Bindungen nicht auferlegen darf; denn hier beginnt die Entscheidungs- und Gestaltungssphäre des Eigentümers – im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (im Übrigen). Der Rechtsform des Bauantragsgebots kommt daher insoweit grundsätzliche Bedeutung zu, als es zeigt: Auch im Geltungsbereich eines Baugebots müssen dem Eigentümer, aus seiner grundrechtlichen Freiheit heraus, jedenfalls Gestaltungsrechte verbleiben, welche (spätere)Verfügung und Nutzung wesentlich prägen; dies ergibt sich bereits aus der baugesetzlichen Systematik, nicht nur als eine Folge grundrechtlicher Freiheit, die dies allerdings rechtfertigt und auch in der Rechtsanwendung akzentuieren sollte (vgl. D II, 5; III). Das Baugebot darf in keiner Richtung über das Baugenehmigungsrecht hinaus beschränken; es bleibt stets reines „Gesetzesfolgenund -durchsetzungsrecht“. Mit der Rechtsfigur des Bauantragsgebots als einer selbstständigen Erscheinungsform des Baugebots wurde dieser wichtige Freiheitsraum des Berechtigten gesichert. Ob ein Bauantrag gestellt werden muss, lässt sich nicht allgemein entscheiden, auch nicht im Wege einer Vermutung; es kommt auf die jeweilige gesetzliche Regelungslage hinsichtlich des Antragserfordernisses an, wie auch auf die konkret gegebene Planungssituation. Entscheidend ist stets der jeweilige Inhalt des Baugebots hinsichtlich der Realisierungsmöglichkeiten, welche er eröffnet. Ergebnis: Baugebote dürfen die Freiheit des Eigentümers nicht einschränken, nach planungsrechtlichen Vorgaben zu bauen. Soweit diese Alternativen eröffnen, kann daher nur ein Bauantragsgebot erlassen werden (§ 176 Absatz 7) – ein wichti38

BVerwGE 84, 335 (348 ff). BVerwGE 84, 335 (336 ff); dazu allgemein Fislake, H., Das Bauantragsgebot zum Baugebot, NVwZ 1990, S.1046 ff. 40 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 66, unter Hinweis auf die BT- Drucksache 11/ 6636 , S. 32 zu § 7a. 39

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ger Grundsatz, der sich schon aus der Gesetzessystematik ergibt und zugleich Grundrechtschutz verbürgt. b) Die Fristen des § 176 Die Fristenregelungen des § 176 (Absatz 1, 7 und 8) müssen dieser Bedeutung des Baugebots entsprechend bestimmt und koordiniert werden. Dabei sind zu unterscheiden - die nach Absatz 1 zu bestimmende Frist, bis zu deren Ablauf die angeordnete Bebauung nicht etwa zu beginnen hat, sondern vollständig abgeschlossen sein muss (Bebauungsfrist), und - die nach Absatz 7 festzulegende Frist, innerhalb deren der Genehmigungsantrag zu stellen ist (Bauantragsfrist), nach deren Ablauf auch die Einleitung des Enteignungsverfahrens zulässig ist (Absatz 8). Beide Fristsetzungen gehören zum Mindestinhalt eines Baugebots, es sei denn, eine Antragsfrist sei nicht erforderlich, weil die angeordneten Maßnahmen eine Genehmigung nicht voraussetzen41. Soweit ein Bauantrag gestellt werden muss (oben a), ist von der Bauantragsfrist (Absatz 7)42 auszugehen; sie ist aufgrund von Erfahrungswerten, unter Berücksichtigung einer Toleranz, nach der Zeitdauer zu bestimmen, die dem Berechtigten zu Vorbereitung und Ausarbeitung des Antrags zur Verfügung stehen muss. Dabei ist zu einer gewissen Großzügigkeit etwa dann zu raten, wenn im Einzelfall Alternativen in Betracht kommen, insbesondere um eine optimale wirtschaftliche Realisierung zu gewährleisten. Sondierungen hinsichtlich der jeweiligen marktüblichen Kosten können auch längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Bebauungsfrist ist im Anschluss daran festzulegen. Sie muss über die Bauantragsfrist hinaus einbeziehen - die Bauantragsbearbeitungszeit bei der Behörde (Baubescheidsfrist) sowie - die erforderliche Baufertigstellungszeit, wobei die erforderlichen bautechnischen Ausschreibungs- und Submissionsfristen und die marktüblichen Ausführungsbedingungen zugrunde zu legen sind. Auch hier sind ausreichende zeitliche Toleranzen zuzulassen.

41 Eine derartige Konstellation könnte sich nach geltendem Recht etwa im Rahmen von Absatz 6 ergeben. 42 Vgl. zum Folgenden Gaentzsch, G., Bundesbaugesetz 3.A. 1977 § 39 b Rn 11; Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: FS für Weyreuther, 1993, 349 (363 ff m. w. Nachw.); Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 25 stellt auf Umfang und Schwierigkeit des Einzelfalls ab, unter Hinweis auf das BVerwG vom 15. 2. 1990, das bei einer viergeschossigen Baulücke 6 Monate Antrags- und weitere 18 Monate Bebauungsfrist „weder kommentiert noch beanstandet“ habe.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Die Formel, bei all dem sei „von einem wirtschaftlich denkenden, zielstrebig an die Verwirklichung gehenden Eigentümer“43 auszugehen, hilft in der Praxis kaum weiter. Da sich alle diese Fristen (Bauantragsfrist, Baubescheidsfrist, Baufertigstellungsfrist) zur Bebauungsfrist nach Absatz 1 summieren, wird bei dieser in aller Regel insgesamt eine längere Dauer der Realisierung einzukalkulieren sein. Andernfalls droht Rechtswidrigkeit wegen Unzumutbarkeit44 ; der anordnenden Behörde muss allgemein klar sein, dass sich ein Baugebot nur selten in kurzer Zeit wird verwirklichen lassen – ganz abgesehen von Rechtsmitteln und Entschädigungsproblemen45. Schon deshalb sollte hier nicht gedrängt werden, und zwar durchaus auch im öffentlichen Interesse. Einzuplanen ist insbesondere auch, ganz allgemein, dass ein Berechtigter einer behördlichen Anordnung nicht so spontan und aktiv nachkommen wird wie wenn es gilt, eigene Initiativen zu verwirklichen. Deshalb ist, gerade für sachgerechte Fristsetzungen, stets ein enger Kontakt der Anordnungsbehörde mit den berechtigten Eigentümern, vor allem bei notwendiger Bauantragsstellung, sowie auch mit den Trägern öffentlicher Belange dringend erforderlich. Eine Betrachtung der Erscheinungsformen des Baugebots liefert also bereits wichtige Ausgangspunkte und Orientierungen für dessen nun folgende nähere Untersuchung. Hier wird schon deutlich, welche Grenzen dieses Eingriffsrecht an Rechtspositionen Eigentümers findet. Ergebnis: Bei Fristsetzungen – ein Mindestinhalt von Baugeboten – ist großzügig zu verfahren, vor allem hinsichtlich der Bauantragsfrist, aber auch der Baubescheids- und der Baufertigstellungsfrist. Fristsetzungen sollten nicht „diktiert“, sondern in enger Abstimmung mit den Betroffenen festgesetzt werden.

III. Die Ordnungsgegenstände der Baugebote 1. Grundstücke Das sachlich-gegenständliche Substrat, auf das sich Regelungen der Baugebote beziehen, auf dem allein sie verwirklicht werden können, sind ausschließlich „Grundstücke“ oder „grundstücksgleiche Rechte“ (§ 200). Der Begriff des „Grundstücks“ ist im Baurecht nicht einheitlich gesetzlich definiert46. Es kommt auf den jeweiligen Re43 Vgl. Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 25; zum Begriff des „vernünftigen Eigentümers“ Leisner, W., Eigentum 1996, S. 206 ff. 44 Vgl. dazu die näheren Ausführungen C. VIII. 45 In der Praxis begegnen häufig Fristen von 3 – 5 Jahren, die überdies bei verzögernden Suspensiveffekten durch insbesondere nachbarliche Rechtsmittel nicht eingehalten werden können; vgl. zur Problematik möglicher Rechtsmittel unten VI, 3; Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch – Praxiskommentar, 1999, § 176 Rn 3. 46 Vgl. Hofherr, E., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand September 2006, § 200 Rn 4 ff. ; Battis, U., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch , 10.A. 2007, § 200 Rn 2 ff.

III. Die Ordnungsgegenstände der Baugebote

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gelungsbereich an. Zu unterscheiden sind im vorliegenden Zusammenhang drei Grundstücksbegriffe: - Grundstücke im liegenschaftsrechtlichen (formellen) Sinn, auch Buchgrundstücke genannt: ein gegenüber anderen Teilen der Erdoberfläche räumlich abgegrenzter Teil derselben, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einem eigenen Namen ins Verzeichnis der Grundstücke eingetragen ist47. - Grundstücke im bauplanungsrechtlichen Sinn (Baugrundstücke) (§§ 2 Absatz 8 Nummer 1 d, 9 Absatz 1 Nummer 3): eine Fläche, auf der nach Bauplanungsrecht ein Hauptgebäude zulässig ist48. Diese „bebaubaren“ Grundstücke können nun in ein Baulandkataster eingetragen werden (§ 200 Absatz 3). - Grundstücke im wirtschaftlichen (materiellen) Sinn: dies sind Flächen, die nach der Verkehrsanschauung wirtschaftlich zusammenhängen ( § 206)49. Allen diesen Grundstücksbegriffen ist gemeinsam, dass sie sich nur auf Buchgrundstücke beziehen können; nicht jedes Buchgrundstück ist jedoch ein Baugrundstück, und ein „wirtschaftliches Grundstück“ kann aus mehreren Buchgrundstücken bestehen. Für das Recht der Baugebote ist der Begriff der Grundstücke als ihres Substrates bedeutsam nach § 176 und § 175 Absatz 4 (vgl. unten 3). Dabei ist Begriffsinhalt der des Buchgrundstücks. Wo jedoch die Bestimmungen an die wirtschaftliche Bedeutung des zu bebauenden Grundstücks anknüpfen, ist der Begriff des Grundstücks im wirtschaftlichen Sinn zugrunde zu legen (oben c). In aller Regel ist „Grundstück“ als Gegenstand eines Baugebots auch ein solches im bauplanungsrechtlichen Sinn, allerdings mit Ausnahme des § 176 Absatz 6. Im Ergebnis bedeutet dies: Die gegenständliche Abgrenzung der Baugebote erfolgt stets nach Sachenrecht/Grundbuchrecht. Dabei ist aber für das Baugebotsrecht der Regelungsgegenstand „Grundstück“ häufig im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs von Buchgrundstücken wenn nicht zu bestimmen, so doch zu beurteilen – ein für die Gewährleistung der Eigentümerrechte, insbesondere der Zumutbarkeit, wichtiger Grundsatz.

2. Grundstücksgleiche Rechte (§ 200 Absatz 2) Diese dem Grundstückseigentum nahe kommenden, selbstständig ins Grundbuch eingetragenen und als solche belastbaren Rechte50, etwa das Erbbaurecht, können 47

RGZ 84, 270; BGHZ 49, 147;BVerwG 44, 251; 66, 69. Vgl. Praml, R., Das Baugrundstück im Planungsrecht, DVBl. 1980, 218 (222). 49 Vgl. dazu Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10.A. 2007, § 176 Rn 4; Schrödter, W., in: Schrödter, BauGB, 7.A. 2006, § 200 Rn 3. 50 Vgl. dazu Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 200 Rn 7. 48

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

ebenso wie Grundstücksflächen Ordnungsgegenstände von Baugeboten sein. Dass dies (nur) „entsprechend“ gilt (§ 200 Absatz 2), begründet keinen Unterschied zu den Fällen, in denen Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte im Gesetz redaktionell gleichgestellt werden (§§ 48 Absatz 1 Nummer 2, 61, 86 Absatz 1 Nummer 2, 106 Absatz 1 Nummer 2, 3). Ein Baugebot wird in der Regel zugleich auch das Grundstück betreffen, auf dem das grundstücksgleiche Recht lastet. Der wirtschaftliche Zusammenhang von Grundflächen und grundstücksgleichen Rechten ist hier ebenso besonders zu beachten wie der zwischen wirtschaftlich zusammenhängenden Flächen (vgl. oben 1.). Gerade bei Flächen, auf denen derartige Rechte ruhen, wird nicht selten Unwirtschaftlichkeit die Folge von Baugeboten sein; dies trifft auch für Grundstücke zu, für welche die Bestimmungen des § 175 Absatz 4 gelten (im Folgenden 3.). Wie bei Baugeboten auf den öffentlichen Bedarf Rücksicht zu nehmen ist, wobei auch die wirtschaftliche Nutzbarkeit beachtet werden muss, so gilt dies auch hinsichtlich der privaten Interessen im Falle von Grundstücken, die mit grundstücksgleichen Rechten belastet sind. Hier ist daher bei Baugeboten in besonderem Maß auf die Zumutbarkeit zu achten (im Folgenden VIII.), und zwar sowohl gegenüber den Inhabern der grundstücksgleichen Rechte wie gegenüber den Eigentümern von Grundstücken, hinsichtlich deren jeweiliger persönlicher Verhältnisse wie ihrer Rechtsbeziehungen untereinander.

3. „Privilegierte Grundstücke“ Eine besondere Kategorie von Grundstücken regelt § 175 Absatz 4. Diese sind „privilegiert“ in dem Sinn, dass die Nutzer dieser Flächen ihre vorrangig im öffentlichen Interesse verfolgten Zwecke (etwa Landesverteidigung, Telekommunikation) städtebaulichen Belangen entgegenhalten dürfen, welche u. a. auch durch Baugebote verfolgt werden können. Nach dem Gesetzeswortlaut i.V.m. den darin enthaltenen Verweisungen auf § 26 Nummer 2 und 3 sollen die Bedarfsträger jener öffentlichen Interessen Baugebote nach § 176 durchführen oder dulden, was die Gemeinde jedenfalls grundsätzlich von ihnen verlangen kann51. Sie sind jedoch berechtigt dies zu verweigern, so weit dadurch „die Erfüllung (ihrer) Aufgaben beeinträchtigt wird“. Insoweit steht ihnen also ein Beurteilungsermessen zu, verbunden mit einer Begründungspflicht. Sie sind aber Baugeboten gegenüber nicht soweit privilegiert wie durch ihre Freistellung von Vorkaufsrechten (§ 26). Nach der Textfassung der – allerdings missverständlich formulierten – Vorschrift gilt daher § 176 zwar hinsichtlich der Voraussetzungen eines Baugebots, nicht aber bezüglich deren Rechtsfolgen – obwohl nach Satz 1 § 176 „nicht anzuwenden“ ist. Die wesentliche Bedeutung von § 175 Absatz 4 liegt jedenfalls darin, dass bei den nach ihren Nutzungszwecken privilegierten Grundstücken die behördliche Letztent51

Vgl. dazu Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10.A. 2007, § 175 Rn 10 ff.

IV. Adressaten der Baugebote

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scheidung über das etwaige Baugebot bei den öffentlichen Bedarfsträgern liegt, nicht bei den Gemeinden. Diese privilegierten Belange sind allerdings von ihnen auch hier gegenüber den städtebaulichen Entwicklungen abzuwägen52. Die Plankonformität beurteilt sich dabei, im Falle des § 26 Nummer 3, nicht nach allgemeiner Bauplanung, sondern nach den Ergebnissen des Planfeststellungsverfahrens (§ 38). Ergebnis: Der Begriff „Grundstück“ ist grundsätzlich im formellen, liegenschaftsrechtlichen Sinn zu verstehen („Buchgrundstück“); im wirtschaftlichen Sinn, der einen Zusammenhang von solchen Grundstücken umfassen kann, ist er bei Beurteilung ökonomischer Auswirkungen zugrunde zu legen. Dies gilt auch für grundstücksgleiche Rechte, bei welchen besonders der Zusammenhang mit dem durch sie belasteten Grundstück zu berücksichtigen ist. Bei den sog. „privilegierten Grundstücken“ (§ 175 Absatz 4) liegt die behördliche Letztentscheidung über ein etwaiges Baugebot bei den öffentlichen Bedarfsträgern, nicht bei den Gemeinden.

IV. Adressaten der Baugebote 1. Der Eigentümer als Adressat Das Baugebot ist nur wirksam, wenn es an denjenigen ergeht, ohne dessen Duldung und/oder Mitwirkung es nicht verwirklicht werden kann. In der Regel wird dies jedenfalls der Eigentümer, bei grundstücksgleichen Rechten auch ein mit ihm nicht identischer Inhaber des auf dem Grundstück liegenden grundstücksgleichen Rechts sein (vgl. oben II. 2.). Wegen seiner dinglichen Wirkung bindet das Baugebot auch den Rechtsnachfolger53. Da Bebaubarkeit der Grundstücke nach Bauplanungsrecht Voraussetzung für ein rechtmäßiges Baugebot ist, muss eine solche unter Umständen. erst hergestellt werden, bevor die Anordnung an den Realisierungsberechtigten ergehen darf. Kann also das gebotsgegenständliche Grundstück nur im Rahmen einer zusammenhängenden Bebauung mit einem anderen – meist dem Nachbargrundstück – bebaut werden, so muss die Gemeinde unter Umständen vorab bodenrechtliche Maßnahmen (Umlegung, Grenzregelung) durchführen54, nach welchen dann der Eigentümer zweifelsfrei bestimmt werden kann. Betreffen Baugebote mehrere Grundstücke oder grundstücksähnliche Rechte desselben Eigentümers, so können sie in einem Verwaltungs-

52

Das gilt schon nach allgemeinen bau(planungs)rechtlichen Grundsätzen (vgl. § 1 Absatz 6), insbesondere aber eben auch im speziellen Recht der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen (vgl. § 136 Absatz 4 Satz 3). 53 Stock, J., in: Ernst/ Zinkhan / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 2; Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 10. 54 BVerwGE 88,97 (99) – JZ 1992,90 m. Anmerkung Battis.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

akt zusammengefasst werden; Baugebote sind zwar materiell grundstücks-, formal aber adressatenbestimmt.

2. Mehrere Grundstücke – mehrere Eigentümer Hat das Baugebot mehrere Grundstücke zum Ordnungsgegenstand, welche unterschiedlichen Eigentümern gehören, so kann die Anordnung einheitlich als „gemeinschaftliches Baugebot“ an diese mehreren Berechtigten ergehen55. Wird eine gemeinsame Bebauung erforderlich, bei der die Realisierungsmaßnahmen eigentümerübergreifend ineinander greifen müssen, so ist dies Letztere durch entsprechende Anordnungen sicherzustellen. Es muss jedoch nicht im Wege von Auflagen gegenüber allen einzelnen Adressaten im Baugebot selbst angeordnet werden. Dies wäre jedenfalls insoweit unzulässig, als dadurch die Kooperationsrechte der Eigentümer unzulässig eingeengt würden56. Es ist nicht Sache der Gemeinde sondern der Betroffenen, die Durchführung der angeordneten Bebauung zu koordinieren und die Maßnahmen aufeinander abzustimmen57. Ein gemeinschaftliches Baugebot an mehrere Eigentümer verschiedener Grundstücke kann dann nicht ergehen, wenn es ein „Stufenbaugebot“ beinhalten würde, in dem Sinn, dass erst durch die Anordnung der Bebauung eines Grundstücks die Bebaubarkeit eines anderen, etwa des Nachbargrundstücks, geschaffen werden soll58. Denn die planungsrechtliche Bebaubarkeit muss bereits vor dem Erlass des Baugebots vorliegen, durch welches sie ja realisiert werden soll. Sinnvoll und unter Umständen rechtsstaatlich geboten kann es aber sein, in einem solchen Fall einen demnächst zu Verpflichtenden auf das zu erwartende Gebot an ihn hinzuweisen. Er kann dann gegebenenfalls im Wege einer (nachbarrechtlichen) Dritteinwendung seine Interessen rechtzeitig anmelden, was im Ergebnis einer zügigen Durchführung der Bebauung dienlich sein wird.

3. Andere Realisierungsverpflichtete als Adressaten Adressaten eines Baugebots müssen neben den Eigentümern stets auch diejenigen (anderen) Rechtsträger sein, ohne deren Duldung/Mitwirkung ein Baugebot nicht 55 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10.A. 2007 § 176 Rn 2 – so früher ausdrücklich § 39 b Absatz 3 BBauG; vgl. allg. dazu Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: FS für Weyreuther, 1993, 349 (370 f.). 56 Vgl. dazu näher oben II 6 zum Bauantragsgebot. 57 Die dabei – naturgemäß – auftretenden Schwierigkeiten haben daher insoweit die Eigentümer in Abstimmung ihrer etwaigen Bauanträge zu bewältigen, nicht die Gemeinde im Baugebot; dies kommt bei Krautzberger (FN 170) Rn 2 nicht zum Ausdruck. 58 Vgl. BVerwGE 88, 97 (99).

V. Ermessen

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verwirklicht werden kann. Es sind dies vor allem Mieter, Pächter, aber auch sonstige obligatorisch oder dinglich – etwa durch Dienstbarkeiten – Berechtigte59. Insbesondere bei Nutzungsänderung durch Baugebote im Falle von § 176 Absatz 2 (vgl. oben II. 4.) kann dies von Bedeutung werden. Gegenüber Mietern und Pächtern etwa sind entsprechende Anordnungen zu erlassen. Soweit erforderlich sind deren Verträge aufzuheben oder entsprechend anzupassen (§ 182 ff). Dabei ist dann unter Umständen auch Entschädigung zu leisten (§ 185) oder Ersatz anzubieten (§ 182 Absatz 2). Neben diesen Bestimmungen kommt die allgemeine Zumutbarkeitsregelung des § 176 Absatz 3, die nur für Eigentümer gilt, nicht mehr zur Anwendung, da jene Normen die Zumutbarkeit bereits näher konkretisieren. Darüber etwa hinausgehende Anforderungen an die Zumutbarkeit können auch nicht daraus abgeleitet werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch der Mieter durch Art.14 Absatz 1 Satz 1 GG geschützt wird60. In der Praxis stellen diese Rechtspositionen der anderen Realisierungsbetroffenen, insbesondere der Mieter, die kommunal-, vor allem sozialpolitisch wohl wichtigste Hürde für Baugebote dar; hier lassen sich Zumutbarkeitsbedenken oft noch weit schwerer überwinden als nach allgemeinem Eigentumsrecht (vgl. dazu im Folgenden D. III. 5. d). Im Folgenden ist vereinfachend regelmäßig von den Eigentümern als den Berechtigten die Rede; gemeint sind damit aber immer auch andere Berechtigte, soweit die Baugebote in ihre jeweiligen Rechtspositionen eingreifen. Ergebnis: Adressat des Baugebots ist der Eigentümer des Grundstücks; gegenüber mehreren Eigentümern kann ein gemeinschaftliches Baugebot erlassen werden, in diesem dürfen aber deren rechtliche Beziehungen untereinander nicht mehr als erforderlich geregelt werden. Darüber hinaus ist das Gebot auch an andere Berechtigte zu richten (Mieter, Pächter, obligatorisch oder dinglich Berechtigte), ohne deren Mitwirkung es nicht realisiert werden kann. Praktisch ergeben sich daraus oft erhebliche Hürden für die Gemeinde.

V. Ermessen 1. Das gemeindliche Ermessen Die Gemeinde „kann“ ein Baugebot erlassen (§ 176 Absatz 1, 2, 7). Nach allgemeinen Grundsätzen ist dies als Einräumung eines Ermessens zu verstehen.61 Auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen darf die Gemeinde also von einer solchen Anord-

59 Vgl. dazu Finkelnburg, K., / Ortloff, K.-M., Öffentliches Baurecht, Band I, 2.A. 1990, § 21, II, 3. 60 BVerfGE 95, 1 (8 ff). 61 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 27; Köhler, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch,7.A. 2006, § 176 Rn 4; BVerwGE 84, 335 (344 f).

62

C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

nung absehen und darüber nach Zweckmäßigkeit entscheiden62. Der Zusatz „pflichtgemäß“63 weist darauf hin, dass das Gebot im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenstellung der Gemeinde angeordnet werden muss. Es darf dies also wohl nicht allein aus erwerbswirtschaftlichen Gründen erfolgen. Dieses Ermessen ist systematisch die notwendige Folge des Planungsermessens der Gemeinde; denn das Baugebot darf ja grundsätzlich nur planungskonform ergehen, da es Fort- und Durchsetzungsform der Planung ist64 ; es muss daher unter denselben Grundsätzen stehen wie diese selbst. Man mag dies bedauern, und in nicht seltenen Fällen von Missständen, insbesondere von Verunstaltungen des Stadtbildes, drängt sich schon die Frage auf, weshalb denn niemand die Gemeinde verpflichten kann, etwa hässliche Baulücken schließen zu lassen65. Das geltende Baurecht kennt aber zwar ein Recht des Nachbarn auf „Licht und Luft“, etwa im Rahmen erforderlicher Abstände66, nicht aber ein weiterreichendes „Recht auf (schöne) Aussicht“, noch weniger einen entsprechenden Rechtsanspruch von Passanten. Besteht allerdings ein Anspruch eines Dritten auf Verwirklichung einer ihn begünstigenden Festsetzung eines Bebauungsplans, etwa auf Schaffung einer Lärmschutzeinrichtung, so hat sich eben die Gemeinde insoweit selbst gebunden und ist daher erforderlichenfalls zum Erlass eines entsprechenden Baugebots verpflichtet67.

2. Ermessensschranken Bauplanung ist Normsetzung, und die rechtsstaatliche Verwaltung ist zum Normvollzug verpflichtet68. Gerade weil das Recht der Baugebote nicht „dicht“ geregelt ist, muss dieses sehr allgemein eingeräumte Ermessen im Sinne der Gesetzesbindung der Verwaltung schärfer konturiert und auch eingegrenzt werden. Dazu lassen sich den Gewichtungen der gemeindlichen Aufgabenstellung orientierende Abwägungsgesichtspunkte entnehmen. So wird neuerdings dem Umwelt-, insbesondere dem Lärmschutz besonderes Augenmerk zu schenken sein. Die Gemeinde ist unter Umständen berechtigt, insoweit ihre Verpflichtungen auf bauunwilAllg. zum Ermessensbegriff Brenner, M., Öffentliches Baurecht, 2.A. 2006, S.89 ff.; Stober, R., in: Wolff / Bachhof / Stober, Verwaltungsrecht I, 10.A. 1994, § 31 Rn 31 ff; Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 16.A. 2006, § 7 Rn 1 ff; Peine, F.-J., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2.A. 1995, § 4 I Rn 65 ff. 63 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 27. 64 Vgl. oben II. 1. ff. 65 Vgl. Runkel, P. / Portz, N., Baurecht für die Kommunale Praxis, 3.A. 1998, Rn 770. 66 Grotefels, S., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht 2.A. 2002, § 17 Rn 40; Krist, M., in: Wirth, Darmstädter Baurechtshandbuch, 2.A. 2005, § XI, Rn 429. 67 Köhler, H., in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7.A. 2006, § 176 Rn 4; offengelassen von BVerwG 84, 335 (353). 68 Schnapp, F., in: v. Münch / Kunig (Hg.), GG, 4./5. A. 2001,Bd.2., Art. 20 Rn 43; SchulzeFielitz, H., in Dreier, (Hg.), GG, Bd.2 , 2.A. 2006, Art. 20 Rechtsstaat Rn 96 ff; Kraft, I., Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im deutschen Rechtsverständnis, BayVBl. 2007, 577 ff. 62

V. Ermessen

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lige Eigentümer im Ergebnis, jedenfalls teilweise, abzubürden, indem sie etwa durch Baugebote „Schallmauern“ herstellen lässt. Ein weiteres ermessenslenkendes Beispiel bietet der Denkmalschutz: Von jeher war es Aufgabe der Gemeinde, Verunstaltungen entgegenzuwirken, hier greifen auch ihre kulturpflegerischen Verpflichtungen ein. Schließlich tritt im Zusammenhang mit Baulücken nicht selten eine sicherheitsrechtliche Problematik auf („dunkle Winkel“). Selbst wenn den Bürgern insoweit (meist) kein Recht auf gemeindliches Tätigwerden zusteht, den Behörden zwar ein Recht, nicht aber eine Pflicht des Einschreitens zum Schutz privater Belange zuerkannt ist, (z. B. Art. 2 Absatz 2 PAG), so ist es doch zulässig – und häufig auch politisch wirksam – dass Private mit Nachdruck bei der Gemeinde eine bestimmte Ermessensausübung anmahnen. Auch die Kommunalaufsicht kann in diesem Sinne aktiviert werden. Ein offensichtlicher Ermessensnichtoder Ermessensfehlgebrauch könnte auch kausal für Schäden werden, die dann zu Amtshaftungsklagen führen. In „argen Fällen“ jedenfalls ist das gemeindliche Ermessen also doch durch Ermessensschranken eingeengt, welche das „Kann“ bei Baugeboten zum „Muss“ verdichten, jedenfalls bei klarer Alternativlosigkeit und nicht auszuschließenden drohenden Schäden. Bei der Ausübung des Ermessens hat die Gemeinde stets die äußeren und inneren Ermessensschranken der allgemeinen Rechtsstaatlichkeit und der zulässigen Ziele von Baugeboten zu beachten69. Das Ermessen muß in bestimmter, geeigneter70, (zur Zielerreichung) erforderlicher und zumutbarer Weise ausgeübt werden. Unzumutbarkeit kann sich dabei nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen ergeben71, es müssen hier – es können nicht nur72 – auch persönliche Gründe berücksichtigt werden, etwa Alter oder Krankheit; denn Unzumutbarkeit stellt, in ihren Ausprägungen, eine verfassungsrechtlich äußere Ermessensschranke dar. Ist die Gemeinde selbst Eigentümerin eines Grundstücks, so kann sie bei dessen Veräußerung privatrechtlich mit den Erwerbern vereinbaren, dass es entsprechend den zulässigen Festsetzungen eines noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplans zu bebauen ist73. Vor Eintritt der Bestandskraft des Bebauungsplanes kann sich jedoch der Verpflichtete gegen Erlass und Durchsetzung einer solchen Anordnung zur Wehr setzen; denn niemand darf durch Baugebot gezwungen werden, entgegen den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder nach Festsetzungen zu bauen, die noch nicht binden; solche Wirkungen können auch nicht durch Baugebot vorverlegt werden.

69

Näher dazu im Folgenden VI. ff. Vgl. dazu BVerwGE 84, 335 (344). 71 Dazu näher im Folgenden VIII. 72 So aber Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 27. 73 BGH MDR 1986, 125. 70

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

3. Baugebot als gemeindliches Einvernehmen Erlässt eine Gemeinde ein Baugebot, so kann sie insoweit ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB nicht mehr verweigern, als die Entscheidung nach dieser Vorschrift gerade den Zustand verwirklichen soll, den das Baugebot erreichen will. Steht dagegen das Baugebot der Maßnahme entgegen, zu welcher die Gemeinde nach § 36 ihr Einvernehmen erklären soll, so gilt dieses als verweigert. In allen Fällen eines Baugebots gilt also die Einvernehmensentscheidung als durch die Baugebotsentscheidung ersetzt; die Ermessenserwägungen sind daher jedenfalls entsprechend zu koordinieren. Ergebnis: Der Erlass des Baugebots steht im Ermessen der Gemeinde. Dies ist systemkonform, da ihr ja auch ein Planungsermessen zusteht. Sie hat dabei aber die rechtsstaatlichen Ermessenschranken zu berücksichtigen, insbesondere die Verhältnismäßigkeit, sowie etwaige nachbarliche Rechtsansprüche. Überdies haben die gemeindlichen Aufgaben, nach ihrer Gewichtung, ermessenslenkende Bedeutung. Das Baugebot ersetzt das gemeindliche Einvernehmen (§ 36).

VI. Bestimmtheit des Baugebots74 1. Allgemeines Von besonderer Bedeutung ist es für die Zulässigkeit eines Baugebots, dass bei ihm der allgemein-rechtsstaatliche und damit verfassungsrechtliche Grundsatz der Bestimmtheit beachtet wird75. Dieses Bestimmtheitsgebot ist für das Verwaltungsrecht in § 37 Absatz 1 VwVfG konkretisiert76 : Der Eigentümer muss feststellen, die Gemeinde muss erkennen können und erkennen lassen, was und wie sie dies durchsetzen wird; in „bestimmter“ Weise sind der Inhalt und vor allem auch die Schranken des Gebots festzulegen. Das Baugebot greift in die Nutzungsbefugnis des Berechtigten hinsichtlich seines Eigentums ein; damit berührt es (jedenfalls faktisch) in seinen Auswirkungen häufig auch die Verfügungsbefugnis. Die Veräußerungschancen mögen dadurch, nicht nur auf Zeit, erheblich sinken, können doch einem Erwerber nicht mehr die Chancen einer Eigengestaltung geboten werden. Daher ist hier durchgehend eine strenge Beachtung des Bestimmtheitsgebots erforderlich. Dies gilt aber – was zu wenig beachtet wird – nur bezüglich dessen, was das Baugebot baurechtlich 74

Allgemein dazu Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, ZfBR 1990, 163 ff. 75 Degenhart, C., Staatsrecht I, 2004, Rn 356; Papier, H-J., / Möller, J., Das Bestimmtheitsgebot und seine Durchsetzung in: AöR 122 (1997). S. 177 ff.; Sommermann, K.-P., in: v. Mangoldt / Klein / Starck , GG, Bd. 2, 5.A. 2005, Art. 20 Rn 289 ff.; Schulze-Fielitz, H., in: Dreier, GG, Bd.2, 2.A. 2006, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn 128 ff.; BVerfGE 31, 225 (264); 83, 130 (145); 84, 133 (149): 87. 234 (263). 76 BVerwGE 84, 335 (338 ff); Ziekow, J., VwVfG, 2006, § 37 Rn 1; Schwarz, K.-A., in: Felding / Kastner / Wahrendorf, Verwaltungsrecht VwVfG VwGO, 2006, § 37 Rn 6.

VI. Bestimmtheit des Baugebots

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überhaupt beinhalten kann. Was mit ihm gar nicht festgelegt werden darf, kann auch nicht durch eine optimale Beachtung des Bestimmtheitsgebots sein zulässiger Inhalt werden. Unter Berufung auf erforderliche Bestimmtheit dürfen auch nicht – eine Versuchung für die Praxis – die baurechtlichen Festlegungsbefugnisse der Gemeinde durch Baugebote erweitert werden.

2. Keine Änderung der durch Bebauungsplan eröffneten Bebauungsund Nutzungsmöglichkeit – Rechte des Eigentümers Der zentrale Grundsatz der Planungskonformität des Baugebots besagt: Das Baugebot darf die bebauungsplanerische Bodennutzung nicht ändern77; das Baugebot „hat nur die Bedeutung, dass eine Bebauung als solche vom Grundstückseigentümer alsbald in Gang gesetzt wird“78. Was das Baugebot rechtlich vorgibt, muss sich im Rahmen eines rechtswirksamen Bebauungsplans halten. Das Baugebot darf diesen nicht ändern und auch nicht „konkretisierend verengen“, indem gewisse dem Eigentümer planungsrechtlich eröffnete Bebauungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, die dem Eigentümer unter Umständen erhebliche Freiräume hinsichtlich von Art und Ausmaß der Nutzung gewähren79. Die Baugenehmigungsbehörde, welche über einen entsprechenden Antrag des Eigentümers zu entscheiden hat80, wäre an derartige Festlegungen im Baugebot nicht gebunden81. Andererseits gibt es auch keinen gesetzlichen Mindestinhalt des Baugebots in dem Sinne, dass dort etwa nur ein Mindestmaß geforderter Nutzung festzulegen wäre; es können vielmehr „auch über solche Mindestangaben hinausgehende Beschreibungen der (mit dem Baugebot angestrebten) Nutzung in ihm enthalten sein“82 – aber eben nicht unter Verengung der durch den Bebauungsplan offen gehaltenen Möglichkeiten83. 77

Vgl. oben III. 1.; ausdrücklich BVerwGE 84, 335 (339 f); Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6; Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 21; Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10. A. 2007, § 176 Rn 4. 78 BVerwGE 84, 335 (339 f). 79 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 21; gegen zu weitgehende Vorgaben im Baugebot auch Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 349 (358), unter Kritik früherer Rechtsprechung; Stüer, B., Baugebot nach § 176 – Ein stumpfes Schwert?, DÖV 1988, 337 (338 f). 80 Vgl. oben II. 6. zum Bauantrag(sgebot). 81 Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6. 82 BVerwGE 84, 335 (342). 83 Köhler, H., Anmerkung zu BVerwGE 84,335, DVBl. 1990, 581 (583); derselbe in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7.A. 2006, § 176 Rn 31 hält allerdings eine Verengung für zulässig, soweit die Gemeinde bei Verwaltungsvollstreckung eine Ersatzvornahme durchführen darf. Vgl. dazu auch Geimer, R., Das Baugebot nach dem Bundesbaugesetz, VR 1981, 432; die dort insoweit vorgeschlagene Unterscheidung zwischen beplantem und unbeplantem Innenbereich bezieht sich wohl nur auf die in Letzterem mögliche Veränderung der Nutzungsmöglichkeiten.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich lediglich auf Festsetzungen, die sich in diesem Rahmen halten. Insoweit sind aber nicht die „Anforderungen an die Bestimmtheit des Baugebots gering zu halten“84, sondern der Inhalt der Festlegung ist lediglich so zu fassen, dass er dem planungsrechtlich Möglichen entspricht; er kann dies auch verdeutlichen. Weiterreichende Anordnungen machen das Baugebot zwar nicht nichtig, wohl aber rechtswidrig (anfechtbar). Es darf eben überhaupt nichts rechtlich Unmögliches verlangt werden, etwa ein nicht genehmigungsfähiger Bau im Außenbereich85.

3. Bestimmte Frist Das Baugebot ist nur dann „bestimmt“, wenn es eine angemessene Frist zur Gebotsbefolgung setzt86. Dazu muss zunächst die Frist eindeutig in angemessener Länge festgelegt werden; davon war schon die Rede87. Sind bereits Einwendungen Dritter erhoben, welche die Erfüllung des Gebots voraussichtlich verzögern werden, so ist die Frist jedenfalls dann „bestimmt“, wenn die dafür erforderliche Klärungs-/Entscheidungszeit einkalkuliert wird. Eine andere Frage ist es dagegen, ob lediglich mögliche, wenn auch vielleicht zu erwartende Einwendungen von Adressaten oder Dritten bereits bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit durch das Bestimmtheitsgebot einzukalkulieren sind. Dies ist zu verneinen. Abgesehen davon, dass der Eintritt solcher Umstände kaum mit Sicherheit vorauszusehen ist – selbst wenn er (bereits) angekündigt sein sollte, muss die Behörde nicht darauf Rücksicht nehmen, dass ihre Anordnungen angefochten werden könnten. Derartigem wird im Übrigen durch Rechtsbehelfsfristen und Suspensiveffekte Rechnung getragen. Der mögliche Fall, dass Einwendungen Erfolg haben, das Baugebot also überhaupt nicht realisiert werden kann88, nimmt diesem aber nicht von Anfang an seine Bestimmtheit: Bis zum Ergehen derartiger Negativentscheidungen gelten behördliche Anordnungen als existent, sie müssen also nur mit diesem ihrem Inhalt auch „bestimmt“ sein. Überdies ist erforderlich, dass die so auszugestaltende Frist als solche „bestimmt“ festgelegt ist: Der Adressat muss erkennen können, bis wann er welche Maßnahmen vorzunehmen hat. Dazu kann unter Umständen eine gestufte Fristsetzung erforderlich sein.

84 85 86 87 88

BVerwGE 84, 335 (338 ff). Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6. BVerwGE 84, 335 (335); Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6. Vgl. oben II. 6. b). Angesprochen bei Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 3.

VI. Bestimmtheit des Baugebots

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4. Maßnahmenaustausch durch den Eigentümer89 Der Adressat des Baugebots wird durch dieses nur zu einem Handeln gezwungen, welches zu einem bestimmten Erfolg führt, der in der Anordnung aber nur rahmenmäßig festgelegt werden darf, d. h. nach den Möglichkeiten, welche die Bauplanung der Entscheidungsfreiheit des Eigentümers vorgibt. Im Baugebot etwa vorgeschriebene Wege zur Erreichung dieses Zieles müssen, nach Allgemeinheit und Flexibilität, dem Rechnung tragen; dem Adressaten steht daher auch, ja vor allem, hier eine zielorientierte Auswahlfreiheit zu. Dabei darf die gebotserlassende Gemeinde, nachdem sie die planungsrechtliche Festlegung getroffen hat – etwa hinsichtlich der baulichen Ausnutzung (GFZ) – zusätzlich auch die Einhaltung baugestalterischer Vorgaben des jeweils geltenden Landes- Bauordnungsrechts fordern90 : Das auf Bundesrecht gestützte (formale) Baugebot muss bei seiner Umsetzung auch diese nicht-bundesrechtlichen (inhaltlichen) Vorgaben beachten. In diesem Rahmen steht es aber dem Eigentümer frei, einzelne vorgeschriebene Maßnahmen durch andere zu ersetzen, wenn die Erreichung des vorgegebenen Zieles auch durch sie ebenso möglich und hinreichend wahrscheinlich ist. Dieser Maßnahmentausch ist nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen zulässig, wie vor allem das Polizeirecht zeigt91: „Der Betroffene darf eine andere Art der Bauausführung anbieten. Dies entspricht nicht nur polizeirechtlichen Grundsätzen, sondern findet seine Ursache darin, dass es grundsätzlich Sache des Eigentümers ist zu entscheiden, wie gebaut werden soll, solange dadurch der Zweck des Baugebots erreicht werden kann“92. Ein hier unter Umständen anzustellender Wirksamkeitsvergleich darf nicht kleinlich erfolgen und muss im Zweifel zugunsten des Berechtigten ausfallen. Allerdings belegt gerade diese Austauschfreiheit des Eigentümers, dass eine Erwähnung zu ergreifender Einzelmaßnahmen im Baugebot nötig sein kann, um dessen hinreichende Bestimmtheit zu sichern, da jene ja durch andere gleich wirksame ersetzt werden können; damit wird dem Eigentümer dann beispielhaft verdeutlicht, dass und (unter Umständen) wie das Bebauungsziel erreicht werden kann. Aus dem gleichen Grund gilt: „Zusätzliche nicht bindende Darstellungen in der Begründung, Hinweise, Beispiele, auch Beschreibungen dessen, was die Gemeinde ohne Anspruch auf Verbindlichkeit bevorzugen würde, können zweckmäßig sein und zulässig, wenn kein Missverständnis darüber aufkommen kann, dass die Entscheidung im 89 Dazu allgemein Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 349 (358 ff). 90 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 12. 91 Auf dieses weist zutreffend hin Lemmel, H. P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 11 ff; ebenso Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 4. 92 Lemmel, H. P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 12.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

planerischen Rahmen beim Eigentümer verbleibt“93. Präferenzen der Gemeinde dürfen hier aber nur insoweit zum Ausdruck kommen, als die Gemeinde derartige Absichten auch in einem etwa folgenden Baugenehmigungsverfahren mit einiger Sicherheit wird durchsetzen können; andernfalls würde dieses durch das Baugebot unzulässig präjudiziert. Insgesamt ist das Bestimmtheitskriterium bei Baugeboten von nicht geringer Bedeutung, seine Erfüllung durch die Gemeinde häufig problematisch; denn wenn sie schon eingehende Überlegungen über eine bauliche Nutzung anstellt – andernfalls wird es gar nicht zu einem Baugebot kommen – so liegt für sie die Versuchung eines „Bestimmtheitsexzesses“ nahe, mit dem sie aber den dem Eigentümer planungsrechtlich zustehenden Entscheidungsspielraum beeinträchtigen würde. Umgekehrt wird der Eigentümer sich in nicht wenigen Fällen gerade auf mangelnde Bestimmtheit berufen können und eben daraus den Einwand ableiten, er könne deshalb „ihm zustehende Rechte“, etwa zur Geltendmachung wirtschaftlicher Unzumutbarkeit94 nicht hinreichend begründen. Gerade zur Erfüllung des Bestimmtheitsgebots ist also zu vorheriger Erörterung mit den Adressaten dringend zu raten95. Ergebnis: Das Baugebot unterliegt strengen Bestimmtheitsanforderungen: sie sind von erheblicher praktischer Bedeutung. Allerdings dürfen dadurch die dem Eigentümer eröffneten Bebauungs- und Nutzungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt werden. Im Übrigen gibt es aber keinen Mindestinhalt eines Baugebots. Besonders wichtig ist die Festlegung angemessener, klar bestimmter Fristen. Im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben steht dem Eigentümer ein Recht zum Austausch bestimmter geforderter Maßnahmen durch andere gleich wirksame zu.

VII. Erforderlichkeit des Baugebots 1. Allgemeines – negative Abgrenzungen Das allgemeine rechtsstaatliche Prüfungskriterium der Erforderlichkeit – im Sinne des geringst belastenden Eingriffs – ist beim Baugebot im Gesetz ausdrücklich erwähnt (§ 175 Ansatz 2). Es geht hier um die zulässigen Ziele des behördlichen Eingriffs, um die durch ihn zu verfolgenden öffentlichen Interessen. Bei ihrer Behandlung in der Kommentarliteratur ist ein oft unklares Gemenge von Überlegungen festzustellen. Da diese Ziele jedoch ein nicht geringes Gewicht aufweisen müssen, um überhaupt gegenüber Belangen des Adressaten, allgemein und speziell wirtschaftlich, abwägbar zu sein, gilt es, sie im Einzelnen nach Inhalt und Bedeutung zu klären. Dabei muss vor allem stets bewusst bleiben, dass „Erforderlichkeit“ zu einem Zent93

Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 24, unter Hinweis auf BVerwGE 84, 335 (342). 94 Vgl. dazu näher unten VIII. 95 Siehe dazu auch unten IX. 1.

VII. Erforderlichkeit des Baugebots

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ralbegriff der verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatlichkeit geworden ist96, vor allem in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts97. Die Ausstrahlungswirkung von Verfassungswerten auf das einfache Gesetzesrecht des BauGB ist also gerade hier besonders wichtig. Zwar muss der Begriffsinhalt baugesetzlich erfasst, aus baurechtlichen Konstellationen heraus entwickelt werden; die durch einfaches Gesetzesrecht und seine näheren Ausformungen ermöglichten Anordnungen müssen dann aber auch im Lichte des Grundgesetzes gewichtet werden (vgl. dazu unten D. II.). Als Ausgangsgrundsatz gilt: Der generelle Hinweis auf die Notwendigkeit, einen Bebauungsplan zu realisieren oder eine gegebene Planungssituation fortzuentwickeln, begründet allein die Erforderlichkeit eines Baugebotes nicht98 ; vielmehr lässt sich ein solches nach § 175 Absatz 2 nur - aus bestimmten Gründen rechtfertigen, - um städtebauliche Gründe muss es sich handeln und - diese müssen so dringend sein, dass sie gerade ein solches Gebot erforderlich erscheinen lassen (vgl. 4). Irgendwelche andere öffentliche Interessen können dafür nicht genügen99, und seien sie noch so hochrangig (Landesverteidigung); Bauverpflichtungen können sich dann allenfalls aus speziellen Rechtsgrundlagen ergeben. Eine verbale Wiederholung des Gesetzeswortlauts, also etwa der Hinweis, das Gebot sei „aus städtebaulichen Gründen“ erforderlich, kann keinesfalls genügen. Dieser Begriff ist so weit, er hat so vielfältige Inhalte (vgl. im Folgenden 2.), dass diese näher konkretisiert werden müssen. Dies ist durch Tatsachenhinweise zu untermauern, insbesondere auf aktuelle Beeinträchtigungen, etwa durch Lärmeinwirkungen, oder auf drohende Gefahren wie Sicherheitsrisiken. Schließlich sind vor allem auch finanzielle Belastungen darzulegen, welche etwa der Gemeinde bei der Stadtentwicklung in Folge von Nichtbebauung entstehen. Nur auf Grund derartiger, genauer Angaben können Betroffene und später gegebenenfalls Gerichte die Vorgabe der dringenden Erforderlichkeit überprüfen und nachvollziehen. Dies gilt vor allem zum Begriff des „dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung“, denn ein solcher kann ja sonst kaum widerlegbar behauptet werden (vgl. im Folgenden 3.). Ergebnis: Erforderlich muss das Baugebot sein, im Sinne des mildesten Mittels (§ 175 Absatz 2). Dies ist eine baurechtliche Konkretisierung der Rechtsstaatlichkeit. 96 Schulze-Fielitz, H., in: Dreier, GG, Bd.2, 2.A. 2006, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn 183 ff.; Sommermann, K-P., in: v. Mangoldt / Klein / Starck , GG, Bd. 2, 5.A. 2005, Art. 20 Rn 314; Badura, P., Staatsrecht, 2003, D Rn 52. 97 BVerfGE 17, 269 (279 f.); 90, 165 ( 172 ff); 91, 207 (222 f.); 92,277 (327) u. öfter. 98 Krautzberger, M. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 3. 99 Krautzberger, (FN 98) Rn 5.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Die Erforderlichkeit muss im Einzelnen (auch) durch Tatsachenhinweise begründet werden; allgemeine Bezugnahmen auf die Realisierung eines Bebauungsplans oder auf den Gesetzeswortlaut genügen nicht.

2. Städtebauliche Gründe (§ 175 Absatz 2, 1. Halbsatz) a) Konkretisierung(sbedarf) „Städtebau“ und daraus sich ergebende „ städtebauliche Gründe“ als Grundlage von Planverwirklichungsgeboten sind Fachbegriffe100 und zugleich baugesetzliche Begriffe101, welche die fachlichen Inhalte übernehmen und dementsprechend sachverständig zu beurteilen sind. „Städtebauliche Gründe sind grundsätzlich alle gemeindlichen Ziele, die der geordneten, nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dienen“102. Sie finden ihre Grundlage in einer tatsächlichen Situation im Plangebiet103. Nicht Voraussetzung für ihre Annahme ist, dass „beachtliche bodenrechtliche Spannungen“ vorliegen104. Dieser Begriff der städtebaulichen Gründe ist so allgemein, dass er beispielhafter Konkretisierung bedarf. In jedem einzelnen Baugebot müssen sich zwingend Hinweise auf eine oder mehrere derartige Konkretisierung(en) finden. Genannt werden in diesem Zusammenhang vor allem: - Notwendige Verwirklichung eines städtebaulichen Gesamtkonzepts, - Gestaltung des Ortsbildes105 - Bessere Nutzung vorgehaltener sozialer und technischer Infrastruktur106, - Vermeidung von Aufwendungen für neue oder weitere Infrastrukturanlagen107, - Verringerung des Siedlungsdrucks auf dünner besiedelte Stadtrandlagen108,

100

s. dazu Köhler, H., Die Planverwirklichungsgebote als Instrument des Städtebaurechts, 1985, S. 28 ff. 101 Köhler (FN 215), S. 35 ff. 102 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 80. 103 BVerwGE 84,335 (346); vgl. auch BVerwG NVwZ 90, 60; Köhler, H., DVBl., 1990, 576 (581). 104 Vgl. BVerwGE 55, 370. 105 BVerwGE 84, 335 (346). 106 BVerwGE 84, 335 (347). 107 Vgl. BVerwGE 4, 185 (187). 108 Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6.

VII. Erforderlichkeit des Baugebots

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- Verzicht auf Neuausweisungen von Bauland109, damit auf Bodenversiegelung und Landschaftszersiedelung. Zur Begründung des Baugebots muss sich allerdings die Gemeinde nicht auf alle diese städtebaulichen Belange oder auf die jeweils nächstliegenden stützen (können)110. Diese Anführung von Belangen ist keineswegs erschöpfend. Sie zeigt auch, im Einsatz (noch immer) sehr allgemeiner Begriffe, ein bedenkliches Defizit rechtsstaatlicher Durchdringung der Materie, was sich wohl daraus erklärt, dass es die Praxis meist bei sehr generellen, ja inhaltsarmen Begründungen bewenden lässt. Dies eröffnet zwar dann dem Betroffenen auch Einwendungs- und Diskussionsmöglichkeiten. Der Schlüsselbegriff der städtebaulichen Gründe bedarf jedoch dringend der weiteren Konkretisierung. Eine solche muss etwa zur speziellen Ausformung von Zielsetzungen aus den Regelungsbereichen Umweltschutz, Denkmalschutz und Sicherheitsrecht führen. Nur auf Grund einer daran sich orientierenden Praxis kann die Erforderlichkeit zu einem hinreichend klaren Kriterium entwickelt werden. b) Baulücken Alle diese Ziele werden vor allem die Schließung von Baulücken begründen, welche in § 176 Absatz 2 besonders erwähnt wird111. Der Begriff der Baulücke ist gesetzlich nicht näher definiert. Im Gesetz wird er im Zusammenhang mit dem unbekannten Innenbereich erwähnt, er kann aber auch im beplanten Bereich auftreten. In der Praxis werden eine ganze Reihe von Kategorien der Baulücken unterschieden112. Es kann sich auch um Arrondierungs- und überhaupt um größere Flächen handeln. Wie es zu einer Lückensituation gekommen ist, ist ohne Bedeutung. Eine besondere Erforderlichkeit von Baugeboten oder eine Erleichterung der Begründung ihrer Zulässigkeit ergibt sich aus ihr nicht. Allerdings kann Lückenschließung in besonderer Weise zur Verringerung von Lärmbelastung und Sichtbeeinträchtigungen führen113. 109 Dieterich, H., Mobilisierung von Baulücken, Städte- und Gemeindetag 1980, 426 (428), speziell für Brachflächen Stich, R., Wiedernutzung brachliegender Gewerbe-, Industrie- und Verkehrsflächen, WiVerw 1990, S. 163 ff. 110 Krautzberger, M. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 3. 111 Zum Begriff vgl. Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6; siehe Dieterich, H., Mobilisierung von Baulücken, Städte- und Gemeindetag 1980, 426 (428); Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 80; Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd.2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 7; Keppel, H., Baulandpotential, Baulücken, 1991, S. 139 ff; Habermehl, P., Baulückenbeseitigung in den Innenstädten, Demokratische Gemeinde, 1980, 315 ff. 112 Dieterich, H., Mobilisierung von Baulücken, Städte- und Gemeindetag 1980, 426 ff. 113 Näher dargestellt bei Dieterich, H., Mobilisierung von Baulücken, Städte- und Gemeindetag 1980, 426 (428); zur Problematik der Gefahrenabwehr vgl. Finger, T., Die offenen Szenen der Städte, 2006, insbesondere S. 216 ff.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Ergebnis: Lediglich städtebauliche Gründe legitimieren ein Baugebot. Ortsbildgestaltung und Infrastruktur stehen dabei im Vordergrund. Vor allem im unbeplanten Innenbereich rechtfertigt die Schließung.

3. Dringender Wohnbedarf (§ 175 Absatz 2, 2. Halbsatz) Der Hinweis auf „städtebauliche Gründe“ sollte in der Vorgängervorschrift des § 175 Absatz 2, § 39 a Absatz 3 BauGB, andere z. B. wohnungswirtschaftliche und wohnungspolitische Gründe (als Grundlage eines Baugebots) ausschließen114. Noch gegenwärtig wird betont, „kein städtebaulicher Grund (sei) daher z. B. ein ausschließlich der Wohnungsaufsicht oder Wohnungspflege dienendes Interesse“115. Immerhin kann aber nach § 175 Absatz 2 2. Halbsatz „auch ein dringender Wohnbedarf der Bevölkerung berücksichtigt“ werden116. Die Kommentarliteratur erwähnt dies als mögliche Begründung undifferenziert neben städtebaulichen Gründen oder gar als einen von ihnen117, oder es wird allgemein auf § 1 Absatz 5 und 6 verwiesen118. Demgegenüber ist festzustellen: § 175 Absatz 2 2. Halbsatz ist eine Spezialvorschrift gerade für Baugebote; dies verbietet es, sich zu deren Begründung generell auf § 1 Absatz 6 (Nummer 1 – 3) zu berufen: „Wohnbedarf“ – und erst recht „dringender Wohnbedarf“ – ist ersichtlich der engere Begriff gegenüber den Belangen nach § 1 Absatz 5 und 6: es muss „Wohnraum fehlen“, also Wohnungsmangel bestehen. Es genügt nicht, dass eine solche Situation innerhalb der jeweiligen Gemeinde „allgemein“ festzustellen ist, im Sinne einer das Angebot deutlich übersteigenden Nachfrage nach Wohnraum119 ; eine eindeutige, bedeutsame Mangelsituation muss vorliegen. Vor allem aber ist dieser Wohnbedarf als solcher kein eigenständiger städtebaulicher Grund; eine durch ihn geprägte Situation „kann“ vielmehr bei der Prüfung („dabei“), ob ein städtebaulicher Grund vorliegt (vgl. oben 2), lediglich auch „berücksichtigt“ werden. Dies ist also von einer deutlich nachgeordneten Bedeutung, und es muss im Rahmen eines der städtebaulichen Gründe auftreten120. Diese Feststellungen sind 114 Köhler,H., Die Planverwirklichungsgebote als Instrument des Städtebaurechts, 1985, S. 28 ff. 115 Krautzberger, M. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 5. 116 Dazu näher Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch , ZfBR 1990, 163 (164). 117 Z.B. Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 80; Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 6.; vgl. auch Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 349 (361 f). 118 BVerwGE 84, 335 (346). 119 BVerwGE 84, 335 (346). 120 Dass Baugebote auf dem Wohnungsmarkt entlastend wirken können, wird grundsätzlich anzunehmen sein, dazu Bluhm, U., Das Baugebot ein wirksames Mittel zur Schaffung neuen Wohnraums?, LKV 1994, 50 ff; vgl. bereits Bork, G., Bewertung der Situation auf den re-

VII. Erforderlichkeit des Baugebots

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wichtig, denn sie tragen dem ursprünglichen Ausschluss von wohnungswirtschaftlichen Zielsetzungen zur Begründung von Baugeboten weiterhin Rechnung. Dieser aber rechtfertigt sich schon daraus, dass sonst der Erlass von Baugeboten allzu leicht begründbar wäre – wo besteht denn kein „ Wohnbedarf“ – insbesondere wenn man diesen, wie zunehmend wohnungspolitisch üblich, auf „Wohnraum zu angemessenen Preisen“ bezieht. Nicht zuletzt deshalb fordert das Gesetz ja auch den „dringenden“ Wohnbedarf, was nicht nur den zeitlichen Horizont (vgl. unten 4), sondern auch das Gewicht der Mangellage anspricht. Diese Begründung von Baugeboten sollte die Gemeinde also zurückhaltend einsetzen. Ergebnis: Dringender Wohnbedarf als solcher ist noch kein „städtebaulicher Grund“, kann allerdings das Vorliegen eines solchen indizieren, bei seiner Beurteilung Berücksichtigung finden. Bei der Berufung auf wohnungswirtschaftliche Gegebenheiten ist daher allgemein Zurückhaltung geboten, um Ausuferung zum Baugebot als einem wohnungswirtschaftlichen Instrument zu vermeiden.

4. Erforderlichkeit „alsbaldiger Durchführung der Maßnahmen“ (§ 175 Absatz 2, 1. Halbsatz)121 Selbst bei solcher Relativierung des Gewichts eines Wohnbedarfs ist der Begriff der „städtebaulichen Gründe“ noch sehr weit. Gerade deshalb wird es dem Adressaten eines Baugebots in vielen Fällen nicht leicht fallen, das Gewicht seiner Belange bei einer Abwägung gegenüber jenen öffentlichen Interessen122 als das schwerere zu erweisen. Der Gesetzgeber verlangt daher zutreffend für die Zulässigkeit eines Baugebots die Dringlichkeit der anzuordnenden Bebauung aus den oben 2 beispielhaft genannten städtebaulichen Gründen. Mit dieser Aufforderung an die Zulässigkeit eines Baugebots wird eine Zeitdimension der Erforderlichkeit angesprochen: unumgänglich muss die Bebauung nicht nur in ferner Zukunft sein123. Unumgänglichkeit ist anzunehmen, wenn Beeinträchtigungen, Belästigungen oder gar Schäden bereits eingetreten oder kurzfristig abzusehen sind. Zu weit geht es daher, wenn generell als Voraussetzung der Dringlichkeit eine „fortgeschrittene Bebauung“ angesehen wird, bei welcher nur noch die Ausnutzung der „letzten unbebauten Grundstücke“ zu erfolgen

gionalen Wohnungs- und Bodenmärkten, StGB 1981, 168 (168 f); Cholewa, W., Bauland und Eigentumsmaßnahmen, StGB 1989, 77 ff.; Runkel, P., Wohnbaulandmobilisierung als ein Element der Flächenhaushaltspolitik, ZUR-Sonderheft 2002, 138 ff. 121 Allgemein dazu Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, ZfBR 1990, 163 (163 ff). 122 Die dann ja jeweils den privaten Belangen gegenüber abzuwägen sind, Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 5. 123 Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd.2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 7.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

hätte124. Gerade dann wird eine solche häufig nicht (mehr) dringend sein. Entscheiden wird eben nicht allein das Gewicht der jeweils heranzuziehenden städtebaulichen Gründe zu einer Begründung auch der zeitlichen Dringlichkeit des Baugebots, sondern die zeitliche Nähe negativer Auswirkungen des zu beseitigenden Zustandes. Ein akuter Wohnbedarf (oben 3) kann die Dringlichkeit steigern. Ergebnis: Erforderlich ist ein Baugebot nur bei zeitlicher Dringlichkeit der durchzuführenden Maßnahmen, wegen bereits eingetretener oder abzusehender Beeinträchtigungen oder Gefahren, nicht allein wegen des Gewichts der städtebaulichen Gründe.

5. Weitere Erforderlichkeitsgründe? Es fragt sich, ob neben städtebaulichen Gründen (vgl. oben 2. in Verbindung mit 3.) Bauverbote noch zur Erreichung anderer Ziele ausgesprochen werden dürfen, so dass diese dann zugleich zu Maßstäben einer Erforderlichkeitsprüfung werden müssten. Diese Frage wird, soweit ersichtlich, weder in der Judikatur noch im Schrifttum bisher behandelt, sondern allenfalls im Zusammenhang mit Reformüberlegungen angesprochen125. Dies ist verständlich, denn die gesetzliche Fassung in § 175 Absatz 2 ist eindeutig in dieser ihrer Spezialisierung: Städtebauliche und nur solche Gründe dürfen herangezogen werden, in ihrem Rahmen sind wohnungswirtschaftliche Situationen zu berücksichtigen, „nicht zu beachten“126. Der Begriff „städtebauliche Gründe“ ist ohnehin so weit, dass eine Erweiterung der möglichen Gründe, etwa in Richtung auf die in § 1 Absatz 5, 6 erwähnten Gesichtspunkte, nicht erforderlich erscheint; sie wäre sogar bedenklich: denn diese Ziele betreffen Planungsvorgaben, gegen deren Festlegung den Betroffenen viel weiterreichende, vor allem verfahrensrechtliche Schutzinstrumentarien zur Verfügung stehen. Insbesondere können Zielsetzungen der Bodenordnung allgemein – im Gegensatz zu einer Befriedigung dringenden Wohnbedarfs – eine Erforderlichkeit nicht begründen, wie folgende Beispiele zeigen: – Wohnbaulandmobilisierung wird zwar seit langem und immer wieder als möglicherweise wichtiger Effekt von Baugeboten genannt127. Zugleich zeigt sich aber, 124

Lemmel, (FN 238) Rn 17. Dazu näher unten E. I. 126 Vgl. zu dieser, auch verfassungsrechtlich bedeutsamen Unterscheidung allgemein die Judikatur zu Art. 33 Absatz 5 GG, etwa BVerfGE 62, 374 (383); 64, 367 (379) mit Nachweisen; zum Baurecht Wolff, J., Baugebote und Stadtentwicklungsplanung – kommunale Wohnungspolitik mit den Instrumenten des Bundesbaugesetzes, BlGBW 1982, 61 ff. 127 Runkel, P., Wohnbaulandmobilisierung als Element der Flächenhaushaltspolitik, ZuR 2002, 138 (141); Stollenwerk, D., Rechtsproblem Baugebot, VR 1995, 51 (52); Bluhm, U., Das Baugebot – ein wirksames Mittel zur Schaffung neuen Wohnraumes?, LKV 1994, 50 (51); Cholewa, W., Bauland und Eigentumsmaßnahmen, StGB 1980, 77 (79); Hansmeyer, K.-H., Wohnungswirtschaftliche Aspekte baurechtlicher Gebots- und Verbotsregeln, DWW 1976, S. 172 ff. 125

VII. Erforderlichkeit des Baugebots

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dass es dabei auf die jeweilige Lage auf dem Wohnungsmarkt ankommt. Schon angesichts der punktuellen Wirkungen von Baugeboten ist deren Zielgenauigkeit in jenem Sinn mehr als problematisch, die Ausuferungsgefahr schwer nur zu bannen, sollen sie zu diesem Zweck eingesetzt werden. – Bekämpfung der Bodenspekulation mag ein legitimes, wenn auch keineswegs unumstrittenes Lenkungsziel für die Gesetzgebung sein128, und Baugebote sind grundsätzlich auch geeignet zu seiner Erreichung, denn sie können ein „spekulatives Liegenlassen“ von Grundstücken unter Nutzungsverzicht verhindern129. Doch auch hier ist die Zielgenauigkeit fraglich, die eher punktuellen Lenkungswirkungen von Baugeboten lassen sie als Waffe gegen Spekulationen erst recht als problematisch erscheinen, sie würden denn flächendeckend eingesetzt, was bereits ihre „städtebaulichen“, also konkret gemeindlichen Gründe kaum zulassen. Überdies stehen dafür andere, traditionelle und weit wirksamere direktive Instrumente zur Verfügung, etwa die – bereits ausgiebig praktizierte – Verlängerung von Spekulationsfristen (§ 23 EStG)130. – Dem Baugesetzbuch lässt sich auch nicht ein „allgemeiner Kooperationsgedanke“131 im Verhältnis Eigentümer – Gemeinde mit einem derart normativ fassbaren Inhalt entnehmen, dass sich daraus das Recht der Kommunen zu einem Vorgehen gerade durch Baugebote in bestimmten Konstellationen ergäbe. Solche hoheitlichen Eingriffe könnten allenfalls – selbst als Hintergrunddrohung – einen „freiwilligen Zwang“ hervorbringen, was gerade den Kooperationsgedanken pervertieren würde. Insgesamt ist die Erforderlichkeit in der Praxis keine so bedeutsame Hürde für den Erlass eines Baugebots, wie man dies eigentlich erwarten sollte. Denn die Rechtsprechung wird meist die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „städtebaulichen Gründe“ der Gemeinde überlassen oder sich deren Erwägungen anschließen. Dennoch sollten sich die Kommunen nicht auf allzu pauschale oder gar lediglich verbale Begründungen verlassen: Der Adressat muss sie nicht nur erkennen, sie müssen ihn auch überzeugen können. Die Erforderlichkeitsprüfung bei Baugeboten darf sich nicht in routinemäßiger Bejahung der Voraussetzungen erschöpfen, sie muss eine kritische Überprüfung der betreffenden baurechtlichen Beziehungen zwischen Eigentümer und Gemeinde in all ihren Aspekten gestatten.

128 Opfermann, W., Bodenspekulation oder sozialer Städtebau?, ZRP 1972, S. 195 ff.; Grziwotz, H., Zur Zulässigkeit und Absicherung vertraglicher Baugebote und Veräußerungsverbote, DVBl. 1991, 1348 (1348). 129 Vgl. etwa zum Fall der Baulücken Dieterich, H., Mobilisierung von Baulücken, Städteund Gemeindetag 1980, 426 ff. 130 Glenk, H., in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, Stand Mai 2007, § 23 Rn 9 ff; allgemein dazu Schmehl, A., Die Verlängerung der Spekulationsfristen in § 23 EStG und der Wandel der Rückwirkungsdogmatik, 2001; Leitl, B., Fristverlängerung bei § 23 EStG: Echte oder unechte Rückwirkung?, StuB 2005, S.1013 ff. 131 Schmidt-Eichstaedt, G., Städtebaurecht, 4.A. 2005, S. 493; Löhr, R.-P., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 11 Rn 1 ff.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Ergebnis: Weitere Erforderlichkeitsgründe neben städtebaulichen sind nicht anzuerkennen; § 175 Absatz 2 ist eine eindeutige Spezialvorschrift. Insbesondere kann allgemein „Wohnbaulandmobilisierung“ oder „Bekämpfung der Bodenspekulation“ kein Baugebot rechtfertigen.

6. Keine Erforderlichkeit von Baugeboten wegen Verfügbarkeit anderer Instrumentarien? Ein Baugebot könnte nicht nur aus den bisher untersuchten materiell-rechtlichen Gründen unnötig sein, sondern auch deshalb, weil der mit ihm angedrohte Zustand auf anderen verfassungsmäßigen Wegen erreichbar wäre. Das Gebot, nur „das jeweils mildeste Mittel“ einzusetzen, betrifft auch die Belastungen, welche dem Adressaten verfahrensrechtlich zugemutet werden; bei einem Baugebot sind sie nicht unerheblich, schon weil der Betroffene sich dagegen meist (auch) vor Gericht zur Wehr setzen muss. Als verfahrensrechtlich „milderes Mittel“, zu einer Bebauung zu gelangen, könnten der Gemeinde zur Verfügung stehen: – Das gesetzliche Vorkaufsrecht (§§ 24 ff132 ; vgl. auch das gesetzliche Angebotsrecht nach § 176 Absatz 4): Wird auf diesem Wege die Gemeinde Eigentümerin des Grundstücks, so kann sie jedenfalls den Zustand herstellen, den sie mit einem Baugebot erreichen möchte. Dem Betroffenen gegenüber wird dies aber in der Regel nicht ein „milderes Mittel“ sein – er verliert sein Grundstück. Auch mit Blick auf die Gemeinde wäre dies kaum ein sie weniger belastendes Vorgehen: Dieser Weg ist mit weit größerem Aufwand und wirtschaftlichem Risiko verbunden und für die Kommune in nicht wenigen Fällen schlechthin nicht gangbar; nicht selten wird sie also doch zum Baugebot greifen. Das Zumutbarkeitsgebot wirkt zwar in der Regel nur zugunsten des Bürgers, nicht zugunsten der Gemeinde. Hier wird sich aber im Ergebnis doch auch diese letztere darauf berufen dürfen, wenn eben ein Ausweichen auf ihr Vorkaufsrecht für sie unzumutbar ist133. Im Übrigen muss sich ja auch bei der Durchsetzung des Baugebots die Gemeinde letztlich – bei Einsatz der Enteignung – ernsthaft, aber vergeblich um den Erwerb dieses Grundstücks zu angemessenen Bedingungen bemüht haben (§ 88 S.1).

132

Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 24 Rn 1 ff; Schmidt-Eichstaedt, G., Städtebaurecht, 4.A. 2005, S. 283 ff. 133 Dies wirft übrigens die grundsätzliche Frage auf, ob die Ableitung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes allein aus Grundrechten (vgl. zur Herleitung allgemein Schulze-Fielitz, H., in: Dreier, GG, Bd.2, 2.A. 2006, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn 179 mit weiteren Nachw.) nicht (doch) nur mit Blick auf mögliche Verfassungsbeschwerden gelten sollte; jedenfalls soweit er zugunsten des (Hoheits-) Staates wirken soll, was hier doch wohl der Gerechtigkeit entspricht, muss er auf die Rechtsstaatlichkeit als solche gestützt werden.

VII. Erforderlichkeit des Baugebots

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– Der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages (§§ 11 ff)134 : Auch auf diesem Wege könnte wohl der gewünschte Bebauungserfolg von der Gemeinde erzielt werden. Die Gemeinde kann den Eigentümer jedoch zum Abschluss einer solchen Vereinbarung rechtlich nicht zwingen, und es kann für sie unzumutbar sein, auf seine Bedingungen einzugehen. Ein entsprechendes vorgängiges Angebot seitens der Gemeinde wird man aber wohl grundsätzlich – in Analogie zu den freihändigen Erwerbsbemühungen im Fall der Enteignung – der Gemeinde zumuten können. Die Erforderlichkeit eines Baugebotes kann also nicht grundsätzlich unter Hinweis auf ein anderes, weniger belastendes Verhalten der Behörde in Frage gestellt werden. Ergebnis: Die Erforderlichkeit eines Baugebots kann in aller Regel nicht unter Hinweis auf ein anderes, weniger belastendes Instrument in Frage gestellt werden: Die Ausübung eines Vorkaufsrechts ist meist für die Gemeinde keine Option; zum Abschluss eines entsprechenden Städtebaulichen Vertrages kann sie den Eigentümer nicht zwingen.

7. Exkurs: Missbrauch des Baugebots als Druckmittel – Koppelungsverbot Das Baugebot, ein angeblich „stumpfes Schwert“135, kann in einer Kryptoform seines Einsatzes schnell zur schneidenden Waffe der Gemeinde gegen den Eigentümer werden: Wenn es als Druckmittel eingesetzt, wenn sein Erlass angedroht wird, um ein Entgegenkommen des Betroffenen zu erreichen, das die Behörde auf anderen, näher liegenden Wegen (voraussichtlich) nicht erzwingen könnte. In der Praxis spielt sich Derartiges nicht selten ab, allerdings verständlicherweise stets „unterschwellig“, „im Hintergrund“, meist nur in mündlichen Hinweisen. Deshalb ist es auch weder Gegenstand von Untersuchungen im Schrifttum noch von Gerichtsentscheiden. Doch der Rechtsberater muss mit einem solchen behördlichen Verhalten stets rechnen und er wird gerade deshalb nicht selten zur Nachgiebigkeit raten. Als Anlass für die Androhung eines Baugebots als Druckmittel kommen zahlreiche und ganz unterschiedliche Spannungsfelder zwischen Gemeinden und Eigentümern in Betracht. Diese reichen vom Erschließungsrecht (§§ 124 ff) über Vorkaufsverhandlungen (§§ 28 ff) bis zur Baugenehmigung, wenn die Gemeinde bestimmte Auflagen durchsetzen will, welche der Eigentümer aber mit Aussicht auf Erfolg angreifen könnte. Ein wie immer gearteter Zusammenhang solcher Konfliktfelder mit einem von der Gemeinde vordergründig erstrebten Bebauungserfolg muss keines134 Grziwotz, H., Sicherungsprobleme für Investoren bei städtebaulichen Verträgen, VIZ 1997, 197 (197 ff); Krautzberger, M., Zum Stellenwert von städtebaulichen Verträgen im heutigen Städtebau, UPR 2006, 1 (1 ff); Löhr, R.-P., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 11 Rn 1 ff. 135 Vgl. etwa Stüer, B., Baugebot nach § 176 BauGB – Ein „stumpfes Schwert“?, DÖV 1988, 337 (337 ff).

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

wegs bestehen; an diesem letzteren als solchem hat die Gemeinde dabei nicht selten keinerlei aktuelles Interesse, was ihr aber, bei Erlass des Gebotes, nicht immer leicht zu beweisen ist, schon angesichts der Weite des Begriffs der „städtebaulichen Gründe“ für eine solche Anordnung. Ein derartiges Verhalten verstößt zwar gegen das Koppelungsverbot des Allgemeinen Verwaltungsrechts136 : Die Behörde darf durch Auflagen aber auch, wie hier, durch anderweitige Gebote nichts zu erreichen suchen, was sie auf den sachnahen rechtlichen Wegen nicht durchsetzen könnte. Ein derartiges Verhalten erfüllt den Tatbestand der Nötigung, wenn nicht gar der Erpressung im Amt137. Doch der Nachweis eines solchen Vorsatzes ist kaum je zu führen: Die weitgespannte Voraussetzung der „städtebaulichen Gründe“ i.V.m. dem gemeindlichen Ermessen beim Erlass eines Baugebotes lässt ein derartiges Vorgehen dem Bereich des Faktischen zuordnen, das hier allerdings durchaus „normative Kraft“ entfalten kann. Dagegen hilft – ebenso „praktisch“ – nur ein Doppeltes: – Die überprüfende Instanz (Rechtsaufsicht, Gericht) muss den dem Baugebot zugrundeliegenden Sachverhalt allseitig und genau, insbesondere auf derartige mögliche „Druckstellen“, überprüfen. Die Rechtsberatung sollte gegebenenfalls nicht davor zurückschrecken, eine entsprechende Nachprüfung durch Hinweise hervorzurufen oder zu schärfen. Gerade bei der Androhung von Baugeboten muss das Koppelungsverbot ernst genommen, strikt angewendet werden. – Die Erforderlichkeitsvoraussetzungen bei Baugeboten dürfen nicht allzu extensiv gesehen, sie müssen eng, ja restriktiv gefasst werden. Anderenfalls droht eine Ausuferung der „städtebaulichen Gründe“, welche wiederum die Versuchung verstärkt, Baugebote als rechtswidriges Druckmittel einzusetzen; denn dieser Begriff kann ja durchaus als ein (scheinbares) Instrument zur Begründung einer zulässigen Koppelung eingesetzt werden. Dabei würde aber verkannt, dass sich das Baugebot nur auf das Ziel der Bebauung als solcher und ihrer unmittelbaren Auswirkungen richten darf. Ergebnis: Nicht selten versuchen Gemeinden durch Androhung eines Baugebots Druck auf Eigentümer auszuüben, um damit deren Entgegenkommen in anderen baurechtlichen oder sonstigen Zusammenhängen zu erreichen. Derartiges verstößt zwar gegen das Koppelungsverbot, ist aber im Einzelfall nur schwer nachweisbar. Schon deshalb müssen die Erforderlichkeitsvoraussetzungen eines Baugebots besonders sorgfältig geprüft werden.

136 Ziekow, J., VwVfG, 2006, § 56 Rn 10 ff; Störmer, R., in: Felding / Kastner / Wahrendorf, Verwaltungsrecht VwVfG VwGO, 2006, § 36 Rn 85; allgemein auch Brenner, M., Der Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen, JuS 1996, S. 281 ff.; speziell zum Einheimischenmodell Jachmann, M., Rechtliche Qualifikation und Zulässigkeit von Einheimischen-Modellen als Beispiel für Verwaltungshandeln durch Vertrag, MittBayNot 1993, 93 (107). 137 Löhr, R.-P., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 11 Rn 4b; Grziwotz, H., Erpressung durch Amtsträger, BauR 2000, 1437 f.

VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots

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VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots (§ 176 Absatz 3) 1. Allgemeines zum Begriff „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“138 a) Allgemeines – „das Vorhaben“ Die Rügen der Unzumutbarkeit eines Baugebots sind in der Praxis häufig, und dieser Einwand ist nicht selten von Gewicht, jedenfalls aber nicht leicht zu widerlegen. Für die anordnende Gemeinde ist schwer vorhersehbar, was der Betroffene insoweit an Argumenten vorbringen kann/wird. Andererseits ist diese Schranke solcher Anordnungen unumgänglich, angesichts der tiefen, oft unabsehbaren Auswirkungen eines Baugebots. Gerade dieses Kriterium gestattet bis ins Einzelne die Abwägung öffentlicher und privater Belange. Hier ist also eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich. Ein Baugebot ist stets unzulässig, wenn „die Durchführung des Vorhabens aus wirtschaftlichen Gründen einem Eigentümer nicht zuzumuten“ ist (§ 176 Absatz 3). „Das Vorhaben“ muss daher als wirtschaftliche Einheit gesehen werden; die Gemeinde darf es nicht, um diesem Verbot zu entgehen, in der Weise aufspalten, dass unter Umständen nur ein Teil als unzumutbar erscheint. Vielmehr muss das Vorhaben stets als ein Ganzes und in all seinen wirtschaftlichen Konsequenzen gesehen werden. b) Zumutbarkeit und Rechtsstaatlichkeit „Unzumutbarkeit“ ist ein allgemeiner rechtsstaatlicher Begriff, er bezeichnet die letzte Prüfungsstufe der Verhältnismäßigkeit139. Als solches gilt das Verbot der Unzumutbarkeit mit normativer Verfassungskraft im Gesamtbereich des öffentlichen Rechts, wenn nicht der gesamten Rechtsordnung. Für das Recht des Baugebots ist es, nach Voraussetzungen und Rechtswirkungen, in § 176 Absatz 2 und 3 speziell ausgestaltet. Mit Vorrang sind daher diese Regelungen zu beachten, einschließlich der verfassungsrechtlichen Ausstrahlungen gerade auf sie; insoweit gilt das bereits oben (VI. 1.) zur Erforderlichkeit Ausgeführte.

138 Dazu allgemein Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 349 (357); Loddenkemper, B., Zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit beim Baugebot, BauR 1985, 489 (489 ff); Rubsamen, W., Zu den Voraussetzungen des Baugebots nach § 176 BauGB, BWVP 1990, 269 (271). 139 s. dazu f. viele Albrecht, R.K., Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995; BVerfGE 50, 217 (227); 80, 103 (107); Ossenbühl, F., in: Freiheit und Verantwortung im Verfassungsstaat, 1984, 315 ff „ Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab“.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

c) Wirtschaftliche Gründe Lediglich wirtschaftliche Gründe können nach dem Gesetz hier geltend gemacht werden; nur sie führen zu den speziellen Rechtsfolgen nach § 176 Absatz 3 und 4. Unzumutbarkeit könnte sich aber auch, nach rechtstaatlichen Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts, etwa aus der beruflichen Situation des Eigentümers ergeben, aus seinem Alter, seinen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen, seinen (sonstigen) Lebensdaten und -dispositionen140. Da das Gesetz jedoch in den beiden Absätzen 3 und 4 gleichlautend allein auf „wirtschaftliche Gründe“ abhebt, können nach seiner Spezialregelung diese persönlichen Gründe nur zur Annahme einer Unzumutbarkeit in Betracht gezogen werden, soweit sie sich im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung der Effekte eines Baugebots auswirken können. Derartige wirtschaftliche Auswirkungen können vor allem in Fällen der erwähnten persönlichen Umstände von diesen ausgehen; sie werden dann beachtlich im Sinne der Zumutbarkeit.141: Von einem Schwerkranken oder einem vielbeschäftigten Künstler oder Forscher kann nicht ohne weiteres verlangt werden, dass er sich mit aufwändigen Bau- und anschließenden Vermietungsaktivitäten befasst; seine Situation mag mit Gewicht dafür sprechen, das Grundstück ungenutzt „liegen zu lassen“. Nicht immer ist ihm auch zuzumuten, einen Dritten mit jenen Aktivitäten zu betrauen, etwa einen professionellen Baubetreuer. Ihm dadurch entstehende Kosten müssen zwar jedenfalls bei der Renditebetrachtung (im Folgenden 2) berücksichtigt werden; er kann es aber unter Umständen überhaupt ablehnen, hier aktiv zu werden, das gehört zu seiner Entscheidungsfreiheit, die eben mit Blick auf seine persönliche Lage auch negativ ausüben darf. Vorsicht ist jedoch geboten gegenüber verfassungsrechtlichen Argumentationen aus einer „enteignenden Wirkung“ der Unzumutbarkeit142 : Seit dem Nassauskiesungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts143 kann allenfalls geltend gemacht werden, die Ausgestaltungsgrenzen des Eigentums nach Art.14 Absatz 1 Satz 2 GG würden überschritten144.

140

Vgl. bereits oben IV. 3., sowie Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 54; Busse, J., Baurecht für die Praxis, 1.A. 2001, S.95. 141 Davon ist allerdings die im Folgenden (3.) zu behandelnde Problematik objektiver oder subjektiver Zumutbarkeit zu unterscheiden; sie tritt erst auf, wenn überhaupt Unzumutbarkeit in Betracht kommt. 142 Vgl. etwa Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 9, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 297 (300). 143 BVerfGE 58, 300; vgl. D. IV. 144 Die Ausgestaltungsgrenzen des Gesetzgebers nach Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG ergeben sich aus dem eigenständigen Verfassungsinhalt des Eigentums. Zu dieser h.L. vgl. für viele Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A 2005, Artikel 14 Rn 52; Kempen, B., Der Eingriff des Staates in das Eigentum, 1991, S. 5 f; Wendt, R., Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 62 f; Leisner, W., Eigentum, in: Kirchhof / Isensee (Hg), HbStR, § 149, Rn 60 ff.

VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots

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Ergebnis: Praktisch besonders wichtig als Voraussetzung eines Baugebots ist dessen Zumutbarkeit (§ 176 Absatz 3), welche ebenfalls ein rechtsstaatliches Kriterium konkretisiert. Nur wirtschaftliche Gründe sind nach dem Gesetz zu berücksichtigen, persönliche nur, soweit sie wirtschaftliche Auswirkungen haben.

2. Die objektive Unzumutbarkeit – das Markt-Rendite-Kriterium a) Der Begriff Der Begriff „Unzumutbarkeit“ wird im vorliegenden Zusammenhang sowohl objektiv als auch subjektiv verstanden: - Objektiv unzumutbar ist, was in der betreffenden Situation von Niemandem, von keinem Eigentümer verlangt werden kann, der sich wirtschaftlich verhält145, nach den Maßstäben der geltenden Rechtsordnung, welche die der Marktwirtschaft einschließen146. - Subjektiv unzumutbar ist, was unter Beachtung der konkreten wirtschaftlichen Situation des jeweils Verpflichteten nicht verlangt werden darf. Diese Unterscheidung wird gerade beim Baugebot nicht immer mit der erforderlichen Klarheit zugrunde gelegt.

b) Objektbestimmte Rentabilität Das entscheidende allgemeine Kriterium für die Bestimmung objektiver Unzumutbarkeit ist die fehlende Rentabilität des angeordneten Vorhabens. Dabei kommt es auf die eigentumsrechtlich vorgegebene Objektsituation an: Nicht entscheidend ist, wie ein wirtschaftlich Orientierter (allgemein) handeln würde, dem ein derartiges Grundstück gehört, sondern wie sich ein wirtschaftlich denkender Eigentümer gerade dieses betreffenden Grundstücks verhalten würde, der noch nicht beschlossen hätte, diese Fläche im Zeitpunkt des Baugebots zu veräußern oder anders zu nutzen, was grundsätzlich sein gutes Recht ist. Denn das Baugebot darf sich nicht zum Verkaufsdruck steigern, es darf auch implizit keine wirtschaftlich wirkende Abgabepflicht mitumfassen147. Wollte man dem nicht folgen, so könnte ein Baugebot nicht an der Rentabilität des angeordneten Vorhabens für die Nutzung gerade des Grundstücks durch den Eigentümer selbst, sondern an den Möglichkeiten gemessen werden, welche hier das Grundstückseigentum wirtschaftlich einem Eigentümer all145

Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 44. Friauf, K-H., Eigentumsgarantie, Leistung und Freiheit im demokratischen Rechtstaat, in: Gemper (Hg.), Marktwirtschaft und soziale Verantwortung, 1973 S. 438 ff. 147 So zutreffend Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 57, gegenüber Bielenberg, W., Schwerpunkte der Novelle zum Bundesbaugesetz (IV), BlGBW 1977, 1 (4). 146

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

gemein, insbesondere auch bei Verkauf des Grundstücks eröffnet; zu diesem darf aber der Eigentümer nicht wirtschaftlich genötigt werden, als Begründung dafür, dass die (vorherige) Bebauung für ihn zumutbar sei. Denn es ist eben zu unterscheiden: Das Baugebot ist als solches kein Instrument der Enteignung; mag diese auch zu seiner Durchsetzung eingesetzt werden dürfen. Noch weniger darf dem Eigentümer vorgerechnet werden, wenn er verkaufe, werde er doch höhere Renditen erzielen, etwa durch Anlagen auf dem Kapitalmarkt. c) Investitionsbestimmte Rendite Es kommen also stets nur die Renditen in Betracht, welche sich bei einem Vergleich der notwendigen Investitionen in das Vorhaben und den aus diesem sich dann wahrscheinlich ergebenden (zusätzlichen) Erträgen feststellen lassen148. „Dabei muss im Hinblick auf die Unsicherheit prognostischer Berechnungen der Rentabilität ein angemessener Sicherheitsspielraum eingeräumt werden, um den Eigentümer vor solchen Risiken zu schützen, die er auch als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nicht mehr hinnehmen muss“149. Zeitweilige Unrentabilität schließt die Zulässigkeit eines Baugebotes dann nicht aus, wenn ihr Ende absehbar ist150 ; doch müssen vorübergehende Ertragseinbußen bei einer Gesamtbetrachtung der Rentabilität stets berücksichtigt werden. d) Günstige Finanzierung Die Rentabilität ist ausgehend von den im Augenblick der Realisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehenden jeweils günstigsten Finanzierungsmöglichkeiten zu beurteilen. Dabei sind öffentliche Mittel einzubeziehen151 – mit all ihren begünstigenden, aber auch ihren belastenden Wirkungen. Das Baugebot darf darin aber nicht zu einem „Finanzierungsdiktat“ seitens der Behörde führen. In einer Marktwirtschaft muss dem Eigentümer eine angemessene Beurteilungsfreiheit nicht nur hinsichtlich der Durchführung des Vorhabens, sondern auch der Finanzierung stets bleiben. In diesem Sinn muss auch die Finanzierung zumutbar sein152 : durch einen (möglichen) Darlehengeber wie nach den Finanzierungskonditionen.

148 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 44, 46 ff; Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 8; Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 8. 149 BVerwGE 84, 335 (353); vgl. auch BVerwG NJW 1979,1516 (1516 ff). 150 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 8: Einkaufsflächen in einem Neubaugebiet. 151 BVerwGE 84, 335 (353).; Köhler, H., DVBl. 1990, 576 (582); Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 46. 152 BVerwGE 84, 335 (353).

VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots

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e) Unzumutbarkeit nach Marktkriterien Versuchen muss entgegengetreten werden, diese Rentabilität als Kriterium objektiver Unzumutbarkeit im Interesse der Gemeinde einzuengen oder ihr gar eine behördliche Beurteilung zugrundezulegen. Zu weit geht die Formulierung, Zusammenarbeit verlange, dass die Durchführung des Vorhabens „schlechterdings keinem vernünftig handelnden Eigentümer zuzumuten wäre“153 ; sie erinnert an den „vernünftigen Eigentümer“, der bei Auslegung einer Sozialbindung auch „das öffentliche Wohl“ im Auge haben soll154. Bei der Beurteilung der Rentabilität ist vielmehr auf den Markt zu sehen, darauf, was auf ihm die Eigentümerpositionen wert sind, nicht aber auf die Interessen der Gemeinde; denn andernfalls liefe dies auf einen Entschädigungsverzicht im Vorfeld einer, ja häufig auch möglichen, Enteignung (vgl. VIII 4) hinaus. Unzumutbarkeit liegt nicht nur vor, wenn es gegenwärtig keinen Markt für das zu schaffende Gut gibt155, und es genügt auch nicht, dass der aus dem Vorhaben zu erwartende Ertrag aus dem Vorhaben „über die schlichte Erhaltung der Vermögenssubstanz hinausgeht“156. Bei den Gewinnerwartungen sind allerdings die marktüblichen Schwankungen einzukalkulieren; ein absolutes Optimum darf nicht zugrunde gelegt werden157. Die Berechnung der „zumutbaren Rendite“ kann sich bei angeordneter Wohnbebauung an den normativen Vorgaben nach der 2. Berechnungsverordnung orientieren, zur Bestimmung des marktüblichen Zinssatzes (§ 20)158 ; seine Unterschreitung spricht für Unzumutbarkeit. Bei Selbstnutzung ist vom Nutzungswert auszugehen159. Ergebnis: Bei objektiver Unzumutbarkeit darf kein Baugebot erlassen werden. Sie ist gegeben, wenn bei einer angeordneten Bebauung eine marktübliche Rendite der zu tätigenden Investitionen auf Dauer nicht zu erzielen ist. Verkaufsdruck mit dem Ziel einer allgemein rentierlichen Anlage darf durch ein Baugebot nicht ausgeübt werden. Dem Eigentümer kann auch nicht zugemutet werden, durch Renditeverzicht auf öffentliche Belange Rücksicht zu nehmen.

153

Krautzberger, M. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176

Rn 8. 154

Dazu vgl. Nachweise bei Leisner, W., Eigentum , 1996, S.206 ff. Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 44. 156 So Loddenkemper, B., Zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit beim Baugebot, BauR 1985, 439 (490 f). 157 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 44. 158 Köhler, H., DVBl. 1990, 576 (582); Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 8. 159 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 44. 155

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

3. Die subjektive Unzumutbarkeit a) Der Begriff „Subjektive Unzumutbarkeit“ hebt darauf ab, ob das Baugebot dem betroffenen Eigentümer in seiner konkreten wirtschaftlichen Lage (noch) tragbare Belastungen auferlegt. Nach § 176 kommen dabei persönliche Verhältnisse nur in ihren konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen in Betracht (vgl. oben 1.). Subjektiv unzumutbar ist eine Verpflichtung, die an sich Jedermann unschwer erfüllen könnte, nicht aber gerade der konkrete Adressat. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Unzumutbarkeit nach Absatz 3 eine objektive („einem“=„irgendeinem“). Dies entspricht auch dem Norminhalt des allgemeinen verwaltungsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Nun kann aber die Bebauung unter Umständen nur und gerade dem konkreten Eigentümer wirtschaftlich nicht zuzumuten sein; subjektive Unzumutbarkeit ist insoweit der engere Begriff, als sich die Frage nach ihr erst stellt, wenn die objektive Zumutbarkeit zu bejahen ist (vgl. oben 2.). Der Eigentümer mag dann besondere Gründe gerade in seiner Person geltend machen (Alter, Krankheit), die auch wirtschaftlich relevant sind. Befindet er sich in einer ökonomischen Situation, die es ihm nicht erlaubt, sich zu verhalten wie jeder andere wirtschaftlich denkende Mensch, so liegt ebenfalls solche subjektive Unzumutbarkeit vor.

b) Verpflichtung zum Einsatz eigenen Vermögens? Die Frage, ob der Einsatz anderweitigen eigenen Vermögens zur Durchführung der angeordneten Bebauung verlangt werden darf, lässt sich wie folgt beantworten: Grundsätzlich steht dem Eigentümer die freie Entscheidung zu, wie er sein – übriges – Vermögen einsetzt. Ein Baugebot kann ihn nicht dazu zwingen, es für die dadurch geforderten Baumaßnahmen zu verwenden. Er kann dies von vorneherein ablehnen mit der Begründung, er sehe für sein – unter Umständen auch beträchtliches – übriges Vermögen andere, lukrativere Anlagemöglichkeiten. Den Einwand, das Baugebot werde ihm doch günstige Renditen für seine im übrigen einzusetzenden Vermögensgüter sichern, kann er, muss er aber nicht gelten lassen, denn dies nähme ihm die Freiheit der Verfügung, Nutzung und Verwaltung dieser anderen Vermögensgegenstände, die in seinem verfassungsgeschützten Eigentum stehen (Art 14 Absatz 1 Satz 1 GG); auf sie erstreckt sich aber der Eingriffsvorbehalt des Baugebots gerade nicht. Solcher Vermögenseinsatz könnte ihm allenfalls im Rahmen einer Sozialbindung des Grundstückseigentums (Art. 14 Absatz 1 Satz 2 GG i.V.m. Absatz 2 Satz 1 GG) angesonnen werden: Das Gebot des Einsatzes anderer Vermögenswerte sei eben zum Halten seines durch Baugebot belasteten Vermögens und damit in dem dadurch verfolgten öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Abgesehen davon aber, dass Sozial-

VIII. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Baugebots

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pflichtigkeit des Eigentums stets objekt-, nicht allgemein vermögensbezogen zu sehen ist160– gerade dies will schon der einfache Gesetzgeber ersichtlich nicht erzwingen: Nach § 176 Absatz 4 kann ja der Eigentümer von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn es ihm wirtschaftlich unzumutbar ist, dem Baugebot nachzukommen (vgl. unten 4.), eben auch durch Einsatz sonstigen Vermögens. Der Gemeinde bliebe überdies die Last des schwierigen Nachweises, die Rendite bei gebotsmäßiger Bebauung sei ebenso gut wie diejenige, welche sich bei anderen vom Eigentümer gewünschten, als möglich in Betracht kommenden Anlagen erreichen lasse. Der Eigentümer muss übrigens solche Chancen schon bei objektiver Unzumutbarkeit nur „glaubhaft“ machen161, nicht überzeugend nachweisen. Die Gemeinde kann also nicht jeden wohlhabenden Eigentümer mit Baugeboten belegen; sie muss auf den Einwand gefasst sein, die zu erwartende Rendite sei unzumutbar schlecht – und mit der Geltendmachung eines Übernahmeangebots rechnen. Dies ist eine auch allgemein-sozialpolitische Feststellung: Schon nach einfachem Gesetzesrecht ist das Baugebot kein Umverteilungsinstrument.

4. Der Übernahmeanspruch § 176 Absatz 4 Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Übernahmeanspruch nach § 176 Absatz 4 lediglich bei Geltendmachung subjektiver Unzumutbarkeit aus in der Person des Eigentümers liegenden Gründen gegeben ist.162 In diesem Fall darf ein Baugebot also zwar ergehen (§ 176 Absatz 3), es kann aber durch ein Übernahmeangebot abgewendet werden, denn es ist „ dem“ (konkreten) Eigentümer nicht zuzumuten (Absatz 4). Bei subjektiver Unzumutbarkeit darf dem Eigentümer durch Absatz 4 auch nicht ein „Liquiditätsrisiko“ aufgebürdet werden163 ; denn er kann Nachteile, welche er durch Befolgung des Baugebots erleidet, erst nachträglich geltend machen – nachdem sie für ihn eingetreten sind – im Rahmen des Kaufpreises nach Übernahmeverlangen (§ 176 Absatz 4 Satz 2 i.V.m. § 44 Absatz 3). Zumindest bei angespannten Vermögensverhältnissen des durch das Baugebot unzumutbar Belasteten muss also die Übernahme vor Durchführung des Vorhabens stattfinden, damit die Kosten von vorneherein die Gemeinde treffen. 160 Vgl. die Problematik des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes gegen die Abgabengewalt, dazu näher Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A 2005, Artikel 14 Rn 165 ff; s. dazu auch unten D III, 5. 161 Es genügt Versicherung an Eides statt (§ 294 ZPO), aber auch Vorlage von Steuererklärungen, Kontoauszügen, Geschäftsbilanzen, Einkommensauskünften, Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 8. 162 BVerwGE 84, 335 (353); ebenso Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10. A. 2007, § 176 Rn 9. 163 Dazu Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 52 mit weiteren Nachweisen.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

Die Übernahmepflicht tritt bereits mit der Bekanntgabe des Baugebots ein164. Die Fälligkeit des Übernahmeanspruches wird durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs bei der Gemeinde herbeigeführt165. Die Übernahme kann aber auch schon vorher, etwa im Rahmen der Erörterung nach § 175 Absatz 1, verlangt und ggf. vertraglich vereinbart werden166. Damit lässt sich ein Liquiditätsrisiko für den unzumutbar Belasteten ausschliessen oder doch vermindern.

5. Fazit Insgesamt ist die Zumutbarkeit des Baugebotes praktisch in vielen Fällen eine hohe, unter Umständen entscheidende Hürde für die Gemeinde. Der Adressat befindet sich nicht selten in einer subjektiven Lage, angesichts derer er hart, ja übermäßig belastet würde. Aber auch dann, wenn er wirtschaftlich leistungsfähig erscheint, kann er die Befolgung des Baugebots ablehnen, wenn die zu erwartende Rendite unzumutbar niedrig ist. In einer Marktwirtschaft wird man von ihm insoweit nicht Rücksichtnahme auf allgemeine Belange verlangen können. Gewiss muss er sich eine Abwägung seiner vermögensrechtlichen Belange gegenüber den „städtebaulichen Gründen“ gefallen lassen, aber eben nur hinsichtlich des vom Baugebot erfassten Grundstücks. Insoweit mag auch die Situationsgebundenheit167 eine Rolle spielen, aber eine derartige Sozialbindung findet wiederum Grenzen an der Tiefe des Eingriffs, die ein Baugebot häufig mit sich bringt168. Ergebnis: Subjektive Unzumutbarkeit besteht, wenn gerade der konkrete Adressat des Baugebots übermäßig belastet wird. Dies kann aus persönlichen Gründen (Alter, Krankheit, Beruf) der Fall sein, die auch von wirtschaftlichem Gewicht sind. Einsatz eigenen (anderweitigen) Vermögens darf nicht verlangt werden. Der Eigentümer kann bei subjektiver Unzumutbarkeit von der Gemeinde die unverzügliche Übernahme des Grundstücks verlangen (§ 176 Absatz 4).

164 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10. A. 2007,§ 176 Rn 9; Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 58. 165 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2005, § 176 Rn 59. 166 Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 176 Rn 9; vgl. dazu Weyreuther, F., Die Situationsgebundenheit des Eigentums, 1983, S. 110 ff; Leisner, W., Eigentum, 1996, S. 206 ff . 167 Vgl. Stock, J., in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, Stand Mai 2007, § 176 Rn 47. 168 Vgl. noch näher unten D.

IX. Vollstreckung des Baugebots

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IX. Vollstreckung des Baugebots 1. Die Frage: Baugebot – undurchsetzbar? Während sich zum Erlassverfahren keine speziellen Probleme ergeben, auch nicht hinsichtlich der hier allerdings besonders wichtigen Erörterung und Beratung nach § 175 Absatz 1169, wirft die Vollstreckung von Baugeboten bedeutsame und grundsätzliche Fragen auf170. Es fragt sich zunächst schon, ob Baugebote als solche allgemein überhaupt durchsetzungsfähig sind. Dies wäre nicht der Fall, wenn kein vollstreckungsrechtliches Mittel einsetzbar wäre171. Das Baugebot wäre dann – abgesehen von einer auch ohne ein solches vorgängiges Verlangen möglichen Enteignung – nicht nur ein weitgehend, sondern ein völlig sanktionsloses Instrument, als solches eine lex imperfecta, damit lediglich ein „Verfahrens- und Beratungsinstrument“172, und auch sein Einsatz in diesem Sinne wäre nicht mehr als eine rechtliche Möglichkeit; auf eine solche könnte dann verzichtet werden, denn die gleichen Erörterungen könnten zur Vorbereitung der Enteignung stattfinden. Als ein gänzlich funktionsloses Eingriffsinstrument könnte das Baugebot als überflüssig und damit, wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit, sogar als verfassungswidrig erscheinen.

2. Die Durchsetzbarkeit des Baugebotes – jedenfalls durch Zwangsgeld(androhung) Demgegenüber geht der Gesetzgeber eindeutig von der Vollstreckbarkeit des Baugebots als solcher aus: In § 176 Absatz 8 ist ausdrücklich von „Vollstreckungsmaßnahmen“ die Rede, und es wird darunter nicht (nur) die Enteignung als eine Form der Durchsetzung der Baugebote verstanden, deren Vorziehen als ein weiterer Schritt hier ebenfalls geregelt ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht denn auch von einer

169 Zur Ermittelung der Betroffenheit des Eigentümers und der sonstigen Betroffenen, zur Förderung der Kooperationsbereitschaft, dies alles zur Vorbereitung der Ermessensentscheidung der Gemeinde, Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 79; vgl. dazu auch Köhler, H., Die Planverwirklichungsgebote als Instrumente des Städtebaus, 1985, S. 96 ff. 170 Vgl. zur Vollstreckungsproblematik allgemein, Schlichter, O., Überlegungen zum Baugebot – Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 349 (365 ff); Runkel, P., Das Baugebot nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch, ZfBR 1990, 167 (167 ff); Köhler, H., Die Planverwirklichungsgebote als Instrument des Städtebaurechts, 1985, S. 103 ff. 171 In diesem Sinn: Stüer, B., Das Baugebot – ein „stumpfes Schwert“?, DÖV 1988, 337 ff.; zweifelnd auch Gather, H.-H., Die Problematik des Baugebots, DWW 1988,34 (35); früher schon Weyreuther, F., Baugebot und Baupflicht, BauR 1974, 7 (12). 172 Krautzberger, M. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10. A. 2007,§ 176 Rn 14.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

grundsätzlichen Vollstreckbarkeit aus173. Das Baugebot ist ein Verwaltungsakt, der auf Vornahme einer Handlung gerichtet ist (§ 6 Absatz 1 Satz 1 VwVG); als Zwangsmittel kommen daher, nach § 9 Absatz 1 VwVG nur Zwangsgeld, Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang in Betracht. Die Anwendbarkeit des Zwangsgeldes als Vollstreckungsmittel ist als solche unbestritten174. Das Zwangsgeld ist bei der Pflicht zur Vornahme einer Bebauung in der Regel das mildeste Durchsetzungsmittel nach Grundsätzen der Verwaltungsvollstreckung (§ 9 Absatz 2 VwVG), wenn auch entgegen der Aufzählungsreihenfolge im Verwaltungsvollstreckungsgesetz. „Bebauung“ ist als solche kaum je eine derart klar, bis in Einzelheiten nach der Natur der Sache bestimmte und/oder durch hoheitliches Gebot bestimmbare Handlung, dass bei deren Vornahme dem Durchführenden nicht ein bestimmter Freiheitsraum, insbesondere der Finanzierung und der baulichen Gestaltung, verbliebe. Sinn des behördlichen Baugebots ist es denn auch (nur), diesen komplexen Mechanismus überhaupt in Gang zu setzen, damit „eben gebaut werde“. Der allgemeine Freiheitsschutz des Einzelnen gegen hoheitliche Gebote verlangt daher zwingend, dass in dieser Fallkonstellation, soweit möglich, zunächst eben nur ein Zwangsgeld verhängt werde. Bei größeren Vorhaben wird mit solchen Androhungen zwar manchmal ein wirksamer Vollstreckungsdruck nicht erzeugt werden. Dennoch ist schon unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Zwangsgeldes die oben 1. gestellte Frage nach der Funktionslosigkeit des Baugebots zu verneinen. Generell ist nicht ersichtlich, weshalb das Zwangsgeld hier keine Wirkung sollte entfalten können: Es wird doch auf den Verpflichteten jedenfalls einen – unter Umständen unwiderstehlichen – Druck ausüben, dem Gebot zumindest als einem „Anstoßverlangen“, etwa durch Stellung eines Antrages auf Baugenehmigung nachzukommen. Das Baugebot stellt sich insoweit als eine zurückhaltend-vorsichtige Vorgehensweise dar, welche grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit des Eigentümers achtet. Näherer Angaben dazu im Baugebot bedarf es insoweit nicht175. Voraussetzung für die nach Landesrecht erfolgende Festsetzung des Zwangsgeldes ist dessen vorherige Androhung und die Nichterfüllung des Baugebotes. Höhenmäßig ist die Verhältnismäßigkeit (§ 9 Absatz 2 VwVG) zu beachten; sie hängt vor allem von der Dringlichkeit der Erreichung der städtebaulichen Ziele ab. Bei wiederholter Androhung eines Zwangsgeldes muss die Vollstreckungsbehörde allerdings

173

BVerwG NVwZ 1990,663; früher bereits BVerwGE 84,335 (350 f.); ebenso Löhr, R.-P., Rechtsfragen bei der Durchsetzung von Baupflichten, ZfBR 1981, 258 (259). 174 BVerwG NVwZ 1990, 663.; Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007,§ 176 Rn 14; Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd.2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 23; zur Wirksamkeitsproblematik Lücke, J., Das Baugebot – ein wirksames Instrument des Bodenrechts? 1980, S.9 ff. 175 BVerwGE 84,335 (341).

IX. Vollstreckung des Baugebots

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prüfen, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen weiterbestehen, und ob das Grundstück nicht zur Verwirklichung des Baugebotes zu enteignen ist176.

3. Die Problematik der Ersatzvornahme a) Grundsätzliche Zulässigkeit Das Bundesverwaltungsgericht meint177, „die Erfüllung (wird) schon wegen der Variationsbreite möglicher baulicher Nutzungen, die dem Eigentümer innerhalb des in den geltenden baulichen Vorschriften abgesteckten Rahmens verbleiben, in aller Regel eine unvertretbare Handlung darstellen, so dass insoweit als Zwangsmittel nur das Zwangsgeld in Betracht kommen wird (vgl. § 11 VwVG)“. Dieser Ansicht kann in solcher Allgemeinheit nicht gefolgt werden; sie ist bereits überzeugend widerlegt worden178 : Die Befolgung eines Baugebotes stellt eine vertretbare Handlung dar179, die erforderlichen Leistungen können ja von jedem Dritten erbracht werden, einschließlich der nötigen Rechtsgeschäfte (Beauftragung von Architekten, Arbeitskräften, Subunternehmern, Beschaffung von Krediten)180 ; die Erstellung eines Bauwerks ist eben grundsätzlich Jedermann möglich. Die durch die Bauplanung rahmenmäßig bestimmte „Variationsbreite“ wird zwar bei Ersatzvornahme durch die Behörde, nicht durch den Eigentümer ausgenutzt. Dieser hat sich diesen Eingriff in seine Freiheit aber selbst zuzuschreiben, er kann ihn jederzeit vermeiden, indem er tätig wird. Ist ihm dies zuzumuten (vgl. oben VIII), so kann er sich nicht (mehr) auf eine Freiheit berufen, auf welche er ja, durch Nichtbefolgung, selbst verzichtet hat. Die Ersatzvornahme erfolgt nun aber nicht in der Weise, dass die Behörde (Gemeinde) selbst den Bau errichtet. Vielmehr hat sie „einen anderen“ zu beauftragen (§ 10 VwVG), im Auftrag des Adressaten des Baugebots, der diesen damit im Sinne des BauGB „selbst erfüllt“. b) Bei Bauantragsgebot (§ 176 Absatz 8) Soweit das Baugebot (zunächst nur) zur Stellung eines Bauantrages verpflichtet181, greift § 176 Absatz 8 ein. Dort heißt es ausdrücklich, die Enteignung sei auch „nach Vollstreckungsmaßnahmen“ nur zulässig, wenn der nach Absatz 7 zu einer Antrags176

BVerwGE 84, 335 (360 ff). BVerwGE 84, 335 (352 f). 178 Von Köhler in der Anmerkung zu dieser Entscheidung, DVBl. 1990, 576 (583). 179 So auch bereits OLG Köln, ZMR 1973, 253. 180 Dazu gehört auch die erforderliche Absicherung der Kredite im Wege einer Zwangshypothek, vgl. dazu Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10. A. 2007, § 176 Rn 14, unter Hinweis auf Weyreuther. 181 Vgl. dazu im Folgenden 4. b). 177

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

stellung Aufgeforderte diesen seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. Hier gilt dann: – Da hier ganz allgemein von „Vollstreckungsmaßnahmen“ die Rede ist, lässt sich aus der Formulierung generell nicht schließen, Ersatzvornahme sei bei Baugeboten überhaupt als unzulässig anzusehen, im Gegenteil: Die Wortfassung spricht auch für diesen Fall, daher aber doch generell, für eine Verweisung auf die Verwaltungsvollstreckungsregelungen, also auch die Ersatzvornahme. Auch ein möglicher weiterer Einwand aus dieser Bestimmung, generell gegen die Zulässigkeit einer Ersatzvornahme bei Baugeboten. schlägt nicht durch: Es könnte ja argumentiert werden, jene Zwangsmittel dürften nur zum Einsatz kommen, wenn der Eigentümer dem Baugebot „nicht nachkommt“ – also sei damit stets eine Ersatzvornahme unzulässig; denn dann befolge ja nicht mehr der Eigentümer die Anordnung, sondern die Behörde selbst. Diese Überlegung widerspricht jedoch dem Wesen der Ersatzvornahme: Die „Handlung“ als solche ist zwar nicht (mehr) die des Eigentümers (§ 10 VwVG), aber sie erfolgt, wie schon erwähnt, als „Erfüllung einer Verpflichtung“, welche nach wie vor die des Eigentümers bleibt – und darauf allein kommt es nach § 176 Absatz 8 an. Deshalb hat denn auch das Bundesverwaltungsgericht (vgl. oben a) nicht generell auf das Recht der Erfüllung „gerade durch den Eigentümer“ abgehoben, sondern auf dessen dabei jedenfalls zu achtende Freiheit. – Die Formulierung des § 176 Absatz 8 bringt eine vom Gesetzgeber sachgerecht vorgesehene besondere Regelung des Einsatzes der Ersatzvornahme, gerade für den Fall der Bauantragspflicht (C. II. 6.). Auch in ihm kann jedenfalls ein Zwangsgeld als Druckmittel zur Erzwingung der Antragsstellung angedroht und auch vollstreckt werden. Ebenso ist nach dem Wortlaut in diesem Fall Androhung und dann auch Durchsetzung des Baugebotes über Ersatzvornahme seitens der Gemeinde möglich; dann wird eben ein Dritter, von der Gemeinde Beauftragter, als Antragsteller tätig. Das Baugebot ersetzt den Antrag des Eigentümers und dieser wird inhaltlich zwar konkretisiert durch den von der Gemeinde Beauftragten, im Übrigen aber nach geltendem Baurecht von den zuständigen Behörden behandelt. Anschließend können wiederum Zwangsgeld und Ersatzvornahme zum Einsatz kommen. – Um der Gemeinde eine solche Ersatzvornahme zu ersparen, sieht das Gesetz vor, dass nach Erfolglosigkeit „von“ Vollstreckungsmaßnahmen – wobei der Einsatz eines Zwangsgeldes nötig ist, aber auch genügen kann – das Verfahren einer Enteignung vorgezogen werden kann, nicht muss – eine sinnvolle Regelung.(Zum Wahlrecht vgl. näher unten 4. b). Die Ersatzvornahme bleibt aber jedenfalls ein zulässiges Vollstreckungsmittel. Hier wird der Gemeinde auch nicht mehr zugemutet als sie im Falle der Enteignung zu leisten hat, welche ja ein unbestritten zulässiges Instrument darstellt, die erforderliche Bebauung durchzusetzen (vgl. dazu das Folgende sowie unten D. IV. 2.). Ergebnis: Baugebote können durchgesetzt werden; diese Rechtsfigur ist nicht funktions-, weil sanktionslos. Zwangsgeld kann angedroht und beigetrieben werden – unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Auch Ersatzvornahme durch die Gemein-

IX. Vollstreckung des Baugebots

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de ist zulässig; sie scheitert nicht schon an dem Vorhandensein anderer planungsrechtlich eröffneter Alternativen für den Eigentümer, wenn dieser von ihnen keinen Gebrauch macht. Ergeht nur ein Bauantragsgebot, so sind alle diese Vollstreckungsmaßnahmen ebenfalls zulässig, nötig ist aber nur ein erfolgloser Vollstreckungsversuch über den Einsatz einer Zwangsgeldfestsetzung; sodann kann – nicht muss – bereits das Enteignungsverfahren eingeleitet werden.

4. Enteignung zur Durchsetzung der Bebauung (§ 176 Absatz 8 und 9)182 a) Das Verhältnis von (Vollstreckung des) Baugebot(es) und Enteignung Die Enteignung (§§ 85 ff) kann nur eingesetzt werden, wenn der Eigentümer dem Baugebot nicht nachkommt und „Vollstreckungsmaßnahmen“ erfolglos bleiben(vgl. 3 b) (§ 176 Absatz 8). Sie gehört jedoch als solche nicht zu den Vollstreckungsmaßnahmen des Baugebots im Sinne von oben 2, 3 und § 176 Absatz 8, geht sie doch über dessen Wirkungen entscheidend hinaus, durch Entzug des Eigentums am Grundstück. Die h.L. geht daher zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen der Enteignung („nur wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert“, § 87 Absatz 1) strengere sind183 als für den Erlass eines Baugebots, dass ihre Schwelle im Verhältnis zur städtebaulichen Dringlichkeit also „höher angesiedelt“ ist184. Der Enteignungszweck darf auf keine andere zumutbare Weise erreichbar sein (§ 87 Absatz 1). Zu solchen Alternativen aber gehört eben insbesondere der Erlass eines Baugebots aus städtebaulichen Gründen; § 176 Absatz 8 verweist deshalb ausdrücklich auf § 85. Daraus ergibt sich übrigens umgekehrt auch die zwingende Notwendigkeit, Mittel eines Vollstreckungszwanges des Baugebots bereitzustellen (vgl. oben 3)185 und sie auch einzusetzen, soweit dies Erfolg verspricht. Geht es allein um das öffentliche Interesse an einer (bestimmten) Bebauung aus städtebaulichen Gründen, so muss also zunächst ein Baugebot ergehen, weil dieses ja jedenfalls das mildere Mittel darstellt186. Insoweit ist der Erlass eines Baugebots nach § 87 Absatz 1 nicht etwa eine verfahrensmäßige Vorstufe zur Enteignung in Form eines Vorverfahrens187; er stellt vielmehr eine Alternative zu dieser dar, eben 182 Dazu allgemein Löhr, R.-P., Rechtsfragen bei der Durchsetzung von Baupflichten, ZfBR 1981, 258 (258 f); Lücke, J., Das Baugebot – ein wirksames Instrument des Bodenrechts? 1980, S. 3 f. 183 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 100. 184 BVerwGE 84, 335 (351), unter Hinweis auf BT- Drucksache 7/5059 S.8. 185 So zutreffend BVerwG 84, 335 (351). 186 Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 100. 187 Zutreffend insoweit Bielenberg, W., BlGBW 1975, 81 (85); Löhr, R.-P., Rechtsfragen bei der Durchsetzung von Baupflichten, ZfBR 1981, 258 (260); Köhler, H., Die Planver-

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

ein „milderes Mittel“. Daher muss zunächst versucht werden, das Baugebot zu vollstrecken, wenn nötig über Ersatzvornahme (vgl. oben 3). Eine Enteignung ist aber dann zulässig, wenn der Eigentümer unmissverständlich erklärt, die angestrebten Baumaßnahmen mit oder ohne Baugebot auf keinen Fall durchführen zu wollen. Die Gemeinde muss dann zwar nicht in jedem Fall im Wege einer Ersatzvornahme „ für ihn bauen“188. Es greifen hier jedoch § 85 Absatz 1 Nummer 5 i.V.m. § 176 Absatz 8 ein: Da „der Eigentümer“ der Verpflichtung nach § 176 Absatz 1 und 2 nicht nachkommt, „kann, nicht muss“ das Enteignungsverfahren nach § 85 Absatz 1 Nummer 5 eingeleitet werden – entsprechend dem Einleitungssatz zu § 85 Absatz 1. In dem Enteignungsverfahren ist dann davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Baugebotes vorliegen (§ 176 Absatz 9 Satz 1). Dies ist folgerichtig; denn der Eigentümer hatte ja die Möglichkeit, sich gegen den milderen Eingriff, das Baugebot, zu wehren. Wenn dabei aber dessen Rechtswidrigkeit festgestellt worden wäre, so wäre er auch den „Verpflichtungen nach § 176 Absatz 1 und 2“ nicht unterlegen, ein Enteignungsverfahren hätte gegen ihn also nach § 85 Absatz 1 Nummer 5 nicht eingeleitet werden dürfen. b) Das Wahlrecht der Gemeinde nach § 176 Absatz 8: Baugebot oder Enteignung Immerhin bleibt die Frage, ob der Gemeinde angesichts einer Weigerung des Eigentümers, dem Baugebot nachzukommen, ein freies Wahlrecht zusteht, ob sie enteignen oder das Baugebot über Ersatzvornahme (oben 3) vollstrecken will, oder ob der Vollstreckung in jedem Fall der Vorrang gebührt. Geht man von dem (unter a) dargestellten Verhältnis von Baugebot und Enteignung aus, nach welchem ersteres das „mildere Mittel“ darstellt – dem Eigentümer wie hier übrigens auch der Gemeinde gegenüber – so ist die Gemeinde zur Ersatzvornahme verpflichtet. Ein Wahlrecht steht ihr aber in dem Fall zu, in welchem sie, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen (nur) ein Bauantragsgebot erlassen hat (vgl. dazu oben 3 b am Ende). Sie hat damit zum Ausdruck bringen wollen, dass „baulich etwas geschehen müsse“, nicht aber zu den näheren Modalitäten der Erreichung dieses Zieles, eine Entscheidung treffen können/wollen. Der Gesetzgeber räumt ihr nun ein Wahlrecht bereits nach dem Fehlschlagen eines ersten Vollstreckungsversuches des Baugebots durch Androhung eines Zwangsgeldes ein. Immerhin aber setzt diese Wahlentscheidung der Gemeinde für ein (vorgezogenes) Enteignungsverfahren stets eine Konstellation voraus, in der - die gesteigerten Voraussetzungen für die Enteignung (vgl. a) vorliegen, und wirklichungsgebote als Instrument des Städtebaurechts, 1985, S. 108; a.A. Breuer, R., in: Schrödter, BauGB, 7.A. 2006, § 85 Rn 44 ff. 188 Löhr, R.-P., Rechtsfragen bei der Durchsetzung von Baupflichten, ZfBR 1981, 258 (260); Gaentzsch, G., BauGB 1991, § 176 Rn 2; Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 101; vgl. auch oben 3 b.

IX. Vollstreckung des Baugebots

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- die konkrete Situation (der Gemeinde) es nicht als angezeigt erscheinen lässt, dass sie selbst antragstellend und sodann über Beauftragte bauerstellend tätig wird. Dennoch sollte das nicht dazu führen, dass leichthin das scharfe Instrument der Enteignung von der Gemeinde eingesetzt oder auch nur mit ihm gedroht wird. Klar muss jedenfalls stets bleiben: Das Baugebot ist keine Alternative zu einer Enteignung, sondern ihr gegenüber grundsätzlich das mildere Mittel. Sind allerdings die nach § 176 angeordneten Maßnahmen objektiv unzumutbar, etwa weil sie sich nicht rentieren, so ist das Baugebot unzulässig. Hier bleibt dann der Gemeinde zur Verwirklichung ihrer Maßnahmen nur die Enteignung189. Liegt nur subjektive Unzumutbarkeit vor, so kann sich der Eigentümer des Grundstücks entledigen und Ersatzleistung verlangen, indem er ein Übernahmeverlangen stellt190. Kommt eine Einigung zwischen ihm und der Gemeinde über die Übernahme nicht zustande, so kann der Eigentümer nach § 176 Absatz 4 i.V.m. § 43 Absatz 1 Satz 1 die Entziehung des Eigentums bei der Enteignungsbehörde beantragen („Enteignung auf Wunsch“)191. Für die Höhe der Entschädigung im Falle der Enteignung gilt: Maßgeblich sind die Preisverhältnisse im Zeitpunkt der Enteignung. Im Falle eines vorgängigen Baugebots wird der Zeitpunkt für die Bestimmung des Verkehrswertes (§ 95 Absatz 1 Satz 2: Entscheidung der Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag) vorverlegt auf den der Unanfechtbarkeit des Baugebots; spätere Werterhöhungen werden nur berücksichtigt, soweit sie vom Eigentümer zulässigerweise durch eigene Aufwendungen – unter Einsatz von Kapital und/oder Arbeit – bewirkt werden (Verbot der Werterhöhung durch „Schwarzumbauten“)192. Mit den dargestellten speziellen Vorbehalten gilt also: Grundsätzlich ist das Baugebot gegenüber der Enteignung das „mildere Mittel“, bereits nach einfachem BauGesetzesrecht; es ist daher grundsätzlich einzusetzen, bevor zur Enteignung geschritten wird. Ergebnis: Enteignung des Grundstücks ist keine Sanktionsform des Baugebots, sie steht grundsätzlich selbstständig neben diesem, die Voraussetzungen in beiden Fällen decken sich nicht voll. Soll also eine Enteignung ausschließlich der Durchsetzung einer bestimmten Bebauung dienen, so muss zunächst ein Baugebot als „milderes Mittel“ erlassen und durchgesetzt werden. Dies gilt auch wenn ein Bauantragsgebot genügen kann; in diesem Fall kann aber, nach Fehlschlagen einer Vollstreckung, die Enteignung vorgesehen werden. 189 Löhr, R.-P., Rechtsfragen bei der Durchsetzung von Baupflichten, ZfBR 1981, 258 (260 f); Lücke, J., Das Baugebot – ein wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980, S.8 ; Stock, J., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 176 Rn 101. 190 Lemmel, H.P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Bd. 2, Stand Januar 2005, § 176 Rn 12. 191 Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 8. 192 Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 14.

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C. Die gesetzlichen Regelungen des Baugebots

X. Rechtsschutzfragen 1. Allgemeines Für Streitigkeiten wegen des Baugebots ist grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 40 VwGO)193. Das gilt jedoch nicht, wenn die Gemeinde dem Übernahmeverlangen des Eigentümers (§ 176 Absatz 4) nicht entspricht oder wenn die Höhe der Entschädigung für das Grundstück, das übernommen werden soll, streitig ist. Gegen Entscheidungen der Enteignungsbehörde über diese Fragen ist der Rechtsweg zu den Baulandgerichten gemäß §§ 176 Absatz 4 Satz 2 , 43 Absatz 1, 217 Absatz 1 Sätze 2 und 4 gegeben. Die Baulandgerichte sind auch zuständig, wenn sich der Eigentümer gegen eine Enteignung zur Durchsetzung eines Baugebots wendet (§ 217 Absatz 1 Sätze 1 und 4)194. Gegen ein Baugebot ist Widerspruch und sodann gegebenenfalls Anfechtungsklage195 zulässig, nach den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Rechtsbehelfe können sich gegen das Gebot als solches, im Ganzen, aber auch gegen einzelne bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Auflagen desselben richten. Dabei können formalrechtliche (mangelnde Vorabstimmung), wie vor allem inhaltliche Fehler eine Rolle spielen, insbesondere fehlende Erforderlichkeit mit Blick auf städtebauliche Gründe oder Unzumutbarkeit. Spezielle Probleme ergeben sich dazu, soweit ersichtlich, nicht.

2. Drittrechtsbehelfe Drittrechtsbehelfe können gegen ein Baugebot grundsätzlich ergriffen werden, soweit dieses geschützte (insbesondere Nachbar-)Rechte verletzt196 ; etwa bei Nichtachtung der Abstandsverpflichtungen. Gleiches gilt, wenn das Gebot keine hinreichenden Vorkehrungen gegen rechtsbeeinträchtigende Auswirkungen einer Baulücken193 Lemmel, H.-P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum BauGB, 3.A. 2002, § 176 Rn 27; Vgl. allgemein zum Rechtsschutz im Baurecht Brenner, M., Öffentliches Baurecht, 2.A. 2006, S.212 ff.; Tettinger, P. / Erbguth, W., Besonderes Verwaltungsrecht, 8.A. 2005,§ 32 Rn 1267 ff. 194 Lemmel, H.-P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum BauGB, 3.A. 2002, § 176 Rn 27. 195 Zimmermann, P., in: Jacob / Ring / Wolf, Freiburger Handbuch zum Baurecht, 2.A. 2003, § 25 Rn 139; vgl. auch allgemein zur Anfechtungsklage im Baurecht Brohm, W., Öffentliches Baurecht, 3. A. 2002, § 30 1 b; Ehlers, D., Die verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage I, II, Jura 2004, 30 ff und 176 ff. 196 Vgl. allgemein zum Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht Finkelnburg, K. / Ortloff, K.-M., Öffentliches Baurecht, Band 2, 2.A. 1990, 4. Teil Der baurechtliche Nachbarschutz; Steinfort, F., in: Rabe / Steinfort / Heintz, Bau- und Bauplanungsrecht, 4.A. 1997, Abschnitt F; Jacob, P., Zur tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn im Baurecht, oder – minima non curat praetur?, BauR 1984, 1 ff; Muckel, S., Der Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht – Grundlagen und aktuelle Entwicklungen, JuS 2000, 132 ff.

X. Rechtsschutzfragen

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schließung vorsieht; insoweit kommt dann eine Verpflichtungsklage in Betracht. Soweit ein Baugebot nur eine Bauantragsverpflichtung beinhaltet, muss die Baugenehmigungsentscheidung abgewartet werden. Der Eigentümer ist für den Fall, dass (ihm) diese versagt wird, durch das Baugebot jedoch nicht gezwungen, gegen diese Ablehnung vorzugehen197. Vielmehr wird insoweit das Baugebot hinfällig, als ihm mangels erforderlicher Baugenehmigung nicht entsprochen werden kann. Dies wirkt sich dann zugleich als eine (nachgestaltete) Rechtskontrolle über das Baugebot aus: Es war, schon mangels Planungskonformität, rechtswidrig.

3. Streitwert Zum gerichtlichen Streitwert198 bei Anfechtung eines Baugebots ist entschieden worden199 : Anzusetzen ist der gedachte Zinsaufwand für ein Jahr, der den Kläger bei Erfüllung der angeordneten Bebauung treffen würde. Werden zusätzlich eine Anordnung nach § 176 Absatz 7 und eine hierauf bezogene Zwangsgeldandrohung angegriffen, so ist überdies die Hälfte des angedrohten Zwangsgeldbetrages in Ansatz zu bringen. Ergebnis: Der Rechtsschutz gegen Baugebote richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Rechtsbehelfe Dritter können sich gegen die Anordnung richten, soweit diese baurechtlich geschützte Belange, insbesondere der Nachbarn, beeinträchtigt. Soweit lediglich ein Bauantragsgebot ergangen ist, können sie in der Regel erst gegen die Baugenehmigung ergriffen werden.

197

Klindt, T., in: Gronemeyer, Baugesetzbuch, 1999, § 176 Rn 15. Vgl. allgemein Zimmer, M., Entwicklung des Streitwertrechts in der Verwaltungsgerichtsbarkeit seit 1988, NVwZ 1991, 547 ff; aktuell Brehm, R., Die neuen Gerichtskosten im Verwaltungsprozess aus anwaltlicher Sicht, NVwZ 2004, 1207 ff. 199 OVG Münster, NWVBl. 1998, 150. 198

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts 1. Die rechtliche Problematik Im Teil C wurden die einfachgesetzlichen baurechtlichen Regelungen des Baugebots dargestellt. Verfassungsrechtliche Maßstäbe spielten dabei noch keine wesentliche Rolle; ihre Ausstrahlungswirkungen werden denn auch in Rechtsprechung und Schrifttum nur gelegentlich erwähnt. Darin mag sich nicht zuletzt ein gewisser horror Constitutionis zeigen, der auch in anderen Bereichen des Besonderen Verwaltungsrechts nicht selten festzustellen ist. Hier liegt ein Defizit bisheriger Behandlung der Materie. Das Grundgesetz ist bedeutsam nicht nur im Sinne seiner allgemeinen Maßstabsfunktion für und seiner Ausstrahlungswirkung auf alles einfache Gesetzesrecht; in besonderer Weise geht es beim Baugebot um die Vereinbarkeit öffentlicher, städtebaulicher Belange und privater Belange des Eigentümers oder anderer privater Berechtigter. Letztere sind aber in aller Regel durch Artikel 14 GG grundrechtlich als Eigentumspositionen geschützt. Die Verfassung sichert das Recht des Eigentümers, über seine Immobilie zu verfügen, sie zu nutzen und zu diesem Zweck zu verwalten. Diese Eigentumsaspekte1 werden, teilweise in erheblichem Maße, durch Baugebote berührt. Entscheidungen über Bebauung bestimmen weithin die Grundstücksnutzung, damit aber auch die Möglichkeiten von Verfügungen über die zu bebauende Fläche. Bei hoheitlichen Baugeboten geht es also jedenfalls um die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. Absatz 2 Satz 1 GG). Die Nähe zur Enteignung, in welche das Baugebot nicht selten überleitet2, wirft überdies spezielle Fragen aus Artikel 14 Absatz 3 GG auf. Die Freiheit des „Eigentums Privater“ ist daher wesentlicher Regelungsgegenstand des Rechts der Baugebote. Dies zeigt sich vor allem dort, wo sich die Frage stellt, wie weit die Baufreiheit des Eigentümers von der Gemeinde bei Erlass eines Baugebots geachtet, „wie viel davon“ dem Eigentümer zunächst oder endgültig noch bleiben muss3. Die Abschnitte des Teiles C über die Erforderlichkeit und Unzumutbarkeit (VII, VIII) betreffen daher zentrale eigentumsverfassungsrechtliche 1 2 3

Vgl. dazu Leisner, W., Eigentum, HbStR VI, § 149 Rn 102 ff. Vgl. oben C. IX. s. dazu insbesondere C. II. etwa, zum Anpassungs- oder Bauantragsgebot (3,4,6).

I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts

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Problemstellungen. Die Behandlung der Bestimmtheit des Baugebots4 bezieht sich auf eine wichtige Eingriffsvoraussetzung in diesen grundrechtlichen Schutzbereich und ist daher auch von spezieller eigentumsverfassungsrechtlicher Relevanz. Die Problematik der Ersatzvornahmemöglichkeit5 ist mit Blick auf die Vertretbarkeit des angeordneten Verhaltens zu behandeln und mündet damit ebenfalls in Überlegungen zur Eigentümerfreiheit. Neben dieser spielt auch die Rechtsstaatlichkeit (Artikel 20 Absatz 3, Artikel 28 Absatz 1 GG) eine wichtige Rolle, was sich bereits vor allem bei der Behandlung des Bestimmtheitsgebots gezeigt hat. So muss denn das Baugebot auf den beiden Normstufen des einfachgesetzlichen wie des Verfassungsrechts Betrachtungsgegenstand sein. Trotz deren Ineinandergreifen, das ja in allen Bereichen der Rechtsordnung die Regel ist, muss die Untersuchung gerade hier bei der Zulässigkeitsprüfung diese beiden Maßstäbe unterscheiden: Es ist dies schon ein methodisches Gebot, weil die Grundrechte eben in spezifisch verfassungsrechtlicher Weise auf einfache Gesetze wirken, in dieses einfließen. Inhaltlich wirken sie als Rahmen. Doch sie begrenzen nicht nur allgemein die behördliche Gestaltung, sie akzentuieren auch durch spezielle Vorgaben für einzelne Problembereiche. Damit ist das Untersuchungsprogramm des Folgenden umrissen. Es rechtfertigt dies auch einen Prüfungsaufbau, der sich, wie hier vorgezeichnet, vom Bauverwaltungs- zum Bauverfassungsrecht entwickelt.

2. Der rote Faden bei der Verfassungsprüfung: Sicherung des Eigentumskerns Die folgende Untersuchung des Baugebots „im Lichte der Verfassung“ wird sich immer wieder mit den einzelnen Facetten des verfassungsrechtlichen Eigentums zu befassen haben, über welche derartige Anordnungen auf dessen Schutzbereich einwirken. Hier ist nach den präzisierenden und konkretisierenden Wirkungen der grundgesetzlichen Gebote gegenüber den Einzelwirkungen des einfachgesetzlichen Baurechts zu fragen. Nie darf dabei aber der „rote Faden“ des Verfassungsrechts aus den Augen verloren werden: Stets geht es darum, dass dem Eigentümer nicht nur „irgendetwas“ von seinem grundrechtsgeschützen Gut bleibt, sondern dass dessen Kern geachtet wird, wie ihn die Grundrechtsordnung sichert. Die einzelnen Schrankenziehungen werden daher stets auch auf dieses Ziel hin auszurichten sein. Dies wird vor allem im Begriff der Privatnützigkeit deutlich, der daher im Folgenden immer wieder und in verschiedenen Zusammenhängen begegnen wird. Damit ist eine Warnung zu verbinden: Der Eigentumsschutz der Verfassung wird gewiss, allgemein und auch hier, stets auch eine monetär-quantifizierende Betrachtungsweise nahe legen, vielleicht erfordern. Darin darf er sich aber nicht erschöpfen. Gerade wo etwa Baugebote sich von Nutzungsgeboten zu Verfügungsbeschränkun4 5

Vgl. C. VI. Vgl. C. IX. 2., 3.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

gen steigern, eröffnet sich eine qualitative Dimension der Eingriffe, welcher dann auch durch spezielle Schutzakzentuierungen des Eigentums Rechnung zu tragen ist. Aus Überlegungen quantitativer und qualitativer Sicherung ist der rote Faden des Verfassungsschutzes gesponnen.

3. Die praktische und verwaltungspolitische Dimension der Verfassungsprüfung Die Verfassungsprüfung wirft beim Baugebot grundsätzlich interessierende und daher wissenschaftlich zu vertiefende Fragen auf. Sie sind auch in der Praxis für Eigentümer von häufig entscheidendem Gewicht und sie orientieren gleichzeitig die Verwaltungspolitik der Gemeinden. a) Verfassungsgrenzen des kommunalen Ermessens Der Erlass eines Baugebots hat sich zwar als gesetzlich näher geregelt erwiesen, als es zunächst den Anschein haben mochte. Dennoch bleibt dem grundsätzlichen Ermessen der Gemeinde, ob sie von diesem Instrument überhaupt Gebrauch machen oder ob sie ein anderes, insbesondere die Enteignung, einsetzen will, noch immer ein verhältnismäßig weiter Entscheidungsspielraum, der nicht zuletzt von ihrer Finanzlage bestimmt wird. Sie wird diesen auch dazu nutzen, einen gewissen Druck auf einen Eigentümer auszuüben, den sie gefügig machen will6. Gerade auch deshalb ist es wichtig, die Voraussetzungen der Baugebote mit Blick auf die Verfassung so weitgehend wie nur möglich begrifflich-inhaltlich zu schärfen, damit der Gemeinde kein „Beliebigkeitsinstrument“ an die Hand gegeben wird. „Akzentuierungen“ der einfachgesetzlichen Begriffe „im Lichte der Verfassung“ sind daher wichtig, damit jene im Sinne äußerer wie innerer Ermessensschranken ihre freiheitsschützenden Wirkungen voll entfalten können. b) Praktische Rechtschutzbedeutung Für die Eigentümer ist der Hinweis auf Verfassungsschranken von Baugeboten in der Praxis nicht selten ein (letztes) Mittel, die Gemeinde rechtlich zu verunsichern, sie vielleicht gar zum Verzicht auf dieses keineswegs so „stumpfe Schwert“7 zu veranlassen. Aus einem entschiedenen Gebrauchmachen von diesem Druckmittel im Einzelfall können sich ja, etwa in Verbindung mit dem Gleichheitssatz (Artikel 3 Absatz 1 GG), weitreichende, schwer überschaubare Folgen für die Baupolitik der Gemeinde ergeben, was die Adressaten dieser denn auch entgegenhalten werden. Vor allem aber eröffnen sich damit dem Eigentümer sogar verfassungsprozessuale Mög6 7

Vielleicht gar aus anderen Gründen – vgl. oben C. VII. 7. Vgl. oben C. VIII.

I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts

99

lichkeiten der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde. Schon im Vorfeld mag dies Bedenken auslösen hinsichtlich des rechtlichen Schicksals eines Baugebots. Ihre medienwirksame Betonung wird für die Gemeinde unter Umständen kommunalpolitisch unerwünschte Wirkungen zeigen, wenn sich auch andere Grundstücksberechtigte dadurch bedroht fühlen, oder der Kommune gar allgemein eigentumsbeschränkende Zielsetzungen unterstellt werden können. Aus all diesen Gründen ist das Gewicht einer Verfassungsprüfung im vorliegenden Zusammenhang beträchtlich.

4. Baugebote und Abschöpfung von Grundstückswertsteigerungen Einer Fragestellung ist im Folgenden besondere Aufmerksamkeit zu widmen, die vor allem im Schrifttum immer wieder ein Thema war: die Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen8. Im Abgabenrecht hat sie bereits im 19. Jahrhundert eine derartige Rolle gespielt, dass man zeitweise sogar glaubte im Wesentlichen mit ihr die Staatsausgaben decken zu können9. Bodenwertgewinne haben auch seither immer wieder fiskalische Begehrlichkeiten geweckt; nicht zuletzt deshalb wurde dann sogar die Baufreiheit grundsätzlich in Zweifel gezogen10. Ein stets verfolgtes Anliegen des einfachen Gesetzgebers war es denn auch gerade beim Baugebot, hier nicht Wertsteigerungen zuzulassen, welche dem Eigentümer „unabgeschöpft“ zugute kommen konnten11. Gerade im Zusammenhang mit Baugeboten kann es in der Tat zu erheblichen Veränderungen des Grundstückswertes kommen, durch Spekulationen von Eigentümern wie Markt(teilnehmern)  la hausse wie  la baisse. Im ersteren Sinn sind es etwa Bauantragsgebote, welche bereits Genehmigungschancen nahe legen, im letzteren allerdings auch solche enttäuschen können. Ganz allgemein setzen meist Baugebote zwar 8 Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 ff; Diehr, U., Möglichkeiten und Grenzen der Planungswertabschöpfung durch Gemeinden – dargestellt anhand des brandenburgischen Landesrechts, BauR 2000,1 (3); kritisch zu einem daraus folgenden Baufreiheitsschutz Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn 121; Papier, H.-J., in: Maunz / Dürig (Hg.), GG, Stand November 2006, Art.14 Rn 39. Von einer „unendlichen Geschichte“ spricht Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (173). Vgl. dazu auch allgemein Leisner, W., Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, 1978, S.30 ff m. Nachw; Friauf, K. H., Steuergesetzgebung als Instrument der Bodenordnung, DVBl. 1972, 652 (653); Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, insb. S. 164 ff.; Jannig, H., Auswirkungen eines gesetzlichen „Planungswertausgleichs“, StG 1999,17 ff; neuerdings zur Baulandausweisung Labbe, W. / Bühring, P., Baulandausweisung und Abschöpfung von Planungsgewinnen, BayVBl. 2007, 289 ff. 9 Dazu gibt es Hinweise aus England, vgl. dazu Leisner, W., Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, 1978, S.30 ff m. Nachw. 10 Vgl. dazu im Folgenden II. 2. b), 3. b). 11 Vgl. dazu C. IX. 3., 4. zu § 176 Absatz 8, 9.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

einer Bodenspekulation ein Ende, welche „Grundstücke liegen lassen will“ – andererseits zeigen sie aber auch ein gesteigertes Interesse der Gemeinde an Baunutzung; dies wird sich dann besonders bei einer zu erwartenden Enteignung positiv auf den Bodenwert auswirken, was wiederum der Gesetzgeber zu verhindern trachtet. Mit einiger Sicherheit wird es daher in vielen Fällen, zu spekulativ motivierten, aber letztlich doch real begründeten Wertsteigerungen kommen, was übrigens verfahrensverzögernd wirken kann. Sie zeigen „Baugebote als Bodenwertfaktor“ und damit als potentielles Abschöpfungsreservoir. Wenn sich auch ergeben sollte, dass dessen Ausnützung enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind, so müssen Baugebote doch stets jedenfalls auch unter Spekulationsgesichtspunkten gesehen werden. Gerade wenn sie als solche kein wirksames Mittel gegen Bodenspekulation sind12, so können sie doch zu Bodenwertsteigerungen führen und damit kommunalpolitisch wiederum Abschöpfungsbegehrlichkeiten hervorrufen.

5. Fragestellungen einer Verfassungsprüfung Wenn es Grundanliegen einer solchen Verfassungsprüfung ist, den grundrechtlichen Freiheitsbereich des Eigentümers zu präzisieren, so bietet sich folgendes Vorgehen an: – Zunächst ist die Baufreiheit des Eigentümers grundsätzlich zu behandeln, ihr Wesen und ihr allgemeines Ausmaß festzustellen (im Folgenden II). Dies gibt bereits Aufschluss über den grundrechtlichen Schutzbereich des Eigentümers gegenüber möglichen Baugeboten. Insbesondere wird hier zu prüfen sein, ob die Baufreiheit als solche verfassungsrechtlich oder nach Maßgabe einfachen Gesetzesrechts geschützt ist. – Sodann geht es um die Schärfung oder Relativierung der einzelnen einfachgesetzlichen Schranken, im Lichte der Verfassungswertungen des Artikel 14 GG, darum also, ob die Formen, in denen das Gesetzesrecht den Freiheitsvorgaben Rechnung tragen will, diesen Schutzfunktionen gerecht werden. In diesem Zusammenhang sind die einzelnen gesetzlichen Gestaltungen zu überprüfen, etwa Antragsgebot, Zumutbarkeit und Übernahmeverlangen, und zwar an den allgemeinen Kriterien der Verfassung (Privatnützigkeit, Recht auf Untätigkeit, Verkaufsdruck) – im Folgendem III. – Schließlich ist das Baugebot in das Spannungsfeld „Ausgestaltung des Eigentums – Enteignung“ zu rücken und dabei ist nicht zuletzt auf seine Wirkungen als „kalte Enteignung“ einzugehen – im Folgenden IV. Ergebnis: Die Frage der verfassungsrechtlichen Vorgaben (insbesondere Artikel 14 GG, Rechtsstaatlichkeit) für das Recht des Baugebots hat bisher nicht hinreichende Vertiefung erfahren. Eine solche hat sowohl im Hinblick auf allgemein-grundsätzliche Probleme der Baufreiheit als auch mit Blick auf die baurechtlichen Einzel12

Vgl. oben C. VII. 5.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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heiten der einfachgesetzlichen Regelungen zu erfolgen. Dabei ist aber stets dem „verfassungsrechtlichen roten Faden“ zu folgen: zu einer Sicherung eines Eigentumskerns der Privatnützigkeit, die dem Eigentümer bleiben muss. Die praktische Bedeutung des Verfassungsrechts ist aus Sicht des Eigentümers erheblich, der hier unter Berufung auf ein Grundrecht seine Rechtsposition verbessern kann. Die Gemeinde vermag so klarer die Dimension, vor allem auch die Schranken ihrer Ermessensentscheidung zu erkennen. Schon aus kommunalpolitischen Gründen wird sie Zurückhaltung üben, wenn ein Verfassungsverstoß in Betracht kommt. Eine vielerörterte Verfassungsproblematik, die Abschöpfung von Wertsteigerungen beim Grundbesitz, tritt gerade im Zusammenhang mit Baugeboten auf, die schon deshalb auch verfassungsrechtlich zu würdigen sind.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht 1. Die traditionelle Auffassung: Baufreiheit eigentums-grundrechtlich geschützt Die Baufreiheit als Schutzgegenstand des Eigentums wurde schon im 18. Jahrhundert grundsätzlich anerkannt13 ; Einschränkungen im öffentlichen Interesse erscheinen deutlich als – begrenzte – Ausnahmen.14 „Seit der Zeit in der man in Deutschland von der Garantie subjektiver Freiheitsrechte sprechen kann, also dem 19. Jahrhundert, (gehört) die Baufreiheit zu den Essentialia der Eigentumsbefugnisse“15. Die „verfassungsrechtliche Entwicklung einschließlich der Regelung des Artikel 153 WRV“ hat diesen „umfassenden Eigentumsbegriff für den Grund und Boden hervorgebracht“16 ; er lag auch der Institutsgarantie des Eigentums zugrunde17, welche ja auch hier auf den traditionellen Freiheitsgehalt (Schutzbereich) abhebt. Nach der ganz herrschenden, ja nicht einmal näher problematisierten Lehre gehörte daher bis in die 70er Jahre die Baufreiheit als solche zum Schutzbereich des Arti-

13 s. § 65 I 8 PreußALR: „In der Regel ist jeder Eigenthümer, seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen oder seine Gebäude zu verändern, wohl befugt“; vgl. Brenner, M., Baurecht, 2. A. 2006, S. 14 f. 14 Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder zur Vermeidung von „Verunstaltung“, § 66 I 8 PreußALR. 15 Erbguth, W., / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3.A. 1998, S.11 m. Nachw.; auch Grooterhorst, J., Die Wirkung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung gegenüber Bauvorhaben nach § 34 BBauG, 1985, S.126. 16 Papier, H.-J., in: Maunz / Dürig (Hg.), GG, Stand November 2006, Art.14 Rn. 61. 17 Dazu allg. Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (292); näher Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (178).

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

kel 14 Absatz 1 Satz 1 GG.18 Diese Auffassung wird auch seither noch eindeutig überwiegend vertreten19, im einfachgesetzlichen Baurecht kann sie heute als deutlich h. L. bezeichnet werden.20 Nach ihr sind die – überaus zahlreichen und weitreichenden – einfachgesetzlichen Einschränkungen der Bebaubarkeit als Freiheitsbegrenzungen zu verstehen, darunter auch die Baugebote, und diese sind deshalb, wie in allen anderen Fällen gesetzlicher Grundrechtsbeschränkungen, an der Verfassung zu messen.

2. Eine neuere Meinung: Bebaubarkeit vom Bau(planungs)gesetzgeber verliehen? a) Bebaubarkeit als Gegenstand öffentlich-rechtlicher Konzession – die „Verleihungslehren“ Eine seit etwa drei Jahrzehnten von einer Reihe von Autoren vertretene Lehre21 läuft demgegenüber auf eine Verleihung der Bebaubarkeit durch den einfachen Gesetzgeber hinaus, der „Inhalt und Schranken des Eigentums“ zu bestimmen habe (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG). Ein bauwilliger Grundeigentümer dürfe sich nicht gegenüber gesetzlicher Bauplanung und auch nicht gegenüber Baugeboten auf Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG berufen.22 Als „Baurechtsverleihung“ durch den Staat lässt sich dies mit einer gewissen – aber berechtigten – Vereinfachung bezeichnen. Wie im Fall der inzwischen weitgehend entfallenen Verleihung von Brennrechten23 oder von ÖPNV-Erlaubnissen ist auch die Bebaubarkeit nach dieser Auffassung als eine (verwaltungsrechtliche) Konzession zu verstehen: Vor einer öffentlich-rechtlicher Baugenehmigung habe der Grundeigentümer keinerlei Rechtsposition, gegenüber Eingriffen könne er sich nur auf einfaches Gesetzesrecht stützen; verfassungsrechtlich dürfe er sich allenfalls auf Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit berufen, nicht aber eine (übermäßige) Beschränkung seines Eigentums rügen. „Das Baurecht“ sei

18

Vgl. f. viele Hoppe, W., Bauleitplanung und Eigentumsgarantie, DVBl. 1964,165 (166 ff); Maunz, Th., Bodenrecht vor den Schranken des Grundgesetzes, DÖV 1975,1 (5 f.); s. etwa auch BVerwGE 48, 271 (273). 19 s. die eingehende, wenn auch in ihren Differenzierungen nicht unproblematische Darstellung bei Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.139 ff , der vor allem einen guten Überblick über das Schrifttum bietet. 20 Vgl. f. viele m. zahlr. Nachw. Battis, U. , in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 42 Rn 3. 21 s. Grochtmann, (FN 333) S.160 ff m. zahlr. Nachweisen; vgl. auch Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (174 f); Erbguth, W. / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3. A. 1998, S.10 f. 22 Dass diese Lehre in verschiedenen Nuancierungen vertreten wird, ist im Folgenden näher zu behandeln. Vgl. dazu vor allem Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.139 ff. 23 Zur Brennrechtsverleihung vgl. BVerfG NVwZ 2002, 197 ff.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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eine Art von staatlichem Obereigentum, vergleichbar etwa dem Bergregal. Der Staat könne daher die Verleihungsbedingungen frei festlegen. b) Politisch-ökonomische Ausgangspunkte der Verleihungslehren: Die Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen Die Konzessionslehren betreffen, in all ihren Schattierungen, ein rechtsdogmatisch wie rechts- und sogar allgemeinpolitisch höchst bedeutsames Problem: die Abschöpfung der Bodenwertsteigerungen24. Dies zeigt sich bereits in ihren wirtschaftspolitischen, ja ideologischen Hintergründen, die oft – zu Unrecht – ausgeblendet werden: Konkreter Anlass war einerseits der Wechsel der politischen Grundstimmung ab 1968/69 („Ära Brandt“), der eigentumskritische, herkömmlich sozialistische Vorstellungen gegenüber einem Privateigentum zum Tragen brachte, das vor allem in seinen planungsbedingten Wertsteigerungen als „unverdient“ erschien.25 Diese Auffassung hatte früher schon vor allem zur Begründung einer Erbschaftsbesteuerung gedient; nun wollte sie geltend machen, es seien doch Staatsakte (Planung, Baugenehmigung), welche die Wertsteigerung des Grundeigentums bewirkten, nicht das Verhalten des Eigentümers. Andererseits und vor allem war es bald eine immer stärker angespannte Lage der öffentlichen Haushalte, welche nach neuen Finanzierungsquellen für den forcierten Ausbau der „Sozialstaatlichkeit“ unter der sozialliberalen Regierungskoalition suchen ließ. Das „Wirtschaftswunder“ hatte „privaten Reichtum“ gesteigert, dem nun „öffentliche Armut“ gegenüberzustehen schien. So erinnerte man sich an frühere Versuche der „Abschöpfung von Wertsteigerungen“ beim Grundbesitz26, die dann als ganz selbstverständlich berechtigt erschienen, wenn Bebaubarkeit „vom Staat dem Eigentümer verliehen“ war. Ein großangelegter Versuch für eine 50 %ige Ausgleichsabgabe Anfang der 70er Jahre scheiterte zwar27, doch das Thema blieb auf der politischen Tagesordnung bis zum Jahrtausendbeginn28. Erst Börsenkrise und Rückgang der Bodenpreise, vor allem im Osten, haben das Thema zurücktreten lassen – mit Sicherheit aber nur vorübergehend. Solidarische Umverteilungsvorstellungen zu Lasten (Grund-) Besitzender werden es wohl immer wieder neu entdecken lassen.

24

Vgl. dazu bereits grundsätzlich I. 4. Deutlich zeigt sich dies schon in der für die Verteilungslehren grundlegenden Schrift von Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, insb. S. 164 ff. 26 Vgl. dazu Leisner, W., Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, 1978, S.30 ff m. Nachw.; Friauf, K.H., Steuergesetzgebung als Instrument der Bodenordnung, DVBl. 1972, 652 (653). 27 BT-Drucks. 7/2496; dazu v. Trotha, Th., Grundzüge einer Neuordnung des Bodenrechts, DÖV 1973, 253 (257). 28 Von einer „unendlichen Geschichte“ spricht Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (173). 25

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

c) Die „Neuentdeckung“ der Inhalts- und Schrankenbestimmung (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) – der „Nassauskiesungsbeschluss“ „Neuentdeckt“ war – und blieb – aber, in einer Art von rechtsdogmatischer Parallelentwicklung, die Bedeutung des Rechts des einfachen Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG). 1981 hatte das Bundesverfassungsgericht im Nassauskiesungsbeschluss29 den Begriff der Enteignung auf Wegnahme und Übertragung bestimmter Vermögensgüter beschränkt; dem gegenüber sollten vor allem Beschränkungen der Eigentumsnutzung (nur mehr) als Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums erscheinen30 – in erster Linie die Begrenzung der Grundstücksnutzung durch Bauplanung, aber auch durch Baugebote; denn eine Inhalts- und Schrankenbestimmung kann ja auch durch öffentlich-rechtliche Normen erfolgen.31 Wenn dann eine Abschöpfung des Wertzuwachses nicht bereits entsprechend der erhöhten Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums ohne Ausgleich32 stattfinden darf33, so lässt sie sich vielleicht doch wie folgt aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG begründen: „Inhaltsbestimmung“ gestatte eben die Abspaltung gewisser Nutzungen – hier der Bebaubarkeit – vom Eigentumsinhalt, so wie ja das Bundesverfassungsgericht auch die Nutzung des Grundwassers vom Eigentum(sgebrauch) getrennt habe. Folgerichtig haben sich denn auch die Verleihungslehren auf den Nassauskiesungsbeschluss berufen.34 Und wenn ihnen entgegengehalten wurde, eine solche, doch schwer belastende, Beschränkung dürfe die Grundeigentümer nicht ohne jeden Ausgleich treffen, so konnten sie dem immerhin entgegenhalten: Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber hier die Aufgabe gestellt, Eigentümer- und Gemeinschaftsbelange in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen;35 dem aber werde jedenfalls etwa dann Rechnung getragen, wenn36 der Wertzuwachs nur zum Teil abgeschöpft werde. Die rechtliche „Abspaltung von einzelnen Nutzungsrechten“ zeige immerhin, dass Nutzungsformen des Eigentums „an sich“ zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stünden – also auch in Form von gemeinschaftsbezogenen Baugeboten. Dies habe sich ja schon – seit langem – 29

BVerfGE 58,300 ff.; vgl. m. w. Nachw. Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 16.A. 2006, § 27; Hoffmann, H., in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, 11.A. 2008, Art.14 Rn 61. 30 Für viele Erbguth, W. / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3.A. 1998, Rn 25. 31 Dazu näher Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.143 m. Nachw. 32 Vgl. dazu BVerfGE 21, 73 (83); 52, 1 (32). 33 Zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Inhaltsbestimmungen vgl. Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (294), sowie neuerdings BVerfGE 91,294 (308); 101, 239 (259). 34 Dazu näher Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.163 ff, der dem kritisch gegenübersteht. 35 Vgl. dazu BVerfGE 21, 73 (83); 52, 1 (32). 36 Wie bei früheren Versuchen, vgl. dazu Leisner, W., Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, 1978, S.30 ff m. Nachw.; Friauf, K.H., Steuergesetzgebung als Instrument der Bodenordnung, DVBl. 1972, 652 (653).

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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etwa auch im Umlegungsrecht gezeigt, wo Bodenwertabschöpfung laufend stattfinde37. d) Die (angebliche) Wirklichkeit: Bauplanung als Baurechtsverleihung „Das ganz zentrale Argument sämtlicher sonst eine Bebauungsverleihung annehmenden Stimmen (ist) die vom Gesetzgeber geschaffene einfachrechtliche Rechtswirklichkeit“.38 Einer der wenigen entschiedenen Vertreter einer Verleihungslehre bekennt39, es störe ihn in der Diskussion um die Baufreiheit viel weniger das Ergebnis, dass diese durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG geschützt sei, „als vielmehr die Methode, mit der es erzielt wird: Es ist die Methode der kontrafaktischen Verleugnung von Rechtsrealität“. Diese Rechtswirklichkeit zeige, dass eben ohne Bebauungspläne gar nicht und im Übrigen überhaupt nur nach deren Vorgaben gebaut werden dürfe, also: Bebaubarkeit lediglich nach einfachgesetzlichem Baurecht (§§ 30 ff BauGB). Es trifft nun zwar zu, dass das auf der Grundlage einfachen Rechts entfaltete detaillierte Bauplanungsrecht, und damit auch das Recht der Baugebote, für eine „Baufreiheit“ im Einzelfall oft nur geringe oder gar keine Freiheitsräume belässt.40 Daraus wird dann nicht selten die Folgerung gezogen, Baufreiheit stehe so allgemein „unter einem durch das BauGB näher ausgeformten Plan- und Genehmigungsvorbehalt“, dass sie „heute ein überflüssiger Begriff“ sei.41 Aus einer unbestreitbar verbreiteten Realität zieht man dann also die grundsätzliche Folgerung, dass es (Bebauungs-)Freiheit überhaupt nicht mehr gebe, weil sie so weitgehend eingeschränkt sei, und dass daher Bebaubarkeit, so weit sie noch gestattet sei, wertmäßig ein Staatsgeschenk darstelle; der Staat dürfe dieses nach Belieben durch Wertabschöpfung wieder zurücknehmen, in den Grenzen allenfalls von Gleichheit und Vertrauensschutz – und er könne eben insoweit auch jederzeit Wertänderungen bei Grundstücken durch Baugebote bewirken.

37 Dazu grundlegend (u. kritisch) Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (294). 38 So das Rsum der Analyse von Grochtmann A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.168, 179 ff. 39 Schulte, H., Baufreiheit als Inhalt des Grundeigentums?, FS für Horst Hagen, 1999, S. 197 ff (201), derselbe, Das Dogma der Baufreiheit, DVBl. 1979, S.133 ff und derselbe, Freiheit und Bindung des Eigentums im Bodenrecht, JZ 1984, S. 297 ff. 40 Dazu im Einzelnen Battis, U., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 42 Rn 7 ff. m. zahlr. Nachw.; Just, J.-D., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 3.A. 2004, S. 57; Peine, F.-J., Öffentliches Baurecht, 3.A. 1997, Rd. 119 f; Battis, U., Öffentliches Bau- und Raumordnungsrecht, 4.A. 1999, S. 64 ff. 41 Söfker, W., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg , BauGB, Stand Mai 2007, § 1 Rn. 15; Erbguth, W. / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3.A. 1998, S. 19 f; in etwa auch Kasten, H.-H., in: Hoppenberg, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Stand Okt 2006, A I Rn. 1; Gaentzsch, G., in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3.A. 2002, Stand 7/ 2007, § 1, Rn. 7.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

e) „Baufreiheit im Rahmen der Gesetze“ – die Formel der Rechtsprechung Die Verleihungslehren wollten sich schließlich – und dies war in der Diskussion von nicht unwesentlichem Gewicht – auf eine ständige Rechtsprechungsformel von Bundesverfassungsgericht, Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof berufen: „Das Recht…, (ein) Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen, ist durch die Eigentumsgarantie geschützt“ (Herv.v.Verf.).42 Daraus folge hier die Gesetzesabhängigkeit aller vermögensabhängigen Rechte. Schutzgut der verfassungsrechtlichen Verbürgung sei nur, „was bauplanungs- und bauordnungrechtliche Regelungen dem Eigentümer an konkreter Bebauung gestatten“.43 Die Äußerungen in der Lehre, welche von einer „Zuteilung der Bebauungsbefugnis als einer Rechtsposition“ durch das einfach- gesetzliche Baurecht sprechen44, beziehen sich zwar nicht ausdrücklich auf diese Formel, interpretieren sie aber im Ergebnis in diesem Sinn. Sie berufen sich dabei auch auf jene Formulierung des § 903 Satz 1 BGB, nach welcher das Recht des Eigentümers „mit einer Sache nach Belieben zu verfahren“, seine Grenze dort findet, wo „das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“; und sie verstehen dies eben im Sinne gewissermaßen „immanenter einfachgesetzlicher Eigentumsbeschränkungen“, welche das Gesetz bereits bei seiner Entstehung in diese Eigentümerposition gelegt, ihr „mitgegeben“ habe. Ist es dann nicht doch das einfache Gesetz, welches allein bestimmt, was überhaupt Eigentum ist? Auffassungen, nach welchen das einfache Gesetz, und dieses allein, Eigentumspositionen zuteilt, stellen diese insoweit zur Disposition des einfachen Gesetzgebers. Sie müssen sich dann aber der Frage stellen, worin denn bei solcher Grundannahme (noch) die Bedeutung einer Verfassung liegen soll, obwohl doch, gerade nach der auch von ihnen verwendeten Rechtsprechungsformel, die Baufreiheit „durch die Eigentumsgarantie geschützt“ wird. Ergebnis: Seit etwa drei Jahrzehnten werden sog. „Verleihungslehren“ vertreten: Bebaubarkeit werde vom einfachen Gesetzgeber dem Eigentümer nur konzessionsähnlich gestattet; daher könne auch eine gesetzlich bewirkte (erhebliche) Steigerung des Grundstückswertes (weitgehend) ausgleichslos abgeschöpft und es dürfe Baunutzung schrankenlos hoheitlich ausgestaltet werden, auch durch Baugebote.

42 BVerfGE 35, 263 (276); 58, 300 (335 ff); 70, 35 (52 f) ; BVerwG NJW 1978, 2311; BGHZ 60, 112 (115); 67, 320 (326); 88, 51 (59 f) – std. Rspr., vgl. auch Finkelnburg, K. / Ortloff, K.-M., Öffentliches Baurecht, Bd. I Bauplanungsrecht, 5.A. 1998, S.21; Stollmann, F., Öffentliches Baurecht, 4.A. 2007, S.11 ff; Just, J.-D., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, 3.A. 2004, S. 56 ff. 43 Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (174); dieser Autor zieht daraus allerdings nicht die Folgerung einer grundsätzlichen Zulässigkeit der Bodenwertabschöpfung. 44 Sorgfältig und mit gebotener Vorsicht analysiert bei Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.179 ff.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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3. Die traditionelle und herrschende Lehre: Verfassungsschutz der einfachgesetzlich nur ausgeformten Baufreiheit a) Die herrschende Lehre Die herkömmliche, auch heute noch im Wesentlichen unverändert vertretene Rechtsauffassung zum rechtlichen Wesen der Baufreiheit lehnt deren „Verleihung durch einfache Gesetze“ grundsätzlich und entschieden ab. Nach ihr gehört die Baufreiheit vielmehr als solche zum verfassungsrechtlichen Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Bauplanungs- und Bauordnungsrecht formen sie aus, haben sich dabei aber stets im Rahmen einer selbstständigen Verfassungsbegrifflichkeit des Eigentums zu halten und sich in allen ihren Ausprägungen und Rechtswirkungen an dieser messen zu lassen; dies muss dann auch für Baugebote gelten. Entschiedene Vertreter dieser Auffassung sind unter anderen Werner Hoppe45, Walter Leisner46, HansJürgen Papier47 und Otto Depenheuer48. Dass es sich dabei um eine „ganz herrschende Lehre“ handelt – was auch immer dies für ihren Richtigkeitsgehalt bedeuten mag –, kann nicht mehr ernsthaft bestritten werden; es ergibt sich aus einer Analyse des Schrifttums ebenso49 wie neuerdings aus sehr deutlichen Rechtsprechungsaussagen50. Die dagegen angeführten Schrifttumshinweise51 begründen daran keinen ernstlichen Zweifel; denn bei näherem Zusehen52 ergibt sich, dass auch die als Kritiker dieser h. L. Zitierten jedenfalls nicht die Maßstabsfunktion der Verfassung in Zweifel ziehen.

45 Hoppe, W., in: Ernst / Hoppe, Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, 2.A. 1981, Rn 165. 46 Leisner, W., Baufreiheit oder staatliche Baurechtsverleihung? DVBl. 1992, 1065 ff. 47 Papier, H.-J., in: Maunz / Dürig (Hg.), GG, Stand November 2006, Art.14, Rn 57 ff. 48 Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn 121. 49 Leisner, W., Baufreiheit oder staatliche Baurechtsverleihung? DVBl. 1992, 1065 ff ; vorher bereits in diesem Sinn Broy-Bülow, C., Baufreiheit und baurechtlicher Bestandsschutz, 1982, S.3 ff; Wendt, R., Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S.170 ff; neuerdings Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S. 150 ff, wo immer wieder das deutliche Überwiegen dieser Auffassung betont wird. Im selben Sinn ausführlich und entschieden Christ, J., Die Umlegung als Instrument des privatnützigen Ausgleichs der Eigentümerinteressen, DVBl. 2002, S.1517 ff. 50 Ausdrücklich als h.L. bezeichnet etwa in BGH NJW 1999, 3488 (3489), BVerfG DVBl. 2001, 1427 (1429) = BVerfGE 104,1; dazu Christ, J., Die Umlegung als Instrument des privatnützigen Ausgleichs der Eigentümerinteressen, DVBl. 2002, 1517 (1524 ff.). 51 Schulte, H., Baufreiheit als Inhalt des Grundeigentums?, FS für Horst Hagen, 1999, S. 197 (198 ff). 52 Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.179 ff., insb. zum Verständnis der Äußerungen von Schmidt-Aßmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S. 89 ff.; Wieland, J., in: Dreier, Grundgesetz, 2.A. 2004, Art.14, Rn 80.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

b) Das Missverständnis der „Verleihungs-Diskussion“: Der einfache Gesetzgeber als notwendige Ausformungsinstanz der Baufreiheit Die erwähnte h. L. und Rechtsprechung verfolgen im Grunde nur ein Anliegen: Die Eigentumsnutzung soll nicht zur Disposition eines einfachen Gesetzgebers stehen, der auf die Grundentscheidung der Verfassung zum Eigentumsschutz53 keine Rücksicht zu nehmen hätte; „Verfassung nach Gesetz“54 darf es auch hier nicht geben; eines der wichtigsten Grundrechte verlöre sonst seinen Sinn, eine eigenständige Verfassungsbegrifflichkeit – Voraussetzung jeder Maßstäblichkeit des Grundgesetzes – gäbe es nicht mehr. Die h. L. hat aber nie behauptet, dass den einfachgesetzlich ausgeformten Rechtspositionen, vor allem hinsichtlich der Bebaubarkeit nach Bauplanungsrecht, und damit auch für Inhalte von Baugeboten, gar keine Bedeutung zukomme. Die Verleihungslehren weisen letztlich immer nur darauf hin, unmittelbar aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG könne doch keine Bebaubarkeit abgeleitet werden; einen Rechtsanspruch auf Bauplanung(serlass) gebe es nicht. Dem kann – auch mit der h. L. – insoweit durchaus zugestimmt werden, als es ja bei fast allen Verfassungsstreitigkeiten um Bebaubarkeit, um die Vereinbarkeit bereits erlassener baurechtlicher Beschränkungen mit dem Grundgesetz geht, was auch für Baugebote gilt. Doch die Verleihungslehren übersehen eine – grundsätzlich aber entscheidende – Konstellation: Der Eigentümer kann eben auch geltend machen, der Baugesetzgeber habe durch seine Norminhalte keine hinreichende Bebaubarkeit in seinem Fall anerkannt, oder ihm durch Baugebote eine Verpflichtung auferlegt, die ihn über Gebühr belaste. Was er danach bauen dürfe oder müsse, gestatte ihm keine hinreichende, insbesondere nur eine unwirtschaftliche Nutzbarkeit seines Grundstücks, während ihm die Verfassung weit mehr gewährleiste. Gerade dies sind aber die klassischen Rügen des Bauwerbers. Ihnen kann nicht, mit den Verleihungslehren, entgegnet werden, aus dem Eigentum als solchem (Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG) stehe dem Berechtigten mehr oder anderes nicht zu als ihm der einfache Normgeber zugestanden habe – der es ihm eben „verleihe“; „mehr oder anderes zu verleihen“ – das lasse sich verfassungsrechtlich nicht erzwingen. Ein solches Ergebnis würde jedoch kein rechtsstaatlich Denkender, auch kein Vertreter einer Verleihungslehre akzeptieren, welcher der Verfassung auch nur einiges verfassungsschützendes Gewicht zuerkennen wollte. Gewiss ist denjenigen zuzustimmen, welche die Bedeutung der einfachen Gesetzgebung in den Vordergrund stellen; sie ist unstreitig immer der Ausgangspunkt in Fragen der Baufreiheit. Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn, ja der Notwendigkeit einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den einfachen Gesetzgeber (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG; vgl. oben II 3): Dieser muss die jeweilige Ei53

BVerfGE 14, 263 (277), 24, 367 (389), 102, 1 (15). Vgl. Leisner, W., Von der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zur Gesetzmäßigkeit der Verfassung, 1964. 54

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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gentumskategorie überhaupt erst einmal rechtlich operabel machen, schutzfähig – damit dann der Verfassungsschutz eingreifen kann. So allein rechtfertigt sich bei der Bebaubarkeit das Bestimmungsrecht nach Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG, wie übrigens auch bei den Immaterialgüterrechten, etwa dem Patentrecht. Niemand käme aber auf den Gedanken, der Gesetzgeber dürfe hier, zur Herstellung solcher „Schutzfähigkeit“ einer Eigentumsposition, das geistige Eigentum beliebig einschränken. Abwegig geradezu wäre es, aus dem Patentschutz einer Erfindung durch einfaches Gesetzesrecht55 zu folgern, das Eigentum an der Erfindung werde vom Gesetzgeber verliehen. Die ganze Diskussion um die „verliehene Bebaubarkeit“ entpuppt sich also letztlich als ein – Missverständnis: Unbestritten ist, wovon die Verleihungslehren ausgehen: Der Gesetzgeber hat die Bebaubarkeit normativ zu konkretisieren, aber gerade darin ist er nicht völlig frei, sondern in den – allerdings weiten – Rahmen der Verfassung eingebunden. Die notwendige Folgerung der Verleihungslehren, er habe dabei nicht die Grundwertungen des Eigentums zu beachten, sondern allenfalls Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit, lässt sich aus dem berechtigten Ausgangspunkt der Verleihungslehren gerade nicht ableiten: dass stets zuerst der Gesetzgeber die Schutzfähigkeit eines Vermögensgutes herstellen, dass immer zunächst darauf zu sehen sei, wie er dies getan oder versucht habe, ist unstreitig. Aber er hat eben (auch) dabei nicht das letzte Wort; Defizite seiner Inhalts-, damit Schutzfähigkeitsbestimmung sind aus der Verfassung aufzufüllen, in erster Linie aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Soweit ersichtlich gibt es kaum jemanden, der einer Messbarkeit gesetzlicher Bebaubarkeit am Eigentumsgrundrecht widersprechen möchte, es sei denn, man wolle aus Verleihungslehren ein schrankenloses staatliches Eingriffsrecht in das Eigentum – hier: durch Baugebote – begründen und damit eben doch, ohne es allerdings offen zu bekennen, als ein Instrument zu rechtlich schrankenloser Abschöpfung von planungsbedingten Bodenwertsteigerungen gewinnen; als ein solches könnten dann auch Baugebote wirken. Auf derartige frühere, aber immer noch aktuelle Hintergründe wurde bereits (vgl. oben II. 2, 3) hingewiesen. Die Annahme, dass darin unterschwellig Zielsetzungen einer radikaleren Umverteilung mitschwingen mögen, lässt sich kaum als Vorurteil abtun56 ; vielmehr sollte man sich zu derartigen eigentumskritischen Einstellungen offen bekennen, damit sie diskutiert werden können als das, was sie sind: sozialpolitische Grundpositionen. Das geltende Verfassungsverständnis, wie es die h. L. korrekt wiedergibt, ist, klärt man diese Missverständnisse auf, von solchem Konsens getragen, dass es nicht mehr erforderlich erscheint, zwischen jenen beiden Positionen vermittelnde Formeln finden zu wollen. Ein solcher Versuch ist übrigens nicht darin zu sehen, dass die Bebau-

55

Dazu etwa BVerfG 1 BvR 1864/95 vom 10. 5. 2000, NJW 2001, 1783 ff. So aber Schulte, H., Baufreiheit als Inhalt des Grundeigentums?, FS für Horst Hagen, 1999, 197 (198) gegenüber Leisner, W., Baufreiheit oder staatliche Baurechtsverleihung? DVBl. 1992, 1065 (1072). 56

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

barkeit einer „potentiellen Baufreiheit“57 zugeordnet wird: Dass diese als eine „potentielle“ bezeichnet wird, hat einen guten Sinn darin, dass damit Begriffe der thomistischen Philosophie erklärend eingesetzt werden: Die Bebaubarkeit liegt „in potentia“ bereits in der Verfassung, „in actu“ tritt sie – aber eben als eine solche – in der Baugesetzgebung in Erscheinung. Gerade diese philosophische Terminologie bedeutet jedoch, dass sich im actus eben nur die potentia verwirklicht, er sich an ihr also durchgehend muss messen lassen. c) Auseinanderklaffen von (Gesetzes-)Wirklichkeit und Verfassungsgebot? – (Wieder-)Herstellung der Eigentumsfreiheit durch Baugestattung Als eine tragende Begründung der Verleihungslehren hatte sich der Hinweis auf die angeblich contrafaktische Leugnung der Rechtswirklichkeit durch die h. L. gezeigt (vgl. oben 2). Auch darin setzt sich jedoch nur das vorstehend aufgeklärte Missverständnis hinsichtlich der Aufgabe des einfachen Gesetzgebers nach Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG fort, ja es wird besonders deutlich: Die einfache Bebauungsgesetzgebung steht nicht, als eine „Realität“, neben der Eigentumsverbürgung der Verfassung, oder gar im Gegensatz zu dieser: Vielmehr realisiert sie erst und gerade die Verfassung, durch verfassungskonforme Erfüllung der Aufgabe, Grundeigentum eigentumsfähig zu machen. Die Verleihungslehren dagegen müssten den gegenwärtigen faktischen Zustand im Sinne eines „Auseinanderklaffens von Gesetzgebungswirklichkeit und Verfassung“ deuten. Die h. L geht von grundsätzlich unbeschränkter Bebaubarkeit aus. Dies ist aber genauso wenig eine Utopie wie der prinzipiell grenzenlose Schutzbereich der körperlichen Bewegungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 2 GG). Dass diese vielfältig eingeschränkt ist, vom Verkehrsrecht bis zu Eigentumsrechten, macht sie nicht zu einer „staatsverliehenen“, ebenso wenig wie die anderen Grundfreiheiten, für die Ähnliches gilt. Dass sie alle „durch Gesetz einschränkbar“ sind, beweist nur ihre grundsätzliche Schutzfähigkeit. Die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG ist auch nur eine – besonders weit reichende – derartige Grenzziehungsnorm. Folgerichtig geht also die h. L. zur Bebaubarkeit davon aus, dass der Gesetzgeber, dogmatisch gesehen, hier durch Bausperren einen Freiheitsraum eingrenze, verschließe – ihn dann aber (unter Umständen) durch Baugestattung wieder eröffne58, bzw. ihn mit Blick auf Eigentumswertungen der Verfassung wieder eröffnen müsse. Baufreiheit wird also durch Baugenehmigung nicht verliehen, sondern (wieder)hergestellt, nachdem sie durch gesetzliche Verbote, ohne Erlaubnis zu bauen, ein-

57 Badura, P., Eigentum, in: HdbVerfR, Benda / Maihofer / Vogel, 2. A. 1994, 327 ff. (377); nach ihm so etwa Erbguth, W. / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3. A. 1998, Rn 17; Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn 14; Battis, U., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 42 Rn. 8; auch Baumeister, L., Freiheit und Bindung des Eigentums nach dem BBauG, DWW 1961, 154 ff. 58 So die von Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S. 159 genannten namhaften Autoren, darunter Maurer, Badura, Papier.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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geschränkt worden war. Auf solchen Vorstellungen baut die gesamte Dogmatik zum Verhältnis von Verfassung und sie konkretisierendem einfachem Gesetz auf. Dies muss nun aber in einer „freiheitsfreundlichen“ Handhabung des Baurechts erfolgen. Gerade auf diese Aufgabe der „Freiheitsförderung“ durch Boden- und Baurecht hat das Bundesverfassungsgericht deutlich hingewiesen. In ständiger Rechtsprechung hatte es von Anfang an betont, das Verfassungsrecht des Eigentums habe die Aufgabe, dem Inhaber „einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen“.59 In seinem Umlegungsbeschluss60 hat das Gericht dies noch verdeutlicht, gerade hinsichtlich der Baufreiheit: Die Baunutzung gehöre eben deshalb zum verfassungsgeschützten Inhalt des Grundeigentums, weil sie in besonderer Weise geeignet sei, einen Freiheitsbereich im vermögensrechtlichen Bereich zu eröffnen – diesen eröffnet konkretisierend der Gesetzgeber (wieder) nach Wertungen und im Namen der (Freiheit der) Verfassung , nicht nach eigenem Belieben. d) Die eigentliche Problematik: Der Gewährleistungskern der Baufreiheit: Die Privatnützigkeit Mit der hartnäckigen Diskussion um die Baufreiheit – vor nicht offen gelegten sozialpolitischen Hintergründen – wurde Zeit verloren, eines aber ist darin klar geworden: Es geht darum, den verfassungsrechtlichen Maßstab zu präzisieren, an dem sich jede Konkretisierung, und damit auch Beschränkung, der Bebaubarkeit muss messen lassen; die Freiheit des Eigentümers, über Bebauung zu entscheiden.61 Hier sind nun, gerade in neuerer Zeit, vom Bundesverfassungsgericht und in der Lehre die entscheidenden Weichen bereits deutlich gestellt worden. Der Gesetzgeber hat bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht freie Hand. „Er muß die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen“.62 Zwar definiert das Grundgesetz nicht ausdrücklich, was unter Eigentum im Sinne des Artikel 14 GG zu verstehen ist.63 Aus der Funktion der Freiheitssicherung (vgl. oben 3) ergibt sich jedoch: „Der Kernbereich der Eigentumsgarantie darf dabei nicht ausgehöhlt werden. Zu diesem gehört sowohl die Privatnützigkeit, also die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein soll, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegen-

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Vgl. u. a. BVerfGE 24, 367 (389); 53, 257 (290); 79, 292 (304). BVerfG (FN 364), S.1429 ; vgl. Christ (FN 364). 61 Deutlich etwa Erbguth, W., / Wagner, J., Bauplanungsrecht, 3.A. 1998, Rn 30; Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (294); vgl. auch Oldiges, M., in: Steiner (Hg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 8.A. 2006, Kapitel III, Rn 161 ff. 62 BVerfGE 91, 294 (308), unter Hinw. auf BVerfGE 87, 114 (138). 63 BVerfGE 83, 201 (208). 60

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

stand“.64 Zutreffend wird daher auch die Privatnützigkeit als die Kernvorgabe der Verfassung für die Bodennutzung angesehen.65 Die Bebauung stellt die wichtigste Nutzungsform des Grundeigentums dar, wie schon eingangs betont. Ihre Gestaltung hat sich also stets in erster Linie daran zu orientieren, was sie bei dem betreffenden Eigentumsgegenstand (Grundstück) an Privatnützigkeit (noch) belässt. Verfassungsrechtliche Grenzen sind sicher dort überschritten, wo der Grundbesitz mangels baulicher und jeglicher anderer Nutzungsmöglichkeit dem Eigentümer nur mehr zur Last wird, wie dies etwa bei übermäßig beschränkendem Denkmalschutz angenommen wurde66, und wie es gerade auf Grund eines Bebauungsgebots vorkommen kann. Nur in diesem Zusammenhang ist auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten67: Es darf aber nie zu einer Aushöhlung der Privatnützigkeit führen. Diese Privatnützigkeit erschöpft sich nicht in einer weiter bestehenden grundsätzlichen Verfügbarkeit, ihr Akzent liegt wesentlich auf der Nutzbarkeit des Grundstücks und den daraus sich ergebenden vermögensrechtlichen Rechtspositionen, die für den Eigentümer zu finanziellen Grundlagen seiner Freiheitsgestaltung werden. Verfehlt wäre es also, das Wesen der Privatnützigkeit des Eigentums nur in einer Eigentumsfreiheit zu sehen, die privates Haltungs- und Verwaltungsbelieben gestattet: Entscheidend ist zunächst das Nutzungsbelieben des Privaten und das Ergebnis, das dessen Ausübung ihm gewährt. Von diesem privaten Nutzen geht Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 ausdrücklich aus, er stellt es dem Nutzen der Eigentumsschranken für die Belange der Allgemeinheit gegenüber. Ob die Verfassungsformulierung eine (annähernd) mathematische Halbteilung verlangt („zugleich“)68, kann hier offen bleiben. Ein substantieller Anteil an allen, grundsätzlich vom Eigentümer anzustellenden Nutzungsbemühungen muss diesem jedenfalls verbleiben. Öffentlichen Nutzen muss er sich keinesfalls als privaten Nutzen zurechnen lassen, weder grundsätzlich noch in irgendeinem Anteilsverhältnis. 64 So etwa BVerfGE 100, 226 (241), unter Hinw. auf E 70, 191 (200); 79, 174 (198); 87,114 (138 f); 91, 294 (308) – und nun BVerfGE 104,1(FN 364). 65 Vgl. f. viele Papier, H.-J., in: Maunz / Dürig (Hg.), GG, Stand November 2006, Art.14, Rn. 8, 14; Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (292); Huber, P.M., Rechtliche Grenzen von Planungswertausgleich und städtebaulichen Verträgen, DÖV 1999, 173 (175); vgl. oben I, 2. 66 BVerfGE zum Denkmalschutz BVerfGE 100, 226 (242) ; vgl. zur Problematik auch Leisner, W.G., Denkmalgerechte Nutzung, 2002, S. 38 ff. m. w. Nachw.; derselbe, Denkmalschutz und „Staatsbauten“ – Privilegierung einer Staatsaufgabe oder „Gleichstellung mit dem Bürger“?, BayVBl 2003, 385 ff. 67 Brenner, M., Das Grundeigentum in der städtebaulichen Umlegung, DVBl. 1993, 291 (299); vgl. BVerfGE 52, 1 (30); 70, 191 (199); 72, 66 (78). 68 Zu diesem „Halbteilungsgrundsatz“ vgl. Hofmann, H., in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hg.), GG, 11.A. 2008, Art. 14 Rn 53 mit weiteren Nachweisen, sowie die teilweise kritischen Stimmen, etwa zuletzt Sacksofski, U., Halbteilungsgrundsatz ade – Scheiden tut nicht weh, NVwZ 2006, 661 ff.; allgemein dazu Selmer, P., „Halbteilungsgrundsatz“ und Einkommenssteuertarif, JuS 1999, 88 ff.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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In diesem Zusammenhang kommt allerdings der Sozialbindung des Eigentums, des Grundeigentums im Besonderen, Bedeutung zu69 – bis hin zu der (nicht unbedenklichen) Angewiesenheitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts70 ; sie kann ja nicht nur im Mietrecht, sondern auch gegenüber Regelungen der Bebaubarkeit zum Tragen kommen, wenn diese etwa einen „dringenden Wohnbedarf“ decken sollen (§ 175 Absatz 2). In diesem Sinn bedeutet Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG eine Orientierung für dessen Abs. 1 S. 2. Doch das Gegengewicht der Nutzbarkeit des Grundeigentums als Ausdruck von dessen Privatnützigkeit muss stets gesehen werden und erhalten bleiben. Der Situationsgebundenheit71 einer baulichen Nutzung kann dabei wichtig werden, jedenfalls in dem Sinn, dass sie die bauliche Nutzung(smöglichkeit) durch natürliche Vorgaben beschränkt; hier hat insbesondere eine frühere/bisherige Lage des Grundstücks durchaus ein möglicherweise Bebaubarkeit begrenzendes, ja ausschließendes Gewicht. Diese Situation kann aber umgekehrt auch eine Bebauung verlangen, auf Grund einer natürlichen Betrachtung des Umfeldes, in dem die Fläche nun tatsächlich liegt. Der Gesetzgeber muss diese Wirklichkeit sachgerecht abbilden; auf ihre unveränderte Fortdauer kann ein Berechtigter allerdings nicht vertrauen. Andererseits kann der (gegenwärtige) Eigentümer unter Umständen im Namen gegenwärtiger Vorstellungen und Möglichkeiten der Nutzung eine größere oder ganz andere bauliche Nutzbarkeit seines Grundstücks verlangen als sein Vorgänger; er kann sich aber im Namen der Verfassung nicht gegen immer weitere Einschränkungen durch neues Bauplanungs- und Bauordnungsrecht und auch durch Baugebote wenden, welche sich aus einer zulässig entwickelten neuen Lage seines Grundstücks ergeben und/oder sich mit einer solchen begründen lassen. Ergebnis: Herrschend in Lehre und Rechtsprechung ist, nach wie vor, die Auffassung, die Baufreiheit werde, als wichtigste Nutzungsform eines Grundstücks, als solche durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG geschützt. Die „Verleihungslehren“ beruhen dagegen vor allem auf einer missverständlichen Vorstellung zu Sinn und Bedeutung der „Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums“ (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG): Diese soll Eigentum verfassungsrechtlich (erst) schutzfähig machen, nicht aber Möglichkeiten von Verfassungskontrollen über solche Bestimmungen, insbesondere Bauplanungen, ausschließen. Die weitreichenden gesetzlichen Einschränkungen der Bebaubarkeit machen diese ebenso wenig wie andere Freiheiten zu einem Objekt staatlicher Verleihung. Einschränkungen der verfassungsrechtlich garantierten Privatnützigkeit (Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 GG) müssen sich stets aus Gemeinschaftsbelangen rechtferti69 Grds. dazu BVerfGE 100, 226 (241); vgl. Grochtmann, A., Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik, 2000, S.139, 149. 70 Nachw. bei Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn 14. 71 Vgl. zur Situationsgebundenheit die Ausführungen und Nachweise bei Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn. 289 ff.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

gen lassen, auch allgemein aus der Situationsgebundenheit des betreffenden Grundstücks. Die Privatnützigkeit verlangt jedoch, dass dem Eigentümer ein substanzieller Teil der sich aus einer Nutzungsentscheidung ergebenden Vorteile bleibt.

4. Die Bedeutung der verfassungsrechtlich geschützten Baufreiheit für das Baurecht – Allgemeines a) Der grundsätzliche rechtsdogmatische Ertrag Die Diskussion um Eigentumsverfassungs- oder nur einfachen Gesetzesschutz der Baufreiheit hat zunächst rechtsdogmatische Bedeutung. Letztlich läuft sie auf die Frage hinaus, ob die sehr weitreichenden Baubeschränkungen überhaupt, als solche, als „Grenzen einer Freiheit“ angesehen werden können. Dies wurde hier bejaht, und dieses Ergebnis spricht dafür, alle „Inhalts- und Schrankenbestimmungen“ grundrechtlich verbürgter Freiheiten grundsätzlich als deren Einschränkungen zu begreifen, sie nicht etwa einem davon zu unterscheidenden Begriff der „Ausgestaltung der Freiheit“ zuzuordnen. Denn im Namen einer solchen „Ausgestaltung“ könnte unschwer „Freiheit von Anfang an wegdefiniert werden“ und damit wertvoller Verfassungsschutz verloren gehen. Dieser rechtsdogmatische Ertrag ist als solcher schon nicht gering, von ihm kann eine grundsätzliche Sicherungswirkung auf andere Grundrechte der Verfassung ausgehen, damit nicht auch sie eines Tages als „verliehene Freiheiten“ in einer „Verfassung nach Gesetz“ leer laufen. Zugleich wird damit einer Eigentumsskepsis der Boden entzogen, die von vorneherein und grundsätzlich das „Eigentum Privater“ als ein besonderes, solidarisch belastetes Freiheitsrecht abwerten möchte. Solcher schrankenfreier Rechtspolitik wird damit ein Riegel vorgeschoben. b) Strenge Verfassungskontrolle von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht Ein zentrales baurechtliches Ergebnis dieser Betrachtungen zur Baufreiheit ist: Der bauplanende und bauordnende einfache Gesetzgeber und die seine Normen – etwa auch durch Baugebote – anwendende Verwaltung agieren nicht in einem verfassungsfreien Raum, aus dem heraus sie dem Eigentümer erst seine Baurechte verleihen. Vorgegeben ist ihnen stets „Eigentums-Privatnützigkeit durch Bebauung“, sie muss voll gewährleistet bleiben, nicht nur „in ihrem Kern“, denn sie selbst „gehört als solche zu diesem Kern“ (BVerfG) – ein feiner, aber wichtiger Unterschied. In jedem Streitfall, daher auch gegenüber einem Baugebot, steht also dem Eigentümer der Nachweis offen, eine bestimmte Beschränkung der Bebaubarkeit enge seine Eigentumsnutzung so weitgehend ein, dass der Eingriff die Verfassungsgrenze der Privatnützigkeit überschreite. Damit ist dann übrigens auch dem Anliegen des Nassauskiesungsbeschlusses (vgl. oben 2 c) entsprochen: Der Schutz der Verfassung

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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wird im Wege des (kassatorischen) Primärrechtsschutzes und nicht (erst) der Entschädigungs/Ausgleichsleistung gewährt. Praktisch erlegt dies den Bauplanungs- und Bauordnungsinstanzen eine erhebliche Begründungslast auf; sie sichert bereits verfahrensrechtlich wirksam die Baufreiheit. Den kontrollierenden Gerichten verleiht es ein grundsätzliches, sehr weit reichendes Überprüfungsrecht. Baufreiheit und Privatnützigkeit sind so weite, unbestimmte Rechtsbegriffe, dass die Judikative die Entscheidungen der administrativen Bauordnungsgewalt bis in Einzelheiten hinein ohne rechtliche Vorgaben untersuchen und korrigieren kann – eben im Namen der verfassungsrechtlichen Baufreiheit. c) Ausblick: Privatnützigkeit und Marktwirtschaft Mit der Baufreiheit ist „eine Schlacht für das Eigentum“ gewonnen worden, nicht aber der Krieg um dieses zentrale Recht. Zu seiner Sicherung müssen jedenfalls zwei Voraussetzungen erfüllt sein – und bleiben: – Das eigenständige Verfassungsgewicht des Eigentums ist mit der Anerkennung seiner Privatnützigkeit allgemein-grundsätzlich bekräftigt worden. Es gilt aber, dies in einer differenzierten, bereichsspezifischen Judikatur weiter zu entfalten, zu konkretisieren; ein zentraler Anwendungsbereich dafür ist auch das Recht der Baugebote (vgl. im Folgenden 5). Hier stellt sich eine – drängende – Aufgabe für das Bundesverfassungsgericht. In seiner Privatnützigkeitsrechtsprechung kann vieles gewonnen – und alles verloren werden. – Die Marktwirtschaft gilt es ernst zu nehmen, so wie sie im Einigungsvertrag und in den Europäischen Verträgen als Grundlage des Öffentlichen Rechts anerkannt worden ist. Der staatsferne Markt schafft den Eigentumswert, nicht der Staat, der Markt gibt mit seinen Präferenzen zugleich auch Orientierungen für die mögliche Eigentumsnutzbarkeit und damit für den Eigentumsinhalt. Das Grundgesetz, die Verfassung einer Marktwirtschaft, verlangt: Der Gesetzgeber, die (Bau-)Verwaltung und die (Verfassungs-) Rechtsprechung müssen – auf die Märkte hören. Ergebnis: Folgen der zutreffenden, neuerdings in der Rechtsprechung bestätigten h. L. sind vor allem: Alle baurechtlichen Einschränkungen der Bebaubarkeit sind daran zu messen, ob sie der eigentums-verfassungsrechtlichen Privatnützigkeit genügen. Dies gilt grundsätzlich, insbesondere aber auch für Baugebote.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

5. Allgemeine Folgerungen für das Recht der Baugebote aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsfreiheit a) Baugebote als Eingriffe in das einheitlich verfassungsgeschützte Eigentum Privater Das Verfassungsrecht des Art.14 GG kennt nur ein einheitliches Eigentum Privater72. Eine zentrale, objektbezogene Ausprägung dieses Eigentumsbegriffs ist das Grundeigentum73, welches Verfügung, Nutzung und auf sie gerichtete Verwaltung durch den Inhaber schützt. Praktisch wichtigster Ausdruck der Nutzungsfreiheit des Bodeneigentums ist die Baufreiheit. Nach h.L. und Verfassungsrechtsprechung ist sie ebenso ein einheitlicher Verfassungsbegriff wie dieses verfassungsrechtliche Eigentumsrecht als solches. Baugebote ergehen auf Grund einfachen Gesetzesrechts, als Beschränkungen des verfassungsrechtlich gewährleisteten74 Eigentumsgrundrechts sowie des subjektiv-öffentlichen verfassungsrechtlichen Anspruches des Inhabers75. Die Baufreiheit ist inhaltlich der zentrale Beschränkungsgegenstand des Baugebots. b) Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG: Maßstab jedes konkreten Baugebots Baugebote sind zwar stets im konkreten Einzelfall zunächst an dem einfachen Gesetzesrecht des BauGB zu messen; sie müssen jedenfalls dessen durch Rechtsprechung entfalteten Begrifflichkeiten entsprechen, etwa nach ihrer Zumutbarkeit. Dieser normative, einfachgesetzliche Entwicklungszustand ist aber seinerseits am Maßstab der Verfassung zu kontrollieren und soweit wie möglich verfassungskonform zu bestimmen76. Deshalb ist Art.14 Absatz 1 Satz 1 GG als solcher Maßstab eines jeden konkreten Baugebots, welches den sich aus ihm ergebenden Wertungen nicht widersprechen darf. c) Baugebote: nicht Konzessionsauflagen Gerade Baugebote sind nicht etwa nähere Ausgestaltungen konzessionsähnlicher Nutzungsverleihungen durch den einfachen Gesetzgeber, die sich durch das Gebot der 72

Dazu näher Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStR VI, § 149, Rn

46 ff. 73 Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein/ Starck, GG, 5.A. 2005, Art 14 Rn 114; Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStR VI, § 149, Rn 102 ff. 74 Zur Institutsgarantie Eigentum s. allg. Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006, Art.14 Rn 1 ff.; Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStR VI, § 149, Rn 12 ff. 75 Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStR VI, § 149, Rn 3 ff; Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006, Art.14 Rn 12 ff. 76 Zur verfassungskonformen Auslegung vgl. allgemein Badura, P., Staatsrecht, A Rn 14 ff; Dreier, H., in: Dreier, GG, Bd. 2, 2006, Art. 20 (Einführung) Rn 14, sowie Bd. 1, 2004, Art. 1 III Rn 84 ff.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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Gemeinde zur Festlegung von Nutzungsverpflichtungen verdichten könnten. Wollte man davon ausgehen, so würde sich dann eine „normative Grundstimmung“ ergeben, in welcher der kommunale Regelungswille im Zweifel frei wäre, das private Nutzungsrecht des Grundeigentümers zu bestimmen, einzuschränken, ja zu ersetzen. Damit würden die städtebaulichen Gründe für Baugebote in einer Weise auch materiell- inhaltlich aufgewertet, welche private Eigentümerbelange grundsätzlich hinter sie zurücktreten ließe. Da Eigentümer und sonstige eigentumsrechtlich Berechtigte (Mieter)77 nur mehr Bebauungsrechte geltend machen könnten, welche ihnen der Baugesetzgeber verliehen hätte, würde der Verfassungsschutz gegenüber Baugeboten inhaltlich wie formell (Verfassungsbeschwerden) völlig leer laufen. Baugebote wären geradezu Ausdruck einer Bodenordnung, in welcher die Baufreiheit letztlich den Gemeinden zustünde, im Namen einer Art von „baurechtlichem Obereigentum“. So aber würde der Eigentumsschutz der Verfassung in einem wichtigen Bereich „auf den Kopf gestellt“: Bebauung würde vom Staat bestimmt. d) Baugebote als besonders tiefer Eingriff Baugebote greifen ihrem Wesen nach und in aller Regel besonders tief in die verfassungsrechtlich verbürgte private Baufreiheit ein: Sie ersetzen deren Ausübung geradezu durch hoheitliche Anordnung. Soweit sie über Bauantragsgebote hinausgehen, kann ihre Folge sein, dass von der Baufreiheit des Eigentümers kaum etwas oder gar nichts mehr übrig bleibt. Dann stellt sich sogar die Frage, ob dies noch mit der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Absatz 2 GG vereinbar ist78. Selbst wenn diese Vorschrift nicht im Sinne eines notwendig, stets verbleibenden Schutzbereiches zu verstehen ist79– gerade als eine relative Garantie verlangt sie eine Abwägung nach Verhältnismäßigkeit zwischen Eigentümer- und öffentlichen Baubelangen, bei welcher von ersteren stets „noch Substanzielles übrig“, im Namen der Verfassung gewahrt bleibt. Bei sehr weitreichenden Baugeboten spricht also geradezu eine gewisse Vermutung dafür, dass eine verfassungsrechtlich bedenkliche, wenn nicht unzulässige Gestaltung seitens der Gemeinde gewählt worden ist. e) Privatnützigkeit als allgemeine Orientierung für Baugebote Der gerade bei Baugeboten immer zu wahrende, im Übrigen in Verhältnismäßigkeitsprüfung stets zu beachtende verfassungsrechtliche Gehalt der Eigentumsfreiheit

77 Vgl. dazu die – problematische – Rechtsprechung des BVerfG zum Eigentumsrecht des Mieters BVerfGE 89,1 (5 ff), dazu kritisch Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006 , Art.14 Rn 153 ff. 78 Dazu vgl. näher Huber, P.M., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, 5. A. 2005, Art. 19 Rn 183. 79 Vgl. Huber, P.M., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, 5. A. 2005, Art. 19 Rn 137 ff.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

bestimmt sich in besonderer Weise aus deren Privatnützigkeit.80 Von ihr muß dem privaten Berechtigten etwas bleiben. Dies schließt zwar Bestimmung durch Baugebote nicht grundsätzlich aus, verpflichtet aber die Gemeinde schon allgemein, sich bei diesen (zugleich) in die Interessenlage des Eigentümers zu versetzen. Diesem muss wesentliche Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Art der Gewinnung von Nutzungen verbleiben, nicht nur eine Freiheit darin, wie diese Nutzungen sodann zu verwenden, zu konsumieren sind. Erst recht braucht der Eigentümer nicht ständig oder gar vor allem an den städtebaulichen Nutzen denken, welchen das Baugebot öffentlichen Trägern bringen könnte. Zurückhaltung ist auch hinsichtlich möglicher umverteilender Auswirkungen geboten: Baugebote sollen die Allgemeinheit begünstigen, nicht bestimmte, individuelle Gruppen, etwa von „sozial Schwächeren“; die Privatnützigkeit des Eigentums schließt es aus, solche Anordnungen gezielt als Umverteilungsinstrument einzusetzen. f) „Subsidiarität“ der Baugebote Baugebote können, andererseits, weniger einschneidend die Baufreiheit beeinträchtigen als andere Sanktionsinstrumente der Bauplanung, etwa Enteignungen. Insoweit gebietet ihren Einsatz der Vorrang des milderen Regelungsmittels. Von „Subsidiarität“ mag dann in diesem Sinn der rechtsstaatlichen Erforderlichkeit gesprochen werden81, wobei übrigens nicht generell von angeblichen Wirkungsschwächen der Baugebote ausgegangen werden muss82. „Subsidiär“ sind Baugebote nicht nur mit Blick auf diese ihre Wirkungseffizienz, sondern auch noch in einem weiterreichenden Sinn, welcher dem des Wortes in seiner Bedeutung nach der allgemeinen Dogmatik der Subsidiarität entspricht83 : dem des Kompetenz-„Vorranges der kleineren Einheit“. Diese ist hier der Berechtigte/Eigentümer, der entscheidungsbefugt ist auf Grund seiner Baufreiheit. Eine „Vermutung im Zweifel gegen behördliche Baugebote – für Eigentümerbelieben“ wird sich daraus allerdings nur dann ableiten lassen, wenn man in konsequenter Fortführung liberaler Gedanken davon ausgeht, dass „wenn jeder an sich denkt, an alle gedacht“ ist. g) Planungsfreiheit und Baugebote Das Grundgesetz räumt Staat und Gemeinden eine weitreichende Planungsfreiheit ein; gerade dies hat ja auch zu den Überlegungen der Konzessionstheorien84 geführt. 80

S. bereits allgemein oben II. 3. d), auch näher unten III. 2. sowie etwa BVerfGE 31, 229 (240) mit Nachweisen; 42, 263 (294); 58, 300 (345); 79, 292 (303 f); Depenheuer, O. in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Stand November 2006, Art.14 Rn 68; vgl. auch aktuell Berg,W., Entwicklung und Grundstrukturen des Eigentumsgarantie, JuS 2005, S. 961 ff. 81 Vgl. C. VII. 82 Vgl. Stüer, B., Das Baugebot – ein „stumpfes Schwert“?, DÖV 1988,337 (337 ff). 83 Vgl. dazu grundlegend Isensee, J., Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 2. A. 2001. 84 Vgl. dazu oben D. II. 2.

II. Die Baufreiheit als Eigentumsrecht

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Daraus darf nun aber nicht geschlossen werden, dass sich diese Planungsaufsicht in ebenso weiter oder noch weiterreichender Baugebotsfreiheit fortsetzen müsse; ein grundsätzlicher Schluss von Bauplanungsfreiheit auf Baugebotsfreiheit wäre unzulässig. Vielmehr gilt das Gegenteil: Gerade weil das gesetzliche Planungsinstrumentarium die verfassungsrechtlich garantierte Baufreiheit schon so weit zurückdrängt, darf dies nicht noch administrativ durch Baugebote verstärkt werden. Ihnen gegenüber muss vielmehr die Baufreiheit des Eigentums wieder, in besonderem Maße, und insoweit sogar im Zweifel, zum Tragen kommen. Dies entspricht übrigens auch der allgemeinen Praxis der Baugebote, welche insoweit gesetzliche Vorgaben sachgerecht umsetzt: Sie respektiert sehr weitgehend die Baufreiheit, gerade damit sich das Bauplanungsrecht für die Eigentümer nicht allzu belastend auswirke; darin sollte sich die Praxis bestärkt sehen, im Namen der Verfassung. h) Baugebote: Bestätigung der Baufreiheit Aus dem Recht der Baugebote ergibt sich schließlich – in einer Wirkung aus einfachem Gesetzesrecht auf das Verfassungsverständnis – sogar eine Bestätigung der h.L. von der Verfassungsgarantie der Baufreiheit85 : Eine zurückhaltende Umsetzung der Bauplanung durch Baugebote (vorstehend g) belegt, dass die Baufreiheit eben nicht gesetzlich verliehen, sondern nur auszugestalten ist (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG): Gerade auf diese Weise wird das gesetzliche Bauplanungsermessen der öffentlichen Träger im Namen der Bürgerfreiheit grundrechtlich beschränkt, ja seine Freiheitseinschränkende Wirkung im Einzelfall wieder kompensiert, der Verfassungssicherung zur Wirksamkeit verholfen. Zurückhaltende Baugebote sind daher Ausdruck einer systematisch geschlossenen Eigentumsdogmatik. Ergebnis: Der Eigentumsschutz der Verfassung in seiner Ausprägung der Baufreiheit wirkt sich allgemein im Recht der Baugebote aus: Diese müssen verstanden werden als Eingriffe in das in seiner Einheit geschützte Verfassungseigentum, welches damit rechtlicher Maßstab für das Baugebot bleibt – nicht als eine Form von Konzessionsauflagen. Als besonders tiefer Eingriff in die Baufreiheit hat jedes Baugebot in spezieller Weise die Privatnützigkeit des Eigentums zu achten, welche solche Anordnungen als subsidiär betrachten lässt gegenüber der Eigentümerentscheidung. Damit wird die weite Planungsfreiheit des Gesetzgebers im Einzelfall wieder durch Bürgerfreiheit beschränkt.

85

Vgl. oben 3.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

III. Die Verfassungsschranken der Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Baugeboten (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) im Einzelnen Die generelle Maßstabsbedeutung der Verfassung wurde bereits oben I verdeutlicht, ihre Ausprägung in der verfassungsrechtlichen Baufreiheit und deren allgemeines Gewicht für den Untersuchungsgegenstand oben II. Hier gilt es nun noch, Folgerungen aus den wichtigsten Grundsätzen des Eigentumsverfassungsrechts für einzelne der unter C dargestellten Gestaltungen zu ziehen (vgl. oben I. 3.).

1. Baugebote und Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) a) §§ 175, 176 BauGB: Verfassungsgemäß im Rahmen des Verfassungsbegriffs Die Baugebote wurden stets, von den Anfängen der grundgesetzlichen Ordnung an, als eine Form der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums Privater (Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG) durch den einfachen (Bau)-Gesetzgeber gesehen und daher in diesem Rahmen (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2) als verfassungsmäßig zulässig betrachtet86. Dies entsprach auch ganz herrschender Lehre87 und ist, weil als selbstverständlich unterstellt auch neuerdings zu Recht nicht problematisiert worden88 : Die §§ 175 und 176 BBauG sind als solche mit dem GG vereinbar, wenn sie verfassungsgemäß ausgelegt und angewendet werden. Dies bedeutet nun aber nicht, dass der einfache Gesetzgeber freie Hand hinsichtlich der Ausgestaltung (gehabt) hätte, oder dass, insbesondere, die Anwendung der teilweise weiten Formulierungen in §§ 175, 176 BauGB ohne Rücksicht auf verfassungsrechtliche Grundentscheidungen zum Eigentum erfolgen dürfte (vgl. bereits oben I. 1.), was hier nochmals zu betonen ist. Vielmehr ist, mit der herrschende Lehre89 von einem Eigentumsbegriff mit eigenständigem, normativen Verfassungsinhalt auszugehen, gerade auch gegenüber Baugeboten. Das Bundesverfassungsgericht 86

Grundlegend bereits BVerwGE 7, 297; vgl. auch BVerwGE 84,335 (359). Für Viele Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S.387 ff mit weiteren Nachweisen; Krautzberger, M., in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Baugesetzbuch, Stand Mai 2007, § 29 Rn 1a; Schmidt-Assmann, E., Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S.13; Bielenberg, W., Schwerpunkte der Novelle zum BauGB (IV), BlGBW 1977, 1 (4). 88 Siehe etwa Lege, J., Stadtumbau uns städtebauliche Gebote – Neue Herausforderungen durch Stadterhaltung und Rückbau, NVwZ 2005, 880 (880 ff). 89 Vgl. für Viele Ehlers, D., Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, VVDStRL 51 (1992), 211 (214 ff); Eschenbach, J., Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentümers, 1996, S.551 ff; Appel, M., Entstehungsschwäche und Bestandsstärke des verfassungsrechtlichen Eigentums, 2004, S.32 ff. 87

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

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betont in ständiger Rechtsprechung, dass der verfassungsrechtliche Schutz gegen gesetzgeberische Beschränkungen des Eigentums erst eingreifen kann, wenn dessen Inhalt verfassungsrechtlich bestimmt ist90. Die Belastungsergebnisse eines Baugebots dürfen also im Einzelfall vor allem nicht den im Folgenden darzustellenden verfassungsrechtlichen Vorgaben zuwiderlaufen, welche hier als „Schranken-Schranken“ gegenüber dem Gesetzgeber und seinem Bestimmungsrecht aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG wirken. Die kontrovers diskutierte Frage einer Trennung von „Inhalt“ und „Schranken“ des Eigentums nach dieser Bestimmung91 kann hier nicht vertieft werden; keinesfalls darf es aber im Recht der Baugebote zu einem Leerlauf des Eigentumsgrundrechts in „Verfassung nach Gesetz“ kommen. b) Baugebote als „Positivpflichten“ und Eigentum als Abwehrrecht Die Tatsache, dass das Baugebot eine der wichtigsten „Positivpflichten“ des Eigentümers darstellt, könnte zwar grundsätzlich verfassungsrechtliche Bedenken92 auslösen; sie wurden jedoch bereits früher überzeugend widerlegt93 : Das Eigentum Privater als Abwehrrecht94 schützt, gerade als solches, gegen den Eingriff des Staates, der in der Bauverpflichtung liegt. Allerdings kehrt sich mit dieser nicht etwa eine Art von „Beweislast“ zum Nachteil des Eigentümers um, auch nicht für den Fall der objektiv oder subjektiv zu bestimmenden Unzumutbarkeit der Erfüllung des Baugebots (§ 176 Absatz 3), denn jene ist stets von Amts wegen zu erforschen und festzustellen95. Das Recht des Eigentümers, die subjektive Unzumutbarkeit nur glaubhaft zu machen (§ 176 Absatz 4), bestätigt dies, sie begründet nicht – umgekehrt – eine „prozessuale Beweislast des Eigentümers im Übrigen“. Im Folgenden sind nun, zur Bestimmung der „Ausstrahlungen“ der Verfassung, die möglichen Auswirkungen eines Baugebots an den wichtigsten normativen Vorgaben zu messen. Ergebnis: Baugebote sind Gestaltungen, durch welche der einfache Gesetzgeber „Inhalt und Schranken des Eigentums“ bestimmt (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG). Als 90

BVerfGE 91, 294 (308); 95, 48 (58); 95, 143 (160). Vgl. dazu Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A. 2005, Art. 14 Rn 35 mit weiteren Nachweisen; Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStRVI, § 149, Rn 60 ff. Vgl. allgemein zum grundrechtlichen Schrankensystem Brenner, M., Grundrechtsschranken und Verwirkung von Grundrechten, DÖV 1995, 60 (61 f.). 92 Anklingend bei Reinhardt, R., in: Reinhardt / Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S.1 ff ; Pietzonka, Bauanpassung und private Nachbarrechte, NJW 1959,755 (755 ff). 93 Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 369 f. 94 Dazu Leisner, W., Eigentum in: Kirchhof / Isensee (Hg.), HbStR VI, § 149, Rn 3 ff mit weiteren Nachweisen zur herrschenden Lehre. 95 Zur Problematik einer solchen „Beweislast“ vgl. bereits Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 399 ff. 91

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

solche sind sie nach ganz herrschender Lehre grundsätzlich zulässig, und dies gilt auch für ihre baurechtliche Ausgestaltung in §§ 175, 176 BauGB. Die Ergebnisse von deren Anwendung im Einzelfall dürfen jedoch nicht den (einzelnen) verfassungsrechtlichen Vorgaben des Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG widersprechen. Es darf nicht zur „Verfassung nach Gesetz(esergebnis)“ kommen

2. Einzelne Folgerungen für Baugebote aus der „Privatnützigkeit“ des Eigentums Dieser zentrale Grundsatz des Eigentumsverfassungsrechts96 wurde bereits oben (I, 3 e) allgemein-grundsätzlich angesprochen. Hier sind daraus noch konkretisierende Folgerungen zu ziehen: a) Baugebot nur (auch) mit Eigentümernutzen Ein Baugebot ist im Einzelfall überhaupt nur zulässig, wenn der damit herzustellende Zustand etwas wie einen substanziellen Nutzen nicht nur für die Gemeinde, für die Verfolgung öffentlicher Interessen, hervorbringt97. Gerade diesen Eigentümernutzen muss also das Baugebot auch im Auge haben; schließt es ihn aus oder reduziert es ihn zu einer marginalen Folge, so ist es von vorneherein unzulässig. Die Gemeinde kann dann allenfalls sogleich zu einer Enteignung schreiten – wenn ein baurechtlicher (§ 85 Absatz 1) oder ein sonstiger Enteignungsgrund vorliegt. Im Falle der „Anschlussenteignung“ (§ 176 Absatz 8, 9, vgl. auch § 85 Absatz 1 Nr. 5) muss die Privatnützigkeit in eben diesem Sinne auch weiterhin von der Gemeinde geachtet bleiben, in ihre Ziele mit aufgenommen werden. b) Privatnützige Ausgestaltungen des Eigentums durch Baugebote Die Privatnützigkeit des Eigentums zieht dessen Ausgestaltung durch Baugebote Schranken vor allem in zwei Richtungen98 : – Dem Inhaber muss zum Ersten ein Dispositionsrecht über das Grundstück von wesentlichem Gewicht bleiben. Dies wird herkömmlich als Verfügungsbefugnis bezeichnet99 und beinhaltet insbesondere das Recht der Veräußerung100. Dadurch wird 96

Belegt durch seine häufige Erwähnung in der Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa E 31, 229 (240) mit weiteren Nachweisen; 42, 263 (288); 58, 300 (345); 79, 292 (303 f) u. öfter; ausdrücklich für Baugebote BVerwGE 84, 335 (359). 97 Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S.392. 98 Breuer (FN 412) S. 373, 389 f. 99 BVerfG in std. Rspr., vgl. etwa E 91, 294 (308); vgl. auch 78, 293 (303); 83, 202 (210), 84, 382 (384 f).

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

123

„das Eigentum in der Hand des Eigentümers“ geschützt. Von Baugeboten wird aber nicht selten ein Verkaufsdruck ausgehen, dem sich der Inhaber nicht oder nur schwer entziehen kann101. Ein solcher entsteht vor allem dann, wenn der Eigentümer „unzumutbar“, d. h. in einer Weise zur Bebauung gedrängt wird, dass sich einem „vernünftig Denkenden“102 die Lösung aufdrängt, oder ihm gar nur die Möglichkeit bleibt, die Übernahme des Grundstücks zu verlangen (§ 176 Absatz 4); dies wirkt sich dann als „Zwangskauf“ unter hoheitlichem Druck aus. Derartiges ist aber nur zulässig, wenn die Voraussetzungen einer Enteignung vorliegen. Die verfassungsrechtliche Privatnützigkeit führt also zu einer bisher nicht hinreichend bedachten Konsequenz: Aus ihr ergibt sich zwingend und durchgehend der Vorrang des Baugebots vor einer Enteignung103, weil damit die Verfügungsbefugnis des Eigentümers gewahrt und doch den öffentlichen Interessen an der Bebauung entsprochen wird. Gleichermaßen folgt daraus auch die Verpflichtung der Gemeinde, nötigenfalls alle Vollstreckungsmittel des Baugebots einzusetzen, auch die Ersatzvornahme, bevor zur Enteignung geschritten wird. Diese Letztere darf, von anderen Voraussetzungen abgesehen, nur eingesetzt werden, wenn sich lediglich auf solchem Weg die erforderliche Bebauung verwirklichen lässt104. So ist auch der Begriff der „Anschlussenteignung“ beim Baugebot zu verstehen105 : Die Enteignung ist, schon Kraft Verfassungsrechts, nicht ein allgemeines Mittel, um den Widerstand des Eigentümers gegen ein Bebauungsgebot zu brechen; sie kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Bebauung zwar im öffentlichen Interesse unbedingt erforderlich erscheint, dem Eigentümer ihre Durchführung aber nicht zumutbar ist. Nur dann darf ihm die Verfügung über das Grundstück entzogen, es muss ihm dafür aber Entschädigung geleistet werden. In allen Fällen von Zumutbarkeit dagegen hat er selbst zu bebauen oder eine Bebauung der Gemeinde für ihn im Wege der Ersatzvornahme zu dulden. Dass er die Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde seinerseits verlangen kann (§ 176 Absatz 4), ist nichts als ein verfassungsrechtlich gebotener Ausdruck seiner Verfügungsbefugnis über das Grundstück: durch diese darf er eben auch nicht zu einem Festhalten am Eigentum nur zur Bebauung gezwungen werden, wenn gerade dies seinen Eigentumsgebrauch wesentlich einschränken würde. – Die zweite wesentliche Ausprägung der Privatnützigkeit betrifft das Recht zur Nutzung des Eigentums, welche dem Inhaber ja in Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 GG ausdrücklich zuerkannt wird. Es beinhaltet den Anspruch auf einen Vermögensertrag106

100 101 102 103 104 105 106

BVerfGE 84, 382 (384 f); bereits E 26, 215 (222). Dazu oben C. VIII. 2. Zur Problematik vgl. oben C. VIII. 2. Wie es bereits oben C. IX. 4. näher dargestellt wurde; siehe auch IV. 2. Vgl. oben C. IX. Vgl. näher unten IV. 2. Vgl. für viele BVerfGE 93, 121 (138); zur Verzinsung insb. BVerfGE 105, 17 (30 ff).

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

nach Art des vom Eigentümer frei zu wählenden wirtschaftlichen Einsatzes des Eigentumsgegenstandes. Gerade diese Freiheit wird durch das Baugebot als solches und primär beeinträchtigt: Es wird mit der Bebauung ja eine bestimmte, insbesondere wirtschaftliche Nutzung hoheitlich vorgeschrieben. Grundsätzlich ist dies aber ebenso zulässig wie die Grundstücksnutzung durch Bebauungsplanung allgemein orientiert und im Einzelfall beschränkt werden darf. Gerade deshalb ist das Baugebot, als Instrument der Planungsrealisierung, in seiner strengen Plankonformität verfassungsrechtlich geschützt; von dieser darf daher weder vom Gesetzgeber, noch von der gesetzesanwendenden Verwaltung durch ein Baugebot, eine Abweichung verlangt werden107. Zugleich folgt daraus, dass das Bauantragsgebot als Ausdruck der Privatnützigkeit (Nutzungsfreiheit) des Eigentums zugleich Ausdruck eines Verfassungsgebots aus Art. 14 Absatz 1 Satz 1 GG ist. c) Baugebote nach einem Schwerekriterium Diese Ausstrahlungswirkungen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentums-Baufreiheit in das Recht des Baugebots108 bedeuten jedoch nicht nur, dass die erwähnten Ausgestaltungen (wie Plankonformität, Unzumutbarkeit, Antragsgebot) als verfassungskonforme Ausdrucksformen der Baufreiheit wegen der Privatnützigkeit des Eigentums nicht wesentlich verändert werden dürfen, sie orientieren deren Anwendung in der Praxis auch in einer inhaltlichen Orientierung: Von diesen Rechten der Verfügung wie der selbstbestimmten Nutzung muss dem Eigentümer bei einem Baugebot nach der Verfassung „etwas Wesentliches“ bleiben, mehr als ein Restbestand, der kein Entscheidungsrecht des Eigentümers von Gewicht beinhaltet. Dabei geht es um inhaltliche Ausgestaltung der Nutzung des „Vermögensgutes Grundstück“, nicht nur um eine prinzipielle Eigentümerinitiative hinsichtlich der Nutzungsart109. Diese letztere wird durch das Baugebot dem Eigentümer allerdings jedenfalls genommen, was sich daher ebenfalls im verfassungsrechtlichen Grenzen halten muss110. Die Gemeinde muss also bei ihrer Abwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen stets diesen „wesentlichen Eigentumsanteil“ am Bestimmungsrecht über die Nutzung des Eigentumsgegenstandes im Blick behalten. Zu seiner näheren Bestimmung bieten sich vor allem finanzielle Maßstäbe der Beeinträchtigung der Nutzungsfolgen an. Generell kann hier insbesondere noch immer nach dem „Schwere-

107 Dies bedeutet das grundsätzliche Verfassungsgebot der Plankonformität i.S.v. oben C. II. 1.; VI. 2. 108 Zu ihrem Zusammenhang in der „Einheit des Eigentumsschutzes“ vgl. unten 4. 109 Von einer solchen spricht in diesem Zusammenhang Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie,1976, S. 393 ff. 110 Vgl. dazu näher unten 3. b).

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

125

kriterium“ verfahren werden111, welches früher im Rahmen der „Enteignungstheorien“ entwickelt worden ist112. Obwohl seit dem Nassauskiesungsbeschluss113 die Ausgestaltung des Eigentums (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) nicht mehr nach ihm von der Enteignung (Artikel 14 Absatz 3 GG) abzugrenzen ist, bleiben Überlegungen zur Schwere einer Belastung noch immer auch für die Beurteilung der Zulässigkeit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums maßgebend114, damit aber insbesondere im Recht der Baugebote, schon wegen deren (möglicher) Eingriffstiefe. Ergebnis: Die Bedeutung der verfassungsrechtlichen Privatnützigkeit für das Recht der Baugebote ist erheblich; ein Baugebot darf überhaupt nur ergehen, wenn dem Eigentümer noch wesentlicher Nutzen bleibt. Dies betrifft das Verfügungsrecht über das Grundstück und verbietet ein Baugebot, das einen Abgabedruck erzeugt, welcher dem Eigentümer keinen Dispositionsspielraum belässt. Ist ein derartiger Bebauungszwang unabdingbar, so muss zur Enteignung geschritten werden; die Verfassung verlangt aber den Vorrang des Baugebots wie dessen Vollstreckung, auch durch Ersatzvornahme. Das Recht auf eigentumsbestimmte Nutzung muss beim Baugebot gewahrt werden, insbesondere in dessen strenger Plankonformität und dem Einsatz des Bauantragsgebots. Die Privatnützigkeit garantiert nicht nur die wichtigsten einfachgesetzlichen Ausgestaltungen der Baugebote, sie gebietet auch deren strikte Anwendung, nach welcher dem Eigentümer mehr als ein Restbestand bleiben muss. Hier kann ein „Schwerekriterium“ sinnvoll eingesetzt werden.

3. Baufreiheit als Selbstbestimmung der persönlichen Lebensführung a) Baugebote und Eigentümerrechte der persönlichen Lebensführung Eigentum ist Freiheit115, zugleich deren Ergebnis und Ermöglichung; dies stellt die zentrale Legitimation des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes116 dar. Das Bundesverfassungsgericht betont gerade die Bedeutung des Eigentums für die Siche-

111

Entwickelt vom BVerwG in ständiger Rspr. seit BVerwG 5, 143 (145). s. f. viele Weyreuther, F. , Die Situationsgebundenheit des Grundeigentums, Naturschutz – Eigentumsschutz – Bestandsschutz, 1983, S.110 ff; Breuer, R., Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie,1976, S. 43 ff. 113 BVerfGE 58,300. 114 In Anschluss an die Judikatur des BGH (vgl. BGHZ 128, 204 ff; 133, 265 ff; 133, 271 ff) und des BVerwG (E 94, 1 ff), vgl. dazu näher Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A. 2005, Art.14 Rn 236 ff. 115 Dürig, G., Der Staat und die vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, in: FS für Apelt, W. 1958, S. 30 ff. 116 Sie wird als Grundlage und Ausgangspunkt der gesamten Eigentumsdogmatik gesehen, vgl. Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A 2005, Artikel 14 Rn 11 ff. 112

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

rung der persönlichen Freiheit117: hier genieße jenes einen besonders ausgeprägten Schutz118, in der Sicherung der Selbstverantwortung zur persönlichen Lebensführung119. Diese Aussagen können gerade Baugebote in der Weise orientieren, dass das Recht des Eigentümers auf Selbstbestimmung zur persönlichen Lebensführung angemessen berücksichtigt werden muss. Rücksicht zu nehmen ist auf die selbstbestimmte Lebensführung des Eigentümers, der sein Besitz dient, insbesondere bei Überlegungen zur Zumutbarkeit120, aber auch bereits bei den Vorgaben für ein Bauantragsgebot121, oder für ein gemeinschaftliches Baugebot, das die Beziehungen des Eigentümers zu Dritten betrifft122. In all diesen Fällen darf sich die Mitwirkung(sbereitschaft) des Eigentümers praktisch an der Art und Weise ausrichten, in der er gegenüber einem Baugebot hier – wie auch sonst – sein Leben gestaltet und dementsprechend (etwa auch) sein sonstiges Vermögen einsetzt123. In all diesen Beziehungen ist insbesondere auf den – vor allem wirtschaftlichen – Zusammenhang124 eines von einem Baugebot betroffenen Grundstücks mit anderen Grundstücken desselben Besitzers zu achten, vor allem wenn es dabei auch um Familienwohnungen125 geht. Die Gemeinde ist verfassungsrechtlich durch den Eigentumsschutz verpflichtet, auf alle individuellen Umstände angemessen Rücksicht zu nehmen, in welchen der Bürger sein Leben gestaltet. Sie darf das, was dem Eigentümer an Entscheidungsfreiheit bleiben muss (oben 2), nicht an dem „ Normal- oder gar Typbild eines Eigentümers“ oder gar eines „vernünftigen Eigentümers“126 ausrichten. Grundrechtlich geschützte Lebensgestaltung sichert die Individualität des Eigentümers gerade bei einem so tiefen Eingriff. b) Selbstbestimmung (auch) durch Nichtgebrauch der Baufreiheit Bau-„Freiheit“ wird noch in einem anderen, grundsätzlicheren Sinn zur Orientierung beim Erlass von Baugeboten: Unterschwellig mag für deren Zulässigkeit häufig die Überlegung sprechen, ein „vernünftiger Eigentümer nutze doch sein Grund-

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BVerfGE 84, 382 (384); 95, 64 (84); 100, 226 (241); 101, 54 ( 75 ff) – std. Rspr. BVerfGE 70, 191 (201); 95, 64 (84). BVerfGE 93, 121 (140 f). Vgl. oben C. VIII. Vgl. oben C II 6. Vgl. oben C. VI. 4. Vgl. oben C. VIII. 3. b). Vgl. oben C. III. 1. Vgl. oben C. III. 1. Vgl. dazu BVerfGE 93, 165. Vgl. Leisner, W., Eigentum, 1996, S. 206 ff.

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

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stück“, Bebauungszwang als Nutzungszwang könne daher insoweit schon begrifflich den allgemeinen Eigentumsschutz nicht verletzen. Diese Argumentation ist grundsätzlich mit der Vorstellung von einer wirtschaftlichen Freiheit unvereinbar, insbesondere in einer Marktwirtschaft. Jede grundrechtlich verbürgte Freiheit gestattet deren Träger, sie selbst auszunutzen – oder nicht, indem er von seiner entsprechenden „negativen Freiheit“ Gebrauch macht127. Das Grundgesetz mag im status activus den Aktivbürger voraussetzen – ohne ihn allerdings zu erzwingen – nicht aber im status negativus oder positivus. In einer Marktwirtschaft muss niemand jederzeit „das Bruttosozialprodukt steigern“; er kann sein Gut ungenutzt liegen lassen, braucht dies noch nicht einmal mit späteren Gewinnerwartungen zu rechtfertigen. Es ist daher auch nicht Aufgabe der Gemeinde, den Bürger an der hoheitlichen Hand der Baugebote zu seinem Wohl zu führen. Das verbietet die „negative Baufreiheit“. Ergebnis: Der Verfassungsschutz des Eigentums sichert in erster Linie die Selbstbestimmung der persönlichen Lebensführung, er legitimiert sich zentral daraus. Bei Baugeboten ist daher gerade darauf Rücksicht zu nehmen, besonders bei Familienbesitz, aber auch im Übrigen, etwa bei Bauantragsgebot oder Maßnahmenaustausch. Auf die individuelle Lebensführung, nicht die eines „normalen“ oder „vernünftigen“ Eigentümers kommt es an. Der Eigentümer darf nicht darin bevormundet werden, dass ihm eine bestimmte Nutzung „in seinem eigenen Interesse“ aufgedrängt wird. Ob er überhaupt nutzen will, und wie, unterliegt grundsätzlich seiner Lebensgestaltungs-Freiheit.

4. Die Einheit des Eigentums a) Die Einheit des Eigentumsbegriffs Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG schützt das „Eigentum Privater“ nicht als ein Bündel von ganz unterschiedlichen Rechten128, sondern als ein einheitliches Grundrecht129 ; insbesondere gibt es kein spezielles Nutzungseigentum, das vom einheitlichen „Verfassungseigentum“ zu unterscheiden wäre und etwa weitergehend baurechtlich eingeschränkt werden dürfte als dieses Letztere. Dem steht nicht entgegen, dass unter Berufung auf Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG gewisse „Rechtspositionen“ besonders geschützt werden130. Es handelt sich dabei nur um Aspekte des Eigentums, dessen Einheit stets im Blick bleiben muss. 127

Das bekannteste Beispiel bietet die negative Koalitionsfreiheit nach Artikel l9 Absatz 3 GG, vgl. Höfling, W., in: Sachs, GG, 4 A. 2005, Art. 9 Rn 48 ff; Jarass, H., in: Jarass / Pieroth, GG, 9.A. 2007, Art. 9 Rn 30 ff.; Neumann, D., Der Schutz der negativen Koalitionsfreiheit, RdA 1989, S. 243 ff. 128 Im Sinne gewisser angelsächsischer Vorstellungen, siehe dazu Häberle, P., Vielfalt der Property Rights und der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff, AöR 109 (1984), 36 ff. 129 Vgl. BVerfGE 91, 294 (308); vgl. auch 79, 292 (303); 83, 202 (210); 84, 382 (384 f). 130 Vgl. etwa BVerfGE 20, 31 (34); 94, 241 (258).

128

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

b) Baugebote – nicht (nur) Eingriffe in ein „Nutzungseigentum“ Diese Vorgaben gewinnen spezielle Bedeutung im Recht der Baugebote: Diese beeinträchtigen primär, und wie es zunächst erscheinen mag ausschließlich, das Nutzungsrecht, nicht aber das Verfügungsrecht, und mögen so, bei oberflächlicher Betrachtung, als nicht problematisch gelten – insbesondere nachdem ja die bei der baurechtlichen Ausgestaltung zu beachtende Sozialpflichtigkeit doch vorsehe, dass die Nutzung eines Gutes „zugleich“ dem Wohl der Allgemeinheit dienen solle (Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 GG). Gerade im Fall der Baugebote wäre dies aber eine verkürzende Betrachtungsweise. Denn bei ihnen müssen Nutzungs- und Verfügungsfreiheit in besonderer Weise zusammengesehen werden: Von Ersterer geht häufig ein Druck zur Ausübung Letzterer aus131, der sich für Eigentümer, speziell in einer konkreten Lage seiner individuellen Lebensgestaltung132, bis zur Unwiderstehlichkeit steigern kann. Allgemein wird daher gerade beim Baugebot in besonderer Weise deutlich, wie eng Nutzungs- und Verfügungsfreiheit in Wechselwirkungen zusammenhängen. Dies gilt insbesondere dann, wenn hier in Kategorien der stets gebotenen Wirtschaftlichkeit gedacht wird, also eben in „Nutzung durch Verfügung“ mit dem Ziel günstigerer Anlage. Die Einheit des Eigentumsschutzes, mit dem Hintergrund seiner Auswirkungen auf die Verfügungsfreiheit, ist also bei der Anwendung des § 176 stets besonders zu beachten.

5. Der Objektbezug des Eigentumsschutzes a) Objektbezug als Eigentumskategorie Konstituierend für den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz ist dessen Objektbezug: Geschützt werden die Rechte des Eigentümers im Hinblick auf einen bestimmten Vermögensgegenstand133. Nicht zuletzt deshalb wird auch ein allgemeiner Vermögensschutz gegen Abgaben herkömmlich abgelehnt134, aus ähnlichen Gründen wird selbst ein „Eigentumsschutz des Betriebes als solchen“135 noch immer zurückhaltend gesehen136. Offenbar wird befürchtet, ein nicht streng objektbezogener verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz könnte die Grenzen zwischen der gegenständ-

131

Näheres dazu bereits oben II. 5. a) sowie 2. b). Vgl. oben 3. 133 Vgl. als Beispiel etwa die Objektbegrenzung bei der Altlastenbeseitigung, BVerfGE 95, 64 (84). 134 s. etwa BVerfGE 95, 64 (84). 135 Bejaht in BGHZ 23, 157 (162 f); 92,34 (37); BVerwGE 62, 224 (226). 136 Nach anfänglicher Bejahung (BVerfGE 1, 264 (277 f); 22, 380 (386); 50, 290 (340)) ließ ja das BVerfG die Frage offen (BVerfGE 66, 116 (145), sowie etwa 96, 375 (397); 105, 252 (277 ff)). 132

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

129

lichen Sicherung des fest und abschließend Erworbenen und deren Auswirkungen auf das Verhalten, auf Berufs-, ja Handlungsfreiheit des Inhabers verwischen. b) Keine Verpflichtung zum Einsatz anderweitigen Vermögens Beim Baugebot scheinen sich hier kaum Probleme zu ergeben; der Objektbezug auf ein bestimmtes Grundstück ist ihm doch wesentlich. Er schwächt sich auch nicht dadurch ab, dass für den Inhalt der Anordnung die Grundstückslage, damit auch der (wirtschaftliche) Zusammenhang mit anderen Grundstücken, eine gewisse Rolle spielen mag137 – stets bezieht sich auch insoweit das Gebot auf ein bestimmtes Objekt im eigentumsverfassungsrechtlichen Sinn. An einem wichtigen Punkt gewinnt der verfassungsrechtliche Objektbezug aber Bedeutung: Der Eigentümer darf nicht zum Einsatz seines (anderweitigen) Vermögens gezwungen werden, eine Zumutbarkeit nicht erst dadurch herstellbar sein138. Dieses Prinzip muss im Namen der Verfassung aus Gründen der Eigentumsdogmatik strikt beachtet, es darf auch nicht durch die unterschwellige Erwägung aufgeweicht werden, der Eigentümer könne doch ein solches Opfer bringen, es führe ja sogar vielleicht zu erheblichem weitreichenden Nutzen für ihn. Dies Letztere beurteilt der Eigentümer allein; und durch Verunklarung der Objektgrenzen darf nicht einer „Sozialisierung durch Baugebotsrecht“ Vorschub geleistet werden. Ergebnis: Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG schützt das Eigentum als ein einheitliches Recht; nicht etwa sind ein Verfügungs- und ein – weit stärker beschränkbares – Nutzungsrecht zu unterscheiden. Baugebote beeinträchtigen nicht nur das Nutzungsrecht, dieses muss vielmehr, auch infolge eines häufig dadurch erzeugten Abgabedrucks, stets mit einer etwaigen Beeinträchtigung des Verfügungsrechts zusammengesehen und im letzteren Fall muss von Möglichkeiten eines Baugebots ein besonders zurückhaltender Gebrauch gemacht werden. Der Eigentumsschutz der Verfassung bezieht sich immer nur auf die Rechtsbeziehungen, in denen ein bestimmtes Grundstück steht. Dieser notwendige Objektbezug wird beim Baugebot i. d. R. gewahrt. Er verlangt jedoch, auf eine Einsatzverpflichtung sonstigen Eigentums, überhaupt auf dessen Berücksichtigung, insbesondere bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, unbedingt zu verzichten. Es darf hier nicht zu einer Sozialisierung durch Baugebotsrecht kommen.

137 138

Vgl. oben C. III. 1. Vgl. oben C. VIII. 3. b).

130

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

6. Soziale Verfassungsaspekte bei Baugeboten a) Sozialbindung – Gemeinwohlverpflichtung Baugebote sind Ausdruck einer „Sozialbindung des Eigentums“, ein Begriff, der viel und seit langem schon gebraucht139 wird. Diese Bindung – auch Sozialpflichtigkeit genannt – darf der Gesetzgeber im Rahmen seines Bestimmungsrechts von Inhalt und Schranken des Eigentums (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) zum Tragen bringen (Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 GG)140. Darin hat die grundgesetzliche Sozialstaatlichkeit (Artikel 20, 28 GG) ihren eigentumsspezifischen Ausdruck gefunden. Allerdings ist hier das „Soziale“ nicht etwa im Sinne einer nivellierenden Umverteilung zu sehen, sondern als Gemeinwohlverpflichtung. b) Städtebauliche Gemeinwohlgründe Baugebote dürfen nur aus städtebaulichen Gründen ergehen141. Die in deren Zusammenhang bereits genannten Belange der Allgemeinheit, insbesondere der kommunalen Gemeinschaft, weisen als solche sämtlich einen bedeutsamen Gemeinwohlaspekt auf; aus ihm lässt sich also jene Gemeinwohlbindung begründen, welche die Verfassung anspricht. Bemerkenswert ist allerdings, dass diese städtebaulichen Gründe in keinem Fall einen unmittelbar-primären Bezug zu sozialen Zielen im Sinn einer schwächerenschützenden oder gar einer nivellierenden Umverteilung aufweisen. Auch der Hinweis auf infrastrukturelle Notwendigkeiten ist in seiner Allgemeinheit nicht darauf zu beschränken oder auch nur dahin zu akzentuieren. c) Dringender Wohnbedarf Dasselbe gilt auch für die „Berücksichtigung eines dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung“ (§ 175 Absatz 2 2. Halbsatz)142. Er wird zwar häufig bei finanziell schwächeren Schichten auftreten, ist auf diese aber nicht beschränkt. Überdies ist dies allenfalls im Rahmen von (anderen) städtebaulichen Gründen zu berücksichtigten, soziale Hilfe ist nicht selbst ein solcher. Das geltende Baurecht der Baugebote gibt also keinen Anhalt dafür, dass diese Eingriffsmöglichkeit allein oder auch nur vorrangig im Sinne eines Schwächerenschutzes oder gar einer sozialen Umverteilung zu nutzen wäre; auch das Verfassungsrecht zwingt nicht zu einem solchen Verständnis. Dass allerdings Schwächerenbelange im Rahmen der Zumutbarkeit zugunsten des Eigentümers zu berücksichtigen sind, ist dagegen selbstverständlich; umgekehrt

139 140 141 142

Siehe (bereits zusammenfassend) Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972. So auch das BVerfG schon früher, vgl. etwa E 25, 112 (117); 26, 215 (222); 52, 1 (29). Vgl. oben C. VII. 2. Vgl. oben C. VII. 3.

IIII. Die Verfassungsschranken im Einzelnen

131

dürfen Baugebote aber nicht mit Blick auf allgemeine Vermögensverhältnisse wirtschaftlich besser Gestellter verschärft werden143. d) „Angewiesenheit“ auf Bebauung? Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in ständiger Rechtsprechung betont: Das Eigentum müsse umso weitergehende Beschränkungen hinnehmen, je stärker es in „sozialen Bezügen“ stehe144, andere auf seine Nutzung angewiesen seien. Auf Baugebote könnte dies mit der Wirkung angewendet werden, dass mit ihnen allgemein oder doch vorrangig verlangt werden könnte, preiswert(er)en Wohnraum für finanziell schwächere Bevölkerungsschichten herzustellen. Derartiges lässt sich jedoch mit geltendem Baurecht und auch dem dieses bestätigende Eigentumsverfassungsrecht nicht begründen. „Angewiesen“ auf die konkrete Bebauung eines Grundstücks ist in aller Regel niemand, es sei denn, gerade der unbebaute Zustand beeinträchtigt nachbarrechtliche Rechtspositionen. Baugebote müssen sich streng im Rahmen der Plankonformität, überhaupt der Bebauungskonformität halten, nach BauGB145 wie nach Verfassungsrecht146. Das geltende Bauplanungsrecht erzwingt aber keineswegs als solches oder in der Regel eine Bebauung im Interesse „sozial Schwächerer“ – also kann auch ein Baugebot sich nicht allgemein darauf richten, gerade dies durchzusetzen. Allenfalls durch eine Bauplanung, welche soziale Spannungen vermeiden will, lässt sich Sozialbebauung „fernsteuern“. Das Instrument der Baugebote als solches wäre dazu aber in aller Regel ungeeignet. Bereitstellung von öffentlichen Mitteln für sozialen Wohnungsbau und deren Berücksichtigung im Rahmen der Zumutbarkeit kann im Einzelfall Anreize für eine „soziale Orientierung der Baugebote“ begründen, die für sie aber nicht grundsätzlich gilt. Baugebote sind also nur in seltenen Fällen und dies lediglich marginal mit sozialschwächerenschützender Zielsetzung einsetzbar; jedenfalls muss dann eine solche besonders geeignet sein, die allgemeinen städtebauförderlichen Gründe (mit)zutragen, aus denen allein Baugebote ergehen dürfen. e) Rücksicht auf Mieter/Pächter Ein besonderer, im weiteren Sinn „sozial-schwächerenschützender“ Aspekt des Rechts der Baugebote zeigt sich allerdings beim Schutz des Mieters oder Pächters

143

Vgl. oben C. VIII. 3. b). Etwa BVerfGE 42, 263 (294); 58, 290 (340 f); 52, 1(34); 53, 257 (292 f); 84, 382 (384); 95, 64 (84 f). 145 Vgl. C. II. 1. b); V. 2. 146 Vgl. oben 2. a). 144

132

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

vor derartigen Anordnungen147: Soweit erforderlich, sind solche Verträge aufzuheben oder entsprechend anzupassen (§182 ff), Ersatz ist anzubieten (§ 182 Absatz 2), gegebenenfalls auch Entschädigung zu leisten (§ 185), was sich als bedeutsames Hemmnis für ein Baugebot auswirken kann. Die Mieter stehen dabei dennoch insgesamt unter Umständen materiellrechtlich nicht unerheblich schlechter, als wenn sie sich einer Kündigung seitens des Eigentümers gegenübersähen. Dies lässt sich aber damit rechtfertigen, dass es hier gilt, übergeordnete öffentliche Bebauungsinteressen durchzusetzen, nicht (nur) die gleichgeordneten Interessen des Vermieters als Eigentümer wie im sozialen Mietrecht. Deshalb nützt es dem Mieter/Pächter insoweit wenig, dass er sich wie der Vermieter auf ein Eigentumsrecht berufen kann148 ; auch als solcher muss er ja diesen Belangen Rechnung tragen. Allenfalls steht Mietern/Pächtern das Recht zu, wegen Verletzung des Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG durch ein Baugebot Verfassungsbeschwerde zu erheben. Insgesamt kann daher von einem „sozialen Baugebotsrecht“ im Sinne eines bedeutsamen Schwächerenschutzes nicht die Rede sein. Ergebnis: Baugebote sind Ausdruck einer Sozialbindung des Eigentums (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG), wobei aber Gemeinwohlbelange nicht im Sinne einer sozialen Umverteilung zu verstehen sind. Die „städtebaulichen Gründe“, welche allein Baugebote rechtfertigen, weisen keinen primären Bezug zu einem „Schwächerenschutz“ auf. Dies gilt auch für einen (allerdings nur) zu berücksichtigenden Wohnbedarf. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den „sozialen Bezügen“ eines Objekts, welche dort eine weitergehende Beschränkung des Eigentums rechtfertigen sollen, begründen keine allgemein- grundsätzliche Orientierung von Baugeboten in Richtung (nur) auf Schaffung billigen Wohnraums: Das Bauplanungsrecht verwirklicht jedenfalls in der Regel, nicht gezielt eine „Bebauung im Interesse sozial Schwächerer“, steuert allenfalls fern mit dem Ziel einer „sozialen Durchmischung“. Baugebote müssen planungskonform ergehen und sind als solche nicht speziell geeignet zur Verfolgung solcher schwächerenschützenden Ziele. Bereitstellung von öffentlichen Mitteln für „soziale“ Bebauung kann jedoch bei der Beurteilung einer Zumutbarkeit von Baugeboten zu berücksichtigen sein. Mieter/Pächterschutz wird zwar gegen Baugebote durch §§ 182 ff gewährleistet, jedoch weniger weitgehend als nach „sozialem Mietrecht“. Dies rechtfertigt sich, weil die Mieter/Pächter hier der Durchsetzung öffentlicher Interessen weichen müssen. Ihre vom BVerfG anerkannte Eigentümerstellung ändert daran nichts.

147

Vgl. dazu näher oben C. IV. 3. Vgl. die – vielkritisierte Miete/Eigentum – Entscheidung des BVerfG 89, 1 (5 f); ablehnend f. viele Depenheuer, O., Der Mieter als Eigentümer?, NJW 1993, 2561 ff. 148

IV. Das Baugebot und das Verfassungsrecht der Enteignung

133

IV. Das Baugebot und das Verfassungsrecht der Enteignung (Artikel 14 Absatz 3 GG) 1. Enteignung nur als Rechteentzug – Baugebot als solches nicht „kalte Enteignung“; keine Ausgleichsleistungen a) Enteignung: Entzug von Rechtspositionen Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinn ist nur der vollständige oder teilweise Entzug von konkreten Rechtspositionen, die sich aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG ergeben, also von Eigentumsrechten, welche zur Verfügung über Vermögensgüter und/oder zur Nutzung von solchen berechtigten. Wegen der Einheit der Eigentumsbegriffe149 kann nur „das Eigentum als solches“ an einem Grundstück oder einem grundstücksgleichen Recht150 entzogen werden; dies gilt seit der Nassauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts151. „Enteignende Eingriffe“ kann es also begrifflich nicht mehr geben152. Aus Beeinträchtigungen von Eigentümerpositionen im Rahmen von Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG (Inhalts- und Schrankenbestimmung) können Entschädigungsansprüche als Enteignungsfolgen nicht (mehr) abgeleitet werden153. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben gelten zwingend für sämtliche Gestaltungen, mit denen der einfache Gesetzgeber „Enteignungen“ vorsieht, also für normative Regelungen, auf Grund deren einem Eigentümer Rechtspositionen entzogen werden können. Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn in einem Gesetz ausdrücklich von „Enteignung“ die Rede ist, oder soweit dessen Anwendung die Wirkungen eines Eigentumsentzugs hervorbringen kann. Das gilt etwa auch für § 176 Absatz 8 und 9. b) Baugebote: Keine Enteignung Baugebote stellen keine Enteignung dar, können daher, als solche, auch keine Entschädigungsfolgen auslösen. Sie entziehen dem Eigentümer kein Recht, verpflichten ihn lediglich zu einem Verhalten; sie wirken insoweit „nur obligatorisch“, nicht „dinglich“, wie schwer auch immer ihre Belastungswirkungen sein mögen. Im allgemeinen Sprachgebrauch mag hier von einer „kalten Enteignung“ die Rede sein – rechtlich ist dies nicht korrekt, auch wenn das Baugebot einen erheblichen, ja unwiderstehlichen, vor allem wirtschaftlichen Belastungsdruck auf den Eigentümer aus-

149

Vgl. oben III. 4. Vgl. oben C. III. 151 BVerfGE 58, 300 (320); seither ständige Rechtsprechung vgl. etwa 70, 191 (192 f ); 72, 66 (76); 83, 201 (211); 101, 239 (259); 102,1 (157). 152 BVerfGE 102, 1(16). 153 BVerfG seit E 58, 300 (320); vgl. etwa 100, 226 (241). 150

134

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

übt154 ; Wertverlust hat als solcher keine Entschädigungswirkung. Selbst wenn jener zu einem Übernahmeverlangen hinsichtlich des Grundstücks gegenüber der Gemeinde berechtigt (§ 176 Absatz 4), kann von einer Enteignung nicht die Rede sein, denn nach Verfassungs-Enteignungsrecht jedenfalls gibt es keine „Selbstenteignung“ seitens des Eigentümers. Wenn die Übernahme sodann im Wege der Enteignung erfolgt, so bedeutet das nicht, dass das Baugebot bereits eine solche wäre; wesentlich für sie ist nach Artikel 14 Absatz 3 GG stets der Einsatz hoheitlicher Gewalt zur Rechtsentziehung. c) Ausnahme: Enteignung von Dienstbarkeiten In einer speziellen Konstellation könnte allerdings, bereits nach Verfassungsrecht, Enteignung durch Baugebot in Betracht kommen: Gegenüber einer auf dem Grundstück lastenden oder dessen Eigentümer persönlich bindenden Dienstbarkeit. Geht sie dahin, dass das Grundstück nicht oder nur mit Zustimmung, vielleicht gar nach Bestimmung des Dienstbarkeitsberechtigten, bebaut werden darf, so wird diesem dieses Recht unter Umständen ganz oder teilweise entzogen. Da es als solches eine verfassungsgeschützte Rechtsposition darstellt, ist insoweit Enteignungs-Entschädigungsrecht (Artikel 14 Absatz 3 GG) anzuwenden. d) Keine Ausgleichsleistung für Baugebote Eine Entschädigung ist in Folge von eigentumsbelastenden, nicht eigentumsentziehenden, hoheitlichen Verfügungen nicht (mehr) vorgesehen, sondern allenfalls ein „Ausgleich“, wenn jene unzumutbar tief in den verfassungsrechtlichen Schutzbereich des Eigentums eindringen155. Abgesehen davon, dass dies auf seltene Ausnahmefälle156 beschränkt ist und die Kompensationswirkungen von Enteignungsentschädigungen in aller Regel nicht erreicht – im Fall des Baugebote erscheinen Ausgleichansprüche von vorneherein ausgeschlossen: dass der einfache Gesetzgeber mit seinen Regelungen ein unzumutbar tiefes Eindringen in die verfassungsrechtliche Schutzsphäre des Eigentümers habe anordnen oder auch nur zulassen wollen, wird schon dadurch ausgeschlossen, dass er bei Unzumutbarkeit nach § 176 Absatz 3 und 4 die Durchsetzung von Baugeboten ausgeschlossen hat, oder sie durch ein Übernahmeverlangen des Eigentümers abwenden lässt. Ein derartiger vertraglicher Übergang des Eigentums auf die Gemeinde ist jedoch, als solcher, begrifflich weder Enteignung noch hoheitliche Beschränkung des Eigentümers, mag letztere auch eine Lösung „angestoßen“ haben, die zum Eigentumsverlust geführt hat; der Eigentümer ist zu ihr ja nicht gezwungen. Hoheitlicher Zwang wird insoweit auf ihn nicht „durch das Baugebot“ ausgeübt, auch wenn „die Bebauung“ mit den üblichen Vollstreckungsmaßnah154

Vgl. dazu Krantzberger, M., Das Gesetz zur Erleichterung der Bereitstellung von Bauland, BBauBl. 1981, 514 (514 ff). 155 BverfGE 58, 137 (149); 79, 174 (192); 183, 201 (212 f); 100, 226 (244 f). 156 Vgl. auch BVerfGE 100, 222 (244 f) und bereits etwa 70, 191 (201); 83, 201 (212 f).

IV. Das Baugebot und das Verfassungsrecht der Enteignung

135

men (§ 176 Absatz 8) erreicht wird: „Entzogen“ wird das Eigentum auch in diesem Fall nicht. Wenn aber die Belastung durch das Baugebot unzumutbar wird, so darf dieses nicht „durchgeführt“ werden (§ 176 Absatz 3 und 4) – es bleibt dann der Gemeinde nur die Einleitung eines Enteignungsverfahrens nach §§ 85 Absatz 1 Nr. 5, 176 Absatz 8 und 9. In keinem Fall kann also „das Baugebot als solches“ zu öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen der Gemeinde führen.

2. Die „Anschlussenteignung“ a) Vollstreckung des Baugebots und anschließende Enteignung Für den Fall, dass sich ein Baugebot als solches nicht „durchführen“ und sich auch mit Hilfe von Vollstreckungsmaßnahmen die gewünschte Bebauung nicht „durchsetzen“, nicht verwirklichen lässt, kommt eine Enteignung in Betracht. Sie wird häufig als „Anschlussenteignung“ bezeichnet. Dieser Begriff ist nicht unbedenklich, weil missverständlich: er könnte dahin verstanden werden, dass das Baugebotsverfahren als solches dann gewissermaßen in das Enteignungsverfahren übergehe, dieses letztere also eine „Sanktion des Baugebots“ , eine Vollstreckungsmaßnahme desselben darstelle. Dies widerspräche jedoch der bereits157 dargestellten herrschenden Auffassung von den höheren Anforderungen der Enteignung gegenüber dem behördlichen Baugebot. Aus ihr ergibt sich, dass das Baugebot der Enteignung gegenüber das „mildere Mittel“ darstellt, daher zunächst einmal Ersteres eingesetzt und auch vollstreckt werden muss. Erst wenn sich auf diesem Wege die Bebauung nicht verwirklichen lässt, darf das Enteignungsverfahren eingeleitet werden. Es handelt sich dabei um ein eigenständiges Verfahren, nicht um eine Fortsetzung des Baugebotsverfahrens, auch nicht um eine (andere) Form derselben. Zur begrifflichen Klärung ist also festzuhalten: Nach geltendem Baurecht sind zu unterscheiden: Das Baugebot und seine Vollstreckung durch Zwangsgeld und Ersatzvornahme einerseits – die Durchsetzung der Bebauungspflicht im Wege des Eigentumsentzuges, nach welchem die Gemeinde die Bebauung durchführt oder durchführen lässt, nun aber im eigenen Namen, zum anderen. Beide Durchsetzungswege und -formen der Bebauung stehen in dem dargestellten Abfolgeverhältnis zueinander, nach welchem zunächst das Baugebot vollstreckt werden muss. In dem Fall allerdings, in welchem zunächst nur ein Bauantragsgebot ergehen müsste (§ 176 Absatz 7, 8), braucht die Gemeinde nicht abzuwarten bis über diesen entschieden ist und ob der Eigentümer dann dem Baugebot nachkommen will, wofür ihm eine, dann meist recht lange, Frist zu Gebote steht; nach ihrem Ablauf erst könnten ja Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Daher gestattet der Gesetzgeber der Gemeinde die Ein157

Vgl. oben C. VIII.

136

D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

leitung des Enteignungsverfahrens (§ 85 Absatz 1 Nummer 5) in dieser Konstellation ausnahmsweise schon früher, und es ist dabei davon auszugehen, dass die Bauverpflichtung rechtmäßig ist. Damit soll eine Verzögerung des Enteignungsverfahrens mit dem Ziel einer Steigerung des zu entschädigenden Verkehrswerts158, verhindert werden. b) Voraussetzungen und Ziele der Enteignung Ein Enteignungsverfahren nach § 85 Absatz 1 Nummer 5, bei Nichterfüllung der Verpflichtungen aus § 176 Absatz 1 und 2, kann nur eingeleitet werden, wenn sämtliche Voraussetzungen dafür nach § 87 erfüllt sind. Dies bedeutet, dass die Enteignung als Durchsetzungsmittel der Baupflicht in allen Fällen eingesetzt werden kann, in denen die Gemeinde von der „Durchführung“ des Baugebots über dessen Vollstreckung abzusehen hat. Es sind dies die Fälle der objektiven Unzumutbarkeit (§ 176 Absatz 3) und der subjektiven Unzumutbarkeit (§ 176 Absatz 4), wenn der Eigentümer kein Übernahmeangebot abgibt, oder dessen Annahme der Gemeinde nicht zuzumuten ist; sie hat sich dann bereits um den freihändigen Erwerb des Grundstücks i.S.v. §§ 87 Absatz 2 Satz 1 und 88 bemüht. Vorrausetzung zulässiger Enteignung ist allerdings in diesem Fall nach Verfassungsrecht stets: Die Durchsetzung der Bebauung bleibt Enteignungszweck; die Gemeinde kann daher nicht etwa, nachdem sie nun „schon einmal“ das Grundstückseigentum über ein Baugebot erlangt hat, dieses nachträglich zu anderen Zwecken einsetzen. Diese müssten dann ebenfalls nach § 85 Absatz 1 eine Enteignung rechtfertigen können, und das Verfahren müsste auch darauf von seinem Anfang an gestützt werden. Bei der Kontrolle des Enteignungszwecks zeigt die Verfassungsgerichtsbarkeit judikative Strenge, gestützt auf Artikel 14 Absatz 3 Satz 1 GG: Dem Baugebot muss die Enteignung nicht nur dienen159, sie muss zu dessen Realisierung „unumgänglich erforderlich“ sein160. Voraussetzung ist mehr als nur ein allgemeines öffentliches Interesse an der durch Enteignung begünstigten Aktivität161. Die gebotsgemäße Bebauung muss ein konkretes Unternehmen darstellen, das als ein solches ausgeführt werden kann162. Baugebote als Vorbereitungen allgemeiner Planung genügen nicht. Für Baugebote ergeben sich daraus spezielle verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebote im Sinne nicht nur einer Bestätigung, sondern wohl doch auch einer Verschärfung ihrer bereits einfachgesetzlichen Voraussetzungen (oben C. VI.) – ein Gesichtspunkt der, soweit ersichtlich, bisher noch nicht hinreichend beachtet worden ist. Die 158

Vgl. dazu näher oben B. IV. 4. BVerfGE 45, 297 (321 f). 160 BVerfGE 38, 175 (180). 161 Siehe Frey, K., Die Verfassungsmäßigkeit der transitorischen Enteignung, 1983, S. 169 ff. 162 BVerfGE 38, 175 (180); näher 76, 264 (285). 159

IV. Das Baugebot und das Verfassungsrecht der Enteignung

137

Gemeinde sollte also, im Fall einer Bebauungsabsicht, die „Reservedrohung“ mit der Enteignung, deren Einsatz in ihrem Beurteilungsermessen steht, stets sorgfältig auch in diese Richtung überprüfen.

3. Entschädigungshöhe a) Nur nach Verkehrswert Nähere Bestimmungen über die im Falle einer Enteignung zu leistenden Entschädigung ergeben sich aus den §§ 93 ff. Von besonderer Bedeutung ist, dass sich die Entschädigung „nach dem Verkehrswert (§ 94) des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstands der Enteignung bemisst“ (§ 95 Absatz 1 Satz 2). Dieser Verkehrswert ist der tatsächliche Marktwert, wobei lediglich „ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse“ nicht zu berücksichtigen sind (§ 194). Diese letztere Einschränkung entspricht § 4 der WertermittlungsVO163. Sie kann hier als allgemein geltendes Gesetz angewendet werden, weil eine Berücksichtigung von persönlichen Verhältnissen des Eigentümers bereits im Rahmen der Unzumutbarkeit erfolgt164. Eine weitergehende Unterschreitung des Verkehrswerts, wie sie aufgrund einer früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts165 im Schrifttum immer wieder eine Rolle gespielt hat166, scheidet im vorliegenden Zusammenhang aus. Der Gesetzgeber hat hier entschieden; er allenfalls hätte eine den (früheren) Eigentümer weitergehend benachteiligende Lösung vorsehen können. b) Vorwirkungen der Enteignung auf den Grundstückswert? Wird ein Grundstück mit einem Baugebot belegt, und geht das Verfahren später in das einer Enteignung über, was immerhin möglich ist, so kann es zu Vorwirkungen auf den Grundstückswert kommen. Selbst wenn die Bebauung als objektiv zumutbar erscheint, weil notwendige Investitionen und zukünftiger Ertrag in einem angemessenen Verhältnis (zu) stehen (scheinen), so kann vom Baugebot nicht nur eine wertsteigernde Wirkung ausgehen – wegen der nun sicheren Zulässigkeit des Bebauung – sondern auch eine wertmindernde: wenn nämlich der Markt einen noch günstigeren Grundstückspreis im Fall späterer Bebauung verspricht. Dies könnte die Gemeinde dazu veranlassen, ein Baugebot zu erlassen und bei – anzunehmendem – Widerstand zur Enteignung überzu163 Vom 6. 12. 1988, BGBl. I, 2209; vgl. Krautzberger, M., in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 10.A. 2007, § 194 Rn 7. 164 Vgl. C. VIII. 3. 165 BVerfGE 24, 367 (421) – Deichurteil; s. auch 41,126 (161); 45, 63 (75 f); 46, 268 (296). 166 Nachw. im Schrifttum bei Depenheuer, O., in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, 5.A 2005, Artikel 14 Rn 444.

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D. Das Recht des Baugebots und das Verfassungsrecht – Art. 14 GG

gehen, um das Grundstück damit weit unter einem (später zu erwartenden) Preis zu erwerben. Daran hat die Gemeinde allerdings nur dann ein Interesse, wenn sie diese Wert-/Preisdifferenz durch Nutzung oder einen Verkauf realisieren kann, zu dem sie – nach einer solchen „transitorischen Enteignung“ – in der Regel verpflichtet wäre (vgl. § 89 Absatz 1). Vorwirkungen einer (Anschluss-)Enteignung auf den Grundstückswert können dann die Gemeinde zu entsprechenden Baugeboten veranlassen. Der Eigentümer wird also dabei unter Umständen einen Wertverlust erleiden, weil er das Grundstück nicht mehr entsprechend später etwa zu erwartenden Preisvorstellungen nutzen oder veräußern kann. Dies muss er aber hinnehmen, weil im Fall der Anschlussenteignung das Baugebot als berechtigt anzusehen ist (§ 176 Absatz 9 Satz 1). Er kann insoweit auch keine (höhere) Entschädigung verlangen; Wertspekulation hat eben dann dem öffentlichen Interesse an der Bebauung zu weichen. Im Falle subjektiver Unzumutbarkeit und gescheiterter oder nicht angebahnter Übernahme (§ 176 Absatz 4) ist davon auszugehen, dass lediglich der konkrete Eigentümer die im Übrigen von Jedermann zu erfüllenden Voraussetzungen, insbesondere der Finanzierung, nicht realisieren kann. Dies spricht dafür, dass das Baugebot an der Rentabilität des Grundstücks(wertes) zunächst nichts Wesentliches ändert. Im Falle einer Enteignung darf dann insoweit dieser „normale“ Marktwert der Entschädigungshöhe zugrunde gelegt werden. Hinsichtlich späterer Entwicklungen gilt ebenfalls das vorstehend Ausgeführte: höhere Entschädigung kommt nicht in Betracht. Ergebnis: Baugebote stellen als solche keine Enteignung im Rechtssinn dar, abgesehen von seltenen Konstellationen eines Dienstbarkeitsentzugs. Enteignung definiert Artikel 14 Absatz 3 GG – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – lediglich als Entzug eines Rechtes, nicht als belastenden Eingriff; von „kalter Enteignung“ kann daher nicht gesprochen werden. Entschädigung kommt nicht in Betracht, auch kein „Ausgleich“ wegen unzumutbarer Ausgestaltung des Eigentums. Die Enteignung – häufig als „Anschlussenteignung“ bezeichnet – ist Mittel der Durchsetzung der Baupflicht, nicht ein solches zur Vollstreckung des Baugebots. Diese ist gegenüber der Enteignung vorrangig, als milderes Mittel zur Zielerreichung. Eine Enteignung ist nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen nach §§ 85 ff zulässig. Die Durchsetzung der Enteignung dient ausschließlich und stets dem zu überprüfenden Enteignungszweck. Dies begründet eine verfassungsrechtliche Schärfung des Bestimmtheitsgebots. Die Entschädigungshöhe bestimmt sich nach dem Verkehrswert, der nur in engen Grenzen unterschritten werden darf. Von einer Anschlussenteignung können wertsteigernde wie wertmindernde Auswirkungen auf das durch Baugebot betroffene Grundstück ausgehen. Nichtrealisierbarkeit spekulativer Werterwartungen in späterer Zeit begründet aber keinen Anspruch auf höhere Entschädigung.

E. Reformüberlegungen I. Gesetzesänderungen im Bereich von §§ 175, 176 Die Untersuchung des Rechts der Baugebote begründet nicht Forderungen nach einer grundsätzlichen Änderung der gegenwärtigen Gesetzeslage. Derartiges ist auch in den letzten Jahrzehnten nicht mehr vorgeschlagen worden1. Insgesamt hat die Anwendung der Baugebote, soweit ersichtlich, nicht zu rechtlichen Problemen von der Art geführt, dass dem durch eine größere oder gar systemverändernde Gesetzesänderung abgeholfen werden müsste. Im Einzelnen ließe sich wohl die entsprechende Anwendbarkeit auch von § 176 Absatz 2 im Rahmen von Absatz 6 empfehlen; es wäre dann „ festgesetzt“ in Absatz 6 durch „zulässig“ zu ersetzen2. Wichtiger noch wäre die Klarstellung, dass als „Vollstreckungsmaßnahme“ i.S.v. § 176 Absatz 8 auch eine Ersatzvornahme in Betracht kommt; damit würde das Zurücktreten der Enteignung gegenüber der Vollstreckung des Baugebots deutlich. Allerdings könnte der Gesetzgeber sich auch dafür entscheiden, eine Ersatzvornahme bei Baugeboten generell auszuschließen, wie es Äußerungen des BVerwG3 und Stimmen im Schrifttum nahe legen. Dies ließe sich mit verwaltungspraktischen Gründen rechtfertigen: Eine Gemeinde kann eben doch nur schwer im Einzelnen „für einen Eigentümer bauen“; und wenn ihr schon eine derartige Bebauung so dringlich erscheint, dass sie sich selbst engagieren darf, dann werden wohl auch die Voraussetzungen einer Enteignung vorliegen. Der Vorschlag, ein einheitliches Zwangsgeld durch Bundesrecht vorzuschreiben4, greift unnötig und damit unzulässig tief in die Vollstreckungskompetenz der Länder ein; seine Realisierung erscheint auch nicht als dringend geboten. Die Anregung, „städtebauliche Gründe“ für ein Baugebot durch „öffentliche(s) Interesse(n)“ zu ersetzen5, sollte nicht aufgegriffen werden. Damit verlöre das Baugebot seine klar städtebaulichen Konturen und könnte als Durchsetzungs- (und Drohungs-) Instrument im Fall von schwer definierbaren öffentlichen Belangen rechtsstaatlich 1 Frühere Vorschläge finden sich bei Lücke, J., Das Baugebot als wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980, S.20 ff; aktuell Schmidt-Eichstaedt, G., Sind die Vorschriften des BauGB zu den städtebaulichen Geboten zum Zwecke der Bewältigung des Stadtumbaus novellierungsbedürftig? DVBl. 2004, S. 265 ff. 2 Vgl. C. II. 5. 3 BVerwGE 84, 335 (352). 4 Lücke, J., Das Baugebot als wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980, S. 17. 5 Siehe Lücke, (FN 485) S. 11.

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E. Reformüberlegungen

bedenklich ausufern. Auch wäre dann die Verbindung des Baugebots mit den örtlichen Belangen im Sinne von Artikel 28 Absatz 1 GG nicht mehr gewahrt.

II. Gebote nach §§ 177 bis 179 BauGB Die Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote6 nach § 177 Absatz 1 und 2 und 3 waren nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Für sie gelten zwar bau- wie verfassungsrechtlich ähnliche Voraussetzungen wie im Falle von § 176. Die wichtigsten Einzelheiten sind aber in § 177 nach Voraussetzungen wie Rechtsfolgen, insbesondere zur Kostentragung durch den Eigentümer (Absätze 4, 5), speziell geregelt; dies alles lässt sich nicht auf Baugebote übertragen, welche eben doch nur unter anderen Voraussetzungen ergehen dürfen. Analogien zwischen den beiden Bestimmungen könnten insbesondere eine bedenkliche Steigerung von Eigentümerpflichten auch im Fall von Baugeboten nahe legen. Ähnliches gilt auch für das Rückbau- und Entsiegelungsgebot7 in § 179 Absatz 1, wobei hier Verpflichtungen zu Lasten des Eigentümers immerhin auf dessen Bestandsschutz Rücksicht nehmen. Sollte sich der Gesetzgeber entschließen, hier die Duldungspflicht zu einer Rückbauverpflichtung steigern8, so wären insoweit die Grundsätze nach oben C anzuwenden: dem Bestandsschutz müsste jedoch stets spezielles Gewicht zuerkannt werden.

III. Baugebotsteuer? Diskutiert wurde die Erhebung einer „Baugebotsteuer“, in Anlehnung an eine erhöhte Grundsteuer für nicht bebaute, aber bebaubare Grundstücke9. Allerdings wurde dagegen mit guten Gründen bereits früher geltend gemacht10, eine solche Gestaltung könnte als verkapptes Zwangsgeld erscheinen, weil die Voraussetzungen der Abga6

Vgl. dazu allgemein Lemmel, H-P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage 2002, § 177 Rn 1 ff; sowie Gaentzsch, G., Erlaß und Vollzug eines Modernisierungs- und Instandsetzungsgebots nach § 1 77 BauGB, ZAP Fach 19 R, 5 ff. 7 Vgl. dazu allgemein Lemmel, H-P., in: Schlichter / Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage 2002, § 179 Rn 1 ff. ; Otto, F., Die Verpflichtung zum Schutz des Bodens nach dem Baugesetzbuch, NVwZ 2000, 47 ff; Lege, J., Stadtumbau und städtebauliche Gebote, NVwZ 2005, 880 ff. 8 Wie es von Schmidt-Eichstaedt, G., Sind die Vorschriften des BauGB zu den städtebaulichen Geboten zum Zwecke der Bewältigung des Stadtumbaus novellierungsbedürftig? DVBl. 2004, 265 (267), gefordert wird. 9 So vorgeschlagen von Haack, D., Bauland ausweisen – Nutzung sicherstellen?, Demokratische Gemeinde 1981, 185 (187); siehe auch Mohl, H., Einführung eines „zonierten Satzungsrechts“ bei des Erhebung der Grundsteuer?, Gemeindehaushalt 1992, S. 229 ff. 10 Siehe Lücke, J., Das Baugebot als wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980, S.20 ff.

III. Baugebotsteuer

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benerhebung erst (im Einzelfall) durch Verwaltungsakt geschaffen werden müssten, nicht von Gesetzes wegen bereits feststünden. Auch ist schwer absehbar, was eine solche Gestaltung einer Baulandsteuer praktisch und wesentlich an „Druckpotential“ hinzufügen könnte; sie würde im Ergebnis möglicherweise sogar auf eine Abschwächung der Baulandabgabe hinauslaufen. Ergebnis: Eine größere, systematische Gesetzesreform zu den Baugeboten erscheint nicht als erforderlich. Im Einzelnen sollte der Gesetzgeber aber wohl insbesondere die Frage klärend entscheiden, ob Baugebote auch durch Ersatzvornahme zu vollstrecken sind. Die Einführung eines „Rückbaugebotes“ in § 179 Absatz 1 müsste jedenfalls auch den Bestandsschutz berücksichtigen. Zu einer Baugebotsteuer ist schon aus rechtssystematischen Gründen nicht zu raten.

F. Ausblick Baugebote stellen unzweifelhaft eine Form des staatlichen Baudirigismus dar. Dieser ist im Bauplanungs- wie im Bauordnungsrecht schon sehr hoch entwickelt und droht daher immer wieder die Baufreiheit geradezu als eine staatliche Verleihung erscheinen zu lassen. Dem darf nicht durch eine ausufernde Praxis der Baugebote Vorschub geleistet werden, welche dirigistische Tendenzen bis in den Einzelfall hinein konkretisierend und verfeinernd verstärken könnte. Die gegenwärtige, insgesamt zurückhaltende, seit langem geübte Praxis der Baugebote ist daher zu begrüßen und beizubehalten. Diese kommunale Praxis ist allerdings weithin die Folge angespannter Gemeindehaushalte, die es den Gebotsinstanzen nicht gestatten (würden), letztlich eine gewünschte Bebauung selbst durchzuführen, oder über Enteignung zu realisieren. Sollte sich dies, etwa im Rahmen der zweiten Stufe der Föderalismusreform ändern, oder die allgemeine Wirtschaftslage die kommunale Finanzkraft wesentlich steigern, so könnte § 176 eine verstärkte Bedeutung erlangen im Sinne einer „aktiven kommunalen Baupolitik“, über Planungen hinaus, und bis hin zur Verwirklichung „ehrgeiziger“ gemeindlicher Bauprojekte. Nicht völlig auszuschließen wäre auch, dass (dann) Baugebote als Instrument einer gewerblichen Ansiedelungspolitik der Gemeinden genutzt werden könnten, was – in bescheidenem Umfang – schon jetzt gelegentlich erwogen werden mag. Hier wird es nicht zuletzt auch darauf ankommen, wie stark eine „Eigentümerlobby“ – oder deren Gegner – Einfluss auf die Gemeindevertretung auszuüben vermögen. Voll absehen lässt sich also die künftige Entwicklung der Baugebote nicht, ihre Aufwertung in noch nicht erkennbare Richtungen ist nicht völlig auszuschließen. Eindeutig ist jedoch schon heute: Auf Baugebote kann nicht gänzlich verzichtet werden. In „Extremfällen“, insbesondere in Konstellationen schwer erträglicher Baulücken, muss dieses Instrumentarium auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Entscheidend bleibt jedoch, dass alle im BauGB bereits vorgegebenen Gestaltungen, und vor allem auch Baugebote, stets konsequent auch in dem Sinne eingesetzt werden, dass dem Eigentümer jene Freiräume erhalten bleiben, in denen er nicht immer das letzte, wohl aber grundsätzlich doch das erste Wort bei einer Bebauung behalten muss. Nur dann bleibt diese Ausdruck eines „Eigentums Privater“.

Ergebnisse 1. Im Mittelalter gab es Baugebote im Rahmen des Lehnsrechts und der Ordnung des kommunalen Städtebaus; zur Zeit des Absolutismus wurden großzügige Bebauungen hoheitlich erzwungen. Vor allem mit dem Preußischen Allgemeinen Landrecht setzte sich aber die Baufreiheit durch, in der Folgezeit verstärkt unter dem Einfluss des Liberalismus. Zwar entfaltete sich ab 1850 das Baurecht (auch) als Bauplanungsrecht; frühere Baupflichten wurden jedoch zunehmend abgeschwächt, zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten sie kaum mehr eine Rolle (S. 24 – 28). 2. Trotz des Wohnungsnotproblems in der ersten Nachkriegzeit blieb das Baugebot als Rechtsfigur zur Zeit der Weimarer Republik bedeutungslos. Auch unter dem Nationalsozialismus wurde es nicht eingesetzt, schon weil große Bauprojekte im autoritären Staat durch (Drohung mit) Enteignung durchgesetzt werden konnten (S. 28 – 31). 3. Die Aufbaugesetze der Länder nach 1945 bringen erstmals flächendeckende und näher geregelte Baugebote – im Wesentlichen für kriegsbedingte Schäden – unter Enteignungsandrohung. Eigentümerbelange, insbesondere Finanzierungsund Durchführungsmöglichkeiten, waren zu berücksichtigen, ohne dass dabei allerdings eine systematisch-einheitliche Grenze der (Un-)Zumutbarkeit erkennbar wäre. Nach Regelungssystematik wie in manchen Einzelheiten, insbesondere zum Verfahren, finden sich hier Ausgangspunkte für spätere Entwicklungen (S. 31 – 36). 4. Die Entwicklung des heute maßgeblichen bundesrechtlichen Baugebotes hat sich in wenigen Etappen und insgesamt geradlinig vollzogen. Im Wesentlichen zeigt sie nicht neue oder gar wechselnde Grundentscheidungen, sondern nur rechtstechnische Verbesserungen. Da ihre Grundlinien, zurückreichend bis zu frühen Entwürfen, bereits seit nahezu einem halben Jahrhundert festliegen, kann man von einer bemerkenswerten Gesetzeskontinuität ausgehen. Diese sollte deshalb auch bei Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts gewahrt werden (S. 36 – 40). 5. „Das Baugebot“ ist kein Regelungsbündel, sondern eine einheitliche Rechtsfigur des Baurechts; sie bezieht sich grundsätzlich auf alle baurechtlichen Ordnungsbereiche. In ihr verbinden sich Bauplanungs- und Bauordnungsrecht. Baugebote stellen, nach ihren einfachgesetzlichen Grundlinien, Ausprägungen eines Besonderen Verwaltungsrechts dar, für das aber stets zuallererst die herkömmlichen Grundsätze des Allgemeinen Verwaltungsrechts gelten. Sie werden im Verfassungsrecht systematisiert und verfeinert. Baugebote sind als Handlungsgebote ohne vorausgehende Bürgerinitiative eine Sonderform verwaltungstechnischer Gestaltung. Da in einer freiheitlich-marktwirtschaftlichen Ordnung die Initiative grundsätzlich beim Bürger

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liegt, verpflichtet dies die öffentliche Gewalt von vorneherein zur Zurückhaltung. Die geringe Regelungsdichte dieses Instrumentariums verlangt seinen in besonderer Weise zielgerichteten Einsatz (S. 41 – 44). 6. Nach seiner redaktionellen Stellung im BauGB ist das Baugebot Gegenstand einer speziellen Befugnisnorm, die daher grundsätzlich in enger Begrifflichkeit anzuwenden ist. Oberster Grundsatz ist die Planungskonformität; dabei hat Bebauungsplankonformität (§ 176 Absatz 1) Vorrang vor Bebauungskonformität (§ 176 Absatz 2). Im Bereich einfacher Bebauungspläne sind unter Umständen auch die Maßstäbe des § 34 zu beachten (S.44 – 47). 7. Vorhandene Bebauung steht nicht selten einem Baugebot entgegen, was schwierige Abwägungen erfordern kann. Das Beseitigungsermessen ist nach rechtsstaatlichen Kriterien auszuüben, insbesondere mit Blick auf die Zumutbarkeit der Maßnahme für sämtliche Betroffene. Durch Erlass eines Anpassungsbaugebotes kann ggf. eine ausgleichende Lösung gefunden werden (S. 48 – 50). 8. Im unbeplanten Innenbereich ist ein Baugebot zulässig (§ 176 Absatz 2) in Form eines „Einfügungsbaugebots“ (vgl. § 34), insbesondere – aber nicht ausschließlich – zur Schließung von Baulücken; einem solchen sind eher weitere Gestaltungsräume eröffnet als bei Vorgaben durch einen Bebauungsplan (S. 50 – 52). 9. Baugebote zur Durchsetzung nicht-baulicher Festsetzungen sind nach dem Gesetzeswortlaut nur im beplanten Innenbereich zulässig; sie sollten auch im unbeplanten Innenbereich ergehen können, jedenfalls soweit sie eine sinnvolle Ergänzung dort bereits ausgeübter Nutzung bringen (S. 52 – 53). 10. Baugebote dürfen die Freiheit des Eigentümers nicht einschränken, nach planungsrechtlichen Vorgaben zu bauen. Soweit diese Alternativen eröffnen, kann daher nur ein Bauantragsgebot erlassen werden (§ 176 Absatz 7) – ein wichtiger Grundsatz, der sich schon aus der Gesetzessystematik ergibt und zugleich Grundrechtschutz verbürgt (S. 53 – 54). 11. Bei Fristsetzungen – ein Mindestinhalt von Baugeboten – ist großzügig zu verfahren, vor allem hinsichtlich der Bauantragsfrist, aber auch der Baubescheids- und der Baufertigstellungsfrist. Fristsetzungen sollten nicht „diktiert“, sondern in enger Abstimmung mit den Betroffenen festgesetzt werden (S. 55 – 56). 12. Der Begriff „Grundstück“ ist grundsätzlich im formellen, liegenschaftsrechtlichen Sinn zu verstehen („Buchgrundstück“); im wirtschaftlichen Sinn, der einen Zusammenhang von solchen Grundstücken umfassen kann, ist er bei Beurteilung ökonomischer Auswirkungen zugrunde zu legen. Dies gilt auch für grundstücksgleiche Rechte, bei welchen besonders der Zusammenhang mit dem durch sie belasteten Grundstück zu berücksichtigen ist. Bei den sog. „privilegierten Grundstücken“ (§ 175 Absatz 4) liegt die behördliche Letztentscheidung über ein etwaiges Baugebot bei den öffentlichen Bedarfsträgern, nicht bei den Gemeinden (S. 56 – 59). 13. Adressat des Baugebots ist der Eigentümer des Grundstücks; gegenüber mehreren Eigentümern kann ein gemeinschaftliches Baugebot erlassen werden, in diesem

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dürfen aber deren rechtliche Beziehungen untereinander nicht mehr als erforderlich geregelt werden. Darüber hinaus ist das Gebot auch an andere Berechtigte zu richten (Mieter, Pächter, obligatorisch oder dinglich Berechtigte), ohne deren Mitwirkung es nicht realisiert werden kann. Praktisch ergeben sich daraus oft erhebliche Hürden für die Gemeinde (S. 59 – 61). 14. Der Erlass des Baugebots steht im Ermessen der Gemeinde. Dies ist systemkonform, da ihr ja auch ein Planungsermessen zusteht. Sie hat dabei aber die rechtsstaatlichen Ermessenschranken zu berücksichtigen, insbesondere die Verhältnismäßigkeit, sowie etwaige nachbarliche Rechtsansprüche. Überdies haben die gemeindlichen Aufgaben, nach ihrer Gewichtung, ermessenslenkende Bedeutung. Das Baugebot ersetzt das gemeindliche Einvernehmen (§ 36) (S. 61 – 64). 15. Das Baugebot unterliegt strengen Bestimmtheitsanforderungen: sie sind von erheblicher praktischer Bedeutung. Allerdings dürfen dadurch die dem Eigentümer eröffneten Bebauungs- und Nutzungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt werden. Im Übrigen gibt es aber keinen Mindestinhalt eines Baugebots. Besonders wichtig ist die Festlegung angemessener, klar bestimmter Fristen. Im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben steht dem Eigentümer ein Recht zum Austausch bestimmter geforderter Maßnahmen durch andere gleich wirksame zu (S. 64 – 68). 16. Erforderlich muss das Baugebot sein, im Sinne des mildesten Mittels (§ 175 Absatz 2). Dies ist eine baurechtliche Konkretisierung der Rechtsstaatlichkeit. Die Erforderlichkeit muss im Einzelnen (auch) durch Tatsachenhinweise begründet werden; allgemeine Bezugnahmen auf die Realisierung eines Bebauungsplans oder auf den Gesetzeswortlaut genügen nicht (S. 68 – 69). 17. Lediglich städtebauliche Gründe legitimieren ein Baugebot. Ortsbildgestaltung und Infrastruktur stehen dabei im Vordergrund. Vor allem im unbeplanten Innenbereich rechtfertigen Baugebote ihre Schließung (S. 70 – 72). 18. Dringender Wohnbedarf als solcher ist noch kein „städtebaulicher Grund“, kann allerdings das Vorliegen eines solchen Nahe liegen, bei seiner Beurteilung Berücksichtigung finden. Bei der Berufung auf wohnungswirtschaftliche Gegebenheiten ist daher allgemein Zurückhaltung geboten, um Ausuferung zum Baugebot als einem wohnungswirtschaftlichen Instrument zu vermeiden (S. 72 – 73). 19. Erforderlich ist ein Baugebot nur bei zeitlicher Dringlichkeit der durchzuführenden Maßnahmen, wegen bereits eingetretener oder abzusehender Beeinträchtigungen oder Gefahren, nicht allein wegen des Gewichts der städtebaulichen Gründe (S. 73 – 74). 20. Weitere Erforderlichkeitsgründe neben städtebaulichen sind nicht anzuerkennen; § 175 Absatz 2 ist eine eindeutige Spezialvorschrift. Insbesondere kann allgemein „Wohnbaulandmobilisierung“ oder „Bekämpfung der Bodenspekulation“ kein Baugebot rechtfertigen (S. 74 – 76). 21. Die Erforderlichkeit eines Baugebots kann in aller Regel nicht unter Hinweis auf ein anderes, weniger belastendes Instrument in Frage gestellt werden: Die Aus-

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übung eines Vorkaufsrechts ist meist für die Gemeinde keine Option; zum Abschluss eines entsprechenden Städtebaulichen Vertrages kann sie den Eigentümer nicht zwingen (S. 76 – 77). 22. Nicht selten versuchen Gemeinden durch Androhung eines Baugebots Druck auf Eigentümer auszuüben, um damit deren Entgegenkommen in anderen baurechtlichen oder sonstigen Zusammenhängen zu erreichen. Derartiges verstößt zwar gegen das Koppelungsverbot, ist aber im Einzelfall nur schwer nachweisbar. Schon deshalb müssen die Erforderlichkeitsvoraussetzungen eines Baugebots besonders sorgfältig geprüft werden. (S. 77 – 78). 23. Praktisch besonders wichtig als Voraussetzung eines Baugebots ist dessen Zumutbarkeit (§ 176 Absatz 3), welche ebenfalls ein rechtsstaatliches Kriterium konkretisiert. Nur wirtschaftliche Gründe sind nach dem Gesetz zu berücksichtigen, persönliche nur, soweit sie wirtschaftliche Auswirkungen haben (S. 79 – 81). 24. Bei objektiver Unzumutbarkeit darf kein Baugebot erlassen werden. Sie ist gegeben, wenn bei einer angeordneten Bebauung eine marktübliche Rendite der zu tätigenden Investitionen auf Dauer nicht zu erzielen ist. Verkaufsdruck mit dem Ziel einer allgemein rentierlichen Anlage darf durch ein Baugebot nicht ausgeübt werden. Dem Eigentümer kann auch nicht zugemutet werden, durch Renditeverzicht auf öffentliche Belange Rücksicht zu nehmen (S. 81 – 83). 25. Subjektive Unzumutbarkeit besteht, wenn gerade der konkrete Adressat des Baugebots übermäßig belastet wird. Dies kann aus persönlichen Gründen (Alter, Krankheit, Beruf) der Fall sein, die auch von wirtschaftlichem Gewicht sind. Einsatz eigenen (anderweitigen) Vermögens darf nicht verlangt werden. Der Eigentümer kann bei subjektiver Unzumutbarkeit von der Gemeinde die unverzügliche Übernahme des Grundstücks verlangen (§ 176 Absatz 4) (S. 84 – 86). 26. Baugebote können durchgesetzt werden; diese Rechtsfigur ist nicht funktions- , weil sanktionslos. Zwangsgeld kann angedroht und beigetrieben werden – unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Auch Ersatzvornahme durch die Gemeinde ist zulässig; sie scheitert nicht schon an dem Vorhandensein anderer planungsrechtlich eröffneter Alternativen für den Eigentümer, wenn dieser von ihnen keinen Gebrauch macht. Ergeht nur ein Bauantragsgebot, so sind alle diese Vollstreckungsmaßnahmen ebenfalls zulässig, nötig ist aber nur ein erfolgloser Vollstreckungsversuch über den Einsatz einer Zwangsgeldfestsetzung; sodann kann – nicht muss – bereits das Enteignungsverfahren eingeleitet werden (S. 87 – 90). 27. Enteignung des Grundstücks ist keine Sanktionsform des Baugebots, sie steht grundsätzlich selbstständig neben diesem, die Voraussetzungen in beiden Fällen decken sich nicht voll. Soll also eine Enteignung ausschließlich der Durchsetzung einer bestimmten Bebauung dienen, so muss zunächst ein Baugebot als „milderes Mittel“ erlassen und durchgesetzt werden. Dies gilt auch wenn ein Bauantragsgebot genügen kann; in diesem Fall kann aber, nach Fehlschlagen einer Vollstreckung, die Enteignung vorgesehen werden (S. 91 – 93).

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28. Der Rechtsschutz gegen Baugebote richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Rechtsbehelfe Dritter können sich gegen die Anordnung richten, soweit diese baurechtlich geschützte Belange, insbesondere der Nachbarn, beeinträchtigt. Soweit lediglich ein Bauantragsgebot ergangen ist, können sie in der Regel erst gegen die Baugenehmigung ergriffen werden (S. 94 – 95). 29. Die Frage der verfassungsrechtlichen Vorgaben (insbesondere Artikel 14 GG, Rechtsstaatlichkeit) für das Recht des Baugebots hat bisher nicht hinreichend Vertiefung erfahren. Eine solche hat sowohl im Hinblick auf allgemein-grundsätzliche Probleme der Baufreiheit als auch mit Blick auf die baurechtlichen Einzelheiten der einfachgesetzlichen Regelungen zu erfolgen. Dabei ist aber stets dem „verfassungsrechtlichen roten Faden“ zu folgen: zu einer Sicherung eines Eigentumskerns der Privatnützigkeit, die dem Eigentümer bleiben muss. Die praktische Bedeutung des Verfassungsrechts ist aus Sicht des Eigentümers erheblich, der hier unter Berufung auf ein Grundrecht seine Rechtsposition verbessern kann. Die Gemeinde vermag so klarer die Dimension, vor allem auch die Schranken ihrer Ermessensentscheidung zu erkennen. Schon aus kommunalpolitischen Gründen wird sie Zurückhaltung üben, wenn ein Verfassungsverstoß in Betracht kommt. Eine vielerörterte Verfassungsproblematik, die Abschöpfung von Wertsteigerungen beim Grundbesitz, tritt gerade im Zusammenhang mit Baugeboten auf, die daher auch verfassungsrechtlich zu würdigen sind (S. 96 – 100). 30. Seit etwa drei Jahrzehnten werden sog. „Verleihungslehren“ vertreten: Bebaubarkeit werde vom einfachen Gesetzgeber dem Eigentümer nur konzessionsähnlich gestattet; daher könne auch eine gesetzlich bewirkte (erhebliche) Steigerung des Grundstückswertes (weitgehend) ausgleichslos abgeschöpft und es dürfe Baunutzung schrankenlos hoheitlich ausgestaltet werden, auch durch Baugebote (S. 101 – 106). 31. Herrschend in Lehre und Rechtsprechung ist, nach wie vor, die Auffassung, die Baufreiheit werde, als wichtigste Nutzungsform eines Grundstücks, als solche durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG geschützt. Die „Verleihungslehren“ beruhen dagegen vor allem auf einer missverständlichen Vorstellung zu Sinn und Bedeutung der „Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums“ (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG): Diese soll Eigentum verfassungsrechtlich (erst) schutzfähig machen, nicht aber Möglichkeiten von Verfassungskontrollen über solche Bestimmungen, insbesondere Bauplanungen, ausschließen. Die weitreichenden gesetzlichen Einschränkungen der Bebaubarkeit machen diese ebenso wenig wie andere Freiheiten zu einem Objekt staatlicher Verleihung. Einschränkungen der verfassungsrechtlich garantierten Privatnützigkeit (Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 GG) müssen sich stets aus Gemeinschaftsbelangen rechtfertigen lassen, auch allgemein aus der Situationsgebundenheit des betreffenden Grundstücks. Die Privatnützigkeit verlangt jedoch, dass dem Eigentümer ein substanzieller Teil der sich aus einer Nutzungsentscheidung ergebenden Vorteile bleibt (S. 107 – 113).

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32. Folgen der zutreffenden, neuerdings in der Rechtsprechung bestätigten h. L. sind vor allem: Alle baurechtlichen Einschränkungen der Bebaubarkeit sind daran zu messen, ob sie der eigentums-verfassungsrechtlichen Privatnützigkeit genügen. Dies gilt grundsätzlich, insbesondere aber auch für Baugebote (S. 114 – 115). 33. Der Eigentumsschutz der Verfassung in seiner Ausprägung der Baufreiheit wirkt sich allgemein im Recht der Baugebote aus: Diese müssen verstanden werden als Eingriffe in das in seiner Einheit geschützte Verfassungseigentum, welches damit rechtlicher Maßstab für das Baugebot bleibt – nicht als eine Form von Konzessionsauflagen. Als besonders tiefer Eingriff in die Baufreiheit hat jedes Baugebot in spezieller Weise die Privatnützigkeit des Eigentums zu achten, welche solche Anordnungen als subsidiär betrachten lässt gegenüber der Eigentümerentscheidung. Damit wird die weite Planungsfreiheit des Gesetzgebers im Einzelfall wieder durch Bürgerfreiheit beschränkt (S. 116 – 119). 34. Baugebote sind Gestaltungen, durch welche der einfache Gesetzgeber „Inhalt und Schranken des Eigentums“ bestimmt (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG). Als solche sind sie nach ganz herrschender Lehre grundsätzlich zulässig, und dies gilt auch für ihre baurechtliche Ausgestaltung in §§ 175, 176 BauGB. Die Ergebnisse von deren Anwendung im Einzelfall dürfen jedoch nicht den (einzelnen) verfassungsrechtlichen Vorgaben des Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG widersprechen. Es darf nicht zur „Verfassung nach Gesetz(esergebnis)“ kommen (S. 120 – 121). 35. Die Bedeutung der verfassungsrechtlichen Privatnützigkeit für das Recht der Baugebote ist erheblich; ein Baugebot darf überhaupt nur ergehen, wenn dem Eigentümer noch wesentlicher Nutzen bleibt. Dies betrifft das Verfügungsrecht über das Grundstück und verbietet ein Baugebot, das einen Abgabedruck erzeugt, welcher dem Eigentümer keinen Dispositionsspielraum belässt. Ist ein derartiger Bebauungszwang unabdingbar, so muss zur Enteignung geschritten werden; die Verfassung verlangt aber den Vorrang des Baugebots wie dessen Vollstreckung, auch durch Ersatzvornahme. Das Recht auf eigentumsbestimmte Nutzung muss beim Baugebot gewahrt werden, insbesondere in dessen strenger Plankonformität und dem Einsatz des Bauantragsgebots. Die Privatnützigkeit garantiert nicht nur die wichtigsten einfachgesetzlichen Ausgestaltungen der Baugebote, sie gebietet auch deren strikte Anwendung, nach welcher dem Eigentümer mehr als ein Restbestand bleiben muss. Hier kann ein „Schwerekriterium“ sinnvoll eingesetzt werden.. (S. 122 – 125). 36. Der Verfassungsschutz des Eigentums sichert in erster Linie die Selbstbestimmung der persönlichen Lebensführung, er legitimiert sich zentral daraus. Bei Baugeboten ist daher gerade darauf Rücksicht zu nehmen, besonders bei Familienbesitz, aber auch im Übrigen, etwa bei Bauantragsgebot oder Maßnahmenaustausch. Auf die individuelle Lebensführung, nicht die eines „normalen“ oder „vernünftigen“ Eigentümers kommt es an. Der Eigentümer darf nicht darin bevormundet werden, dass ihm eine bestimmte Nutzung „in seinem eigenen Interesse“ aufgedrängt wird. Ob er

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überhaupt nutzen will, und wie, unterliegt grundsätzlich seiner LebensgestaltungsFreiheit (S. 125 – 127). 37. Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG schützt das Eigentum als ein einheitliches Recht; nicht etwa sind ein Verfügungs- und ein – weit stärker beschränkbares – Nutzungsrecht zu unterscheiden. Baugebote beeinträchtigen nicht nur das Nutzungsrecht, dieses muss vielmehr, auch infolge eines häufig dadurch erzeugten Abgabedrucks, stets mit einer etwaigen Beeinträchtigung des Verfügungsrechts zusammengesehen und im letzteren Fall muss von Möglichkeiten eines Baugebots ein besonders zurückhaltender Gebrauch gemacht werden. Der Eigentumsschutz der Verfassung bezieht sich immer nur auf die Rechtsbeziehungen, in denen ein bestimmtes Grundstück steht. Dieser notwendige Objektbezug wird beim Baugebot i. d. R. gewahrt. Er verlangt jedoch, auf eine Einsatzverpflichtung sonstigen Eigentums, überhaupt auf dessen Berücksichtigung, insbesondere bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, unbedingt zu verzichten. Es darf hier nicht zu einer Sozialisierung durch Baugebotsrecht kommen (S. 127 – 129). 38. Baugebote sind Ausdruck einer Sozialbindung des Eigentums (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG), wobei aber Gemeinwohlbelange nicht im Sinne einer sozialen Umverteilung zu verstehen sind. Die „städtebaulichen Gründe“, welche allein Baugebote rechtfertigen, weisen keinen primären Bezug zu einem „Schwächerenschutz“ auf. Dies gilt auch für einen (allerdings nur) zu berücksichtigenden Wohnbedarf. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den „sozialen Bezügen“ eines Objekts, welche dort eine weitergehende Beschränkung des Eigentums rechtfertigen sollen, begründen keine allgemein-grundsätzliche Orientierung von Baugeboten in Richtung (nur) auf Schaffung billigen Wohnraums: Das Bauplanungsrecht verwirklicht jedenfalls in der Regel, nicht gezielt eine „Bebauung im Interesse sozial Schwächerer“, steuert allenfalls fern mit dem Ziel einer „sozialen Durchmischung“. Baugebote müssen planungskonform ergehen und sind als solche nicht speziell geeignet zur Verfolgung solcher schwächerenschützenden Ziele. Bereitstellung von öffentlichen Mitteln für „soziale“ Bebauung kann jedoch bei der Beurteilung einer Zumutbarkeit von Baugeboten zu berücksichtigen sein. Mieter/Pächterschutz wird zwar gegen Baugebote durch §§ 182 ff gewährleistet, jedoch weniger weitgehend als nach „sozialem Mietrecht“. Dies rechtfertigt sich, weil die Mieter/Pächter hier der Durchsetzung öffentlicher Interessen weichen müssen. Ihre vom BVerfG anerkannte Eigentümerstellung ändert daran nichts (S. 130 – 132). 39. Baugebote stellen als solche keine Enteignung im Rechtssinn dar abgesehen von seltenen Konstellationen eines Dienstbarkeitsentzugs. Enteignung definiert Artikel 14 Absatz 3 GG – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – lediglich als Entzug eines Rechtes, nicht als belastenden Eingriff; von „kalter Enteignung“ kann daher nicht gesprochen werden. Entschädigung kommt nicht in Betracht, auch kein „Ausgleich“ wegen unzumutbarer Ausgestaltung des Eigentums. Die Ent-

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eignung – häufig als „Anschlussenteignung“ bezeichnet – ist Mittel der Durchsetzung der Baupflicht, nicht ein solches zur Vollstreckung des Baugebots. Diese ist gegenüber der Enteignung vorrangig, als milderes Mittel zur Zielerreichung. Eine Enteignung ist nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen nach §§ 85 ff zulässig. Die Durchsetzung der Enteignung dient ausschließlich und stets dem zu überprüfenden Enteignungszweck. Dies begründet eine verfassungsrechtliche Schärfung des Bestimmtheitsgebots. Die Entschädigungshöhe bestimmt sich nach dem Verkehrswert, der nur in engen Grenzen unterschritten werden darf. Von einer Anschlussenteignung können wertsteigernde wie wertmindernde Auswirkungen auf das durch Baugebot betroffene Grundstück ausgehen. Nichtrealisierbarkeit spekulativer Werterwartungen in späterer Zeit begründet aber keinen Anspruch auf höhere Entschädigung (S. 133 – 138). 40. Eine größere, systematische Gesetzesreform zu den Baugeboten erscheint nicht als erforderlich. Im Einzelnen sollte der Gesetzgeber aber wohl insbesondere die Frage klärend entscheiden, ob Baugebote auch durch Ersatzvornahme zu vollstrecken sind. Die Einführung eines „Rückbaugebotes“ in § 179 Absatz 1 müsste jedenfalls auch den Bestandsschutz berücksichtigen. Zu einer Baugebotsteuer ist schon aus rechtssystematischen Gründen nicht zu raten (S. 139 – 141).

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Sachwortverzeichnis Absolutismus 24 f Anpassungsbaugebot 50 f, 52 „Anschlussenteignung“ 135 ff Aufbaugesetze 31 ff Ausgleichsleistungen – für Baugebote? 134 f Bauantragsgebot 53 ff, 89 f,124 Baufreiheit 101 ff – (durch Gesetz) verliehen? 102 ff – im Rahmen der Gesetze 106 – Negative 126 f – h.L: verfassungsgeschützt 107 ff Baugebot – Adressaten 59 ff – Anwendungsfälle 31 ff – Bauplanungskonformität 46 f – Bedeutung 21 – Bestimmtheit 64 ff – Eingriffstiefe 117 f – Einheitliche Rechtsfigur 41 f – und Enteignung 82, 91 f, 133 f – Erforderlichkeit 68 ff – Fristen 55 f – Geschichte 24 f – Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 120 f – und Mieter 131 f – Mindestinhalt 53 f, 65 – im Nationalsozialismus 30 f – Nicht Konzessionsauflage 116 f – und Privatnützigkeit 117 f – Realisierungsverpflichtete 60 f – Schwerekriterium 124 f – als spezielle Regelungen 44 ff – Städtebauliche Gründe 70 f, 130 – „Subsidiarität“ 118 – Vollstreckung 87 ff – Vorfeldwirkung 21 Baugesetzbuch 38 ff Baugebotssteuer 140 f

Baulandausweisung 71 Baulücken 51, 71 f Bauordnungsrecht 42, 67 Bauplanung 20 – Planungsfreiheit 118 f – als Verleihung der Bebaubarkeit? 102 ff Bauplanungskonformität 46 f, 65 f, 69, 124 Bautätigkeit – Bedeutung 19 Bebauungsplan 53 – einfacher 48 f – qualifizierter 48 – s. auch Bauplanung Bedarfsträger, öffentlicher 58 f Beplanter Bereich 48 f Beseitigungsanordnung 49 f Bestimmtheit 64 ff Bodenspekulation 75, 100 Bodenwert – Abschöpfung von Steigerungen 99 f, 103, 109 – Wirkung der Enteignung auf 138 f Bundesbaugesetz 37 Denkmalschutz 22 Drittrechtsbehelfe 94 f EAG-Bau 40 Eigentum 96 ff – „Angewiesenheit“ auf Bebauung? 131 – Bauen als Eigentumsnutzung 19 – Baufreiheit 101 ff – Begriff nach Verfassungsrecht 120 f – Eigenes Vermögen, Einsatz 84 f – Einheit 116, 127 f – Halbteilungsgrundsatz 112 – Inhalts- und Schrankenbestimmung 104 f – Kernbereich 97 f, 111 f – Nutzungsbefugnisse 64 f, 112, 122 ff – Nutzungseigentum? 128 – Objektbezug 81 f, 128 f

Sachwortverzeichnis – Privatnützigkeit 111 f – Schutzbereich 101 f – Situationsgebundenheit 113 – Sozialbindung 113, 130 – „Soziale Bezüge“ 131 – Verfügungsbefugnis 64 f, 122 f – Verkaufsdruck 81 – Weimarer Reichsverfassung 28 f Einvernehmen, gemeindliches 64 Enteignung – „Anschlussenteignung“ 135 f – Baugebot als Form von? 82, 136 f – Begriff 133 – Zur Durchsetzung des Baugebotes 91 ff – Entschädigung 93, 137 – im Nationalsozialismus 31 – Vorrang vor 123 Erforderlichkeit 68 ff – Dringlichkeit 73 f Ermessen, gemeindliches 61 ff – Schranken 62 ff – Verfassungsgrenzen 98 Ersatzvornahme 89 ff Fristen 55 ff – Bestimmtheit 66 Grundstücke 56 f – Eigentümer 59 f – Mehrere Grundstücke 60 – Privilegierte 58 f – Wertsteigerungen, Abschöpfung 99 ff Grundstücksgleiche Rechte 57 f Handlungsgebote 43 Infrastruktur 22, 70 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 40 Konzession s. Verleihung Koppelungsverbot 77 f Lärmschutz 62 Lehnsrecht 24 Liberalismus 25 f

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Marktwirtschaft – und Bautätigkeit 19 – und Handlungsgebote 43 – und Privatnützigkeit 115 f – und Rentabilität 82 f Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch 39 f Maßnahmentausch durch Eigentümer 67 f Nassauskiesungsbeschluss 104 f Nationalsozialismus – Baugebote 30 f Nichtbauliche Festsetzungen 52 f Nutzungsänderung 50 Privatnützigkeit 111 f, 114 ff, 117 f, 122 ff Preußische (Reform)Gesetze 26 f, 29 Preußisches Allgemeines Landrecht 25, 27 f Rechtsschutz 94 Reformüberlegungen 139 ff Selbstbestimmung der persönlichen Lebensführung 125 ff Sozialbindung s. Eigentum Städtebauförderungsgesetz 37 Städtebauliche Gründe 70 ff, 130, 139 Städtebaulicher Vertrag 77 Streitwert 95 Übernahmeanspruch 85 f Umweltschutz 62 Unbeplanter Innenbereich 50 f Unzumutbarkeit 79 ff – objektive 81 ff, 137 f – und Rechtsstaatlichkeit 79 f – subjektiver 84 ff, 138 – wirtschaftliche 79 ff Verfassung – und Baufreiheit 101 ff – als Maßstab der Gesetzesrecht 96 ff – Rechtschutzbedeutung 98 f – Soziale Aspekte 130 f – s. auch Eigentum – „Verfassung nach Gesetz“ ? 108, 114 Verleihung der Bebaubarkeit? 102 ff Vermögen, Verpflichtung zum Einsatz 84 f, 129 f

162 Verwaltungsrecht – Allgemeines – Besonderes 42 Vollstreckung des Baugebots 87 ff Vorkaufsrecht, Gesetzliches 76

Sachwortverzeichnis Weimarer Reichsverfassung 28 f Wertsteigerung, Abschöpfung 99 ff Wohnbedarf 72 ff, 130 Zumutbarkeit s. Unzumutbarkeit Zwangsgeld 88 f