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German Pages 911 [912] Year 2013
JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 175
Jessica Schmidt
Der Vertragsschluss – ein Vergleich zwischen dem deutschen, französischen, englischen Recht und dem CESL –
Mohr Siebeck
Jessica Schmidt; geboren 1979; Studium der Rechtswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena; 2004 LL.M. in International Commercial Law (University of Nottingham, England); 2006 Promotion; Rechtsreferendariat in Thüringen; seit 2004 wiss. Mitarbeiterin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena; 2013 Habilitation.
e-ISBN PDF 978-3-16-152856-9 ISBN 978-3-16-152848-4 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2013 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Textservice Zink in Schwarzach aus der Stempel Garamond gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/13 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Habilitationsschrift angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind auf dem Stand vom 1. Januar 2013. Das allgemeine Recht des Vertragsschlusses – Angebot und Annahme – haben mich schon zu Beginn des Studiums fasziniert, und dies hat sich noch intensiviert, als ich begann, mich auch mit dem common law zu beschäftigen. Nachdem mein akademischer Lehrer Prof. Dr. Walter Bayer angeregt hatte, für meine Habilitation ein Thema aus dem Bereich des Bürgerlichen Rechts zu wählen, fiel die Entscheidung daher schon sehr bald auf dieses Thema, das sich gerade vor dem Hintergrund der neueren Entwicklungen in den analysierten nationalen Rechtsordnungen einerseits und des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Common European Sales Law – CESL) andererseits als hochspannend erweist. Mein ganz besonders herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Walter Bayer jedoch keineswegs nur für die Anregungen bei der Wahl des Themas meiner Habilitationsschrift, sondern weit darüber hinaus zunächst für den Anstoß zur Habilitation an sich und die Schaffung der Möglichkeit hierfür sowie insbesondere auch für die unschätzbar wertvolle, stetige und unablässige Unterstützung während der gesamten Habilitationsphase. Wie schon zuvor während meiner Promotionszeit am Lehrstuhl ließ er mir zum einen enormen Freiraum für die eigene wissenschaftliche Arbeit, gab mir aber andererseits auch die Gelegenheit zur Zusammenarbeit an verschiedensten gemeinsamen Projekten und stand mir vor allem auch stets mit Rat und Tat zur Seite. Danken möchte ich Frau Prof. Dr. Gisela Rühl für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie den Mitgliedern der Habilitationskommission und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für die äußerst schnelle Durchführung des Habilitationsverfahrens. Mein Dank gilt ferner auch allen Mitarbeitern des Lehrstuhls für die tatkräftige Unterstützung, insbesondere aber der Sekretärin des Lehrstuhls, Frau Regina Franzl, für die großartige Organisation und die vielen Fernleihen, sowie Frau ref. iur. Heike Remus für die zahllosen Stunden Korrektur-
VI
Vorwort
lesen, Bücherausleihen und Kopieren aus manch „obskuren“ fremdsprachigen Werken. Last but not least gilt mein ganz herzlicher Dank auch meiner Familie für ihre unablässige und vorbehaltlose Unterstützung. Jena, im Sommersemester 2013
Jessica Schmidt
Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Motive, Gegenstand und Ziel der Untersuchung . . . . . . . . II. Thematische Eingrenzung, Gang der Darstellung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags – Vertrag als meeting of the minds bzw. rencontre des volontés . . . . . . II. Realkontraktliche Relikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Resümee und rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . .
7 110 128
C. Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Definition und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Exkurs: Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kommunikation des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots . . . . VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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130 134
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173 282 287 349
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436
D. Annahme
I. Definition und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nexus mit dem Angebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme und rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen . . V. Kommunikation der Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung . . . . . . . VII. Zeitpunkt (und Ort) der Wirksamkeit der Annahme (und damit auch des Vertragsschlusses) . . . . . . . . . . . . . VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms) . . .
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436
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439 445
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460 481 546
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600 687
VIII
Inhaltsübersicht
E. Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
726
F. Zusammenstellung der Vorschläge für eine Fortentwicklung des deutschen Rechts sowie für Änderungen im CESL-D . . . . . .
748
Literaturverzeichnis . . . . . . Rechtsprechungsverzeichnis . Verzeichnis sonstiger wichtiger Stichwortverzeichnis . . . . . .
751 820 862 865
. . . . . . . . . . . . . . . . . . Materialien . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Motive, Gegenstand und Ziel der Untersuchung . II. Thematische Eingrenzung, Gang der Darstellung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Thematische Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . 2. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
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1
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3 3 4 5
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags – Vertrag als meeting of the minds bzw. rencontre des volontés . . . . . . 1. Der Vertragsschluss nach dem deutschen BGB . . . . . . . a) Vertragsschluss durch bloßen Parteikonsens . . . . . . . b) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Germanische und fränkische Zeit . . . . . . . . . . cc) Rezeption des römischen Rechts . . . . . . . . . . . (1) Legistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kanonistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Humanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zeitalter der Aufklärung und des Naturrechts . . . ff) Historische Rechtsschule und Pandektistik . . . . . gg) Entstehung und Konzeption des BGB . . . . . . . hh) Entwicklungstendenzen seit Inkrafttreten des BGB
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2. Der Vertragsschluss nach dem französischen Code civil a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konsens als Kern und Geltungsgrund des bb) Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . cc) Vertragsobjekt (objet) . . . . . . . . . . . dd) Cause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . .
. . . . . . Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 7 7 7 8 11 13 13 15 17 18 19 24 26 29 34 34 35 36 37 38 41
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Inhaltsverzeichnis
aa) bb) cc) dd)
Coutumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Humanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitalter des Naturrechts; Domat und Pothier . . . . . . Entstehung der Vertragsschlussvorschriften im Code civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Entwicklung seit Inkrafttreten des Code civil . . . . . . (1) Beständigkeit der Art. 1101 ff. C. civ. . . . . . . . . (2) Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur . . (a) Rezeption der Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . (b) Das dogmatische Modell von Angebot und Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Diskussion um die cause . . . . . . . . . . . . . . ff) Neuere Reformpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Vertragsschluss im englischen common law . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Agreement by way of offer and acceptance . . . . . . . cc) Erfordernis eines deed oder einer consideration . . . . . (1) Deed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundgedanke und Definition . . . . . . . . . . (b) Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Benefit or detriment . . . . . . . . . . . . . . (bb) Executed und executory consideration . . . (cc) Keine past consideration . . . . . . . . . . . (dd) Die consideration muss vom Versprechensempfänger stammen . . . . . . . . . . . . . . (ee) Consideration muss nicht „angemessen“ sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ff) Erfordernis eines gewissen Werts . . . . . . (i) Wirtschaftlicher Wert . . . . . . . . . . (ii) Nicht völlig illusorisch . . . . . . . . . (iii) Insbesondere: Forderungs- bzw. Klageverzicht und Vergleich . . . . . . (iv) Insbesondere: Erfüllung einer bereits bestehenden Verpflichtung . . . . . . . b) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mittelalterliche Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine umfassende Rezeption des römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das writ-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Debt, covenant und assumpsit als historische Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Entwicklung der consideration-Doktrin . . . . . . . cc) Systematisierung, Rezeption kontinentaleuropäischer Konzepte und Ideen und Entwicklung des modernen Vertragsrechts (Ende 18. Jahrhundert/ 19. Jahrhundert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 42 43 47 51 51 55 56 56 57 59 64 64 64 65 66 67 68 68 69 69 69 70 70 72 73 73 74 74 75 80 80 80 82 83 87
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Inhaltsverzeichnis
dd) Fortentwicklung und Tendenzen im 20. und 21. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Insbesondere: Fortentwicklung und Diskussion um die consideration-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . (2) Offer and acceptance . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verbraucherschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Vertragsschluss im CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragsbegriff und Voraussetzungen für einen Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angebot/Annahme-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Realkontraktliche Relikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Realvertragliche Wurzeln, Konzepte und Ideen im common law in historischer Retrospektive . . . . . . . . . . . . . . . b) Insbesondere: Der unilateral contract . . . . . . . . . . . . aa) Wesen und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Historische Wurzeln und Entwicklung des unilateral contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der unilateral contract aus rechtsvergleichender Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unileral contract vs. contrat unilateral und einseitig verpflichtendem Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unilateral contract vs. Auslobung . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Resümee und rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . .
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99 102 103 104
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119 120 120
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125 126 127 128
C. Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Definition und Rechtsnatur . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung II. Exkurs: Auslegung . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) §§ 133, 157 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezielle Auslegungsregeln und –maximen . . . . c) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Auslegungsregeln des Code civil . . . . . . . . aa) Das fundamentale Grundprinzip des Art. 1156 Primat des Willens der Vertragsparteien . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. civ.: . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
bb) Die speziellen Auslegungsregeln in Art. 1157– 1164 C. civ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Konkretisierungen des Art. 1156 C. civ. . . . . . (2) Objektive Elemente einfließen lassende Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vom traditionellen literal approach hin zum modernen purposive approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Parol evidence rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Exclusionary rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rectification . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundkonzept der Auslegungsregeln im CESL . . . . . b) Allgemeine Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Regeln zur Auslegung von Verträgen (Art. 58 CESL-D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeine Regeln zur Auslegung einseitiger Absichtserklärungen (Art. 12 Abs. 1 und 2 CESL-D) cc) Irrelevanz etwaiger Interessen Dritter . . . . . . . . c) Auslegungserhebliche Umstände (Art. 59 CESL-D) . . . d) Spezielle Auslegungsregeln (Art. 60–65 CESL-D) . . . . aa) Art. 60 CESL-D: Auslegung im Lichte des gesamten Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art. 63 CESL-D: favor negotii . . . . . . . . . . . . cc) Art. 61 CESL-D: Abweichende Sprachfassungen . . dd) Besonderheiten bei Verbraucherverträgen bzw. nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen (Art. 62, 64, 65 CESL-D) . . . . . . . . . . . . . . . (1) Art. 62 CESL-D: Vorrang der Individualabrede (2) Art. 64 CESL-D: in dubio pro consumptore . . (3) Art. 65 CESL-D: contra proferentem-Regel . . . e) Ergänzende Vertragsauslegung (Art. 68 CESL-D) . . . . f) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . .
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140 140
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164 165 165
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III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) b) c) d) e)
Deutsches Recht . . . . . . . . . Französisches Recht . . . . . . . Englisches Recht . . . . . . . . . CESL-D . . . . . . . . . . . . . Rechtsvergleichende Würdigung
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2. Abgrenzung Angebot – invitatio ad offerendum und sonstige bloße Erklärungen der Vertragsbereitschaft . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgewählte Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeitungsannonce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . bb) Werbematerialien (Kataloge, Prospekte, Preislisten (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . cc) Schaufensterauslagen . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . dd) Selbstbedienungsladen . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . (6) Nochmals: CESL-D . . . . . . . . . . . . . . ee) Warenautomat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . ff) Selbstbedienungstankstelle . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . (6) Nochmals: CESL-D . . . . . . . . . . . . . . gg) Öffentliche Verkehrsmittel . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etc.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
193 193 193 194 195 195 196 197 197 197 198 200 201 203 204 205 205 206 206 207 207 208 208 209 210 211 211 213 214 217 217 220 220 221 222 222 223 223 224 224 225 225 226 226 227 228 228
XIV
Inhaltsverzeichnis
(2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . hh) Internetseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Signifikanz der Art. 1369-4 und 1369-5 C. civ. . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . ii) Letter of intent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . c) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Angebot ad incertas personas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bestimmtheit des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmbarkeit der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . c) Bestimmbarkeit von Leistung und Gegenleistung . . . . . . aa) Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungsbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Leistungsbestimmungsrecht einer Vertragspartei . . (2) Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten . . . . . . cc) Gattungsschuld, Wahlschuld . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmbarkeit der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . c) Bestimmbarkeit des Leistungsinhalts . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Vertragsobjekts (objet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises (prix) . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Wege der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
228 230 230 230 230 232 235 235 235 238 240 240 241 242 243 244 245 246 246 247 247 249 249 250 251 252 252 252 253 253 253 254 254 255 256 257 257 258 258 258 259 262 262 265 265
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bb) Vertragsergänzung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . cc) Bestimmungsrecht eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . dd) Bestimmungsrecht einer Vertragspartei . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Wege der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmbarkeit anhand von Gebräuchen und Gepflogenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestimmbarkeit kraft ergänzender Vertragsauslegung . . c) Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit des Preises . . . . . . . . d) Bestimmungsrecht einer Vertragspartei . . . . . . . . . . . . . e) Bestimmungsrecht eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kommunikation des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Differenzierung zwischen Erklärungen unter Anwesenden und Abwesenden . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und Problematik der Differenzierung . . . . bb) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erklärungen unter Anwesenden . . . . . . . . . . . . (2) Erklärungen unter Abwesenden . . . . . . . . . . . . b) Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erklärungen unter Abwesenden . . . . . . . . . . . . . . (1) Die legislatorische Grundsatzentscheidung zugunsten der Empfangstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Interpretation und Konkretisierung durch Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . (a) Grunddefinition des Zugangs: Bereichs- und Zeitelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Machtbereichs- und Zeitelement bei ausgewählten Kommunikationsmitteln . . . . . . . . . . . . . . (aa) Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Einfacher Brief . . . . . . . . . . . . . . (ii) Einschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Fax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Machtbereichselement . . . . . . . . . . (ii) Zeitelement . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) E-mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV 267 268 269 270 270 271 271 273 274 275 277 279 282 282 283 284 285 286 287 287 287 287 291 291 292 293 295 295 295 297 298 299 299 299 300 301 301 302 303
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(i) Machtbereichselement . . . . . . . . . . (ii) Zeitelement . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Die Sonderregelung des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Grundsätzliche Irrelevanz subjektiver Kenntnisnahmehindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erklärungen unter Anwesenden . . . . . . . . . . . . . . (1) Verkörperte Willenserklärungen . . . . . . . . . . . (2) Nicht verkörperte Willenserklärungen . . . . . . . . cc) Einschaltung einer Mittelsperson . . . . . . . . . . . . . (aa) Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb)Bote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zugangsverzögerung und Zugangsverhinderung . . . . . d) Die Regelung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . aa) Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Voraussetzungen einer wirksamen Rücknahme gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . e) Dispositivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unwirksamkeit bei Rücknahme (rétractation) vor Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Sonderproblem: „Abhandenkommen“ einer Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zugangsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Zugangstatbestände des Art. 10 Abs. 4 CESL-D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Übermittlung an den Empfänger, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a CESL-D . . . . . . . . . . . . . (b) Übermittlung an den Geschäftssitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. b CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Individuelle elektronische Nachricht: Abrufbarkeit, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. c CESL-D . . . . . . . . . (d) Sonstige Zugänglichmachung, die einen unverzüglichen Abruf erwarten lässt, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. d CESL-D . . . . . . . . . . . . . (e) Stufenverhältnis der vier Zugangstatbestände . .
303 305 310 313 314 314 315 315 316 316 317 319 319 319 321 322 322 322 324 325 325 328 328 332 332 332 333 336 336 336 337
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(3) (Eingeschränkte) Dispositivität . . . . . (4) Zugangsverzögerung und -verhinderung b) Rücknahme, Art. 10 Abs. 5 CESL-D . . . . . . . aa) Voraussetzungen und Rechtsfolge . . . . . . bb) Terminologieproblematik . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . a) Konzeptionelle Einordnung . . . . . . . . . . . . b) Wirksamkeitszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . c) Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste rechtsvergleichende Würdigung . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz: Bindungswirkung, § 145 BGB . . . . . . . . . . . aa) Hintergründe und Ratio der legislatorischen Entscheidungen zugunsten der grundsätzlichen Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung der Bindungswirkung für Anbietenden und Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bedeutung für den Anbietenden . . . . . . . . . . . . (2) Bedeutung für den Angebotsempfänger . . . . . . . cc) Ende der Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmsweiser Ausschluss der Gebundenheit . . . . . . . . c) Erlöschen des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Erlöschenstatbestände im Überblick und ihre Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Erlöschenstatbestände im Einzelnen . . . . . . . . . (1) Ablehnung, § 146 Alt. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . (2) Keine rechtzeitig Annahme, § 146 Alt. 2 BGB . . . . (3) Versteigerungen: § 156 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . (4) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . (a) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden (aa) Grundsatz: Fortbestehende Annahmefähigkeit des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Ausnahme: anderer Wille des Anbietenden . (b) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Historisch-konzeptionelles Grundprinzip: Freie Widerruflichkeit des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzlich angeordnete (Mindest-)Bindung an das Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Richterrechtliche Durchbrechungen des Grundprinzips der freien Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Angabe einer bestimmten Annahmefrist . . . . . . . (2) Implizite angemessene Annahmefrist (délai raisonnable) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
340 340 342 342 342 346 346 346 347 348 349 349 349
349 353 353 354 354 355 357 357 357 357 358 359 359 359 359 359 361 361 362 362 365 365 366 366 367
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c) Zwischenfazit: Genese der zeitlich begrenzten Bindung zum Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dogmatische Basis der zeitlich begrenzten Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Théorie de l’avant-contrat . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Théorie de la responsabilité civile . . . . . . . . . . . . . cc) Théorie de l’engagement unilatéral de volonté . . . . . . e) Inhalt und Bedeutung der Bindungswirkung . . . . . . . . . f) Exkurs: Die Kontroverse um die promesse unilaterale und ihre Implikationen für die Problematik der Bindungswirkung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Streit um die Rechtsfolgen der Verletzung einer promesse unilatérale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Implikationen für die Problematik der Bindungswirkung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erlöschen (caducité) des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirksamer Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ablehnung durch den Adressaten . . . . . . . . . . . . . cc) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . . . (1) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden . . (a) Tod des Anbietenden . . . . . . . . . . . . . . . (b) Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden . . . . . . (2) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grundsatz der freien Widerruflichkeit . . . . . . . . . . aa) Hintergründe und Reformbemühungen . . . . . . . . . bb) Erfordernis der Kommunikation des Widerrufs an den Angebotsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen/Modifikationen der Grundregel . . . . (a) Kommunikation des Widerrufs an eine Geschäftsadresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Offers to the public . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schutzinstrumente für den Angebotsempfänger . . . . . (1) Kein Schutz durch promissory estoppel oder deliktische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Optionsvertrag (option contract) . . . . . . . . . . . (3) Deed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Standing offer im Versicherungsrecht . . . . . . . . dd) Sonderproblematik: unilateral contracts . . . . . . . . . b) Sonstige Erlöschenstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ablehnung des Angebots (rejection) . . . . . . . . . . . bb) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . . . (1) Tod einer Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Tod des Anbietenden . . . . . . . . . . . . . . .
370 370 371 371 372 373
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(b) Tod des Angebotsempfängers . . . . . . . . . . . (2) Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das „Kompromissmodell“ des Art. 32 CESL-D im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundsatz: freie Widerruflichkeit, Art. 32 Abs. 1 CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Freie Widerruflichkeit als Grundprinzip . . . . . . . (2) Zeitliche Grenze der Widerruflichkeit . . . . . . . . (a) Grundsatz: Absendung der Annahmeerklärung als zeitliche Zäsur, Art. 32 Abs. 1 Hs. 1 CESL-D . . (b) Sonderfall: Annahme durch Verhalten (Art. 32 Abs. 1 Hs. 2 CESL-D) . . . . . . . . . . (3) Ausübung des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahmetatbestände, Art. 32 Abs. 3 CESL-D . . . . . (1) Manifestation der Unwiderruflichkeit, Art. 32 Abs. 3 lit. a CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Feste Annahmefrist, Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D . . (3) Betätigtes Vertrauen, Art. 32 Abs. 3 lit. c CESL-D . dd) Bedeutung der Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Erlöschenstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ablehnung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Tod bzw. Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Widerruflichkeit des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeit privatautonomer Ausgestaltung . . . . . (2) Ausübung des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vertragsschluss oder bloßer Schadensersatzanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zeitliche Grenze der Widerruflichkeit . . . . . . . . (5) Das Grundprinzip: Bindungswirkung oder Widerruflichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . . . . . . aa) Tod einer Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Geschäftsunfähigkeit einer Partei . . . . . . . . . . . . .
D. Annahme
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I. Definition und Rechtsnatur 1. Deutsches Recht . . . . . 2. Französisches Recht . . . 3. Englisches Recht . . . . .
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4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zu Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) b) c) d) e)
Deutsches Recht . . . . . . . . . Französisches Recht . . . . . . . Englisches Recht . . . . . . . . . CESL-D . . . . . . . . . . . . . Rechtsvergleichende Würdigung III. Nexus mit dem Angebot? . . . . . . 1. Kreuzofferten . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht . . . . . . . . . b) Französisches Recht . . . . . . . c) Englisches Recht . . . . . . . . . d) CESL-D . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsvergleichende Würdigung
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2. Die sog. „Belohnungsfälle“ (reward cases) a) b) c) d) e)
Deutsches Recht . . . . . . . . . Französisches Recht . . . . . . . Englisches Recht . . . . . . . . . CESL-D . . . . . . . . . . . . . Rechtsvergleichende Würdigung
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439 439 441 442 444 445 445 445 445 446 447 448 450 452 452 454 455 457 458
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IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme und rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme . b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme . b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme . b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Internationale Vorläufer . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zustimmung mit Änderung . . . . . . . . . . . .
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(2) Differenzierung zwischen erheblichen und nicht erheblichen Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . (a) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bedeutung der Abgrenzung . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die den Anforderungen an eine wirksame Annahme nicht genügen . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . V. Kommunikation der Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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475 475 476
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477 477 481
1. Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden und etwaige Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 151 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Regelungsgehalt und Rechtsnatur . . . . . . . . (b) Die beiden Tatbestände der Entbehrlichkeit . . (aa) Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Entbehrlichkeit kraft Verkehrssitte . . . . . (c) Manifestation des Annahmewillens . . . . . . . (2) § 152 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 156 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die mangelnde Diskussion der Problematik im französischen Recht und ihre Hintergründe . . . . . . bb) Exkurs: Zusendung unbestellter Waren . . . . . . . . . c) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verzicht des Anbietenden . . . . . . . . . . . . . . (2) Unilateral contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Postal rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme: Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung (Art. 35 Abs. 3 CESL-D) . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die drei Tatbestände der Entbehrlichkeit einer Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art und Weise der Kommunikation der Annahme . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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482 482 482 482 484 484 485 486 489 490 490
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492 493 493 495 496 496
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498 498 499 500 500 500
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bb) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . b) Sonderproblem: Annahme durch Schweigen bzw. Untätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Sog. normiertes Schweigen . . . . . . . . . . . . (b) Sog. beredtes Schweigen . . . . . . . . . . . . . . (c) Sonderfall: kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gesetzliche Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . (b) Richterrechtliche Ausnahmen . . . . . . . . . . . (aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Schweigen als Annahme auf Grund eines entsprechenden (Handels-) Brauchs (usage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ii) Schweigen als Annahme auf Grund des früheren Verhaltens bzw. der früheren Beziehungen zwischen den Parteien (relation d’affaires antérieures entre les parties) . . . . . . . . . . . . . . . . . (iii) Schweigen als Annahme eines Angebots, das im ausschließlichen Interesse (intérêt exclusif) des Angebotsempfängers gemacht wurde . . . . . . . . . . . . . . (iv) Sonstige („atypische“) Fälle . . . . . . . cc) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vom Angebotsempfänger eingeholtes Angebot (offer solicited by the offeree) . . . . . . . . . . . (b) Frühere Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien (previous course of dealing) . . . . . . . (c) Ausdrückliche oder konkludente Zusage einer Äußerung im Rahmen von Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Bindung des Anbietenden an eine „Schweigen ist Annahme“-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Handelsbrauch (custom/usage) . . . . . . . . . . dd) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
501 503 506 508 508 508 508 510 510 511 513 516 516 517 517 518 518 519
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523 525 526 526 528 529 529
531 531 532 534 534
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(2) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Sonderproblem: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . (1) Gemeinsames Grundprinzip: Schweigen ist keine Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kongruenzen und Divergenzen im Hinblick auf die Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung . . . . . . .
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535 535
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537 541
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541
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1. Bestimmung des Annahmezeitraums („Annahmefristen“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . bb) Gewillkürte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . . (1) Hintergründe und Ratio des § 148 BGB . . . . (2) Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Länge der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Subsidiäre gesetzliche Annahmefristen . . . . . . . (1) Differenzierung zwischen Angeboten gegenüber Anwesenden und Abwesenden . . . . . . . . . (2) Angebote gegenüber einem Anwesenden (§ 147 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Angebote gegenüber einem Abwesenden . . . . (a) Die allgemeine Regel des § 147 Abs. 2 BGB (aa) Hintergründe und Ratio . . . . . . . . . (bb) Fristbemessung . . . . . . . . . . . . . . (i) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . (ii) Transportfrist für das Angebot . . (iii) Deliberationsfrist . . . . . . . . . . (iv) Transportfrist für die Annahme . . (v) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die lex specialis des § 151 S. 2 BGB . . . . . b) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . bb) Gewillkürte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . . cc) Subsidiär: délai raisonnable (angemessene Frist) . . c) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . bb) Gewillkürte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . . cc) Subsidiär: reasonable time (angemessene Frist) . . . d) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Grundkonzept des Art. 36 CESL-D . . . . . . bb) Gewillkürte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . . cc) Subsidiär: „angemessene Frist“ . . . . . . . . . . . . e) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . aa) Konzeptionelle Klassifikation der Annahmefristen bb) Materielle Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . .
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546 546 546 547 547 547 548 550
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550 551 552 552 555 555 556 557 558 558 559 560 560 561 562 564 564 564 566 568 568 571 574 577 577 578
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2. Rechtsfolgen einer verspäteten Annahmeerklärung . . . .
579 579 579
a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Grundregel des § 150 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . bb) Sonderfall: Anzeigeobliegenheit bei rechtzeitig abgesandter Annahmeerklärung (§ 149 BGB) . . . . . . b) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz: Unwirksamkeit der verspäteten Annahme . bb) Die Ausnahmetatbestände des Art. 37 CESL-D . . . . . (1) Wirksamkeit einer verspäteten Annahme kraft unverzüglicher Geltungsmitteilung des Anbietenden, Art. 37 Abs. 1 CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anzeigeobliegenheit des Anbietenden bei rechtzeitig abgesandter Annahmeerklärung, Art. 37 Abs. 2 CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonderproblem: Qualifikation einer nicht nach Art. 37 CESL-D wirksamen verspäteten Annahme als Gegenangebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . .
595 598
VII. Zeitpunkt (und Ort) der Wirksamkeit der Annahme (und damit auch des Vertragsschlusses) . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
600 600
a) Grundregel: Vertragsschluss mit Zugang der Annahmeerklärung beim Anbietenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßgeblichkeit der allgemeinen Vorschriften über die Wirksamkeit von Willenserklärungen . . . . . . . . . . . bb) Ratio und Hintergründe dieser Regelungskonzeption im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzlich geregelte Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . bb) Privatautonome abweichende Gestaltung . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Differenzierung zwischen contrats entre présents (Verträge zwischen Anwesenden) und contrats entre absents (Verträge zwischen Abwesenden) . . . . . . . . . . . . . . . b) Contrats entre présents (Vertragsschluss unter Anwesenden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Contrats entre absents (Verträge zwischen Abwesenden) . . aa) Ausgangspunkt: Die doktrinellen Grundpositionen . . . (1) Die vier „klassischen“ Theorien . . . . . . . . . . . (a) Historischer Ausgangspunkt: théorie de déclaration versus théorie de l’information . . . . . . . . . . (aa) Théorie de la déclaration . . . . . . . . . . . (bb) Théorie de l’information . . . . . . . . . . . (b) Heute: théorie de l’émission und théorie de réception . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
581 585 586 586 586 586
587
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600 600 601 604 604 604 605
605 607 607 608 608 608 608 609 611
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(aa) Théorie de l’émission . . . . . . . . . . . . . (bb) Théorie de réception . . . . . . . . . . . . . . (2) Die sog. dualistische Theorie (théorie dualiste) . . . bb) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Traditioneller Ansatz: Tatfrage . . . . . . . . . . . . (2) Das Urteil der chambre des requêtes vom 21.3.1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Das Urteil der chambre commerciale vom 7.1.1981 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Das Urteil der 3. Zivilkammer vom 16.6.2011 . . . . cc) Neuere Reformprojekte: théorie de réception . . . . . . dd) Insbesondere: Vertragsschluss auf elektronischem Wege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertragsschluss auf elektronischem Wege im Anwendungsbereich des Art. 1396-5 C. civ.: Das System des „double clic“ . . . . . . . . . . . . . (2) Vertragsschluss auf elektronischem Wege außerhalb des Anwendungsbereich des Art. 1396-5 C. civ. . . . d) Zwischenresümee zum französischen Recht . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ausnahmen von der Grundregel des Erfordernisses der communication . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fälle des Verzichts des Anbietenden auf die Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unilateral contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die postal rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entstehung und Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundsteinlegung in Adams v Lindsell (1818) und höchstrichterliche Weihe in Dunlop v Higgins (1848) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die postal rule in ihrem genuinen Anwendungsbereich des postalischen Vertragsschlusses: Voraussetzungen und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . (a) Voraussetzungen der Anwendbarkeit . . . . . . . (aa) Nutzung der Post reasonable (angemessen) . (bb) Keine Abbedingung . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsfolge und Konsequenzen . . . . . . . . . . (aa) Rechtsfolge: Wirksamkeit der Annahme mit der Absendung . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Die drei zentralen Konsequenzen der postal rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Irrelevanz eines früher abgesandten, aber später zugehenden Widerruf des Angebots . . . . . . . . . . . . . . .
611 612 614 615 615 615 616 617 619 621
621 625 626 626 626 628 628 628 632 633
633 634
639 639 639 640 640 640 640
640
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(ii) Wirksamkeit mit Absendung trotz Verlust der Annahmeerklärung oder Verzögerungen bei ihrer Beförderung . . . . . . . . . . . . . . . (iii) Bedeutung für Prioritäten und Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Sonderprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Nicht ordnungsgemäße Aufgabe zur Post . (bb) Verstümmelte Nachrichten . . . . . . . . . . (cc) Widerruf einer abgesandten Annahmeerklärung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Rechtslage in anderen common lawRechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . (ii) Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . (3) Geltung der postal rule für sonstige Telekommunikationsmittel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Telegramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Telefon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Telex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Fax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) SMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Online-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . (h) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Grundregel: Wirksamkeit mit Kommunikation an den Anbietenden (communication to the offeror) . . . . . . . . . aa) Communication erfordert im Grundsatz tatsächliche Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen von bzw. Modifikationen des Erfordernisses der tatsächlichen Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . (1) Dogmatische Grundlegung in der Leitentscheidung Entores LD v Miles Far East Corporation (1955) . . (2) Praktische Folgerungen speziell für Erklärungen im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere: communication bei elektronischen Mitteilungen und r. 11 Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 2002 . . . . . . . . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundregel: Wirksamkeit der Annahme und damit Vertragsschluss im Zeitpunkt des Zugangs an den Anbietenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Falle der Annahme durch Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regelfall: Zugangsprinzip (Art. 35 Abs. 2 CESL-D) . . bb) Ausnahme: Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung (Art. 35 Abs. 3 CESL-D) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Analyse und Würdigung . . . . . . .
641 641 642 642 643 643 644 646 648 648 649 649 650 651 654 654 655 656 656 658 658 659
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Inhaltsverzeichnis
XXVII
a) Zusammenfassender Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klassifizierungs- und Systematisierungskriterien . . . . . . . c) Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme (und damit des Vertragsschlusses) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tabellarischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertragsschluss im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats (Annahme gegenüber einem Anwesenden mittels einer nicht verkörperten Erklärung i.S.d. deutschen Rechts) . . . . . . . . . . . . cc) Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation (Annahme gegenüber einem Abwesenden i.S.d. deutschen Rechts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die insgesamt höchst unklare Rechtslage im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Annahme per Post oder Telegramm: Zugang vs. postal rule und théorie de l’émission . . . . . . . . . (3) Annahme per Telex, Fax, E-Mail, SMS und sonstiger Online-Kommunikation (one-way instantaneous communication i.S.d. englischen Rechts) . . . . . . . dd) Konkrete Ausgestaltung des Zugangsprinzips . . . . . . d) Möglichkeit von Rücknahme bzw. Widerruf der Annahme . e) Sonderfall: Zeitpunkt der Annahme im Falle der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden . . . . VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms) . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlen einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonderproblem: Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz: clauses contradictoires s’annulent . . . . . . . . . b) Insbesondere: Eigentumsvorbehaltsklauseln . . . . . . . . . . c) Sonderproblem: Die Bedeutung von Art. L. 441-6, L. 441-7 C. com. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausnahmsweise Geltung der AGB einer Partei, speziell auf Grund ständiger Übung zwischen den Parteien . . . . . . . . e) Die Problematik kollidierender AGB in den neueren Reformprojekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Traditionelle Lösung: last shot rule . . . . . . . . . . . . . . . b) Lord Dennings „Gegenoffensive“ im Fall Butler Machine Tool (1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zunehmende Kritik in Praxis und Schrifttum . . . . . . . . .
669 669 669 670 671 671 674 674
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XXVIII
Inhaltsverzeichnis
d) Die Neujustierung in Tekdata (2009) . . . . . . . e) Judikatur und Schrifttum nach Tekdata . . . . . . 4. CESL-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internationale Vorläufer und Ratio . . . . . . . . c) Anwendungsbereich des Art. 39 CESL-D: Kollidierende AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Lösung des Art. 39 CESL-D . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen für einen Vertragsschluss . bb) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsvergleichende Würdigung . . . . . . . . . . a) Zusammenfassender Befund . . . . . . . . . . . . b) First blow rule, last shot rule, knock out rule oder shot rule? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konkrete Ausgestaltung der knock out rule . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . best . . . . . .
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E. Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
726
F. Zusammenstellung der Vorschläge für eine Fortentwicklung des deutschen Rechts sowie für Änderungen im CESL-D . . . . . .
748
I. Positionen und Vorschläge zum deutschen Recht . . . . . . . II. Positionen und Vorschläge zum CESL-D . . . . . . . . . . . .
748 749
Literaturverzeichnis . . . . . . Rechtsprechungsverzeichnis . Verzeichnis sonstiger wichtiger Stichwortverzeichnis . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . Materialien . . . . . . . . . .
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751 820 862 865
Abkürzungsverzeichnis Atlantic Reporter, Second Series (1938 ) New York Supreme Court Appellate Division Reports New York Supreme Court Appellate Division Reports, Second Series am Ende aktiebolag [schwedische Kapitalgesellschaftsform] Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Abteilung Law Reports: Appeal Cases (2nd series: 1875–90; 3rd series: 1891 – current) ACJ Acting Chief Justice AcP Archiv für die civilistische Praxis Ad & E Adolphus & Ellis’ King’s Bench Reports Adel. L. Rev. Adelaide Law Review Adv. in Nat. Appl. Sci. Advances in Natural and Applied Sciences [Zeitschrift] AG Amtsgericht oder Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen All ER All England Law Reports (1936 ) ALR Australian Law Reports Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Am. J. Legal Hist. American Journal of Legal History Am. Jur. 2d American Jurisprudence, 2nd ed. Am. Jurist & L. Mag. American Jurist and Law Magazine Anglo-Am. L. Rev. Anglo-American Law Review Anm. Anmerkung Ann. Surv. Int’l & Annual Survey of International and Comparative Law Comp. L. Anon. Anonymous APhD Archives de Philosophie du Droit ArbG Arbeitsgericht Arbitration Arbitration (Journal of the Chartered Institute of Arbitrators) ArchBürgR Archiv für Bürgerliches Recht arg. argumentum arr. arrondissement Art. Artikel ARWP Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage AuR Arbeit und Recht [Zeitschrift] AWD Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters [Zeitschrift, Vorläufer der RIW]
A.2d A.D. A.D.2d a.E. AB ABGB ABlEG ABlEU Abt. AC
XXX B & Ad B & Ald B&C B&S B. B. U. L. Rev. B.F.L.R. B2B B2C B2SME BAG BAGE BauR Bayer. Entw. Baylor L. Rev. BayObLG BayVerfGH BB Bd. Beav BeckOF BeckOK BeckRS Begr. BegrRegE Beil. BeurkG BFH BGB BGBl. BGE BGH BGHZ Bing Bing NC BKR BLR BMJ Bos & P Br & Gold BReg. Breith Brit. J. L. & Soc’y Brook. L. Rev. Brown P C BSG BT BT-Drs. Btx Build. L. R.
Abkürzungsverzeichnis Barnewall & Adolphus’ King’s Bench Reports (1830–1834) Barnewall & Alderson’s King’s Bench Reports (1817–1822) Barnewall & Cresswell’s King’s Bench Reports (1822–1830) Best & Smith’s Queen’s Bench Reports (1861–1869) Baron of the Exchequer Boston University Law Review Banking & Finance Law Review business to business (Unternehmer mit Unternehmer) business to consumer (Unternehmer mit Verbraucher) business to small and medium sized enterprises (Unternehmer mit kleinen und mittleren Unternehmen) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Baurecht. Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Entwurf eines Gesetzbuches für das Königreich Bayern, München 1861 Baylor Law Review Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebs-Berater Band Beavan’s Rolls Court Reports (1838–1866) Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung Begründung Begründung zum Regierungsentwurf Beilage Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, amtliche Sammlung Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bingham’s Common Pleas Reports (1822–1834) Bingham’s New Cases, English Common Pleas (1834–1840) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Business Law Review Bundesjustizministerium Bosanquet & Puller’s Common Pleas Reports (1796–1804) Brownlow & Goldesborough’s Common Pleas Reports (1569–1624) Bundesregierung Breithaupt. Sammlung von Entscheidungen aus dem Sozialrecht British Journal of Law and Society Brooklyn Law Review J.Brown’s Cases in Parliament (1702–1800) Bundessozialgericht Besonderer Teil Bundestagsdrucksache Bildschirmtext Building Law Reports
Abkürzungsverzeichnis Bull. civ. Burr Bus. Law. BV BVerwG bzgl. C&P c. C. C. ass. C. civ. C. com. C. consom. C. de D. C. Fin. L. Q. Rep. C. M. & R. C. N. c.i.c. C.J. ca. Camp. Can. Bus. L. J. cap. CarswellNS Cass. ass. plén. Cass. civ. Cass. com. Cass. crim. Cass. soc. CB CB (NS) CBMH CCC CCH CCIP Cent. L. J. CEO CESL CESL-D
CESL-VOE Ch CISG
XXXI
Bulletin des arrêts de la Chambre Civile de la Cour de Cassation Burrow’s King’s Bench Reports tempore Mansfield (1756–1771) Business Lawyer [Zeitschrift] Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid [niederländische Parallelform zur GmbH] Bundesverwaltungsgericht bezüglich Carrington & Payne’s Nisi Prius Reports (1823–1841) chapter [bei der Zitierung von Acts] oder centime(s) [= 1/100 Franc] Cour Code des assurances [franzöisches Versicherungsgesetzbuch] Code civil [französisches Zivilgesetzbuch] Code de Commerce [französisches Handelsgesetzbuch] Code de la consommation [französisches Verbrauchergesetzbuch] Cahiers de Droit Consumer Finance Law Quarterly Report Crompton, Meeson & Roscoe’s Exchequer Reports (1834–1835) Construction Newsletter culpa in contrahendo Chief Justice circa Campbell’s Nisi Prius Cases (1808–1816) Canadian Business Law Journal capitulum Carswell Nova Scotia Cases Cour de cassation Assemblée plénière Cour de Cassation Chambre civile Cour de Cassation Chambre commerciale Cour de Cassation Chambre criminelle Cour de Cassation Chambre sociale Common Bench Reports (1845 1856) Common Bench Reports, New Series (1856–1865) Canadian Bulletin of Medical History Contrats concurrence consommation [Zeitschrift] Code de la construction et de l’habitation [französisches Gesetzbuch zum Baurecht] Chambre de commerce et d’industrie de Paris Central Law Journal Chief Executive Officer Common European Sales Law (Gemeinsames Europäisches Kaufrecht) Common European Sales Law – Draft (Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Entwurf) [Kommissionentwurf v. 11.10.2011, KOM(2011) 635] CESL-Verordnungsentwurf [Kommissionentwurf v. 11.10.2011, KOM(2011) 635] Law Reports: Chancery (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875–90; 3rd series: 1891 – current) United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf)
XXXII
Abkürzungsverzeichnis
CJ Chief Justice Cl & Fin Clark & Finnelly’s House of Lords Reports New Series (1831–1846) CLC CCH Commercial Law Cases (1994 ) CLJ Cambridge Law Journal CLR Commonwealth Law Reports (1903 ) CLSR Computer Law & Security Report Cmd Command Paper (1919–56) CNB Conseil National des Barreaux Co Company Co Law Company Lawyyer Co Rep Coke’s King’s Bench Reports (1572–1616) Cod. Max. Bav. Civ. Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis Col. L. Rev. Columbia Law Review Colum. J. Transnat’l L. Columbia Journal of Transnational Law Comm. com. électr. Communication Commerce Électronique [Zeitschrift] Con LR Construction Law Reports (1985 ) Conv. Conveyancer and Property Lawyer Cornell L. Q. Cornell Law Quarterly Cornell L. Rev. Cornell Law Review Corp Corporation Cour imp. Cour impériale Cowp Cowper’s King’s Bench Reports (1774–1778) CPD Law Reports, Common Pleas Division (1875 1880) CR Computer und Recht [Zeitschrift] Cr App R Criminal Appeal Reports (1908 ) Cro Eliz Croke’s King’s Bench Reports (Croke’s Reports tempore Elizabeth I) (1582–1641) CSOH Scotland Court of Session, Outer House [neutral citation] CTLR Computer and Telecommunications Law Review D.
Dalison DAR DB DCFR
Digesten oder Dalloz (1791–1824: Journal des audiences de la Cour de cassation ou Recueil des principaux arrêts rendus par cette cour en matière civile et mixte; 1825–1844: Jurisprudence générale du Royaume en matière civile, commerciale, criminelle; 1845–1923: Dalloz Jurisprudence générale. Recueil périodique et critique; 1924–1940: Aufspaltung in zwei Reihen: Dalloz périodique (mensuel) und Dalloz hebdomadaire; 1941–1944: die zwei Reihen heißen recueil analytique et le recueil critique; 1945–1954: Recueil analytique et critique de doctrine, de jurisprudence et de législation; 1965–1996: Recueil Dalloz Sirey de doctrine, de jurisprudence et de législation; 1997–1999: Recueil Dalloz de doctrine, de jurisprudence et de législation; 1999, n° 37–2003, n°28: Recueil Le Dalloz; recueil Dalloz affaires wird „Cahier droit des affaires“ (blau) in Abgrenzung zur „cahier général“ (rot); Les deux cahiers sont reliés ensemble; 2003, n° 29: Wiedervereinigung der beiden cahier; Titel wird wieder Recueil Dalloz) oder Dunlop, Bell & Murray’s Reports, Second Series Session Cases (18381862) Benloe & Dalison’s Common Pleas Reports (1486–1580) Deutsches Autorecht [Zeitschrift] Der Betrieb Draft Common Frame of Reference [soweit nicht anders angegeben wird damit auf die Full Edition 2009 Bezug genommen]
Abkürzungsverzeichnis Dec. De-Mail-G ders. DH Dick. L. Rev. dir. DJT doctr. DP DR Dr & Sm DRiZ DStR Duke L. J. Dyer DZWiR E&B E&E EI E II
E I-RJA EAG East ECC ed.
Ed. éd. EDCO Edin. L. R. eds. éds. EDUC EG EGLR Einl. EL ELI EMLR Ent. L. R. EP ER
XXXIII
December Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 28.4.2011, BGBl. I, 666. derselbe Recueil Dalloz hebdomadaire de jurisprudence [vgl. dazu oben bei „D.“] Dickinson Law Review directeur/directrice Deutscher Juristentag doctrine Recueil Dalloz périodique (vor 1941) [vgl. dazu oben bei „D.“] Deutsches Recht Drewry & Smale’s Chancery Reports tempore Kindersley Deutsche Richterzeitung Deutsches Steuerrecht Duke Law Journal Dyer’s King’s Bench Reports (1513–1582) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Ellis & Blackburn’s Queen’s Bench Reports (1852–1858) Ellis & Ellis’ Queen’s Bench Reports (1858–1861) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung. 1888 (1. Entwurf) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission, Zweite Lesung, 1894, 1895 (2. Entwurf) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamts (1891–1893) Einheitliche Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen, abgedruckt in BGBl. 1973 II, 925 ff. East’s King’s Bench Reports (1800-1812) European Commercial Cases (1978 ) Edikt oder Edition oder editor Edition édition oder éditeur L’Essentiel du droit des contrats [Zeitschrift] Edinburgh Law Review editors éditeurs L’Essentiel du droit de l’immobilier et de l’urbanisme [Zeitschrift] Europäische Gemeinschaft(en) oder Estates Gazette Estates Gazette Law Reports (1985 ) Einleitung Ergänzungslieferung European Law Institute Entertainment and Media Law Reports Entertainment Law Review Europäisches Parlament English Reports
XXXIV ERCL ERPL Esp Eur. J. L. Reform EuZW EWCA Civ EWHC EWHC (Admin) EWHC (Ch) EWHC (Comm) EWHC (QB) EWHC (TCC) EWLC Ex Ex p. f. F. F.2d F.3d F.Supp. FamRZ fasc. FernAbsG ff. FG Fn. fol. Fordham Int’l L. J. Fordham L. Rev. FormAnpG FS FTLR Ga. J. Int’l Comp. L. Gaz. Pal. GBl. GE Geo. Geo. Wash. J. Int’l L. & Econ. GRUR-Int.
Abkürzungsverzeichnis European Review of Contract Law European Review of Private Law Espinasse’s Nisi Prius Reports (1793–1810) European Journal of Law Reform Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht England & Wales Court of Appeal (Civil Division) [neutral citation] England & Wales High Court [neutral citation] England & Wales High Court (Administrative Court) [neutral citation] England & Wales High Court (Chancery Division) [neutral citation] England & Wales High Court (Commercial Court) [neutral citation] England & Wales High Court (Queen’s Bench Division) [neutral citation] England and Wales High Court (Technology and Construction Court) [neutral citation] England and Wales Law Commission Exchequer Reports (1847–1856) Ex parte folgende oder folio number Francs Federal Reporter, Second Series (1924 1993) Federal Reporter, Third Series (1993 ) Federal Supplement (1932 1988) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht fascicule [Faszikel = Lieferung bei Werken mit Nachlieferung bzw. regelmäßigen Lieferungen] Fernabsatzgesetz fortfolgende Festgabe Fußnote folium Fordham International Law Journal Fordham Law Review Formanpassungsgesetz Festschrift Financial Times Law Reports (1981 ) Georgia Journal of International and Comparative Law Gazette du Palais Gesetzblatt Das Grundeigentum [Zeitschrift] George [bei der Zitierung von Acts; Angabe des regierenden Königs] George Washington Journal of International Law and Economics
GS
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil [Zeitschrift] Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht RechtsprechungsReport Gedächnisschrift
H&C
Hurlstone & Coltman’s Exchequer Reports (1862–1866)
GRUR-RR
Abkürzungsverzeichnis H&N h.M. Hare Harv. L. Rev. HausTWG Hess. Entw. HessLSG HFR HKK HLC HLR Hofstra L. Rev. HRG HRR Hrsg.
XXXV
Hurlstone & Norman’s Exchequer Reports (1856–1862) herrschende Meinung Hare’s Chancery Reports (1841 1853) Harvard Law Review Haustürwiderrufsgesetz Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Großherzogtum Hessen, Darmstadt 1842–1853 Landessozialgericht Hessen Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Historisch-kritischer Kommentar zum BGB Clark & Finnelly’s House of Lords Reports New Series (1847–1866) Housing Law Reports (1976 ) Hofstra Law Review Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte Höchstrichterliche Rechtsprechung [Zeitschrift] Herausgeber
i.d.F.v. I.J.L. & I.T. I.L.Pr. IBLJ ICC ICLQ Idaho L. Rev. IHR Ill. L. Rev. IMAP Ind. L. J. Int’l Rev. L. & Econ. Int’l J. Baltic L. Int’l J. L. & Info. Tech. Int’l Rev L Comp & Tech Intramural L. Rev. St. Louis ITRB
in der Fassung von/m International Journal of Law and Information Technology International Litigation Procedure International Business Law Journal International Chamber of Commerce International and Comparative Law Quarterly Idaho Law Review Internationales Handelsrecht [Zeitschrift] Illinois Law Review Internet Message Access Protocol Indiana Law Journal International Review of Law and Economics International Journal of Baltic Law International Journal of Law and Information Technology International Review of Law, Computers & Technology
J.
Judge oder Justice Journal of British Studies Journal of International Trade Law and Policy Journal of Law and Commerce Journal of Law and Information Science Journal of Law and Society Journal of Legal Studies Journal of the Society of Comparative Legislation JurisClasseur (Encyclopédies) Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts Journal of Business Law Journal of Contract Law La Semaine Juridique (Juris-Classeur Périodique) Édition Entreprise et Affaires La Semaine Juridique (Juris-Classeur Périodique) Édition Général
J. Brit. Stud. J. I. T. L. & P. J. L. & Com. J. L. & Inf. Sci. J. Law & Soc. J. Legal Stud. J. Soc. Comp. Leg. J.-Cl. JbGemR JBL JCL JCP E JCP G
Intramural Law Review of St. Louis University Der IT-Rechtsberater [Zeitschrift]
XXXVI JGS JherJb
JIBLR JICLT JORF JR Jr. Jun. Jur. Rev. JURA JuS Just. de paix JW JZ K&R KB KE KMU KSchG Ky. L. J. L J Ex La. L. Rev. LC LCJ Leon Lesotho L. J. LG LHR lib. Lib. Ass. LJ Lloyd’s Rep LoI Loy. L. & Tech. Ann. Loy. L. Rev. LQR LR … App Cas LR … Ch App … LR … Ch D … LR … CP … LR … Eq … LR … Ex …
Abkürzungsverzeichnis Justizgesetzsammlung Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts (1857–1892) bzw. Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (1893–1919) Journal of International Banking Law and Regulation Journal of International Commercial Law and Technology Journal officiel de la République française Juristische Rundschau oder New Zealand Jurist Reports (18731875) Junior Junior Juridical Review [Zeitschrift] Juristische Ausbildung Juristische Schulung Justice de paix Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kommunikation & Recht [Zeitschrift] Law Reports, King’s Bench (1901–1952) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der ersten Beratung der 1. Kommission (1884–1887; sog. Kommissionsentwurf) kleine und mittlere Unternehmen (englisch: SME – small and medium sized enterprises) Kündigungsschutzgesetz (Kündigungsschutzgesetz (KSchG) i.d.F.d. Bekanntmachung vom 25.8.1969, BGBl. I, 1317) Kentucky Law Journal Law Journal Reports, Exchequer New Series (1831 1875) Louisiana Law Review Lord Chancellor Lord Chief Justice Leonard’s Reports (1540–1615) Lesotho Law Journal Landgericht Law and History Review liber Liber Assisarum Lord Justice Lloyd’s Reports letter of intent Loyola Law and Technology Annual Loyola Law Review Law Quarterly Review Law Reports, Appeal Cases (Second Series) (1875–1890) Law Reports, Chancery Appeal Cases (1865 1875) Law Reports, Chancery Division (2nd Series) (1875–1890) Law Reports: Court of Common Pleas (1st series: 1865–75, 2nd series: 1875–1880) Law Reports, Equity Cases (1865–1875) Law Reports: Exchequer cases (1865–1875)
Abkürzungsverzeichnis LR … HL … LR … QB … LS LSG LT LZ
XXXVII
Law Reports: House of Lords, English & Irish Appeals (1865–1875) Law Reports: Queen’s Bench (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875–90; 3rd series: 1891) Legal Studies Landessozialgericht Law Times Reports Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht
MünchKommBGB MünchKommHGB MünchKommVVG My & Cr
Manning & Ryland’s King’s Bench Reports (1827 1830) Maule & Selwyn’s King’s Bench Reports (1813–1817) Meeson & Welsby’s Exchequer Reports (1836–1847) mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen Nachweisen mit zahlreichen weiteren Nachweisen Manning & Granger’s Common Pleas Reports (1840–1844) McGill Law Journal Monatsschrift für Deutsches Recht Melbourne University Law Review Memphis State University Law Review Merivale’s Chancery Reports (1815–1817) Michaelmas (term) Michigan law Review Michigan State Journal of International Law Minnesota Law Review New York Miscellaneous Reports, Third Series Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Modern Law Review Multimedia und Recht [Zeitschrift] Multimedia Messaging Service Modern Reports Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Amtliche Ausgabe, Berlin 1888–1896 Master of the Rolls Mugdan, Benno, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Berlin 1881–1898 Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz Mylne & Craig’s Chancery Reports (1835–1841)
N. n. Chr. N.E.2d N.W. N.W. 2d N.Y. NCCUSL NdsRpfl Neubearb. NILQ NJ
Numéro nach Christus North Eastern Reporter, Second Series (1936 ) North Western Reporter North Western Reporter, Second Series (1942 ) New York Reports (1847 1956) National Conference of Commissioners on Uniform State Laws Niedersächsische Rechtspflege [Zeitschrift] Neubearbeitung Northern Ireland Legal Quarterly Neue Justiz [Zeitschrift]
M & Ry M&S M&W m.w.N. m.z.N. m.z.w.N. Man & G McGill L.J. MDR Melb. U. L. Rev. Mem. St. U. L. Rev Mer Mich. Mich.L. Rev. Mich. St. J. Int’l L. Minn. L. Rev. Misc.3d MittBayNot MittRhNotK MLR MMR MMS Mod Mot. MR Mugdan
XXXVIII
Abkürzungsverzeichnis
NJW NJW-CoR NJW-RR No. Nov. Nr. NSWLR NVwZ NVwZ-RR Nw. J. Int’l L. & Bus. Nw. U. L. Rev. NZCA NZLR NZM NZULR
Neue Juristische Wochenschrift NJW-Computerreport [Zeitschrift] NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht number November Nummer New South Wales Law Reports Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungs-Report Northwestern Journal of International Law & Business Northwestern University Law Review New Zealand Court of Appeal New Zealand Law Reports Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht New Zealand Universities Law Review
O. R.
Official Records (United Nations Conference on Contracts for the International Sale of Goods, Vienna 10 March – 11 April 1980: official records, documents of the conference and summary records of the plenary meetings and of the meetings of the main committees, New York 1981) Oxford Journal of Legal Studies Oberlandesgericht Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungssammlung der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Orange Free State Provincial Division Reports (1910 1946) Obligationenrecht Oregon Law Review
OJLS OLG OLGE OLGZ OPD OR Or. L. Rev p. P. & C.R. Pace Int’l L. Rev. PAngV para. paras. Pas. PECL PICC pl. POP3 PrALR Prot.
QB QBD QC QCA QUTLJ
page(s) [Seite(n)] Property and Compensation Reports Pace International Law Review Preisangabenverordnung paragraph (Absatz/Randnummer) paragraphs (Absätze/Randnummern) Pasicrisie belge [belgische Entscheidungssammlung] Principles of European Contract Law Principles of International Commercial Contracts (UNIDROIT Principles 2010) plea number Post Office Protocol, Version 3 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des bürgerlichen Gesetzbuchs, Berlin 1897–1899 Law Reports: Queen’s Bench (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875– 90; 3rd series: 1891 ) Law Reports: Queen’s Bench (1st series: 1865–1875; 2nd series: 1875– 90; 3rd series: 1891 ) Queen’s Counsel Queensland Supreme Court: Court of Appeal [neutral citation] Queensland University of Technology Law Journal (1988 )
Abkürzungsverzeichnis r. R. crit. R.J.T. n.s. R.J.T. o.s. r+s RabelZ RAG RDC RdE Recht Red. RegE Req. Rev. dr. Int. et comp. Rev. dr. unif. Rev. soc. RG RGBl. RGZ RHD RIDC RIW RJDA RL Rn. RTD civ. RTD com. RTR Rutgers L. Rev. s. S. S.C. (H.L.) S.E.2d S.J. S.W. S.W.2d SA SächsBGB SAL Ann Rev SALJ Sch. SchlHA SchmollersJb. Scot Law Com ScotSC SCR
XXXIX
regulation oder rule Revue critique de législation et de jurisprudence Revue Juridique Themis (New Series) Revue Juridique Themis (Old Series) Recht und Schaden [Zeitschrift] Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Revue des contrats Recht der Energiewirtschaft [Zeitschrift] Das Recht: Übersicht über Schrifttum und Rechtsprechung [Zeitschrift] Redakteur(in) Regierungsentwurf Requête (frühere Kammer der Cour de Cassation) Revue de droit international et de droit comparé Revue de droit uniforme Revue des Sociétés Reichtsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Revue historique de droit français et étranger Revue internationale de droit comparé Recht der Internationalen Wirtschaft [Zeitschrift] Revue de jurisprudence de droit des affaires Richtlinie Randnummer Revue trimestrielle de droit civil Revue trimestrielle de droit commercial Road Traffic Reports (1970 ) Rutgers Law Review Section oder shilling(s) [Schilling(e)] Seite Session Cases, House of Lords South Eastern Reporter, Second Series (1939 ) La Semaine Juridique (Abkürzung für JCP von 1927–1941) South Western Reporter (1886 1928) South Western Reporter, Second Series (1928 ) société anonyme [franz. Parallelform der AG] oder South African Law Reports (1947 ) Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen (in Kraft seit 1.3.1865) Singapore Academy of Law Annual Review of Singapore Cases South African Law Journal Schedule [Annex] Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schmollers Jahrbuch Scottish Law Commission Scottish Sherrif Court [neutral citation] Canada Law Reports, Supreme Court (1923–1969)
XL SeuffA SGCA Shaw Shidler J. L. Com. & Tech. SJLS Slov. L. Rev. SLR SLT SME SMG SMS So. 2d sog. Sol Jo Somm. Sps. ss. st. Rspr. Stark STC Style SUBB Jurisprudentia Supp. Syd. L. Rev. SZIER t. T. com. Taunt TE-AllgT TE-OR Tex. Wesleyan L. Rev. TGI ThürOLG TR tr.
Abkürzungsverzeichnis Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Singapore Court of Appeal Shaw’s Justiciary Decisions (1819 1831) Shidler Journal of Law, Commerce and Technology Singapore Journal of Legal Studies Slovenian Law Review Singapore Law Reports Scots Law Times small and medium sized enterprises (kleine und mittlere Unternehmen [KMU)] Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) Short Message Service Southern Reporter, Second Series (1941 ) sogenannte Solicitors’ Journal Sommaires Spiegelstrich Sections ständige Rechtsprechung Starkie’s Nisi Prius Reports (1814–1822) Simon’s Tax Cases Style’s King’s Bench Reports (1646–1655) Studia Universitatis Babes-Bolyai Jurisprudentia Supplement [Beilage] Sydney Law Review Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht tome [Band] Tribunal de commerce Taunton’s Common Pleas Reports (1807–1819) Teilentwurf zum Allgemeinen Teil des BGB Teilentwurf zum Obligationenrecht von von Kübel (1882) Texas Wesleyan Law Review Tribunal de grande instance Thüringer Oberlandesgericht Durnford & East’s Term Reports, King’s Bench (1785–1800) tractatus oder Traktat Transnational Law & Contemporary Problems [Zeitschrift]
Transnat’l L. & Contemp. Probs. Transnat’l Law. The Transnational Lawyer [Zeitschrift] TRG Transportrechtsreformgesetz Trib. civ. Tribunal civil TS Transvaal Supreme Court Reports (1902 1909) Tul. J. Int’l & Comp. L. Tulane Journal of International and Comparative Law Tul. L. Rev. Tulane Law Review U. Chi. L. Rev. U. Pa. L. Rev.
University of Chicago Law Review University of Pennsylvania Law Review
Abkürzungsverzeichnis U. Pa. L. Rev. U. W. Ontario L. Rev. U.C. Davis L. Rev. U.S. UAPME Überbl. UCC UCC L. J. UECA UETA UKHL UKPC UKSC UKVAT ULCC Ulp. Unif. L. rev. n.s. US UWAL Rev. v. Va. J. Int’l L. Vand. J. Transnat’l L. Vent VerbrKrG VersR vgl. Vict. VLR Vorbem. VP VR VRS VVG
XLI
University of Pennsylvania Law Review oder University of Pennsylvania Law Review and American Law Register University of Western Ontario Law Review University of California, Davis, Law Review United States Supreme Court Reports European Association of Craft, Small and Medium-sized Enterprises Überblick Uniform Commercial Code Uniform Commercial Code Law Journal Uniform Electronic Commerce Act Uniform Electronic Transactions Act United Kingdom House of Lords [neutral citation] United Kingdom Privy Council [neutral citation] United Kingdom Supreme Court [neutral citation] United Kingdom Tax Tribunal – VAT cases [neutral citation] Uniform Law Conference of Canada Ulpian Uniform Law Review (New Series) United States University of Western Australia Law Review von oder versus Virginia Journal of International Law Vanderbilt Journal of Transnational Law Ventris’ King’s Bench Reports (1668–1691) Verbraucherkreditgesetz Versicherungsrecht [Zeitschrift] vergleiche Victoria [bei der Zitierung von Acts; Angabe der regierenden Königin] Victorian Law Reports (1885 1956) Vorbemerkung Die Versicherungspraxis [Zeitschrift] Victorian Reports (1957 ) Verkehrsrechts-Sammlung Versicherungsvertragsgesetz (Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz VVG) v. 23.11.2007, BGBl. I, 2631)
WBl. Wheat WiKG Will. WLR WM Wms Saund WR WRP WuM
Wirtschaftsrechtliche Blätter [Zeitschrift] Wheaton’s Supreme Court Reports (1816 1827) Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität William [bei der Zitierung von Acts; Angabe des regierenden Königs] Weekly Law Reports Wertpapiermitteilungen Saunders’ King’s Bench Reports (1666–1673) Weekly Reporter (1853 1906) Wettbewerb in Recht und Praxis [Zeitschrift] Wohnungswirtschaft und Mietrecht [Zeitschrift]
Y.B. Yale L. J. YB
Year Books [mittelalterliche englische Rechtsprechungssammlung] Yale Law Journal UNCITRAL-Yearbook
XLII z.B. ZakDR ZEuP ZfRV ZfS ZG ZgeschRw ZgS ZHR ZJS ZMR ZR ZRG (GA) ZRG (RA) ZSR ZUM ZürGB ZustRG
Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zeitschrift für Schadensrecht Zivilgericht Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Revisionen in Zivilsachen (Aktenzeichen des BGH) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte/Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte/Romanistische Abteilung Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich Zustellungsreformgesetz
A. Einleitung I. Motive, Gegenstand und Ziel der Untersuchung Die allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss gehören zu den elementaren Grundfundamenten jeder modernen Privatrechtsordnung. Auf ihnen baut das gesamte allgemeine und besondere Vertragsrecht auf. Der Vertrag steht nicht nur im Zentrum des modernen Wirtschaftslebens, er ist quasi ubiquitär – vom klassischen Schulfall des Brötchenkaufs beim Bäcker bis hin zum Mega-Deal zwischen zwei Großkonzernen. Im deutschen Recht sind die allgemeinen Regeln über Angebot und Annahme bereits seit Beginn des letzten Jahrhunderts in §§ 145 ff. BGB verankert und wurden seitdem durch Rechtsprechung und Lehre in vielfältiger Weise konturiert und ausziseliert. Schon für Generationen von Studierenden gehören sie zum Standardprogramm des ersten Semesters. Man könnte daher durchaus meinen, dass in diesem Bereich nichts mehr geschieht und es auch aus wissenschaftlicher Perspektive nichts mehr – oder jedenfalls nicht mehr viel – zu tun gibt. Indes – obgleich die grundlegenden Regeln über den Vertragsschluss, über Angebot und Annahme, zwar in ihren wesentlichen Eckpunkten in den §§ 145 ff. BGB fest etabliert sein mögen ihre genauen Konturen und Einzelheiten befinden sich jedoch auch heute noch immer im Fluss und werden ständig weiterentwickelt, modifiziert und präzisiert. Speziell die rasanten Entwicklungen der modernen Kommunikationstechnologien in den letzten Jahrzehnten – erst Fax und Btx, dann E-Mail, Internet, SMS, MMS etc. haben nicht nur viele „alte Fragen“ in neuem Licht erscheinen lassen, sondern auch zahlreiche neue Fragen und Probleme produziert. Vor allem aber die jüngeren und jüngsten Entwicklungen auf europäischer Ebene lassen es geboten erscheinen, auch die etablierten deutschen Regeln zum Vertragsschluss neu in den Fokus zu nehmen und speziell auch unter diesem Blickwinkel detailliert zu analysieren. Die Arbeiten an einem „Draft Common Frame of Reference (DCFR)“ („Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens“)1 haben die Vertragsrechtsdiskussion in ganz Europa neu entfacht. In vielen Staaten – wie etwa speziell auch in Frankreich2 – haben sie so1
Fn. 15.
2
A. Einleitung
gar den Anstoß zu spezifischen Reformbestrebungen im nationalen Recht gegeben. Mit dem im Oktober 2011 vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (GEKR) (Common European Sales Law CESL)3 existiert nun sogar ein ausgearbeiteter Legislativvorschlag, der ebenfalls bereits eine breite Resonanz erfahren hat und derzeit im Rat erörtert wird. Der im Anhang zum Verordnungsvorschlag enthaltene Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Draft for a Common European Sales Law – CESL-D) enthält mit Kapitel 3 insbesondere auch ein spezielles Kapitel zum Vertragsschluss (Art. 30–39), dessen Vorschriften eine ganze Reihe signifikanter Abweichungen vom deutschen Recht aufweisen. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist vor diesem Hintergrund eine detaillierte Analyse der deutschen Regeln zum Vertragsschluss im Vergleich mit denjenigen der beiden anderen „großen“ europäischen Rechtsordnungen – dem französischen und dem englischen Recht , sowie denjenigen im CESLD. Ziel ist es dabei einerseits, die Regeln des deutschen Rechts kritisch in Bezug auf ihre Geeignetheit und Zweckmäßigkeit im Hinblick auf die Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens und speziell ihre Adaptabilität im Hinblick auf neue technologische Herausforderungen zu untersuchen – insbesondere im Vergleich mit den insofern jeweils im französischen und englischen Recht gefundenen Lösungen sowie denjenigen, wie sie nun im CESL-D vorgeschlagen wurden. Anderseits sollen aber speziell auch die Vorschriften des CESL-D kritisch daraufhin untersucht werden, ob sie wirklich die angestrebte europäische Modellregelung schaffen bzw. wo im Laufe des weiteren Legislativverfahrens auf europäischer Ebene ggf. noch Verbesserungsbedarf besteht. Es existieren zwar bereits ganze Bibliotheken rechtsvergleichender Literatur speziell zum deutschen, französischen und englischen Vertragsrecht. Die meisten Werke beschäftigen sich indes mit ganz spezifischen Einzelfragen, insbesondere auch des speziellen Vertragsrechts (und nicht mit den allgemeinen Vertragsschlussregeln). Die gängigen renommierten rechtsvergleichenden Werke4 enthalten zwar auch spezielle Kapitel zum Vertragsschluss, müssen sich aber schon aus konzeptionellen Gründen auf die wesentlichen Eckpunkte beschränken. Vieles ist zudem nicht mehr ganz „up to date“. Seit der 1968 publizierten berühmten Studie von Schlesinger et. al5, die bis heute zur „Pflichtlektüre“ für jeden Rechtsvergleicher zählt und die das gesamte Spektrum der Vertragsschlussregeln nicht nur im deutschen, französischen und englischen Recht, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer Rechtsordnungen (u.a. USA, sonstige common law-Staaten, kommunistische Staaten) umfassend und 2
Vgl. dazu näher unten B. I.2. b) ff.). Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635. 4 Genannt sei hier nur etwa: Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996. 5 Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968. 3
II. Thematische Eingrenzung, Gang der Darstellung und Methodik
3
detailliert abdeckte, sind inzwischen 45 Jahre (!) vergangen. Gerade in den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch nicht nur im deutschen, sondern auch im französischen und englischen Vertragsschlussrecht viel getan – was nicht zuletzt auch dazu zwingt, einige tradierte rechtsvergleichende „Dogmen“ neu zu evaluieren, wenn nicht sogar erheblich zu relativieren. Unterstrichen und verdeutlicht wird das Desiderat einer aktuellen und detaillierten rechtsvergleichenden Untersuchung als unerlässliche Grundlage für eine fundierte Würdigung sowohl der im deutschen Recht als auch in den anderen nationalen Rechtsordnungen und dem CESL-D gefundenen Lösungen durch den Umstand, dass zum CESL-D wie zu Recht allseits moniert wird6 nur äußerst spärliche Materialien existieren, die sich im Wesentlichen auf einige Beratungsprotokolle der Expertengruppe, welche die vorausgehende Machbarkeitsstudie7 ausarbeitete, beschränken. Die Vorläufer des CESL-D, auf denen dieser wesentlich aufbaut, der DCFR sowie die PECL8, enthielten dagegen zwar jeweils Kommentare zu den einzelnen Artikeln sowie auch rechtsvergleichende Anmerkungen. Zum einen weicht der CESL-D jedoch durchaus in einigen Punkten von den in PECL und DCFR gefundenen Lösungen ab. Zum anderen sind auch die in den diesbezüglichen Begründungen enthaltenen rechtsvergleichenden Anmerkungen relativ knapp und beschränken sich darüber hinaus auf einige allgemeine Aussagen und Verweise auf einschlägige nationale Vorschriften, Judikatur und Literatur (die zudem teilweise auch nicht mehr ganz aktuell sind).
II. Thematische Eingrenzung, Gang der Darstellung und Methodik 1. Thematische Eingrenzung Thematisch beschränkt sich die Untersuchung auf die allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss auf der Basis des grundlegenden Angebot/Annahme-Modells. Sie lehnt sich insofern bewusst an die Konzeption der grundlegenden Studie von Schlesinger et al.9 an. Zugleich entspricht dies aber auch im Wesentlichen dem Regelungsgehalt der Art. 30–39 CESL-D. 6 Vgl. etwa Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann JZ 2012, 269, 271; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 41; Herresthal, Zur Dogmatik und Methodik des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts nach dem Vorschlag der Kaufrechts-Verordnung, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012, S. 85, 142; Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 787; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 693; Stabentheiner WBl. 2012, 61, 66; Zimmermann JBl. 2012, 2, 11. 7 Commission Expert Group on European Contract Law. Feasibility study for a future instrument in European Contract Law, 3 May 2011, abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice/ contract/files/feasibility_study_final.pdf. 8 Fn. 14. 9 Fn. 5.
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A. Einleitung
Nicht Gegenstand – da thematisch speziell unter rechtsvergleichenden Aspekten ganz eigene und mit spezifischen Problemen verbundene Sujets – sind insbesondere: Rechts- und Geschäftsfähigkeit als Voraussetzung für den Vertragsschluss, Vertretung beim Vertragsschluss, Sitten- und Gesetzeswidrigkeit von Verträgen sowie die gesamte Irrtumsproblematik. Bewusst ausgespart wurde auch das gesamte spezifische Verbraucherschutzrecht, da auch dies ein ganz eigenes Feld darstellt, das zudem in weiten Teilen europäisch harmonisiert ist und schon deshalb aus rechtsvergleichender Perspektive weniger interessant ist als das allgemeine unvereinheitlichte Vertragsschlussrecht. Spezifisch verbraucherrechtliche Aspekte werden aber insofern an einigen Punkten angesprochen bzw. mitbehandelt, als sie Auswirkungen auf das allgemeine Vertragsschlussrecht haben bzw. besonders markante Abweichungen von den allgemeinen Regeln darstellen.
2. Gang der Darstellung Quasi als Fundament für die gesamte weitere Analyse wird in Teil B zunächst die Grundkonzeption des Vertragsschlusses im deutschen, französischen und englischen Recht sowie im CESL-D untersucht. Im Fokus steht zunächst das Grundprinzip des Konsensualvertrags (Vertrag als meeting of the minds bzw. rencontre des volontés, B. I) und seine konkrete Ausgestaltung in den einzelnen Rechtsordnungen. Mit Blick darauf, dass sich nicht nur der heutige Stand der Dogmatik, sondern auch die meisten Einzelprobleme von Angebot und Annahme häufig erst vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte wirklich verstehen lassen, wird in diesem Abschnitt jeweils auch die historische Entwicklung des heutigen Vertragsschlussrechts im deutschen, französischen und englischen Recht nachgezeichnet, wobei insbesondere auch die gemeinsamen Wurzeln sowie die vielfältigen Verbindungslinien und Interrelationen herausgearbeitet werden. Anschließend daran wird in einem zweiten Abschnitt (B. II) auf die bis heute fortbestehenden realkontraktlichen Relikte eingegangen. Teil C widmet sich dann dem Angebot als erstem Grundpfeiler des Vertragsschlusses. Spezifisch beleuchtet werden dabei speziell die Definition und Rechtsnatur des Angebots (C. I), die Abgrenzung zu Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen (d.h. zu außerrechtlichen Äußerungen einerseits und zur invitatio ad offerendum andererseits, C. III), das Angebot ad incertas personas (C. IV), die Bestimmtheit des Angebots (C. V), seine Kommunikation (C. VI), Zeitpunkt und Ort seiner Wirksamkeit (C. VII) sowie Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen (C. VIII). Speziell eingegangen wird im Wege eines Exkurses aber auch auf die Auslegungsstandards in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen sowie im CESL-D (C. II). Als Pendant dazu werden in Teil D die wesentlichen Einzelprobleme der Annahme untersucht: Definition und Rechtsnatur (D. I), die Abgrenzung zu
II. Thematische Eingrenzung, Gang der Darstellung und Methodik
5
Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen (D. II), die Frage nach dem Erfordernis eines Nexus mit dem Angebot (speziell: die Problematik der Kreuzofferten sowie die sog. „Belohnungsfälle“, D. III), die inhaltlichen Anforderungen an die Annahme sowie die rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen (D. IV), die Kommunikation der Annahme (D. V), der Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung (D. VI), Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit der Annahme (und damit auch des Vertragsschlusses) (D. VII) sowie das Sonderproblem von kollidierenden AGB (battle of forms, D. VIII). Ausgangspunkt ist dabei stets eine Darstellung der jeweiligen Regeln und Grundsätze im deutschen Recht, dann derjenigen des französischen und des englischen Rechts und sodann derjenigen des CESL-D. Erst daran anschließend und hierauf aufbauend erfolgt dann jeweils eine rechtsvergleichende Würdigung in Bezug auf die konkret untersuchte Sachfrage. Den Abschluss der Arbeit bilden eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Thesen (E.) sowie eine Zusammenstellung der Vorschläge für eine Fortentwicklung des deutschen Rechts sowie für Änderungen im CESLD (F.).
3. Methodik Die Darstellung des deutschen Rechts wurde insgesamt bewusst knapp gehalten. Im Fokus stehen hier einerseits jeweils die wesentlichen Grundregeln und Grundsätze – speziell auch vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung , andererseits ggf. existierende Streitfragen und Probleme. Die Literaturangaben wurden insofern auf die wichtigsten Standardwerke sowie die für die jeweilige konkrete Einzelfrage einschlägige Spezialliteratur beschränkt. Bei der Darstellung des französischen und englischen Rechts wurde dagegen schon im Interesse der Verständlichkeit für den Leser bewusst etwas weiter ausgeholt, nicht nur im Hinblick auf die historische Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf die Zusammenhänge mit anderen Regelungsbereichen des jeweiligen nationalen Rechts. Obgleich im Rahmen der Recherche auch umfangreich Sekundärliteratur herangezogen wurde, wurden die Angaben zu Rechtsprechung und Literatur im Interesse der Authentizität (fast) ausschließlich auf Primärmaterialien beschränkt; sekundär- und rechtsvergleichende Literatur wird weitgehend erst (bzw. nur) im Rahmen der jeweiligen rechtsvergleichenden Würdigung zitiert. Zitierweise und –stil der jeweiligen nationalen Materialien orientiert sich weitestgehend an den jeweiligen französischen bzw. englischen Konventionen. Zitate aus französischen bzw. englischen Rechtstexten, Gerichtsurteilen, Literatur und sonstigen Materialien werden gewöhnlich zunächst im Original wiedergegeben, dann aber durch eine offizielle (soweit existent) bzw. eigene Übersetzung ergänzt.
6
A. Einleitung
Bei der Darstellung der Regeln des CESL-D wurden die einschlägigen Vorschriften zur Erleichterung für den Leser jeweils parallel in deutscher, englischer und französischer Sprache mitabgedruckt, insbesondere da es teilweise auch sprachliche Variationen bzw. Divergenzen gibt. Soweit solche existieren (und dies im jeweiligen Kontext sinnvoll erschien), wurde hier zudem jeweils auf Vorläuferregelungen in anderen internationalen Instrumenten (samt der diesbezüglichen Rechtsprechung, Literatur und Materialien) eingegangen (diese sind dann ggf. ebenfalls zumindest in der Fußnote mitabgedruckt; soweit keine offizielle deutsche Fassung verfügbar war, schließt sich auch hier jeweils eine eigene Übersetzung an). Herangezogen wurde dabei speziell: – der Entwurf von Rabel aus dem Jahr 193610; – das EAG (Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen v. 1.7.1964)11; – das CISG (UN-Kaufrecht United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods)12; – die PICC (UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts)13 – die PECL (Principles of European contract law)14 – der DCFR (Draft Common Frame of Reference)15.
10
Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd. 1, 1936. Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen v. 1.7.1964, abgedruckt mit Gesetz zu den Haager Kaufrechtsübereinkommen vom 1. Juli 1964 v. 17.7.1973, BGBl. II, 885. 12 United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods/Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 (A/CONF. 97/18, annex I), O.R., S. 178 ff., YB XI (1980), S. 151 ff., BGBl. 1989 II, 586 (berichtigt BGBl. 1990 II, 1699). 13 UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (1. Edition 1994, 2. Edition 2004, 3. Edition 2010); verwendet wurde die offizielle deutsche Fassung der 3. Edition 2010 (die allerdings nur den Text enthält, abrufbar unter http://www.unidroit.org/english/principles/contracts/principles2010/translations/blackletter2010-german.pdf) sowie die offizielle englische Fassung der 3. Edition (integrale Version inkl. Begründung, abrufbar unter http:// www.unidroit.org/english/principles/contracts/principles2010/integralversionprinciples2010e.pdf). 14 Lando (ed.), Principles of European contract law, 2000–2003; deutsche Ausgabe der Teile I und II: von Bar/R. Zimmermann (Hrsg.), Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teile I und II, 2002 (die Zitate sind jeweils dieser deutschen Fassung entnommen). 15 Von Bar/Clive/Schulte-Nölke (eds.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR). Interim outline edition, 2008; von Bar/Clive (eds.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR). Full Edition 2009 (verwendet wurde die Full Edition 2009). 11
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags – Vertrag als meeting of the minds bzw. rencontre des volontés 1. Der Vertragsschluss nach dem deutschen BGB a) Vertragsschluss durch bloßen Parteikonsens Anders als etwa im Code civil16 werden Begriff und Voraussetzungen des Vertrags im BGB nicht legaldefiniert.17 Allgemein anerkanntes Grundprinzip ist jedoch, dass ein Vertrag grundsätzlich allein durch den bloßen Parteikonsens zustande kommt, „durch Willenserklärungen Angebot und Annahme der Parteien gemäß §§ 145 ff. BGB“18. Zu Grunde liegt dem das Verständnis des Vertrags als der „rechtsgeschäftlichen Regelung eines Rechtsverhältnisses, die von den Vertragspartnern einverständlich getroffen wird“19. Der Vertrag ist nach dem BGB – und hierin liegt eine seiner charakteristischen Besonderheiten und wohl auch eine der größten kodifikatorischen Leistungen – letztlich nur eine Subkategorie des allgemeinen und für die Gesamtkonzeption des BGB zentralen (Abstraktions-)Begriffs20 des Rechtsgeschäfts21. b) Historische Entwicklung Die historischen Wurzeln dieser Konzeption reichen bis in das römische Recht zurück. 16
Vgl. dazu unten B. I.2. a) Dazu noch näher unten B. I.1. b) gg). 18 Vgl. BGH NJW 2005, 53, 55; BGH NJW 2011, 2643. Oder in der Formulierung nach BGH WM 1985, 1481: „Ein Vertrag kommt zustande durch das Angebot des einen Teils und die einschränkungslose Annahme des Angebots durch den anderen Teil“. Vgl. auch bereits RGZ 93, 175, 176: „kann … auch ein schriftlicher Vertrag zwischen zwei Parteien nur dadurch zustande kommen, daß die eine die Schließung des Vertrags der anderen anträgt (§ 145) und daß die anderen den Antrag rechtzeitig annimmt (§§ 146 flg.), und zwar muß die Annahme der antragenden Partei gegenüber (§ 130) erklärt werden, es sei denn, daß eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder daß die antragende Partei auf sie verzichtet hat (§ 151)“. 19 Vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, § 33, 2 (S. 602); Staudinger/Bork, Neubearb. 2010, Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 1. 20 Vgl. Flume (Fn. 19), § 2, 1 (S. 23). 21 Vgl. Flume (Fn. 19), § 33, 1 (S. 601). 17
8
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
aa) Römisches Recht Das römische Recht war zwar noch weit entfernt von der Entwicklung einer allgemeinen Vertragstheorie mit abstrakten Begriffen wie dem des Rechtsgeschäfts oder der Willenserklärung.22 Wie andere frühzeitliche Rechtsordnungen war es vielmehr von einem starken Formalismus23 und einer vom Einzelfall ausgehenden Betrachtungsweise24 geprägt. Die im altrömischen Recht entwickelten Rechtsakte waren allesamt an die Einhaltung einer bestimmten Realform (Wirkform) gebunden, in der sich ihre mystisch-sakralen Wurzeln widerspiegelten25 (z.B. Ergreifen der Sache bei der mancipatio26, eine bestimmte Frage-Antwort-Formel bei der stipulatio27). Obgleich dieser Formalismus im Grundsatz auch in der klassischen und nachklassischen Periode fortlebte, wandelte sich doch der Charakter der Formen: Sie wurden Schutzformen, die der Wahrung bestimmter privater und öffentlicher Interessen dienten.28 Zudem wurde nach und nach auch bestimmten formfreien Konsensualverträgen rechtliche Bindungswirkung zuerkannt. Neben die obligationes re (Realkontrakte)29, die obligationes verbis (Verbalkontrakte) und die obligationes litteris (Litteralkontrakte) tritt in den Institutiones 22 Vgl. Binder ARWP 6 (1912/13), 96, 100; Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, 152; Fröde, Willenserklärung, Rechtsgeschäft und Geschäftsfähigkeit, 2012, S. 119; Hogg, Promises and Contract Law, 2011, S. 110; Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschnitt, Das altrömische, vorklassische und klassische Recht, 2. Aufl. 1971, § 56 (S. 227 ff.); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 19. Aufl. 2008, § 5 Rn. 1 ff.; Zajtay AcP 165 (1965) 97, 112; Zweigert FS Rheinstein II, 1969, S. 493, 495. Vgl. auch Kunkel, Römisches Privatrecht, 2. Aufl., 1935, S. 80: „Der Begriff des ‚Rechtsgeschäfts‘ … wurde mehr empfunden als durchdacht“. Relativierend jedoch MeyerPritzl FS Schmidlin, 1998, S. 99, 119. 23 Vgl. Fabre-Magnan, Droit des obligations. 1 – Contrat et engagement unilatéral, 3e éd. 2012, S. 44; Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, 8. Aufl. 1997, S. 276; Kaser/Knütel (Fn. 22), § 6 Rn. 1; Mitteis, Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians, 1908, S. 255, 289 f.; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, 2. Aufl. 1955, S. 98; M.-P. Weller, Die Vertragstreue: Vertragsbindung Naturalerfüllungsgrundsatz – Leistungstreue, 2009, S. 70 f. 24 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 44; Kaser/Knütel (Fn. 22), Einl. Rn. 28, § 5 Rn. 2. 25 Vgl. Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, 161; Kaser (Fn. 22), § 8 II (S. 39); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 6 Rn. 1 f.; Mitteis (Fn. 23), S. 256. Zu den sakralen Wurzeln ferner auch Buckler, The origin and history of contract in Roman law down to the end of the republican period, 1895, S. 4 ff. 26 Näher zur mancipatio etwa Hausmaninger/Selb (Fn. 23), S. 213 ff.; Kaser/Knütel (Fn. 22), § 7 I. 27 Näher zur stipulatio etwa Hausmaninger/Selb (Fn. 23), S. 279 ff.; Hogg (Fn. 22), S. 111 ff.; Kaser/Knütel (Fn. 22), § 7 II. 28 Vgl. Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, 161 f.; Kaser (Fn. 22), § 57 I (S. 230); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 6 Rn. 2. Vgl. allgemein zur Wandlung von Wirkformen zu Schutzformen: Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, S. 82, 84 f. 29 Realkontrakte waren das Darlehen (mutuum), die Leihe (commodatum), die Verwahrung (depositum) und die Verpfändung (pignus). Gaius, 3, 90 nennt nur das Darlehen (mutuum); die Gaius zugeschriebenen res cottidianae sive aurea (D. 44, 7, 1, 3, 5, 6) (deren Klassizität allerdings streitig ist) nennen dagegen auch die drei anderen. Vgl. Honsell, Römisches Recht, 7. Aufl. 2010, S. 102; Kaser (Fn. 22), S. 530 ff.; Kaser/Knütel (Fn. 22), § 38 Rn. 7, § 39.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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von Gaius als vierte Kategorie der klagbaren obligationes ex contractu30 diejenige der obligationes consensu (Konsensualkontrakte), bei denen die bloße Willenseinigung eine Verpflichtung erzeugt31. Der Kreis dieser Konsensualkontrakte war zwar relativ beschränkt, umfasste aber immerhin die praktisch bedeutsamen Rechtsgeschäfte emptio venditio (Kauf), locatio conductio32, societas (Gesellschaft) und mandatum (Auftrag).33 In der Zuerkennung rechtlicher Verbindlichkeit und Klagbarkeit dieser vier formfreien Vertragstypen liegt anerkanntermaßen eine der größten kulturellen und juristischen Errungenschaften des klassischen römischen Rechts.34 Darüber hinaus kristallisierte sich in der klassischen Zeit aber vor allem auch die allgemeine Erkenntnis heraus, dass sämtlichen obligationes ex contractu – auch den formgebundenen eine Willenseinigung zu Grunde liegt, die für ihre Wirksamkeit konstitutiv ist.35 Beleg hierfür ist die berühmte Sentenz des Pedius „nullum esse contractum, nullam obligationem, quae non habeat in se conventionem, sive re sive verbis fiat“ („es gebe keinen Vertrag, kein Schuldverhältnis, das nicht ein Übereinkommen in sich trage, mag es durch Sachhingabe oder durch Worte zustande kommen“).36 Diese essentielle Erkenntnis hatte nicht nur weitreichende Auswirkungen auf die klassisch-römische Aus-
30 Gaius, Institutiones, 3, 89: „Et prius uideamus de his quae ex contractu nascuntur. harum autem quattuor genera sunt: aut enim re contrahitur obligatio aut uerbis aut litteris aut consensu“. 31 Gaius, Institutiones, 3, 135: „Consensu fiunt obligationes in emptionibus et venditionibus, locationibus conductionibus, societatibus, mandatis“. Der Sache nach findet sich diese Differenzierung allerdings schon früher, vgl. dazu etwa Cannata, Der Vertrag als zivilrechtlicher Obligierungsgrund in der römischen Jurisprudenz der klassischen Zeit, in: Feenstra (éd.), Collatio ivris romani, 1995, S. 59 ff.; Kaser, Divisio obligationum, in: Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 1986, S. 155, 160 ff. m.z.w.N. 32 Die locatio conductio umfasste das, was wir heute in Miete, Pacht, Dienst- und Werkvertrag aufgliedern, vgl. Hausmaninger/ Selb (Fn. 23), S. 321; Honsell (Fn. 29), S. 139; Kaser (Fn. 22), § 132 I 1 (S. 562); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 42 Rn. 1. 33 Gaius, Institutiones, 3, 135 (s. Fn. 31). 34 Kaser (Fn. 22), § 122 II 4 (S. 526); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 38 Rn. 11; s. ferner auch Lepointe/Monier, Les obligations en droit romain et dans l’ancien droit français, 1954, S. 123 f.; Zimmermann JZ 1990, 825, 827. 35 Vgl. Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, S. 169 f.; Karsten, Die Lehre vom Vertrage bei den italienischen Juristen des Mittelalters, 1882, S. 19 ff.; Kaser (Fn. 22), § 122 I 2 (S. 523); Kaser/ Knütel (Fn. 22), § 38 Rn. 2; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 351; Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 181; HKK/Schermaier vor § 104 Rn. 2; Nanz, Die Entstehung des allgemeinen Vertragsbegriffs im 16. bis 18. Jahrhundert, 1985, S. 8 ff.; Schmidlin in: Berner Komm. VI/1/1, 1986, Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 1; ders., Der Vertrag im europäischen Zivilrecht, 2011, S. 32 f.; HKK/Thier § 311 Rn. 7. 36 Ulp. 4 ed. D. 2, 14, 1, 3. Vgl. dazu und sowie zum Verhältnis zur früheren Behandlung des contractus bei Labeo: Cannata (Fn. 31), S. 59, 62 ff.; Paricio, Der Vertrag – eine Begriffsbildung, in: Santos/Javier/Baldus/Dedek (Hrsg.), Vertragstypen in Europa, 2011, S. 11, 19 ff., 31 ff. (jeweils m.w.N.).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
legungs- und Irrtumslehre37; aus heutiger Perspektive liegt hierin vielmehr letztlich die Wiege der gesamten modernen Vertragstheorie38. In nachklassischer Zeit wurde der Formalismus dann durch die Herausbildung der sog. Innominatkontrakte39 noch weiter gelockert. Klagbar waren nun auch atypische Kontrakte (wie z.B. der Tausch [permutatio]40 oder der Trödelvertrag [aestimatum]41); allerdings konnte nur dann auf die Gegenleistung42 geklagt werden, wenn die klagende Partei ihre Leistung – die als causa bezeichnet wurde bereits erbracht hatte.43 Berühmt ist insoweit die Einteilung von Paulus (D. 19, 5, 5)44, der zwischen vier Kategorien differenziert: do tibi ut des (ich gebe dir, damit du gibst), do ut facias (ich gebe, damit du etwas tust), facio ut des (ich tue etwas, damit du gibst), facio ut facias (ich tue etwas, damit du etwas tust).45 Fehlte es jedoch an einer causa in diesem Sinne, so konnte aus der bloßen Willensübereinkunft (conventio) kein klagbarer Vertrag 37 Vgl. Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, 169 ff.; Kaser/Knütel (Fn. 22), § 38 Rn. 2 und ausf. § 8 Rn. 1, 6 f., 21 ff. 38 Vgl. Dulckeit FS Schulz, 1951, S. 148, 170; Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009, S. 19 f.; Schermaier (Fn. 35), vor § 104 Rn. 2. 39 Auf Grund der charakteristischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung findet sich gelegentlich auch die Bezeichnung „Innominatrealkontrakte“, vgl. Hausmaninger/Selb (Fn. 23), S. 336; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 534. So etwa bei Flume (Fn. 19), § 12 II 1 (S. 162). Siehe ferner etwa auch Kunkel, Römisches Privatrecht, 2. Aufl. 1935, S. 245: „unbenannte Realkontrakte“. 40 Vgl. Hausmaninger/Selb (Fn. 23), S. 336; Flume (Fn. 19), § 12 II 1 (S. 162); Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 289. 41 Vgl. Hausmaninger/Selb (Fn. 23), S. 336; Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, Die nachklassischen Entwicklungen, 2. Aufl. 1975, § 269 II (S. 420); Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 290. 42 Neben der Klage auf die Gegenleistung blieb aber weiterhin auch die Möglichkeit der condictio ob causam datorum, d.h. der Vorleistende konnte zwischen dem Begehren der Gegenleistung und der Rückforderung seiner eigenen Leistung wählen, vgl. Karsten (Fn. 35), S. 45 f.; Kaser (Fn. 41), § 269 II (S. 421); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 46 Rn. 7; Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 293; Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 213; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 537. 43 Vgl. Coing, Europäisches Privatrecht I, 1985, § 79 I (S. 399); Flume (Fn. 19), § 12 II 1 (S. 162); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 46 Rn. 7; Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 292; Nanz (Fn. 35), S. 14; Schmidlin, Der Vertrag im europäischen Zivilrecht, 2011, S. 52 ff., 62; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 534 f. Siehe ferner D. 2, 14, 7, 2 (Ulpianus 4 ad ed.): „Sed et si in alium contractum res non transeat, subsit tamen causa, eleganter aristo celso respondit esse obligationem. ut puta dedi tibi rem ut mihi aliam dares, dedi ut aliquid facias: hoc sunallagma esse et hinc nasci civilem obligationem. et ideo puto recte iulianum a mauriciano reprehensum in hoc: dedi tibi stichum, ut pamphilum manumittas: manumisisti: evictus est stichus. iulianus scribit in factum actionem a praetore dandam: ille ait civilem incerti actionem, id est praescriptis verbis sufficere: esse enim contractum, quod aristo sunallagma dicit, unde haec nascitur actio.“ 44 „… qui in his competit speciebus: aut enim do tibi ut des, aut do ut facias, aut facio ut des, aut facio ut facias: in quibus quaeritur, quae obligatio nascatur“. 45 Der Text wird allerdings als weitgehend interpoliert angesehen, vgl. Kaser/Knütel (Fn. 22), § 46 Rn. 8; Rabel (Fn. 23), § 74 (S. 117). Ausf. zu diesem Fragment: Collinet FS Koschaker, 1939, S. 70, 72 ff.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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entstehen: „ex nudo pactio actio non nascitur“46.47 Dennoch bedeutete die Anerkennung dieser Innominatkontrakte eine erhebliche Erweiterung des Kreises klagbarer Vereinbarungen.48 Zudem war damit auch der Grundstein gelegt für die Lehre von der causa49, die nicht nur für die Entwicklung des modernen Bereicherungsrechts50, sondern auch für die weitere Entwicklung des Vertragsrechts in ganz Europa insbesondere auch die französische Lehre von der cause51 und nicht zuletzt auch die englische consideration-Doktrin52 von entscheidender Bedeutung war. bb) Germanische und fränkische Zeit Mit dem Untergang des römischen Reiches gerieten diese ersten vertragstheoretischen Errungenschaften indes zunächst mehr oder weniger in Vergessenheit. Über Existenz, Ausgestaltung und Formgebundenheit des „Vertragsrechts“ in germanischer und fränkischer Zeit gehen die Meinungen weit auseinander.53 Im 19. Jahrhundert wurde noch vielfach die These vertreten, dass ein klagbarer Vertrag bereits durch die bloße Willensübereinkunft der Parteien entstand54. In neuerer Zeit wird dagegen überwiegend davon ausgegangen, dass die bin-
46 Vgl. Dig. 2,14,7,4 (Ulpianus 4 ad ed.): „Sed cum nulla subest causa, propter conventionem hic constat non posse constitui obligationem: igitur nuda pactio obligationem non parit, sed parit exceptionem“; Pauli Sententiae 2, 14, 1: „Si pactum nudum de praestandis usuris interpositum sit, nullius est momenti: ex nudo enim pacto inter cives Romanos actio non nascitur“. 47 Ausf. zu pactum, convenctio und contractus im klassischen römischen Recht: MeyerPritzl FS Schmidlin, 1998, S. 99 ff. m.z.w.N. Siehe ferner insbesondere auch Cannata (Fn. 31), S. 59, 66 ff.; Nanz (Fn. 35), S. 22 ff. 48 Vgl. Honsell (Fn. 29), S. 155; Kaser (Fn. 41), § 269 II (S. 421); Kaser/Knütel (Fn. 22), § 38 Rn. 2; Kunkel, Römisches Privatrecht, 1935, S. 245; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 536 f.; s. ferner auch Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 294 f. 49 Ausf. dazu R. Zimmermann (Fn. 28), S. 549 ff. m.z.w.N. Siehe ferner insbesondere auch Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 212 ff. 50 Vgl. zu den historischen Entwicklungslinien des Bereicherungsrechts nur Staudinger/ Martinek, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearb. 2012, Rn. S 9 ff. m.z.w.N. Speziell zur causa im Kondiktionenrecht des Mittelalters ausf. Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 189 ff. m.z.w.N. 51 Vgl. zu den Wurzeln der cause in den römischen Innominatkontrakten: Ghestin, Cause de l’engagement et validité du contrat, 2006, n° 16 (S. 11 f.); Lepointe/Monier (Fn. 34), S. 294 f., 337. Ausf. zur cause unten B. I.2. a) dd), B. I.2. b) ee)(2)(c), B. I.2. b) ff.). 52 Ausf. zur consideration unten B. I.3. a) cc)(2), B. I.3. b) bb), B. I.3. b) dd)(1). 53 Vgl. dazu auch Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 11; HRG/Mayer-Maly, Bd. V, Sp. 841 f. 54 Paradigmatisch Stobbe, Zur Geschichte des deutschen Vertragsrechts, 1855, S. 3 ff.; siehe ferner etwa auch Zoepfl, Deutsche Rechtsgeschichte, 4. Aufl. 1871–1872, § 123 III (S. 283); differenzierend von Gierke, Schuld und Haftung im älteren deutschen Recht, 1910, S. 120 ff. (Vertrag kommt bereits durch das „schlichte Wort“ zustande, Erzwingbarkeit setzt aber eine bestimmte Form voraus). Weitere Nachweise bei Puntschart, Schuldvertrag und Treuegelöbnis, 1896, VI; Nanz (Fn. 35), S. 24 ff.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
dende Kraft bzw. Klagbarkeit privater Vereinbarungen von der Einhaltung bestimmter Formen abhing.55 So finden sich etwa im Codex Euricianus (ca. 475)56, im Liber iudiciorum (um 654)57 und in der Lex Baiwariorvm (nach 740)58 Regelungen zur Bewirkung eines Vertragsschlusses mittels einer sog. arrha („Draufgabe“).59 Codex Euricianus60 und Liber iudiciorum61 messen aber auch einem schriftlichen Kaufvertrag bindende Wirkung bei; fehlt die Schriftform, so ist der Kaufvertrag bindend, wenn die Übergabe des pretium durch Zeugen bewiesen wird.62 Ähnlich auch die Lex Baiwariorvm, die für die Gültigkeit von pacta entweder die Schriftform oder den Abschluss vor drei Zeugen verlangte.63 Zu nennen ist in diesem Zusammenhang weiterhin die in Titel 50 der Lex Salica (507–511) geregelte fides facta.64 Wesen und Funktion dieses förmlichen 55 Vgl. HRG/Mayer-Maly, Bd. V, Sp. 841; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 11; von Amira/Eckhardt, Germanisches Recht, Bd. II. Rechtsaltertümer, 4. Aufl. 1967, S. 117 ff.; Nanz (Fn. 35), S. 25. Ebenso auch schon Schulz, Die Arrha im älteren deutschen Rechte, 1909, S. 8 ff. (sehr kritisch zur älteren Lehre); Schröder/von Künßberg, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl. 1932, S. 64, 67. 56 Codex Euricianus 297: Qui arras pro quacumque acceperit re, [prae]tium cogatur implere, quod placuit. [Empt]or vero, si non occurr(er)it ad diem con[stitu]tum, arras tantummodo recipiat, quas [dedi]t, et res definita non valeat. (abgedruckt in Zeumer, Leges Visigothorum, 1902). Dazu Siems, Handel und Wucher im Spiegel frühmittelalterlicher Rechtsquellen, 1992, S. 119 ff. m.w.N. 57 Liber iudiciorum V, 4, 4: Qui arras pro quacumque re acceperit, id cogatur inplere, quod placuit. Emtor vero, si per egritudinem aut gravem necessitatem, que vitari non potuerunt, ad constitutum non occurrerit diem, quem voluerit pro se dirigat, qui pretium tempore definito perconpleat. Quod si constituto die nec ipse successerit nec pro se dirigere voluerit, arras tantummodo recipiat, quas dedit, et res definita non valeat. (abgedruckt in Zeumer, Leges Visigothorum, 1902). Dazu Siems (Fn. 56), S. 120 ff. m.w.N. 58 Lex Baiwariorvm XVI, 10: Qui arras dederit pro quacumque re, pretium cogatur implere, quod placuit emptori. Et si non occurrerit ad diem constitutum vel antea non rogaverit placitum ampliorem, si hoc neglexerit facere, tunc perdat arras et pretium quod debuit, impleat. (abgedruckt bei de Schwind, Lex Baiwariorvm, 1926). Dazu Siems (Fn. 56), S. 91 m.w.N. 59 Ausf. zur arrha etwa Schulz (Fn. 55), 1909, S. 1 ff.; s. ferner etwa auch von Gierke, Deutsches Privatrecht, Teil 3: Schuldrecht, 1917, S. 336 ff. m.w.N. 60 Codex Euricianus 286: Venditio per scripturam facta plenam [habea]t firmitatem. Si etiam scriptura fac[ta no]n fuerit, datum praetium testibus con[prob]atur, et emptio habeat firmitatem. (abgedruckt in Zeumer, Leges Visigothorum, 1902). 61 Liber iudiciorum V, 4, 3: Venditio per scripturam facta plenam habeat firmitatem. Ceterum, si etiam scriptura facta non fuerit, et datum pretium presentibus testibus conprobetur et plenum habeat emtio roborem. (abgedruckt in Zeumer, Leges Visigothorum, 1902). 62 Dazu Siems (Fn. 56), S. 117. 63 Lex Baiwariorvm XVI, 16: Pacta vel placita, quae per scripturam quacumque facta sunt vel per testes denominatos tres vel amplius … immutare nulla ratione permittimus. (abgedruckt bei de Schwind, Lex Baiwariorvm, 1926). Dazu näher Mayer-Maly ZRG (RA) 108 (1991) 213, 215 ff.; Siems (Fn. 56), S. 87 f. 64 Dazu näher von Gierke (Fn. 54), S. 144 ff.; ders., Deutsches Privatrecht, Teil 3: Schuldrecht, 1917, S. 328 ff.; Planitz, Deutsches Privatrecht, 3. Aufl. 1948, S. 136; Siems (Fn. 56), S. 63 ff. m.w.N.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Versprechens („Treuegelöbnisses“) sind indessen bis heute nicht abschließend geklärt. Obgleich manche annehmen, dass es unmittelbar zur Begründung einer Verbindlichkeit diente65, sprechen doch eine Reihe von Textstellen eher dafür, dass die fides facta eine bereits bestehende Verbindlichkeit (und damit einen Vertragsschluss) voraussetzte und vielmehr der Unterwerfung unter eine künftige Vollstreckung diente66. Ähnliches gilt im Hinblick auf die vergleichbare langobardische wadiatio67; auch diese diente wohl eher nicht unmittelbar der Begründung eines Schuldverhältnisses68, sondern der Zugriffsmacht auf den Schuldner69. cc) Rezeption des römischen Rechts Mit der Ende des 11. Jahrhunderts von Bologna ausgehenden70 Rezeption des römischen Rechts, die ab dem 13. Jahrhundert allmählich auch in Deutschland einsetzte71, wurden die juristisch-kulturellen Errungenschaften des römischen Rechts wiederbelebt und fortentwickelt. (1) Legistik Die frühen, bis etwa Mitte des 12. Jahrhunderts entstandenen Glossatorenschriften folgten dabei hinsichtlich der Einteilung der Kontrakte und des Typenzwangs noch streng dem Schema des Corpus Iuris.72 In seiner um 1165 in Montpellier entstandenen Schrift Summa Codicis begründete der Legist Pla-
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So Hagemann ZRG (GA) 83 (1966), 1, 12 ff.; Nanz (Fn. 35), S. 25 f.; Zoepfl (Fn. 54), § 123 VII (S. 286 ff.). 66 So von Gierke (Fn. 54), S. 148 ff.; ders. (Fn. 59), S. 328 f.; Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, Bd. 2, 1886, S. 233, 237; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 11; Planitz (Fn. 64), S. 136; Siems (Fn. 56), S. 63 ff. 67 Die wadiatio („Wettvertrag“) wurde durch Übergabe eines Stäbchens („wadia“) geleistet, wobei bestimmte formelhafte Worte gesprochen wurden, vgl. nur Planitz (Fn. 64), S. 136. Siehe Edictum Rothari 366 (643) sowie Liutprand 15, 16, 36–42, 108, 109, 128 (715–735) (beides abgedruckt bei Bluhme/Boretius, Leges Langobardorum, 1868). 68 So aber Hagemann ZRG (GA) 83 (1966), 1, 25 f.; Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, 2000, S. 20 f.; Zoepfl (Fn. 54), § 123 VII (S. 286 ff.). 69 Vgl. von Gierke (Fn. 54), S. 266 ff., 280 ff.; ders. (Fn. 59), S. 330 ff.; Heusler (Fn. 66), S. 233, 237; Planitz (Fn. 64), S. 136; Siems (Fn. 56), S. 130. S. ferner auch Berger (1940) 35 Ill. L. Rev. 154, 166 f.; Schulz (Fn. 55), S. 81 ff. 70 Ausf. dazu Lange, Römisches Recht im Mittelalter I, 1997, S. 1 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Aufl. 1967, S. 45 ff. (jeweils m.z.w.N.). 71 Vgl. Kaser/Knütel (Fn. 22), § 1 Rn. 29; Lange/Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter II, 2007, S. 18 f.; Wieacker (Fn. 70), S. 116; s. aber auch Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, 19. Aufl. 1992, S. 329: „Hauptrezeption (sog. „praktische Rezeption“) beginnend im 14. Jahrhundert“. 72 So der Brachylogus und die Exceptiones Petri (beide um 1100) sowie die Summa Trecenis (etwa 1150), Lo Codi (um 1150) und die Summa Codicis des Rogerius (ca. 1160); näher Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 273 ff. m.w.N. Allgemein zu diesen frühen Glossatorenschriften Lange (Fn. 70), § 21 II 1 (S. 196), §§ 43–45 (S. 387 ff.) und § 49 (S. 415 ff.).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
centinus73 dann jedoch eine neue Klassifizierung, die das Fundament der gesamten weiteren legistischen Dogmatik bildete74: Als Gegenstück zu den lediglich eine Naturalobligation begründenden pacta nuda prägte er den Begriff der pacta vestita, d.h. der Verträge, die in das „Rechtskleid“ (vestimentum) der nach römischem Recht klagbaren Vertragstypen eingehüllt waren.75 Diese sog. Vestiturtheorie wurde in der Folgezeit u.a. von dem einflussreichen bologneser Glossator Azo (vor 1190–1220)76 aufgegriffen, der in seiner Summa Codicis (ca. 1208) als sechste Vestiturform neben re, verbis, consensu, litteris und inventu rei die coherentia contractus ergänzte.77 In dieser Form wurde die Vestiturtheorie dann auch von Accursius (ca. 1185– 1263)78 in seine monumentale Glossa ordinaria79 aufgenommen.80 Von den Postglossatoren des späten 13., 14. und 15. Jahrhunderts wurde die Vestiturtheorie dann zwar partiell modifiziert und weiterentwickelt, im Grundsatz hielten jedoch auch sie weiterhin an dem strikten Schema von pacta nuda und pacta vestita fest.81
73 Zu Leben und Werk des Placentinus ausf. Lange (Fn. 70), § 23 (S. 207 ff.); Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 4, 1850, §§ 73–86 (S. 248 ff.) (jeweils m.w.N.). 74 Vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 277; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 459; Nanz (Fn. 35), S. 32, 42; Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 219; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 12. 75 Placentinus, Summa Codicis 2, 3: „… Pacta induta modius quinque vestiuntur. Rebus ut mutuum, verbis ut stipulatio. Literis ut chirographum. Consensu formato in nomen speciale transeunte, ut venditio locatio. Sed et lege dicta in re sua tradenda vestiuntur pacta …“ (zitiert nach Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 277). 76 Zu Leben und Werk des Azo ausf. Kleinheyer/Schröder (Hrsg.), Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, 5. Aufl. 2008, S. 35 ff.; Lange (Fn. 70), § 30 (S. 255 ff.); Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 5, 1850, §§ 1–16 (S. 1 ff.) (jeweils m.w.N.). 77 Azo, Summa Codicis, C 2, 3 n 15: „Vestitur autem pactum sex modis: re, verbis, consensu, litteris, contractus cohaerentia, rei inventu …“ (zitiert nach Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 278). 78 Zu Leben und Werk des Accursius ausf. Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 13 ff.; Lange (Fn. 70), § 40 (S. 335 ff.); Lohsse ZEuP 2011, 366 ff.; Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 5, 1850, §§ 91–101 (S. 262 ff.) (jeweils m.w.N.). 79 Dazu ausf. Lange (Fn. 70), § 41 (S. 345 ff.); Savigny (Fn. 78), §§ 96–101 (S. 279 ff.) (jeweils m.w.N.). 80 Vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 279; Nanz (Fn. 35), S. 33; Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 218; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 538. Accursius ergänzte als siebte Vestiturform zwar noch das vestimentum legis auxilio, mit dem eine neue Kategorie der „unechten“, d.h. klagbaren pacta nuda geschaffen wurde (vgl. Dilcher a.a.O.; Söllner a.a.O.; Nanz a.a.O.; Zimmermann a.a.O.). Dieser Versuch, eine umfassende Vestiturtheorie zu begründen, konnte sich allerdings nicht durchsetzen; bereits Accursius Rivale Odofredus kehrte zur Vestitur sex modis zurück, vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 280; Nanz (Fn. 35), S. 34. 81 Ausf. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 286 ff. m.z.w.N. Siehe ferner insbesondere auch die Zusammenstellung bei Seuffert, Zur Geschichte der obligatorischen Verträge, 1881, § 7 und § 8 (S. 52 ff.).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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(2) Kanonistik Die Entwicklung bei den Kanonisten ging demgegenüber schon früh in eine andere Richtung. Maßgeblich hierfür war die christliche Moraltheologie,82 die ihren klassischen Ausdruck später vor allem in der berühmten Summa Theologica (1265–1274) von Thomas von Aquin (um 1225–1274) fand. Für ihn war es ein Gebot der fidelitas und honestas, Versprechen zu erfüllen; aus dem Versprechen entstehe eine obligatio naturalis.83 Vor dem Hintergrund dieser das gesamte kanonische Denken prägenden Morallehre hatte der bologneser Kanonist Huguccio in seiner Summa zum Dekret Gratians bereits 1188 postuliert, Gott wolle, „dass hinsichtlich ihrer Befolgung kein Unterschied besteht zwischen einem simplen Versprechen (promissio) und einem eidlich oder anders bekräftigten Versprechen“84. Johannes Teutonicus (um 1180–1252) erstreckte die Verbindlichkeit in seiner Glossa ordinaria (ca. 1216) dann nicht mehr nur auf einseitige Versprechen85, sondern auf das pactum nudum im Allgemeinen86.87 Diese Auffassung setzte sich in der Folgezeit in der Kanonistik allgemein durch.88 Eine kirchentextliche Fundierung für die Verbindlichkeit von pacta hatte Bernhard von Pavia mit seinem Hinweis auf den Schlusssatz des canon 12 des Konzils von Karthago im Jahr 348 – pax servetur, pacta custodiantur89 ebenfalls bereits im Jahre 1188 aufgezeigt.90 Die effektive Klagbarkeit aller pacta nuda war damit indes noch nicht erreicht. Papst Innocenz IV. wandte sich vehement gegen die von Johannes 82 Vgl. zum Einfluss der christlichen Moraltheologie allgemein Bärmann (1961) 13 RIDC 18, 36; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 460 f.; Nanz (Fn. 35), S. 46 ff.; Seuffert (Fn. 81), § 6 (S. 45 f.); Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 184, 240 f.; speziell auch mit Blick auf die aristotelischen Wurzeln: Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrin, 1991, S. 10 ff. 83 Thomas von Aquin, Summa Theologica, 1265–1274, II-II, Qu. 88 art. 3: „… dicendum quod secundum honestatem ex qualibet promissione homo homini obligatur, et haec est obligatio iuris naturalis. …“ 84 Huguccio, Summa super decretis, 1188, Glosse oportebit zu C. 12 qua. 2 capitulum 66: „Nam quoad observantiam Deus nullam differentiam vult esse inter simplicem promissionem et iuramentum vel aliter firmatam promissionem.“ (zitiert nach Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 14 Fn. 89 und Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 462 Fn. 26). 85 Vgl. zur Kontroverse, ob Huguccio sich lediglich auf die einseitige nuda promissio (so etwa Thier (Fn. 35), § 311 R. 14; Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 282 f. sowie wohl auch Nanz (Fn. 35), S. 52) oder allgemein auf das pactum nudum bezog (so etwa Landau, FS Nörr, 2003, S. 457, 462) ausf. bereits Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 281 ff. m.w.N. Zu Huguccio ferner auch Spies, De l’observation des simples conventions en droit canonique, 1928, S. 35 f. 86 Johannes Teutonicus, Glossa ordinaria, gl distantiam zu C 22 qu 5 c 12: „… Item hic est arg. quod ex nudo pacto oritur actio …“ (zitiert nach Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 284). 87 Vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 284; Nanz (Fn. 35), S. 53; Spies (Fn. 85), S. 40 f. 88 Vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 285; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 469; Spies (Fn. 85), S. 41, 66 f., 72. 89 Näher zu Hintergründen und Bedeutung: Nanz (Fn. 35), S. 51; Seuffert (Fn. 81), § 6 (S. 47 ff.); Söllner ZRG (RA) 77 (1960) 182, 240 f.; Spies (Fn. 85), S. 25 f. 90 Vgl. dazu näher Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 465 ff. m.w.N. Zu Bernhard von Pavia ferner auch Spies (Fn. 85), S. 37 f.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Teutonicus zur gerichtlichen Geltendmachung entwickelte condictio ex canone91; als Rechtsbehelf wollte er keine Erfüllungsklage (weder vor geistlichen noch vor weltlichen Gerichten), sondern lediglich die im kirchlichen Strafrecht entwickelte denuntiatio evangelica92 – die im Extremfall zur Exkommunikation führen konnte – zulassen.93 Dies war jedoch für die Praxis äußerst unbefriedigend94, so dass sich im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts bei den Kanonisten schließlich doch die Lehre von der conditio ex canone durchsetzte.95 Auf Grund des Widerstandes der Legisten, die weiter an der Vestiturtheorie96 festhielten, konnten pacta nuda damit allerdings nur vor den kirchlichen Gerichten und nur gegenüber deren Gerichtsbarkeit unterliegenden Personen geltend gemacht werden.97 Die praktische Bedeutung der kanonischen Doktrin von der Klagbarkeit der pacta nuda war also zunächst relativ beschränkt. Im Hinblick auf die weitere Vertragsrechtsentwicklung in Europa hatte sie indes gleichwohl immensen Einfluss. Von Bedeutung war in diesem Kontext – zwar nicht so sehr für das deutsche Recht, wohl aber für das englische und insbesondere das französische Recht die von Baldus (1319/1327–1400)98 in sei91 Johannes Teutonicus, Glossa ordinaria ad C.12, q.2, c.66 v. ,promiserunt‘: „Videtur quod aliquis oligetur nudis verbis … et potest dici quod competit actio ex nudo promissione, scilicet condictio ex canone illo infra XXII q. V Iuramenti.“ (zitiert nach Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 469 Fn. 55). Dazu näher Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 469; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 244 f.; Spies (Fn. 85), S. 42 ff. 92 Dazu allgemein Coing, English Equity and the Denunciatio Evangelica, in: Coing, Gesammelte Aufsätze zu Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Zivilrecht, Bd. 1, 1982, S. 158, 160 ff. m.w.N. 93 Innocentius IV., Apparatus ad X 2.1.13 v. ,regulam‘: „quaedam denunciatio est evangelica, de qua hic loquitur … Item dicimus, quod iste modus agendi habet locum, ubi aliquod temporale, in quo est reus naturaliter oligatus, debet dari, vel fieri, etiam si ad illud petendum nulla competat actio civilis, vel canonica, ut quando quis iuravit dare, vel facere sine stipulatione, locum habet denunciatio, ut hic.“ (zitiert nach Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 470 Fn. 61). Dazu näher Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 469 ff.; Nanz (Fn. 35), S. 53; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 245 f.; Spies (Fn. 85), S. 67 ff. m.w.N. 94 Gegen Innocenz IV. hatte sich u.a. insbesondere auch der einflussreiche Kanonist und Kardinal Hostiensis gewandt, der speziell auch kritisierte, dass damit den Laien ihre ganze Jurisdiktion genommen würde, vgl. Henricus de Segusio, Lectura de censibus ad decretalem Romana – Statuimus ad v. Denunciet (ed. Venetiiis 1581, ND Torino 1965, fol. 26vb): „Alioquin si hoc generaliter intelligeres nihil aliud esset quam laicis totam iurisdictionem suam subtrahere, quod non est faciendum.“ (zitiert nach Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 471 Fn. 65). Näher Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 471. 95 Vgl. Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 471; Nanz (Fn. 35), S. 53 f.; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 247; Spies (Fn. 85), S. 72. 96 Dazu bereits oben B. I.1. b) cc)(1). 97 Vgl. Bärmann (1961) 13 RIDC 18, 37; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 469, 471; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 247. 98 Zu Leben und Werk des Baldus ausf. Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 40 ff.; Lange/ Kriechbaum (Fn. 71), § 71 (S. 749 ff.); Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 6, 1850, §§ 65–74 (S. 208 ff.) (jeweils m.w.N.).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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nem Dekretalenkommentar entwickelte causa-Lehre, die sich in der Folgezeit bei den Kanonisten allgemein durchsetzte99. Aufbauend auf der Lehre der Glossatoren von der kausalen Natur der Stipulation100 und speziell auch auf Vorarbeiten101 seines Lehrers Bartolus102 (1313/14–1357) prägte er die Doktrin, dass ein pactum auch nach kanonischem Recht nur klagbar war, wenn eine causa vorhanden war103. Diese causa musste indes nicht notwendig in einer bereits vorhandenen Obligation oder in der Vorleistung eines Vertragsteils bestehen; ausreichend war vielmehr jede causa extrinseca, d.h. auch eine causa impulsiva (vernünftiges Motiv).104 (3) Synthese Nachdem die kanonistische Lehre von der Klagbarkeit der pacta nuda in ihrer durch die causa-Theorie des Baldus geprägten Form zunächst von dem Legisten Jason de Mayno (1435–1519) 105 übernommen worden war, gelangte sie gegen Ende des 15. Jahrhunderts auch bei den Legisten zu allgemeiner Akzeptanz.106 Damit hatte sich letztlich ein grundlegender Konzeptionswandel vollzogen: Die Rationalität und Ernstlichkeit eines Vertrags sowie der Schutz vor Übereilung wurden nun nicht mehr durch die Einhaltung bestimmter Vertragstypen und –formen, sondern durch das materielle Kriterium der causa gewährleistet.107
99 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 55 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 15; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 254 m.w.N. 100 Näher zum Verständnis der Glossatoren von der causa Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 219 ff. m.w.N. 101 Näher Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 231 f. 102 Zu Leben und Werk des Bartolus ausf. Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 44 ff.; Lange/ Kriechbaum (Fn. 71), § 68 (S. 682 ff.); Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 6, 1850, §§ 45–57 (S. 137 ff.) (jeweils m.w.N.). 103 Baldus de Ubaldis, Commentaria omnia V: In primum, secundum, et tertium codicis librum, ad c. 3, 36, 15 n. 3: „iure canonico oritur actio ex nudo pacto, dummodo habeat causam.“ 104 Vgl. Baldus de Ubaldis, Nr. 11 zu c. 1 X 1, 35 (zitiert nach Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 248): „Ecce, secundum communem opinionem Canonistarum et veram quia ad roborandum pactum sufficit aequitas naturalis impulsiva causa subsistente.“ Vgl. zum Ganzen Chevrier, Essai sur l’histoire de la cause dans les obligations, 1929, S. 179 ff.; Coing (Fn. 43), § 79 IV 1 (S. 402); Fröde (Fn. 22), S. 123; Ghestin (Fn. 51), n° 21 (S. 16) und n° 22 (S. 18); Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 355; Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 125; Nanz (Fn. 35), S. 54 f.; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 248 ff.; Spies (Fn. 85), S. 82 f., 87 ff. Speziell auch zum Verhältnis der causa-Lehre des Baldus zu aristotelischen Lehren: Gordley (Fn. 82), S. 49 ff.; ders. ZEuP 2000, 820, 828 ff.; Lange/Kriechbaum (Fn. 71), § 71 II 3 b (S. 769 ff.). 105 Zu Leben und Werk des Jason de Mayno ausf. Lange/Kriechbaum (Fn. 71), § 84 (S. 881 ff.). 106 Vgl. Coing (Fn. 43), § 79 IV 1 (S. 402); Dilcher ZRG (RA) 77 (1960) 270, 298; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 353; Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 263; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 15. 107 Vgl. Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 256, 265; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 15.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Vor dem Hintergrund der praktischen Bedürfnisse des Handelsverkehrs hatte sich die generelle Klagbarkeit von pacta nuda darüber hinaus im Spätmittelalter wohl auch in der handelsrechtlichen Praxis weitgehend durchgesetzt.108 dd) Humanismus Unter den Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts war die Klagbarkeit der pacta nuda dagegen wieder umstritten. Während etwa der italienische Jurist Alciat (1491–1550)109 und die französischen Gelehrten Donnellus (1527– 1591)110, Duarenus (1509–1559)111 und Connanus (1508–1551)112 an der Lehre des Corpus Iuris festhielten, erachteten z.B. der berühmte französische Jurist Charles Dumoulin113 (1500–1566)114, die spanischen Gelehrten Didaco Covarruvias a Leyva (1512–1577), Antonio Gomez (1501–1562/72) und Alfonso Azevedo (1518–1598)115 und der flämische Gelehrte Wesenbeck (1531–1585, Professor in Jena und Wittenberg)116 alle obligatorischen Verträge für klagbar; speziell Letztere begründeten dies nicht nur mit der kanonischen Rechtslehre, sondern auch der naturalis aequitas. Der bedeutende deutsche Gelehrte Ulrich Zasius (1461–1535)117 hielt zwar in seinen Schriften an der römisch-rechtlichen Regel von der Nichtklagbarkeit der pacta nuda fest, verstand dabei unter pactum nudum aber nicht mehr eine
108 Vgl. Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 16; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 353; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 471; Nanz (Fn. 35), S. 57 ff.; Spies (Fn. 85), S. 89 f.; Zimmermann JZ 1990, 825, 828; s. auch bereits Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts, Bd. 1, Abt. 1, 3. Aufl. 1891, S. 305 f. Schon bei Bartolus finden sich Hinweise zur Klagbarkeit vor den Handelsgerichten, vgl. dazu Karsten (Fn. 35), S. 229 ff.; Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 123; ders., Die Bedeutung des Konsenses in privatrechtsgeschichtlicher Sicht, in: Jakobs (Hrsg.), Rechtsgeltung und Konsens, 1976, S. 91, 102; Nanz (Fn. 35), S. 57 f.; Seuffert (Fn. 81), § 7 (S. 59 f., 65). Vgl. zur umstrittenen Bewertung der lex mercatoria aus heutiger Perspektive aber auch Cordes ZRG (GA) 118 (2001) 168 ff.; Scherner ZRG (GA) 118 (2001) 148 ff. 109 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 108 ff.). 110 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 114); Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 17. 111 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 110 f.). 112 Vgl. Gordley (Fn. 82), S. 73; Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 112 f.); Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 17. 113 Auch bekannt als Molinaeus. 114 Vgl. Dilcher ZRG (RA) 77 (1960); Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 472; Nanz (Fn. 35), S. 75; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 115); Walton (1925) 41 LQR 306, 314. 115 Zu Covarruvias a Leyva, Gomes und Azvedo näher Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 35 f. m.z.w.N. 116 Vgl. Feenstra, Die Klagbarkeit der pacta nuda, in: Feenstra/R. Zimmermann (Hrsg.), Das römisch-holländische Recht, 1992, S. 123, 125 ff.; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 357 f.; Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 472; Nanz (Fn. 35), S. 85 ff.; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 106 ff.); Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 18; Walton (1925) 41 LQR 306, 314; Zimmermann JZ 1990, 825, 828 f. 117 Zu Leben und Werk von Zasius Überblick bei Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 473 ff.; ausf. Stintzing, Ulrich Zasius: ein Beitrag zur Geschichte der Rechtswissenschaft im Zeitalter der Reformation, 1857.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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formlose Vereinbarung, sondern ein pactum nudum a causa.118 Darüber hinaus lag das von ihm verfasste Freiburger Stadtrecht von 1520, welches später zum Vorbild zahlreicher deutscher Stadt- und Landrechte der frühen Neuzeit wurde119, trotz partiell gegenläufiger Tendenzen120 bereits klar auf der Linie der Klagbarkeit aller pacta nuda:121 Welcher dem andern mit Bedachtlichkeit zusagt, sei es mit blosen worten oder andern zusagungen, die wort syent wie wöllen, so sol der ien, der zugesagt hat, sin zusagen halten und mag mit recht darzu gezwungen werden; …122
ee) Zeitalter der Aufklärung und des Naturrechts Im Zeitalter der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich die Lehre von der Klagbarkeit aller obligatorischen Verträge dann endgültig allgemein durch. Die Begründung hierfür variierte allerdings123. Während einige sich nach wie vor auf das kanonische Recht beriefen124, fand sich nun vielfach auch die sog. „germanische These“125, die auf die germanische Tugend der Treue126 und altdeutsche Sprichwörter wie „Ein Mann ein Wort“ und „Was einer gelobet, das soll er stet halten“ rekurrierte127. 118 Dazu näher Seuffert (Fn. 81), § 10 (S. 96 ff.); Söllner ZRG (GA) 77 (1960) 182, 266 ff. mit Hinweisen auf ein ähnliches Verständnis bei Oldendorp (1480–1567) und Perneder († um 1540); s. ferner auch Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 631. 119 Vgl. Landau FS Nörr, 2003, S. 473; s. auch den Überblick über die deutschen Partikularrechte bei Seuffert (Fn. 81), § 16 (S. 144 ff.) und Nanz (Fn. 35), S. 81 ff. 120 Vgl. dazu Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 17; Nanz (Fn. 35), S. 82 f. S. ferner auch Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 357. 121 Vgl. dazu Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 473; Seuffert (Fn. 81), § 10 (S. 99 ff.). S. ferner auch von Mehren (1955) 15 La. L. Rev. 687, 706; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 541 f. 122 Freiburger Stadtrecht, II, 6, § 8 (abgedruckt bei Kunkel/Thieme (Hrsg.), Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte, 1936–1969, Bd. I/1, S. 254). Nahezu wortgleich auch das Neu Landrecht des Fürstentumbs Würtemberg von 1554 (publiziert am 6.5.1555), II, Kap. 5, § 8: Welcher dem andern etwas mit Bedachtlichkeit zusagt, es sei mit blosen Worten oder andern Zusagungen, die Wort seien wie sie wöllen, so soll derjenig, der zugesagt hat, sein Zusagen halten, und mit Recht darzu gezwungen werden (abgedruckt bei Kunkel/Thieme (Hrsg.), Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte, 1936–1969, Bd. II/2, 1969, S. 110). 123 Vgl. allgemein zur Kumulation der drei Einflussquellen Naturrecht, kanonisches Recht und lokales Recht: Mayer-Maly (Fn. 108), S. 91, 98 ff.; ders. FS Seidl, 1975, S. 118, 120 ff. 124 Vgl. die Nachweise bei Nanz (Fn. 35), S. 107 ff.; Seuffert (Fn. 81), § 15 (S. 141). 125 Vgl. dazu Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 473; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 18; HKK/Hofer vor § 145 Rn. 24; Nanz (Fn. 35), S. 102 ff.; Seuffert (Fn. 81), § 15 (S. 140 f.). 126 Zitiert wurde hierzu häufig auch Tacitus, speziell Annalen XIII, 54 („nullos mortalium armis aut fide ante Germanos esse“) und Germania cap. 24 („Victus voluntariam servitutem adit: quamvis juvenior, quamvis robustior, alligari se ac venire patitur: ea est in re prava pervicacia: ipsi fidem vocant.“), vgl. Seuffert (Fn. 81), § 15 (S. 140). 127 Paradigmatisch von Glück, Ausführliche Erläuterung der Pandecten, Bd. IV/1, 1796, § 312 (S. 282 f.), der nach Hinweis auf diese Sprichwörter ausführt: „Es ist daher wohl keinem gegründeten Zweifel unterworfen, das die heutige allgemeine Verbindlichkeit der blosen Verträge eine Reliquie ächter teutscher Sitten sey“. Vgl. ferner die zahlreichen weiteren Nachweise bei Seuffert (Fn. 81), § 15 (S. 140 f.).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Für die weitere Entwicklung bedeutsam war aber vor allem die von der aufkommenden Naturrechtsschule begründete neue dogmatische Fundierung, wonach allein der Konsens den natürlichen Geltungsgrund für eine vertragliche Bindung darstellte. Protagonist und Wegbereiter hierfür war der niederländische Rechtsgelehrte Hugo Grotius (1583–1645)128, der in seinem berühmten Werk „De jure belli ac pacis libri tres“ von 1625 das Modell des translativen Versprechensvertrags129 schuf, welches prägend für das gesamte rationalistische Naturrecht wurde130. Grotius differenzierte zwischen drei Versprechensstufen:131 (1) die unverbindliche gegenwärtige Mitteilung eines zukünftigen Handlungsplanes (animus), (2) die moralisch verpflichtende pollicitatio, mit welcher der Wille sich an ein selbstgewähltes Ziel bindet, und (3) die rechtlich verbindliche promissio, bei welcher der Wille hinzutritt, dem Versprechensempfänger in Analogie zur Eigentumsübertragung auch das Recht zu übergeben, die Erfüllung des Versprechens einzufordern.132 Nimmt 128 Überblick zu Leben und Werk von Grotius bei Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 183 ff.; Wieacker (Fn. 70), S. 287 ff.; s. ferner speziell mit Blick auf Grotius Vertragslehre Augé (1968) 13 APhD 99 ff. 129 Dazu ausf. Diesselhorst, Die Lehre des Hugo Grotius vom Versprechen, 1959, S. 34 ff.; Schmidlin (Fn. 43), S. 66 ff.; ders. FS Seiler, 1999, S. 187, 190 ff. m.z.w.N. 130 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 194; ders. (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 14; vgl. ferner auch Bayer (Fn. 115), S. 37; Charpentier (2002) 43 C. de D. 275, 283; Coing (Fn. 43), § 79 VIII (S. 406); Ehmann FS Stathopoulos, 2010 (abrufbar unter http://www.unitrier.de/fileadmin/fb5/prof/eme001/FS_Stathopoulos.pdf), S. 6; Gordley (Fn. 82), S. 71; Illmer, Versprechen, in: Basedow/Hopt/R. Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, 2009, S. 1668, 1669; Nanz (Fn. 35), S. 139; Wieacker (Fn. 70), S. 290, 293. 131 Vgl. Coing (Fn. 43), § 79 VIII (S. 406); Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 87; Ehmann (Fn. 130), S. 6 f.; Heinrich (Fn. 68), S. 27 f.; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 361 f.; Nanz (Fn. 35), S. 142 ff.; Schmidlin (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 8; ders. (Fn. 43), S. 67 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 19; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 75 f.; Wieacker FS Welzel, 1974, S. 7, 16 f.; ausf. Diesselhorst (Fn. 129), S. 44 ff.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 191 ff. 132 Grotius, De jure belli ac pacis libri tres, 1625, lib. II, cap. XI, §§ 2, 3, 4: „II. Primus gradus est assertio explicans de futuro animum qui nunc est: et ad hanc, ut vitio careat, requiritur veritas cogitationis pro tempore praesenti, non autem ut in ea cogitatione perseveretur. Habet enim animus humanus non tantum naturalem potentiam mutandi consilium, sed et ius. Quod si in mutatione sententiae vitium sit aliquod, aut accedit, id non est intrinsecum mutationi, sed ex materia, puta quia prior sententia erat melior. III. Secundus gradus est, cum voluntas se ipsam pro futuro tempore determinat, cum signo sufficiente ad indicandam perseverandi necessitatem. Et haec pollicitatio dici potest, quae seposita lege civili obligat quidem, aut absolute, aut sub conditione, sed ius proprium alteri non dat. Multis enim casibus evenit, ut obligatio sit in nobis, et nullum ius in alio: sicut in debito misericordiae, et gratiae reponendat apparet, quibus simile est hoc debitum constantiae sive fidelitatis. Itaque ex tali pollicitatione res pollicitantis retineri, aut is ipse qui pollicitus est ad impellendam sidem cogi iure naturae non poterit. III. Tertius gradus est, ubi ad determinationem talem accedit signum volendi ius proprium alteri conferre: quae perfecta promissio est, similem habens effectum qualem alienatio dominii. Est enim aut via ad alienationem rei, aut alienatio particulae, cuiusdam nostrae libertatis. Illuc perinent promissa dandi, huc promissa faciendi. Eius quod dicimus insigne nobis argumentum praebent divina oracula, quae nos docent Deum ipsum, qui nulla constituta lege obstringi potest, contra naturam suam facturum isi promissa praestaret.“
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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der Empfänger das Versprechen an (acceptio), so geht – wiederum in Analogie zur Eigentumsübertragung das Versprechensrecht auf ihn über und der Vertrag wird gültig.133 Der Vertrag beruht damit auf einem doppelten Konsens: dem inneren Konsens zwischen Wille und Äußerung des Versprechenden und dem äußeren Konsens zwischen Versprechen und acceptio.134 Bemerkenswert ist aber speziell auch die gewandelte Bedeutung der causa bei Grotius:135 Die pollicitatio ist allein auf Grund des Willens, sich selbst zu binden, (moralisch) verbindlich, ohne dass es hierfür einer zusätzlichen causa bedürfte; die Abgabe des Versprechens (alienatio) bedarf aber wie jeder Rechtsübertragungsakt einer causa transferendi, die den Übergang des Versprechens in die Hand des Annehmenden rechtfertigt.136 Samuel Pufendorf (1632–1694)137 transferierte die von Grotius im völkerrechtlichen Kontext entwickelte promissio-Doktrin dann in sein allgemeines System138 der Schuldverträge139 und akzentuierte dabei speziell auch das Erfor-
133 Grotius (Fn. 132), lib. II, cap. XI, § 14: „Ut autem promissio ius transferat, acceptio hic non minus qua in dominii translatione requiritur, ita tamen ut hic quoque praecedens rogatio durare intelligatur, ac vim habere acceptationis.“ Dazu näher Diesselhorst (Fn. 129), S. 111 ff.; Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 87; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 192; ders. (Fn. 43), S. 68 f.; ders. (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 10 ff.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 19; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 76 f.; Wieacker (Fn. 70), S. 295; ders. FS Welzel, 1974, S. 7, 11 ff., 17; Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 468. 134 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 192 f.; ders. (Fn. 43), S. 69 f.; ihm folgend Hofer (Fn. 125), vor § 145 Rn. 25; s. ferner auch M.-P. Weller (Fn. 23), S. 77. 135 Vgl. dazu Schmidlin (Fn. 43), S. 70 f.; ders. FS Seiler, 1999, S. 187, 193 m.w.N.; s. ferner auch Coing (Fn. 43), § 79 VIII (S. 406); Diesselhorst (Fn. 129), S. 52 ff.; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 362 Fn. 115; Schmidlin (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 12; eine etwas andere Perspektive findet sich jedoch bei Gordley (Fn. 82), S. 78; kritisch zur Konzeption Schmidlins etwa Ehmann (Fn. 130), S. 8 ff.; ders. JZ 2003, 702, 712 ff. 136 Vgl. Grotius (Fn. 132), lib. II, cap. XI, § 9: „Quari hic solet, an promissio facta ob causam naturaliter vitiosam ipsa natura valeat, ut si quid promittatur homicidii perpetrandi causa. Hic ipsam promissionem vitiosam esse satis apparet: in hoc enim adhibetur, ut alter impellatur ad malum facinus.“; lib. II, cap. XI, § 10: „Quod vero promittitur ob causam ante debitam, non eo minus debetur, si ius naturale spectemus, secundum ea quae de rei alienae acceptatione supra diximus: nam et sine ulla causa promissum naturaliter deberetur.“; lib. II, cap. XI, § 21: „Hoc Quoque omittendum non est, ne iura civilia cum naturali iure confundantur, neque promissiones quae causam expressam non habent naturaliter esse irritas, non magis quam rerum donationes.“ 137 Überblick zu Leben und Werk von Pufendorf bei Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 349 ff.; Wieacker (Fn. 70), S. 306 ff.; speziell zu seiner Naturrechtslehre auch Behme, Samuel von Pufendorf: Naturrecht und Staat, 1995. 138 Näher zu den Pufendorfs bemerkenswerten Systematisierungsbemühungen: Heinrich (Fn. 68), S. 31; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 362; Stoffels, Gesetzlich nicht geregelte Schuldverträge: Rechtsfindung und Inhaltskontrolle, 2001, S. 59; Wieacker (Fn. 70), S. 307 ff.; s. auch Wieacker FS Welzel, 1974, S. 7, 8: „zentrale Systematiker des Vernunftrechts“. 139 Vgl. Ehmann (Fn. 130), S. 7; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 362; Nanz (Fn. 35), S. 149, 152; Stoffels (Fn. 138), S. 59; Wieacker (Fn. 70),S. 309 f.; ders. FS Welzel, 1974, S. 7, 14, 18.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
dernis des Doppelkonsenses140, 141. Während Grotius zur theoretischen Fundierung seiner Konzeption zumindest partiell noch auf moraltheologische Überlegungen rekurriert hatte142, verortete Pufendorf den Geltungsgrund vertraglicher Bindung jedoch allein in der sozialen Natur des Menschen143.144 Bei Christian Thomasius (1655–1728)145 rückte der Konsens dann ganz ins Zentrum:146 der gegenseitige Konsens der Parteien war für ihn „causa promixima“ des Vertrags147. Ähnlich auch Christian Wolff (1679–1754)148, der zwar ebenfalls im Grundsatz an die promissio-Lehre von Grotius anknüpfte149, 150, aber ebenso wie Thomasius den Konsens als Grundlage und causa des Vertrags 140 Pufendorf, De Jure Naturae et Gentium, 1672, libri III, cap. VI, § 15: „ut promissio sit valida requiri non solum consensum ejus, qui promittit, sed et ejus, cui promittitur“. 141 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 191; ders. (Fn. 43), S. 69; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 78; s. ferner auch Nanz (Fn. 35), S. 153 ff. Allg. zum Konsensbegriff bei Pufendorf: Ikadatsu, Der Paradigmenwechsel der Privatrechtstheorie und die Neukonstruktion der Vertragstheorie in seinem Rahmen – Pufendorf, Wolff, Kant und Savigny , 2002, S. 31 ff. 142 Vgl. Diesselhorst (Fn. 129), S. 39 ff.; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 360 ff.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 191; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 19; Tosch, Entwicklung und Auflösung der Lehre vom Vertrag, 1980, S. 15; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 75 f.; Wieacker (Fn. 70), S. 299 f.; ders. FS Welzel, 1974, S. 7, 16 f. 143 Vgl. Pufendorf (Fn. 140), libri III, cap. IV, § 2: „Si quae autem inter homines ineuntur pacta, illa sancte observanda esse, sociabilis natura hominis requirit. Citra hoc enim si esset, plurima pars utilitatis periret, quae humano generi ex communicatis invicem officiis enasciitur“ = Pufendorf, Acht Bücher vom Natur- und Völkerrecht. Mit des Weitberühmten Jcti. Johann Nicolai Hertii, Johann Barbeyrac und anderer Hoch-Gelehrten Männer außerlesenen Anmerckungen erläutert und in die Teutsche Sprache übersetzt, 1711 (ND 1998), Buch III, cap. IV, § 2: „Was aber nun von Menschen an Bündnissen eingegangen worden ist, dasselbige muß steiff, fest und heiliglich gehalten werden, indem dieses die gesellige Natur des Menschen allerdings erfordert, und ohne selbiges das menschliche Geschlechte des Nutzens würde ermangeln müssen, welcher sonst aus gegenseitigen Diensten und Handreichungen entspringet.“ 144 Vgl. Behme (Fn. 137), S. 95; Heinrich (Fn. 68), S. 30; Nanz (Fn. 35), S. 151; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 19; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 79; Wieacker (Fn. 70), S. 307. Allgemein zu Pufendorfs Naturrechtslehre ausf. Welzel, Die Naturrechtslehre Samuel Pufendorfs, 1958, S. 19 ff.; ders., Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, 4. Aufl. 1962, S. 130 ff. (jeweils m.z.w.N.). 145 Überblick zu Leben und Werk von Thomasius bei Stromberg JZ 1975, 56 ff.; Wieacker (Fn. 70), S. 315 ff. Ausf. allgemein zu Thomasius Naturrechtslehre: Rüping, Die Naturrechtslehre des Christian Thomasius und ihre Fortbildung in der Thomasius-Schule, 1968. 146 Vgl. dazu auch Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 363; Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 125 f.; ders. (Fn. 108), S. 91, 96 f.; Nanz (Fn. 35), S. 160 ff.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 194; ders. (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 18; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 79. 147 Thomasius, Institutionum iurisprudentiae divinae libri tres, 1688 (Ausgabe Halle 1694), II, VII, 1, n. 6: „Causa proxima constituendi pactum est consensus, isque mutuus, etiamsi ipsum pactum non sit mutuum.“ 148 Überblick zu Leben und Werk von Wolff bei Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 464 ff.; Wieacker (Fn. 70), S. 318 ff. 149 Vgl. Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, 1750 (Ausgabe 1754), § 379: „Declaratio haec voluntatis de quodam alteri praestando, coniuncta cum juris a se exigendi, ut praestetur, in ipsum translatione, Promissio dicitur.“; § 380: „Promissor igitur promissario se perfecte obligat.“, § 381: „Cum in promissione in promissarium transferatur jus exigendi praestationem promissam …, ad translationem vero juris requiratur acceptio …“. 150 Vgl. Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 89; Heinrich (Fn. 68), S. 33; Tosch (Fn. 142), S. 36 f.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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ansah151 und insbesondere auch dessen Zustandekommen durch Angebot und Annahme akzentuierte152, 153. Ganz auf dieser naturrechtlichen Linie des translativen Versprechensvertrags lagen dann auch die großen Kodifikationen des deutschen Rechtskreises im 18. und frühen 19. Jahrhundert.154 Schon der Codex Maximimilianeus Bavaricus Civilis von 1756155 gründete die Verbindlichkeit von Verträgen („Conventionen“) auf das „Versprechen eines und [die] Annahme [des] anderen Teils“, den „Consens“.156 Klar hervor tritt der Einfluss der naturrechtlichen Lehren dann aber vor allem im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794157, 158, das im 5. Titel des 1. Teils („Von Verträgen“) unmissverständlich formuliert, dass der Vertrag durch „die Annahme eines gültigen Versprechens“ geschlossen wird159. Noch plastischer zeigt sich die Wirkkraft des translativen Versprechensmodells indes in der Vertragsdefinition des österreichischen ABGB von 1811160:161 151
Vgl. Heinrich (Fn. 68), S. 33; Nanz (Fn. 35), S. 166; Schmidlin (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 18; Tosch (Fn. 142), S. 36 f. Zum Konsensbegriff bei Wolff auch Ikadatsu (Fn. 141), S. 66 ff.; Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 125 f.; ders (Fn. 108), S. 91, 96 f. 152 Vgl. Wolff (Fn. 149), § 381: „Cum in promissione in promissarium transferatur jus exigendi praestationem promissam …, ad translationem vero juris requiratur acceptio …; promissio quoque sine acceptatione non est valida, nec ex ea jus ullum acquiritur promissario.“; ebenso auch Wolff, Jus naturae methodo scientifica pertractatum, Pars 3, 1743, § 365: „Sine acceptione obligatio promissoris non est valida, nec ex promissione jus ullum acquiritur promissario.“ 153 Vgl. Heinrich (Fn. 68), S. 33; Ikadatsu (Fn. 141), S. 69 f.; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 363; Nanz (Fn. 35), S. 166 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 19. 154 Vgl. Heinrich (Fn. 68), S. 36 f.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 195, 197; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 20; s. ferner auch Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 123; Nanz (Fn. 35), S. 170, 178,; Wieacker (Fn. 70), S. 322 ff. 155 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, Publications-Patent v. 2.1.1756. 156 Cod. Max. Bav. Civ. IV 1 § 5: Die Essential- und innerlichen Requisite, ohne welche keine Convention von Kraft und Giltigkeit sein mag, bestehen 1. in dem Versprechen eines und der Annahme anderen Teils, folglich in sämmtlicher Paciscenten einmütiger Bewilligung und Einverständnis auf dasjenige, zu was sie sich einander verbindlich und anheischig machen wollen. Es wird aber auch 2. ein wahrer, vollkommener, ernstlicher und freier Wille oder Consens hierzu allerseits erfordert, … Vgl. dazu auch Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 20; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 84. 157 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794. 158 Vgl. Boehmer, Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, 1950–1952, II/1S. 38; Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 91; Heinrich (Fn. 68), S. 36 f.; Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118, 126; ders. (Fn. 108), S. 91, 97; Nanz (Fn. 35), S. 178; Schmidlin (Fn. 43), S. 72 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 20; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 84; Wieacker (Fn. 70), S. 332 f. S. ferner auch Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 367. 159 PrALR I, 5, § 79: „Durch die Annahme eines gültigen Versprechens wird der Vertrag geschlossen.“ 160 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie v. 1.6.1811, JGS Nr. 946/1811. 161 Vgl. Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1669; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 195, 197 f.; ders. (Fn. 43), S. 75 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 20; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 77; s. ferner auch Busseuil, Contribution à l’étude de la notion de contrat en droit privé européen, 2008, S. 88.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
§ 861. Wer sich erklärt, daß er jemandem sein Recht übertragen, das heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas tun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beider Teile ein Vertrag zustande. …162
ff) Historische Rechtsschule und Pandektistik Die große Blütezeit des Naturrechts hatte damit jedoch nicht nur ihren Höhepunkt, sondern letztlich auch bereits ihr Ende erreicht.163 Die schon von Gustav Hugo (1764–1844)164 begründete165, heute aber vor allem untrennbar mit dem großen Friedrich Carl von Savigny (1779–1861)166 verbundene historische Rechtsschule, die das Recht als „aus dem inneren Wesen der Nation selbst und ihrer Geschichte hervorgegangen“167 verstand, baute zwar inhaltlich-systematisch und terminologisch in vielen Punkten auf den naturrechtlichen Errungenschaften auf168, empfand sich selbst jedoch als „Überwinderin des Naturrechts“169, 170 und übte scharfe Kritik an den von ihm inspirierten Kodifikationen171. Dies spiegelte sich auch in der theoretischen Konzeption des Vertragsschlusses wider. Vor dem Hintergrund der kritischen Philosophie Immanuel
162 Vgl. dazu auch die dezidiert auf die Parallele zur Sachübertragung abstellende Erläuterung durch den „Vater“ des österreichischen ABGB, Franz von Zeiller, in seinem Lehrbuch: von Zeiller, Das natürliche Privat-Recht, 3. Aufl. 1819, § 94 (S. 136) sowie in seinem Kommentar: von Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der oesterreichischen Monarchie, 1811–1813, § 861 Ziff. 1 (S. 6). 163 Ausf. zum „Sturz“ des aufgeklärten Naturrechts: Wieacker (Fn. 70), § 20 I (S. 348 ff.) m.z.w.N. 164 Näher zu Leben und Werk von Hugo: Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 216 ff.; Wieacker (Fn. 70), § 21 I 1 (S. 378 ff.) 165 Vgl. Stintzing/Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, Abt. III/2, 1910, S. 1 ff.; Wieacker (Fn. 70), § 21 I 1 (S. 378); zur Bedeutung Hugos auch Thieme ZRG (GA) 56 (1936) 641 ff. 166 Überblick zu Leben und Werk von Savigny bei Wieacker (Fn. 70), § 21 I 2 (S. 381 ff.) m.z.w.N.; s. ferner auch Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 366 ff. 167 So Savigny in seinem Einleitungsleitungsaufsatz der von ihm gemeinsamen mit Eichhorn gegründeten Zeitschrift für geschichtliche Rechtwissenschaft, ZgeschRw 1 (1815) 1, 6. 168 Vgl. Böhmer, Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, II/1, 1952, S. 70 f.; Coing, Europäisches Privatrecht II, 1989, § 7 II 2 a (S. 44); Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 99 f.; Fortunato ZJS 2009, 327, 330; Staudinger/Olzen, Neubearb. 2009, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 110; Schwarz ZRG (RA) 42 (1921) 578, 586 ff.; ausf. Wieacker (Fn. 70), § 20 IV 3 (S. 372 ff.) m.w.N. 169 So Wieacker (Fn. 70), § 20 IV 3 (S. 373). 170 Vgl. etwa Hugo, Lehrbuch des Naturrechts als einer Philosophie des positiven Rechts, besonders des Privatrechts, 1819, S. 9: „Das Naturrecht war denn eine mehr oder weniger vollständige Encyclopädie unsers positiven Rechts …“; Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht, 4. Aufl. 1854–1855, Bd. 2, S. 48: „… kein Recht geht vom Naturrecht aus. Die Behauptung, das Naturrecht müsse gültig sein, ist eine bloße bodenlose Anmaßung …“. 171 Grundlegend: Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 1814.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Kants (1724–1804)172,173 entwickelte von Savigny ein neues Vertragsmodell, das den Vertrag nicht als Rechtserwerbsgeschäft, sondern vielmehr als „die Vereinigung Mehrerer zu einer übereinstimmenden Willenserklärung, wodurch ihre Rechtsverhältnisse bestimmt werden“ begriff, als die „Vereinigung mehrerer Willen zu einem einzigen, ganzen ungetheilten Willen“174 (sog. Vertragsmodell der vereinigten Willenserklärungen175). Geltungsgrund des Vertrags ist also – anders als nach dem Modell des translativen Verspechensvertrags nicht die „Versprechensübergabe“, sondern vielmehr die Willenseinigung, der Konsens.176 Mit diesem fundamentalen Paradigmenwechsel wurde von Savigny zum Wegbereiter der gesamten weiteren vertragstheoretischen Entwicklung. In der auf der historischen Schule aufbauenden Pandektistik wurde die Willenseinigung als essentielles Wesensmerkmal des Vertrags dann sogar noch klarer akzentuiert.177 So betonte etwa Windscheid: „Der Vertrag ist nicht nur Willensübereinstimmung, er ist Willensvereinigung“178 und Regelsberger postulierte gar dass „durch den Zusammenschluß der Willen … ein neuer Wille, der Vertragswille“179 entstehe. Darüber hinaus fand bei von Savigny aber vor allem auch die Lehre vom Rechtsgeschäft mit ihren für das deutsche Recht typischen Abstraktionsbegriffen des „Rechtsgeschäfts“ und der „Willenserklärung“ ihre klassische Ausprägung.180 Der Terminus des „Rechtsgeschäfts“ war im Schrifttum zwar schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts181 gebraucht und dann schließlich bereits durch den „Grundriss“182 von Arnold Heise (1778–1851) aus dem Jahr 172 S. zum Einfluss der kantinischen Philosophie auf von Savigny: Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 199 f.; ders. (Fn. 43), S. 78 f.; Schulze, Die Naturalobligation, 2008, S. 328; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 21; ausf. Ikadatsu (Fn. 141), S. 121 ff. 173 Kant definierte den Vertrag als „Akt der vereinigten Willkür, wodurch überhaupt das Seine des einen auf den anderen übergeht“ (Kant, Metaphysik der Sitten. Erster Theil. Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 1803, § 18 (S. 98)). Näher dazu Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 199 f. 174 Von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. 3, 1840, § 140 (S. 309). 175 Vgl. Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1669; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 198; ders. (Fn. 43), S. 76; sehr kritisch zur These des Paradigmenwechsels hin zum Vertragsmodell der vereinigten Willenserklärungen nun allerdings Ehmann (Fn. 130), S. 12 ff. 176 Vgl. Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1669; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 201; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 21; s. ferner auch Schulze (Fn. 172), S. 304 f. 177 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 201; ders. (Fn. 43), S. 76 f.; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 21; s. ferner auch Flume (Fn. 19), § 34 1 (S. 618). 178 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, 6. Aufl. 1887, Bd. 1, § 69 (S. 190 Fn. 2). 179 Regelsberger, Pandekten, Bd. 1, 1893, § 149 I 1 (S. 544). 180 Vgl. Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 30). 181 Vgl. etwa Hugo, Institutionen des heutigen römischen Rechts, 1789, S. 46: „Von den zahllosen übrigen Rechtsgeschäften …“; s. ferner auch schon Nettelbladt, der in seiner Nova Introductio in Jurisprudentiam Positivam Germanorum Communem (1772) den Begriff „actus juridicus seu negotium juridicum“ als „rechtliches Geschäft“ übersetzte, vgl. dazu Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 29). S. zum Ganzen auch Schloßmann FG Hänel, 1907, S. 1, 54 ff.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
1807 endgültig und unauflöslich im System des deutschen Privatrechts verankert worden183. Der Begriff der „Willenserklärung“ (declaratio voluntatis) war ebenfalls schon spätestens bei Daniel Nettelbladt ausgeformt184 und auch das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794185 benutzte ihn bereits.186 Savignys großer Verdienst war es jedoch, diese abstrakten Termini zur Basis einer kohärenten Rechtsgeschäftslehre zu machen. gg) Entstehung und Konzeption des BGB Die Rechtsgeschäftslehre war nicht nur Schwerpunkt und Leitmotiv der gesamten wissenschaftlichen Diskussion im 19. Jahrhundert187, die Begriffe des Rechtgeschäfts und der Willenserklärung wurden vielmehr auch zu wesentlichen Eckpfeilern und typusprägenden Merkmalen des BGB. Der zentrale Begriff des „Rechtsgeschäfts“ war im 19. Jahrhundert allerdings äußerst umstritten. Von einer allgemein anerkannten Definition war man weit entfernt188, teilweise wurde der Begriff sogar gänzlich in Frage ge-
182 Vgl. Heise, Grundriss eines Systems des gemeinen Civilrechts zum Behuf von Pandecten-Vorlesungen, 1. Aufl. 1807. Heise nahm in sein 6. Kapitel „Von den Handlungen“ einen eigenen Unterabschnitt „Von den Rechtsgeschäften“ auf, vgl. Heise, Grundriss eines Systems des gemeinen Civilrechts zum Behuf von Pandecten-Vorlesungen, 3. Aufl. 1819, S. 30. 183 Vgl. Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 30); Hattenhauer, Grundbegriffe des Bürgerlichen Rechts, 2. Aufl. 2000, S. 70; Rieg (1968) 13 APhD 31, 32; Schloßmann FG Hänel, 1907, S. 1, 59 ff. 184 Vgl. Fröde (Fn. 22), S. 126; Schermaier (Fn. 35), §§ 116–124 Rn. 2; J. P. Schmidt, Rechtsgeschäft, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, 2009, S. 1241 f.; Titze, Rechtsgeschäft, in: Schlegelberger (Hrsg.), Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes, Bd. 5, 1936, S. 789, 791; Zweigert FS Rheinstein II, 1969, S. 493, 495. Der Terminus wurde allerdings schon weitaus früher benutzt. Die „declaratio voluntatis“ findet sich sogar bereits in den klassischen Texten des römischen Rechts (vgl. etwa Ulpian, D. 26, 2, 29 pr: „… am admissum contrariam voluntatem declarat“; Iulianus, D. 34, 5, 13, 6: „… non satis voluntatem suam declaravit …“), wird dort allerdings untechnisch verwendet (vgl. Schermaier (Fn. 35), §§ 116–124 Rn. 2; näher Binder ARWP 6 (1912/13) 96, 100 ff.). Wer genau den Terminus der „declaratio voluntatis“ bzw. „Willenserklärung“ als erster im modernen Sinne der Kundgabe des rechtsgeschäftlichen Willens als besondere Form der rechtlichen Handlung benutzt hat, ist umstritten. Als Begriffsschöpfer wird zwar vielfach Christian Wolff genannt (so etwa Binder ARWP 6 (1912/13), 96, 104 ff.; Wesener FS Hübner, 1984, S. 337, 349 f.), andere schreiben diese Rolle dagegen bereits Thomasius zu (so etwa Dilcher GS Conrad, 1979, S. 85, 88). Vgl. zum Ganzen auch Schermaier (Fn. 35), §§ 116–124 Rn. 2; Schermaier, Die Bestimmung des wesentlichen Irrtums von den Glossatoren bis zum BGB, 2000, S. 288, 291 ff. 185 Fn. 157. 186 Der „Erste Theil“ enthielt als 4. Titel einen eigenen Titel „Von Willenserklärungen“ mit insgesamt 169 Paragraphen; § 1 definiert die „Willenserklärung“ als „eine Aeußerung dessen, was nach der Absicht des Erklärenden geschehen, oder nicht geschehen soll“. Vgl. dazu auch Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 30). 187 Vgl. Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 30). 188 Vgl. schon Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, 1. Aufl. 1862–1870, Bd. 1, § 69 Fn. 1 (S. 145): „Ueber die Definition des Rechtsgeschäfts herrscht kein Einverständnis unter den Schriftstellern.“ (dort auch mit zahlreichen Nachweisen zum zeitgenössischen Schrifttum);
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stellt189. Savigny selbst hatte die Begriffe „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“ als Synonyme verwendet190,191. Auf dieser Linie lagen – ungeachtet verbreiteter Kritik192 auch zahlreiche andere Autoren193, insbesondere auch Windscheid, der explizit definierte: „Rechtsgeschäft ist eine auf die Hervorbringung einer rechtlichen Wirkung gerichtete Privatwillenserklärung. Das Rechtsgeschäft ist Willenserklärung.“194. Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Kontroverse, aber auch um den weiteren dogmatischen Entwicklungen nicht vorzugreifen195, nahm man in den Beratungen zum BGB – im Gegensatz zum Sächsischen BGB von 1865196, 197 bewusst Abstand von einer Definition beider Begriffe.198 Die Väter des BGB gingen jedoch ausdrücklich ebenfalls davon aus, dass „die Ausdrücke Willenserklärung und Rechtsgeschäft … der Regel nach … gleichbedeutend“ seien.199 Die Motive übernahmen zudem wörtlich Windscheids Definition des Rechtsgeschäfts200. Das vgl.189zu den unterschiedlichen Begriffsverständnissen etwa auch Bekker, System des heutigen Pandektenrechts, 1886–1889, Bd. II, § 89 (S. 42 ff.); Schermaier (Fn. 35), vor § 104 Rn. 4; Manigk DJZ 1902, 279 (jeweils m.w.N.). 189 Vgl. Schloßmann, Der Vertrag, 1876, S. 128 ff. 190 Vgl. Von Savigny (Fn. 174), § 104 (S. 5 f.): „In den freyen Handlungen ferner kann der Wille des Handelnden … tätig seyn: a) Als unmittelbar gerichtet auf die Entstehung oder Auflösung des Rechtsverhältnisses … Diese Thatsachen heißen Willenserklärungen oder Rechtsgeschäfte.“ 191 Vgl. Flume (Fn. 19), § 2, 4 (S. 30); Fröde (Fn. 22), S. 127 f.; Hattenhauer (Fn. 183), S. 77; Schermaier (Fn. 35), vor § 104 Rn. 3 Fn. 21. 192 So wurde teilweise die Ansicht vertreten, dass es auch Rechtsgeschäfte ohne Willenserklärung gebe, so etwa von von Brinz/Lotmar, Lehrbuch der Pandekten, Bd. 4, 2. Aufl. 1895, § 563 (S. 264); Hölder, Pandekten, 1891, S. 216. 193 Siehe etwa Arndts von Arnesberg, Lehrbuch der Pandekten, 9. Aufl. 1877, § 63 (S. 76); Dernburg, Pandekten, 1. Aufl. 1884–1887, Bd. 1, § 91 (S. 207): „Das Rechtsgeschäft ist die Willenserklärung einer Person, mittels derer sie ein Rechtsverhältnis für sich begründen, verändern oder aufheben will.“; Puchta, Lehrbuch der Pandekten, 9. Aufl. 1863, § 64 (S. 98 ff.); Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, 5. Aufl. 1892, Bd. 2, § 78 (S. 40); Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft, 1879, S. 281 f. 194 Windscheid (Fn. 178), Bd. 1, § 69 (S. 186). 195 Vgl. Mot. I, 126 = Mugdan I, 421; Wlassak, Das Rechtsgeschäft und das Verhältnis des Willens zur Erklärung nach dem BGB, 1902, S. 4. 196 Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen (in Kraft seit 1.3.1865), Text und Kommentierung bei Wengler/Brachmann (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachsen nach den hierzu ergangenen Entscheidungen der Spruchbehörden, 1878. 197 § 88 SächsBGB: Geht bei einer Handlung der Wille darauf, in Uebereinstimmung mit den Gesetzen ein Rechtsverhältnis zu begründen, aufzuheben oder zu ändern, so ist die Handlung ein Rechtsgeschäft. 198 Vgl. Mot. I, 126 = Mugdan I, 421. 199 Vgl. Mot. I, 126 = Mugdan I, 421. Kritisch dazu Bekker, System und Sprache des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, 1888, S. 36; von Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, 1889, S. 161 (Fn. 2). Vgl. zum Ganzen ferner näher Fröde (Fn. 22), S. 135 ff. m.w.N. 200 Vgl. Mot. I, 126 = Mugdan I, 421: „Rechtsgeschäft im Sinne des Entw. ist eine Privatwillenserklärung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolgs …“.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
heute vorherrschende201, terminologisch klar zwischen den Begriffen Willenserklärung und Rechtsgeschäft differenzierende Verständnis des Rechtsgeschäfts als eines Tatbestands, „der aus mindestens einer Willenserklärung sowie oft aus weiteren Elementen besteht und an den die Rechtsordnung den Eintritt des gewollten rechtlichen Erfolges knüpft“202, setzte sich erst allmählich im Laufe des 20. Jahrhunderts durch. Ebenso wenig findet sich im BGB eine Definition des Vertragsschlusses. Schon die 1. Kommission hatte Zweifel an der Angemessenheit einer solchen Definition, nahm dann allerdings in § 77 E I unter Hinweis auf in- und ausländische Vorbilder203 gleichwohl eine ausdrückliche Regelung auf, dass der Vertragsschluss es „erfordert, dass die Vertragsschließenden ihren übereinstimmenden Willen sich gegenseitig erklären“. Nachdem diese Bestimmung sich jedoch schon bald erheblicher Kritik – nicht zuletzt als Verstoß gegen den Grundsatz „lex moneat non doceat“ – ausgesetzt sah204, wurde sie von der 2. Kommission wieder gestrichen. Es sei „nicht nothwendig, im BGB die zum Vertragsschlusse wesentlichen Erfordernisse aufzustellen“205; der Inhalt des § 77 E I sei „selbstverständlich“206 und zudem ließen sich die wesentlichen 201 Gänzlich unstreitig sind die Begriffe aber bis heute nicht. Für eine „instrumentale Sicht“ etwa Leenen, BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre, Berlin 2011, § 4 Rn. 105 ff.; ders. FS Canaris, 2007, S. 699, 705 ff. 202 Vgl. Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 36. Aufl. 2012, Rn. 96; Erman/H. F. Müller, BGB, 13. Aufl. 2011, Einl. vor §§ 104 ff. Rn. 2; vgl. ferner auch BAG NJW 2003, 236; BGH NJW 1998, 3713, 3715; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3. Aufl. 2011, Rn. 395, 399; Dörner in: Schulze, BGB, 7. Aufl. 2012, Vor §§ 104–185 Rn. 1; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl. 2013, Überbl. v. § 104 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 2, 3 (S. 25 ff.); Jauernig/Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, Vorbem. §§ 104 ff. Rn. 2; Staudinger/Singer, BGB, Neubearb. 2011, Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 5; Wertenbruch, BGB Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 2; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl. 2012, § 28 Rn. 2. 203 Verwiesen wurde auf das PrALR (Fn. 157) (I, 5 §§ 1, 2, 4), den Code civil (Art. 1101, dazu unten B. I.2. a)), das § 782 SächsBGB (Fn. 196); den Bayer. Entw. (II 7) (Entwurf eines Gesetzbuches für das Königreich Bayern, 1861), den Hess. Entw. (IV 1 Art. 61, 77) (Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Großherzogtum Hessen, 1842–1853), Art. 42 Dresdener Entwurf (Fn. 846), § 861 ABGB (vgl. dazu bereits oben B. I.1. b) ee) bei Fn. 160), das § 903 ZürGB (Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich [1853–1856]; Text und Kommentierung bei Schneider, Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich, 1888) und Art. 1 OR (Bundesgesetz über das Obligationenrecht v. 14.6.1881, Text und Kommentierung bei Schneider, Das schweizerische Obligationenrecht, 1882), vgl. Mot. I, 162 = Mugdan I, 441. 204 Die Streichung forderten u.a. Brodkowski, Hachenburg, Goldschmidt und Jacoby, vgl. Reichsjustizamt, Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band I. Äußerungen zum Allgemeinen Theil, 1890, S. 141 f. S. ferner auch Korte, Die Vertragslehre im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1896, S. 8, der die Streichung aus diesem Grund ausdrücklich begrüßte. Zum Ganzen auch Mayer-Maly FS Seidl, 1975, S. 118. 205 Vgl. Prot. I, 156 = Mugdan I, 688. 206 Vgl. Protokolle der Vorkommission des Reichsjustizamts, 12. Sitzung v. 23.1.1891, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen, 1978–2002, AT 2, S. 815.
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Elemente der Vertragsschließung bereits aus § 78 E I (dem heutigen § 154 BGB) entnehmen207. Tatsächlich ergibt sich jedoch nicht nur allein aus § 154 BGB, sondern auch aus der Gesamtkonzeption der §§ 145 ff. BGB – aus denen unzweifelhaft deutlich wird, dass das BGB ein Kind des pandektistischen Vertragsmodells der vereinigten Willenserklärungen ist208 dass eigentlicher Geltungsgrund und Kern des Vertrags die Willensübereinstimmung, also der Konsens der Parteien, ist. Denn letztlich illustriert auch das in den §§ 145 ff. BGB normierte dogmatische Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen – Angebot und Annahme – nur den elementaren Grundgedanken, dass der Vertragsschluss den Konsens der Kontrahenten erfordert.209 hh) Entwicklungstendenzen seit Inkrafttreten des BGB Seit das BGB am 1.1.1900 in Kraft getreten ist, wurden die Vorschriften über den Vertragsschluss durch die enormen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen gestellt. Vor deren Hintergrund war die Vertragsschlusskonzeption des BGB auch im Schrifttum immer wieder Angriffen und Kritik ausgesetzt. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde das Prinzip der Vertragsfreiheit sogar ganz grundsätzlich in Frage gestellt.210 Tonangebend war insoweit insbesondere Larenz, der das Wesen des Vertrags nicht im Konsens der Parteien, sondern vielmehr in seiner Funktion „innerhalb der völkischen Gesamtordnung“ sah und eine Bestimmung durch die Parteien dementsprechend nur zu-
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Vgl. Prot. I, 156 = Mugdan I, 688. Vgl. Markesinis/Unberath/Johnston, The German Law of Contract, 2nd ed. 2006, S. 55 f.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 202 ff.; ders. (Fn. 43), S. 82; Schulze (Fn. 172), S. 306; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 70; abw. jedoch Ehmann (Fn. 130), S. 33 f.; ders. JZ 2003, 702, 712 ff. 209 Vgl. Flume (Fn. 19), § 34, 6 a (S. 627); s. ferner auch MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl. 2012, § 145 Rn. 4; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 36; Huber RabelZ 43 (1979) 413, 445 f.; Kötz, Vertragsrecht, 2. Aufl. 2012, Rn. 80; Leenen AcP 188 (1988) 381, 393 ff.; Neumayer FS Riese, 1964, S. 309, 321 ff.; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 70; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 1; sowie bereits Rehbein, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit Erläuterungen für das Studium und die Praxis, 1899–1903, I. Band, Allgemeiner Theil, S. 205; Staudinger/Riezler, 1. Aufl. 1903, Vor § 145 Anm. 1. 210 Vgl. Hofer (Fn. 125), vor § 145 Rn. 31, vor § 241 Rn. 30; Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 27. Allgemein zum Vertragsbegriff bzw. dessen „Auflösung“ im Nationalsozialismus Deyerling, Vertragslehre im Dritten Reich und in der DDR während der Geltung des BGB, 1996, S. 34 ff.; Harth, Der „richtige Vertrag“ im Nationalsozialismus. „Wettbewerb als Instrument staatlicher Wirtschaftslenkung“, in: Gosewinkel (Hrsg.), Wirtschaftskontrolle und Recht in der nationalsozialistischen Diktatur, 2005, S. 107, 110 ff.; Lambrecht, Die Lehre vom faktischen Vertragsverhältnis, 1994, S. 64 ff.; Reiter, Vertrag und Geschäftsgrundlage im deutschen und italienischen Recht, 2002, S. 82 ff.; Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 6. Aufl. 2005, S. 360 ff.; Tosch (Fn. 142), S. 86 ff. 208
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
lassen wollte, „soweit die völkische Ordnung für eine Bestimmungsfreiheit Raum lässt“.211 Vor erhebliche dogmatische Herausforderungen stellte Rechtsprechung und Lehre aber vor allem der im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu beobachtende „Funktionswandel“ des Vertrags von einem Mittel zur rechtlichen Fixierung individuell ausgehandelter Tauschverträge hin zu immer stärker standardisierten und typisierten „Massenverträgen“.212 Vielfach wurde sogar bezweifelt, ob die individualistisch-liberale Vertragsschlusskonzeption des BGB diesem praktisch immer bedeutsamer werdenden Phänomen überhaupt gewachsen war;213 manche sprachen gar von einer „Krise des Vertragsrechts“214. Ein Versuch zur Bewältigung der Problematik war die 1941 von Haupt begründete „Lehre vom faktischen Vertrag“215, der zufolge Verträge insbesondere in den Bereichen der Daseinsvorsorge und des Massenverkehrs nicht durch die Willenserklärungen der Parteien, sondern bereits durch die faktische Inanspruchnahme der Leistung zustande kommen sollten.216 Diese Lehre wurde zwar von Anfang an heftig kritisiert217, fand jedoch zunächst auch zahlreiche Anhänger218 und wurde 1956/57 auch vom BGH in drei Entscheidungen aufgegriffen219. Diese konkrete Anwendung der Lehre durch die Rechtsprechung und ihre Konsequenzen machten vielen erstmals ihre Gefahren und ihre Unvereinbarkeit mit dem fundamentalen Grund-
211 Larenz DR 1935, 488, 491; vgl. ferner auch Larenz AcP 145 (1939) 91, 98; Larenz, Vertrag und Unrecht. Teil 1: Vertrag und Vertragsbruch, 1936, S. 31 ff. 212 Vgl. Busche (Fn. 209), Vor §§ 145 ff. Rn. 7; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 35. 213 Vgl. Busche (Fn. 209), Vor §§ 145 ff. Rn. 4 m.w.N. 214 Vgl. Reinhardt FS Schmidt-Rimpler, 1957, S. 115: „… drängt sich ohne weiteres die Feststellung auf, daß sich unser Vertragsrecht in einer Krise befindet.“ S. ferner etwa auch Kramer, Grundfragen der vertraglichen Einigung, 1972, S. 14; sowie monographisch ders., Die „Krise“ des liberalen Vertragsdenkens, 1974. 215 Grundlegend: Haupt, Über faktische Vertragsverhältnisse, 1941; ders. FS Siber II, 1943, S. 1 ff. 216 Monographisch dazu Lambrecht (Fn. 210). 217 Polemisch Lehmann NJW 1958, 1, 5: „Atombombe zur Zerstörung gesetzestreuen juristischen Denkens“; s. ferner ders., JherJb 90 (1942) 131 ff.; Dölle ZgS 103 (1943) 67, 90 ff. 218 Vor dem 2. Weltkrieg: von Gierke ZHR 109 (1943) 248, 264 ff.; Tasche JherJb 90 (1942) 101, 123 m. Fn. 59, 128; Wieacker ZAkDR 1943, 33 ff.; nach 1945: Bärmann, Typisierte Zivilrechtsordnung der Daseinsvorsorge, 1948, S. 86 ff. (S. 91: „[d]er massenförmige und dadurch typengenormte Vertrag“); Larenz, Schuldrecht I, 1. Aufl. 1953, S. 27 ff.; ders. NJW 1956, 1897 ff.; ders. DRiZ 1958, 245 ff. (jeweils sog. „Lehre vom sozialtypischen Verhalten“); ders, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 1. Aufl. 1967, § 34 II (S. 517 f.) (vertragliches Schuldverhältnis durch sozialtypische Realannahme); Simitis, Faktische Vertragsverhältnisse, 1957, S. 587 ff. (Lehre vom sozialen Vertragsverhältnis); s. ferner auch die weiteren Nachweise bei Lambrecht (Fn. 210), S. 73 ff. 219 BGHZ 21, 319 = NJW 1956, 1475 („Parkplatz“); BGHZ 23, 175 = NJW 1957, 627 („Stromdiebstahl“); BGHZ 23, 249 = NJW 1957, 787 („Hoferben“). Ausf. dazu sowie zu den Reaktionen im Schrifttum Lambrecht (Fn. 210) S. 95 ff.
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satz der Privatautonomie bewusst.220 Selbst frühere entschiedene Proponenten sagten sich nun nach und nach ausdrücklich von ihr los221 und auch der BGH distanzierte sich in der Folgezeit ausdrücklich von ihr222. Heute wird sie nicht mehr vertreten; es besteht vielmehr allgemeiner Konsens, dass sich die fraglichen Fallkonstellationen auch mit dem klassischen Instrumentarium des BGB und den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre interessenadäquat bewältigen lassen223. Eine ähnliche Problematik ergab sich in jüngerer Zeit auch im Hinblick auf die immer schneller fortschreitende Entwicklung moderner Kommunikationstechniken (zunächst Fax und Btx, dann E-Mail, Internet, SMS, MMS etc.). Das klassische, bewusst abstrakt gehaltene Instrumentarium des BGB, ergänzt durch die von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Auslegungskriterien und Wertungen, wird jedoch – trotz seiner Wurzeln im „Zeitalter der Postkutschen“ – nach wie vor nahezu224 einhellig als „zeitlos“ genug erachtet, um auch den spezifischen Problemen und Anforderungen der immer größer werdenden Vielfalt neuer Medien und Kommunikationstechniken des „elektronischen Zeitalters“ hinreichend Rechnung zu tragen225. Der deutsche Gesetzge-
220 Vgl. Lambrecht (Fn. 210), S. 154. Schon auf der Zivilrechtslehrertagung 1957 war man sich einig, dass die Lehre vom faktischen Vertrag eine Gefahr für die Rechtsordnung darstellte, vgl. Baur JZ 1957, 764. Siehe ferner etwa die Kritik von Flume FS DJT I, 1960, S. 135, 187 („Richterwillkür statt Privatautonomie“); Lehmann NJW 1958, 1, 2 („Verwilderung der Rechtsprechung“); Siebert, Faktische Vertragsverhältnisse, 1958, S. 38 („gefährliche Versuchung“). 221 Vgl. Wieacker FamRZ 1957, 287, 290 („Gefährdung des Prinzips der Privatautonomie“); ders., JZ 1959, 382, 383; ders. FS OLG Celle, 1961, S. 263, 285 („Sprengung des Privatrechtssystems“); zuletzt auch von Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 1989, § 28 II (S. 535 f.). 222 Vgl. BGH NJW 1965, 387, 388; BGH WM 1968, 115, 117 („Begriff der Willenserklärung bedenklich überdehnt“); BGH NJW 1991, 564; BGH NJW 2003, 3131; BGH NJW-RR 2005, 639 f.; BGH NJW 2009, 913 ff. 223 Erman/Armbrüster, BGB, 13. Aufl. 2011, Vorbem. §§ 145 ff. BGB Rn. 42; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. §§ 241 ff. Rn. 64, 67; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 39; Staudinger/Knothe, Neubearb. 2011, Vorbem. zu §§ 104–115 Rn. 31; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 13. 224 Früher wurde jedoch teilweise die Erarbeitung einer völlig neuen Konzeption nahe gelegt, so etwa Susat/Stolzenburg MDR 1957, 146 f.; in jüngerer Zeit finden sich derartige Forderungen nach einer speziellen gesetzlichen Regelung jedoch nur noch vereinzelt, so etwa Vehslage DB 2000, 1801, 1803, 1805. 225 Vgl. Begr. RegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 11; Brehm FS Niederländer, 1991, S. 233 f.; Dörner AcP 202 (2002) 363, 396; Heun CR 1994, 595, 600; Hoeren MMR 2008, 3, 4; Kimmelmann/Winter JuS 2003, 532, 536; Mehrings MMR 1998, 30, 33; Melullis MDR 1994, 109, 111; Moritz CR 2000, 61, 62; Ranieri (Fn. 38), S. 212; Mankowski JZ 2005, 444; Petersen JURA 2002, 387, 390; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1016; Süßenberger, Das Rechtsgeschäft im Internet, 2000, S. 222; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 846; Waldenberger EuZW 1999, 296, 300; Wiebe, Die elektronische Willenserklärung, 2002, S. 535; s. ferner auch Geis NJW 1997, 3000; Godefroid DStR 2001, 400, 407; Herwig MMR 2001, 145; Köhler AcP 182 (1982) 126, 132 ff., 170; Oertel MittRhNotK 2000, 181, 196.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
ber hat daher – anders als etwa in den USA226 oder Kanada227 bis heute bewusst von der Schaffung spezieller Regelungen betreffend den Mechanismus des Vertragsschlusses unter Verwendung moderner Kommunikationsmittel abgesehen.228 Lediglich die Formvorschriften wurden im Hinblick auf die neuen technischen Entwicklungen im Jahr 2001 umfassend modernisiert.229 Überhaupt sind die allgemeinen Vertragsschlussvorschriften – trotz der immensen Fortentwicklung der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre durch Wissenschaft und Rechtsprechung230 – seit Inkrafttreten des BGB nahezu unangetastet geblieben. In den §§ 145–157 BGB erfolgten lediglich marginale Modifikationen231. Die für den Vertragsschluss ebenfalls zentralen Regelungen der §§ 116 ff. BGB erfuhren zwar etwas größere Änderungen. Diese betrafen aber neben einer Ausweitung des Wuchertatbestandes in § 138 Abs. 2 BGB232 und Folgeänderungen zur Neugestaltung des Beurkundungs-233, Verjährungs-234 226 Vgl. ss. 14 und 15 des Uniform Electronic Transactions Act (UETA) (abrufbar unter http://www.uniformlaws.org/shared/docs/electronic%20transactions/ueta_final_99.pdf) der 1999 von der NCCUSL angenommen und inzwischen (mit Ausnahme von Illinois, New York und Washington) von allen US-Bundestaaten sowie vom District of Columbia und den U.S. Virgin Islands rezipiert wurde, vgl. dazu Lord, Williston on Contracts, 4th ed. (Stand: Mai 2012) (im Folgenden: Williston on Contracts), § 6.41; Brumsfield Fry (2001) Idaho L. Rev. 237, 261 ff.; Gabriel (2006/07) 7 Loy. L. & Tech. Ann. 1, 26 ff.; Lampe (2001) 55 C. Fin. L. Q. Rep. 255, 257. Siehe ferner auch ss. 201 ff. des Uniform Computer Information Transactions Act (UCITA) (abrufbar unter http://www.uniformlaws.org/shared/docs/computer_information_transactions/ ucita_final_02.pdf), der ebenfalls 1999 von der NCCUSL verabschiedet wurde (mit Änderungen in 2000 und 2002), aber bislang nur von Maryland und Virginia rezipiert wurde, vgl. dazu Lord a.a.O.; Puplava (2007) 16 Mich. St. J. Int’l L. 153, 158 f. 227 Vgl. ss. 19 des kanadischen Uniform Electronic Commerce Act (UECA) (abrufbar unter http://gcis.nat.gov.tw/eclaw/english/PDF/UniformElectronicCommerceAct.pdf), der 1999 von der ULCC verabschiedet wurde und inzwischen von sämtlichen kanadischen Provinzen und Territorien rezipiert wurde. Vgl. dazu näher Gregory (2001) 37 Idaho L. Rev. 441, 460 ff.; ders. (2002) 17 B.F.L.R. 277, 301 ff. 228 Vgl. Begr. RegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 11. 229 Änderung der §§ 120, 126, 127 BGB sowie Ergänzung der §§ 126a, 126b BGB durch das FormAnpG (Fn. 231). 230 Vgl. nur das gewandelte Verständnis der Begriffe „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“ (dazu oben B. I.1. b) gg)) sowie die Adaption der allgemeinen Vorschriften an die Spezifika moderner Massengeschäfte und die neuen modernen Kommunikationsmittel (dazu soeben). 231 Erweiterung des § 147 Abs. 1 S. 2 BGB um die „sonstigen technischen Einrichtungen“ durch das FormAnpG (Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr v. 13.7.2001, BGBl. I, 1542); Anpassung des § 152 BGB im Hinblick auf den Wegfall der Möglichkeit der gerichtlichen Beurkundung durch das Beurkundungsgesetz v. 28.8.1969 (BGBl. I, 1513). 232 Durch das Erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1. WiKG) v. 29.7.1976 (BGBl. I, 2034). Dazu MünchKommBGB/Armbrüster, 6. Aufl. 2012, § 138 Rn. 140 m.w.N. 233 Einführung des neuen § 127a BGB sowie Anpassungen in §§ 126, 128, 129 BGB durch das BeurkG (Fn. 231). 234 Änderung der §§ 121 II, 124 II 2, III BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001 (BGBl. I, 3138).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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und Zustellungsrechts235 primär die bereits angesprochene Modernisierung der Formvorschriften236. Für den Teilbereich der Verbraucherverträge werden die allgemeinen Vertragsschlussvorschriften jedoch seit Ende der 1970er Jahre – maßgeblich auch auf Grund europäischer Vorgaben237 zunehmend durch spezifisch verbraucherschützende Sonderregelungen ergänzt und überlagert. Diese lassen die tradierten allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss zwar prinzipiell unangetastet, enthalten aber gleichwohl in einigen Punkten bedeutsame Modifikationen: So etwa im Hinblick auf die Auslegung einer Handlung als Annahmeerklärung im Falle der unbestellten Leistung (§ 241a BGB)238 oder betreffend die Voraussetzungen, damit AGB zum Vertragsbestandteil werden (§ 305 II BGB). Erheblichen Einfluss auf Zustandekommen und Auslegung des Vertrags sowie die Bestimmung seines Inhalts haben aber auch – zumindest mit235 Änderung des § 132 II 1 BGB durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz – ZustRG) v. 25.6.2001 (BGBl. I, 1206). 236 Änderung der §§ 120, 126, 127 BGB sowie Ergänzung der §§ 126a, 126b BGB durch das FormAnpG (Fn. 231). 237 RL 85/577/EWG des Rates v. 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABlEG v. 31.12.1985, L 372/31 („Haustürwiderrufs-RL“); RL 87/102/EWG des Rates v. 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABlEG v. 12.2.1987, L 42/48, inzwischen ersetzt durch RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABlEU v. 22.5.2008, L 133/66 („Verbraucherkredit-RL“); RL 90/314/EWG des Rates vom 13.6.1990 über Pauschalreisen, ABlEG v. 23.6.1990, L 158/ 59 („Pauschalreise-RL“); RL 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABlEG v. 21.4.1993, L 95/29 („Klausel-RL“); RL 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABlEG v. 29.10.1994, L 280/83, inzwischen ersetzt durch RL 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.1.2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträge, ABlEU v. 3.2.2009, L 33/10 („Timeshare-RL“); RL 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABlEG v. 4.6.1997, L 144/19 („Fernabsatz-RL“). Durch die neue Verbraucherrechte-RL (RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.10.2011über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/ EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABlEU v. 22.11.2011, L 304/64) wurden die RL 85/577/ EWG und die RL 97/7/EG aufgehoben und die RL 93/13/EWG abgeändert (Erlass der Umsetzungsvorschriften bis 13.12.2013; Anwendung ab 13.6.2014; Geltung für Verträge, die ab dem 13.6.2014 geschlossen werden, vgl. Art. 28) („Verbraucherrechte-RL“). 238 Vgl. dazu näher unten D. V.1. a) bb)(1)(c).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
telbar – die umfangreichen Informations- und Belehrungspflichten, die bei bestimmten Typen von Verbraucherverträgen bestehen.239 Darüber hinaus war das wirksame Zustandekommen von Verträgen, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht, früher (zumindest nach h.M.240) sogar bis zum Ablauf der Widerrufsfrist suspendiert („schwebende Unwirksamkeit“); diese äußerst missliche Situation wurde jedoch im Jahr 2001241 beseitigt; das Widerrufsrecht ist nunmehr lediglich ein Gestaltungsrecht, mit dem sich der Verbraucher ähnlich wie beim Rücktritt von dem – zunächst wirksam zustande gekommenen Vertrag – lösen kann (vgl. § 355 I 1 BGB)242.
2. Der Vertragsschluss nach dem französischen Code civil a) Grundlagen Im Gegensatz zum BGB enthält der französische Code civil nicht nur eine Legaldefinition des Vertrags (Art. 1101 C. civ.), sondern normiert in Art. 1108 darüber hinaus ausdrücklich die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit. Art. 1101 C. civ. Le contrat est une convention par laquelle une ou plusieurs personnes s’obligent, envers une ou plusieurs autres, à donner, à faire ou à ne pas faire quelque chose. [Ein Vertrag ist die Übereinkunft, wodurch eine oder mehrere Personen sich gegenüber einer oder mehreren anderen verpflichten, etwas zu geben, zu tun, oder nicht zu tun].
239 Vgl. in Bezug auf die Informationserfordernisse des Richtlinienrechts Pfeiffer in: Vertragsschluss im Gemeinschaftsrecht, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informationspflichten und Vertragsschluss im acquis communautaire, 2003, S. 104, 111 f. 240 Begr. RegE z. VerbrKrG, BT-Drs. 11/5462, S. 22; BGH NJW 1991, 1052, 1053; BGH NJW 1993, 64, 68; BGH NJW 1994, 1800, 1801; BGH NJW 1996, 57, 58; Palandt/Putzo, 57. Aufl. 1998, § 1 HausTWG Rn. 4, § 5 TzWrG Rn. 1, § 7 VerbrKrG Rn. 3; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. 1995, § 7 VerbrKrG Rn. 12; Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2051; a.A. jedoch etwa Hadding FS Brandner, 1996, S. 207, 211 f.; Pfeiffer/Dauck NJW 1997, 30, 33; kritisch auch S. Lorenz NJW 1995, 2258, 2260 f. 241 Durch § 361a I 1 BGB i.d.F.d. FernAbsG (Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro v. 27.6.2000, BGBl. I, 897), der durch das SMG (Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001, BGBl. I, 3138) m.W.v. 1.1.2000 inhaltlich in den neuen § 355 I 1 BGB übernommen wurde. 242 Vgl. BGH BKR 2009, 283, 285; BGH NJW-RR 2004, 1058 f.; Erman/Saenger, 13. Aufl. 2011, § 355 Rn. 4; Jauernig/Stadler, 14. Aufl. 2011, § 355 Rn. 3; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl. 2012, § 355 Rn. 35 f.; Palandt/Grüneberg, 72. Aufl. 2013, § 355 Rn. 3; Schulze in: Schulze, BGB, 7. Aufl. 2012, § 355 Rn. 1; Fuchs ZIP 2000, 1273, 1282; von Koppenfels WM 2001, 1360, 1362; vgl. ferner auch („schwebende Wirksamkeit“): Begr. RegE z. FernAbsG, BTDrs. 14/2658, S. 41, 47; Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2052; Habersack BKR 2001, 72, 75; Mankowski WM 2001, 833, 842. Anders jedoch Reiner AcP 203 (2003) 1, 27 ff., 45 („anfechtungsähnlicher Charakter“).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Art. 1108 C. civ. Quatre conditions sont essentielles pour la validité d’une convention: Le consentement de la partie qui s’oblige; Sa capacité de contracter; Un objet certain qui forme la matière de l’engagement; Une cause licite dans l’obligation. [Zur Gültigkeit eines Vertrags gehören wesentlich vier Bedingungen: die Einwilligung des sich verpflichtenden Teils; dessen Fähigkeit zu kontrahieren, eine bestimmte Sache, die den Gegenstand der Verbindlichkeit ausmacht; ein erlaubter Grund der Verbindlichkeit.]
aa) Konsens als Kern und Geltungsgrund des Vertrags Kern und Geltungsgrund des Vertrags ist also auch im französischen Recht der Konsens der Parteien (accord de volontés oder auch rencontre des volontés).243 Obgleich Art. 1108 C. civ. insofern bedauerlicherweise etwas missverständlich formuliert ist („le consentement de la partie qui s’oblige“ [„die Einwilligung des sich verpflichtenden Teils“]244), besteht auch im französischen Recht seit jeher Einigkeit darüber, dass nicht nur die Einwilligung des sich verpflichtenden Teils, sondern vielmehr das Einverständnis beider (bzw. aller) Vertragsparteien erforderlich ist.245 So sah denn auch der im Juli 2008 vorgelegte Entwurf des französischen Justizministeriums für eine Reform des Ver-
243 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 195. Vgl. aus dem französischen Schrifttum auch Bénabent, Droit des obligations, 13e éd. 2012, n° 54 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50, 159 f., 219; Flour/Aubert/Savaux, Les obligations. 1. L’acte juridique, 14e éd., 2010, n° 99; Larroumet, Les obligations, le contrat, 1re partie: Conditions de formation, 6e éd., 2007, n° 231; Montero/Demoulin, in: Wéry, Patrick (éd.), Le droit des obligations contractuelles et le bicentenaire du Code civil, 2004, S. 61, 67; Terré/Simler/Lequette, Droit civil. Les obligations, 10e éd. 2009, n° 91. 244 Vgl. zu den Wurzeln dieser Formulierung in Pothiers Modell des translativen Versprechensvertrags näher Schmidlin (Fn. 43), S. 95 ff.; s. ferner auch Busseuil (Fn. 161), S. 87 f. Allg. zum Modell des translativen Versprechensvertrags bereits o. B. I.1. b) ee); zu Pothier, seinem Vertragsmodell und seinem Einfluss auf den Code civil näher u. B. I.2. b) cc), B. I.2. b) dd). 245 Vgl. Fages, Droit des obligations, 3e éd., 2011, n° 68; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 122 Fn. 1; Guenzoui, La notion d’accord en droit privé, 2009, n° 95; aus dem älteren Schrifttum etwa Delsol, Explication élémentaire de Code Napoleon, t. 2, 2e éd. 1867, S. 393; s. ferner auch Ferid/Sonnenberger, Das französische Zivilrecht I/1, 2. Aufl. 1994, 1 F 214. Dass die Verfasser des Code civil bei Art. 1108 C. civ. den Konsens der Parteien vor Augen hatten, ergibt sich im Übrigen auch eindeutig aus den Materialien, vgl. Mouricault, Discussion devant le corps législatif, in: Fenet, Recueil complet des travaux préparatoires du Code civil, 1836, t. 13, S. 413, 416: „Le consentment des parties contractantes est mis à la tête et avec raison, puisque toute convention suppose la réunion des volontés de ceux qui y interviennent.“ („Der Konsens der Vertragsparteien ist an die Spitze gestellt worden und mit Fug und Recht, denn jede Vereinbarung setzt die Übereinstimmung der Willen der daran Beteiligten voraus“).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
tragsrechts246 in Art. 19 S. 1 ausdrücklich vor, dass der Vertragsschluss die Willensübereinstimmung der Parteien erfordert.247 Hinsichtlich des Zustandekommens des Konsenses folgt auch das französische Recht traditionell dem dogmatischen Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme. Da die Verfasser des Code civil allerdings keine speziellen Bestimmungen über das Verfahren des Vertragsschlusses sowie Angebot und Annahme in den Gesetzestext aufnahmen, wurden die entsprechenden Regeln erst im Laufe der Jahre durch Rechtsprechung und Lehre konturiert.248 Diese „magna lacuna“249 des Code civil wurde allerdings 2004/05 durch die Einführung einiger spezieller Regeln für elektronisch abgeschlossene Verträge250 immerhin etwas verkleinert. Im Rahmen der – bereits angesprochenen und unten251 noch näher darzustellenden neueren Pläne für eine Reform des französischen Vertragsrechts gab und gibt es zudem Bestrebungen, sie endlich auch vollständig zu schließen. bb) Geschäftsfähigkeit Die von Art. 1108 C. civ. als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung genannte Geschäftsfähigkeit (capacité) der Parteien ist aus deutscher Sicht ebenfalls etwas Selbstverständliches (vgl. §§ 104 ff. BGB) und soll hier nicht näher erörtert werden.
246
Das sog. Projet de la chancellerie (Fn. 438). Ausf. zu den neueren Reformbemühungen unten B. I.2. b) ff.). 247 Art. 19 S. 1 Projet de la chancellerie (Fn. 438) La formation du contrat requiert la rencontre de la volonté de chacune des parties de s’engager. (Das Zustandekommen des Vertrags erfordert die Willensübereinstimmung jeder der Parteien sich zu verpflichten.). 248 Dazu näher unten B. I.2. b) ee)(2)(b). 249 Ranieri, 200 Jahre Code civil. Die Rolle des französischen Rechts in der Geschichte des europäischen Zivilrechts oder zum Aufstieg und Niedergang eines europäischen Kodifikationsmodells, in: Schubert/Schmoeckel (Hrsg.), 200 Jahre Code civil, 2005, S. 85, 109; vgl. ferner auch Catala Études Béguin, 2005, S. 61, 67; Fontaine, Les obligations contractuelles: 1804 – 1904 – 2004 – et l’avenir …, in: Wéry (dir.), Le droit des obligations contractuelles et le bicentenaire du Code civil, 2004, S. 13 f.; Mazeaud RDC 2009, 397, 406: „lacunes extrêmement importantes“ („extrem wichtige Löcher“); Mestre, Les difficultés de la recodification pour la théorie générale du contrat, in: Lequette/Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 231, 239; Rémy-Corlay, Structural elements of the French Civil Code, in: Grundmann/Schauer (eds.), The Architecture of European Codes and Contract Law, 2006, S. 33, 36 f. Ausdrücklich positive Einschätzung der „Lücke“ jedoch jüngst bei Forray RTD civ. 2012, 311 ff., der dezidiert gegen jegliche Kodifikation plädiert; Angebot und Annahme seien Materien, die bei Lehre und Rechtsprechung weitaus besser aufgehoben seien. 250 Dazu näher unten B. I.2. b) ee)(1) bei Fn. 390 ff. 251 S. näher unten B. I.2. b) ff.).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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cc) Vertragsobjekt (objet) Aus deutscher Sicht etwas „schillernd“252 ist dagegen das Erfordernis der Existenz eines bestimmten Vertragsobjekts (objet), das im französischen Recht eine ganze Reihe verschiedenster Funktionen erfüllt. Unter dem Stichwort der existence de l’objet wird zunächst die anfängliche objektive Unmöglichkeit behandelt253: Ist Vertragsgegenstand eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht existierende Sache oder ist der Vertrag auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet, so ist der Vertrag nichtig254. Das französische Recht folgt damit insoweit auch weiterhin dem Nichtigkeitsdogma, das in Deutschland i.R.d. Schuldrechtsreform bewusst aufgegeben wurde255 (vgl. § 306 I BGB a.F. bzw. § 311a BGB n.F.). Unter dem Aspekt des objet certain geht es um Fragen der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Vertragsgegenstandes, insbesondere auch des Preises.256 Auch diese Problematik ist dem deutschen Recht keineswegs fremd, wenngleich das französische Recht insoweit im Einzelnen einen doch etwas anderen Ansatz verfolgt.257 Dritte wesentliche Anforderung an das objet ist im französischen Recht schließlich die licéité, womit – jedenfalls nach h.M. – nicht nur gemeint ist, dass der Vertragsgegenstand Gegenstand des Rechtsverkehrs (chose dans le commerce) sein können muss (vgl. s. 1128 C. civ.258)259, sondern auch die Vereinbarkeit mit dem ordre public und den guten Sitten260. Im Hinblick auf Letz252 Vgl. Bucher, Der Einfluss des französischen Code Civil auf das Obligationenrecht, in: Caroni (Hrsg.), Das Obligationenrecht 1883–1983, 1984, S. 139, 147. Auch in Frankreich selbst wird das Erfordernis des objet certain jedoch verbreitet als „inutile“ („unnötig“) kritisiert, vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 382 f. 253 Vgl. rechtsvergleichend: Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 F 616. 254 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 145; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 376 ff.; Fages (Fn. 245), n° 155 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 238; Larroumet (Fn. 243), n° 287 (S. 359 ff.); Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les obligations, 5e éd. 2011, n° 597, 600 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 271 ff. 255 Vgl. Begr. RegE z. SMG, BT-Drs. 16/6040, S. 164. 256 Vgl. Bénabent (Fn. 226), n° 144; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 379 ff.; Fages (Fn. 245), n° 152 ff.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 236 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 599; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 270, 282 ff.; rechtsvergleichend: Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 F 618. 257 Vgl. dazu näher unten C. V.2. c), speziell zum Preis C. V.2. c) bb). 258 Art. 1128 C. civ. Il n’y a les choses qui sont dans le commerce qui puisent être l’objet des conventions. (Nur Sachen, die im Verkehre sind, können Gegenstände eines Vertrags sein.). 259 Näher dazu Bénabent (Fn. 243), n° 146; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 386 ff.; Fages (Fn. 245), n° 157; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 240; Loiseau RTD civ. 2000, 47 ff. Als Vertragsgegenstand ausgeschlossen sind damit etwa der menschliche Körper und seine Bestandteile (vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 146; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 386; Fages (Fn. 245), n° 158; Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 240), aber z.B. auch Vorprodukte zur Herstellung von Kosmetika, deren Verfallsdatum abgelaufen ist (vgl. Cass. com., 16.5.2006, n° 04-19785). 260 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 389 ff.; Larroumet (Fn. 243), n° 395bis m.w.N.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
teres besteht allerdings eine gewisse Überschneidung mit dem Erfordernis der cause licite261 (dazu sogleich unter B. I.2. a) dd)). Konzeptionell mag das objet aus deutscher Perspektive also vielleicht etwas befremdlich erscheinen. Die materiellen Rechtsprobleme, die unter diesem Stichwort behandelt werden, werden aber ganz ähnlich auch im deutschen Rechts diskutiert. Insbesondere geht es hier auch eher um spezifische Probleme hinsichtlich des Vertragsinhalts, nicht um die eigentlichen Grundfesten und -voraussetzungen des Vertragsschlusses. Im Hinblick auf die Grundkonzeption des Vertragsschlusses ergibt sich somit aus den Anforderungen des französischen Rechts an das objet keine elementare und signifikante Divergenz zum deutschen Recht. dd) Cause Ein ganz grundlegender konzeptioneller Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Grundkonzeption des Vertragsschlusses ergibt sich jedoch aus dem französischen Rechtsinstitut der cause, welches für das französische Vertragsrecht eine derart fundamentale Bedeutung hat, dass es geradezu als „Symbol des französischen Rechtsgeistes“262 begriffen wird. Vorherrschend ist heute263 sowohl in der Rechtsprechung264 als auch im Schrifttum265 die sog. „dualistische Theorie“, die zwischen der cause objective (cause de contrat) und der cause subjective (cause d’obligation) differenziert. Die cause objective (cause de contrat) bezeichnet den Zweck (but) zu dem bzw. die contrepartie („Gegenleistung“) im Hinblick auf die eine Verbindlichkeit eingegangen wird266. Sie ist nicht zu verwechseln mit den Motiven der Parteien267 und bei Verträgen eines bestimmten Vertragstypus (z.B. Kauf, Miete etc.) stets identisch268. Bei synallagmatischen Verträgen besteht sie in der Gegenleistung der anderen Partei, d.h. die gegenseitigen Verpflichtungen dienen 261 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 240 und n° 275; Larroumet (Fn. 243), n° 382; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 315. Ausf. zum Verhältnis von objet und cause: Ghestin (Fn. 51), n° 1008 ff. (S. 657 ff.) m.w.N. 262 Malaurie JCP G 2008.I.204 („…un des symboles de l’esprit juridique français“). 263 Zur historischen Entwicklung näher unten B. I.2. b) ee)(2)(c). 264 Vgl. Cass. civ. 1re, 12.7.1989, n° 8-11443, dazu Mestre RTD civ. 1990, 462, 469 f.; Cass. com., 9.6.2009, n° 08-11420. 265 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 179; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 426; Fages (Fn. 245), n° 159; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 270; Larroumet (Fn. 243), n° 447; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 621; Mazeaud, in: La cause, in: Lequette/Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 451, 455; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 334; kritisch aber etwa Ghestin JCP G 2006.I.177; ders. (Fn. 51), n° 134 ff. (S. 96 ff.). 266 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 178, 180; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 427; Fages (Fn. 245), n° 159; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 255, n° 270; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 338. 267 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 255; Larroumet (Fn. 243), n° 449, n° 457. 268 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 180; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 428; Fages (Fn. 245), n° 159; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 255; Larroumet (Fn. 243), n° 450; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 338.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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einander wechselseitig als cause objective269 (Bsp.: bei einem Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer, die Kaufsache zu übereignen, um den Kaufpreis zu erhalten270). Bei Realverträgen (contrats réels)271 liegt sie in der vorangegangenen Übergabe der Sache.272 Bei unentgeltlichen Verträgen, wo es naturgemäß keine „Gegenleistung“ i.e.S. gibt, ist cause objective die intention libérale (freigiebiger Wille) des Schuldners.273 Funktional ist die cause objective ein Instrument zur Kontrolle des vertraglichen Gleichgewichts (équité dans le contrat).274 Wenn die cause im Moment des Vertragsschlusses275 tatsächlich nicht existiert (z.B. weil die Gegenleistung tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist oder ihren Zweck nicht erreichen kann276), ist die Verpflichtung nichtig (nullité pour absence de cause)277. Dasselbe gilt, wenn zwar eine cause existiert, diese aber dérisoire (illusorisch) ist.278 Dass die gegenseitigen Verpflichtungen
269 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 181; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 428; Fages (Fn. 245), n° 162; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 256; Larroumet (Fn. 243), n° 453, 469; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 340. 270 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 181; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 428; Fages (Fn. 245), n° 159; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 256; Larroumet (Fn. 243), n° 453; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 340. 271 Dazu näher unten B. II.2. 272 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 430 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 256; Larroumet (Fn. 243), n° 455, 475. 273 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 184; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 431; Fages (Fn. 245), n° 162; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 256; Larroumet (Fn. 243), n° 451, 476; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 349. 274 Vgl. Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 455; s. ferner etwa auch Chazal JCP G 1998.I.152; Fages (Fn. 245), n° 160; Guéguen D. 1999, 352, 356; Wicker, La réforme du droit français du contrat: de la cause à la causalité juridique, in: Mäsch/Mazeaud/Schulze (éds.), Nouveaux défis du droit des contrats en France et Europe, 2009, S. 53, 55. 275 Vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes: Cass. civ. 3e, 17.7.1996, n° 93-19432; Cass. Civ. 1re, 12.7.2006, n° 04-13204; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 440 ff.; Fages (Fn. 245), n° 163; Larroumet (Fn. 243), n° 460; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 353. 276 Beispiele aus der reichhaltigen Rspr.: Cass. civ. 1re, 18.4.1953, n° 53-06152 (Vertrag mit einem Genealogen in einem Fall, in dem die Erbin ohne Weiteres feststellbar war; ähnlich auch CA Pau, 5.12.2005, D. 2006, 2020 [dazu Lecourt D. 2006, 2021 ff.)); Cass. civ. 3e, 4.5.1983, n° 79-16575 (Vertrag über Übertragung einer personengebundenen behördlichen Genehmigung); Cass. civ. 1re, 7.2.1990, n° 88-18441 (Vertrag über die wegen der freien Arztwahl nicht mögliche „Übertragung“ seiner Patienten durch einen Kieferchirurgen an den Erwerber seiner Praxis); Cass. Civ. 1re, 16.4.1996, n° 94-15342 (Vertrag über die Abtretung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Genehmigung zur Nutzung einer bestimmten öffentlichen Fläche vor der Abtretung erloschen war); Cass. civ. 1re, 29.9.2004, n° 03-10766 (Einbeziehung einer einem Erben zustehenden Sache ins aufzuteilende Nachlassvermögen). 277 Art. 1131 C. civ. L’obligation sans cause … ne peut avoir aucun effet. (Eine Verbindlichkeit, die gar keine cause hat … kann keine Wirkung hervorbringen.). 278 Vgl. Cass. civ. 1re, 14.10.1997, n° 95-14285 (ausbeuterischer Bierlieferungsvertrag); Cass. re civ. 1 , 8.2.2005, n° 03-10749 (Bierlieferungsvertrag, bei dem die Brauerei eine Bürgschaft für ein Darlehen ihrer Kunden übernahm, aber durch eine Gegengarantie eines Dritten abgesichert war und daher letztlich keinerlei wirkliches Risiko einging; dazu Amrani Mekki D. 2005, 2836,
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
womöglich aus objektiver Perspektive nicht gleichwertig sind, ist dagegen irrelevant;279 die Festlegung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses obliegt auch nach französischem Rechtsverständnis als Ausfluss der Vertragsfreiheit grundsätzlich allein den Parteien280. Demgegenüber bezeichnet die cause subjective (cause du contrat) das maßgebende Motiv, das die Parteien zum Abschluss des Vertrags veranlasst hat.281 Ihre wesentliche Funktion liegt in der Ermöglichung einer Kontrolle gesetzesoder sittenwidriger Motive der Parteien.282 Verträge, bei denen bei einer Partei eine cause illicite (unerlaubte cause) oder eine cause immorale (sittenwidrige cause) vorliegt, sind nichtig,283 wobei die Rechtsprechung heute284 – anders als früher285 – auch nicht mehr verlangt, dass die andere Partei die cause illicite oder immorale kennt286. Die cause hat damit nach heute h.M. eine Doppelfunktion: Als cause objective (cause d’obligation) dient sie dem individuellen Schutz der Parteien287, als cause subjective (cause du contrat) gewährleistet sie den Schutz der Gesellschaftsordnung (ordre social)288. 279 2841 f.); vgl. jedoch andererseits etwa Cass. civ. 1re, 4.7.1995, n° 93-16198 (Verkauf eines Rings im Wert von ca. 460 000 FF für rund 100 000 FF nicht dérisoire). S. zum Ganzen etwa auch Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 261; Ghestin (Fn. 51), n° 256 ff. (S. 174 ff.). 279 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 431 ff.; Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 456. 280 In diesem Kontext wird gerne das berühmte Axiom „Qui dit contractuel dit juste“ („Wer etwas vertraglich sagt, sagt es gerecht“) zitiert, das der französische Philosoph Alfred Fouillee schon 1880 prägte (Fouillée, La science sociale contemporaine, 1880, S. 410). Vgl. zum Ganzen auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 431 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 471; Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 456. 281 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 178, 187; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 445; Fages (Fn. 245), n° 160; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 264, n° 270; Larroumet (Fn. 243), n° 481, 483. 282 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 190; Fages (Fn. 245), n° 159; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 264, n° 270; Larroumet (Fn. 243), n° 484; Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 458; Wicker (Fn. 274), S. 53, 56; s. ferner auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 359, 361. 283 Art. 1131 C. civ. L’obligation … sur une cause illicite ne peut avoir aucun effet. (Eine Verbindlichkeit, die auf einer … unerlaubten cause beruht, kann keine Wirkung hervorbringen.) Art. 1133 C. civ. La cause est illicite quand elle est prohibée par la loi, quand elle est contraire aux bonnes mœurs ou à l’ordre public. (Die cause ist unerlaubt, wenn sie vom Gesetz verboten oder wenn sie den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung zuwider ist.). 284 Grundlegend: Cass. civ. 1re, 7.10.1998, n° 96-14359 (abgedruckt mit Anträgen von AG Sainte-Rose in D. 1998, 563 ff.); dazu Delebecque D. 1999, somm. 110 f. 285 Vgl. Cass. civ. 1re, 4.12.1956, JCP 1957.II.10008; Cass. civ. 1re, 12.7.1989, n° 88-11443 m. Anm. Aubert D. 1991, 320. 286 Vgl. zum Ganzen Bénabent (Fn. 243), n° 194; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 447 ff.; Fages (Fn. 245), n° 177; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 269; Larroumet (Fn. 243), n° 500 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 367. 287 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 270; Maury (1951) 3 RIDC, 485, 502; Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 455. 288 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 270; Maury (1951) 3 RIDC 485, 502; Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 455, 458.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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b) Historische Entwicklung Die – insoweit mit dem deutschen Recht gemeinsamen – Wurzeln dieser Grundkonzeption des französischen Vertragsschlussrechts liegen ebenfalls bereits im römischen Recht289 und seiner Rezeption im Mittelalter290. Wie bereits im Zusammenhang mit der historischen Entwicklung der deutschen Vertragsrechtskonzeption dargestellt, findet insbesondere auch die Lehre von der cause ihre Ursprünge bereits in der Rolle der causa bei den römischen Innominatkontrakten291 und der später im Rahmen der Rezeption des römischen Rechts speziell von Baldus geprägten causa-Lehre292. aa) Coutumes Wie sich aus einer Analyse der sog. Coutumes (Sammlungen der Gewohnheitsrechte einer Stadt bzw. Provinz293) ergibt, war die Klagbarkeit reiner Konsensualverträge in der französischen Rechtspraxis – zumindest in einigen Gebieten wohl schon früher als in Deutschland, nämlich bereits im 13. und 14. Jahrhundert, anerkannt.294 So postulierten schon die Coutumes de Beauvaisis (1283) die bekannte Maxime „Toutes convenances font a tenir, et pour ce dit on: convenance vaint loi“ („Alle Übereinkünfte sind einzuhalten, und dafür sagt man: die Übereinkunft bezwingt das Recht“)295, die sich der Sache nach noch heute in Art. 1134(1) C. civ.296 wiederfindet297. Auf der glei-
289
Dazu ausf. oben B. I.1. b) aa). Dazu ausf. oben B. I.1. b) cc). 291 Dazu oben B. I.1. b) aa). 292 Dazu oben B. I.1. b) cc)(2). 293 Die Aufzeichnung der Coutumes begann im 13. Jahrhundert, heute sind etwa 60 coutumes principales (die für ein Gebiet galten) und zwischen 300 und 700 coutumes locales (die auf einen Ort beschränkt waren) bekannt, vgl. Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 211 ff.; Zweigert/ Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 75. 294 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50; Mayer-Maly (Fn. 108), 1976, S. 91, 102; Olivier-Martin, Histoire du droit français des origines à la Révolution, 2e éd. 1951, S. 278; Timbal, Les obligations contractuelle dans le droit français des XIIIe et XIVe siècles d’après la jurisprudence du parlament, 1973, S. 14 ff.; ausf. und m.z.w.N. Spies (Fn. 85), S. 150 ff.; zurückhaltend jedoch Cloros (1959) Tul. L. Rev. 607, 614; Nanz (Fn. 35), S. 60 ff. 295 Vgl. Salmon (éd.), De Beaumanoir, Coutumes de Beauvaisis: texte critique, 1900, t. 2, Cap. 34, art. 999 S. 1. Die Coutumes des Beauvaisis ist eine 1283 von Philippe de Beaumanoir, dem königlichen Bailli von Clermont-en-Beauvaisis, aufgezeichnete Sammlung des Gewohnheitsrechts der Provinz Beauvais (im heutigen Départment Oise in Nordfrankreich), vgl. Nanz (Fn. 35), S. 60. Zum Ganzen auch Spies (Fn. 85), S. 165 ff. 296 Art. 1134 C. civ. Les conventions légalement formées tiennent lieu de loi à ceux qui les on faites. Elles ne peuvent être révoquées que de leur consentement mutuel, ou pour les causes que la loi autorise. Elles doivent être exécutées de bonne foi. (Gesetzeskonform abgeschlossene Verträge gelten für die, welche sie eingegangen sind, als Gesetze. 290
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
chen Linie lagen aber z.B. auch bereits die Livres de Jostice et Plet (um 1260)298. Andererseits gab es jedoch offenbar auch eine ganze Reihe von Coutumes, welche die Klagbarkeit von Verträgen entsprechend dem klassischen römischen Recht und der legistischen Vestiturtheorie von der Einhaltung bestimmter Formen abhängig machten, so z.B. die Coutumes de Lorraine.299 bb) Humanismus Vor diesem Hintergrund war die Klagbarkeit der pacta nuda in Frankreich auch zur Zeit des Humanismus300 unter den Rechtsgelehrten noch äußerst umstritten; nach Seuffert soll die Klaglosigkeit damals sogar (noch) „herrschende Lehre“ gewesen sein301. Jedenfalls sprachen sich eine ganze Reihe renommierter Rechtsgelehrter wie insbesondere Donnellus (1527–1591)302, Duarenus (1509–1559)303, Connanus (1508–1551)304 und Cujacius (1522–1590)305 dezidiert gegen die Klagbarkeit der pacta nuda aus. Unter dem Einfluss der kanonistischen Lehre und gestützt auf die in Coutumes zum Ausdruck gebrachte Rechtspraxis (zumindest in einigen Provinzen) ging der Trend aber auch unter den französischen Rechtsgelehrten schon damals klar in Richtung consensualisme, also hin auf den (reinen) Konsensualvertrag. Wegweisend war insofern insbesondere Charles Dumoulin306 (1500– 1566)307, der in seinen Erläuterungen des Digestentitels „De verborum obligationibus“ (1561) ausdrücklich zu dem Schluss kam, dass alle Förmlichkeiten „supervacuae“ (überflüssig) seien308. 297 Sie können nicht widerrufen werden außer mit gegenseitigem Einverständnis oder aus den vom Gesetz autorisierten Gründen. Sie müssen in gutem Glauben ausgeführt werden.) 297 Vgl. Mayer-Maly (Fn. 108), S. 91, 123 Fn. 35. 298 „… convenances accordées par bonnes mœurs font le marché, non pas la paumée, et le cœur doit suivre la parole …“, zitiert nach Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50; s. ferner auch Spies (Fn. 85), S. 161. Bei den Livre de Jostice et Plet handelt es sich um ein von den Postglossatoren der Schule in Orléans um 1260 erstellte Sammlung. 299 Vgl. dazu Nanz (Fn. 35), S. 64. Ausf. und mit weiteren Beispielen Spies (Fn. 85), S. 150 ff. 300 Vgl. zum Humanismus auch bereits oben B. I.1. b) dd). 301 Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 111). 302 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 114); Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 17. 303 Vgl. Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 110 f.). 304 Vgl. Gordley (Fn. 82), S. 73; Nanz (Fn. 35), S. 70; Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 112 f.); Thier (Fn. 35), § 311 Rn. 17. 305 Vgl. Seuffert (Fn. 81), § 12 (S. 113 f.). 306 Auch bekannt als Molinaeus. 307 Vgl. Bart, Pacte et contrat dans la pratique française (XVIe – XVIIIe siècles), in: Barton (ed.), Towards a general law of contract, 1990, S. 125; Dilcher ZRG (RA) 77 (1960); Landau FS Nörr, 2003, S. 457, 472; Nanz (Fn. 35), S. 75; Seuffert (Fn. 81), 12 (S. 115); Spies (Fn. 85), S. 217, 221. 308 Dumoulin, Nova et analytica explicatio rubricae et l. 1 et 2, de verborum obligationibus, Ausgabe Jena 1588, n° 42: „… Hodie in praxi, hae et omnes leges et theoriae de formulis stipu-
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich das Prinzip „solus consensus obligat“ dann auch in Frankreich endgültig durchgesetzt.309 Antoine Loysel (1536– 1617) illustrierte dies in seiner berühmten Sammlung der Prinzipien des Coutumes-Rechts aus dem Jahr 1607 mit dem auch heute noch in französischen Lehrbüchern gern zitierten310 und inzwischen schon zum Rechtssprichwort avancierten: On lie les bœufs par les cornes, et les hommes par les paroles.311 [Wörtlich: „Man bindet den Ochsen an den Hörnern, die Menschen durch das Wort.“; deutsche Entsprechung: „Man fasst das Pferd beim Zaum, den Mann beim Wort.“].
cc) Zeitalter des Naturrechts; Domat und Pothier Prägend für die weitere Entwicklung des französischen Rechts waren dann vor allem die beiden großen französischen Naturrechtler Jean Domat (1625– 1696)312 und Robert Joseph Pothier (1699–1772)313. Über ihr Werk, welches wiederum selbst deutlich von dem von Grotius314 und Pufendorf315 beeinflusst war316, fand das naturrechtliche Modell des translativen Versprechensvertrags317 Aufnahme in den Code civil.318 Das römische Kontraktsystem lehnten
309 lationum supervacuae sont …et ita in utroque foro seculari et ecclesiastico observatur: nec de verborum forma aut solennitate curatur …“. Vgl. dazu auch Bart (Fn. 307), S. 125; Nanz (Fn. 35), S. 75; Spies (Fn. 85), S. 221 ff.; Thireau, Charles Du Moulin (1500–1566), 1980, S. 102. 309 Vgl. Bart (Fn. 307), S. 125. 310 S. etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50. 311 Loysel, Institutes coutumières, Nachdruck Paris 1846, n° 357 (S. 359). S. dazu Spies (Fn. 85), S. 228 sowie ausf. Sautel/Boulet-Sautel FS Petot, 1959, S. 507 ff. 312 Näher zu Leben und Werk: Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 112 ff. 313 Näher zu Leben und Werk: Kleinheyer/Schröder (Fn. 76), S. 334 ff.; Montmorency (1913) 13 J. Soc. Comp. Leg. 265 ff. sowie die Kurzbiographie in (1834) 12 Am. Jurist & L. Mag. 341 ff. 314 Zu Grotius bereits oben B. I.1. b) ee). 315 Zu Pufendorf bereits oben B. I.1. b) ee). 316 Vgl. Augé (1968) 13 APhD 99, 101; Charpentier (2002) 43 C. de D. 275, 284; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50 f.; Gazzaniga Droits 1990, 37, 39 f.; Ghestin (Fn. 51), n° 23 (S. 18); Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 370; Schindler, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und Drohung, 2005, S. 18; Spies (Fn. 85), S. 253; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 82. 317 Dazu bereits näher oben B. I.1. b) ee). 318 Vgl. Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 195 f.; ders. (Fn. 35), Vorbem. zu Art. 3–10 OR Rn. 14; ders. (Fn. 43), S. 72 ff.; Schulze (Fn. 172), S. 327; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 82; Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 469. Allgemein zu den Werken Domats und Pothiers als Fundamente für das allgemeine Vertragsrecht des Code civil: Arnaud, Les origines doctrinales du code civil français, 1969, S. 203 ff.; Carbonnier, Le Code civil, in: Lequette/Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 17, 19; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 50 f.; Gazzaniga Droits 1990, 37, 38, 44 f.; Ghestin (Fn. 51), n° 23 (S. 18); Gojosso (2006) 3 Slov. L. Rev. 143, 151; Gordley (1994) 42 Am. J. Comp. L. 459, 460, 469 ff.; Halpérin, Histoire du droit privé français depuis 1804, 1996, n° 14; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 369; Montero/Demoulin (Fn. 243), S. 61, 62; Nanz (Fn. 35), S. 193.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
sowohl Domat319 als auch Pothier320 dezidiert ab; seine „Subtilitäten“ entsprächen nicht den französischen Bräuchen und dem Geist des französischen Rechts.321 Domat sah den Geltungsgrund vertraglicher Verpflichtungen – ähnlich wie Pufendorf in seiner elementaren Funktion für die menschliche Gesellschaft.322, 323 Dies spiegelt sich auch in der prominenten Stellung seiner Ausführungen zu den „conventions en géneral“ gleich zu Anfang seines berühmten „Les lois civiles dans leur ordre naturel“ (1689) wider, welche er wiederum unmittelbar mit der Definition des Begriffs der „convention“ beginnt: Les conventions sont les engagements qui se forment par le consentement mutuel de deux ou plusieurs personnes, qui se font entre elles une loi d’executer ce qu’elles promettent.324 [Übereinkünfte sind die Verpflichtungen, die durch das wechselseitige Einverständnis von zwei oder mehreren Personen zustande kommen und die zwischen diesen ein Gesetz begründen, dasjenige, was sie versprochen haben, auszuführen.] 319 Vgl. Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, 1689, Liv. I, Tit. I, sec. I, § 7: „Il n’est pas nécessaire d’expliquer ici la différence qu’on faisait dans le droit romain, entre les contrats qui avaient un nom, et ceux qui n’en avaient point. Ces subtilités, qui ne sont pas de notre usage, embarrasseraient inutilement.“ („Es ist nicht notwendig, hier den Unterschied, den man im römischen Recht zwischen den Verträgen, die einen Namen hatten, und denen, die keinen hatten, machte. Diese Subtilitäten, die bei uns nicht gebräuchlich sind, würden nur unnötig verwirren.“). 320 Vgl. Pothier, Traité des obligations, 1761, n° 3: „Les principes du Droit Romain sur les differentes espèces de pactes & sur la distinction des contrats & des simples pactes n’étant pas fondés sur le droit naturel, & étant très-éloignés de la simplicité, ne sont pas admis dans notre droit ….“ („Die Prinzipien des römischen Rechts betreffend die verschiedenen Arten von Kontrakten und betreffend die Unterscheidung von Verträgen und einfachen Vereinbarungen stützten sich nicht auf das Naturrecht, und waren weit entfernt von der Einfachheit, sie sind nicht in unsere Recht aufgenommen worden ….“); s. ferner auch in der Ausgabe Brüssel 1835, n° 353: „Ces principes du droit romain sur l’effet de simples pactes ne sont point puisés dans le droit naturel, et ne sont fondés que sur des subtilités très-opposées à l’esprit et à la simplicité de nos lois.“ („Diese Prinzipien des römischen Rechts betreffend die Wirkungen einfacher Vereinbarungen sind gar nicht dem Naturrecht entlehnt, und gründen auf Subtilitäten, die dem Geist und der Einfachheit unserer Rechte sehr widersprechen.“). 321 Vgl. auch Nanz (Fn. 35), S. 189, 191. 322 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, introduction: „L’usage des conventions est une suite naturelle de l’ordre de la société civile, et des liaisons que Dieu forme entre les hommes. Car comme il a rendu nécessaire, pour tous leurs besoins, l’usage réciproque de leur industrie et de leur travail, et les différents commerces des choses, c’est principalement les conventions qu’ils s’en accommodent.“ („Die Verwendung von Übereinkünften entspricht zugleich der Natur der Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft, und den Verbindungen, die Gott zwischen den Menschen geschaffen hat. Denn wie für all ihre Bedürfnisse der wechselseitige Gebrauch ihres Fleißes und ihrer Arbeit, und der Handel mit verschiedenen Sachen notwendig wurde, waren es vor allem die Übereinkünfte, derer sie sich bedienten.“). 323 Vgl. Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 370; Nanz (Fn. 35), S. 188; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 566. Zu Pufendorf bereits oben B. I.1. b) ee). 324 Domat (Fn. 319), Liv. I, introduction.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
45
Ganz ähnlich – und unter ausdrücklichem Hinweis auf Domat – definierte dann auch Pothier in seinem „Traité des Obligations“ (1761): Une convention ou un pacte (car ce sont termes synonimes) est le consentment de deux ou de plusieurs personnes, ou pour formes entre elles quelque engagement, ou pour en résoudre un précédent, ou pour le modifier.325 [Eine Übereinkunft oder ein Pakt (denn das sind synonyme Begriffe) ist das Einverständnis von zwei oder mehreren Personen, entweder um zwischen ihnen eine Verpflichtung zu begründen, oder um eine frühere aufzulösen, oder um sie zu modifizieren.]
Darüber hinaus arbeitete Pothier – anders als Domat326 – aber auch das Zustandekommen des Konsenses durch Angebot und Annahme klar heraus. In seinem „Traité des Obligations“ (1761) legte er zwar insoweit nur den Grundsatz nieder: Le contrat renferme le concours des volontés de deux personnes, dont l’une promet quelque chose à l’autre, & l’autre accepte la promesse qui lui est faite.327 [Der Vertrag umfasst die Willensübereinstimmung von zwei Personen, von denen einer dem anderen etwas verspricht und der andere das Versprechen, das ihm gegenüber gemacht wurde, annimmt.]
Im „Traité du contrat de vente“ (1862) widmete er dem Zustandekommen des Konsenses durch Angebot und Annahme dann jedoch einen eigenen Abschnitt, in dem er u.a. auch klar zwischen Verträgen unter Anwesenden und solchen unter Abwesenden differenzierte.328 Neben ihrer nachdrücklichen Ablehnung des römischen Kontraktsystems und ihrem klaren Bekenntnis zum consensualisme waren Domat und Pothier für die Grundkonzeption des französischen Vertragsrechts aber vor allem auch in ihrer Rolle als Väter der Lehre von der cause329 wesensprägend. Domat machte die cause nicht nur zum Wirksamkeitserfordernis330, sondern auch zum ausschließlichen Fundament des Vertrags.331 Dabei differenzierte er zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Verträgen332: Bei entgeltlichen 325
Pothier (Fn. 320), n° 3. Vgl. dazu auch Nanz (Fn. 35), S. 190; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 82 f.; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 567. 327 Pothier (Fn. 320), n° 4. 328 Pothier, Traité du contrat de vente, 1762, n° 32–33. 329 Vgl. Alessi (2005) 13 ERPL 657, 677; Bernard (1958) 9 R.J.T. o.s. 12, 13; Ghestin (Fn. 51), n° 24 ff. (S. 19 ff.); Henry (1941) 29 Ky. L. J. 369, 370; Larroumet (Fn. 243), n° 446; Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 632; Timbal, De la cause dans les contrats et les obligations, 1882, S. 87. 330 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 5: „… l’obligation serait nulle, si, dans la vérité, elle était sans cause. „ („… die Verpflichtung ist nichtig, wenn sie, tatsächlich ohne cause war. „). 331 Ghestin (Fn. 51), n° 24 (S. 19). 332 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 5 f.; dazu Ghestin (Fn. 51), n° 24 (S. 19). 326
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Verträgen sei die Verpflichtung der einen Partei das Fundament derjenigen der anderen Partei333; die Verpflichtung, die bei solchen Verträgen zugunsten einer Partei begründet wird, habe also ihre cause immer in derjenigen der anderen Partei334. Bei unentgeltlichen Verträgen wie der Schenkung dagegen habe die Verpflichtung des Schenkers ihre Grundlage in einem vernünftigen und gerechten Motiv, wie einem erbrachten Dienst oder einem anderen Verdienst des Beschenkten oder schlicht im Vergnügen Gutes zu tun.335 Domat konzipierte die cause also in einem rein objektiven Sinne, nämlich als unmittelbaren Vertragszweck.336 Die Motive bzw. individuellen Beweggründe der Parteien waren dagegen – zumindest bei den entgeltlichen Verträgen irrelevant.337 In diesem – heute als „klassisch“ 338 bezeichneten – rein objektiven Verständnis beschränkte sich die cause also nur auf das, was nach der heute339 herrschenden „dualistischen“ Theorie340 als cause objective (cause du contrat) bezeichnet wird. Pothier übernahm zwar im Grundsatz dieses objektive Verständnis der cause von Domat.341 Auch er verortete die cause bei entgeltlichen Verträgen in der Verpflichtung der jeweils anderen Partei und bei unentgeltlichen Verträgen
333
Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 5: „… l’engagement de l’un est le fondement de celui de l’autre“. Für den Sonderfall der Realverträge sah Domat die cause in der vorangegangenen Übergabe der Sache, vgl. Domat a.a.O.: „Et dans les conventions même où un seul paraît obligé, comme dans le prêt d’argent, l’obligation de celui qui emprunte a été précédée de la part de l’autre de ce qu’il devait donner pour former la convention.“ („Und bei solchen Übereinkünften, bei denen nur eine Partei verpflichtet erscheint, wie beim Gelddarlehen, ist der Verpflichtung des Darlehensnehmers die Hingabe dessen, was die andere Partei hingeben muss, damit die Übereinkunft zustande kommt, vorausgegangen.“). 334 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 5: „Ainsi l’obligation qui se forme dans ces sortes de conventions au profit de l’un des contractants, a toujours sa cause de la part de l’autre.“ („Daher hat die Verpflichtung, die bei diesen Arten von Übereinkünftigen zugunsten eines der Vertragspartner entsteht, ihre cause immer in derjenigen des anderen.“). 335 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 6: „Dans les donations … l’engagement de celui qui donne, a son fondement sur quelque motif raisonnable et juste, comme un service rendu, ou quelque chose autre mérite du donataire, ou le seul plaisir de faire du bien. Et ce motif tient lieu de cause de la part de celui qui reçoit et ne donne rien.“ („Bei den Schenkungen … hat die Verpflichtung des Schenkenden ihre Grundlage in irgendeinem vernünftigen und gerechten Motiv, wie einem erbrachten Dienst, oder einem anderen Verdienst des Beschenkten oder schlicht im Vergnügen Gutes zu tun.“). 336 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 255; Ghestin (Fn. 51), n° 24 (S. 19); Larroumet (Fn. 243), n° 446, 449; Léon/Mazeaud (1956/57) 3 McGill L.J. 6, 9; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, 1996, S. 32. 337 Vgl. Ghestin (Fn. 51), n° 24 (S. 20); Larroumet (Fn. 243), n° 446, 449; Léon/Mazeaud (1956/57) 3 McGill L.J. 6, 9. 338 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 255; Ghestin (Fn. 51), n° 28 (S. 22); Larroumet (Fn. 243), n° 449; Léon/Mazeaud (1956/57) 3 McGill L.J. 6, 9. 339 Zur historischen Entwicklung noch näher unten B. I.2. b) ee)(2)(c). 340 Dazu bereits oben B. I.2. a) dd). 341 Vgl. Ghestin (Fn. 51), n° 25 (S. 20 f.); Larroumet (Fn. 243), n° 446.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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in der Freigiebigkeit des Schuldners.342 Anders als Domat verlangt Pothier für die Wirksamkeit eines Vertrags aber nicht nur, dass überhaupt eine cause existiert, sondern auch, dass diese honnête (rechtschaffen) bzw. nicht illicite (unerlaubt) ist, d.h. nicht gesetzlich verboten oder wider die guten Sitten oder den ordre public ist343.344 Damit gelang es ihm, auch die Motive der Parteien in die cause zu integrieren345 und damit bereits den Grundstein für das heute herrschende dualistische Verständnis der cause, das als zweite Facette auch die cause subjective (cause d’obligation) umfasst346, zu legen. dd) Entstehung der Vertragsschlussvorschriften im Code civil Wie bereits angedeutet, kam den Lehren von Domat und Pothier im Rahmen der Vorarbeiten zum Code civil347 eine zentrale Rolle zu, insbesondere auch im Hinblick auf die Vorschriften über den Vertragsschluss.348 Die Mitglieder der von Napoleon eingesetzten, aus den vier prominenten Juristen Portalis, Maleville, Tronchet und Bigot de Préameneu bestehenden Redaktionskommission349 rühmten nicht nur emphatisch die hohe Qualität der Werke Domats 342 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 41: „Dans les contrats intéressés, la cause de l’engagement, que contracte l’une des parties, est ce que l’autre partie lui donne, ou s’engage à lui donner. Dans les contrats de bienfaisance, la libéralité, que l’une des parties veut exercer envers l’autre, est une cause suffisante de l’engagement qu’elle contracte envers elle. „ („Bei entgeltlichen Verträgen ist die cause der Verpflichtung, die eine der Parteien eingeht, das, was die andere Partei ihr gibt oder sich verpflichtet, ihr zu geben … Bei unentgeltlichen Verträgen ist die Freigiebigkeit, die eine Partei gegenüber der anderen ausüben möchte, eine ausreichende cause für die Verpflichtung, welche diese jener gegenüber eingeht. „). 343 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 41: „Tout engagement doit avoir une cause honnête.“ („Jede Verpflichtung muss eine rechtschaffene cause haben.“); n° 42: „Lorsque la cause pour laquelle l’engagement a été contracté, est une cause qui blesse la justice, la bonne foi, ou les bonnes mœurs, cet engagement est nul, ainsi que le contrat qui le renferme.“ („Wenn die cause für welche die Vereinbarung eingegangen ist, eine cause ist, welche die Gerechtigkeit, Treu und Glauben, oder die guten Sitten verletzt, ist die Vereinbarung nichtig, daher auch der Vertrag, den sie enthält.“). S. ferner Ausgabe Brüssel 1835, n° 41: „Il ne suffit pas pour la validité d’une obligation qu’elle ait une cause, il est encore de rigueur que cette cause ne soit pas illicite, c’est-à-dire, qu’elle ne soit pas prohibée par la loi, contraire aux bonnes mœurs ou à l’ordre public.“ („Es genügt für die Wirksamkeit einer Verpflichtung nicht, dass sie eine cause hat, es ist außerdem notwendig, dass diese cause nicht unerlaubt ist, d.h. dass sie nicht durch das Gesetz verboten oder wider die guten Sitten oder den ordre public ist.“). 344 Vgl. zu diesem Unterschied auch Larroumet (Fn. 243), n° 446; Benta (2007) SUBB Jurisprudentia 85, 90; Chevrier (Fn. 104), S. 250. 345 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 446. 346 Vgl. oben B. I.2. a) dd). 347 Überblick zur Entstehung des Code civil bei Batiza (1982) 56 Tul. L. Rev. 477 ff.; Gojosso (2006) 3 Slov. L. Rev. 143 ff. (jeweils m.z.w.N.); ausf. zeitgenössische Darstellung bei Locré, Esprit du Code Napoléon, 1805–1807, t. 1, S. 56 ff. (Locré war damals Generalsekretär des Conseil d’État) sowie bei Fenet (Fn. 245), t. 1, S. XXXVI ff. Überblick in deutscher Sprache bei Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 81 ff. 348 S. die Nachweise o. Fn. 318. 349 Die Zusammensetzung der Kommission spiegelte damit die zwei großen traditionellen Strömungen des altfranzösischen Rechts wider: Jean Étienne Marie Portalis und Jacques de Ma-
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
und Pothiers (Bigot-Preameneu bezeichnete sie gar als die „perfektesten“ der französischen Lehre350), sondern erklärten auch ausdrücklich, dass sie sich bei ihrer Arbeit von diesen hatten inspirieren lassen.351, 352 Tatsächlich folgten sie insbesondere Pothiers „Traité des Obligations“ nicht nur im Hinblick auf die Lösung zahlreicher Zweifelsfragen, sondern übernahmen teilweise sogar ganze Textpassagen nahezu wortwörtlich.353 Dies gilt insbesondere für die Definition des contrat in Art. 1101 C. civ.354: 355 356 357 Domat355 Les conventions sont les engagements qui se forment par le consentement mutuel de deux ou plusieurs personnes, qui se font entre elles une loi d’executer ce qu’elles promettent.
Pothier356 Une convention … est le consentment de deux ou de plusieurs personnes, ou pour formes entr’elles quelque engagement, ou pour en résoudre un précédent, ou pour le modifier.
Art. 1101 C. civ.357 Le contrat est une convention par laquelle une ou plusieurs personnes s’obligent, envers une ou plusieurs autres, à donner, à faire ou à ne pas faire quelque chose.
350 leville als Repräsentanten des droit écrit einerseits, François Denis Tronchet und Félix Julien Jean Bigot de Préameneu als Vertreter des droit coutumier andererseits, vgl. Gojosso (2006) 3 Slov. L. Rev. 143; Markesinis RTD civ. 2004, 45, 51. Näher zu Portalis, Maleville, Tronchet und Bigot de Préameneu etwa Arnaud (Fn. 318), S. 30 ff. 350 Bigot-Preameneu, Exposé de motifs dans la séance du 6 pluviôse an XII (27 janvier 1804), in: Locré, La Législation civile, commercial et criminelle de la France ou commentaire et complément des Codes français, 1827–1832, t. 12, S. 289, 313: „C’est un ouvrage que, dans le siècle dernier, les jurisconsultes les plus célèbres des diverses parties de l’Europe ont désiré, qu’ils ont préparé par de grands travaux … La France met sous ce rapport au nombre des ouvrages les plus parfait ceux de Domat et de Pothier.“ („Das ist ein Werk, das im letzten Jahrhundert die berühmtesten Rechtsgelehrten aus verschiedenen Teilen Europas zu tun gewünscht haben, das sie durch große Arbeiten vorbereitet haben … Frankreich legt in dieser Hinsicht die perfektesten der zahlreichen Werke vor, die von Domat und Pothier.“). 351 Siehe Bigot-Preameneu (Fn. 350), S. 289, 313; Favart, Rapport fait au Tribunat dans la séance du 13 pluviôse an XII (3 février 1804), in: Locré (Fn. 350), S. 416, 423: „Les Romains ont écrit ces vérités dans leurs lois. Elles ont été recueillies par le savant Domat, et Pothier en fit un traité qui seul aurait fait sa gloire. C’est dans les ouvrages de ces deux grands hommes que le projet de loi dont je vais vous entretenir a été puisé.“ („Die Römer haben diese Wahrheiten in ihre Gesetze geschrieben. Diese wurden von dem Gelehrten Domat zusammengetragen, und Pothier hat daraus ein Traktat gemacht, das ihm allein Ehre gebracht hat. Es ist aus den Werken dieser zwei großen Männer, aus denen der Gesetzesentwurf, den ich Ihnen darstellen werde, geschöpft worden ist.“) 352 Vgl. Ghestin (Fn. 51), n° 23 (S. 18); ausf. Gilles (2009) 43 R.J.T. n.s. 1, 24 ff. m.w.N. 353 Vgl. Cornu, Regards sur le titre III du livre III du Code civil, 1977, S. 37, n° 50 (der Pothiers Werk insofern als „carrière“ [„Steinbruch“ ] bezeichnet); Gazzaniga Droits 1990, 37, 38, 44 f.; Ghestin (Fn. 51), n° 23 (S. 18); Gojosso (2006) 3 Slov. L. Rev. 143, 151; Kegel FS Lüderitz, 2000, S. 347, 369 f.; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 196 f.; Walton (1925) 41 LQR 306, 316. 354 Vgl. auch Bürge ZEuP 2004, 5, 9; Gazzaniga Droits 1990, 37, 45; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 195; ders. (Fn. 43), S. 94, 96. 355 Domat (Fn. 319), Liv. I, introduction (Übersetzung oben B. I.2. b) cc). 356 Pothier (Fn. 320), n° 3 (Übersetzung oben B. I.2. b) cc). 357 Übersetzung oben B. I.2. a).
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I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
die Regelungen zum objet, z.B. Art. 1128 C. civ.: Pothier358
358 359
Art. 1128 C. civ.359
Toutes les choses qui sont dans le commerce peuvent être l’objet des obligations.
Il n’y a les choses qui sont dans le commerce qui puisent être l’objet des conventions.
Art. 1131 betreffend die cause als Wirksamkeitserfordernis360: Domat361
Pothier362
… l’obligation serait nulle, si, dans la vérité, elle était sans cause.
361 362 363
Art. 1131 C. civ.363
Mais lorsqu’un engagement n’a aucune cause, … l’engagement est nul, & le contrat qu’il renferme est nul.
L’obligation sans cause … ne peut avoir aucun effet.
sowie das Erfordernis einer cause licite in Art. 1108 C. civ.364 und deren Definition in Art. 1133 C. civ.365: 366 367 Pothier366 … Lorsque la cause pour laquelle l’engagement a été contracté, est une cause qui blesse la justice, la bonne foi, ou les bonnes mœurs, cet engagement est nul, ainsi que le contrat qui le renferme.
Art. 1133 C. civ.367 La cause est illicite quand elle est prohibée par la loi, quand elle est contraire aux bonnes moeurs ou à l’ordre public.
358 Pothier (Fn. 320), n° 131 („Gegenstand einer Verpflichtung können alle Sachen sein, die Gegenstand des Rechtsverkehrs sein können“). 359 Übersetzung oben Fn. 258. 360 Vgl. auch Capitant, De la cause des obligations, 1923, S. 3, 159; Chevrier (Fn. 104), S. 251 f.; Léon/Mazeaud (1956/57) 3 McGill L.J. 6, 10. 361 Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 5 (Übersetzung oben Fn. 330). 362 Pothier (Fn. 320), n° 41 („Aber wenn eine Verpflichtung gar keine cause hat, … ist die Verpflichtung nichtig und der betreffende Vertrag ist nichtig“). 363 Übersetzung oben Fn. 277. 364 Siehe oben B. I.2. a) und das Zitat von Pothier in Fn. 343; vgl. auch Capitant (Fn. 360), S. 3, 159; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 197; ders. (Fn. 43), S. 104. Zur Genese der Vorschriften über die cause in den verschiedenen Entwürfen zum Code civil näher Timbal (Fn. 329), S. 103 ff. 365 Vgl. auch Capitant (Fn. 360), S. 3, 159; Léon/Mazeaud (1956/57) 3 McGill L.J. 6, 10; Schmidlin FS Seiler, 1999, S. 187, 197. 366 Pothier (Fn. 320), n° 42 (Übersetzung oben Fn. 343). 367 Übersetzung oben Fn. 283.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Nicht in den Code civil übernommen wurden allerdings Pothiers Regeln zum Zustandekommen des Konsenses durch Angebot und Annahme.368 Grund hierfür war wohl neben der Tatsache, dass sich das dogmatische Modell von Angebot und Annahme noch im Anfangsstadium seiner Entwicklung befand und sich noch nicht allgemein durchgesetzt hatte369, sicherlich auch das erklärte Ziel der Verfasser, im Code civil nur die generellen Maximen zu fixieren und die praktischen Detailfragen der Rechtsprechung und Wissenschaft zu überlassen370. Systematisch wurden die allgemeinen Vorschriften über den Vertragsschluss im Dritten Buch des Code civil über die „différentes manières dont on acquiert la propriété“ (die „verschiedenen Arten, durch die man Eigentum erwerben kann“) verortet. Hintergrund ist, dass der Code civil – anders als das BGB keinen „Allgemeinen Teil“ enthält (die Aufnahme eines solchen war i.R.d. Vorarbeiten ausdrücklich abgelehnt worden371)372, sondern hinsichtlich seines systematischen Aufbaus dem Justinianischen Institutionensystem (personae – res – actiones373) folgt374, 375. Im Rahmen dessen wird der Vertrag kon368 Zu dieser „magna lacuna“ auch schon oben B. I.2. a) aa) sowie unten B. I.2. b) ee)(2)(b). Der 3. Entwurf von Cambacérés (abgedruckt bei Fenet (Fn. 245), t. 1, S. 3 ff.) hatte in Art. 710 (S. 278) zumindest noch die Erforderlichkeit der Annahme klargestellt („La promesse d’un seul non acceptée n’est point une convention“ [„Das Versprechen allein, das nicht angenommen worden ist, ist gar keine Übereinkunft.“]). 369 Vgl. Owsia (1992) 66 Tul. L. Rev. 871, 876; Ranieri (Fn. 38), S. 173. 370 Vgl. Portalis, Discours préliminaire prononcé lors de la présentation du projet de la commission du gouvernement, 1er pluviôse an IX, in: Fenet (Fn. 245), t. 1, S. 463, 470: „L’office de la loi est de fixer, par des grandes vues, les maximes générales du droit; d’établir des principes féconds en conséquences, et non de descendre dans le détails des questions qui peuvent naître sur chaque matière. C’est au magistrat et au jurisconsulte, pénétrés de l’esprit général des lois, à en diriger l’application.“ („Die Aufgabe des Gesetzes ist es, die allgemeinen Maximen des Rechts festzulegen; Prinzipien aufzustellen, die reich an Folgen sind, und nicht sich in die Einzelheiten hinabzubegeben, die aus jeder Materie erwachsen. Es ist dann am Richter oder am Rechtsgelehrten, durchdrungen vom generellen Geist der Gesetze, ihre Anwendung zu steuern“). Siehe dazu etwa auch Talau InDret 1/2005, S. 6; Witz/Kull NJW 2004, 3757, 3759. 371 Speziell seitens der an den Kodifikationsarbeiten beteiligten Vertreter der Rechtsprechung und Gerichte wurde ein solcher Allgemeiner Teil vehement abgelehnt (vgl. Zajtay AcP 157 (1958) 479, 484 f.); paradigmatisch insofern etwa der Hinweis des Tribunal d’Appel de Lyon auf de l’Hôpitals berühmte Worte „La loi commande; elle n’est pas faite pour instruire, elle n’a pas besoin de convaincre“ („Das Gesetz befiehlt. Es ist nicht gemacht um zu unterrichten und es braucht nicht zu überzeugen.“), vgl. Observations présentées par les commissaires nommés par le tribunal d’appel de Lyon, in: Fenet, Recueil complet des travaux préparatoires du Code civil, t. 4, 1836, S. 27, 41. 372 Vgl. zum Fehlen eines „Allgemeinen Teils“, den historischen Ursachen sowie der doch divergierenden Bewertung dieses Umstands Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 316; Ionescu (1967) 19 RIDC 578 ff. m.w.N.; s. ferner auch noch unten B. I.2. b) dd), B. I.2. b) ee)(1). 373 Vgl. dazu auch die Begründung von Cambacérès zu seinem zweiten Entwurf (Cambacérès, Rapport fait a la Convention Nationale sur le 2e projet de Code civil, 23 fructidor an 2, in: Fenet (Fn. 245), t. 1, S. 99, 100): „Trois choses sont nécessaires et suffisent à l’homme en société: Etre maître de sa personne; Avoir des biens pour remplir ses besoins; Pouvoir disposer, pour son plus grand intérêt, de sa personne et de ses biens.“ („Drei Dinge sind notwendig und aus-
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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zeptionell (nur) als eine Art des Eigentumserwerbs qualifiziert376, so dass sich die allgemeinen Vorschriften über Verträge erst im dritten Titel „Des contrats ou des obligations conventionnelles en général“ („Verträge oder vertragliches Schuldverhältnisse im Allgemeinen“) des Dritten Buches finden.377 Dieses enthält dann in Kapitel I („Dispositions préliminaires“ [„einleitende Bestimmungen“], Art. 1101–1108 C. civ.) und Kapitel II („Des conditions essentielles pour la validité des conventions“ [„Notwendige Bedingungen für die Wirksamkeit von Übereinkünften“], Art. 1108–1133 C. civ.) die allgemeinen Vorschriften über den Vertragsschluss. ee) Entwicklung seit Inkrafttreten des Code civil (1) Beständigkeit der Art. 1101 ff. C. civ. Obgleich der Code civil rund 100 Jahre älter ist als das BGB und rund zwei Drittel (!) der ursprünglichen Textfassung von 1804 (speziell der Bücher I und II zum Familien- und Erbrecht) heute nicht mehr gelten378, haben sich zumindest seine allgemeinen Vorschriften über den Vertragsschluss insgesamt als ähnlich zeitlos erwiesen wie diejenigen des BGB379.380 374 reichend für den Menschen in der Gesellschaft: Herr seiner Person zu sein; Güter zu haben, um seine Bedürfnisse zu befriedigen; in seinem größeren Interesse über seine Person und seine Güter verfügen zu können.“). 374 Vgl. Coing (Fn. 168), § 3 II (S. 12); Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 313; Humbert, Portalis et Justinien, ou les Épaules d’Énée, in: Lequette/Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 39, 43; Ranieri (Fn. 38), S. 49. Ausf. zu den Wurzeln und der historischen Genese des systematischen Aufbaus des Code civil Arnaud (Fn. 318), S. 121 ff. m.z.w.N. 375 In einem vielkritisierten Bruch mit der traditionellen Aufteilung in drei Bücher wurde im Jahr 2002 ein 4. Buch ergänzt, das die Anwendung des Code civil auf das Überseeterritorium Mayotte regelt (Ordonnance n° 2002-1476 du 19 décembre 2002 portant extension et adaptation de dispositions de droit civil à Mayotte et modifiant son organisation judicaire, JORF n° 297 du 21 décembre 2002, p. 21363); im Jahr 2006 wurde dieses dann durch die Ergänzung eines neuen 4. Buches über Sicherheiten (sûretés) zum 5. Buch (Ordonnance n° 2006-346 du 23 mars 2006 relative aux sûretés, JORF n° 71 du 24 mars 2006, p. 4475). 376 Vgl. Ranieri (Fn. 38), S. 49. 377 Kritisch dazu etwa Fontaine [2008] EBLR 579, 592; Humbert (Fn. 374), S. 39, 42. 378 Vgl. Catala Études Béguin, 2005, S. 61, 62 ff.; Rémy, Regards sur le Code, in: Lequette/ Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 99, 103 ff.; Ranieri (Fn. 249), S. 85, 105 m.w.N. 379 Vgl. zum BGB bereits oben B. I.1. b) hh). 380 Vgl. Gazzaniga Droits 1990, 37, 46; Montero/Demoulin (Fn. 243), S. 61, 62, 119. Allgemein zu den geringfügigen Änderungen der Bestimmungen des C. civ. über das allgemeine Schuldrecht: Ancel Juridica International X/2005, 35, 36; ders., Das Projekt Catala zur Reform des Schuldrechts in Frankreich – einige Aspekte, in: Remien (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung und Europäisches Vertragsrecht, 2008, S. 45; Cabrillac JCP G 2004.I.121; Catala Études Béguin, 2005, S. 61, 65 ff.; Fontaine (Fn. 249), S. 1, 12; Mestre (Fn. 249), S. 231; Rémy (Fn. 378), S. 99, 106; ders. RDC 2004, 1169; Rémy-Corlay LPA 2005, n° 178, 4; Sonnenberger ZEuP 2007, 421; Talau InDret 1/2005, S. 35 ff.; Vogenauer, The Avant-projet de réforme: An Overview, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker (eds.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 3, 5; Witz/Kull NJW 2004, 3757, 3760 f.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Zwar war schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder einmal eine Revision des Code civil gefordert worden.381 Vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des BGB in Deutschland und dem hundertjährigen Jubiläum des Code civil wurde dann im Jahr 1904 eine hundertköpfige Reformkommission eingesetzt, die sich allerdings als so schwerfällig erwies, dass die Arbeiten letztlich im Sande verliefen.382 Ebenfalls erfolglos blieb letztlich auch ein unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg eingeleiteter weiterer Versuch einer Gesamtrevision des Code civil.383 Die hierzu eingesetzte zwölfköpfige Kommission unter dem Vorsitz des Pariser Professors Julliot de la Morandière sprach sich u.a. zwar gegen einen „Allgemeinen Teil“ nach dem Vorbild des BGB aus384, plädierte aber zumindest für einen speziellen Abschnitt mit allgemeinen Regeln über den acte juridique (Rechtsgeschäft)385. Letztlich kamen aber auch ihre Arbeiten über die Vorlage mehrerer Teilentwürfe386 nicht hinaus. Tatsächlich erfolgte die erste Änderung in den Art. 1101–1131 C. civ. erst im Jahr 1968; hierbei handelte es sich allerdings letztlich lediglich um eine Folgeänderung zur Reform des Rechts geschäftsunfähiger Volljähriger387 durch das Loi n° 68-5388. Ähnlich stellte auch die Ergänzung eines Halbsatzes in
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Überblick bei Julliot de la Morandière D. 1948, 117, 124; ders. ZSR 69 (1950) 149, 150 f.; ders. (1948) 97 U. Pa. L. Rev. 1, 3; Fontaine [2008] EBLR 579, 583 ff.; ders. (Fn. 249), S. 1, 4 ff.; s. ferner auch Zajtay AcP 157 (1958/59) 479, 482. 382 Vgl. Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 348; Halpérin (Fn. 318), n° 114; Houin (1955) 4 Am. J. Comp. L. 485, 486; Julliot de la Morandière D. 1948, Chron.124; ders. ZSR 69 (1950) 149, 151; ders. (1948) 97 U. Pa. L. Rev. 1, 3; Niboyet (1955) 29 Tul. L. Rev. 254, 257 f.; SeftonGreen RTD civ. 2005, 539, 547; Zajtay AcP 157 (1958/59) 479, 482; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 96. 383 Vgl. Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 348; Foyer JCP G 2004.I.120; Terré/Outin-Adam D. 2004, 12, 13; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 96; näher zu den Gründen für das Scheitern SeftonGreen RTD civ. 2005, 539, 547 f. 384 Begründet wurde dies damit, dass der Code civil weder ein Lehrbuch noch ein wissenschaftliches Werk sei, sondern so konkrete Lösungen wie möglich liefern sollte; zudem bestünden zwischen Rechtsgeschäften im Familien- und Wirtschaftsrecht tatsächlich große Unterschiede, vgl. Ionescu (1967) 19 RIDC 579, 588, 616; Julliot de la Morandière D. 1948, 117, 122; ders. ZSR 69 (1950) 149, 162; ders. (1948) 97 U. Pa. L. Rev. 1, 16 f.; Pascal (1951) 25 Tul. L. Rev. 205, 208 f.; Zajtay AcP 157 (1958/59) 479, 484; s. ferner auch Ancel (1951) 25 Tul. L. Rev. 435, 442 f. 385 Vgl. Ferid/Sonnenberger (Fn. 245), 1 A 316 Fn. 36; Houin RTD civ. 1951, 34, 48 f.; ders. (1955) 4 Am. J. Comp. L. 485, 494 f.; Ionescu (1967) 19 RIDC 579, 617; Julliot de la Morandière D. 1948, 117, 122; ders. ZSR 69 (1950) 149, 162 f.; ders. (1948) 97 U. Pa. L. Rev. 1, 16 f.; Niboyet (1955) 29 Tul. L. Rev. 254, 264 ff.; Pascal (1951) 25 Tul. L. Rev. 205, 208 f.; Witz in: Terré (éd.), Pour une réforme du droit des contrats, 2009, S. 51, 62; Zajtay AcP 157 (1958/59) 479, 485 ff. 386 Travaux de la Commission de réforme du Code civil, 9 Bände, Paris 1945/46–1953/55. 387 Art. 1125 C. civ. wurde neu gefasst und es wurde ein neuer Art. 1125-1 C. civ. eingefügt, welcher den Erwerb von Vermögensgegenständen etc. von „Heimbewohnern“ etc. von einer gerichtlichen Genehmigung abhängig macht. 388 Loi n° 68-5 du 3 janvier 1968 portant réforme du droit des incapables majeurs, JORF du 4 janvier 1968, p. 114.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Art. 1130 C. civ. im Jahr 2006 nur eine eher marginale Folgeänderung zur Erbrechtsreform durch das Loi n° 2006-728389 dar. Für das Grundkonzept des Vertragsschlusses auch materiell bedeutsame Änderungen brachte dagegen das Loi n° 2004-575390 und die dazugehörige Ordonnance n° 2005-647391. Nachdem der technische Fortschritt (Stichwort: „elektronisches Zeitalter“) auch das französische Vertragsrecht vor ständig wachsende Herausforderungen stellte, nahm der französische Gesetzgeber die Umsetzung der E-Commerce-RL392 zum Anlass, zwei neue Art. 1108-1 C. civ.393 und 1108-2 C. civ.394 einzufügen, welche die elektronische Form der Schriftform grundsätzlich gleichstellen, soweit die Schriftform Wirksamkeitserfordernis für einen acte juridique (Rechtsgeschäft)395 ist.396 Darüber hinaus 389 Loi n° 2006-728 du 23 juin 2006 portant réforme des successions et des libéralités, JORF n° 145 du 24 juin 2006, p. 9513. 390 Loi n° 2004-575 du 21 juin 2004 pour la confiance dans l’économie numérique, JORF n° 143 du 22 juin 2004, p. 11168. 391 Ordonnance n° 2005-674 du 16 juin 2005 relative à l’accomplissement de certaines formalités contractuelles par voie électronique, JORF n° 140 du 17 juin 2005, p. 10342. 392 RL 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABlEG v. 17.7.2000, L 178/1. 393 Art. 1108-1 C. civ. (1) Lorsqu’un un écrit est exigé pour la validité d’un acte juridique, il peut être établi et conservé sous forme électronique dans les conditions prévues aux articles 1316-1 et 1316-4 et, lorsqu’un acte authentique est requis, au second alinéa de l’article 1317. (2) Lorsqu’est exigée une mention écrite de la main même de celui qui s’oblige, ce dernier peut l’apposer sous forme électronique si les conditions de cette apposition sont de nature à garantir qu’elle ne peut être effectuée que par lui-même. ((1) Wenn für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die Schriftform vorgeschrieben ist, kann es unter den in Artikel 1316-1 und 1316-4 vorgesehenen Voraussetzungen in elektronischer Form errichtet und gespeichert werden, und wenn eine öffentliche Beurkundung verlangt wird, unter den Voraussetzungen des Artikel 1317. (2) Wenn verlangt ist, dass derjenige, der sich verpflichtet, eine bestimmte Angabe handschriftlich macht, kann er diese in elektronischer Form einfügen, wenn diese Einfügung unter Bedingungen erfolgt, die sicherstellen, dass sie durch niemand anders als ihn selbst erfolgt ist.). 394 Art. 1108-2 C. civ. Il est fait exception aux dispositions de l’article 1108-1 pour: 1° Les actes sous seing privé relatifs au droit de la famille et des successions; 2° Les actes sous seing privé relatifs à des sûretés personnelles ou réelles, de nature civile ou commerciale, sauf s’ils sont passés par une personne pour les besoins de sa professions. (Art. 1108-1 gilt nicht für: 1° privatschriftliche Rechtsgeschäfte betreffend die Familie und die Erbfolge; 2° privatschriftliche Rechtsgeschäfte betreffend Personal- oder Realsicherheiten, egal ob zivilrechtlicher oder handelsrechtlicher Art, außer wenn von einer Person für die Erfordernisse seines Berufs vorgenommen werden.). 395 Zum Begriff des acte juridique noch unten B. I.2. b) ee)(2)(a). 396 Vgl. dazu Causse, Le contrat électronique, technique du commerce électronique, in: Université de Poitiers (éd.), Le contrat électronique. Au cœur du commerce électronique. Le droit de la distribution. Droit commun ou droit spécial?, 2005, S. 24 ff.; Grynbaum D. 2004, 2213,
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
wurde der Titel III aber auch um ein neues Kapitel VII397 mit speziellen Vorschriften zum Vertragsschluss auf elektronischem Wege ergänzt („Des contrats sous forme électronique“, Art. 1369-1 – Art. 1369-11 C. civ.)398. Dass der französische Gesetzgeber in diesem Bereich – anders als der deutsche – Bedarf für spezielle Regelungen sah, liegt wohl nicht zuletzt auch am Fehlen allgemeiner gesetzlicher Bestimmungen über das Prozedere des Vertragsschlusses mittels Angebot und Annahme.399 Das doch etwas kurios anmutende Resultat der Einfügung des neuen Kapitel VII ist nun allerdings, dass der Code civil zwar eine (partielle) Regelung des Verfahrens des Vertragsschlusses auf elektronischem Wege, nicht aber desjenigen auf „altmodischem“ (d.h. mündlichem oder schriftlichem) Wege enthält, insofern also bis auf Weiteres400 allein die von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Regeln gelten. War der französische Gesetzgeber mit Eingriffen in die Art. 1101 ff. C. civ. selbst also äußerst zurückhaltend, so waren seine enormen legislativen Aktivitäten außerhalb des Code civil doch nicht ohne Auswirkungen auch auf die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss. Insbesondere hat sich auch in Frankreich – ähnlich wie in Deutschland und ebenso maßgeblich auf Grund europäischer Vorgaben401 – seit den 1970er Jahre ein eigenständiges Verbraucherschutzrecht entwickelt, welches die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss für den Teilbereich der Verbraucherverträge in einigen zentralen Punkten durch verbraucherschützende Sonderregeln ergänzt und überlagert. Diese wurden jedoch – anders als in Deutschland – nicht in den Code civil integriert, sondern waren zunächst in einer Reihe von Sondergesetzen402 ver397 2216; ders. D. 2003, 746, 748; ders. Comm. com. électr. 2003, n° 39; ders., Le contrat électronique: concept de l’ordre juridique, in: Université de Poitiers (éd.), Le contrat électronique. Au cœur du commerce électronique. Le droit de la distribution. Droit commun ou droit spécial?, 2005, S. 121, 125 ff.; Huet, Le Code Civil et les contrats électroniques, in: Lequette/Leveneur (éd.), Le Code Civil. Un passé, un présent, un avenir, 2004, S. 539, 552; ders. JCP.2004.I.178; ders. RDC 2005, 553 n° 4; Pennau, La forme et la preuve du contrat électronique, in: Rochfeld (éd.), La forme et la preuve du contrat électronique, 2010, S. 255, 294 f.; Rochfeld RTD civ. 2004, 574, 576; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 8 ff.; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30. 397 Kritisch zu dieser systematischen Verortung: Grynbaum D. 2003, 746, 748; ders. Comm. com. électr. 2003, n° 39. 398 Dazu noch näher unten C. III.2. b) hh)(2)(b) und D. VII.2. c) dd). 399 Vgl. dazu auch bereits oben B. I.2. a) aa) sowie unten B. I.2. b) ee)(2)(b). 400 Vgl. aber zu den neueren Reformplänen bereits oben B. I.2. a) aa) und näher unten B. I.2. b) ff.) 401 S. Fn. 237. 402 Insbesondere: Loi n° 72-1137 du 22 décembre 1972 relative à la protection des consommateurs en matière de démarchage et de vente à domicile, JORF du 23 décembre 1972, p.13348 (betreffend „Haustürgeschäfte“); Loi n° 78-22 du 10 janvier relative à l’information et à la protection des consommateurs dans le domaine de certaines opérations de crédit, JORF du 11 janvier 1978, p. 299 (betreffend Verbraucherkreditverträge); Chapitre IV des Loi n° 78-23 du 10 janvier 1978 sur la protection et l’information des consommateurs de produits et de services, JORF 11 janvier 1978, p. 301, und Décret n° 78-464 du 24 mars 1978 portant application du
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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streut und dann 1993 in einem speziellen Verbrauchergesetzbuch, dem Code de la consommation (C. consom.)403, gebündelt. Ähnlich wie im deutschen Recht bestehen damit heute auch im französischen Recht etwa bei bestimmten Typen von Verbraucherverträgen umfangreiche Informations- und Belehrungspflichten404, die mittelbar auch Auswirkungen auf Zustandekommen, Auslegung und Bestimmung des Vertragsinhalts haben405. (2) Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur Ungeachtet der textlich-formalen Beständigkeit der Art. 1101 ff. C. civ. haben Rechtsprechung und Rechtswissenschaft das französische Vertragsschlussrecht seit 1804 aber auch in seinem Kernbereich erheblich weiterentwickelt. Über die Jahre und Jahrzehnte hinweg ist dadurch schrittweise eine enorme Kluft zwischen Gesetzestext und „gelebtem Recht“ entstanden.406 Das französische Obligationenrecht im Allgemeinen und das Vertragsschlussrecht im Besonderen beruhen heute zu einem so wesentlichen Teil auf von Rechtsprechung und -lehre entwickelten Konstrukten, Instituten und Interpretationen,407 dass man schon fast von einem „anderen Code civil“408 sprechen kann. 403 chapitre IV de la Loi n° 78-23 du 10 janvier 1978 sur la protection et l’information des consommateurs de produits et de services, JORF 1 Avril 1978, p. 1412 (betreffend missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen). 403 Grundlegend: Loi n° 93-949 du 26 juillet 1993 relative au code de la consommation (partie Législative), JORF n° 171 du 27 juillet 1993, p. 10538; Überblick aus deutscher Sicht bei Szönyi GRUR-Int. 1996, 83 ff.; Witz/Wolter ZEuP 1995, 35 ff. Anschaulich zur Stellung des Code de la Consommation im französischen Vertragsrecht: Rochfeld, La place du code de la consommation en droit contractuelle français, in: Grundmann/Schauer (eds.), The Architecture of European Codes and Contract Law, 2006, S. 193 ff. 404 Vgl. z.B. für Verbraucherdarlehen Art. L. 311-6 f. C. consom. 405 Vgl. in Bezug auf die Informationserfordernisse des Richtlinienrechts Pfeiffer (Fn. 239), S. 104, 111 f. S. zu den Auswirkungen verbraucherschützender Regelungen auf die Lehre von Angebot und Annahme ferner auch Owsia (1992) 66 Tul. L. Rev. 871, 887 ff. 406 Vgl. Niort RTD civ. 2005, 257: „un décalage parfois énorme s’est progressivement creusé, depuis le 19e siècle, entre sa lettre et son esprit“ („seit dem 19. Jahrhundert ist schrittweise eine teils enorme Diskrepanz zwischen den Buchstaben [des Gesetzes] und seinem Geist entstanden“); ähnlich auch Ancel (Fn. 380), S. 45, 46; s. ferner etwa auch Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 6, der diesen Zustand sogar für „bordering on the unconstitutional“ (an die Verfassungswidrigkeit grenzend) hält. 407 Vgl. Fontaine (Fn. 249), S. 1, 17: „Le droit des obligations contemporain ne repose plus sur les textes mêmes du Code, mais sur des interprétations doctrinales et jurisprudentielles“ („Das heutige Schuldrecht beruht nicht mehr auf dem Text des Code selbst, sondern auf den Interpretationen durch die Lehre und Rechtsprechung“); s. ferner auch ders. [2008] EBLR 579, 593; Montero/Demoulin (Fn. 243), S. 61,119. Allgemein zum Charakter des heutigen französischen Zivilrechts als „reines Richterrecht“ auch Ranieri (Fn. 249), S. 85, 108 sowie etwa schon Niboyet (1955) 29 Tul. L. Rev. 254, 256: „la France est aujourd’hui devenue très largement un pays de droit jurisprudentiel.“ („Frankreich ist heute sehr weitgehend zu einem Land des Richterrechts geworden“); Zajtay AcP 165 (1965) 97, 101. 408 Vgl. Ancel Juridica International X/2005, 35, 38: „… kann man sagen, dass der Code civil, den wir heute in Frankreich anwenden und lehren, ein anderer Code civil ist, als der, den man lesen kann.“
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
(a) Rezeption der Rechtsgeschäftslehre Bedeutsam ist insofern zunächst die Rezeption der Lehre vom Rechtsgeschäft. Die deutsche historische Rechtsschule und Pandektenwissenschaft, speziell das Œuvre Savignys, hatten von Anfang auch in Frankreich große Ausstrahlungswirkung entfaltet.409 Maßgeblicher Wegbereiter für die Verankerung des Konzepts des acte juridique im französischen Zivilrecht war aber erst Raymond Saleilles (1855–1912) mit seiner einflussreichen rechtsvergleichenden Schrift „De la déclaration de volonté“ (1901)410, die den Grundstein dafür legte, dass der acte juridique auch im französischen Zivilrecht zu einem in Rechtsprechung411 und Lehre412 allgemein anerkannten Rechtsinstitut avancierte413 und inzwischen auch wenn auch nur in Form einzelner, punktueller Regelungen414 Eingang in den Code civil415 gefunden hat. (b) Das dogmatische Modell von Angebot und Annahme Von zentraler Bedeutung war weiterhin die Konturierung und Fortentwicklung des dogmatischen Modells von Angebot und Annahme. Den ersten Schritt zur Füllung dieser „magna lacuna“ des Code civil416 unternahm die Cour der Cassation bereits mit einer ersten Leitentscheidung aus dem Jahr 409 Maßgeblich für die Verbreitung der Ideen der historischen Rechtsschule in Frankreich waren vor allem Athanase Jourdan (1791–1826), Mitbegründer der bedeutenden juristischen Fachzeitschrift La Thémis, und Eugène Lerminier (1803–1857). Vgl. Halpérin (Fn. 318), n° 37 ff.; Neumayer FS Rheinstein I, 1969, S. 165, 170 f.; Schwarz FS Lenel, 1931, S. 425, 439 f.; ausf. Bürge, Das französische Privatrecht im 19. Jahrhundert, 2. Aufl. 1995, S. 150 ff. m.z.w.N. Die Hauptwerke von Savignys und einer Reihe anderer prominenter Gelehrter wurden zudem ins Französische übertragen und erfreuten sich einer großen Leserschaft, vgl. Neumayer FS Rheinstein I, 1969, S. 165, 171; Schwarz FS Lenel, 1931, S. 425, 441. 410 Saleilles, De la déclaration de volonté, 1901. Die Beeinflussung der Rechtsentwicklung in Frankreich war dabei erklärtes Ziel Saleilles, vgl. Vorwort S. VIII: „Et je suis persuadé, … qu’il pourra ressortir de là toute une mise au point et toute une transformation de notre droit français.“ („Und ich bin überzeugt, … dass daraus eine Entwicklung und eine Veränderung unseres französischen Rechts hervorgehen kann.“). 411 Der Begriff des acte juridique wird etwa schon in einem Urteil der Cour de Cassation v. 28.2.1939 (Bull. civ. n° 61 p. 109) wie selbstverständlich benutzt. 412 Die Lehre vom acte juridique ist heute Allgemeingut, vgl. nur die Darstellungen bei Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 9 f.; Fages (Fn. 245), n° 17; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 55, 60; Larroumet (Fn. 243), n° 71 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 50; s. aber etwa auch schon Carbonnier, Droit civil, t. 1, 7e éd. 1967, n° 42. 413 Vgl. Bürge ZEuP 2004, 5, 16; Lokin (2006) 8 Eur. J. L. Reform 13, 16 ff.; Lardeux ZEuP 2007, 448, 449 f.; Neumayer FS Rheinstein I, 1969, S. 165, 174 f.; Ranieri (Fn. 38), S. 139 f.; Schwarz FS Lenel, 1931, S. 425, 447; Zweigert FS Rheinstein II, 1969, S. 493, 496 f.; zu den Wurzeln des acte juridique in der deutschen Pandektistik auch Moore (1997) 31 R.J.T. n.s. 277, 283; Rouhette Droits 1988, 29 ff.; Titze (Fn. 184), S. 789, 797; Zajtay (1966) 18 RIDC 353, 360 f.; ders. AcP 165 (1965) 97, 112 f. zu Saleilles ferner auch Halpérin (Fn. 318), n° 121. 414 Siehe zum gescheiterten Versuch der Einführung allgemeiner Regeln zum acte juridique durch die Morandière-Kommission bereits oben B. I.2. b) ee)(1); zu den neueren Reformplänen unten B. I.2. b) ff.). 415 Siehe Art. 1108-1, 1316-4, 1326, 1348 C. civ. 416 Vgl. dazu bereits oben B. I.2. a) aa).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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1813417. Diese bildete aber nur den Auftakt für den Aufbau eines reichhaltigen und komplexen Geflechts von Präjudizien418, welches die Rechtslehre in den vergangenen zwei Jahrhunderten durch ein immer weiter ausziseliertes dogmatisches Lehrgebäude stützte und flankierte. Auch in Frankreich ist aber freilich anerkannt, dass das Angebot/Annahme-Modell eben nur ein dogmatisches Modell ist, das nicht immer und in allen Fällen formalistisch-schematisch angewendet werden, sondern dass es letztlich allein auf die Einigung (consentement) ankommt.419 (c) Diskussion um die cause Äußerst produktiv waren Rechtsprechung und Literatur schließlich auch im Hinblick auf die cause – das „Herzstück“420 des französischen Vertragsrechts421, welches aber zugleich auch eines seiner komplexesten und umstrittensten Rechtsinstitute ist422. „Si vous avez compris la cause, c’est qu’on vous l’a mal expliqué!“ („Wenn man die cause verstanden hat, dann ist sie einem schlecht erklärt worden!“) – so ein immer wieder gern zitierter Ausspruch des berühmten französischen Professors Rouast423. Über die genaue Bedeutung und Tragweite der cause hat die französische Rechtswissenschaft in den vergangenen zwei Jahrhunderten immer wieder regelrechte Schlachten geführt; die im Zusammenhang damit entstandene wahre „Sintflut“ von Literatur und das reichhaltige Fallmaterial sind heute kaum mehr zu überblicken. Die Redakteure des Code civil hatten sich bei der Konzeption der Vorschriften über die cause zwar ersichtlich von Domat und Pothier inspirieren lassen;424 weder im Gesetzestext noch in den Materialien findet sich indes eine Definition oder weitere Erläuterungen hinsichtlich der genauen Bedeutung und Tragweite dieses Rechtsinstituts.425 Die „klassische“ Lehre des 19. Jahrhunderts verstand die cause im Anschluss an Domat426 in einem rein objekti417
Cass. req., 1.9.1813, in: Merlin, Répertoire universel et raisonné de jurisprudence, 5e éd. 1827–1828, t. 18, S. 466–476. Dazu näher Ranieri (Fn. 38), S. 258 ff.; ders. (Fn. 249), S. 85, 110 f. 418 Vgl. auch Ranieri (Fn. 38), S. 262; ders. (Fn. 249), S. 85, 110. 419 Vgl. nur Fages (Fn. 245), n° 71; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 259 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 130 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 235, 256 ff.; Rouhette RDC 2007, 1371, 1397; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 104. 420 Vgl. Mazeaud (Fn. 265), S. 451, 453 („la pièce maîtresse“). 421 Siehe dazu bereits oben B. I.2. a) dd). 422 Vgl. nur Ghestin (Fn. 51), n° 4 (S. 5): „… [la cause] est aujourd’hui en droit français des contrats la notion qui a suscité le plus grand intérêt, avec les plus vives controverses et un grand nombre de thèses dont c’est l’objet principal …“ („… [die cause] ist heute im französischen Vertragsrecht der Begriff, der das größte Interesse erregt hat, mit den lebhaftesten Kontroversen und einer großen Zahl von Doktorarbeiten, deren wesentlicher Gegenstand sie ist …“). 423 Vgl. Mazeaud (Fn. 265), S. 451. 424 Vgl. bereits oben B. I.2. b) dd). 425 Vgl. Ghestin (Fn. 51), n° 26; s. ferner auch schon Capitant (Fn. 360), S. VII, 3 f.; Planiol, Traité élémentaire de droit civil, t. 2, 5e éd., 1909, n° 1028; zur cause in den verschiedenen Entwürfen zum Code civil näher Timbal (Fn. 329), S. 103 ff., 119 f. 426 Zu Domats Verständnis bereits oben B. I.2. b) cc).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
ven Sinne; d.h. die cause war bei Verträgen eines Vertragstypus stets identisch und streng von den Motiven der Parteien zu trennen.427 Gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde jedoch zunehmend Kritik an dieser „klassischen“ Lehre laut; eine starke „antikausalistische“ Bewegung, an deren Spitze der berühmte Gelehrte Marcel Planiol stand, warf ihr vor, zugleich falsch und unnötig zu sein.428 Als Reaktion auf diese vehemente Kritik entwickelte die Rechtslehre im 20. Jahrhundert eine breite Palette verschiedenster Theorien für eine Neukonzeption der cause429. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts setzte sich dann schließlich in Rechtsprechung und Literatur endgültig die maßgeblich bereits auf grundlegende Arbeiten von Capitant430, Maury431 und Josserand432 aus den 1920er Jahren beruhende sog. „dualistische Theorie“ (Kombination von cause objective und cause subjective) 433 durch. Gleich-
427 Vgl. Ghestin (Fn. 51), n° 27; Larroumet (Fn. 243), n° 449; aus dem zeitgenössischen Schrifttum etwa: Aubry/Rau, Cours de droit civil français d’après la méthode de Zachariae, t. 4, 4e éd. 1871, § 345 (S. 320 ff.); Dalloz/de Villargues, Dictionnaire général et raisonné de droit civil, t. 5, 1850, n° 334 (S. 77); Demante/Colmet de Santerre, Cours analytique de Code Napoléon, t. 5, 1865, n° 46 ff. (S. 57 ff.); Duranton, Cours de droit civil suivant le Code français, t. 6, 4e éd. 1841, n° 326 ff. (S. 116). 428 Paradigmatisch insoweit die berühmte Passage bei Planiol, (Fn. 425), n° 1037: „La théorie de la cause, telle que la doctrine français l’a construite, a un double défaut: 1° elle est fausse, au moins dans deux cas sur trois; 2° elle est inutile.“ („Die Theorie der cause, so wie sie die französische Lehre konstruiert hat, hat einen doppelten Fehler: 1° sie ist falsch, zumindest in zwei von drei Fällen; 2° sie ist unnötig.“) und die Erläuterung hierzu in n° 1038 f. Siehe zudem insbesondere auch Laurent, Principes de Droit Civil Français, t. 16, 1875, n° 107–111, 119, speziell n° 111: „…la théorie du Code sur la cause n’est pas juridique … la loi a tort de distinguer la cause de l’objet et d’en faire une quatrième condition essentielle pour la validité des contrats“ („…die Theorie des Code betreffend die cause ist nicht juristisch … Das Gesetz tut Unrecht darin, die cause vom objet zu unterscheiden und sie zu einer vierten wesentlichen Bedingung für die Wirksamkeit von Verträgen zu machen“) und n° 119: „La théorie de la cause est si vague et au fond si inexacte que l’on ne doit pas s’étonner que les plaideurs l’invoque à tort et à travers.“ („Die Theorie der cause ist so vage und ungenau, dass man sich nicht wundern muss, dass die Prozessführer sie unbesonnen heranziehen.“); s. ferner auch schon Ernst, La cause est-elle une condition essentielle pour la validité des conventions?, in: Bibliotheque du jurisconsulte et du publiciste 1826, t. 1, S. 250 ff. (abgedruckt bei Timbal (Fn. 329), S. 407 ff.); sowie Artur, De la cause en droit romain et en droit français, 1878; Baudry-Lacantinerie/Barde, Traité théorique et pratique de droit civil, 3e éd., 1906–1908, t. 1, n° 321 ff.; Cornil, À propos de la revision du Code civil, 1894, S. 7; Dabin, La théorie de la cause, 1919, S. 40 ff.; Louis-Lucas, Volonté et cause, 1918, S. 109 ff. Siehe ferner die weiteren Nachweise bei Ghestin (Fn. 51), n° 28 Fn. 93. 429 Ausführliche Darstellung der wichtigsten Strömungen bei Ghestin (Fn. 51), n° 75 ff. m.z.w.N. 430 Capitant (Fn. 360), S. 29 ff. 431 Maury, Essai sur le rôle de la notion d’équivalence en droit civil français, 1920; s. ferner ders., L’erreur sur la substance dans les contrats a titre onereux, in: Études de droit civil à la mémoire de Henri Capitant, 1939, S. 491 ff.; ders. (1951) 3 RIDC 485 ff. 432 Josserand, Les mobiles dans les actes juridiques du droit privé, 1928. 433 Dazu bereits näher oben B. I.2. a) dd).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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wohl gibt es auch in neuerer Zeit immer wieder Vorschläge für eine Neukonzeption434 oder gar eine völlige Aufgabe435 der Doktrin der cause. ff) Neuere Reformpläne Nicht nur im Hinblick auf die cause, sondern vielmehr in Bezug auf das gesamte Obligationenrecht gab und gibt es allerdings in jüngerer Zeit Pläne für eine umfassende Reform. Den Impuls436 hierfür gab das 200jährige Jubiläum des Code civil im Jahr 2004. Im Rahmen der großen Feierlichkeiten und der allgemeinen Diskussion um Bedeutung und Wert des Code civil wurde verbreitet auch der Ruf laut, ihn an die modernen Entwicklungen anzupassen und ihm so seine traditionelle Rolle als „constitution civile“ („bürgerliche Verfassung“)437, der er auf Grund der Evolution von Rechtsprechung und Lehre und der zahlreichen Nebengesetze immer weniger gerecht wurde, wiederzugeben. Reformdruck kam aber auch von außen in Gestalt der verschiedenen Projekte zur Harmonisierung des Vertragsrechts in Europa und der großen Schuldrechtsreformen in den Nachbarstaaten (speziell in Deutschland und den Niederlanden). Vor diesem Hintergrund wollte man das französische Zivilrecht wieder wettbewerbsfähig und attraktiv machen und ihm damit auf europäischer Ebene wieder eine starke Position und ggf. sogar Modellcharakter verschaffen438. Seit dem Jahr 2003 arbeitete daher eine aus 37 renommierten Zivilrechtsprofessoren und Richtern bestehende Gruppe unter der Führung von Pierre Catala, unterstützt von der Association Henri Capitant und dem fran434 Siehe etwa insbesondere den Entwurf von Ghestin (Fn. 51), n° 1383 ff. sowie Rochfeld, Cause et type de contrat, 1999. 435 Siehe etwa Lagarde D. 2007, 740 ff.; Rémy RDC 2004, 1169, 1180 f. 436 Siehe zu den Hintergründen näher Ancel RDC 2009, 273 f.; ders. (Fn. 406), S. 45 ff.; Fauvarque-Cosson (2007) 15 ERPL 761, 763 f.; dies. ZEuP 2007, 428, 429; Rémy RDC 2004, 1169, 1170 ff.; Sonnenberger ZEuP 2007, 421 ff.; speziell zu den Wechselwirkungen und Interdependenzen mit den Arbeiten auf europäischer Ebene Sefton-Green (2008) 12 Edin. L. R. 351, 354; Hesselink ERCL 2012, 342, 348 f.; Michaels ERCL 2012, 277, 283 f. 437 Vgl. Cornu D. 2002, 351; Michaels ERCL 2012, 277, 289; s. ferner etwa auch Carbonnier, Le Code civil, in: Nora (dir.), Les lieux de mémoire, 1997, t. 1, S. 1331, 1345: „véritable constitution“ („wahre Verfassung“). 438 Vgl. Catala in: Catala (éd.), Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, S. 16: „Notre espoir est que l’avant-projet serve l’entreprise qui donnera à la France un droit civil adapté à son époque et une voix dans le concert européen.“ („Unsere Hoffnung ist, dass der Vorentwurf der Unternehmung dient, Frankreich ein zeitgemäßes Zivilrecht und eine Stimme im europäischen Konzert zu geben.“); Vorwort zum Projet de la chancellerie (Ministère de la Justice, Projet de réforme du droit des contrats, abgedruckt in RDC 2009, 1 ff. oder abrufbar unter http://leblogdedimitrihoutcieff.blogspirit.com/files/projet_ droit_des_contrats_blog8_2_.pdf): „A l’heure où les projet d’harmonisation du droit de contrat se multiplient, cette réforme peut contribuer au renforcement de la compétitivité et de l’attractivité de notre droit.“ („In einer Zeit, in der sich die Projekte zur Harmonisierung des Vertragsrechts häufen, kann diese Reform zur Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität unseres Rechts beitragen“). S. ferner auch Michaels ERCL 2012, 277, 283 f. m.w.N.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
zösischen Justizministerium, einen Vorentwurf für eine Reform der Titel III und IV des 3. Buches des Code civil439 aus, den sie am 22.9.2005 dem französischen Justizminister präsentierten. Im Einklang mit seinem Leitprinzip „pas un code de rupture, mais d’ajustements“ („kein Gesetzbuch des Bruchs, sondern der Anpassungen“)440 sah dieser Vorentwurf im Hinblick auf die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss zwar erstmals eine Kodifikation allgemeiner Regeln über den acte juridique441 sowie insbesondere auch über das Prozedere des Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme442 vor. Andererseits hielt er jedoch kategorisch am traditionellen Rechtsinstitut der cause fest443; in seiner Interpretation durch die herrschende Meinung sei es gut zu beherrschen und seine Beibehaltung schaffe weit weniger Probleme als die Aus- und Umwege, die nötig wären, um die durch seine Abschaffung entstehende Lücke zu füllen444. Der Vorentwurf rief naturgemäß sowohl in der Praxis445 als auch in der 439
Fn. 438. Überblick über die Genese des Vorschlags auf S. 11 f. sowie bei Ancel (Fn. 406), S. 45 f.; Catala JCP G 2005.I.170; Fauvarque-Cosson ZEuP 2007, 428, 433; Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 9. Überblick über den Gesamtinhalt bei Ancel (Fn. 406), S. 45, 49 ff.; FauvarqueCosson ZEuP 2007, 428, 434 ff.; dies. RDC 2006, 147 ff.; Fauvarque-Cosson/Mazeaud Rev. dr. unif. 2006, 103, 106 ff.; Rouhette RDC 2007, 1371 ff.; Sonnenberger ZEuP 2007, 421, 423 ff.; Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 12 ff.; rechtsvergleichend mit dem deutschen Recht: Lehmann RDC 2007, 1427 ff. 440 Vgl. Catala (Fn. 438), S. 11, 13; dazu auch Ancel (Fn. 406), S. 48 f.; s. aber auch den etwas spöttischen Kommentar von Sefton-Green, La cause or the Length of the French Judiciary’s Foot, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker (eds.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 101, 103: „if it ain’t broken, don’t fix it“ („Wenn etwas nicht kaputt ist, soll man es nicht reparieren“). 441 Art. 1101, 1101-1. Dazu Cornu in: in: Catala (éd.), Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, S. 19, 25 f.; sowie Witz (Fn. 385), S. 51, 63. 442 Art. 1105–1107. Dazu Delebecque/Mazeaud, in: Catala (Fn. 438), S. 27 ff. sowie Aubert de Vincelles in: Terré (éd.), Pour une réforme du droit des contrats, 2009, S. 118, 121 ff.; Fauvarque-Cosson ZEuP 2007, 428, 440; Fauvarque-Cosson/Mazeaud Rev. dr. unif. 2006, 103, 108, 110 f.; Forray RTD civ. 2012, 231 ff.; Lehmann RDC 2007, 1427, 1434; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 16 ff. 443 Art. 1124–1126-1. Dazu Fages RDC 2006, 37, 40 ff.; Ghestin, in: Catala (Fn. 438), S. 11, 37 ff.; Lehmann RDC 2007, 1427, 1440 f.; Wicker (Fn. 274), S. 53, 60 f. Kritisch dazu etwa Deckert (2007) 15 ERPL 765, 767 ff.; Fauvarque-Cosson ZEuP 2007, 428, 442 f.; dies. RDC 2006, 147, 152 ff.; Fauvarque-Cosson/Mazeaud Rev. dr. unif. 2006, 103, 125 f.; Hondius (2007) 15 ERPL 835, 839; Rouhette RDC 2007, 1371, 1413 ff.; Sefton-Green (Fn. 440), S. 101, 117 ff.; dies. (2006) 12 Edin. L. R. 351, 355, 360. 444 Vgl. Cornu (Fn. 441), S. 19, 22; Ancel (Fn. 406), S. 45, 51. Siehe ferner auch Catala, in: Catala (Fn. 438), S. 11, 15, der die Vorbehalte der französischen Zivilrechtler gegen den Verzicht auf die cause in den PECL hervorhebt. 445 Siehe insbesondere die Stellungnahmen der Groupe de travail de la Cour de Cassation (Rapport du groupe de travail de la Cour de Cassation sur l’avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 15.6.2007, abrufbar unter http://www.courdecassation.fr/ institution_1/autres_publications_discours_2039/discours_2202/travail_cour_10699.html) und der CCIP (Pour une reforme du droit des contrats et de la prescription conforme aux besoins de la vie des affaires, 19.10.2006, http://www.etudes.ccip.fr/archrap/pdf06/reforme-droit-
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Rechtswissenschaft446 ein breites Echo hervor; ungeachtet aller Detailkritik, die sich an den unterschiedlichsten Punkten entzündete, wurde er im Großen und Ganzen aber recht positiv aufgenommen.447 Die französische Regierung trieb das Projekt jedoch gleichwohl zunächst nicht weiter voran.448 Im Juni 2007 wurde daraufhin vom Senat zumindest eine Initiative zur Neuregelung des Verjährungsrechts gestartet;449 das im Juni 2008 verabschiedete Reformgesetz450 hatte allerdings mit den Vorschlägen im Avant-projet Catala nur noch wenig zu tun451. Kurz darauf kam aber auch in das Projekt einer generellen Reform des Vertragsrechts wieder Bewegung. Nachdem die neue Justizministerin Richarda Dati bereits im September 2007 angekündigt hatte, dass sie eine Reform des gesamten Obligationenrechts anstrebe452, präsentierte das französische Justizministerium im September 2008453 offiziell einen Gesetzesentwurf (sog. Projet de la chancellerie)454. Dieser Entwurf, der von einer kleinen Arbeitsgruppe bestehend aus 4 Richtern und der Pariser Professorin Bénédicte Fauvarque-Cosson ausgearbeitet worden war, übernahm zwar in vielen Punkten die Ansätze des Avant-projet Catala455 (z.B.: Abschnitt zum acte juridique456, Regeln über Angebot und Annahme457), war aber insgesamt deutlich progressiver und innovativer. Im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften zum Vertragsschluss zeigt sich dies am deutlichsten darin, dass das Rechtsinstitut der cause komplett abgeschafft und stattdessen das neue Konzept des intérêt („Interesse“) 446 des-contrats-kli0610.pdf). Insgesamt eher kritisch dagegen die Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes MEDEF (Avant-projet de réforme du droit des obligations et du droit de la prescription. Observation du MEDEF, Juni 2006, damals abrufbar unter http://www.medef-gironde.fr/ staging/medias/upload/97375_FICHIER.pdf). 446 Siehe insbesondere die in RDC 1/2006 und 1/2007 publizierten Beiträge im Rahmen der von der RDC organisierten beiden Kolloquien; ausf. Verzeichnis des Schrifttums bei Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 22 ff. Aus deutscher Perspektive etwa Sonnenberger ZEuP 2007, 421 ff. 447 Vgl. Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 16 f. Erste Zwischenbilanz bei Le Conseil scientifique du Recueil Dalloz D. 2005, 2961. 448 Vgl. dazu Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 17. 449 Sénat, Pour un droit de la prescription moderne et cohérent. Rapport d’information n° 338 (2006-2007) du 20 juin 2007. 450 Loi n° 2008-561 du 17 juin 2008 portant réforme de la prescription en matière civile, JORF n° 141 du 18 juin 2008, p. 9856. 451 Näher Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 17 f. 452 Discours de Madame Richarda Dati, garde des Sceaux, ministre de la Justice, 103ème Congrès des Notaires de France, 24.9.2007, http://www.presse.justice.gouv.fr/index.php?rubrique=102398&artcile=13165. 453 Ausgewählten interessierten Kreisen war er jedoch bereits im Juli 2008 zugeleitet worden, vgl. bei Amrani Mekki/Fauvarque-Cosson D. 2010, 224; Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 18. 454 Fn. 438. Überblick über den Gesamtinhalt etwa bei Amrani Mekki/Fauvarque-Cosson D. 2008, 2965 ff. 455 Näher Vogenauer (Fn. 380), S. 3, 18 f. 456 Art. 1–3. 457 Art. 23 ff. Dazu Fenouillet RDC 2009, 279, 286 ff.; Forray RTD civ. 2012, 231 ff.; Mazeaud RDC 2009, 397, 406.
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eingeführt werden soll458. Während Anwaltschaft459 und Wirtschaft460 den Entwurf insgesamt recht positiv beurteilten, kam von Seiten der Rechtswissenschaft teilweise vehemente Kritik461 an seinen innovativen Bestimmungen. Speziell die geplante Abschaffung der cause beschwor einen wahren Sturm der Entrüstung herauf. Für viele, vor allem traditionell geprägte Wissenschaftler kam der Vorschlag, die cause, das „Symbol des französischen Rechtsgeists“, einfach abzuschaffen und noch dazu durch den nicht näher konturierten Begriff des intérêt462 zu ersetzen einem Sakrileg gleich463. Es gab aber durchaus auch prominente Stimmen, die hierin prinzipiell einen wichtigen Schritt der Modernisierung und Angleichung an andere europäische Rechtsordnungen
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Art. 85–87. Vgl. CNB, PM v. 19.3.2009 (http://cnb.avocat.fr/Projet-de-reforme-du-droit-des-contrats-un-texte-equilibre-elabore-en-concertation-conforme-a-la-pratique_a525.html): „un texte équilibré, élaboré en concertation, conforme à la pratique professionnelle des avocats“ („ein ausgewogener Text, in Abstimmung ausgearbeitet, entsprechend der professionellen Praxis der Rechtsanwälte“). 460 Vgl. CCIP, Vers un droit des contrats modernisé et mieux adapté à la vie des affaires: Réaction de la CCIP à la consultation de la Chancellerie de juillet 2008 (2008) (abrufbar unter: http://www.etudes.ceip.fr/archrap/pdf08/reforme-droit-des-contrats-kli0810.pdf); s. ferner auch Simon/Trémeau RLDC 2008, n° 54, 55 f. 461 Vgl. Cabrillac JCP G 2008.I.190 („des innovations aussi dangereuses qu’inutiles“ [„Neuerungen, die sowohl gefährlich als auch unnötig sind“]); Forray RTD civ. 2012, 231 ff. (dezidiert gegen jegliche Kodifikation der Regeln über Angebot und Annahme); Ghozi/Lequette D. 2008, 2609, 2613 („rompt profondément avec notre tradition juridique“ [„bricht zutiefst mit unserer juristischen Tradition“]); Henry D. 2009, 28 f.; Malaurie JCP G 2008.I.204; Malinvaud D. 2008, 2551 f.; trotz Detailkritik dagegen insgesamt eher positiv: Ancel/Brun/Forray/Gout/Pignarre/ Pimont JCP G 2008.I.213; Fabre-Magnan JCP G 2008.I.199; Fenouillet RDC 2009, 279 ff.; Mazeaud D.2007, 2675 ff. 462 Kritisch zu diesem Terminus etwa Ancel/Brun/Forray/Gout/Pignarre/Pimont JCP G 2008.I.213 („le projet, cultivant l’ambiguïté, consacre un a-causalisme de façade“ [„das Projekt, die Mehrdeutigkeit pflegend, verleiht einem Schein-Akausalismus die Weihe“]; Brochier RDC 2009, 365; Cabrillac JCP G 2008.I.190 („fumeuse notion“ [„verschwommener Begriff“]; CCIP (Fn. 460), S. 20; Fenouillet RDC 2009, 279, 296 ff.; Fontaine RDC 2009, 372, 375 f.; Ghozi/Lequette D. 2008, 2609, 2612 f.; Larroumet D. 2008, 2441 f. („cause sous un autre dénomination“ [„cause unter einem anderen Namen“]; Guillemin RDC 2009, 364 f.; Malaurie JCP G 2008.I.204; Mazeaud RDC 2009, 397, 410 f. („en guise de réforme, c’est donc d’une simple modification terminologique“ [„anstelle einer Reform ist das also eine schlichte terminologische Änderung“]; ders. D. 2007, 2675, 2679; ders., Le droit européen des contrats et ses influences sur le droit français, in: Mäsch/Mazeaud/Schulze (éds.), Nouveaux défis du droit des contrats en France et Europe, 2009, S. 30, 49; ders. ERCL 2010, 1, 22 („clone“ [„Klon“]); Simon/Trémeau RLDC 2008, n° 54, 55, 56; Terré JCP G 2008.I.609; Tournafond D. 2008, 2607 („on a seulement changé la terminologie“ [„Man hat nur die Begrifflichkeit geändert“]); Trémeau RDC 2009, 363 f.; Whittaker RDC 2009, 386, 392 ff. Eher positiv dagegen etwa Fabre-Magnan JCP G 2008.I.199; Wicker (Fn. 274), S. 53, 61 f. 463 Vgl. Cabrillac JCP G 2008.I.190 („inutile et irresponsable gadget“ [„unnötige und unverantwortliche Spielerei“]; Tournafond D. 2008, 2607, 2608 („La disparition de la théorie de cause de notre droit aurait les effets les plus nocifs et les plus injustes“ [„Das Verschwinden der cause aus unserem Recht hätte die schädlichsten und ungerechtesten Auswirkungen“)]. 459
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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sehen464. So sah insbesondere auch ein im Dezember 2008 von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von François Terré vorgelegter Alternativentwurf (Projet Terré)465 und eine im Februar 2009 von einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Jacques Ghestin veröffentlichte umfangreiche Stellungnahme466 (wenngleich Letztere nur als eine denkbare Alternative) eine Abschaffung der cause vor – allerdings ohne sie durch ein neues Konzept wie das des intérêt zu ersetzen467, da die betreffenden Konstellationen sich auch mittels allgemeiner Instrumentarien bzw. bestimmter Modifikation des Code bzw. des Projet de la chancellerie lösen ließen468. Vor dem Hintergrund der heftigen Kritik entschloss man sich zu einer grundlegenden Überarbeitung des Entwurfs469, wobei u.a. insbesondere auch das Konzept des intêrét wieder aufgegeben wurde470; die modifizierte Fassung wurde zunächst aber nur mit ausgewählten interessierten Kreisen erörtert471. Zwischenzeitlich legte der Senat dann im Juli 2009 einen – weitgehend auf dem Avant-projet Catala aufbauenden472 Vorschlag für eine Änderung der zivilrechtlichen Haftung473 vor, der jedoch bis zum Ende der Legislaturperiode nicht zum Abschluss gebracht wurde. Im Mai 2011 präsentierte das französische Justizministerium dann einen Vorentwurf für eine Reform des Rechts der Schuldverhältnisse und des Rechts der quasivertraglichen Schuldverhältnisse (Projet de réforme du regime des obligations et des quasi contrats)474, der jedoch anders als das Projet de la chancellerie von 2008 keine Regelungen zum acte juridique und zum Vertragsschluss durch Angebot und Annahme enthält, sondern sich auf das allgemeine Recht der Schuldverhältnisse (Modalitäten, Erlöschen, Übertragung, Beweis) und 464 Vgl. Fabre-Magnan JCP G 2008.I.199; Larroumet D. 2008, 2441 f.; Malaurie JCP G 2008.I.204; Mazeaud RDC 2009, 397, 413; ders. D. 2007, 2675, 2678 f.; ders. ERCL 2010, 1, 21 f.; Schulze RDC 2009, 380, 382 ff.; Terré JCP G 2008.I.609; s. ferner auch Fontaine RDC 2009, 372, 375; Lagarde D. 2007.740 ff. 465 Terré (éd.), Pour une réforme du droit des contrats, 2009. Siehe dazu auch Mazeaud D. 2009, 1364 ff.; Terré D. 2008, 2992; Wicker (Fn. 274), S. 53, 62. 466 Ghestin, Observations sur le projet de réforme du droit des contrats, LPA 2009, n° 31. 467 Dieses sehen beide Arbeitsgruppen sehr kritisch, vgl. Ghestin, in: Ghestin (Fn. 466), S. 5, 22 ff.; Houtcieff, in: Terré (Fn. 465), S. 193, 200 f. 468 Die Ansätze des Projet Terré (dazu näher Houtcieff, in: Terré (Fn. 465), S. 193, 198 ff.) und der Ghestin-Arbeitsgruppe (dazu näher Ghestin, in: Ghestin (Fn. 466), S. 5, 21 ff.; Lagarde, in: Ghestin (Fn. 466), S. 74, 77 ff.) divergieren insoweit allerdings im Detail erheblich, zumal die Ghestin-Arbeitsgruppe letztlich zwei Alternativvorschläge (einen unter Beibehaltung und einen unter Abschaffung der cause) vorgelegt hat. 469 Vgl. Amrani Mekki/Fauvarque-Cosson D. 2010, 224; Ghestin JCP G 2009.I.138. 470 Vgl. Ghestin JCP G 2009.I.138. 471 Vgl. Amrani Mekki/Fauvarque-Cosson D. 2010, 224; Ghestin JCP G 2009.I.138. 472 Vgl. Amrani Mekki/Fauvarque-Cosson D. 2010, 224. 473 Sénat, Responsabilité civile: des évolutions nécessaires, Rapport d’information n° 558 (2008-2009) du 15 juillet 2009. 474 Projet de réforme du regime des obligations et des quasi contrats. Abrufbar unter http:/ /www.textes.justice.gouv.fr/projets-de-reformes-10179/reforme-du-regime-des-obligationset-des-quasi-contrats-22199.html. Vgl. dazu Billiau/Loiseau JCP G 2011, doctr. 1030.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
der quasivertraglichen Schuldverhältnisse (GoA, Zahlung einer Nichtschuld, ungerechtfertigte Bereicherung) beschränkt. Ende 2011 wurde dann ein Vorentwurf für eine Reform der zivilrechtlichen Haftung (Projet de réforme de la responsabilité civile)475 vorgestellt, der sich aber ausschließlich auf den Bereich der deliktischen Haftung beschränkt; hierzu wurde bis Anfang 2012 eine Konsultation durchgeführt476.
3. Der Vertragsschluss im englischen common law a) Grundlagen aa) Common law In England ist das allgemeine Recht des Vertragsschlusses nach wie vor fast ausschließlich common law. 1965 hatten die Law Commission of England and Wales und die Scottish Law Commission zwar angekündigt477, das Vertragsrecht kodifizieren zu wollen und hatten in der Folgezeit sogar einen kompletten Entwurf, den sog. McGregor-Code478, ausarbeiten lassen. Nachdem sich die Scottish Law Commission dann jedoch 1972 wegen unüberbrückbarer inhaltlicher Differenzen von dem Projekt zurückgezogen hatte479, beschloss 1973 auch die Law Commission of England and Wales, die Arbeiten an dem Projekt einzustellen und sich stattdessen (zunächst) auf die Reform einzelner Aspekte zu konzentrieren480. Bis heute sind in der Tat nur punktuelle Einzelbereiche des allgemeinen Vertragsrechts kodifiziert bzw. gesetzlich geregelt worden, so etwa durch den Misrepresentation Act 1967481, den Minors’ Contracts Act 1987482 oder den Contracts (Rights of Third Parties) Act 475 Projet de réforme de la responsabilité civile. Abrufbar unter http://www.textes.justice.gouv.fr/art_pix/1_proposition_texte_responsabilite_civile_20111018.pdf. 476 Konsultationsseite: http://www.textes.justice.gouv.fr/projets-de-reformes-10179/reforme-de-la-responsabilite-civile-23045.html. 477 Vgl. Law Commission, First Programme of the Law Commission (Law Com No. 1, 1965), p. 6; Scottish Law Commission, First Programme of the Scottish Law Commission (Scot Law Com No. 1, 1965), paras. 10–14; Law Commission/Scottish Law Commission, Codification of the law of contract: a joint project by Scottish Law Commission and the Law Commission to produce a comprehensive code, 1965-66, BC 3/254. Vgl. dazu Diamond (1968) 31 MLR 361 ff.; Hahlo/Gower (1967) 30 MLR 241 ff. 478 Harvey McGregor arbeitete von 1966–1972 an dem Entwurf; die letzte Fassung von 1972 wurde allerdings erst 1993 in Italien veröffentlicht: McGregor, Contract code: drawn up on behalf of the English Law Commission, 1993. 479 Vgl. Scottish Law Commission, Seventh Annual Report 1971-72 (Scot Law Com No 28, 1973), para. 16. Dazu Hahlo (1975) 38 MLR 23, 26 f.; Walker [1973] SLT 119 ff. 480 Vgl. Law Commission, Eight Annual Report 1972-73 (Law Com No. 58, 1973), paras. 3– 5; Lord Gardiner HL Deb 9 July 1973, vol 344, cc624-6WA. Vgl. dazu auch Beatson/Burrows/ Cartwright, Anson’s Law of Contract, 29th ed. 2010, S. 18 (im Folgenden: Anson’s Law of Contract); Cartwright (2009) 17 ERPL 155, 168 f.; Hahlo (1975) 38 MLR 23, 26. 481 1967 c. 7. 482 1987 c. 13.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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1999483. Der hier interessierende Bereich der allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss ist dagegen bis heute reines common law. Es gab zwar insbesondere Vorstöße, in Abkehr von der traditionellen common law-Regel der freien Widerruflichkeit des Angebots484 gesetzlich das Prinzip der firm offer (bindendes Angebot) zu regeln485; diesen war jedoch (bislang) kein Erfolg beschieden486. Im März 2012 hat nun allerdings die Scottish Law Commission ein „Discussion Paper on Formation of Contracts“ vorgelegt, das aufbauend auf einer kritischen Analyse der geltenden Rechtslage sogar bereits einen ersten Entwurf für eine „Formation of Contract (Scotland) Bill“487 enthält, der in weiten Teilen auf dem DCFR und dem CESL-D aufbaut. Die damit eingeleitete Konsultation (die bis Juni 2012 lief) ist zwar nur ein allererster Schritt und betrifft nur (zunächst) nur Schottland. Sollte es allerdings letztlich tatsächlich zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für Schottland oder weitergehend auch für England kommen, würde diese für das englische Recht des Vertragsschlusses in einigen Punkten geradezu „revolutionäre“ Wirkung haben (insbesondere in Bezug auf die Widerruflichkeit des Angebots488, die postal rule489 sowie die Problematik der battle of forms490). bb) Agreement by way of offer and acceptance Ebenso wie im deutschen und französischen Recht ist Grundpfeiler und Kern des Vertrags auch im englischen Recht der Konsens der Parteien (agreement). Das führende Lehrbuch, Treitel on the Law of Contract, definiert: A contract is an agreement giving rise to obligations which are enforceable or recognised by law.491
Fest verankert sind zudem auch im englischen Recht das dogmatische Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme (offer and acceptance)492 und das Erfordernis eines Rechtsbindungswillens (intention of 483
1999 c. 31. S. dazu noch unten B. I.3. a) cc)(2)(b)(dd) speziell mit Fn. 535. Dazu ausf. unten C. VIII.3. a). 485 Law Revision Committee, Sixth Interim Report, Statute of Frauds and the Doctrine of Consideration (1937) Cmd 5449, para. 38; McGregor-Code (Fn. 478), s. 19(1); Law Commission, Law Commission Working Paper No. 60, Firm Offers (Law Com No. 60, 1975). 486 Dazu noch näher unten C. VIII.3. a) aa). 487 Scottish Law Commission, Review of Contract Law. Discussion Paper on Formation of Contract (Scot Law Com No 154, 2012). 488 Vgl. ausf. zum Grundsatz der freien Widerruflichkeit des Angebots im englischen Recht unten C. VIII.3. a). 489 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 490 Vgl. ausf. zur Problematik der battle of forms im englischen Recht unten D. VIII.3. 491 Peel, Treitel on the Law of Contract, 13th ed. 2011 (im Folgenden: Treitel), 1-001. 492 Vgl. nur Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 para. 25 per Dyson LJ: „But the rules which govern the formation of contracts have been long established and they are grounded in the concepts of offer and acceptance.“ („Aber die Regeln über den Vertragsschluss sind 484
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
creating legal relations)493. Beide fanden allerdings erst im 19. Jahrhundert als legal transplants aus den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen Eingang in die englische Rechtsprechung und Lehre.494 cc) Erfordernis eines deed oder einer consideration Für die Verbindlichkeit eines Versprechens verlangt das englische Recht darüber hinaus aber traditionell auch noch, dass es entweder in Form eines deed (d.h. einer besonderen Urkunde) abgegeben wird oder eine consideration existiert.495 Kurz anzumerken ist in diesem Kontext ergänzend, dass promissory estoppel nach englischem Recht496 – anders als z.B. nach US-amerikanischem497 oder seit493Langem etabliert und beruhen auf den Konzepten von Angebot und Annahme“) oder aus dem Schrifttum Furmston/Tolhurst, Contract Formation. Law and Practice, 2010, 1.19: „The traditional method for discovering the existence of an agreement is that of offer and acceptance.“ („Die traditionelle Methode zur Feststellung der Existenz eines Konsenses ist die von Angebot und Annahme.“). 493 Vgl. zum Erfordernis der contractual intention heute ausf. Andrews, Contract Law, 2011, 6.01 ff.; Treitel (Fn. 491), 4-001 ff.; McKendrick, Contract Law, 5th ed. 2012, S. 269 ff. Grundlegend aus der Rechtsprechung: Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256; Heilbut, Symons & Co v Buckleton [1913] AC 30; Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571; vgl. aus jüngerer Zeit etwa Baird Textile Holdings Ltd v Marks & Spencer plc [2001] EWCA Civ 274 sowie (zwar für Singapur, aber sehr prägnant und instruktiv): Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3. 494 Vgl. dazu näher unten B. I.3. b) cc)). 495 Vgl. nur Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 75; Beale (ed.), Chitty on Contracts, 30th ed. 2008 & Third Cumulative Supplement 2011 (im Folgenden: Chitty on Contracts), 3-001; Furmston, Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract, 16th ed. 2012, S. 98 (im Folgenden: Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract); Treitel (Fn. 491), 3-001. 496 Die wesentlichen Voraussetzungen für promissory estoppel nach englischem Recht sind: (1) Ein klares und unmissverständliches Versprechen, (2) reliance, d.h. der Versprechensempfänger hat im Vertrauen darauf in irgendeiner Weise seine Situation verändert, (3) die Rücknahme des Versprechens ist unbillig (inequitable). Grundlegende Leitentscheidungen: Hughes v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 439; Central London Property Trust Ltd v High Trees House Ltd [1947] KB 130; Combe v Combe [1951] 2 KB 215; ausf. zum Ganzen etwa Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 116 ff.; Chen-Wishart, Contract Law, 4th ed. 2012, S. 144 ff.; Koffmann/MacDonald, The Law of Contract, 7th ed. 2010, 5.1 ff.; Treitel (Fn. 491), 3086 ff. m.z.w.N. 497 Vgl. Restatement (Second) of Contracts § 90 (1981): § 90. Promise Reasonably Inducing Action Or Forbearance (1) A promise which the promisor should reasonably expect to induce action or forbearance on the part of the promisee or a third person and which does induce such action or forbearance is binding if injustice can be avoided only by enforcement of the promise. The remedy granted for breach may be limited as justice requires. ((1) Ein Versprechen, von dem der Versprechende vernünftigerweise erwarten kann, dass es seitens des Versprechensempfängers oder eines Dritten eine Handlung oder Unterlassung veranlasst und das tatsächlich eine solche Handlung oder Unterlassung veranlasst, ist bindend, wenn Ungerechtigkeit nur durch die Durchsetzung des Versprechens verhindert werden kann. Der Rechtsbehelf, der für die Verletzung gewährt wird, kann entsprechend den Erfordernissen der Gerechtigkeit begrenzt werden.).
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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australischem Recht498 keine vertraglichen Ansprüche begründen kann; im englischen Recht ist die Doktrin grundsätzlich rein defensiver Natur, sie suspendiert bzw. hindert nur die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs („as a shield and not as a sword“ [„als ein Schild und nicht als ein Schwert“]499). (1) Deed Das common law verlangt für einen wirksamen und bindenden deed, dass die Urkunde signed, sealed and delivered 500 (unterschrieben, gesiegelt und „abgegeben“) ist. Das Siegelerfordernis wurde jedoch inzwischen für eine Vielzahl von Fällen kraft gesetzlicher Regelung abgeschafft501; so sind insbesondere sämtliche deeds einer natürlichen Person heute ohne Siegel gültig (vgl. s. 1(1)(b) Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989502). Das nach wie vor generell geltende503 Erfordernis von delivery verlangt nicht etwa eine physische Übergabe; es genügt vielmehr, dass der Versprechende durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass er sich durch den deed gebunden fühlt, d.h. ein deed kann auch „delivered“ sein, obwohl der Versprechende die Urkunde in seinem Besitz behält504. In der Praxis spielen deeds vor allem eine Rolle bei der Übertragung von Grundeigentum oder Rechten an Grundeigentum (hier ist ein deed gem. s. 52(1) Law of Property Act 1925505 zwingendes gesetzliches Wirksamkeitserfordernis)506, bei Bauverträgen507, bei Spenden an wohltätige Organisationen 498 Näher zur US-amerikanischen Doktrin etwa: Hunter, Modern Law of Contracts, 2011, § 6:11 ff. m.z.w.N. 498 Vgl. die Leitentscheidung Waltons Stores (Interstate) Ltd v Maher (1988) 164 CLR 387. 499 Vgl. grundlegend Combe v Combe [1951] 2 KB 215 at 224; aus jüngerer Zeit etwa: Newport City Council v Charles [2008] EWCA Civ 1541 at 27 per Laws LJ: „it is settled law that such an estoppel is a shield only and cannot found a cause of action“ („es ist anerkanntes Recht, dass ein solcher estoppel nur ein Schild ist und keine Klage begründen kann.“). 500 Vgl. Longman v Viscount Chelsea (1989) 58 P. & C.R. 189; Alan Estates Ltd v WG Stores Ltd [1982] Ch 511; Vincent v Premo Enterprises (Voucher Sales) [1969] 2 QB 609; Xenos v Wickham (1867) LR 2 HL 296; R v Henry Fauntleroy (1824) 168 ER 1182; Roe on the demise of Wilkinson v Tranmarr (1757) 125 ER 1383; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 76. 501 Näher Treitel (Fn. 491), 3-170. 502 1989 c. 34. 503 Vgl. insbesondere auch s. 1(3)(b) Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989. 504 Vgl. Doe d. Garnons v Knight (1826) 5 B & C 671, 108 E.R. 250; Xenos v Wickham (1867) LR 2 HL 296; Macedo v Stroud [1922] 2 AC 330; Beesly v Hallwood Estates Ltd [1960] 1 WLR 549; Vincent v Premo Enterprises (Voucher Sales) [1969] 2 QB 609; Longman v Viscount Chelsea (1989) 58 P. & C.R. 189; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 78; McKendrick (Fn. 493), S. 260; Treitel (Fn. 491), 3-172. 505 1925 c. 20. 506 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 78; McKendrick (Fn. 493), S. 267. 507 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 40 f. (Grund ist hier offenbar vor allem die im Vergleich zum einfachen Vertrag doppelt so lange Verjährungsfrist im Falle eines deed [12 Jahre gem. s. 8(1) Limitation Act 1980 statt 6 Jahre gem. s. 5(1) Limitation Act 1980]).
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oder Bildungseinrichtungen508, sowie in Fällen, in denen zweifelhaft ist, ob eine hinreichende consideration existiert509. (2) Consideration Alle nicht in Form eines deeds abgegebenen Versprechen bedürfen zu ihrer Verbindlichkeit der Existenz einer consideration. Dieses für das englische Vertragsrecht traditionelle und prägende Rechtsinstitut ist in seiner Bedeutung und Funktion allerdings bis heute ähnlich schillernd und umstritten wie die cause im französischen Recht entgegen vereinzelter Behauptungen im rechtsvergleichenden Schrifttum510 sind beide aber ungeachtet punktueller funktionaler Kongruenzen keineswegs gleichzusetzen511. (a) Grundgedanke und Definition Die konstruktiven Unschärfen und doktrinellen Kontroversen beginnen bereits bei der Definition der consideration. Konzeptionelle Basis und Ausgangspunkt der consideration-Doktrin ist der Gedanke der Gegenseitigkeit (reciprocity)512: Damit ein Versprechen verbindlich ist, muss etwas hingegeben werden, das im rechtlichen Sinne einen gewissen Wert hat („something which is of some value in the eyes of the law“513). Als „klassische“ Definition514 gilt heute diejenige von Lush J in Currie v Misa515 aus dem Jahr 1875: A valuable consideration, in the sense of the law, may consist either in some right, interest, profit or benefit accruing to the one party, or some forbearance, detriment, loss, or responsibility, given, suffered, or undertaken by the other. [Eine werthaltige consideration, im rechtlichen Sinne, kann entweder in einem Recht, Anspruch, Gewinn oder Vorteil, das/der einer Partei zuwächst, bestehen, oder in einem Unterlassen der anderen Partei bzw. einem Nachteil oder einem Verlust, welchen diese erleidet oder in einer Verantwortung, welche diese übernimmt.]
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Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 78; McKendrick (Fn. 493), S. 260. Vgl. McKendrick (Fn. 493), S. 260. 510 So etwa Henry (1941) 29 Ky. L. J. 369. 511 Vgl. Bucher ZVglRWiss 105 (2006) 164, 182 ff.; Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 145 f.; De Moor (1986) 6 OJLS 275, 281 ff.; Gordley (Fn. 82), S. S. 137; Markesinis (1978) 37 CLJ 53 ff.; Mason (1941) 41 Colum. L. Rev. 825 ff. 512 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 91; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 105 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-002; Treitel (Fn. 491), 3-002. 513 So die berühmte Formulierung in Thomas v Thomas (1842) 2 QB 851 at 859. 514 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 91; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-004; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.6; McKendrick (Fn. 493), S. 147; Treitel (Fn. 491), 3-004; darauf Bezug nehmend auch schon Pollock, Principles of Contract at Law and in Equity, 1st ed., 1876, S. 147. 515 Currie v Misa (1875) LR 10 Ex 153 at 162. 509
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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(b) Einzelheiten Diese „klassische“ Definition spiegelt freilich die heutige Komplexität und die Vielzahl von Verästelungen und Ausziselierungen der consideration-Doktrin, welche die Gerichte und die englische Lehre im Verlauf der letzten Jahrhunderte entwickelt haben, nur völlig unzureichend wider. Das dogmatische Konstrukt der consideration-Doktrin ist heute derart komplex, subtil und facettenreich516, dass auch die folgende Darstellung sich unweigerlich auf die zentralen und wichtigsten Eckpunkte und Leitlinien beschränken muss; auf bestimmte, für Einzelprobleme des Vertragsschlusses relevante Detailaspekte wird aber später noch genauer zurückzukommen sein. (aa) Benefit or detriment Zunächst einmal genügt es, wenn entweder ein benefit (Vorteil) auf Seiten des Versprechensempfängers517 oder ein detriment (Nachteil) auf Seiten des Versprechenden518 existiert519; es ist also nicht etwa beides oder gar eine Art „Stoffgleichheit“ von beidem erforderlich. (bb) Executed und executory consideration Dabei muss die consideration nicht unbedingt in einem act (Handeln) oder forbearance (Unterlassen) bestehen (sog. executed consideration) (Bsp.: Zahlung durch den Käufer als consideration für das Lieferversprechen des Verkäufers). Ausreichend ist vielmehr auch ein bloßes Versprechen, sofern seine Erfüllung „good consideration“ wäre.520 Auch wechselseitige Versprechen (mutual promises) können also consideration füreinander sein521; in diesem Fall spricht man von einer sog. executory consideration522.
516 Vgl. etwa von Mehren (1959) 72 Harv. L. Rev. 1009: „complex and subtle“ („komplex und subtil“); Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-001 und Treitel (Fn. 491), 3-001: „a complex and multifarious body of rules“ („ein komplexes und facettenreiches Regelgebilde“); Zweigert/ Kötz (Fn. 293), S. 384: „äußerst komplexen und vielschichtigen Gebilde“. 517 Vgl. Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1 at 16; Edmonds v Lawson [2000] QB 501 at 515; De la Bere v Pearson [1908] 1 KB 280; Alliance Bank Ltd v Broom (1864) 2 Dr & Sm 289 at 292. 518 Vgl. O’Sullivan v Management Agency and Music Ltd [1985] 2 QB 428 at 459; Re Dale [1994] Ch 31. 519 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 92; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 113; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-005; McKendrick (Fn. 493), S. 148; Treitel (Fn. 491), 3-005. 520 Vgl. Thorp v Thorp (1702) 12 Mod 454 at 457 ff.; Re Dale [1994] Ch 31 at 38; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 102; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-008; Treitel (Fn. 491), 3-008. 521 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 95; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 102; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-008 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.11; Treitel (Fn. 491), 3-008. 522 Vgl. zur Differenzierung zwischen executed und executory consideration: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 95; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 113; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 102; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.10, 4.11.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
(cc) Keine past consideration Eine hinreichende consideration liegt grundsätzlich nicht vor, wenn ein Versprechen später im Gegenzug für eine in der Vergangenheit liegende Leistung abgegeben wird (sog. past consideration).523 Ob im Einzelfall eine past consideration vorliegt, ist letztlich eine Tatsachenfrage, bei der es sofern consideration und Versprechen im Wesentlichen eine einheitliche Transaktion darstellen auch nicht unbedingt strikt auf die zeitliche Reihenfolge ankommt.524 Zudem ist ausnahmsweise auch eine in der Vergangenheit liegende Handlung good consideration, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Die Handlung erfolgte auf Verlangen des Versprechenden, (2) die Parteien gingen übereinstimmend davon aus, dass die Handlung vergütet würde, und (3) wenn die Zahlung im Vorhinein versprochen worden wäre, wäre sie durchsetzbar gewesen.525 Daneben existieren für bestimmte Fälle aber auch gesetzliche Ausnahmen.526 (dd) Die consideration muss vom Versprechensempfänger stammen Weiterhin muss die consideration für ein Versprechen vom Versprechensempfänger stammen („consideration must move from the promisee“), d.h. der Versprechensempfänger kann das ihm gegenüber abgegebene Versprechen nur durchsetzen, wenn er selbst (und nicht ein Dritter) die consideration dafür geleistet hat.527 Es ist andererseits aber nicht erforderlich, dass die consideration dem Versprechenden zugutekommt.528 523 Grundlegend: Eastwood v Kenyon (1840) 11 Ad & E 438 (Vormund hatte Geld geliehen, um die Kosten für den Unterhalt seines minderjährigen Mündels zu bestreiten; nachdem diese volljährig geworden war und geheiratet hatte, versprach ihr Ehemann, den Vormund von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Darlehensgeber zu befreien); vgl. ferner insbesondere auch Dent v Bennett (1839) 4 My & Cr 269; Roscorla v Thomas (1842) 3 QB 234; näher zum Ganzen: Andrews (Fn. 493), 5.21 ff.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 95 ff.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 109 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 102 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-026; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.12 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 199 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-017 ff. 524 Vgl. Thornton v Jenyns (1840) 1 Man & G 166; Tanner v Moore (1846) 9 QB 1; Westminster City Council v Duke of Westminster [1991] 4 All ER 136; Classic Maritime Inc v Lion Diversified Holdings bhd [2010] 1 CLC 445; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 110; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-027; McKendrick (Fn. 493), S. 204; Treitel (Fn. 491), 3-018. 525 Pao On v Lau Yiu Long [1980] AC 614; Andrews (Fn. 493), 5.23; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 97; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-029 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 207; Treitel (Fn. 491), 3-019. 526 S. 27(1)(b) Bills of Exchange Act 1882 (1882 c. 61); s. 29(5), (7) Limitation Act 1980 (1980 c. 58). Vgl. dazu Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-034 f.; Treitel (Fn. 491), 3-022. 527 Vgl. Barber v Fox (1669) 2 Wms Saund 136; Thomas v Thomas (1842) 2 QB 851 at 859; Tweddle v Atkinson (1861) 1 B & S 393 at 398 f.; South Caribbean Trading Ltd („SCT“) v Trafigura Beheer BV („Trafigura“) [2004] EWHC (Comm) 2676 at para. 108; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 98 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 105; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-036; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.22; McKendrick (Fn. 493), S. 208; Treitel (Fn. 491), 3-023. 528 Vgl. Re Wyvern Developments [1974] 1 W.L.R. 1097 at 1102; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-039; McKendrick (Fn. 493), S. 208; Treitel (Fn. 491), 3-024.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Die Regel „consideration must move from the promisee“ ist eng verwandt mit der privity of contract-Doktrin, wonach ein Vertrag grundsätzlich nur den Vertragsparteien Rechte gewähren bzw. Pflichten auferlegen kann529. Speziell in der älteren Judikatur wird häufig nicht klar zwischen beiden differenziert530, führen sie doch häufig zum selben Ergebnis und werden im Schrifttum daher teils sogar als identisch angesehen531. Ganz überwiegend werden sie heute aber als zwei separate Rechtsprinzipien qualifiziert. 532 Zu Recht, wie folgendes Beispiel von Treitel533 illustriert: Wenn Vater V seiner Tochter T verspricht, dass er jedem, der sie heiratet, 1000 £ zahlt und M die T dann in Kenntnis und im Vertrauen auf dieses Versprechen heiratet, so mag er zwar consideration geleistet haben, aber er könnte das Versprechen nach common law nicht durchsetzen, weil er nicht der Versprechensempfänger (d.h. Vertragspartei) war. Die privity of contract-Doktrin ist inzwischen freilich, wie hier nur kurz angemerkt sei, selbst durch eine Vielzahl im Wege richterlicher Rechtsfortbildung und legislatorischer Eingriffe534 geschaffener Ausnahmen und Sonderregeln „durchlöchert“, so insbesondere den Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999535. 529
Ausf. dazu etwa nur Treitel (Fn. 491), 14-004 ff. m.z.w.N. Vgl. etwa Price v Easton (1833) 4 B & Ad 433 at 434; Tweddle v Atkinson (1861) 1 B & S 393 at 398 f. 531 So etwa Flannigan (1987) 103 LQR 564, 568 f.; Furmston (1960) 23 MLR 373, 382 ff.; Samuels (1968) 8 UWAL 378, 383. 532 Vgl. Dunlop Pneumatic Tyre Co Ltd v Selfridge and Co Ltd [1915] AC 847 at 853 per Viscount Haldane LC („two principles“ [„zwei Prinzipien“]); Kepong Prospecting Ltd v Schmidt [1968] AC 810 at 824, 826 f. (separate Diskussion der beiden Prinzipien); Uddin v Ahmed [2001] EWCA Civ 204 at para. 20 per Buxton LJ (vgl. dazu bereits o. Fn. 532); Law Revision Committee (Fn. 485), para. 37; Law Commission, Consultation Paper: Privity of Contract: Contracts for the Benefit of Third Parties (Law Com. 121, 1991), paras. 2.5 ff.; Law Commission, Privity of Contract: Contracts for the Benefit of Third Parties (Law Com No. 242, 1996), paras. 6.1 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 106 ff.; Koffmann/ MacDonald (Fn. 496), 18.48 ff.; Treitel (Fn. 491), 14-104. 533 Treitel (Fn. 491), 14-014. Das Beispiel beruht auf der Entscheidung Uddin v Ahmed [2001] EWCA Civ 204: In einem Ehevertrag war festgelegt, dass der Ehemann im Falle einer Auflösung der Ehe eine Entschädigung i.H.v. 100 000 £ zahlen sollte; nachdem die Ehe geschieden worden war, klagte die Mutter der Ehefrau gegen den Ehemann auf Zahlung. Die Klage wurde abgewiesen, weil die Mutter nicht Vertragspartei war. Interessant insoweit das dictum von Buxton LJ (para. 20): „… a number of other points, one of which was whether the absence of consideration on the part of the mother-in-law prevented her from suing on the document. But that point does not arise, of course, if she is not a party to it at all“ („… eine Reihe weiterer Punkte, von denen einer war, ob die fehlende Leistung einer consideration durch die Schwiegermutter sie darin hindert, aus dem Dokument zu klagen. Aber diese Frage stellt sich natürlich gar nicht, wenn sie gar nicht Vertragspartei ist“). 534 Überblick bei Treitel (Fn. 491), 14-077 ff. m.z.w.N. 535 1999 c. 31. Nach s. 1(1) kann auch ein Dritter eine Vertragsbestimmung durchsetzen, wenn entweder (a) der Vertrag dies explizit vorsieht oder (b) die Vertragsbestimmung den Anschein erweckt, dass ihm eine Begünstigung gewährt werden soll. Nach s. 1(2) gilt (b) allerdings nicht, wenn es bei richtiger Auslegung des Vertrags deutlich wird, dass die Parteien nicht wollten, dass der Dritte die Vertragsbestimmung durchsetzen können sollte. Näher zum Ganzen 530
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
(ee) Consideration muss nicht „angemessen“ sein Zu betonen ist weiterhin, dass die consideration nicht etwa im wirtschaftlichen Sinne adequate („angemessen“) sein muss.536 Die Gerichte prüfen grundsätzlich nicht, ob die Parteien einen im wirtschaftlichen Sinne „fairen“ Vertrag (good bargain) gemacht haben; dies ist vielmehr prinzipiell ausschließlich der privatautonomen Beurteilung der Parteien überlassen.537 Natürlich gibt es auch im englischen Recht Regeln für Fälle von Irrtum (mistake538), Täuschung (misrepresenation539), Zwangslage (duress540), unzulässige Beeinflussung (undue influence541) oder sittenwidrige Verträge (unconscionable bargains542) etc.; wenn aber kein derartiger Sonderfall vorliegt, sondern der Vertrag „normal“ zustande kommt, ist es ausschließlich und allein Sache der Parteien, die „Angemessenheit“ der consideration zu beurteilen.543 Wenn die Parteien sich insoweit einig sind, genügt dementsprechend auch eine sog. nominal consideration (nominelle consideration)544, im Extremfall das berühmte peppercorn (Pfeffer-
536 etwa: Treitel (Fn. 491), 14-090 ff.; s. ferner etwa speziell auch Andrews (2001) 60 CLJ 353 ff.; Bridge (2001) 5 Edin. L. R. 85 ff.; Dean [2000] JBL 143 ff.; MacMillan (2000) 63 MLR 721 ff.; Roe (2000) 63 MLR 887 ff.; Stevens (2004) 120 LQR 292 ff. sowie Merkin (ed.), Privity of Contract: The Impact of the Contracts (Rights of Third Party Acts), 2000; rechtsvergleichend: Peter, Verträge zugunsten Dritter im englischen und deutschen Recht unter Berücksichtigung des Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999, 2001; Rösch, Vertragliche Ansprüche Dritter in England und Deutschland, 2006. 536 Vgl. Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 179; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 99; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 110; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-014; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.23; Treitel (Fn. 491), 3-013. 537 Vgl. prägnant Bolton v Madden (1873) LR 9 QB 55 at 57 per Blackburn J.: „the adequacy of the consideration is for the parties to consider at the time of making the agreement, not for the Court when it is sought to be enforced“ („Mit der Angemessenheit der consideration müssen sich die Parteien zum Zeitpunkt der Vereinbarung befassen, nicht das Gericht, wenn die Vereinbarung durchgesetzt werden soll“). Vgl. weiter Haigh v Brooks (1840) 10 Ad & E 309 at 320; Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 271; Wild v Tucker [1914] 3 KB 36 at 39; Brady v Brady [1989] AC 755 at 775; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 99; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 110; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-014; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.10, 4.23; McKendrick (Fn. 493), S. 148; Treitel (Fn. 491), 3013. 538 Vgl. dazu ausf. etwa Treitel (Fn. 491), 8-001 ff. m.z.w.N. 539 Vgl. dazu ausf. etwa Treitel (Fn. 491), 9-001 ff. m.z.w.N. 540 Vgl. dazu ausf. etwa Treitel (Fn. 491), 10-001 ff. m.z.w.N. 541 Vgl. dazu ausf. etwa Treitel (Fn. 491), 10-012 ff. m.z.w.N. 542 Vgl. dazu ausf. etwa Treitel (Fn. 491), 10-042 ff. m.z.w.N. 543 Prägnant etwa Lloyds Bank Ltd v Bundy [1975] QB 326 at 336 per Lord Denning MR: „No bargain will be upset which is the result of the ordinary interplay of forces.“ („Kein Geschäft, das Ergebnis des gewöhnlichen Zusammenspiels der Kräfte ist, wird umgestoßen.“). Vgl. weiter Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 99 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-014; Treitel (Fn. 491), 3-013. 544 Vgl. Andrews (Fn. 493), 5.19; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 100; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-018; McKendrick (Fn. 493), S. 149; Treitel (Fn. 491), 3-014.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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korn) als Mietzins545. Ein anschauliches und gern zitiertes546 Beispiel aus neuerer Zeit ist etwa der Fall Chappell & Co Ltd v Nestle Co Ltd547, in dem die Mehrheit der Richter des House of Lords selbst drei leere Schokoladenverpackungen (wenn auch nur zusammen mit einer bestimmten Geldsumme) als ausreichende consideration für die Lieferung einer Schallplatte548 ansah. (ff) Erfordernis eines gewissen Werts Der Verzicht auf eine Angemessenheitsprüfung eröffnet freilich unzweifelhaft ein gewisses Umgehungspotenzial.549 Rechtsprechung und Lehre ziehen hier jedoch zumindest insofern Schranken, als die consideration – wie bereits oben550 dargelegt im rechtlichen Sinn einen gewissen Wert haben muss („something which is of some value in the eyes of the law“551). (i) Wirtschaftlicher Wert Erforderlich ist insoweit ein – wenn auch im weitesten Sinne – wirtschaftlicher Wert (economic value).552 Die Grenzziehung ist insofern allerdings fließend und die Rechtsprechung insgesamt uneinheitlich nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil speziell insoweit – zumindest latent – häufig auch Gerechtigkeitsaspekte und rechtspolitische Erwägungen eine Rolle spielen553. Nicht aus545 Vgl. etwa schon Barker v Keat (1677) 2 Modern 249 (Pfefferkorn als consideration für die Pacht von Land); Blackstone, Commentaries on the Law of England, Book II, 1766, p. 440: „… in case of leases, always reserving a rent, though it be but a peppercorn: any of which considerations will, in the eye of the law, convert the gift, if executed, into a grant; if not executed, into a contract.“ („… im Falle einer Pacht, wird immer ein Pachtzins vereinbart, auch wenn es nur ein Pfefferkorn sein mag: jede dieser considerations macht die Hingabe in den Augen des Gesetzes, sofern sie ausgeführt wird, zu einer Übertragung, sofern sie nicht ausgeführt wird, zu einem Vertrag.“) 546 Vgl. etwa Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 93, 99; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 114 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-016; McKendrick (Fn. 493), S. 149 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-032. 547 Chappell & Co Ltd v Nestle Co Ltd [1960] AC 87. 548 Nestlé hatte angeboten, jedem der einen Betrag von 1s. 6d. zusammen mit 3 Verpackungen Nestlé Milchschokolade einsandte, eine bestimmte Schallplatte zu schicken (der gewöhnliche Preis für eine Schallplatte betrug damals 6s. 6d.). 549 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 117, 119; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-010; Treitel (Fn. 491), 3-009. S. weiterhin insbesondere auch die Einleitung zum McGregor-Code (Fn. 478), S. 3: „That no attention should be paid to the adequacy of the consideration … gave a simple means for the evasion of the consideration doctrine“ („Das die Angemessenheit der consideration nicht berücksichtigt werden sollte … lieferte eine einfache Methode, um die considerationDoktrin zu umgehen“) sowie Law Revision Committee (Fn. 485), para. 21: „the so-called „nominal“ consideration – a peppercorn or the like – is merely a pretence adopted to render a gratuitous promise enforceable“ („die sog. „nominelle“ consideration – ein Pfefferkorn oder Ähnliches ist lediglich ein Vorwand, der angewandt wird, um ein unentgeltliches Versprechen durchsetzbar zu machen“). S. ferner auch die Nachweise unten in Fn. 769. 550 Vgl. oben B. I.3. a) cc)(2)(a). 551 So die berühmte Formulierung in Thomas v Thomas (1842) 2 QB 851 at 859. 552 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-022; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.27; Treitel (Fn. 491), 3-027. 553 Vgl. nur Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.28.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
reichend ist jedenfalls bloße familiäre bzw. „natürliche Zuneigung“554. Andererseits wurde aber z.B. in einem Fall, in dem eine Mutter dem Vater versprach, dafür zu sorgen, dass das gemeinsame Kind „gut betreut und glücklich“ war, eine hinreichende consideration bejaht555.556 (ii) Nicht völlig illusorisch Weiterhin darf die consideration jedenfalls nicht völlig illusory (illusorisch) sein557; dies ist etwa der Fall, wenn die Erfüllung des Versprechens unmöglich ist558 oder völlig im Belieben des Versprechenden steht559, oder wenn der Versprechende den Akt oder die Unterlassung ohnehin ausgeführt hätte560. (iii) Insbesondere: Forderungs- bzw. Klageverzicht und Vergleich Eine hinreichende consideration liegt dagegen anerkanntermaßen vor, wenn jemand – speziell im Wege eines Vergleichs auf eine berechtigte Forderung bzw. deren klageweise Geltendmachung verzichtet561 oder diese 554 Vgl. Bret v JS (1600) Cro Eliz 756 („natural affection of itself is not a sufficient consideration“ [„natürliche Zuneigung an sich ist keine hinreichende consideration“]); Mansukhani v Sharkey (1992) 24 HLR 600 (Übertragung „in consideration of mutual love and affection“ [„in Anbetracht gegenseitiger Liebe und Zuneigung“] spricht maßgeblich für Schenkung). Vgl. ferner auch North Ocean Shipping Co v Hyundai Construction Co (The Atlantic Baron) [1979] QB 705 at 714 per Mocatta J. (zusätzliche Zahlung „to maintain an amicable relationship“ [„um ein freundschaftliches Verhältnis zu erhalten“] keine hinreichende consideration) sowie White v Bluett (1853) 23 L J Ex 36 (Versprechen des Sohnes, den Vater nicht mit Beschwerden zu nerven, keine hinreichende consideration) 555 Ward v Byham [1956] 1 WLR 496. Vgl. dazu etwa Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.28; Treitel (Fn. 491), 3-046. 556 Vgl. ferner etwa auch die australische Entscheidung Dunton v Dunton (1892) 18 VLR 114 (Ehemann versprach seiner Frau die Zahlung von Unterhalt, solange sie „with sobriety, and in a respectable, orderly, and virtuous manner“ [„mit Besonnenheit, und in einer respektablen, gesitteten und tugendhaften Weise“] auftrat und keine Handlungen vornahm, die sie oder ihn zum Gegenstand von „hate, contempt, or ridicule“ [„Hass, Verachtung oder Lächerlichkeit“] machten) oder die US-amerikanische Entscheidung Hamer v Sidway 124 N.Y. 538 (1891) (Onkel versprach seinem Neffen 5000 $, wenn er bis zu seinem 21. Geburtstag darauf verzichtete, Alkohol zu trinken, Tabak zu benutzen, zu fluchen und für Geld Karten und Billard zu spielen). 557 Vgl. Andrews (Fn. 493), 5.19; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 101; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 120; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-023; Treitel (Fn. 491), 3-014. 558 Vgl. Hall v Cazenove (1804) 4 East 477; Lord Clifford v Watts (1870) LR 5 CP 577; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 102; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-023; Treitel (Fn. 491), 3-028. 559 Vgl. Wickham & Burton Coal Co v Farmers’ Lumber Co 179 N.W. 417 (1923); Stabilad Ltd v Stephens & Carter Ltd [1999] EWCA Civ 1478; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 102; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 136; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-025; Treitel (Fn. 491), 3-030. 560 Vgl. Arrale v Costain Civil Engineer [1976] 1 Lloyd’s Rep 98; cf. also Birmingham City Council v Forde [2009] 1 WLR 2732 at para. 96; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-024; Treitel (Fn. 491), 3-029. 561 Vgl. Greene v Church Commissioners for England [1974] Ch 467; G & N Angelakis Shipping Co SA v Compagnie National Algerienne de Navigation (The Attika Hope) [1988] 1 Lloyd’s Rep 439 at 442 (Verzicht auf Klage gegen Dritten); Anson’s Law of Contract (Fn. 480),
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stundet562. Dahinter steht nicht zuletzt auch die rechtspolitische Erwägung, dass die Vermeidung von Prozessen im öffentlichen Interesse liegt.563 Eine hinreichende consideration wird denn auch dann bejaht, wenn die Forderung zweifelhaft ist564 oder wenn die Forderung zwar objektiv unberechtigt ist, der Forderungsinhaber aber in redlicher Weise darauf vertraut, dass er eine reelle Erfolgsaussicht hat565 (nicht aber, wenn er weiß, dass die Forderung unberechtigt ist566). (iv) Insbesondere: Erfüllung einer bereits bestehenden Verpflichtung Aus kontinentaleuropäischer Perspektive besonders markant wenn nicht gar skurril567 sind die Konsequenzen der consideration-Doktrin für Fälle, in denen eine Person bereits aus einem anderen rechtlichen Grund dazu verpflichtet ist, das, was sie als (vermeintliche) consideration erbringt bzw. verspricht, zu tun (pre-existing duty). Zu differenzieren sind insoweit drei Fallgruppen: (1) Gesetzliche Verpflichtung, (2) vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Versprechenden, (3) vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten.568 562 S. 103; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 120 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 111 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-047 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.31; Treitel (Fn. 491), 3-034. 562 Vgl. Crowther v Farrar (1850) 15 QB 677; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 112; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-047; Treitel (Fn. 491), 3-034. 563 Vgl. Andrews (Fn. 493), 5.20; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 102 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 121; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 112; Koffmann/ MacDonald (Fn. 496), 4.31; Treitel (Fn. 491), 3-038. 564 Vgl. Haigh v Brooks (1839) 10 Ad & E 309; Colchester BC v Smith [1992] Ch 421; Colonia Versicherung AG v Amoco Oil Co (The Wind Star) [1995] CLC 51; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 121; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 112 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-051; Treitel (Fn. 491), 3-037. 565 Vgl. Cook v Wright (1861) 1 B & S 559; Callisher v Bischoffsheim (1870) LR 5 QB 449; Miles v New Zealand Alford Estate Co (1886) LR 32 Ch D 266 at 283 f.; Holsworthy Urban District Council v Rural District Council of Holsworthy [1907] 2 Ch 62; Horton v Horton (No 2) [1961] 1 QB 215; Freedman (t/a John Freedman & Co) v Union Group Plc [1997] EWCA Civ 1153; Andrews (Fn. 493), 5.20; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 103; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 121; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 112 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-052 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.32; Treitel (Fn. 491), 3-038. 566 Vgl. Wade v Simeon (1846) 2 CB 548 at 564 per Tindal CJ: „It is almost contra bonos mores, and certainly contrary to all the principles of natural justice, that a man should institute proceedings against another, when he is conscious that he has no good cause of action“ („Es verstößt fast gegen die guten Sitten und zweifellos gegen alle Prinzipien des Naturrechts, dass ein Mann gegen einen anderen gerichtlich vorgehen sollte, wenn ihm bewusst ist, dass er keinen berechtigten Klagegrund hat“); Borelli v Ting [2010] UKPC 21 at para. 41 per Lord Saville; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 103; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 121; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 112 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-050; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.32; Treitel (Fn. 491), 3-036, 3-038. 567 Vgl. auch Ranieri (Fn. 38), S. 88 („befremdlichen Lösungen“). 568 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 104; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 122; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 119 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3061 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.34; McKendrick (Fn. 493), S. 158; Treitel (Fn. 491), 3-044 ff.
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Sofern es sich um eine gesetzliche Verpflichtung (duty imposed by law) handelt, wird die Vornahme der entsprechenden Handlung bzw. das Versprechen, dies zu tun, traditionell569 nicht als hinreichende consideration angesehen.570 Die konventionelle Begründung hierfür lautet, dass es auf Grund der ohnehin bestehenden gesetzlichen Verpflichtung an einer Einbuße seitens des Betreffenden fehlt.571 Bei näherer Betrachtung stehen hinter der Verneinung einer hinreichenden consideration aber ganz maßgeblich auch rechtspolitische Erwägungen: Wer „nur“ eine gesetzliche Verpflichtung erfüllt, soll hierfür nicht noch eine zusätzliche Entlohnung von einem Dritten verlangen können.572, 573 Wenn der Betreffende jedoch mehr tut, als das, wozu er gesetzlich verpflichtet 569
Die Regel blieb allerdings nicht ohne Kritik. So monierte etwa schon das Law Revision Committee in seinem Bericht von 1937, dass sie zu Härten führen könne (vgl. Law Revision Committee [Fn. 485], para. 23). Erfolglos blieb auch ein in den 1950er Jahren unternommener Vorstoß des renommierten Lord Denning, der in zwei Entscheidungen ausdrücklich und dezidiert erklärte, dass die Erfüllung einer bereits bestehenden Verpflichtung oder das Versprechen, dies zu tun, als hinreichende consideration anzusehen sei; vgl. Ward v Byham [1956] 1 WLR 496 at 498; Williams v Williams [1957] 1 WLR 148 at 151. 570 Vgl. Wathen v Sandys (1811) 2 Camp 640 (Zahlungsversprechen an Sheriff für Tätigkeiten, die zu seinem Pflichtenkreis gehörten); Bilke v Havelock (1813) 3 Camp 374 (kein Anspruch des Sheriffs auf Erstattung der Kosten für Beschlagnahme und Aufbewahrung von Gütern, da dies zu seinen Pflichten gehört); Morgan v Palmer (1824) 2 B & C 729 (Friedensrichter kann für die Bewilligung einer Lizenz kein Gebühr verlangen); Collins v Godefroy (1831) 1 B & Ad 950 (Anwalt, der als Zeuge in einem Zivilprozess auftritt, hat gegen die ladende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung); Thorensen Car Ferries Ltd v Weymouth Portland Borough Council [1977] 2 Lloyd’s Rep 614 at 619 (Versprechen der Zahlung von Hafengebühren, zu deren Zahlung eine gesetzliche Verpflichtung besteht, keine hinreichende consideration); Andrews (Fn. 493), 5.25; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 105; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 122 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 119; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-062; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.36; McKendrick (Fn. 493), S. 160; Treitel (Fn. 491), 3-044 f. 571 Vgl. Andrews (Fn. 493), 5.25; Treitel (Fn. 491), 3-043. 572 Vgl. Bilke v Havelock (1813) 3 Camp 374 at 375 per Lord Ellenborough: „The office of sheriff would become a very lucrative one, if he could maintain an action for every individual attempt by his officers to execute a writ“ („Das Amt eines Sheriffs würde ein sehr lukratives werden, wenn er für jeden einzelnen Versuch einer seiner Beamten, einen writ [gerichtliche Verfügung] durchzusetzen, einen Anspruch hätte“); Glasbrook Brothers Limited v Glamorgan County Council [1925] AC 270 at 290 per Viscount Finlay: „… it is against public policy that the performance of public duty shall be a matter of private purchase, and … a promise or agreement to pay, accepted from a citizen in times of nervous alarm or anxiety, fails in legality on the ground of duress“ („… es widerspricht der öffentlichen Ordnung, dass die Erfüllung einer öffentlichen Pflicht käuflich erworben werden kann, … und ein Zahlungsversprechen eines oder eine Zahlungsvereinbarung mit einem Bürger, das/die in einem Zustand aufgeregten Schrecks oder Beunruhigung zustande kommt, ist auf Grund von duress [Bestehen einer Zwangslage] rechtswidrig“); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 105 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 122 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-062; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.37; McKendrick (Fn. 493), S. 165; Treitel (Fn. 491), 3-044. 573 Die gesamte Problematik weist insofern gewisse Parallelen zur Problematik des auchfremden Geschäfts bzw. des pflichtengebundenen Geschäftsführers bei der GoA im deutschen Recht auf.
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ist, so kann anderseits aber konsequenterweise eine hinreichende consideration vorliegen.574 Die zweite Fallgruppe vorbestehende vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Versprechenden (duty imposed by contract with promisor) gehört bis heute zu den umstrittensten Aspekten der consideration-Doktrin. Ausgangspunkt ist die Leitentscheidung Stilk v Myrick aus dem Jahr 1809575: Nachdem zwei Matrosen desertiert waren, hatte der Kapitän dem Rest der Crew versprochen, den Lohn der Deserteure unter ihnen aufzuteilen. Dieses Versprechen wurde als nicht bindend qualifiziert. Hinsichtlich der ratio decidendi konfligieren die beiden existierenden law reports allerdings:576 Während es in einem (der in der Folgezeit zumeist zu Grunde gelegt wurde) klar heißt, dass die Vereinbarung „void for want of consideration“ (mangels consideration nichtig) sei577, deutet der andere eher darauf hin, dass Gründe der öffentlichen Ordnung bzw. rechtspolitische Erwägungen ausschlaggebend waren (nämlich die Gefahr, dass die Verbindlichkeit derartiger Versprechen Seeleuten einen Anreiz geben könnte, mitten auf einer Seereise die Weiterarbeit zu verweigern, sofern sie nicht mehr Geld erhalten, und sie so den Kapitän/Eigner in eine Zwangslage bringen könnten)578. Obgleich das englische Recht zwischenzeit574
Vgl. Glasbrook Brothers Limited v Glamorgan County Council [1925] AC 270 (Mineneigentümer versprachen Bezahlung für einen höheren Grad an Polizeischutz als die Polizei vernünftigerweise für notwendig hielt); Ward v Byham [1956] 1 WLR 496 at 498 f. per Morris LJ (Mutter versprach im Gegenzug für Unterhaltsleistungen dafür zu sorgen, dass das gemeinsame Kind „gut betreut und glücklich“ war und dass das Kind selbst entscheiden können sollte, ob es mit ihr leben wolle); Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 119 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-063; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.38; McKendrick (Fn. 493), S. 164; Treitel (Fn. 491), 3-046. 575 Stilk v Myrick (1809) 2 Camp 317 = (1809) 6 Esp 129. 576 Vgl. dazu näher Andrews (Fn. 493), 5.38 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 126; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-066; McKendrick (Fn. 493), S. 167 ff.; Luther (1999) 19 LS 526 ff.; s. ferner auch Treitel (Fn. 491), 3-048 (speziell Fn. 238). 577 Stilk v Myrick (1809) 2 Camp 317: „… the agreement is void for want of consideration. There was no consideration for the ulterior pay promised to the mariners who remained with the ship. Before they sailed from London they had undertaken to do all that they could under all the emergencies of the voyage. They had sold all their services till the voyage should be complete.“ („… die Vereinbarung ist mangels consideration nichtig. Es gab keine consideration für weitergehende Heuer für die Seemänner, die auf dem Schiff blieben. Bevor sie von London wegfuhren, hatten sie sich verpflichtet, bei allen unvorhergesehenen Ereignissen der Seereise alles zu tun, was sie konnten. Sie hatten alle ihre Dienste bis zum Ende der Seereise veräußert.“). 578 Stilk v Myrick (1809) 6 Esp 129. In diesem Bericht taucht das Wort consideration überhaupt nicht auf. Vielmehr heißt es auf S. 130: „When the defendant entered on board the ship, he stipulated to do all the work his situation called upon him to do … If any part of the crew had died, would not the remainder have been forced to work the ship home? If that accident would have left them liable to do the whole work without any extraordinary remuneration, why should not desertion or casualty equally demand it?“ („Als der Beklagte an Bord des Schiffs ging, vereinbarte er, dass er jegliche Arbeit tun würde, die durch seine Anstellung geboten war … Wenn ein Teil der Crew gestorben wäre, wäre nicht der Rest gezwungen gewesen, das Schiff nach Hause zu bringen? Wenn dieses Unglück sie dazu verpflichtet hätte, die gesamte
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lich eine ausgefeilte economic duress-Doktrin entwickelt hat579, mit der das Problem derartiger Zwangsausübung an sich wesentlich gezielter angegangen werden kann580, gehen Gerichte581 und Lehre582 weiterhin grundsätzlich davon aus, dass es im Falle einer vorbestehenden vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Versprechenden prinzipiell an einer hinreichenden consideration fehlt. Auch in der neueren Grundsatzentscheidung Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd.583 aus dem Jahr 1991 betonte der Court of Appeal nachdrücklich, dass das Stilk v Myrick-Prinzip grundsätzlich weiterhin gültig sei584. Zugleich wurde es jedoch signifikant weiterentwickelt und eingeschränkt585: Als ausreichend erachtet wurde, dass der Unternehmer im Gegenzug für seine zusätzlichen Zahlungen an den Subunternehmer einen practical benefit (praktischen Vorteil) erlangte586. Reichweite und Konturen dieser 579 Arbeit ohne außerordentliche Vergütung zu tun, warum sollte Desertation oder ein Unglücksfall dies nicht gleichermaßen gebieten?“). Vgl. zur Bedeutung der rechtspolitischen Erwägungen insbesondere auch Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1 at 21 per Purchas LJ; Treitel (Fn. 491), 3-048, 3-051. 579 Anfang des 19. Jahrhunderts existierte eine solche noch nicht; das duress-Konzept war ursprünglich auf tatsächliche oder angedrohte physische Gewalt gegen Personen beschränkt und wurde erst nach und nach auf duress of goods (Gewalt bzw. Gewaltandrohung gegen Sachen) und economic duress (Ausübung wirtschaftlichen Zwangs) ausgedehnt; vgl. McKendrick (Fn. 493), S. 169; näher (auch zur heutigen Rechtslage): Treitel (Fn. 491), 10-002 ff. 580 Vgl. Adam Opel GmbH v Mitras Automotive (UK) Ltd [2007] EWHC 3481 (QB): „more refined control mechanism“ („präziserer Kontrollmechanismus“); Vantage Navigation Corp v Suhail and Saud Bahwan Building Materials LLC (The Alev) [1989] 1 Lloyd’s Rep 138 at 147 per Hobhouse J.; Andrews (Fn. 493), 5.42; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 109 f.; Halson (1990) 106 LQR 183, 184; Hooley [1991] JBL 19, 32; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3069; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.44 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 178 f.; Treitel (Fn. 491), 3-051; Zhuang-Hui [2009] SJLS 272, 280. Bedenken gegen eine reine duress-Analyse jedoch etwa Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 123. 581 Vgl. North Ocean Shipping Co v Hyundai Construction Co (The Atlantic Baron) [1979] QB 705 at 712; Pao On v Lau Yiu Long [1980] AC 614 at 633; Sybron Corp v Rochem Ltd [1984] Ch 112 at 129; Vantage Navigation Corp v Suhail and Saud Bahwan Building Materials (The Alev) [1989] 1 Lloyd’s Rep 138 at 147; Atlas Express Ltd v Kafco (Importers and Distributors) Ltd [1989] QB 833 at 841; Tube Tech International Ltd v Technip-Coflexip SA [2005] EWCA Civ 1369 at paras. 63 ff. 582 Vgl. nur Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 108; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 121; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-065 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-047 ff. 583 Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1. 584 Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1 at 20 per Purchas LJ: „pillar stone of the law of contract“ („Eckstein des Vertragsrechts“); 585 Vgl. Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1 at 16 per Glidewell LJ: „… the propositions … refine and limit the application of that principle, but they leave the principle unscathed“ („… die Aussagen entwickeln die Anwendung dieses Prinzips weiter und beschränken es, aber sie lassen das Prinzip unberührt“). 586 Im konkreten Fall hatte R den W als Subunternehmer engagiert, um einen Vertrag über die Renovierung von Wohnungen zu erfüllen. Der Hauptvertrag enthielt eine Vertragsstrafeklausel für den Fall der Zeitüberschreibung. Als W in finanzielle Schwierigkeiten geriet, weil die vereinbarte Vergütung zu niedrig war, und R befürchtete, dass er die Arbeiten nicht fristge-
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neuen Kategorie sind jedoch nach wie vor unklar und umstritten587, wohl nicht zuletzt auch deshalb, weil sie bisher nur in wenigen Fällen angewandt wurde588. Allgemein anerkannt ist aber auch in dieser zweiten Fallgruppe, dass eine consideration jedenfalls dann vorliegt, wenn der Betreffende mehr tut bzw. zu tun verspricht als das, wozu er nach dem ursprünglichen Vertrag verpflichtet war.589 In Bezug auf die dritte Fallgruppe der vorbestehenden vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten herrscht dagegen heute Konsens, dass sowohl die Erfüllung der Verpflichtung590 als auch das bloße Versprechen, dies 587 rechtabschließen würde, versprach sie W mündliche eine zusätzliche Vergütung. Als practical benefit qualifizierten die Richter die fristgerechte Vertragserfüllung (und damit die Vermeidung der Vertragsstrafe) sowie dass R keine Zeit und Kosten aufwenden musste, um jemand anders zur Fertigstellung der Arbeiten zu engagieren (vgl. Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1, 11, 19, 20). 587 Vgl. dazu Andrews (Fn. 493), 5.43; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 110 f.; Blair/ Hird [1996] JBL 254 ff.; Brinkworth/Powell BLR 1991, 5 ff.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 127 ff.; dies. [2009] SJLS 434, 439 f.; dies. in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89, 91 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-068 f.; Halson (1990) 106 LQR 183 ff.; Hooley [1991] JBL 19, 25 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.51; Tan (2005) 17 SALJ 566, 583 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-051. 588 Die „practical benefit“-Kategorie wurde angewandt in Anangel Atlas Compania Naviera SA v Ishikawajima-Harima Heavy Industries Co Ltd (No. 2) [1990] 2 Lloyd’s Rep 526 at 545 (practical benefit durch Abnahme von Schiffen durch Stammkunden, da andere [potenzielle] Kunden sonst u.U. ihre Bestellungen annulliert oder keine weiteren Bestellungen gemacht hätten); Simon Container Machinery Ltd v Emba Machinery AB [1998] 2 Lloyd’s Rep 429 at 435 (practical benefit durch Ergänzungen der Vertragsbestimmungen durch spätere Vereinbarungen); Horwood v Land of Leather Ltd [2010] EWHC 546 (Comm) at para. 41 (Zahlung in 6 Monatsraten statt „innerhalb angemessener Frist“ als practical benefit); Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at paras. 180 ff. (Halten und weiterer Anreiz der Arbeitnehmer als hinreichende consideration für Versprechen eines Mindestbonuspools); zustimmend auch Davis v Giladi (High Court, 10 July 2000); Birmingham City Council v Forde [2009] 1 WLR 2732 at para. 86 f. Kritisch jedoch etwa South Caribbean Trading Ltd v Trafigura Beheer BV [2004] EWHC 2676 (Comm) at paras. 107–109 per Colman J. (der Williams-Entscheidung wurde nur gefolgt, weil sie bindend war). Kritisch bzgl. der logischen Stimmigkeit der Williams-Entscheidung auch Adam Opel GmbH v Mitras Automotive (UK) Ltd [2007] EWHC 3481 (QB) at para. 42 (aber: Entscheidung bindend, zumal economic duress heute besseren Kontrollmechanismus bietet). 589 Vgl. Hartley v Ponsonby (1857) 7 E & B 872 (zusätzliche Zahlung an die verbleibende Crew nachdem so viele Seeleute ausgefallen waren, dass die Weiterreise so gefährlich geworden war, dass die Verbliebenen hierzu auf Grund des ursprünglichen Vertrags nicht mehr verpflichtet gewesen wären); Hanson v Royden (1867) LR 3 CP 47 (zusätzliche Entlohnung nach Beförderung); North Ocean Shipping Co v Hyundai Construction Co (The Atlantic Baron) [1979] QB 705 (korrespondierende Erhöhung einer Erfüllungsgarantie als consideration für Verspechen der Zahlung einer Preiserhöhung); Birmingham City Council v Forde [2009] 1 WLR 2732 at para. 83 (zweiter Vertrag gewährte weitergehende Rechte); Horwood v Land of Leather Ltd [2010] EWHC 546 (Comm) at paras. 39 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 125; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-070 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 170; Treitel (Fn. 491), 3-052. 590 Vgl. Scotson v Pegg (1861) 6 H & N 295; Shadwell v Shadwell (1860) 9 CB (NS) 159; New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154 at 168; Port Jackson Stevedoring Pty v Salmond & Spraggon (Australia) Pty (The New
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zu tun591, eine hinreichende consideration darstellt. Dahinter steht wohl zum einen die Erwägung, dass es sich auf Grund der Relativität der Schuldverhältnisse um separate und unabhängige Verpflichtungen handelt592, zum anderen, dass die in den Fallgruppen 1 und 2 gegen die Anerkennung einer hinreichenden consideration sprechenden rechtspolitischen Erwägungen hier i.d.R. nicht zum Tragen kommen593. b) Historische Entwicklung aa) Mittelalterliche Wurzeln (1) Keine umfassende Rezeption des römischen Rechts Anders als auf dem Kontinent kam es in England vor dem Hintergrund der soziopolitischen Gegebenheiten nie zu einer umfassenden Rezeption des römischen Rechts.594 Zwar war auch in England schon relativ früh das römische Recht gelehrt und studiert worden (der italienische Gelehrte Vacarius soll bereits ab Mitte des 12. Jahrhunderts in Oxford und später in Nordengland gelehrt und gewirkt haben595)596; zudem studierten eine ganze Reihe eminenter 591 York Star) [1981] 1 WLR 138 at 142 f.; Glebe Island Terminals Pty Ltd v Continental Seagram Pty Ltd (The Antwerpen) [1994] 1 Lloyd’s Rep 213; The Mahkutai [1996] AC 650 at 664; Andrews (Fn. 493), 5.32; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 106; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 124; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 141 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-072 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.52 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 159 f.; Treitel (Fn. 491), 3-054. 591 Vgl. Scotson v Pegg (1861) 6 H & N 295 at 301; New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154 at 168; Pao On v Lau Yiu Long [1980] AC 614 at 631 f.; Andrews (Fn. 493), 5.32; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 106; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 124; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 141 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-075; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 4.452 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 160; Treitel (Fn. 491), 3-054; anders noch Jones v Waite (1839) 5 Bing NC 341 at 356. 592 Vgl. auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 124. 593 Vgl. auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 124. 594 Vgl. Coing (Fn. 43), § 1 VII (S. 14 f.); Ranieri (Fn. 38), S. 66; Riesenfeld (1985) 2 Lesotho L. J. 267; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 191. 595 Vgl. dazu Duck, Über Gebrauch und Geltung des ius civile der Römer in den Staaten der christlichen Fürsten, 1993, S. 155 f.; Holdsworth, A History of English Law, 3rd ed. 1923–1926, Vol. II S. 148 f.; Pollock/Maitland, The history of English law before the time of Edward I., 2nd ed. 1898, Vol. I S. 118 ff.; Scrutton, The Influence of the Roman Law on the Law of England, 1885, S. 68 ff.; Turner (1975) 15 J. Brit. Stud. 1, 6 f.; ausf. speziell auch zur teils unsicheren Quellenlage: Landau, in: Brett/Cushing (eds.), Readers, Texts and Compilers in the Earlier Middle Ages. Studies in Medieval Canon Law in Honor of Linda Fowler-Magerl, 2009, S. 165 ff.; s. dazu ferner etwa auch Lange (Fn. 70), § 4 II (S. 58), § 29 (S. 246 ff.); Southern in: Catto, J.I. (ed.), The history of the University of Oxford, Vol. 1, 1984, S. 1, 8 ff.; Stein, Vacarius and the Civil Law, in: Stein, Peter, The Character and Influence of Roman Civil Law. Historical Essays, 1988, S. 167 ff. 596 Vgl. näher etwa Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 176 f.; 228 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 118 ff.; Turner (1975) 15 J. Brit. Stud. 1, 6 ff., 11 ff.; s. ferner speziell mit Be-
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englischer Gelehrter zumindest eine Zeit lang auch auf dem Kontinent597. Mittelbar wirkte das römische Recht darüber hinaus auch über die kirchlichen Gerichte, die römisch-kanonisches Recht anwandten598, sowie über die stark vom römisch-kanonischen Rechts- und Gedankengut geprägte equity-Judikatur der Chancellors599 auf das common law ein. In England hatte sich jedoch bereits damals ein zentralisiertes Gerichtssystem600 und ein organisierter und einflussreicher Juristenstand601 herausgebildet, die eine umfassende Rezeption verhinderten.602 Mit den Werken von Glanvill603
zug597auf Oxford und Cambridge: Barton in: Catto, J.I. (ed.), The history of the University of Oxford, Vol. 1, 1984, S. 531 ff.; Boyle, ebenda, S. 519 ff.; Southern, ebenda, S. 1 ff.; Cobban, The Medieval English Universities: Oxford and Cambridge to c. 1500, 1988, S. 26 ff. 597 Vgl. Duck (Fn. 595), S. 155; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 176 f.; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 196; Turner (1975) 15 J. Brit. Stud. 1, 9 f.; Southern (Fn. 595), S. 1, 11 f.; Stubbs, Seventeen Lectures on the Study of Medieval and Modern History, 1887, S. 158 ff. 598 Vgl. Benedict RabelsZ 69 (2005), 1, 30; Helmholz, Contracts and the Common Law. Possible Points of Contact between England and the Continent, in: Barton (ed.), Towards a General Law of Contract, 1990, S. 49, 59 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. XXXIV; Zimmermann, Roman Law and the Harmonization of Private Law in Europe, in: Hartkamp et al. (eds.), Towards a European Civil Code, 4th ed. 2011, S. 27, 44 f.; ders. ZEuP 1993, 4, 21 ff.; Zweigert/ Kötz (Fn. 293), S. 191; näher zum Verhältnis von römischen und kanonischen Recht Entwicklung nur Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 111 ff. m.z.w.N.; s. ferner zum Ganzen insbesondere auch Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 177. 599 Vgl. Benedict RabelsZ 69 (2005), 1, 30; Helmholz (Fn. 598), S. 49, 59 ff.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 191; R. Zimmermann (Fn. 598), S. 27, 45; ders. ZEuP 1993, 4, 27 ff. m.z.w.N. Vgl. zu Bedeutung und Einflüssen der equity-Jurisprudenz in Bezug auf das Vertragsrecht auch noch unten B. I.3. b) bb) bei Fn. 669, C. II.3. e) bei Fn. 1130. 600 Vgl. zur Entstehung des zentralisierten Gerichtssystems näher Baker, An Introduction to English Legal History, 4th ed. 2002, S. 12 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 192 ff., 226 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 138 ff. m.w.N. 601 Vgl. zur Entwicklung des Juristenstands näher Baker (Fn. 600), S. 155 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 226 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 203 ff., 211 ff.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 188 ff.; Koschaker, Europa und das römische Recht, 1966, S. 214 ff. 602 Vgl. Buhofer SZIER 2007, 703, 713; Coing (Fn. 43), § 1 VII (S. 14 f.); Koschaker (Fn. 601), S. 214 ff.; Turner (1975) 15 J. Brit. Stud. 1, 21 ff.; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 6 f.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 188 ff.; prägnant etwa auch schon Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 135: „Our English law shows itself strong enough to assimilate foreign ideas and convert them to its own use. Of any wholesale ‘reception’ of Roman law there is no danger. … The king’s justices, more especially those of them who are clerks, become interested in the maintenance of a system that is all their own.“ („Unser englisches Recht zeigt sich stark genug, fremde Ideen zu assimilieren und zu seinem eigenen Nutzen umzufunktionieren. Es besteht keine Gefahr einer umfassenden ‚Rezeption’ des römischen Rechts. … Die Richter des Königs, speziell diejenigen, die Kleriker sind, haben Interesse an der Erhaltung eines Systems, das ganz ihr eigenes ist“). 603 Glanvill, Tractatus de legibus et consuetudinibus regni Angliae, 1188 (?). Näher zu diesem Werk, Glanvill und der Kontroverse um seine wahre Urheberschaft: Buhofer SZIER 2007, 703, 714 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 188 ff.; ders., Some Makers of English Law, 1938, S. 8 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 163 ff.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
und Bracton604 existierten Mitte des 13. Jahrhunderts sogar bereits zwei fundamentale Traktate Letzteres gilt bis heute als „crown and flower of English medieval jurisprudence“ („Krone und Blume der mittelalterlichen englischen Jurisprudenz“)605. (2) Das writ-System Das mittelalterliche common law war von einem stark formalisierten System basierend auf speziellen forms of action (prozeduralen Klageformen) geprägt; es war ein „law of actions and procedure“606 („Recht der Klagearten und des Verfahrens“). Die Entstehung dieses sog. writ-Systems war eng verknüpft mit der Schaffung zentralisierter royal courts (königlicher Gerichte) durch Henry II.: Zur Einleitung eines Verfahrens vor diesen Gerichten musste bei der königlichen Kanzlei ein sog. writ erlangt werden.607 Für einen bestimmten writ musste jeweils eine ganz bestimmte Formulierung verwendet werden und er war jeweils mit einem bestimmten Prozessverfahren verbunden.608 Mit der Zeit bildeten sich immer mehr solcher writs für die verschiedensten Fallgestaltungen heraus609. Zu einer gewissen Konsolidierung kam es erst Mitte/Ende des 13. Jahrhunderts im Gefolge der Statute of Oxford (1258)610 und der Sta-
604 Bracton, De Legibus et Consuetudinibus Angliae (wohl um 1240 weitgehend abgeschlossen, aber später immer wieder redigiert). Näher zu diesem Werk und Bracton: Buhofer SZIER 2007, 703, 716 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 232 ff.; ders., Some Makers of English Law, 1938, S. 8 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 206 ff. 605 Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 206. 606 Simpson, A History of the Common Law of Contract, 1987, S. 11. 607 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 54; Buhofer SZIER 2007, 703, 711; Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, 2010, S. 129 f.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 150, 194; Ranieri (Fn. 38), S. 67. Ausf. monographisch in deutscher Sprache zum gesamten writ-System: Peter, Actio und writ, 1957, S. 13 ff. 608 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 56; Buhofer SZIER 2007, 703, 711; Maitland, Equity Also the Forms of Action at Common Law Two Courses of Lectures, 1929, S. 297; Maultzsch (Fn. 607), S. 129 f.; Peter (Fn. 607), S. 35 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 150; Ranieri (Fn. 38), S. 67; Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, 1932, S. 12. 609 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 55 f.; Buhofer SZIER 2007, 703, 711; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 193 f.; Maultzsch (Fn. 607), S. 130; Peter (Fn. 607), S. 44 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 151, 195 f.; Ranieri (Fn. 38), S. 67 Fn. 116; Rheinstein (Fn. 608), S. 12 f. Grundlegend dazu die sehr schöne Darstellung des sukzessiven Wachsens des Register of Original Writs bei Maitland (1889) 3 Harv. L. Rev. 97 ff., 167 ff., 212 ff. = Fisher (ed.), The Collected Papers of Frederic William Maitland, II, 1911, S. 110 ff. 610 Die Provisions of Oxford (1258) sahen vor, dass der Chancellor ohne Zustimmung des Königs und des Council (Staatsrat) keine writs siegeln sollte. Vgl. dazu Baker (Fn. 600), S. 56; Carter, A history of English legal institutions, S. 112 f.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. I S. 398, Vol. II, S. 308 Fn. 1; Peter (Fn. 607), S. 71 f.; Teeven, A History of the Anglo-American Common Law of Contract, 1990, S. 5.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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tute of Westminster II (1285)611; 612 auch danach entwickelte sich das writ-System aber kontinuierlich fort und wurde weiter ausgebaut und ausdifferenziert. (3) Debt, covenant und assumpsit als historische Wurzeln Für die Entwicklung des Vertragsrechts sind speziell drei forms of action von Bedeutung: debt, covenant und assumpsit.613 Die action of debt614 findet sich bereits bei Glanvill.615 Sie war auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet.616 Der Grund der Schuld war hingegen irrelevant617; Hauptanwendungsfälle waren Darlehen, Kauf, Pacht, Bürgschaft und durch gesiegelte Urkunde zugestandene Schuld618. Als Beweismittel waren nach Glanvill entweder der Zeugenbeweis oder eine gesiegelte Urkunde zulässig.619 Im Laufe der Zeit nahm die action of debt immer stärkere vertragsrechtliche Züge an; ab etwa Mitte des 14. Jahrhunderts galt als allgemeine Voraussetzung, dass der Beklagte etwas von dem Kläger erlangt haben musste, d.h. der Kläger musste ein quid pro quo für das Versprechen des Beklagten beweisen.620 Die action of debt wies aber von Anfang an zwei wesentliche prozedurale Limitierungen auf: Die Notwendigkeit der Spezifizierung 611 Nachdem die Chancery immer wieder Rechtssuchende hatte abweisen müssen, weil für einen bestimmten Fall kein writ existierte, gab die Statute of Westminster II, 13 Edw. I c. 24 (1285) der Chancery explizit die Befugnis, einen writ auch für Fälle auszustellen, die denen, für die bereits ein writ existierte, ähnlich waren („in consimili casu“). Vgl. dazu näher Baker (Fn. 600), S. 61 f.; Fifoot, History and Sources of the Common Law. Tort and Contract, 1949, S. 67 ff.; Holdsworth (1931) 47 LQR 334 ff.; ders. (Fn. 595), Vol. I S. 398, Vol. II S. 365; Maitland (Fn. 608), S. 345; Peter (Fn. 607), S. 72 f.; Plucknett (1931) 31 Col. L. Rev. 778 ff.; Rheinstein (Fn. 608), S. 13 Fn. 12; Watkin (1979) 23 Am. J. Legal Hist. 238 ff. 612 Vgl. Buhofer SZIER 2007, 703, 711 f.; Dix (1937) 46 Yale L. J. 1142, 1145 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 307 f.; Maitland (Fn. 608), S. 344 f.; Maultzsch (Fn. 607), S. 130; Pollock/ Maitland (Fn. 595), Vol. I S. 196 f.; Rheinstein (Fn. 608), S. 13 Fn. 12. 613 Vgl. Hogg (Fn. 22), S. 120; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III S. 417, 429; Salmond (1887) 3 LQR 166. 614 Text des writ bei Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 662. 615 Glanvill (Fn. 603), X.12. 616 Vgl. Ames, Lectures on Legal History and Miscellaneous Legal Essays, 1913, S. 89; Barbour, The history of contract in early English equity, 1914, S. 34; Fifoot (Fn. 611), S. 229 f.; Hogg (Fn. 22), S. 120; Holdsworth (Fn. 613), Vol. III S. 423; Holmes, The Common Law, 1881, S. 252; Ibbetson, A Historical Introduction to the Law of Obligations, 1999, S. 31; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 198; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 210; Rheinstein (Fn. 608), S. 16. 617 Vgl. Ames (Fn. 616), S. 88; Hogg (Fn. 22), S. 120; Holmes (Fn. 616), S. 252; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 210. 618 Vgl. Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 210; weitere Anwendungsfälle bei Barbour (Fn. 616), S. 36. 619 Vgl. Glanvill (Fn. 603), X.12. Vgl. auch Hogg (Fn. 22), S. 120; Ibbetson (Fn. 616), S. 20 f.; Salmond (1887) 3 LQR 166, 167. 620 Vgl. Ames (Fn. 616), S. 90 f.; Barbour (Fn. 616), S. 36 ff.; Barton (1969) 85 LQR 372, 382 f.; Holdsworth (Fn. 613), Vol. III S. 421 ff.; Holmes (Fn. 616), S. 261, 267 f.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 212; Rheinstein (Fn. 608), S. 19 f.; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 295 f.; Stoljar, A History of Contract at Common Law, 1975, S. 11 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 11.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
einer bestimmten Geldsumme621 und die dem Beklagten eröffnete Möglichkeit eines wager of law622 (d.h. die Klage wurde abgewiesen, wenn der Beklagte mit Unterstützung von 11 Eideshelfern schwor, dass die Schuld nicht bestand)623. Die action of covenant624, die sich im 13. Jahrhundert aus der action of trespass625 entwickelte626, war darauf gerichtet, dass der Beklagte einen covenant, d.h. ein agreement (Vereinbarung), mit dem Kläger erfüllen sollte. Trotz der ausdrücklichen Bezugnahme auf eine Vereinbarung haftete ihr auf Grund ihrer Wurzeln in der genuin-deliktischen action of trespass stets ein gewisser ambivalenter Charakter an.627 Dass die action of covenant sich nicht zu einer allgemeinen Vertragsklage entwickeln konnte, lag aber vor allem daran, dass sich Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts die Regel durchsetzte, dass eine action of covenant nur zulässig war, wenn die Vereinbarung der Parteien in einem gesiegelten Dokument niedergelegt war628.629 Darüber hinaus zielte die action of covenant auch nur auf Erfüllung oder Schadensersatz, bot aber keine Abhilfe für den Fall der Schlechterfüllung.630 621 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 342; Barbour (Fn. 616), S. 39; Bucher ZVglRWiss 105 (2006) 164, 187; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 4; Fifoot (Fn. 611), S. 229 f.; Hogg (Fn. 22), S. 121; Holdsworth (Fn. 613), Vol. III S. 423; Ibbetson (Fn. 616), S. 31 f.; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 203, 210; Maitland (Fn. 608), S. 357; Rheinstein (Fn. 608), S. 22. 622 Allg. näher zum wager of law etwa Baker (Fn. 600), S. 74; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II, S. 634 ff.; Stoljar (Fn. 620), S. 7 f.; Teeven (Fn. 610), S. 9 f. (jeweils m.w.N.). 623 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 323, 326, 342; Barbour (Fn. 616), S. 39; Bucher ZVglRWiss 105 (2006) 164, 187; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 4; Farnsworth (1969) 69 Col. L. Rev. 576, 594; Fifoot (Fn. 611), S. 230 f.; Hare, The Law of Contract, 1887, S. 122 f.; Hogg (Fn. 22), S. 121; Holdsworth (Fn. 613), Vol. III S. 423; Ibbetson (Fn. 616), S. 32; Maitland (Fn. 608), S. 357; Rheinstein (Fn. 608), S. 21 f.; Teeven (Fn. 610), S. 10; Willis (1932) 8 Ind. L. J. 93, 96; prägnant speziell auch Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 215: „The ease with which the defendant could escape was in the end the ruin of this old action“ („Die Leichtigkeit, mit der der Beklagte entkommen konnte, war am Ende der Ruin dieser alten Klageform“). 624 Text des writ bei Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 663. 625 Der Anwendungsbereich der action of trespass, die zu den ältesten deliktischen Klagen gehört, war sehr weit; ein writ of trespass wurde quasi in allen Fällen gewährt, in denen jemand einen anderen in dessen ungestörtem Besitz an Immobilien (trespass to land) oder Mobilien (trespass to chattels) oder in seiner körperlichen Integrität (trespass to the person) beeinträchtigte, vgl. Ranieri (Fn. 38), S. 68 Fn. 122; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 607 f. Näher zur action of trespass etwa: Ibbetson (Fn. 616), S. 39 ff.; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 525 ff. 626 Vgl. Hogg (Fn. 22), S. 121; Ibbetson (Fn. 616), S. 22. 627 Vgl. Hogg (Fn. 22), S. 121 f.; Ibbetson (Fn. 616), S. 22. 628 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 319; Barbour (Fn. 616), S. 18 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 3 f.; Fifoot (Fn. 611), S. 258; Ibbetson (Fn. 616), S. 24 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 417; Pollock/Maitland (Fn. 595), Vol. II S. 219; Stoljar (Fn. 620), S. 5 f.; Teeven (Fn. 610), S. 6 f.; Willis (1932) 8 Ind. L. J. 93, 94 (jeweils m.w.N.). 629 Vgl. Barbour (Fn. 616), S. 18 f.; Bucher ZVglRWiss 105 (2006) 164, 187; Farnsworth (1969) 69 Col. L. Rev. 576, 593; Fifoot (Fn. 611), S. 258; Hogg (Fn. 22), S. 122; Ibbetson (Fn. 616), S. 28; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 210; Maitland (Fn. 608), S. 358; (Fn. 608), S. 21; Salmond (1887) 3 LQR 166, 169 f.; Stoljar (Fn. 620), S. 5 f.; Teeven (Fn. 610), S. 7. 630 Vgl. Hogg (Fn. 22), S. 122; vgl. ferner auch Ibbetson (Fn. 616), S. 88 f.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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Von ganz fundamentaler Bedeutung war daher die Herausbildung der action of assumpsit631. Das Wort assumpsit war anfangs nur ein Begriff, der bei Erhebung einer action of trespass benutzt wurde.632 Für eine action of trespass war ursprünglich erforderlich, dass das Unrecht „vi et armis, et contra pacem Domini Regis“ („mit Waffengewalt und gegen den Frieden des Königs“) begangen worden war.633 Im 14. Jahrhundert bildete sich dann jedoch eine Spezialform heraus, bei welcher diese Formulierung nicht mehr verwendet wird, sondern der Kläger erhebt eine Klage mit Bezug auf seinen speziellen Fall („upon his case“/„upon his special case“/„sur son cas“): Die action of trespass on the case.634 Diese neue Spezialform wurde zunächst in Fällen635 angewandt, in denen jemand durch die Art und Weise, wie er eine von ihm übernommene (assumpsit636) Pflicht erfüllte, einen Schaden verursacht hatte (misfeasance).637 Ab Anfang des 15. Jahrhunderts638 wurde ihr Anwendungsbereich dann auf Fälle der Nichterfüllung einer übernommenen Pflicht (nonfeasance) ausgedehnt.639 Der nächste wichtige Schritt war, dass die action of assumpsit ab Mitte 631
Text des writ bei Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 664. Vgl. Simpson (Fn. 606), S. 199. 633 Vgl. die writ-Texte bei Maitland (Fn. 608), S. 382. 634 Näher zur Entstehung der action of trespass on the case sowie speziell zum Streit, ob bzw. welche Rolle die Statute of Westminster II (o. Fn. 611) spielte: Baker (Fn. 600), S. 61 ff.; Dix (1937) 46 Yale L. J. 1142 ff.; Fifoot (Fn. 611), S. 66 ff.; Hare (Fn. 623), S. 123 ff.; Holdsworth (1931) 47 LQR 334 ff.; ders. (Fn. 595), Vol. I S. 398, Vol. II S. 365; Landon (1936) 52 LQR 68 ff.; Maitland (Fn. 608), S. 360 f.; Milsom (1958) 74 LQR 561, 585 ff.; Plucknett (1931) 31 Col. L. Rev. 778 ff.; Rheinstein (Fn. 608), S. 13 Fn. 12; Salmond (1887) 3 LQR 166, 171; Simpson (Fn. 606), S. 199 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 16 ff.; Watkin (1979) 23 Am. J. Legal Hist. 238 ff. 635 Prominente Beispielsfälle sind etwa der berühmte Humber Ferry Case (1348) 22 Lib. Ass. pl. 41 (Der Beklagte hatte es übernommen, das Vieh des Kläger ans andere Ufer des Flusses Humber zu bringen; er überlud jedoch das Boot und das Vieh ertrank; das Gericht entschied, dass das Überladen und das resultierende Verenden des Viehs ein trespass sei) oder der Surgeon’s Case Y.B. 48 Edw. III Mich. pl. 38 (Der Kläger behauptete, dass der Beklagte es übernommen habe, sein Pferd zu heilen und dass er seine Arbeit so nachlässig getan habe, dass das Pferd gestorben sei). Anschaulich näher speziell zu diesen beiden Fällen Simpson (Fn. 606), S. 210 ff. Weitere Fallbeispiele bei Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 1, 2; Rheinstein (Fn. 608), S. 24 f.; Simpson (Fn. 606), S. 203 f. 636 Die Terminologie variierte zunächst: Im Humber Ferry Case (Fn. 635) hieß es „empris“, im Surgeon’s Case (Fn. 635) „manucepit“; „assumpsit“ findet sich zum ersten Mal 1370 (vgl. Kiralfy, A source book of English law, 1957, S. 159; Simpson (Fn. 606), S. 214), setzte sich dann aber durch (vgl. näher Simpson (Fn. 606), S. 214 f.). 637 Vgl. dazu Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 1, 2; Baker (Fn. 600), S. 329 ff.; Barbour (Fn. 616), S. 44 ff.; Hare (Fn. 623), S. 123 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 429 ff.; Ibbetson (Fn. 616), S. 48 ff., 127; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 306 f.; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 210 f.; Maitland (Fn. 608), S. 362 f.; Rheinstein (Fn. 608), S. 24; Salmond (1887) 3 LQR 166, 171; Simpson (Fn. 606), S. 203 f.; Stoljar (Fn. 620), S. 29 f.; Teeven (Fn. 610), S. 18 ff. 638 Vgl. erste Andeutungen bereits in Watton v Brinth (1400) Y.B. 11 Hen. IV, M. f. 33, pl. 60; vollkommen formuliert dann schon in Watkin’s Case (1425) Y.B. 3 Hen. VI, H. f. 36, pl. 33 und endgültig dann bei Paston J in Anon. (1436) Y.B. 14 Hen. VI, f. 18, pl. 58. 639 Vgl. dazu Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 1, 10 ff.; Baker (Fn. 600), S. 333 ff.; Barbour (Fn. 616), S. 46 ff.; Barton in: Barton (ed.), Towards a General Law of Contract, 1990, S. 39 ff.; 632
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
des 16. Jahrhunderts nach und nach die – wie bereits erläutert aus Klägersicht häufig als defizitär empfundene640 action of debt verdrängte (sog. indebitatus assumpsit) und zu einem Rechtsbehelf für den Bruch von executory contracts wurde.641 Den endgültigen Durchbruch bildete insoweit der berühmte Slade’s Case aus dem Jahr 1602642, in dem grundsätzlich entschieden wurde, dass der Kläger prinzipiell die Wahl zwischen einer action of debt und einer action of assumpsit hatte643.644 In Slade’s Case bereits angedeutet, endgültig aber erst 7 Jahre später mit der Entscheidung Warbrook v Griffin645 vollzogen, wurde dann der letzte wichtige Schritt: Die Ausdehnung646 der action of assumpsit of Fälle des Bruchs eines konkludent geschlossenen Vertrags (implied contract).647 Damit war die action of assumpsit endgültig zur allgemeinen Vertragsklage des common law geworden.648 640 Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 6 f.; Fifoot (Fn. 611), S. 330 ff.; Hogg (Fn. 22), S. 124; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 434 ff.; Ibbetson (Fn. 616), S. 126 ff.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 306 f.; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 211; Maitland (Fn. 608), S. 363; Rheinstein (Fn. 608), S. 26 ff.; Salmond (1887) 3 LQR 166, 171; Simpson (Fn. 606), S. 222 ff.; Stoljar (Fn. 620), S. 30 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 28 ff. 640 Vgl. zu den Nachteilen bereits oben bei Fn. 621, 623. 641 Vgl. dazu Baker (Fn. 600), S. 341 ff.; Farnsworth (1969) 69 Col. L. Rev. 576, 597 f.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 441 ff.; Maitland (Fn. 608), S. 363 f.; Rheinstein (Fn. 608), S. 31 ff.; Simpson (Fn. 606), S. 281 ff.; s. ferner auch Benedict RabelsZ 69 (2005), 1, 31 ff. 642 Slade’s Case (1602) 4 Co Rep 92b (Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer case reports, vgl. die Nachweise bei Baker (1971) 29 CLJ 51, 53 f.). Slade behauptete, dass Morley von ihm Weizen- und Roggenhalme gekauft und den vereinbarten Preis zum vereinbarten Termin nicht bezahlt habe. Auf Grund des Sachverhalts war unzweifelhaft eine action of debt begründet; die zentrale Frage war, ob deshalb eine action of assumpsit unzulässig war. 643 Slade’s Case (1602) 4 Co Rep 92b at 93a: „That although an action of debt lies upon the contract, the bargainor may nevertheless have an action on the case or an action of debt at his election“ („Dass obwohl auf Grund der Vereinbarung eine action of debt begründet ist, die Vertragspartei dennoch nach seiner Wahl entweder eine action on the case oder eine action of debt erheben kann“). 644 Vgl. näher zu Slade’s Case and seiner Bedeutung: Baker (Fn. 600), S. 344 ff.; ders. (1971) 29 CLJ 51 ff., 213 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 7 f.; Hare (Fn. 623), S. 136 ff.; Ibbetson (1984) 4 OJLS 295 ff.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 308; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 211 f.; Lücke (1965) 81 LQR 422 ff., 539 ff.; ders. (1966) 82 LQR 81 ff.; Ranieri (Fn. 38), S. 72 ff.; Simpson (Fn. 606), S. 295 ff.; ders. (1958) 74 LQR 381 ff.; Stoljar (Fn. 620), S. 76 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 44 ff., 65 ff. 645 Warbrook v Griffin (1609) 2 Br & Gold 254. Ein Gast hatte ein Pferd bei einem Gastwirt untergebracht. Obgleich es zu keiner ausdrücklichen Vereinbarung gekommen war, entschied das Gericht, dass ein implied promise (konkludentes Versprechen) des Gastwirts existierte, dass er die Güter des Gasts aufbewahrt, sowie ein solches des Gasts, dass er alle Kosten trägt; der Gastwirt hatte ein Pfandrecht an dem Pferd und durfte es verkaufen, als der Gast nicht zahlte. 646 Bis dato hatten die Gerichte für eine action of assumpsit ein ausdrückliches Versprechen verlangt. Vgl. etwa noch Young v Ashburnham (1587) 3 Leon 161 (Klage erfolglos, weil keine ausdrückliche Vereinbarung über eine Bezahlung zwischen Gast und Gastwirt). 647 Vgl. dazu Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 53 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 446 ff.; Maitland (Fn. 608), S. 364; Rheinstein (Fn. 608), S. 36 f. 648 Vgl. Holdsworth (Fn. 595), Vol. III, S. 451: „From henceforth it was the contractual action of the common law“ („Von Stund an war die die vertragliche Klage des common law“) und
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bb) Die Entwicklung der consideration-Doktrin Etwa Anfang/Mitte des 16. Jahrhunderts zeichneten sich auch die ersten Anfänge der consideration-Doktrin ab.649 In einem untechnischen Sinn findet sich der Begriff „consideration“ schon in Entscheidungen aus dem 15. Jahrhundert.650 Ab etwa Mitte des 16. Jahrhunderts wurde consideration dann aber zum Terminus technicus für die Tatsachen/Umstände, die bewiesen werden mussten, damit ein Versprechen mittels einer action of assumpsit durchsetzbar war.651 Die gesamte Entwicklung ist dabei insbesondere auch vor dem Hintergrund der soeben erörterten sukzessiven Ausweitung der action of assumpsit zu sehen: Um eine letztlich uferlose Ausdehnung der Haftung zu verhindern, bedurfte es eines neuen Kriteriums zur Abgrenzung von unverbindlichen und verbindlichen, durchsetz- und klagbaren Versprechen.652 Die genauen dogmatisch-doktrinellen Wurzeln und Ursprünge der consideration-Doktrin insbesondere ob es sich um eine autonome Entwicklung aus Konzepten und Ideen des mittelalterlichen common law handelte oder ob auch römisch-kanonische Rechtsgedanken eine Rolle spielten bzw. gar maßgeblich waren sind jedoch bis heute äußerst umstritten. Eine ganze Reihe prominenter Autoren sieht die consideration-Doktrin als Fortentwicklung von Ideen und Gedanken, die im mittelalterlichen common law bereits seit Längerem anerkannt waren: Speziell das quid pro quo der 649 S. 452: „It was no longer an action to get damages for a tort, but an action to obtain redress for the breach of a contract“ („Sie war nicht länger eine Klage auf Schadensersatz für ein Delikt, sondern ein Klage um Wiedergutmachung für einen Vertragsbruch zu erlangen“). Vgl. weiter etwa Barbour (Fn. 616), S. 59; Maitland (Fn. 608), S. 364; Ranieri (Fn. 38), S. 74; Rheinstein (Fn. 608), S. 34; Stoljar (Fn. 620), S. 84. 649 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 339 f.; ders., in: Baker, The Legal Profession and the Common Law. Historical Essays, 1986, S. 369, 370; Hogg (Fn. 22), S. 123; Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 4 f.; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 87, 88; Ibbetson, Consideration and the Theory of Contract in Sixteenth Century Common Law, in: Barton (ed.), Towards a general law of contract, 1990, S. 67; Pollock (Fn. 514), S. 150; Ranieri (Fn. 38), S. 76; Rheinstein (Fn. 608), S. 56; Simpson (Fn. 606), S. 318; Teeven (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 670; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 554. 650 Vgl. etwa (1472) Y.B. 12 Ed. IV Mich. pl. 2 per Choke: „… but if he had pleaded (dit) that a stranger bailed the goods to him denying that the plaintiff bailed, this is irrelevant (n’est a purpose), because here there is no consideration …“ („… aber wenn er geltend gemacht hätte, dass ein Fremder die Waren bei ihm hinterlegt hat und geleugnet hätte, dass der Kläger sie hinterlegt hat, ist das irrelevant, denn hier existiert keine consideration …“). 651 Vgl. Farnsworth (1969) 69 Col. L. Rev. 576, 598; Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 6 f.; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 87, 89 f., 91; Law Revision Committee (Fn. 485), para. 18; Rheinstein (Fn. 608), S. 56; s. ferner auch Baker (Fn. 600), S. 340; Ibbetson (Fn. 649), S. 67; Simpson (Fn. 606), S. 318 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 43 f.; ders. (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 671. 652 Vgl. Barbour (Fn. 616), S. 54; Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 3 ff.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 310 f.; von Mehren (1955) 15 La. L. Rev. 687, 700; Simpson (Fn. 606), S. 316; Teeven (Fn. 610), S. 43 f.; ders. (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 70 f.; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 554. Pointiert diesbezüglich etwa Fifoot (Fn. 611), S. 399: „the practical answer to an urgent problem“ („die praktische Antwort auf ein drängendes Problem“).
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action of debt653 (Anson654, Holmes655, Ibbetson656, Jenks657, Langdell658, wohl auch Henry659), teils auch i.V.m. dem Schaden, den der Kläger beim assumpsit im Vertrauen auf die Zusage des Beklagten erleiden musste (Pollock660, Ireton661) sowie i.V.m. dem Gedanken des bargain (Farnsworth662). Fifoot stellt gar allein auf Letzteren ab.663 Auch Ames insistiert, dass sich zwar keine einzige Quelle ausmachen ließe, es sich aber eindeutig um ein „common law growth“ („Geschöpf des common law“) handele.664 Ähnlich auch Lorenzen665 und Baker („the law of consideration was English“ [„Das Recht der consideration war englisch“]666), der die consideration letztlich als eine Art Konvergenz verschiedenster, vor dem Hintergrund der gesamten damaligen Entwicklung teils neu interpretierter Ideen und Gedanken unter einem bewusst ambivalenten Begriff qualifiziert667. Auf der anderen Seite gibt es aber auch namhafte Stimmen, welche die consideration-Doktrin als eine Modifikation der römisch-kanonischen causaLehre ansehen (Salmond668) bzw. dieser zumindest einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der consideration-Doktrin beimessen (so etwa Simpson669: Grundidee der consideration gelangte aus der equity-Judikatur, speziell dem law of uses, ins common law; Einfluss von St. Germain’s berühmtem „Doctor and Student“670; ähnlich auch Barbour671). Angesichts der verworrenen und teils widersprüchlichen Quellenlage672
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Vgl. dazu bereits o. B. I.3. b) aa)(3). Anson, Principles of the English Law of Contract, 1st ed. 1879, S. 34. 655 Holmes (Fn. 616), S. 269 ff. 656 Ibbetson (Fn. 616), S. 144. 657 Jenks, The History of the Doctrine of Consideration in English Law, 1892, S. 221. 658 Langdell, A summary of the law of contracts, 2nd ed. 1880, S. 58 ff. 659 Henry (1917) 26 Yale L. J. 664 ff. 660 Pollock (Fn. 514), S. 182. 661 Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 307, 310 f., der allerdings zugleich eingesteht, dass sich die Herkunft nicht wirklich zufriedenstellend erklären lässt („It’s something the cat brought in“ [„Es ist etwas, das die Katze hereingebracht hat“]). 662 Farnsworth (1969) 69 Col. L. Rev. 576, 598. 663 Fifoot (Fn. 611), S. 398 f. 664 Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 1 und 18. 665 Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 636. 666 Baker in: Baker, The Legal Profession and the Common Law. Historical Essays, 1986, S. 369, 384. 667 Baker (Fn. 666), S. 390 f. 668 Salmond (1887) 3 LQR 166, 178. 669 Simpson (Fn. 606), S. 494 f. 670 Saint Germain, The Doctor and Student, ursprünglich veröffentlicht 1518, ed. Muchall 1874. Maßgeblich ist speziell Dialogue II, ch. 23. Vgl. dazu Simpson (Fn. 606), S. 387 ff. 671 Vgl. Barbour (Fn. 616), S. 167 f. 672 Vgl. zum verworrenen case law des 16. Jahrhunderts etwa Ibbetson (Fn. 649), S. 67 m.w.N. 654
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wird sich die Frage wohl niemals abschließend klären lassen.673 Wahrscheinlich haben letztlich alle der genannten Rechtsgedanken und Faktoren eine – mehr oder weniger große – Rolle gespielt.674 Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass die englischen Richter des 15./16. Jahrhunderts wohl ohnehin eher ein Interesse an der (gerechten) Entscheidung des anstehenden Rechtsstreits als an der Entwicklung einer kohärenten Vertragsrechtsdogmatik hatten675. Mögen die genauen Wurzeln der consideration-Doktrin somit auch für immer im „Dunkel der Geschichte“ verborgen bleiben, so lässt sich doch jedenfalls belegen, dass die englischen Gerichte bereits im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts die grundlegenden Prinzipien etablierten, die noch bis heute gelten676: So etwa, dass wechselseitige Versprechen (mutual promises) füreinander consideration sein können677; dass die consideration vom Versprechensempfänger stammen (aber nicht unbedingt dem Versprechenden zugutekommen) muss678; dass eine past consideration nicht genügt679; oder dass die consideration nicht adequate („angemessen“) sein muss680. Im 18. Jahrhundert unternahm Lord Mansfield, der von 1756 bis 1788 Vorsitzender Richter der King’s Bench war, einen ehrgeizigen Versuch für eine radikale Reform der – als für die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftsverkehrs als zu unflexibel empfundenen consideration-Doktrin: In Pillans v Van Mierop (1765) erklärte er, dass für Handelsgeschäfte zwischen Kaufleuten keine consideration erforderlich sei und dass sie auch bei anderen Verträ673 Prägnant Martínez-Torrón, Anglo-American Law and Canon Law, 1998, S. 135: „… will likely remain one more of those secrets which are jealously guarded by history“ („… wird wahrscheinlich noch eines der Geheimnisse bleiben, welche die Geschichte wie ihren Augapfel hütet“). 674 Vgl. auch Ames (1888) 2 Harv. L. Rev. 1: „it seems impossible to refer consideration to a single source“ („Es scheint unmöglich, consideration einer einzigen Quelle zuzuweisen“); Barton (1969) 85 LQR 372, 390: „It is hardly possible … to assign the doctrine of consideration to any single ‘origin’“ („Es ist kaum möglich, der consideration-Doktrin irgendeine bestimmte ,Herkunft‘ zuzuweisen“); Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 99: „no single doctrine of consideration“ („keine einzelne consideration-Doktrin“); Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 309: „the doctrine had no single source“ („die Doktrin hatte keine singuläre Quelle“); Teeven (Fn. 610), S. 39; ders. (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 671: „amalgamation of various delictual and consensual concepts that had been floating around for several generations“ („Vermischung verschiedener deliktischer und konsensualer Konzepte die seit mehreren Generationen im Umlauf waren“). 675 Vgl. auch Teeven (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 671. 676 Vgl. dazu ausf. Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 8 ff.; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 87, 93 ff. m.z.w.N. 677 Dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(bb). Vgl. bereits Strangborough v Warner’s Case (1589) 4 Leon 3; Slade’s Case (1602) 4 Co Rep 92b. 678 Dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(dd). Vgl. bereits Anon. (1664) Style 6; Bourne v Mason (1668) 1 Vent 6. 679 Dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(cc). Vgl. bereits Andrew v Boughey (1553) 1 Dyer 75a at 76a; Hunt v Bate (1568) 3 Dyer 272a; Sidenham and Worlington’s Case (1585) 2 Leon 224. 680 Dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(ee). Vgl. bereits Sturlyn v Albany (1587) Cro Eliz 67.
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gen nur Beweisfunktion habe681. Diese „ketzerische“682 These wurde jedoch vom House of Lords bereits 1778 in Rann v Hughes683 dezidiert verworfen.684 Lord Mansfields zweiter Reformvorstoß, auch eine moralische Verpflichtung als hinreichende consideration anzuerkennen685, fand dagegen zunächst durchaus Gefolgschaft686. Letztlich setzten sich die Traditionalisten und Gegner687 dieser sog. moral obligations-Doktrin aber doch durch, auch wenn sie erst in Eastwood v Kenyon (1840)688 definitiv und autoritativ verworfen 681
Pillans v Van Mierop (1765) 3 Burr 1663 at 1669 per Lord Mansfield: „I take it that the ancient notion about the want of consideration was for the sake of evidence only: for when it is reduced into writing … there was no objection to the want of consideration. … In commercial cases among merchants, the want of consideration is not an objection.“ („Ich gehe davon aus, dass die historische Auffassung betreffend das Fehlen der consideration nur Beweisgründe hatte: Denn wenn eine Vereinbarung schriftlich abgefasst war, wurde das Fehlen der consideration nicht beanstandet. … Bei Handelsgeschäften zwischen Kaufleuten ist das Fehlen einer consideration kein Einwand.“). 682 Vgl. Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 30; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 174, 191. 683 Rann v Hughes (1778) 7 T.R. 350 per Lord Chief Baron Skynner: „All contracts are, by the laws of England, distinguished into agreements by specialty, and agreements by parol; nor is there any such third class … as contracts in writing. If they be merely written and not specialties, they are parol, and a consideration must be proved.“ („Nach dem Recht Englands werden alle Verträge unterteilt in gesiegelte Vereinbarungen und formlose Vereinbarungen; es gibt keine dritte Gattung … wie schriftliche Verträge. Wenn sie lediglich schriftlich und nicht gesiegelt sind, sind sie formlos, und es muss eine consideration nachgewiesen werden.“). 684 Näher dazu: Fifoot (Fn. 611), S. 408 f.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 25 ff.; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 174, 190 f.; Howell (1949) 1 Intramural L. Rev. St. Louis U. 75, 76 f.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 312 ff.; Pollock (Fn. 514), S. 157; Rheinstein (Fn. 608), S. 71 f.; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 302 f.; Shientag (1941) 10 Fordham L. Rev. 345, 361 f.; Stein, Continental Influences on English Legal Thought, 1600–1900, in: Stein, Peter, The Character and Influence of Roman Civil Law. Historical Essays, 1988, S. 209, 220 f.; Teeven (Fn. 610), S. 131 ff.; ders. (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669 ff.; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1241 f. 685 Vgl. Trueman v Fenton (1777) 2 Cowp 544 at 548; Atkins v Hill (1775) 1 Cowp 284 at 288 f.; Hawkes v Saunders (1782) 1 Cowp 289 at 290. 686 Vgl. Atkins v Banwell (1802) 2 East 505 at 506; Lee v Muggeridge (1813) 5 Taunt 36; Wing v Mill (1817) 1 B & Ald 104 at 105 f.; Flight v Reed (1863) 1 H & C 703 at 715 ff.; s. ferner auch noch Williams v Moor (1843) 11 M & W 256 at 263 per Parke B.; Earle v Oliver (1848) 2 Ex 71 at 90 per Parke B. 687 Vgl. speziell die einflussreiche Anmerkung von Bosanquet und Puller in ihrer Entscheidungssammlung zu Wennall v Adney (1802) 3 Bos & P 247; s. ferner etwa auch Littlefield v Shee (1831) 2 B & Ad 811 at 813 per Lord Tenterden C.J.: „I must also observe, that the doctrine that a moral obligation is a sufficient consideration for a subsequent promise, is one which should be received with some limitation.“ („Ich muss auch anmerken, dass die Doktrin, dass eine moralische Verpflichtung eine ausreichende consideration für ein nachfolgendes Versprechen ist, eine ist, der einige Zurückhaltung entgegengebracht werden sollte.“). 688 Eastwood v Kenyon (1840) 11 Ad & E 438 at 450 f. per Lord Denman: „Indeed the doctrine would annihilate the necessity for any consideration at all, inasmuch as the mere fact of giving a promise creates a moral obligation to perform it. The enforcement of such promises by law … might be attended with mischievous consequences to society …“ („Tatsächlich würde die Doktrin die Notwendigkeit einer consideration generell beseitigen, insofern als der bloße Umstand des Gebens eines Versprechens eine moralische Verpflichtung begründet, es zu erfüllen. Die Durchsetzung solcher Versprechen durch das Recht … könnte mit schädlichen Konsequenzen für die Gesellschaft verbunden sein…“).
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wurde.689 Mit diesem endgültigen Scheitern von Mansfields Reformbestrebungen war eine entscheidende Weiche für die weitere Entwicklung des englischen Rechts gestellt: Hätte er Erfolg gehabt, so hätte das englische Recht wohl einen ganz anderen Weg genommen und würde dem kontinentaleuropäischen Zivilrecht heute wohl sehr viel ähnlicher sein.690 cc) Systematisierung, Rezeption kontinentaleuropäischer Konzepte und Ideen und Entwicklung des modernen Vertragsrechts (Ende 18. Jahrhundert/19. Jahrhundert) Insgesamt blieb das englische Vertragsrecht indes bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein relativ rudimentäres und unkultiviertes Rechtsgebiet ohne wirkliche systematische oder dogmatische Struktur.691 In den Institutes von Wood aus dem Jahr 1720 finden sich lediglich etwas weniger als zwei Seiten zum Kauf692; Blackstone widmet dem Vertrag in seinen berühmten vierbändigen Commentaries (1765–1769)693 mit insgesamt fast 1.900 Seiten lediglich zwei relativ knappe Abschnitte (noch nicht einmal ein eigenes Kapitel) mit insgesamt rund 40 Seiten694. Ab Ende des 18. Jahrhunderts gewann das Vertragsrecht dann jedoch im Gefolge der industriellen Revolution und den hieraus resultierenden wirtschaftlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten einerseits sowie den Ideen der Aufklärung (Thomas Hobbes, John Locke, David Hume, Adam Smith) an689 Vgl. näher zu „Aufstieg und Fall“ der moral obligation-Doktrin: Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 99 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-032 f.; Fifoot (Fn. 611), S. 409 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 30 ff.; ders. (1922) 2 B. U. L. Rev. 174, 187 ff.; Howell (1949) 1 Intramural L. Rev. St. Louis U. 75, 78 ff.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 312 ff.; Pollock (Fn. 514), S. 189 f.; Rheinstein (Fn. 608), S. 72 ff.; Shientag (1941) 10 Fordham L. Rev. 345, 362 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 133 ff.; ders. (1991) 21 Mem. St. U. L. Rev. 669, 692 ff.; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1242 ff. 690 Vgl. bereits Pollock, Principles of Contract, 8th ed. 1911, S. 188 f.: „… the whole course of the English law of contract might have changed, and its principles might have been substantially assimilated to those of the modern civil law as adopted by the law of Scotland.“ („… der gesamte Kurs des englischen Vertragsrechts hätte sich ändern können, und seine Prinzipien hätten sich im Wesentlichen denjenigen des modernen Zivilrechts, wie sie das schottische Recht übernommen hat, annähern können.“). S. ferner auch Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 34. 691 Vgl. Baker (Fn. 600), S. 350; Gordley (Fn. 82), S. 134; Ibbetson (Fn. 616), S. 203; Simpson (1975) 91 LQR 247, 250 f.; Teeven (Fn. 610), S. 175 ff.; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 43. 692 Wood, An Institute of the Laws of England, 1720, Book II Ch. VI, III. 693 Blackstone, Commentaries on the Laws of England, 1765–1769. Prägnanter Überblick Blackstone und den Commentaries etwa bei Buhofer SZIER 2007, 703, 723 ff.; ausf. Holdsworth (Fn. 595), Vol. XII, S. 702 ff. 694 Blackstone (Fn. 693), Book II, S. 442–470 (in Kapitel 30 „Of Title by Gift, Grant, and Contract“ [„Über Eigentumserwerb durch Schenkung, Zuwendung und Vertrag“) und Book III, S. 154–166 (in Kapitel 9 „Of Injuries to Personal Property“ [„Über Verletzungen persönlichen Eigentums“]). Vgl. dazu etwa Atiyah, The Rise and Fall of Freedom of Contract, 1979, S. 215 f.; Cairns (1984) 4 OJLS 318, 353; Horwitz (1974) 87 Harv. L. Rev. 917, 920, 931 ff.; Plucknett, A Concise History of the Common Law, 2nd ed. 1936, S. 583; Simpson (1979) 46 U. Chi. L. Rev. 533, 545 f.; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 43 f.
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dererseits erheblich an Bedeutung.695 Vor diesem Hintergrund bemühte man sich nun erstmals auch um eine systematisch-dogmatische Strukturierung. 1790 veröffentlichte Powell mit seinem „Essay upon the Law of Contracts and Agreements“696 die erste echte systematische Abhandlung zum englischen Vertragsrecht, der bald viele weitere folgten. Genannt seien insofern insbesondere die treatises697 von Newland (1806)698, Comyn (1807)699, Lawes (1810)700, Colebrooke (1818)701, Chitty jr. (1826)702, Fox (1842)703, Addison (1847)704, Leake (1867)705, Pollock (1876)706 und Anson (1879)707. Charakteristisch für alle diese Werke ist die unverkennbare Orientierung an und Prägung durch kontinentaleuropäische Vorbilder: Im Rahmen ihrer Bemühungen, dem englischen Recht eine kohärente systematische Struktur zu geben, bedienten sich die englischen Autoren dieser Zeit gerne und reichlich708 bei den „großen“ kontinentaleuropäischen Autoren allen voran Pothier709, später dann insbesondere 695 Näher Zimmermann ZEuP 1993, 4, 44 f.; vgl. auch Radley-Gardner RabelsZ 76 (2012) 1101, 1110 f. Ausf. zu den sozio-ökonomischen und politischen Hintergründen Atiyah (Fn. 694), S. 11 ff., 219 ff.; s. ferner auch Horwitz (1974) 87 Harv. L. Rev. 917 ff. (dessen Fokus allerdings auf den USA liegt und dessen Thesen insgesamt – speziell sofern er sie auch auf England bezieht als allzu starke Simplifizierung erscheinen, vgl. dazu ausf. Simpson (1979) 46 U. Chi. L. Rev. 533 ff.). 696 Powell, Essay upon the Law of Contracts and Agreements, 1790. Vgl. dazu Atiyah (Fn. 694), S. 398 f.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. XII, S. 392; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 48. 697 Zur Entwicklung und Bedeutung des treatise als juristische Literaturform in England ausf. Simpson (1981) 48 U. Chi. L. Rev. 632 ff. (speziell zum Durchbruch als Hauptliteraturform im 19. Jahrhundert: S. 662 ff.). 698 Newland, A Treatise on Contracts, 1806. 699 Comyn, A Treatise of the Law Relative to Contracts and Agreements not under Seal, 1st ed. 1807. 700 Lawes, A Practical Treatise on Pleading, in Assumpsit, 1st ed. 1810. 701 Colebrooke, Treatise on Obligations and Contracts, 1818. 702 Chitty, Jr., A Practical Treatise on the Law of Contracts not under Seal, 1st ed. 1826. 703 Fox, A Treatise on Simple Contracts and the Action of Assumpsit, 1842. 704 Addison, Treatise on the Law of Contracts and Rights and Liabilities ex contractu, 1st ed. 1847. 705 Leake, The Elements of the Law of Contracts, 1867. 706 Pollock (Fn. 514). 707 Anson (Fn. 654). 708 Vgl. Pollock (Fn. 514) in seinem Vorwort (S. viii): „… I have felt justified in making a pretty free use of the Roman law for purposes of illustration and analogy. I have also referred at times to modern Continental Codes … On points of Roman law (and to a considerable extent, indeed on the principles it has in common with our own), I have consulted and generally followed Savigny’s great work.“ („… habe ich mich berechtigt gefühlt, für Zwecke der Veranschaulichung und Analogy relativ freien Gebrauch vom römischen Recht zu machen. Verschiedentlich habe ich auch auf moderne kontinentale Gesetzbücher Bezug genommen. … Im Hinblick auf Fragen des römischen Rechts (und in der Tat in beträchtlichem Maße im Hinblick auf die Prinzipien, die es mit unserem eigenen gemein hat), habe ich Savigny’s großes Werk konsultiert und bin ihm gewöhnlich auch gefolgt.“). 709 Näher zu Pothier bereits oben B. I.2. b) cc). S. zum Einfluss von Pothier noch unten Fn. 711.
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auch Savigny710. Deren wichtigste Werke waren fast allesamt ins Englische übersetzt worden (äußerst einflussreich711 war speziell712 Evans 1806 veröffentlichte Übersetzung713 von Pothiers „Traité des Obligations“714). Punktuelle Einflüsse des kontinentaleuropäischen Zivilrechts auf das common law lassen sich zwar auch schon deutlich früher ausmachen715; in dieser Zeit kam es nun 710 Näher zu von Savigny bereits oben B. I.1. b) ff.). S. zum Einfluss von von Savigny noch unten Fn. 712. 711 Illustrativ zur Bedeutung Pothiers etwa Cox v Troy (1822) 5 B & Ald 474 at 480/481 per Best J.: „But the authority of Pothier is expressly in point. That is as high as can be had, next to the decision of a Court of Justice in this country. It is extremely well known that he is a writer of acknowledged character; his writings have been constantly referred to by the Courts, and he is spoken of with great praise by Sir William Jones in his Law of Bailments, and his writings are considered by that author equal in point of luminous method, apposite examples, and a clear manly style, to the works of Littleton on the laws of this country. We cannot, therefore, have a better guide than Pothier on this subject.“ („Aber die Autorität von Pothier ist ausdrücklich einschlägig. Sie ist so hoch wie eine Autorität nur sein kann, neben den Entscheidungen eines Gerichts in diesem Land. Es ist höchst wohlbekannt, dass er ein Autor von anerkanntem Ruf ist; auf seine Schriften ist von den Gerichten dauernd Bezug genommen worden, und Sir William Jones spricht in seinem „Law of Bailments“ [„Recht der Besitzüberlassung“] mit großem Lob von ihm, und seine Schriften werden von diesem Autor im Hinblick auf die brillante Methode, die treffenden Beispiele und den klaren, mannhaften Stil als den Werken von Littleton in diesem Land gleichwertig angesehen.“). Vgl. zum Einfluss Pothiers auf das common law of contract allg. etwa Perillo (2005) 11 Tex. Wesleyan L. Rev. 267 ff. m.z.w.N. 712 Weitere einflussreiche Übersetzungen waren etwa: Grotius, The illustrious Hugo Grotius of the Law of Warre and Peace, translated by Clement Barksdale, 1654; Pufendorf, Of the Law of Nature and Nations, translated by Basil Kennett, 1710; Domat, The Civil Law in its natural order, translated by William Strahan, 1722. Erheblichen Einfluss hatten aber (nicht nur im allgemeinen Vertragsrecht, sondern weit darüber hinaus) auch die Übersetzungen der Werke von von Savigny (vgl. dazu näher Hoeflich (1989) 37 Am. J. Comp. L. 17 ff.; Stein, Legal Theory and the Reform of Legal Education in Mid-nineteenth Century England, in: Stein, The Character and Influence of Roman Civil Law. Historical Essays, 1988, S. 231, 241 ff.); die erste englische Übersetzung des 1. Bandes seines „Systems“ erschien bereits 1867 (Savigny, System of the Modern Roman Law, Vol. I. Translated by William Holloway, 1867). 713 Pothier, A Treatise on the Law of Obligations, or Contracts, translated by William David Evans, 1806. 714 Dazu bereits oben B. I.2. b) cc). 715 So hatte etwa auch Blackstone eine gewisse zivilrechtliche Bildung und war mit den Werken kontinentaleuropäischer Naturrechtler vertraut, vgl. Buhofer SZIER 2007, 703, 725 f.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. XII, S. 718; Lawson FS Rheinstein, 1969, S. 191, 195 f. Tatsächlich war an den englischen Universitäten, allen voran Oxford und Cambridge, über die Jahrhunderte hinweg immer römisches Recht und das europäische ius commune gelehrt und studiert worden (vgl. auch bereits oben B. I.3. b) aa)(1)); die meisten englischen Juristen hatten daher zumindest gewisse Kenntnisse des „civil law“ und die sog. civilians hatten einen insgesamt durchaus signifikanten (wenn auch nur mittelbaren) Einfluss auf die gesamte Rechtsentwicklung. Vgl. näher Donahue (1992) 66 Tul. L. Rev. 1745 ff.; Helmholz (1990) 39 Duke L. J. 1207 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. XII, S. 605 ff.; Stein (Fn. 684), S. 209, 210 ff.; R. Zimmermann (Fn. 598), S. 27, 45 f.; ders. ZEuP 1993, 4, 37 ff. (jeweils m.z.w.N.). S. ferner insbesondere auch Hamburger (1989) 7 LHR 241 ff., der Simpson und Atiyah scharf kritisiert und die These aufstellt, dass das Auftauchen der Konsenstheorie im Fallrecht des 19. Jahrhunderts nicht nur ein Produkt externer Einflüsse war, sondern externe Einflüsse nur insoweit in doktrinellen Veränderungen resultieren konnten als Anwälte und Richter den
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jedoch zu einer regelrechten „Rezeption“ kontinentaleuropäischen Gedankenguts ins englische Vertragsrecht716, welches dieses bis heute maßgeblich prägt. Dies beginnt schon ganz grundlegend bei der allgemeinen Vertragsdefinition: Die treatise-Autoren des 19. Jahrhunderts definierten den Vertrag nun – in unverkennbarer Anlehnung an Pothier717 – als agreement, als Einigung der Parteien718.719 716 Anschein eines doktrinellen Bruchs vermieden und überhaupt Gelegenheit hatten, die neue Lehre auf Fälle anzuwenden. Indes bestreiten Simpson und Atiyah ebenso wenig wie etwa später Gordley und Zimmermann gar nicht, dass bestimmte Gedanken der Konsenstheorie auch schon früher in England bekannt und akzeptiert waren. Die wirkliche „Erneuerung“ und Modernisierung des englischen Vertragsrechts unter Rückgriff auf kontinentaleuropäisches Gedankengut erfolgte aber eben vor dem Hintergrund der genannten Einflüsse erst ab Ende des 18. bzw. Beginn des 19. Jahrhunderts. Hamburgers Kritik erscheint insofern jedenfalls deutlich überzogen. 716 Vgl. Gordley (Fn. 82), S. 134; Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1670; Simpson (1975) 91 LQR 247, 255; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 49. Vgl. zu diesem Rezeptionsprozess ferner auch Atiyah (Fn. 694), S. 398 ff.; Baker (Fn. 600), S. 352 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 14, 22; Hogg (Fn. 22), S. 144 f.; Ibbetson (Fn. 616), S. 220 ff.; Markesinis, Our Debt to Europe: Past, Present and Future, in: Markesinis (ed.), The Clifford Chance Millenium Lectures. The Coming Together of the Common Law and the Civil Law, 2000, S. 37, 38 ff.; RadleyGardner RabelsZ 76 (2012) 1101, 1115 f.; Schwarz in: Pringsheim (Hrsg.), Symbolae Friburgenses in honorem Ottonis Lenel, 1931, S. 425, 467 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 179 f.; Wendel, Der Unilateral Contract, 2005, S. 96 ff.; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 569 ff.; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 134 f.; einschränkend aber etwa Samuel, Classification of contracts: A view from a common lawyer, in: Santos/Javier/Baldus/Dedek (Hrsg.), Vertragstypen in Europa, Berlin 2011, S. 117, 121 (nicht Rezeption, sondern „important conceptual reconstruction“ [„wichtige konzeptionelle Rekonstruktion“]). 717 Vgl. zum Vertragsbegriff bei Pothier bereits oben B. I.2. b) cc). 718 Vgl. etwa Newland (Fn. 698), S. 1: „A contract is an agreement, upon a sufficient consideration to do or not to do, a particular thing.“ („Ein Vertrag ist eine Einigung, verbunden mit hinreichender consideration, etwas bestimmtes zu tun oder nicht zu tun.“); Comyn (Fn. 699), S. 2: „… a contract by parol is defined to be a bargain or agreement voluntarily made, either verbally, or in writing not under seal, upon a good consideration, between two or more persons capable of contracting, to do or forbear to do some lawful act“ („… ein formloser Vertrag wird definiert als freiwillige Abmachung oder Einigung, entweder mündlich oder in schriftlicher Form ohne Siegel, verbunden mit hinreichender consideration, zwischen zwei oder mehr Personen, die Verträge schließen können, eine rechtmäßige Handlung zu tun oder zu unterlassen.“); Chitty, Jr. (Fn. 702), S. 3: „a mutual assent of two or more persons, competent to contract, founded on sufficient and legal motive, inducement or consideration, to perform some legal act, or omit to do anything, the performance whereof is not enjoined by law“ („das wechselseitige Einverständnis von zwei oder mehr zum Vertragsschluss fähigen Personen, basierend auf einem hinreichenden und rechtmäßigen Motiv, Anlass oder consideration, eine rechtmäßige Handlung vorzunehmen oder etwas zu unterlassen, dessen Durchführung das Recht nicht verbietet“); Fox (Fn. 703), S. 1: „A contract in law is an agreement between parties for a sufficient consideration to do, or to abstain from doing, a particular thing.“ („Ein Vertrag im Rechtssinn ist eine Einigung zwischen den Parteien gegen eine hinreichende consideration eine bestimmte Sache zu tun oder davon abzusehen.“). 719 Vgl. dazu Gordley (Fn. 82), S. 135; ders. in: Barton (ed.), Towards a General Law of Contract, 1990, S. 367, 423 ff.; Zimmermann ZEuP 1993, 4, 50; s. ferner zum Vertragsbegriff auch Ibbetson (Fn. 616), S. 221 f.; Simpson (1975) 91 LQR 247, 257 f.
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Zu den bedeutsamsten legal transplants gehörte aber vor allem auch das dogmatischen Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme (offer and acceptance).720 In der Rechtsprechung findet sich eine erste Spur zwar bereits in Payne v Cave (1789)721; die Begriffe offer und assent wurden dort aber noch eher untechnisch-deskriptiv verwandt722. Auch in einer Reihe weiterer Entscheidungen aus dem folgenden Jahrzehnten lassen sich bereits mehr oder weniger starke Anklänge einer offer/acceptance-Analyse ausmachen.723 Als wahrer „Durchbruch“ der doctrine of offer and acceptance wird heute aber gewöhnlich die berühmte Entscheidung Adams v Lindsell aus dem Jahr 1818724, in der auch die sog. postal rule725 begründet wurde, angesehen.726 Das dogmatische Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme etablierte sich fortan fest in der englischen Rechtsprechung727 und Literatur728 und gehört heute zu den grundlegenden Fundamenten auch des englischen Vertragsrechts729. Auch im englischen Recht ist aber freilich all-
720 Vgl. zu dessen Rezeption etwa: Atiyah (Fn. 694), S. 446 ff.; Gordley (Fn. 82), S. 139 ff.; Ibbetson (Fn. 616), S. 222 f.; Riesenfeld (1985) 2 Lesotho L. J. 267, 269 ff.; Simpson (1975) 91 LQR 247, 258 ff.; Teeven (Fn. 610), S. 177 ff.; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 571; ders. ZEuP 1993, 4, 50; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 134. 721 Payne v Cave (1789) 3 TR 147. Das Gericht entschied, dass der Bieter bei einer Auktion sein Gebot zurückziehen kann, bevor der Hammer des Auktionators fällt. Denn „Every bidding is nothing more than an offer on one side, which is not binding on either side till it is assented to.“ („Jedes Gebot ist nicht mehr als ein Angebot einer Seite, das für keine Seite verbindlich ist bis ihm zugestimmt wird.“). 722 Vgl. Gordley (Fn. 82), S. 140; Simpson (1975) 91 LQR 247, 260. Anders jedoch entsprechend seiner generell abweichenden Konzeption (vgl. o. Fn. 715) die Einschätzung von Hamburger (1989) 7 LHR 241, 326 (Fn. 326). 723 S. Cooke v Oxley (1790) 3 TR 652; Humphries v Carvalho (1812) 16 East 45; M’Iver v Richardson (1813) 1 M & S 557; Thornton v Kempster (1814) 5 Taunt 786; Gaunt v Hill (1815) 1 Stark 10; Kennedy v Lee (1817) 3 Mer 442. 724 Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681. 725 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 726 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 14 f.; Ibbetson (Fn. 616), S. 222 f.; Riesenfeld (1985) 2 Lesotho L. J. 267, 270; Simpson (1975) 91 LQR 247, 261; Wendel (Fn. 716), S. 98; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 571; ders. ZEuP 1993, 4, 50. Abw. jedoch etwa Atiyah (Fn. 694), S. 446 f. (generelle Bezugnahme auf die Judikatur von Payne v Cave [Fn. 721] bis Routledge v Grant [Fn. 727]); Gordley (Fn. 82), S. 140 (die Argumentation in Adams v Lindsell zeige noch eine Konfusion, die es bei den Naturrechtlern nicht gegeben habe); Hamburger (1989) 7 LHR 241, 325 f. Fn. 240 (der Payne v Cave wesentlich größere Bedeutung beimisst). 727 Vgl. aus der Folgezeit etwa Smith v Sparrow (1827) 4 Bing 84; Routledge v Grant (1828) 4 Bing 651; Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381; Hebb’s Case (1867) LR 4 Eq 9. 728 Bei Chitty, Jr., A Practical Treatise on the Law of Contracts not under Seal, 2nd ed. 1834, S. 8 ff. (unter mehrfacher Bezugnahme auf Pothier; noch nicht in der 1. Aufl. 1826 [Fn. 702]); Fox (Fn. 703), S. 63 ff.; Addison (Fn. 704), S. 36 ff.; Leake (Fn. 705), S. 12 ff.; Pollock (Fn. 514), S. 4 ff.; Anson (Fn. 654), S. 10 ff. 729 Vgl. bereits oben B. I.3. a) bb), speziell auch die Nachweise in Fn. 492.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
gemein anerkannt, dass es sich letztendlich nur um ein dogmatisches Denkkonstrukt handelt, das nicht immer und überall passt.730 Ein drittes wichtiges Produkt dieser Rezeptions- und Modernisierungsphase ist schließlich das Erfordernis eines Rechtsbindungswillens (intention of creating legal relations)731, das heute ebenfalls zu den zentralen Elementen des englischen Vertragsrechts gehört732. Erste Anklänge lassen sich bereits bei Colebrooke (1818)733 und Chitty Jr. (1826)734 ausmachen, deutlicher bereits bei Leake (1867)735. Voll ausgeformt findet sie sich die Lehre vom Rechtsbindungswillen dann bei Pollock (1876)736, der dabei ganz offen737 fast wörtlich die Ausführungen von Savigny738 übernimmt. Darin folgen ihm dann wenig spä730
Vgl. nur New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154 at 167 per Lord Wilberforce; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 29 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 42, 50; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 1.19; McKendrick (Fn. 493), S. 46, 49. Vgl. auch bereits Pollock, Principles of Contract, 4th American from 2nd English ed. 1885, S. 5 f. (in der 1. Aufl. fand sich diese Passage noch nicht). 731 Vgl. dazu Atiyah (Fn. 694), S. 690; Ibbetson (Fn. 616), S. 233 f.; Simpson (1975) 91 LQR 247, 263 ff.; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 571 f.; ders. ZEuP 1993, 4, 50; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 134 f. 732 Vgl. bereits oben B. I.3. a) bb), speziell auch die Nachweise in Fn. 493. 733 Colebrooke (Fn. 701), S. 38: „The will of a party to engage, his assent to become bound, is the essence of a voluntary agreement.“ („Der Wille einer Partei sich zu verpflichten, ihre Zustimmung gebunden zu werden, ist das Wesen einer freiwilligen Einigung.“). 734 Chitty, Jr. (Fn. 702), S. 4: „No contract is raised by a mere affirmation in discourse, a mere overture …“ („Kein Vertrag entsteht durch eine bloße Beteuerung in einer Unterhaltung, einen bloßen Vorschlag …“). 735 Bei Leake (Fn. 705), S. 9 f. findet sich bereits ein ganzer Abschnitt zu dem „principle that expressions not intended to be binding do not constitute a promise“ („dem Prinzip, dass Äußerung, die nicht als bindend intendiert sind, keine Versprechen darstellen“). 736 Vgl. Pollock (Fn. 514), S. 2: „If people make arrangements to go out for a walk or to read a book together, that is no agreement in a legal sense. Why not? Because their intention is not directed to legal consequences, but merely to extra-legal ones; no rights or duties are to be created. … The intention of the parties must therefore be an intention directed to legal consequences; and, finally, those consequences must be such as to confer rights or impose duties on the parties themselves.“ („Wenn Leute sich zu einem Spaziergang verabreden oder dazu, gemeinsam ein Buch zu lesen, ist das keine Vereinbarung in einem rechtlichen Sinne. Warum nicht? Weil ihre Intention nicht auf rechtliche Folgen gerichtet ist, sondern lediglich auf außerrechtliche; keine Rechte und Pflichten sollen geschaffen werden. … Die Intention der Parteien muss daher eine auf rechtliche Folgen gerichtete Intention sein; und schließlich müssen diese Folgen dergestalt sein, dass den Parteien selbst Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt werden.“). 737 Vgl. Pollock (Fn. 514), S. 1 Fn. (a): „Savigny, whose analysis … we follow almost literally in this paragraph“ („Savigny, dessen Analyse … wir in diesem Absatz fast wörtlich folgen“). 738 Vgl. von Savigny (Fn. 174), § 140 (S. 308): „Ferner ist der Gegenstand des Willens zu beachten. Kommen zwey Menschen mit einander überein, sich gegenseitig in Tugend, Wissenschaft, Kunst, durch Rath und Beispiel zu fördern, so würde das nur sehr uneigentlich ein Vertrag genannt werden. Der Unterschied von dem beispielsweise angeführten Kaufcontract, der wirklich ein Vertrag ist, liegt aber darin, daß in diesem der Wille auf ein Rechtsgeschäft als Zweck gerichtet ist, in jenen Fällen auf andere Zwecke.“
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ter auch Anson (1879)739 und Marksby (1885)740. Die Rezeption auch durch die Rechtsprechung ließ dann nicht mehr lange auf sich warten: Bereits in der berühmten Entscheidung Carlill v Carbolic Smoke Ball Co aus dem Jahr 1893741 ist die animus contrahendi-Analyse unverkennbar742, in der heute als „klassisches“ Präjudiz geltenden743 Entscheidung Balfour v Balfour (1919)744 erfolgte dann auch die Anerkennung durch das House of Lords. Nicht rezipiert wurde indes die Rechtsgeschäftslehre mit ihren abstrakten Systembegriffen „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“; dem common law sind beide Termini bis heute völlig fremd.745 Begünstigt wurde dieser gesamte Erneuerungs- und Modernisierungsprozess durch die schrittweise Abschaffung der forms of action, die zumindest eine gewisse – wenngleich auch nicht vollständige746 Lösung aus dem Korsett des „aktionenrechtlichen Denkens“ ermöglichte747. Die meisten forms of action waren bereits 1832/33 als eigenständige Klagetypen eliminiert und durch einen uniform writ ersetzt worden748, in dem seit 1852 die form of action auch 739
Vgl. Anson (Fn. 654), S. 2. Vgl. Markby, Elements of Law: Considered with Reference to Principles of General Jurisprudence, 3rd ed. 1885, para. 619. 741 Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256. Näher zu dieser Entscheidung auch noch unten B. II.3. b) bb). 742 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 15; McMeel (1997) 113 LQR 47, 49; Simpson (1975) 91 LQR 247, 265 ff.; ders. (1985) 14 J. Legal Stud. 345, 376; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 572; ders. ZEuP 1993, 4, 50; s. ferner auch McKendrick (Fn. 493), S. 61, 270. 743 Vgl. Atiyah (Fn. 694), S. 690; McKendrick (Fn. 493), S. 61, 270. 744 Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 at 579 per Lord Atkin: „… they are not contracts because the parties did not intend that they should be attended by legal consequences“ („… sie sind keine Verträge weil die Parteien nicht intendierten, dass sie mit rechtlichen Folgen verbunden sein sollten“). Anklänge einer animus contrahendi-Analyse fanden sich aber – wie Simpson (1975) 91 LQR 247, 265 betont kurz zuvor auch bereits in Heilbut, Symons & Co v Buckleton [1913] AC 30. 745 Vgl. auch Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 629 f.; Lawson, A Common Lawyer Looks at the Civil Law, 1953, S. 164 ff.; J. P. Schmidt ZEuP 2010, 304, 308 f.; Vacquer (2009) 17 ERPL 487, 490; dies. AcP 210 (2010) 197, 202 f.; Titze (Fn. 184), S. 789, 799 f.; Zajtay AcP 165 (1965) 97, 114; Zweigert FS Rheinstein II, 1969, S. 493, 497 f.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 4 f. 746 Die forms of action blieben aber schon wegen der Fortgeltung der precedents (Präjudizien) sowie als Systematisierungsinstrument relevant, vgl. Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 197; prägnant Maitland (Fn. 608), S. 296: „The forms of action we have buried, but they still rule us from their graves“ („Wir haben die forms of action begraben, aber sie beherrschen uns noch immer aus ihren Gräbern heraus.“). 747 Vgl. Buhofer SZIER 2007, 703, 733; Radley-Gardner RabelsZ 76 (2012) 1101, 1111; Maitland (Fn. 608), S. 375; Samuel/Rinkes, The English Law of Obligations, in: Müller-Graff (Hrsg.), Gemeinsames Privatrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 2. Aufl. 1999, S. 109, 121; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 197. 748 Uniformity of Process Act 1832, 2 & 3 Will. IV, c. 39; Real Property Limitation Act 1833, 3 & 4 Will. IV, c. 27, s. 36; s. ferner auch: Act for the further Amendment of the Law 1833, 3 & 4 Will. IV, c. 42, s. 13 (Abschaffung des wager of law bei der action of debt [dazu oben B. I.3. b) aa)(3)]). 740
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nicht mehr angegeben werden brauchte749; endgültig abgeschafft wurden die forms of action im traditionellen Sinn dann mit den Judicature Acts 1873– 1875750.751 (Der Begriff writ lebte allerdings noch bis zur Einführung der Civil Procedure Rules (CPR) fort; seitdem werden Gerichtsverfahren i.d.R. durch eine sog. claim form eingeleitet, vgl. CPR 4). dd) Fortentwicklung und Tendenzen im 20. und 21. Jahrhundert Das rechtliche Gebäude dessen, was bis heute als „classical law of contract“752 gilt, war somit bereits Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts schlüssigfertig errichtet – samt Fundament, Säulen, tragender Wände und Dach. Im Verlauf des 20. und 21. Jahrhunderts wurden zwar eine Vielzahl von An-, Umund Ausbaumaßnahmen vorgenommen Fundamente, Fassade und Grundriss blieben aber bis heute im Wesentlichen unangetastet erhalten.753 Im Sande verlief insbesondere auch, wie bereits oben dargelegt754, die von der Law Commission of England and Wales und der Scottish Law Commission 1965 gestartete Initiative zur Kodifizierung des Vertragsrechts. Die wenigen punktuellen Eingriffe, die der englische Gesetzgeber letztlich bislang vornahm755, betrafen allesamt nicht den hier gegenständlichen Bereich der allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss. Akteure der Rechtsfortbildung auf diesem Gebiet waren vielmehr ausschließlich Rechtsprechung und Literatur. Auch diese beschränkten sich aber im Wesentlichen auf eine Fortentwicklung, Modernisierung und Reformulierung der klassischen Konzepte und Regeln756 („evolution, not revolution“757 [„Evolution, nicht Revolution“]).
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Common Law Procedure Act 1852, 15 & 16 Vict., c. 76, ss. 2, 3. Judicature Act 1873, 36 & 37 Vict. I, c. 66; Judicature Act 1874, 37 & 38 Vict. I, c. 83; Judicature Act 1875, 38 & 39 Vict. I, c. 77. 751 Vgl. zum Ganzen Baker (Fn. 600), S. 68 f.; Bücker, Mündliche und schriftliche Elemente und ihre rechtsgeschichtlichen Hintergründe im englischen Erkenntnisverfahren, 1978, S. 33 ff.; Maitland (Fn. 608), S. 374 f.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 196 f. 752 Vgl. nur Chen-Wishart (Fn. 496), S. 10 f.; Collins, The Law of Contract, 4th ed., 2003, S. 3; Stone, The modern law of contract, 8th ed., 2009, S. 7; Teeven (Fn. 610), S. 179. 753 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 17; McKendrick (Fn. 493), S. 6; Teeven (Fn. 610), S. 179. 754 Vgl. oben B. I.3. a) aa). 755 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) aa). 756 Sehr anschaulich insofern McKendrick (Fn. 493), S. 6 in Bezug auf seinen einleitenden Überblick zum Vertragsrecht: „Sir William Anson, who published the first edition of is book on contract law in 1879, would not have dissented a great deal from the outline given earlier“ („Sir William Anson, der die erste Auflage seines Buchs zum Vertragsrecht 1879 veröffentlichte, würde vom oben gegebenen Überblick nicht sehr viel differieren.“). 750
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
99
(1) Insbesondere: Fortentwicklung und Diskussion um die considerationDoktrin Dies gilt speziell auch für die Fortentwicklung der consideration-Doktrin. Auch insoweit waren die von Rechtsprechung und Lehre im Verlauf des 20. und 21. Jahrhunderts vorgenommenen Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen zwar punktuell durchaus signifikant, hatten aber insgesamt eher den Charakter einer schrittweisen Evolution des klassischen Grundkonzepts vor dem Hintergrund neuerer sozio-ökonomischer Entwicklungen. Insbesondere hat die consideration-Doktrin bislang auch sämtlichen im Verlauf der Zeit immer wieder gegen sie geführten grundsätzlichen Attacken und Angriffen standgehalten. So hatte etwa das Law Revision Committee bereits im Jahr 1937 eine umfassende Reform – die aber de facto wohl eher einer fast vollständigen Abschaffung gleichgekommen wäre758 vorgeschlagen.759 Der im Auftrag der Law Commission erstellte McGregor-Code von 1972760 verzichtete dann sogar von vornherein ausdrücklich auf das consideration-Erfordernis.761 Aber auch seitens des Schrifttums und der Judikatur gab es im Verlauf der Zeit immer wieder Forderungen nach einer Abschaffung762 oder zumindest
757 Vgl. auch Chen-Wishart in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89, 112; s. ferner auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 17: „The evolution of new doctrines and approaches has been gradual“ („Die Evolution neuer Lehren und Ansätze erfolgte sukzessive“); McKendrick (Fn. 493), S. 6: „English law favours incremental rather than revolutionary change.“ („Das englische Recht bevorzugt schrittweise anstelle von revolutionären Veränderungen.“). 758 Immerhin sollten schriftliche Vereinbarungen – im Anschluss an die Vorschläge von Lord Mansfield (vgl. dazu oben B. I.3. b) bb) generell auch ohne consideration verbindlich sein, vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), paras. 29, 32, 50. Wie hier etwa auch die Einschätzung von Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 144 („abolition through the back door“ [„Abschaffung durch die Hintertür“]) und des CA of Singapore in Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3. 759 Law Revision Committee (Fn. 485), paras. 26 ff., 50. Dazu Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 143 ff.; Editorial Committee of the Modern Law Review (1937) 1 MLR 97 ff.; Hamson (1938) 54 LQR 233 ff.; Hays (1941) 41 Colum. L. R. 849, 853 ff.; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 314, 318; Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929, 958 ff.; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 324 ff. 760 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) aa). 761 Vgl. McGregor-Code (Fn. 478), S. 3. 762 Vgl. Chloros (1968) 17 ICLQ 137 ff., 164; Fried, Contract as a Promise, 1981, S. 35 ff.; Gordley, Consideration, in: Smits (ed.), Elgar Encyclopedia of Comparative Law, 2006, S. 180, 185; Henry (1941) 29 Ky. L. J. 369, 398 ff.; Hogg (Fn. 22), S. 275; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 315 ff.; Koo (2011) 23 SacLJ 463 ff.; Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 644, 646; Phang (2005) 17 SALJ 361, 381; Pound, Introduction to the Philosophy of Law, 1922, S. 271 ff., 282; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225 ff. (Lord Wright war 1937 1939 Vorsitzender des Law Revision Committee).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
umfassenden Reform763 der consideration-Doktrin. Zu den wesentlichen Kritikpunkten gehören insbesondere: (1) Die consideration-Doktrin sei ein „historical accident“ („historischer Unfall“) ohne rationale Basis;764 (2) sie sei nicht nur künstlich765 und hochkomplex766, sondern auch in sich inkonsistent767; (3) auf Grund des Verzichts auf eine Angemessenheitsprüfung768 könne sie ohnehin leicht umgangen werden;769 (4) andererseits zwinge sich teilweise dazu, Vereinbarungen, welche die Parteien unzweifelhaft als verbindlich gewollt hatten, die Verbindlichkeit zu versagen;770 (5) andere Rechtssysteme kämen 763 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 130 (Beschränkung des Anwendungsbereichs auf den Vertragsschluss und Ergänzung durch promissory estoppel); Atiyah, Essays on Contract, 1986, S. 240 ff. (plurastische Interpretation); Dawson, Gifts and Promises, 1980, S. 221, 230; Halson (1990) 106 LQR 183, 184 f. (völlige Abschaffung des consideration-Erfordernisses für Vertragsänderungen); Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 48 (grundsätzlich sollte consideration oder Schriftform genügen); Llewellyn (1941) 41 Colum. L. Rev. 863 ff. (Entwicklung konsistenter Prinzipien); Mason (1941) 41 Colum. L. Rev. 825, 848 (Neuausrichtung im Hinblick auf die eigentliche Zielsetzung); Phang (1991) 107 LQR 21, 23 f. (gesetzliche Regelung entsprechend Vorschlägen der Law Commission von 1937 und bis dahin Ausbau des promissory estoppel); Tan (2005) 17 SALJ 566, 594 (völlige Abschaffung des consideration-Erfordernisses für Vertragsänderungen); Willis (1932) 8 Ind. L. J. 153, 169 ff. (verschiedene Formen von consideration für verschiedene Vertragstypen); S. ferner kritisch etwa auch White v Jones [1995] 2 AC 207 at 262 per Lord Goff of Chieveley: „It is true that our law of contract is widely seen as deficient in the sense that it is perceived to be hampered by the presence of an unnecessary doctrine of consideration“ („Es ist wahr, dass unser Vertragsrecht verbreitet als defizitär angesehen wird, insoweit als der Eindruck herrscht, dass es durch die Existenz einer unnötigen consideration-Doktrin behindert wird“); Eisenberg (1982) 57 Cornell L. Rev. 640 ff.; von Mehren (1959) 72 Harv. L. Rev. 1009, 1074 ff. Vgl. weiter den New Zealand CA in Antons Trawling Company Ltd v Smith [2002] NZCA 331 at 93 (Verzicht auf consideration-Erfordernis für Vertragsänderungen). 764 Vgl. etwa Howell (1949) 1 Intramural L. Rev. St. Louis U. 75; Willis (1924) 72 U. Pa. L. Rev. 245, 246 und 376, 399; ders. (1932) 8 Ind. L. J. 93, 94 und 153, 173; s. zu dieser weit verbreiteten These ferner auch Benson in: Bensen, Peter (ed.), The Theory of Contract Law, 2007, S. 118, 153; Dawson (Fn. 763), S. 197. 765 Vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), para. 26; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 315. 766 Vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), para. 26; Henry (1941) 29 Ky. L. J. 369, 400; Lando ERCL 2007, 1, 13; Llewellyn (1941) 41 Colum. L. Rev. 777 ff.; ders. (1941) 41 Colum. L. Rev. 863; von Mehren (1959) 72 Harv. L. Rev. 1009, 1074; vgl. ferner auch Art. II.-4:101 DCFR Note 13. 767 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 100 ff.; Fried (Fn. 762), S. 35; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 315 ff.; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 482 f.; von Mehren (1959) 72 Harv. L. Rev. 1009, 1074 f.; Pound (Fn. 762), S. 272, 275 f.; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1247 ff.; s. ferner auch Holdsworth (Fn. 595), Vol. VIII, S. 47: „something of an anachronism“ („in gewissem Sinne ein Anachronismus“). 768 Vgl. dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(ee). 769 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 100; Law Revision Committee (Fn. 485), para. 22, 25; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 474; Pound (Fn. 762), S. 274; vgl. ferner auch Art. II.-4:101 DCFR Comments E und Note 16. S. zu dieser Problematik i.Ü. auch bereits oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(ff) mit den Nachweisen in Fn. 549. 770 Vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), para. 20 ff.; Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 164; Fried (Fn. 762), S. 35; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 474; Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 643; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1229 ff., 1250; sehr prägnant insbesondere auch: Dunlop
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
101
schließlich auch hervorragend ohne sie aus;771 und (6) auch im englischen Recht existierten andere Rechtsinstitute (speziell: promissory estoppel772, economic duress773, Erfordernis einer intention of creating legal relations774) welche die Funktion der consideration-Doktrin wesentlich zielgenauer erfüllen könnten775. Obgleich inzwischen verbreitet eingeräumt wird, dass diese Kritik zumindest im Kern größtenteils durchaus berechtigt ist776, wurde und wird die consideration-Doktrin aber nach wie vor vehement verteidigt.777 Sie habe sich über Jahrhunderte bewährt778 und stelle trotz allem einen effektiven und praktikablen Mechanismus zur Abgrenzung derjenigen Vereinbarungen dar, deren Verbindlichkeit und rechtliche Durchsetzbarkeit rechtspolitisch erwünscht 771 Pneumatic Tyre Co Ltd v Selfridge and Co Ltd [1915] AC 847 at 855 per Lord Dunedin: „the effect of the doctrine … is to make it possible for a person to snap his fingers at a bargain deliberately made, a bargain not in itself unfair, and which the person seeking to enforce it has a legitimate interest to enforce.“ („der Effekt der Doktrin ist es, einer Person die Missachtung einer willentlich gemachte Abmachung, einer Abmachung, die an sich nicht unfair ist und an deren Durchsetzung die Person, die ihre sie durchsetzen will, ein legitimes Interesse hat, zu ermöglichen“). 771 Dieses Argument wurde zwar bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vorgebracht (vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), para. 26; Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 164; Henry (1941) 29 Ky. L. J. 369, 400; Lando ERCL 2007, 1, 13; von Mehren (1959) 72 Harv. L. Rev. 1009, 1076 ff.; Willis (1932) 8 Ind. L. J. 153, 168; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1236 ff.), gewann aber vor dem Hintergrund der europäischen Harmonisierung im Allgemeinen und den verschiedenen Projekten zur Schaffung eines „Europäischen Vertragsrechts“ i.w.S. (PECL, CFR, CESL) eine ganz neue Dimension und Aktualität (vgl. aus jüngerer Zeit: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 129; Hogg (Fn. 22), S. 275; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 484 ff.; zumindest für eine Neubewertung vor dem Hintergrund von PECL und DCFR Cartwright EPRL 2009, 155, 173). 772 Vgl. dazu oben B. I.3. a) cc). Dafür als Alternative Phang (2005) 17 SALJ 361, 381; zumindest als Ergänzung: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 130; Phang (1991) 107 LQR 21, 23 f. 773 Vgl. dazu oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(ff)(iv). Dafür als Alternative: Phang (2005) 17 SALJ 361, 381. 774 Vgl. dazu oben B. I.3. a) bb), B. I.3. b) cc). Dafür als Alternative: Hogg (Fn. 22), S. 275; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 316; Lorenzen (1919) 28 Yale L. J. 621, 644; s. ferner auch Atiyah (Fn. 763), S. 240 f.; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 502 f.; Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1251; sowie bereits Hamson (1938) 54 LQR 233, 256 f. (allerdings nur hilfsweise, primär plädiert er für eine Beibehaltung der consideration-Doktrin). 775 Vgl. Hogg (Fn. 22), S. 275; Koo (2011) 23 SacLJ 463, 484, 500 f.; Phang (2005) 17 SALJ 361, 381; sowie die Nachweise in Fn. 772–774. 776 Vgl. die in Fn. 764–775 zitierten Proponenten der consideration-Doktrin. 777 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 135 ff.; dies. [2009] SJLS 434 ff.; dies. in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89 ff.; Fuller (1941) 41 Colum. L. Rev. 799, 824; Hamson (1938) 54 LQR 233 ff.; Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929 ff.; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 328 ff.; Steyn (1997) 113 LQR 433, 437 f.; Treitel (Fn. 491), 3-174 f.; für eine (zumindest vorläufige) Beibehaltung auch die – insgesamt allerdings durchaus sehr kritische viel beachtete Entscheidung Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 118 (vgl. dazu Chen-Wishart [2009] SJLS 434 ff.; Lee/Tham (2008) 9 SAL Ann Rev 212, 213 ff.; Zhuang-Hui [2009] SJLS 272 ff.). 778 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 118.
102
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
ist779. Jeglichen irgendwie gearteten, insbesondere auch unentgeltlichen, Vereinbarungen rechtliche Verbindlichkeit zukommen zu lassen, könne rechtspolitisch nicht gewollt sein.780 Die von den Kritikern zur Lösung dieser grundlegenden zentralen Wertungsfrage vorgeschlagenen Alternativen seien entweder nicht ausgereift oder mit mindestens ebenso vielen Auslegungs- und Abgrenzungsproblemen verbunden wie die consideration-Doktrin.781 Vor diesem Hintergrund sei eine radikale Lösung im Sinne einer völligen Beseitigung der consideration-Doktrin keinesfalls vertretbar782; es bedürfe allenfalls Modifikationen im Hinblick auf bestimmte Einzelfragen783. Die consideration-Doktrin als „cornerstone of the law of contract“ („Eckpfeiler des Vertragsrechts“)784 ist für das englische common law somit nach wie vor ähnlich sakrosankt785 wie die Lehre von der cause für das französische Recht786. (2) Offer and acceptance Fortentwickelt wurden im Verlauf des 20. und 21. Jahrhunderts auch die Regeln über Angebot und Annahme (offer and acceptance). Auch insoweit be779 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 118; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 140; dies. [2009] SJLS 434, 455 f.; Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929, 949 f., 953, 963; Steyn (1997) 113 LQR 433, 437 f.; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 329 f.; Treitel (Fn. 491), 3-174 f. 780 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 117; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 137; dies. [2009] SJLS 434, 442 f., 455; dies. in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89, 108; Treitel (Fn. 491), 3-174 f.; s. ferner (trotz seiner Vorschläge für eine umfassende Reform der consideration-Doktrin) auch Atiyah (Fn. 763), S. 240 f. 781 Vgl. Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 114 ff.; ChenWishart (Fn. 512), S. 137 ff.; dies. [2009] SJLS 434, 444 ff.; dies. in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89, 110 ff.; Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929, 956 ff. 782 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 135 ff.; dies. [2009] SJLS 434, 455 f.; dies. in: Burrows/ Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 89, 112 f.; Fuller (1941) 41 Colum. L. Rev. 799, 824; Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929, 963; Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 328 ff.; Steyn (1997) 113 LQR 433, 437; Treitel (Fn. 491), 3-174 f.; vgl. ferner auch Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3 at para. 118; Zhuang-Hui [2009] SJLS 272, 281 f. 783 Vgl. Fuller (1941) 41 Colum. L. Rev. 799, 824 (Definition im Hinblick auf die dahinter stehenden rechtspolitischen Erwägungen); Patterson (1958) 58 Colum. L. Rev. 929, 963 (Beseitigung einer „Auswüchse“ und Ausweitung des promissory estoppel); Treitel (Fn. 491), 3-175 (Erweiterung des promissory estoppel); Zhuang-Hui [2009] SJLS 272, 281 f. (Ausbau des promissory estoppel zu einem „sword“ („Schwert“)). 784 Vgl. McGregor-Code (Fn. 478), S. 3. 785 Vgl. auch bereits Law Revision Committee (Fn. 485), para. 27: „It is so deeply embedded in our law that any measure which proposed to do away with it altogether would almost certainly arouse suspicion and hostility.“ („Sie ist so tief in unserem Recht verwurzelt, dass jeder Vorschlag sie vollständige abzuschaffen nahezu sicher auf Argwohn und Feindseligkeit treffen würde.“) sowie Wright (1936) 49 Harv. L. R. 1225, 1253: „But there is a dead weight of legal conservatism to be overcome.“ („Aber ein Ballast rechtlichen Konservatismus muss überwunden werden.“) 786 Vgl. dazu bereits oben B. I.2. a) dd), B. I.2. b) ee)(2)(c), B. I.2. b) ff.)
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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schränkten sich Rechtsprechung und Lehre aber im Wesentlichen auf eine systemkonsistente Fortschreibung und Ausziselierung der klassischen Konzepte. Prinzipiell festgehalten hat das englische Recht dabei insbesondere auch an der common law-Regel der freien Widerruflichkeit des Angebots; Vorschläge für einen Übergang zum Prinzip der firm offer (bindendes Angebot) konnten sich (bislang) nicht durchsetzen.787 Signifikante Entwicklungen und Modifikationen lassen sich aber etwa im Hinblick auf die Behandlung des Problems kollidierender AGB (battle of forms) ausmachen.788 Vor neue Herausforderungen gestellt wurde schließlich auch das englische Recht durch die rasante Entwicklung auf dem Gebiet moderner Kommunikationsmittel und –technologien.789 Ebenso wie der deutsche – aber anders als etwa der US-amerikanische790 und der kanadische791 sowie partiell auch der französische792 – hat allerdings auch der englische Gesetzgeber bislang davon abgesehen, hierfür spezielle Regeln zu schaffen. Auch in England ist man vielmehr der Ansicht, dass das klassische Vertragsrechtsinstrumentarium hinreichend flexibel ist, um auch den neuen technologischen Entwicklungen gerecht werden zu können.793 (3) Verbraucherschutzrecht Ähnlich wie in Deutschland794 und Frankreich795 und ebenso maßgeblich auf Grund europäischer Vorgaben796 existieren auch in England seit den 1970er Jahren immer mehr spezielle Verbraucherschutzvorschriften, welche partiell auch die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss ergänzen und überlagern. Sie sind dort allerdings – anders als in Deutschland und Frankreich – über eine Vielzahl von Einzelgesetzen und Regelungen verstreut.797 Zu nennen sind spe787
Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) aa) sowie näher unten C. VIII.3. a) aa). Dazu näher unten D. VIII.3. 789 Vgl. etwa zur Frage der Qualifikation einer Internetseite als Angebot unten C. III.2. b) hh)(3); zur Frage der Geltung der postal rule für moderne Kommunikationsmittel (E-Mail, SMS, sonstige Online-Kommunikation) unten D. VII.3. b) cc)(3)(e), D. VII.3. b) cc)(3)(f), D. VII.3. b) cc)(3)(g). 790 S. Fn. 226. 791 S. Fn. 227. 792 Vgl. dazu bereits oben B. I.2. b) ee)(1) sowie noch näher unten C. III.2. b) hh)(2)(b) und D. VII.2. c) dd). 793 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.02: „contract law can absorb technological change“ („das Vertragsrecht kann den technologischen Wandel absorbieren“). Vgl. aus der Rechtsprechung etwa Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at paras. 86 ff.; Bernuth Lines Ltd v High Seas Shipping Ltd [2005] EWHC 3020 (Comm) at paras. 28 ff. (in Bezug auf Zustellung von Schriftstücken). 794 Vgl. dazu oben B. I.1. b) hh) 795 Vgl. dazu oben B. I.2. b) ee)(1). 796 Siehe Fn. 237. 797 Ausf. zum Verbraucherschutzrecht im UK: Bryan, A Straightforward Guide to the Rights of the Consumer, 2009; Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 2nd ed. 2009. 788
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
ziell: Consumer Credit Act 1974798, Unfair Contract Terms Act 1977 (UCTA)799, The Package Travel, Package Holidays and Package Tours Regulations 1992800, The Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1999801, The Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000802, The Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 2002803, The Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004804, The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc. Regulations 2008805 und The Timeshare, Holiday Products, Resale and Exchange Contracts Regulations 2010806.
4. Der Vertragsschluss im CESL-D a) Vertragsbegriff und Voraussetzungen für einen Vertragsschluss Die Vertragsschlussvorschriften des CESL-D beruhen ebenfalls auf dem Konsensualprinzip. Art. 2 lit.a CESL-VOE definiert den Begriff Vertrag wie folgt: Definition von „Vertrag“ in Art. 2 lit. a CESL-VOE Deutsch eine Vereinbarung, die darauf abzielt, Verpflichtungen oder andere rechtliche Wirkungen herbeizuführen 798
Englisch an agreement intended to give rise to obligations or other legal effects
Französisch une convention destinée à donner naissance à des obligations ou à d’autres effets juridiques
1974 c. 39. Inzwischen mehrmals geändert, jüngst insbesondere durch die The Consumer Credit (EU Directive) Regulations 2010 (SI 2010/1010). Vgl. näher Howells (2010) 126 LQR 617 ff.; Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 295 ff.; Ryder/Griffiths/Singh, Commercial Law, 2012, S. 522 ff. 799 1977 c. 50. Vgl. dazu etwa Adams/Brownsword (1988) 104 LQR 94 ff.; Beale (1978) Brit. J. L. & Soc’y 114 ff.; Coote (1978) 41 MLR 312 ff.; Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 267 ff.; Sealy (1978) 37 CLJ 15 ff.; Thompson, Unfair Contract Terms Act 1977, 1978; Treitel (Fn. 491),7-050 ff. Rechtsvergleichend: Lütkenhaus, Unfair Contract Terms Act 1977 und AGB-Gesetz 1976, 1987. 800 SI 1992/3288. Näher dazu Bryan (Fn. 797), S. 71 ff. 801 SI 1999/2083. Sie ersetzten m.W.v. 1.10.1999 die The Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994 (SI 1994/3159). Näher dazu Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 267 ff.; Treitel (Fn. 491),7-095 ff. m.w.N. 802 SI 2000/2334. Näher dazu Hall [2007] JBL 683 ff.; Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 368 ff. 803 SI 2002/2013. Näher dazu Roebuck (2002) 8 CTLR 163 ff.; Ryder/Griffiths/Singh (Fn. 798), S. 166 ff.; Viswanathan (2003) 9 CTLR 59 ff.; Warner (2002) 23 Co Law 313 f. 804 SI 2004/2095. Näher dazu Bullock (2005) 20 JIBLR 13 ff. 805 SI 2008/1816. Sie ersetzten m.W.v. 1.10.2008 The Consumer Protection (Cancellation of Contracts Concluded away from Business Premises) Regulations 1987 (SI 1987/2117). Näher dazu Bryan (Fn. 797), S. 39 ff.; Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 363 ff. 806 SI 2010/2960. Sie ersetzten m.W.v. 23.2.2011 den Timeshare Act 1992 (1992 c. 35) und die Timeshare Regulations 1997 (SI 1997/1081). Vgl. zum ursprünglichen Timeshare Act 1992: Wilkinson Conv. 1992, 301 ff.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
105
Der CESL-VOE entspricht damit fast wörtlich der Vertragsdefinition in Art. II.-1:101 (1) 1 DCFR807.808 Es fehlt allerdings der ergänzende S. 2, der den Vertrag als „einseitiges oder zweiseitiges Rechtsgeschäft“ definiert.809 Hintergrund ist schlicht, dass die Aufnahme des Konzepts des Rechtsgeschäfts in den DCFR810 verbreitet auf Widerstand gestoßen war und es deshalb generell nicht ins CESL übernommen wurde.811 Kritisiert worden war vor allem, dass der DCFR sich damit zu sehr am deutschen Recht orientiere812 sowie, dass das Konzept des Rechtsgeschäfts zu abstrakt und „akademisch“ sei813 und daher mit dem Ziel eines „benutzerfreundlichen“ Instruments konfligiere814. Klar zum Ausdruck kommt das Konsensualvertragsprinzip auch in Art. 30 Abs. 1 CESL-D betreffend die Voraussetzungen für den Abschluss eines Vertrags:
807
Art. II.-1:101(1) 1 DCFR A contract is an agreement which is intended to give rise to a binding legal relationship or to have some other legal effect. It is a bilateral or multilateral juridicial act. (Ein Vertrag ist eine Vereinbarung, die darauf abzielt, ein bindendes Rechtsverhältnis oder andere rechtliche Wirkungen herbeizuführen. Es ist ein zweiseitiges oder mehrseitiges Rechtsgeschäft.). 808 Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.1.a. Vgl. zum Vertragsbegriff im DCFR etwa Fauvarque-Cosson RTD eur. 2008, 695, 699 f.; Hellwege AcP 211 (2011) 665, 667 f.; Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 629; dies. AcP 210 (2010) 197, 202, 207 ff. 809 Art. II.-1:101 Abs. 1 S. 2 DCFR It is a bilateral or multilateral juridicial act. (Es ist ein zweiseitiges oder mehrseitiges Rechtsgeschäft). 810 Vgl. zum „juridicial act“ im DCFR auch Collins (2008) 71 MLR 840; Hellwege AcP 211 (2011) 665, 666 f.; Hesselink ERCL 2008, 248, 257; ders. (2009) 83 Tul. L. Rev. 919, 969; Jansen/ R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 629 ff.; dies. AcP 210 (2010) 197, 202 ff.; J. P. Schmidt ZEuP 2010, 304 ff.; Vacquer (2009) 17 ERPL 487, 401 ff. 811 Vgl. Synthesis of the first expert group’s meeting on 21st May 2010 (abrufbar unter http:/ /ec.europa.eu/justice/contract/files/first-meeting_en.pdf), S. 2; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 603; Zimmermann JBl. 2012, 1, 14; s. ferner auch (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): Veneziano, Conclusion of the Contract, in: Schulze/Stuyck (eds.), Towards a European Contract Law, 2011, S. 81, 87 ff. 812 Vgl. Hesselink ERCL 2008, 248, 257; ders. (2009) 83 Tul. L. Rev. 919, 969; s. ferner auch Collins (2008) 71 MLR 840; Vacquer (2009) 17 ERPL 487, 492 f., 511. Allg. kritisch zur „stringent and incomprehensible logic … borrowed from the German Civil Code“ („stringenten und unverständlichen Logik, … die dem deutschen BGB entlehnt wurde“) auch Lando ERCL 2007, 245, 250; ähnlich auch Schulze/Wilhelmsson ERCL 2008, 154, 158 ff. 813 Vgl. Hesselink ERCL 2008, 248, 257; ders. (2009) 83 Tul. L. Rev. 919, 969; s. ferner auch Collins (2008) 71 MLR 840; Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 630 f.; dies. AcP 210 (2010) 197, 203 ff. Vgl. zur Nichtrezeption der Rechtsgeschäftslehre im englischen Recht bereits oben B. I.3. b) cc). 814 Vgl. Hesselink (2009) 83 Tul. L. Rev. 919, 969; Synthesis (Fn. 811), S. 2.
106
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Voraussetzungen für einen Vertragsschluss gem. Art. 30 Abs. 1 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
Ein Vertrag ist geschlossen, wenn
A contract is concluded if:
Le contrat est conclu:
(a) die Parteien eine Einigung erzielen,
(a) the parties reach an agreement;
(a) si les parties parviennent à un accord;
(b) sie ihrer Einigung Rechtswirkung verleihen wollen und
(b) they intend the agreement to have legal effect; and
(b) si elles entendent faire produire des effets juridiques à l’accord; et
(c) diese Einigung, gegebenenfalls ergänzt durch die Vorschriften des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, einen ausreichenden Inhalt hat und hinreichend bestimmt ist, so dass davon Rechtswirkungen ausgehen können.
(c) the agreement, supplemented if necessary by rules of the Common European Sales Law, has sufficient content and certainty to be given legal effect.
(c) si l’accord, complété, si nécessaire, par des dispositions du droit commun européen de la vente, présente un contenu suffisant et est suffisamment certain pour produire des effets juridiques.
Auch damit übernimmt der CESL-D im Wesentlichen die entsprechende Regelung in Art. II.-4:101 DCFR815 (ähnlich auch bereits Art. 2:101(1) PECL816): Art. II.-4:101 DCFR Requirements for the conclusion of a contract A contract is concluded, without any further requirement, if the parties (a) intend to enter into a binding legal relationship or bring about some other legal effect; and (b) reach a sufficient agreement. [Art. II.-4:101 DCFR Voraussetzungen für einen Vertragsschluss Ein Vertrag ist, ohne dass weitere Voraussetzungen bestehen, geschlossen, wenn die Parteien (a) beabsichtigen, ein bindendes Rechtsverhältnis einzugehen oder eine andere rechtliche Wirkung herbeizuführen; und (b) sie eine ausreichende Einigung erzielen.]
815 Vgl. auch Gebauer, Der Vertragsschluss im EU-Kaufrecht (Artt. 30-39 GEKR), in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 121, 126 f.; Veneziano (Fn. 811), S. 81, 86 (in Bezug auf Art. 29 Feasibility Study [Fn. 7]). 816 Art. 2:101(1) PECL: (1) Ein Vertrag ist geschlossen, wenn: (a) die Parteien den Willen haben, rechtlich gebunden zu sein, und (b) sie eine ausreichende Einigung erzielen; weitere Voraussetzungen gibt es nicht.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
107
Die Fassung des CESL ist allerdings in einigen Punkten wesentlich konkreter (speziell im Hinblick die Frage der hinreichenden Bestimmtheit817). Andererseits fehlt aber im CESL der ausdrückliche Hinweis, dass es keiner weiteren Voraussetzungen („no further requirements“) bedarf. Damit hatten die Verfasser des DCFR und der PECL unmissverständlich klarstellen wollen, dass es insbesondere weder einer consideration nach dem Vorbild des common law noch einer cause nach dem Vorbild des französischen Rechts bedarf.818 Im Kommentar zu Art. II.-4:101 DCFR heißt es zur Begründung, dass diese weiteren Anforderungen (die in vielen Fällen ohnehin abgeschwächt seien oder einfach umgangen werden könnten) keine hinreichend wichtige Funktion zu erfüllen scheinen, um erwünschte Elemente eines modernen Vertragsmodells zu sein; jegliche verbleibende Funktionen der consideration oder der cause, wie die Verhinderung der Durchsetzbarkeit sehr einseitiger Vereinbarungen, würden durch andere Regeln erfüllt.819 Im Rahmen der Beratungen zum CESL kam man jedoch offenbar zu dem Schluss, dass eine derartige Klarstellung nicht nur überflüssig ist (weil sich die Entbehrlichkeit einer consideration bzw. cause bereits daraus ergibt, dass eine solches Erfordernis weder in Art. 30 CESL-D noch sonst irgendwo auch nur erwähnt wird820), sondern u.U. sogar zu Missverständnissen führen könnte (z.B. dass auch keine „weiteren Voraussetzungen“ i.S.v. formalen Anforderungen bestehen821)822. Zumindest latent 817 Der DCFR enthielt allerdings in Art. II.-4:103 noch eine spezielle Regelung betreffend die hinreichende Bestimmtheit der Einigung. 818 Vgl. Art. II.-4:101 DCFR Comment E; Art. 2:101 PECL Kommentar D. Vgl. zum Verzicht auf consideration und cause im DCFR auch: Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 633; dies. AcP 210 (2010) 197, 209; speziell in Bezug auf die consideration auch: House of Lords European Union Committee, European Contract Law: the Draft Common Frame of Reference (HL 2008-09, 95), paras. 24–27; Vogenauer, Memorandum for the House of Lords Select Committee on the European Union (HL 2008-09, 95), paras. 23 f. 819 Vgl. Art. II.-4:101 DCFR Comment E: „…The additional requirements (which in many cases are attenuated or are readily evaded) do not seem to fulfill a sufficiently important function to be desirable elements of a modern model for contract law. Any residual function of consideration or cause, such as preventing very one-sided agreements from being enforceable, are fulfilled by other rules …“. („…Die zusätzlichen Voraussetzungen (die in vielen Fällen abgemildert werden oder einfach zu umgehen sind) scheinen keine ausreichend wichtige Funktion zu erfüllen, um wünschenswerte Elemente eines modernen Vertragsrechts zu sein. Jegliche verbleibende Funktion von consideration oder cause, wie die Durchsetzung sehr einseitiger Vereinbarungen zu verhindern, werden durch andere Regeln erfüllt …“). 820 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 132; Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.2; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 606 f.; sowie (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): Veneziano (Fn. 811), S. 81, 92. 821 Art. 19 Abs. 4 S. 1 CESL-D sieht z.B. vor, dass ein telefonisch geschlossener Fernabsatzvertrag nur gültig ist, wenn der Verbraucher das Angebot unterzeichnet oder seine schriftliche Zustimmung übermittelt hat, aus der sein Einverständnis mit dem Abschluss eines Vertrags hervorgeht. 822 Vgl. die Erörterungen i.R.d. 2. Treffens der Expertengruppe, vgl. Synthesis of the Second Meeting, 24 June 2010 (abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice/contract/files/secondmeeting_en.pdf), S. 2.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
dürfte hinter dem Verzicht auf eine solche „Klarstellung“ aber wohl nicht zuletzt auch die „taktische“ Erwägung stehen, diejenigen Rechtsordnungen, die am Erfordernis einer consideration oder cause festhalten und die den Verzicht auf ein solches im CESL823 wohl ohnehin als Affront empfinden könnten , nicht auch noch durch eine ausdrückliche „Nichterforderlichkeitsklausel“ brüskieren zu wollen. b) Angebot/Annahme-Modell Die Vertragsschlussvorschriften des CESL beruhen konzeptionell ebenfalls auf dem dogmatischen Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme. Art. 30 Abs. 2 S. 1 CESL-D formuliert den Grundsatz: Art. 30 Abs. 2 S. 1 CESL-D Deutsch Eine Einigung wird durch Annahme eines Angebots erzielt.
Englisch Agreement is reached by acceptance of an offer.
Französisch L’accord résulte de l’acceptation d’une offre.
Art. 31–39 CESL-D enthalten dann nähere Regelungen betreffend Angebot und Annahme. Auch insoweit baut der CESL-D weitgehend – wenn im Detail auch mit einigen Modifikationen824 auf dem DCFR auf, der in Art. II.-4 Section 2 (Art. II.-4:201 – II.-4:210) einen speziellen Abschnitt betreffend Angebot und Annahme enthielt825 (entsprechend auch bereits die PECL, vgl. Kapitel 2 Abschnitt 2, Art. 2:201–2:211). Eine Abkehr von diesem Grundmodell wäre indes auch kaum denkbar gewesen, denn – wie die Begründungen zu Art. II.-4:201 DCFR und Art. 2:201 PECL nachdrücklich betonen826 – folgen nicht nur die hier untersuchten drei „großen“ Rechtsordnungen (deutsches, französisches und englisches Recht), sondern vielmehr alle Rechtssysteme in der EU diesem – wie oben dargestellt über Jahrhunderte tradierten dogmatischen Grundmodell. Es ist – wie die Anmerkungen zu DCFR und PECL so schön formulieren der „Prototyp für den Vertragsschluss“827. 823 Vgl. dazu auch Paisant JCP G 2012, doctr. 560; s. ferner (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): Veneziano (Fn. 811), S. 81, 92 f. 824 Dazu noch näher unten in Kapitel C. und D. im Zusammenhang mit den jeweiligen Einzelfragen. 825 Näher zur Regelung von Angebot und Annahme im DCFR: Hellwege AcP 211 (2011) 665, 673 f.; Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 636 ff.; dies. AcP 210 (2010) 197, 214 ff.; vgl. ferner auch bereits Armbrüster JURA 2007, 321, 322 ff. (noch vor Veröffentlichung). 826 Vgl. Art. II.-4:201 DCFR Note 1; Art. 2:201 PECL Anmerkung 1. 827 Vgl. Art. II.-4:201 DCFR Note 1; Art. 2:201 PECL Anmerkung 1.
I. Das Grundprinzip des Konsensualvertrags
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DCFR und PECL betonten aber andererseits zugleich auch ausdrücklich die immanenten praktischen Grenzen dieses dogmatischen Denkkonstrukts828 und versuchten diesen dadurch Rechnung zu tragen, dass sie in Art. II.-4:122 DCFR829 bzw. Art. 2:211 PECL830 bestimmten, dass die Regeln des Abschnitts über Angebot und Annahme mit entsprechenden Anpassungen auch dann Anwendung finden sollten, wenn sich der Prozess des Vertragsschlusses nicht in den Kategorien von Angebot und Annahme analysieren lässt. Diese Regelungen erschienen jedoch offenbar als zu „akademisch“ für ein Instrument, dass nach dem erklärten Willen der Kommission so „klar und benutzerfreundlich“ formuliert sein sollte, dass auch „Nichtspezialisten“ es verstehen und verwenden können831, und wurde daher nicht in den CESL-D übernommen.832 Nichtsdestotrotz versteht aber auch der CESL-D das Angebot-/Annahmemodell letztlich nur als dogmatisches Grundmodell, das nicht immer schematisch-stereotyp angewendet werden kann, sondern ggf. einer Adaption bedarf. Dies zeigt sich zum einen an Art. 30 Abs. 2 S. 2 und Art. 34 Abs. 1 CESL-D833, wonach die Annahme auch durch andere Erklärungen oder Verhalten erfolgen kann834, zum anderen aber auch an der Regelung zu einander widersprechenden Standardvertragsbestimmungen in Art. 39 CESL-D835. Angesichts der un828 Vgl. Art. II.-4:201 DCFR Comment A; Art. II.-4:211 DCFR Comment A und Note 1; Art. 2:201 PECL Kommentar A; Art. 2:211 PECL Kommentar A und Anmerkung. 829 Art. II.-4:211 DCFR: Vertragsschluss ohne Angebot und Annahme The rules in this Section apply with appropriate adaptions even though the process of conclusion of a contract cannot be analysed into offer and acceptance. (Verträge, die nicht durch Angebot und Annahme zustande kommen. Die Regeln dieses Abschnitts sind mit angemessenen Anpassungen auch dann anwendbar, wenn der Vorgang des Vertragsschlusses nicht in Angebot und Annahme aufgegliedert werden kann.). 830 Art. 2:211 PECL: Vertragsschluss ohne Angebot und Annahme. Die Regeln dieses Abschnitts sind mit angemessenen Anpassungen auch dann anwendbar, wenn der Vorgang des Vertragsschlusses nicht in Angebot und Annahme aufgegliedert werden kann. 831 Vgl. Feasibility Study (Fn. 7), S. 6: „… a text that would not only be concise, but also be user-friendly, both in its language and structure so it could be understood and used by businesses and consumers who would not necessarily be specialists in the area of contract law.“ („… ein Text, der nicht nur präzise, sondern auch benutzerfreundlich ist, sowohl in seiner Sprache als auch in seiner Struktur, so dass er auch von Unternehmen und Verbrauchern, die nicht notwendigerweise Spezialisten auf dem Gebiet des Vertragsrechts sein werden, verstanden und benutzt werden kann.“). Kritisch zu dieser „Hoffnung … ein zivilrechtliches Regelwerk schaffen zu können, das Unternehmen wie Verbrauchern als eine Art Fibel dienen kann“: Zimmermann JBl. 2012, 1, 8. 832 Vgl. auch Veneziano (Fn. 811), S. 81, 86 (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]). Sehr kritisch dazu und für eine Lockerung des Art. 30 Abs. 2 CESL-D Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.1.a. 833 Vgl. dazu noch näher unten D. V.2. a) dd). 834 Vgl. zum Zusammenhang zwischen Art. II.-4:211 DCFR und der der Regelung des Art. 30 Abs. 2 S. 2 CESL-D entsprechenden Regelung in Art. 29 Abs. 2 Feasibility Study [Fn. 7]) auch Veneziano (Fn. 811), S. 81, 86. 835 Dazu noch näher unten D. VIII.4.
110
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
bestreitbaren praktischen Notwendigkeit einer etwaigen „Adaption“ des Angebot/Annahme-Modells in Fällen, in denen dieses klassische Schema nicht wirklich passt, streitet im Übrigen auch das generelle Gebot einer autonomteleologischen Auslegung (Art. 4 Abs. 1 CESL-D) maßgeblich für eine entsprechende Interpretation.
II. Realkontraktliche Relikte Basieren somit sowohl das deutsche als auch das französische und englische Recht heute gleichermaßen auf dem Grundprinzip des Konsensualvertrags, so existierten doch lange – und existieren teilweise noch bis heute – realkontraktliche Relikte.
1. Deutsches Recht Im deutschen Rechtskreis knüpfte man sehr lange an die römisch-rechtliche (aber auch im alten germanischen Recht nachweisbare836) Tradition des Realkontrakts837 an, bei dem es für einen wirksamen Vertragsschluss neben der Willensübereinstimmung auch noch eines Realakts (Sachübergabe) bedarf. Auf dem römisch-rechtlichen Konzept des Realkontrakts basierten etwa die Regelungen des Darlehens und der Leihe im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794838, 839 und im österreichischen ABGB von 1811840, 841.842 Auch in 836 Vgl. zum Realvertrag im germanischen Recht sehr schön Walliser FS Soliva, 1994, S. 349 ff. m.z.w.N. S. ferner zum germanischen Recht auch bereits oben B. I.1. b) bb). 837 Vgl. dazu oben B. I.1. b) aa). 838 Fn. 157. 839 PrALR I, 11, § 653: Das eigentliche Darlehn ist ein Vertrag, vermöge dessen jemand gangbares ausgemünztes Geld, oder geldwerthe an jeden Inhaber zahlbare Instrumente, unter bedungener Wiedererstattung in gleicher Qualität und Quantität, einem Andern zum Verbrauche übergiebt. PrALR I, 21, § 229: Wird eine Sache jemanden bloß zum Gebrauche, unter der Bedingung, daß eben dieselbe Sache zurück gegeben werde, unentgeltlich eingeräumt: so ist ein Leihvertrag vorhanden. Vgl. zum Charakter als Realkontrakte etwa Koch, Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten, 4. Aufl. 1862, Bd. 1, 1, S. 891. 840 Fn. 160. 841 § 983 ABGB: Wenn jemanden verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, daß er zwar willkürlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte zurück geben soll, so entsteht ein Darlehensvertrag. … § 971 ABGB: Wenn jemanden eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeldlichen Gebrauche auf eine bestimmte Zeit übergeben wird; so entsteht ein Leihvertrag. … Vgl. zum Charakter als Realkontrakte etwa von Stubenrauch, Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Juni 1811, 1858, Bd. 3, S. 166, 173. 842 Vgl. auch Staudinger/Freitag, Neubearb. 2011, § 488 Rn. 10.
II. Realkontraktliche Relikte
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der zeitgenössischen Literatur wurde speziell das im Mittelpunkt der Diskussion stehende Darlehen entsprechend dem römisch-rechtlichen mutuum843 verbreitet als Realvertrag eingeordnet.844 Im Verlauf des 19. Jahrhunderts mehrten sich jedoch die Proponenten der Konsensualvertragstheorie.845 Dieser Tendenz folgend gestalteten auch der Dresdener Entwurf von 1866846, 847 und das Schweizer Obligationenrecht von 1883848 das Darlehen als Konsensualvertrag aus. Bei den Beratungen zum BGB wurde anfangs ebenfalls erwogen, allgemeine Vorschriften betreffend Realverträge aufzunehmen und dabei die Kategorie der Realverträge ggf. ausdrücklich vollständig aufzugeben.849 Im Zuge der weiteren Erörterung des Allgemeinen Teils beschloss man dann jedoch vor dem Hintergrund der insgesamt äußerst kontroversen Positionen zunächst, die Frage der Fortexistenz der Kategorie der Realkontrakte nicht dergestalt präjudizieren zu wollen, sondern später in Bezug auf das Darlehen darauf zu843
Vgl. dazu oben B. I.1. b) aa). So etwa Arndts von Arnesberg (Fn. 193), S. 491; Baron, Pandekten, 5. Aufl. 1885, S. 459; Bucher, System der Pandekten oder Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung des Justinianeischen Privatrechts, 3. Aufl. 1882, S. 409; Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 85 (S. 222); Mühlenbruch, Lehrbuch des Pandekten-Rechts, 1835–1836, Bd. 2, S. 321 f.; Seuffert, Lehrbuch des praktischen Pandektenrechts, 1825, Bd. 2, S. 136; Thibaut, System des Pandekten-Rechts, 2. Aufl. 1805–1806, Bd. 2, S. 286; Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/2, S. 26. 845 So etwa Dankwardt, Nationalökonomie und Jurisprudenz II, 1857, S. 36 ff.; Demelius JherJb 3 (1859) 400, 408 f.; Heise, Grundriss eines Systems des gemeinen Civilrechts zum Behuf von Pandecten-Vorlesungen, 1. Aufl. 1807, S. 43 (Einordnung des mutuum als zweiseitige Obligation zusammen mit Kauf etc.); Lammfromm, Teilung, Darlehen, Auflage und Umsatzvertrag, 1897, S. 217 ff.; Unger JherJb 8 (1866) 1, 15 f. 846 Francke (Hrsg.), Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse, 1866. 847 Art. 523: Durch den Darlehensvertrag wird der Darleiher dem Erborger (Anleiher) zur Uebertragung des Eigenthumes an den als Darlehen versprochenen vertretbaren Sachen, der Erborger dagegen dem Darleiher verpflichtet, die Sachen, welche er von Letzterem als Darlehen erhalten hat, durch Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte zurückzuerstatten. Vgl. zur Ausgestaltung als Konsensualvertrag: Haberstich, Handbuch des schweizerischen Obligationenrechts, 1884–1887, Bd. 2, 1, S. 97; s. ferner auch Schubert (Hrsg.), Protocolle der Commission zur Berathung einer allgemeinen Civilprozeßordnung für die deutschen Bundesstaaten, Nachdr. der Ausg. Hannover 1862 1866, 1984, S. 200, 201, 243 ff., 2011 ff. 848 Art. 312 OR: Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darleiher zur Übertragung des Eigentums an einer Summe Geldes oder an andern vertretbaren Sachen, der Borger dagegen zur Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte. Vgl. zur Ausgestaltung als Konsensualvertrag Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 11; Haberstich (Fn. 846), Bd. 2, 1, S. 96 f. 849 Vgl. Motive zur Vorlage Nr. 20. S. 40 f. (abgedruckt in Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. 5, S. 720 f.): „… erscheint damit der Realkontrakt des römischen Rechts als eine aus entschwundenen Rechtszuständen in das heutige Recht herüberragende Antiquität. Diese in einem neuen Gesetzbuche … zu konservieren, dürfte ein genügender Grund nicht vorliegen …“; sowie Beratungen der 1. Kommission, 21. Sitzung v. 16.11.1881, in: Jakobs/Schubert, a.a.O., AT 2, S. 802. 844
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
rückzukommen.850 Im Rahmen der Beratungen zum Darlehen diskutierte die 1. Kommission dann intensiv über die Problematik.851 Man sah allerdings kein Bedürfnis dafür, den „wissenschaftlichen Streit“ zwischen Real- und Konsensualvertragstheorie zu entscheiden852. Hinzu kamen Bedenken, dass eine ausdrückliche Festschreibung der Konsensualvertragstheorie in der Praxis zu Problemen führen könnte853, so dass man sich letztlich darauf beschränkte, anzuordnen, dass der Rückzahlungsanspruch notwendig den vorherigen Empfang des Darlehens voraussetzt854. Ungeachtet dieser evidenten Ambivalenz in Wortlaut und Genese855 wurde die so verabschiedete Fassung des § 607 BGB jahrzehntelang sowohl von der Judikatur856 als auch von der ganz h.L.857 als Kodifikation der Realvertragstheorie interpretiert. Ein Teil des Schrifttums hielt indes weiterhin an der Konsensualvertragstheorie fest.858 Diese gewann im Verlauf des 20. Jahrhunderts – speziell vor dem Hintergrund der Entwicklung des Krediteröffnungsvertrags859 und des Verbraucherdarlehensrechts860 – immer mehr an Boden861. 850 Vgl. Beratungen der 1. Kommission, 21. Sitzung v. 16.11.1881, abgedruckt in: Jakobs/ Schubert (Fn. 206), Bd. AT 2, S. 802. 851 Vgl. Mot. II, 305 f.; Beratungen der 1. Kommission, 170. Sitzung v. 31.1.1883, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. 5, S. 720 f. S. dazu auch Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 11. 852 Vgl. Mot. II, 306. 853 Vgl. Mot. II, 306. 854 Vgl. Mot. II, 306. 855 Vgl. Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 11. 856 Vgl. RGZ 39, 231, 232; 71, 113, 117; 86, 305, 309; 86, 323, 324; 108, 145, 150; BGH BeckRS 1954, 31395394; BGH NJW 1975, 443, 444; BFH NJW 1964, 1342, 1343; offenlassend: BGH NJW 1975, 775; BGH NJW 1983, 931; BayObLG NJOZ 2004, 773, 774. 857 Vgl. etwa Crome, Die partiarischen Rechtsgeschäfte nach römischem und heutigem Reichsrecht, 1897, S. 368; von Gierke JherJb 64 (1914) 355, 388; Goldmann/Lilienthal, Das Bürgerliche Gesetzbuch, Bd. 1, Allgemeiner Theil und Recht der Schuldverhältnisse, 1903, S. 608; Heilfron, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts auf der Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 2, 4. Aufl. 1909, S. 611; Kuhlenbeck JW 1904, 337; Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, 3. Aufl., 1903–1908, Bd. 2, Vor § 598 I, Vor § 607 III 3 a; Regelsberger JherJb 52 (1907) 410 ff.; S. 608; Schmitz, Natur und Wirkungen der Vereinbarung dass geschuldetes Geld künftighin als Darlehn geschuldet werden soll, 1902, S. 12 ff.; Schollmeyer, Das Recht der einzelnen Schuldverhältnisse im Bürgerlichen Gesetzbuche, 2. Aufl., 1904, S. 87; s. ferner etwa auch Cosack, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts auf der Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 4. Aufl. 1903–1904, Bd. 1, S. 510 (zumindest regelmäßig Realvertrag). 858 Vgl. etwa Affolter ArchBürgR 26 (1905) 1, 3 f.; Boehmer ArchBürgR 38 (1913) 314, 333; Kohler ArchBürgR 33 (1909) 1 ff.; Krahmer, Der Darlehensbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuches, 1900, S. 15 ff., 41; Lübbert JherJb 52 (1907) 313 ff.; Scherler, § 610 BGB. Beiträge zur Lehre vom Realvertrag und von der clausula rebus sic stantibus, 1903, S. 3 ff., 42 ff.; Schloßmann JherJb 45 (1903) 1 ff. 859 Der Krediteröffnungsvertrag baute offenkundig auf der Willenseinigung der Parteien auf, vgl. nur Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 11. 860 § 1 Abs. 2 VerbrKrG und Art. 1 Abs. 2 lit. c Verbraucherkredit-RL (Fn. 237) basierten unzweifelhaft auf dem Konsensualvertragsprinzip, vgl. nur Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 11. 861 Vgl. etwa Esser/Weyers, Schuldrecht II/1, 8. Aufl. 1998, § 26 II 2; Soergel/Häuser, 12. Aufl. 1997, Vor § 607 Rn. 8; Horn in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überar-
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Ende des 20. Jahrhunderts war sie dann so weit zur h.M. erstarkt, dass auch der Gesetzgeber sich im Zuge der Neuregelung des Darlehensrechts im Rahmen der Schuldrechtsreform von 2002 entschloss, sowohl das Gelddarlehen (§ 488 BGB n.F.) als auch das Sachdarlehen (§ 607 BGB n.F.) eindeutig als Konsensualvertrag auszugestalten862. Obgleich vereinzelt auch weiterhin am Realvertragscharakter festgehalten wird863, entspricht der konsensualvertragliche Charakter des Darlehens seitdem ganz allgemeiner Meinung864. Ähnliches gilt für die anderen Vertragsarten, die früher als Realverträge qualifiziert wurden; heute ist allgemein anerkannt, dass z.B. auch die Leihe (§ 598 BGB)865, der Maklervertrag (§ 652 BGB)866, die Verwahrung (§ 688 BGB)867, der Frachtvertrag (§ 407 HGB)868, der Speditionsvertrag (§ 453 HGB)869 und der Lagervertrag (§ 467 HGB)870 Konsensualverträge sind. Die Kategorie des Realvertrags ist damit im deutschen Recht endgültig begraben.871
2. Französisches Recht Im französischen Recht lebt die Kategorie des Realvertrags dagegen weiter fort. Traditionell als Realverträge (contrats réels) angesehen werden – entspre862 beitung des Schuldrechts, Bd. 1, 1981, S. 551, 609; Larenz, Schuldrecht BT, 10. Aufl. 1972, § 51 I; ders. DB 1952, 116, 119; Mülbert AcP 92 (1992) 447 ff., 515; MünchKommBGB/Westermann, 1. Aufl. 1980, Vor § 607 Rn. 5. 862 Vgl. BegrRegE z. SMG, BT-Drs. 14/6040, S. 252, 259. 863 So etwa Liebs, Römisches Recht, 6. Aufl., 2011, S. 245. 864 Vgl. BGH NJW 2007, 1357, 1359; Jauernig/C. Berger, 14. Aufl. 2011, § 488 Rn. 5; MünchKommBGB/K. P. Berger, 6. Aufl. 2012, Vor § 488 Rn. 9, § 607 Rn. 3; Staudinger/Busche, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearb. 2012, Rn. F 40; MünchKommBGB/Emmerich, 6. Aufl. 2012, § 311 Rn. 9; Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 12; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, Einl. v. § 373 Rn. 20; Staudinger/Kessal-Wulf, Neubearb. 2004, Einl. zu §§ 491 ff. Rn. 38; Erman/Kindl, 13. Aufl. 2011, Vor § 311 Rn. 7; Jauernig/Mansel, 14. Aufl. 2011, § 607 Rn. 1; Mülbert WM 2002, 465, 466 f.; Saenger (Fn. 242), Vorbem. §§ 488–490 Rn. 3, § 607 Rn. 2; Palandt/Weidenkaff, 72. Aufl. 2013, Vorb v § 488 Rn. 2, § 607 Rn. 1; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 190; Wunderlich in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 76 Rn. 5. 865 Vgl. MünchKommBGB/Häublein, 6. Aufl. 2012, § 598 Rn. 1; Mansel (Fn. 864), § 598 Rn. 7; Staudinger/Reuter, Neubearb. 2004, Vorbem. zu §§ 598 ff. Rn. 7. 866 Vgl. Erman/O. Werner, 13. Aufl. 2011, Vor § 652 Rn. 20. 867 Vgl. MünchKommBGB/Henssler, 6. Aufl. 2012, § 688 Rn. 4; Erman/E. Herrmann, 13. Aufl. 2011, § 688 Rn. 3; Staudinger/Reuter, Neubearb. 2006, § 688 Rn. 2; Palandt/Sprau, 72. Aufl. 2013, § 688 Rn. 1, 3. 868 Vgl. BegrRegE z. TRG, BT-Drs. 13/8445, S. 25; Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 31 Rn. 1; Janßen, Die Reform des Frachtrechts, 2004, S. 40; Paschke in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 407 Rn. 48; Vogt in: von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 31. EL 2012, Transportrecht Rn. 7. 869 Vgl. Paschke (Fn. 868), § 453 Rn. 23; Rinkler in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2009, § 453 Rn. 19. 870 Vgl. BGH NJW 1967, 41; MünchKommHGB/Frantzioch, 2. Aufl. 2009, § 467 Rn. 6. 871 Vgl. Busche (Fn. 864), Rn. F 40; Emmerich (Fn. 864), § 311 Rn. 9; Kindl (Fn. 864), Vor § 311 Rn. 7; Ranieri (Fn. 38), S. 20.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
chend römisch-rechtlicher Tradition872 – die Verwahrung (dêpot) und das Pfandrecht (gage), insbesondere aber auch die Leihe und das Darlehen (prêt873). 874 Auch insoweit waren die Werke von Domat875 und Pothier876 prägend; beide qualifizierten diese Verträge ausdrücklich als Realvertrag. Denn – so Domat bei Verträgen, bei denen man sich verpflichtet, eine Sache zurückzugeben, könne die Verbindlichkeit nicht entstehen, bevor die Sache geliefert sei.877 Darauf baute dann auch der Code civil auf, so etwa speziell878 auch die Regelung zum Darlehen in Art. 1892 C. civ.879:
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Vgl. zu den Realkontrakten im römischen Recht oben B. I.1. b) aa). Buch III Titel X Code civil (Art. 1874 ff.) regelt Leihe (prêt à usage oder commodat, Art. 1875 ff.) und Darlehen (prêt de consommation oder simple prêt, Art. 1892 ff.) als zwei Unterformen des prêt. 874 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 221; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Larroumet (Fn. 243), n° 223 (S. 197). 875 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. I, sec. I, § 9; Liv. I, Tit. V, sec. I, § 3; Liv. I, Tit. VI, sec. I, § 5. 876 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 10; Pothier, Traité des contrats de bienfaisance, I, 1766–1767, Traité du prêt à usage, n° 6; Traité du prêt de consomption, n° 3; Traité du contrat de dépôt, n° 7; Pothier, Contrat de nantissement, n° 8. Vgl. zur Qualifikation bei Pothier auch Jamin Études Béguin, 2005, S. 381, 384. 877 Vgl. Domat (Fn. 319), Liv. I, Tit. V, sec. I, § 3: „Le prêt à usage est une de ces sortes de conventions où l’on s’oblige à rendre une chose, & où par consequent l’obligation ne se contracte que par la délivrance de la chose empruntée.“; („Die Leihe ist einer derjenigen Verträge, bei denen man sich verpflichtet, eine Sache zurückzugeben, und wo man folglich nicht verpflichtet wird, bevor die geliehene Sache geliefert wird.“); Liv. I, Tit. VI, sec. I, § 5: „Dans le contract du prêt, celui qui emprunte s’obligeant à rendre une somme d’argent, ou une certaine quantité pareille à celle qu’il a empruntée, ce contract est du nombre de ceux où l’obligation ne se forme par la délivrance de la chose pour laquelle on s’oblige.“ („Beim Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darlehensnehmer eine Geldsumme oder eine bestimmte Menge gleich derer, die er empfangen hat, zurückzugeben; dieser Vertrag gehört zu denen, bei denen die Verpflichtung erst durch die Lieferung der Sache, in Bezug auf die man sich verpflichtet hat, entsteht.“). 878 Vgl. ferner auch die Regelungen zu Leihe, Verwahrung und Pfandrecht: Art. 1875 C. civ.: Le prêt à usage est un contrat par lequel l’une des parties livre une chose à l’autre pour s’en servir, à la charge par le preneur de la rendre après s’en être servi. (Die Leihe ist ein Vertrag, durch den eine der Parteien der anderen eine Sache, um sich derselben zu bedienen, unter der Bedingung liefert, dass der Empfänger sie nach davon gemachtem Gebrauch zurückgeben solle.). Art. 1919 C. civ. (a.F.): Il n’est parfait que par la tradition réelle ou feinte de la chose déposée. … (Sie [die Verwahrung] wird erst durch die wirkliche oder fiktive Übergabe der in Verwahrung gegebenen Sache vollkommen …). Seit 14.5.2009 (Loi n° 2009-526 du 12 mai 2009 de simplification et de clarification du droit et d’allègement des procédures, JORF n° 110 du 13 mai 2009, p. 7920) [Es handelte sich um eine bloße Modernisierung der Terminologie]: Il n’est parfait que par la remise réelle ou fictive de la chose déposée. (Sie [die Verwahrung] wird erst durch die wirkliche oder fiktive Übergabe der in Verwahrung gegebenen Sache vollkommen.). 873
II. Realkontraktliche Relikte
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Art. 1892 C. civ. Le prêt de consommation est un contrat par lequel l’une des parties livre à l’autre une certaine quantité de choses qui se consomment par l’usage, à la charge par cette dernière de lui en rendre autant de même espèce et qualité. [Das Darlehen ist ein Vertrag, wodurch eine Partei der anderen eine gewisse Quantität von Sachen, welche durch den Gebrauch verbraucht werden, unter der Verbindlichkeit liefert, dass Letztere ihr ebenso viel in derselben Gattung und Beschaffenheit dereinst wiedergeben soll.]
In Rechtsprechung880 und Schrifttum881 war die Qualifikation als Realvertrag lange Zeit ebenfalls (nahezu) unstreitig. Ähnlich wie in Deutschland mehrten sich aber auch in Frankreich nach und nach die Stimmen, welche die Kategorie der Realverträge als überholt und unvereinbar mit einem auf dem Konsensualprinzip aufbauenden Rechtssystem kritisieren.882, 883 879 Art. 2071 C. civ. (a.F., bis 24.3.2006, vgl. zur Aufhebung noch unten bei Fn. 906): Le nantissement est un contrat par lequel un débiteur remet une chose à son créancier pour sûreté de la dette. (Der Pfandvertrag ist ein Vertrag, wodurch ein Schuldner seinem Gläubiger zur Sicherheit der Schuld eine Sache übergibt.) [nantissement (Pfandvertrag) war früher der Oberbegriff für gage (Faustpfand) und antichrèse (Immobiliarpfand), vgl. Art. 2072 C. civ. a.F.]. 879 Vgl. auch Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Freitag (Fn. 842), § 488 Rn. 10. In den Materialien wird die Problematik des contrat réels als solche allerdings nirgends explizit angesprochen, vgl. dazu näher Plesnila, Analyse critique des contrats réels, 1910, S. 53 ff. m.w.N. 880 Vgl. etwa Cass. req., 21.8.1862, D. 1862.I.438; Cass. req., 5.12.1906, D. 1908, 545; Cass. civ. 1re, 12.7.1977, n° 75-11925; Cass. civ. 1re, 20.7.1981, n° 80-12529 (dazu Rémy RTD civ. 1982, 427 ff.). 881 Vgl. Dalloz (éd.), Précis de droit civil, t. 2, 5e éd., 1936, n° 732 (S. 423); Demolombe, Cours de Code Civil, t. 12, 1868, n° 32; Demogue, Traité des obligations en général, t. 2, 1923, n° 502; Griolet/Vergé (eds.), Dalloz Petit Dictionnaire de Droit, 1909, prêt n° 2 (S. 678); Jacob, Du prêt de la consommation en droit français, 1901, S. 12 ff.; Ornstein, Du prêt de consommation: droit romain; droit français; des magasins généraux, warrrants et récépissés, 1890, S. 1 f.; Picot, Code Napoléon expliqué, t. 2, 1868, S. 451; Pont, Explication Théoretique et Pratique du Code Napoléon, t. 1, 1865, S. 7 f.; Rogron, Codes français expliqués, 1836, S. 323. Vgl. aus jüngerer Zeit etwa Ghestin (Fn. 51), n° 536 (S. 346); ders., Traité de droit civil. La formation du contrat, 3e éd. 1993, n° 29; Jobard-Bachellier RTD civ. 1985, 1, 62; Malaurie/Aynès, Cours de droit civil. Tome VI. Les obligations, 5e éd. 1994, n° 327; sowie (entsprechend den Einschränkungen in der neueren Judikatur, dazu sogleich): Bénabent (Fn. 243), n° 129; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 221; Fages (Fn. 245), n° 24; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Legeais, J.-Cl. Commercial, Fasc. 355, 2009, n° 1, 11 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 425; s. ferner auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 412), n° 147 ff. (die allerdings die Tage des Realkontrakts gezählt sehen). 882 Vgl. bereits Toullier, Le droit civil français, 4e éd. 1824–1828, t. VI, n° 17; einflussreich dann Vigié, Cours élémentaire de droit civil français, 1890–1892, t. 2, n° 1061; ders., Cours élémentaire de droit civil français, 2e éd. 1893–1895, t. 2, n° 1111. Vgl. weiter etwa Baudry-Lacantinerie/Wahl, Traité théorique et pratique de droit civil. De la société, du prêt, du dépôt, 1898, n° 701; Capitant (Fn. 360), S. 45 f.; Combescure R. crit. 1903, 477 ff.; Mouligner RRJ 2004, 2233 ff.; Planiol/Ripert/Esmein, Traité Pratique de Droit Civil Français, t. VI, Obligations, 2e éd. 1952, n° 120 f.; Plesnila (Fn. 879), S. 46 ff.; in Bezug auf die gage aber etwa auch bereits Lyon-
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Unter dem Eindruck dieser Kritik haben inzwischen auch Rechtsprechung und Gesetzgeber reagiert. Im Jahr 1992 entschied die Cour de Cassation zunächst, dass der Verbraucherkredit gemäß dem Loi 78-22884 (heute: Art. L. 311-1 ff. C. consom.)885 ein Konsensualvertrag ist; im Jahr 1998 erstreckte sie diese (Neu-)Qualifikation dann auch auf den Immobilienkredit durch einen Unternehmer gem. Art. L. 312-1 ff. C. consom.886. Mit einer Leitentscheidung aus dem Jahr 2000887 legte die Cour de Cassation dann schließlich den Grundstein für ihre inzwischen st. Rspr.888, dass jedes Darlehen, bei dem der Darlehensgeber ein professionnel du crédit (professioneller Kreditgeber) ist, kein Real-, sondern ein Konsensualvertrag ist. Darlehen, bei denen der Darlehensgeber eine Privatperson ist, qualifiziert sie dagegen weiterhin als Realvertrag.889 Eine nähere Begründung für diese Differenzierung gibt die Cour de Cassation in ihren Urteilen – entsprechend dem typisch knappen französischen Urteilsstil – allerdings nicht. Im Schrifttum wurden und werden dieses radikale Revirement, seine Motivation und seine Konsequenzen dagegen eingehend und äußerst kontrovers diskutiert. Trotz der insoweit von einigen Autoren geltend gemachten Bedenken890 dürften Wortlaut und Genese des Art. 1892 C. civ. – die wie dargelegt evident auf der Realvertragstheorie beruhen – einer konsensualvertraglichen Qualifika883 Caen S. 1898.I.433. Auch die Morandière-Kommission (dazu oben B. I.2. b) ee)(1)) diskutierte die Problematik der Realverträge, vgl. dazu Jamin Études Béguin, 2005, S. 381, 397 f.; JobardBachellier RTD civ. 1985, 1, 3; Mousseron Études Jauffret, 1974, S. 509, 522. 883 Schöne Darstellung der gesamten Entwicklung bis 2005 bei Jamin Études Béguin, 2005, S. 381, 384 ff. 884 Loi n°78-22 du 10 janvier 1978 relative à l’information et à la protection des consommateurs dans le domaine de certaines opérations de crédit, JORF du 11 janvier 1978, p. 299. 885 Cass., avis, 9 oct. 1992, avis n° 0920002, Bull. civ. n° 4. Dazu Bouloc RTD com. 1993, 561 886 Cass. civ. 1re, 27.5.1998, n° 96-17312. Dazu Bruschi D. 1999, jur. 194 ff.; Jobard-Bachellier D. 1999, somm. 28 f.; Pizzio D. 2000, somm. 50 f. 887 Cass. civ. 1re, 28.3.2000, n° 97-21422. Dazu Cabrillac RTD com. 2000, 984, 991 f.; Delebecque D. 2000, 358 f.; Grua D. 2003, doctr. 1492 ff.; Jobard-Bachellier D. 2001, somm. 1615 f.; Martin D. 2002, jur. 640 f.; Piedelièvre D. 2000, jur. 482 ff.; Sabathier RTD com. 2005, 29 ff.; Sainte-Rose JCP G 2000.II.10296. 888 Cass. civ. 1re, 27.11.2001, n° 99-10633 (dazu Piedelièvre JCP G 2002.II.10050); Cass. civ. 1re, 5.7.2006, n° 04-12588 (dazu Ghestin D. 2007, 50 ff.; Legeais RTD com. 2006, 887 f.; Martin D. 2007, 759; Mestre/Fages RTD civ. 2007, 103, 105 f.); Cass. civ. 1re, 19.6.2008, n° 06-19753 (dazu Chénedé D. 2008, 2555 ff.; Creton D. 2008, 2369 f.; Delpech D. 2008, 1825 f.); Cass. civ. 1re, 7.4.2009, n° 08-12192 (dazu Ghestin JCP G 2009.I.273; ders. D. 2009, 2080 ff.); Cass. com. 1re, 12.1.2010, n° 08-17956; Cass. com., 14.12.2010, n° 09-68275; Cass. com., 11.10.2011, n° 1019091. 889 Cass. civ. 1re, 7.3.2006, n° 02-20374 (dazu Legeais RTD com. 2006, 455, 460; Martin D. 2007, 759; Piedelièvre JCP G 2006.II.10109; Puig RDC 2006, 778 ff.); Cass. civ. 1re, 19.6.2008, n° 06-19056 (dazu Chénedé D. 2008, 2555 ff.; Constantin JCP G 2008.II.10150; Delpech D. 2008, 1827 f.); Cass. civ. 1re, 8.10.2009, n° 08-14625; Cass. civ. 1re, 9.2.2012, n° 10-27785. 890 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Piedelièvre JCP G 2002.II.10050; ders. JCP G 2006. II.10109; ders. D. 2000, jur. 482, 483.
II. Realkontraktliche Relikte
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tion angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklung der allgemeinen Vertragsrechtsdogmatik jedenfalls nicht zwingend entgegenstehen891. Verbraucherdarlehen werden in Art. L. 311-11 ff. C. consom. sogar eindeutig als Konsensualverträge, die allein durch Angebot und Annahme zustande kommen, ausgestaltet.892 In Bezug auf Verbraucherdarlehen wird zudem verbreitet darauf hingewiesen, dass die konsensualvertragliche Qualifikation vor allem auch den Interessen des Verbrauchers am besten Rechnung trage: Der Kreditgeber ist bereits ab der Einigung (und nicht erst ab der Valutierung) gebunden, so dass der Verbraucher bereits ab diesem Zeitpunkt im Vertrauen auf den Kredit disponieren kann;893 umgekehrt ist der Verbraucher durch das Formerfordernis (Art. L. 311-11(1) 1 C. Consom.894), die umfangreichen Informationspflichten (Art. L. 311-6 f. C. consom.) sowie sein Rücktrittsrecht (Art. L. 311-12 C. Consom.) vor Übereilung geschützt895. In Bezug auf sonstige Darlehen durch professionelle Kreditgeber wird die (Re-)Qualifikation als Konsensualvertrag überwiegend damit begründet, dass professionelle Kreditgeber des durch eine realvertragliche Qualifikation vermittelten Schutzes generell nicht bedürften.896 Wenn eine Privatperson Darlehensgeber ist, sei dies dagegen auch heute noch nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten897: Der private Darlehensgeber ist erst dann wirksam vertraglich gebunden, wenn er die Sache tatsächlich an den Darlehensnehmer übergeben und damit sein (fortbestehendes) Einverständnis mit dem – für ihn u.U. mit sehr weitreichenden Konsequenzen verbundenen – Darlehensvertrag auch tatsächlich nach außen manifestiert hat.898 891
Vgl. auch Jamin D. 2004, jur. 1149, 1150 f.; ders. Études Béguin, 2005, S. 381, 406 f.; Jobard-Bachellier RTD civ. 1985, 61; Larroumet (Fn. 243), n° 522; Legeais (Fn. 881), n° 14; Rémy RTD civ. 1982, 427; s. ferner auch bereits Combescure R. crit. 1903, 477, 482 ff., 490. 892 Vgl. Cour de Cassation, Rapport 2000, Troisième partie: La jurisprudence de la Cour, Les activités économiques, commerciales et financières, Droit des contrats et quasi-contrats, 2; Bruschi D. 1999, jur. 194, 195; Jobard-Bachellier D. 1999, somm. 28; dies. D. 2001, somm. 1615; Legeais (Fn. 881), n° 15; Mouligner RRJ 2004, 2233, 2236; Sainte-Rose JCP G 2000.II.10296. 893 Vgl. Sainte-Rose JCP G 2000.II.10296. Ausf. (und zugleich kritisch) zum Schutz des Darlehensnehmers durch die Qualifikation als Konsensualvertrag: Vallet, Les techniques de protection du client de la banque, 2009, n° 25 ff.; kritisch im Hinblick auf die Gebundenheit bereits ab Einigung auch Grua D. 2003.Doctr.1492 f. 894 Art. L. 311-11 Abs. 1 S. 1 C. consom. bestimmt, dass das Kreditangebot schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt werden muss („établie par écrit ou sur un autre support durable“). 895 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Mouligner RRJ 2004, 2233, 2238; SainteRose JCP G 2000.II.10296; s. ferner auch Pizzio D. 2000, somm. 50. 896 Vgl. Delebecque D. 2000, 358; Jobard-Bachellier D. 2001, somm. 1615; Piedelièvre JCP G 2002.II.10050; ders. JCP G 2006. II.10109; s. dazu ferner auch Jamin Études Béguin, 2005, S. 381, 402 f.; Legeais (Fn. 881), n° 17. 897 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; Jobard-Bachellier D. 2001, somm. 1615, 1616; s. ferner auch Delebecque D. 2000, 358. 898 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 304; s. zu dieser Schutzfunktion ferner auch Cabrillac RTD com. 2000, 984, 991; Delebecque D. 2000, 358; Mouligner RRJ 2004, 2233, 2238; Piedelièvre D. 2000, jur. 482, 483.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Obgleich sich also durchaus plausible Gründe für die von der Rechtsprechung praktizierte „gespaltene Lösung“ finden lassen, gibt es im französischen Schrifttum zahlreiche Stimmen, die sie als ungerechtfertigt und inkonsistent kritisieren899 und einen generellen Übergang zur Konsensualvertragslösung fordern900. Der „archaische“901 „Anachronismus“902 des Realvertrags habe im heutigen Recht generell keinen Platz mehr903, allein die konsensualvertragliche Qualifikation entspreche den Realitäten und Bedürfnissen des modernen Wirtschaftslebens904. Die Cour de Cassation scheint indes weiterhin an der „gespaltenen Lösung“ festhalten zu wollen und auch der Gesetzgeber sieht insoweit offenbar jedenfalls derzeit keinen Handlungsbedarf905. Tätig geworden ist der französische Gesetzgeber dagegen in Bezug auf das Pfandrecht: Im Rahmen der Reform des Kreditsicherheitenrechts im Jahr 2006906 wurde die gage entsprechend den Vorschlägen der zur Vorbereitung der Reform eingesetzten Arbeitsgruppe907 bewusst und eindeutig als Konsensualvertrag rekonfiguriert (vgl. Art. 2333(1), 2336 C. civ. n.F.908)909. 899 Vgl. Boyer, Contrats et conventions, Rép. civ. Dalloz, août 1993, n° 54; Larroumet (Fn. 243), n° 522bis; Martin D. 2002, jur. 640; ders. D. 2007, 759; Piedelièvre JCP G 2006.II.10109: „aboutit à des règles juridique à géométrie variable“ („läuft auf juristische Regeln mit variabler Geometrie hinaus“); ders. JCP G 2002.II.10050; ders. D. 2000, jur. 482, 483; s. ferner auch Jamin Études Béguin, 2005, S. 381, 410 ff.; Sabathier RTD com. 2005, 29, 31 f. 900 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 522bis; Martin D. 2007, 759; Mouligner RRJ 2004, 2233 ff.; Sainte-Rose JCP G 2000.II.10296; 901 Vgl. Boyer (Fn. 899), n° 54; Martin D. 2007, 759. 902 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 520, 522; Mouligner RRJ 2004, 2233, 2234. 903 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 520, 522; Mouligner RRJ 2004, 2233, 2234 f. 904 Vgl. auch bereits Demogue (Fn. 881), n° 502: „… pratiquement l’idée d’un contrat synallagmatique de prêt, de gage est dans plusieurs cas d’une technique mieux adaptée aux nécessités pratiques …“ („… praktisch ist die Idee eines synallagmatischen Darlehens- oder Pfandvertrags in der Mehrzahl der Fälle eine besser an die praktischen Bedürfnisse angepasste Technik …“). S. ferner etwa auch Boyer (Fn. 899), n° 54. 905 Art. 9 des Projet de la chancellerie (dazu oben B. I.2. b) ff.) hielt explizit an der Kategorie der Realverträge fest. 906 Ordonnance n° 2006-346 du 23 mars 2006 relative aux sûretés, JORF n° 71 du 24 mars 2006, p. 4475. Vgl. dazu allg. Aynès D. 2006, 1289 f.; Dammann D. 2006, 1298 ff.; Simler JCP G 2006.I.124; in deutscher Sprache: Klein/Tietz RIW 2007, 101 ff.; Wilhelm ZEuP 2009, 152 ff. 907 Vgl. Groupe de travail de réforme du droit des sûretés, Rapport à Monsieur Dominique Perben, Garde des Sceaux, Ministre de la Justice (abrufbar unter http://www.henricapitant.org/ sites/default/files/Rapport_du_Groupe_de_travail.pdf), S. 12. 908 Art. 2333 Abs. 1 C. civ. n.F. Le gage est une convention par laquelle le constituant accorde à un créancier le droit de se faire payer par préférence à ses autres créanciers sur un bien mobilier ou un ensemble de biens mobiliers corporels, présents ou futurs. (Der Pfandvertrag ist eine Vereinbarung, bei der der Sicherungsgeber einem Gläubiger das Recht einräumt, sich gegenüber seinen anderen Gläubigern vorzugsweise aus einer gegenwärtigen oder künftigen beweglichen körperlichen Sache oder einer gegenwärtigen oder künftigen Gesamtheit beweglicher körperlicher Sachen zu befriedigen.).
II. Realkontraktliche Relikte
119
Insgesamt ist das Rechtsinstitut des Realkontrakts somit zwar auch im französischen Recht auf dem Rückzug – anders als in Deutschland aber zumindest in Randbereichen noch lebendig.
3. Englisches Recht a) Realvertragliche Wurzeln, Konzepte und Ideen im common law in historischer Retrospektive Vor dem Hintergrund, dass es in England – wie dargestellt910 nie zu einer umfassenden Rezeption des römischen Rechts kam, wurden auch die römischrechtlichen Realkontrakte nie direkt als solche ins englische Recht rezipiert. Den im römischen Recht bzw. ius commune gelehrten englischen Juristen war diese römisch-rechtliche Vertragskategorie aber freilich bekannt. Speziell die action of debt911 wurde verbreitet mit ihr in Verbindung gebracht912: Schon Glanville bediente sich im Rahmen der Erörterungen zum debt zumindest der Terminologie der römisch-rechtlichen Realkontrakte913. Bracton folgte generell der römisch-rechtlichen Einteilung der Obligationen914, nahm aber insbesondere bei den Realverträgen ganz offenbar zwecks Anpassung an das englische Recht eine Reihe signifikanter Modifikationen vor915. Fleta916 und Britton917 909
Art. 2336 C. civ. n.F. Le gage est parfait par l’établissement d’un écrit contenant la désignation de la dette garantie, la quantité des biens donnés en gage ainsi que leur espèce ou leur nature. (Der Pfandvertrag entsteht durch die Erstellung einer Schriftstücks, das eine Bezeichnung der gesicherten Schuld, der Menge der verpfändeten Sachen sowie ihrer Art und ihrer Natur enthält.). 909 Vgl. Ministère de la Justice, Rapport au Président de la République relatif à l’ordonnance no 2006-346 du 23 mars 2006 relative aux sûretés, JORF n° 71 du 24 mars 2006, p. 4467, 1.2.2.2.1.1.; Aynès D. 2006, 1289, 1290; Fages (Fn. 245), n° 24; Larroumet (Fn. 243), n° 223, 522ter; Legeais RTD com. 2006, 455, 460; Simler JCP G 2006.I.124. 910 Vgl. oben B. I.3. b) aa)(1). 911 Dazu näher oben B. I.3. b) aa)(3). 912 Vgl. Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 304 f. sowie die weiteren Nachweise in Fn. 919. 913 Vgl. Glanvill (Fn. 603), Lib. X. Näher dazu Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 191, 204; Vol. III S. 414 f.; Scrutton (Fn. 595), S. 75 ff.; s. ferner auch Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 304 f. 914 Vgl. Bracton (Fn. 604), Lib. III, tr. 1, cap. 2. Vgl. dazu Güterbock, Henricus de Bracton und sein Verhältnis zum römischen Recht, 1862, S. 107 ff.; Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 275 f.; Scrutton (Fn. 595), S. 101 ff. 915 Vgl. Bracton (Fn. 604), Lib. III, tr. 1, cap. 2. Näher dazu Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 275 f., Vol. III, S. 415 f.; Maitland, Selected Passages from the Works of Bracton and Azo, 1895, S. 146 f.; s. ferner auch Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 304 f. 916 Vgl. Fleta, Seu commentarius juris anglicani, 1290, Lib. II cap. 56. Allg. zu Fleta: Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 321 f.; Scrutton (Fn. 595), S. 122 f. 917 Vgl. Britton, 1291/92, Lib. I, c. 29, § 3 (Britton. An English Translation and Notes by Francis Morgan Nichols, 1901). Allg. zu Britton: Holdsworth (Fn. 595), Vol. II S. 319 ff.; Scrutton (Fn. 595), S. 123 f.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
befassten sich in den Kapiteln „de actione debiti“ (debt) bzw. „of debt“ mit Realkontrakten. Diese Verbindung überrascht letztlich auch nicht, denn auf Grund seiner gesamten Konzeption918 erscheint debt tatsächlich als eine Form des Realvertrags919. Debt war aber eben nicht identisch mit einem der römischrechtlichen Realkontrakte oder eine Fortentwicklung derselben, sondern eine autonome form of action des common law. Seit Abschaffung der forms of action920 hat debt aber freilich nur noch – allerdings für die Vertragsrechtsentwicklung, wie dargestellt921, ganz erhebliche rechtshistorische Bedeutung. In weitesten Sinne als Ausfluss alter realvertraglicher Ideen lässt sich weiterhin auch die consideration-Doktrin verstehen922 beruht sie doch letztlich auf dem Grundgedanken, dass etwas hingegeben werden muss, das im rechtlichen Sinne einen gewissen Wert hat, damit ein Versprechen verbindlich ist923. Ihre reale Komponente ist jedoch heute letztlich nur noch eine historische Nuance, ein rechtsgeschichtlich eingewebter Farbschimmer im unzweifelhaft konsensualvertraglichen Kleid des englischen bilateral contract. Bis heute praktisch lebendig ist der Gedanke des Realvertrags dagegen im unilateral contract, einer dem common law eigentümlichen Rechtsfigur, die im Folgenden näher dargestellt werden soll. b) Insbesondere: Der unilateral contract aa) Wesen und Rechtsnatur Die Differenzierung zwischen bilateral contracts und unilateral contracts wird gerne als die „große Dichotomie“924 des common law bezeichnet. Unter bilateral contract versteht man eine Versprechen im Austausch für ein Versprechen (promise in exchange for a promise), unter unilateral contract ein Versprechen im Austausch für eine Handlung (oder Unterlassung) (promise in exchange for an act [or forbearance]).925 Illustrativ dazu ist die schon als 918
Vgl. oben B. I.3. b) aa)(3). Vgl. Barbour (Fn. 616), S. 35 f., 43 f., 54; Fifoot (Fn. 611), S. 227; Hartmann AcP 77 (1891) 161, 192; Ireton (1939) 8 Brook. L. Rev. 303, 305, 307; Kegel FS Stoll, 2001, S. 195, 198, 205, 231; Rheinstein (Fn. 608), S. 19; Simpson (Fn. 606), S. 151, 193 ff.; Stadler (Fn. 336), S. 56; Weidt, Antizipierter Vertragsbruch, 2008, S. 41; Williston on Contracts (Fn. 226), § 1:12; Würdinger, Geschichte der Stellvertretung (agency) in England, 1933, S. 202 ff., 208 f.; s. ferner auch Benedict RabelsZ 69 (2005), 1, 27 f.; Donahue (1992) 66 Tul. L. Rev. 1745, 1763; Plucknett (Fn. 694), S. 565; Rabel (1947) 68 LQR 174, 181. 920 Vgl. dazu oben B. I.3. b) cc). 921 Vgl. oben ab B. I.3. b) aa)(3). 922 Vgl. Benedict RabelsZ 69 (2005), 1, 39 ff.; Hartmann AcP 77 (1891) 161, 193; Stadler (Fn. 336), S. 56. 923 Vgl. oben B. I.3. a) cc)(2)(a). 924 Vgl. Llewellyn (1938) 48 Yale L. J. 1, 32, 36: „great dichotomy“; Pettit (1983) 63 B. U. L. Rev. 551, 552. 925 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 30; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-078; Treitel (Fn. 491), 2-051. 919
II. Realkontraktliche Relikte
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„klassisch“ geltende Erläuterung durch Lord Diplock in United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd (1968)926: Under [bilateral] contracts … each party undertakes to the other party to do or to refrain from doing something, and in the event of his failure to perform his undertaking, the law provides the other party with a remedy. … Under contracts which are …. unilateral … one party, whom I will call „the promissor“, undertakes to do or to refrain from doing something on his part if another party, „the promisee“, does or refrains from doing something, but the promisee does not himself undertake to do or to refrain from doing that thing. [Bei [bilateral] contracts … verpflichtet sich jede Partei gegenüber der anderen Partei etwas zu tun oder zu unterlassen, und im Falle der Nichterfüllung gewährt das Recht der anderen Partei einen Rechtsbehelf. … Bei unilateral contracts verpflichtet sich eine Partei, welche ich „den Versprechenden“ nennen werde, ihrerseits etwas zu tun oder zu unterlassen, wenn die andere Partei, „der Versprechensempfänger“, etwas tut oder unterlässt, aber der Versprechensempfänger verpflichtet sich selbst nicht dazu, dies zu tun oder zu unterlassen.]
Die Bezeichnung als unilateral927 rührt also daher, dass der Versprechensempfänger gerade nicht verspricht, die vom Versprechenden begehrte Handlung bzw. Unterlassung vorzunehmen; ein Versprechen (promise) macht vielmehr nur eine Partei, der Versprechende/Anbietende.928 Der Versprechensempfänger nimmt dagegen (nur) eine Handlung oder Unterlassung vor und erst dadurch929 kommt der Vertrag zustande.930 Der unilateral contract ist somit wesensmäßig zumindest im weiteren Sinne eine Form des Realvertrags.931
926 United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 at 82 f. 927 Vgl. zu den historischen Wurzeln der Terminologie noch unten B. II.3. b) bb), B. II.3. b) cc). 928 Vgl. United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 at 83 f. per Lord Diplock; Soulsbury v Soulsbury [2008] 2 WLR 834 at 852; Samuel (Fn. 716), S. 117, 130; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 30; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-078; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.74; Treitel (Fn. 491), 2-051. 929 Vgl. aber zur höchst umstrittenen Frage, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt) bzw. zumindest eine gewisse Bindung für den Anbietenden begründet näher unten D. VII.3. b) bb). 930 Vgl. Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 268, 273; United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 at 83 per Lord Diplock; Daulia Ltd v Four Millbank Nominees Ltd [1978] 1 Ch 231 at 238 per Lord Goff; Andrews (Fn. 493), 3.40; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 95; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-078; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.74; McKendrick (Fn. 493), S. 114; Samuel (Fn. 716), S. 117, 130; Treitel (Fn. 491), 2-052. 931 Vgl. Rauch, Der Begriff der „Consideration“ im anglo-amerikanischen Schuldrecht, 1940, S. 31. Zumindest eine gewisse Nähe zum Realvertrag wird ferner etwa auch konstatiert von Art. 2:101 PECL Note 4c; F. Schmidt (1965) 14 Am. J. Comp. L. 1, 17; Wendel (Fn. 716), S. 123 f.
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Bedeutung hat die Differenzierung zwischen bilateral und unilateral contract speziell im Hinblick auf zwei Problemkomplexe932: (1) wann eine wirksame Annahme vorliegt (erst mit vollständiger Vornahme bzw. Abschluss der verlangten Handlung/Unterlassung oder bereits mit Erfüllungsbeginn bzw. teilweiser Erfüllung), und – eng damit zusammenhängend (2) bis zu welchem Zeitpunkt der Anbietende sein Angebot widerrufen kann. Auf beide Fragenkomplexe wird im entsprechenden Kontext933 noch näher einzugehen sein. bb) Historische Wurzeln und Entwicklung des unilateral contract Das klassische Lehrbuchbeispiel für einen unilateral contract A verspricht B eine bestimmte Summe Geld, wenn dieser nach York läuft934 findet sich bereits in der Entscheidung Rogers v Snow aus dem Jahr 1578935 (obgleich damals freilich noch nicht der Terminus unilateral contract verwendet wurde). Tatsächlich ist das Modell des unilateral contract im Vergleich zum bilateral contract aus historischer Perspektive das Ältere:936 Wie oben937 näher dargestellt, konnte ursprünglich nur aus executed contracts geklagt werden, zu einem Rechtsbehelf auch für den Bruch von executory contracts (d.h. beiderseits noch unerfüllten Verträgen) wurde die action of assumpsit erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Termini technici sowie die dogmatische Unterscheidung von bilateral und unilateral contract sind indes erst Kinder der Rezeption des dogmatischen Modells von Angebot und Annahme im 19. Jahrhundert938, welche das common law vor die Herausforderung stellte, das alte Konzept der action of as932 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73; McKendrick (Fn. 493), S. 114; s. ferner auch Treitel (Fn. 491), 2-052. 933 Vgl. speziell zur höchst umstrittenen Frage, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt) bzw. zumindest eine gewisse Bindung für den Anbietenden begründet näher unten D. VII.3. b) bb); allgemein zum Grundsatz der freien Widerruflichkeit des Angebots nach englischem Recht unten C. VIII.3. a); allgemein zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und des Vertragsschlusses nach englischem Recht unten D. VII.3. 934 Vgl. etwa Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-078; Treitel (Fn. 491), 2-051. 935 Vgl. Rogers v Snow (1578) Dalison 94 per Gawdy, Jun.: „… the declaration was bad because the plaintiff did not allege that the consideration was performed on his part. Just as in case I promise a man 20 s. if he will go to York for me, in an action on the case this promise he must allege the performance on his own part.“ („… Die Entscheidung war mangelhaft weil der Kläger nicht behauptete, dass er seine consideration erbracht hat. Wie in dem Fall, dass ich einem Mann 20 s. [Schillinge] verspreche, wenn er für mich nach York läuft, so muss er in einer action on the case behaupten, dass er seinerseits erfüllt hat.“). 936 Vgl. auch Simpson (1975) 91 LQR 247, 262; Williston on Contracts (Fn. 226), § 1:17; Zimmermann/Hellweg ZfRV 1998, 133, 135; s. ferner auch Wendel (Fn. 716), S. 1 Fn. 4, S. 89 sowie Fuller (1941) 41 Colum. L. Rev. 799, 815 f. („half-completed exchange“ [„halb-abgeschlossener Austausch“] als „contractual archetype“ [„vertragliche Urform“]). 937 B. I.3. b) aa)(3). 938 Vgl. dazu oben B. I.3. b) cc).
II. Realkontraktliche Relikte
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sumpsit in das neue Schema einzupassen.939 Eine maßgebliche Rolle spielte dabei der berühmte amerikanische Jurist Langdell940, welcher die Differenzierung zwischen bilateral und unilateral contract ab den frühen 1870er Jahren nachdrücklich promulgierte941 und schon bald zahlreiche Nachahmer fand (so etwa bereits 1881 Addison942 und 1885 Pollock943). In der englischen Rechtsprechung taucht der Begriff unilateral contract in diesem Sinn bereits in der Entscheidung Great Northern Railway Co v Witham aus dem Jahr 1873944 auf. Als Leit- und Grundsatzentscheidung hinsichtlich der Analyse dieser Art von Fällen im Rahmen des dogmatischen Modells von Angebot und Annahme gilt aber bis heute die Entscheidung Carlill v Carbolic Smoke Ball Co aus dem Jahr 1893, deren fortdauernde Berühmtheit wohl nicht zuletzt auch in dem kuriosen Sachverhalt begründet liegt. Während der großen Grippeepidemie Anfang der 1890er Jahre hatte die Carbolic Smoke Ball Company in der Pall Mall Gazette inseriert, dass sie jedem, der einen der von ihr vermarkteten smoke balls (eine Art Inhalationsgerät) in einer bestimmten Weise für eine bestimmte Zeit verwendet und dennoch an Grippe erkrankt, 100 £ biete. Mrs. Carlill kaufte den smoke ball im Vertrauen auf dieses Inserat, benutzte ihn wie angegeben und erkrankte trotzdem an der Grippe. Als die Carbolic Smoke Ball Company sich weigerte, die 100 £ zu zahlen, erhob Mrs. Carlill Klage, mit der sie sowohl vor dem High Court945 als auch vor dem Court of Appeal946 obsiegte. Die Richter des Court of Appeal verwendeten zwar nicht explizit den Begriff unilateral contract, qualifizierten aber das Inserat als Angebot947, das 939 Vgl. Lerner (2004) 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 53, 66; Simpson (1985) 14 J. Legal Stud. 345, 377 f.; Simpson (1975) 91 LQR 247, 261 f.; Teeven (Fn. 610), S. 179; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 572 f.; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 135. 940 Vgl. zur diesbezüglichen Vorreiterrolle von Langdell: Ames, Christopher Columbus Langdell, in: Lewis (ed.), Great American Lawyers, 1907–1909, Vol. VIII, S. 465, 478; Kimball (2007) 25 LHR 345, 371 f.; Tiersma (1992) 26 U.C. Davis L. Rev. 1, 5 f.; Wendel (Fn. 716), S. 1 Fn. 4. 941 Vgl. Langdell, A selection of cases on the law of contracts: with a summary of the topics covered by the cases, 2nd ed. 1879, S. 1092 ff.; ders. (Fn. 658), paras. 183 ff. Wie die Deckblätter zur 1. Auflage seiner „Cases on Contracts“ (1871) zeigen, hatte Langdell die Differenzierung im Rahmen seiner Lehre in Harvard aber bereits ab den frühen 1870er Jahren hervorgehoben, vgl. dazu Kimball (2007) 25 LHR 345, 371 f. 942 Addison, A treatise on the law of contracts. 3rd American from 7th London ed., 1881, Vol. I, S. 4 f. (allerdings ohne explizite Bezugnahme auf Langdell). 943 Vgl. Pollock (Fn. 730), S. 12 f. (Fn. m1 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Langdell). 944 Vgl. Great Northern Railway Co v Witham (1873) LR 9 CP 16 at 19 per Brett J.: „If I say to another, ‚If you will go to York, I will give you 100 l.’, that is in a certain sense a unilateral contract.“ („Wenn ich zu einem anderen sage, ‚Wenn Du nach York gehst, gebe ich Dir 100 £’, ist das in einem gewissen Sinne ein unilateral contract.“). 945 Carlill v The Carbolic Smoke Ball Company [1892] 2 QB 484. 946 Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256. Vgl. dazu etwa Dickin McGinnis (1988) 5 CBMH 121 ff.; Kleinschmidt JURA 2007, 249 ff.; Simpson (1985) 14 J. Legal Stud. 345 ff.; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 135 f. 947 Vgl. zur Qualifikation als Angebot (und nicht bloß als invitatio ad offerendum) noch näher unten C. III.2. b) aa)(3).
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B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
Mrs. Carlill durch die vorgeschriebene Benutzung des smoke ball angenommen hatte. Seitdem ist das Rechtsinstitut des unilateral contract – trotz mancher Kritik an den mit ihm verbundenen konstruktiven Problemen948 zu einem festen Bestandteil des englischen Vertragsrechts949 geworden. Das praktische Anwendungsfeld des unilateral contract reicht dabei weit über die klassischen reward cases (Belohnungsversprechen)950 oder Fälle wie den des carbolic smoke ball hinaus.951 Als unilateral contract qualifiziert wird z.B. i.d.R. auch die Beauftragung eines Immobilienmaklers.952 In der Rechtsprechung finden sich darüber hinaus aber auch eine Vielzahl von Anwendungsfällen aus verschiedensten anderen Lebensbereichen.953 948
Vgl. etwa Llewellyn (1938) 48 Yale L. J. 1, 31 ff., 779 ff. (speziell auch S. 36: „belongs in the freaktent as an interesting and often instructive curiosity“ [„gehört ins Kuriositätenkabinett als ein interessantes und oft instruktives Kuriosum]“; Stoljar (1952) 47 Nw. U. L. Rev. 1, 17 ff.; ders. (1955) 64 Yale L. J. 515 ff.; Tiersma (1992) 26 U.C. Davis L. Rev. 1 ff.; s. ferner auch Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 464 („artificial device“ [„künstliches Instrument“]); von Mehren (1955) 15 La. L. Rev. 687, 692 („artificial“ [„künstlich“]). 949 Vgl. aus der Rechtsprechung: Errington v Errington and Woods [1952] 1 KB 290; United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74; New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154; Daulia Ltd v Four Millbank Nominees Ltd [1978] 1 Ch 231; Bowerman v Association of British Travel Agents Ltd [1996] CLC 451; Soulsbury v Soulsbury [2008] 2 WLR 834; Great Eastern Shipping Co Ltd v Far East Chartering Ltd, Binani Cement Ltd [2011] EWHC 1372 (Comm); s. ferner auch Harvela Investments Ltd v Royal Trust Company of Canada (C.I.) [1986] 1 AC 207 at 224 ff. per Lord Diplock; aus dem Schrifttum: Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-078 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-051 ff. 950 Vgl. etwa Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621; Gibbons v Proctor (1891) 64 LT 594; R v Clarke (1927) 40 CLR 227 (alle Fälle betrafen Versprechen einer Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung von Verbrechen führen würden). 951 Vgl. zu weiteren Anwendungsbereichen auch Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.74; Pettit (1983) 63 B. U. L. Rev. 551, 558 ff.; Wendel (Fn. 716), S. 141 ff. 952 Vgl. Luxor (Eastbourne) Ltd v Cooper [1941] AC 108. Vgl. zu den Maklerfällen näher Wendel (Fn. 716), S. 164 ff. 953 Vgl. etwa: Errington v Errington and Woods [1952] 1 KB 290 (Versprechen der Übereignung eines Hauses durch den Vater an seine Tochter und deren Ehemann, wenn diese die Hypothekenraten zahlen); United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 (Versprechen von Flugzeugherstellern, die Flugzeuge von einer Finanzierungsgesellschaft zurückzukaufen, wenn die Mietkäufer die Mietkaufverträge vorzeitig kündigen und bestimmte Bedingungen erfüllt sind); New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154 (bill of lading [Konnossement] als Versprechen des Verfrachters an die Erfüllungsgehilfen und Bevollmächtigten des Beförderers, dass auch diese in den Genuss eines Haftungsausschlusses kommen, wenn sie Handlungen in Erfüllung des Beförderungsvertrags vornehmen); Daulia Ltd v Four Millbank Nominees Ltd [1978] 1 Ch 231 (Zusage des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrags, wenn der andere bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem unterschriebenen Vertrag und einer Anzahlung ins Büro des Veräußerers kommt); Bowerman v Association of British Travel Agents Ltd [1996] CLC 451 (Aushang in allen Reisebüros, die der Association of British Travel Agents [ABTA] angehörten, dass die ABTA im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters vor Reiseantritt den Reisepreis zurückerstattet, wenn jemand eine Reise bei einem der ABTA angehörenden Reisebüro bucht); vgl. zu diesem Fall McMeel (1997) 113 LQR 47 ff.); Soulsbury v Soulsbury [2008]
II. Realkontraktliche Relikte
125
cc) Der unilateral contract aus rechtsvergleichender Perspektive Unter rechtsvergleichender Perspektive ist der unilateral contract nicht zuletzt auch deshalb interessant, weil diese für das common law charakteristische Vertragskategorie keine wirkliche Entsprechung im deutschen oder französischen Recht hat. (1) Unileral contract vs. contrat unilateral und einseitig verpflichtendem Vertrag Speziell von englischen Juristen wurde sie zwar häufig mit dem contrat unilateral des französischen Rechts in Verbindung gebracht954 bzw. sogar gleichgesetzt955. Ein contrat unilateral ist nach der auf Pothier956 zurückgehenden Definition in Art. 1103 C. civ.957 ein Vertrag, bei dem eine oder mehrere Personen gegenüber einer oder mehreren anderen Personen verpflichtet sind, ohne dass auf Seiten Letzterer eine Verpflichtung besteht958. Er entspricht also der Kategorie des einseitig verpflichtenden Vertrags959 im deutschen Recht und lässt sich daher – trotz der terminologischen Nähe gerade nicht mit dem unilateral contract des common law gleichsetzen960. Es existiert zwar insofern eine Parallele zwischen unilateral contract einerseits und contrat unilateral/einseitig verpflichtendem Vertrag andererseits, als jeweils nur auf Seiten einer Vertrags954 2 WLR 834 (Versprechen, dass die frühere Ehefrau beim Tod des früheren Ehemanns 100 000 £ bekommt, wenn sie den gerichtlich festgesetzten Unterhalt i.H.v. 12 000 £ pro Jahr nicht einfordert). S. ferner auch Harvela Investments Ltd v Royal Trust Company of Canada (C.I.) [1986] 1 AC 207 at 224 ff. (interessante dogmatische Konstruktion einer verdeckten Auktion durch Lord Diplock mittels einer unilateral contract-Analyse); Great Eastern Shipping Co Ltd v Far East Chartering Ltd, Binani Cement Ltd [2011] EWHC 1372 (Comm) (letter of indemnity [Schadloshalteversprechen]). 954 Vgl. United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 at 82 per Lord Diplock. 955 So etwa Samuel (Fn. 716), S. 117, 130. 956 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 9: „Les Uni-latéraux sont ceux par lesquels il n’y a que l’un des contractans qui s’engage envers l’autre …“ („Die einseitigen sind diejenigen, bei denen sich nur eine der Vertragsparteien gegenüber der anderen verpflichtet … „). 957 Art. 1103 C. civ.: „Il est unilatéral lorsqu’une ou plusieurs personnes sont obligées envers une ou plusieurs autres, sans que de la part de ces dernières il y ait d’engagement.“ 958 Vgl. zur Differenzierung zwischen contrat synallagmatique (Art. 1102 C. civ.) und contrat unilateral (Art. 1103 C. civ.) etwa Bénabent (Fn. 243), n° 19; Boyer (Fn. 899), n° 61 ff.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 180 f.; Fages (Fn. 245), n° 26; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 82 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 410. 959 Vgl. zur Differenzierung zwischen einseitig und zweiseitig verpflichtenden Verträgen etwa: Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, 36. Aufl. 2012, § 3 Rn. 2 ff.; Emmerich (Fn. 864), § 311 Rn. 8, Vor § 320 Rn. 2; Staudinger/Huber, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearb. 2011, D. Der Inhalt des Schuldverhältnisses Rn. 15 ff.; Kindl (Fn. 864), Vor § 320 Rn. 5; Staudinger/ Otto/Schwarze, Neubearb. 2009, Vorbem zu §§ 320–326 Rn. 12 f. 960 Vgl. auch Lerner (2004) 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 53, 65 f.; s. zur Nichtidentität von einseitig verpflichtendem Vertrag nach deutschem Recht und unilateral contract auch W. Lorenz in: Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968, S. 1256; Neumayer in: Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968, S. 555; Rauch (Fn. 931), S. 30; Wendel (Fn. 716), S. 107.
126
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
partei eine Verpflichtung besteht. Darauf beruht wohl auch die teilweise vorgenommene Gleichsetzung (und mit großer Wahrscheinlichkeit wohl auch schon die Bezeichnung als unilateral contract961). Konzeptionell existieren aber zwischen beiden Vertragskategorien dennoch gravierende Unterschiede: Beim unilateral contract ist der Versprechensempfänger zwar zu nichts verpflichtet, der Versprechende begehrt aber gerade von ihm, dass er eine Handlung bzw. Unterlassung vornimmt und nur, wenn er dies tut (bzw. zumindest zu tun beginnt962), kommt ein wirksamer Vertrag zustande. Beim contrat unilateral/einseitig verpflichtenden Vertrag dagegen ergibt sich für die andere Partei nicht nur keine Verpflichtung, sondern der Vertrag entsteht und ist und bleibt wirksam, ohne dass diese Partei jemals eine Leistung (egal ob Handlung oder Unterlassung) erbringt963. M.a.W.: Der unilateral contract ist konzeptionell trotz der lediglich einseitigen Leistungspflicht ein „Austausch“-Vertrag, er bedarf wie grundsätzlich jeder Vertrag nach englischem Recht964 einer consideration (oder eines deed), während es beim contrat unilateral/einseitig verpflichtenden Vertrag gerade nicht zu einem Leistungs„austausch“ kommt.965 (2) Unilateral contract vs. Auslobung Im rechtsvergleichenden Schrifttum wird der unilateral contract, speziell in seiner Ausprägung in den klassischen reward cases (Belohnungsfällen), häufig 961 In den englischen Übersetzungen von Pothier (die großen Einfluss auf die Entwicklung des common law hatten, vgl. bereits oben B. I.3. b) cc)) wird unilateral in der maßgeblichen Passage (n° 9, vgl. oben Fn. 956) schlicht als unilateral „übersetzt“, vgl. etwa die 1806 in England erschienene Übersetzung von Evans (Fn. 713) oder die 1802 in den USA von Martin & Ogden verlegte Übersetzung (Pothier, A treatise on obligations, considered in a moral and legal view: translated from the French of Pothier, 1802). Ausdrücklich zitiert wurde diese Passage von Pothier etwa schon bei Levi, Manual of the Mercantile Law of Great Britain and Ireland, 1854, n° 116, oder Leake (Fn. 705), S. 11 Fn. a. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Kategorisierung von Verträgen bei Pothier findet sich ferner insbesondere auch bereits in der Entscheidung Fishmongers’ Co v Robertson (1843) 5 Man & G 131 at 176 per Maule J.: „There is a large class of cases mentioned by Pothier, where one party, A, promises to do something, if another party, B, will do something else. This contract is not binding on B; but if he does the act, than it becomes binding on A.“ („Es gibt eine große Kategorie von Fällen, die Pothier erwähnt, in denen eine Partei, A, verspricht etwas zu tun, wenn die andere Partei, B, etwas anderes tun wird. Dieser Vertrag ist für B nicht bindend; aber wenn er die Handlung vornimmt, wird er für A verbindlich.“). Worauf genau Maude J. damit Bezug nimmt, ist zwar nicht ganz klar (der case report interpretiert die Passage als Bezugnahme auf Pothiers Ausführungen zu bedingten Verträgen), er meint aber ganz offenbar eine Situation, die heute als unilateral contract qualifiziert würde, vgl. auch Lawson (1900) 50 Cent. L. J. 305, 306. 962 Vgl. aber zur höchst umstrittenen Frage, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt) bzw. zumindest eine gewisse Bindung für den Anbietenden begründet näher unten D. VII.3. b) bb). 963 Es treffen sie allenfalls Nebenpflichten (Sorgfalts- bzw. Treuepflichten), vgl. Emmerich (Fn. 864), Vor § 320 Rn. 2; speziell in Bezug auf die Bürgschaft etwa Erman/E. Herrmann, 13. Aufl. 2011, § 765 Rn. 9. 964 Vgl. dazu ausf. oben B. I.3. a) cc)(2). 965 Vgl. auch Wendel (Fn. 716), S. 107.
II. Realkontraktliche Relikte
127
der Auslobung (§ 657 BGB) gegenüber gestellt.966 Common law und deutsches Recht folgen insoweit gänzlich entgegengesetzten Konzeptionen, die sich speziell in den Fällen, in denen der Handelnde im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung (noch) keine Kenntnis von dem Versprechen bzw. der Auslobung hat, auswirken967: Im englischen Recht wird (trotz speziell in jüngerer Zeit zunehmender Kritik) überwiegend davon ausgegangen, dass in diesem Fall kein Anspruch des Handelnden entsteht, weil eine wirksame Annahme denknotwendig zwingend voraussetze, dass der Handelnde Kenntnis von dem Belohnungsversprechen hatte. Das BGB konstruiert die Auslobung dagegen in § 657 nicht als Vertrag, sondern als einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft; ob der Handelnde Kenntnis von der Auslobung hatte, ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm irrelevant. Die gesamte Thematik wird später im Zusammenhang mit der Annahme noch näher zu erörtern sein.968
4. CESL-D Der CESL-D beruht ausschließlich auf dem Konsensualvertragsprinzip. Alles andere hätte auch mehr als überrascht, betrifft er doch lediglich Kaufverträge, die nicht nur nach den hier untersuchten, sondern auch nach allen anderen europäischen Rechtsordnungen generell konsensualvertraglich ausgestaltet sind. Im Übrigen fand sich bereits im DCFR der ein wesentliches breiteres Spektrum von Verträgen, so etwa insbesondere auch das Darlehen als traditionell typischen Fall eines Realvertrags, behandelt – ein klares Bekenntnis zum generellen Konsensualvertragsprinzip: Nach der Begründung969 ist die Formulierung „no further requirements“ in Art. II.-4:101 DCFR970 nicht nur als eindeutige Absage an materielle Erfordernisse wie die cause und die consideration, sondern auch an die Kategorie der Realverträge zu verstehen (ganz ähnlich ferner auch bereits die Begründung zur Vorläuferregelung in Art. 2:101 PECL971).
966 Vgl. etwa Chloros (1968) 17 ICLQ 137, 160 f.; Gordley (ed.), The Enforceability of Promises in European Contract Law, 2001, S. 309 ff.; Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 470 f.; Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1671; Kleinschmidt JURA 2007, 249, 251 ff.; Lerner (2004) 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 53, 61 ff.; Rheinstein (Fn. 608), S. 99 f.; W. Lorenz (Fn. 960), S. 1257; R. Zimmermann (Fn. 28), S. 573 f.; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 136, 143. 967 Vgl. Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 471; Kleinschmidt JURA 2007, 249, 252; Lerner (2004) 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 53, 68; Rheinstein (Fn. 608), S. 100; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 135 f. 968 Siehe unten D. III.2. 969 Vgl. Art. II.-4:101 DCFR Note IV.c. 970 Vgl. dazu auch bereits oben B. I.4. a). 971 Vgl. Art. 2:101 PECL Anmerkung 3.c.
128
B. Grundkonzeption des Vertragsschlusses
III. Resümee und rechtsvergleichende Würdigung Sowohl das deutsche als auch das französische und das englische Recht basieren heute auf dem Grundprinzip des Konsensualvertrags – Kern und Geltungsgrund des Vertrags ist die Willensübereinstimmung, der Konsens, das consentement, das meeting of the minds972. Anders als im deutschen Recht existiert aber im französischen und englischen Recht zusätzlich ein materielles Erfordernis – im französischen Recht die cause973, im englischen Recht die consideration974. Beide Rechtsinstitute stehen zwar seit Jahrzehnten in der Kritik, haben dieser aber bislang wehrhaft standgehalten. Cause und consideration gelten traditionell als quasi sakrosankte „Eckpfeiler“ und „Herzstücke“ des französischen bzw. englischen Vertragsrechts; jeglicher Vorschlag, sie grundlegend zu reformieren oder gar abzuschaffen, stößt bei französischen bzw. englischen Juristen auf heftigen Widerstand und wird verbreitet gar als einem Sakrileg gleichkommend empfunden.975 Aus deutscher Perspektive mag dies vielleicht zunächst befremdlich erscheinen. Nimmt man jedoch etwa die teils heftigen deutschen Reaktionen auf die Pläne für ein europäisches Vertragsrecht in Blick (Stichwort: „Rettet das BGB vor Brüssel“976) wird die englische bzw. französische Position schnell nachvollziehbar. Wie schon der DCFR hat sich jedoch auch der CESL-D – zu Recht – gegen derartige materielle Erfordernisse entschieden.977 Denn – wie auch viele englische und französische Juristen heute eingestehen – können ihre Funktionen durch andere Rechtsinstitute wesentlich zielgenauer erfüllt werden. Indes ist es freilich sowohl in dogmatischer als auch in rechtspolitischer und praktischer Hinsicht wesentlich einfacher, im Rahmen einer neu geschaffenen Vertragsrechtsordnung entsprechende „Stellschrauben“ zu verankern als eine „Operation am offenen Herzen“ einer über Jahrhunderte gewachsenen Vertragsrechtsordnung vorzunehmen. Trotz des gemeinsamen Grundprinzips des Konsensualvertrags lassen sich aber – anders als nun im CESL-D978 bis heute in allen drei untersuchten Rechtsordnungen zumindest noch Relikte des Realkontrakts ausmachen. Am weitesten ist insoweit das deutsche Recht, wo der Realvertrag spätestens seit der Schuldrechtsreform 2002 endgültig begraben ist und nur noch rechtshistorische Bedeutung hat.979 Das französische Recht scheint einen ähnlichen Weg 972
Vgl. oben B. I.1. a), B. I.2. a) aa), B. I.3. a) bb). Vgl. dazu oben B. I.2. a) dd), B. I.2. b) ee)(2)(c), B. I.2. b) ff.). 974 Vgl. dazu oben B. I.3. a) cc)(2), B. I.3. b) bb), B. I.3. b) dd)(1). 975 Vgl. dazu oben B. I.2. b) ee)(2)(c), B. I.2. b) ff.), B. I.3. b) dd)(1). 976 So die Überschrift zu einem Beitrag von Jahn betreffend die Arbeiten am DCFR in der FAZ v. 18.10.2006, S. 13. 977 Vgl. dazu oben B. I.4. a). 978 Vgl. dazu oben B. II.4. 979 Vgl. dazu oben B. II.1. 973
III. Resümee und rechtsvergleichende Würdigung
129
zu beschreiten, bislang wird aber zumindest für einige Vertragstypen noch am Realvertragskonstrukt festgehalten.980 Eine Sonderstellung nimmt in diesem Punkt das englische Recht ein: Es kennt zwar keine Realverträge römischrechtlicher Tradition, in Form des dem common law eigentümlichen unilateral contract existiert aber eine Vertragskategorie mit zumindest stark realvertraglichem Einschlag, die kein wirkliches Pendant im deutschen und französischen Recht hat.981 Hervorzuheben ist weiterhin insbesondere, dass die Regeln über den Vertragsschluss in allen drei Rechtsordnungen982 – ebenso wie nun auch im CESL-D gleichermaßen auf dem dogmatische Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme basieren (wenngleich es speziell ins englische Vertragsrecht erst relativ spät als legal transplant aus dem kontinentaleuropäischen Recht Eingang fand). Überhaupt zeigt der historische Rückblick, wie stark die gemeinsame europäische Rechtstradition – speziell im Hinblick auf das deutsche und französische Recht – ist und wie sehr sich die (Vertrags-)Rechtsordnungen im Verlauf ihrer Entwicklung gegenseitig inspiriert und beeinflusst haben. Insbesondere war selbst die vielgerühmte „noble isolation“983 des englischen Rechts letztlich nie wirklich so „isoliert“ wie manchmal suggeriert wird.984 Im Detail bestehen indes freilich nach wie vor – speziell auch auf Grund der divergierenden historischen Entwicklung signifikante Unterschiede, nicht nur im Hinblick auf so zentrale Fragen wie das Erfordernis einer cause oder consideration oder den Fortbestand realvertraglicher Elemente, sondern auch in Bezug auf die Lösung verschiedener Einzelfragen im Rahmen des Angebot/ Annahme-Modells. Dies wird im Folgenden näher herauszuarbeiten sein.
980
Vgl. dazu oben B. II.2. Vgl. dazu oben B. II.3. 982 Vgl. dazu oben B. I.1. a), B. I.1. b) gg), B. I.2. a) aa), B. I.2. b) ee)(2)(b), B. I.3. a) bb), B. I.3. b) cc), B. I.3. b) dd)(2). 983 Vgl. Baker, An Introduction to English Legal History, 3rd ed. 1990, S. 35: „English law flourished in noble isolation from Europe“ („Das englische Recht blühte in vornehmer Isolation von Europa“); in der 4. Aufl. 2002 wurde das „noble“ bezeichnenderweise gestrichen, vgl. Baker (Fn. 600), S. 29; s. ferner etwa auch bereits Maitland, The Constitutional History of England, 1908, S. 142: „wonderful isolation“ („wundervolle Isolation“). 984 Vgl. nur Helmholz (1990) 39 Duke L. J. 1207, 1226 f.; Markesinis (Fn. 716 ff.), S. 37 ff.; R. Zimmermann (Fn. 598), S. 27, 43; ders. ZEuP 1993, 4, 51; s. ferner zu zivilrechtlichen Einflüssen auch die Nachweise in Fn. 715 f., zum Wirken des römischen Rechts die Nachweise in Fn. 595 ff. 981
C. Angebot I. Definition und Rechtsnatur 1. Deutsches Recht Im deutschen Recht wird ein Angebot (in der Terminologie des BGB: Antrag) gewöhnlich definiert als eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet ist und den Angebotsempfänger in die Lage versetzt, durch seine Annahme den Vertragsschluss zu bewirken.985 Erforderlich ist also ein auf den Abschluss eines Vertrags gerichteter Rechtsbindungswille986 sowie hinreichende Bestimmtheit987.
2. Französisches Recht Nahezu deckungsgleich ist die Definition des Angebots (offre) im französischen Recht. So definiert etwa Larroumet: une manifestation de volonté ayant pour objet la proposition de conclure un contrat à des conditions qui sont précisées par l’offrant988 [Eine Willensmanifestation, welche den Vorschlag zum Inhalt hat, einen Vertrag zu Bedingungen, die vom Anbietenden präzisiert sind, zu schließen].
Ganz ähnlich auch Bénabent: une proposition … précise et ferme989 [ein präziser und fester Vorschlag], 985 Vgl. etwa Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1 f.; Bork (Fn. 202), Rn. 694; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 5; Flume (Fn. 19), 35 I 1 (S. 635); Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 35. Aufl. 2011, § 8 Rn. 7 f.; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, 17. Aufl. 2011, § 19 Rn. 3. 986 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1; Bork (Fn. 202), Rn. 705; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 7; Flume (Fn. 19), 35 I 1 (S. 635); Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 9; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 6. 987 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 2; Bork (Fn. 202), Rn. 711; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Flume (Fn. 19), 35 I 1 (S. 635); Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 8; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 4. 988 Larroumet (Fn. 243), n° 238. 989 Bénabent (Fn. 243), n° 57.
I. Definition und Rechtsnatur
131
Flour/Aubert/Savaux: la proposition ferme de conclure un contrat détérminé, à des conditions également déterminées990 [der feste Vorschlag, einen bestimmten Vertrag zu schließen, zu Bedingungen, die gleichfalls bestimmt sind];
Fabre-Magnan: une proposition de contracter ferme et précise991 [ein fester und präziser Vorschlag, einen Vertrag zu schließen]
oder Fages: la manifestation unilatérale de volonté par laquelle une personne, l’offrant, émet une proprosition de conclure suffisament ferme et précise pour que son acceptation entraîne à elle seule la formation du contrat992 [die einseitige Willenserklärung, durch die eine Person, der Anbietende, einen ausreichend festen und präzisen Vorschlag zum Vertragsschluss äußert, so dass allein seine Annahme den Vertragsschluss herbeiführt].
Ebenso wie das deutsche charakterisiert also auch das französische Recht das Angebot als eine einseitige Willenserklärung (déclaration de volonté)993 und verlangt als zentrale Elemente ebenfalls einen auf einen Vertragsschluss gerichteten Rechtsbindungswillen (animus contrahendi bzw. intention de contracter)994 sowie hinreichende Bestimmtheit995.
3. Englisches Recht Die führenden englischen Standardwerke Chitty on Contracts und Treitel on the Law of Contract definieren offer (Angebot) als
990 Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 132; fast wortgleich auch bereits Aubert, Notions et roles de l’offre et de l’acceptation dans la formation du contrat, 1970, n °6. 991 Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 260. Ganz ähnlich auch Testu, Contrats d’affaires, 2010, 21.01: „manifestation de volonté ferme et précise“ („feste und präzise Willensmanifestation“). 992 Fages (Fn. 245), n° 72. 993 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 7; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 265; Fages (Fn. 245), n° 72; Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 132, 136; Larroumet (Fn. 243), n° 238; Testu (Fn. 991), 21.01. 994 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 39; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 261 f.; Fages (Fn. 245), n° 72 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 134; Guenzoui (Fn. 245), n° 140; Larroumet (Fn. 243), n° 249. 995 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 51 ff.; Bénabent (Fn. 243), n° 57; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 263; Fages (Fn. 245), n° 72 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133; Larroumet (Fn. 243), n° 238, 246, 249; Testu (Fn. 991), 21.01.
132
C. Angebot
an expression of willingness to contract on specified terms, made with the intention that it is to become binding as soon as it is accepted by the person to whom it is addressed996 [eine Äußerung der Bereitschaft, zu bestimmten Bedingungen einen Vertrag zu schließen, die mit der Intention gemacht wird, dass sie verbindlich wird, sobald sie von der Person, an die sie adressiert ist, angenommen wird].
Ganz ähnlich auch997 das renommierte Lehrbuch Anson’s Law of Contract: an intimation, by words or conduct, of a willingness to enter into a legally binding contract, and which in its terms expressly or impliedly indicates that it is to become binding on the offeror as soon as it has been accepted by an act, forbearance or return promise on the part of the person to whom it is addressed998 [die Bekanntgabe, durch Worte oder Verhalten, einer Bereitschaft, einen rechtlich bindenden Vertrag abzuschließen, und die in ihren Bedingungen ausdrücklich oder implizit zu erkennen gibt, dass sie für den Anbietenden verbindlich werden soll, sobald sie durch ein Handeln, Unterlassen oder ein Gegenversprechen der Person, an die sie adressiert ist, angenommen wird].
Notwendige Elemente des Angebots sind also auch nach englischem Recht der auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Rechtsbindungswille999 sowie die hinreichende Bestimmtheit1000. Im Hinblick auf die systematisch-dogmatische Qualifikation des Angebots existiert indes ein grundlegender Unterschied zum deutschen und französischen Recht: Da das englische Recht – anders als das französische1001 die 996
Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-003; Treitel (Fn. 491), 2-002. Vgl. ferner etwa auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 47: „a manifestation (whether orally, in writing, or by conduct) by the offeror of a willingness to be bound by the terms proposed to the offeree (the addressee), as soon as the offeree signifies acceptance of the terms“ („eine Manifestation [egal ob mündlich, schriftlich oder durch Verhalten] der Bereitschaft des Anbietenden, an die dem Angebotsempfänger [dem Adressaten] vorgeschlagenen Bedingungen gebunden zu sein, sobald dieser die Annahme der Bedingungen zum Ausdruck bringt“); Koffmann/ MacDonald (Fn. 496), 2.11: „a proposal or promise by one party (the offeror) to enter into a contract, on a particular set of terms, with the intention of being bound as soon as the party to whom the promise is made (the offeree) signifies his acceptance“ („ein Vorschlag oder Versprechen einer Partei [der Anbietende] einen Vertrag zu schließen, zu bestimmten Bedingungen, mit der Intention gebunden zu sein sobald die Partei der gegenüber das Versprechen gemacht wird [der Angebotsempfänger] seine Annahme zum Ausdruck bringt“); McKendrick (Fn. 493), S. 44: „a statement of one party of a willingness to enter into a contract on the terms that he has put forward“ („die Erklärung der Bereitschaft einer Partei, einen Vertrag zu den Bedingungen, die sie vorgeschlagen hat, zu schließen“). 998 Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 33. 999 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 33; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 47, 93 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-003, 2-158 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.11; Treitel (Fn. 491), 2-002, 4-001 ff. 1000 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 33; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 47, 81 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-003; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.30, 10.01, 11.02; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.11; Treitel (Fn. 491), 2-002. 1001 Vgl. dazu bereits oben B. I.2. b) ee)(2)(a). 997
133
I. Definition und Rechtsnatur
Rechtsgeschäftslehre nie als solche rezipiert hat1002, qualifiziert es konsequenterweise auch das Angebot (offer) nicht in den Kategorien von „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“.
4. CESL-D Der CESL-D komprimiert in seiner Definition des Angebots (offer/offre) in Art. 31 Abs. 1 genau die beiden Grundvoraussetzungen, die – wie dargestellt – auch den drei untersuchten Rechtsordnungen gemeinsam sind: (1) auf den Abschluss eines Vertrags gerichteter Rechtsbindungswille (lit. a) und (2) hinreichende Bestimmtheit (lit. b). Definition von „Angebot“/“offer“/“offre“ in Art. 31 Abs. 1 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Ein Vorschlag stellt ein (1) A proposal is an offer (1) Une proposition est une Angebot dar, wenn if: offre lorsque: (a) er in der Absicht unterbreitet wird, im Falle seiner Annahme zu einem Vertrag zu führen, und
(a) it is intended to result in a contract if it is accepted; and
(a) elle manifeste la volonté d’aboutir à un contrat si elle est acceptée; et
(b)er einen ausreichenden Inhalt hat und hinreichend bestimmt ist, so dass ein Vertrag geschlossen werden kann.
(b)it has sufficient content and certainty for there to be a contract.
(b)présente un contenu suffisant et est suffisamment certaine pour faire naître un contrat.
Nahezu identisch definierten zuvor auch der DCFR und die PECL, deren Verfasser sich in den Anmerkungen auch explizit auf die entsprechenden gemeinsamen Rechtstraditionen nicht nur in den drei hier untersuchten, sondern auch den anderen europäischen Rechtsordnungen beriefen1003: Art. II.-4:201 DCFR: Offer (1) A proposal amounts to an offer if: (a) it is intended to result in a contract if the other party accepts it; and (b)it contains sufficiently definite terms to form a contract. … [Art. II.-4:201: Angebot (1) Ein Vorschlag stellt ein Angebot dar, wenn: (a) er in der Absicht abgegeben wird, im Falle der Annahme durch die andere Partei zu einem Vertrag zu führen; und 1002 1003
Vgl. dazu bereits oben B. I.3. b) cc). Vgl. Art. II.-4:101 DCFR Note II.2, Art. 2:201 PECL Anmerkung 2.
134
C. Angebot
(b)er Bedingungen enthält, die in einer für einen Vertrag ausreichenden Weise bestimmt sind. …] Art. 2:201 PECL: Angebot (1) Ein Vorschlag stellt ein Angebot dar, wenn: (a) er in der Absicht abgegeben wird, im Falle der Annahme durch die andere Partei zu einem Vertrag zu führen, und (b)er Bedingungen enthält, die in einer für einen Vertrag ausreichenden Weise bestimmt sind. …
In dogmatisch-systematischer Hinsicht existiert freilich ein wichtiger Unterschied zwischen der Angebotsdefinition im CESL-D und derjenigen im deutschen und französischen Recht: Entsprechend seines generellen Verzichts auf das abstrakte Konzept des „Rechtsgeschäfts“1004 qualifiziert der CESL-D konsequenterweise natürlich auch das Angebot nicht als solches.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Ungeachtet der divergierenden dogmatisch-systematischen Kategorisierung („Rechtsgeschäft/Willenserklärung“ bzw. „acte juridique/déclaration de volonté“ im deutschen und französischen Recht; Nichtexistenz dieser Kategorien im englischen Recht und CESL-D) sind die essentiellen materiellen Grundvoraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Angebots in allen drei untersuchten Rechtsordnungen und im CESL-D deckungsgleich: Erforderlich sind ein auf den Abschluss eines Vertrags gerichteter Rechtsbindungswille sowie hinreichende Bestimmtheit.
II. Exkurs: Auslegung Entscheidend für die Feststellung, ob eine Erklärung ein wirksames Angebot darstellt, ist nicht zuletzt, nach welchen Kriterien die Auslegung erfolgt.1005 Es bedarf daher zunächst einer Auseinandersetzung mit dieser vorgelagerten Problematik.
1004
Vgl. dazu bereits oben B. I.4. a). Vgl. allg. zur Tragweite der Auslegungsregeln Hardy (2011) 18 ERPL 817, 821 ff.; Maultzsch, Art. 58-65: Auslegung, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 203, 204, 206; ders. GPR 2011, 114, 115; Panek, Relevance of circumstances in which the contract was concluded under the DCFR (II. – 8:102), in: Heiderhoff /Żmij (eds.), Interpretation in Polish, German and European Private Law, 2011, S. 61, 65 f. 1005
II. Exkurs: Auslegung
135
1. Deutsches Recht Im deutschen Recht gelten auch für die Auslegung von Angebot und Annahme die allgemeinen Regeln für die Auslegung (empfangsbedürftiger) Willenserklärungen. a) §§ 133, 157 BGB Das BGB enthält insoweit zwei zentrale, einander komplementierende1006 Grundregeln: § 133 und § 157 BGB. Von der Aufnahme weitergehender, detaillierterer allgemeiner Auslegungsregeln, wie sie in anderen europäischen Kodifikationen enthalten waren bzw. sind1007, wurde im Rahmen der Beratungen zum BGB bewusst abgesehen1008; derartige „Denkregeln ohne rechtlichen Gehalt“ gäben dem Richter „Belehrungen über praktische Logik“ und brächten überdies die Gefahr mit sich, dass sie „für wirkliche Rechtssätze genommen“ würden und „der Sinn des gesprochenen Wortes als die Hauptrichtschnur behandelt wird, von der nur insoweit abgewichen werden dürfe, als das Gesetz dies besonders erlaubt habe“1009. Gem. § 133 BGB, der auf Art. 278 ADHGB1010, 1011 aufbaut1012 (welcher wiederum erkennbar Art. 1156 C. civ.1013 nachgebildet ist1014), ist „bei der Auslegung einer Willenserklärung … der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“. § 157 BGB, der erst relativ spät und nach einigem Hin und Her Eingang ins BGB
1006 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 157 Rn. 2; Erman/A. Arnold, 13. Aufl. 2011, § 133 Rn. 6; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 18, § 157 Rn. 1; Flume (Fn. 19), 16, 3 (S. 308); Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 3 ff. m.z.w.N. zum diesbezüglichen Streitstand. 1007 In den Mot. I, 154 = Mugdan I, 437 werden speziell genannt: PrALR I, 4, §§ 65–74 und I, 5, §§ 252–269; Art. 1156–1164 C. civ. (dazu noch näher unten C. II.2. a)); §§ 135, 809–813 SächsBGB (1865) (Fn. 196); Art. 72–79 Bayer. Entw. (Fn. 203); Teil IV, Buch 1, Art. 130–136 Hess. Entw. (Fn. 203); Art. 145–150 Dresdener Entwurf (Fn. Fn. 846); Art. 1378–1387 Nederlands Burgerlijk Wetboek von 1838; Art. 1131–1139 Codice civile von 1865. 1008 Vgl. Mot. I, 154 ff. = Mugdan I, 437 f.; ausf. zum Ganzen HKK/Vogenauer §§ 133, 157 Rn. 17 ff. m.z.w.N. 1009 Vgl. Mot. I, 155 = Mugdan I, 437. 1010 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch, auf Empfehlung der Bundesversammlung v. 31.5.1861 in den meisten deutschen Staaten erlassen, durch Gesetz v. 5.6.1869 Gesetz des Norddeutschen Bundes (GBl. s. 379 ff.), durch Reichsgesetze v. 16. und 22.4.1871 (RGBl. S. 63, 87) Reichsgesetz. 1011 Art. 278 ADHGB Bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte hat der Richter den Willen der Kontrahenten zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. 1012 Vgl. Mot. I, 155 = Mugdan I, 437; Prot. I, 144 = Mugdan I, 685; Vogenauer (Fn. 1008), §§ 133, 157 Rn. 18 m.w.N. 1013 Dazu noch näher unten C. II.2. a) aa). 1014 Vgl. Mot. I, 155 = Mugdan I, 437; Vogenauer (Fn. 1008), §§ 133, 157 Rn. 18 m.w.N
136
C. Angebot
fand1015, bestimmt: „Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern“. Obgleich § 133 BGB sich seinem Wortlaut nach ausschließlich auf Willenserklärungen bezieht und in § 157 BGB allein von Verträgen die Rede ist, besteht heute weitgehend Konsens, dass beide Normen einander komplementieren1016 (§ 133 BGB quasi als Reflektion der subjektiven, § 157 BGB als Reflexion der objektiven Komponente der Auslegung) und gleichermaßen für einseitige Willenserklärungen und Verträge gelten1017. Sie werden daher auch von der Rechtsprechung traditionell regelmäßig zusammen zitiert.1018 Zum klassischen Grundsatz geworden ist insoweit inzwischen die Formel: „Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste“1019 (sog. objektiver Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB1020). Ausgangspunkt der Auslegung ist dabei der Wortlaut der Erklärung.1021 Bei der Willenserforschung sind aber auch der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände (z.B. Entstehungsgeschichte des Vertrags und vorvertragliche Verhandlungen) zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können.1022
1015 Ausf. zur Genese des § 157 BGB: Vogenauer (Fn. 1008), §§ 133, 157 Rn. 22 ff. m.z.w.N., der insbesondere auch sehr anschaulich darstellt, dass die Entstehungsgeschichte der Vorschrift eng mit derjenigen des § 242 BGB verknüpft ist, Art. 279 ADHGB dagegen (entgegen verbreiteter Ansicht) allenfalls eine marginale Rolle spielte. 1016 Vgl. die Nachweise in Fn. 1006. Zum Streitstand näher Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 4 ff. m.z.w.N. 1017 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 157 Rn. 2; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 6; Bork (Fn. 202), Rn. 500 f.; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 17, § 157 Rn. 1; Flume (Fn. 19), § 16, 3 (S. 308); Jauernig (Fn. 202), § 133 Rn. 7; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Aufl. 2010, Rn. 319 ff.; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 3; Wertenbruch (Fn. 202), § 9 Rn. 1; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 35 Rn. 11. Vgl. näher zur diesbezüglichen Entwicklung Vogenauer (Fn. 1008), §§ 133, 157 Rn. 29 ff. m.w.N. 1018 Vgl. etwa bereits RGZ 73, 347, 347; 128, 241, 245; BGH NJW 1951, 714; aus neuerer Zeit etwa BGH NJW 2010, 2422, 2425; BGH NJW 2011, 2643; BGH NJW 2012, 518, 519. 1019 Vgl. BGH NJW 2009, 774, 776; BGH NJW 2010, 2422, 2425; BGH BeckRS 2012, 00065 Rn. 18; BGH BeckRS 2013, 00364 Rn. 18; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 9. 1020 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 18; Bork (Fn. 202), Rn. 527; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 9; Kötz (Fn. 209), Rn. 65; Leenen (Fn. 201), § 5 Rn. 56; Medicus (Rn. 1017), Rn. 323; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 18 Rn. 12; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 18. 1021 Vgl. BGH NJW-RR 2000, 1002, 1003; BGH NJW 2010, 2422, 2425; BeckRS 2012, 00065 Rn. 18; BGH BeckRS 2013, 00364 Rn. 18; Bork (Fn. 202), Rn. 545; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 59; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 14; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 35 Rn. 5. 1022 BGH NJW-RR 2008, 683, 684; BGH NJW 2010, 2422, 2425; BeckRS 2012, 00065 Rn. 18; BGH BeckRS 2013, 00364 Rn. 18; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 55; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 15 ff.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 323; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 48 ff.
II. Exkurs: Auslegung
137
Abzustellen ist dabei prinzipiell auf den Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung1023. Spätere Vorgänge können nur in dem Sinne berücksichtigt werden, als dass sie ggf. Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen können1024. Umstände außerhalb der Urkunde sind grundsätzlich auch bei der Auslegung formbedürftiger Erklärungen zu berücksichtigen.1025 Die insoweit von der Judikatur in st. Rspr. vorgenommene Einschränkung, dass der Wille in der Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen Ausdruck gefunden haben muss (sog. Andeutungstheorie)1026, stößt im Schrifttum (zu Recht) verbreitet auf Kritik.1027 Eine wichtige – nach einhelliger Meinung auch bei formbedürftigen Erklärungen geltende1028 Ausnahme vom Grundsatz der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gilt im Interesse der Privatautonomie für den Fall, dass der Erklärende und der Erklärungsempfänger die Erklärung übereinstimmend in einem anderen als dem objektiven Sinne verstehen (falsa demonstratio non nocet)1029; klassisches Beispiel hierfür ist der berühmte „Haakjöringsköd-Fall“ des Reichsgerichts aus dem Jahr 19201030. 1023 Vgl. BGH NJW 1988, 2878BGH NJW-RR 2007, 529, 530; BGH BeckRS 2011, 25755 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 6b; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 50 (bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist freilich auf den Zeitpunkt der Abgabe abzustellen, vgl. nur Busche a.a.O.; Ellenberger a.a.O.; Singer a.a.O.). 1024 Vgl. BGH NJW 1988, 2878, 2879; BGH NJW-RR 2007, 529, 530; BGH BeckRS 2011, 25755 Rn. 9; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 25; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 6b; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 51. 1025 Vgl. BGH NJW 1983, 1610, 1611; BGH NJW 2000, 1569, 1570; BGH NJW 2011, 218, 219; BAG NJW 2007, 250, 252; A. Arnold (Fn. 1006), § 125 Rn. 28, § 133 Rn. 24 ff.; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 30, 59 f.; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 19; Jauernig (Fn. 202), § 133 Rn. 5; differenzierend Wolf/Neuner (Fn. 202), § 35 Rn. 37 (erforderlich sei zumindest negative Evidenzkontrolle). 1026 Vgl. BGH NJW 1983, 1610, 1611; BGH NJW 1996, 2792, 2793; BGH NJW 2000, 1569, 1570; BGH NJW 2011, 218, 219; BAG NJW 2007, 250, 252; zustimmend Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 19. 1027 Vgl. etwa A. Arnold (Fn. 1006), § 125 Rn. 28, § 133 Rn. 31; Bork (Fn. 202), Rn. 562; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 60; Flume (Fn. 19), § 16, 2a (S. 302 f.); Grunewald ZGR 1995, 68, 76 f.; Jauernig (Fn. 202), § 126 Rn. 7; Medicus (Rn. 1017), Rn. 330; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 32 f. 1028 Vgl. BGH NJW 1983, 1610, 1611; BGH NJW 2008, 1658, 1659; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 18; Bork (Fn. 202), Rn. 524, 563; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 14, 60; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 8; Jauernig (Fn. 202), § 133 Rn. 9; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 147; Medicus (Rn. 1017), Rn. 331; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 14; Wertenbruch (Fn. 202), § 9 Rn. 7; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 35 Rn. 39 ff. 1029 Vgl. BGH NJW 1983, 1610, 1611; BGH NJW 2008, 1658, 1659; BGH NJOZ 2010, 2057, 2058; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 18; Bork (Fn. 202), Rn. 519; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 8; Jauernig (Fn. 202), § 133 Rn. 9; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 145; Medicus (Rn. 1017), Rn. 327; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 13 f.; Wertenbruch (Fn. 202), § 9 Rn. 5; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 35 Rn. 27. 1030 RGZ 99, 147: Der Beklagte hatte dem Kläger „Haakjöringsköd per Dampfer Jessica“ verkauft, wobei beide Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend davon ausgegangen waren,
138
C. Angebot
b) Spezielle Auslegungsregeln und –maximen Trotz der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Verfasser des BGB gegenüber allgemeinen gesetzlichen Auslegungsregeln existieren aber auch im BGB zumindest für bestimmte Sonderfälle Auslegungsregeln, z.B. §§ 187 ff.1031, § 305c Abs. 21032, § 311c1033, 3351034 BGB. Zudem haben Rechtsprechung und Schrifttum im Laufe der Zeit für bestimmte Fälle materiale Auslegungsmaximen entwickelt1035, so etwa dass im Zweifel anzunehmen ist, dass die Parteien etwas Vernünftiges gewollt haben (sog. Rationalitätsvermutung)1036 und dass sie sich gesetzeskonform verhalten wollten1037. c) Zwischenresümee Insgesamt folgt das deutsche Recht also ganz offen und bewusst einer dialektisch subjektiv-objektiven Auslegungsmethode.1038
2. Französisches Recht a) Die Auslegungsregeln des Code civil Der Code civil enthält in Art. 1156–1164 unter der Überschrift „De l’interpretation des conventions“ („Über die Auslegung von Übereinkünften“) einen Katalog von allgemeinen Auslegungsregeln für Verträge, die im Schrifttum scherzhaft als „pêtit guide-âne“ („kleine Eselsbrücke“) bezeichnet werden1039 und nahezu wörtliche Reproduktionen von neun der zwölf von Pothier in seinem „Traité des Obligations“ (1761) postulierten Auslegungsre1031 dass es sich um Walfischfleisch handele, obwohl Håkjerring (die Parteien hatten den Begriff also auch noch falsch geschrieben) im Norwegischen tatsächlich den Gröndlandhai (auch als Eishai bekannt) bezeichnet. Das Reichsgericht entschied, dass Kaufgegenstand trotz der Falschbezeichnung Walfischfleisch war. 1031 Auslegungsregeln für Frist- und Terminsbestimmungen (vgl. § 186 BGB) 1032 Zweifel bei der Auslegung von AGB gehen zu Lasten des Verwenders (sog. Unklarheitenregel/interpretatio contra proferentem). 1033 Bei Veräußerung/Belastung einer Sache erstreckt sich diese Verpflichtung im Zweifel auch auf Zubehör. 1034 Beim Vertrag zugunsten Dritter hat der Versprechensempfänger im Zweifel ein eigenes Forderungsrecht. 1035 Vgl. näher dazu etwa Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 63; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 44 ff. 1036 Vgl. BGH NJW 1992, 243; BGH NJW 1994, 1537, 1538; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 30; Bork (Fn. 202), Rn. 556; Busche (Fn. 209), § 133 Rn. 63; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 26; Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften, 1966, S. 340 ff.; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 55. 1037 Vgl. BGH NJW 2004, 1240; A. Arnold (Fn. 1006), § 133 Rn. 29; Bork (Fn. 202), Rn. 555; Ellenberger (Fn. 202), § 133 Rn. 25; Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 56, 61. 1038 Vgl. Valcke (2008) 16 ERPL 29, 61. 1039 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 512.
II. Exkurs: Auslegung
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geln sind1040.1041 Sie haben allerdings keinen strikt-zwingenden Charakter1042, sondern stellen vielmehr nur „Leitlinien“ für den Tatrichter dar1043. aa) Das fundamentale Grundprinzip des Art. 1156 C. civ.: Primat des Willens der Vertragsparteien Grund- und Zentralnorm ist Art. 1156 C. civ., der als fundamentales Grundprinzip1044 etabliert, was schon Pothier1045 in Anknüpfung an die Digesten1046 als erste und grundlegende Auslegungsregel postuliert hatte: Art. 1156 C. civ. On doit dans les conventions rechercher quelle a été la commune intention des parties contractantes, plutôt que de s’arrêter au sens littéral des termes. [Bei Übereinkünften muss man erforschen, welches der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien war, anstatt am buchstäblichen Sinne der Worte haften zu bleiben.]
1040 Pothier (Fn. 320), n° 91 ff. Übernommen wurden die Auslegungsregeln I VIII (n° 91–98) und X (n° 100). Vgl. dazu im Einzelnen unten Fn. 1045, 1055, 1057, 1058, 1059, 1060, 1062, 1063, 1064. 1041 Vgl. zum Einfluss von Pothier auch Rieg, Le role de la volonté dans l’acte juridique en droit civil français et allemand, 1961, n° 366; Vogenauer (Fn. 1008), §§ 133, 157 Rn. 13; ausf. zu den historischen Wurzeln der Art. 1156 ff. C. civ.: Trofimoff RHD 72 (1994) 203 ff.; s. ferner auch Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 187 ff. Vgl. zur Nichtübernahme der anderen Regeln näher Trofimoff RHD 72 (1994) 203, 214 ff. 1042 Vgl. bereits Cass. req., 8.3.1807, D. 1807.I.241, 245 f.; vgl. weiter Cass. com., 19.1.1981, n° 79-14485; Cass. civ. 1re, 1.3.2005, n° 02-16802; Cass. com., 18.10.2011, n° 10-26313; Dereux, De l’interprétation des actes juridiques privés, 1905, S. 80; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 512; Fauvarque-Cosson RDC 2007, 481, 482; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 396; Grimaldi RDC 2008, 207, 210, 219; Lamoureux D. 2006, 2848, 2850; Larroumet (Fn. 243), n° 141 (S. 122 Fn. 1); Maleville, Pratique de l’interprétation des contrats, 1991, n° 260; Rieg (Fn. 1041), n° 392; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1043 Vgl. bereits Cass. req., 8.3.1807, D. 1807.I.241, 245 („conseils“ [„Ratschläge“]); vgl. weiter Dereux (Fn. 1042), S. 80; Maleville (Fn. 1042), n° 260; Rieg (Fn. 1041), n° 392; ähnlich auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 512 („indication“ [„Hinweis“]); Fauvarque-Cosson RDC 2007, 481, 482 („recommandations“ [„Empfehlungen“]; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 396 („recettes“ [„Kochrezepte“]); („conseils“ [„Ratschläge“]); Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450 („directives“ [„Richtlinien“]). 1044 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 187 („clé de voûte“ [„Schlussstein“]); FabreMagnan (Fn. 23), S. 485 („règle essentielle“ [„essentielle Regel“]); Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 395 („texte de base“ [„Basistext“]); Maleville (Fn. 1042), n° 272 („texte fondamental“ [„grundlegender Text“]); Rieg (Fn. 1041), n° 366 („règle des règles“ [„Regel der Regeln“]); Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450 („directive de principe“ [„prinzipielle Richtlinie“]). 1045 Pothier (Fn. 320), n° 91:“On doit dans les conventions réchercher quelle a été la commune intention des parties contractantes, plus que le sens grammatical des termes.“ („Bei Übereinkünften muss man erforschen, welches der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien war, statt den grammatikalischen Sinn der Worte.“). 1046 Vgl. Papinianus D. 50, 16, 219: „In conventionibus contrahentium voluntatem potius quam verba spectari placuit.“
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C. Angebot
Im Zentrum der Auslegung steht also der übereinstimmende subjektive Wille der Vertragsparteien1047. Bei dessen Erforschung darf der Richter aber nicht am buchstäblichen Sinn der verwendeten Worte haften, sondern er muss vielmehr eruieren, was die Parteien wirklich gewollt haben: „l’esprit l’emporte sur la lettre“1048 („der Geist siegt über den Buchstaben“). Dementsprechend sind insbesondere auch die Fälle der falsa demonstratio für das französische Recht a priori unproblematisch: Es gilt das, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben.1049 Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei prinzipiell derjenige des Vertragsschlusses1050. Spätere Vorgänge dürfen aber insoweit berücksichtigt werden, als sie erhellen können, was die Parteien gewollt haben1051. Obgleich die Wurzeln dieses Primats des wirklichen, subjektiven Willens der Parteien (volonté réelle des parties) – wie dargelegt – bis ins römische Recht zurückreichen, spielten für seine Verankerung im Code civil nicht zuletzt auch die liberalen und freiheitlichen Ideen der Aufklärung eine wichtige Rolle1052. bb) Die speziellen Auslegungsregeln in Art. 1157–1164 C. civ. In den Art. 1157–1164 C. civ. wird das Grundprinzip des Art. 1156 C. civ. dann durch eine Reihe spezieller Auslegungsregeln konkretisiert und komplementiert.1053 (1) Konkretisierungen des Art. 1156 C. civ. Im Wesentlichen das Grundprinzip des Art. 1156 C. civ. konkretisierenden Charakter haben die Art. 1157 f., 1161, 1163 f. C. civ.1054 1047 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 187; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 512; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 395; Larroumet (Fn. 243), n° 141; Maleville (Fn. 1042), n° 276 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1048 Vgl. Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1049 Vgl. Vogenauer Interpretation of Contracts: Concluding Comparative Observations, University of Oxford Faculty of Law Research Paper Series, Working Paper 7/2007, S. 16 f. Die meisten Lehrbücher gehen auf diese Problematik überhaupt nicht näher ein; eine der wenigen Ausnahmen etwa Ghestin, Traité de droit civil. La formation du contrat, 3e éd. 1993, n° 495. 1050 Vgl. Cass. civ. 1re, 13.12.1988, n° 86-19068; Cass. civ. 1re, 9.11.1993, n° 91-22059; Cass. civ. 1re, 7.6.2006, n° 04-17550; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 514; Larroumet (Fn. 243), n° 141; Maleville (Fn. 1042), n° 279; Mestre RTD civ. 1989, 295, 296; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1051 Vgl. Cass. civ. 1re, 13.12.1988, n° 86-19068; Cass. civ. 1re, 9.11.1993, n° 91-22059; Cass. re civ. 1 , 7.6.2006, n° 04-17550; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 514; Larroumet (Fn. 243), n° 141 (S. 121 Fn. 3); Mestre RTD civ. 1989, 295, 296; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1052 Vgl. Barnes (2008) 83 Tul. L. Rev. 359, 367 f.; Vogenauer (Fn. 1049), S. 3; s. ferner auch Dereux (Fn. 1042), S. 46 ff.; Valcke, On comparing French and English contract law: Insights from social contract theory (abrufbar unter http://ssrn.com/abstract=1328923), S. 18 ff. 1053 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 396; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450; Trofimoff RHD 72 (1994) 203, 205. 1054 Vgl. Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 451.
II. Exkurs: Auslegung
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Art. 1157 C. civ.1055 etabliert den Grundsatz des favor negotii.1056 Art. 1157 C. civ. Lorsqu’une clause est susceptible de deux sens, on doit plutôt l’entendre dans celui avec lequel elle peut avoir quelque effet, que dans le sens avec lequel elle n’en pourrait produire aucun. [Wenn eine Klausel zwei mögliche Bedeutungen hat, muss man sie eher in dem Sinne verstehen, in dem sie eine Wirkung haben kann, als in dem, in dem sie keine hervorbringen könnte.]
Art. 1158 C. civ. bestimmt, dass zweideutige Bestimmungen in dem Sinne auszulegen sind, der am besten zur Materie des Vertrags passt.1057 Art. 1158 C. civ. Les termes susceptibles de deux sens doivent être pris dans le sens qui convient le plus à la matière du contrat. [Zweideutige Bestimmungen müssen in dem Sinne genommen werden, welcher am besten zur Materie des Vertrags passt.]
Nach Art. 1161 C. civ. sind Vertragsbestimmungen im Kontext des gesamten Geschäfts auszulegen.1058
1055 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 92: „Lorsqu’une clause est susceptible de deux sens, on doit plutôt l’entendre dans celui avec lequel elle peut avoir quelqu’effet, que dans celui dans lequel elle n’en pourrait aucun.“ („Wenn eine Klausel zwei mögliche Bedeutungen hat, muss man sie eher in dem Sinne verstehen, in dem sie eine Wirkung haben kann, als in dem, in dem sie keine haben könnte.“). 1056 Vgl. Art. II.-8:106 DCFR Note 1; Veelken RabelsZ 48 (1984) 1, 31; s. ferner auch Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 197. Näher zu Art. 1157 C. civ. etwa Maleville (Fn. 1042), n° 539 ff. m.w.N. 1057 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 93: „Lorsque dans un contrat des termes sont susceptibles de deux sens, on doit les entendre dans le sens qui convient le plus à la nature du contrat.“ („Wenn Bestimmungen in einem Vertrag zweideutig sind, muss man sie in dem Sinne verstehen, der am besten zur Natur des Vertrags passt.“). Als Beispiel nennt Pothier a.a.O. den Fall, dass eine bestimmte Erbschaft für 9 Jahre gegen eine Summe von 300 Liv. vermietet wird; die Summe von 300 Liv. seien dann jährlich für jedes der 9 Jahre zu zahlen. Bsp. aus der Rechtsprechung: CA Paris, 2.12.1985, RTD civ. 1986, 743 m. Anm. Mestre (zur Auslegung des Begriffs „franchise“ in einem Darlehensvertrag); CA Bastia, 27.4.2011, n° 09/ 01067: Bauvertrag betreffend ein Einfamilienhaus mit 100 m2 bedeutet, dass eine Wohnfläche von 100 m2 (ohne Waschküche und Garage) geschuldet ist. Näher zu Art. 1158 C. civ. etwa Maleville (Fn. 1042), n° 550 ff. m.w.N. 1058 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 96: „On doit interpréter une clause par les autres clauses contenues dans l’acte, soit qu’elles précédent, ou qu’elles suivent.“ („Man muss eine Klausel mit den anderen im Geschäft enthaltenen Klauseln auslegen, sowohl mit denjenigen, die ihr vorangehen, als auch mit denjenigen, die ihr nachfolgen.“). Bsp. aus der Rechtsprechung: Cass. com., 8.2.1965, n° 61-13373 (Bestimmung in einem Vertrag zur Regelung eines Miteigentumsverhältnisses betreffend die zulässigen Gewerbe ist im Zusammenhang mit einer Konkurrenzklausel in einem das Gebäude betreffenden Pachtvertrag zu lesen).
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C. Angebot
Art. 1161 C. civ. Toutes les clauses des conventions s’interprètent les unes par les autres, en donnant à chacune le sens qui résulte de l’acte entier. [Alle Klauseln einer Übereinkunft werden eine aus den anderen ausgelegt, indem man jeder den Sinn beilegt, der sich aus dem gesamten Geschäft ergibt.]
Gem. Art. 1163 C. civ. ist Vertragsgegenstand nur das, worüber die Parteien sich tatsächlich geeinigt haben.1059 Art. 1163 C. civ. Quelque généraux que soient les termes dans lesquels une convention est conçue, elle ne comprend que les choses sur lesquelles il paraît que les parties se sont proposé de contracter. [Egal wie allgemein die Bestimmungen, in denen eine Übereinkunft konzipiert ist, auch sein mögen, sie umfasst nur diejenigen Gegenstände, hinsichtlich derer die Parteien sich ersichtlich vorgenommen haben, zu kontrahieren.]
Umgekehrt bedeutet aber der Umstand, dass zur Erläuterung einer Verbindlichkeit ein bestimmter Fall ausdrücklich genannt wird, gem. Art. 1164 C. civ. nicht, dass die Parteien dadurch die Ausdehnung auf nicht genannte Fälle, welche schon kraft Gesetzes in der Verpflichtung enthalten sind, beschränkten wollten.1060 1059 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 98: „Quelque généraux que soient les termes dans lesquels une convention est conçue, elle ne comprend que les choses sur lesquelles il paroît que les parties contractantes se sont proposées de contracter, & non pas celles auxquelles elles n’ont pas pensé.“ („Egal wie allgemein die Bestimmungen, in denen eine Übereinkunft konzipiert ist, auch sein mögen, sie umfasst nur diejenigen Gegenstände, hinsichtlich derer die Parteien sich ersichtlich vorgenommen haben, zu kontrahieren, und nicht diejenigen, an die sie nicht gedacht haben.“). Bsp. von Pothier a.a.O.: Wenn ein Vermächtnisnehmer sich mit dem Erben über eine bestimmte Summe für seine Rechte, die sich aus dem Testament des Verstorbenen ergeben, einigt, ist damit sein Anspruch aus einem anderen Vermächtnis, das ihm in einem Kodizill, das erst nach der Transaktion auftaucht, nicht ausgeschlossen. Bsp. aus der Rechtsprechung: CA Nimes, 10.1.2008, 06/04783 (Vereinbarung einer Exklusivklausel mit einem Makler bedeutet nicht, dass Verkäufer kein maklerunabhängiges Eigengeschäft abschließen dürfte). 1060 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 100: „Lorsque dans un contrat on a exprimé un cas, pour le doute qu’il autroit pu y avoir, si l’engagement qui résulte du contrat s’étendoit à ce cas; on n’est pas censé par là avoir voulu restraindre l’étendue, que cet engagement a de droit, à tous ceux qi ne sont pas exprimés.“ („Wenn in einem Vertrag ein Fall genannt ist, im Hinblick auf einen möglichen Zweifel, ob die Verpflichtung, die sich aus dem Vertrag ergibt, sich auch auf diesen Fall erstreckt, wird nicht angenommen, dass man dadurch die Ausdehnung auf alle nicht genannten Fälle, welche schon kraft Gesetzes in der Verpflichtung enthalten sind, beschränken wollte.“). Bsp. bei Pothier a.a.O.: Wenn ein Ehevertrag bestimmt, dass Gütergemeinschaft bestehen soll und diese das bewegliche Eigentum umfassen soll, heißt das nicht, dass zum Gemeinschaftseigentum nicht auch sämtliches andere Vermögen gehört, das kraft Gesetzes dazu gehört; die ausdrückliche Nennung des beweglichen Eigentums habe hier nur klarstellenden Charakter.
II. Exkurs: Auslegung
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Art. 1164 C. civ. Lorsque dans un contrat on a exprimé un cas pour l’explication de l’obligation, on n’est pas censé avoir voulu par là restreindre l’étendue que l’engagement reçoit de droit aux cas non exprimés. [Hat man in einem Vertrag zur Erläuterung der Verbindlichkeit einen Fall genannt, wird nicht angenommen, dass man dadurch die Ausdehnung auf nicht genannte Fälle, welche schon kraft Gesetzes in der Verpflichtung enthalten sind, beschränken wollte.]
(2) Objektive Elemente einfließen lassende Auslegungsregeln Die Art. 1159, 1160 und 1162 C. civ. lassen dagegen auch einige objektive Elemente in die Auslegung einfließen.1061 Nach Art. 1159 C. civ. sind mehrdeutige Bestimmung danach auszulegen, was dort, wo der Vertrag geschlossen wird, üblich ist.1062 Art. 1159 C. civ. Ce qui est ambigu s’interprète par ce qui est d’usage dans le pays où le contrat est passé. [Das was mehrdeutig ist, muss danach auslegt werden, was in dem Gebiet, wo der der Vertrag geschlossen worden ist, üblich ist.]
Auf die Verkehrsübung stellt auch Art. 1160 C. civ. ab, der bestimmt, dass im Rahmen der Auslegung die üblichen Bestimmungen zu ergänzen sind, auch wenn sie im Vertrag nicht ausdrücklich enthalten sind.1063 1061 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 192 ff.; Larroumet (Fn. 243), n° 141; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 451; Kötz FS Zeuner, 1994, S. 219, 225; Vogenauer (Fn. 1049), S. 4. 1062 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 94: „Ce qui peut paroître amigu dans un contrat, s’interprete, par ce qui est d’usage dans le pays.“ („Das was in einem Vertrag mehrdeutig erscheinen kann, ist danach auszulegen, was in dem Gebiet üblich ist.“). Bsp. bei Pothier a.a.O.: Wenn ein Winzer sich gegen Zahlung einer bestimmten Summe vertraglich verpflichtet, einen Weinberg zu kultivieren, ohne dass der Umfang der Leistungen näher spezifiziert wird, ist der in dem Gebiet übliche Umfang geschuldet. Bsp. aus der Rechtsprechung: CA Caen, 28.3.2002, n° 00/03610 (Vertrag über Veräußerung eines Kranken- und Leichentransportunternehmens; Klausel, dass alle dem Betrieb dienenden beweglichen Sachen mitveräußert sind, umfasst auch Krankentransportautomobile). Näher zu Art. 1159 C. civ. etwa Maleville (Fn. 1042), n° 464 ff. m.w.N. 1063 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 95: „L’usage est d’une si grande autorité pour l’interprétation des conventions, qu’on sous entend dans un contrat les clause qui y sont d’usage, quoi’elles ne soient pas exprimées.“ („Die Verkehrsanschauung ist eine so große Autorität für die Auslegung von Übereinkünften, dass man die Klauseln, die üblich sind, als unausgesprochen in einem Vertrag enthalten ansieht, wenngleich sie nicht ausgedrückt sind.“). Bsp. bei Pothier a.a.O.: Wenn ein Vertrag über die Miete eines Hauses dies nicht ausdrücklich spezifiziert, ist die Miete am Johannistag und Weihnachten geschuldet und der Mieter ist verpflichtet, die üblicherweise vom Mieter vorzunehmenden Reparaturen vorzunehmen. Bsp. aus der Rechtsprechung: Cass. civ. 1re, 6.5.2003, n° 01-01291 (Kassation eines Urteils, weil CA nicht berücksichtigt hatte, dass die Musterverträge der maßgeblichen berufsständischen Organisationen für Streitigkeiten zwischen einer Klinik und einem Arzt die Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens vorsahen).
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Art. 1160 C. civ. On doit suppléer dans le contrat les clauses qui y sont d’usage, quoiqu’elles n’y soient pas exprimées. [Man muss in dem Vertrag die Klauseln, die üblich sind, ergänzen, wenngleich sie darin nicht ausgedrückt sind.]
Eher objektiver Natur ist schließlich auch Art. 1162 C. civ., wonach eine Klausel im Zweifel gegen den Gläubiger und zugunsten des Schuldners auszulegen ist1064 (vgl. auch die lex specialis des Art. L. 133-2(2) 1 C. consom.1065, wonach AGB zugunsten des Verbrauchers bzw. Laien auszulegen sind; diese ist allerdings – anders als die Art. 1156 ff. C. civ.1066 – zwingend1067). Art. 1162 C. civ. Dans le doute, la convention s’interprète contre celui qui a stipulé et en faveur de celui qui a contracté l’obligation. [Im Zweifel wird die Übereinkunft gegen denjenigen, der sie ausbedungen hat, und zugunsten desjenigen, der die Verbindlichkeit übernommen hat, ausgelegt.]
b) Rechtspraxis Lassen sich somit ungeachtet des rein subjektiven, ausschließlich auf den reellen Parteiwillen (volonté réelle de parties) abstellenden Grundregel des Art. 1156 C. civ. bereits in den speziellen gesetzlichen Leitlinien auch objektive Elemente finden, so macht ein Blick auf die Rechtspraxis erst recht deutlich, dass in der Tat auch das französische Recht keineswegs – wie häufig suggeriert wird1068 einen 1064 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 97: „Dans le doute, une clause doit s’interpréter contre celui qui a stipulé quelque chose, & à la décharge de celui qui a contracté l’obligation.“ („Im Zweifel muss eine Klausel gegen denjenigen, der etwas ausbedungen hat und zugunsten desjenigen, der die Verbindlichkeit übernommen hat, ausgelegt werden.“). Bsp. aus der Rechtsprechung: Cass. civ. 1re, 23.5.1977, n° 76-10751 (Vertrag über Wohnrecht sah vor, dass Eigentümer Heizung, Telefon und alle sonstigen Versorgungseinrichtungen übernimmt; dass Elektrizität nicht ausdrücklich genannt wurde, wurde contra proferentem ausgelegt). Weitere Beispiele bei Maleville (Fn. 1042), n° 488 ff. 1065 Art. L. 133-2(2) 1 C. consom.: Elles s’interprètent en cas de doute dans le sens le plus favorable au consommateur ou au non-professionnel. (Im Zweifel sind sie in dem Sinne auszulegen, der für den Verbraucher oder Laien am günstigsten ist.). 1066 Vgl. oben C. II.2. 1067 Vgl. Cass. civ. 1re, 21.1.2003, n° 00-13342; Cass. civ. 1re, 22.5.2008, n° 05-21822; Fages RTD civ. 2008, 478; Lamoureux D. 2006, 2848, 2850 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 451; kritisch diesbezüglich Grimaldi RDC 2008, 207, 226. 1068 Vgl. etwa De Moor (1986) 6 OJLS 275, 279; Friedmann (2003) 119 LQR 68, 69; Herbots, Interpretation of contracts, in: Smits (ed.), Elgar Encyclopedia of Comparative Law, 2006, S. 325, 329; zu diesem verbreiteten (Miss-)Verständnis auch Barnes (2008) 83 Tul. L. Rev. 359, 360 f.; Valcke (2008) 16 ERPL 29, 45.
II. Exkurs: Auslegung
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strikt subjektiven Auslegungsmethode folgt1069. Dies schon deshalb, weil der Richter nicht „Gedanken lesen“ oder „in die Köpfe der Parteien schauen“ kann und damit letztlich quasi gezwungen ist, zur Feststellung dessen, was die Parteien wollten – oder besser: vermutlich gewollt haben1070 (auch) äußere, objektive Umstände heranzuziehen.1071 Auch französische Gerichte berücksichtigen daher natürlich (auch) objektive Umstände1072 und zwar nicht nur – wie von Art. 1159 f. C. civ. geboten1073 die Verkehrsüblichkeit bzw. Verkehrsübung, sondern etwa auch das Verhalten der Parteien vor1074 und nach1075 Vertragsschluss oder die Korrespondenz der Parteien vor Vertragsschluss1076 oder früher abgeschlossene Vereinbarungen1077. Zudem fließen im Rahmen der Auslegung häufig – zumindest implizit auch Gerechtigkeitserwägungen ein.1078 1069 Vgl. auch Barnes (2008) 83 Tul. L. Rev. 359, 390 f.; Chloros (1959) 33 Tul. L. Rev. 607, 616; Maultzsch GPR 2011, 114, 117; Valcke (2008) 16 ERPL 29, 45; Vogenauer, Auslegung von Verträgen, in: Basedow/Hopt/R. Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. I, 2009, S. 134, 136; ders. (Fn. 1049), S. 4. 1070 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 141: „Si la recherche de la commune intention des parties … ne permet pas de déterminer ce qu’elles ont voulu réellement, le juge s’en tiendra à ce qu’elles sont supposées avoir volute compte tenu de tous les éléments, subjectifs ou objectifs, dont il peut disposer.“ („Wenn die Erforschung des übereinstimmenden Willens der Parteien … es nicht erlaubt, festzustellen, was sie tatsächlich gewollt haben, muss der Richter sich mit dem begnügen, was die Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände, sowohl subjektiver als auch objektiver, die ihm zur Verfügung stehen, vermutlich gewollt haben.“). S. ferner etwa auch Maleville (Fn. 1042), n° 452. 1071 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 184 f.; Kötz FS Zeuner, 1994, S. 219, 225; Larroumet (Fn. 243), n° 141; s. ferner auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450 ff.; Vogenauer (Fn. 1049), S. 4. Sehr anschaulich diesbezüglich auch bereits Dereux (Fn. 1042), S. 302: „… le juge ne pourra jamais connaître que les manifestations extérieures de la volonté; car l’âme de l’homme est impénétrable et quand on briserait une tête pour lui arracher son secret, on n’y verrait jamais que des os, des nerfs et du sang.“ („… der Richter wird nie etwas anderes als die externen Manifestationen des Willens kennen; denn die Seele des Menschen ist undurchdringlich und wenn man einen Kopf zerschmettern würde, um ihm sein Geheimnis zu entreißen, würde man dort nie etwas anderes sehen als Knochen, Nerven und Blut.“). 1072 Vgl. Dupichot Études Flour, 1979, S. 179, 192 ff.; Larroumet (Fn. 243), n° 141; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450; Vogenauer (Fn. 1069), S. 134, 136; ders. (Fn. 1049), S. 4; s. ferner etwa auch Cornu RTD civ. 1971, 667, 668; ders. RTD civ. 1974, 830, 836; Rieg (Fn. 1041), n° 374. 1073 Vgl. oben C. II.2. a) bb). 1074 Vgl. Maleville (Fn. 1042), n° 404 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1075 Vgl. Cass. civ. 1re, 13.12.1988, n° 86-19068; Cass. civ. 1re, 9.11.1993, n° 91-22059; Cass. civ. 1re, 7.6.2006, n° 04-17550; Maleville (Fn. 1042), n° 411, 419; Mestre RTD civ. 1989, 295, 296. 1076 Vgl. Cass. com., 26.4.1967, Bull. civ. n° 169; Cass. civ. 1re, 18. 2.1986, 84-12347; Maleville (Fn. 1042), n° 405; Rawach D. 2001, 223. 1077 Vgl. Rieg (Fn. 1041), n° 387; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 450. 1078 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 397 ff., speziell auch n° 398: „Dans le mots, les tribunaux feignent toujours de rechercher la volonté des parties. Dans la réalité, ils se fondent sur l’équité plus souvent qu’ils ne le disent: et ce, au mépris parfois de ce qui a été le plus probablement voulu.“ („Den Worten nach geben die Gerichte immer vor, den Willen der Parteien zu erforschen. In der Realität stützen sie sich viel öfter auf die Gerechtigkeit als sie sagen: und
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c) Zwischenresümee Die Auslegungsmethode des französischen Rechts ist daher zwar vom theoretischen Grundansatz her rein subjektiv, tatsächlich fließen aber in der Praxis – wie auch bereits in einigen der speziellen Auslegungsregeln des Code civil angelegt1079 in erheblichem Umfang auch objektive Elemente ein.1080
3. Englisches Recht a) Objektive Auslegung Das englische Recht folgt traditionell einer objektiven Vertragsauslegungsmethode1081; paradigmatisch insofern etwa Lord Steyn in Deutsche Genossenschaftsbank v Burnhope (1995)1082: It is true the objective of the construction of a contract is to give effect to the intention of the parties. But our law of construction is based on an objective theory. The methodology is not to probe the real intentions of the parties but to ascertain the contextual meaning of the relevant contractual language. Intention is determined by reference to expressed rather than actual intention. [Es trifft zu, dass Ziel der Auslegung eines Vertrags ist, dem Willen der Parteien zur Durchsetzung zu verhelfen. Aber unser Recht der Auslegung basiert auf einer objektiven Theorie. Die Methodik ist nicht, die wahren Intentionen der Parteien zu erforschen, sondern die kontextuelle Bedeutung der maßgeblichen Vertragsformulierungen festzustellen. Der Wille wird unter Bezug auf den ausgedrückten nicht auf den tatsächlichen – Willen bestimmt.]
Als fundamentales Grundprinzip gilt: Interpretation is the ascertainment of the meaning which the document would convey to a reasonable person having all the background knowledge which would reasonably have been available to the parties in the situation in which they were at the time of the contract.1083 das1079 ungeachtet dessen, was am wahrscheinlichsten gewollt war.“); Kötz FS Zeuner, 1994, S. 219, 225; Larroumet (Fn. 243), n° 141; Maleville (Fn. 1042), n° 514 ff.; Rieg (Fn. 1041), n° 400; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 448 f., 453. Dezidiert für eine Berücksichtigung von Gerechtigkeitserwägungen und öffentlichen Interessen bereits Dereux (Fn. 1042), S. 457 ff., 488. 1079 Vgl. oben C. II.2. a) bb). 1080 Vgl. Barnes (2008) 83 Tul. L. Rev. 359, 390 ff.; Chloros (1959) 33 Tul. L. Rev. 607, 616; Rieg (Fn. 1041), n° 407; Valcke (2008) 16 ERPL 29, 61; Vogenauer (Fn. 1049), S. 4. 1081 Vgl. Deutsche Genossenschaftsbank v Burnhope [1995] 1 WLR 1580 at 1587 per Lord Steyn; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 164; Treitel (Fn. 491), 6009. Näher zu den historischen Wurzeln: Perillo (2000) 68 Fordham L. Rev. 427 ff. 1082 Deutsche Genossenschaftsbank v Burnhope [1995] 1 WLR 1580 at 1587. 1083 So die Formulierung im heute grundlegenden „Restatement“ von Lord Hoffmann in Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 at 912; ähnlich die Formulierung in Homburg Houtimport BV v Agrosin Private Ltd (The Starsin) [2003]
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[Auslegung ist die Feststellung der Bedeutung, welche das Dokument einer vernünftigen Person vermitteln würde, die über sämtliches Hintergrundwissen verfügt, das den Parteien in der Situation, in der sie sich zur Zeit des Vertragsschlusses befanden, vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben würde].
Zur Begründung wird üblicherweise angeführt, dass der rein objektive Ansatz den speziell auch unter ökonomischen Gesichtspunkten wichtigen Vorteil habe, dass er die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Klärung von Vertragsstreitigkeiten fördere1084 zumal es letztlich ohnehin unmöglich sei, festzustellen, was tatsächlich in den Köpfen der Parteien vorging1085, 1086. b) Vom traditionellen literal approach hin zum modernen purposive approach Im Rahmen dieser objektiven Auslegung folgten die Gerichte traditionell einem sehr eng am Wortlaut verhaftenden Ansatz (literal approach): Erklärungen seien grundsätzlich wörtlich auszulegen, entsprechend ihrer gewöhnlichen grammatikalischen Bedeutung und unabhängig von irgendwelchen äußeren Umständen1087. Inzwischen hat sich jedoch eine zweckgerichtete Methode 1084 UKHL 12 at para. 73 per Lord Hoffmann; Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 14 per Lord Hoffmann; Scottish Widows Fund and Life Assurance Society v BGC International [2011] EWHC 729 (Ch) at para. 17; Steyn (1997) 113 LQR 433; Treitel (Fn. 491), 6-009. 1084 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 44; McKendrick (Fn. 493), S. 20; Steyn (1997) 113 LQR 433. 1085 Vgl. bereits Anon (1478) YB 17 Edw 4, Pasch. fo. 1, pl. 2 per Brian CJ: „the intent of a man cannot be tried, for the Devil himself knows not the intent of a man“ („der Wille eines Mannes kann nicht geprüft werden, denn der Teufel selbst kennt den Willen eines Mannes nicht“). 1086 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 44. 1087 Als klassisch gelten insoweit die Ausführungen von Cozens-Hardy MR in Lovell and Christmas Ltd v Wall (1911) 104 LT 85 at 88: „If there is one principle more clearly established than another in English law it is surely this: It is for the court to construe a written document. It is irrelevant and improper to ask what the parties, prior to the execution of the instrument, intended or understood. What is the meaning of the language that they have used therein? That is the problem, and the only problem. … it is the duty of the court, which is presumed to understand the English language, to construe the document according to the ordinary grammatical meaning of the words used therein, and without reference to anything which has previously passed between the parties to it.“ („Wenn es im englischen Recht ein Prinzip gibt, das klarer etabliert ist als irgendein anderes, ist es sicherlich dieses: Es ist Aufgabe des Gerichts, ein Schriftstück auszulegen. Es ist irrelevant und unzulässig zu fragen, was die Parteien vor der Vertragsdurchführung, wollten oder annahmen. Was ist die Bedeutung der Worte, die sie darin verwendeten? Das ist das Problem, und das einzige Problem. … es ist die Aufgabe des Gerichts, von dem angenommen wird, dass es die englische Sprache versteht, das Dokument entsprechend der gewöhnlichen grammatikalischen Bedeutung der darin verwendeten Worte auszulegen, ohne Bezugnahme auf irgendetwas, das zuvor zwischen den Parteien passiert ist.“). Weiteres berühmtes Beispiel: Shore v Wilson (1842) 9 Cl & Fin 355 at 565 per Tindal LCJ: „The general rule I take to be, that where the words of any written instrument are free from am-
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(purposive approach) durchgesetzt, welche über den Wortlaut hinaus auch die gesamten tatsächlichen Umstände berücksichtigt.1088 Bei genauer Betrachtung war indes auch der traditionelle literal approach nie so ausschließlich und vollständig auf eine buchstabengetreue Auslegung fixiert, wie heute manchmal suggeriert wird.1089 Vielmehr finden sich auch in vielen älteren Entscheidungen (bis zurück ins 19. Jahrhundert) Anklänge einer eher zweckgerichteten Auslegung.1090 Seinen endgültigen Durchbruch erfuhr der moderne purposive ap-
1088 biguity in themselves, and where external circumstances do not create any doubt or difficulty as to the proper application of those words to claimants under the instrument, or the subjectmatter to which the instrument relates, such instrument is always to be construed according to the strict, plain, common meaning of the words themselves; and that in such case evidence dehors the instrument, for the purpose of explaining it according to the surmised or alleged intention of the parties to the instrument, is utterly inadmissible.“ („Die allgemeine Regel ist meiner Ansicht nach, dass dort, wo die Worte eines Schriftstücks in sich selbst frei von Unklarheit sind, und wo die äußeren Umstände keinen Zweifel oder eine Schwierigkeit in Bezug auf die angemessene Anwendung dieser Worte gegenüber den Anspruchstellern gemäß diesem Schriftstück oder in Bezug auf den Gegenstand, auf den sich das Schriftstück bezieht, hervorrufen, muss ein solches Schriftstück immer entsprechend der genauen, klaren, gewöhnlichen Bedeutung der Worte selbst ausgelegt werden; und dass in einem solchen Fall Beweismittel außerhalb des Schriftstücks, absolut unzulässig sind, um es entsprechend dem mutmaßlichen oder behaupteten Willen der Vertragsparteien zu erklären.“). Vgl. ferner etwa auch The Merak (1964) 30 Arbitration 100 at 104; Seller v Jones (1846) 16 M & W 112 at 117 f. per Parke B. 1088 Vgl. nur Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 166; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 166 f.; Treitel (Fn. 491), 6-011; weitere Nachweise zur heutigen allgemeinen Anerkennung in Fn. 1093. 1089 Vgl. Treitel (Fn. 491), 6-011; vgl. ferner auch Petromec Inc v Petroleo Brasileiro SA Petrobas [2005] EWCA Civ 891 at para. 23 per Mance LJ. 1090 Vgl. etwa bereits River Wear Commissioners v Adamson (1877) LR 2 App Cas 743 at 763 per Lord Blackburn: „But, from the imperfection of language, it is impossible to know what that intention is without inquiring farther, and seeing what the circumstances were with reference to which the words were used, and what was the object, appearing from those circumstances, which the person using them had in view; for the meaning of words varies according to the circumstances with respect to which they were used.“ („Aber auf Grund der Unzulänglichkeit der Sprache ist es unmöglich, den Willen zu kennen ohne weitere Nachforschungen zustellen, und nachzusehen, welches die Umstände waren, in denen die Worte verwendet wurden, und welchen Zweck die Person, welche sie verwendete, den Umständen nach beabsichtigte; denn die Bedeutung der Worte variiert entsprechend der Umstände in Bezug auf welche sie verwendet werden.“); oder die von Lord Tindal in Shore v Wilson (Fn. 1087) genannten Ausnahmen. S. ferner etwa auch Prenn v Simmonds [1971] 1 WLR 1382 at 1384 per Lord Wilberforce: „to dispel the idea that English law is left behind in some island of literal interpretation“ („um die Idee zu zerstören, dass das englische Recht auf einer Art Insel der buchstabengetreuen Auslegung zurückgelassen worden sei“); Antaios Compania Naviera SA v Salen Rederierna AB [1985] AC 191 at 201: „if detailed semantic and syntactical analysis of words in a commercial contract is going to lead to a conclusion that flouts business commonsense, it must be made to yield to business commonsense.“ („wenn eine detaillierte semantische und syntaktische Analyse der Worte in einem Handelsvertrag zu einem Ergebnis führt, welche der geschäftlichen Vernunft spottet, so muss es gegenüber der geschäftlichen Vernunft weichen.“).
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proach aber erst Ende der 1990er Jahre1091; spätestens seit dem berühmten „Restatement“ von Lord Hoffmann in der Entscheidung Investors Compensation Scheme v West Bromwich Buildiing Society aus dem Jahr 19981092 ist er inzwischen allgemein anerkannt1093. Der im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigende background (Umstände) bzw. matrix of facts (tatsächliche Matrix) umfasst vorbehaltlich des Erfordernisses, dass dies auch den Parteien vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben würde grundsätzlich absolut alles, was Auswirkungen darauf hat, wie die Formulierungen im Dokument von einem vernünftigen Menschen verstanden würden.1094 Dabei dürfen die Gerichte nicht nur zwischen den verschiedenen möglichen Bedeutungen unklarer Formulierungen wählen, sondern können ggf. auch zu dem Ergebnis kommen, dass die Parteien die falschen Worte oder die falsche Syntax verwendet haben; wenn sich aus den Umständen schließen lässt, dass bei der Formulierung etwas falsch gelaufen ist, verlangt das Recht nicht, dass der Richter den Parteien einen Willen zuschreibt, den sie ersichtlich nicht gehabt haben können.1095 1091 Nachdrücklicher Verfechter des purposive approach war speziell Lord Steyn, vgl. Deutsche Genossenschaftsbank v Burnhope [1995] 1 WLR 1580 at 1589; Mannai Investment Co Ltd v Eagle Star Life Assurance Co Ltd [1997] AC 749 at 770 f.; Total Gas Marketing Ltd v Arco British Ltd [1998] CLC 1275 at 1286; Lord Napier and Ettrick v R. F. Kershaw Ltd [1999]1 WLR 756 at 763; s. ferner auch Steyn (1997) 113 LQR 433, 439 f.; äußerst kritisch aber etwa Staughton (1999) 58 CLJ 303 ff. 1092 Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 at 912 f. per Lord Hoffmann. 1093 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung etwa: BCCI v Ali [2002] 1 AC 251; Homburg Houtimport BV v Agrosin Private Ltd (The Starsin) [2003] UKHL 12; Sirius International Insurance Co (Publ) v FAI General Insurance Ltd [2004] UKHL 54; Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38; Re Sigma Finance Corp [2009] UKSC 2; Rainy Sky SA v Kookmin Bank [2011] UKSC 50; Re Lehman Brothers International (Europe) (In Administration) [2012] UKSC 6; Scottish Widows Fund and Life Assurance Society v BGC International [2011] EWHC 729 (Ch) at para. 17; aus dem Schrifttum etwa Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 166 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 165 f.; Treitel (Fn. 491), 6-011 f.; Davies (2011) 127 LQR 185, 188. 1094 Vgl. Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 at 912 f. per Lord Hoffmann: „Subject to the requirement that it should have been reasonably available to the parties …, it [the background] includes absolutely anything which would have affected the way in which the language of the document would have been understood by a reasonable man.“ (2. Auslegungsprinzip). 1095 Vgl. Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 at 913 per Lord Hoffmann (4. und 5. Auslegungsprinzip): „(4) … The background may not merely enable the reasonable man to choose between the possible meanings of words which are ambiguous but even (as occasionally happens in ordinary life) to conclude that the parties must, for whatever reason, have used the wrong words or syntax… (5) … if one would … conclude from the background that something must have gone wrong with the language, the law does not require judges to attribute to the parties an intention which they plainly could not have had.“
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c) Parol evidence rule Wesentlich fortentwickelt hat sich das englische Recht in den letzten Jahrzehnten auch in Bezug auf die traditionelle sog. parol evidence rule, die besagt, dass außerhalb der Vertragsurkunde liegende Beweismittel, speziell mündlicher Beweis1096, grundsätzlich unzulässig sind.1097 Ratio ist, dass es der Rechtssicherheit dient, dass die Parteien, die ihren Vertrag schriftlich festgehalten haben, an diese schriftliche Fixierung und nur daran gebunden sein sollen.1098 Angesichts der aus ihr u.U. resultierenden Härten und Ungerechtigkeiten haben die Gerichte aber im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Ausnahmen von der parol evidence rule zugelassen.1099 Außerhalb der Urkunde liegende Beweismittel sind z.B. zulässig, wenn das Dokument ersichtlich nicht den gesamten Vertrag enthält1100, zum Beweis der (Un-)Wirksamkeit1101, zur Identifi-
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(„(4) … Die Umstände können es dem vernünftigen Menschen nicht nur ermöglichen, zwischen den verschiedenen möglichen Bedeutungen unklarer Formulierungen zu wählen, sondern ihn sogar (wie es manchmal im gewöhnlichen Leben passiert) zu dem Ergebnis kommen lassen, dass die Parteien – aus welchem Grund auch immer die falschen Worte oder die falsche Syntax verwendet haben … (5) … wenn man aus den Umständen schließen würde, dass bei der Formulierung etwas falsch gelaufen ist, verlangt das Recht von den Richtern nicht, dass sie den Parteien einen Willen zuschreiben, den sie ersichtlich nicht gehabt haben können.“). 1096 Obgleich die klassische Formulierung (s. Fn. 1097) nur auf parol evidence Bezug nimmt, findet die Regel ebenso auch auf andere außerhalb der Urkunde liegende Umstände (extrinsic evidence) Anwendung, vgl. Rabin v Gerson Berger Association Ltd [1986] 1 WLR 526 at 531; AIB Group (UK) Plc v Martin [2001] UKHL 63 at para. 4; Law Commission, The Parol Evidence Rule (Law Com No. 154, 1986), para. 1.2; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 138; Treitel (Fn. 491), 6-013. 1097 Vgl. die Leitentscheidung Jacobs v Batavia and General Plantations Trust Ltd [1924] 1 Ch 287 at 295: „It is firmly established as a rule of law that parol evidence cannot be admitted to add to, vary or contradict a deed or other written instrument.“ („Es ist eine fest etablierte Regel, dass mündliche Beweismittel nicht zugelassen werden können, um einem deed oder einem anderen Schriftstück etwas hinzuzufügen, es zu variieren oder es zu widerlegen.“); vgl. ferner etwa Rabin v Gerson Berger Association Ltd [1986] 1 WLR 526 at 531, 537; AIB Group (UK) Plc v Martin [2001] UKHL 63 at para. 4; Law Commission (Fn. 1097), para. 1.2; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 138; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 167 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-096; Treitel (Fn. 491), 6-013. 1098 Vgl. Rabin v Gerson Berger Association Ltd [1986] 1 WLR 526 at 534, 537; AIB Group (UK) Plc v Martin [2001] UKHL 63 at para. 4; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 138; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-096; Treitel (Fn. 491), 6-013. 1099 Ausf. zu den Ausnahmen: Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-097 ff.; Treitel (Fn. 491), 6014 ff. m.z.w.N. 1100 Vgl. Allen v Pink (1838) 4 M & W 140 at 144; J Evans & Son (Portsmouth) Ltd v Andrea Merzario Ltd [1976] 1 WLR 1078 at 1083; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 168 f.; Treitel (Fn. 491), 6-014. 1101 Vgl. Kleinwort Benson Ltd v Malaysia Mining Corporation Berhad [1989] 1 WLR 379; Carmichael v National Power [1999] 1 WLR 2042; Treitel (Fn. 491), 6-015.
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zierung der Parteien1102 oder des Vertragsgegenstands1103, sowie zum Beweis einer Verkehrsübung1104 oder eines vom üblichen Wortsinn abweichenden Verständnisses der Parteien1105. Insgesamt erscheint die parol evidence rule damit derart „durchlöchert“, dass verbreitet vertreten wird, dass es sich tatsächlich nicht mehr um eine Rechtsregel, sondern vielmehr nur noch um eine widerlegliche Vermutung handele, dass das Vertragsdokument sämtliche Vertragsbedingungen enthält1106. d) Exclusionary rule Standhaft fest halten die englischen Gerichte dagegen bislang an der sog. exclusionary rule, derzufolge pre-contractual negotiations (vorvertragliche Verhandlungen) im Rahmen der Auslegung nicht berücksichtigt werden dürfen.1107 Begründet wird dies damit, dass die Zulassung zu Unsicherheiten führen1108 und damit die Dauer und Kosten von Rechtsstreitigkeiten erhöhen würde1109, die objektive Auslegungsmethode untergraben1110 und zudem im 1102 Vgl. Gastronome (UK) Ltd v Anglo Dutch Meats (UK) Ltd [2006] EWCA Civ 1233 at paras. 16 f.; Shogun Finance Ltd Hudson (FC) [2003] UKHL 62 at paras. 120 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-122; Treitel (Fn. 491), 6-019. 1103 Vgl. MacDonald v Longbottom (1859) 1 E & E 977; Compagnie Noga d’Importation et d’Exportation SA v Abacha (No.4) [2003] EWCA Civ 1100 at para. 11; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-123; Treitel (Fn. 491), 6-027. 1104 Vgl. Palgrave, Brown and Son, Ltd v Owners of S.S. Turid [1922] 1 AC 397; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 168; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-127; Treitel (Fn. 491), 6-026. 1105 Sog. „private dictionary principle“ („privates Wörterbuch-Prinzip“), vgl. Proforce Recruit Ltd v The Rugby Group Ltd [2006] EWCA Civ 69 (Bedeutung von „preferred supplier status“ [„Status eines bevorzugten Zulieferers“]); Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 45 per Lord Hoffmann; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-121; Treitel (Fn. 491), 6-024. 1106 So etwa Law Commission (Fn. 1097), 2.13, 2.7; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 139; Wedderburn (1959) 17 CLJ 58, 62; vgl. weiter kürzlich i.d.S. etwa auch National Westminster Bank plc v Binney [2011] EWHC 694 (QB) at para. 14; s. ferner auch Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 170: „the practical effect … is to emasculate the parol evidence rule“ („der praktische Effekt … ist es, dass die parol evidence rule entmannt wird“). 1107 Vgl. Prenn v Simmonds [1971] 1 WLR 1382 at 1385 per Lord Wilberforce; Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 at 913 per Lord Hoffmann (3. Auslegungsprinzip); Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 41 per Lord Hoffmann; Oceanbulk Shipping & Trading SA v TMT Asia Limited [2010] UKSC 44 at paras. 37 f. per Lord Clarke; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 167; Treitel (Fn. 491), 6-022. 1108 Vgl. Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 35 per Lord Hoffmann; Berg (2006) 122 LQR 354, 360 ff.; Bingham (2008) 12 Edin. L. R. 374, 389 f.; Davies (2011) 70 CLJ 24, 26; Grabiner (2012) 128 LQR 41, 51 f. 1109 Vgl. Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 35 per Lord Hoffmann; Berg (2006) 122 LQR 354, 362; Bingham (2008) 12 Edin. L. R. 374, 389 f. 1110 Vgl. Codelfa Construction Pty Ltd v State Rail Authority of N.S.W. (1982) 149 CLR 337 at 352 per Mason J.; Bingham (2008) 12 Edin. L. R. 374, 389.
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Zusammenhang mit dem Vertrag stehende Rechte und Interessen Dritter beeinträchtigen würde1111. Im Übrigen existierten mit den Rechtsinstituten der rectification1112 und des estoppel by convention1113 Instrumente, um im Einzelfall ggf. resultierenden Härten hinreichend Rechnung tragen zu können.1114 Im Schrifttum wird diese strikte Linie gleichwohl bereits seit Längerem heftig kritisiert1115 und jüngst hat nun auch die Scottish Law Commission eine Reform angeregt1116. Zu Recht: Denn sie steht nicht nur im Widerspruch zur modernen Auslegungsdogmatik in anderen nationalen Rechtsordnungen und internationalen Instrumenten1117, sondern ist vor allem auch vor dem vor dem Hintergrund des heute erreichten Standes der englischen Auslegungsdogmatik selbst inkohärent1118. Im Übrigen ist der mit ihr intendierte Schutz Dritter zwar unbestreitbar ein legitimes Ziel; ihm kann jedoch auch auf andere Weise hinreichend Rechnung getragen werden.1119 Korrelierend zur Nichtberücksichtigung vorvertraglicher Verhandlungen ist im Rahmen der Auslegung nach ständiger Rechtsprechung ferner auch die Berücksichtigung von subsequent conduct (Verhalten der Parteien nach Ver-
1111 Vgl. Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 40 per Lord Hoffmann. 1112 Dazu noch näher unten C. II.3. e). 1113 Das Rechtsinstitut des estoppel by convention betrifft Fälle, in denen die Parteien auf der Basis der Annahme bestimmter Tatsachen oder einer bestimmten Rechtslage handeln, wobei sie diese Annahme entweder teilen oder eine Partei die Annahme der anderen Partei stillschweigend billigt; die Geltendmachung der Unwahrheit dieser Annahme ist dann präkludiert, sofern sie ungerecht oder sittenwidrig wäre. Vgl. zum Ganzen näher Treitel (Fn. 491), 3-094 ff. m.z.w.N. 1114 Vgl. Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 at para. 47 per Lord Hoffmann. 1115 Vgl. Buxton (2010) 69 CLJ 253, 259 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 164; Hogg (2011) 15 Edin. L. R. 406, 414; Kramer (2003) 23 OJLS 173, 180; McLauchlan (2009) 31 Syd. L. Rev. 5 ff.; ders. [2009] N. Z. L. Rev. 431, 438 ff.; ders. (2010) 126 LQR 8 ff.; ders. (2010) 16 NZBLQ 229, 264 f.; ders. (2010) 24 NZULR 277 ff.; ders. [2011] LMCLQ 30 ff.; McLauchlan/Lees (2011) 28 JCL 101, 121; McMeel (2003) 119 LQR 272, 286 ff.; Nicholls (2005) 121 LQR 577, 585 ff.; O’Sullivan (2009) 68 CLJ 510, 511 f. 1116 Vgl. Scottish Law Commission, Review of Contract Law. Discussion Paper on Interpretation of Contract (Scot Law Com No 147, 2011), paras. 7.12 ff. Vgl. zu diesem Discussion Paper näher Hogg (2011) 15 Edin. L. R. 406 ff. (speziell zur exclusionary rule: S. 414 f.). 1117 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 164; Hogg (2011) 15 Edin. L. R. 406, 414; McLauchlan (2009) 31 Syd. L. Rev. 5, 33 f.; McMeel (2003) 119 LQR 272, 288 f., 295; Nicholls (2005) 121 LQR 577, 586; Scottish Law Commission (Fn. 1116), para. 7.12. 1118 Vgl. Buxton (2010) 69 CLJ 253, 259 f.; McLauchlan (2009) 31 Syd. L. Rev. 5, 30 ff.; ders. (2010) 126 LQR 8, 10 f.; ders. (2010) 24 NZULR 277, 300 f.; ders. [2011] LMCLQ 30; McMeel (2003) 119 LQR 272, 286 ff., 294; O’Sullivan (2009) 68 CLJ 510, 511 f.; Scottish Law Commission (Fn. 1116), para. 7.13 f. 1119 Vgl. McLauchlan (2009) 31 Syd. L. Rev. 5, 42; McMeel (2003) 119 LQR 272, 296; Nicholls (2005) 121 LQR 577, 585 f.
II. Exkurs: Auslegung
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tragsschluss) unzulässig.1120 Klassisches Argument ist insoweit, dass ein Vertrag andernfalls „am Tag seiner Unterzeichnung eine Sache und einen Monat oder ein Jahr später auf Grund nachfolgender Ereignisse etwas anderes“ bedeuten würde.1121 Im Schrifttum wird dies zwar ebenfalls bereits seit Längerem zu Recht nachdrücklich kritisiert1122. Die englischen Gerichte halten jedoch jedenfalls bislang gleichwohl daran fest1123 (ebenso etwa auch die australischen1124, anders aber nunmehr die neuseeländischen1125 und auch die Scottish Law Commission hat kürzlich eine Reform angeregt1126). e) Rectification Die typischen Fälle der falsa demonstratio vermag das englische Recht auf Grund seines prinzipiell rein objektiven Ansatzes nicht bereits im Rahmen der Auslegung zu lösen. Die Maxime falsa demonstratio non nocet ist zwar an sich auch im englischen Recht bekannt; sie hat dort jedoch eine wesentlich engeren Anwendungsbereich und wird im Wesentlichen bei Inkonsistenzen innerhalb eines Dokuments oder zwischen einem Dokument und seinen Anhängen herangezogen1127.1128 1120 Vgl. James Miller & Partners Ltd v Whitworth Street Estates (Manchester) Ltd [1970] AC 583 at 603, 606 per Lord Hodson; Wickman Machine Tools Sales Ltd v L. Schuler AG [1974] AC 235; Sattar v Sattar [2009] EWHC 289 (Ch) at paras. 36 f.; Omega Engineering Inc v Omega SA [2010] EWHC 1211 (Ch) at para. 59; Senergy Limited v Zeus Petroleum Limited [2011] EWHC 3382 (Comm) at para. 37; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 167; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 164; Treitel (Fn. 491), 6-025; vgl. ebenso aus jüngerer Zeit für Australien: Agricultural and Rural Finance Pty Ltd v Gardiner [2008] 251 ALR 322 at para. 35. 1121 So Lord Hodson in James Miller & Partners Ltd v Whitworth Street Estates (Manchester) Ltd [1970] AC 583 at 603: „Otherwise one might have the result that a contract meant one thing the day it was signed, but by reason of subsequent events meant something different a month or a year later.“ („Andernfalls könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass ein Vertrag am Tag seiner Unterzeichnung eine Sache meinte, aber auf Grund nachfolgender Ereignisse einen Monat oder ein Jahr später etwas anderes.“). 1122 Vgl. Hogg (2011) 15 Edin. L. R. 406, 414; McLauchlan (2009) 31 Syd. L. Rev. 5, 42 ff.; McMeel (2003) 119 LQR 272, 290 ff.; Nicholls (2005) 121 LQR 577, 588 f. 1123 Vgl. die Nachweise in Fn. 1120. 1124 Vgl. Agricultural and Rural Finance Pty Ltd v Gardiner [2008] 251 ALR 322 at para. 35. 1125 Vgl. Wholesale Distributors Ltd v Gibbons Holdings Ltd [2008] 1 NZLR 277. 1126 Vgl. Scottish Law Commission (Fn. 1116), para. 7.18. 1127 Bsp. aus der Rechtsprechung: Adamastos Shipping Co Ltd v Anglo-Saxon Petroleum Co Ltd [1959] AC 133 (In einem Chartervertrag statuierte die „Hauptklausel“, dass „this bill of lading“ („dieses Konnossement“) die Vorschriften eines US-amerikanischen Gesetzes inkorporieren sollte, welches jedoch Charterverträge ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich ausschloss; das House of Lords entschied, dass die Verwendung der Worte „this bill of lading“ eine falsa demonstratio sei und entsprechend dem übereinstimmenden Willen der Parteien als „this charterparty“ [„dieser Chartervertrag“] zu lesen sei; die Ausschlussklausel des US-Gesetzes sei in diesem Kontext der Inkorporation bedeutungslos); Armadora Occidental v Horace Mann Co [1977] 1 WLR 520 (Versicherungsverträge für Schifffahrtsunternehmen enthielten eine „follow London“-Klausel sowie eine „New York suable“-Klausel, welche den Versicher-
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C. Angebot
In denjenigen Fällen, die im deutschen Recht typischerweise unter den Begriff der falsa demonstratio gefasst werden1129, kommt aber häufig eine rectification in Betracht, ein von der equity-Judikatur entwickeltes1130 Rechtsinstitut, das allerdings im Ermessen des Gerichts steht1131. Wenn der Inhalt eines Vertragsdokuments auf Grund eines Fehlers oder Irrtums nicht mit dem korrespondiert, worüber sich die Parteien tatsächlich geeinigt haben1132, so kann das Gericht entweder eine Änderung der entsprechenden Formulierung(en) anordnen1133 oder das Dokument auch ohne eine solche ausdrückliche rectification order so behandeln, als ob es entsprechend berichtigt worden wäre1134. Beispiele aus der umfangreichen Judikatur sind etwa: – ein Übertragungsvertrag bezeichnete versehentlich mehr Flurstücke als eigentlich vereinbart war1135; – Übertragung an die Kläger als joint tenants (Miteigentümer) statt (wie beabsichtigt) tenants in common (Bruchteilseigentümer)1136; – ein Mietvertrag bezog sich nur auf die 1. Etage und nicht (wie vereinbart) auch auf das Loft1137; – eine Vertragsklausel sah eine Mehrheitsentscheidung nur in bestimmten Fällen und nicht, wie vereinbart, generell vor1138;
ten1128 die Option eröffnete, alle Angelegenheiten gemäß amerikanischem Recht und amerikanischer Praxis zu regeln; der erste Satz der Klausel enthielt allerdings einen Hinweis auf London; das Gericht entschied, dass der erste Satz als falsa demonstratio ignoriert werden müsse; der Vertrag unterliege englischem Recht, die „New York suable“-Klausel eröffne den Versicherten aber die Option, Streitigkeiten nach amerikanischem Recht und amerikanischer Praxis entscheiden zu lassen). 1128 Vgl. Vogenauer (Fn. 1049), S. 15. 1129 Vgl. dazu oben C. II.1. a). 1130 Vgl. Hamed el Chiaty & Co (t/a Travco Nile Cruise Lines) v Thomas Cook Group Ltd (The Nile Rhapsody) [1994] I.L.Pr. 367 at 378; Treitel (Fn. 491), 8-059. 1131 Vgl. Re Butlin’s Settlement Trusts [1976] 1 Ch 251 at 263; Burford (Fareham) Ltd v Christian Vision [2005] EWHC 2533 at para. 7; Treitel (Fn. 491), 8-059. 1132 Ausf. zu den Voraussetzungen für rectification: Treitel (Fn. 491), 8-059 ff. m.w.N.; prägnante Zusammenfassung der Grundregeln etwa in Swainland Builders Ltd v Freehold Properties Ltd [2002] EWCA Civ 560 at paras. 33 f. per Gibson LJ. 1133 Vgl. Murray v Parker (1854) 19 Beav 305; Re Butlin’s Settlement Trusts [1976] 1 Ch 251; Rhodian River Shipping Co SA v Halla Maritime Corp (The Rhodian River and The Rhodian Sailor) [1984] 1 Lloyd’s Rep 373; Treitel (Fn. 491), 8-059. 1134 Vgl. Hamed el Chiaty & Co (t/a Travco Nile Cruise Lines) v Thomas Cook Group Ltd (The Nile Rhapsody) [1994] I.L.Pr. 367; OTV Birwelco Ltd v Technical & General Guarantee Co Ltd [2002] EWHC 2240 (TCC) at para. 39; Treitel (Fn. 491), 8-059. 1135 Beale v Kyte [1907] 1 Ch 564 (nicht nur Flurstücke 101, 102 und 103, sondern auch Teil von Flurstück 104). 1136 Re Colebrook’s Conveyances [1972] 1 WLR 1397. 1137 Munt v Beasley [2006] EWCA Civ 370. 1138 Re Butlin’s Settlement Trusts [1976] 1 Ch 251.
II. Exkurs: Auslegung
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– die vertragliche Definition des Begriffs „additional residential payment“ stimmte nicht mit dem überein, was die Parteien eigentlich gewollt hatten1139; – eine Vertragsklausel betreffend die Frage, welche Vertragspartei für ein Pensionsdefizit aufkommen sollte, stimmte nicht mit dem, was vereinbart worden war, überein1140. f) Zwischenresümee Die Auslegungsmethode des englischen Rechts ist somit insgesamt vom Grundansatz her streng objektiv. Der traditionelle literal approach ist jedoch zwischenzeitlich einem modernen purposive approach gewichen, der über den Wortlaut hinaus auch die gesamten tatsächlichen Umstände berücksichtigt. Anders als in Deutschland und Frankreich lehnen es die englischen Gerichte allerdings nach wie vor grundsätzlich ab, im Rahmen der Auslegung auch das Verhalten der Parteien vor und nach dem Vertragsschluss zu berücksichtigen (wenngleich sich auch insofern zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Ausnahmen etabliert haben). Zumindest vom Grundansatz her abweichend ist ferner auch die Behandlung der falsa demonstratio-Fälle durch das englische Recht; mit dem Rechtsinstitut der rectification erzielt es aber in der Praxis meist dieselben Ergebnisse.
4. CESL-D a) Grundkonzept der Auslegungsregeln im CESL Der CESL-D enthält mit Kapitel 6 (Art. 58–65) einen ganzen Abschnitt mit Regeln zur Auslegung von Verträgen. Im Fokus steht also auch wie im französischen1141 und englischen1142 Recht der Vertrag, nicht wie im deutschen Recht1143 die Willenserklärung1144. Gem. Art. 12 Abs. 3 CESL-D finden die Art. 59–65 CESL-D aber entsprechend auch auf „einseitige Absichtserklärungen“ also insbesondere auch auf Angebot und Annahme1145 Anwendung. Ausgenommen von dieser Verweisung ist lediglich Art. 58 CESL-D; an dessen Stelle treten Art. 12 Abs. 1 und 2 CESL-D leges speciales für einseitige Absichtserklärungen. 1139
Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38. Daventry District Council v Daventry and District Housing Ltd [2011] EWCA Civ 1153. Vgl. zu diesem (höchst interessanten und eine ganze Reihe höchst diffiziler Probleme aufwerfenden) Fall näher Davies (2012) 75 MLR 412 ff. 1141 Vgl. oben C. II.1. 1142 Vgl. oben C. II.2. a). 1143 Vgl. oben C. II.3. a). 1144 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 636 f.; Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 207. 1145 Vgl. auch Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 208. 1140
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C. Angebot
Die ergänzende Vertragsauslegung ist – entsprechend dem englischen Konzept der implied terms1146 – in Art. 68 CESL-D im Kapitel über Inhalt und Wirkungen des Vertrags geregelt.1147 b) Allgemeine Auslegungsregeln aa) Allgemeine Regeln zur Auslegung von Verträgen (Art. 58 CESL-D) Die in der Grundnorm des Art. 58 CESL-D niedergelegten allgemeinen Regeln zur Auslegung von Verträgen etablieren einen kombiniert subjektiv-objektiven Ansatz. Die Kommentare zu den – nahezu identischen Vorläuferregelungen der Art. II.-8:101 DCFR1148 und Art. 5:101 PECL1149 begründeten 1146
Vgl. dazu ausf. nur etwa Treitel (Fn. 491), 6-031 ff. m.z.w.N. Vgl. zur Anlehnung an die englische Konzeption der implied terms auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 641; Looschelders/Makowsky, Kapitel 7: Inhalt und Wirkungen von Verträgen, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 227, 231 f. 1148 Art. II.-8:101 DCFR: General rules (1) A contract is to be interpreted according to the common intention of the parties even if this differs from the literal meaning of the words. (2) If one party intended the contract, or a term or expression used in it, to have a particular meaning, and at the time of the conclusion of the contract the other party was aware, or could reasonably have been expected to have been aware, of the first party’s intention, the contract is to be interpreted in the way intended by the first party. (3) The contract is, however, to be interpreted according to the meaning which a reasonable person would give it: (a) if an intention cannot be established under the preceding paragraphs; or (b) if the question arises with a person, not being a party to the contract or a person who by law has no better rights than such a party, who has reasonably and in good faith relied on the contract’s apparent meaning. (Allgemeine Regeln. (1) Ein Vertrag wird nach dem gemeinsamen Willen der Parteien ausgelegt, auch wenn dieser nicht mit dem Wortlaut der Erklärung übereinstimmt. (2) Wenn eine Partei den Vertrag in einem bestimmten Sinn verstanden wissen wollte und diese Absicht der anderen Partei bei Vertragsschluss nicht entgangen sein konnte, wird der Vertrag in der dem Willen der ersten Partei entsprechenden Weise ausgelegt. (3) Der Vertrag ist jedoch entsprechend der Bedeutung, die ihm eine vernünftige Person beimessen würde, auszulegen: (a) wenn gemäß den vorangehenden Absätzen kein Wille festgestellt werden kann; oder (b) wenn sich die Frage in Bezug auf eine Person stellt, die keine Vertragspartei ist oder kraft Gesetzes keine besseren Rechte als eine Vertragspartei hat, und die vernünftigerweise und in gutem Glauben auf die scheinbare Bedeutung des Vertrags vertraut hat.) 1149 Art. 5:101 PECL: Allgemeine Auslegungsregeln (1) Ein Vertrag wird nach dem gemeinsamen Willen der Parteien ausgelegt, auch wenn dieser nicht mit dem Wortlaut der Erklärung übereinstimmt. (2) Wenn feststeht, dass eine Partei den Vertrag in einem bestimmten Sinn verstanden wissen wollte und diese Absicht der anderen Partei bei Vertragsschluss nicht entgangen sein konnte, wird der Vertrag in der dem Willen der ersten Partei entsprechenden Weise ausgelegt. (3) Wenn ein Wille nach Absatz (1) oder (2) nicht festgestellt werden kann, ist der Vertrag in dem Sinne auszulegen, den ihm vernünftige Personen von derselben Art wie die Parteien unter denselben Umständen geben würden. 1147
157
II. Exkurs: Auslegung
dies explizit damit, dass dies dem Ansatz in den meisten EU-Rechtsordnungen entspreche.1150 Allgemeine Regeln zur Auslegung von Verträgen (Art. 58 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Ein Vertrag wird nach (1) A contract is to be in- (1) Le contrat s’interprète dem gemeinsamen Wilterpreted according to selon la commune intenlen der Parteien ausgethe common intention tion des parties, même si legt, auch wenn dieser of the parties even if cette interprétation nicht mit der normalen this differs from the s’écarte du sens normal Bedeutung der im Vernormal meaning of the des expressions qui y trag verwendeten Ausexpressions used in it. sont employées. drücke übereinstimmt. (2) Wenn eine Partei einen (2) Where one party in- (2) Lorsqu’une partie a enim Vertrag verwendeten tended an expression tendu conférer un sens Ausdruck in einem beused in the contract to particulier à une expresstimmten Sinne verhave a particular meansion employée dans le standen wissen wollte ing, and at the time of contrat et que, lors de la und dies der anderen the conclusion of the conclusion de ce dernier, Partei bei Vertragscontract the other party l’autre partie connaissait schluss bewusst war was aware, or could be ou était censée connaître oder hätte bewusst sein expected to have been cette intention, l’expresmüssen, wird der Veraware, of that intention, sion doit être interprétée trag so ausgelegt, wie the expression is to be dans le sens voulu par la die erste Partei ihn verinterpreted in the way première partie. standen wissen wollte. intended by the first party. (3) Sofern die Absätze 1 (3) Unless otherwise pro- (3) Sauf mention contraire und 2 nicht anders bevided in paragraphs 1 des paragraphes 1 et 2, le stimmen, ist der Vertrag and 2, the contract is to contrat s’interprète conin dem Sinne auszulebe interpreted accordformément au sens gen, den ihm eine vering to the meaning qu’une personne raisonnünftige Person geben which a reasonable pernable lui donnerait. würde. son would give to it.
Das Primat gebührt gem. Abs. 1 dem gemeinsamen Willen der Parteien. Dieser ist insbesondere auch dann maßgeblich, wenn er von der „normalen“ Bedeutung der im Vertrag verwendeten Begriffe abweicht – der gemeinsame Wille der Parteien hat also Vorrang vor den „Buchstaben“ des Vertrags. Damit gilt insbesondere auch in typischen Fällen der sog. falsa demonstratio – ebenso wie im deutschen1151 und französischen1152, aber anders als im englischen 1150 1151 1152
Vgl. Art. II.-8:101 DCFR Comment B; Art. 5:101 PECL Kommentar B. Vgl. oben C. II.1. a). Vgl. oben C. II.2. a) aa).
158
C. Angebot
Recht1153 unproblematisch das, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben.1154 Abs. 2 enthält eine Sonderregel für den Fall, dass eine Partei einen im Vertrag verwendeten Ausdruck in einem bestimmten Sinn verstanden wissen will, dies der anderen Partei aber bei Vertragsschluss bewusst war oder zumindest hätte bewusst sein müssen: auch dann soll dieses spezielle Verständnis und nicht die objektive Bedeutung maßgeblich sein.1155 Im Übrigen ist der Vertrag jedoch gem. Abs. 3 in dem Sinne auszulegen, den ihm eine „vernünftige Person“ (reasonable person/personne raisonnable) geben würde. Was „vernünftig“ ist, ist dabei gem. der allgemeinen Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 1 CESL-D objektiv unter Berücksichtigung der Art und des Zwecks des Vertrags, der Umstände des Einzelfalls und der Gebräuche und Gepflogenheiten der jeweiligen Gewerbe oder Berufe zu bestimmen. Angemessenheit, Vernünftigkeit (Art. 5 Abs. 1 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Was „angemessen“ oder (1) Reasonableness is to be (1) Il convient d’apprécier „vernünftig“ ist, ist obobjectively ascerobjectivement le caracjektiv unter Berücktained, having regard tère raisonnable, compte sichtigung der Art und to the nature and purtenu de la nature et de la des Zwecks des Verpose of the contract, to finalité du contrat, des trags, der Umstände des the circumstances of circonstances de l’espèce Einzelfalls und der Gethe case and to the uset des usages et pratiques bräuche und Gepfloages and practices of des activités ou des progenheiten der jeweilithe trades or profesfessions libérales congen Gewerbe oder Besions involved. cernées. rufe zu bestimmen.
bb) Allgemeine Regeln zur Auslegung einseitiger Absichtserklärungen (Art. 12 Abs. 1 und 2 CESL-D) Die allgemeinen Regeln für die Auslegung einseitiger Absichtserklärungen1156 – also auch für Angebot und Annahme1157 etablieren im Grundsatz letztlich ebenfalls einen kombiniert subjektiv-objektiven Ansatz: Ausgangspunkt der Auslegung ist gem. Art. 12 Abs. 1 CESL-D das Verständnis des Empfängers („wie erwartet werden kann, dass die Person, an die sie gerichtet ist, sie versteht“). Sofern der Empfänger jedoch den wirklichen Willen des Erklärenden kannte oder hätte kennen müssen, ist gem. Art. 12 Abs. 2 CESL-D – in Parallele zu Art. 58 Abs. 2 CESL-D – dieser wirkliche Wille maßgeblich. 1153 1154 1155 1156 1157
Vgl. oben C. II.3. e). Ebenso i.E. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 638. Vgl. dazu näher Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 211 f. Vgl. zum Begriff näher Looschelders AcP 212 (2012) 581, 603 ff. Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 207 f.
159
II. Exkurs: Auslegung
Einseitige Erklärungen oder einseitiges Verhalten (Art. 12 Abs. 1 und 2 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Eine einseitige Ab- (1) A unilateral statement (1) Une déclaration unilatésichtserklärung wird so indicating intention is rale exprimant une inausgelegt, wie erwartet to be interpreted in the tention doit être interwerden kann, dass die way in which the perprétée de la manière Person, an die sie geson to whom it is addont son destinataire richtet ist, sie versteht. dressed could be expourrait être censé la pected to understand it. comprendre. (2) Wollte die Person, die (2) Where the person (2) Lorsque l’auteur de la die Erklärung abgegemaking the statement déclaration entendait ben hat, einem darin intended an expression conférer à une expresverwendeten Ausdruck used in it to have a parsion qui y est employée eine bestimmte Bedeuticular meaning and une signification partitung geben und kannte the other party was culière et que l’autre die andere Partei diesen aware, or could be expartie avait, ou pouvait Willen oder hätte sie pected to have been être présumée avoir, ihn kennen müssen, so aware, of that intenconnaissance de cette inwird der Ausdruck so tion, the expression is tention, l’expression ausgelegt, wie die Perto be interpreted in the doit être interprétée de son, die die Erklärung way intended by the la façon souhaitée par abgegeben hat, ihn verperson making the l’auteur de la déclarastanden wissen wollte. statement. tion.
Bemerkenswert ist in diesem Kontext, dass der Bezugspunkt der objektiven Komponente in Art. 12 Abs. 1 CESL-D auf den ersten Blick offenbar von demjenigen in Art. 58 Abs. 3 CESL-D abweicht1158: Bei einseitigen Absichtserklärungen soll nach Art. 12 Abs. 1 CESL-D maßgeblich sein, wie erwartet werden kann, dass „die Person, an die sie gerichtet ist“ (person to whom it is addressed/ son destinataire) sie versteht, bei Verträgen dagegen gem. Art. 58 Abs. 3 CESLD der Sinn, den eine „vernünftige Person“ (reasonable person/personne raisonnable) ihnen geben würde. Zumindest in denjenigen Fällen, in denen der konkrete Empfänger über Sonder- bzw. Spezialwissen verfügt, kann es indes durchaus einen erheblichen Unterschied machen, ob man auf das zu erwartende Verständnis des konkreten Empfängers oder auf dasjenige einer „vernünftigen Person“, d.h. eines objektiven Dritten in der Situation des Empfängers, abstellt.1159 1158 In Art. II.-8:201(1) DCFR, der Vorläuferregelung des Art. 12 Abs. 1 CESL-D, wurde dagegen auch in Bezug auf einseitige Erklärung ausdrücklich auf das vom Adressaten vernünftigerweise (reasonably) zu erwartende Verständnis abgestellt: A unilateral act is to be interpreted in the way in which it could reasonably be expected to be understood by the person to whom it is addressed. (Ein einseitiger Akt ist so auszulegen, wie erwartet werden kann, dass die Person, an die er adressiert ist, ihn vernünftigerweise verstehen würde.). 1159 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 638 f.; Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 209.
160
C. Angebot
Trotz der unterschiedlichen Formulierungen etabliert der CESL-D indes – entgegen der insoweit im Schrifttum vereinzelt geäußerten Besorgnis1160 – keineswegs divergierende Standards für die Auslegung von einseitigen Absichtserklärungen einerseits und Verträgen andererseits. Denn gemäß der allgemeinen Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 2 CESL-D ist das, was von einer Person in einer bestimmten Situation erwartet werden darf, das, was vernünftigerweise erwartet werden darf. Auch bei einseitigen Absichtserklärungen ist somit das Verständnis eines vernünftigen Dritten in der Situation des Erklärungsempfängers (d.h. der sog. objektive Empfängerhorizont) maßgeblich. Alles andere wäre ja auch geradezu paradox: Denn schließlich besteht der Vertragsinhalt letztlich aus dem, was die Parteien durch Angebot und Annahme vereinbart haben – insofern kann man hier sinnvollerweise im Rahmen der Auslegung keine unterschiedlichen Maßstäbe anlegen. Vernünftigkeit (Art. 5 Abs. 2 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
(2) Was eine Person erwar- (2) Any reference to what (2) Toute référence à ce qui ten oder von ihr oder in can be expected of or peut être attendu d’une einer bestimmten Situaby a person, or in a personne ou à ce qu’elle tion erwartet werden particular situation, is peut escompter, ou dans darf, ist das, was vera reference to what can une situation déterminée, nünftigerweise erwartet reasonably be exrenvoie à ce que l’on peut werden darf. pected. raisonnablement attendre.
cc) Irrelevanz etwaiger Interessen Dritter Anders als nach dem DCFR gilt das in den Art. 12 Abs. 1 und 2, 58 Abs. 1 und 2 CESL-D etablierte Primat des (übereinstimmenden) Parteiwillens bzw. des erkannten wirklichen Willens unabhängig von etwaigen Interessen Dritter am Inhalt des Vertrags. Die Schutzklauseln der Art. II.-8:101(3)(b) DCFR1161 und Art. II.-8:201(3)(b) DCFR1162, die eine rein objektive Auslegung auch für den 1160
Vgl. Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 209 f.; s. ferner auch Looschelders AcP 212 (2012) 581,
638 f. 1161
Fn. 1148. Art. II.-8:201(3) DCFR The act is, however, to be interpreted according to the meaning which a reasonable person would give to it: (a) if neither paragraph (1) nor paragraph (2) applies; or (b) if the question arises with a person, not being the addressee or a person who by law has no better rights than an addressee, who has reasonably and in good faith relied on the contract’s apparent meaning. (Der Akt ist jedoch entsprechend der Bedeutung, die ihm eine vernünftige Person beimessen würde, auszulegen: (a) wenn weder Absatz 1 noch Absatz 2 anwendbar sind; oder (b) wenn sich die Frage in Bezug auf eine Person stellt, die nicht Adressat ist oder kraft Gesetzes keine besseren Rechte als ein Adressat hat, und die vernünftigerweise und in gutem Glauben auf die scheinbare Bedeutung des Vertrags vertraut hat.). 1162
II. Exkurs: Auslegung
161
Fall vorgesehen hatten, dass eine Nichtvertragspartei (bzw. ein Nichtadressat) oder eine Person, die kein besseres Recht als eine Vertragspartei (bzw. ein Adressat) hat, vernünftigerweise und in gutem Glauben auf den scheinbaren Vertrags- bzw. Erklärungsinhalt vertraut, wurden nicht in den CESL-D übernommen. Sie waren im Schrifttum verbreitet als zu weitgehend kritisiert worden, weil sie dem Vertrauensschutz potenzieller Drittbetroffener ganz generell und nicht nur für den Fall, dass der Vertrag bzw. die Erklärung spezifisch auch auf Dritte ausgerichtet ist, Vorrang einräumten.1163 c) Auslegungserhebliche Umstände (Art. 59 CESL-D) Art. 59 CESL-D enthält einen nicht abschließenden („insbesondere“)1164 Katalog von auslegungserheblichen Umständen, der nahezu wörtlich die Vorgängerregelungen in Art. II.-8:102 DCFR1165, 1166 und Art. 5:102 PECL1167 übernimmt. 1163 Vgl. etwa Canaris/Grigoleit, Interpretation of Contracts, in: Hartkamp et al. (eds.), Towards a European Civil Code, 4th ed. 2011, S. 587, 606 f. 1164 Vgl. Looschelders AcP 212 (2012) 581, 639; Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 206; zur Vorläuferregelung in Art. II.-8:102 DCFR: Panek (Fn. 1005), S. 61, 68. 1165 Art. II.-8:102 DCFR: Relevant matters (1) In interpreting the contract, regard may be had in particular, to: (a) the circumstances in which it was concluded, including the preliminary negotiations; (b) the conduct of the parties, even subsequent to the conclusion of the contract; (c) the interpretation which it has already been given by the parties to terms or expressions which are the same as, or similar to, those used in the contract and the practices they have established between themselves; (d) the meaning commonly given to such terms or expressions in the branch of activity concerned and the interpretation such terms or expressions may already have received; (e) the nature and purpose of the contract; (f) usages; (g) good faith and fair dealing. (2) In a question with a person, not being a party to the contract or a person such as an assignee who by law has no better rights than such a party, who has reasonably and in good faith relied on the contract’s apparent meaning, regard may be had to the circumstances mentioned in sub-paragraphs (a) to (c) above only to the extent that those circumstances were known to, or could reasonably have been expected to have been known to, that person. (Erhebliche Umstände (1) Bei der Auslegung des Vertrages kann insbesondere berücksichtigt werden: (a) die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, einschließlich der vorausgegangenen Verhandlungen; (b) das Verhalten der Parteien, auch nach Vertragsschluss; (c) die Auslegung, die von den Parteien denselben oder ähnlichen Bedingungen oder Ausdrücken wie den im Vertrag verwendeten gegeben wurde, und die Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind; (d) die Bedeutung, die den Bedingungen und Ausdrücken in dem betreffenden Tätigkeitsbereich im Allgemeinen gegeben wird, und die Auslegung, die solche Bedingungen oder Ausdrücke bereits enthalten haben können; (e) die Natur und den Zweck des Vertrages;
162
C. Angebot
Erhebliche Umstände (Art. 59 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
Bei der Auslegung des Vertrags können insbesondere berücksichtigt werden:
In interpreting a contract, regard may be had, in particular, to:
Dans l’interprétation d’un contrat, il est tenu compte en particulier:
(a) die Umstände, unter denen er geschlossen wurde, einschließlich der vorausgegangenen Verhandlungen,
(a) the circumstances in which it was concluded, including the preliminary negotiations;
(a) des circonstances de sa conclusion, y compris les négociations préliminaires;
(b) das Verhalten der Parteien – auch nach Vertragsschluss,
(b) the conduct of the parties, even subsequent to the conclusion of the contract;
(b) du comportement des parties, même postérieur à la conclusion du contrat;
(c) die Auslegung, die von den Parteien bereits denselben oder ähnlichen Ausdrücken wie den im Vertrag verwendeten gegeben wurde,
(c) the interpretation which has already been given by the parties to expressions which are identical to or similar to those used in the contract;
(c) de l’interprétation que les parties ont déjà donnée à des expressions identiques ou semblables à celles utilisées dans le contrat;
1166
(f) Gebräuche; (g) die Gebote von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs. (2) Wenn sich die Frage in Bezug auf eine Person stellt, die nicht Adressat ist oder kraft Gesetzes keine besseren Rechte als ein Adressat hat, und die vernünftigerweise und in gutem Glauben auf die scheinbare Bedeutung des Vertrags vertraut hat, dürfen die in Unterabsätzen (a) bis (c) genannten Umstände nur in dem Umfang berücksichtigt werden, in dem sie dieser Person bekannt waren oder vernünftigerweise hätten bekannt sein müssen.). 1166 Nicht übernommen wurde allerdings wiederum die Schutzklausel zugunsten Dritter in Abs. 2 (vgl. zu dieser Thematik bereits oben C. II.4. b) cc).). 1167 Art. 5:102 PECL: Erhebliche Umstände Bei der Auslegung des Vertrages sind insbesondere zu berücksichtigen: (a) die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, einschließlich der vorausgegangenen Verhandlungen; (b) das Verhalten der Parteien, auch nach Vertragsschluss; (c) die Natur und der Zweck des Vertrages; (d) die Auslegung, die von den Parteien ähnlichen Klauseln gegeben wurde, und die Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind; (e) die Bedeutung, die den Bedingungen und Ausdrücken in dem betreffenden Tätigkeitsbereich im Allgemeinen gegeben wird, und die Auslegung, die ähnliche Klauseln bereits enthalten haben können; (f) Gebräuche; und (g) die Gebote von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs.
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II. Exkurs: Auslegung
Erhebliche Umstände (Art. 59 CESL-D) Deutsch
Englisch
Französisch
(d) Gebräuche, die von Parteien, die sich in der gleichen Situation befinden, als allgemein anwendbar angesehen würden,
(d) usages which would be considered generally applicable by parties in the same situation;
(d) des usages que des parties placées dans la même situation considéreraient comme généralement applicables.
(e) Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind,
(e) practices which the parties have established between themselves;
(e) des pratiques que les parties ont établies entre elles;
(f) die Bedeutung, die Ausdrücken in dem betreffenden Tätigkeitsbereich gewöhnlich gegeben wird,
(f) the meaning commonly given to expressions in the branch of activity concerned;
(f) du sens qui est communément attribué à des expressions dans le secteur d’activité concerné;
(g) die Natur und den Zweck des Vertrags und
(g) the nature and purpose of the contract; and
(g) de la nature et de l’objet du contrat; et
(h) das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs.
(h) good faith and fair dealing
(h) du principe de bonne foi et de loyauté.
Diese Kriterien1168 entsprechen ganz überwiegend denjenigen Umstände und Kriterien, die im Rahmen der Auslegung (wenn teils auch mit unterschiedlichem Gewicht) ebenso auch im deutschen, französischen und englischen Recht – sowie in vielen anderen EU-Rechtsordnungen1169 herangezogen werden. Speziell hervorzuheben ist jedoch, dass gem. lit. a und b insbesondere – ebenso wie im deutschen1170 und französischen1171, aber anders als im englischen1172 – Recht auch das vor- und nachvertragliche Verhalten der Parteien berücksichtigt werden kann.1173 Die Verfasser der (fast) identischen Vorläuferregelung im DCFR hatten dies damit begründet, dass es vorzugswürdig sei, vor- und nachvertragliches Parteiverhalten nicht a priori auszuschließen, son1168 1169
Vgl. zum Verhältnis von lit. d und e zu Art. 67 CESL-D näher unten C. V.4. b) aa). Vgl. dazu näher die Begründung zur Vorläuferregelung des Art. II.-8:102 DCFR (No-
tes). 1170 1171 1172 1173
Vgl. oben C. II.1. a). Vgl. oben C. II.2. a) aa). Vgl. oben C. II.3. d). Dies betont etwa auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 640.
164
C. Angebot
dern es vielmehr der Entscheidung des Gerichts zu überlassen, welche Bedeutung es ihm beimisst.1174 d) Spezielle Auslegungsregeln (Art. 60–65 CESL-D) Die Art. 60–65 CESL-D normieren dann eine Reihe spezieller Auslegungsregeln. aa) Art. 60 CESL-D: Auslegung im Lichte des gesamten Vertrags Art. 60 CESL-D gebietet zunächst, die in einem Vertrag verwendeten Ausdrücke im Lichte des gesamten Vertrags auszulegen.1175 Die Verfasser der Vorläuferregelungen der Art. II.-8:105 DCFR1176 und Art. 5:105 PECL1177 begründeten dies damit, dass diese Regel auch in vielen EU-Rechtsordnungen gilt1178 und es zudem vernünftig sei anzunehmen, dass die Parteien sich kohärent ausdrücken wollten.1179 Art. 60 CESL-D Auslegung im Lichte des gesamten Vertrags / Reference to contract as a whole / Référence au contrat dans son intégralité Deutsch In einem Vertrag verwendete Ausdrücke sind im Lichte des gesamten Vertrags auszulegen.
1174
Englisch Expressions used in a contract are to be interpreted in the light of the contract as a whole.
Französisch Les expressions employées dans le contrat s’interprètent à la lumière du contrat dans son intégralité.
Vgl. Art. II.-8:102 DCFR Comment A. Vgl. dazu Looschelders AcP 212 (2012) 581, 640 f. 1176 Art. 8:105 DCFR: Reference to contract as a whole Terms and expressions are to be interpreted in light of the whole contract in which they appear. (Bezug auf den Vertrag als Ganzes Bestimmungen und Ausdrücke werden im Lichte des ganzen Vertrages ausgelegt, in dem sie enthalten sind.). 1177 Art. 5:105 PECL: Bezug auf den Vertrag als Ganzes Bestimmungen werden im Lichte des ganzen Vertrages ausgelegt, in dem sie enthalten sind. 1178 Vgl. zur Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände im deutschen Recht bereits oben C. II.1. a), speziell zur Berücksichtigung des systematischen Gesamtzusammenhangs etwa Singer (Fn. 202), § 133 Rn. 47 m.w.N.; zur Parallelregel in Art. 1161 C. civ. bereits oben C. II.2. a) bb); zur Berücksichtigung der Gesamtumstände im englischen Recht oben C. II.3. b) (speziell zur Auslegung im Gesamtzusammenhang des Vertrags etwa auch Re Sigma Finance Corp [2009] UKSC 2 at para. 12 per Lord Mance; Grabiner (2012) 128 LQR 41, 45 f.). 1179 Vgl. Art. II.-8:105 DCFR Comments und Notes; Art. 5:105 PECL Kommentar und Anmerkungen. 1175
165
II. Exkurs: Auslegung
bb) Art. 63 CESL-D: favor negotii Art. 63 CESL-D etabliert den Grundsatz des favor negotii.1180 Die Verfasser der Vorläuferregelungen in Art. II.-8:106 DCFR1181 und Art. 5:106 PECL1182 legitimierten dies damit, dass diese Regel auch in vielen EU-Rechtsordnungen gilt1183 und dass die Parteien als vernünftige Personen, die wollten, dass ihr Vertrag wirksam ist, zu behandeln seien.1184 Art. 63 CESL-D Vorrang wirksamkeitsorientierter Auslegung / Preference for interpretation which gives contract terms effect / Préférence pour une interprétation qui donne effet aux clauses contractuelles Deutsch Eine Auslegung, nach der Vertragsbestimmungen wirksam sind, hat Vorrang vor einer Auslegung, nach der das nicht der Fall ist.
Englisch An interpretation which renders the contract terms effective prevails over one which does not.
Französisch Une interprétation qui donne effet aux clauses contractuelles prévaut sur une interprétation qui les prive d’effet.
cc) Art. 61 CESL-D: Abweichende Sprachfassungen Art. 61 CESL-D erklärt für den Fall, dass zwei oder mehr Sprachfassungen divergieren und keine als maßgebend bezeichnet ist, die ursprünglichen Sprachfassung für maßgebend.1185 Die Begründung zu den Vorläuferregelungen in 1180
Vgl. Looschelders AcP 212 (2012) 581, 644. Art. II.-8:106 DCFR: Preference for interpretation which gives terms effect. An interpretation which renders the terms of the contract lawful, or effective, is to be preferred to one which would not. (Vorrang wirksamkeitsorientierter Auslegung. Eine Auslegung, nach der die Vertragsbestimmungen rechtmäßig oder wirksam sind, ist gegenüber einer solchen, nach der dies nicht der Fall wäre, vorzuziehen.). 1182 Art. 5:106 PECL: Wirksamkeitsorientierte Auslegung. Eine Auslegung, nach der die Vertragsbestimmungen rechtmäßig oder wirksam sind, hat Vorrang gegenüber einer solchen, nach der das nicht der Fall ist. 1183 Vgl. zu den funktionell vergleichbaren Auslegungsmaximen der Rationalitätsvermutung und des gesetzeskonformen Verhaltens im deutschen Recht oben C. II.1. b); zur favor negotiiRegel in Art. 1157 C. civ. oben C. II.2. a) bb); zum reasonable person-Standard im englischen Recht oben C. II.3. a), C. II.3. b), speziell zum favor negotii auch bereits: Langston v Langston (1834) 2 Cl & Fin 194 at 243 per Lord Brougham: „… that you should rather lean towards that construction which preserves, than towards that which destroys. Ut res magis valeat quam pereat is a rule of common law and common sense“ („… dass man eher zu der Auslegung tendieren sollte, die erhält, als zu derjenigen, die zerstört. Ut res magis valeat quam pereat ist eine Regel des common law und des gesunden Menschenverstands“). 1184 Vgl. Art. II.-8:106 DCFR Comments and Notes; Art. 5:106 PECL Kommentar und Anmerkungen; s. ferner auch Muthorst, Contract Interpretation under the German BGB and under the DCFR, in: Heiderhoff/Żmij (eds.), Interpretation in Polish, German and European Private Law, 2011, S. 47, 56 f. 1185 Vgl. dazu Looschelders AcP 212 (2012) 581, 646. 1181
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C. Angebot
Art. II.-8:107 DCFR1186 und Art. 5:107 PECL1187 führten aus, dass dies eine vernünftige Lösung darstelle, da es wahrscheinlich sei, dass die ursprüngliche Fassung den gemeinsamen Willen der Parteien am besten zum Ausdruck bringt.1188 Art. 61 CESL-D Abweichende Sprachfassungen / Language discrepancies / Divergences linguistiques Deutsch Wird ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachfassungen abgefasst, von denen keine als maßgebend bezeichnet ist, so gilt bei einer Abweichung zwischen den Sprachfassungen die Sprachfassung als maßgebend, in der der Vertrag ursprünglich abgefasst worden ist.
Englisch Where a contract document is in two or more language versions none of which is stated to be authoritative and where there is a discrepancy between the versions, the version in which the contract was originally drawn up is to be treated as the authoritative one.
Französisch En cas de divergences entre les différentes versions linguistiques d’un contrat dont aucune n’est déclarée faire foi, la version rédigée en premier est considérée comme faisant foi.
dd) Besonderheiten bei Verbraucherverträgen bzw. nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen (Art. 62, 64, 65 CESL-D) Art. 62, 64 und 65 CESL-D beinhalten spezielle Auslegungsregeln in Bezug auf Verbraucherverträge bzw. nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen. (1) Art. 62 CESL-D: Vorrang der Individualabrede Art. 62 CESL-D postuliert insofern zunächst den Vorrang individuell ausgehandelter Vertragsbestimmungen.1189 In den Begründungen zu den Vorläufer1186
Art. 8:107 DCFR: Linguistic discrepancies Where a contract document is in two or more language versions none of which is stated to be authoritative, there is, in case of discrepancy between the versions, a preference for the interpretation according to the version in which the contract was originally drawn up. (Abweichende Sprachfassungen Wird ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen abgefasst, von denen keine als maßgeblich bezeichnet ist, so wird, falls die Fassungen voneinander abweichen, die Auslegung nach derjenigen Fassung bevorzugt, in der der Vertrag ursprünglich abgefasst worden war.). 1187 Art. 5:107 PECL: Abweichende Sprachfassungen Wird ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen abgefasst, von denen keine als maßgeblich bezeichnet ist, so wird, falls die Fassungen voneinander abweichen, die Auslegung nach derjenigen Fassung bevorzugt, in der der Vertrag ursprünglich abgefasst worden war. 1188 Vgl. Art. II.-8:107 DCFR Comments; Art. 5:107 PECL Kommentar. 1189 Vgl. dazu Looschelders AcP 212 (2012) 581, 643 f.
167
II. Exkurs: Auslegung
regelungen in Art. II.-8:104 DCFR1190 und Art. 5:104 PECL1191 heißt es, dass diese Regel (die in einigen Rechtsordnungen generell, in anderen nur für Verbraucherverträge gilt) Sinn mache, weil es vernünftig sei anzunehmen, dass eine individuell ausgehandelte Regelung in einem ansonsten aus Standardklauseln bestehenden Vertrag den gemeinsamen Willen der Parteien zum Ausdruck bringt.1192 Art. 62 CESL-D Vorrang individuell ausgehandelter Vertragsbestimmungen / Preference for individually negotiated contract terms / Préférence pour les clauses contractuelles négociées Deutsch Soweit ein Widerspruch besteht, haben individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen Vorrang vor solchen, die im Sinne von Artikel 7 nicht individuell ausgehandelt worden sind.
Englisch To the extent that there is an inconsistency, contract terms which have been individually negotiated prevail over those which have not been individually negotiated within the meaning of Article 7.
Französisch Dans la mesure où une divergence existe, les clauses contractuelles qui ont fait l’objet d’une négociation individuelle prévalent sur celles qui n’ont pas fait l’objet d’une négociation au sens de l’article 7.
(2) Art. 64 CESL-D: in dubio pro consumptore Art. 64 CESL-D bestimmt, dass Verbraucherverträge im Zweifel zugunsten des Verbrauchers auszulegen sind („in dubio pro consumptore“). 1193 Art. II.8:103(2) DCFR1194 hatte weitergehend noch eine Auslegung zu Lasten der 1190 Art. II.-8:104 DCFR: Preference for negotiated terms Terms which have been negotiated take preference over those which have not. (Vorrang von ausgehandelten Bestimmungen Ausgehandelte Bestimmungen haben Vorrang vor solchen, die nicht ausgehandelt worden sind.). 1191 Art. 5:104 PECL: Vorrang von ausgehandelten Bestimmungen Individuell ausgehandelte Bestimmungen haben Vorrang vor solchen, die nicht individuell ausgehandelt worden sind. 1192 Vgl. Art. II.-8:104 DCFR Comments. 1193 Näher zu Art. 64, 65 CESL-D: Looschelders AcP 212 (2012) 581, 644 ff.; Mansel WM 2012, 1309, 1317; Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 220 ff. 1194 Art. II.-8:103 DCFR: Interpretation against supplier of term or dominant party (1) Where there is doubt about the meaning of a term not individually negotiated, an interpretation of the term against the party who supplied it is to be preferred. (2) Where there is doubt about the meaning of any other term, and that term has been established under the dominant influence of one party, an interpretation of the term against that party is to be preferred. (Auslegung zu Lasten des Verwenders einer Bedingung oder die dominierende Partei. (1) Wenn Zweifel über die Bedeutung einer nicht individuell ausgehandelten Bedingung bestehen, wird eine Auslegung der Bedingung zu Lasten der Partei bevorzugt, welche die Bedingung verwandt hat.
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C. Angebot
„dominant party“ („dominierenden Partei“) vorgesehen.1195 Im Rahmen der Vorarbeiten zum CESL-D entschied man sich dann jedoch für eine Auslegungsregel zugunsten des Verbrauchers auf der Basis des bestehenden acquis; als Vorbild wurde speziell auf Art. 5 S. 2 Klausel-RL1196 verwiesen.1197 Art. 64 CESL-D Auslegung zugunsten des Verbrauchers / Interpretation in favour of consumers / Interprétation favorable au consommateur Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Wenn Zweifel über die (1) Where there is doubt (1) En cas de doute sur le Bedeutung einer Verabout the meaning of a sens d’une clause figutragsbestimmung in eicontract term in a conrant dans un contrat nem Vertrag zwischen tract between a trader conclu entre un profeseinem Unternehmer and a consumer, the insionnel et un consomund einem Verbraucher terpretation most famateur, l’interprétation besteht, gilt die für den vourable to the conla plus favorable au conVerbraucher günstigste sumer shall prevail unsommateur prévaut, à Auslegung, es sei denn, less the term was moins que la clause n’ait die Bestimmung wurde supplied by the conété proposée par ce dervom Verbraucher gesumer. nier. stellt. (2) Die Parteien dürfen die (2) The parties may not, to (2) Les parties ne peuvent, Anwendung dieses Arthe detriment of the au détriment du contikels nicht zum Nachconsumer, exclude the sommateur, exclure l’apteil des Verbrauchers application of this Arplication du présent artiausschließen, davon abticle or derogate from cle ni déroger à ses effets weichen oder dessen or vary its effects. ou les modifier. Wirkungen abändern.
(3) Art. 65 CESL-D: contra proferentem-Regel Für nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen in Nichtverbraucherverträgen etabliert Art. 65 CESL-D eine contra proferentem-Regel.1198 Die Begründungen zu den Vorläuferregelungen in Art. II.-8:103(1) DCFR1199 und (2) 1195 Wenn Zweifel über die Bedeutung einer anderen Bedingung bestehen, und diese Bedingung unter dem dominierenden Einfluss einer Partei aufgestellt wurde, wird eine Auslegung der Bedingung zu Lasten dieser Partei bevorzugt.). 1195 Vgl. dazu Art. II.-8:103 DCFR Comments. 1196 Fn. 237. 1197 Vgl. Synthesis of the Second Meeting (Fn. 822), S. 3; Synthesis of the third expert group’s meeting, 22-23 July 2010 (abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice/contract/files/ third-meeting_en.pdf), S. 3. 1198 Näher zu Art. 64, 65 CESL-D: Looschelders AcP 212 (2012) 581, 644 ff.; Mansel WM 2012, 1309, 1317; Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 220 ff. 1199 Fn. 1194.
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II. Exkurs: Auslegung
Art. 5:103 PECL1200 führten dazu aus, dass diese Regel in vielen nationalen Rechtsordnungen und internationalen Instrumenten anerkannt ist und auf dem Gedanken beruhe, dass die Partei, die eine Klausel abgefasst hat, regelmäßig das Risiko etwaiger Formulierungsmängel tragen müsse.1201 Art. 65 CESL-D Auslegungsregeln bei gestellten Vertragsbestimmungen / Interpretation against supplier of a contract term / Interprétation contra proferentem Deutsch Wenn in einem Vertrag, der nicht unter Artikel 64 fällt, Zweifel an der Bedeutung einer nicht individuell ausgehandelten Vertragsbestimmung im Sinne von Artikel 7 besteht, so hat eine Auslegung der Bestimmung zu Lasten der Partei, die die Bestimmung gestellt hat, Vorrang.
Englisch Where, in a contract which does not fall under Article 64, there is doubt about the meaning of a contract term which has not been individually negotiated within the meaning of Article 7, an interpretation of the term against the party who supplied it shall prevail.
Französisch Dans un contrat qui ne relève pas de l’article 64, en cas de doute sur le sens d’une clause qui n’a pas fait l’objet d’une négociation individuelle au sens de l’article 7, celle-ci s’interprète en défaveur de la partie qui l’a proposée.
e) Ergänzende Vertragsauslegung (Art. 68 CESL-D) Gem. Art. 68 CESL-D ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung möglich. Art. 68 CESL-D Vertragsbestimmungen, die herangezogen werden können / Contract terms which may be implied / Clauses contractuelles implicites susceptibles d’être ajoutées Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Wenn dies für Belange, (1) Where it is necessary to (1) Lorsqu’il est nécessaire die nicht ausdrücklich provide for a matter de régler une question durch die Vereinbarung which is not explicitly qui n’est pas expresséder Parteien, durch Geregulated by the agreement régie par la conbräuche, Gepflogenheiment of the parties, any vention des parties ni ten oder Vorschriften usage or practice or any par un usage, une pratides Gemeinsamen Eurorule of the Common que ou une disposition päischen Kaufrechts geEuropean Sales Law, du droit commun euro1200 Art. 5:103 PECL: Contra Proferentem-Regel Wenn Zweifel über die Bedeutung einer nicht individuell ausgehandelten Vertragsbedingung bestehen, wird eine Auslegung der Bedingung zu Lasten der Partei bevorzugt, welche die Bedingung verwandt hat. 1201 Vgl. Art. II.-8:103 DCFR Comments; Art. 5:103 PECL Kommentar. Ausf. rechtsvergleichend zur contra proferentem-Regel: Kosche, Contra proferentem und das Transparenzgebot im Common Law und Civil Law, 2011.
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C. Angebot
Art. 68 CESL-D Vertragsbestimmungen, die herangezogen werden können / Contract terms which may be implied / Clauses contractuelles implicites susceptibles d’être ajoutées Deutsch
Englisch
Französisch
regelt sind, notwendig ist, kann eine zusätzliche Vertragsbestim- mung herangezogen werden, insbesondere im Hinblick auf:
an additional contract term may be implied, having regard in particular to:
péen de la vente, une clause contractuelle implicite peut être déduite, compte tenu, en particulier:
(a) die Natur und den Zweck des Vertrags,
(a) the nature and purpose of the contract;
(a) de la nature et de l’objet du contrat;
(b) die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, und (c) das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs.
(b)the circumstances in which the contract was concluded; and (c) good faith and fair dealing.
(b)des circonstances qui ont entouré la conclusion du contrat; et (c) du principe de bonne foi et de loyauté.
(2) Jede im Sinne von Ab- (2) Any contract term im- (2) Toute clause contracsatz 1 herangezogene plied under paragraph tuelle implicite déduite Vertragsbestimmung 1 is, as far as possible, en vertu du paragraphe 1 sollte, soweit möglich, to be such as to give efdoit, dans la mesure du so beschaffen sein, dass fect to what the parties possible, être de nature à sie verwirklicht, was die would probably have donner effet à ce dont les Parteien wahrscheinlich agreed, had they proparties seraient probavereinbart hätten, wenn vided for the matter. blement convenues si elsie die betreffenden Beles avaient pourvu à la lange geregelt hätten. question. (3) Absatz 1 findet keine (3) Paragraph 1 does not (3) Le paragraphe 1 ne s’apAnwendung, wenn die apply if the parties plique pas lorsque les Parteien willentlich have deliberately left a parties ont délibérément keine Regelung zu einer matter unregulated, acomis de régler une quesbestimmten Frage gecepting that one or tion en acceptant que troffen und akzeptiert other party would bear l’une ou l’autre partie en haben, dass die eine the risk. supporte le risque. oder andere Partei das Risiko trägt.
II. Exkurs: Auslegung
171
Die deutsche Sprachfassung ist hier freilich etwas unglücklich formuliert, was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass die Vorschrift – ebenso wie die Vorläuferregelungen der Art. II.-9:101(2) – (4) DCFR1202, 1203 und Art. 6:102 PECL1204, 1205 konzeptionell an das englische Rechtsinstitut der implied terms angelehnt ist1206. Der Sache nach geht es aber um genau das, was im deutschen Recht als ergänzende Vertragsauslegung bezeichnet wird.1207 Zulässig ist sie aber freilich – wie Abs. 3 ausdrücklich klarstellt – nur im Falle von „planwidrigen Lücken“, sie scheidet also aus, wenn die Parteien einen bestimmten Punkt bewusst nicht geregelt haben. Zur Lückenfüllung herangezogen werden können nach Abs. 1 insbesondere die Natur und der Zweck des Vertrags (lit. a), die Umstände des Ver1202 Art. II.-9:101 DCFR: Terms of the Contract (1) … (2) Where it is necessary to provide for a matter which the parties have not foreseen or provided for, a court may imply an additional term, having regard in particular to: (a) the nature and purpose of the contract; (b) the circumstances in which the contract was concluded; (c) the requirements of good faith and fair dealing. (3) Any term implied under paragraph (2) should, where possible, be such as to give effect to what the parties, had they provided for the matter, would probably have agreed. (4) Paragraph (2) does not apply if the parties have deliberately left a matter unprovided for, accepting the consequences of so doing. (Vertragsbestimmungen (1) … (2) Wenn dies für Belange, welche die Parteien nicht vorhergesehen oder einer Regelung zugeführt haben, notwendig ist, kann ein Gericht einen zusätzliche Vertragsbestimmung implizieren, wobei insbesondere zu berücksichtigen sind: (a) die Natur und der Zweck des Vertrags; (b) die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde; (c) das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs. (2) Jede gemäß Absatz 2 herangezogene Vertragsbestimmung sollte, soweit möglich, so beschaffen sein, dass sie verwirklicht, was die Parteien wahrscheinlich vereinbart hätten, wenn sie die betreffenden Belange geregelt hätten. (3) Absatz 2 findet keine Anwendung, wenn die Parteien willentlich keine Regelung zu einer bestimmten Frage getroffen und die hieraus resultierenden Konsequenzen akzeptiert haben.) 1203 Vgl. zur Anlehnung des Art. II.-9:101 DCFR an die englische Konzeption der implied terms: Art. II.-9:101 DCFR Note II.8. 1204 Art. 6:102 PECL: Stillschweigende Bestimmungen Neben ausdrücklich vereinbarten kann ein Vertrag auch stillschweigende Bestimmungen enthalten, die sich ergeben aus: (1) dem Willen der Parteien (2) der Natur und dem Zweck des Vertrages; (3) den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs. 1205 Vgl. zur Anlehnung des Art. 6:102 PECL an die englische Konzeption der implied terms: Art. 6:201 PECL Anmerkung 1. 1206 Vgl. bereits oben C. II.4. a) mit den Nachweisen in Fn. 1147. 1207 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 641; Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 231; s. weiter in Bezug auf Art. II.-9:101 DCFR auch Art. II.-9:101 DCFR Note II.9; in Bezug auf Art. 6:102 PECL auch Art. 6:102 PECL Anmerkung 1.
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C. Angebot
tragsschlusses (lit. b) sowie die Gebote von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs (lit. c). Nach Abs. 2 soll im Rahmen der Lückenfüllung soweit wie möglich dem hypothetischen Parteiwillen Rechnung getragen werden. f) Zwischenresümee Insgesamt folgt der CESL-D damit ganz bewusst und explizit einer kombiniert subjektiv-objektiven Auslegungsmethode, die konzeptionell auf dem Primat des gemeinsamen Parteiwillens beruht (und daher auch mit Fällen der falsa demonstratio keine Schwierigkeiten hat), sofern sich ein solcher nicht feststellen lässt, aber auf das Verständnis einer „vernünftigen Person“ abstellt und im Rahmen der Auslegung sämtliche relevanten Umstände (einschließlich des vor- und nachvertraglichen Parteiverhaltens) berücksichtigt.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Die konzeptionelleN und rechtstechnischen Ausgangspunkte der hier untersuchten drei Rechtsordnungen und des CESL-D sind auf den ersten Blick sehr unterschiedlich: Streng subjektiv im französischen Recht, streng objektiv im englischen Recht, explizit dialektisch subjektiv-objektiv im deutschen Recht. Bei näherer Analyse und speziell unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung in den drei nationalen Rechtsordnungen zeigt sich jedoch, dass sie in ihren praktischen Ergebnissen weitgehend konvergieren1208: Auch im französischen Recht fließen in der Praxis in erheblichem Umfang auch objektive Elemente in die Auslegung mit ein, während andererseits auch das englische Recht im Rahmen des modernen purposive approach die Gesamtumstände berücksichtigt und nicht länger am traditionellen literal approach verhaftet ist. Speziell in zwei Punkten divergiert das englische Recht aber nach wie vor markant vom deutschen und französischen: Einerseits in Bezug auf die (zumindest grundsätzliche) Ablehnung der Berücksichtigung vor- und nachvertraglichen Parteiverhaltens, andererseits im Hinblick auf die Behandlung der typischen Fälle der falsa demonstratio. Der CESL-D versucht ersichtlich eine Synthese der verschiedenen Ansätze der nationalen EU-Rechtsordnungen mit dem Ziel der „bestmöglichen“ Lösung. Prinzipiell erscheint dies mit dem offen kombiniert subjektiv-objektiven Ansatz auch gelungen. Begrüßenswert ist insbesondere, dass der Katalog der auslegungserheblichen Umstände ausdrücklich nicht abschließend ist und zu1208
Vgl. zur praktischen Konvergenz der Auslegungsmethoden etwa auch Barnes (2008) 83 Tul. L. Rev. 359, 390 ff.; Fauvarque-Cosson RDC 2007, 481, 482 ff.; Valcke (2008) 16 ERPL 29, 62; Vogenauer (Fn. 1049), S. 22; in Bezug auf das deutsche und französische Recht auch bereits Rieg (Fn. 1041), n° 419.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
173
dem – anders als im englischen Recht – auch vor- und nachvertragliches Verhalten grundsätzlich berücksichtigt werden kann. Insoweit erscheint es in der Tat vorzugswürdig, es dem Gericht zu überlassen, welche Bedeutung es vorund nachvertraglichem Parteiverhalten im konkreten Einzelfall beimisst, statt seine Berücksichtigung generell auszuschließen1209 (zumal die exclusionary rule – wie dargestellt – auch in England zu Recht zunehmend kritisiert wird). Sinnvoll und wohlausgewogen erscheinen schließlich prinzipiell auch die speziellen Auslegungsregeln in Art. 60 ff. CESL-D: Art. 60 und 62–65 CESL-D inkorporieren Auslegungsmaximen, die heute in den allermeisten EU-Rechtsordnungen Allgemeingut bzw. inzwischen Teil des acquis communautaire sind und die Sprachenregel des Art. 61 CESL-D erscheint im grenzüberschreitenden Kontext des CESL-D als schon fast unabdingbare (und auch inhaltlich durchdachte) Ergänzung.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille Eine der wesentlichen Grundfragen, die sich in allen Rechtsordnungen stellt, ist die Abgrenzung des Angebots von (unverbindlichen) Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen. Insofern lässt sich im Wesentlichen zwischen zwei Kategorien differenzieren: (1) Äußerungen, die von vornherein lediglich auf das Zustandekommen von außerrechtlichen Arrangements gerichtet sind (dazu unten C. III.1.), und (2) Äußerungen, die zwar an sich letztlich auf einen Vertragsschluss abzielen, aber zunächst nur eine allgemeine Vertragsbereitschaft zum Ausdruck bringen bzw. eine „Einladung“ an den Erklärungsgegner darstellen, seinerseits ein Angebot (mit Rechtsbindungswillen) abzugeben (sog. invitationes ad offerendum) (dazu unten C. III.2.).
1209
Ebenso in Bezug auf den DCFR auch bereits Panek (Fn. 1005), S. 61, 73 ff.; Maultzsch GPR 2011, 114, 119; differenzierend nun jedoch Maultzsch (Fn. 1005), S. 202, 220 (angemessen bei Unternehmer-Verbraucher-Verträgen, bei schriftlichen Verträgen im unternehmerischen Verkehr sei dagegen die exclusionary rule vorzugswürdig); in Bezug auf das englische Recht: McMeel (2003) 119 LQR 272, 296. Gegen eine Berücksichtigung vorausgegangener Verhandlungen und für eine Streichung der entsprechenden Passage in Art. 59 lit. a CESL-D jedoch ELI, Statement of the European Law Institute on the Proposal for a Regulation on a Common European Sales Law, COM(2011) 635 final, 2012, S. 210 f.
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C. Angebot
1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen a) Deutsches Recht Im deutschen Recht wird die Problematik der Abgrenzung von Vertragsangeboten zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen gewöhnlich unter dem Stichwort der „Gefälligkeitsverhältnisse“1210 behandelt. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Vertrag und (außerrechtlicher) Gefälligkeit ist nach heute ganz h.M., ob eine Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls ergibt, dass mit Rechtsbindungswillen gehandelt wurde.1211 Maßgeblich ist insofern, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste.1212 Dies ist anhand objektiver Kriterien auf Grund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Inte-
1210 Vgl. dazu Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 79 ff.; ders. (Fn. 202), Rn. 674; Brox/Walker (Fn. 959), § 2 Rn. 27 ff.; Gehrlein VersR 2000, 415 ff.; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7 ff.; Grunewald, Bürgerliches Recht, 8. Aufl. 2009, § 4 Rn. 1 ff.; Hammen FS 400 Jahre Universität Gießen, 2007, S. 435 ff.; Kost, Die Gefälligkeit im Privatrecht, 1973; Krämer FS Kreft, 2004, S. 79 ff.; Maier JuS 2001, 746 ff.; Mansel (Fn. 864), § 241 Rn. 23 ff.; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 72 ff.; Plander AcP 176 (1976) 425, 438 ff.; Reuss AcP 154 (1954) 485, 490 ff.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 15 ff.; BeckOK-BGB/Sutschet, Ed. 25/2012, § 241 Rn. 18 ff.; Erman/H. P. Westermann, BGB, 13. Aufl. 2011, Einl. §§ 241 ff. BGB Rn. 14 ff.; Willoweit, Abgrenzung und rechtliche Relevanz nicht rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen, 1969; ders. JuS 1984, 909 ff.; ders. JuS 1986, 96 ff. 1211 Vgl. BGH NJW 1956, 1313; BGH NJW 1971, 1404, 1405; BGH NJW 1985, 313; BGH NJW 1992, 498; BGH NJW 1995, 3389; BGH NJW 1996, 1889; BGH NJW-RR 2006, 117, 120; BGH NJW 2009, 1141, 1142; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 80 f.; ders. (Fn. 202), Rn. 677; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7; Krämer FS Kreft, 2004, S. 79, 80 f.; Mansel (Fn. 864), § 241 Rn. 24; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 79 f.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 17; Sutschet (Fn. 1210), § 241 Rn. 18; H. P. Westermann (Fn. 1210), Einl. §§ 241 ff. BGB Rn. 14. Kritisch (Rechtsbindungswille sei eine reine Fiktion) und für einen objektiven Ansatz (wonach prinzipiell nur Vermögensinteressen Objekt rechtlicher Bindung sein können) plädierend jedoch etwa Flume (Fn. 19), § 7, 3 ff. (S. 83 ff.); kritisch ferner etwa auch Hepting FS 600 Jahre Universität Köln, 1988, S. 209, 229 ff.; Plander AcP 176 (1976) 425, 440 ff. Näher zu diesem objektiven Ansatz sowie zum subjektiven Ansatz der h.M.: Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 77 ff. m.z.w.N. Näher zu den historischen Hintergründen: Scherer-Buchmeier, Die Abgrenzung des Rechtsgeschäfts von der nicht rechtgeschäftlichen Vereinbarung unter besonderer Berücksichtigung der Diskussion im 19. Jahrhundert, 1990. 1212 Vgl. BGH NJW 1956, 1313; BGH NJW 1971, 1404, 1405; BGH NJW 1985, 313; BGH NJW 1992, 498; BGH NJW 1995, 3389; BGH NJW 1996, 1889; BGH NJW-RR 2006, 117, 120; BGH NJW 2009, 1141, 1142; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 81; ders. (Fn. 202), Rn. 677; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7; Krämer FS Kreft, 2004, S. 79, 80 f.; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 81; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 17; Sutschet (Fn. 1210), § 241 Rn. 18; H. P. Westermann (Fn. 1210), Einl. §§ 241 ff. BGB Rn. 14.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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ressenlage der Parteien heranzuziehen sind.1213 Hierzu hat sich inzwischen eine reichhaltige Kasuistik herausgebildet.1214 Vielfach beschäftigt haben Gerichte und Literatur etwa insbesondere die Mitnahme einer anderen Person im Kfz bzw. die Fahrt mit fremden Kfz (sog. „Gefälligkeitsfahrt“1215). Ein Rechtsbindungswille wird hier regelmäßig verneint.1216 Anders kann es jedoch liegen, wenn erkennbar ein dringendes bzw. erhebliches Interesse an der Fahrt besteht1217 oder im Falle einer regelmäßigen Fahrgemeinschaft mit Unkostenbeteiligung1218. Ähnlich behandelt wird auch die Mitnahme in einem Sportflugzeug1219 oder einem Heißluftballon1220. Umfangreiche Judikatur gibt es weiterhin insbesondere in Bezug auf die Erteilung von Auskünften. Nach st. Rspr. ist hier regelmäßig ein stillschweigen1213 Vgl. BGH NJW 1956, 1313; BGH NJW 1971, 1404, 1405; BGH NJW 1992, 498; BGH NJW 1995, 3389; BGH NJW 1996, 1889 f.; BGH NJW-RR 2006, 117, 120; BGH NJW 2009, 1141, 1142; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 81; ders. (Fn. 202), Rn. 677; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7; Mansel (Fn. 864), § 241 Rn. 24; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 85 ff.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 17; Sutschet (Fn. 1210), § 241 Rn. 18; Weimar MDR 1979, 374 ff.; H. P. Westermann (Fn. 1210), Einl. §§ 241 ff. BGB Rn. 14. 1214 Vgl. auch die Übersichten bei Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 82; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 9; Mansel (Fn. 864), § 241 Rn. 24; Sutschet (Fn. 1210), § 241 Rn. 19 ff.; H. P. Westermann (Fn. 1210), Einl. §§ 241 ff. BGB Rn. 15 f.; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 87. 1215 Vgl. dazu etwa Böhmer JR 1957, 338 f.; Diebold ZfS 2011, 363 ff.; Hirte/Heber JuS 2002, 241 ff.; Mersson DAR 1993, 87 ff.; Wessel VersR 2011, 569 ff.; Willoweit JuS 1986, 96, 104 f. 1216 Vgl. BGH VRS 65, 178 (Mitnahme im Pkw zu Geburtstagsfeier und zurück); BGH NJW 1992, 498 (Heimfahrt einer Kollegin, die sich aus Trauer über den Tod ihres Großvaters nicht mehr arbeitsfähig fühlte [obgleich für regelmäßige Hin- und Rückfahrt zur Arbeitsstelle eine – als vertragliche – qualifizierte Fahrgemeinschaft bestand]); BGH NJW 2010, 3087 (Überlassung eines Rollers zwecks Probefahrt); OLG Celle NZV 1993, 187 (Mann bat Lebensgefährtin, seinen Pkw nach Hause zu fahren, weil er an einer Betriebsfeier teilnehmen wollte); OLG Hamm NJW-RR 1998, 1179 (Mitnahme zu Silvesterfeier); ThürOLG OLG-NL 1999, 153 (Gemeinsame Heimfahrt zweier Zeitsoldaten in die Heimatregion); OLG Frankfurt a.M. NJW 2006, 1004 (Hin- und Rücktransport von Burschen zu einer Maifeier); OLG Hamm NZV 2008, 204 (Mitnahme im Anhänger einer Zugmaschine im Rahmen eines Junggesellenabschieds); LG Düsseldorf NJW 1968, 2379 (gemeinsame Rückfahrt zweier befreundeter Soldaten zur Kaserne); LG Karlsruhe VersR 1981, 143 (Mitnahme von Nachbarkindern im Pkw). 1217 Vgl. BGH NJW 1956, 1313, 1314 (Zurverfügungstellung eines Lkw-Fahrers nach Todesfall); OLG Koblenz r+s 2012, 19 (Überlassung eines Lkw zum Transport von geerntetem Getreide zu dem einen Agrarhandel betreibenden Überlasser); vgl. ferner auch allg. BGH NJW 1992, 498. 1218 Vgl. BGH NJW 1992, 498, 499 (Fahrgemeinschaft zur Arbeitsstätte und zurück mit Unkostenbeteiligung); OLG Köln VersR 2004, 189 (Fahrgemeinschaft zwischen drei Bediensteten eines Bundesministeriums für Fahrten zwischen Dienststelle und Wohnort mit wöchentlicher Abwechslung der Fahrer). Vgl. zur Fahrgemeinschaft auch Köhler NZV 2011, 105 f. 1219 BGH NJW 1980, 587 (bloße Gefälligkeit). 1220 Vgl. OLG Karlsruhe NZV 1990, 270 (Rechtsbindungswille bejaht bei Mitnahme im Rahmen eines „Ballonclubs“ mit Kostenbeteiligung); OLG München NJW-RR 1991, 420 (Rechtsbindungswille bejaht bei Mitnahme in unmittelbarem Zusammenhang mit Finanzierung des Ballons und der Tauffeier durch Firma, bei der die beförderte Person tätig war; anders noch die Vorinstanz LG München II ZfS 1988, 164: bloße Gefälligkeit).
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der Abschluss eines Auskunftsvertrags anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will; dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Auskunftgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder bei ihm ein eigenes wirtschaftliches Interesse im Spiel ist.1221 Bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war außerdem etwa auch die Beaufsichtigung von Kindern; insofern kommt es maßgeblich auf die Gegebenheiten des Einzelfalls an, speziell auf Dauer und Umstände der Übernahme der Aufsicht.1222 Als bloße außerrechtliche „Gefälligkeit“ bzw. „Abrede“ qualifiziert wurde von der Rechtsprechung weiterhin etwa: – Absprachen bezüglich der Empfängnisverhütung1223 oder der sonstigen Familienplanung1224; – Mitaufnahme von Verwandten1225 oder eines nichtehelichen Lebenspartners1226 in die Wohnung; – Einladung zu einer Treibjagd1227; – unentgeltliche Überlassung einer Gebirgsferienhütte an den Sohn und dessen Verlobte1228; 1221 Vgl. BGH NJW 1953, 60 (Auskunft eines Wirtschaftstreuhänders; Vertrag bejaht); BGH NJW 1970, 1737 (Auskunft einer Bank; Rechtsverbindlichkeit offengelassen); BGH NJW 1979, 1449 (Vermittlung von Kapitalanlagen; Vertrag bejaht); BGH NJW 1987, 1815 (Anlageberatung durch Sparkasse; Vertrag bejaht); BGH NJW 1992, 2080, 2081 (Beiziehung eines Steuerberaters zu Vertragsverhandlungen; Auskunftsvertrag mit Gegenpartei verneint); BGH NJW 1992, 3167, 3168 (Auskunft eines Aktionärs an einen Dritten, der ebenfalls beabsichtigte, Aktien aus einer Kapitalerhöhung zu zeichnen; Vertrag verneint); BGH NJW 2004, 3630 (Auskunftserteilung eines Anwalts über Risiken der Kautionsstellung an den Kautionssteller; Vertrag bejaht); BGH NJW 2007, 1362, 1363 (Anlagevermittlung; Vertrag bejaht); BGH NJW 2009, 1141, 1142 (telefonische Auskunft eines Steuerberaters; Vertrag bejaht). 1222 Vgl. BGH NJW 1968, 1874 (gemeinsame Beaufsichtigung von eigenen Kindern und Nachbarkindern als bloße Gefälligkeit); BSG Breith 1978, 827 (kurzzeitige Beaufsichtigung durch eine Verwandte, während die Eltern einen Fernsehturm besichtigen, als bloße Gefälligkeit); BGH VersR 1996, 81 (kurzzeitige Beaufsichtigung durch eine als Hauswirtschaftspraktikantin bei der Familie tätige 18jährige als bloße Gefälligkeit); OLG Celle NJW-RR 1987, 1384 (Rechtsbindungswille bejaht bei Einladung zu Kindergeburtstag); BFH HFR 1999, 180 (Rechtsbindungswille bejaht bei täglicher Beaufsichtigung eines Kindes durch die Großmutter unter Erstattung von Taxikosten); LG Oldenburg v. 10.1.2007 – 5 O 1003/06 (juris) (Übernahme der Aufsicht für kurze Dauer durch erwachsenen Familienangehörigen als bloße Gefälligkeit); OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 239 (Aufsicht über Nachbarkind als bloße Gefälligkeit). 1223 BGH NJW 1986, 2043. Vgl. dazu Fehn JuS 1988, 602 f.; Looschelders JURA 2000, 169 ff. 1224 Vgl. BGH NJW 1976, 1790 (Sterilisation); BGH NJW 1983, 2073 (heterologe Insemination); BGH NJW 2001, 1789, 1790 (homologe In-vitro-Fertilisation). 1225 Vgl. LG Osnabrück NdsRpfl 1947, 17; LG Köln MDR 1957, 41. 1226 BGH NJW 2008, 2333, 2335. 1227 RGZ 128, 39, 42. 1228 OLG München NJW-RR 1993, 215.
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– Überlassung einer Schulturnhalle für eine private Kindergeburtstagsfeier1229; – Mithilfe eines Studenten bei Umbauarbeiten im elterlichen Haus1230; – gelegentliches Bewegen eines Pferdes für einen Bekannten1231; – „Housesitting“ für einen Nachbarn1232 oder Verwandten1233; – „Tier-Sitting“ für einen Nachbarn1234; – Ablage von Bällen hinter der Theke eines Gastwirts1235; – Weiterfahren bedeutendes Winkzeichen im Straßenverkehr durch anderen Verkehrsteilnehmer1236; – Ausfüllen und Einreichen von Lottospielscheinen im Rahmen einer Tippgemeinschaft1237. Im Schrifttum werden als klassische Beispiele für bloße Gefälligkeitsverhältnisse weiterhin etwa genannt: eine Aufforderung zum Tanz1238, eine Einladung zum Essen1239 oder einer Party1240, die Beantwortung der Frage nach dem Weg1241. Bejaht wurde ein Rechtsbindungswille dagegen etwa in folgenden Fällen: – Starthilfegewährung bei leerer Autobatterie1242; – Verlegung von Bitumenschweißbahnen auf dem Flachdach eines Anbaus der Nachbarn der Eltern1243; – Architektenleistungen (vollständige Planung und Bauüberwachung) für das Wohnhaus einer Arbeitskollegin1244; – Tätigkeit einer spirituellen Heilerin1245; – Vereinbarung einer „Spielsperre“ durch Spielbank und Spieler1246;
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OLG Celle VersR 2006, 1085. HessLSG NZS 2012, 25. 1231 OLG Celle r+s 2011, 270. 1232 LG Hamburg VersR 1989, 468. 1233 OLG Koblenz NJW-RR 2002, 595 („House-Sitting“ und Reinigungsarbeiten durch die Mutter). 1234 LG Krefeld BeckRS 2011, 02868 (Katze); SG Duisburg BeckRS 2011, 77678 (Hund); AG Nürtingen NJOZ 2010, 1273 (Katzen). 1235 LG Hagen VersR 1952, 124. 1236 OLG Frankfurt a.M. NJW 1965, 1334. 1237 BGH NJW 1974, 1705 („Lottofall“). Kritisch dazu Kornblum JuS 1976, 571, 572 f.; Plander AcP 176 (1976) 425 ff. 1238 Vgl. Weimar MDR 1979, 374, 375. 1239 Vgl. Brox/Walker (Fn. 959), § 2 Rn. 27; Weimar MDR 1979, 374, 375. 1240 Vgl. Brox/Walker (Fn. 959), § 2 Rn. 27; Weimar MDR 1979, 374, 375. 1241 Vgl. Grunewald (Fn. 1210), § 4 Rn. 1; Weimar MDR 1979, 374, 376. 1242 AG Kaufbeuren NJW-RR 2002, 382. 1243 OLG Hamm NJW-RR 2001, 455. 1244 OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2011, 459. 1245 OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2011, 00353. 1246 BGH NJW 2006, 362; BGH NJW 2008, 840, 841; BGH NJW 2012, 48 f. 1230
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– Einlösung1247 oder Weiterleitung1248 eines Schecks über einen erheblichen Betrag; – Übernahme der Stellung eines Rentenantrags1249; – Überbringung von Geld nach Ostberlin und Holen von Kleidungsstücken von dort1250; – jahrelange unentgeltliche Verwaltung von umfangreichem Grundbesitz der Eltern durch den Sohn1251. Einen Sonderfall bildet das sog. gentlemen’s agreement1252, d.h. Abreden, bei denen der erstrebte Erfolg nach dem Willen der Parteien durch das Vertrauen auf das Wort des Partners oder mit Hilfe einer „Bindung durch den Anstand“ erreicht werden soll1253. Ungeachtet der Bezeichnung als gentlemen’s agreement ist aber auch hier stets durch Auslegung zu ermitteln, ob tatsächlich lediglich eine rechtlich unverbindliche Vereinbarung („Gefälligkeitsverhältnis“) oder ein Rechtsverhältnis (ggf. auch unter bloßem Ausschluss der Klagbarkeit des Anspruchs1254) gewollt war.1255 b) Französisches Recht Im französischen Recht stellt sich seit jeher in ganz ähnlicher Weise die Problematik der Abgrenzung von Verträgen und außerrechtlichen Vereinbarungen; Letztere werden dort als actes de complaisance [Gefälligkeitshandlungen] (bzw. teils auch als actes de courtoisie et de complaisance [Höflichkeits- und Gefälligkeitshandlungen]) bezeichnet, oder in Anlehnung an Carbonnier1256 manchmal auch schlicht als „non-droit“.1257 1247
OLG Schleswig NJW-RR 2010, 1720, 1721. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 622. 1249 OLG Nürnberg OLGZ 1967, 139. 1250 OLG Celle NJW 1965, 2348. 1251 LG Düsseldorf BeckRS 2009, 20861. 1252 Vgl. dazu näher Armbrüster (Fn. 223), Vorbem. §§ 145 ff. BGB Rn. 8; Bahntje, Gentlemen’s agreement und abgestimmtes Verhalten, 1982; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 3; Fötschl, Hilfeleistungsabreden und contrat d’assistance. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum französischen, deutschen, österreichischen und englischen Recht, 2005, S. 67 ff.; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 89 ff.; Reuss AcP 154 (1954) 485 ff.; Willoweit (Fn. 1210), S. 85 ff. 1253 Vgl. BGH MDR 1964, 570; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 89. 1254 Vgl. zu dieser Option Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 90; Reuss AcP 154 (1954) 485, 519 ff.; s. ferner zum gentlemen’s agreement als Geschäftsgrundlage: OLG Nürnberg NJW-RR 2001, 636, 637. 1255 Vgl. BGH MDR 1964, 570; BGH NJW 1986, 3131, 3132 f.; OLG Hamburg MDR 1953, 482; Armbrüster (Fn. 223), Vorbem. §§ 145 ff. BGB Rn. 8; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145– 156 Rn. 3; Grüneberg (Fn. 242), Einl v § 241 Rn. 7; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 90; Reuss AcP 154 (1954) 485, 521 ff.; Willoweit (Fn. 1210), S. 87 ff.; ders. NJW 1971, 2045, 2050; ders. JuS 1986, 96, 106; abw. jedoch etwa Bahntje (Fn. 1252), S. 198 ff.; Flume (Fn. 19), § 7, 7 (S. 92 ff.). 1256 Carbonnier, Flexible droit, 10e éd. 2001, S. 25 f., 37 f. 1257 Vgl. zum Ganzen näher Bénabent (Fn. 243), n° 14; Boyer (Fn. 899), n° 5 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177 ff.; Fötschl (Fn. 1252), S. 132 ff.; Ghestin (Fn. 1049), n° 10 ff.; Jourdain RTD 1248
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Entscheidendes Kriterium ist dabei auch im französischen Recht, ob die Auslegung1258 der fraglichen Vereinbarung ergibt, dass die Parteien mit Rechtsbindungswillen (animus contrahendi bzw. intention de contracter) gehandelt haben.1259 Im französischen Schrifttum finden sich dabei als klassische Beispiele für bloße actes de complaisance typischerweise ebenfalls die Einladung zum Essen1260 oder das von Pothier genannte1261 Beispiel des Vaters, der seinem Sohn eine Reise verspricht, wenn dieser seine Zeit im Studium gut nutzt1262. Jenseits dieser eindeutigen „klassischen“ Fälle hat sich in der französischen Rechtsprechung – ähnlich wie in Deutschland – ebenfalls eine reichhaltige Kasuistik entwickelt.1263 So hat etwa auch in Frankreich die Problematik der „Gefälligkeitsfahrt“ (transport bénévole) viel Aufmerksamkeit erfahren. Sie wird von der Rechtsprechung regelmäßig als bloßer acte de complaisance eingeordnet.1264 civ.1258 1994, 864 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 435 ff.; Perreau RTD civ. 194, 481 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 55 f.; Viandier JCP G 1980.I.2987. 1258 Vgl. zur Auslegung im französischen Recht näher oben C. II.2. 1259 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177; Fötschl (Fn. 1252), S. 132; Ghestin (Fn. 1049), n° 10; Jourdain RTD civ. 1994, 864, 865; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 435; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 55. 1260 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 14; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177; Ghestin (Fn. 1049), n° 10; Lambert-Faivre D. 1969, chron. 91, 93; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 436; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 55. 1261 Vgl. Pothier (Fn. 320), n° 3: „Par exemple lorsqu’un père promet à son fils qui étudie en Droit, de lui donner de quoi faire dans les vacances un voyage de recréation, en case qu’il employe bien son temps; il est évident que le père en faisant cette promesse, n’entend pas contracter envers son fils, un engagement proprement dit“ („Wenn zum Beispiel ein Vater seinem Sohn, der Rechtswissenschaft studiert, für die Ferien eine Erholungsreise verspricht, wenn er seine Zeit gut nutzt, ist es offensichtlich, dass der Vater, indem er dieses Versprechen macht, nicht beabsichtigt, mit seinem Sohn ein vertragliches Verhältnis im eigentlichen Sinne einzugehen.“). 1262 Vgl. etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177 oder (leicht abgewandelt) Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 436. 1263 Zahlreiche Fälle aus der älteren Rechtsprechung bei Perreau RTD civ. 194, 481, 489 ff. 1264 Vgl. Cass. civ., 27.3.1928, D. 1928.I.145 m. Anm. Ripert (kostenlose Mitnahme im Auto; kein Vertrag); Cass. req., 20.4.1944, D. 1945, 18 (Probefahrt mit potenziellem Autokäufer; keine bloße Gefälligkeit); Cass. civ. 2e, 16. 11.1956, D. 1957, 180 (Autofahrt einer Ehefrau mit ihrem Geliebten auf der Suche nach einem Hotel; kein Vertrag); Cass. civ. 2e, 14.3.1958, D. 1958, 385 (gemeinsame Rückfahrt mehrerer Ingenieure von einem Urlaub; kein Vertrag); (Cass. civ. 2e, 19.5.1958, D. 1958, 294 (kostenlose Mitnahme der Geliebten im Auto; kein Vertrag); Cass. civ. 1re, 11.10.1972, n° 71-10986 (Mitnahme im Auto gegen Kostenbeteiligung; kein Vertrag); Cass. civ. 1re, 6.4.1994, n° 91-21047 (Mitnahme im Auto gegen Kostenbeteiligung im Rahmen einer gemeinsamen Geschäftsreise nach Italien; kein Vertrag); CA Amiens, 5.10.1955, D. 195, 799 (gemeinsame Rückfahrt von einer Jagd; kein Vertrag); TGI Lure, 17.6.1960, D. 1960, somm. 119 (Mitnahme eines Mandanten durch den Anwalt zum Gerichtstermin; kein Vertrag); vgl. zum transport bénévole auch: Aberkane D. 1959, 294 ff.; Bénabent (Fn. 243), n° 14; Boyer (Fn. 899), n° 5; Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55, 58; Carbonnier (Fn. 1256), S. 37 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 179; dies. JCP G 1994.I.3781; Fötschl (Fn. 1252), S. 151; Josserand DH 1926, chron.
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Als bloße actes de complaisance wurden ferner z.B. angesehen: – politische Versprechen1265; – „Tier-Sitting“ für einen Bekannten1266; – Aufbewahrung einer Mappe mit Portraits durch einen Angestellten einer Hotelbar1267; – Aufhängen eines Mantels auf einem Garderobenständer im Eingangsbereich eines Theaters, das über kein Garderobenpersonal verfügte und mittels eines Schildes explizit darauf hinwies, dass es keine Haftung übernehme1268; – Abrede zwischen Casino und Spieler, wonach der Spieler den gesamten Abend lang Jetons bekommen und erst am Ende des Abends abgerechnet werden sollte1269; – Führung einer Gruppe von Schülern durch das Betriebsgelände einer Bauern- und Milchgenossenschaft1270; – Einverständniserklärung mit der Abweichung von Abstandsflächen durch den Nachbarn unter Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass der Erklärende selbst bauen möchte1271; – Baumschnitt durch einen städtischen Angestellten auf einem Privatgrundstück außerhalb seiner Arbeitszeiten1272; – Mithilfe beim Streichen des Schuppens eines Freundes1273. Ein Vertrag wurde dagegen etwa in folgenden Fällen angenommen: – Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen, dass das eine die Produkte des anderen nicht kopiert1274; – Akkreditierung von Journalisten für den jährlichen Rot-Kreuz-Ball in Monaco1275; 21 1265 ff.; Lambert-Faivre D. 1969, chron. 91 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 436; Mayer JCP G 1974.I.2663; Ponsard D. 1957, 180 ff.; Ricol D. 1926.II.121 ff.; Savatier D. 1958, 385 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 55; Viandier JCP G 1980.I.2987. 1265 Vgl. CA Paris, 18.10.1994, RTD civ. 1995, 351 m. Anm. Mestre (François Mitterand hatte dem Kläger Hilfe bei der Aufklärung der Umstände des Todes seines Sohns zusagt; als dieser später auf seine Schreiben keine Antwort mehr erhielt, klagte er auf 6 Mio. Francs Schadensersatz); Fötschl (Fn. 1252), S. 133; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 55. 1266 TGI Seine, 3.3.1965, D. 1966, somm. 1. 1267 Cass. com., 25.9.1984, n° 83-12666. 1268 Cass. civ. 1re, 1.3.1988, n° 86-15563. 1269 Cass. civ. 1re, 3.5.1988, n° 86-16859. Dazu Mestre RTD civ. 1988, 732 f. 1270 Cass. civ. 2e, 24.10.1963, D. 1964, somm. 73. 1271 Cass. civ. 3e, 17.6.1992, n° 90-14434 („simple tolerance“ [„schlichte Duldung“]). 1272 Cass. civ. 2e, 26.1.1994, n° 92-14398. Dazu Jourdain RTD civ. 1994, 864 ff. 1273 Cass. civ. 2e, 10.6.1998, n° 96-21228. Dazu Mandin JCP G 1998.II.10042. 1274 Cass. com., 23.1.2007, 05-13189 (trotz der Klausel, dass es sich um ein „engagement exclusivement moral“ [„ausschließlich moralische Verpflichtung“] handele; vgl. zum sog. gentlemen’s agreement noch sogleich unten bei Fn. 1283 f.). 1275 TGI Paris, 7.10.1996, RTD civ. 1997, 126 m. Anm. Mestre.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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– Beteiligung an der Arbeit eines Festkomitees bei einem traditionellen Fest1276; – Mithilfe bei Arbeiten zum Ausgleich des Bodenniveaus auf dem Grundstück einer Freundin1277; – Mithilfe beim Einzäunen eines Feldes von Bekannten durch Bedienung eines Pfahlrammers1278; – Mithilfe beim Roden des Grundstücks der Großeltern eines Freundes1279; – Hilfe eines Bauern, einen Lastwagen aus dem Schlamm zu ziehen1280; – Unterstützung einer Gruppe von Werkstattangestellten bei dem Versuch, einen Wagen aus einem Straßengraben herauszuschieben1281. Spezielle Aufmerksamkeit erfahren hat schließlich auch in Frankreich die Sonderkategorie des sog. gentlemen’s agreement bzw. engagement d’honneur.1282 Ungeachtet solcher oder ähnlicher Bezeichnungen wird insoweit aber auch in der französischen Rechtsprechung1283 und Literatur1284 letztlich allein als maßgeblich erachtet, ob sich im Rahmen der Auslegung ergibt, dass die Parteien im konkreten Fall mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben.
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Cass. civ. 1re, 10.10.1995, n° 93-19142. Cass. civ. 1re, 17.12.1996, n° 94-21838. 1278 Cass. civ. 1re, 13.1.1998, n° 96-11223. Dazu Viala D. 1998, 580 ff.; Viney JCP G 1998.I.144. 1279 CA Bourges, 14.10.2002, JCP G 2003.IV.2543. 1280 Cass. civ. 1re, 27.5.1959, D. 1959, 524. Dazu Mazeaud RTD civ. 1959, 735; Savatier D. 1959, 525 f. 1281 Cass. soc. 21.7.1986, n° 84-11626. 1282 Vgl. dazu Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 148; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 439; Oppetit D. 1979, chron. 107 ff.; Terré/Simler/ Lequette (Fn. 243), n° 56. S. ferner speziell aus belgischer Perspektive sowie rechtsvergleichend Dirix (1999) 76 Rev. dr. Int. et comp. 223 ff. 1283 Vgl. Cass. civ., 29.4.1873, D. 1873.I.207; Cass. req. 26.1.1874, D. 1875.I.23 (beide betreffend eine als engagement d’honneur bezeichnete Zusage eines Insolvenzschuldners, an seine Gläubiger zu zahlen, wenn sich seine finanzielle Situation verbessert); Cass. com., 23.12.1968, Bull. civ. n° 374 (als engagement d’honneur bezeichnete Zusage eines Ehepaars, aus Mitteln eines Hausverkaufs einen Kredit zurückzuzahlen, wenn die Bank die Zwangsvollstreckung einstellt, keine bloße Naturalobligation); Cass. civ. 2e, 27.11.1985, n° 84-13971 m. Anm. Mestre RTD civ. 1986, 749 f. (das Berufungsgericht hatte den Betrag der Alimente, zu deren Zahlung ein Mann bei der Scheidung verurteilt war, reduziert und hatte dabei das engagement d’honneur, das der Schuldner aus Anlass der Scheidung abgegeben hatte, dass er keine Änderung des Betrags verlangen würde, als rechtlich nicht entgegenhaltbar zurückgewiesen; die Cour de Cassation rügte, dass das Berufungsgericht nicht präzisiert hatte, auf welche tatsächlichen und rechtlichen Umstände es diese Einordnung stützte); Cass. com., 23.1.2007, 05-13189 (Sachverhalt oben bei Fn. 1274). 1284 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 177 f.; Fages (Fn. 245), n° 45; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 148; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 439; Mestre/Fages RTD civ. 2003, 495; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 56; s. ferner auch Oppetit D. 1979, chron. 107, 112 ff.; 1277
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C. Angebot
c) Englisches Recht Ebenso wie das deutsche und das französische Recht stand schließlich auch das englische Recht seit jeher vor der Herausforderung der Abgrenzung von Verträgen und außerrechtlichen Vereinbarungen. Sie wird heute allgemein unter dem Stichwort „intention to create legal relations“ erörtert; entscheidendes Kriterium ist also auch im englischen Recht die – durch Auslegung zu ermittelnde – Existenz eines Rechtsbindungswillens.1285 Entsprechend der allgemeinen Auslegungsdogmatik1286 wird dabei regelmäßig betont, dass die Frage, ob ein Rechtsbindungswille vorhanden war, grundsätzlich aus objektiver Perspektive zu beurteilen ist.1287 Eine Ausnahme hiervon gilt nur für den Fall, dass die andere Partei wusste, dass der Erklärende nicht mit Rechtsbindungswillen gehandelt hat (und daher nicht schutzwürdig ist).1288 Zudem wird traditionell zwischen zwei großen Fallgruppen differenziert1289: Bei commercial transactions (Transaktionen im geschäftlichen Bereich) wird die Existenz eines Rechtsbindungswillens widerleglich vermutet1290. Dahinter steht die Erwägung, dass hier schon im Interesse eines funktionierenden 1285 Vgl. näher zum Ganzen Andrews (Fn. 493), 6.01 ff.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 71 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 147 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 12-158 ff.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.01 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.1 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 269 ff.; Treitel (Fn. 491), 4-001 ff. Sehr kritisch zum Kriterium des Rechtsbindungswillens aber etwa Gulati (2011) 2 Beijing Law Review 127 ff.; Hedley (1985) 5 OJLS 391, 393 ff.; Hepple (1970) 28 CLJ 122 ff.; Unger (1956) 19 MLR 96 ff. 1286 Vgl. zur Auslegung im englischen Recht näher oben C. II.3. 1287 Vgl. Hadley v Kemp [1999] EMLR 589 at 623; Edmonds v Lawson [2000] QB 501 at 513; Modahl v British Athletic Federation [2001] EWCA Civ 1447 at para. 100 per Mance LJ; Sadler v Reynolds [2005] EWHC 309 (QB) at para. 52; Maple Leaf Macro Volatility Master Fund v Rouvroy [2009] EWCA Civ 1334 at para. 17; RTS Flexible Systems Ltd v Molkerei Alois Müller GmbH & Company KG (UK Production) [2010] UKSC 14 at para. 45 per Lord Clarke; Dhanani v Crasnianski [2011] EWHC 926 (Comm) at para. 64; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 128; Barbudev v Eurocom Cable Management Bulgaria Eood [2012] EWCA Civ 548 at para. 30; Andrews (Fn. 493), 6.04; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 71; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 149; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-161; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.07; Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 429; Treitel (Fn. 491), 4-027. 1288 Vgl. Pateman v Pay (1974) 232 EG 457; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 130; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-161; Treitel (Fn. 491), 4-027. 1289 Vgl. die Nachweise in Fn. 1290 und 1292. Sehr kritisch zu dieser Differenzierung aber etwa Gulati (2011) 2 Beijing Law Review 127, 129 ff.; Hedley (1985) 5 OJLS 391, 396 f. 1290 Vgl. Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 349; Hadley v Kemp [1999] EMLR 589, 623 f.; Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery [2002] EWHC 2210 (Comm) at para. 159; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 132; Barbudev v Eurocom Cable Management Bulgaria Eood [2012] EWCA Civ 548 at para. 28; Andrews (Fn. 493), 6.01, 6.12; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 93; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 149, 152; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-159; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.02, 10.33; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.2, 6.15; Lücke (1967– 1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 421, 429; McKendrick (Fn. 493), S. 269 f., 282 f.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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Geschäftsverkehrs regelmäßig rechtlich verbindliche Vereinbarungen gewollt sind.1291 Umgekehrt besteht bei domestic and social agreements (Vereinbarungen im häuslichen und gesellschaftlichen Bereich) eine widerlegliche Vermutung, dass die Parteien ohne Rechtsbindungswillen handelten.1292 Begründet wird dies einerseits damit, dass ein „Eindringen“ der Gerichte hier regelmäßig unangemessen erscheint1293; andererseits aber auch mit der Gefahr einer regelrechten „Prozessflut“, wenn jede noch so „triviale“ Vereinbarung gerichtlich einklagbar wäre1294. Paradebeispiel dafür ist etwa die berühmte Entscheidung Balfour v Balfour1295, 1296, wo der Ehemann seiner Ehefrau versprochen hatte, 1291 Vgl. sehr plastisch etwa Rogers CJ in Banque Brussels Lambert SA v Australian National Industries (1989) 21 NSWLR 502 at 523: „There should be no room in the proper flow of commerce for some purgatory where statements made by businessmen, after hard bargaining and made to induce another business person to enter into a business transaction would, without any express statement to that effect, reside in a twilight zone of merely honourable engagement. The whole thrust of the law today is to attempt to give proper effect to commercial transactions.“ („Im ordentlichen Handelsverkehr sollte kein Raum für eine Hölle sein, wo Erklärungen von Geschäftsleuten, die nach harten Verhandlungen und mit der Absicht gemacht wurden, einen anderen Geschäftsmann zu einer geschäftlichen Transaktion zu veranlassen, ohne eine ausdrückliche entsprechende Erklärung in einer Grauzone einer bloßen Verpflichtung ehrenhalber liegen. Der gesamte Tenor des Rechts ist es heute, zu versuchen, geschäftlichen Transaktionen angemessen Wirksamkeit zu verschaffen.“); vgl. ferner etwa Chen-Wishart (Fn. 496), S. 93; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.15. 1292 Vgl. Jones v Padavatton (1969) 1 WLR 328; Andrews (Fn. 493), 6.01, 6.08 ff.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 72; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 93; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 148 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.02, 10.19; Koffmann/ MacDonald (Fn. 496), 6.2, 6.4; Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 421, 429; McKendrick (Fn. 493), S. 269 f., 273, 280. 1293 Vgl. sehr plastisch etwa Atkin LJ in Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 at 579: „The consideration that really obtains for them is that natural love and affection which counts for so little in these cold Courts. … In respect of these promises each house is a domain into which the King’s writ does not seek to run, and to which his officers do not seek to be admitted.“ („Die Gegenleistung besteht hier tatsächlich in der natürlichen Liebe und Zuneigung, die in diesen kalten Gerichten so wenig zählt. … In Bezug auf solche Versprechen ist jedes Haus ein Bereich, in den der writ des Königs nicht einzudringen begehrt, und zu dem seine Beamten keinen Zugang begehren.“); vgl. ferner Andrews (Fn. 493), 6.01, 6.08; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 94; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.4; Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 422 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 269, 277 ff. 1294 Vgl. auch insofern sehr plastisch etwa Atkin LJ in Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 at 579: „…the small Courts of this country would have to be multiplied one hundredfold if these arrangements were held to result in legal obligations.“ („… die kleinen Gerichte dieses Landes müssten verhundertfacht werden, wenn man entscheiden würde, dass diese Absprachen in rechtlichen Verpflichtungen resultieren.“); vgl. ferner Andrews (Fn. 493), 6.01, 6.08; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 93; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.6; McKendrick (Fn. 493), S. 277 f. 1295 Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571. 1296 Grundsätzlich ist es aber auch nach englischem Recht durchaus möglich, dass auch Eheleute während einer intakten Ehe rechtlich verbindliche Verträge schließen, vgl. nur Radmacher v Granatino [2010] UKSC 42 at para. 142 per Lady Hale: „There is nothing to stop a husband and wife from making legally binding arrangements … to regulate their property and affairs while they are still together …. These days, the commonest example of this is an agreement to
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C. Angebot
ihr monatlich 30 £ für ihren Unterhalt zu zahlen, während er als Beamter in Ceylon stationiert war. Unabhängig von diesen Vermutungen besteht aber Konsens, dass es sich bei der Existenz eines Rechtsbindungswillens letztlich um eine question of fact (Tatfrage) handelt, deren Beantwortung einer Würdigung des jeweiligen Einzelfalls bedarf.1297 Die Gerichte berücksichtigen dabei etwa insbesondere auch die Bedeutung der Vereinbarung für die Parteien.1298 Ebenso wie in Deutschland und Frankreich hat sich auch in England – über die klassischen Lehrbuchbeispiele wie etwa die Einladung zum Essen1299 hinaus eine äußerst umfassende und mannigfaltige Kasuistik entwickelt. So ist z.B. die Problematik der sog. „Gefälligkeitsfahrt“ auch in England schon häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. Eine vertragliche Bindung wurde dabei meist verneint, selbst im Falle von regelmäßigen Fahrgemeinschaften mit Kostenbeteiligung.1300 1297 share the ownership or tenancy of the matrimonial home, bank accounts, savings or other assets. Agreements for housekeeping or personal allowances, on the other hand, might run into difficulties. …“ („Es gibt nichts, was einen Ehemann und eine Ehefrau davon abhalten würde, ihr Eigentum und ihre Angelegenheiten durch rechtliche verbindliche Vereinbarungen … zu regeln, das häufigste Beispiel hierfür ist eine Vereinbarung betreffend das gemeinsame Eigentum oder die gemeinsame Miete des ehelichen Heims, von Konten, Sparguthaben oder anderen Vermögenswerten. Vereinbarungen betreffend die Haushaltsführung oder ein „Taschengeld“ könnten dagegen auf Schwierigkeiten stoßen. …“); Treitel (Fn. 491), 4-014. 1297 Vgl. Zakhem International Construction Ltd v Nippon Kokkan KK (No.1) [1987] 2 Lloyd’s Rep 596; Edmonds v Lawson [2000] QB 501 at para. 21 per Lord Bingham of Cornhill CL: „the context is all-important“ [„der Kontext ist hochwichtig“]); Modahl v British Athletic Federation [2001] EWCA Civ 1447 at para. 49 per Latham LJ; Sadler v Reynolds [2005] EWHC 309 (QB) at para. 52; Maple Leaf Macro Volatility Master Fund v Rouvroy [2009] EWCA Civ 1334 at para. 17; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at paras. 129, 133: „the context is all-important“ [„der Kontext ist hochwichtig“]); Barbudev v Eurocom Cable Management Bulgaria Eood [2012] EWCA Civ 548 at para. 37; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 148 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 276; Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 422, 429; Treitel (Fn. 491), 4-026. 1298 Vgl. Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 422, 429; Treitel (Fn. 491), 4-026. Beispiel aus der Rspr.: Parker v Clarke [1960] 1 WLR 286, 298 (eine ältere Tante hatte ihrer Nichte und deren Ehemann vorgeschlagen, zu ihr und ihrem Ehemann zu ziehen; das junge Paar hatte daraufhin sein Haus verkauft; Devlin J bezeichnete dies explizit als „important factor“ [„wichtigen Faktor“]). 1299 Vgl. etwa Chen-Wishart (Fn. 496), S. 94; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 147; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.32; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.3; Treitel (Fn. 491), 4-013. 1300 Vgl. Ormrod v Crosville Motor Services [1953] 1 WLR 409 (ein Freund fuhr ein Auto von Birkenhead nach Monte Carlo, wo er sich mit dem Eigentümer und seiner Frau zu einer gemeinsamen Reise in die Schweiz treffen wollte; kein contract of agency [Geschäftsbesorgungsvertrag], sondern bloße „social or moral obligation“ [„soziale oder moralische Verpflichtung“]; Coward v Motor Insurers’ Bureau [1963] 1 QB 259 (ein Mann nahm seinen Arbeitskollegen täglich gegen Kostenbeteiligung auf dem Motorrad mit zur Arbeitsstelle und wieder zurück nach Hause; kein rechtlich verbindlicher Vertrag); Buckpitt v Oates [1968] 1 All ER 1145 (ein 17jähriger fuhr regelmäßig bei seinem Freund mit und beteiligte sich an den Fahrtkosten;
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Verneint wurde eine vertragliche Bindung ferner etwa in folgenden Fällen: – Versprechen einer Mutter an ihre Tochter, ihr monatlich Unterhalt zu zahlen, wenn sie ihren Job in den USA aufgibt und in England Jura studiert1301; – jahrelange mietfreie Überlassung eines Hauses an eine Ehepaar durch einen befreundeten älteren Herrn1302; – Teilnahme eines Clubmitglieds an einem vom einem „Gentlemen’s Club“ organisierten Golfturnier1303; – Regeln für ein von einem Oldtimer-Club zu wohltätigen Zwecken organisiertes Oldtimer-Rennen1304; – mündliche Abrede zwischen Mitgliedern der Popgruppe Spandau Ballet über die Einnahmen aus ihrer Musik1305; ebenso auch im Fall der Popgruppe Busted (keine rechtsverbindliche Abrede über Inhaberschaft der Musikrechte)1306. 1301 lediglich „friendly arrangement“ [„freundschaftliches Arrangement“]); Connell v Motor Insurers’ Bureau [1969] 2 QB 494 (ein Mann zahlte einem anderen Mann, den er vor einer Bar getroffen hatte, eine weit über eine bloße Benzinbeteiligung hinausgehende Summe, damit er ihn zu einer Bank fuhr; Vertrag bejaht); Meanen v Motor Insurer’s Bureau 1971 S.C. (H.L.) 148 (der Halter eines Minibuses nahm täglich sieben Arbeitskollegen mit zur Arbeitsstelle und zurück; kein Vertrag); vgl. weiterhin auch Morgans v Launchbury [1973] AC 127 (wenn Ehemann im gemeinsamen Auto von einer Gaststätte nach Hause fährt, handelt er nicht auf Grund eines rechtlich verbindlichen contract of agency [Geschäftsbesorgungsvertrag] für die Ehefrau); s. ferner auch Albert v Motor Insurers’ Bureau [1972] AC 301 (ein Dockarbeiter nahm regelmäßig Arbeitskollegen gegen Bezahlung mit zur Arbeitsstelle und zurück; der Tatrichter hatte einen rechtlich bindenden Vertrag verneint; das House of Lords brauchte die Frage nicht zu entscheiden, aber Lord Donovon erklärte obiter, dass er einen Vertrag ebenfalls verneinen würde [S. 319], während Lord Cross obiter ausführlich erläuterte, dass er einen Vertrag bejahen würde [S. 339 f.]). Vgl. zum Ganzen auch McKendrick (Fn. 493), S. 281 f. 1301 Jones v Padavatton (1969) 1 WLR 328. 1302 Heslop v Burns [1974] 1 WLR 1241. 1303 Lens v Devonshire Club The Times, 4.12.1914, S. 3. Scrutton J zeigte sich geradezu empört, dass in diesem Fall (der während des 1. Weltkriegs spielte) überhaupt die Gerichte bemüht worden waren: „… it was a tempting matter for conjecture what a future historian of the British Empire would think when years hence he found that on December 3, 1914, in the middle of the greatest war the world had ever seen, a Judge of the High Court, with the assistance of four counsel, had been engaged for three hours in discussing whether a particular gentleman in the second or third round of a golf competition had the right of the choice of the course on which to play, or whether he had to toss for it.“ („… es sei eine Versuchung, darüber zu spekulieren, was ein zukünftiger Historiker des Britischen Empire denken würde, wenn er in einigen Jahren herausfinden würde, dass ein Richter des High Court am 3. Dezember 1914, mitten im größten Krieg, den die Welt je gesehen hatte, mit der Unterstützung von vier Anwälten drei Stunden lang damit beschäftigt war, zu erörtern, ob ein bestimmter Gentleman in der zweiten oder dritten Runde eines Golfturniers das Recht hatte, sich den Golfplatz, auf dem gespielt werden sollte, auszusuchen oder ob er darum eine Münze werfen musste.“). 1304 White v Blackmore [1972] 2 QB 651. 1305 Hadley v Kemp [1999] EMLR 589. Park J stützte dies speziell darauf, dass die Bandmitglieder sich seit der Schulzeit kannten, stets betonten, dass sie enge Freunde und ständig zusammen seien und dass sie die Band nicht nur zu kommerziellen Zwecken gegründet hatten, sondern, weil sie das, was sie taten, liebten (vgl. S. 624). 1306 McPhail v Bourne [2008] EWHC 1235 (Ch).
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Ein rechtlich bindender Vertrag wurde dagegen u.a. in folgenden Fällen angenommen: – Teilnahme von zwei Yachteignern an von einem Yachtclub veranstalteten Rennen (vertragliche Bindung auch zwischen diesen beiden)1307; – regelmäßige Teilnahme einer prominenten Leichtathletin an von der British Athletic Federation organisierten Wettkämpfen (vertragliche Unterwerfung unter deren Regeln)1308; – Verabredung zwischen Untermieter, Vermieterin und deren Enkelin über gemeinsame Teilnahme am wöchentlichen Preisausschreiben einer Zeitung und ggf. Aufteilung des Gewinns1309; – Miteinzug eines jungen Paares, das im Vertrauen darauf sein eigenes Haus verkauft hatte, ins Haus älterer Verwandter1310; – mündliche Vereinbarung zwischen einem Journalisten und einem bekannten Geschäftsmann, dass ersterer gegen Aufteilung des Gewinns Ghostwriter für seine Autobiographie sein sollte1311; – schriftliche Vereinbarung zwischen drei Brüdern über Verlust jeglicher Ansprüche gegen die Familiengesellschaft im Falle einer Aufgabe der Geschäftsführerposition1312; – Vertrieb von „World Cup“-Münzen mit Bildern von Fußballspielern durch Esso an seine Tankstellenbetreiber (welche diese dann beim Kauf einer bestimmten Menge Benzin an die Kunden verteilen sollten)1313; – Ankündigung eines garantierten Mindestbonuspools i.H.v. 400 Mio. Euro durch den CEO der Investmentbank Dresdner Kleinwort Ltd auf einer Mitarbeiterversammlung im Jahr 2008, um die Angestellten vor dem Hin-
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Clarke v Earl of Dunraven and Mount-Earl [1897] AC 59. Modahl v British Athletic Federation [2001] EWCA Civ 1447 (abw. Jonathan Parker LJ). 1309 Simpkins v Pays [1955] 1 WLR 975; vgl. dazu Unger (1956) 19 MLR 96 ff. Ein ähnlicher Fall lag auch der neueren Entscheidung Wilson v Burnett [2007] EWCA Civ 1170 zu Grunde: Im Rahmen eines gemeinsamen Abends von 3 Arbeitskolleginnen bei einer Bingoveranstaltung hatte eine von ihnen über 100 000 £ gewonnen; die beiden anderen behaupteten, dass verabredet worden sei, dass ein etwaiger Gewinn geteilt werden sollte; der Court of Appeal entschied, dass eine etwaige Abrede jedenfalls nicht hinreichend bewiesen sei und ließ offen „whether a necessarily casual conversation could be elevated into an agreement binding and enforceable in law“ („ob eine notwendigerweise zwanglose Unterhaltung in den Rang einer rechtlich bindenden und durchsetzbaren Vereinbarung erhoben werden könnte“). 1310 Parker v Clarke [1960] 1 WLR 286; vgl. dazu auch bereits Fn. 1298. 1311 Sadler v Reynolds [2005] EWHC 309 (QB). Näher zu dieser Entscheidung Taylor (2005) 16 Ent. L. R. 132 ff. 1312 Snelling v John G Snelling Ltd [1973] QB 87. 1313 Esso Petroleum Co Ltd v Customs and Excise Commissioners [1976] 1 WLR 1 (abweichend Viscount Dilhorne und Lord Russell of Killowen); kritisch dazu Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.20; Treitel (Fn. 491), 4-028; s. ferner zu dieser Entscheidung auch Atiyah (1976) 39 MLR 335 f. 1308
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tergrund der Ungewissheit in Bezug auf die Zukunft der Bank „bei der Stange zu halten“1314. Auf spezielle Aufmerksamkeit gestoßen ist schließlich auch in England die Sonderkategorie des sog. gentlemen’s agreement, die häufig auch unter dem Stichwort honour clauses diskutiert wird.1315 Ähnlich wie in Deutschland und Frankreich besteht insoweit aber auch in England Konsens, dass eine derartige Bezeichnung zwar ein wichtiges Indiz für die Nichtexistenz eines Rechtsbindungswillens sein kann, es letztlich aber gleichwohl einer Auslegung der Vereinbarung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls bedarf.1316 So verneinte das House of Lords etwa in der Leitentscheidung Rose and Frank Co v J. R. Crompton & Bros Ltd1317 auf Grund einer „honourable pledge clause“ [„ehrenvolles Gelöbnis-Klausel“] die Existenz eines rechtlich
1314 Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB). Vgl. zu diesem Fall auch noch unten D. V.1. c) bb)(1) bei Fn. 3329 f. 1315 Vgl. dazu etwa Allen (2000) 29 Anglo-Am. L. Rev. 204 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 153 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-162 ff.; Furmston/ Tolhurst (Fn. 492), 10.33 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.17 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 284 ff.; Treitel (Fn. 491), 4-005. 1316 Vgl. Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 349 at 356 f.; Kleinwort Benson Ltd v Malaysia Mining Corporation Berhad [1989] 1 WLR 379 at 389 per Ralph Gibson LJ (in Bezug auf einen letter of comfort [Patronatserklärung]); Ferguson v Littlewoods Pools Ltd [1997] SLT 309; Associated British Ports v Ferryways NV [2009] EWCA Civ 189 at paras. 24 ff. (in Bezug auf einen letter of comfort); Allen (2000) 29 Anglo-Am. L. Rev. 204 207 ff., 227; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 154 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-162 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.33; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 6.17 ff.; Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 421; McKendrick (Fn. 493), S. 285; Treitel (Fn. 491), 4-004. 1317 Rose and Frank Co v J. R. Crompton & Bros Ltd [1925] AC 445. Eine Vereinbarung zwischen zwei englischen und einem amerikanischen Unternehmen (Hersteller, Vertriebsunternehmen und Handelsvertretungsunternehmen) über weitere Zusammenarbeit enthielt folgende ausdrücklich als „honourable pledge clause“ bezeichnete Klausel: „This arrangement is not entered into, nor is this memorandum written, as a formal or legal agreement, and shall not be subject to legal jurisdiction in the Law Courts either of the United States or England, but it is only a definite expression and record of the purpose and intention of the three parties concerned, to which they each honourably pledge themselves, with the fullest confidence based on past business with each other that it will be carried through by each of the three parties with mutual loyalty and friendly co-operation.“ („Diese Absprache wurde, ebenso wenig wie dieses Memorandum, als eine formelle und rechtliche Vereinbarung geschlossen bzw. geschrieben, und soll nicht der Gerichtsbarkeit der Gerichte der Vereinigten Staaten oder von England unterliegen, sondern ist nur ein klarer Ausdruck und eine klare Aufzeichnung des Absicht und der Intention der betroffenen drei Parteien, zu der sie sich ehrenvoll verpflichten, mit dem vollsten Vertrauen – basierend auf den Geschäftsbeziehungen miteinander in der Vergangenheit , dass es von jeder der drei Parteien mit wechselseitiger Loyalität und freundschaftlicher Kooperation durchgeführt wird.“). Das House of Lords entschied, dass es sich nicht um einen rechtlich bindenden Vertrag handele; die einzelnen Bestellungen innerhalb dieser „Rahmenabrede“ stellten dagegen rechtlich bindende Verträge dar.
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C. Angebot
bindenden Vertrags; dagegen wurde z.B. in Edwards v Skyways Ltd1318 trotz der Formulierung „ex gratia“ eine vertragliche Bindung bejaht.1319 d) CESL-D Im Rahmen des CESL-D ist zwar grundsätzlich theoretisch ebenfalls denkbar, dass sich im Einzelfall die Notwendigkeit ergibt, zwischen Vertrag und bloß außerrechtlicher Vereinbarung differenzieren zu müssen. Solche Fälle dürften indes auf Grund der sachlichen und persönlichen Grenzen des Anwendungsbereichs des CESL-D (vgl. Art. 4, 5 und 7 CESLVOE) in der Praxis nur selten auftreten. Bei Kaufverträgen1320 ist es kaum vorstellbar, dass eine Partei geltend macht, dass es sich lediglich um eine außerrechtliche „Gefälligkeit“ gehandelt habe. Dies könnte wohl allenfalls in den Fällen der Art. 5 lit. b CESL-VOE (Verträge über Bereitstellung digitaler Inhalte)1321 und Art. 5 lit. c CESL-VOE (Verträge über verbundene Dienstleis1318
Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 849 (Versprechen einer Fluggesellschaft an einen Piloten im Zusammenhang mit seiner Entlassung, dass er „ex gratia“ eine Zahlung entsprechend den für ihn von der Gesellschaft entrichteten Beiträgen zu einem Pensionsfond erhalten sollte). 1319 Vgl. aus der Rspr. weiterhin etwa: Jones v Vernon’s Pools [1938] 2 All ER 626 (Aufdruck „binding in honour only“ [„nur moralisch verpflichtend“] auf Coupon für Fußballtoto; kein rechtlich bindender Vertrag); Appleson v H Littlewood Ltd [1939] 1 All ER 464 (Aufdruck „binding in honour only“ [„nur moralisch verpflichtend“] auf Coupon für Fußballtoto; kein rechtlich bindender Vertrag); Home Insurance Co and St Paul Fire and Marine Insurance Co v Administratia Asigurarilor de Stat [1983] 2 Lloyd’s Rep 674 (bindender Vertrag trotz Klausel „shall be interpreted as an honourable engagement“ [„ist als Verpflichtung ehrenhalber auszulegen“]); Hanjin Shipping Co Ltd v Zenith Chartering Corp (The Mercedes Envoy) [1995] 2 Lloyd’s Rep 559 (Vertrag trotz Aussage „we are fixed in good faith“ [„wir haben uns in gutem Glauben gebunden“]); County Ltd v Girozentrale Securities [1996] 3 All ER 834 at 851 („Indicative commitments are … promises binding in honour only by institutional and other investors to take up a stated number of shares the following day if the issue goes ahead.“ [„Indikative Verpflichtungen sind … nur moralisch bindende Versprechen von institutionellen oder anderen Investoren, im Falle der Durchführung der Emission am Folgetag eine bestimmte Zahl von Aktien abzunehmen.“]. 1320 Vgl. zum in Art. 2 lit. k CESL-VOE legaldefinierten Begriff des „Kaufvertrags“ näher: Corneloup ZEuP 2012, 705, 707 f.; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 37; Grädler/Köchel GPR 2012, 106, 108; S. Lorenz AcP 212 (2012) 702, 713 f.; Mankowski IHR 2012, 1, 3; Mansel WM 2012, 1253, 1256; Micklitz/Reich, The Commission Proposal for a „Regulation on a Common European Sales Law (CESL)“ – too broad or not broad enough?, EUI Working Paper Law 2012/04, para. 23; Pfeiffer, Anwendungsbereich: Vertragsparteien und Vertragsgegenstand, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, 2012, Rn. 35 ff.; Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, Ausgestaltung der Option und andere Fragen zur Verordnung, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 29, 30; Stadler AcP 212 (2012) 474, 491 f. 1321 Vgl. dazu näher Aubert de Vincelles JCP G 2011, act. 1376; Corneloup ZEuP 2012, 705, 707 f.; Faust, Das Kaufrecht im Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012, S. 251, 253 f.; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 37; Haug K&R 2012, 1, 2; Hellwege IHR 2012, 180, 184; S. Lorenz AcP 212 (2012) 702, 714; Mankowski IHR 2012, 1, 2 f.;
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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tungen)1322 relevant werden, da diese gerade auch dann erfasst sind, wenn die Bereitstellung bzw. verbundene Dienstleistung unentgeltlich bzw. ohne gesondertes Entgelt erfolgt. Hier erschiene es durchaus denkbar, dass im Einzelfall eine bloße außerrechtliche „Gefälligkeit“ gewollt war. Auch dies dürfte tatsächlich aber schon deshalb eher selten sein, weil zum einen (vorbehaltlich der Mitgliedstaatenoption in Art. 13 lit. a CESL-VOE) grundsätzlich nur grenzüberschreitende Verträge erfasst sind (Art. 4 CESL-VOE)1323 und zum anderen grundsätzlich nur Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern (B2C, Art. 7 Abs. 1 CESL-VOE) bzw. Unternehmern untereinander (und zwar auch hier grundsätzlich nur B2SME, die generelle Extension auf B2B ist nur Mitgliedstaatenoption, vgl. Art. 7 Abs. 2, 13 lit. b CESL-VOE)1324. 1322 Mansel WM 2012, 1253, 1256 f.; Micklitz/Reich (Fn. 1320), para. 24; Paisant JCP G 2012, doctr. 560; Pfeiffer (Fn. 1320), Rn. 38; Schmidt-Kessel (Fn. 1320), S. 29, 30 f.; Stadler AcP 212 (2012) 474, 492 f.; Staudenmayer NJW 2011, 3491, 3494; Zenefels K&R 2012, 463 ff.; Zoll, Das Dienstleistungsrecht im Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012, S. 279, 285 f. 1322 Vgl. dazu näher Aubert de Vincelles JCP G 2011, act. 1376; Corneloup ZEuP 2012, 705, 707 f.; Faust (Fn. 1321), S. 251, 253 f.; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 37; Hellwege IHR 2012, 180, 184; Illmer ERPL 2013, 131 ff.; S. Lorenz AcP 212 (2012) 702, 715; Mankowski IHR 2012, 1, 2; Mansel WM 2012, 1253, 1257; Micklitz/Reich (Fn. 1320), para. 25 f.; Paisant JCP G 2012, doctr. 560; Pfeiffer (Fn. 1320), Rn. 39 ff.; Schmidt-Kessel (Fn. 1320), S. 29, 31; Stadler AcP 212 (2012) 474, 493; Staudenmayer NJW 2011, 3491, 3494; Zoll (Fn. 1321), S. 279 ff. 1323 Vgl. zum Begriff des „grenzüberschreitenden Vertrags“ i.S.d. Art. 4 CESL-VOE sowie Art. 13 lit. a CESL-VOE näher: Aubert de Vincelles JCP G 2011, act. 1376; Balthasar RIW 2012, 361, 362; Corneloup ZEuP 2012, 705, 710 f.; Editorial (2012) 49 C.M.L. Rev. 1267, 1272 f.; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 36; Hellwege IHR 2012, 180, 181 f.; Leible, Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, 2012, Rn. 24 ff.; Mankowski IHR 2012, 1, 2; ders. RIW 2012, 97, 98 f.; Mansel WM 2012, 1253, 1260, 1264; MüllerGraff, Ein fakultatives europäisches Kaufrecht als Instrument der Marktordnung?, in: SchulteNölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012, S. 21, 34 ff.; Paisant JCP G 2012, doctr. 560; Schmidt-Kessel (Fn. 1320), S. 29, 33 ff.; Stabentheiner WBl. 2012, 61, 64; Stadler AcP 212 (2012) 474, 484 ff.; Whittaker (2012) 75 MLR 578, 584. 1324 Grundsätzlich sind Verträge zwischen Unternehmern nur erfasst, wenn eine Vertragspartei ein KMU i.S.d. Art. 7 Abs. 2 CESL-VOE ist (B2SME); gem. Art. 13 lit. b CESL-VOE können die Mitgliedstaaten den Anwendungsbereich aber auch auf Verträge unter ausschließlicher Beteiligung von Unternehmern, die nicht KMU sind (B2B), erweitern. Vgl. zum persönlichen Anwendungsbereich gem. Art. 7 CESL-VOE näher: Aubert de Vincelles JCP G 2011, act. 1376; Ayad/Schnell BB 2012, 1487, 1488; Corneloup ZEuP 2012, 705, 709 f.; Editorial (2012) 49 C.M.L. Rev. 1267, 1273 f.; Faust (Fn. 1321), S. 251, 255 f.; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 37; Grädler/Köchel GPR 2012, 106, 107 f.; Haug K&R 2012, 1, 2; Heidemann ERPL 2012, 1119, 1134 f.; Hellwege IHR 2012, 180, 182 ff.; Jansen ZEuP 2012, 741, 749 f.; Koch, CISG, CESL, PICC and PECL, in: Magnus (ed.), CISG vs. Regional Sales Law Unification. With a Focus on the New Common European Sales Law, 2012, S. 125, 133 f.; Lando ERPL 2011, 717, 720 f.; S. Lorenz AcP 212 (2012) 702, 715 f.; Magnus, CISG vs. CESL, in: Magnus (ed.), CISG vs. Regional Sales Law Unification. With a Focus on the New Common European Sales Law, 2012, S. 97, 99 f.; Mankowski IHR 2012, 1, 3; Mansel WM 2012, 1253, 1259 f.; Micklitz/Reich
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Bei allen vom CESL-D erfassten Typen von Vereinbarungen relevant werden könnte allerdings die Problematik des sog. gentlemen’s agreement erscheint es doch durchaus gut vorstellbar, dass in den entsprechenden Vereinbarungen im Einzelfall explizite honour clauses etc. aufgenommen werden. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung ist dabei auch im Rahmen des CESL-D das in Art. 30 Abs. 1 lit. b ausdrücklich normierte Erfordernis der Existenz eines Rechtsbindungswillens.1325 Ausweislich der Materialien zur Vorgängerregelung in Art. II.-4:101(a) DCFR soll es gerade auch dazu dienen, rechtlich verbindliche Verträge von rein gesellschaftlichen oder bloß moralisch verpflichtenden Vereinbarungen zu unterscheiden.1326 Art. 30 Abs. 3 CESL-D bestimmt dazu: Art. 30 Abs. 3 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(3) Ob die Parteien ihrer (3) Whether the parties in- (3) L’éventuelle intention Einigung Rechtswirtend the agreement to des parties de faire prokung verleihen wollen, have legal effect is to duire des effets juridiist ihren Erklärungen be determined from ques à l’accord doit être und ihrem Verhalten zu their statements and déterminée à partir de entnehmen. conduct. leurs déclarations et de leur comportement.
Der CESL-D knüpft damit an Art. II.-4:102 DCFR1327 und Art. 2:102 PECL1328 an, die allerdings etwas abweichend formulierten und insbesondere auch den Zusatz enthielten, dass es darauf ankomme, wie Erklärungen bzw. Verhalten 1325 (Fn. 1320), paras. 18 ff.; Müller-Graff (Fn. 1323), S. 21, 30 f.; Paisant JCP G 2012, doctr. 560; Pfeiffer (Fn. 1320), Rn. 3 ff.; Schmidt-Kessel (Fn. 1320), S. 29, 32 f.; Stabentheiner WBl. 2012, 61, 64; Stadler AcP 212 (2012) 474, 488 ff.; Staudenmayer NJW 2011, 3491, 3494; Whittaker (2012) 75 MLR 578, 584 f. 1325 Vgl. dazu auch bereits oben B. I.4. a). 1326 Vgl. Art. II.-4:101 DCFR Comment C sowie Notes 5 und 12 (Abgrenzung zu „social engagements“ [„gesellschaftlichen Vereinbarungen“; Note 5 nennt dabei ausdrücklich auch das Lehrbuchbeispiel der Verabredung zum Essen] und Note 6 (Abgrenzung zum gentlemen’s agreement). 1327 Art. II.-4:102 DCFR: How intention is determined The intention of a party to enter into a binding legal relationship or bring about some other legal effect is to be determined from the party’s statements or conduct as they were reasonably understood by the other party. (Wie der Wille ermittelt wird Der Wille einer Partei, ein rechtlich ein bindendes Rechtsverhältnis einzugehen oder eine andere rechtliche Wirkung herbeizuführen, ist aus ihren Erklärungen oder ihrem Verhalten zu ermitteln, wie diese vernünftigerweise von der anderen Partei verstanden wurden.). 1328 Art. 2:102 PECL: Wille Der Wille einer Partei, durch Vertrag rechtlich gebunden zu sein, ist aus ihren Erklärungen oder ihrem Verhalten zu ermitteln, wie diese vernünftigerweise von der anderen Partei verstanden wurden.
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„vernünftigerweise von der anderen Partei verstanden werden“. Liest man Art. 30 Abs. 3 CESL-D im Kontext der bereits oben1329 näher erörterten allgemeinen Auslegungsstandards des CESL-D, kann freilich auch im Rahmen des CESL-D nichts anderes gelten. Auch für die Ermittlung des Rechtsbindungswillens gilt der dort etablierte kombiniert subjektiv-objektive Standard.1330 Mit Art. 30 Abs. 3 CESL-D sollte dies ganz offenbar nur nochmals ausdrücklich klargestellt werden. Insofern wäre es freilich in der Tat wünschenswert, im Zuge des weiteren Legislativverfahrens entweder wieder zu der Formulierung (mit dem Zusatz) wie in DCFR und PECL zurückzukehren1331 oder – vielleicht noch besser – generell auf die allgemeinen Auslegungsstandards zu verweisen (sofern man eine entsprechende Klarstellung überhaupt für notwendig erachtet; letztlich könnte man darauf ggf. sogar gänzlich verzichten). e) Rechtsvergleichende Würdigung Die Abgrenzung zwischen rechtlich verbindlichen Verträgen und außerrechtlichen Vereinbarungen (Gefälligkeit, acte de complaisance) hat Rechtsprechung und Literatur nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und England schon seit jeher vor große Herausforderungen gestellt und wird dies demnächst wohl auch im Rahmen des CESL-D tun (wenngleich die praktische Relevanz dort wohl eher gering sein dürfte). Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei in allen drei Rechtsordnungen – ebenso wie nun auch im CESL-D – die Existenz eines Rechtsbindungswillens, welche durch Auslegung zu ermitteln ist. Ungeachtet der bereits oben1332 aufgezeigten Unterschiede im Hinblick auf die allgemeine Auslegungsmethodik berücksichtigt die Judikatur dabei in allen drei nationalen Rechtsordnungen letztlich sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dementsprechend ist die gesamte Materie auch überall gleichermaßen durch eine umfangreiche Kasuistik geprägt. Dies macht es nicht nur innerhalb der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen, sondern speziell auch aus rechtsvergleichender Perspektive schwierig wenn nicht gar fast unmöglich allgemeine oder feste Regeln aufzustellen. Zwischen den beiden Polen der unstreitig als bloße Gefälligkeit einzustufenden Essenseinladung einerseits und dem eindeutig als Vertrag zu qualifizierenden Mega-Deal zwischen zwei Großkonzernen andererseits liegt eine ausgedehnte Grauzone, in der das Pendel in Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlagen kann.1333 1329
C. II.4. Ebenso i.E. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 128 f.; ferner wohl auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.1.b, III.3. 1331 Dafür Gebauer (Fn. 815), S. 121, 128. 1332 Vgl. oben C. II. 1333 Vgl. auch bereits Reuss AcP 154 (1954) 485, 521, der von einer „Skala“ spricht, auf der sich die verschiedenen Grade von Rechtwirkungen entwickeln. 1330
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Zudem spielen für die Qualifikation häufig (teils ganz offen, teils nur latent) auch Wertungs- und Gerechtigkeitsaspekte eine Rolle1334 so etwa nicht zuletzt insbesondere auch die Frage, ob eine Partei ohne einen vertraglichen Anspruch „schutzlos“ wäre oder ob ihre Interessen nicht schon durch deliktische oder sonstige Ansprüche hinreichend geschützt sind. Dies hat etwa speziell in Bezug auf die in allen drei Rechtsordnungen diskutierte Problematik der „Gefälligkeitsfahrt“ eine große Rolle gespielt.1335 Die Einstufung als Gefälligkeit oder Vertrag ist somit zu einem gewissen Grad auch vor dem Hintergrund des Gesamtsystematik und des generellen Rechtsschutzinstrumentariums der jeweiligen Rechtsordnung zu betrachten. Hinzu kommt, dass sie vielfach auch von den jeweils herrschenden kulturellen, wirtschaftlichen und soziopolitischen Gegebenheit (mit-)bestimmt wird, und diese sich überdies im Verlauf der Zeit durchaus auch wandeln können.1336 Klassisches Beispiel hierfür sind etwa das im Verlauf des letzten Jahrhunderts geradezu revolutionär gewandelte Ehe- und Familienbild. Mit Blick darauf wird heute z.B. im englischen Schrifttum verbreitet betont, dass die Leitentscheidung Balfour v Balfour nicht zuletzt ganz maßgeblich auch durch das Ideal der „viktorianischen Ehe“ geprägt war1337; tatsächlich würden auch Eheleute aber letztlich durch nichts davon abgehalten werden, ihre Eigentumsverhältnisse und Vermögensangelegenheiten (im Gegensatz etwa zur alltäglichen Haushaltsführung) durch einen rechtlich verbindlichen Vertrag zu regeln1338. Ganz ähnlich lässt sich auch durchaus bezweifeln, ob die aus den 1960er und 1970er Jahren stammenden englischen Entscheidungen, wonach selbst regelmäßige Fahrgemeinschaften unter Arbeitskollegen mit Fahrtkostenbeteiligung keinen Vertrag begründen1339, heute noch ebenso entschieden würden, oder ob nicht auch englische Gerichte hier heute – wie die deutschen1340 einen Vertrag annehmen würden1341. 1334 Vgl. für das deutsche Recht etwa Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 82; für das englische Recht auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.53; s. ferner etwa auch Hepple (1970) 28 CLJ 122, 134: „enables the court to cloak policy decisions in the mantle of private contractual autonomy“ („erlaubt es dem Gericht, Wertungsentscheidungen unter dem Deckmantel der vertraglichen Privatautonomie zu verbergen“). 1335 Vgl. dazu die Nachweise zur „Gefälligkeitsfahrt“ in Fn. 1215 ff. (deutsches Recht), Fn. 1264 (französisches Recht) und Fn. 1300 (englisches Recht). In Connell v Motor Insurers’ Bureau [1969] 2 QB 494 rief der Court of Appeal den Gesetzgeber sogar ausdrücklich zu einer Gesetzesreform (Pflichtversicherung) auf. 1336 Vgl. auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 10.19; McKendrick (Fn. 493), S. 281 f. 1337 Vgl. Freeman, Contracting in the Haven: Balfour v Balfour Revisited, in: Halson (ed.), Exploring the Boundaries of Contract, 1996, S. 68, 75; McKendrick (Fn. 493), S. 278; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 6.09. 1338 Vgl. Radmacher v Granatino [2010] UKSC 42 at per Lady Hale para. 142 (zitiert oben in Fn. 1295); Andrews (Fn. 493), 6.09; Treitel (Fn. 491), 4-014. 1339 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 1300. 1340 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 1218. 1341 Vgl. dazu auch Lord Cross in Albert v Motor Insurers’ Bureau [1972] AC 301 at 339 f. (der schon damals dezidiert für die Annahme eines Vertrags plädierte); McKendrick (Fn. 493), S. 281 f.
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Unabhängig von all diesen zeitlichen, kulturellen, sozioökonomischen und rechtspolitischen Faktoren und der starken Einzelfallabhängigkeit der gesamten Materie lassen sich aber gleichwohl zumindest einige allgemeine Leitlinien festhalten: Je tiefer eine Vereinbarung im familiären und/oder gesellschaftlichen Bereich wurzelt, desto eher sind die Gerichte in allen drei Rechtsordnungen geneigt, eine bloße Gefälligkeit anzunehmen; umgekehrt schlägt das Pendel umso stärker in Richtung Vertrag aus, je größer die wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung ist bzw. je stärker sie im geschäftlichen Bereich verankert ist. Ausdrücklich und offen als solche anerkannt ist diese „zweifache Vermutung“1342 zwar nur im englischen Recht1343; letztlich wird sie aber de facto ebenso auch im deutschen und französischen Recht unausgesprochen zu Grunde gelegt (und wird dies wohl künftig auch im Rahmen des CESL-D werden). Weiterhin wird zwar in allen Rechtsordnungen auch berücksichtigt, welche Formulierungen die Parteien gewählt habe. Wie aber nicht zuletzt anhand der überall bekannten und diskutierten als „Sonderkategorie“ des gentlemen’s agreement anschaulich deutlich wird, bleibt die Judikatur nirgends beim Wortlaut der Vereinbarung stehen, sondern berücksichtigt jenseits solcher bloßer Begrifflichkeiten oder „Etiketten“ umfassend sämtliche Umstände des Einzelfalls. Die grundlegende Formel des BGH, dass die Existenz eines Rechtsbindungswillens „auf Grund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien“ zu ermitteln und dabei „vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind“1344, würde wohl letztlich auch (fast) jeder französische oder englische Jurist ohne Weiteres unterschreiben.
2. Abgrenzung Angebot – invitatio ad offerendum und sonstige bloße Erklärungen der Vertragsbereitschaft a) Allgemeines aa) Deutsches Recht Im deutschen Recht wird eine Erklärung, mit der der Erklärende selbst noch kein Angebot abgeben, sondern nur einen anderen zur Abgabe eines Angebots auffordern möchte bzw. lediglich allgemein seine Vertragsbereitschaft zum Ausdruck bringt – also (noch) ohne Rechtsbindungswillen handelt – als invitatio ad offerendum bezeichnet.1345 1342 Vgl. Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 419, 421 („double presumption“) und 429 („twofold presumption“). 1343 Vgl. oben C. III.1. c) bei Fn. 1289 ff. 1344 Vgl. die Nachweise in Fn. 1213. 1345 Vgl. nur BGH NJW 2009, 1337, 1338; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 10; Kötz (Fn. 209), Rn. 88.
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Art. 337 ADHGB1346, 1347 hatte diesbezüglich noch eine spezielle Vorschrift enthalten. Im Rahmen der Beratungen zum BGB wurde die Problematik ausdrücklich diskutiert, man sah dann aber bewusst von einer speziellen Regelung ab: Für eine solche bestehe kein Bedürfnis, denn der „Begriff des Antrages, die maßgebende Bedeutung des Willens des Anbietenden für die rechtliche Tragweite seiner Erklärung“ brächten die Unverbindlichkeit derartiger Erklärung von selbst mit sich; die Jurisprudenz werde „auch ohne besondere Anleitung die richtige Entscheidung im Einzelfalle treffen“.1348 Ob im konkreten Einzelfall ein Angebot oder eine bloße invitatio ad offerendum vorliegt, ist daher nach heute allgemeiner Meinung durch Auslegung zu ermitteln, wobei es – entsprechend den allgemeinen Auslegungsstandards1349 auf den objektiven Empfängerhorizont ankommt.1350 Hierzu hat sich im Verlauf der Jahrzehnte eine reichhaltige Kasuistik entwickelt, innerhalb derer sich auch eine ganze Reihe von Fallgruppen herausgebildet haben.1351 bb) Französisches Recht Im französischen Recht wird eine Erklärung, die ohne den Willen, sich (schon) rechtlich binden zu wollen erfolgt, als invitation à entrer en pourparlers bezeichnet; ob lediglich eine solche oder bereits ein Angebot (offre) vorliegt, ist durch Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsstandards1352 zu ermitteln.1353 Ähnlich wie im deutschen hat sich hierzu auch im französischen Recht eine breite Kasuistik herausgebildet.1354
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Fn. 1010. Art. 337 ADHGB Das Anerbieten zum Verkauf, welches erkennbar für mehrere Personen, insbesondere durch Mittheilung von Preislisten, Lagerverzeichnissen, Proben oder Mustern geschieht, oder bei welchem die Waare, der Preis oder die Menge nicht bestimmt bezeichnet ist, ist kein verbindlicher Antrag zum Kauf. 1348 Vgl. Mot. I, 166 f. = Mugdan I, 444. 1349 Vgl. dazu bereits oben C. II.1. 1350 Vgl. BGH NJW 2002, 363, 364; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 4; ders. (Fn. 202), Rn. 707; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 10; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Rüthers/ Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 4. 1351 Vgl. die Übersichten bei Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 5 ff.; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 5 ff.; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11 ff. 1352 Vgl. dazu bereits oben C. II.2. 1353 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 261 ff.; Fages (Fn. 245), n° 45; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 247 f.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 464 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109 f.; s. ferner grundsätzlich auch Cass. com., 6.3.1990, n° 88-12477: „une proposition de contracter ne constitue une offre que si elle indique la volonté de son auteur d’être lié en cas d’acceptation“ („ein Vorschlag, einen Vertrag abzuschließen, stellt kein Angebot dar, wenn er nicht den Willen des Erklärenden zum Ausdruck bringt, im Falle der Annahme rechtlich gebunden sein zu wollen“). 1354 Vgl. dazu Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 261 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 464 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109 f. 1347
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
195
cc) Englisches Recht Im englischen Recht wird eine Erklärung, mit der der Erklärende selbst noch kein Angebot abgeben, sondern nur einen anderen zur Abgabe eines Angebots auffordern möchte – also (noch) ohne Rechtsbindungswillen handelt – als invitation to treat bezeichnet; ob lediglich eine solche oder ein wirksames Angebot (offer) vorliegt, wird – ebenso wie im deutschen und französischen Recht – durch Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsmaßstäbe1355 determiniert.1356 Auch in England hat sich diesbezüglich nicht nur eine umfangreiche Kasuistik entwickelt; die führenden englischen Lehrbücher heben sogar ausdrücklich hervor, dass für eine ganze Reihe typischer Fallkonstellationen heute prima facie rules (Vermutungsregeln) existieren.1357 dd) CESL-D Im Rahmen des CESL-D ist für die Frage der Abgrenzung zwischen Angebot und bloßer invitatio ad offerendum – wie sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 31 CESL-D1358 sowie speziell auch mit Blick auf Art. 30 Abs. 3 CESL-D1359 und Art. 31 Abs. 3 CESL-D ergibt ebenfalls maßgeblich, ob die Auslegung der entsprechenden Erklärung ergibt, dass ein Rechtsbindungswille vorlag.1360 Art. 31 Abs. 3 CESL-D normiert diesbezüglich zudem für den Sonderfall des an die Allgemeinheit gerichteten Vorschlags1361 eine spezielle widerlegliche Vermutung: Art. 31 Abs. 3 CESL-D Deutsch Ein an die Allgemeinheit gerichteter Vorschlag stellt kein Angebot dar, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich etwas anderes. 1355
Englisch A proposal made to the public is not an offer, unless the circumstances indicate otherwise.
Französisch Une proposition faite au public ne constitue pas une offre, sauf si les circonstances montrent qu’il en est autrement.
Dazu bereits oben C. II.3. Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.02; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 33; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 51 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 48 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-007 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.17; McKendrick (Fn. 493), S. 54 f.; Treitel (Fn. 491), 2-006. 1357 Vgl. etwa die Darstellungen bei Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34 ff.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-010 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.21 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 54 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-007 ff. 1358 Art. II.-4:201 DCFR Comments B und C erörtern unter dem Stichwort des Rechtsbindungswillens ausdrücklich auch die Problematik der Abgrenzung von Angebot und invitatio ad offerendum. 1359 Vgl. dazu bereits oben C. III.1. d). 1360 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 128; Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3. 1361 Vgl. zur Offerte ad incertas personas im Rahmen des CESL-D noch allgemein unten C. IV.4. 1356
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C. Angebot
Die Vorschrift wurde gegenüber den Vorgängerregelungen in Art. II.-4:201(3) DCFR1362 und Art. 2:201(3) PECL1363 signifikant redigiert1364: Diese hatten sich noch ausschließlich auf Vorschläge zur Lieferung von Gütern aus einem Vorrat oder zur Leistung von Diensten zu einem festen Preis durch ein Unternehmen bzw. einen professionellen Anbieter in einer öffentlichen Anzeige oder in einem Katalog oder durch Auslage von Gütern bezogen und diese im Zweifel bereits als ein auf den Vorrat bzw. die Kapazität des Unternehmens/ Anbieters beschränktes wirksames Angebot qualifiziert. Die jetzige Fassung ist dagegen ersichtlich an Art. 14 Abs. 2 CISG1365 angelehnt.1366 b) Ausgewählte Einzelfälle Wenngleich die drei Rechtsordnungen und der CESL-D somit in Bezug auf die Abgrenzung von Angebot (offre, offer) einerseits oder invitatio ad offerendum (invitation à entrer en pourparlers, invitation to treat) andererseits ersichtlich von einem gleichartigen Grundansatz ausgehen, so ergeben sich im Detail neben vielen Gemeinsamkeiten doch auch eine ganze Reihe von Unterschieden im Hinblick auf die Behandlung konkreter Fallkonstellationen, die sich am besten anhand einer Reihe ausgewählter Einzelfälle illustrieren lassen:
1362 Art. II.-4:201(3) DCFR A proposal to supply goods from stock, or a service, at a stated price made by a business in a public advertisement or a catalogue, or by a display of goods, is treated, unless the circumstances indicate otherwise, as an offer to supply at the price until the stock of goods, or the business’s capacity to supply the service, is exhausted. (Ein Vorschlag zur Lieferung von Gütern aus einem Vorrat oder zur Leistung von Diensten zu einem festgesetzten Preis, den ein Unternehmen in einer öffentlichen Anzeige oder in einem Katalog oder durch Auslage von Gütern macht, gilt als ein Angebot, zu diesem Preis zu liefern, bis der Vorrat der Güter oder die Kapazität des Unternehmens zur Leistung der Dienste erschöpft ist, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt). Kritisch dazu Eidenmüller, Privatautonomie, Verteilungsgerechtigkeit und das Rechts des Vertragsschlusses im DCFR, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf für einen Gemeinsamen Referenzrahmen. Kontroversen und Perspektiven, 2008, S. 73, 77 f. 1363 Art. 2:201(3) PECL Ein Vorschlag zur Lieferung von Gütern oder zur Leistung von Diensten zu festgesetzten Preisen, den ein professioneller Anbieter in einer öffentlichen Anzeige oder in einem Katalog, oder durch eine Auslage von Gütern erbringt, gilt im Zweifel als Angebot zum Verkauf oder zur Leistung zu diesem Preis, bis der Vorrat an Gütern oder die Kapazität des Anbieters zur Leistung der Dienste erschöpft ist. 1364 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 133; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 607 f. 1365 Art. 14 Abs. 2 CISG Ein Vorschlag, der nicht an eine oder mehrere bestimmte Personen gerichtet ist, gilt nur als Aufforderung, ein Angebot abzugeben, wenn nicht die Person, die den Vorschlag macht, das Gegenteil deutlich zum Ausdruck bringt. 1366 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 133; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 607.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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aa) Zeitungsannonce Erste klassische Fallgruppe sind Annoncen in Zeitungen, Zeitschriften etc. (1) Deutsches Recht Sie werden im deutschen Recht grundsätzlich als bloße invitatio ad offerendum qualifiziert.1367 Begründet wird dies damit, dass der Erklärende sich die endgültige Entscheidung über das Zustandekommen des Vertrags i.d.R. vorbehalten möchte: Zum einen mit Blick auf die meist begrenzte Menge der betreffenden Waren/Leistungen und das Risiko einer Begründung ggf. weit darüber hinausgehender vertraglicher Leistungspflichten1368 (speziell vor dem Hintergrund, dass er die Annonce nicht mehr ändern oder zurücknehmen kann, sobald sie einmal „in der Welt“ ist1369), zum anderen aber auch, weil er zunächst die Vertrauenswürdigkeit und/oder Bonität des potenziellen Vertragspartners prüfen möchte1370. (2) Französisches Recht Im französischen Recht werden Zeitungsinserate dagegen sofern sie hinreichend bestimmt sind1371 grundsätzlich als wirksames Angebot angesehen1372 1367
Vgl. BGH NJW 2012, 2268, 2269; OLG München ZIP 1981, 1347, 1348; OLG Hamm NJW-RR 1999, 127; OLG Schleswig NJW 2004, 231; OLG Hamburg MMR 2005, 318, 319; LG München I, NJW-RR 2003, 1689; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 6; Bork (Fn. 202), Rn. 706; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; BeckOK-BGB/Eckert, Ed. 25/2012, § 145 Rn. 40; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Honsell/Holz-Dahrenstaedt JuS 1986, 969; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 3; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Medicus (Rn. 1017), Rn. 359; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 566; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1368 Vgl. OLG Hamburg MMR 2005, 318, 319; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 637); Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Medicus (Rn. 1017), Rn. 359; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 566. 1369 Vgl. Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 566. 1370 Vgl. OLG Hamburg MMR 2005, 318, 319; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1371 Vgl. etwa CA Toulouse, 21.2.1984, RTD Civ. 1984, 706 m. Anm. Mestre (bloße invitation à entrer en pourparlers im Falle einer Zeitungsannonce bezüglich der Vermietung einer Villa, die in „in Kürze frei“ sei und „für den Moment“ keine Garage habe). 1372 Vgl. Cass. civ. 1re, 7.2.1966, Bull. civ. I n° 91 (Zeitungsinserat bezüglich Verkauf eines Grundstücks); Cass. civ. 3e, 28.11.1968, Bull. civ. I n° 91 (Zeitungsinserat bezüglich Verkauf eines Grundstücks zum Preis von 25 000 F.); Cass. civ. 3e, 13.6.1972, n° 71-11455 (Zeitungsanzeige bezüglich Verkauf eines Hauses); Cass. civ. 3e, 1.7.1998, n° 96-20605 (Zeitungsinserat bezüglich Verkauf von Baugrund); vgl. ferner auch Cass. civ. 3e, 17.6.2009, n° 08-13833 (öffentliches Angebot einer Immobilie zu einem bestimmten Preis durch einen Notar im Auftrag eines Ehepaars); C. de Paris, 5.2.1910, D. 1913.II.1 (Zeitungsanzeige betreffend den Verkauf eines Buches); aus dem Schrifttum etwa: Bénabent (Fn. 243), n° 61; Boy D. 1999, jur. 170, 171; Delforge, La formation des contrats sous un angle dynamique. Réflexions comparatives, in: Fontaine (éd.), Le processus de formation du contrat. Contributions comparatives et interdiscipli-
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C. Angebot
(der Vertrag kommt mit demjenigen zustande, der als erster wirksam eine Annahme erklärt1373 bzw. mit den ersten, solange der entsprechende Vorrat reicht1374). Dahinter steht die Erwägung, dass das Publikum in einer solchen – immerhin privatautonom abgegebenen Erklärung ein Angebot sehe und in diesem Vertrauen nicht enttäuscht werden soll.1375 Im Einzelfall kann sich aber aus den Umständen ergeben, dass es sich ausnahmsweise nur um eine invitation à entrer en pourparlers handelt.1376 Dies gilt etwa speziell bei Verträgen intuitu personae (d.h. solchen, bei denen die Person des Vertragspartners eine wichtige Rolle spielt), da dieses Element impliziert, dass sich der Erklärende vorbehalten will, nur mit bestimmten Personen zu kontrahieren.1377 (3) Englisches Recht Im englischen Recht wird im Hinblick auf die Qualifikation von Zeitungsannoncen zwischen unilateral und bilateral contracts differenziert.1378 Sofern es um einen unilateral contract1379 geht, wird die Annonce als wirksames Angebot qualifiziert1380; klassisches Beispiel ist insofern das Inserat in 1373 naires à l’harmonisation de droit européen, 2002, n° 442; Cornu RTD civ. 1969, 348; Dissaux D. 2009, 2724, 2726; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468; Mestre RTD civ. 1999, 79, 81; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 58; Terré/Simler/ Lequette (Fn. 243), n° 114; Valéry D. 1913.II.1, 3. 1373 Vgl. Cass. civ. 3e, 28.11.1968, Bull. civ. I n° 91; Cass. civ. 3e, 13.6.1972, n° 71-11455; vgl. ferner auch Cass. civ. 3e, 12.2.1975, n° 73-14407; Cass. civ. 3e, 17.6.2009, n° 08-13833; CA Toulouse, 21.2.1984, RTD civ. 1984, 706; aus dem Schrifttum etwa: Bénabent (Fn. 243), n° 61; Cornu RTD civ. 1969, 348; Delforge (Fn. 1372), n° 442; Dissaux D. 2009, 2724, 2726; Guenzoui (Fn. 245), n° 158; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 58; Valéry D. 1913.II.1, 3; Vialard RTD civ. 1971, 750, 789. 1374 Vgl. Shandi, La formation du contrat à distance par voie électronique, 2005, S. 29 f.; Vialard RTD civ. 1971, 750, 789. 1375 Vgl. Valéry D. 1913.II.1, 3; Vialard RTD civ. 1971, 750, 763, 769. 1376 Vgl. Boy D. 1999, jur. 170, 171; Cornu RTD civ. 1969, 348, 349; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468. 1377 Vgl. Cour de Lyon, 16.5.1928, D. 1928.II.197 (Zeitungsinserat bezüglich Vermietung eines Lokals; auf Grund intuitus personae kein wirksames Angebot); Cass. civ. 3e, 20.3.1996, n° 94-10759; Bénabent (Fn. 243), n° 57; Boy D. 1999, jur. 170, 171; Cornu RTD civ. 1969, 348; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468; Mestre RTD civ. 1984, 706, 707 f.; ders. RTD civ. 1999, 79, 81; s. ferner allg. auch Aubert (Fn. 990), n° 68 ff.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 262; Robert JCP G 1958.I.1458 n° 6; Shandi (Fn. 1374), S. 29 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 110, 114; Vialard RTD civ. 1971, 750, 784 ff.; Voirin D. 1928.II.197; klassischer Fall sind weiterhin z.B. auch Kreditverträge, vgl. Cass. com., 31.1.1966, Bull. civ. III n° 64. 1378 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 56 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-010 f. 1379 Näher dazu bereits oben B. II.3. b). 1380 Vgl. Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 (der Rechtsbindungswille wurde hier zusätzlich noch dadurch demonstriert, dass die Carbolic Smoke Ball Co. in der Annonce ausdrücklich hervorhob, dass sie als Zeichen ihrer Ernsthaftigkeit eine Summe von 1000 £ bei einer Bank hinterlegt habe); Andrews (Fn. 493), 3.03; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Treitel (Fn. 491), 2-010; s. ferner auch McKendrick (Fn. 493), S. 57 ff.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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der Pall Mall Gazette im berühmten Carbolic Smoke Ball-Fall1381. Denn hier impliziert letztlich schon das Wesen des unilateral contracts die Existenz eines Rechtsbindungswillens: Da der unilateral contract dadurch charakterisiert ist, dass er (zumindest grundsätzlich1382) erst dann zustande kommt, wenn die vom Erklärenden begehrte Handlung bzw. Unterlassung vorgenommen wird, sind weitere Vertragsverhandlungen weder zu erwarten noch besteht hierfür ein Bedürfnis – entweder die begehrte Handlung/Unterlassung wird vorgenommen oder eben nicht.1383 Sofern es um einen bilateral contract geht, wird dagegen im Regelfall von einer bloße invitation to treat ausgegangen.1384 Zur Begründung wird zunächst angeführt, dass solche Annoncen häufig weitere Vertragsverhandlungen nach sich ziehen bzw. solche ggf. sogar zwingend erfordern.1385 Weiterhin habe der Inserent hier typischerweise ein legitimes Interesse daran, sich zunächst von der Leistungsfähigkeit bzw. Solvenz seines Vertragspartners zu überzeugen, bevor er eine vertragliche Bindung eingeht1386. Zudem sei hier regelmäßig auch schon deshalb nicht bereits ein wirksames Angebot gewollt, weil der Inserent sonst der Gefahr einer seine Leistungsfähigkeit übersteigenden Verpflichtung ausgesetzt wäre, da er an jeden, der das „Angebot“ annimmt, liefern müsste.1387 Auf Grund der Gesamtumstände kann sich allerdings im konkreten Einzelfall ausnahmsweise auch ergeben, dass bereits ein wirksames Angebot gewollt war.1388 1381
Vgl. dazu näher oben B. II.3. b) bb); s. ferner auch bereits oben B. I.3. b) cc). Vgl. aber zur höchst umstrittenen Frage, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt) bzw. zumindest eine gewisse Bindung für den Anbietenden begründet näher unten D. VII.3. b) bb). 1383 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Treitel (Fn. 491), 2010. 1384 Vgl. Harris v Nickerson (1873) LR 8 QB 286 (Annonce in Londoner Zeitungen, dass an bestimmten Tagen Büromöbel versteigert werden); Partridge v Crittenden [1968] 1 WLR 1204 (Zeitungsannonce: „bramblefinch cocks, bramblefinch hens … 25s. each“ [„Bergfinkenhähne, Bergfinkhennen … 25 Schillinge pro Stück“]); Andrews (Fn. 493), 3.03; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; McKendrick (Fn. 493), S. 56; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1385 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.24; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1386 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1387 Vgl. Partridge v Crittenden [1968] 1 WLR 1204 at 1209 f. per Lord Parker CJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.03; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; McKendrick (Fn. 493), S. 56 f. (die dieses Argument allerdings nicht für wirklich überzeugend halten, da dieser Gefahr durch Klauseln wie „solange der Vorrat reicht“ vorgebeugt werden könne). 1388 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; Treitel (Fn. 491), 2011. Die meisten englischen Lehrbücher verweisen insoweit auf die US-amerikanische Leitentscheidung Lefkowitz v Great Minneapolis Surplus Store 86 N.W.2d 689 (1957) (Zeitungsannonce: „Saturday … 3 Brand New Fur Coats Worth to $100.00 First Come First Served $1 Each“ und „1 Black Lapin Stole … worth $139.50 … $1.00 First Come First Served“ [„Samstag 1382
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C. Angebot
(4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D1389 werden Zeitungsinserate als an die Allgemeinheit gerichtete Vorschläge gem. Art. 31 Abs. 3 CESL-D im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum qualifiziert. Dies entspricht auch der h.M. zur Vorbildregelung in Art. 14 Abs. 2 CISG.1390 Dabei handelt es sich indes nur um eine widerlegliche Vermutung. Die Begründungen zu den Vorgängerregelungen in Art. II.-4:201(3) DCFR1391 und Art. 2:201(3) PECL1392 hatten insoweit angeführt, dass speziell dann von einem wirksamen Angebot auszugehen sei, wenn der Vorschlag hinreichend bestimmt und die Person des Vertragspartners irrelevant sei.1393 Dies dürften wohl auch im Rahmen des CESL-D wichtige Kriterien sein. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Grundansatz in Art. II.-4:201(3) DCFR und Art. 2:201(3) PECL noch ein ganz anderer war; im Rahmen des CESL-D geht die Vermutung grundsätzlich in Richtung bloße invitatio ad offerendum.1394 Speziell die in den Kommentaren zu Art. II.-4:201(3) DCFR und Art. 2:201(3) PECL genannten Beispielsfälle für wirksame Angebote können daher keinesfalls unbesehen auch auf die Ebene des CESL-D übertragen werden.1395 … 1389 3 brandneue Pelzmäntel im Wert von 100 $ für 1 $ pro Stück; wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ und „1 schwarze Kaninchenfell-Stola … im Wert von 139,50 $ … 1 $; wer zuerst kommt, mahlt zuerst“]; wirksames Angebot). 1389 Voraussetzung ist freilich, dass die Anwendung des CESL zwischen den Parteien gem. Art. 8 CESL-VOE wirksam vereinbart wurde, was bei Verwendung von Zeitungsannoncen ggf. praktische Probleme bereiten könnte. Vgl. zu den Anforderungen des Art. 8 CESL-VOE sowie speziell auch zu den hohen Anforderungen bei Verbraucherverträgen (und dem dort gem. Art. 9 CESL-VOE erforderlichen Informationsblatt) näher: Aubert de Vincelles JCP G 2011, act. 1376; Ayad/Schnell BB 2012, 1487, 1488 f.; Balthasar RIW 2012, 361, 362; Corneloup ZEuP 2012, 705, 723 ff.; Editorial (2012) 49 C.M.L. Rev. 1267, 1270; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann JZ 2012, 269, 276; Fauvarque-Cosson D. 2012, 34, 40 f.; Grädler/ Köchel GPR 2012, 106, 107; Haug K&R 2012, 1, 2 f.; Harvey/Schillig, Conclusion of Contract, in: Vogenauer/Dannemann (eds.), The Common European Sales Law in Context, 2013 (erscheint demnächst), Ch. 8, sub. II.; Leible (Fn. 1323), Rn. 30 ff.; Mankowski RIW 2012, 97, 100 ff.; Micklitz/Reich (Fn. 1320), paras. 28 ff.; Riesenhuber GPR 2012, 2 ff.; Schmidt-Kessel (Fn. 1320), S. 29, 40 ff.; Staudenmayer NJW 2011, 3491, 3494; Wagner ZEuP 2012, 455, 459 f.; Whittaker (2012) 75 MLR 578, 596 ff.; Zimmermann JBl. 2012, 2, 19. 1390 Vgl. Dornis in: Honsell, CISG, 2. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 29; Ferrari in: Kröll/Mistelis/ Viscasillas, CISG, 1st ed. 2011, Art. 14 Rn. 8; Staudinger/Magnus, Neubearb. 2013, Art. 14 CISG Rn. 37; Mankowski in: Ferrari u.a. (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 14 CISG Rn. 10; Schlechtriem/Schroeter in: Schlechtriem/Schwenzer, CISG, 5. Aufl. 2008, Art. 14 Rn. 27, 30; Schroeter in: Schwenzer (ed.), CISG, 3rd ed. 2010, Art. 14 paras. 27, 30. 1391 Fn. 1362. 1392 Fn. 1363. 1393 Vgl. Art. II.-4:201 DCFR Comment C; Art. 2:201 PECL Kommentar C. 1394 Vgl. dazu bereits oben C. III.2. a) dd) 1395 Als Beispiele für Fälle, in denen bereits ein wirksames Angebot vorliegen soll, werden genannt: (1) Dass ein Unternehmen inseriert, dass es „alle frischen Eier, die bis zum 22.2.“ bei ihm angeliefert werden, zu einem bestimmten Preis kaufe (Beispiel 1) oder, (2) dass jemand in-
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(5) Rechtsvergleichende Würdigung Schon beim klassischen Beispiel der Zeitungsannonce zeigen sich somit signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen: Grundsätzlich bloße invitatio ad offerendum im deutschen und (mit Ausnahme der Sonderkategorie des unilateral contract) im englischen Rechts sowie im CESL-D, grundsätzlich bereits ein wirksames Angebot dagegen im französischen Recht. Das für die französische Lösung angeführte Argument, dass das Publikum in solchen Zeitungsannoncen regelmäßig bereits ein Angebot sehe und in diesem Vertrauen nicht enttäuscht werden soll1396, erscheint zwar zunächst durchaus bestechend, erweist sich aber bei näherer Betrachtung als äußerst angreifbar. Erwartet der durchschnittliche Adressat wirklich, dass er durch seine bloße Annahmeerklärung einen wirksamen Vertrag zustande bringen kann? Muss er nicht tatsächlich vielmehr nach allgemeiner Lebenserfahrung damit rechnen, dass die begehrte Ware/Leistung bereits an jemand anders verkauft bzw. ausverkauft ist und/oder der Inserent gerade nicht mit jedem kontrahieren, sondern sich seinen Vertragspartner ggf. auswählen möchte? Ist das Erwartungs-/Vertrauenschutzargument somit schon mit Blick auf sein soziologisch-empirisches Fundament alles andere als zwingend, so verliert es noch weiter an Überzeugungskraft, wenn man berücksichtigt, dass der Adressat auch nach französischem Recht letztlich tatsächlich gar nicht darauf vertrauen kann, dass er allein durch seine Annahmeerklärung einen Vertrag zustande bringen kann: Denn der Vertrag kommt ja gerade nur mit dem ersten Akzeptanten (bzw. den ersten, solange der Vorrat reicht) zustande kommt die Annahmeerklärung des „Durchschnittsadressaten“ also auch nur 1 Minute (oder die berühmte „juristische Sekunde“) später, hat er also ohnehin das Nachsehen. Hinzu kommt, dass der Grundsatz des wirksamen Angebots mit der Ausnahme für Verträge intuitu personae eine signifikante Durchbrechung erfährt, das (vermeintliche) Vertrauen bzw. die (vermeintlichen) Erwartungen des Publikums also bei einer wichtigen Kategorie von Verträgen ohnehin zurückstehen müssen. Ebenso wenig ein wirklich restlos überzeugendes Argument für die Qualifikation als wirksames Angebot zu liefern vermag auch die eng mit dem Erwartungs-/Vertrauensschutz verknüpfte „Disziplinierungsfunktion“. Solche Erklärungen nicht bloß als invitatio ad offerendum, sondern als ein wirksames 1396 seriert, dass er ein Grundstück an denjenigen verkauft, der ihm zuerst 25 000 € andient (Beispiel 2). Auch hier kann man allerdings mit guten Gründen bezweifeln, ob tatsächlich bereits ein Angebot vorliegen soll: Vielleicht möchte das Unternehmen keine Eier von bestimmten Produzenten (etwa solchen, die bereits negativ aufgefallen sind) kaufen oder erst noch prüfen, ob die Eier wirklich frisch sind; aber auch im zweiten Fall kann der Inserent durchaus trotzdem ein Interesse haben, das Grundstück nicht an jeden verkaufen zu wollen. 1396 Vgl. die Nachweise in Fn. 1375.
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C. Angebot
Angebot zu qualifizieren, hat zwar sicherlich auch den Effekt, speziell Unternehmer von missbräuchlichen „Köderangeboten“, unzulässigen oder willkürlichen Diskriminierungen bestimmter Personen(gruppen) etc. abzuhalten.1397 Diesen – prinzipiell unzweifelhaft legitimen – Zielen kann allerdings durch delikts-, wettbewerbs- und ggf. auch strafrechtliche Instrumente wesentlich besser und zielgerichteter Rechnung getragen werden.1398 Andererseits ist aber freilich auch das im deutschen und englischen Recht für die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum vorgebrachte Argument, dass der Inserent/Unternehmer sich sonst dem Risiko einer seine Leistungsfähigkeit u.U. weit übersteigenden vertraglichen Bindung ausgesetzt sähe, letzten Endes nicht ganz so schlagkräftig, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn häufig wird sich schon im Wege der Auslegung ergeben, dass auf Grund der Umstände des Einzelfalls nur ein Angebot „solange der Vorrat reicht“ bzw. „Selbstbelieferung vorbehalten“ vorliegt.1399 Selbst wenn und soweit dies jedoch nicht möglich sein sollte, ist zu berücksichtigen, dass es der Inserent immerhin selbst in der Hand hat, der Gefahr „exorbitanter“ Leistungsverpflichtungen durch die Aufnahme einer entsprechenden ausdrücklichen Klausel vorzubeugen. Zumindest der geschäftserfahrene Unternehmer erscheint somit insoweit letztlich nicht unbedingt schutzwürdig. Anders aber freilich im Falle einer nicht geschäftserfahrenen Privatperson als Inserent; hier hat das „Leistungsfähigkeitsargument“ durchaus seine Berechtigung. Wenngleich also auch das „Leistungsfähigkeitsargument“ durchaus differenziert zu würdigen ist, spricht aber jedenfalls der Umstand, dass der Inserent regelmäßig ein legitimes Interesse daran hat, zunächst die Person des Vertragspartners zu kennen, bevor er endgültig über das Zustandekommen des Vertrags entscheidet, maßgeblich dafür, Zeitungsannoncen etc. lediglich als bloße invitatio ad offerendum zu qualifizieren. Dies zeigt sich schon daran, dass letztlich auch das französische Recht nicht umhin kommt, dies anzuerkennen – wenngleich auch nur für die Fallgruppe der Verträge intuitu personae (z.B. Miet- oder Kreditverträge)1400. Der Inserent hat aber auch bei Vertragstypen, die im französischen Recht nicht in diese Kategorie fallen, regelmäßig ein
1397 Im französischen Schrifttum wird dieses Argument speziell im Kontext der verwandten Fallgruppe von Schaufensterauslagen vorgebracht, vgl. unten C. III.2. b) cc)(2). Vgl. zu dieser Disziplinierungsfunktion der Qualifikation als Angebot in Bezug auf das englische Recht auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. S. 55, 60; aus rechtsvergleichender Perspektive Köhler, Das Verfahren des Vertragsschlusses, in: Basedow (Hrsg.), Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, 2000, S. 33, 38; Møgelvang-Hansen, The Binding Effects of Advertising, in: Schulze (Ed.), New Features in Contract Law, 2007, S. 171, 179. 1398 Vgl. auch (aus rechtsvergleichender Perspektive) Köhler (Fn. 1397), S. 33, 38. 1399 Vgl. in Bezug auf das englische Recht Andrews (Fn. 493), 3.03; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; McKendrick (Fn. 493), S. 56 f. 1400 Vgl. oben C. III.2. b) aa)(2).
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legitimes Interesse daran, erst in Kenntnis der Person des Vertragspartners über den endgültigen Vertragsschluss zu entscheiden. So besteht insbesondere auch beim typischen Kauf- oder Dienstleistungsvertrag gewöhnlich ein Bedürfnis, sich zunächst von der Solvenz des Vertragspartners zu überzeugen. Man mag zwar einwenden, dass der Inserent schließlich häufig ein Zurückbehaltungsrecht oder die Möglichkeit der Rückforderung der eigenen Leistung habe; diese Optionen sind aber – soweit sie im konkreten Fall tatsächlich überhaupt eingreifen aus Sicht des Inserenten wohl nur ein schwacher Trost.1401 Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen besonders wertvolle Güter oder Leistungen in Rede stehen (Paradebeispiel: der Verkauf von Immobilien, der im französischen Recht gerade nicht als intuitu personae angesehen wird1402), sondern durchaus auch bei „kleineren“ Geschäften wie dem Verkauf eines Computers oder Fernsehers (bei Privatpersonen hat auch ein solches Geschäft typischerweise große Bedeutung; bei Unternehmern mag vielleicht ein einzelner „Ausfall“ zu verschmerzen sein, nicht aber eine größere Zahl). Neben der in (fast) allen Fällen eine wichtige Rolle spielenden Frage der Bonität des potenziellen Vertragspartners kann der Inserent aber in vielen Fällen auch noch andere gute – nicht willkürliche oder diskriminierende Gründe haben, zunächst die Person seines Vertragspartners zu kennen und ggf. mit bestimmten Personen nicht kontrahieren zu wollen, z.B. mit Querulanten oder Personen, die damit gedroht haben, die Ware/Leistung in geschäftsschädigender Weise zu verwenden.1403 Insgesamt erscheint daher die im deutschen und englischen Rechts sowie nun auch im CESL-D gewählte Lösung, Zeitungsannoncen etc. im Zweifel nur als invitatio ad offerendum zu qualifizieren (und nur ausnahmsweise auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls bereits ein wirksames Angebot anzunehmen) als klar vorzugswürdig. bb) Werbematerialien (Kataloge, Prospekte, Preislisten etc.) Ein weitere klassische Fallgruppe ist die – mit der Kategorie der Zeitungsannoncen eng verwandte Versendung/Publikation von Werbematerial wie etwa von Katalogen, Prospekten, Preislisten etc.
1401 1402 1403
Vgl. auch Köhler (Fn. 1397), S. 33, 37. Vgl. die Nachweise in Fn. 1372. Vgl. Köhler (Fn. 1397), S. 33, 38.
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C. Angebot
(1) Deutsches Recht Im deutschen Recht werde solche Kataloge1404, Prospekte1405 oder Preislisten1406 grundsätzlich nur als bloße invitatio ad offerendum eingeordnet. Schon die Motive zum BGB hatten betont, dass bei der „Versendung von Zirkularen, Mittheilung von Preislisten, Tarifen usw.“ die „offensichtliche Absicht“ nur die sei, „das Publikum auf die Gelegenheit zum Kaufen, Verkaufen, Miethen usw. hinzuweisen und zugleich die Geneigtheit zur Entgegennahme von Vertragsanträgen zu erklären“1407. Ebenso wird auch in der Judikatur1408 und im modernen Schrifttum1409 betont, dass hier die Werbefunktion im Vordergrund steht. Im Übrigen werden von Judikatur und Schrifttum für die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum die gleichen Argumente wie bei Zeitungsannoncen1410 angeführt, d.h. speziell die Gefahr exorbitanter vertraglicher Bindungen1411 und das legitime Interesse, vor dem endgültigen Zustandekommen des Vertrags die Vertrauenswürdigkeit und/oder Bonität des potenziellen Vertragspartners prüfen zu wollen1412. 1404
Vgl. BGH NJW 2009, 1337, 1338 (Produktkatalog eines Mobiltelefonanbieters); LG Leipzig MMR 2010, 751, 752; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 6; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 5; ders. (Fn. 202), Rn. 706; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Erman/Grunewald, 13. Aufl. 2011, § 433 Rn. 1; Honsell/ Holz-Dahrenstaedt JuS 1986, 969; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 3; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Medicus (Rn. 1017), Rn. 359; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 566; MünchKommBGB/H. P. Westermann, 6. Aufl. 2012, § 433 Rn. 29. 1405 Vgl. OLG Nürnberg NJOZ 2011, 256 (Prospekt eines Reiseveranstalters); LG Berlin VersR 1967, 698 (Faltprospekt einer Versicherung betreffend Sportbootspolice); Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 6; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 5; ders. (Fn. 202), Rn. 706; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Medicus (Rn. 1017), Rn. 359; Muscheler/ Schewe JURA 2000, 565, 566. 1406 Vgl. OLG München BeckRS 2004, 04533 (Preislisten eines Kfz-Vertragshändlers); OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 23256 (Preislisten eines Motorradvertragshändlers); Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 6; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 3; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; H. P. Westermann (Fn. 1404), § 433 Rn. 29; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. Vgl. auch Art. 337 ADHGB (Fn. 1347), der noch ausdrücklich bestimmt, dass Preislisten lediglich eine invitatio ad offerendum darstellen. 1407 Mot. I, 166 f. = Mugdan I, 444. 1408 Vgl. BGH NJW 2009, 1337, 1338; OLG Hamm ZGS 2008, 156; LG Berlin VersR 1967, 698, 699. 1409 Vgl. etwa Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Rodegra MDR 2010, 667 (in Bezug auf Reisekataloge). 1410 Vgl. dazu oben C. III.2. b) aa)(1). 1411 Vgl. BGH NJW 2009, 1337, 1338; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 637); Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 24; Medicus (Rn. 1017), Rn. 359; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 566. 1412 Vgl. BGH NJW 2009, 1337, 1338; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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(2) Französisches Recht Im französischen Recht werden Kataloge1413, Prospekte1414 und Preislisten1415 dagegen analog zu Zeitungsanzeigen und anderen offres au public grundsätzlich bereits als wirksames Angebot angesehen (sofern sich nicht im Einzelfalls ausnahmsweise aus den Umständen etwas anderes ergibt1416, speziell bei Verträgen intuitu personae1417). Ebenso wie bei Zeitungsannoncen1418 wird auch hier argumentiert, dass das Publikum in einer solchen – immerhin privatautonom abgegebenen Erklärung ein Angebot sehe und in diesem Vertrauen nicht enttäuscht werden soll.1419 (3) Englisches Recht Im englischen Recht wird bei Prospekten/Katalogen und Preislisten – analog zu Zeitungsannoncen1420 – zwischen unilateral und bilateral contracts differenziert.1421 Zielen sie auf einen unilateral contract1422 ab, wird bereits von einem wirksamen Angebot ausgegangen.1423 Sofern es dagegen – wie im Regelfall um einen bilateral contract geht, werden Prospekte/Kataloge1424 und Preislisten1425 grundsätzlich als bloße invitation to treat qualifiziert. Zu Grunde 1413 Vgl. Raymond, Droit de la Consommation, 2e éd. 2011, n° 306; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 114; Vialard RTD civ. 1971, 750, 762. 1414 Vgl. C. de Paris, 3.12.1959, D. 1960, 231 (Veröffentlichung eines Prospekts für eine jährliche Messe [mit Antrag auf Teilnahme] durch einen Fremdenverkehrsverein als Angebot); Cass. com., 3.12.2003, n° 02-10221 (Werbeprospekt von Carrefour mit Anpreisung eines Waschmittels); Aubert (Fn. 990), n° 31; Bonassies in: Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968, S. 361; s. ferner etwa auch TGI Pontoise, 7.4.1960, D. 1961, somm. 2 (Aushang betreffend Verkauf eines Grundstücks). 1415 Vgl. CA Nîmes, 13.5.1932, DH 1932, 404 (Veröffentlichung einer Preisliste für Anzeigen durch eine Zeitung als Angebot [aber: unter Bedingung, dass Veröffentlichung nicht Gefahr einer Haftung aussetzt]); Bonassies (Fn. 1414), S. 362 f. 1416 Vgl. Boy D. 1999, jur. 170, 171; Cornu RTD civ. 1969, 348, 349; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468. 1417 Vgl. die Nachweise in Fn. 1377. 1418 Vgl. oben C. III.2. b) aa)(2). 1419 Vgl. Vialard RTD civ. 1971, 750, 763, 769. 1420 Vgl. dazu oben C. III.2. b) aa)(3). 1421 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 56 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-010 f. 1422 Näher dazu bereits oben B. II.3. b). 1423 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Treitel (Fn. 491), 2-010; s. ferner auch McKendrick (Fn. 493), S. 57 ff. 1424 Vgl. Spencer v Harding (1870) LR 5 CP 561 (Rundschreiben betreffend Verkauf eines Lagers); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Bridge, Benjamin’s Sale of Goods, 8th ed. 2010, 2-002 (im Folgenden: Benjamin’s Sale of Goods); Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.35; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.23. 1425 Vgl. Grainger & Son v Gough [1896] AC 325 (Preislisten eines Weinhändlers); Andrews (Fn. 493), 3.03; Saxena in: Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968, S. 350 f.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002; Cheshire, Fifoot
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C. Angebot
liegen dem im Wesentlichen dieselben Erwägungen wie im Falle von Zeitungsannoncen, namentlich: (1) dass hier typischerweise weitere Vertragsverhandlungen nachfolgen1426, (2) dass der Urheber sich zunächst von der Leistungsfähigkeit bzw. Solvenz seines Vertragspartners überzeugen will1427, sowie (3) die Gefahr exorbitanter Leistungsverpflichtungen1428. Ebenso wie bei Zeitungsannoncen ist aber auch hier anerkannt, dass sich auf Grund der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall ausnahmsweise auch ergeben kann, dass bereits ein wirksames Angebot gewollt war.1429 (4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D1430 werden Prospekte, Kataloge und Preislisten als an die Allgemeinheit gerichtete Vorschläge gem. Art. 31 Abs. 3 CESL-D im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum eingeordnet (so auch die h.M. zur Vorbildregelung in Art. 14 Abs. 2 CISG1431). (5) Rechtsvergleichende Würdigung Die Qualifikation von Prospekten, Katalogen und Preislisten erfolgt somit in den einzelnen Rechtsordnungen insgesamt im Wesentlichen genauso wie bei der – tatsächlich und wertungsmäßig im Wesentlichen gleich gelagerten1432 – Kategorie der Zeitungsannoncen: Grundsätzlich bloße invitatio ad offerendum im deutschen und (mit Ausnahme der Sonderkategorie des unilateral
and1426 Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.35; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.23; McKendrick (Fn. 493), S. 56; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1426 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.23; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1427 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-018; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1428 Vgl. Grainger & Son v Gough [1896] AC 325 at 334 per Lord Herschell; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.03; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; McKendrick (Fn. 493), S. 56 f. (die dieses Argument allerdings nicht für wirklich überzeugend halten, da dieser Gefahr durch Klauseln wie „solange der Vorrat reicht“ vorgebeugt werden könne). 1429 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.03; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-017; Treitel (Fn. 491), 2-011. 1430 Ähnlich wie bei Zeitungsannoncen könnte die wirksame Vereinbarung der Anwendung des CESL gem. Art. 8, 9 CESL-D (vgl. dazu die Nachweise in Fn. 1389) aber auch hier praktische Schwierigkeiten bereiten. 1431 Vgl. Ferrari (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 8; Honnold/Flechtner, Uniform Law for International Sales under the 1980 United Nations Convention, 4th ed. 2009, Art. 14 para. 135; Magnus (Fn. 1390), Art. 14 CISG Rn. 37; Mankowski (Fn. 1390), Art. 14 CISG Rn. 10; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 27, 30; Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 paras. 27, 30; differenzierend jedoch Dornis (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 29. 1432 Im englischen Recht werden beide Kategorie meist auch einheitlich unter dem Stichwort advertisements behandelt; ähnlich auch im französischen Recht.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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contract) im englischen Rechts sowie im CESL-D, grundsätzlich bereits ein wirksames Angebot dagegen im französischen Recht. Dementsprechend erscheint aus den bereits oben in Bezug auf Zeitungsannoncen ausführlich dargelegten Gründen insgesamt auch hier die Lösung, im Zweifel nur von einer invitatio ad offerendum auszugehen (und nur ausnahmsweise auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls bereits ein wirksames Angebot anzunehmen) als klar vorzugswürdig – zumal bei Prospekten, Katalogen und Preislisten die Werbefunktion regelmäßig ganz evident im Vordergrund steht1433. cc) Schaufensterauslagen Zu den typischen Fallgruppen gehört in allen hier untersuchten Rechtsordnungen auch die Auslage von Waren im Schaufenster. (1) Deutsches Recht Im deutschen Recht werden Schaufensterauslagen von der ganz h.M. grundsätzlich als bloße invitatio ad offerendum qualifiziert, und zwar auch dann, wenn sie entsprechend den gesetzlichen Vorgaben1434 mit einer verbindlichen Preisangabe versehen sind.1435 Wesentliche Argumente sind auch hier die meist begrenzte Menge der betreffenden Waren und das Risiko darüber hinausgehender Leistungspflichten1436 sowie das legitime Interesse des Ladeninhabers, zunächst die Vertrauenswürdigkeit und/oder Bonität des potenziellen Vertragspartners prüfen zu wollen1437. Ergänzend wird zudem angeführt, dass der Ladeninhaber zumindest die konkret ausgestellten Stücke frühestens dann veräußern wolle, wenn er neu dekoriert, weil er andernfalls die Dekoration „zerstören“ müsste.1438 1433
Vgl. die Nachweise in Fn. 1408 f. Maßgeblich ist die Preisangabenverordnung (PAngV) i.d.F.d. Bekanntmachung v. 18.10.2002, BGBl. I, 4197. 1435 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Bork (Fn. 202), Rn. 706; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Grunewald (Fn. 1404), § 433 Rn. 1; Honsell/Holz-Dahrenstaedt JuS 1986, 969; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 3; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 25; Medicus (Rn. 1017), Rn. 360; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567; H. P. Westermann (Fn. 1404), § 433 Rn. 29; a.A. Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 291 ff.; Wahl FS Hefermehl, 1976, S. 1, 6; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. Vgl. speziell zur Irrelevanz der PAngV (allerdings in Bezug auf Zeitungsinserat): BGH NJW 1980, 1388 f. 1436 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 637); Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Medicus (Rn. 1017), Rn. 360; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567. 1437 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 165a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1438 Vgl. Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 11; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1434
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C. Angebot
(2) Französisches Recht Im französischen Recht werden Schaufensterauslagen dagegen als wirksames Angebot (offre) angesehen; eine erste entsprechende Leitentscheidung datiert bereits von 1869.1439 Begründet wird die Qualifikation als wirksames Angebot damit, dass die Schaufensterauslage in den Augen des Publikumsverkehrs als Angebot des Ladeninhabers angesehen werde1440. Zudem werde damit der – offenbar zumindest früher recht verbreiteten – Praxis entgegengewirkt, dass der Ladeninhaber im Schaufenster einen hochwertigen Artikel zu einem günstigen Preis anpreist, dann aber im Laden tatsächlich nur minderwertige Artikel verkauft und/oder einen höheren Preis verlangt1441 (so übrigens auch eine der wesentlichen Begründungen für die Qualifikation als Angebot im schweizerischen Recht, wo dies in Art. 7 Abs. 3 OR1442 sogar gesetzlich geregelt ist1443). Im Übrigen stünde es dem Ladeninhaber schließlich frei, sich gegen „Hamsterkäufe“, Käufe en gros oder ihm „unliebsame“ Käufer dadurch zu schützen, dass er in seine Auszeichnung der Ware ausdrücklich entsprechende Restriktionen aufnimmt.1444 (3) Englisches Recht Im englischen Recht werden Schaufensterauslagen demgegenüber – ebenso wie im deutschen als bloße invitation to treat qualifiziert.1445 Weitgehend deckungsgleich sind auch die hierfür gewöhnlich angeführten Hauptargumente: Dass der Ladeninhaber sich im Falle der Qualifikation als offer u.U. an eine 1439
Vgl. T. com. de la Seine, 5.1.1869, D. 1869.III.14 (Schaufensterauslage von vier Stück Seidentaft zum Preis von 5 F. 75 c. pro m); Aubert (Fn. 990), n° 28; Bonassies (Fn. 1414), S. 363 f.; Demogue (Fn. 881), n° 551; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 142; Morel RTD civ. 1908, 289, 301; Raymond (Fn. 1413), n° 306, 425; Robert JCP G 1958.I.1458 n° 5; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 114; Vialard RTD civ. 1971, 750, 762. Vgl. ferner auch T. com. de la Seine, 28.5.1921, D. 1923.II.152 (Kleid mit Preisauszeichnung an einer Schaufensterpuppe; kein Angebot bezüglich dieses konkreten Kleides, aber bezüglich gleichartiger Kleider im Laden). 1440 Vgl. T. com. de la Seine, 5.1.1969, D. 1869.III.14, 15; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; s. ferner auch Vialard RTD civ. 1971, 750, 769. 1441 Vgl. note zu T. com. de la Seine, 5.1.1869, D. 1869.III.14, 15. 1442 Art. 7 Abs. 3 OR Dagegen gilt die Auslage von Waren mit Angabe des Preises in der Regel als Antrag. 1443 Vgl. BGE 80 II 26, 36. 1444 Vgl. note zu T. com. de la Seine, 5.1.1869, D. 1869.III.14, 15; note zu T. com. de la Seine, 28.5.1921, D. 1923.II.152. So geschehen etwa im Fall T. com. de la Seine, 15.6.1869, D. 1869.III.55 (ausdrücklicher Vorbehalt, dass nicht an Groß- oder Zwischenhändler verkauft wird). 1445 Vgl. Timothy v Simpson (1834) 6 C & P 499; Fisher v Bell [1961] 1 QB 394 (Springmesser mit Preisauszeichnung); Esso Petroleum Co Ltd v Customs and Excise Commissioners [1976] 1 WLR 1 at 11 per Lord Russell of Killowen (obiter); Andrews (Fn. 493), 3.04; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.38; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.28; Treitel (Fn. 491), 2-009; Unger (1953) 16 MLR 369.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
209
seine Leistungsfähigkeit weit übersteigende Zahl von Verträgen gebunden finden könnte1446 und dass er typischerweise ein legitimes Interesse daran habe, sich die Möglichkeit vorzubehalten, mit bestimmten Personen nicht zu kontrahieren (z.B. Zahlungsunfähige, Querulanten, Diebe, etc.)1447. Zudem wird hervorgehoben, dass solche Schaufensterauslagen vor allem dazu dienen sollen, Passanten etc. zu animieren, in den Laden hineinzugehen.1448 Ergänzend wird teilweise auch angeführt, dass eine Qualifikation als offer zwar einen gewissen Disziplinierungseffekt im Hinblick auf Täuschungen, „Lockvogelangebote“ etc. haben könnte, der Kunde hiervor aber bereits durch die speziellen Verbraucherschutzvorschriften1449 hinreichend geschützt sei.1450 (4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D1451 gilt auch für Schaufensterauslagen die Vermutung des Art. 31 Abs. 3, d.h. sie werden im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum qualifiziert (so auch die h.M. zur Vorbildregelung des Art. 14 Abs. 2 CISG1452).
1446
Vgl. Esso Petroleum Co Ltd v Customs and Excise Commissioners [1976] 1 WLR 1 at 11 per Lord Russell of Killowen (obiter): „The reason for this is the eminently sound one that the vendor might otherwise find himself bound to a series of contracts that he would be quite unable to fulfil“ („Der Grund hierfür ist der überaus solide, dass sich der Verkäufer sonst an eine Reihe von Verträgen gebunden finden könnte, die zu erfüllen ihm völlig unmöglich wäre.“); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.38; Treitel (Fn. 491), 2-009; Unger (1953) 16 MLR 369; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.03; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; McKendrick (Fn. 493), S. 56 f. (die dieses Argument allerdings nicht für wirklich überzeugend halten, da dieser Gefahr durch Klauseln wie „solange der Vorrat reicht“ vorgebeugt werden könne); ebenso (in Bezug auf das singapurische Recht) auch Phang (2005) 17 SALJ 361, 369 ff. 1447 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.04; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 47. 1448 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.38. 1449 Vgl. etwa speziell r. 3(4)(d) & Sch. 1, para. 6 Unfair Trading Regulations 2008 (SI 2008/ 1277), die sog. „bait and switch“-invitations (Lockvogelangebote) verbieten, oder s. 20 Consumer Protection Act 1987 (Straftatbestand der irreführenden Preisangaben). Vgl. zu letzterer Vorschrift etwa auch die Entscheidung R v Warwickshire County Council, Ex p. Johnson [1993] AC 583 (Aushang an einem Elektronikladen: „We will beat any TV, Hi-Fi and Video price by £20 on the spot“ [„Wir werden jeden TV, Hi-Fi und Videopreis vor Ort um 20 £ unterbieten“); Händler weigerte sich aber, einen Fernseher 20 £ günstiger zu verkaufen, als ein anderer Elektronikladen im Ort). 1450 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.28; Treitel (Fn. 491), 2-009; s. ferner zu dieser Problematik auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 55, 60. 1451 Ähnlich wie bei Zeitungsannoncen könnte die wirksame Vereinbarung der Anwendung des CESL gem. Art. 8, 9 CESL-D (vgl. dazu die Nachweise in Fn. 1389) aber auch hier praktische Schwierigkeiten bereiten. 1452 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 29; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 30; Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 para. 30.
210
C. Angebot
(5) Rechtsvergleichende Würdigung Obgleich bei der Fallgruppe der Schaufensterauslagen eine Reihe spezieller Aspekte zu berücksichtigen sind, verlaufen die „Gräben“ zwischen den einzelnen Rechtsordnungen hier letztlich ebenso wie bei Zeitungsannoncen1453 und Werbematerialien (Prospekte, Kataloge, Preislisten)1454: Grundsätzlich bloße invitatio ad offerendum im deutschen und englischen Recht sowie im CESL-D, grundsätzlich bereits ein wirksames Angebot dagegen im französischen Recht. Anzumerken ist insoweit zunächst, dass eine Qualifikation von Schaufensterauslagen als Angebot wie im französischen (oder auch im schweizerischen1455) Recht in vielen Fällen schon ganz grundsätzlich allenfalls in dem Sinne angebracht erscheint, dass sich das Angebot zumindest beim Kauf vertretbarer Gegenstände nicht auf den konkret ausgestellten, sondern vielmehr nur auf Gegenstände gleicher Art und Güte bezieht (Beispiel: Kleid an der Schaufensterpuppe; anders aber etwa freilich bei Unikaten im Schaufenster eines Antiquariats). Dies ist indes im französischen Recht1456 (ebenso wie im schweizerischen1457) wohl auch der Fall. Dem etwa im deutschen Schrifttum für die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum vorgebrachten Argument des Interesses des Ladeninhabers an einer „intakten“ Dekoration1458 lässt sich also durchaus auch im Falle einer Qualifikation als Angebot Rechnung tragen.1459 Gleichwohl erscheint insgesamt letztlich aber auch im Falle der Schaufensterauslage die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum klar vorzugswürdig. Das Erwartungs-/Vertrauensschutz-Argument erweist sich – ebenso wie bei Zeitungsannoncen1460 und Werbematerialien1461 – bei näherer Betrachtung auch hier als äußerst angreifbar: Der Kunde dürfte hier nach der Lebenserfahrung ebenfalls damit rechnen müssen, dass die begehrte Ware vielleicht gerade ausverkauft und/oder der Ladeninhaber nicht mit jedem kontrahieren möchte; zudem ist er – wie bereits oben ausgeführt1462 – auch nach französischem Recht nicht wirklich dagegen geschützt, dass die Ware bereits ausver1453
Dazu oben C. III.2. b) aa). Dazu oben C. III.2. b) bb). 1455 Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) cc)(2). 1456 Vgl. T. com. de la Seine, 28.5.1921, D. 1923.II.152 und die note hierzu. 1457 Vgl. schon Oser in: Egger/Escher/Haab/Oser, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, 2. Aufl. 1929, Art. 7 Rn. 15; Bucher in: Basler Komm., 3. Aufl. 2003, Art. 7 Rn. 10; Kramer/Schmidlin in: Berner Komm. VI/1/1, 1986, Art. 7 Rn. 28 m.w.N. 1458 Vgl. die Nachweise in Fn. 1438. 1459 Im Falle des Gegenbeispiels eines Unikats im Schaufenster eines Antiquariats wird das „Verkaufsinteresse“ das „Dekorationsinteresse“ meist ohnehin überwiegen; ggf. könnte man aber auch mit einer Auslegung, dass zumindest die Lieferung erst später erfolgen soll, abhelfen. 1460 Vgl. oben C. III.2. b) aa)(5). 1461 Vgl. oben C. III.2. b) bb)(5). 1462 Vgl. oben C. III.2. b) aa)(5). 1454
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
211
kauft ist. Ebenso vermag auch hier das „Disziplinierungsargument“ nicht wirklich zu überzeugen: Gegen missbräuchliche „Lockvogelangeboten“ oder Diskriminierungen lässt sich auch im Falle von Schaufensterauslagen durch wettbewerbs-, delikts- und strafrechtliche Instrumente wesentlich besser und zielgerichteter vorgehen.1463 Andererseits streiten auch im Falle von Schaufensterauslagen das „Leistungsfähigkeitsargument“ und vor allem das legitime Interesse des Ladeninhabers, zunächst die Person des Vertragspartners zu kennen, bevor er endgültig über das Zustandekommen des Vertrags entscheidet Stichworte: Zahlungsfähigkeit, Querulanten, Verbot des Verkaufs bestimmter Waren an bestimmte Personen (z.B. Alkohol an Kinder) maßgeblich und durchschlagend für eine Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum. dd) Selbstbedienungsladen Mit der zunehmenden Verbreitung von Selbstbedienungsläden und Supermärkten1464 waren sowohl das englische als auch das deutsche und französische Recht vor das Problem gestellt, wie der Vertragsschluss hier zu konstruieren ist. (1) Deutsches Recht Im deutschen Recht besteht zwar Konsens, dass der Kaufvertrag jedenfalls erst an der Kasse zustande kommt. Es ist allerdings seit Langem höchst streitig, ob die Auslage der Waren im Regal etc. lediglich eine invitatio ad offerendum darstellt (und das Angebot erst dadurch erfolgt, das der Kunde die Ware an der Kasse vorlegt und der Verkäufer dieses dann durch das Kassieren annimmt)1465 oder ob es sich bereits um ein wirksames Angebot handelt (das der
1463 Vgl. die Nachweise aus dem englischen Schrifttum in Fn. 1450; aus rechtsvergleichender Perspektive: Köhler (Fn. 1397), S. 33, 38. Derartige Vorschriften existieren auch in allen Rechtsordnungen, z.B. im deutschen Recht die PAngV (Fn. 1434) oder § 5 UWG; im englischen Recht die in Fn. 1449 genannten; im französischen Recht z.B. Art. L. 121-1 ff. C. consom. 1464 Vgl. zur Geschichte des Supermarkts allg. Appel (1972) 48 Journal of Retailing, n° 1, 39 ff. Die „Erfindung“ des Supermarkts wird gewöhnlich Clarence Saunders zugeschrieben, der 1916 den ersten Piggly Wiggly-Supermarkt eröffnete und sich das Konzept des „self-service store“ 1916/17 sogar patentieren ließ (U.S. patent 1242872), vgl. nur Appel a.a.O. S. 42; Goldman (1975–76) 51 Journal of Retailing, n° 4, 49, 57 f. Der erste deutsche Supermarkt wurde 1938 von Herbert Eklöh in Osnabrück eröffnet (vgl. Schenk, Psychologie im Handel, 2. Aufl. 2007, S. 136; Der Spiegel 35/1959, S. 26). 1465 So Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 12; Carlsson JR 1954, 253 ff.; Dietrich DB 1972, 957 ff.; Fritzsche JA 2006, 674, 678 f.; Grunewald (Fn. 1404), § 433 Rn. 1; Kassing JA 2004, 615, 616; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 11; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 27; Recke NJW 1953, 92; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 5; H. P. Westermann (Fn. 1404), § 433 Rn. 29, 31; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7.
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C. Angebot
Kunde durch Vorlage an der Kasse annimmt)1466. Der BGH hat die Frage bislang ausdrücklich offen gelassen.1467 Für die erstgenannte Auffassung wird geltend gemacht, dass das Regal im Selbstbedienungsladen letztlich die Funktion des Schaufensters eines „traditionellen“ Ladens übernehme und daher auch genauso, d.h. als bloße invitatio ad offerendum, behandelt werden müsse.1468 Weiterhin führe die Gegenansicht zu konstruktiven und praktischen Schwierigkeiten, weil es dem Kunden nach der wirtschaftlichen Konzeption eines Selbstbedienungsladens gerade freistehen soll, es sich während des Aufenthalts im Laden jederzeit anders zu überlegen und Waren wieder ins Regal zurückzulegen.1469 Gegen die Qualifizierung bereits als wirksames Angebot spreche ferner auch, dass der Verkäufer ein legitimes Interesse daran hat, mit bestimmten Personen gar nicht zu kontrahieren (Bsp.: Zahlungsunfähige; Querulanten oder Diebe; kein Verkauf von Alkohol an Kinder) bzw. Käufe bestimmter Waren en gros oder Käufe zu versehentlich falsch ausgezeichneten Preisen zu verhindern.1470 Für die Auffassung, dass in der Auslage im Regal etc. bereits ein wirksames Angebot zu sehen ist, wird angeführt, dass der Ladeninhaber hierdurch nach der Verkehrsauffassung erkennbar seinen Willen zum Ausdruck bringe, die Ware zum ausgezeichneten Preis zu verkaufen1471. Das bei Annoncen und Schaufensterauslagen vorgebrachte „Leistungsfähigkeitsargument“ greife hier schon deshalb nicht, weil ein Vertragsschluss überhaupt nur in Frage kommt, soweit noch Ware vorhanden ist.1472 Die Bedenken der Gegenansicht in Bezug 1466
So Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 7; ders. (Fn. 202), Rn. 719; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742 f.; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 8; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 3; Medicus (Rn. 1017), Rn. 363; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567; Petersen JURA 2009, 183, 185; Staudinger/Schiemann, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearb. 2012, Rn. C 67; Schulze AcP 201 (2001) 232, 234 f.; vgl. ferner auch Bögner JR 1954, 417, 418 (der allerdings die Annahme bereits darin sieht, dass der Kunde die Ware in seinen Einkaufswagen legt). 1467 Vgl. BGH NJW 1976, 712 („bedarf es keiner Stellungnahme“); BGH NJW 2011, 2871 Rn. 15 (hier beschränkte sich der BGH auf die Aussage, dass jedenfalls „allein die Entnahme der Ware aus dem Regal noch nicht zu den Bindungswirkungen eines Kaufvertrags“ führe; unzutreffend daher Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 8, die die Entscheidung als Positionierung i.S.d. zweitgenannten Ansicht interpretiert). 1468 Vgl. Carlsson JR 1954, 253, 254. 1469 Vgl. Carlsson JR 1954, 253, 254; Dietrich DB 1972, 957 f.; Kassing JA 2004, 615; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 27; Recke NJW 1953, 92; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1470 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 12; Dietrich DB 1972, 957, 958 f.; Fritzsche JA 2006, 674, 678 f.; Grunewald (Fn. 1404), § 433 Rn. 1; Kassing JA 2004, 615, 616; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 11; Kötz (Fn. 209), Rn. 88; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 27; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 5; H. P. Westermann (Fn. 1404), § 433 Rn. 31; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1471 Vgl. Bögner JR 1954, 417, 418; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567. 1472 Vgl. Bögner JR 1954, 417, 418; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 67.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
213
auf einen Zwang zur Kontrahierung mit unliebsamen bzw. insolventen Personen seien letztlich unbegründet, weil das Angebot schon nach der Lebenserfahrung und der Interessenlage der Parteien als konkludent auf redliche und zahlungsfähige Kunden beschränkt angesehen werden müsse;1473 zudem habe der Verkäufer jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Käufer nicht zahlungsfähig sei1474. Der Gefahr von „Hamsterkäufen“ könne durch entsprechende Hinweise (Bsp.: „Abgabe nur in handelsüblichen Mengen“) bzw. ggf. notfalls ebenfalls i.R.d. Auslegung Rechnung getragen werden.1475 Ebenso sei auch der Hinweis auf die mit der Praxis des „Zurücklegens“ verbundenen konstruktiven Schwierigkeiten letztlich nicht durchschlagend: Da es gerade der Konzeption eines Selbstbedienungsladens entspricht, dass sich die Kunden bis zur Kasse noch umentscheiden können, liege in der Entnahme der Ware aus dem Regal und dem Legen derselben in den Einkaufswagen/-korb nach der Verkehrsauffassung gerade noch keine Annahmeerklärung, sondern diese erfolge vielmehr erst mit der Vorlage der Ware an der Kasse.1476 (2) Französisches Recht Im französischen Recht werden Auslagen in einem Selbstbedienungsladen (magasin à libre service) von der Rechtsprechung1477 und h.L.1478 als Angebot qualifiziert. Der Vertrag kommt damit bereits in dem Moment zustande, in dem der Kunde die Ware in seinen Einkaufswagen/-korb legt.1479 Zu Grunde liegt der Gedanke, dass die Auslage nach der Verkehrsauffassung und den legitimen Erwartungen des Publikums, das ein Interesse daran habe, dass schon zu diesem Zeitpunkt eine vertragliche Bindung zustande kommt (Stichworte: „kein Zurück“ für den Verkäufer von einer günstigen Anpreisung; vertragliche Haftung) – ebenso wie auch sonstige Offerten ad incertas personas ein Angebot darstelle.1480 Allerdings wird angenommen, dass konkludent vereinbart wird, dass Besitz und Eigentum an der Ware – abweichend von der 1473
Vgl. Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742 f.; ähnlich auch Schulze AcP 201 (2001) 232,
234. 1474
Vgl. Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567; Schulze AcP 201 (2001) 232, 234. Vgl. Medicus (Rn. 1017), Rn. 363; Schulze AcP 201 (2001) 232, 234 f. 1476 Vgl. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 7; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742 f.; abw. jedoch Bögner JR 1954, 417, 418. 1477 Vgl. Cass. civ. 1re, 20.10.1964, D. 1965, 62 („explodierende Mineralwasserflasche“; Angebot durch Auslage im Supermarktregal) ebenso auch bereits die Vorinstanz: CA Paris, 14.12.1961, JCP G 1962.II.12547 = RTD civ. 306 m. Anm. Tunc; implizit auch Cass. crim., 14.5.1958, D. 1958, 513. 1478 Vgl. Bonassies (Fn. 1414), S. 364 f.; Lacombe RTD civ. 1963, 242, 274; Larroumet (Fn. 243), n° 244; Vialard RTD civ. 1971, 750, 762; implizit auch M.R.M.P. D. 1958, 514; Savatier JCP G.II.12547. 1479 Vgl. Cass. civ. 1re, 20.10.1964, D. 1965, 62; CA Paris, 14.12.1961, JCP G 1962.II.12547 = RTD civ. 306 m. Anm. Tunc; Bonassies (Fn. 1414), S. 364 f.; Lacombe RTD civ. 1963, 242, 274; Savatier JCP G 1962.II.12547. 1480 Vgl. Lacombe RTD civ. 1963, 242, 274. 1475
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C. Angebot
Grundregel des Art. 1583 C. civ.1481 erst mit der Bezahlung an der Kasse übergehen.1482 Auf diese Weise wird einerseits den Interessen des Verkäufers Rechnung getragen, der damit ein Sicherungsmittel hat1483; andererseits wird damit zugleich gewährleistet, dass ein Kunde, der den Laden verlässt, ohne zu bezahlen, sich des Diebstahls strafbar macht1484. Im Schrifttum gibt es indes durchaus auch Kritik an dieser Konstruktion. Eingewandt wird insbesondere, dass sie nicht berücksichtige, dass es durchaus üblich sei, dass der Kunde es sich häufig anders überlegt und Waren wieder aus seinem Einkaufswagen/-korb zurück ins Regal legt und dafür eine andere Ware nimmt; solle dann jedes Mal der erste Kaufvertrag aufgelöst werden (mit welchem Recht?) und ein neuer geschlossen werden? Mit Blick darauf sei es doch viel einleuchtender, den Vertragsschluss erst mit der Bezahlung an der Kasse anzunehmen.1485 Die h.M., die sich dieser praktischen Schwierigkeiten durchaus bewusst ist, sieht hierin allerdings kein zwingendes Gegenargument; sie löst die Problematik des Zurücklegens dadurch, dass sie annimmt, dass das System des Selbstbedienungsladens impliziere, dass der Verkäufer dem Kunden konkludent das Recht einräumt, Waren zurückzulegen und sich damit einseitig wieder von dem (ersten) Kaufvertrag zu lösen.1486 (3) Englisches Recht Im englischen Recht werden Auslagen in einem Selbstbedienungsladen (selfservice shop) von der Rspr. 1487 und ganz h.L.1488 grundsätzlich als bloße invita1481 Art. 1583 C. civ. Elle [la vente] est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l’acheteur à l’égard du vendeur, dès qu’on est convenu de la chose et du prix, quoique la chose n’ait pas encore été livrée ni le prix payé. (Er [der Kauf] ist unter den Parteien vollkommen, und das Eigentum wird vom Käufer gegenüber dem Verkäufer kraft Gesetzes erworben, sobald man über die Sache und den Preis übereingekommen ist, auch wenn die Sache noch nicht geliefert und der Preis noch nicht gezahlt worden ist.) 1482 Vgl. Cass. crim., 14.5.1958, D. 1958, 513; Carbonnier, Droit civil, t. 4., 22e éd. 2000, n° 25; Carbonnier, Droit civil, t. 3, 19e éd. 2000, n° 115; Bonassies (Fn. 1414), S. 365; FabreMagnan (Fn. 23), S. 297; Lacombe RTD civ. 1963, 242, 272; M.R.M.P. D. 1958, 514; Savatier JCP G 1962.II.12547. 1483 Vgl. Lacombe RTD civ. 1963, 242, 272. 1484 Vgl. Cass. crim., 14.5.1958, D. 1958, 513; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 297; Lacombe RTD civ. 1963, 242, 273. 1485 Vgl. Savatier Gaz. Pal. 1962.I.27 fèvr.; Tunc RTD civ. 1962, 305, 306. 1486 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 297; Lacombe RTD civ. 1963, 242, 274. 1487 Grundlegend: Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd [1952] 2 QB 401; vgl. ferner etwa auch Debenhams Retail Plc v Commissioners of Customs and Excise [2003] UKVAT V18169 at para. 120. 1488 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.04; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34 f.; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53 ff.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 46 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Furmston/Tol-
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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tion to treat angesehen; das Angebot erfolgt erst durch den Käufer an der Kasse und wird dort dann auch vom Verkäufer angenommen. In der grundlegenden Entscheidung Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd war zunächst angeführt worden, dass es ein etabliertes Prinzip sei, dass die Präsentation von Waren durch einen Ladeninhaber lediglich eine invitation to treat darstellt und dass dieses Prinzip nicht nur deshalb komplett umgedreht werden sollte, weil ein Selbstbedienungssystem gilt.1489 Hauptargument war aber vor allem, dass die Qualifikation bereits als Angebot die unerwünschte Konsequenz hätte, dass der Käufer bereits in dem Moment, in dem er die Ware in den Einkaufswagen/-korb legt, vertraglich gebunden wäre und keine Möglichkeit mehr hätte, es sich anders zu überlegen, obwohl es doch gerade das Konzept des Selbstbedienungsladens sei, dass der Käufer die Ware betrachten und prüfen und ggf. auch ein Produkt zurücklegen und dafür ein anderes nehmen kann.1490 Weiterhin wird häufig an1489 hurst (Fn. 492), 2.39; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.27; McKendrick (Fn. 493), S. 63; Montrose (1954) 10 NILQ 178, 180 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-009. 1489 So dezidiert Lord Goddard CJ in 1. Instanz (Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd [1952] 2 QB 795 at 801), dessen Argumentation sämtliche Richter des CA ausdrücklich zustimmten (vgl. Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd [1952] 2 QB 401 at 406, 407, 408). 1490 Vgl. Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd [1952] 2 QB 401 at 406 per Somervell LJ: „… one of the most formidable difficulties … if [it were an offer], once an article has been placed in the receptacle the customer himself is bound and would have no right, without paying for the first article, to substitute an article which he saw later of a similar kind and which he perhaps preferred. I can see no reason for implying from this self-service arrangement any implication other than … that it is a convenient method of enabling customers to see what there is and choose, and possibly put back and substitute, articles which they wish to have, and then to go up to the cashier and offer to buy what they have so far chosen.“ („… eine der gewaltigsten Schwierigkeiten … wenn es ein Angebot wäre, wäre der Kunde gebunden, sobald ein Artikel in das Behältnis gelegt worden ist und hätte kein Recht, es gegen einen ähnlichen Artikel, den er später sähe und den er vielleicht vorzöge, auszutauschen, ohne für den ersten Artikel zu zahlen. Ich kann keinen Grund sehen, aus diesem Selbstbedienungsarrangement einen anderen Schluss zu ziehen als den, … dass es eine praktische Methode ist, es dem Kunden zu ermöglichen, zu sehen, was es gibt und Artikel, die sie haben möchten, zu wählen, und vielleicht zurückzulegen und durch andere zu ersetzen, und dann zum Kassierer zu gehen und anzubieten zu kaufen, was sie bis dahin ausgesucht haben.“). Sehr anschaulich auch Romer LJ (at 408): „… [if it was an offer] if a person picked up an article, once having picked it up, he would never be able to put it back and say that he had changed his mind. The shopkeeper would say: ‚No, the property has passed and you will have to pay.’ If that were the position in this and similar shops, and that position was known to the general public, I should imagine that the popularity of those shops would wane a good deal.“ („… [wenn es ein Angebot wäre], wenn eine Person einen Artikel nimmt, würde sie diesen, sobald sie ihn genommen hat, nie zurücklegen können und sagen, dass sie ihre Meinung geändert hat. Der Ladeninhaber würde sagen: ‚Nein, das Eigentum ist übergegangen und Sie müssen bezahlen.’ Wenn das in diesem und ähnlichen Läden der Fall wäre und dies der Öffentlichkeit bekannt wäre, könnte ich mir vorstellen, dass die Beliebtheit dieser Läden erheblich schwinden würde.“). Vgl. aus dem Schrifttum etwa auch Andrews (Fn. 493), 3.04.
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C. Angebot
geführt, dass die Qualifikation als Angebot dem Verkäufer der Freiheit berauben würde, mit bestimmten Personen gerade nicht zu kontrahieren (Bsp.: Zahlungsunwillige, „schlimmster Feind“).1491 Obgleich die Charakterisierung als bloße invitation to treat heute allgemein anerkannt und fest etabliert1492 ist, stößt sie im Schrifttum aber auch durchaus auch auf Kritik. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass zumindest das „Leistungsfähigkeitsargument“ hier nicht greife, weil das Angebot sich ja von vornherein nur auf die vorhandene Ware beziehen würde.1493 So wird insbesondere eingewandt, dass sich in der Boots-Entscheidung als „gewaltigste Schwierigkeit“ bezeichnete Problem des Zurücklegens ohne Weiteres auch dadurch lösen lasse, dass die Annahmeerklärung nicht bereits in der durchaus ambivalenten Handlung des In-den-Korb-Legens, sondern – entsprechend US-amerikanischen Präjudizien1494 erst in der Vorlage an der Kasse erblickt wird1495. Weiterhin wird argumentiert, dass sich der Verkäufer an seinen Verlautbarungen und Äußerungen festhalten lassen müsse und nicht die Möglichkeit haben dürfe, gerade dann, wenn ein Kunde die Ware zu den angepriesenen Konditionen erwerben möchte, einen Rückzieher zu machen bzw. Kunden willkürlich1496 abzuweisen1497. Im Übrigen habe das für die Qualifikation als invitation to treat angeführte Argument der Entscheidungsfreiheit des Verkäufers
1491 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.04; Montrose (1954) 10 NILQ 178, 180; sowie sehr plakativ bereits Winfield (1939) 55 LQR 499, 518: „If the display of such goods were an offer, then the shopkeeper might be forced to contract with his worst enemy, his greatest trade rival, a reeling drunkard, or a ragged and verminous tramp.“ („Wenn die Auslage solcher Waren ein Angebot wäre, könnte der Ladeninhaber gezwungen sein, mit seinem schlimmsten Feind, seinem größten Wettbewerber, einem torkelnden Trunkenbold oder einem zerlumpten und verlausten Landstreicher zu kontrahieren.“). 1492 Vgl. nur Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-015 und Treitel (Fn. 491), 2-009 („well established“). 1493 Vgl. Williams (1953) 10 NILQ 117, 118; Unger (1953) 16 MLR 369. 1494 Insoweit wird gewöhnlich auf die Leitentscheidung Lasky v Economy Grocery Stores 65 N.E.2d 305 (1946) verwiesen; ebenso etwa auch State v Boyd 260 A.2d 618 (1969). Es existierend jedoch auch einige abw. Entscheidung, z.B. Giant Food Inc v Washington Coca-Cola Bottling Co Inc 332 A.2d 1 (1975) (Annahme bereits durch Entnahme aus Regal; Eigentumsübergang allerdings erst an der Kasse); Gillispie v Great Atlantic & Pacific Tea Co 187 S.E.2d 441 (1972) (Annahme bereits durch Entnahme aus Regal; zugleich auch Eigentumsübergang, aber Sicherungsrecht des Verkäufers). Vgl. zur Rechtslage in den USA auch Am. Jur. 2d Sales § 109. 1495 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 53 f.; Williams (1953) 10 NILQ 117, 119; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.39; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 252; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.28; Treitel (Fn. 491), 2-009; Unger (1953) 16 MLR 369, 370; s. ferner auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34 f. (Fn. 27). 1496 Insoweit wird als extremes Negativbeispiel auch gerne auf die alte Entscheidung Timothy v Simpson (1834) 6 C & P 499 (betreffend Schaufensterauslagen, vgl. auch bereits oben bei Fn. 1445) verwiesen, wo ein Kunde in einem Laden abgewiesen worden war, weil er Jude war. 1497 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 54; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 253; Treitel (Fn. 491), 2009; Unger (1953) 16 MLR 369, 371.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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im Lichte der modernen Verbraucherschutz- und Antidiskriminierungsgesetzgebung erheblich an Überzeugungskraft verloren.1498 Indes werden die immer umfassenderen Verbraucher- und Diskriminierungsschutzvorschriften umgekehrt verbreitet gerade auch für die h.M. ins Feld geführt: Gerade weil der Käufer hierdurch bereits hinreichend geschützt sei, lasse sich aus derartigen Schutzerwägungen kein starkes oder gar zwingendes Argument zugunsten einer Qualifikation der Auslage als Angebot herleiten.1499 (4) CESL-D Als an die Allgemeinheit gerichtete Vorschläge gilt auch für Auslagen im Selbstbedienungsladen im Rahmen des CESL-D1500 die Vermutung des Art. 31 Abs. 3, d.h. sie sind im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum zu qualifizieren. Auf Grund der besonderen Charakteristika des Kaufs im Selbstbedienungsladen könnte man allerdings durchaus fragen, ob die Vermutung hier nicht ausnahmsweise widerlegt sein könnte. Hierauf wird im Anschluss an die rechtsvergleichende Würdigung der nationalen Lösungen nochmals zurückzukommen sein.1501 (5) Rechtsvergleichende Würdigung Insgesamt ist der rechtsvergleichende Befund somit auch hinsichtlich der Fallgruppe der Auslagen im Selbstbedienungsladen äußerst gespalten, nicht nur im Vergleich der einzelnen Rechtsordnungen, sondern speziell in Deutschland (aber auch in England) innerhalb des jeweiligen nationalen Rechts. Die Frage „invitatio ad offerendum oder Angebot?“ lässt sich dabei speziell hier nicht isoliert, sondern nur im Gesamtkontext der dogmatischen Konstruktion des Vertragsschlusses – und zudem auch des Eigentumsübergangs betrachten. Dabei ergibt sich, dass sich im Wesentlichen drei Lösungsvarianten unterscheiden lassen:
1498 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 35; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 55; ähnlich auch bereits Unger (1953) 16 MLR 369, 371 f. 1499 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.28. 1500 Ähnlich wie bei Zeitungsannoncen könnte die wirksame Vereinbarung der Anwendung des CESL gem. Art. 8, 9 CESL-D (vgl. dazu die Nachweise in Fn. 1389) aber auch hier praktische Schwierigkeiten bereiten. 1501 Siehe unten C. III.2. b) dd)(6).
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C. Angebot
Lösung 1 (TdL in Deutschland; h.M. in England) Auslage im Regal etc.
Lösung 2a (TdL in Deutschland; Alternativvorschlag in der englischen Lit.)
invitatio ad offerendum
Lösung 2b (französisches Recht)
Angebot
Entnahme aus dem Regal und Deponieren im Einkaufswagen/-korb durch den Käufer
rechtlich irrelevant
rechtlich irrelevant
Annahme
Vorlage der Ware an der Kasse durch den Käufer
Angebot
Annahme
für Abschluss des Kaufvertrags irrelevant (Kaufvertrag bereits geschlossen)
Kassieren durch Verkäufer
Annahme
Eigentumsübergang
für Abschluss des Kaufvertrags irrelevant (Kaufvertrag bereits geschlossen) an der Kasse
Auffällig ist übrigens, dass trotz dieser divergierenden Konstruktionen generell Konsens besteht, dass jedenfalls das Eigentum erst an der Kasse übergeht: Im deutschen Recht (unabhängig davon, welcher Ansicht gefolgt wird) weil die Einigung hinsichtlich der Übereignung erst an der Kasse zustande kommt1502; im englischen Recht, weil der – für den Eigentumsübergang nach dem im englischen Recht geltenden Konsensprinzip generell maßgebliche1503 Parteiwille im Selbstbedienungsladen nach allgemeiner Meinung grundsätzlich dahin geht, dass das Eigentum erst an der Kasse übergehen soll1504; im franzö1502 In der jeweiligen Erklärung des Angebots bzw. der Annahmeerklärung liegt zugleich die auf Übereignung gerichtete Erklärung, vgl. auch Schulze AcP 201 (2001) 232, 238 ff. 1503 Vgl. s. 17(1) Sale of Goods Act 1979: Where there is a contract for the sale of specific or ascertained goods the property in them is transferred to the buyer at such time as the parties to the contract intend it to be transferred. (Bei einem Vertrag über den Kauf spezifischer oder konkretisierter Waren geht das Eigentum an ihnen in dem Moment auf den Käufer über, in dem die Vertragsparteien es übergehen lassen wollen.). S. 18 enthält eine Reihe von Vermutungen; relevant ist hier speziell s. 18 rule 1: Danach wird vermutet, dass der Eigentumsübergang im Falle eines unbedingten Kaufvertrags über spezifische Waren in einem lieferbaren Zustand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übergeht (wobei es irrelevant ist, ob die Bezahlung oder die Lieferung oder auch beides später erfolgen soll). Vgl. zum Ganzen Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 5-016 ff. m.z.w.N. 1504 Vgl. Martin v Puttick [1968] 2 QB 82 at 89; Lacis v Cashmarts [1969] 2 QB 400 at 407 f.; Davies v Leighton (1979) 68 Cr App R 4; R v Morris [1984] AC 320 at 332; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 5-026.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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sischen Recht, weil angenommen wird, dass konkludent vereinbart ist, dass das Eigentum an der Ware erst mit der Bezahlung an der Kasse übergeht1505. Hinsichtlich der dogmatischen Konstruktion des Kaufvertrags erscheint summa summarum letztlich aber trotz allem die im englischen Recht etablierte und auch von einem großen Teil des deutschen Schrifttums vertretene Lösung 1, d.h. die Qualifikation von Auslagen in Selbstbedienungsläden als bloße invitationes ad offerendum als vorzugswürdig. Dafür spricht bereits die tatsächliche und funktionelle Nähe und Vergleichbarkeit von Auslage im Schaufenster und im Laden; eine unterschiedliche rechtliche Qualifikation erscheint insofern zumindest außerordentlich begründungsbedürftig.1506 Ein Unterschied mag zwar insofern bestehen, als es unzweifelhaft zutrifft, dass das – schon hinsichtlich seiner Überzeugungskraft in Bezug auf Zeitungsannoncen, Werbematerialien und Schaufensterauslagen durchaus differenziert zu beurteilende1507 „Leistungsfähigkeitsargument“ im Fall des Selbstbedienungsladens von vornherein nicht greift, weil Kaufgegenstand wesensmäßig nur vorhandene Waren sein können.1508 Ebenso ist sicherlich einzuräumen, dass sich die Problematik des Zurücklegens auch im Falle einer Qualifikation bereits als Angebot zureichend lösen lässt: Entweder indem man – entsprechend der von einem Teil der deutschen Literatur vertretenen Lösung 2a, mit dem auch im englischen Schrifttum viele zumindest sympathisieren nicht bereits die Entnahme aus dem Regal und das Deponieren im Einkaufskorb/-wagen, sondern erst die Vorlage an der Kasse als Annahme qualifiziert, oder, indem man – wie im französischen Recht – einen konkludent vereinbarten Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung an der Kasse annimmt. Qualifiziert man die Auslage dagegen von vornherein lediglich als invitatio ad offerendum, so bedarf es solcher „künstlichen Umwegskonstruktionen“ erst gar nicht. Maßgeblich für die Einordnung als bloße invitatio ad offerendum spricht aber letztlich vor allem auch in der Fallgruppe des Selbstbedienungsladens das legitime Interesse des Verkäufers, sich die endgültige Entscheidung über den Vertragsabschluss bis zur Kasse vorbehalten zu wollen, weil er mit bestimmten Personen (Bsp.: Zahlungsunfähige, Diebe, Querulanten) gar nicht kontrahieren will, bestimmte Waren nicht an bestimmte Personen (z.B. Alkohol an Kinder) oder nicht in en gros an einzelne verkaufen will oder nicht an versehentlich falsch ausgezeichnete Preis gebunden sein will.1509 Bei der Problema1505 1506
Vgl. oben C. III.2. b) cc)(2) und speziell die Nachweise in Fn. 1482. Vgl. auch die Nachweise in Bezug auf das deutsche bzw. englische Recht in Fn. 1468 und
1489. 1507 1508
Vgl. oben C. III.2. b) aa)(5). Vgl. auch die Nachweise aus dem deutschen bzw. englischen Schrifttum in Fn. 1472 und
1493. 1509
1491.
Vgl. auch die Nachweise aus dem deutschen bzw. englischen Schrifttum in Fn. 1470 und
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C. Angebot
tik der Preisauszeichnung ließe sich zwar vielleicht argumentieren, dass der Verkäufer dieses Risiko eben tragen müsse und zumindest mengenmäßige Limitierungen ließen sich auch durch entsprechende Hinweisschilder an der Waren bzw. im Laden umsetzen. Ebenso könnte man wohl auch die Problematik des „Kontrahierungszwangs“ mit unliebsamen Personen durch eine Auslegung i.S.e. einer konkludenten Beschränkung des Angebots auf „redliche und zahlungsfähige Kunden“1510 lösen. Letztlich handelt es sich dabei aber immer um unnötig komplizierte Hilfskonstruktionen, denen es von vornherein gar nicht bedarf, wenn man die Auslage lediglich als invitatio ad offerendum qualifiziert. Dies hat im Übrigen auch keineswegs zur Folge, dass der Kunde missbräuchlichen Anpreisungen und/oder willkürlichen Diskriminierungen quasi „schutzlos“ ausgeliefert wäre, wie teils gerne suggeriert zu werden scheint. Vielmehr existieren heute in allen untersuchten Rechtsordnungen spezifische wettbewerbs-, delikts- und ggf. auch strafrechtliche Instrumente und Regelungen, mit denen derartigen missbräuchlichen Praktiken wesentlich besser und zielgerichteter entgegengewirkt werden kann. (6) Nochmals: CESL-D Ist somit die Qualifikation als invitatio ad offerendum generell vorzugswürdig, so ist konsequenterweise auch im Rahmen des CESL-D die in Art. 31 Abs. 3 etablierte Vermutung im Falle des Selbstbedienungsladens strikt zu respektieren. Eine Widerlegung wäre hier zudem insofern problematisch, als ein Blick auf die von einem Angebot ausgehenden Lösungen 2a und 2b zeigt, dass es dann jedenfalls unabdingbar sein dürfte, anderswo „an den Stellschrauben“ zu drehen: Entweder bei der Frage der Annahmehandlung oder beim Eigentumsübergang. Speziell Letzteres wäre indes im Kontext des CESL-D höchst problematisch, denn der gesamte Bereich des Sachenrechts einschließlich des Eigentumsübergangs ist im CESL-D gerade nicht einheitlich geregelt1511 und auch sonst in der EU nicht harmonisiert (weder auf der Ebene des Sachrechts noch auf der Ebene des IPR), so dass man in Abhängigkeit vom jeweils anwendbaren Sachenrecht ggf. zu höchst unterschiedlichen Lösungen gelangen würde. ee) Warenautomat Eine weitere „neue“1512 Vertriebsform, bei der sich die Frage der Abgrenzung von invitatio ad offerendum und Angebot stellt, sind Waren- und Leistungsautomaten. 1510
Ergänzend vielleicht auch „nicht verfeindete“. Vgl. Erwägungsgrund 27 S. 1 und 2. 1512 Die ersten kommerziellen Warenautomaten wurden bereits im 19. Jahrhundert entwickelt, vgl. Schenk (Fn. 1464), S. 137; Segrave, Vending Machines: An American Social History, 2002, S. 4 ff. 1511
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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(1) Deutsches Recht Im deutschen Recht die Einordnung von Warenautomaten umstritten; der BGH hat hierzu bislang nicht explizit Position bezogen. Ein Teil der Literatur gehen hier ebenfalls lediglich von einer invitatio ad offerendum aus; das Angebot liege vielmehr erst in dem Einwerfen/-legen des Geldes durch den Käufer.1513 Hauptargument ist, dass sich der Automatenaufsteller im Falle einer Qualifikation bereits als Angebot schadensersatzpflichtig machen würde, wenn der Automat leer oder funktionsunfähig ist.1514 Zudem wäre eine vertragliche Bindung selbst im Falle der Funktionsunfähigkeit des Automaten auch für den Kunden nutzlos bzw. sogar lästig.1515 Die h.L.1516 und die veröffentlichte instanzgerichtliche Judikatur1517 qualifizieren das Aufstellen eines Warenautomaten dagegen bereits als wirksames Angebot i.S.e. Offerte ad incertas personas, allerdings unter der dreifachen Bedingung der Funktionsfähigkeit des Automaten, der Verfügbarkeit der Waren und der sachgemäßen Bedienung durch den Kunden. Begründet wird dies damit, dass beim Warenautomat – anders als etwa beim Schaufenster – die Verkehrsauffassung maßgeblich für ein Angebot spreche.1518 Insbesondere sei dem Aufsteller hier auch die Person des Vertragspartners prinzipiell gleichgültig1519. Im Übrigen werde durch die dreifache Bedingung auch den von der Gegenansicht ins Feld geführten Bedenken im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche adäquat Rechnung getragen. Vereinzelt findet sich allerdings auch die Auffassung, dass es sich um ein Angebot ohne Vorbehalt handele1520; der von der h.M. aufgestellte dreifache Vorbehalt sei aus der Kundenperspektive nicht zu erkennen und zudem wertungsmäßig auch nicht notwendig, weil die entsprechenden Risiken für den Aufsteller durchaus zumutbar seien1521. 1513
Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 10; Köndgen (Fn. 1435), S. 285 Fn. 6; Padeck VersR 1989, 541 f.; Pohar NZG 2003, 257, 258 f.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 8; ferner offenbar auch Medicus (Rn. 1017), Rn. 362. 1514 Vgl. Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Köndgen (Fn. 1435), S. 285 Fn. 6. 1515 Vgl. Padeck VersR 1989, 541 f.; Pohar NZG 2003, 257, 258 f. 1516 Vgl. C. Berger (Fn. 864), § 929 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 8; ders. (Fn. 202), Rn. 717; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 12; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Fritzsche JA 2006, 674, 675, 679; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 6; Larenz/Wolf (Fn. 1367), § 29 Rn. 23; ferner offenbar auch Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 7 (der allerdings dann einen Vertreter der Gegenansicht zitiert); s. weiterhin etwa auch bereits Biermann JherJb 32 (1893) 267, 293; Neumond AcP 89 (1899) 166 ff.; Zimmermann, Die Offerte an das Publikum, 1926, S. 55 ff.; Zschimmer, Die Offerte an das Publikum, 1897, S. 45 f. 1517 Vgl. OLG Düsseldorf ZMR 1987, 328; LG Berlin NJW-RR 1993, 47, 48. 1518 Vgl. Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741; Fritzsche JA 2006, 674, 675; s. ferner auch Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567. 1519 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Fritzsche JA 2006, 674, 675. 1520 Vgl. Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567. 1521 Vgl. Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 567.
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C. Angebot
(2) Französisches Recht In Frankreich werden Warenautomaten – entsprechend der generellen Tendenz des französischen Rechts ohne größere Diskussion grundsätzlich als wirksames Angebot angesehen.1522 (3) Englisches Recht In England gibt es zwar speziell zu Warenautomaten keine eindeutigen Präjudizien. Im Schrifttum wird in der Aufstellung von Warenautomaten allerdings – nicht zuletzt auch unter Verweis auf ein entsprechendes obiter dictum von Lord Denning1523 allgemein bereits ein wirksames Angebot (offer) gesehen, welches der Käufer durch Einwerfen/-legen des Geldes annimmt1524. Begründet wird dies damit, dass hier keine Vertragsverhandlungen mehr erwartet werden und auch gar nicht möglich wären.1525 Dabei wird ebenfalls davon ausgegangen, dass das Angebot nur gilt, solange Waren vorhanden sind.1526
1522 Vgl. Bonassies (Fn. 1414), S. 366; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 467; Vialard RTD civ. 1971, 750, 762; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113; s. ferner bereits Demogue (Fn. 881), n° 551. 1523 Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163 at 169 per Lord Denning MR (in Bezug auf einen Ticketautomaten eines Parkhauses): „… the offer is made when the proprietor of the machine holds it out as being ready to receive the money. The acceptance takes place when the customer puts his money into the slot.“ („… Das Angebot erfolgt, wenn der Betreiber der Maschine sie als zur Entgegennahme von Geld bereit hinstellt. Die Annahme erfolgt, wenn der Kunde sein Geld in den Schlitz steckt.“); s. ferner auch bereits Hood v Anchor Line (Henderson Brothers) Ltd [1918] AC 837 at 845 per Viscount Haldane (dort allerdings nur „zwischen den Zeilen“). 1524 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 35; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2002; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 56; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.22; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.31 f.; Nicoll [1998] JBL 35, 37 ff.; Saxena (Fn. 1425), S. 353; Treitel (Fn. 491), 2-011. Vgl. ferner auch bereits Geldart/Holdsworth, Elements of English Law, 3rd ed. 1945, S. 176; Pollock, Principles of Contract, 7th ed. 1902, S. 11. 1525 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 56 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.31; Nicoll [1998] JBL 35, 39. Sehr plastisch Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163 at 169 per Lord Denning MR: „The customer pays his money and gets a ticket. He cannot refuse it. He cannot get his money back. He may protest to the machine, even swear at it. But it will remain unmoved. He is committed beyond recall. He was committed at the very moment when he put his money into the machine. The contract was concluded at that time. („Der Kunde zahlt das Geld und erhält ein Ticket. Er kann es nicht zurückweisen. Er kann sein Geld nicht zurückbekommen. Er mag gegenüber dem Automaten protestieren, ihn sogar beschimpfen. Aber dieser wird ungerührt bleiben. Er ist unwiderruflich gebunden. Er war genau in dem Moment, als er sein Geld in den Automaten gelegt hat, gebunden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Vertrag geschlossen.“). 1526 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.31.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
223
(4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D1527 gilt für Warenautomaten ebenfalls die Vermutung des Art. 31 Abs. 3 (im Zweifel lediglich invitatio ad offerendum). Die besonderen Charakteristika dieses Vertriebsinstruments streiten allerdings – wie im Kontext der folgenden rechtsvergleichenden Würdigung noch näher auszuführen ist maßgeblich dafür, die Vermutung hier als widerlegt anzusehen und eine dreifach bedingte Offerte ad incertas personas anzunehmen. (5) Rechtsvergleichende Würdigung Rechtsvergleichend ist zu konstatieren, dass die Aufstellung eines Warenautomaten in allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen entweder allgemein (englisches und französisches Recht) oder zumindest von der h.M. (deutsches Recht) bereits als wirksames Angebot qualifiziert wird. Impliziert man in das Angebot die dreifache Bedingung (1) der Funktionsfähigkeit des Automaten, (2) der Verfügbarkeit der Waren und (3) der sachgemäßen Bedienung durch den Kunden, so erscheint die Qualifikation als Offerte ad incertas personas auch wertungsmäßig überzeugend. Wie speziell in England hervorgehoben wird1528, sind weitere Vertragsverhandlungen hier in der Tat weder zu erwarten noch de facto überhaupt praktikabel. Bei den typischerweise mittels Automaten vertriebenen Waren (z.B. Getränke, Süßwaren und Snacks, Briefmarken, Kondome, etc.) ist es dem Verkäufer darüber hinaus in der Regel gleichgültig, wer Vertragspartner wird1529 jedenfalls solange dieser den Automaten ordnungsgemäß bedient und bezahlt. Ersteres ist durch Bedingung 3 sichergestellt. Zweiteres wird man wohl ebenfalls unter den Begriff der „ordnungsgemäßen Bedienung“ fassen müssen; zudem ist aber jedenfalls auch technisch gewährleistet, dass die Ware nur ausgegeben wird, wenn der Kunde bezahlt. Durch die Bedingungen 1 und 2 wird zudem gewährleistet, dass eine vertragliche Bindung nur dann eintritt, wenn der Automat auch wirklich funktioniert und noch Waren vorhanden sind – was sowohl im Interesse des Verkäufers (dem sonst ggf. Schadensersatzansprüche drohen würden1530) als auch des Kunden (der in der Situation des Warenautomaten regelmäßig überhaupt nur dann ein Interesse an einem Vertragsschluss hat, wenn er auch tatsächlich sofort die Ware erhält1531) von erheblicher Bedeutung ist.
1527
Ähnlich wie bei Zeitungsannoncen könnte die wirksame Vereinbarung der Anwendung des CESL gem. Art. 8, 9 CESL-D (vgl. dazu die Nachweise in Fn. 1389) aber auch hier praktische Schwierigkeiten bereiten. 1528 Vgl. die Nachweise in Fn. 1525. 1529 Vgl. die Nachweise in Fn. 1519. 1530 So eines der Hauptargumente der deutschen Verfechter einer bloßen invitatio ad offerendum, vgl. etwa Köndgen (Fn. 1435), S. 285 Fn. 6. 1531 So ein weiteres Argument der deutschen Verfechter einer bloßen invitatio ad offerendum, vgl. Padeck VersR 1989, 541 f.; Pohar NZG 2003, 257, 258 f.
224
C. Angebot
ff) Selbstbedienungstankstelle Aus praktischer Perspektive in gewissem Sinne genau in der Mitte zwischen Selbstbedienungsladen und Warenautomat steht die weitere Fallgruppe der Selbstbedienungstankstelle: Die Situation ist hier einerseits durchaus mit derjenigen des Selbstbedienungsladens vergleichbar, andererseits weist die Zapfsäule aber auch Parallelen zum Warenautomaten auf. (1) Deutsches Recht In Deutschland war die dogmatische Konstruktion des Vertragsschlusses an der SB-Tankstelle lange Zeit höchst umstritten. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die zivilrechtliche Konstruktion (sowohl hinsichtlich des Abschlusses des Kaufvertrags als auch hinsichtlich der eng damit verwobenen Problematik des dinglichen Eigentumserwerbs) erhebliche Implikationen für die – ebenfalls höchst kontroverse strafrechtliche Beurteilung der verschiedenen denkbaren Konstellationen des „Schwarztankens“ hat. Auf kaufvertraglicher Ebene wurde die Zapfsäule zwar verbreitet bereits als ein wirksames Angebot, welches der Kunde durch das Einfüllen des Benzins annimmt, qualifiziert.1532 Vielfach wurde aber auch die Ansicht vertreten, dass die Zapfsäule lediglich eine invitatio ad offerendum darstelle; das Angebot erfolge vielmehr erst durch den Kunden, der sie bedient (wobei wiederum streitig war, ob die Annahme seitens des Tankstelleninhabers bereits durch das Gewährenlassen1533 oder erst durch den Zahlvorgang erfolgt1534). Der BGH hat die Frage nun jedoch kürzlich in einem Grundsatzurteil dahin entschieden, dass der Kaufvertrag bereits an der Zapfsäule zustande kommt, d.h. diese als Angebot des Tankstellenbetreibers anzusehen ist, welches der Kunde durch das Einfüllen des Kraftstoffs in den Tank annimmt.1535 Nach Ansicht des Gerichts unterscheidet sich die Interessenlage hier ganz wesentlich von derjenigen im Selbstbedienungsladen, da hier durch das Einfüllen des Kraftstoffs in den Tank bereits ein unumkehrbarer Zustand geschaffen wird, so dass es dem Interesse beider Parteien entspreche, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein wirksamer Vertrag zustande kommt: Ohne vertragliche 1532 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Borchert/Hellmann NJW 1983, 2799, 2800; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 8; ders. (Fn. 202), Rn. 718; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2011, § 145 Rn. 8; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34. Aufl. 2010, § 8 Rn. 12; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2006, § 145 Rn. 12; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 32. 1533 Vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1982, 249; Gauf NStZ 1983, 505, 507; Herzberg JA 1980, 385, 390; ders. NStZ 1983, 251 f.; ders. NJW 1984, 896 f.; ders. JR 1982, 344 f.; Wrage DAR 2000, 232, 234. 1534 Vgl. Deutscher JA 1983, 125 ff.; ders. NStZ 1983, 507 f. 1535 BGH NJW 2011, 2871. Ebenso (nach dem BGH-Urteil): Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 12; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 743; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 8; Faust JuS 2011, 929 f.; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 12; S. Lorenz LMK 2011, 319864; Sautter JuS 2011, 900, 901 f.; Steinhauer BB 2012, 526, 529; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 10; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 11.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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Bindung wäre der Tankstellenbetreiber kaum bereit, dem Kunden Besitz zu verschaffen und auch der redliche Kunde habe ein Interesse daran, den Kraftstoff auf Grund eines – mit dem Einfüllen geschlossenen – Vertrags zu erlangen und ihn behalten zu dürfen, ohne dass dies davon abhängt, ob der Tankstellenbetreiber anschließend bereit ist, mit ihm einen Vertrag zu schließen.1536 (2) Französisches Recht In Frankreich gibt es zum Spezialproblem des SB-Tankens soweit ersichtlich weder einschlägige Rechtsprechung noch wird diese Fallgruppe im Schrifttum speziell diskutiert. Entsprechend der bei den bereits analysierten Fallgruppen zu verzeichnenden allgemeinen Tendenz des französischen Rechts, im Falle von an die Allgemeinheit gerichteten „Vorschlägen“ speziell auch bei den mit der SB-Tankstelle verwandten Fallgruppen des Selbstbedienungsladens1537 und der Warenautomaten1538 bereits ein wirksames Angebot (offre) und nicht lediglich eine invitation à entrer en pourparlers anzunehmen, wird hier offenbar kein großes Problem gesehen. Nach französischen Recht dürfte die Zapfsäule somit bereits als wirksames Angebot (offre) anzusehen sein. (3) Englisches Recht Bei Tankstellen mit Tankwartservice wird im englischen Recht davon ausgegangen, dass die Preisauszeichnung lediglich eine invitation to treat darstellt; das Angebot erfolgt hier erst durch den Kunden, die Annahme durch Einfüllen des Kraftstoffs durch den Tankwart.1539 Anders dagegen bei SB-Tankstellen: Hier wird die Zapfsäule in Rechtsprechung1540 und Schrifttum1541 bereits als wirksames Angebot qualifiziert, welches der Kunde durch das Einfüllen des Kraftstoffs annimmt. Zur Begrün1536
Vgl. BGH NJW 2011, 2871 Rn. 14 ff. Dazu oben C. III.2. b) dd)(2). 1538 Dazu oben C. III.2. b) ee)(2). 1539 Vgl. Esso Petroleum Co Ltd v Customs and Excise Commissioners [1976] 1 WLR 1 at 5 per Viscount Dilhorne, at 6 per Lord Simon of Glaisdale, at 11 per Lord Russell of Killowen; Richardson v Worrall [1985] STC 693 at 717; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 34; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002 Fn. 15; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Treitel (Fn. 491), 2-009. Vgl. ferner implizit auch die strafrechtlichen Entscheidung Edwards v DDin [1976] 1 WLR 942 at 945. 1540 Vgl. dezidiert Re Charge Card Service Ltd [1989] Ch 497 at 510 per Browne-Wilkinson VC: „It is common ground that the contract for the sale of the petrol is made at that stage, the garage having made an open offer to sell at pump prices which is accepted by the motorist putting petrol in the tank.“ („Es ist unstreitig, dass der Kaufvertrag über den Kraftstoff in diesem Stadium gemacht wird, indem die Tankstelle ein [hinsichtlich der Kraftstoffmenge noch] offenes Angebot zum Verkauf zu den an der Zapfsäule ausgezeichneten Preisen gemacht hat, welches der Kraftfahrer angenommen hat, indem er Kraftstoff in seinen Tank eingefüllt hat.“); vgl. ferner auch die strafrechtlichen Entscheidung R v David McHugh (1977) 64 Cr App R 92 at 94. 1541 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002 Fn. 15; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 57; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Dobson [1989] JBL 339, 341; Treitel (Fn. 491), 2-009. 1537
226
C. Angebot
dung wird im Schrifttum meist die Vergleichbarkeit der Situation mit derjenigen beim Warenautomat1542 betont.1543 (4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D1544 streitet die Vermutung des Art. 31 Abs. 3 auch bei der SB-Tankstelle zunächst dafür, in der Zapfsäule lediglich eine invitatio ad offerendum zu sehen. Wie im Zuge der anschließenden rechtsvergleichenden Würdigung zu zeigen ist, sprechen hier allerdings gewichtige Argumente für eine Widerlegung; hierauf ist noch zurückzukommen.1545 (5) Rechtsvergleichende Würdigung In Bezug auf die Fallgruppe der SB-Tankstelle zeigt sich zumindest im Hinblick auf die hier interessierende Problematik des Abschlusses des Kaufvertrags (anders dagegen in Bezug auf die Frage des Zeitpunktes des Eigentumsübergangs1546 sowie erst recht die strafrechtlichen Konsequenzen) insgesamt eine klare Konvergenz der untersuchten nationalen Rechtsordnungen: Die Zapfsäule wird überall bereits als wirksames Angebot qualifiziert (welches der Kunde dann durch das Einfüllen des Benzins annimmt).
1542
Vgl. dazu oben C. III.2. b) ee)(3). Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 57; Treitel (Fn. 491), 2-009. 1544 Ähnlich wie bei Zeitungsannoncen könnte die wirksame Vereinbarung der Anwendung des CESL gem. Art. 8, 9 CESL-D (vgl. dazu die Nachweise in Fn. 1389) aber auch hier praktische Schwierigkeiten bereiten. 1545 S. unten C. III.2. b) ff.)(6). 1546 Im deutschen Recht ist streitig, ob an der Zapfsäule bereits eine unbedingte Übereignung erfolgt (so etwa OLG Düsseldorf NStZ 1982, 249; OLG Düsseldorf NStZ 1985, 270; Herzberg JA 1980, 385, 390 f.; ders. JR 1982, 344 f.; ders. NStZ 1983, 251; Wrage DAR 2000, 232, 234 f.) oder ob in der Freischaltung der Zapfsäule nur ein Antrag auf eine durch die Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingte Übereignung (so etwa OLG Hamm NStZ 1983, 266; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 12; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 8; Faust JuS 2011, 929, 931; Krüger NZV 2003, 218, 219) zu verstehen ist oder ob die dingliche Einigung vielleicht sogar erst an der Kasse erfolgt (so etwa Borchert/Hellmann NJW 1983, 2799, 2802 f.; für Eigentumsübergang jedenfalls erst an der Kasse [Begründung offenlassend] auch OLG Koblenz NStZ-RR 1998, 364). Zudem ist streitig, ob und in welchem Umfang ein Eigentumserwerb ggf. bereits nach §§ 947, 948 BGB erfolgt (vgl. dazu Faust JuS 2011, 929, 931; Krüger NZV 2003, 218, 219; Lange/Trost JuS 2003, 961, 964 f. jeweils m.w.N.). Der BGH hat die Eigentumsproblematik jüngst ausdrücklich offengelassen (vgl. BGH NJW 2012, 1092, 1093). Im englischen Recht wird demgegenüber allgemein davon ausgegangen, dass das Eigentum bereits mit Abschluss des Kaufvertrags, d.h. wenn der Kunde den Kraftstoff in den Tank einfüllt, übergeht, vgl. Edwards v DDin [1976] 1 WLR 942; R v David McHugh (1977) 64 Cr App R 92 at 94; Re Charge Card Service Ltd [1989] Ch 497; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1355), 5097 Fn. 499. Im französischen Recht existieren (wie bereits ausgeführt) soweit ersichtlich keine speziellen Präjudizien bezüglich SB-Tankstellen. 1543
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
227
Trotz mancher Parallelen zum Selbstbedienungsladen ist die Situation hier in der Tat eher derjenigen beim Warenautomaten vergleichbar.1547 Von maßgeblicher Bedeutung ist aber vor allem die Unumkehrbarkeit des Tankvorgangs1548, auf Grund derer – wie auch der BGH in seinem Grundsatzurteil einprägsam dargelegt hat1549 sowohl der Tankstellenbetreiber als auch der Kunde ein erhebliches Interesse daran haben, dass die vertragliche Bindung bereits mit dem Einfüllen des Kraftstoffs (und nicht etwa erst an der Kasse) eintritt. Dies ließe sich zwar theoretisch auch mittels der im deutschen Schrifttum vorgeschlagenen Alternativkonstruktion (Zapfsäule nur invitatio ad offerendum, Angebot durch Kunden, Annahme durch Gewährenlassen)1550 erreichen. Sie wirkt allerdings nicht nur „gekünstelt“ und in evidentem Widerspruch zum Parallelfall des Warenautomaten1551, sondern erscheint zudem vor allem dann höchst problematisch, wenn der Tankvorgang nicht bemerkt wird nicht nur im Hinblick auf die (in den verschiedenen Rechtsordnungen ohnehin unterschiedlichen) straf-, sondern speziell auch im Hinblick auf die zivilrechtlichen Konsequenzen: Soll der Vertragsschluss von dem Zufall abhängen, ob das Tankstellenpersonal u.U. gerade abgelenkt ist? Die Qualifikation der Zapfsäule bereits als wirksames Angebot erscheint hier insgesamt nicht nur dogmatisch konsequenter, sondern insbesondere auch interessengerechter (sowohl aus der Perspektive des Tankstelleninhabers als auch aus derjenigen des Kunden). (6) Nochmals: CESL-D Hinsichtlich der Rechtslage im Rahmen des CESL folgt hieraus, dass die Vermutung des Art. 31 Abs. 3 CESL-D im Falle der SB-Tankstelle auf Grund der Gesamtumstände und der Interessenlage als widerlegt anzusehen ist, d.h. die Freischaltung der Zapfsäule ist bereits als wirksames Angebot zu qualifizieren.1552
1547 Vgl. die Nachweise aus dem englischen Schrifttum in Fn. 1543; vgl. aus dem deutschen Schrifttum etwa Borchert/Hellmann NJW 1983, 2799, 2800. 1548 Vgl. aus dem deutschen Schrifttum etwa auch Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 10; Borchert/Hellmann NJW 1983, 2799, 2800; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 8; ders. (Fn. 202), Rn. 718; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Sautter JuS 2011, 900, 901; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 11. Das Argument findet sich aber auch in England, vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002 Fn. 15, sowie (allerdings konkret in Bezug auf den Eigentumsübergang) Edwards v DDin [1976] 1 WLR 942 at 945. 1549 Vgl. oben C. III.2. b) ff.)(1). 1550 Vgl. die Nachweise in Fn. 1533. 1551 Vgl. auch Borchert/Hellmann NJW 1983, 2799, 2800. 1552 Misslich ist freilich, dass man auf Grund der mangelnden Harmonisierung des Sachenrechts im Hinblick auf die Frage des Eigentumsübergangs je nach Maßgabe des jeweils anwendbaren Sachenrechts letztlich in der Praxis zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen gelangen wird – dies ist aber freilich ein generelles Defizit der diesbezüglichen Autolimitation des CESL-D.
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C. Angebot
gg) Öffentliche Verkehrsmittel Eine weitere in allen drei nationalen Rechtsordnungen eine wichtige Rolle spielende Fallgruppe sind öffentliche Verkehrsmittel. Hier gibt es freilich mittlerweile in der Praxis ein ganzes Spektrum unterschiedlichster Möglichkeiten zum Abschluss des Beförderungsvertrags – vom traditionellen Fahrkartenschalter über den Ticketautomat bis hin zur Buchung via Internet oder Handyticket1553 , die jeweils nach den entsprechenden Grundsätzen zu beurteilen sind (wobei teilweise auch spezielle öffentlich-rechtliche Vorgaben existieren). Hier soll daher nur die Konstellation, dass vor Fahrtantritt noch kein Vertrag durch Erwerb einer Fahrkarte geschlossen wurde, untersucht werden, und dabei speziell die Frage, ob insofern bereits in der Bereitstellung des öffentlichen Verkehrsmittels bzw. in der Einrichtung einer Linie ein wirksames Angebot oder lediglich eine invitatio ad offerendum zu sehen ist. (1) Deutsches Recht In Deutschland erlangt die Fallgruppe der öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuletzt deshalb besondere Prominenz, weil sie einer der Hauptanwendungsfälle der „Lehre vom faktischen Vertrag“ war. Diese Lehre ist indes – wie bereits oben darlegt1554 inzwischen lange überholt; heute besteht vielmehr Konsens, dass auch der Vertragsschluss bei öffentlichen Verkehrsmitteln nach den allgemeinen Regeln und Grundsätzen über Angebot und Annahme erfolgt. Nach allgemeiner Meinung liegt hier in der Bereitstellung des Verkehrsmittels (Bus oder Straßenbahn an der Haltestelle, Zug im Bahnhof) nach der Verkehrsanschauung nicht lediglich eine bloße invitatio ad offerendum, sondern vielmehr bereits ein Angebot i.S.e. Offerte ad incertas personas, einen Beförderungsvertrag zu den allgemeinen Beförderungsbedingungen zu schließen, welches seitens des Kunden durch Einsteigen angenommen wird.1555 (2) Französisches Recht Im französischen Recht wird die Bereitstellung eines öffentlichen Verkehrsmittels ebenfalls bereits als Angebot (offre) und nicht lediglich als bloße invitation à entrer en pourparlers qualifiziert. 1553
Überblick zu verschiedenen Optionen in Deutschland etwa bei Pohar NZV 2003, 257 ff. Vgl. dazu bereits oben B. I.1. b) hh). 1555 Vgl. OLG Hamburg NStZ 1991, 587, 588; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001, 269; AG Wuppertal BeckRS 2009, 22667; Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 42; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 8, 10; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), Einf v § 145 Rn. 25; Fielenbach NZV 2000, 358, 359; Flume (Fn. 19), § 5, 3b (S. 70); Fritzsche JA 2006, 674, 678; Harder NJW 1990, 857, 858; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 27; Weth JuS 1998, 795 f.; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 13; Winkler von Mohrenfels JuS 1987, 692, 693; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 8; s. ferner etwa auch bereits A. Zimmermann (Fn. 1516), S. 67. 1554
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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Viele der einschlägigen Entscheidungen hierzu stammen bereits aus dem 19. Jahrhundert. Als Angebot angesehen wurde etwa die Bekanntgabe durch Plakate und Zeitungsinserate, dass ein Dampfschifffahrtsunternehmen regelmäßig zu bestimmten Terminen und zu bestimmten Preisen auf einer bestimmten Route Personen und Fracht transportiert1556 (freilich auch hier nur dann bei hinreichender Bestimmtheit1557 der Angaben1558); ebenso die Bekanntgabe eines regelmäßigen Eilverkehrs zum Transport von Personen und Gütern zwischen zwei Orten zu einem bestimmten Preis durch Plakate und Zeitungsinserate1559. Weitere Fälle aus der Judikatur betrafen das Parken einer Kutsche an einem Kutschenstand1560 oder aus jüngerer Zeit das Parken eines Taxis an einem Taxistand1561 und das Halten eines Reisebusses an einer dafür vorgesehenen Haltestelle1562. Zu Grunde liegt dem einerseits der Gedanke, dass der Betreiber/Fahrer damit unmissverständlich seine Intention manifestiere, einen Vertrag mit potenziellen Fahrgästen schließen zu wollen.1563 Eine wichtige Rolle vor allem bei den früheren Entscheidungen aus dem 19. Jahrhundert spielte aber insbesondere auch die Erwägung, dass es mit den Erfordernissen eines redlichen und funktionierenden Geschäftsverkehrs unvereinbar wäre, wenn das Unternehmen potenzielle Passagiere bzw. Verfrachter einfach willkürlich zurückweisen könnte.1564
1556 Vgl. Cour imp. d’Aix, 8.2.1853, S. 1853.II.251; Aubert (Fn. 990), n° 31; Demogue (Fn. 881), n° 551; Vialard RTD civ. 1971, 750, 765. 1557 Vgl. allg. zum Bestimmtheitserfordernis im französischen Recht noch näher unten C. V.2. 1558 Vgl. Cass. req., 3.1.1882, D. 1883.I.105 (Plakate und sonstige Veröffentlichungen betreffend Fahrten eines Dampfschifffahrtsunternehmens; kein Angebot, da keine Angaben zu den Transportgebühren). 1559 Cass. civ. 3e, 3.12.1867, D. 1867.I.471. Vgl. ferner auch Cour de Bordeaux, 8.3.1882, D. 1882.II.208 (Bekanntgabe der Eröffnung eines regelmäßigen Eilverkehrs zum Transport von Personen); Aubert (Fn. 990), n° 31; Vialard RTD civ. 1971, 750, 765. 1560 Just. de paix Paris (IXe arr.), 5.1.1882, D. 1882.III.110; Demogue (Fn. 881), n° 551; Vialard RTD civ. 1971, 750, 765. 1561 Vgl. Cass. civ. 1re, 2.12.1969, D. 1970, 104; Aubert (Fn. 990), n° 28; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; G. C.-M. D. 1970, 105; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 467; Larroumet (Fn. 243), n° 244; Vialard RTD civ. 1971, 750, 762, 765. 1562 CA Grenoble, 14.4.1958, D. 1958, 414. Das Gericht betonte dabei ausdrücklich, dass es irrelevant sei, dass der Fahrpreis nur innen aushing; die Annahme sei trotzdem bereits durch das Einsteigen erfolgt. Vgl. ferner auch die belgische Entscheidung C. de Bruxelles, 19.11.1900, D. 1902.II.356 (Publikation von Fahrplänen durch ein Straßenbahnunternehmen als Angebot; Annahme durch Einsteigen); Aubert (Fn. 990), n° 28. 1563 Vgl. G. C.-M. D. 1970, 105 (betreffend ein Taxi). 1564 Vgl. Cour imp. d’Aix, 8.2.1853, S. 1853.II.251; note zu diesem Urteil in D. 1855.II.329; Vialard RTD civ. 1971, 750, 765.
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C. Angebot
(3) Englisches Recht In England gibt es einige ältere Entscheidungen, denen zufolge bereits die Publikation eines Fahrplans durch ein Eisenbahnunternehmen1565 oder die Durchführung eines Linienbusverkehrs1566 als Angebot (offer) anzusehen sind, welche durch den Erwerb eines Tickets bzw. das Einsteigen in den Bus angenommen werden. Im Schrifttum wird allerdings betont, dass die gesamte Materie heute umfassend durch die einschlägigen Spezialvorschriften für die jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel geregelt ist, so dass diese Entscheidungen jedenfalls praktisch zumindest partiell überholt sind.1567 (4) CESL-D Die Fallgruppe der öffentlichen Verkehrsmittel wird i.R.d. CESL-D nicht relevant, da Beförderungsverträge nicht zu den gem. Art. 5 CESL-VOE erfassten Vertragstypen gehören.1568 (5) Rechtsvergleichende Würdigung Insgesamt ist somit in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel in allen drei Rechtsordnungen zumindest eine klare Tendenz zu verzeichnen, bereits die Einrichtung der Linie bzw. die Bereitstellung des Verkehrsmittels zur Benutzung als wirksames Angebot zu qualifizieren. In der Praxis wird der Kunde aber freilich häufig bereits vor Fahrtantritt ein Ticket erworben haben (so dass der Vertragsschluss entsprechend den für den jeweiligen Methode des Ticketerwerbs geltenden Grundsätzen zu beurteilen ist); zudem wird die gesamte Materie in allen drei Rechtsordnungen durch eine Vielzahl unterschiedlichster öffentlich-rechtlicher Vorgaben überlagert, deren nähere Erörterung hier zu weit führen würde. hh) Internetseite Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets und des „e-commerce“ ist eine neue Fallgruppe entstanden, die sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und England praktisch erheblich Bedeutung hat: Die Frage, ob „Anpreisungen“ auf Internetseiten, z.B. elektronische Kataloge oder Preislisten, aber spe1565 1566
Denton v Great Northern Railway Co (1856) 5 E & B 860. Wilkie v London Passenger Transport Board [1947] 1 All ER 258 at 259 per Lord Greene
MR. 1567 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 35; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 56; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 48; s. ferner zum Ganzen auch Treitel (Fn. 491), 2-012. 1568 Gem. Art. 5 lit. c CESL-VOE sind zwar auch Verträge über verbundene Dienstleistungen erfasst; es ist jedoch kaum vorstellbar, dass die Beförderung mit einem öffentlichen Verkehrsmittel einmal eine mit einem Kaufvertrag oder einem Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte verbundene Dienstleistung sein könnte.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
231
ziell auch sog. „electronic shops“ („e-shops“), bereits ein Angebot oder lediglich eine invitatio ad offerendum darstellen. Vorausgeschickt sei insoweit, dass diese Frage durch die E-CommerceRL1569 entgegen mancher Missverständnisse – in keinster Weise präjudiziert wird1570: Art. 11 des Kommissionsentwurfs von 19981571 und des geänderten Entwurfs von 19991572 hatten zwar ursprünglich unter dem Titel „Zeitpunkt des Vertragsabschlusses“ eine Regelung auch von Zeitpunkt und Modus des elektronischen Vertragsschlusses vorgesehen; nach heftiger Kritik aus Schrifttum und Praxis1573, aber auch des EP1574, wurde die Vorschrift jedoch im Rat1575 in „Abgabe einer Bestellung“ umbenannt und vor allem auch inhaltlich auf eine Regelung des Eingangs der Bestellung, der Bestätigung des Bestelleingangs und der Mittel der Korrektur – ohne weitergehende Angleichung der nationalen Vertragsschlussvorschriften reduziert.1576
1569
Fn. 392. Vgl. zur „Vertragsrechtsneutralität“ des Art. 11 E-Commerce-RL: Busseuil, La phase précontractuelle. La formation du contrat électronique, in: Rochfeld (éd.), L’Acquis communautaire. Le contrat électronique, 2010, S. 71, 91 f.; Dörner AcP 202 (2002) 363, 376 f.; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 43; Glatt ZUM 2001, 390, 392 f.; Grigoleit NJW 2002, 1151, 1158; Haubold in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010, § 9 Rn. 58, 70; Riefa/Hörnle, The Changing Face of Electronic Consumer Contracts in the Twenty-First Century: Fit for Purpose?, in: Edwards/Waelde (eds.), Law and the Internet, 3rd ed. 2009, S. 89, 101 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.34; Lodder in: Lodder/Kaspersen (eds.), eDirectives: Guide to European Union Law on E-Commerce, 2002, S. 67, 85 f.; Marly in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, 40. Aufl. 2009, Art. 11 E-Commerce-RL Rn. 2; Mas (Fn. 1597), n° 130; Spindler MMR-Beilage 7/2000, 4, 11; Staudinger/Thüsing, Neubearb. 2012, § 312g Rn. 54; Wiebe MMR 2000, 323, 328. 1571 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, KOM(1998) 586. 1572 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, KOM(1999) 427. 1573 Vgl. etwa Hoeren MMR 1999, 192, 198 f.; Waldenberger EuZW 1999, 296, 300. 1574 Vgl. Art. 11 i.d.F.d. Legislativen Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, ABlEG v. 1.10.1999, C 279/389; Bericht des EP-Rechtsausschusses, A4-0248/99, S. 42. 1575 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/2000 vom Rat festgelegt am 28. Februar 2000 im Hinblick auf den Erlaß der Richtlinie (EG) Nr. …/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABlEG v. 8.5.2000, C 128/32. Vgl. speziell die Neufassung des Art. 11 auf S. 43 und die Begründung sub B.I.c. (S. 49). 1576 Vgl. zum Ganzen auch Glatt ZUM 2001, 390, 392 f.; Marly (Fn. 1570), Art. 11 E-Commerce-RL Rn. 1 f.; Spindler MMR-Beilage 7/2000, 4, 11 m.w.N. 1570
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C. Angebot
(1) Deutsches Recht Im deutschen Recht werden „Angebote“ im Internet grundsätzlich als bloße invitatio ad offerendum qualifiziert.1577 Dies gilt nicht nur für Annoncen auf einschlägigen Webseiten (wie z.B. in einem jüngst vom BGH entschiedenen Fall „ImmobilienScout24“1578)1579, sondern auch für Onlineshops (wie z.B. „Amazon“)1580 oder auch Reisebuchungsmasken1581. Ratio ist die Gleichbehandlung solcher „Angebote“ mit denjenigen, die auf eine „traditionelle“ Methode unterbreitet werden: Die Annonce auf einer Webseite soll nicht anders behandelt werden als diejenige in der Zeitung1582, der „Katalog“ im Onlineshop nicht anders als der gedruckte1583, die Produkte im „virtuellen Schaufenster“1584 oder „virtuellen Regal“ im Internet nicht anders als diejenigen im realen Schaufenster eines Kaufhauses1585 oder im realen Regal eines Selbstbedie1577 Vgl. allg. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 13; Czeguhn JA 2001, 708, 710; Dethloff JURA 2003, 730, 731 f.; Dörner AcP 202 (2002) 363, 378; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 2; Föhlisch/Hoffmann NJW 2009, 1175, 1176; Keller K&R 2005, 167, 168; Kitz in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, 31. EL 2012, 13.1 Rn. 88; Köhler/Arndt/Fetzer, Recht des Internet, 7. Aufl. 2011, Rn. 174; Lauktien/Varadinek ZUM 2000, 466, 467; Leier CR 2012, 378, 382 Fn. 53; Redeker, IT-Recht. 5. Aufl. 2012, Rn. 855; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 7; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; Tettenborn/Bender/Lübben/Karenfort/Santelmann/Enaux/König Beil. K&R 12/2001, 1, 25; Ultsch DZWiR 1997, 466, 467; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7; abw. Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 568 f. 1578 Vgl. BGH NJW 2012, 2268, 2269. 1579 Vgl. speziell in Bezug auf „Online-Annoncen“: BGH NJW 2012, 2268, 2269; OLG Stuttgart MMR 2006, 819 („mobile.de“); OLG Brandenburg NZM 2010, 171 („ImmobilienScout24“); OLG Düsseldorf MDR 2011, 1462, 1463 („ImmobilienScout24“); OLG Koblenz NJOZ 2012, 343 („Autoscout 24“); H. Roth LMK 2012, 334936. 1580 Vgl. speziell in Bezug auf „Onlineshops“: BGH NJW 2005, 976 (Computerhändler); OLG Frankfurt a.M. MMR 2003, 405, 406 (Computerhändler); OLG Nürnberg MMR 2010, 31; LG Leipzig MMR 2007, 734 („Amazon-Marketplace“); AG Westerburg MMR 2003, 609 (Onlineshop für Foto- und Videoartikel); AG München MMR 2010, 687; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 8; Bork (Fn. 202), Rn. 709; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 741 f.; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Heckmann in: jurisPK-Internetrecht, 3. Aufl. 2011, Kap. 4.1 Rn. 37 ff.; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 88; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 59; Paal JuS 2010, 953, 954; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Waldenberger BB 1996, 2365; abw. Kimmelmann/Winter NJW-RR 2003, 532, 533 f.; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 568 f. 1581 Vgl. BGH BeckRS 2013, 00364. 1582 Vgl. OLG Düsseldorf MDR 2011, 1462, 1463; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 88; Spindler/ Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4. 1583 Vgl. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 9; ders. (Fn. 202), Rn. 709; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742; Dethloff JURA 2003, 730, 731; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 37; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 88; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; Ultsch DZWiR 1997, 466, 467. 1584 So treffend etwa Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 13. 1585 Vgl. Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 13; Dethloff JURA 2003, 730, 731; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 37; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Waldenberger BB 1996, 2365.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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nungsladens1586. Gewöhnlich möchte der Erklärende sich hier ebenfalls die endgültige Entscheidung über das Zustandekommen des Vertrags vorbehalten: Zum mit Blick auf das Risiko einer Begründung ggf. weit über seine Leistungsfähigkeit hinausgehender vertraglicher Leistungspflichten1587, zum anderen aber auch, weil er zunächst die Vertrauenswürdigkeit und/oder Bonität des potenziellen Vertragspartners prüfen möchte1588. Im konkreten Einzelfall kann sich allerdings im Rahmen der Auslegung auch ergeben, dass es sich ausnahmsweise bereits um ein wirksames Angebot handelt.1589 Dies gilt insbesondere im Sonderfall der sog. „Online-Auktionen“1590 (bei denen für den Vertragsschluss nach inzwischen ganz h.M. nicht die – i.R.d. vorliegenden Arbeit nicht weiter zu vertiefende Sondervorschrift des § 156 BGB, sondern die allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB gelten1591): Hier ergibt die Auslegung – im Rahmen derer insbesondere auch die AGB des „Internet-Auktionshauses“ als „virtuelle Marktordnung“1592 herangezogen
1586 Vgl. AG München MMR 2010, 687; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 174; Leier CR 2012, 378, 382 Fn. 53; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012. 1587 Vgl. OLG Nürnberg MMR 2010, 31; LG Leipzig MMR 2007, 734, 735; Bork (Fn. 202), Rn. 709; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742; Czeguhn JA 2001, 708, 710; Dethloff JURA 2003, 730, 731; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 39; Keller K&R 2005, 167, 168; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 88; Lauktien/Varadinek ZUM 2000, 466, 467; Scherer/ Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; Ultsch DZWiR 1997, 466, 467. 1588 Vgl. OLG Nürnberg MMR 2010, 31; LG Leipzig MMR 2007, 734, 735; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 7; Conrad/Bisenius JA 2011, 740, 742; Czeguhn JA 2001, 708, 710; Dethloff JURA 2003, 730, 731; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 39; Keller K&R 2005, 167, 168; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 88; Lauktien/Varadinek ZUM 2000, 466, 467; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840. 1589 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 7; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 13; Keller K&R 2005, 167, 168; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 59; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 174; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4. 1590 Ausf. zum gesamten Problemkomplex der „Online-Auktionen“ (insbesondere auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Gestaltungsvarianten): Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 5 ff. m.z.w.N. 1591 Vgl. BGH NJW 2002, 363, 364 („ricardo.de“); BGH NJW 2005, 53 („eBay“); BGH NJW 2011, 2421 („eBay“); BGH NJW 2011, 2643 („eBay“); KG NJW 2005, 1053 („eBay“); OLG München MMR 2004, 625 („eBay“); OLG Oldenburg NJW 2005, 2556 („eBay“); LG Berlin NJW 2004, 2831, 2832 („eBay“); AG Menden NJW 2004, 1329 („eBay“); AG Gummersbach NJW-RR 2011, 133, 134 („eBay“); AG Menden ZGS 2011, 527 („eBay“); AG Nürtingen BeckRS 2012, 02002 („eBay“); Armbrüster (Fn. 223), § 156 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 156 Rn. 10a; Busche (Fn. 209), § 156 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 156 Rn. 3; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.3 Rn. 41; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 128; Lettl JA 2009, 686, 688 f.; Oechsler JURA 2012, 497, 498; C. Schmidt K&R 2011, 577; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 5.; abw. etwa noch Wilmer NJW-CoR 2000, 94, 97; kritisch auch Mankowski JZ 2005, 444 ff. 1592 Vgl. Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 5.
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C. Angebot
werden können1593 häufig, dass bereits das Einstellen eines Artikels zur Versteigerung ein wirksames Angebot zum Vertragsschluss mit dem Meistbietenden darstellt1594. Nicht nur eine invitatio ad offerendum, sondern bereits ein wirksames Angebot soll nach verbreiteter Ansicht ferner speziell dann in Betracht kommen, wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um ohne Weiteres reproduzierbare Inhalte (z.B. Software, Musikdateien) handelt und das Solvenzrisiko (z.B. durch Kreditkartenzahlung) abgesichert ist.1595 Nach anderer Ansicht soll dagegen auch hier mit Blick auf das Übertragungsrisiko und hieraus ggf. resultierende Schadensersatzansprüche lediglich eine invitatio ad offerendum vorliegen.1596
1593 Vgl. BGH NJW 2002, 363, 364 („ricardo.de“); BGH NJW 2005, 53, 54 („eBay“); BGH NJW 2011, 2643 („eBay“); BGH ZIP 2012, 1249, 1251 („Vertu-Handy“); KG NJW 2005, 1053 („eBay“); OLG Oldenburg NJW 2005, 2556 f. („eBay“); LG Berlin NJW 2004, 2831, 2832 („eBay“); AG Menden NJW 2004, 1329 („eBay“); AG Moers NJW 2004, 1330 („eBay“); AG Gummersbach NJW-RR 2011, 133, 134 („eBay“); AG Nürtingen BeckRS 2012, 02002 („eBay“); Bork (Fn. 19), § 156 Rn. 10a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 14; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 86; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 132; C. Schmidt K&R 2011, 577 f.; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 5; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 18 1594 Vgl. BGH NJW 2005, 53, 54 („eBay“); BGH NJW 2011, 2421 („eBay“); BGH NJW 2011, 2643 („eBay“); KG NJW 2005, 1053 („eBay“); OLG Oldenburg NJW 2005, 2556 f. („eBay“); OLG Hamm MMR 2007, 449 („eBay“); LG Saarbrücken MMR 2004, 556, 557 („eBay“); LG Coburg MMR 2005, 330 („eBay“); LG Detmold BeckRS 2012, 07262 („eBay“); AG Menden NJW 2004, 1329 („eBay“); AG Moers NJW 2004, 1330 („eBay“); AG Menden ZGS 2011, 527 („eBay“); AG Gummersbach NJW-RR 2011, 133, 134 („eBay“); AG Nürtingen BeckRS 2012, 02002 („eBay“); Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 51, Kap. 4.3 Rn. 43; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 86; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 59; Lettl JA 2009, 686, 689 f.; Oechsler JURA 2012, 497, 498; Spindler/ Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 5; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 19. Im Schrifttum war die Einstellung des Artikels durch den „Versteigerer“ – nicht zuletzt auch auf Grund der Formulierung in den eBay-AGB – anfangs verbreitet auch als eine sog. antizipierte Annahme eingeordnet worden (so etwa Hartung/Hartmann MMR 2001, 278, 281 ff.; Ulrici JuS 2000, 947, 948 ff.; Wiebe MMR 2000, 323, 324 ff.). Der BGH hatte die Frage zunächst offengelassen (BGH NJW 2002, 363, 364 [„ricardo.de“]), sich aber inzwischen in st. Rspr. klar i.S.e. Qualifikation als Angebot positioniert (s.o.). Auch die instanzgerichtliche Judikatur und die ganz h.L. folgen heute dieser Lösung (s.o.). In der Tat erscheint die Konstruktion einer „antizipierten Annahme“ als unnötige Verkomplizierung (vgl. nur Faust JuS 2011, 1027 Fn. 4), die Formulierung in den eBay-AGB ist insoweit letztlich nur eine falsa demonstratio (vgl. schon OLG Hamm MMR 2001, 105, 107). Einige halten aber weiterhin an der dogmatischen Konstruktion als „antizipierte Annahme“ fest, so etwa insbesondere auch Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 7, § 156 Rn. 3; ausdrücklich offenlassend etwa: Bork (Fn. 19), § 156 Rn. 10a; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 14; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 7. 1595 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 7; Ernst NJW-CoR 1997, 165; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 90; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 59; Muscheler/Schewe JURA 2000, 565, 568 f.; Rott VuR 1999, 405, 406; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 7; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler JZ 2005, 793; Spindler/Anton (Fn. 1577), Vor §§ 145 ff. BGB Rn. 4. 1596 Vgl. Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 41; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; Ultsch DZWiR 1997, 466, 467.
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(2) Französisches Recht (a) Allgemeines Ähnlich wie in Deutschland wird auch in Frankreich in Bezug auf „Angebote“ auf Webseiten häufig eine Parallele zu den „traditionellen“ Vertriebswegen gezogen: Für „vitrines virtuelles“ („virtuelle Schaufenster“), „magasins virtuels“ („virtuelle Läden“) und „catalogues en ligne“ („Online-Kataloge“) soll grundsätzlich dasselbe gelten wie für „reale“ Schaufenster, Läden und Kataloge.1597 Aus der Perspektive des französischen Rechts bedeutet dies indes konsequenterweise, dass sie ebenfalls grundsätzlich bereits als wirksames Angebot (offre) und nicht lediglich als bloße invitation à entrer en pourparlers zu qualifizieren sind.1598 Je nach konkreter Ausgestaltung der Webseite kann aber im Einzelfalls ggf. auch eine bloße invitation à entrer en pourparlers vorliegen.1599 (b) Signifikanz der Art. 1369-4 und 1369-5 C. civ. Seit dem Jahr 2004 wird die gesamte Materie allerdings durch die französischen Umsetzungsvorschriften zu Art. 10 und 11 Abs. 1 E-Commerce-RL1600 in Art. 1369-4 C. civ. und Art. 1369-5 C. civ.1601 überlagert – und erheblich verkompliziert. Art. 1369-4 C. civ. Quiconque propose, à titre professionnel, par voie électronique, la fourniture de biens ou la prestation de services, met à disposition les conditions contractuelles applicables d’une manière qui permette leur conservation et leur reproduction. Sans préjudice des conditions de validité mentionnées dans l’offre, son auteur reste engagé par elle tant qu’elle est accessible par voie électronique de son fait. L’offre énonce en outre: 1° Les différentes étapes à suivre pour conclure le contrat par voie électronique; 2° Les moyens techniques permettant à l’utilisateur, avant la conclusion du contrat, d’identifier les erreurs commises dans la saisie des données et de les corriger; 1597 Vgl. CA Versailles, 5.7.2001 (Amazon/Buchpreisbindung); Mas, La Conclusion des Contrats du Commerce Électronique, 2005, n° 61, 68 f.; auch Wery, Droit des obligations. Volume 1. Théorie générale du contrat, 2010, n° 159 Fn. 734 (zum belgischen Recht). 1598 Vgl. le Tourneau, Contract informatiques et électroniques, 5e éd. 2008, 9.22.1; Mas (Fn. 1597), n° 61, 68 f.; Mekki RDC 2007, 681, 691; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ohne Weiteres von einem Angebot ausgehend etwa auch Cass. com., 14.2.2006, n° 05-13453 („Planète Immo“); Cass. com., 26.2.2008, 07-12725 (Buchpreisbindung); Cass. civ. 1re, 4.11.2011, n° 09-10211 (auf „Priceminister“ angebotene Software); CA Versailles, 5.7.2001 (Amazon/Buchpreisbindung). 1599 Vgl. Mas (Fn. 1597), n° 61, 64, 69 f.; Mekki RDC 2007, 681, 691; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31. 1600 Fn. 392. 1601 Eingeführt als Art. 1369-1 und 1369-2 C. civ. durch Loi n° 2004-575 du 21 juin 2004 pour la confiance dans l’économie numérique, JORF n° 143 du 22 juin 2004, p. 11168. M.W.v. 17.6.2005 neu positioniert als Art. 1369-4 und 1369-5 C. civ. durch Ordonnance n° 2005-674 du 16 juin 2005 relative à l’accomplissement de certaines formalités contractuelles par voie électronique, JORF n° 140 du 17 juin 2005, p. 10342.
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C. Angebot
3° Les langues proposées pour la conclusion du contrat; 4° En cas d’archivage du contrat, les modalités de cet archivage par l’auteur de l’offre et les conditions d’accès au contrat archivé; 5° Les moyens de consulter par voie électronique les règles professionnelles et commerciales auxquelles l’auteur de l’offre entend, le cas échéant, se soumettre. [Jeder der gewerbsmäßig auf elektronischem Wege die Lieferung von Waren oder Dienstleistungen vorschlägt, stellt die anwendbaren Vertragsbedingungen in einer Weise zur Verfügung, die ihre Speicherung und Reproduktion gestattet. Unbeschadet der in dem Angebot angegebenen Gültigkeitsbedingungen, bleibt ihr Urheber durch sie gebunden, solange sie auf dem von ihm geschaffenen elektronischen Weg zugänglich ist. Das Angebot enthält unter anderem: 1° Die einzelnen Schritte, die erforderlich sind, um einen Vertrag auf elektronischem Wege zu schließen; 2° Die technischen Mittel, die es dem Nutzer vor Vertragsschluss ermöglichen, während der Dateneingabe begangene Fehler zu identifizieren und sie zu korrigieren; 3° Die für den Vertragsabschluss angebotenen Sprachen; 4° Im Falle der Archivierung des Vertrags, die Modalitäten dieser Archivierung durch den Urheber des Angebots und die Bedingungen für den Zugang zu dem archivierten Vertrag; 5° Die Mittel, um auf elektronischem Wege die berufsrechtlichen Regeln und Geschäftsregeln zu konsultieren, denen sich der Urheber des Angebots ggf. zu unterwerfen beabsichtigt.] Art. 1369-5 C. civ. Pour que le contrat soit valablement conclu, le destinataire de l’offre doit avoir eu la possibilité de vérifier le détail de sa commande et son prix total, et de corriger d’éventuelles erreurs, avant de confirmer celle-ci pour exprimer son acceptation. L’auteur de l’offre doit accuser réception sans délai injustifié et par voie électronique de la commande qui lui a été ainsi adressée. La commande, la confirmation de l’acceptation de l’offre et l’accusé de réception sont considérés comme reçus lorsque les parties auxquelles ils sont adressés peuvent y avoir accès. [Damit der Vertrag gültig geschlossen ist, muss der Empfänger des Angebots die Möglichkeit gehabt haben, die Einzelheiten seiner Bestellung und den Gesamtpreis zu verifizieren und eventuelle Fehler zu korrigieren, bevor er diese mit seiner Artikulation der Annahme bestätigt. Der Urheber des Angebots muss unverzüglich und auf elektronischem Wege den Empfang einer Bestellung, die auf diesem Wege an ihn adressiert worden ist, bestätigen. Die Bestellung, die Bestätigung der Annahme des Angebots und die Empfangsbestätigung gelten als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können.] Art. 1369-6 C. civ. Il est fait exception aux obligations visées aux 1° à 5° de l’article 1369-4 et aux deux premiers alinéas de l’article 1369-5 pour les contrats de fourniture de biens ou de
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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prestation de services qui sont conclus exclusivement par échange de courriers électroniques. Il peut, en outre, être dérogé aux dispositions de l’article 1369-5 et des 1° à 5° de l’article 1369-4 dans les conventions conclues entre professionnels. [Die in 1° bis 5° von Artikel 1369-4 und in den ersten beiden Absätzen von Art. 13695 vorgesehenen Pflichten gelten nicht für Verträge über die Lieferung von Waren oder Dienstleistungen, die ausschließlich durch den Austausch von elektronischer Post geschlossen werden. Überdies können die Vorschriften des Artikel 1369-5 und der 1° bis 5° des Artikel 1369-4 bei zwischen Unternehmern geschlossenen Verträgen abbedungen werden.]
Die Art. 1369-4 und 1369-5 C. civ. können zwar für B2B-Verträge weitgehend abbedungen werden (vgl. Art. 1369-6(2) C. civ.) und gelten zudem – zumindest größtenteils – gar nicht bei Verträgen, die ausschließlich durch den Austausch von elektronischer Post geschlossen werden (vgl. Art. 1369-6(1) C. civ.). Die in Art. 1369-4 C. civ. normierten Pflichtangaben für die offre und das in Art. 1369-5 C. civ. etablierte System des „double clic“ („Doppelklick“)1602 haben aber ganz generell zu einem ganzen Spektrum von Unsicherheiten und Kontroversen in Bezug auf alle möglichen Detailfragen des elektronischen Vertragsschlusses geführt, die im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher zu erörtern sein werden. Speziell in Bezug auf die hier interessierende Problematik der Abgrenzung von offre (Angebot) und invitation à entrer en pourparlers (invitatio ad offerendum) ist in Frankreich streitig, wie der Begriff offre in Art. 1369-4 f. C. civ. zu verstehen ist. Einer Ansicht zufolge wird mit dem Terminus offre in Art. 1369-4 C. civ. nicht auf das traditionelle Angebotsverständnis Bezug genommen; vielmehr umfasse „offre“ i.S.d. Art. 1369-4 C. civ. jeglichen auf einen Vertragsschluss gerichteten Vorschlag, den ein Unternehmer online stellt, unabhängig davon, ob er den traditionellen Angebotsbegriff erfüllt.1603 Auch Erklärungen, die nach traditionellem Verständnis lediglich eine invitation à entrer en pourparlers darstellen würden, können also „offre“ i.S.d. Art. 1369-4 C. civ. sein.1604 1602
Dazu auch noch ausf. unten D. VII.2. c) dd)(1). Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 106 f.; Bruguière, J.-Cl. Commercial, fasc. 860, 2009, n° 75; Mathey, J.-Cl. Civil Code, Art. 1369-1 à 1369-11, fasc. 10, 2011, n° 28; Mekki RDC 2007, 681, 691; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3. C. 1°; Vivant RDC 2005, 533, 542 f. Offenbar ferner auch Grynbaum, Le contrat électronique: concept de l’ordre juridique, in: Université de Poitiers (éd.), Le contrat électronique. Au cœur du commerce électronique. Le droit de la distribution. Droit commun ou droit spécial?, 2005, S. 121, 131. 1604 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 107; Bruguière (Fn. 1603), n° 75; Mathey (Fn. 1603), n° 28; Mekki RDC 2007, 681, 691; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3. C. 1°; Vivant RDC 2005, 533, 542 f. 1603
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C. Angebot
Begründet wird dies damit, dass man andernfalls zu dem – evident absurden1605 – Ergebnis gelangen würde, dass die Informationspflichten gem. Art. 1369-4 C. civ. in denjenigen Fällen, in denen die Webseite lediglich eine invitation à entrer en pourparlers darstellt und das Angebot erst vom Verbraucher gemacht wird, den Verbraucher treffen würden.1606 Innerhalb des Code civil kooexistieren damit zwei verschiedene Angebotsbegriffe: Das traditionelle Verständnis der offre und die „offre“ i.S.d. Art. 1369-4 C. civ.1607 Nach anderer Ansicht soll dagegen auch i.R.d. Art. 1369-4 f. C. civ. grundsätzlich der traditionelle Begriff der offre gelten.1608 Allerdings etabliere die Vorschrift für Verträge innerhalb ihres Anwendungsbereichs zusätzliche, spezielle Kriterien für die Existenz einer offre: Bei Verträgen im Anwendungsbereichs der Art. 1369-4 f. C. civ. sei eine Erklärung nur dann als offre (und nicht lediglich als invitation à entrer en pourparlers) zu qualifizieren, wenn sie die in Art. 1369-4 C. civ. vorgeschriebenen Angaben enthält.1609 Die Cour de Cassation hat die Frage bislang nicht ausdrücklich entschieden und auch im Schrifttum hat sich keine der beiden Ansichten klar durchzusetzen vermögen.1610 Die CA Toulouse hat allerdings in einem Urteil vom 2.2.2011 judiziert, dass die Pflichtangaben Voraussetzungen i.S.v. conditions de forme (Formvorschriften) für die Wirksamkeit der Erklärung als offre seien; seien diese nicht erfüllt, so hätten die Erklärungen auf der Webseite lediglich die Bedeutung von Werbung bzw. einer invitation à entrer en pourparlers.1611 (3) Englisches Recht Im englischen Recht werden „Angebote“ auf Webseiten grundsätzlich nur als invitation to treat qualifiziert.1612 Ähnlich wie in Deutschland und Frankreich 1605 Vgl. Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3. C. 1°: „évidemment absurde“; s. ferner auch Mathey (Fn. 1603), n° 28. 1606 Vgl. Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3. C. 1°; s. ferner auch Busseuil (Fn. 1570), S. 107. 1607 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 107; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 31; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3. C. 1°. 1608 Vgl. Beauchard, L’offre dans le commerce électronique, in: Université de Poitiers (éd.), Le contrat électronique. Au cœur du commerce électronique. Le droit de la distribution. Droit commun ou droit spécial?, 2005, S. 35, 38 f. Ohne weitere Differenzierung schlicht von einer offre sprechend etwa auch Huet JCP G 2004.I.178 n° 15 f.; ders. (Fn. 396), S. 539, 554 f.; Rochfeld RTD civ. 2004, 574, 578 f. 1609 Vgl. Beauchard (Fn. 1608), S. 35, 38 f.; Shandi (Fn. 1374), S. 34 ff. So offenbar auch Fages (Fn. 245), n° 82; Testu (Fn. 991), 21.01. 1610 Letztlich offenlassend etwa Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138-1 Fn. 3, n° 140-1. 1611 CA Toulouse, 2.2.2011, n° 09/00005. Das Gericht hat aber zugleich auch betont, dass ein wirksamer Vertrag nur zustande kommt, wenn die Vorgaben des Art. 1396-5 C. civ. (System des „double clic“, dazu noch ausf. unten D. VII.2. c) dd)(1)) eingehalten werden. 1612 Vgl. R (on the application of Software Solutions Partners Ltd) v Her Majesty’s Commissioners for Customs and Excise [2007] EWHC 971 (Admin) at para. 19; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Dannemann, Formation of Contracts on the Internet, in: Birks/Pretto (eds.), Themes in Comparative Law. In Honour of
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steht dahinter auch in England der Gedanke, dass Webseiten insoweit quasi als „virtuelle Schaufenster“ oder „virtuelle Läden“ fungieren und deshalb auch rechtlich nicht anders behandelt werden sollen als reale Schaufenster oder Läden.1613 Speziell die maßgebliche Erwägungen, dass der Erklärende sich im Falle einer Qualifikation als offer u.U. an eine seine Leistungsfähigkeit weit übersteigende Zahl von Verträgen gebunden finden könnte, beanspruche hier ebenfalls Geltung;1614 ebenso aber auch der Gedanke, dass der Erklärende ein legitimes Interesse daran habe, sich die Möglichkeit vorzubehalten, mit bestimmten Personen nicht zu kontrahieren (z.B. Zahlungsunfähige etc.)1615. Je nach konkreter Ausgestaltung der Webseite kann sich im Rahmen der Auslegung im Einzelfall aber gleichwohl ergeben, dass es sich bereits um ein wirksames Angebot handelt.1616 Einer teilweise vertretenen Ansicht zufolge soll dies insbesondere dann der Fall sein, wenn die Lieferung eines digitalen „Produkts“ bzw. einer digitalen „Leistung“ direkt über die Webseite erfolge, denn dann sei die Situation eher derjenigen beim Warenautomaten vergleichbar.1617
1613 Bernard Rudden, 2002, S. 179, 183; Gallagher (2000) 16 CLSR 101, 103; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.33; Law Commission and Scottish Law Commission, An Optional Common European Sales Law: Advantages and Problems. Advice to the UK Government, Nov. 2011, abrufbar unter http://lawcommission.justice.gov.uk/docs/Common_European_Sales_Law_Advice. pdf, 4.51; McKendrick (Fn. 493), S. 69 f.; Riefa/Hörnle (Fn. 1570), S. 89, 102 f., 108; Rogers, The Internet and the Law, 2011, S. 27; ders. BLR 2002, 70; Ryder/Griffiths/Singh (Fn. 798), S. 170; Smith (ed.), Internet Law and Regulation, 4th ed. 2007, 10-081 f.; Todd, E-commerce law, 2005, 9.1.4; Treitel (Fn. 491), 2-009; vgl. ferner etwa auch Scottish Law Commission (Fn. 1116), para. 4.09, sowie die singapurische Entscheidung Chwee Kin Keong and Others v Digilandmall.com Pte Ltd [2004] 2 SLR 594 at paras. 93 ff.; für die Spezialfälle „virtueller Welten“ und sozialer Netzwerke: Sparrow, The law of virtual worlds and Internet social networks, 2010, 2.3.2. Tendenziell abw. jedoch etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.18 ff.; Mik, Contract Formation in Open Electronic Networks, 2007, 5.16 (keine Vermutung, sondern ausschließliches Abstellen auf die Ausgestaltung der konkreten Webseite); ebenso (in Bezug auf das singapurische Recht) auch Phang (2005) 17 SALJ 361, 369 ff. 1613 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-014; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.22; Koffmann/ MacDonald (Fn. 496), 2.33; McKendrick (Fn. 493), S. 69 f.; Riefa/Hörnle (Fn. 1570), S. 89, 102; Rogers (Fn. 1612), S. 27; ders. BLR 2002, 70; Ryder/Griffiths/Singh (Fn. 798), S. 170; Smith (Fn. 1612), 10-081; Sparrow (Fn. 1612), 2.3.2, 2.3.3; Todd (Fn. 1612), 9.1.4; Treitel (Fn. 491), 2009; vgl. ferner etwa auch die singapurische Entscheidung Chwee Kin Keong and Others v Digilandmall.com Pte Ltd [2004] 2 SLR 594 at para. 93. 1614 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.33; McKendrick (Fn. 493), S. 69 f.; Smith (Fn. 1612), 10-082; Todd (Fn. 1612), 9.1.4; Treitel (Fn. 491), 2-009. 1615 Vgl. Smith (Fn. 1612), 10-082; Todd (Fn. 1612), 9.1.4. 1616 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-002; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.23; Gallagher (2000) 16 CLSR 101, 103; Mik (Fn. 1612), 5.16; McKendrick (Fn. 493), S. 69 f.; Riefa/ Hörnle (Fn. 1570), S. 89, 103; Smith (Fn. 1612), 10-081 f. 1617 Vgl. etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.22; in Bezug auf das singapurische Recht auch Phang (2005) 17 SALJ 361, 369 ff.
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C. Angebot
(4) CESL-D Im Rahmen des CESL-D gilt für „Angebote“ auf Webseiten ebenfalls die Vermutung des Art. 31 Abs. 3, d.h. sie sind im Zweifel lediglich invitationes ad offerendum.1618 Dies entspricht auch der ganz h.M. zur Vorbildregelung des Art. 14 Abs. 2 CISG.1619 Widerlegt sein soll die Vermutung dort aber z.B. bei Webseiten, die ausdrücklich angeben, ob und in welcher Menge der jeweilige Artikel noch vorhanden ist.1620 (5) Rechtsvergleichende Würdigung Aus rechtsvergleichender Perspektive fällt zunächst auf, dass hinsichtlich der Qualifikation von Anpreisungen auf Webseiten in allen drei nationalen Rechtsordnungen eine Parallele zu den traditionellen Vertriebswegen, speziell dem Schaufenster und dem (SB-)Laden gezogen wird: Anpreisungen in „virtuellen Katalogen“, „virtuellen Schaufenstern“ bzw. „virtuellen shops“ sollen rechtlich prinzipiell ebenso behandelt werden wie solche in „realen“. Auf Grund der traditionell unterschiedlichen Ansatzpunkte führt dies freilich konsequenterweise auch für die Fallgruppe der Webseite zu unterschiedlichen Grundkonzeptionen: Im deutschen und englischen Recht wird hier – ebenso wie nun auch i.R.d. CESL-D grundsätzlich lediglich eine bloße invitatio ad offerendum angenommen, im französischen Recht dagegen bereits ein wirksames Angebot (wobei die gesamte Problematik im französischen Recht indes – wie dargestellt1621 – durch die neuen Sonderregeln in Art. 1369-4 f. C. civ. überlagert wird, die zu erheblichen Unsicherheiten und Kontroversen geführt haben). Diese „Vermutungen“ sind zwar in allen drei Rechtsordnungen (sowie auch i.R.d. CESL-D) widerlegbar; so wird etwa sowohl im deutschen als auch im englischen Recht die Auffassung vertreten, dass speziell dann, wenn Vertragsgegenstand ohne Weiteres reproduzierbare Inhalte wie etwa Daten etc. sind, bereits ein wirksames Angebot vorliegen soll1622. Letzten Endes kommt es also doch ganz maßgeblich auf die konkrete Ausgestaltung der Webseite an. Insgesamt ist jedoch zu konstatieren, dass sich in der „virtuellen Welt“ des Internets im Wesentlichen dieselben wertungsmäßigen und konzeptionellen Divergenzen zwischen den nationalen Rechtsordnungen (und dem Ansatz des CESL-D) fortsetzen, die schon in der „realen Welt“ der traditionellen Vertriebswege zu verzeichnen waren. 1618
Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.b. Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 10, 29; Ferrari (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 8; Magnus (Fn. 1390), Art. 14 CISG Rn. 37; Mankowski (Fn. 1390), Art. 14 CISG Rn. 10 f.; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 30; Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 para. 28. 1620 Vgl. Schroeter (Fn. 1390), Art. 14 para. 28. 1621 Vgl. oben C. III.2. b) hh)(2)(b). 1622 Vgl. die Nachweise in Fn. 1595 (deutsches Recht) und Fn. 1617 (englisches Recht). 1619
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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Summa summarum erscheint dabei auch für Anpreisungen im Internet die grundsätzliche Qualifikation als bloße invitationes ad offerendum (wie sie sowohl im deutschen und englischen Recht als nun auch im CESL-D gilt) klar vorzugswürdig – schon deshalb, weil in der „virtuellen Welt“ (ungeachtet aller Besonderheiten des Internets) in der Tat nichts anderes gelten kann als in der „realen“. Das Leistungsfähigkeitsargument streitet hier de facto sogar noch stärker für die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum: Denn bei Katalogen, Schaufenstern oder „realen“ Läden existiert trotz allem letztlich noch eine gewisse tatsächliche Obergrenze von Kataloglesern, Passanten oder Ladenbesuchern; im Internet ist die Zahl der potenziellen „Kunden“, welche das „Angebot“ – noch dazu ggf. sofort und mittels eines einfachen Mausklicks „annehmen“ könnten, dagegen nahezu grenzenlos. Zudem streitet auch bei Anpreisungen im Internet das legitime Interesse des Erklärenden, zunächst die Person des Vertragspartners zu kennen, bevor er endgültig über das Zustandekommen des Vertrags entscheidet Stichworte: Zahlungsfähigkeit, Querulanten, Verbot des Verkaufs bestimmter Waren an bestimmte Personen (z.B. Alkohol an Kinder) maßgeblich und durchschlagend für eine Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum. Je nach konkreter Ausgestaltung der Webseite kann in bestimmten Fällen freilich gleichwohl durchaus auch bereits ein wirksames Angebot vorliegen. Die sowohl in Deutschland als auch in England anzutreffende Auffassung, dass dies etwa speziell bei ohne Weiteres reproduzierbaren Vertragsgegenständen wie Daten etc. der Fall sein soll1623, erscheint indes jedenfalls so pauschal nicht überzeugend. Denn auch wenn das „Leistungsfähigkeitsargument“ hier in der Tat entfällt, der Vertragspartner dem Erklärenden bei vielen solcher Produkten gleichgültig bzw. nicht so wichtig sein wird und sich das Solvenzrisiko ggf. auch anderweitig absichern lässt (z.B. Kreditkartenzahlung), bleiben doch Bedenken, speziell auch im Hinblick auf das Übertragungsrisiko1624. Uneingeschränkt überzeugend erscheint die Qualifikation bereits als wirksames Angebot dagegen im Falle von „Auktionen“ auf Online-Auktionsplattformen mit entsprechenden AGB – würde die Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum hier doch letztlich das gesamte „Geschäftsmodell“ aushebeln, da sie es dem „Einsteller“ gestatten würde, auf Kosten der „Bieter“ zu spekulieren (zumal alle Beteiligten der Verfahrensweise durch die Akzeptanz der jeweiligen AGB ja auch ausdrücklich zugestimmt haben). ii) Letter of intent Waren die bisher untersuchten Fallgruppen alle nicht zuletzt dadurch gekennzeichnet, dass es sich jeweils um an die Allgemeinheit gerichtete „Vorschläge“ handelt, soll abschließend noch eine Fallgruppe analysiert werden, die nicht zu 1623 1624
Vgl. die Nachweise in Fn. 1595 (deutsches Recht) und Fn. 1617 (englisches Recht). Vgl. die Nachweise ein Fn. 1596.
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C. Angebot
dieser Kategorie gehört, in Praxis und Schrifttum aber ebenfalls erhebliche Bedeutung erlangt hat: Der letter of intent (LoI). Die Terminologie ist insoweit leider teils etwas uneinheitlich bzw. sogar missverständlich. Im genuinen Sinne bezeichnet der Terminus letter of intent eine (meist im Vorfeld des Abschlusses komplexer, wirtschaftlich bedeutsamer Vertragsschlüsse übersandte) „Absichtserklärung“, aus der sich die Bereitschaft des Absenders ergibt, mit dem Adressaten (dem potenziellen Vertragspartner) einen Vertrag abzuschließen.1625 Teils wird der Begriff aber auch pauschalisierend für sonstige vertragsvorbereitende Äußerungen/Vereinbarungen verwendet, die teils auch rechtlich ganz anders zu qualifizieren sind (z.B. Vorverträge).1626 Umgekehrt werden aber auch Dokumente, die an sich einen letter of intent i.S.d. genannten Definition darstellen, mit einer anderen „Etikettierung“ versehen, z.B. „letter of comfort“, „term sheet“, „memorrandum of understanding“, etc.1627 (1) Deutsches Recht Im deutschen Recht wird bei der rechtlichen Behandlung des LoI – wie ganz allgemein nicht bzw. zumindest nicht entscheidend auf die Bezeichnung, sondern auf den konkreten Inhalt und die Gesamtumstände abgestellt.1628 Ergibt sich im Rahmen der Auslegung, dass der Erklärende – wie beim LoI typischerweise der Fall – lediglich seine Bereitschaft erklären will, über den ins Auge gefassten Vertrag in ernsthafte Verhandlungen zu treten (und sich noch nicht abschließend rechtlich binden möchte), so handelt es sich (noch) nicht um ein wirksames Angebot.1629 Als maßgebliches Indiz hierfür angesehen wer1625 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 9.7.1998 – 3 U 61/97 (juris), Rn. 78; Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 9; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 14; Blaurock ZHR 147 (1983) 334; Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 57; Jahn, Der Letter of Intent, 2000, S. 60; ausf. zu Zweck und Inhalt des LoI: Lutter, Der Letter of Intent, 3. Aufl. 1998, S. 10 ff. 1626 Vgl. Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 58. Vgl. dazu auch noch näher unten i.R.d. Erörterung der einzelnen Rechtsordnungen. 1627 Vgl. Dondero D. 2011, 2848; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 7.06; Treitel (Fn. 491), 4-018. 1628 Vgl. OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 73/93 (juris), Rn. 26; OLG Frankfurt a.M. v. 9.7.1998 – 3 U 61/97 (juris), Rn. 78 ff.; OLG München ZUM 2008, 68, 69; OLG Köln VersR 2008, 680, 682; LG Paderborn NZG 2000, 899, 900; LG Köln BeckRS 2008, 17999; Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 9; Berjahn ZIP 2004, 395, 396; Blaurock ZHR 147 (1983) 334, 337 f.; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 14; Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 58 f.; Geyrhalter/Zirngibl/Strehle DStR 2006, 1559 f.; Klages ZUM 2012, 117, 118; Lindner-Figura NZM 2000, 1193, 1194; Lutter (Fn. 1625), S. 19 ff.; Jahn (Fn. 1625), S. 99 ff., 197 ff.; Weber JuS 1990, 249, 252. 1629 Vgl. OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 73/93 (juris), Rn. 26; OLG Frankfurt a.M. v. 9.7.1998 – 3 U 61/97 (juris), Rn. 78; OLG München ZUM 2008, 68, 69; OLG Köln VersR 2008, 680, 682; LG Paderborn NZG 2000, 899, 900; LG Köln BeckRS 2008, 17999; Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 9; Berjahn ZIP 2004, 395, 396; Blaurock ZHR 147 (1983) 334, 337; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 14; Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 58; Ellenberger (Fn. 202), Einf v § 145 Rn. 18; Geyrhalter/Zirngibl/Strehle DStR 2006, 1559 f.; Jahn (Fn. 1625), S. 197 ff.; Klages ZUM 2012, 117, 118; Lindner-Figura NZM 2000, 1193, 1194; Lutter (Fn. 1625), S. 19 ff.; Weber
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
243
den insbesondere auch entsprechende ausdrückliche Klauseln („not-binding clause“)1630 oder die Auflistung im Rahmen weiterer Verhandlungen noch zu klärender Punkten1631. Im Einzelfall kann sich i.R.d. Auslegung aber durchaus auch ergeben, dass bereits eine vertragliche Bindung – entweder im Sinne eines Vorvertrags oder ggf. sogar bereits im Sinne eines Hauptvertrags – gewollt war1632; u.U. kann in bestimmten Branchen ggf. auch eine entsprechende Usance angenommen werden1633. (2) Französisches Recht In Bezug auf das französische Recht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Terminus lettre d’intention dort zwei streng voneinander zu trennenden Bedeutungen hat: Neben dem letter of intent (LoI) im hier interessierenden Sinn wird in Frankreich auch die Patronatserklärung (die seit 2006 in Art. 2322 ff. C. civ. geregelt ist1634) als lettre d’intention bezeichnet.1635 Soweit es um den hier interessierenden lettre d’intention (i.S.v. LoI) geht, wird im französischen Recht ebenfalls unabhängig von der Bezeichnung maßgeblich darauf abgestellt, ob sich im Rahmen der Auslegung im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Parteien bei der Erstellung mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben.1636 Auch in Frankreich wird dabei davon ausgegangen, JuS1630 1990, 249, 252; s. ferner auch BGH NZG 2000, 254, 255; OLG Celle NJW 2001, 607, 612 (Bindungswirkung eines LoI jeweils – allerdings ohne weitere Erörterung – abgelehnt). 1630 Vgl. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 14; Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 58; Jahn (Fn. 1625), S. 198. Beispiel etwa bei Alfes in: BeckOF, 20. Ed. 2012, 20.1 § 9 (Bindungswirkung nur bzgl. einiger Klauseln). 1631 Vgl. Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 58. 1632 Vgl. OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 73/93 (juris), Rn. 26 (Bindungswirkung auf Grund Gesamtinhalt des Dokuments; vgl. dazu auch Weber EWiR 1994, 533 f.); OLG Frankfurt a.M. v. 9.7.1998 – 3 U 61/97 (juris), Rn. 78 (Bindungswirkung aber letztlich auf Grund Gesamtinhalt des LoI abgelehnt); OLG Köln VersR 2008, 680, 682 (Parteien gingen ersichtlich von Bindungswirkung aus; zudem möglicherweise entsprechende Usance in der Filmbranche; letztlich aber offengelassen); LG Paderborn NZG 2000, 899, 900 („LoI“ tatsächlich bereits Vorvertrag); LG Köln BeckRS 2008, 17999 (Bindungswirkung aber auf Grund der Gesamtumstände abgelehnt); Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 9; Berjahn ZIP 2004, 395, 396; Blaurock ZHR 147 (1983) 334, 337; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 14; Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 59; Ellenberger (Fn. 202), Einf v § 145 Rn. 18; Geyrhalter/Zirngibl/Strehle DStR 2006, 1559 f.; Jahn (Fn. 1625), S. 197 ff.; Klages ZUM 2012, 117, 118; Lindner-Figura NZM 2000, 1193, 1194; Lutter (Fn. 1625), S. 22 f.; Weber JuS 1990, 249, 252. 1633 Vgl. OLG Köln VersR 2008, 680, 682 (Erörterung einer entsprechenden Usance in der Filmbranche; letztlich aber offengelassen); vgl. zum LoI in der Filmbranche auch Klages ZUM 2012, 117, 118 (der allerdings für ein Abstellen auf die Umstände des Einzelfalls plädiert). 1634 Vgl. zur Reform des Kreditsicherheitenrechts im Jahr 2006 bereits oben Fn. 906. 1635 Vgl. zu diesem Begriffsdualismus etwa auch Fages (Fn. 245), n° 45 Fn. 10; Flour/Aubert/ Savaux (Fn. 243), n° 149 Fn. 6; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 440 Fn. 60. 1636 Vgl. Dondero D. 2011, 2848, 2449 f.; Fages (Fn. 245), n° 45; ders. RTD civ. 2011, 758; Ghestin (Fn. 51), n° 343; Lake (1984) 18 Geo. Wash. J. Int’l L. & Econ. 331, 342; Malaurie/ Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 440; Omalu [2000] JBL 303, 309; vgl. aus der Rechtsprechung etwa Cass. com., 10.3.1998, n° 95-21126; CA Versailles, 30.6.2011, n° 10/06302.
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C. Angebot
dass dies entsprechend der Funktion des LoI meist nicht der Fall sein wird.1637 Die Auslegung kann im Einzelfall aber durchaus auch ergeben, dass bereits eine vertragliche Bindung gewollt war.1638 Als maßgebliche Indizien herangezogen werden dabei u.a. insbesondere auch „non-binding“-Klauseln1639 oder auch ein entsprechender Handelsbrauch in einer bestimmten Branche (speziell, wenn er in Branchenleitlinien niedergelegt ist)1640. (3) Englisches Recht Im englischen Recht ist in Bezug auf die rechtliche Qualifikation eines LoI ebenfalls nicht die Bezeichnung als solcher ausschlaggebend. Es gibt zwar einige Stimmen, die zu einer (freilich widerlegbaren) Vermutung der Unverbindlichkeit zu tendieren scheinen.1641 Ganz überwiegend wird in Rechtsprechung1642 und Schrifttum1643 aber nachdrücklich betont, dass es letztlich ausschließlich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt, d.h. es ist nach den allgemeinen Auslegungsstandards zu ermitteln, ob im konkreten Fall
1637 Vgl. Dondero D. 2011, 2848, 2849 f.; Fages (Fn. 245), n° 45; ders. RTD civ. 2011, 758. Vgl. ferner auch Cass. com., 10.3.1998, n° 95-21126 (Bindungswirkung eines LoI abgelehnt); Cass. com., 6.11.2012, n° 11-26582 (Bindungswirkung eines LoI abgelehnt; maßgeblich war hier allerdings primär, dass der Kaufpreis nicht hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar war, weil sein endgültiger Betrag auf der Basis einer Bilanz determiniert werden sollte und zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des LoI der Betrag der Passiva noch unbekannt war; vgl. zur Problematik der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises noch allg. unten C. V.2. c) bb)); CA Versailles, 30.6.2011, n° 10/06302 (Bindungswirkung eines LoI abgelehnt, s. dazu auch Fn. 1640). 1638 Vgl. Dondero D. 2011, 2848, 2849 f.; Fages (Fn. 245), n° 45; ders. RTD civ. 2011, 758; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 149 Fn. 6. 1639 Vgl. Dondero D. 2011, 2848, 2851. 1640 Vgl. CA Versailles, 30.6.2011, n° 10/06302 (Bezugnahme auf „guide de la lettre d’intention capital risque“ [„Leitfaden für letter of intent im Bereich Risikokapital“, der von der Association Française des Investisseurs [französische Investorenvereinigung] herausgegeben wurde); Dondero D. 2011, 2848, 2850 f.; Fages RTD civ. 2011, 758. 1641 So etwa Chen-Wishart (Fn. 496), S. 98; Tendenzen in diese Richtung finden sich etwa auch in der U.S.-amerikanischen Judikatur, vgl. Rennick v O.P.T.I.O.N. Care, Inc 77 F.3d 309 (1996). 1642 Vgl. British Steel Corp v Cleveland Bridge & Engineering Co Ltd [1984] 1 All ER 504 at 509 per Robert Goff LJ (s. sogleich im Text); ERDC Group Limited v Brunel [2006] EWHC 687 (TCC) at para. 27 per Lloyd QC (s. Fn. 1642); Bennett (Electrical) Services Ltd v Inviron Ltd [2007] EWHC 49 (TCC) at para. 16; Harris Calnan Construction Co Ltd v Ridgewood (Kensington) Ltd [2007] EWHC 2738 (TCC) at para. 11; Cubitt Building & Interiors Ltd v Richardson Roofing (Industrial) Ltd [2008] EWHC 1020 (TCC) at para. 40; Diamond Build Ltd v Clapham Park Homes Ltd [2008] EWHC 1439 (TCC) at paras. 41 ff.; Adonis Construction v O’Keefe Soil Remediation [2009] EWHC 2047 (TCC) at paras. 44 ff. 1643 Vgl. aus dem Schrifttum etwa: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 67 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 58 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-125; Davies C. N. 2011, Nov./Dec. 2 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 7.08; Omalu [2000] JBL 303, 309; Treitel (Fn. 491), 4-018. Für eine generelle Neufokussierung im Hinblick auf LoI jedoch Ball (1983) 99 LQR 572 ff.
III. Abgrenzung: Angebot – Äußerungen ohne Rechtsbindungswille
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ein Rechtsbindungswille vorlag. Prägnant insofern etwa Robert Goff LJ in British Steel Corp v Cleveland Bridge & Engineering Co Ltd (1984)1644: There can be no hard and fast answer to the question whether a letter of intent will give rise to a binding agreement: everything must depend on the circumstances of the particular case. [Auf die Frage, ob ein letter of intent eine bindende Vereinbarung entstehen lässt, kann es keine pauschale Antwort geben: alles muss von den Umständen des jeweiligen Falles abhängen]
In der relativ reichhaltigen und insgesamt sehr einzelfallspezifischen Judikatur (LoI sind offenbar nicht nur bei großen Wirtschaftsverträgen, sondern etwa vor allem auch im Bausektor sehr beliebt1645) finden sich dementsprechend sowohl Fälle, in denen ein LoI auf Grund seiner Formulierungen und der Gesamtumstände als unverbindlich angesehen wurde1646, als auch solche, in denen ein LoI als (ganz oder zumindest partiell) verbindliche Vereinbarung qualifiziert wurde1647. (4) CESL-D Der CESL-D enthält keine speziellen Regelungen betreffend LoI oder sonstige vorvertragliche Vereinbarungen. Maßgeblich sein wird damit eine Auslegung des jeweiligen Dokuments anhand der oben dargestellten1648 allgemeinen Auslegungsstandards des CESL-D.
1644 British Steel Corp v Cleveland Bridge & Engineering Co Ltd [1984] 1 All ER 504 at 509. Vgl. ferner sehr schön etwa auch at ERDC Group Limited v Brunel [2006] EWHC 687 (TCC) at para. 27 per Lloyd QC: „Letters of intent come in all sorts of forms. … There can therefore be no prior assumptions, such as looking to see if words such as „letter of intent“ have or have not been used. The phrase „letter of intent“ is not a term of art. Its meaning and effect depend on the circumstances of each case.“ („Letters of Intent sind in allen möglichen Formen anzutreffen. … Es kann daher keine vorgelagerten Vermutungen geben, wie etwa zu schauen, ob Worte wie „letter of intent“ verwendet worden sind oder nicht. Der Begriff „letter of intent“ ist kein Fachbegriff. Seine Bedeutung und Wirkung hängen von den Umständen des jeweiligen Falles ab.“). 1645 Sehr anschaulich zur verbreiteten Nutzung im Bausektor und den hieraus resultierenden praktischen Problemen: Cunningham v Collett [2006] EWHC 1771 (TCC) at paras. 82 ff. per Coulson QC. 1646 Vgl. etwa British Steel Corp v Cleveland Bridge & Engineering Co Ltd [1984] 1 All ER 504; Wilson Smithett & Cape (Sugar) Ltd v Bangladesh Sugar and Food Industries Corporation [1986] 1 Lloyd’s Rep 378; Adonis Construction v O’Keefe Soil Remediation [2009] EWHC 2047 (TCC); Bennett (Electrical) Services Ltd v Inviron Ltd [2007] EWHC 49 (TCC); Whittle Movers Limited v Hollywood Express Limited [2009] EWCA Civ 1189. 1647 Vgl. etwa ERDC Group Limited v Brunel [2006] EWHC 687 (TCC); Cunningham v Collett [2006] EWHC 1771 (TCC); R. C. Pillar & Son v The Camber Bennett (Electrical) Services Ltd v Inviron Ltd [2007] EWHC 49 (TCC); Diamond Build Ltd v Clapham Park Homes Ltd [2008] EWHC 1439 (TCC). 1648 C. II.4.
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C. Angebot
(5) Rechtsvergleichende Würdigung Insgesamt ist somit hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von LoI zu konstatieren, dass es in allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen wie auch i.R.d. CESL-D nicht auf die Bezeichnung als solche ankommt. Gemeinsamer Ausgangspunkt und Grundposition ist vielmehr überall, ob sich im Rahmen der Auslegung im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben. In Deutschland und Frankreich scheint man dabei allerdings generell eher dazu zu tendieren, LoI im Zweifel eher keine verbindliche Wirkung beizumessen. Auch in England wird eine entsprechende „Vermutung“ diskutiert, überwiegend jedoch abgelehnt und betont, dass es allein auf die Umstände des konkreten Einzelfalls ankommt. Die praktische Bedeutung dieses insoweit etwas divergierenden Fokus dürfte sich indessen in Grenzen halten, wird doch auch in Deutschland und Frankreich hervorgehoben, dass es letztlich allein auf den konkreten Einzelfall ankommt. Im Rahmen der Auslegung wirken sich aber freilich auch hier die trotz aller Konvergenzen fortbestehenden Unterschiede hinsichtlich der allgemeinen Auslegungsmethodik1649 aus, die ggf. auch beim LoI dazu führen könnten, dass ein konkreter LoI in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen und im CESL-D im Ergebnis einmal als unverbindlich, einmal als verbindlich qualifiziert würde. c) Zwischenresümee Wie bereits oben1650 angedeutet, zeigt die vorstehende Analyse der wichtigsten Fallgruppen, dass die drei nationalen Rechtsordnungen und der CESL-D in Bezug auf die Abgrenzung von Angebot (offre, offer) einerseits oder invitatio ad offerendum (invitation à entrer en pourparlers, invitation to treat) andererseits trotz ihres prinzipiell gleichen Grundansatzes in einer ganzen Reihe von Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Alle untersuchten Rechtsordnungen etablieren für die jeweiligen Fallgruppen zwar nur „Faustregeln“ bzw. „Vermutungen“, lassen also grundsätzlich Raum für eine Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Insgesamt zeigt sich jedoch klar, dass speziell das französische Recht sehr stark dazu tendiert, an die Allgemeinheit gerichtete „Vorschläge“ bereits als Angebot einzustufen, während das deutsche und englische Recht insoweit prinzipiell eher restriktiv sind und Art. 31 Abs. 3 CESL-D sogar eine ausdrückliche Vermutung zugunsten einer bloßen invitatio ad offerendum etabliert. Bei näherer Betrachtung ergibt sich, dass diese divergierenden Grundtendenzen vor allem eine Reflexion einer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung 1649 1650
Vgl. dazu bereits oben C. II, speziell C. II.5. C. III.2. b).
IV. Angebot ad incertas personas
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auf der Wertungsebene sind: Das französische Recht akzentuiert tendenziell sehr stark den Schutz der Erwartungen des Publikums; die Qualifikation bereits als Angebot verfolgt hier zumindest latent vielfach auch einen gewissen „Disziplinierungseffekt“ im Hinblick auf die Wahrung ehrlicher und seriöser Geschäftspraktiken. Das deutsche und englische Recht sowie der CESL-D betonen dagegen generell eher das „Leistungsfähigkeitsargument“ sowie das Interesse des Erklärenden, die endgültige Entscheidung über den Vertragsschluss erst in Kenntnis der Person des Vertragspartners treffen zu wollen und sehen zum Schutz gegen missbräuchliche Praktiken eher das spezielle Verbraucherschutz- und Wettbewerbs- sowie ggf. auch das Delikts- oder Strafrecht berufen. Dies erscheint – wie in Bezug auf die einzelnen Fallgruppen bereits ausführlich dargelegt – insgesamt letztlich auch prinzipiell überzeugender.
IV. Angebot ad incertas personas Bereits mehrfach angesprochen wurde die Kategorie der Offerte ad incertas personas (Publikumsofferte). Die Frage, ob eine solche überhaupt zulässig ist, steht einerseits in engem Zusammenhang mit der soeben diskutierten Problematik der invitatio ad offerendum, andererseits aber auch mit der nachfolgend zu erörternden Thematik der Bestimmtheit des Angebots. Letztlich stellt sie aber doch eine separate und elementare Grundfrage dar, die daher im Folgenden auch speziell untersucht werden soll.
1. Deutsches Recht In Deutschland war noch im 19. Jahrhundert höchst streitig, ob ein an die Allgemeinheit („das Publikum“) gerichteter „Vorschlag“ überhaupt ein Angebot darstellen kann. Eine Reihe prominenter Stimmen im Schrifttum vertrat damals speziell auch unter Berufung auf das römische Recht die Auffassung, dass dies grundsätzlich nicht möglich sei.1651 Hauptargumente waren, dass ein Vertragsschluss mit einer unbestimmten Person „nicht denkbar“ sei1652 und dass dies – so von Savigny die „natürlich Bestimmung [der Obligationen] willkürlich überschreiten“ würde1653. 1651 Vgl. Bekker JbGemR 2 (1858) 342, 356; von Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen Rechts, Bd. 2, 1853, S. 89 ff.; von Scheurl, Beiträge zur Bearbeitung des römischen Rechts, 1852–1854, Bd. I, S. 205 f.; differenzierend Jhering JherJb 7 (1865) 376, 389 f. (zulässig nur bei „modernen Instituten“ wie Auslobung, Inhaberpapiere etc., nicht dagegen bei den schon im römischen Recht bekannten Vertragstypen). 1652 So exemplarisch etwa von Scheurl (Fn. 1651), S. 206. 1653 So von Savigny (Fn. 1651), S. 90.
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C. Angebot
Beides erscheint freilich bei näherer Betrachtung wenig überzeugend. Ersteres verkennt, dass es lediglich darum geht, ob die Offerte ad incertas personas gerichtet sein kann (dass ein Vertrag letztlich nur mit einer oder mehreren bestimmten Personen zustande kommen kann, ist selbstverständlich).1654 Zweiteres ist de facto eine bloße petitio principii.1655 Ab etwa Ende des 19. Jahrhunderts gewann daher die Auffassung, dass eine Offerte grundsätzlich auch ad incertas personas gerichtet sein kann, die Oberhand.1656 Heute wird dies sowohl in der Rechtsprechung1657 als auch im Schrifttum1658 bekanntermaßen quasi schon als selbstverständlich angesehen. Ob im konkreten Einzelfall bereits eine solche Offerte ad incertas personas oder lediglich eine invitatio ad offerendum vorliegt, ist – wie vorstehend ausführlich dargelegt – unter Berücksichtigung der für die einzelnen Fallgruppen etablierten Grundsätze durch Auslegung zu ermitteln. Das deutsche Recht neigt dabei jedoch, wie gezeigt, tendenziell eher dazu, lediglich eine invitatio ad offerendum anzunehmen. Dass die Qualifikation als Offerte ad incertas personas insgesamt eher die Ausnahme ist, ist zwar aus heutigem Blickwinkel primär durch die dargestellte Schwerpunktsetzung auf Wertungsebene begründet; aus rechtshistorischer Perspektive dürfte aber die im gemeinen Recht verbreitete prinzipielle Ablehnung einer Offerte ad incertas personas zumindest auch mit ein Faktor für die Rechtsentwicklung in diesem Bereich gewesen sein. 1654 Vgl. Biermann JherJb 32 (1893) 267, 296 f.; Neumond AcP 89 (1899) 166, 171, 174; Sohm ZHR 17 (1873) 1, 62. S. ferner dazu auch Anson (Fn. 654), S. 25 (zitiert in Fn. 1655). 1655 Vgl. Sohm ZHR 17 (1873) 1, 60. Sehr kritisch auch Anson (Fn. 654), S. 25: „this mode of dealing with the subject arises from a disregard or forgetfulness of the principle that the preeminent feature of obligation is the binding together of definite persons by a vinculum juris; that until the parties have emerged from the mass of mankind the bond cannot attach to them.“ („diese Art der Behandlung der Materie entspricht der Missachtung oder Achtlosigkeit in Bezug auf das Prinzip, dass das hervorstechendste Charakteristikum der Obligation die Verbindung von bestimmten Personen durch ein vinculum juris [rechtliches Band] ist; dass, solange die Parteien nicht aus der Menschenmasse hervorgetreten sind, das Band sie nicht binden kann.“). 1656 Vgl. bereits Biermann JherJb 32 (1893) 267, 292 ff.; Endemann, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, Bd. 1, 6. Aufl. 1899, § 96 Fn. 14; Kindervater JherJb 7 (1865) 1, 10; Koch CentralOrgan für das deutsche Handels- und Wechselrecht 3 (1867) 40, 43 ff.; Neumond AcP 89 (1899) 166, 171 ff.; Regelsberger (Fn. 179), § 150 I A 2 (S. 548); Sohm ZHR 17 (1873) 1, 56 ff.; Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/1, § 309 Fn. 12 (S. 167 f.); Zschimmer (Fn. 1516), S. 21 ff.; vgl. ferner auch schon RGZ 11, 248, 249. Zur geschichtlichen Entwicklung der Offerte ad incertas personas bereits näher A. Zimmermann (Fn. 1516), S. 18 ff. m.w.N. 1657 Vgl. die von einem Angebot ad incertas personas ausgehenden Rechtsprechungsnachweise in Fn. 1517 (Warenautomat), Fn. 1555 (öffentliche Verkehrsmittel) und Fn. 1594 (Online-Auktionen) sowie BGH NJW 2011, 2871 (SB-Tankstelle, dazu oben C. III.2. b) ff.)(1)); s. ferner etwa auch BGH NJW-RR 1994, 1185 f. (Prospekt einer Publikumsgesellschaft); BGH NJW 2007, 2912 (Pfandflasche). 1658 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 4; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 19; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 17; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 40; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 2 f.; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 10.
IV. Angebot ad incertas personas
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2. Französisches Recht Wie nicht zuletzt die im letzten Abschnitt zitierten zahlreichen Gerichtsentscheidungen aus dem 19. Jahrhundert in Bezug auf die Abgrenzung von invitation à entrer en pourparlers und offre1659 zeigen, war im französischen Recht bereits im 19. Jahrhundert allgemein anerkannt, dass eine offre nicht zwingend an eine bestimmte Person gerichtet sein muss, sondern auch eine offre au public (Publikumsofferte) möglich ist.1660 Dies wird bis heute quasi als selbstverständlich angesehen.1661 Wie dargelegt1662 tendiert das französische Recht sogar generell dazu, „Vorschläge“ an das Publikum nicht bloß als invitation à entrer en pourparlers, sondern als offre au public zu qualifizieren.
3. Englisches Recht Im englischen Recht wurde ebenfalls nie ernsthaft bezweifelt, dass eine offer auch in Form einer offer to the public möglich ist.1663 Schon in der Entscheidung Williams v Cawardine aus dem Jahr 18331664 wurde ein Flugblatt, mit dem eine Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung eines Mordes führen, als Angebot qualifiziert1665, und in dem berühmten Urteil Carlill v Carbolic Smoke Ball Co aus dem Jahr 18931666 betonten alle drei Richter des CA1667 nachdrücklich, dass eine offer selbstverständlich auch in Form einer offer to the public – oder in den Worten von Bowen LJ „an offer made to all the world“
1659 Vgl. die Nachweise in Fn. 1439 (Schaufensterauslage) und Fn. 1556 ff. (öffentliche Verkehrsmittel). S. ferner etwa auch bereits Trib. civ. Turin, 3.8.1810, S. 1811.II.39 (Aushang mit Auslobung einer Belohnung für Auffinden eines Hundes). 1660 Vgl. etwa auch bereits Laurent, Principes de Droit Civil Français, t. 15, 1875, n° 474. Vgl. ferner ganz allgemein zu den Grundsätzen der offre au public insbesondere Vialard RTD civ. 1971, 750 ff. m.z.w.N. 1661 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 31 f.; Bénabent (Fn. 243), n° 58; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 262; Fages (Fn. 245), n° 72; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Larroumet (Fn. 243), n° 245; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 468; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 114. 1662 Vgl. oben C. III.2. c). 1663 Vgl. bereits dezidiert Anson im Jahr 1879, vgl. Anson (Fn. 654), S. 25: „This view has never been seriously entertained in English law“ („Diese Ansicht wurde im englischen Recht nie ernsthaft vertreten“). 1664 Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621. 1665 Littledale J. sprach allerdings noch untechnisch von einem „general promise“ („allgemeinen Versprechen“), vgl. Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621 at 623. Vgl. zur Rezeption des offer/acceptance-Modells im 19. Jahrhundert bereits näher oben B. I.3. b) cc). 1666 Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256; vgl. dazu näher oben B. II.3. b) bb); s. ferner auch bereits oben B. I.3. b) cc). 1667 Vgl. Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 262 per Lindley LJ, at 268 f. per Bowen LJ, at 274 per Smith LJ.
250
C. Angebot
(„ein Angebot an die ganze Welt“)1668 möglich sei1669. Auch im Schrifttum war dies bereits damals allgemein anerkannt1670; in der ersten Auflage des renommierten Lehrbuchs von Anson findet sich sogar eine ausführliche und recht harsche Kritik1671 der abweichenden Ansicht von Savignys1672. Die Möglichkeit einer offer to the public wird denn auch heute ganz allgemein quasi als selbstverständlich angesehen.1673 Wie dargelegt1674, tendiert das englische Recht jedoch – ähnlich wie das deutsche – insgesamt dazu, „Vorschläge“ an das Publikum eher als bloße invitation to treat zu qualifizieren.
4. CESL-D Der CESL-D bestimmt zwar in Art. 31 Abs. 2 zunächst nur, dass ein Angebot gegenüber einer oder mehreren bestimmten Personen abgegeben werden kann. Aus der bereits erörterten Vermutungsregelungen für an die Allgemeinheit gerichtete Vorschläge in Art. 31 Abs. 3 CESL-D ergibt sich jedoch implizit, dass auch eine Offerte ad incertas personas möglich ist1675 (im Zweifel aber eben nur eine invitatio ad offerendum vorliegen soll). Art. 31 Abs. 2 und 3 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(2) Ein Angebot kann ge- (2) An offer may be made (2) L’offre peut être faite à genüber einer oder mehto one or more specific une ou plusieurs personreren bestimmten Persopersons. nes déterminées. nen abgegeben werden. (3) Ein an die Allgemein- (3) A proposal made to (3) Une proposition faite au heit gerichteter Vorthe public is not an ofpublic ne constitue pas schlag stellt kein Angefer, unless the circumune offre, sauf si les cirbot dar, es sei denn, aus stances indicate otherconstances montrent den Umständen ergibt wise. qu’il en est autrement. sich etwas anderes. 1668
Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 268. Vgl. ferner auch etwa bereits Spencer v Harding (1870) LR 5 CP 561 at 563 per Willes J. in Bezug auf die reward cases (Belohnungsversprechen): „In those cases, however, there never was any doubt that the advertisement amounted to a promise to pay the money to the person who first gave information.“ („In diesen Fällen bestand jedoch nie ein Zweifel, dass die Ausschreibung einem Versprechen gleichkam, das Geld an die Person zu zahlen, die zuerst Informationen lieferte.“). 1670 Vgl. Anson (Fn. 654), S. 24 f.; Chitty, Jr., A Practical Treatise on the Law of Contracts not under Seal, 3rd ed. 1841, S. 10; Pollock, Principles of contract, 4th ed. 1885, S. 12 f. 1671 Vgl. Anson (Fn. 654), S. 24 f. 1672 Vgl. dazu oben C. IV.1. 1673 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.01 f.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 37; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 42 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-005; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.35; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.11; Treitel (Fn. 491), 2-004. 1674 Vgl. oben C. III.2. c). 1675 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 133. 1669
IV. Angebot ad incertas personas
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Die Vorläuferregelungen in Art. II.-4:201 DCFR1676 und Art. 2:201 PECL1677 hatte die Publikumsofferte dagegen noch ausdrücklich mit in die nach dem jeweiligen Abs. 2 zulässigen Varianten des Angebots aufgenommen gehabt. Eine Begründung dafür, warum sie nun im CESL-D nicht mehr ausdrücklich erwähnt ist, findet sich in den – wie bereits eingangs1678 angemerkt ohnehin sehr spärlichen – Materialien nicht. Offenbar wollte man sich aber auch insoweit mehr an Art. 14 CISG anlehnen1679, der ebenfalls in Abs. 1 zunächst nur das Angebot an eine oder mehrere bestimmte Personen regelt1680 und dann in Abs. 2 die bereits angesprochene Vermutungsregel für „Vorschläge“ an die Allgemeinheit enthält. Die jetzige Konzeption hat – neben dem Gleichklang mit dem CISG – sicherlich den Vorteil, dass nunmehr klar zwischen Offerte ad certa(s) persona(s) (Abs. 2) und ad incertas personas (Abs. 3) differenziert wird. Die ausdrückliche Nennung auch der Publikumsofferte in Abs. 2 hätte u.U. zu Missverständnissen führen können. Indem sie nunmehr lediglich in Abs. 3 „vorausgesetzt“ wird, wird eindeutig klargestellt, dass „Vorschläge“ an die Allgemeinheit grundsätzlich nur eine invitatio ad offerendum darstellen, die Offerte ad incertas personas also zwar prinzipiell möglich ist, aber nur dann vorliegen soll, wenn sich dies (ausnahmsweise) aus den Umständen ergibt.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten, dass die Möglichkeit einer Offerte ad incertas personas heute in allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen allgemein anerkannt und quasi schon als selbstverständlich angesehen wird. Anders als in Deutschland wurde daran jedoch im französischen und englischen Recht nie ernsthaft gezweifelt. Der praktische Anwendungsbereich der Offerte ad incertas personas ist jedoch in den nationalen Rechtsordnungen gleichwohl sehr unterschiedlich: Während das deutsche und englische Recht generell eher dazu tendieren, bei an die Allgemeinheit gerichteten 1676
Art. II.-4:201(2) DCFR An offer may be made to one or more specific persons or to the public. (Ein Angebot kann gegenüber einer oder mehreren bestimmten Personen oder gegenüber der Allgemeinheit abgegeben werden.). 1677 Art. 2:201(2) PECL Ein Angebot kann gegenüber einer oder mehreren Personen oder gegenüber der Allgemeinheit abgegeben werden. 1678 Vgl. oben A. I bei Fn. 6. 1679 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 132 f. 1680 Art. 14 Abs. 1 CISG 1 Der an eine oder mehrere bestimmte Personen gerichtete Vorschlag zum Abschluß eines Vertrages stellt ein Angebot dar, wenn er bestimmt genug ist und den Willen des Anbietenden zum Ausdruck bringt, im Falle der Annahme gebunden zu sein. 2Ein Vorschlag ist bestimmt genug, ….
252
C. Angebot
„Vorschlägen“ eine bloße invitatio ad offerendum anzunehmen, neigt das französische Recht tendenziell eher zu einer Qualifikation als offre au public. Im Rahmen des CESL-D ist eine Offerte ad incertas personas – im Einklang mit der Grundposition in allen drei nationalen Rechtsordnungen – ebenfalls grundsätzlich möglich, nach Art. 31 Abs. 3 CESL-D soll aber im Zweifel lediglich eine invitatio ad offerendum vorliegen. Die Konzeption des CESL-D folgt somit insgesamt eher der Grundtendenz des deutschen und englischen Rechts.
V. Bestimmtheit des Angebots Zu den essentiellen materiellen Grundvoraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Angebots gehört, wie bereits oben dargelegt1681, sowohl in allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen als auch im Rahmen des CESL-D die hinreichende Bestimmtheit. Die insoweit im Detail bestehenden Anforderungen sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.
1. Deutsches Recht a) Allgemeines Im deutschen Recht findet sich häufig die Formulierung, dass der Antrag so bestimmt sein müsse, dass der Vertrag durch ein bloßes „Ja“ zustande kommt.1682 Dabei handelt es sich indes nur um eine „Faustformel“, die dahin zu präzisieren ist, dass es erforderlich – aber auch ausreichend – ist, dass das Angebot inhaltlich so bestimmt oder jedenfalls im Rahmen der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB bzw. spezieller Auslegungsvorschriften so bestimmbar ist, dass mit seiner Annahme ohne Weiteres die zum Zustandekommen des Vertrags notwendige Willenseinigung erreicht ist und Vertragsinhalt im Streitfall richterlich festgestellt werden kann.1683
1681
Vgl. oben C. I.5. Vgl. BAG NJW 2006, 1832, 1833; BAG NJW 2008, 2937, 2938; OLG Karlsruhe DNotZ 1988, 694, 696; OLG Stuttgart BeckRS 2007, 11321; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 01224; OLG München BeckRS 2011, 14831; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 17; ders. (Fn. 202), Rn. 711; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Fritzsche JA 2006, 674; Honsell/Holz-Dahrenstaedt JuS 1986, 969; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 4. 1683 Vgl. RG HRR 1930 Nr. 91; BGH NJW 1990, 1234, 1235; BAG NZA 2005, 635; BAG NJW 2010, 1161, 1162; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 17; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 34; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Kötz (Fn. 209), Rn. 86. 1682
V. Bestimmtheit des Angebots
253
Hierfür müssen alle wesentlichen Vertragspunkte (sog. essentialia negotii) d.h. Vertragstypus, Vertragsgegenstand, Vertragsparteien und eine etwaige Gegenleistung bestimmt bzw. bestimmbar sein.1684 Bei einem Kaufvertrag müssen also die Kaufvertragsparteien, Kaufgegenstand und Kaufpreis bestimmt bzw. bestimmbar sein.1685 Der Antragende kann darüber hinaus aber freilich noch weitere Punkte (sog. accidentalia negotii) in sein Angebot aufnehmen; dann muss der Angebotsinhalt aber auch insoweit hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar sein.1686 b) Bestimmbarkeit der Vertragsparteien Obgleich die Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit grundsätzlich zu den essentialia negotii gehört, ist – wie bereits oben1687 dargelegt grundsätzlich auch eine Offerte ad incertas personas zulässig, weil (und soweit) der/die Vertragspartner hier zumindest hinreichend bestimmbar ist/sind1688. c) Bestimmbarkeit von Leistung und Gegenleistung aa) Auslegungsregeln Hinsichtlich der Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit der Gegenleistung existieren eine ganze Reihe gesetzlicher Auslegungsregeln. So wird etwa beim Dienst-, Werk-, Makler- und Verwahrungsvertrag die Entgeltlichkeit vermutet, wenn die Dienst-, Werk-, Makler- bzw. Verwahrungsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§§ 612 Abs. 1, 632 Abs. 1, 653 Abs. 1, 689 BGB). Gesetzliche Auslegungsregeln existieren darüber hinaus aber auch für den Fall, dass zwar Entgeltlichkeit festgelegt ist, nicht aber die Höhe des Entgelts. Zu nennen sind hier speziell §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB (taxmäßige Vergütung, subsidiär übliche Vergütung beim Dienst- bzw. Werkvertrag), § 653 Abs. 2 BGB (taxmäßiger Lohn, subsidiär üblicher Lohn beim Maklervertrag) und § 87b HGB (üblicher Provisionssatz für Handelsvertreter). In diesen Kontext gehört ferner auch § 354 Abs. 1 HGB (Provision bzw. Lagergeld für
1684 Vgl. BGH NJW 2006, 1971, 1972; Armbrüster (Fn. 223), Vor § 145 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 17; ders. (Fn. 202), Rn. 712; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 10 ff. 1685 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 712; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 167; Fritzsche JA 2006, 674 f.; Kötz (Fn. 209), Rn. 86; Petersen JURA 2009, 183, 185; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 5. 1686 Vgl. Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 17. 1687 C. IV.1. 1688 Vgl. nur Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 19; ders. (Fn. 202), Rn. 716; sowie bereits Sohm ZHR 17 (1873) 1, 62.
254
C. Angebot
Kaufleute), bei dem allerdings streitig ist, ob es sich ebenfalls um eine Auslegungsregel1689 oder um eine Anspruchsgrundlage1690 handelt. Für andere praktisch wichtige Vertragstypen, wie etwa insbesondere Kaufund Mietverträge, existieren dagegen keine vergleichbaren speziellen Auslegungsregeln. Zumindest beim Mietvertrag ist jedoch anerkannt, dass in dem Fall, dass die Parteien sich zwar erkennbar binden wollten, die Höhe des Mietzinses aber offen gelassen haben, eine Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. der analogen Anwendung der §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB dahin möglich ist, dass ein angemessener oder ortsüblicher Mietzins geschuldet ist.1691 Ob Entsprechendes auch im Falle der mangelnden Einigung über die Höhe des Kaufpreises beim Kaufvertrag gilt, ist dagegen streitig. In der instanzgerichtlichen Judikatur1692 und im Schrifttum1693 wird teilweise angenommen, dass dann auch hier im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. analog §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB ein „angemessener Kaufpreis“ als vereinbart gilt. Die h.L.1694 lehnt dies jedoch ab und geht davon aus, dass in diesem Fall kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist; entsprechend hat 2006 auch der Kartellsenat des BGH entschieden1695. bb) Leistungsbestimmungsrecht Darüber hinaus ist es auch zulässig, einer Vertragspartei oder einem Dritten ein Leistungsbestimmungsrecht einzuräumen (arg. e §§ 315 ff. BGB).1696 Das Gesetz enthält auch hierzu spezielle Auslegungsregeln: §§ 315 f. BGB für den Fall, dass einer Vertragspartei, §§ 317–319 BGB für den Fall, dass einem Dritten ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll. (1) Leistungsbestimmungsrecht einer Vertragspartei Für den Fall, dass die Leistungsbestimmung durch eine der Vertragsparteien erfolgen soll, muss diese im Zweifel nach billigem Ermessen getroffen werden 1689 So etwa MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl. 2009, § 354 Rn. 1; Roth in: Koller/ Roth/Morck, HGB, 7. Aufl. 2011, § 354 Rn. 1. 1690 So etwa BGH NJW 1986, 177, 178; BGH NJW-RR 1993, 802; BGH NJW-RR 2005, 1572, 1574; Pamp in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 354 Rn. 2. 1691 Vgl. BGH NJW-RR 1992, 517; BGH NJW 1997, 2671, 2672; BGH NJW 2002, 3016, 3018; BGH NJW 2003, 1317, 1318; Häublein (Fn. 865), § 535 Rn. 4; Staudinger/Emmerich, Neubearb. 2011, Vor § 535 Rn. 66. 1692 Vgl. OLG Hamm NJW 1976, 1212. 1693 Vgl. H. P. Westermann (Fn. 1404), § 433 Rn. 19; Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 243. 1694 Vgl. Staudinger/Beckmann, Neubearb. 2004, § 433 Rn. 55; Busche (Fn. 209), § 154 Rn. 3; Grunewald (Fn. 1404), § 433 Rn. 4; Staudinger/Roth, Neubearb. 2010, § 157 Rn. 37. 1695 Vgl. BGH NJW-RR 2006, 1139. 1696 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 6; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 5.
V. Bestimmtheit des Angebots
255
(§ 315 Abs. 1 BGB).1697 Auf Grund der Privatautonomie ist es aber auch zulässig, dass die Parteien einen anderen Bestimmungsmaßstab vereinbaren, z.B. „nach freiem Ermessen“ 1698 (nach h.M. ist zudem etwa auch „nach freiem Belieben“ als Maßstab zulässig1699). Sofern die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen erfolgen soll, ist sie nach § 315 Abs. 3 S. 1 BGB unverbindlich, wenn der Berechtigte die Grenzen der Billigkeit überschreitet. Für den Fall einer solchermaßen unbilligen sowie für den Fall einer verzögerten oder endgültig verweigerten Leistungsbestimmung normiert § 315 Abs. 3 S. 2 BGB, dass die Leistungsbestimmung durch gerichtliches Urteil erfolgt, d.h. die andere Vertragspartei muss Gestaltungsklage auf Leistungsbestimmung durch das Gericht erheben, wobei sie aber auch sofort unmittelbar auf Leistung klagen kann (d.h. nicht zuerst ein Gestaltungsurteil erstreiten muss).1700 Sofern der Bestimmungsberechtigte offen geblieben ist, wird gem. § 316 BGB vermutet, dass der Gläubiger der betreffenden Leistung bestimmungsberechtigt ist. Ist also z.B. der Kaufpreis offen geblieben, ist im Zweifel der Verkäufer bestimmungsberechtigt.1701 (2) Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten Die Leistungsbestimmung kann aber auch einem (oder mehreren) Dritten überlassen werden (arg. e §§ 317 ff. BGB). Dritter kann grundsätzlich jede natürlich oder juristische Person sein1702, nicht aber ein staatliches Gericht im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit1703.1704 Für den Fall, dass die Leistungsbestimmung einem Dritten überlassen wurde, ist im Zweifel ebenfalls anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen erfolgen soll (§ 317 Abs. 1 BGB). Soll die Leistungsbestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, ist im Zweifel Einstimmigkeit erforderlich, im Falle der Bestimmung einer Summe ist im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend (§ 317 Abs. 2 BGB). 1697 Vgl. dazu näher Staudinger/Rieble, Neubearb. 2009, Rn. 299 ff.; MünchKommBGB/ Würdinger, 6. Aufl. 2012, § 315 Rn. 28 ff. (jeweils m.w.N.). 1698 Vgl. BeckOK-BGB/Gehrlein, Ed. 25/2012, § 315 Rn. 5; Erman/Hager, 13. Aufl. 2011, § 315 Rn. 21; Rieble (Fn. 1697), § 315 Rn. 78, 321 f.; Stadler (Fn. 242), § 315 Rn. 7; Würdinger (Fn. 1697), § 315 Rn. 32. 1699 Vgl. Gehrlein (Fn. 1698), § 315 Rn. 5; Rieble (Fn. 1697), § 315 Rn. 319 ff.; Würdinger (Fn. 1697), § 315 Rn. 33; a.A. Hager (Fn. 1698), § 315 Rn. 21; kritisch auch Stadler (Fn. 242), § 315 Rn. 7. 1700 Vgl. BGH NJW 1996, 1054, 1055; näher zum Ganzen Rieble (Fn. 1697), § 315 Rn. 410 ff.; Würdinger (Fn. 1697), § 315 Rn. 44 ff. (jeweils m.w.N.). 1701 Vgl. Rieble (Fn. 1697), § 316 Rn. 1. 1702 Vgl. Hager (Fn. 1698), § 315 Rn. 2; Rieble (Fn. 1697), § 317 Rn. 34; Würdinger (Fn. 1697), § 317 Rn. 14. 1703 Vgl. Hager (Fn. 1698), § 315 Rn. 4; Rieble (Fn. 1697), § 317 Rn. 42; Würdinger (Fn. 1697), § 317 Rn. 16. 1704 Umfangreiche Kasuistik zur Person des Dritten bei Rieble (Fn. 1697), § 317 Rn. 33 ff.; Würdinger (Fn. 1697), § 315 Rn. 14 ff. (jeweils m.z.w.N.).
256
C. Angebot
Auch hierbei handelt es sich aber nur um Auslegungsregeln, d.h. die Parteien können die Leistungsbestimmung z.B. auch ins freie Belieben des Dritten stellen (arg. e § 319 Abs. 2 BGB)1705 oder eine Mehrheitsentscheidung vorsehen1706. Hinsichtlich der Verbindlichkeit der Leistungsbestimmung durch einen Dritten nach billigem Ermessen etabliert § 319 Abs. 1 S. 1 BGB (wenn auch nur dispositiv) einen im Vergleich zur Parteibestimmung höheren Bestandsschutz1707: Sie ist nur dann unverbindlich, wenn sie „offenbar unbillig“1708 ist. Die Leistungsbestimmung erfolgt dann – sowie im Falle einer verzögerten oder verweigerten Bestimmung – ebenfalls durch gerichtliches Urteil (§ 319 Abs. 1 S. 2 BGB). Wird die Leistungsbestimmung dagegen ins freie Belieben des Dritten gestellt, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder er sie verzögert (§ 319 Abs. 2 BGB). cc) Gattungsschuld, Wahlschuld Eine weitere Lockerung erfährt das Bestimmtheitserfordernis durch die Zulässigkeit von Gattungs- und Wahlschulden. Im Falle einer Gattungsschuld, d.h. dass der Leistungsgegenstand nur der Gattung nach bestimmt ist, wird eine Sache von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB) bzw. bei Handelsgeschäften ein Handelsgut mittlerer Art und Güte (§ 360 HGB) geschuldet. Beide Regelungen sind allerdings dispositiv, d.h. die Parteien können eine höhere oder geringe Qualität vereinbaren.1709 Die Wahlschuld ist dadurch charakterisiert, dass mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist (§ 262 BGB). Die §§ 262–265 BGB enthalten diesbezüglich eine Reihe von Auslegungsregeln. Da die Wahlschuld jedoch nur geringe praktische Bedeutung hat1710 und die Regeln sich zudem als wenig praxisnah erwiesen haben1711
1705
Vgl. Hager (Fn. 1698), § 319 Rn. 2; Rieble (Fn. 1697), § 319 Rn. 2; Würdinger (Fn. 1697), § 317 Rn. 3 f. 1706 Vgl. Hager (Fn. 1698), § 317 Rn. 13; Rieble (Fn. 1697), § 317 Rn. 66; Würdinger (Fn. 1697), § 317 Rn. 24. 1707 Vgl. Hager (Fn. 1698), § 319 Rn. 1; Rieble (Fn. 1697), § 317 Rn. 12, § 319 Rn. 1; Würdinger (Fn. 1697), § 319 Rn. 2. 1708 Vgl. dazu näher Rieble (Fn. 1697), § 319 Rn. 6 ff.; Würdinger (Fn. 1697), § 319 Rn. 6 ff. (jeweils m.w.N.). 1709 Vgl. zu § 243 BGB nur Emmerich (Fn. 864), § 243 BGB Rn. 19; Staudinger/Schiemann, Neubearb. 2009, § 243 Rn. 23; zu § 360 HGB nur Maultzsch in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 360 Rn. 10; MünchKommHGB/Welter, 2. Aufl. 2009, § 360 Rn. 23. 1710 Vgl. Staudinger/Bittner, Neubearb. 2009, § 262 Rn. 1; MünchKommBGB/Krüger, 6. Aufl. 2012, § 262 Rn. 1. 1711 Vgl. Bittner (Fn. 1710), § 262 Rn. 1; Krüger (Fn. 1710), § 262 Rn. 1.
V. Bestimmtheit des Angebots
257
(und deshalb auch seit Langem heftig kritisiert werden1712), sollen diese hier nicht näher erörtert werden.
2. Französisches Recht a) Allgemeines Im französischen Recht gilt ebenfalls die Grundmaxime, dass das Angebot (offre) so bestimmt sein muss, dass durch die bloße Annahme – die ggf. in einem schlichten „Ja“ bestehen kann – ein wirksamer Vertrag zustande kommt.1713 Dazu muss sie zumindest die sog. éléments essentiels (essentiellen Elemente) enthalten1714, d.h. diejenigen Elemente, die den Vertrag charakterisieren und ohne die er nicht existieren könnten1715. Welche dies sind, hängt vom jeweiligen Vertragstyp ab. So ergibt sich z.B. für den Kaufvertrag aus Art. 1583 C. civ.1716, dass eine Einigung über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis erforderlich ist.1717 Bei der Miete bedarf es der Festlegung des Mietobjekts und des Mietzinses1718 (nicht aber des Mietbeginns1719).1720 1712 Vgl. Bittner (Fn. 1710), § 262 Rn. 1; Krüger (Fn. 1710), § 262 Rn. 1; für eine Abschaffung auch bereits Ziegler AcP 171 (1971) 193 ff. 1713 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 263; Fages (Fn. 245), n° 73; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133; Larroumet (Fn. 243), n° 246; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109; Testu (Fn. 991), 21.13. 1714 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 263; Fages (Fn. 245), n° 73; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133; Larroumet (Fn. 243), n° 246; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 465; Mestre ERCL 2008, 65, 70; Schmidt-Szalewski D. 1979, jur. 317; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109; Testu (Fn. 991), 21.03. 1715 Vgl. bereits Pothier (Fn. 320), n° 6: „Les choses qui sont de l’essence du contrat, sont celles sans lesquelles ce contrat ne peut subsister“ („Die Dinge, welche die Essenz des Vertrags ausmachen, sind diejenigen, ohne die der Vertrag nicht existieren kann“); s. ferner Aubert, Notions et roles de l’offre et de l’acceptation dans la formation du contrat, 1970, n° 52: „sans lesquels il demeurerait impossible de savoir quelle sorte de convention a été conclue“ („ohne die es unmöglich bleiben würde, zu wissen, welche Art von Vereinbarung geschlossen worden ist“); Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133: „ceux à défaut desquels il resterait impossible de savoir quelle sorte de convention est envisagée“ („diejenigen, ohne die es unmöglich wäre zu wissen, welche Art von Vereinbarung beabsichtigt war“); Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109: „qui impriment à un contrat sa coloration propre et en l’absence desquels ce dernier ne peut être caractérisé“ („die einem Vertrag seine eigentliche Färbung aufdrucken und in deren Abwesenheit er nicht charakterisiert werden könnte“); 1716 S. Fn. 1481. 1717 Vgl. auch Aubert (Fn. 990), n° 53; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 263; Fages (Fn. 245), n° 73; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133; Larroumet (Fn. 243), n° 246; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 465; Shandi (Fn. 1374), S. 33; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109; Testu (Fn. 991), 21.03. 1718 Vgl. Cass. civ. 3e, 27.6.1973, n° 72-12321. 1719 Vgl. Cass civ. 3e, 28.10.2009, n° 08-20224 m. Anm. Loiseau JCP G 2009, doctr. 574; abw. noch Cass. civ. 3e, 22.4.1980, n° 78-15954. 1720 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 263 Fn. 3; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133; teilweise abw. Fages (Fn. 245), n° 73; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 109 (die i.S.d. früheren Rechtsprechung auch noch eine Einigung über den Mietbeginn verlangen).
258
C. Angebot
b) Bestimmbarkeit der Vertragsparteien Analog zum deutschen1721 zählt zwar auch das französische Recht die Bestimmbarkeit der Vertragsparteien zu den éléments essentiels jedes Vertrags; das Angebot kann aber auch hier an incertas personas gerichtet sein (wie oben dargelegt1722 qualifiziert das französische Recht an die Allgemeinheit gerichtete „Vorschläge“ tatsächlich sogar in weit größerem Umfang als offres au public). c) Bestimmbarkeit des Leistungsinhalts aa) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Vertragsobjekts (objet) Zu den Grundvoraussetzungen für einen wirksamen Vertrag – und damit letztlich auch für ein Angebot – gehört im französischen Recht, wie bereits oben1723 dargestellt, ein bestimmtes oder zumindest bestimmbares Vertragsobjekt (objet certain). Art. 1129 C. civ. bestimmt diesbezüglich: Art. 1129 C. civ. Il faut que l’obligation ait pour objet une chose au moins déterminée quant à son espèce. La quotité de la chose peut être incertaine, pourvu qu’elle puisse être déterminée.“ [Die Verbindlichkeit muss eine zumindest ihrer Gattung nach bestimmte Sache zum Gegenstand haben. Die Quantität der Sache kann unbestimmt sein, vorausgesetzt, dass sie bestimmt werden kann.]
Im Falle einer Speziesschuld (corps certain) bedarf es somit einer hinreichend genauen Bezeichnung des Vertragsobjekts, wobei Bestimmbarkeit genügt.1724 Im Falle einer Gattungsschuld (chose de genre) genügt es dagegen, dass die Gattung präzisiert ist (z.B. Reis einer bestimmten Sorte, Automobil eines bestimmten Typs, etc.) und die Quantität zumindest bestimmbar ist, d.h. dass sie im Erfüllungszeitpunkt nach von den Parteien vereinbarten Parametern ermit1721
Vgl. oben C. V.1. a), C. V.1. b). Vgl. oben C. IV.2. 1723 Vgl. oben B. I.2. a) cc). 1724 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 57; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 380; Fages (Fn. 245), n° 153; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 236; Larroumet (Fn. 243), n° 391; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 599; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 270. Vgl. aus der Judikatur etwa Cass. com., 28.2.1983, n° 81-14921 (Verpflichtung, eine „Geste“ zu machen, nicht hinreichend bestimmt); Cass. civ. 3e, 2.7.1997, n° 95-18303 (Kaufvertrag über Grundstück; Angabe von Mindestgröße von 2.500 m2 genügt, sofern Lage konkretisiert); Cass. civ. 3e, 17.7.1997, n° 9611142 (Nichtigkeit eines Kaufvertrags über eine Immobilie, die weder lokalisiert noch hinsichtlich ihrer Eigenschaften bestimmt war); Cass. civ. 3e, 11.2.2009, n° 07-20237 m. Anm. Fages RTD civ. 2009, 527 und Périnet-Marquet JCP G 2009.I.127 n° 13 (Kaufvertrag über Wohnung nicht hinreichend bestimmt, wenn Gemeinschaftseigentum und Anteil der Käufer daran nicht festgelegt ist). 1722
V. Bestimmtheit des Angebots
259
telbar ist1725. Soweit die Parteien nichts Abweichendes vereinbaren, ist gem. Art. 1246 C. civ.1726 eine Sache mittlerer Qualität geschuldet.1727 Nicht zulässig ist es dagegen, die Festlegung des Objekts dem freien Ermessen bzw. Belieben einer Partei zu überlassen.1728 bb) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises (prix) Im Hinblick auf den Preis war die französische Rechtsprechung traditionell sehr restriktiv. Der Vertrag sollte nur dann wirksam sein, wenn der Preis nach Kriterien bestimmbar war, die weder vom Willen der einen noch der anderen Partei abhingen.1729 Virulent und immer mehr zum Problem für die Praxis wurde diese sehr strenge Linie der Judikatur speziell bei langfristigen Vertriebs- und Lieferverträgen. Beginnend mit einem Urteil betreffend einen Exklusivliefervertrag zwischen einem Mineralölunternehmen und einem Tankstelleninhaber aus dem Jahr 19711730 war eine regelrechte Welle von Urteilen1731 zu verzeichnen, 1725 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 380; Fages (Fn. 245), n° 153; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 599; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 270. 1726 Art. 1246 C. civ. Si la dette est d’une chose qui ne soit déterminée que par son espèce, le débiteur ne sera pas tenu, pour être libéré, de la donner de la meilleure espèce; mais il ne pourra l’offrir de la plus mauvaise. (Hat die Verbindlichkeit eine Sache zum Gegenstand, die nur ihrer Gattung nach bestimmt ist, so muss der Schuldner, um von ihr befreit zu werden, nicht eine von der besten Gattung geben; aber er darf auch keine von der schlechtesten anbieten.). 1727 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 153; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 236; Larroumet (Fn. 243), n° 391; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 270. 1728 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 380 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 236; Larroumet (Fn. 243), n° 391; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 270. Vgl. aus der Judikatur: Cass. com., 19.11.1996, n° 94-14530 (Vertrag über „Verleih“ von Videokassetten überließ die Bestimmung der Filme de facto dem Ermessen des „Verleih“-Unternehmens; nicht hinreichend bestimmt; dazu Zelcevic-Duhamel D. 1997, jur. 609 ff.); Cass. com., 23.5.1995, n° 94-14255 (Vertrag über „Videoclub“ sah vor, dass das „Verleih“-Unternehmer der „Entleiherin“ in einem Zeitraum von 12 Monaten 200 Videofilme aus einem bestimmten Genre „verleiht“, die „Entleiherin“ aber das Recht haben sollte, statt der vorgeschlagenen Filme [ohne weitere Kosten] für andere zu optieren; hinreichend bestimmt; dazu Aynès D. 1996, somm. 113 f.; Mestre RTD civ. 1995, 620 f.); Cass. soc., 7.6.2006, n° 04-45846 m. Anm. Mestre/Fages RTD civ. 2007, 110 f. (Mobilitätsklausel in einem Arbeitsvertrag sah vor, dass Arbeitnehmer im gesamten Gebiet der geschäftlichen Aktivitäten des Arbeitgebers eingesetzt werden könnte; zu unbestimmt, weil Einsatzort damit im Belieben des Arbeitgebers). 1729 Vgl. bereits Cass. req., 7.1.1925, DH 1925, 57: „en vertu des clauses du contrat, par voie de relation avec des éléments qui ne dépendent plus de la volonté ni de l’une ni de l’autre partie“ („auf Grund von Vertragsklauseln, mittels Elementen, die weder vom Willen der einen noch der anderen Partei abhängen“). 1730 Cass. civ. 1re, 27.4.1971, n° 69-12216. 1731 Vgl. Cass. com., 5.11.1971, n° 70-11593 (Tankstellenvertrag; dazu Ghestin D. 1972, 355 ff.); Cass. civ. 1re, 13.3.1973, n° 71-14386 (Kauf von landwirtschaften Maschinen); Cass. com., 11.10.1978, n° 77-10155 (Bierbezugsvertrag); Cass. com., 11.10.1978, n° 77-11485 (Bierbezugsvertrag); Cass. com., 11.10.1978, n° 77-11624 (Bierbezugsvertrag); Cass. com., 5.10.1982,
260
C. Angebot
in denen Verträge wegen Unbestimmtheit des Preises für nichtig erklärt wurden.1732 Die Praxis versuchte dem zwar durch entsprechende Vertragsgestaltungen Rechnung zu tragen; die von der Rechtsprechung (noch) akzeptierten Klauseln brachten aber keine wirkliche Abhilfe.1733 Auch im Schrifttum wurde die Kritik immer lauter; die Judikatur wurde nicht nur als exzessiv, sondern auch als inkohärent und einer rechtlichen Grundlage entbehrend gegeißelt.1734 Eine erste Kurskorrektur erfolgte aber dennoch erst mit den Alcatel-Urteilen vom 29.11.1994, in denen die Cour de Cassation Vertragsklauseln, die auf einen geltenden Tarif des Lieferanten Bezug nahmen, akzeptierte.1735 Der grundlegende Kurswechsel folgte dann mit vier Urteil der Gemeinsamen Kammer der Cour de Cassation vom 1.12.19951736, in denen entschieden wurde, dass Art. 1129 C. civ. für den Preis nicht (mehr) gilt und dass das Fehlen der Bestimmung des Preises die Wirksamkeit des Vertrags grundsätzlich nicht berührt, sofern nicht entsprechende gesetzliche Sonderregeln einschlägig sind (wie für den Kauf gem. Art. 1591 C. civ.1737 oder für Immobilienmaklerverträge1738); die feh1732 n° 81-12448 (Exklusivverkaufskonzession); Cass. com., 24.6.1986, RTD civ. 1987, 95 m. Anm. Mestre; Cass. com., 12.1.1988, n° 86-12838 m. Anm. Mestre RTD civ. 1988, 527 f. (Franchisevertrag); Cass. civ. 1re, 2.5.1990, n° 87-19106 (Darlehensvertrag; dazu Gavalda D. 1991, 41 ff.; Mestre RTD civ. 1991, 111 f.); Cass. com., 9.3.1993, n° 91-12732 (Mitgliedschaftsvertrag). 1732 Vgl. Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 288: „chasse à la nullité pour indétermination du prix“ („Jagd auf die Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit des Preises“); vgl. ferner zum Ganzen auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 381 ff.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 237; Ghestin JCP G 1996.II.22565 n° 6; Larroumet (Fn. 243), n° 395. 1733 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 382; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 288. 1734 Vgl. rückblickend: Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 382 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 395; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 288; aus der damaligen Literatur etwa Aynes D. 1993, chron. 25 ff.; ders. D. 1995, 122 f.; Frison-Roche RTD civ. 1992, 269 ff.; Huet Études Sayag, 1997, S. 311 ff.; Jamin RTD civ. 1995, 468 f.; s. ferner auch bereits Ghestin D. 1973, chron. 293 ff. 1735 Vgl. Cass. civ. 1re, 29.11.1994, n° 91-21009; Cass. civ. 1re, 29.11.1994, n° 92-16267. Dazu Aynès D. 1995, 122 ff.; Bouloc RTD com. 1995, 461, 464 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 383 f.; Ghestin JCP G 1995.II.22371; Mestre RTD civ. 1995, 358 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 288. 1736 Cass. ass. plén., 1.12.1995, n° 91-15578; Cass. ass. plén., 1.12.1995, n° 91-15999, Cass. ass. plén., 1.12.1995, n° 91-19653, Cass. ass. plén., 1.12.1995, n° 93-13688. Vgl. dazu Aynès D. 1996, 18 ff.; Brunet/Ghozi D. 1998, chron. 1 ff.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 384 f.; Fages (Fn. 245), n° 154; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 237; Ghestin JCP G 1996.II.22565; Larroumet (Fn. 243), n° 395; Mazeaud RDC 2003, 295, 317; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 289 ff. 1737 Art. 1591 C. civ. Le prix de la vente doit être déterminé et désigné par les parties. (Der Kaufpreis muss von den Parteien bestimmt und genau angegeben werden). 1738 Art. 1 und 6 Loi n° 70-9 du 2 janvier 1970 réglementant les conditions d’exercice des activités relatives à certaines opérations portant sur les immeubles et les fonds de commerce, JORF du 4 janvier 1970, p. 142; Art. 72 und 73 Décret n°72-678 du 20 juillet 1972 fixant les conditions d’application de la loi n° 70-9 du 2 janvier 1970 réglementant les conditions d’exercice des activités relatives à certaines opérations portant sur les immeubles et fonds de commerce, JORF du 22 juillet 1972, p. 7773. Vgl. dazu Cass. civ. 1re, 9.11.1999, n° 97-11898 m. Anm. Mestre/Fages RTD civ. 2000, 318, 320.
V. Bestimmtheit des Angebots
261
lende Bestimmtheit des Preises per se stelle den Vertrag also nicht (mehr) in Frage, ein Missbrauch bei der Preisbestimmung könne aber Anlass für eine Vertragsauflösung oder einen Anspruch auf Schadensersatz geben. Der Sache nach erfolgte damit ein Übergang von einer Wirksamkeits- zu einer Ausübungskontrolle.1739 Diese neue Linie hat die Cour de Cassation seitdem in inzwischen st. Rspr. immer wieder bestätigt.1740 Im Hinblick auf die genaue Reichweite des Missbrauchstatbestands herrscht aber nach wie vor Unsicherheit.1741 Die Rechtsprechung stellt insoweit nicht allein auf die Motive der den Preis bestimmenden Partei ab, sondern nimmt vielmehr eine Gesamtbetrachtung des jeweiligen Vertragsverhältnisses vor und ist insgesamt sehr zurückhaltend.1742, 1743 Speziell für den „normalen“ Kaufvertrag gilt jedoch kraft Art. 1591 C. civ.1744 nach wie vor, dass der Preis bestimmt oder dergestalt bestimmbar sein muss, dass die Bestimmbarkeit weder vom alleinigen Willen einer Partei noch von künftigen Abreden zwischen den Parteien abhängt.1745
1739
Vgl. Aynès D. 1996, 18, 21; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 384. Vgl. etwa Cass. com., 21.1.1997, n° 94-22034; Cass. civ. 1re, 6.3.2001, n° 98-17057 (dazu Aynès D. 2001, 3239); Cass. civ. 1re, 12.5.2004, n° 03-13847; Cass. civ. 1re, 30.6.2004, n° 01-00475; Cass. civ., 14.12.2004, n° 03-11631. 1741 Vgl. dazu Aubert de Vincelles D. 2006, 2629 ff.; Brunet/Ghozi D. 1998, chron. 1, 7; Delpech D. 2001, 302, 303; Fages (Fn. 245), n° 154; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 237, 237-1; Mazeaud D. 2001, 3236, 3237; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 293. 1742 Vgl. etwa Cass. com., 21.1.1997, n° 94-22034 (in casu kein Missbrauch); Cass. civ. 1re, 30.6.2004, n° 01-00475 (Preisbestimmung für Miete eines Banktresorfachs durch die Bank; kein Missbrauch: Bank grundsätzlich frei bei Preisbestimmung; zudem 6 Monate vorher angekündigt [die Vorinstanz hatte einen Missbrauch noch bejaht: CA Paris, 24.10.2000, D. 2001, 302; dazu Delpech D. 2001, 302 ff.; Mazeaud D. 2001, 3236 f.]); Cass. civ., 14.12.2004, n° 03-11631 (in casu kein Missbrauch); vgl. aus der instanzgerichtlichen Judikatur etwa CA Paris, 19.5.2000, RTD civ. 2000, 570 f. m. Anm. Mestre/Fages. 1743 Vgl. Aubert de Vincelles D. 2006, 2629, 2633; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 385; Fages (Fn. 245), n° 154; Mestre/Fages RTD civ. 2000, 318, 321 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 293. 1744 Fn. 1737. 1745 Vgl. etwa Cass. civ. 3e, 11.5.2005, n° 03-20669 (dazu Mestre/Fages RTD civ. 2006, 106 f.); Cass. civ. 3e, 26.9.2007, n° 06-14357; Cass. com., 7.4.2009, n° 07-18907: „l’article 1591 du code civil … ces dispositions n’imposent pas que l’acte porte lui-même indication du prix, mais seulement que ce prix soit déterminable; … tel est le cas lorsqu’il est lié à la survenance d’un événement futur ne dépendant pas de la seule volonté de l’une des parties ni d’accords ultérieurs entre elles“ („Artikel 1591 Code civil … diese Bestimmungen verlangen nicht, dass die Urkunde selbst eine Angabe des Preises enthält, sondern nur, dass der Preis bestimmbar sein muss; … dies ist der Fall, wenn er an den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses gebunden ist, das weder vom alleinigen Willen einer Partei noch von zukünftigen Abreden zwischen ihnen abhängt.“); Cass. com., 6.11.2012, n° 11-26582; Aubert de Vincelles D. 2006, 2629, 2631; Buchberger D. 2012, 1632, 1633; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 385; Fages RTD civ. 2009, 321 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 237-1; Ghestin JCP G 1996.II.22565 n° 22 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 290. Kritisch dazu Larroumet (Fn. 243), n° 394 f. 1740
262
C. Angebot
Art. 1592 C. civ. gestattet es beim Kauf aber zumindest explizit, die Festlegung des Preises einem Dritten zu überlassen.1746 Der Dritte muss jedoch neutral, d.h. von den Parteien unabhängig, sein.1747 Die Preisbestimmung durch den Dritten ist für die Parteien verbindlich, es sei denn, dass er bei seiner Festlegung einen groben Fehler (erreur grossière) gemacht hat.1748 Sofern der Dritte den Preis aber nicht festlegen kann oder will, besteht kein Kaufvertrag (Art. 1592 C. civ., 2. HS).
3. Englisches Recht Wie bereits oben1749 dargelegt, gehört die Bestimmtheit zwar auch im englischen Recht zu den elementaren Grundvoraussetzungen schon für das Vorliegen eines wirksamen Angebots (offer). Die Problematik der Bestimmtheit (certainty) wird allerdings üblicherweise nicht speziell in Bezug auf das Angebot, sondern allgemein in Bezug auf die Einigung (agreement) der Parteien erörtert.1750 a) Allgemeines Grundprinzip und Ausgangspunkt ist, dass die Parteien alle wesentlichen Vertragspunkte (sog. essential terms) bestimmt oder ein Instrumentarium für ihre Bestimmung festgelegt haben müssen oder dass sich diese zumindest mittels gesetzlicher Auslegungsregeln oder im Wege der ergänzenden Auslegung bestimmen lassen müssen.1751 1746 Art. 1592 C. civ. Il peut cependant être laissé à l’arbitrage d’un tiers; si le tiers ne veut ou ne peut faire l’estimation, il n’y a point de vente. (Er kann jedoch auch dem Schiedsspruch eines Dritten überlassen werden; doch wenn der Dritte die Bemessung nicht machen will oder kann, besteht kein Kaufvertrag.). 1747 Vgl. Cass. com., 5.11.1971, n° 70-11593 (Comité professionnel du pétrol [Berufsausschuss des Erdöls] kein „Dritter“ bei Tankstellenvertrag; dazu Ghestin D. 1972, 355, 356); Cass. civ. 1re, 2.12.1997, n° 95-19791; Bloud-Rey D. 2004, 2330, 2332 f.; Frison-Roche RTD civ. 1992, 269, 286; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 286. 1748 Vgl. Cass. com., 22.4.1976, n° 74-14896; Cass. com., 4.11.1987, n° 86,10027; Cass. com., 9.4.1991, n° 89-21611; Cass. com., 4.2.2004, n° 01-13516; Bloud-Rey D. 2004, 2330, 2334; Frison-Roche RTD civ. 1992, 269, 285; Gautier RTD civ. 2004, 310, 311; Mestre/Fages RTD civ. 2004, 502 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 286. 1749 C. I.3. 1750 Hintergrund ist wohl zum einen, dass das offer/acceptance-Modell erst relativ spät Eingang ins englische Vertragsrecht fand (vgl. oben B. I.3. b) cc)), zum anderen aber auch, dass das generell sehr um pragmatische Lösungen für den Geschäftsverkehr bemühte englische Recht den Fokus primär auf die Bestimmtheit (certainty) im Zeitpunkt der Vertragserfüllung (performance) legt, vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.03 (speziell Fn. 3). 1751 Vgl. aus der Rspr.: Foley v Classique Coaches Ltd [1934] 2 KB 1 at 13 per Maugham LJ (sogleich im Text); May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17 at 20 per Lord Buckmaster: „It has long been a well recognised principle of contract law that an agreement between two parties
V. Bestimmtheit des Angebots
263
Paradigmatisch insoweit das schon fast als klassisch geltende Statement von Maugham LJ in Foley v Classique Coaches Ltd (1934)1752: It is indisputable that unless all the material terms of the contract are agreed there is no binding obligation. An agreement to agree in the future is not a contract; nor is there a contract if a material term is neither settled nor implied by law and the document contains no machinery for ascertaining it. [Es ist unbestreitbar, dass keine bindende Verpflichtung besteht, sofern nicht über alle wesentlichen Vertragspunkte eine Einigung erzielt worden ist. Eine Übereinkunft, sich in der Zukunft zu einigen, ist kein Vertrag; noch existiert ein Vertrag, wenn ein wesentlicher Punkt weder geregelt noch kraft Gesetzes hineinzulesen ist und das Dokument kein Instrumentarium für seine Bestimmung enthält.]
Welches die wesentlichen Vertragspunkte (essential terms) sind, hängt vom jeweiligen Vertragstyp ab.1753 Grundsätzlich gehört dazu jedenfalls auch die Bestimmbarkeit der Vertragsparteien; wie bereits oben1754 dargelegt, schließt dies jedoch – ebenso wie im deutschen1755 und französischen1756 Recht die Möglichkeit einer offer to the public nicht aus. Generell bestimmen zwar grundsätzlich die Parteien selbst, welche Punkte für sie wesentlich sind1757; sie müssen sich aber auf jeden Fall so weit geeinigt haben, dass der Vertragsinhalt vom Gericht bestimmt und durchgesetzt werden kann1758.
1752 to enter into an agreement in which some critical part of the contract matter is left undetermined is no contract at all.“ („Es ist ein seit Langem anerkanntes Prinzip des Vertragsrechts, dass eine Einigung zwischen zwei Parteien, eine Vereinbarung zu schließen, bei der ein entscheidender Teil des Vertrags nicht festgelegt wird, überhaupt kein Vertrag ist.“), at 21 per Viscount Dunedin: „As a matter of the general law of contract all the essentials have to be settled.“ („Als eine Frage des allgemeinen Vertragsrechts müssen alle wesentlichen Elemente festgelegt werden.“); s. weiter etwa auch Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 at 478 per Lord Diplock. Vgl. aus dem Schrifttum etwa: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 61; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 83. 1752 Foley v Classique Coaches Ltd [1934] 2 KB 1 at 13 per Maugham LJ. 1753 Vgl. May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17 at 21 per Viscount Dunedin: „What are the essentials may vary according to the particular contract under consideration.“ („Was die wesentlichen Elemente sind, kann je nach dem betreffenden Vertrag variieren.“); Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.03. 1754 Siehe oben C. IV.3. 1755 Vgl. oben C. V.1. b). 1756 Vgl. oben C. V.2. b). 1757 Vgl. Pagnan SpA v Feed Products Ltd [1987] 2 Lloyd’s Rep 601 at 619 per Lloyd LJ; RTS Flexible Systems Ltd v Molkerei Alois Müller GmbH & Company KG (UK Production) [2010] UKSC 14 at paras. 45, 49; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.03, 11.13; s. ferner auch Ignazio Messina & Co v Polskie Linie Oceaniczne [1995] 2 Lloyd’s Rep 566 at 579 ff.; Bear Stearns Bank Plc v Forum Global Equity Ltd [2007] EWHC 1576 (Comm) at 155 f.; Treitel (Fn. 491), 2-086, 2-092. 1758 Vgl. Bear Stearns Bank Plc v Forum Global Equity Ltd [2007] EWHC 1576 (Comm) at para. 155; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.03, 11.11, 11.13; Treitel (Fn. 491), 2-086.
264
C. Angebot
Die Rechtsprechung ist insgesamt sehr einzelfallspezifisch und erscheint auch nicht immer ganz konsistent.1759 Einerseits wird immer wieder betont, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte sei, den Vertrag für die Parteien zu machen („make the contract for the parties“).1760 Andererseits sind die Gerichte aber sehr darum bemüht, die Vereinbarungen von Parteien, die sich ersichtlich rechtlich binden wollten, möglichst aufrechtzuerhalten, speziell im geschäftlichen Bereich1761 das Recht soll nicht zum „destroyer of bargains“ („Zerstörer von Verträgen“) werden1762.1763
1759 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 83; McKendrick (Fn. 493), S. 125, 133. Die Suche nach kohärenten Prinzipien wird teils gar als „fool’s errand“ („vergebliche Mühe“) bezeichnet, vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 83; McKendrick (Fn. 493), S. 133 (jeweils unter Verweis auf das „Biographical Statement“ in Campbell (ed.), The relational theory of contract: selected works of Ian MacNeil, 2001,S. XIII). 1760 Vgl. Bushwall Properties Ltd v Vortex Properties Ltd [1976] 1 WLR 591 at 605 per Buckley LJ: „… it is not the function of the court to make or to perfect contracts entered into between members of the public.“ („… es ist nicht die Funktion des Gerichts, Verträge zwischen Personen der Bevölkerung zu machen oder zu vervollständigen.“); Willis Management (Isle of Man) Ltd v Cable and Wireless Plc [2005] EWCA Civ 806 at para. 26 per Tuckey LJ; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-016; McKendrick (Fn. 493), S. 124 f. 1761 Vgl. WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 at 4 per Lord Tomlin: „… the dealings of men may as far as possible be treated as effective“ („… die Geschäfte der Menschen können so weit wie möglich als wirksam behandelt werden“), at 10 per Lord Wright: „… the Court should seek to apply the old maxim of English law, ‚verba ita sunt intelligenda ut res magis valeat quam pereat’“ („… das Gericht sollte versuchen, die alte Maxime des englischen Rechts anzuwenden ‚Worte sind so zu verstehen, dass der Sinn erhalten und nicht zerstört wird’“); Bushwall Properties Ltd v Vortex Properties Ltd [1976] 1 WLR 591 at 605 per Buckley LJ: „…the court should be reluctant to hold any contract void for uncertainty if that consequence can be avoided.“ („… das Gericht sollte sich sträuben, einen Vertrag wegen Unbestimmtheit für unwirksam zu erklären, wenn dieses Resultat vermieden werden kann.“); Scammell and Nephew Ltd v Ouston [1941] AC 251 at 255 per Viscount Maugham: „In commercial documents connected with dealings in a trade with which the parties are perfectly familiar the court is very willing, if satisfied that the parties thought that they made a binding contract, to imply terms and in particular terms as to the method of carrying out the contract“ („Bei geschäftlichen Dokumenten, die mit einer Branche in Verbindung stehen, mit welcher die Parteien bestens vertraut sind, ist das Gericht, sofern es überzeugt ist, dass die Parteien dachten, dass sie einen bindenden Vertrag schließen, sehr geneigt, Vertragsbedingungen hineinzulesen und speziell Vertragsbedingungen betreffend die Art und Weise der Vertragsdurchführung“); Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery AD [2001] EWCA Civ 406 at para. 69; Durham Tees Valley Airport Ltd v bmibaby Ltd [2010] EWCA Civ 485 at para. 54; Shaw v Lighthousexpress Ltd [2010] EWCA Civ 161 at para. 20: „Void for uncertainty is a last resort conclusion“ („Unwirksam wegen Unbestimmtheit ist ein Ergebnis nur als ultima ratio“). 1762 Vgl. WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 at 4 per Lord Tomlin: „… that the law may not incur the reproach of being the destroyer of bargains.“ („… damit das Recht nicht den Vorwurf auf sich zieht, ein Zerstörer von Verträgen zu sein“). 1763 Vgl. aus dem Schrifttum etwa auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 61; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-017; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 84; Fridman 1960) 76 LQR 521, 522 ff.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.06, 11.78 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 3.1; McKendrick (Fn. 493), S. 124 f.; Treitel (Fn. 491), 2-079.
V. Bestimmtheit des Angebots
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b) Einzelheiten aa) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Wege der Auslegung Grundregel ist, dass die Vertragsbedingungen so bestimmt sein müssen, dass es dem Gericht möglich ist, ihnen eine sinnvolle Bedeutung zu geben.1764 Das von den Parteien Gewollte muss sich mit hinreichender Sicherheit feststellen lassen;1765 als Maxime gilt insofern: „id certum est quod certum reddi potest“ („bestimmt ist, was bestimmt werden kann“)1766. Als zu unbestimmt angesehen wurden z.B.: Vereinbarung bei einem Grundstückskauf, dass bei jeder Zahlung einer Kaufpreisrate ein anteiliger Teil des Grundstücks übereignet werden sollte1767; Vereinbarung bei einem Pkw-Kauf, dass ein Teil des Kaufpreises auf der Basis von „hire-purchase terms“ („zu Mietkaufbedingungen“) bezahlt werden sollte1768; Verkauf „subject to war clause“ („vorbehaltlich Kriegsklausel“)1769 oder „subject to force majeure conditions“ („vorbehaltlich höherer Gewalt“)1770. Als hinreichend bestimmt angesehen wurden dagegen etwa: Option zur Verlängerung eines Mietvertrags, bei der die Miete „unter Berücksichtigung des Marktwertes der Geschäftsräume“ festgelegt werden sollte1771; Chartervertrag, bei dem die Chartergebühr „equitably decreased“ („nach Billigkeitsgesichtspunkten gemindert“) werden sollte, wenn das Schiff die vereinbarten
1764 Vgl. Scammell and Nephew Ltd v Ouston [1941] AC 251 at 268 per Lord Wright: „agreement …. must be sufficiently definite to enable the court to give it a practical meaning“ („die Vereinbarung … muss konkret genug sein, um es dem Gericht zu ermöglichen, ihr eine sinnvolle Bedeutung zu geben“); Scammell v Dicker [2005] EWCA Civ 405 at para. 42; Durham Tees Valley Airport Ltd v bmibaby Ltd [2010] EWCA Civ 485 at paras. 54, 88; Shaw v Lighthousexpress Ltd [2010] EWCA Civ 161 at para. 20. 1765 Vgl. Scammell and Nephew Ltd v Ouston [1941] AC 251 at 255 per Viscount Maugham: „… the parties must so express themselves that their meaning can be determined with reasonable certainty.“ („… die Parteien müssen sich so ausdrücken, dass ihre Bedeutung mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann.“); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-133; Treitel (Fn. 491), 2-097. 1766 Vgl. May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17 at 21 per Viscount Dunedin; WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 at 11 per Lord Wright; Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 at 478 per Lord Diplock; Welsh Development Agency v Export Finance Co Ltd [1992] BCC 270 at 278 per Dillon LJ; Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery AD [2001] EWCA Civ 406 at para. 69; Scammell v Dicker [2005] EWCA Civ 405 at para. 39; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 62. 1767 Bushwall Properties Ltd v Vortex Properties Ltd [1976] 1 WLR 591 (Ratio: es war nicht klar, welche Teile jeweils übereignet werden sollten). 1768 Scammell and Nephew Ltd v Ouston [1941] AC 251 (Ratio: verschiedene potenzielle Bedeutungen von „hire-purchase“). 1769 Bishop & Baxter v Anglo-Eastern Trading & Industrial Co [1944] KB 12 (Ratio: Existenz verschiedenster Arten von „Kriegsklauseln“). 1770 British Electrical and Associated Industries (Cardiff) Ltd v Patley Pressings Ltd [1953] 1 WLR 280 (Ratio: Existenz einer Vielzahl verschiedener „höhere Gewalt“-Bedingungen). 1771 Brown v Gould [1972] Ch 53.
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C. Angebot
Anforderungen nicht erfüllen sollte1772; langfristiger Mietvertrag ohne ausdrückliche Bestimmung zum Mietbeginn1773. Sofern es sich um bloße Nebenregelungen handelt, sind die Gerichte allerdings durchaus auch bereit, evident inhaltsleere1774 oder perplexe1775 Klauseln zu ignorieren und den Vertrag gleichwohl aufrecht zu erhalten.1776 Im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden können insbesondere auch frühere Geschäfte zwischen den Parteien1777 sowie einschlägige Handelsbräuche und –gewohnheiten1778. Zudem kann darauf abgestellt werden, was im konkreten Kontext reasonable (angemessen) wäre (sog. standard of reasonableness).1779 Grundlegende Leitentscheidung des House of Lords hierzu ist WN Hillas & Co Ltd v Arcos
1772 Didymi Corp v Atlantic Lines and Navigation Co Inc (The Didymi) [1988] 2 Lloyd’s Rep 108. Dazu Reynolds (1988) 104 LQR 352, 354 f. 1773 Liverpool City Council v Walton Group Plc [2002] 1 EGLR 149. 1774 Vgl. Nicolene Ltd Simmonds [1953] 1 QB 543 (Kaufvertrag über Stabstahl gemäß den „usual conditions of acceptance“ [„gewöhnlichen Annahmebedingungen“]; solche existierten aber nicht). 1775 Vgl. Lovelock (EJR) v Exportles [1968] 1 Lloyd’s Rep 163 (Schiedsklausel sah im ersten Teil vor, dass sämtliche Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht in London entschieden werden sollten, später hieß es dann aber, dass sämtliche Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht in Moskau entschieden werden sollten; das Gericht entschied, dass die Klausel bedeutungslos sei und entschied dann selbst in der Sache). 1776 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 62; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-144; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 3.7, 3.8; Treitel (Fn. 491), 2-083. 1777 Vgl. etwa WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 (Bedingungen für eine Option für 1931 ließen sich anhand des für das Jahr 1930 abgeschlossenen Vertrags bestimmen); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 62 f.; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-017; ChenWishart (Fn. 496), S. 85 f. 1778 Vgl. etwa Shamrock SS Co v Storey & Co (1899) 81 LT 413 (Vertrag, in Grimsby Kohle zu laden „on the terms of the usual colliery guarantee“ [„entsprechend den Bedingungen der üblichen Kohlezechengarantie“], hinreichend bestimmt); WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 (Berücksichtigung der Handelsbräuche im Holzhandel); Ashburn Anstalt v Arnold [1989 ] Ch 1 at 27 (Versprechen, einen Laden „in prime position“ [„in bester Lage“] zu vermieten, hinreichend bestimmt, da dieser Begriff in der Immobilienbranche gebräuchlich ist und das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen bestimmen könnte, ob es sich um einen solchen Laden handelt); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 62 f.; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-017; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 85 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-141; McKendrick (Fn. 493), S. 135; Treitel (Fn. 491), 2-080. 1779 Grundlegend: WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2. Vgl. weiter etwa Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery AD [2001] EWCA Civ 406 at para. 69 (Implikation einer „reasonable fee“ [„angemessene Vergütung“], weil sich anhand der Vereinbarungen über Preis und Preiserhöhungen im Laufe der Jahre objektive Kriterien für die Feststellung einer solchen finden ließen); Baird Textile Holdings Ltd v Marks & Spencer plc [2001] EWCA Civ 274 (Anwendung aber im konkreten Fall abgelehnt, weil es keine objektiven Kriterien gab, anhand derer das Gericht hätte feststellen können, was in Bezug auf Quantität und Preis angemessen war); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 63; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 85 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-142; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.84 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-081.
V. Bestimmtheit des Angebots
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Ltd (1932), wo ein Kaufvertrag über Holz „of fair specification“ („durchschnittlicher Spezifikation“) aufrecht erhalten wurde, weil sich aus dem Vertrag objektive Kriterien für die Beurteilung des zu liefernden Holzes ergaben.1780 Ferner berücksichtigen die Gerichte insbesondere auch, ob die Parteien den „Vertrag“ durchgeführt haben; in diesem Fall sind sie (noch) eher geneigt, bestimmte Bedingungen in den Vertrag hineinzulesen.1781 bb) Vertragsergänzung kraft Gesetzes Für bestimmte Fälle existieren darüber hinaus gesetzliche Regeln zur Ergänzung unvollständiger Verträge (terms implied by law). Zu nennen ist hier insbesondere s. 8(2) Sale of Goods Act 19791782, der für den Fall, dass ein Kaufvertrag keinen Preis oder Preisbestimmungsmechanismus festlegt, vorsieht, dass der Käufer einen reasonable price (angemessenen Preis) zahlen muss1783; maßgeblich für dessen Bestimmung sind gem. s. 8(3) die jeweiligen Umstände des Einzelfalls1784.1785 Die Vorschrift gilt allerdings nur, wenn der Vertrag hinsichtlich des Preises „schweigt“, nicht dagegen, wenn die Parteien vereinbaren, sich darüber später einigen zu wollen.1786
1780
WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2. Vgl. F & G Sykes (Wessex) Ltd v Fine Fare Ltd [1967] 1 Lloyd’s Rep 53 at 57 f. per Lord Denning MR; Tito v Waddell (No. 2) [1977] Ch 106 at 314; G Percy Trentham Ltd v Archital Luxfer Ltd [1993] 1 Lloyd’s Rep 25 at 27 per Steyn LJ; Andrews (Fn. 493), 4.05, 4.20; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 64; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-017; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 85; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.12, 11.100 ff.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 3.18; McKendrick (Fn. 493), S. 142 f.; Treitel (Fn. 491), 2-079. 1782 1979 c. 54. 1783 S. 8(2) Sale of Goods Act 1979 Where the price is not determined as mentioned in sub-section (1) above the buyer must pay a reasonable price. (Wenn der Preis nicht wie entsprechend Absatz 1 bestimmt ist, muss der Käufer einen angemessenen Preis zahlen.). Ebenso auch bereits s. 8(2) Sale of Goods Act 1893 (56 & 57 Vict., ch. 71), der wiederum ein im case law entwickeltes Prinzip kodifizierte (vgl. Acebal v Levy (1834) 10 Bing 376; Hoadly v McLaine (1834) 10 Bing 482; Valpy v Gibson (1847) 4 CB 837). 1784 S. 8(3) Sale of Goods Act 1979 What is a reasonable price is a question of fact dependent on the circumstances of each particular case. (Was ein angemessener Preis ist, ist eine Tatfrage, die von den Umständen jedes einzelnen Falles abhängt.). 1785 Vgl. dazu näher Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-047 m.w.N. 1786 Vgl. May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 63; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 86; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-113; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.118; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 3.12; McKendrick (Fn. 493), S. 141. 1781
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C. Angebot
Eine ähnliche Regelung existiert mit s. 15 Supply of Goods and Services Act 19821787 auch für contracts for services1788; in Ermangelung einer Festlegung gilt hier eine angemessene Vergütung als vereinbart.1789 cc) Bestimmungsrecht eines Dritten Die Parteien können vereinbaren, dass einzelne Vertragspunkte durch einen oder mehrere Dritte bestimmt werden sollen.1790 Relativ häufig ist z.B. die Bestimmung eines Schiedsrichters.1791 Für den Fall, dass der von den Parteien vereinbarte Mechanismus nicht funktioniert (z.B. weil eine Partei sich weigert, einen Schiedsrichter zu ernennen oder der designierte Dritte die Festlegung nicht treffen kann oder will), kommt es darauf an, ob der Bestimmungsmechanismus zu den für die Parteien wesentlichen Vertragspunkten gehört: Ist dies der Fall, so besteht kein wirksamer Vertrag; ist dies dagegen nicht der Fall, so kann das Gericht einen Ersatzmechanismus verwenden, um die Vertragsbedingung festzulegen.1792 1787
1982 c. 29. Contract for services i.S.d. englischen Rechts umfasst sowohl den Werk- als auch den Dienstvertrag i.S.d. deutschen Rechts; näher Illmer in: Triebel/Illmer/Ringe/Vogenauer/Ziegler, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 217 f. m.w.N. 1789 S. 15 Supply of Goods and Services Act 1982. Implied term about consideration. (1) Where, under a contract for the supply of a service, the consideration for the service is not determined by the contract, left to be determined in a manner agreed by the contract or determined by the course of dealing between the parties, there is an implied term that the party contracting with the supplier will pay a reasonable charge. (2) What is a reasonable charge is a question of fact. [Implizite Vertragsbestimmungen betreffend die Gegenleistung. (1) Wenn bei einem Vertrag über die Erbringung von Diensten die Gegenleistung für den Dienst nicht im Vertrag festgelegt, der Festlegung nach einer vertraglich vereinbarten Methode überlassen oder sich aus dem regelmäßigen Verhaltensweisen der Parteien ergibt, besteht eine stillschweigende Vertragsbedingung, dass die Partei, die mit dem Diensteerbringer kontrahiert, eine angemessene Vergütung zahlen wird. (2) Was eine angemessene Vergütung ist, ist eine Tatfrage.] 1790 Vgl. Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444; Gillatt v Sky Television Ltd [2000] EWCA Civ 34; Thames Water Utilities v Heathrow Airport Ltd [2009] EWCA Civ 992; Andrews (Fn. 493), 4.24; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-131; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.105; McKendrick (Fn. 493), S. 137; Treitel (Fn. 491), 2-096. 1791 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-131; McKendrick (Fn. 493), S. 137. 1792 Vgl. Tito v Waddell (No. 2) [1977] Ch 106 at 314; Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 (Vertrag sah Preisbestimmung durch zwei Gutachter vor; eine Partei weigerte sich jedoch, einen Gutachter zu bestellen; Gericht entschied, dass der Preisbestimmungsmechanismus kein wesentlicher Vertragsteil war und es selbst einen fairen und angemessenen Preis bestimmen könne; dazu Robertshaw (1983) 46 MLR 493 ff.); Re Malpass (Deceased) [1985] Ch 42 at 50; Didymi Corp v Atlantic Lines and Navigation Co Inc (The Didymi) [1988] 2 Lloyd’s Rep 108 at 115; Gillatt v Sky Television Ltd [2000] EWCA Civ 34 (Wertbestimmung von Gesellschaftsanteilen durch unabhängigen vereidigten Buchprüfer als wesentlicher Vertragspunkt); Andrews (Fn. 493), 4.24; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 64 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 61 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-131; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.107 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 140; Treitel (Fn. 491), 2-096. 1788
V. Bestimmtheit des Angebots
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Für den Kauf enthält s. 9 Sale of Goods Act 19791793 eine spezielle Regelung für den Fall, dass die Parteien die Bestimmung des Preises einem Dritten überlassen haben. Wenn der Dritte die Preisbestimmung nicht treffen kann oder will, kommt es darauf an, ob die Waren schon ganz oder teilweise an den Käufer geliefert und übereignet wurden: Ist dies der Fall, so muss der Käufer einen reasonable price (angemessenen Preis) dafür zahlen; ansonsten ist der Vertrag unwirksam (s. 9(1)). Wenn der Dritte durch Verschulden einer Vertragspartei an der Preisbestimmung gehindert ist, hat die andere gegen diese einen Anspruch auf Schadensersatz (s. 9(2)). Die Parteien sind grundsätzlich an die Preisbestimmung durch den Dritten gebunden; eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn die beschwerte Partei nachweist, dass Betrug oder Kollusion vorlag oder der Dritte auf der einer grundlegend fehlerhaften Basis handelte.1794 dd) Bestimmungsrecht einer Vertragspartei Zulässig ist es ferner auch, einer Vertragspartei das Recht zur Bestimmung einzelner Vertragspunkte einzuräumen1795, z.B. dem Käufer das Recht zur Festlegung des Kaufpreises1796. Die Gerichte implizieren dann aber meist, 1793 S. 9 Sale of Goods Act 1979. Agreement to sell at valuation (1) Where there is an agreement to sell goods on the terms that the price is to be fixed by the valuation of a third party, and he cannot or does not make the valuation, the agreement is avoided; but if the goods or any part of them have been delivered to and appropriated by the buyer he must pay a reasonable price for them. (2) Where the third party is prevented from making the valuation by the fault of the seller or buyer, the party not at fault may maintain an action for damages against the party at fault. (Vereinbarung über Verkauf auf der Basis eines Gutachtens (1) Im Falle einer Vereinbarung, Waren zu einem Preis zu verkaufen, der durch das Gutachten eines Dritten festgelegt wird, und der Dritte diese Festlegung nicht trifft oder treffen kann, ist die Vereinbarung ungültig; aber wenn die Waren oder ein Teil davon bereits an den Käufer geliefert wurden und er sich diese angeeignet hat, so muss er einen angemessenen Preis für sie zahlen. (2) Wenn der Dritte durch Verschulden des Verkäufers oder des Käufers an der Festlegung gehindert wird, hat die nicht verantwortliche Partei einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die verantwortliche Partei.). 1794 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2.051. Vgl. aus der Rechtsprechung: Collier v Mason (1858) 25 Beav 200; Finnegan v Allen [1943] 1 KB 425; Dean v Prince [1952] 1 Ch 409; Frank H Wright (Constructions) Ltd v Frodoor Ltd [1967] 1 WLR 506; Smith v Gale [1974] 1 WLR 9. 1795 Vgl. Lombard Tricity Finance v Paton [1989] 1 All ER 918; Paragon Finance plc v Nash [2001] EWHC Civ 1466; Esso Petroleum Co Ltd v Addison [2003] EWHC 1730 (Comm) at paras. 116 ff., 171; Amberley (UK) Ltd v West Sussex County Council [2011] EWCA Civ 11 at para. 22; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 61; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-131; McKendrick (Fn. 493), S. 136; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 11.116 f.; Treitel (Fn. 491), 2-096. 1796 Vgl. May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17 at 21 per Viscount Dunedin; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-045; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 61; McKendrick (Fn. 493), S. 136.
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C. Angebot
dass das Bestimmungsrecht nicht willkürlich oder unredlich ausgeübt werden darf.1797
4. CESL-D Die hinreichende Bestimmtheit gehört auch im Rahmen des CESL-D zu den konstitutiven Voraussetzungen sowohl des Angebots (Art. 31 Abs. 1 lit. b CESL-D)1798 als auch des Vertrags insgesamt (Art. 30 Abs. 1 lit. c CESL-D)1799. a) Allgemeines Gem. Art. 30 Abs. 1 lit. c CESL-D muss die Einigung, ggf. ergänzt durch die Vorschriften des CESL-D, so bestimmt sein, dass davon Rechtswirkungen ausgehen können. Wie sich aus der Genese der Vorschrift1800 sowie einem Blick auf Art. 30 Abs. 4 CESL-D ergibt, bedarf es damit auch i.R.d. CESL-D jedenfalls einer Einigung über die sog. essentialia negotii.1801 Hierzu gehört: (1) um welchen der von Art. 5 CESL-VOE erfassten Vertragstypen1802 es sich handeln soll, (2) Kaufgegenstand bzw. bereitzustellender digitaler Inhalt bzw. Gegenstand der verbundenen Dienstleistungen, sowie (3) die Vertragsparteien (was aber – wie dargelegt1803 – die Möglichkeit einer Offerte ad incertas personas nicht ausschließt). Der (genaue) Preis ist dagegen – wie sich im Umkehrschluss aus Art. 73 CESL-D1804 ergibt – kein essentialium negotii.1805 Gem. Art. 30 Abs. 4 CESL-D können die Parteien allerdings weitere Punkte – insbesondere ggf. auch die genaue Höhe des Preises in den Rang von essentialia negotii erheben.1806 Eine entsprechende Regelung fand sich – al1797
Vgl. Abu Dhabi National Tanker Co v Product Star Shipping (The Product Star) (No. 2) [1993] 1 Lloyd’s Rep 397; Paragon Finance plc v Nash [2001] EWHC Civ 1466 (Hypothek mit Zinsänderungsvorbehalt; Implikation, dass das Zinsänderungsermessen nicht „dishonestly, for an improper purpose, capriciously, arbitrarily or in a way in which no reasonable mortgagee, acting reasonably, would do“ [„unredlich, zweckwidrig, eigenwillig, willkürlich oder in einer Weise, in der kein vernünftiger Hypothekengläubiger, der vernünftig handelt, dies tun würde“] ausgeübt wird); Esso Petroleum Co Ltd v Addison [2003] EWHC 1730 (Comm) at paras. 136, 171; Amberley (UK) Ltd v West Sussex County Council [2011] EWCA Civ 11 at para. 23; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-131; McKendrick (Fn. 493), S. 136 f.; Treitel (Fn. 491), 2-096; s. ferner auch Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-045. 1798 Vgl. dazu bereits oben C. I.4. 1799 Vgl. dazu bereits oben B. I.4. a). 1800 Vgl. Art. II.-4:103 DCFR Comments C und D. 1801 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 130. 1802 Vgl. dazu oben C. III.1. d). 1803 Vgl. oben C. IV.4. 1804 Dazu noch näher unten C. V.4. b). 1805 Vgl. implizit auch Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 242 f. 1806 Vgl. dazu auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.1.a.
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V. Bestimmtheit des Angebots
lerdings mit abweichender Formulierung – auch bereits in Art. II.-4:103(2) DCFR1807; ähnlich auch schon Art. 2.103(2) PECL1808. Art. 30 Abs. 4 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(4) Macht eine der Parteien (4) Where one of the par- (4) Lorsque l’une des parden Abschluss eines ties makes agreement ties subordonne la conVertrags von einer Einion some specific matclusion du contrat à un gung über einen beter a requirement for accord sur un point parstimmten Punkt abhänthe conclusion of a ticulier, il n’y a pas de gig, so kommt der Vercontract, there is no contrat à défaut d’actrag nur zustande, contract unless agreecord sur ce point. wenn eine Einigung ment on that matter über diesen Punkt erhas been reached. zielt wird.
b) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Wege der Auslegung Ebenso wie in den untersuchten nationalen Rechtsordnungen genügt es grundsätzlich auch im Rahmen des CESL-D, wenn der Vertragsinhalt im Wege der Auslegung bestimmbar ist, insbesondere auch anhand von Gebräuchen und Gepflogenheiten (dazu unten aa)) sowie im Wege der sog. ergänzenden Vertragsauslegung (dazu unten bb)). aa) Bestimmbarkeit anhand von Gebräuchen und Gepflogenheiten Art. 67 CESL-D normiert ausdrücklich, dass die Parteien an zwischen ihnen vereinbarte Gebräuche und zwischen ihnen entstandene Gepflogenheiten („individuelle“ Gebräuche und Gepflogenheiten, Abs. 1) sowie an in der jeweiligen Branche allgemein existierende Bräuche (Abs. 2) gebunden sind.
1807 Art. II.-4:103(2) DCFR If one of the parties refuses to conclude a contract unless the parties have agreed on some specific matter, there is no contract unless agreement on that matter has been reached. (Wenn sich eine Partei weigert, einen Vertrag zu schließen, solange die Parteien sich über einen bestimmten Punkt nicht geeinigt haben, kommt der Vertrag nicht zustande, es sei denn, eine Einigung über diesen Punkt wurde erzielt.). 1808 Art. 2:103(2) PECL Wenn sich jedoch eine der Parteien weigert, einen Vertrag zu schließen, solange die Parteien sich über einen bestimmten Punkt nicht geeinigt haben, kommt der Vertrag nicht zustande, es sei denn, eine Einigung über diesen Punkt wurde erzielt.
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C. Angebot
Art. 67 CESL-D Gebräuche und Gepflogenheiten in Verträgen zwischen Unternehmern/Usages and practices in contracts between traders/Usages et pratiques dans les contrats entre professionnels Deutsch
Englisch
Französisch
(1) In einem Vertrag zwi- (1) In a contract between (1) Dans un contrat entre schen Unternehmern traders, the parties are professionnels, les parsind die Parteien an Gebound by any usage ties sont liées par les usabräuche gebunden, die which they have agreed ges sur l’applicabilité sie als anwendbar vershould be applicable desquels elles se sont aceinbart haben, und an and by any practice cordées et par les pratizwischen ihnen entstanthey have established ques qu’elles ont établies denen Gepflogenheiten. between themselves. entre elles. (2) Die Parteien sind an (2) The parties are bound (2) Les parties sont liées par Gebräuche gebunden, by a usage which un usage que des profesdie von Unternehmern, would be considered sionnels placés dans la die sich in der gleichen generally applicable by même situation qu’elles Situation wie die Partraders in the same sitconsidéreraient comme teien befinden, als allgeuation as the parties. généralement applicable. mein anwendbar angesehen würden. (3) Die Parteien sind an (3) Usages and practices (3) Les usages et pratiques Gebräuche und Gepflodo not bind the parties ne lient pas les parties genheiten nur so weit to the extent to which dans la mesure où ils gebunden, wie sie nicht they conflict with consont contraires aux clauindividuell ausgehantract terms which have ses du contrat qui ont delten Vertragsbestimbeen individually nefait l’objet d’une négomungen oder zwingengotiated or any mandaciation individuelle ou à den Vorschriften des tory rules of the Comdes règles impératives Gemeinsamen Europäimon European Sales du droit commun euroschen Kaufrechts entgeLaw. péen de la vente. genstehen.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist allerdings anders als derjenige der Vorläuferregelungen in Art. II.-1:104 DCFR1809 und Art. 1:105 1809 Art. II.-1:104 DCFR: Usages and practices (1) The parties to a contract are bound by any usage to which they have agreed and by any practice they have established between themselves. (2) The parties are bound by a usage which would be considered generally applicable by persons in the same situation as the parties, except where the application of such usage would be unreasonable. (3) …. (Gebräuche und Gepflogenheiten (1) Die Parteien sind an die Gebräuche, mit denen sie sich einverstanden erklärt haben, und an die Gepflogenheiten gebunden, die zwischen ihnen entstanden sind.
V. Bestimmtheit des Angebots
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PECL1810 ausdrücklich auf Verträge zwischen Unternehmern beschränkt. Eine Begründung für die Limitierung findet sich in den (wie bereits eingangs1811 angemerkt ohnehin sehr spärlichen) Materialien nicht. Im Schrifttum wird sie damit erklärt, dass Verbraucher ohnehin nicht an Gebräuche und Gepflogenheiten gebunden seien, weil diese allein im geschäftlichen Verkehr relevant würden.1812 Dies vermag allerdings – jedenfalls so pauschal – kaum zu überzeugen. Denn zum einen sind jedenfalls „individuelle“ Gebräuche und Gepflogenheiten i.S.d. Abs. 1 durchaus auch bei B2C-Verträgen ohne Weiteres denkbar. Zum anderen bestimmen die allgemeinen Auslegungsregeln der Art. 59 lit. d und e CESL-D1813 ausdrücklich, dass allgemeine Gebräuche (lit. d) sowie parteispezifische Gepflogenheiten (lit. e) im Rahmen der Auslegung ganz generell – d.h. insbesondere auch bei B2C-Verträgen berücksichtigt werden können. Hintergrund der Begrenzung des Anwendungsbereichs des Art. 67 CESL-D dürfte demgemäß vielmehr sein, dass man es offenbar nicht für angemessen hielt, Gebräuchen und Gepflogenheiten auch bei B2C-Verträgen die – durchaus erhebliche – Bedeutung beizumessen, dass sie vorbehaltlich entgegenstehender Parteivereinbarungen oder zwingender Regelungen des CESL-D automatisch Vertragsinhalt werden.1814 Bei B2C-Verträgen sollen sie vielmehr nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden. Der Unterschied hinsichtlich der Bedeutung von Gebräuchen und Gepflogenheiten für B2B-Verträge einerseits und B2C-Verträge andererseits ist somit wenngleich durchaus signifikant letztlich nur gradueller Natur. bb) Bestimmbarkeit kraft ergänzender Vertragsauslegung Aus der Gesamtsystematik des CESL-D ergibt sich weiterhin, dass es für die hinreichende Bestimmtheit auch genügt, wenn der Vertragsinhalt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gem. Art. 68 CESL-D – auf die bereits oben1815 näher eingegangen wurde – bestimmbar ist. (2) 1810 Die Parteien sind an Gebräuche gebunden, die von Personen in der Lage der Parteien allgemein als anwendbar angesehen würden, außer wenn die Anwendung solcher Gebräuche unangemessen wäre. (3) …. 1810 Art. 1:105 PECL: Gebräuche und Gepflogenheiten (1) Die Parteien sind an die Gebräuche, mit denen sie sich einverstanden erklärt haben, und an die Gepflogenheiten gebunden, die zwischen ihnen entstanden sind. (2) Die Parteien sind an Gebräuche gebunden, die von Personen in der Lage der Parteien allgemein als anwendbar angesehen würden, außer wenn die Anwendung solcher Gebräuche unangemessen wäre. 1811 Vgl. bereits oben A. I bei Fn. 6. 1812 So Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 229. 1813 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. c). 1814 Vgl. dazu auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 647. 1815 Siehe oben C. II.4. e).
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C. Angebot
c) Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit des Preises Hinsichtlich der Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit des Preises enthält Art. 73 CESL-D – ähnlich wie schon Art. II.-9:104 DCFR1816 (sowie – wenngleich inhaltlich noch deutlicher abweichend auch Art. 6:104 PECL1817) eine Sonderregelung: Sofern sich der Preis nicht auf andere Weise bestimmen lässt, ist in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte1818 der Preis zu zahlen, der normalerweise unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnet worden wäre; lässt sich ein solcher nicht ermitteln, gilt ein „angemessener“ Preis“. Art. 73 CESL-D Deutsch Kann der nach dem Vertrag zu zahlende Preis nicht auf andere Weise bestimmt werden, ist mangels anders lautender Angaben der Preis zu zahlen, der normalerweise unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnet worden wäre, oder, wenn kein solcher Preis zu ermitteln ist, ein angemessener Preis.
Englisch Where the amount of the price payable under a contract cannot be otherwise determined, the price payable is, in the absence of any indication to the contrary, the price normally charged in comparable circumstances at the time of the conclusion of the contract or, if no such price is available, a reasonable price.
Französisch Lorsque le prix à payer en vertu d’un contrat ne peut être déterminé selon d’autres modalités, ce prix est, sauf indication contraire, celui normalement facturé dans des circonstances comparables au moment de la conclusion du contrat ou, à défaut d’un tel prix, un prix raisonnable.
Was ein „angemessener“ Preis ist, ist gemäß der allgemeinen Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 1 CESL-D1819 objektiv unter Berücksichtigung der Art und des 1816 Art. II.-9:104 DCFR: Determination of price Where the amount of the price payable under a contract cannot be determined from the terms agreed by the parties, from any other applicable rule of law or from usages or practices, the price payable is the price normally charged in comparable circumstances at the time of the conclusion of the contract or, if no such price is available, a reasonable price. (Festsetzung des Preises Wenn sich die Höhe des nach dem Vertrag zu zahlenden Preises nicht aus den von den Parteien vereinbarten Bestimmungen, einer anwendbaren gesetzlichen Vorschrift oder Gebräuchen oder Gepflogenheiten bestimmen lässt, so ist der zu zahlende Preis der Preis, der normalerweise unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnet worden wäre, oder, wenn kein solcher Preis zu ermitteln ist, ein angemessener Preis.) 1817 Art. 6:104 PECL: Festsetzung des Preises Wenn der Vertrag den Preis oder das Verfahren seiner Bestimmung nicht festsetzt, werden die Parteien so behandelt, als hätten sie sich auf einen angemessenen Preis geeinigt. 1818 Die deutsche Fassung „mangels anders lautender Angaben“ ist insofern etwas unglücklich formuliert. 1819 Siehe oben C. II.4. b) aa).
V. Bestimmtheit des Angebots
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Zwecks des Vertrags, der Umstände des Einzelfalls und der Gebräuche und Gepflogenheiten der jeweiligen Gewerbe oder Berufe zu bestimmen. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen Art. 8(2) Sale of Goods Act 19791820 sowie Art. 55 CISG1821 und zielt darauf ab, den Vertrag zu „retten“, wenn Parteien ungeachtet der fehlenden (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Regelung zum Preis einen verbindlichen Vertrag wollten1822. d) Bestimmungsrecht einer Vertragspartei Gem. Art. 74 CESL-D kann das Recht zur Bestimmung des Preises oder einer anderen Vertragsbestimmung auch einer Vertragspartei eingeräumt werden. Um Missbräuche zu verhindern1823, bestimmt Art. 74 Abs. 1 CESL-D allerdings – ähnlich wie schon die Vorläufernormen der Art. II.-9:104 DCFR1824 und Art. 6:105 PECL1825 , dass die Festsetzung nicht „grob ungemessen“ sein darf; andernfalls gilt der Preis/die Vertragsbestimmung, der/die normalerweise unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnet/getroffen worden wäre; falls sich dies nicht ermitteln lässt, ein „angemessener“ Preis bzw. eine „angemessene“ Vertragsbestimmung (insofern gilt dann auch hier die allgemeine Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 1 CESL-D1826). Die Vorschrift ist gem. Abs. 2 zwingend, so dass z.B. 1820
Dazu oben C. V.3. b) bb). Art. 55 CISG Ist ein Vertrag gültig geschlossen worden, ohne daß er den Kaufpreis ausdrücklich oder stillschweigend festsetzt oder dessen Festsetzung ermöglicht, so wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte vermutet, daß die Parteien sich stillschweigend auf den Kaufpreis bezogen haben, der bei Vertragsabschluß allgemein für derartige Ware berechnet wurde, die in dem betreffenden Geschäftszweig unter vergleichbaren Umständen verkauft wurde. Vgl. zur Ähnlichkeit mit dieser Vorschrift auch Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 243; sowie bereits (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): dies. GPR 2011, 106, 109. Näher zur Entstehungsgeschichte des Art. 55 CISG: Witz, Der unbestimmte Kaufpreis, 1989, S. 221 ff. 1822 Vgl. Art. II.-9:104 DCFR Comment A; s. ferner auch bereits Art. 6:104 PECL Kommentar A. 1823 Vgl. zur Vorläuferregelung Art. II.-9:105 DCFR Comments; s. ferner auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 652. 1824 Art. II.-9:104 DCFR: Unilateral determination by a party Where the price or any other contractual term is to be determined by one party and that party’s determination is grossly unreasonable, then, notwithstanding any provision in the contract to the contrary, a reasonable price or other term is substituted. (Einseitige Festsetzung durch eine Partei Wenn der Preis oder irgendeine andere Vertragsbestimmung durch eine Partei festzusetzen ist und die Festsetzung dieser Partei sich als grob unangemessen erweist, dann gilt ungeachtet irgendeiner entgegenstehenden Regelung ein angemessener Preis oder eine angemessene Vertragsbestimmung.). 1825 Art. 6:105 PECL: Einseitige Festsetzung durch eine Partei Wenn der Preis oder irgendeine andere Vertragsbestimmung durch eine Partei festzusetzen ist und die Festsetzung dieser Partei sich als grob unangemessen erweist, dann ist ungeachtet irgendeiner entgegenstehenden Regelung ein angemessener Preis oder eine angemessene Vertragsbestimmung festzulegen. 1826 Siehe oben C. II.4. b) aa). 1821
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C. Angebot
insbesondere etwa auch ein Bestimmungsrecht „nach freiem Belieben“ nicht zulässig ist.1827 Art. 74 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Ist der Preis oder eine an- (1) Where the price or any (1) Lorsque le prix ou tout dere Vertragsbestimother contract term is autre élément du contrat mung von einer Partei to be determined by doit être déterminé par festzusetzen und ist diese one party and that une partie et que la déFestsetzung grob unanparty’s determination termination faite par gemessen, so ist der Preis is grossly unreasonable celle-ci est manifestezu zahlen, der normalerthen the price norment déraisonnable, le weise unter vergleichbamally charged or term prix normalement facren Umständen zum normally used in comturé ou l’élément norZeitpunkt des Vertragsparable circumstances malement employé dans schlusses berechnet worat the time of the condes circonstances comden wäre, oder wenn clusion of the contract parables au moment de kein solcher Preis zu eror, if no such price or la conclusion du contrat mitteln ist, ein angemesterm is available, a reaou, faute de disposer sener Preis, beziehungssonable price or a read’un tel prix ou d’un tel weise es gilt diejenige sonable term is substiélément, un prix raisonVertragsbestimmung, die tuted. nable ou un élément raiunter vergleichbaren sonnable lui est substiUmständen zum Zeittué. punkt des Vertragsschlusses normalerweise verwendet worden wäre oder, wenn keine solche Vertragsbestimmung zu ermitteln ist, eine angemessene Vertragsbestimmung. (2) Die Parteien dürfen die (2) The parties may not (2) Les parties ne peuvent Anwendung dieses Arexclude the application exclure l’application du tikels nicht ausschlieof this Article or deroprésent article ni déroßen, davon abweichen gate from or vary its ger à ses effets ou les oder dessen Wirkungen effects. modifier. abändern.
Nicht geregelt ist in Art. 74 CESL-D allerdings der Fall, dass der Bestimmungsberechtigte schlicht keine Festsetzung trifft bzw. treffen kann. In diesem Fall sollen offenbar die allgemeinen Rechtsbehelfe bei Pflichtverletzungen einer Vertragspartei gelten (d.h. ggf. Schadensersatz, Rücktritt etc.); hierfür 1827 Vgl. auch Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 245; sowie bereits (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): dies. GPR 2011, 106, 109.
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V. Bestimmtheit des Angebots
spricht nicht zuletzt auch der Umkehrschluss aus Art. 75 Abs. 1 CESL-D1828, der für den Fall der Nichtfestsetzung durch einen bestimmungsberechtigten Dritten eine spezielle Regelung trifft. e) Bestimmungsrecht eines Dritten Gem. Art. 75 CESL-D kann ferner auch einem Dritten ein Bestimmungsrecht in Bezug auf den Preis oder eine sonstige Vertragsbestimmung1829 eingeräumt werden. Art. 75 CESL-D Deutsch
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Französisch
(1) Sind der Preis oder eine (1) Where a third party is (1) Lorsqu’un tiers doit déterminer le prix ou tout to determine the price andere Vertragsbestimautre élément du contrat or any other contract mung durch einen Dritet qu’il ne peut ou ne term and cannot or ten festzusetzen und veut pas le faire, un triwill not do so, a court kann dieser die Festsetbunal peut, sauf si cela may, unless this is inzung nicht treffen oder est incompatible avec les consistent with the tut er es aus anderen clauses du contrat, désicontract terms, apGründen nicht, so kann gner une autre personne point another person ein Gericht eine andere pour le déterminer. to determine it. Person bestellen, um die Festsetzung vorzunehmen, es sei denn, dass dies in Widerspruch zu den Vertragsbestimmungen steht. (2) Ist der von einem Drit- (2) Where a price or other (2) Lorsque le prix ou tout autre élément du contrat contract term deterten festgesetzte Preis déterminé par un tiers mined by a third party oder eine andere von est manifestement déraiis grossly unreasonaihm festgesetzte Versonnable, le prix norble, the price normally tragsbestimmung grob malement facturé ou charged or term norunangemessen, so ist l’élément normalement mally used in compader Preis zu zahlen, der employé dans des cirrable circumstances at normalerweise unter constances comparables the time of the concluvergleichbaren Umstänau moment de la conclusion of the contract or, den zum Zeitpunkt des sion du contrat, ou, if no such price is availVertragsschlusses befaute de disposer d’un able, a reasonable price, rechnet worden wäre, tel prix ou d’un tel éléor a reasonable term is oder wenn kein solcher ment, un prix ou un élésubstituted. Preis zu ermitteln ist, ment raisonnable lui est ein angemessener Preis, substitué. beziehungsweise es 1828
Dazu sogleich unten C. V.4. e). Die besondere Hervorhebung des Preises ist wohl historisch zu erklären und speziell auch vor dem Hintergrund der besonderen Problematik der Preisbestimmung in vielen Rechtsordnungen (vgl. etwa zum französischen Recht oben C. V.2. c) bb) zu sehen, vgl. näher Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 788. 1829
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C. Angebot
Art. 75 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
gilt diejenige Vertragsbestimmung, die unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses normalerweise verwendet worden wäre oder, wenn keine solche Vertragsbestimmung zu ermitteln ist, eine angemessene Vertragsbestimmung. (3) Als „Gericht“ im Sinne (3) For the purpose of (3) Aux fins du paragraphe 1, le terme „tribunal“ inparagraph 1 a „court“ von Absatz 1 gilt auch clut un tribunal arbitral. includes an arbitral triein Schiedsgericht. bunal. (4) Im Verhältnis zwischen (4) In relations between a (4) Dans les relations entre un professionnel et un trader and a consumer einem Unternehmer und consommateur, les parthe parties may not to einem Verbraucher dürties ne peuvent, au détrithe detriment of the fen die Parteien die Anment de ce dernier, exconsumer exclude the wendung des Absatzes 2 clure l’application du application of paranicht zum Nachteil des paragraphe 2 ni déroger graph 2 or derogate Verbrauchers ausschlieà ses effets ou les modifrom or vary its effects. ßen, davon abweichen fier. oder dessen Wirkungen abändern.
Für den Fall, dass der Dritte die Festsetzung nicht treffen kann oder dies aus sonstigen Gründen nicht tut, sieht Art. 75 Abs. 1 CESL-D – vorbehaltlich eines abweichenden Parteiwillens – die Bestellung einer Ersatzperson durch das Gericht vor1830; „Gericht“ i.d.S. kann gem. Abs. 3 auch ein Schiedsgericht sein. Der CESL-D übernimmt damit – wie schon die Vorgängerregelungen in Art. II.-9:106(1) DCFR1831 und Art. 6:106 PECL1832 – die Lösung des niederländischen und belgischen Rechts.1833 1830
Vgl. dazu näher (und insgesamt recht kritisch) Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 805 ff. Art. II.-9:106(1) DCFR Where a third person is to determine the price or any other contractual term and cannot or will not do so, a court may, unless this is inconsistent with the terms of the contract, appoint another person to determine it. (Sind der Preis oder eine andere Vertragsbestimmung durch einen Dritten festzusetzen und kann dieser die Festsetzung nicht treffen oder tut er es aus anderen Gründen nicht, so kann ein Gericht eine andere Person bestellen, um die Festsetzung vorzunehmen, es sei denn, dass dies in Widerspruch zu den Vertragsbestimmungen steht.) 1831
V. Bestimmtheit des Angebots
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Ebenso wie im Falle des Bestimmungsrechts einer Partei ist auch eine Festsetzung durch einen Dritten gem. Art. 75 Abs. 2 CESL-D1834 für die Parteien nur dann verbindlich, wenn sie nicht grob unangemessen ist1835; andernfalls gilt auch hier der Preis bzw. die Vertragsbestimmung, die normalerweise unter vergleichbaren Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. subsidiär ein „angemessener“ Preis bzw. eine „angemessene“ Vertragsbestimmung (insofern gilt dann auch hier die allgemeine Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 1 CESL-D1836). Im Gegensatz zu Art. 74 CESL-D ist Art. 75 CESL-D allerdings nur halbzwingend, nämlich insofern, als bei B2C-Verträgen eine Abweichung zuungunsten des Verbrauchers unzulässig ist (Abs. 4).1837
5. Rechtsvergleichende Würdigung Im Rahmen des rechtsvergleichenden Resümees ergibt sich somit zusammenfassend, dass die hinreichende Bestimmtheit zwar sowohl in den untersuchten nationalen Rechtsordnungen als auch im Rahmen des CESL-D zu den Grundvoraussetzungen eines wirksamen Angebots bzw. eines wirksamen Vertrags insgesamt gehört, im Detail aber durchaus signifikante Unterschiede bestehen. Ausgangspunkt und Grundprinzip sind aber zunächst überall gleich: Erforderlich ist grundsätzlich die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit aller wesentlichen Vertragspunkte (sog. essentialia negotii/éléments essentiels/essential terms), wobei es genügt, dass sich diese im Wege der Auslegung – entweder kraft spezieller Regeln oder mittels der allgemeinen Auslegungsstandards bestimmen lassen: Prägnant insoweit die in England verbreitet zitierte1838 Maxime: „id certum est quod certum reddi potest“ („bestimmt ist, was bestimmt werden kann“). Zahl, Gegenstand und Reichweite spezieller Auslegungsregeln in Bezug auf Bestimmtheitsprobleme sind allerdings in den einzelnen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich. Signifikante Divergenzen bestehen aber vor allem auch im Hinblick auf die Problematik der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises. Das engli1832 Art. 6:106(1) PECL Wenn der Preis oder irgendeine andere Vertragsbestimmung durch einen Dritten zu bestimmen ist und dieser die Bestimmung nicht treffen kann oder will, gilt das Gericht als von den Vertragsparteien ermächtigt, eine andere Person zu bestellen, um die Bestimmung vorzunehmen. 1833 Vgl. Art. II.-9:106 DCFR Note I.2; Art. 6:106 PECL Anmerkung 1.a. Siehe dazu näher Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 808 m.w.N. 1834 Vgl. dazu näher Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 813 ff. 1835 Vgl. dazu näher Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 795 ff. 1836 Siehe oben C. II.4. b) aa). 1837 Kritisch auch zu dieser halbzwingenden Natur jedoch etwa Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 798 f. 1838 Vgl. dazu oben C. V.3. b) aa).
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C. Angebot
sche Recht und der CESL-D sind insoweit besonders darum bemüht, Verträge nicht am Fehlen einer Preisbestimmung scheitern zu lassen und sehen ausdrücklich vor, dass ggf. ein „angemessener“ Preis gelten soll.1839 Das deutsche Recht kennt Vergleichbares zwar u.a. für Dienst-, Werk-, Makler- und Mietverträge sowie Handelsvertreter und Provisionen/Lagergeld für Kaufleute, für den klassischen Kaufvertrag lässt die h.M. eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung jedoch gerade nicht zu1840. Sehr strikt ist insofern auch das französische Recht, das trotz des Mitte der 1990er Jahre erfolgten Kurswechsels der Rechtsprechung speziell für den Kaufvertrag strikt daran festhält, dass der Preis bestimmt oder dergestalt bestimmbar sein muss, dass die Bestimmbarkeit weder vom alleinigen Willen einer Partei noch von künftigen Abreden zwischen den Parteien abhängt.1841 Im Rahmen der rechtsvergleichenden Würdigung spricht insoweit indes viel für die Lösung des englischen Rechts und des CESL-D: Die Bestimmung eines „angemessenen Preises“ durch das Gericht bringt zwar unzweifelhaft ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit mit sich, hat aber andererseits den unbestreitbaren Vorteil, auch Verträge „retten“ zu können, bei denen die Parteien sich trotz der unterbliebenen Preisbestimmung ersichtlich binden wollten. Speziell aus deutscher Perspektive, wo vergleichbare Regeln für eine ganze Reihe von Vertragstypen seit Langem anerkannt sind, wäre es im Übrigen letztlich auch nur ein kleiner Schritt, Entsprechendes auch beim klassischen Kauf anzuerkennen bzw. zuzulassen. Markante Unterschiede sind weiterhin insbesondere auch in Bezug auf die Reichweite und die nähere Ausgestaltung von Bestimmungsrechten Dritter und der Vertragsparteien zu konstatieren. Besonders strikt ist insofern nach wie vor das französische Recht: Seit dem liberalisierenden Kurswechsel der Rechtsprechung Mitte der 1990er Jahre ist zwar nun bei vielen Verträgen auch ein Preisbestimmungsrecht einer Partei zulässig und die Gerichte beschränken sich insoweit auf eine Missbrauchskontrolle; gerade beim klassischen Kaufvertrag kann aber nach wie vor nur einem Dritten – nicht aber einer Vertragspartei – ein Bestimmungsrecht eingeräumt werden.1842 Das deutsche1843 und englische1844 Recht sowie der CESL-D1845 gestatten es dagegen grundsätzlich generell d.h. insbesondere auch beim klassischen Kaufvertrag einer Vertragspartei ein Bestimmungsrecht einzuräumen, was im Vergleich zur insoweit unnötig restriktiven französischen Lösung klar vorzugswürdig erscheint. Unterschiede bestehen allerdings in Bezug auf die Kontrolldichte: Während die h.M. im deutschen Recht es sogar zulässt, die Bestimmung ins „freie Belieben“ 1839 1840 1841 1842 1843 1844 1845
Vgl. oben C. V.3. b) bb), C. V.4. c). Vgl. oben C. V.1. c) aa). Vgl. oben C. V.2. c) bb). Vgl. oben C. V.2. c) bb). Vgl. oben C. V.1. c) bb)(1). Vgl. oben C. V.3. b) dd). Vgl. oben C. V.4. d).
V. Bestimmtheit des Angebots
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einer Vertragspartei zu stellen1846 und dies wohl auch im englischen Recht möglich sein dürfte1847, sieht der CESL-D zwingend eine Kontrolle in Bezug auf „grobe Unangemessenheit“ vor1848. Insoweit erscheint allerdings durchaus fraglich, ob es wirklich zwingend eines solchen Maßstabs bedarf oder ob man insoweit nicht besser der Privatautonomie Raum lassen sollte. Divergenzen bestehen aber auch in Bezug auf die rechtliche Behandlung der Bestimmungsrechte Dritter. Diese sind zwar – als spezielle Form der Ausübung der Vertragsfreiheit durch Delegation der Festlegung von Vertragsbedingungen durch einen Dritten1849 grundsätzlich in allen untersuchten Rechtsordnungen zulässig. Unterschiede bestehen aber in Bezug auf die gerichtliche Kontrolldichte: Im deutschen Recht kann dem Dritten ein nur einer Willkürkontrolle unterworfenes Bestimmungsrecht „nach freiem Belieben“ eingeräumt werden; eine nach „billigem Ermessen“ zu treffende Festsetzung wird auf „offenbare Unbilligkeit“ hin geprüft.1850 Im französischen Kaufrecht wird auf einen erreur grossière (groben Fehler) hin geprüft.1851 Nach englischen Recht schaden nur Betrug, Kollusion oder eine Bestimmung auf grob fehlerhafter Basis.1852 Im Rahmen des CESL-D darf die Bestimmung nicht „grob unangemessen“ sein.1853 Damit wird zwar letztlich regelmäßig überall nur auf wirklich schwerwiegende Fehler und Missbräuche hin kontrolliert, en detail divergieren die Maßstäbe aber eben doch. Unterschiedliche Lösungen gelten darüber hinaus auch für den Fall, dass der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will: Im deutschen Recht kommt es darauf an, ob die Festsetzung nach „billigem Ermessen“ getroffen werden sollte (dann Ersetzung durch Gerichtsurteil) oder „nach freiem Belieben“ (dann Unwirksamkeit des Vertrags).1854 Nach französischem Kaufrecht besteht generell kein wirksamer Vertrag.1855 Nach englischem Recht kommt es darauf an, ob der Bestimmungsmechanismus für die Parteien zu den wesentlichen Vertragspunkten gehörte (dann kein wirksamer Vertrag, sonst Anwendung eines Ersatzmechanismus durch das Gericht); für ein Kaufpreisbestimmungsrecht eines Dritten gilt die Sonderregelung der s. 9 Sale of Goods Act 1979, die darauf abstellt, ob schon übereignet wurde (dann reasonable price [angemessener Preis], ansonsten ist Vertrag unwirksam).1856 Ganz anders wie1846
Vgl. oben C. V.1. c) bb)(1). Vgl. oben C. V.3. b) dd). 1848 Vgl. oben C. V.4. d). 1849 Vgl. Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 792, 816; in Bezug auf das deutsche Recht etwa: Rieble (Fn. 1697), § 315 Rn. 249. 1850 Vgl. oben C. V.1. c) bb)(2). 1851 Vgl. oben C. V.2. c) bb). 1852 Vgl. oben C. V.3. b) cc). 1853 Vgl. oben C. V.4. e). 1854 Vgl. oben C. V.1. c) bb)(2). 1855 Vgl. oben C. V.2. c) bb). 1856 Vgl. oben C. V.3. b) cc). 1847
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C. Angebot
derum der CESL-D, der die Bestellung einer Ersatzperson durch das Gericht vorsieht.1857 Alle diese Lösungen haben ihre Vor- und Nachteile: Die Rechtsfolge der Vertragsunwirksamkeit hat zumindest als „pauschale“ Lösung (wie im französischen Recht) den Nachteil, dass sie den Parteierwartungen und – interessen häufig nicht gerecht werden wird. Die „Ersatzvornahme“ durch das Gericht selbst oder eine vom Gericht bestellte Ersatzperson hat dagegen den entscheidenden Vorteil, den Vertrag ggf. „retten“ zu können.1858 Unter Umständen kann es aber problematisch sein, hinreichend sichere Anhaltspunkte für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens hinsichtlich der betreffenden Vertragsbestimmung bzw. der Ersatzperson zu finden.1859 Vorzugswürdig wäre daher letztlich wohl eine flexible Regelung, die grundsätzlich alle drei der genannten Lösungen (Vertragsunwirksamkeit, gerichtliche Ersatzbestimmung, gerichtliche Bestellung einer Ersatzperson) ermöglicht (auch wenn damit freilich wiederum ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit verbunden ist, das aber durch die im Interesse der Parteiautonomie liegende Flexibilität aufgewogen werden dürfte).
VI. Kommunikation des Angebots Eine weitere ganz grundlegende Frage ist, ob das Angebot zu seiner Wirksamkeit an den/die potenziellen Adressaten kommuniziert werden muss und wenn ja, wie dies geschehen kann.
1. Deutsches Recht Im deutschen Recht ergibt sich das Erfordernis der Kommunikation des Angebots bereits aus seiner Rechtsnatur als empfangsbedürftige Willenserklärung.1860 Das Angebot ist dabei grundsätzlich formfrei.1861 Es kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.1862 Im letzteren Fall spricht man von einer
1857
Vgl. oben C. V.4. e). Vgl. auch Kleinschmidt RabelsZ 76 (2012) 785, 810 f. 1859 Vgl. auch Looschelders/Makowsky (Fn. 1147), S. 227, 245 f.; sowie bereits (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]): dies. GPR 2011, 106, 109. 1860 Vgl. dazu oben C. I.1. 1861 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 16; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 30; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1. 1862 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 15 f.; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 16; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 30; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Flume (Fn. 19), § 35 I 1 (S. 636); Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 10. 1858
VI. Kommunikation des Angebots
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sog. Realofferte. 1863Als typische Beispiele hierfür werden meist genannt: Warenautomaten1864, Beförderungsleistungen im öffentlichen Nahverkehr1865 oder auch Leistungen i.R.d. Daseinsvorsorge (z.B. Gas-1866, Wasser-1867 und Stromversorgung1868, Straßenreinigung1869, Abfallentsorgung1870, Telekommunikationsleistungen1871). Im Einzelfall können allerdings auch Formerfordernisse bestehen, nämlich soweit entweder der Vertrag insgesamt (z.B. gem. § 311b Abs. 1 BGB bei Grundstücksverträgen [notarielle Beurkundung]) oder auch nur die Erklärung des Anbietenden (z.B. als Bürge gem. § 766 BGB [Schriftform]) formbedürftig ist.1872
2. Französisches Recht Im französischen Recht gehört es ebenfalls zum Wesen der offre1873, dass sie an den/die potenziellen Vertragspartner kommuniziert werden muss.1874 Dabei gilt grundsätzlich Formfreiheit.1875 Im Einzelfall können allerdings auch Formerfordernisse bestehen, so z.B. notarielle Beurkundung für Verträge über den Kauf zu errichtender Immobilien (Art. L. 261-10 f. CCH) oder Schriftform für die Bürgschaftserklärung einer natürlichen Person (Art. L. 313-7 C. consom.). Allgemein anerkannt ist ferner auch, dass die offre entweder expresse (ausdrücklich) oder tacite (stillschweigend) erklärt werden.1876 Im Hinblick auf die
1863 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 1. 1864 Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) ff.)(1). 1865 Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) gg)(1). 1866 Vgl. BGH NZM 2007, 363; OLG Saarbrücken ZWE 2012, 133. 1867 Vgl. BGH NJW 2003, 3131; BGH NJW 2009, 913; BGH NZM 2010, 284. 1868 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 639, 640; BGH NJW 2011, 3509; LG Berlin NJOZ 2010, 1339. 1869 Vgl. BGH NJW 2012, 1948. 1870 Vgl. BGH NJW 2012, 1948. 1871 Vgl. BGH NJW 2005, 3636, 3637; LG Saarbrücken MMR 2011, 800, 801. 1872 Vgl. auch Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 16; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 30. 1873 Vgl. zur Definition der offre im französischen Recht bereits oben C. I.2. 1874 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 31; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 264; Fages (Fn. 245), n° 72; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 136 f.; Ghestin (Fn. 51), n° 294; Larroumet (Fn. 243), n° 244; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113. 1875 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 58; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 264, 282; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 136 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 244; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113. 1876 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 28 ff.; Bénabent (Fn. 243), n° 58; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 264; Fages (Fn. 245), n° 72; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; Larroumet (Fn. 243), n° 244; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 467; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113; Testu (Fn. 991), 21.01.
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C. Angebot
Abgrenzung von offre expresse und offre tacite besteht im Schrifttum allerdings Uneinigkeit.1877 Ein Teil der Literatur1878 versteht den Begriff der offre expresse sehr weit und fasst darunter nicht nur schriftliche und mündliche Erklärungen, sondern auch tatsächliches Verhalten, mit dem der Erklärende seinen Willen, einen Vertrag zu schließen, zum Ausdruck bringen möchte (z.B. Taxi am Taxistand1879, Auslage vom Waren im Schaufenster1880). Eine offre tacite soll demgegenüber nur dann vorliegen, wenn eine Handlung oder ein Verhalten zwar nicht speziell von dem Willen zum Abschluss eines Vertrags begleitet wird, einen solchen Willen aber voraussetzt, sich also aus einer bestimmten Handlungsweise ergibt.1881 Als Beispiel genannt wird etwa das Verbleiben des Mieters in der Mietwohnung nach Ablauf des Mietvertrags als offre tacite auf Verlängerung des Mietvertrags (vgl. auch s. 1738 C. civ.1882).1883 Andere nehmen die Abgrenzung dagegen ähnlich wie im deutschen Recht vor, d.h. die offre ist expresse, wenn sie ausdrücklich (schriftlich, mündlich, elektronisch etc.) erklärt wird und tacite, wenn sich der auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Wille in einem Verhalten manifestiert (z.B. Taxi am Taxistand1884, Auslage von Waren im Schaufenster1885).1886
3. Englisches Recht Auch im englischen Recht gehört es zu den wesensmäßigen Elementen der offer1887, dass sie an den/die potenziellen Vertragspartner kommuniziert werden muss.1888 1877 Vgl. zur Parallelproblematik der Abgrenzung in Bezug auf die acceptation (Annahme), wo insoweit weitgehend Konsens herrscht, noch näher unten D. V.2. a) bb). 1878 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 467; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113. 1879 Vgl. zum Angebotscharakter bereits oben C. III.2. b) gg)(2) (speziell Fn. 1561). 1880 Vgl. zum Angebotscharakter bereits oben C. III.2. b) cc)(2). 1881 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; s. ferner auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113. 1882 Art. 1738 C. civ. Si, à l’expiration des baux écrits, le preneur reste et est laissé en possession, il s’opère un nouveau bail dont l’effet est réglé par l’article relatif aux locations faites sans écrit. (Wenn der Mieter nach dem Ablauf eines schriftlichen Mietvertrags im Besitz bleibt und darin gelassen wird, so entsteht eine neue Miete, deren Wirkung sich nach dem Inhalt des den nicht schriftlichen Mietvertrag betreffenden Artikels richtet.). 1883 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 137; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 113. 1884 Vgl. zum Angebotscharakter bereits oben C. III.2. b) gg)(2) (speziell Fn. 1561). 1885 Vgl. zum Angebotscharakter bereits oben C. III.2. b) cc)(2). 1886 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 28; Bénabent (Fn. 243), n° 58; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 264; Fages (Fn. 245), n° 72; Larroumet (Fn. 243), n° 244. 1887 Vgl. zur Definition der offer bereits oben C. I.3. 1888 Vgl. auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 39; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-026; Coote (1971) 4 NZULR 331, 332; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.47.
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VI. Kommunikation des Angebots
Eine besondere Form ist grundsätzlich nicht erforderlich.1889 Für bestimmte Vertragstypen bestehen aber freilich auch im englischen Recht Formerfordernisse, so z.B. das Erfordernis eines deed für die Übertragung von Grundeigentum oder Rechten an Grundeigentum1890 oder der Schriftform für Wechsel (ss. 3(1), 17(2) Bills of Exchange Act 18821891). Eine offer kann entweder expressly (ausdrücklich) oder by conduct (durch schlüssiges Verhalten) gemacht werden.1892 Als Beispiele für Letzteres werden etwa genannt: Warenautomaten1893, die Bereitstellung von Liegestühlen am Strand1894 oder die Lieferung einer anderen als der vereinbarten Kaufsache (oder einer anderen Menge) als schlüssiges Angebot auf Vertragsänderung1895.
4. CESL-D Schließlich bedarf auch ein Angebot i.R.d. CESL-D bereits definitionsgemäß der Kommunikation an den/die potenziellen Vertragspartner (vgl. Art. 31 Abs. 1 und 2 CESL-D).1896 Gem. Art. 6 CESL-D gilt der Grundsatz der Formfreiheit.1897 Art. 6 CESL-D Formfreiheit/No form required/Libre choix de la forme Deutsch Soweit das Gemeinsame Europäische Kaufrecht nichts anderes vorschreibt, brauchen Verträge, Erklärungen oder sonstige Handlungen, die ihm unterliegen, nicht in einer bestimmten Form vorgenommen oder nachgewiesen zu werden. 1889
Englisch Unless otherwise stated in the Common European Sales Law, a contract, statement or any other act which is governed by it need not be made in or evidenced by a particular form.
Französisch Sauf disposition contraire du droit commun européen de la vente, aucune forme particulière n’est requise pour conclure un contrat, effectuer une déclaration ou dresser tout autre acte régi par ce droit ou pour en apporter la preuve.
Vgl. allgemein zum Grundsatz der Formfreiheit im englischen Recht nur Treitel (Fn. 491), 5-001, 5-003; s. ferner etwa bereits Beckham v Drake (1841) 9 M & W 79 at 92. 1890 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) cc)(1). 1891 1882 c. 61. 1892 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 33; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-005; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.11; Treitel (Fn. 491), 2-004. 1893 Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) ee)(3). 1894 Vgl. Chapelton v Barry Urban District Council [1940] 1 KB 532. 1895 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-005; Treitel (Fn. 491), 2-004. 1896 Vgl. zur Angebotsdefinition in Art. 31 Abs. 1 CESL-D bereits oben C. I.4. 1897 Vgl. dazu näher Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.7; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 594; Müller-Graff, Der Introitus des optionalen Europäischen Kaufrechts: Das erste Kapitel im Kontext von Kodifikationskonzept und Primärrecht, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 51, 74 f.
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C. Angebot
Obgleich der CESL-D keine speziell auf das Angebot bezogenen Formerfordernisse enthält, können sich ggf. insbesondere bei Verbraucherverträgen für Unternehmer, die ein Angebot unterbreiten, mittelbar aus den in Art. 13 ff. CESL-D normierten umfangreichen Informationspflichten mittelbar formale Anforderungen ergeben.1898 Ebenso wie in den untersuchten nationalen Rechtsordnungen kann auch ein Angebot i.R.d. CESL-D grundsätzlich nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent abgegeben werden. Anders als für die Annahme (vgl. Art. 30 Abs. 2 S. 2 und Art. 34 Abs. 1 CESL-D1899) ist dies zwar nicht explizit normiert. Daraus lässt sich aber keineswegs im Umkehrschluss folgern, dass das Angebot zwingend nur ausdrücklich erfolgen könnte.1900 Vielmehr gilt auch für das Angebot die allgemeine Regel des Art. 10 Abs. 2 CESL-D1901, wonach eine Mitteilung auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden. Art. 30 Abs. 2 S. 2, 34 Abs. 1 CESL-D sollten dies offenbar für die Annahme nur nochmals ausdrücklich klarstellen wohl nicht zuletzt auch mit Blick auf die Problematik des Schweigens als Annahme (vgl. Art. 34 Abs. 2 CESL-D)1902 und die Sondervorschriften zum Widerruf des Angebots (Art. 32 Abs. 1 CESL-D)1903 und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Art. 35 Abs. 2 CESL-D)1904 im Falle einer konkludenten Annahme. Die Vorschriften sind insoweit indes in der Tat geeignet, Missverständnisse zu provozieren, weshalb auch bereits eine Streichung angeregt wurde.1905 Art. 10 Abs. 2 CESL-D Deutsch Eine Mitteilung kann auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden.
Englisch A notice may be given by any means appropriate to the circumstances.
Französisch Une notification peut être faite par tout moyen approprié aux circonstances.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Kommunikation des Angebots an den/die potenziellen Adressaten nicht nur in allen untersuchten nationalen Rechtsordnungen, sondern auch i.R.d. CESL-D bereits wesensmäßig zum 1898
Vgl. auch Müller-Graff (Fn. 1897), S. 51, 74 f. Vgl. dazu noch näher unten D. V.2. a) dd). 1900 Ebenso Gebauer (Fn. 815), S. 121, 129 f.; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 605 f. 1901 Vgl. allg. zu Art. 10 Abs. 2 CESL-D und zur Abgabe des Angebots auch noch unten C. VII.4. a) aa). 1902 Vgl. dazu näher unten D. V.2. b) dd). 1903 Vgl. dazu näher unten C. VIII.4. a) bb)(2), speziell C. VIII.4. a) bb)(2)(b). 1904 Vgl. dazu näher unten D. VII.4. c) aa). 1905 So etwa Gebauer (Fn. 815), S. 121, 129 f. 1899
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Angebot gehört und grundsätzlich formfrei sowie sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen kann (ein gewisses Spezifikum existiert allerdings – wie dargelegt – in Bezug auf die umstrittene Abgrenzung zwischen offre expresse und offre tacite im französischen Recht1906).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots Eine weitere zentrale Frage, die sich in allen Rechtsordnungen stellt, ist, wann und wo das Angebot wirksam wird. Bedeutsam ist dies für die Frage des Eintritts einer etwaigen Bindungswirkung (sofern eine solche besteht) oder die Möglichkeit eines Widerrufs1907.
1. Deutsches Recht Im deutschen Recht richtet sich die Wirksamkeit des Angebots grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit empfangsbedürftiger Willenserklärungen.1908 Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird durch Abgabe (dazu näher unten C. VII.1. b)) und Zugang (dazu näher unten C. VII.1. c)) wirksam.1909 Sie wird allerdings nicht wirksam, wenn dem Adressaten vorher oder gleichzeitig ein „Widerruf“1910 zugeht (dazu näher unten C. VII.1. d)). a) Die Differenzierung zwischen Erklärungen unter Anwesenden und Abwesenden aa) Bedeutung und Problematik der Differenzierung Das BGB differenziert dabei zwischen Erklärungen unter Anwesenden und solchen unter Abwesenden. Gesetzlich geregelt ist in § 130 Abs. 1 BGB nur die Wirksamkeit von Erklärungen gegenüber Abwesenden (Wirksamkeit mit Abgabe und Zugang [S. 1]1911], sofern nicht vor- oder gleichzeitig ein „Widerruf“ zugeht [S. 2]1912). Seit 1.1.2002 existiert zudem eine spezielle Regelung zum Zugang von „Bestellungen“ und „Empfangsbestätigungen“ im elektroni1906
Vgl. dazu oben C. VI.2. Vgl. zu Bindungswirkung und Widerruf des Angebots in den einzelnen Rechtsordnungen ausf. unten C. VIII. 1908 Vgl. nur Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 16; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 18; Kötz (Fn. 209), Rn. 91. 1909 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 3; Kötz (Fn. 209), Rn. 92. 1910 Vgl. zur Problematik der Terminologie näher unten C. VII.1. d) bb). 1911 Dazu noch näher unten C. VII.1. b) und C. VII.1. c). 1912 Dazu noch näher unten C. VII.1. d). 1907
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C. Angebot
schen Geschäftsverkehr (ursprünglich § 312e Abs. 1 S. 2 BGB1913, seit 4.8.2011: § 312g Abs. 1 S. 2 BGB1914, 1915, demnächst voraussichtlich § 312h Abs. 1 S. 2 BGB1916). Eine gesetzliche Regelung auch in Bezug auf Erklärungen gegenüber Anwesenden hielt man nicht für erforderlich, da sich der Wirksamkeitszeitpunkt hier „der Regel nach aus der Natur der Sache“ ergebe; eine Lösung der „Zweifel, zu welchen einzelne besonders geartete Fälle vielleicht Anlaß bieten mögen“, sei „nicht Aufgabe des Gesetzes“.1917 Das gesetzliche Differenzierungskriterium der An-/Abwesenheit wurde indes schon kurz nach Inkrafttreten des BGB als wenig sachgerecht kritisiert.1918 Mit dem rasanten technologischen Fortschritt und der zunehmenden Verbreitung moderner Kommunikationsmittel – zunächst Telex, später Fax, dann Internet, Videokonferenz, E-Mail, SMS, Skype etc. hat diese Grundsatzkritik in den letzten Jahrzehnten neue Nahrung erhalten. Die früher in der Ära von Briefen und Postkutschen noch völlig klar erscheinenden Grenzen zwischen „anwesend“ und „abwesend“ (die aber tatsächlich – wie die Sonderregelung in § 147 Abs. 1 S. 2 BGB1919 zeigt schon durch das Telefon signifikant verwischt wurden) sind im Verlaufe der Zeit immer weiter verschwommen1920. Im Zeitalter von E-Mails, die – zumindest theoretisch1921 in Millisekunden ihren Empfänger auf der anderen Seite des Erdballs erreichen, oder Diensten wie Skype, die über Kontinente hinweg Videotelefonie in Echtzeit ermöglichen, lässt sich jedenfalls die Sinnhaftigkeit einer Differenzierung, die allein und strikt auf die räumliche Distanz abstellt, in der Tat mit Fug und Recht bezweifeln. Von Anfang an wurden denn auch immer wieder andere Differenzierungskriterien vorgeschlagen. So wird etwa bis heute insbesondere vielfach vertreten, dass es wesentlich sinnvoller sei, zwischen verkörperten und nicht verkör1913
Eingeführt durch das SMG (Fn. 241). Durch Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge v. 27.7.2011, BGBl. I, 1600. 1915 Dazu näher unten C. VII.1. c) aa)(2)(b)(dd). 1916 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, BR-Drs. 817/12. 1917 Vgl. Mot. I, 156 = Mugdan I, 438. 1918 Vgl. etwa schon Breit SächsArch 15 (1905) 637, 649; Oertmann Recht 1906, 721 ff.; Titze, Die Lehre vom Mißverständnis, 1910, S. 210; von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. II/1, 1914, S. 413 Fn. 67, S. 433. Vgl. zu dieser Grundsatzkritik auch HKK/Oestmann §§ 130–132 Rn. 30 f. m.w.N. 1919 Vgl. dazu noch sogleich in diesem Abschnitt bei Fn. 1929 sowie auch noch unten C. VII.1. a) bb)(1). näher allg. zu § 147 Abs. 1 BGB auch noch unten D. VI.1. a) cc)(2). 1920 Vgl. Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 688; s. auch bereits John AcP 184 (1984) 385, 389 ff.; ähnlich auch Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 16. 1921 Dass dies in der Praxis ausnahmsweise durchaus auch einmal „länger dauern“ kann, weil die E-Mail z.B. in einem Spam-Filter hängt oder einer der beteiligten Server verzögert, dürfte allgemein bekannt sein. 1914
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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perten Willenserklärungen zu unterscheiden.1922 Da nur verkörperte, nicht aber unverkörperte Erklärungen jederzeit verfügbar sind, gestatte dieses Kriterium eine wesentlich interessengerechtere Risikoverteilung.1923 Andere folgen dem zwar im Ausgangspunkt, plädieren aber mit Blick auf die modernen Kommunikationsmittel dafür, besser auf das Kriterium der Speicherung der Willenserklärung abzustellen.1924 Ebenso wie die Abgrenzung nach dem Kriterium der „Verkörperung“ bereitet indes auch diejenige nach seiner „modernisierten Version“ der „Speicherung“ in einer Reihe von Einzelfällen erhebliche Probleme (Beispiel: Aufnahme einer mündlichen Erklärung auf einem Anrufbeantworter oder Smartphone) und lässt sich nicht immer wirklich vollkommen konsistent durchhalten.1925 Vereinzelt wird daher auch befürwortet, von jeglicher Differenzierung abzusehen und schlicht generell entsprechend § 130 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Empfangstheorie abzustellen.1926 Jedenfalls Letzteres dürfte freilich mit der lex lata und der § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu Grunde liegenden Ratio kaum vereinbar sein.1927 Andererseits aber lassen es die seit 1900 zu verzeichnenden rasanten technologischen Entwicklungen geradezu als unabdingbar und geboten erscheinen, nicht quasi „sklavisch“ am historisch-wörtlichen Verständnis von „an-/abwesend“ i.S.d. physischen Präsenz festzuhalten, sondern diese Kriterien vielmehr dem modernem Kommunikationsinstrumentarium entsprechend zeitgemäß zu (re)interpretieren. Nur so lassen sich risikoadäquate und interessengerechte Lösungen erzielen. Die h.M. legt den Begriff der „Anwesenheit“ daher heute zu Recht extensiv aus: Als maßgeblich erachtet wird nicht die physische Präsenz am selben Ort, sondern vielmehr die zeitliche Dimension, d.h. dass eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation möglich ist.1928 Damit wird letztlich auch nur die 1922 Vgl. etwa bereits Breit SächsArch 15 (1905) 637, 649 (Einteilung nach den Kriterien „Mündlichkeit“ und „Schriftlichkeit“); Oertmann Recht 1906, 721 ff.; Planck (Fn. 857), § 130 Anm. 1; Titze (Fn. 1918), S. 210; von Tuhr (Fn. 1918), S. 412 ff., 433; für eine Differenzierung zwischen verkörperten und nicht verkörperten Willenserklärungen etwa Brinkmann, Der Zugang von Willenserklärungen, 1984, S. 21 f.; MünchKommBGB/Einsele, 6. Aufl. 2012, § 130 Rn. 2; Medicus (Rn. 1017), Rn. 291; Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl. 2011, Rn. 73. 1923 Vgl. Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 2; s. ferner auch bereits Oertmann Recht 1906, 721, 725 ff. 1924 So grundlegend John AcP 184 (1984), 385, 390 ff.; zustimmend A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 5; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 2; Medicus (Rn. 1017), Rn. 291; ähnlich auch Behling, Der Zugang elektronischer Willenserklärungen in modernen Kommunikationssystemen, 2006, S. 124 (Kriterium der „frei abrufbaren Speicherung“). 1925 Vgl. näher Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 16; s. ferner auch Burgard AcP 195 (1995) 74, 90 ff. 1926 So etwa Burgard AcP 195 (1995) 74, 134. 1927 Vgl. auch Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 16. 1928 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 605 („unmittelbare Kommunikation“); Brinkmann (Fn. 1922), S. 23, 85 („Möglichkeit unmittelbaren Verhandelns“); Fritzsche/Malzer DNotZ 1995, 3, 11 („Möglichkeit unmittelbarer Verhandlungen“); Heun CR 1994, 595, 597 („unmittelbare Dialogmöglichkeit“); Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 94 („unmittelbares Kommunikationsverhältnis“); Lange JA 2007, 766 („unmittelbare zeitgleiche Verständigung“); Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 44
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C. Angebot
legislatorische Grundkonzeption konsequent weiter- und fortentwickelt, indem der Rechtsgedanke des § 147 Abs. 1 S. 2 BGB verallgemeinert und abstrahiert wird1929: Der dort erfolgten Gleichstellung des „mittels Fernsprechers von Person zu Person“1930 gemachten Angebots mit demjenigen unter „Anwesenden“ lag gerade die Erwägung zu Grunde, dass „[e]ntscheidend sei, daß, wie bei körperlich Anwesenden, ein mündlicher unmittelbarer Verkehr ermöglicht sei, daß Rede und Gegenrede von Person zu Person erfolgen könne“1931. Und obschon der historische Gesetzgeber diese Gleichstellung in § 147 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich nur hinsichtlich der Annahme des Angebots vornahm, stand er einer Ausdehnung auf andere Bereiche von Anfang an offen gegenüber, heißt es in den Protokollen doch ausdrücklich, dass man es „der Wissenschaft und Praxis überlassen könne, den … zu Grunde liegenden Gedanken in sonstigen Fällen, soweit er dort zutreffe, gleichfalls zu verwerthen“1932. Dementsprechend hatte dann auch bereits das Reichsgericht das Telefongespräch generell mit demjenigen unter Anwesenden gleichgestellt.1933 Und der moderne Gesetzgeber hat in § 147 Abs. 1 S. 2 BGB im Jahr 2001 durch das FormAnpG1934 ausdrücklich die „sonstigen technischen Einrichtungen“ ergänzt, um den neuen technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen und speziell auch Videokonferenzen und sog. Chats zu erfassen1935. Wenn die h.M. somit heute etwa auch Erklärungen im Rahmen einer Videooder Onlinekonferenz1936 als Erklärungen unter „Anwesenden“ qualifiziert, ist dies somit in der Tat lediglich eine konsequente, systemkonsistente sowie risiko- und interessengerechte zeitgemäße Interpretation der legislatorischen Vorgaben, die nicht nur im Einklang mit der ratio legis steht, sondern sich
1929 („Möglichkeit einer Kommunikation von Person zu Person“); Medicus (Rn. 1017), Rn. 371 („von Person zu Person“); Petersen JURA 2009, 183, 185 („unmittelbare Verständigung“); Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 18 („unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung des jeweiligen Geschäftspartners“); Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 3 („unmittelbarer zeitlicher Kontakt“); Weiler JuS 2005, 788, 790 („unmittelbarer zeitgleicher Verständigungs- und Übermittlungskontakt“); Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 4 („von Person zu Person“); Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 11 („unmittelbarer zeitgleicher Verständigungskontakt“); kritisch dazu und mit abweichendem Ansatz aber etwa Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706 ff. (denen zufolge es für § 130 BGB allein darauf ankommen soll, ob sich die Verantwortungssphären der Parteien letztlich unmittelbar berühren oder Dritte zwischengeschaltet werden). 1929 Vgl. in Bezug auf die darin liegende Verallgemeinerung des § 147 Abs. 1 S. 2 BGB auch Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706. 1930 Die Worte „oder einer sonstigen technischen Einrichtung“ wurden erst durch das FormAnpG (Fn. 231) ergänzt. Dazu auch sogleich noch unten bei Fn. 1934 f. 1931 Vgl. Prot. I, 166 = Mugdan I, 690. 1932 Vgl. Prot. I, 166 = Mugdan I, 690 f. 1933 Vgl. RGZ 61, 125, 126; 90, 166, 167; ausdrücklich darauf hinweisend auch Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706. 1934 Fn. 231. 1935 Vgl. BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 21. 1936 Vgl. unten C. VII.1. a) bb)(1) (bei Fn. 1941).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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letztlich sogar auf ein gesetzgeberisches Mandat zu einer entsprechenden Rechtsfortbildung stützen kann. bb) Einzelfälle Ist somit für die Frage der „Anwesenheit“ im Einklang mit der heute h.M. nicht auf physische Präsenz am selben Ort, sondern vielmehr auf die zeitliche Dimension, d.h. die Möglichkeit einer unmittelbaren zeitgleichen Kommunikation abzustellen1937, ergibt sich für die praktisch wichtigsten Einzelfälle Folgendes: (1) Erklärungen unter Anwesenden Unter „Anwesenden“ erfolgen zunächst selbstverständlich solche Erklärungen, bei denen die Erklärenden d.h. die Parteien oder ggf. der/die für sie handelnde(n) Vertreter physisch am selben Ort präsent sind. In Verallgemeinerung des Rechtsgedankens des § 147 Abs. 1 S. 2 BGB1938 fallen in diese Kategorie aber auch Telefongespräche (egal ob über Festnetz, Mobilfunk oder Internet), da auch hier eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation erfolgt.1939 Gleiches muss konsequenterweise bzw. vielmehr sogar erst recht auch dann gelten, wenn es sich nicht um reine Sprachtelefonie, sondern um Videotelefonie1940 bzw. eine Videokonferenz1941 handelt; denn tatsächlich ist hier die Situation sogar noch weiter an die zeitgleiche physische Präsenz angenähert, da nicht nur eine unmittelbare sprachliche Kommunikation erfolgt, sondern der/die Kommunikationspartner darüber hinaus auch sichtbar ist/sind, d.h. auch Mimik, Gestik etc. wahrgenommen werden können.
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Vgl. oben Fn. 1928. Vgl. dazu bereits oben C. VII.1. a) aa); näher allg. zu § 147 Abs. 1 BGB auch noch unten D. VI.1. a) cc)(2). 1939 Vgl. bereits RGZ 61, 125, 126; 90, 166, 167; vgl. weiter A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 29; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 28; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 14, § 147 Rn. 5; Haas JA 1997, 116, 117; Herwig MMR 2001, 145; Heun CR 1994, 595, 597; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 12; Kötz (Fn. 209), Rn. 91; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 44; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 36; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 19; Weiler JuS 2005, 788, 789; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 34; abw. jedoch offenbar Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706 ff. 1940 Vgl. Süßenberger (Fn. 225), S. 195; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 34. 1941 Vgl. BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 21; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 16; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 27; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 6, § 147 Rn. 5 f.; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5; Godefroid DStR 2001, 400, 403; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 94; Kötz (Fn. 209), Rn. 91; Lange JA 2007, 766; Petersen JURA 2009, 183, 185; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 36; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 21; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 22, § 147 BGB Rn. 2; Süßenberger (Fn. 225), S. 195; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 34; abw. jedoch offenbar Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706 ff. 1938
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C. Angebot
Weiterhin gehören in die Kategorie der Erklärungen unter „Anwesenden“ richtiger Ansicht nach auch sog. Online-Chats, denn auch hier findet eine Interaktion in Echtzeit statt.1942 Der von der Gegenansicht1943 erhobene Einwand, dass der Kontakt nur in Textform erfolge1944, ist nicht stichhaltig. Denn für die Frage der „Anwesenheit“ kommt es gerade nicht darauf an, ob die Erklärung akustisch, optisch oder in verkörperter Form erfolgt eine Erklärung „unter Anwesenden“ liegt schließlich unstreitig auch im Falle einer Kommunikation in Gebärdensprache oder im Falle der direkten Übergabe eines Schriftstücks von einer Person an eine andere vor , sondern auf die Möglichkeit der unmittelbaren zeitgleichen Kommunikation.1945 (2) Erklärungen unter Abwesenden In die Kategorie der Erklärungen unter „Abwesenden“ gehören natürlich zunächst der herkömmliche Brief.1946 Weiterhin fallen hierunter aber auch das Telegramm1947, das Telex1948 und das Fax1949. Als Erklärungen unter „Abwesenden“ zu qualifizieren sind darüber hinaus aber grundsätzlich auch E1942 Vgl. BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 21; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 16; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 27; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 5 f.; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5; Fritzsche/Malzer DNotZ 1995, 3, 11; Godefroid DStR 2001, 400, 403; Heun CR 1994, 595, 597 f.; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 12, § 147 Rn. 8; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 94; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 185; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 44; Petersen JURA 2002, 387, 388; ders. JURA 2009, 183, 185; Redeker (Fn. 1577), Rn. 862 f.; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 36; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 22, § 147 BGB Rn. 2; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Weiler JuS 2005, 788, 790; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 34. 1943 Vgl. Dörner AcP 202 (2002) 363, 373 f.; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 36; Oertel MittBayNot 2000, 181, 183; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 21; ferner offenbar auch Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 706 ff. 1944 Vgl. Dörner AcP 202 (2002) 363, 373; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 707; Oertel MittBayNot 2000, 181, 183; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 21. 1945 Vgl. auch Heun CR 1994, 595, 597 f. 1946 Vgl. bereits Mot. I, 156 = Mugdan I, 438; vgl. weiter A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 12; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 149; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 13; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 17; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kötz (Fn. 209), Rn. 91; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 45; Petersen JURA 2009, 183, 185; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 11. 1947 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 15; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Heun CR 1994, 595, 597; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kötz (Fn. 209), Rn. 91. 1948 Vgl. Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 15; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Heun CR 1994, 595, 597. 1949 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 16; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 27; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 15, § 147 Rn. 6; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7, § 147 Rn. 5; Heun CR 1994, 595, 597; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kötz (Fn. 209), Rn. 91; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 45; Petersen JURA 2009, 183, 185; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 147 BGB Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 11.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Mails1950, denn obgleich sie die Mailbox des Empfängers gewöhnlich in Millisekunden erreichen, fehlt es hier im Regel gerade an einem unmittelbaren Dialog1951. Gleiches gilt konsequenterweise auch für SMS1952 und MMS. b) Abgabe Eine Willenserklärung gilt als abgegeben, wenn der Erklärende alles getan hat, was seinerseits zum Wirksamwerden der Erklärung erforderlich war.1953 Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen – wie dem Angebot – gehört dazu insbesondere auch, dass sie an den Erklärungsempfänger gerichtet ist1954 und dass der Erklärende damit rechnen konnte und gerechnet hat, dass sie (sei es auch auf Umwegen) den richtigen Empfänger erreichen werde1955. Eine 1950 Vgl. BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 11; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 16; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Borges, Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, 2003, S. 249; Bork (Fn. 202), Rn. 628; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 27; Dethloff JURA 2003, 730, 733; Dietrich K&R 2002, 138, 139; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 130 Rn. 15, § 147 Rn. 6; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a, § 147 Rn. 5; Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Fritsche NJ 2002, 169, 171; Fritzsche/Malzer DNotZ 1995, 3, 11; Godefroid DStR 2001, 400, 403; Herwig MMR 2001, 145; Heun CR 1994, 595, 597; Hoeren, Der Vertragsschluss im Internet und die digitale Signatur einige ungelöste Fragen, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 2001, S. 315, 316; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 36; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 185; Kötz (Fn. 209), Rn. 91; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 45; Medicus (Rn. 1017), Rn. 274; Mehrings MMR 1998, 30, 32 f.; Moritz CR 2000, 61, 62; Petersen JURA 2002, 387; ders. JURA 2009, 183, 185; Redeker (Fn. 1577), Rn. 863; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1012; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 3, § 147 Rn. 4; Süßenberger (Fn. 225), S. 163; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Thalmair NJW 2011, 14; Tschoepe in: Heise Online-Recht, 3. EL 2011, C III Rn. 20; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; Weiler JuS 2005, 788, 790; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 11. 1951 Vgl. Dethloff JURA 2003, 730, 733; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Godefroid DStR 2001, 400, 403; Herwig MMR 2001, 145; Heun CR 1994, 595, 597; Hoeren (Fn. 1950), S. 315, 317; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 185; Redeker (Fn. 1577), Rn. 863; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 3; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Weiler JuS 2005, 788, 790. 1952 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 27; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Redeker (Fn. 1577), Rn. 863; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 147 BGB Rn. 4. 1953 Vgl. RGZ 170, 380, 382; OLG Stuttgart NJOZ 2012, 965, 966; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2012, 13508; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 273; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Lange JA 2007, 687, 689 f.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 263; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 68; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 28. 1954 Vgl. RGZ 170, 380, 382; BGH NJW 1989, 1671; OLG Frankfurt a.M. NJW 1984, 2896; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2012, 13508; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Bork (Fn. 202), Rn. 611, 613; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 143; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Flume (Fn. 19), § 14, 2 (S. 225); Grunewald (Fn. 1210), § 1 Rn. 6; Haas JA 1997, 116, 117; Lange JA 2007, 687, 689; Medicus (Rn. 1017), Rn. 265; BeckOK-BGB/Wendtland, Ed. 25/2012, § 130 Rn. 6; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 4 f.; abw. jedoch Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 7. 1955 Vgl. RGZ 170, 380, 382; BGH NJW 1979, 2032; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Bork (Fn. 202), Rn. 611, 616; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 143; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Flume (Fn. 19), § 14, 2 (S. 225).
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C. Angebot
mündliche Erklärung gegenüber einem Anwesenden ist somit abgegeben, wenn sie so geäußert wird, dass der Empfänger sie vernehmen kann.1956 Eine schriftliche Erklärung gegenüber einem Anwesenden ist abgegeben, wenn das Schriftstück dem Empfänger übergeben wurde.1957 Im Falle von schriftlichen Erklärungen gegenüber Abwesenden bedarf es zur Abgabe der Absendung bzw. Übergabe an den Erklärungsboten.1958 Bei E-Mails liegt die Abgabe vor, wenn der Erklärende endgültig den Sendebefehl erteilt hat.1959 Für eine wirksame Abgabe ist zudem grundsätzlich erforderlich, dass die Erklärung mit dem Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht worden ist.1960 Andererseits ist jedoch allgemein anerkannt, dass im Rechtsverkehr u.U. auch in Bezug auf sog. abhandengekommene Willenserklärungen ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen kann. Umstritten ist indes, wie der gebotene Schutz des Rechtsverkehrs rechtskonstruktiv genau auszugestalten ist.1961 Einem Teil des Schrifttums zufolge soll es zwar – weil die Erklärung gerade nicht willentlich in den Verkehr gebracht wurde dabei bleiben, dass keine wirksame Abgabe vorliegt; dem Erklärungsempfänger wird jedoch ein Schadensersatzanspruch zuerkannt. Einige wollen den Erklärenden dabei auf Grund des von ihm geschaffenen erhöhten Fehler- und Missbrauchsrisikos sogar analog § 122 BGB verschuldensunabhängig haften lassen1962, während an1956 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 616; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 144; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Haas JA 1997, 116, 118; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 12; Lange JA 2007, 687, 689. 1957 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 146; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Haas JA 1997, 116, 118; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 12. 1958 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 616; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 148; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Flume (Fn. 19), § 14, 2 (S. 225 f.); Kötz (Fn. 209), Rn. 93; Lange JA 2007, 687, 689; Medicus (Rn. 1017), Rn. 265; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 68. 1959 Vgl. BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 11; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Behling (Fn. 1922), S. 183 f.; Czeguhn JA 2001, 708, 709; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13; Fritzsche/Malzer DNotZ 1995, 3, 11; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 68; Petersen JURA 2002, 387; Schreier, Zum Zugang und vom Beweis des Zugangs von Willenserklärungen unter besonderer Berücksichtigung der E-Mail, 2007, S. 25 f.; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 17; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; Ultsch DZWiR 1997, 466, 467; ders. NJW 1997, 3007; Vehslage DB 2000, 1801, 1803; s. ferner auch Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 147. 1960 Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, 439; BGH NJW 1975, 2101, 2102; BGH NJW-RR 2003, 384; BGH NJW-RR 2006, 847, 848; OLG München NJW-RR 2005, 1470, 1471; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2012, 13508; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Bork (Fn. 202), Rn. 611, 615; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 13 f.; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Haas JA 1997, 116, 117; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 12; Kötz (Fn. 209), Rn. 93; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 68; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 4, 15; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 9. 1961 Ausdrücklich offenlassend BGH NJW-RR 2006, 847, 849 f. 1962 So etwa Canaris JZ 1976, 132, 134; ders., Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 548; Singer (Fn. 202), Vor §§ 116 ff. Rn. 49, § 122 Rn. 11; ders., Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S. 197; Ultsch DZWiR 1997, 466, 469; Vehslage DB 2000, 1801, 1803; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 32 Rn. 18; ferner offenbar auch BegrRegE FormAnpG, BT-Drs. 14/4987, S. 11. S. zudem auch Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 6 (der aber bei Vertretenmüssen der h.M. folgt, vgl. u. Fn. 1964).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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dere den Anspruch aus c.i.c. herleiten und damit nur bei Vertretenmüssen gewähren wollen1963. Die inzwischen (wohl) h.M. löst die Problematik hingegen dahingehend, dass sie in denjenigen Fällen, in denen der Erklärende das Inverkehrbringen aus in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegenden Gründen zu vertreten hat, gleichwohl eine wirksame Abgabe bejaht, dem Erklärenden jedoch die Anfechtung analog § 119 Abs. 1 BGB gestattet, was dann aber freilich die Pflicht zum Schadensersatz gem. § 122 BGB zur Folge hat.1964 Dies erscheint auf Grund der Vergleichbarkeit der Problematik mit derjenigen des fehlenden Erklärungsbewusstseins1965 schon aus dogmatischer Perspektive stringenter. Vor allem aber ist diese Lösung wertungs- und interessengerechter, weil eine Zurechnung (mit der Folge der Haftung) nur bei Vertretenmüssen erfolgt1966 und es dem Erklärenden zudem ermöglicht wird, zu wählen, ob er die Erklärung anfechten und ggf. Schadensersatz leisten oder letztlich dann doch lieber an ihr festhalten will1967. c) Zugang aa) Erklärungen unter Abwesenden (1) Die legislatorische Grundsatzentscheidung zugunsten der Empfangstheorie Im Hinblick auf empfangsbedürftige Willenserklärungen (wie das Angebot) unter Abwesenden hat sich der BGB-Gesetzgeber mit § 130 Abs. 1 S. 1 BGB
1963 So etwa Bork (Fn. 202), Rn. 615; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 2; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 12; Kötz (Fn. 209), Rn. 93; Lange JA 2007, 687, 690; ferner wohl auch Jauernig (Fn. 202), § 133 Rn. 1. 1964 Vgl. LG Berlin GE 2010, 63; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Czeguhn JA 2001, 708, 709; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Flume (Fn. 19), § 14, 2 (S. 226) i.V.m. § 23, 1 (S. 449 f.); Grunewald (Fn. 1210), § 1 Rn. 6; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 33; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 73; Medicus (Rn. 1017), Rn. 266; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 697 ff.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 38; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 28; Taupitz/ Kritter JuS 1999, 839, 840; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 17; s. ferner auch Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 6 (der jedoch bei fehlendem Vertretenmüssen auch einen Schadensersatzanspruch analog § 122 BGB geben will). 1965 Vgl. LG Berlin GE 2010, 63; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 33; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 73; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 697 f.; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840; s. ferner (allerdings relativierend) auch Medicus (Rn. 1017), Rn. 266. Ausf. zur Problematik des fehlenden Erklärungsbewusstseins etwa Singer (Fn. 202), Vor §§ 116 ff. Rn. 33 ff. m.z.w.N. 1966 Vgl. auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 14; Medicus (Rn. 1017), Rn. 266; s. ferner auch Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 699 (mit Plädoyer für ein sehr weites Verständnis des „Vertretenmüssens“). 1967 Vgl. auch Czeguhn JA 2001, 708, 709; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 14; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 698 f.; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 840.
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bewusst für die sog. Empfangstheorie entschieden1968: Die Erklärung wird wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. Neben der Empfangstheorie1969 waren in der gemeinrechtlichen Literatur des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen noch drei andere Theorien vertreten worden, die im Rahmen der Vorarbeiten zum BGB auch eingehend diskutiert worden waren1970: Die Äußerungstheorie, die Übermittlungstheorie und die Vernehmungstheorie.1971 Nach der Äußerungstheorie (auch Deklarationstheorie) ist die Willenserklärung wirksam, wenn sie abgegeben worden ist, bei schriftlichen Erklärungen also mit deren Fixierung.1972 Die Übermittlungstheorie (auch Absendetheorie) will die Wirksamkeit der Erklärung dagegen im Zeitpunkt der Absendung eintreten lassen.1973 Im Rahmen der Beratungen zum BGB war man jedoch der Auffassung, dass diese beiden Theorien „das Gewicht allzusehr auf die Willenserklärung als Rechtsakt des Erklärenden“ legen und „nicht genügend berücksichtigt [wird], daß die Erklärung zu ihrem bezweckten vollen rechtlichen Erfolge erheischt, daß der andere Theil sie in Erfahrung bringt oder doch bringen kann“; zudem führten sie zu „Ergebnissen, die mit den Verkehrsanschauungen und den Anforderungen der materiellen Gerechtigkeit schwer in Einklang zu bringen sind“.1974 Aber auch die Vernehmungstheorie1975, der zufolge die Willenserklärung wirksam wird, wenn der Adressat tatsächlich Kenntnis von ihr genommen hat, wurde den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs in den Augen der „Väter des
1968 Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, 438. Vgl. ferner auch bereits Protokolle der Beratungen der 1. Kommission, 17. Sitzung vom 7.11.1881, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 1, S. 690. 1969 Vgl. etwa Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 11 (S. 29 ff.); Hasenöhrl, Das oesterreichische Obligationenrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 1892, S. 634; Regelsberger (Fn. 179), § 150 II A 1 b (S. 553); Wächter AcP 19 (1836) 114, 116 Fn. 3. 1970 Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, 438. 1971 Vgl. zu den insgesamt vier Theorien nur den kompakten Überblick bei Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 20 ff. m.z.w.N. Daneben existierten aber auch eine Reihe vermittelnder Theorien, so etwa die Realisierungstheorie von Sohm (vgl. Sohm ZHR 17 (1873) 1, 16 ff.) oder die gemischte Theorie von Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/1, § 306 (S. 157 f.). 1972 Vgl. etwa OAG Rostock SeuffA 7 (1854) 17, Nr. 16; von Bülow/Hagemann, Practische Erörterungen aus allen Theilen der Rechtsgelehrsamkeit, Bd. 4, 1804, Nr. 3 (S. 21) (unter Hinweis auf OLG Celle v. 11.7.1801); Dahn ZHR 9 (1866) 503, 506 f. (strenge Deklarationstheorie bei „eventuell erklärtem nur durch den Consens des Oblaten bedingten Vertragsschlußwillen“); von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. 8, 1849, § 372 (S. 253), § 373 (S. 257) (in Bezug auf den Ort des Vertragsschlusses). 1973 Vgl. etwa Scheurl JherJb 2 (1858) 248, 259; Sintenis, Das practische gemeine Civilrecht, Bd. 2, 1847, § 96 Fn. 14; Wolf, Die Perfection der Schuldverträge, 1869, S. 45; jedenfalls für den Vertragsschluss per Brief auch Kühn JherJb 16 (1878) 1, 13 ff., 77 ff. 1974 Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, 438 f. 1975 Vgl. etwa Bekker (Fn. 188), Bd. II, § 96 (S. 108); Mittermaier AcP 46 (1863) 1, 13; von Vangerow, Lehrbuch der Pandekten, Bd. 3, 7. Aufl. 1869, S. 249 ff.
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BGB“ nicht gerecht: Denn zum einen stelle sie es ins Belieben des Adressaten, ob und wann er die Erklärung wirksam werden lassen will, da er sich schlicht der Kenntnisnahme des Inhalts des Briefs etc. verschließen brauche; zum anderen nötige sie den Erklärenden zu dem – praktisch häufig kaum oder gar nicht – zu führenden Beweis, dass der Empfänger die Erklärung in sein Bewusstsein aufgenommen hat.1976 Die Empfangstheorie dagegen – so die Motive weiter – „vermeidet die angedeuteten Schwächen der Vernehmungstheorie und theilt doch zugleich deren Vorzüge vor den übrigen Theorien“.1977 Auf eine nähere Definition des für die Empfangstheorie zentralen Begriffs „Zugang“ hat der Gesetzgeber indes bewusst verzichtet; da derselbe Begriff auch bereits im ADHGB1978, 1979 verwendet worden war, sei der maßgebliche Zeitpunkt „für die Praxis in hinlänglicher Weise festgelegt und gekennzeichnet“1980. In den Protokollen wird lediglich noch angemerkt, dass es nicht erforderlich ist, dass der „Empfänger in der Lage sei, vom Inhalte der Willenserklärung Kenntnis zu nehmen“; vielmehr genüge es, dass „die Willenserklärung in den Bereich des Empfängers gelangt sei“.1981 (2) Interpretation und Konkretisierung durch Rechtsprechung und Literatur Tatsächlich war die genaue Bedeutung des Zugangsbegriffs aber schon damals alles andere als klar und unstreitig.1982 Zudem wurden Rechtsprechung und Literatur durch die Entwicklungen neuer Kommunikationsmittel und –techniken (zunächst Telex, später Fax, dann Internet, Videokonferenz, E-Mail, SMS, Skype etc.) im Verlaufe der Zeit vor immer neue Herausforderungen im Hinblick auf die genaue Delineation des Zugangsbegriffs gestellt.
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Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, S. 438. Vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, S. 438. 1978 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch, auf Empfehlung der Bundesversammlung vom 31.5.1861 in den meisten deutschen Staaten erlassen, durch Gesetz vom 5.6.1869 Gesetz des Norddeutschen Bundes (GBl. S. 379 ff.), durch Reichsgesetze vom 16. und 22.4.1871 (RGBl. S. 63, 87) Reichsgesetz. 1979 Art. 320 Abs. 1 ADHGB Geht der Widerruf eines Antrages dem anderen Theile früher als der Antrag, oder zu gleicher Zeit mit demselben zu, so ist der Antrag für nicht geschehen zu erachten. 1980 Vgl. Protokolle der Vorkommission des Reichsjustizamts, 11. Sitzung v. 21.1.1891, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 1, S. 704. In § 74 E I war noch der Begriff „zukommen“ verwendet worden und auch dazu hatte es in den Motiven bereits ausdrücklich geheißen, dass dieser hinlänglich geläufig sei (vgl. Mot. I, 157 = Mugdan I, 439). 1981 Vgl. Prot. II, 664 = Mugdan II, 540. Die Protokolle knüpften damit an die Verwendung des (Macht-)Bereichs-Kriteriums im Schrifttum an, vgl. etwa bereits Schott, Der obligatorische Vertrag unter Abwesenden, 1873, S. 83. 1982 Vgl. nur Leonhard JherJb 41 (1900) 1, 34 f.; Titze JherJb 47 (1904) 379, 380. 1977
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(a) Grunddefinition des Zugangs: Bereichs- und Zeitelement Die heute in st. Rspr. judizierte1983 und auch von der ganz h.L.1984 anerkannte, dualistische Grunddefinition des Zugangs lehnt sich an den erwähnten Hinweis in den Protokollen1985 an1986 und setzt sich aus einem Machtbereichs- und einem Zeitelement zusammen1987: Zugang setzt voraus, dass die Willenserklärung so in den (Macht-)Bereich des Empfängers gelangt ist („Machtbereichselement“), dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen („Zeitelement“). Nimmt der Empfänger die Erklärung allerdings tatsächlich bereits früher zur Kenntnis, so ist sie bereits in diesem Zeitpunkt zugegangen.1988 Im Schrifttum findet sich zwar auch eine differenzierende Lösung, die dafür plädiert, die Wirkung des Zugangs bereits mit dem Gelangen in den Machtbereich eintreten zulassen und nur hinsichtlich der Rechtzeitigkeit auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme abzustellen.1989 Der Ansatz macht die Klärung
1983 Vgl. RGZ 50, 191, 194; 56, 262, 263; 58, 406, 407; RAG JW 1932, 2565; BGH NJW 1977, 194; BGH NJW 1998, 976, 977; BGH NJW 2004, 1320; BGH NJW-RR 2011, 1184, 1185. 1984 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 6 f.; Bork (Fn. 202), Rn. 619; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 149; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 273; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Haas JA 1997, 116, 118; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 13; Kötz (Fn. 209), Rn. 94; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 23; Medicus (Rn. 1017), Rn. 274; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 44; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 30; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 9; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 14, 21. Abw. jedoch etwa Brexel, Zugang verkörperter Willenserklärungen, 1998, S. 38 f., 120 (Zugang, wenn die Erklärung so in den Einflussbereich des Adressaten gelangt ist, dass dieser die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte); Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 263 (Zugang zu dem Zeitpunkt, zu dem Empfänger technisch die Möglichkeit hatte, die schriftliche oder elektronische Erklärung zur Kenntnis zu nehmen, ohne dass es darauf ankommt, wann nach der Verkehrsanschauung mit der Kenntnisnahme zu rechnen war); abw. auch Benedict, Versuch einer Entmythologisierung der Zugangsproblematik (§ 130 BGB), 2000, S. 96, 139 und ihm folgend Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 45 ff. (Zugang, wenn die Möglichkeit vom Inhalt Kenntnis zu nehmen, dem Adressaten dadurch vermittelt wird, dass sie zu seiner sinnlichen Wahrnehmung oder in eine zum Zweck der späteren Kenntnisnahme gewidmete Empfangseinrichtung gelangt ist). 1985 Vgl. oben C. VII.1. c) aa)(1) bei Fn. 1981. 1986 Vgl. dazu auch Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 41. Umfangreiche Nachweise zum (Macht-) Bereichskriterium im Schrifttum unmittelbar nach Inkrafttreten des BGB bei Titze JherJb 47 (1904) 379, 383 Fn. 9. 1987 Vgl. zur Differenzierung zwischen Machtbereichs- und Zeitelement auch Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 38; Thalmair NJW 2011, 14, 15. 1988 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8; Bork (Fn. 202), Rn. 621; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 273; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Faust JuS 2008, 651; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 13 f.; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 27; Medicus (Rn. 1017), Rn. 276; Weber JA 1998, 593, 599; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 21; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 26. 1989 So etwa Flume (Fn. 19), § 14, 3b (S. 231 ff.); Staudinger/Coing, 11. Aufl. 1957, § 130 Rn. 4; Soergel/Hefermehl, 13. Aufl. 1999, § 130 Rn 8.
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von Zugangsfragen jedoch nicht nur unnötig kompliziert1990, sondern lässt sich vor allem auch weder mit dem – keinerlei Anhaltspunkt für eine Differenzierung bietenden Wortlaut des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB,1991 noch mit der Ratio der Norm in Einklang bringen, da er die Interessen des Empfänger in nicht gerechtfertigter Weise zulasten derjenigen des Erklärenden überbetont1992. (b) Machtbereichs- und Zeitelement bei ausgewählten Kommunikationsmitteln (aa) Brief (i) Einfacher Brief Ein herkömmlicher postalischen Brief gelangt in den Machtbereich des Empfängers, wenn er in einen – vom Empfänger zum Empfang von Erklärungen im Rechts- und Geschäftsverkehr gewidmeten1993 Briefkasten1994 oder Briefschlitz der Haustür1995 oder ein entsprechend gewidmetes Postfach1996 eingeworfen wird. Im Hinblick auf das Zeitelement ist maßgeblich, wann üblicherweise mit einer Leerung zu rechnen ist.1997, 1998 Im Geschäftsverkehr gehen Briefe, die bis 1990 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8; Medicus (Rn. 1017), Rn. 275; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 74; Weiler JuS 2005, 788, 792. 1991 Vgl. Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5. 1992 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8; Bork (Fn. 202), Rn. 623 Fn. 34; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Medicus (Rn. 1017), Rn. 275; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 21. 1993 Vgl. bereits RGZ 144, 289, 292: „von ihm selbst zur Empfangnahme derartiger Erklärungen im allgemeinen getroffenen Empfangseinrichtungen“. Allg. zum Erfordernis der Widmung Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 49 m.z.w.N. Diskutiert und problematisiert wird das Erfordernis der Widmung heute vor allem im Zusammenhang mit dem Zugang von E-Mails, vgl. dazu unten C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(i) bei Fn. 2036 ff. 1994 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 7; Bork (Fn. 202), Rn. 622; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 149; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 17; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Haas JA 1997, 116, 118; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Lange JA 2007, 766; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 24; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 31; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 12; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 6; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 15. 1995 Vgl. BGH NJW 2011, 2440 (in Bezug auf Zustellung: Einwurf in Briefschlitz eines Mehrparteienhauses ausreichend, wenn nur einem überschaubaren Personenkreis zugänglich); Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6. 1996 Vgl. BGH NJW 2002, 2391, 2392; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 7; Bork (Fn. 202), Rn. 622; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 17; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Haas JA 1997, 116, 118; Lange JA 2007, 766; Larenz/Wolf (Fn. 1367), § 26 Rn. 25; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 24; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 31; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 12; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 6. 1997 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 12; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 19; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13. 1998 Vgl. zur Ausnahme für den Fall, dass die Kenntnisnahme tatsächlich früher erfolgt bereits oben bei Fn. 1988.
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C. Angebot
gegen 18 Uhr eingeworfen werden, nach h.M. noch am selben Tag zu;1999 erfolgt der Einwurf dagegen erst nachts oder außerhalb der Geschäftszeiten, ist Zugang erst am Folgetag anzunehmen2000. Bei Postfächern ist auf den üblichen Abholtermin abzustellen.2001 (ii) Einschreiben Bei Einschreiben ist zu differenzieren: Für Einwurf-Einschreiben gilt grundsätzlich dasselbe wie für herkömmliche Briefe.2002 Beim Übergabe-Einschreiben wird Zugang dagegen nicht schon mit dem Hinterlassen des Benachrichtigungszettels bewirkt2003, denn der Adressat kann aus diesem weder den Absender noch den Inhalt der Erklärung entnehmen.2004 Nach zutreffender und herrschender Ansicht erfolgt der Zugang vielmehr erst dann, wenn der Adressat das Einschreiben tatsächlich abholt.2005 1999 Vgl. BayVerfGH NJW 1993, 517, 519 f.; LG Stuttgart BB 2002, 380; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn.13; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24. 2000 Vgl. RGZ 99, 20, 23; BGH NJW 1998, 3119, 3121; BGH NJW 2004, 1320, 1321; BGH NJW 2008, 843; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8, 12; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 273; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn.13; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Haas JA 1997, 116, 119; Kötz (Fn. 209), Rn. 96; Lange JA 2007, 766; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 34; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 6; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24. 2001 Vgl. RGZ 144, 289, 293; BGH LM Nr. 2 § 130 BGB; BAG NJW 1984, 1651, 1652; BGH NJW 2003, 3270, 3271 („täglich oder doch jedenfalls in kurzen zeitlichen Abständen“); BVerwG NJW 1960, 1587; OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 423, 424; OLG Stuttgart NZBau 2012, 437, 438; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn.19; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24. 2002 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 13; Biehl JA 2002, 576, 577; Dübbers NJW 1997, 2503, 2504; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 21; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kim/Dübbers NJ 2001, 65, 67; Lange JA 2007, 766, 770; Looschelders VersR 1998, 1198, 1203. 2003 So aber etwa Flume (Fn. 19), § 14, 3c (S. 235). 2004 Vgl. RAG JW 1932, 2565, 2566; BGH, VersR 1971, 262; BGH NJW 1977, 194; BGH NJW 1998, 976, 977; BAG NJW 1963, 554, 555; BAG NJW 1997, 146, 147; OLG Köln VersR 2006, 1212; KG ZMR 2010, 954; LAG Rheinland-Pfalz BeckRS 2011, 76989; Biehl JA 2002, 576; Bork (Fn. 202), Rn. 627; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 274; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 21; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Franzen JuS 1999, 429, 431; Haas JA 1997, 116, 119; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kim/Dübbers NJ 2001, 65 f.; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 14; Lange JA 2007, 766, 769 f.; Looschelders VersR 1998, 1198, 1200; Medicus (Rn. 1017), Rn. 280; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 75; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 32; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 48; Weber JA 1998, 593, 596; Weiler JuS 2005, 788, 792; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 13. 2005 Vgl. RAG JW 1932, 2565, 2566; BGH, VersR 1971, 262; BGH NJW 1977, 194; BGH NJW 1998, 976, 977; BAG NJW 1963, 554, 555; BAG NJW 1997, 146, 147; LAG RheinlandPfalz BeckRS 2011, 76989; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 13; Biehl JA 2002, 576; Dübbers NJW 1997, 2503, 2504; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 21; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Franzen JuS 1999, 429, 431; Haas JA 1997, 116, 119; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 14; Lange JA 2007, 766, 769 f.; Looschelders VersR 1998, 1198, 1201; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 75; Weiler JuS 2005, 788, 792; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 13.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Nicht zu folgen ist insoweit der teilweise vertretenen Auffassung, die auf den Zeitpunkt abstellen will, in dem die Abholung möglich und unter normalen Umständen zu erwarten ist2006, da sie weder den Interessen des Erklärenden (dem die Widerrufsmöglichkeit bereits in diesem Zeitpunkt abgeschnitten wäre)2007 noch denjenigen des Adressaten (dem damit die Obliegenheit aufgebürdet würde, das Einschreiben unverzüglich abzuholen, obwohl er aus dem Benachrichtigungszettel noch nicht einmal den Adressaten ersehen kann)2008 gerecht wird. Etwaigen Zugangsverzögerungen oder –vereitelungen kann mittels der allgemeinen Grundsätze2009 hinreichend begegnet werden.2010 (bb) Fax (i) Machtbereichselement Bei Erklärungen per Telefax im Privatrechtsverkehr ist das Machtbereichselement nach bislang st. Rspr. des BGH2011 und – zumindest noch bis vor einigen Jahren h.M.2012 erst dann erfüllt, wenn der Druckvorgang an dem (vom Empfänger für den Empfang von Erklärungen im Rechts- und Geschäftsverkehr gewidmeten2013) Empfangsgerät abgeschlossen ist. Vor dem Hintergrund der neueren Judikatur von BVerfG2014, BAG2015 und BGH2016 zu prozessualen Erklärungen mehren sich jedoch in den letzten Jahren die Stimmen, die den Zugang auch bei privatrechtlichen Erklärungen bereits dann annehmen wollen, wenn die gesendeten Signale vom Telefaxgerät des Empfängers vollständig 2006 So etwa Behn AcP 178 (1978) 505, 524 ff.; Coester-Waltjen JURA 1992, 272, 274; Weber JA 1998, 593, 599; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 13; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 16, 24; kritisch zum Abstellen auf die tatsächliche Abholung auch Jänich VersR 1999, 535 f. 2007 Vgl. auch Looschelders VersR 1998, 1198, 1201. 2008 Vgl. auch Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 14; Looschelders VersR 1998, 1198, 1201. 2009 Dazu näher unten C. VII.4. a) bb)(4). 2010 Vgl. Franzen JuS 1999, 429, 431; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 14. 2011 BGH NJW 1995, 665, 667; NJW 2004, 1320; BGH NJW-RR 2011, 1184, 1185. 2012 Vgl. Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Schmittmann DB 1993, 2575; s. ferner auch Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18 ff. (die zwar für das Fax mit Zwischenspeicherung und das Computerfax das Gelangen in den Machtbereich bereits mit der Speicherung bejahen, hinsichtlich der Möglichkeit der Kenntnisnahme dann aber doch auch hier auf den Ausdruck abstellen); ähnlich auch Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1822 (maßgeblich ist Zeitpunkt, zu dem vom Empfänger zu erwarten ist, dass er den Inhalt des Zwischenspeichers in einen Faxausdruck zur Kenntnisnahme umsetzt). 2013 Vgl. bereits RGZ 144, 289, 292: „von ihm selbst zur Empfangnahme derartiger Erklärungen im allgemeinen getroffenen Empfangseinrichtungen“. Allg. zum Erfordernis der Widmung Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 49 m.z.w.N. Diskutiert und problematisiert wird das Erfordernis der Widmung heute vor allem im Zusammenhang mit dem Zugang von E-Mails, vgl. dazu unten C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(i) bei Fn. 2036 ff. 2014 Vgl. BVerfG NJW 1996, 2857. 2015 Vgl. BAG NZA 1999, 925. 2016 Vgl. grundlegend: BGH NJW 2006, 2263; vgl. weiter BGH NJW 2007, 2045; BGH NJOZ 2009, 4763, 4764; BGH GRUR-RR 2011, 80; BGH GRUR-RR 2011, 344.
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C. Angebot
empfangen (gespeichert) worden sind2017; auch einige Instanzgerichte haben sich dem zwischenzeitlich angeschlossen2018. Der II. ZS des BGH hat indes in einem Urteil v. 21.6.2011 betreffend die Amtsniederlegungserklärung eines GmbH-Geschäftsführers erneut ausdrücklich an der Auffassung festgehalten, dass der Zugang erst mit dem Abschluss des Druckvorgangs am Empfangsgerät bewirkt wird.2019 In der Tat beansprucht zwar das Argument der modernen technischen Gegebenheiten selbstverständlich auch im Privatrechtsverkehr uneingeschränkt Geltung.2020 Die neuere Judikatur zu prozessualen Erklärungen beruht aber vor allem ganz maßgeblich auch auf der Ratio, dass Organisationsmängel und Störungen in der Verantwortungssphäre der Gerichte aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zulasten des Bürgers gehen sollen und dürfen2021; insofern besteht also ein signifikanter Unterschied zur Ausgangsund Interessenlage im Privatrechtsverkehr2022. Im Übrigen trägt auch der teilweise angeführte Vergleich mit dem Zugang von E-Mails im Privatrechtsverkehr2023 nicht wirklich: Denn anders als bei E-Mails, bei denen die Kenntnisnahme am Bildschirm möglich und üblich ist, bedarf es im Falle eines normalen Telefax2024 zur Kenntnisnahme zwingend eines Ausdrucks.2025 (ii) Zeitelement Im Hinblick auf das Zeitelement ist auch beim Fax darauf abzustellen, wann üblicherweise mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist.2026, 2027 2017 So etwa A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Benedict (Fn. 1984), S. 83 f.; Bork (Fn. 202), Rn. 628; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 149; Herwig MMR 2001, 145, 146; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 18; Kötz (Fn. 209), Rn. 97; Lange JA 2007, 766, 771; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 24; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 709; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 31; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 51; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 12s. ferner auch bereits Tschentscher CR 1991, 141, 149. 2018 So etwa OLG Karlsruhe r+s 2008, 505 (jedenfalls bei Kaufmann [konkret: AG] als Empfänger); OLG Celle NJOZ 2008, 3072, 3078 f. (generell); OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2010, 12526 (generell); AG Hagen BeckRS 2008, 16398 (generell); AG Schleiden NJW-RR 2009, 858, 859 (generell); aus der arbeitsgerichtlichen Rspr.: LAG Brandenburg BeckRS 2011, 67002 (generell). 2019 BGH NJW-RR 2011, 1184, 1185. 2020 Vgl. BGH NJW 2006, 2263, 2265. 2021 Vgl. BVerfG NJW 1996, 2857; BGH NJW 2006, 2263, 2265. 2022 Vgl. auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20. 2023 Vgl. dazu näher unten C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc). 2024 Beim PC-Fax bedarf es zwar nicht notwendig eines Ausdrucks, aber regelmäßig des aktiven Aufrufs am Bildschirm. 2025 Vgl. auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20. 2026 Vgl. BGH NJW 2004, 1320; OLG Rostock NJW-RR 1998, 526, 527; AG Köln NJW 2005, 2930; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 11. Vgl. dazu allg. auch bereits oben C. VII.1. c) aa)(2)(a). 2027 Vgl. zur allg. Ausnahme für den Fall, dass die Kenntnisnahme tatsächlich früher erfolgt bereits oben bei Fn. 1988.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Bei Geschäftsleuten ist dies zumindest während der Geschäftszeiten ständig der Fall2028; außerhalb der Geschäftszeiten erfolgt der Zugang mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten2029. Bei Privatpersonen kann hingegen eine ständige Kontrolle typischerweise nicht erwartet werden2030; hier wird deshalb überwiegend zu Recht angenommen, dass der Zugang erst im Laufe des Tages bzw. – bei nächtlichem Eingang – am Folgetag erfolgt2031. (cc) E-mail (i) Machtbereichselement E-mails gelangen nach h.M. in den Machtbereich des Empfängers, wenn sie entweder auf dem eigenen Server des Empfängers2032 oder in seiner Mailbox bei einem Provider2033 abrufbar gespeichert2034 sind. Dies gilt auch dann, wenn 2028 Vgl. AG Köln NJW 2005, 2930; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Lange JA 2007, 766, 771; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 28; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 11; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24. 2029 Vgl. BGH NJW 1998, 3119, 3121; OLG Rostock NJW-RR 1998, 526, 527; AG Köln NJW 2005, 2930; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8, 14; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 13; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 11. 2030 So aber offenbar („bei privaten Anschlüssen am Tage mit dem Ausdruck“): Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7. 2031 Vgl. Haas JA 1997, 116, 119; Lange JA 2007, 766, 771; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841 f.; s. ferner Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 20; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76. 2032 Vgl. AG Frankfurt a.M. MMR 2009, 507; Borges (Fn. 1950), S. 249; Bork (Fn. 202), Rn. 622, 627; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Dietrich K&R 2002, 138, 142; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Föhlisch/Hoffmann NJW 2009, 1175; Herwig MMR 2001, 145, 146; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 44; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 177; Lange JA 2007, 766, 771; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 25; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 557; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 709; Redeker (Fn. 1577), Rn. 864; Reus MDR 2012, 882, 884; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 31; Schreier (Fn. 1959), S. 92 f.; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 53; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 23; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 15. 2033 Vgl. LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 2002, 1721; LG Hamburg MMR 2010, 654; AG Frankfurt a.M. MMR 2009, 507; Bisges MMR-Aktuell 2010, 307088; Borges (Fn. 1950), S. 249; Bork (Fn. 202), Rn. 627; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Föhlisch/Hoffmann NJW 2009, 1175; Fritsche NJ 2002, 169, 171; Heun CR 1994, 595, 594; Hoffmann Beil. NJW 14/2001, 1, 7; Hoppe MMR 2010, 655, 656; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 45; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 177; Kötz (Fn. 209), Rn. 97; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 227 f.; Lange JA 2007, 766, 771; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 25; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 557 ff.; Moritz CR 2000, 61, 63; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 709; Petersen JURA 2002, 387; Redeker (Fn. 1577), Rn. 864; Reus MDR 2012,
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C. Angebot
die E-Mail in einen Spamordner einsortiert wird (sofern der Adressat auch auf diesen Zugriff hat).2035 Erforderlich ist darüber hinaus aber grundsätzlich auch, dass der Empfänger die betreffende Mailbox für den Empfang im Rechts- und Geschäftsverkehr gewidmet hat.2036 Bei Geschäftsleuten genügt es hierfür nach allgemeiner Meinung, dass sie die E-Mail-Adresse in ihre Kontaktdaten (z.B. Briefkopf, Visitenkarte, Homepage) integrieren2037 oder erst recht , wenn sie die EMail-Adresse selbst zur Kommunikation gegenüber dem anderen Teil nutzen2038. Bei Privatpersonen werden dagegen teilweise deutlich höhere Anforderungen an eine Widmung gestellt.2039 In den „Anfangszeiten“ der E-Mail mag hier in der Tat große Zurückhaltung geboten gewesen sein. Inzwischen ist die E-Mail aber auch bei vielen Privatpersonen derart zum „Standardkommunikationsmittel“ avanciert, dass dies nicht länger gerechtfertigt erscheint2040. Auch heute wird man zwar daran festhalten müssen, dass die 2034 882, 884; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 31; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Schreier (Fn. 1959), S. 92 f.; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Süßenberger (Fn. 225), S. 165; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 53; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 23; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 15; a.A. Dietrich K&R 2002, 138, 140 f.; Herwig MMR 2001, 145, 146; Waltl in: Loewenheim/Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 2001, 4.1.2.2. 2034 Abw. („Möglichkeit der Speicherung“ genügt) jedoch etwa A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 14; Burgard AcP 195 (1995) 74, 101. 2035 Vgl. Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 45; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 558; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 711; Redeker (Fn. 1577), Rn. 864. 2036 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 9; Benedict (Fn. 1984), S. 85; Borges (Fn. 1950), S. 251; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 80; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 41; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 177; Lange JA 2007, 766, 770 f.; Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 253; Medicus (Rn. 1017), Rn. 274; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 554; Reus MDR 2012, 882, 884; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 18; Ultsch NJW 1997, 3007; ders. DZWiR 1997, 466, 468; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; vgl. ferner in Bezug auf die Angabe einer De-Mail-Adresse auch BegrRegE z. De-Mail-G, BT-Drs. 17/3630, S. 46; Spindler CR 2011, 309, 315; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; a.A. Behling (Fn. 1922), S. 193, 284; Mankowski NJW 2004, 1901, 1902; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 714 f.; abw. auch Süßenberger (Fn. 225), S. 166 f. 2037 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 83; Herwig MMR 2001, 145, 146; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 42; Kötz (Fn. 209), Rn. 97; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 228; Lange JA 2007, 766, 770 f.; Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 253; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Reus MDR 2012, 882, 884; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 52; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 5; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 25; Ultsch NJW 1997, 3007; ders. DZWiR 1997, 466, 468; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; Wietzorek MMR 2007, 156; abw. jedoch Borges (Fn. 1950), S. 252 f. 2038 Vgl. Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 42; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 5; Vehslage DB 2000, 1801, 1804. 2039 Vgl. etwa Borges (Fn. 1950), S. 252 f. 2040 Vgl. Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 42; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 555; Wietzorek MMR 2007, 156.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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bloße Nutzung einer E-Mail-Adresse im sozial-gesellschaftlichen Bereich noch keine Widmung auch für rechtserhebliche Kommunikation begründet.2041, 2042 Wenn eine Privatperson jedoch im Rahmen einer über die bloße sozial-gesellschaftliche Sphäre hinausgehenden Kommunikation oder eigener rechtserheblicher Erklärungen eine E-Mail-Adresse angibt2043, 2044 oder gar selbst über eine bestimmten E-Mail-Adresse einen Kontakt initiiert2045, so muss sie sich nach Treu und Glauben (Gedanke des venire contra factum proprium) daran festhalten lassen, d.h. eine hinreichende Widmung ist dann zu bejahen. Zu dem zur Entgegennahme von Erklärungen gewidmeten Machtbereich gehören ferner insbesondere auch die immer häufiger anzutreffenden sog. Kunden-Online-Postfächer2046: Ihre Einrichtung erfolgt nur mit Zustimmung/Mitwirkung des Kunden2047, und obgleich sie sich auf dem Internetportal des Unternehmens befinden, sind sie dem jeweiligen Kunden – ähnlich wie ein Briefkasten oder ein E-Mail-Account bei einem Provider individuell zugeordnet sowie technisch regelmäßig so ausgestaltet, dass spätere Änderungen durch den Absender ausgeschlossen sind2048. (ii) Zeitelement Hinsichtlich des Zeitelements kommt es auch bei E-Mails nach ganz h.M. auf den Zeitpunkt an, in dem unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht.2049, 2050 Im Detail ist jedoch noch vieles streitig und bei 2041 Bsp.: Wenn eine Einladung zu einer privaten Geburtstagsfeier bei „u. A. w. g.“ eine EMail-Adresse angibt, widmet der Erklärende diese Adresse damit (auch gegenüber den Eingeladenen) nicht automatisch auch z.B. für den Empfang rechtserheblicher Erklärungen (z.B. eine Mahnung oder Kündigungserklärung). Oder: Angabe der E-Mail-Adresse im rein für sozialgesellschaftliche Zwecke genutzten Facebook-Account. 2042 Vgl. Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 18; Lange JA 2007, 766, 770; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 5; abw. jedoch Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 555; Süßenberger (Fn. 225), S. 166 f. 2043 Bsp.: Brief an die Kabel-TV-Gesellschaft, in welcher die Privatperson aber auch ihre EMail-Adresse angibt. 2044 Vgl. auch OLG Düsseldorf BeckRS 2009, 24422 (Nennung einer E-Mail-Adresse im Rahmen eines Anrufs bei einem Makler); Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 42; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 177; Lange JA 2007, 766, 770 f.; Mertes/Daners ZAP Fach 2, 553, 555; Rüthers/ Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 45; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 52; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 841; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; Wietzorek MMR 2007, 156; für ein Abstellen auf die Umstände des Einzelfalls: Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 5. 2045 Ebenso Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 42; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 5; ferner offenbar auch Vehslage DB 2000, 1801, 1804. 2046 Vgl. LG Berlin WM 2010, 1121, 1122 (für das Postfach beim Online-Banking); Thalmair NJW 2011, 14, 15 f.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 15. 2047 Vgl. LG Berlin WM 2010, 1121, 1122; Thalmair NJW 2011, 14, 15. 2048 Vgl. LG Berlin WM 2010, 1121, 1122; Thalmair NJW 2011, 14, 15 f. 2049 Vgl. LG Hamburg MMR 2010, 654; Dietrich K&R 2002, 138, 139 f.; Fritzsche/Malzer DNotZ 1995, 3, 12; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 76, 85; Intveen ITRB 2010, 129; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 177; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 49; Krüger/Bütter WM 2001,
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C. Angebot
Weitem noch nicht (schon gar nicht höchstrichterlich) ausjudiziert. Meist wird zwischen geschäftlicher und privater Nutzung differenziert.2051 Bei geschäftlicher Nutzung herrscht zwar weitgehend Konsens, dass der Zugang im Falle des Eingangs außerhalb der Geschäftszeiten grundsätzlich2052 erst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten erfolgt.2053 Im Falle des Eingangs innerhalb der Geschäftszeiten ist das Meinungsspektrum hingegen recht heterogen: Einige wollen (offenbar in Parallele zum Fax2054) den Zugang generell bereits mit der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox2055 annehmen.2056 Andere gehen davon aus, dass eine Abfrage der Mailbox jedenfalls mehrmals am Tag zu erwarten sei2057, zumindest aber zu Beginn und am
2050 221, 227; Mankowski NJW 2004, 1901, 1902; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Paal JuS 2010, 953, 954; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 7; vgl. dazu allg. auch bereits oben C. VII.1. c) aa)(2)(a). 2050 Vgl. zur allgemeinen Ausnahme für den Fall, dass die Kenntnisnahme tatsächlich früher erfolgt, bereits oben bei Fn. 1988. 2051 Ohne Differenzierung hingegen etwa Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 19; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Fritsche NJ 2002, 169, 171; Wietzorek MMR 2007, 156. 2052 Vgl. zur Ausnahme für den Fall eines eindeutig nach außen kundgetanen „24h-Service“ unten bei Fn. 2061. 2053 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 8; Bisges MMR-Aktuell 2010, 307088; Brox/ Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 19; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Glatt ZUM 2001, 390, 394; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 50; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 180; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 228; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Redeker (Fn. 1577), Rn. 865; Reus MDR 2012, 882, 884; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8; Süßenberger (Fn. 225), S. 168; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842; Thalmair NJW 2011, 14, 16; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 24; Ultsch NJW 1997, 3007, 3008; ders. DZWiR 1997, 466, 468; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 9; Wietzorek MMR 2007, 156; s. ferner auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 19; abw. AG Meldorf NJW 2011, 2890, 2891 (mit dem Argument, dass nach der Verkehrsanschauung nicht erwartet werden könne, dass ein Unternehmer die Durchsicht eingegangener Nachrichten selbst dringenden Geschäften vorzieht); ähnlich auch Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 87. 2054 Vgl. dazu oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(bb). 2055 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 2032 ff. 2056 So etwa LG Berlin BeckRS 2011, 09471; Bisges MMR-Aktuell 2010, 307088; Borges (Fn. 1950), S. 272; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 7a; Fritsche NJ 2002, 169, 171; Intveen ITRB 2010, 129; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 28; Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 254; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Petersen JURA 2002, 387, 388; Reus MDR 2012, 882, 884; Ring in: Dauner/Lieb, BGB, 2. Aufl. 2012, § 312g Rn. 47; Saenger (Fn. 242), § 312g Rn. 18; Schreier (Fn. 1959), S. 93 ff.; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 53; Tschoepe (Fn. 1950), C III Rn. 24; Vehslage DB 2000, 1801, 1804; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24; ebenso (allerdings auf der Basis der Prämisse, dass generell keine Verschiebung des Zugangszeitpunktes kraft Verkehrsanschauung vorzunehmen ist): Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 75. 2057 Vgl. Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 87; Heun CR 1994, 595, 599; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 180; Mehrings MMR 1998, 30, 33; Noack/ Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Redeker (Fn. 1577), Rn. 865; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8; Süßenberger (Fn. 225), S. 168.
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Ende der Geschäftszeit2058, so dass die E-Mail jedenfalls noch am selben Tag zugeht2059. Teilweise werden aber auch deutlich kürzere Intervalle jedenfalls dann für zumutbar gehalten, wenn ein automatisierter Abruf im Minutentakt über POP3 eingestellt ist oder über IMAP eine direkte Verbindung mit der Mailbox besteht.2060 Andere wollen eine ständige Kenntnisnahme jedenfalls dann annehmen, wenn nach außen eindeutig kundgetan wurde, dass man stets erreichbar ist („24h-Service“).2061 Teils wird zudem auch dafür plädiert, danach zu differenzieren, was im Einzelfall je nach Verkehrskreis und Branche üblich ist.2062 In der Tat fällt es hier schwer, allgemeingültige Regeln aufzustellen. Denn wenngleich E-Mails heute gerade im Geschäftsverkehr selbstverständlicher Standard geworden sind, divergieren Art und Umfang ihrer Nutzung doch individuell stark. Der Vergleich mit dem Fax, wo der Zugang während der Geschäftszeiten nach h.M. sofort mit dem Ausdruck erfolgt, spricht zunächst dafür, den Zugang auch bei E-Mails jedenfalls während der Geschäftszeiten sofort mit der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox2063 eintreten zu lassen. Ein entscheidender Unterschied könnte jedoch insofern bestehen, als die Nachricht beim Fax ausgedruckt wird, während bei der EMail ein aktives Abfragen des Accounts durch den Nutzer erforderlich ist. Dieser Unterschied relativiert sich indes, wenn man berücksichtigt, dass die gängigen E-Mail-Systeme es meist ermöglichen, bei Eingang einer Nachricht eine sofortige automatische Benachrichtigung durch ein akustisches oder optisches Signal auf dem Computer oder Handy zu erhalten; zudem hat sich im modernen Geschäftsverkehr der Gebrauch von Smartphones, auf denen EMails überall direkt lesbar sind und die zudem ebenfalls über vergleichbare Benachrichtigungsfunktionen verfügen, schon (fast) zum Standard entwickelt. 2058
Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dörner AcP 202 (2002) 363, 369; Heun CR 1994, 595, 599; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 228; Redeker (Fn. 1577), Rn. 865; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8. 2059 Vgl. LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 2002, 1721; Bork (Fn. 202), Rn. 628; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dörner AcP 202 (2002) 363, 369; Glatt ZUM 2001, 390, 394; Herwig MMR 2001, 145, 146; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 228; Lange JA 2007, 766, 771; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 50; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 180; Mehrings MMR 1998, 30, 33; Paal JuS 2010, 953, 954; Redeker (Fn. 1577), Rn. 865; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8; Süßenberger (Fn. 225), S. 168; Thalmair NJW 2011, 14, 16; Ultsch NJW 1997, 3007, 3008; ders. DZWiR 1997, 466, 468; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 9; Wietzorek MMR 2007, 156. 2060 Vgl. Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8. 2061 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Glatt ZUM 2001, 390, 194; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 51; Krüger/Bütter WM 2001, 221, 228; Mehrings MMR 1998, 30, 33; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 48; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 9. 2062 Vgl. Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 87; Petersen JURA 2002, 387, 388; Spindler/ Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8. 2063 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 2032 ff.
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C. Angebot
Nicht wirklich überzeugend erscheint daher das Argument, dass auch geschäftliche Empfänger „trotz aller technischer Anbindung … im Tagesablauf auch noch andere Dinge zu erledigen [hätten], als den E-Mail-Eingang zu überprüfen“2064: Bei Nutzung der genannten technischen Möglichkeiten bedarf es gerade keiner ständigen aktiven Überprüfung („pull“), sondern die Situation ist vergleichbar mit derjenigen beim Fax: Die Erklärung kommt im Wege eines „push“-Verfahrens zum Empfänger und es kann letztlich keinen Unterschied machen, ob er, nachdem er den Eingang eines Fax hört oder sieht, zum Faxgerät geht und das Blatt entnimmt, oder ob er nach Aufleuchten eines Icons oder Erklingen eines Benachrichtigungstons seinen E-Mail-Account einsieht. Die eigentliche „Gretchenfrage“ muss daher lauten, ob die Nutzung dieser technischen Möglichkeiten inzwischen im Geschäftsverkehr derart üblich geworden ist, dass allgemein davon ausgegangen werden kann, dass der Empfänger „unter normalen Verhältnissen“ sofort mit der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox2065 „die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen“. Dies wird man zwar heute zumindest bei größeren Unternehmen, bei in größeren Sozietäten tätigen Freiberuflern2066 oder speziell auch in der IT-Branche sowie im Online-Handel2067 annehmen können. Von Kleinunternehmern, kleinen Handwerksbetrieben etc. wird man dies hingegen auch heute (zumindest noch) nicht generell erwarten können (jedenfalls, sofern nicht ausdrücklich mit „24h-Service“, „ständiger Erreichbarkeit“ etc. geworben wird). Erwartet werden kann aber sicherlich auch hier, dass der E-Mail-Eingang zumindest zu Beginn und zum Ende der Geschäftszeiten überprüft wird, so dass der Zugang jedenfalls (spätestens2068) am Ende der Geschäftszeit erfolgt. Insgesamt spricht somit gegenwärtig (noch) viel dafür, auf die Usancen in der jeweiligen Branche bzw. dem jeweiligen Verkehrskreis abzustellen. Nicht weniger heterogen ist das Meinungsspektrum hinsichtlich der privaten Nutzung von E-Mails. Vereinzelt wird hier sogar dafür plädiert, den Zugang generell erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme zu bejahen.2069 Dies erscheint jedoch nicht nur als kaum begründbare Abweichung von der allgemei-
2064 So etwa Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 50; Thalmair NJW 2011, 14, 16; s. ferner auch Dörner AcP 202 (2002) 363, 369; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 87; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 180. 2065 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 2032 ff. 2066 Stichwort: Smartphone als „Anwalts Liebling“. 2067 Vgl. speziell zum Online-Handel noch näher unten C. VII.1. c) aa)(2)(b)(dd). 2068 Vgl. zur allgemeinen Ausnahme für den Fall, dass die Kenntnisnahme tatsächlich früher erfolgt, bereits oben bei Fn. 1988. 2069 So etwa Hefermehl (Fn. 1989) § 130 Rn. 13d; ebenso auch Bork (Fn. 202), Rn. 628 (allerdings nur für den Fall, dass der Empfänger dem Erklärenden die E-Mail-Kommunikation nicht angeboten hat).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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nen Zugangsdefinition2070, sondern auch als ungerechtfertigte Übersteigerung des Verbraucherschutzes2071. Nach ganz h.M. gilt vielmehr auch hier die allgemeine Regel, dass es auf den Zeitpunkt ankommt, in dem unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht (sofern diese nicht ausnahmsweise tatsächlich früher erfolgt2072). Wann genau dies bei privater EMail-Nutzung der Fall ist, ist allerdings höchst umstritten. Mit Blick darauf, dass Privatpersonen ihre privaten E-Mails während des Tages häufig entweder gar nicht abrufen können, weil sie am Arbeitsplatz hierzu keine Möglichkeit haben, oder dies – sofern eine solche Möglichkeit bestehen würde – jedenfalls arbeitsvertraglich nicht dürfen, wird aber zumindest eine Pflicht zur ständigen oder auch nur mehrmals täglichen Überprüfung während des Tages überwiegend abgelehnt.2073 Einige plädieren dann dafür, Zugang zumindest nach Feierabend in den Abendstunden annehmen2074, sehen sich damit jedoch dem (zutreffenden) Einwand ausgesetzt, dass hierdurch Nutzer, die es vorziehen, ihre E-Mails morgens vor der Arbeit durchzusehen, benachteiligt würden2075. Überhaupt wird im Schrifttum ganz generell vielfach konstatiert, dass es nahezu unmöglich sei, bei der privaten E-Mail-Nutzung „gewöhnliche“ Abrufzeiten oder –intervalle zu bestimmen.2076 Eine verbreitete Ansicht will den Zugang deshalb erst am Tag nach der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox2077 annehmen, dies aber freilich vorbehaltlich der allgemein geltenden Ausnahme2078, dass die Kenntnisnahme nicht tatsächlich frü-
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Vgl. auch Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8; Thalmair NJW 2011, 14, 16. Vgl. auch Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 8. 2072 Vgl. dazu allgemein oben bei Fn. 1988. 2073 Vgl. Dethloff JURA 2003, 730, 734; Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 86; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 52; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Redeker (Fn. 1577), Rn. 866; Thalmair NJW 2011, 14, 16; gegen eine ständige Kontrollpflicht auch Hoffmann Beil. NJW 14/2001, 1, 7 f.; Köhler/Arndt/Fetzer (Fn. 1577), Rn. 181; Janal MDR 2006, 368, 372 (nach deren Ansicht mit einer Kenntnisnahme sogar erst nach einigen Tagen gerechnet werden könne); Lange JA 2007, 766, 771; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76; Petersen JURA 2002, 387, 388; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 48; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842; Vehslage DB 2000, 1801, 1804. Dafür aber offenbar etwa Schreier (Fn. 1959), S. 93 ff.; für Zugang generell bereits mit der Möglichkeit des Abrufens auch Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 254. 2074 So etwa Dörner AcP 202 (2002) 363, 369; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 24. 2075 Vgl. Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 254; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 10; Thalmair NJW 2011, 14, 16. 2076 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 628; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 86; Lange JA 2007, 766, 771; Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 253 f.; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 10; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842; Thalmair NJW 2011, 14, 16. 2077 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 2032 ff. 2078 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 1988. 2071
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C. Angebot
her erfolgt.2079 Dies erscheint zumindest gegenwärtig als insgesamt praktikable und interessengerechte Lösung. Im Sonderfall der sog. Kunden-Online-Postfächer wird man zwar kaum erwarten können, dass der Kunde – insbesondere der private – diese von sich aus täglich (oder gar noch öfter) abfragt (speziell auch mit Blick darauf, dass er solche ggf. bei mehreren Unternehmen eingerichtet hat).2080 Sofern jedoch bei Eingang einer Nachricht im Kunden-Online-Postfach automatisch eine Benachrichtigungsmail an eine vom Kunden angegebene E-Mail-Adresse verschickt wird, wird man es ihm zumuten können, sein Kunden-Online-Postfach spätestens am Tag nach Eingang dieser Benachrichtigungsmail abzufragen, mit der Folge, dass dann ein Zugang zu bejahen ist.2081 (dd) Die Sonderregelung des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB Für „Bestellungen“ (und „Empfangsbestätigungen“) im elektronischen Geschäftsverkehr existiert seit dem 1.1.2002 mit dem durch das SMG2082 in Umsetzung von Art. 11 Abs. 1 Sps. 2 E-Commerce-RL2083, 2084 eingeführten § 312g Abs. 1 S. 2 BGB (bis 3.8.2011: § 312e Abs. 1 S. 2 BGB, demnächst voraussichtlich § 312h Abs. 1 S. 2 BGB2085) eine spezielle Regelung. Der Begriff der „Bestellung“ erfasst dabei nach h.M. jede Art der Kontaktaufnahme zwischen Kunden und Unternehmer2086, also auch ein ggf. vom 2079 So etwa Bork (Fn. 202), Rn. 628; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150b; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 4; Ernst NJW-CoR 1997, 165, 166; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 86; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 52; Lange JA 2007, 766, 771; Mankowski NJW 2004, 1901, 1902; Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 713; Petersen JURA 2002, 387, 388; Redeker (Fn. 1577), Rn. 866; Reus MDR 2012, 882, 884; Scherer/Butt DB 2000, 1009, 1013; Spindler/ Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 10; Süßenberger (Fn. 225), S. 168; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842; Thalmair NJW 2011, 14, 16; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 53; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 15; ferner wohl auch Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 48; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 34; ähnlich auch Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 76 (spätestens 24 Stunden nach Eingang in der Mailbox). 2080 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150c; Thalmair NJW 2011, 14, 17. 2081 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150c; Thalmair NJW 2011, 14, 17. 2082 Fn. 241. 2083 Fn. 392. 2084 Art. 11 Abs. 1 Sps. 2 E-Commerce-RL …Bestellung und Empfangsbestätigung gelten als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können. (…the order and the acknowledgment of receipt are deemed to be received when the parties to whom they are addressed are able to access them./ …la commande et l’accusé de réception sont considérés comme étant reçus lorsque les parties auxquelles il sont adressés peuvent y avoir accès.) 2085 Vgl. zur Normhistorie bereits oben C. VII.1. a) bei Fn. 1913 ff. 2086 Vgl. Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 40; MünchKommBGB/Wendehorst, 6. Aufl. 2012, § 312g Rn. 63; i.d.S. auch Bericht Rechtsausschuss z. SMG, BT-Drs. 14/7052, S. 172; Dethloff JURA 2003, 730, 733; Fritsche NJ 2002, 169, 171 f.; Grüneberg (Fn. 242), § 312g Rn. 5; Hahn in: Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, 2. Aufl. 2005, § 312g BGB Rn. 15; Haubold (Fn. 1570), § 9 Rn. 67 f.; Kimmelmann/Winter JuS 2003, 532, 534; Klimke CR 2002, 582, 584; Lütcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312e Rn. 32; BeckOK-BGB/Masuch, Ed. 25/2012, § 312e Rn. 21; Paal JuS
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Kunden ausgehendes Angebot2087, so dass die Regelung auch im Kontext der vorliegenden Arbeit von Relevanz ist2088. § 312g Abs. 1 S. 2 BGB normiert, dass die „Bestellung“ als zugegangen gilt2089, wenn die Partei, für die sie bestimmt ist, sie unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann. Mit der Ersetzung des in der E-Commerce-RL verwendeten Begriffs „eingegangen“ durch „zugegangen“ und der Ergänzung der Wendung „unter gewöhnlichen Umständen“ intendierte der Gesetzgeber ausweislich der Materialien eine Anpassung an die deutsche Rechtslage zum Zugang von Willenserklärungen2090. Zumindest vom Wortlaut her, der im Einklang mit der ECommerce-RL auf die Möglichkeit des „Abrufs“ abstellt, besteht jedoch gleichwohl eine Divergenz zu der auf die Möglichkeit der „Kenntnisnahme“ abstellenden traditionellen Grunddefinition des Zugangs i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB2091. Im Schrifttum ist daher streitig, ob der Zugangsbegriff des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB tatsächlich mit dem allgemeinen Zugangsbegriff identisch ist2092 2087 2010, 953, 954; Schneider K&R 2001, 344, 345; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 312e BGB Rn. 8; Stadler (Fn. 220), § 312g Rn. 5; vgl. zum Begriff der „Bestellung“ i.S.v. Art. 11 E-CommerceRL auch Marly (Fn. 1570), Art. 11 E-Commerce-RL Rn. 5; abw. jedoch Fritsche NJ 2002, 169, 171 (Bestellung ist Angebot); Glatt ZUM 2001, 390, 394 (nur Willenserklärungen); Morlang, Kundenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312e BGB, 2005, S. 98 f. (nur vertragliche Willenserklärungen). 2087 Vgl. Dethloff JURA 2003, 730, 733; Grüneberg (Fn. 242), § 312g Rn. 5; Hahn (Fn. 2086), § 312e BGB Rn. 15; Masuch (Fn. 2086), § 312g Rn. 24; Paal JuS 2010, 953, 954; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 312e BGB Rn. 8. 2088 Die Zugangsregelung des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB gilt in Bezug auf die „Bestellung“ selbst dann, wenn der Vertrag ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wird, denn die Ausschlussklausel des § 312g Abs. 5 BGB bezieht sich nur auf die Pflichten des Unternehmers gem. § 312g Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3, Abs. 2 und 3 BGB sowie die Rechtsfolgeregelung des § 312g Abs. 4 BGB (entsprechend auch Art. 11 Abs. 3 E-Commerce-RL, der ebenfalls nur die Geltung von Art. 11 Abs. 1 Sps. 1 und Abs. 2 ausschließt). Vgl. auch Masuch (Fn. 2086), § 312g Rn. 16. 2089 Die Formulierung als Fiktion wurde aus der E-Commerce-RL übernommen, ist aus deutscher Perspektive aber an sich fehl am Platz. Vgl. Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 17; Stadler (Fn. 220), § 312g Rn. 5; Wendehorst (Fn. 2086), § 312g Rn. 94. Für eine Qualifikation als unwiderlegliche Vermutung etwa Bericht Rechtsausschuss z. SMG, BT-Drs. 14/7052, S. 192; Masuch (Fn. 2086), § 312g Rn. 26. 2090 Vgl. Begr. RegE z. SMG, BT-Drs. 16/6040, S. 172: „Dies entspricht der Rechtsprechung zum Zugang einer Willenserklärung in § 130.“ Vgl. aus dem Schrifttum: Saenger (Fn. 242), § 312g Rn. 17; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 17; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 52. 2091 Vgl. dazu oben C. VII.1. c) aa)(2)(a). 2092 I.d.S. etwa: Boente/Riehm JURA 2002, 222, 227; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Grigoleit NJW 2002, 1151, 1158; Hahn (Fn. 2086), § 312g BGB Rn. 17; Ring (Fn. 2056), § 312g Rn. 47; Saenger (Fn. 242), § 312g Rn. 18; Schulte-Nölke in: Schulze, BGB, 7. Aufl. 2012, § 312g Rn. 14; Stadler (Fn. 220), § 312g Rn. 5; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 52 f.; ferner offenbar auch Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 17 (§ 312e Rn. 17 ließe sich allerdings auch anders verstehen). Vgl. ferner auch Begr. RegE z. SMG, BT-Drs. 16/6040, S. 172: „Dies entspricht der Rechtsprechung zum Zugang einer Willenserklärung in § 130.“; differenzierter jedoch die Gegenäußerung der BReg., BT-Drs. 14/6857, S. 56 (auch dort heißt es jedoch: „… – jedenfalls zur Klarstellung – erforderlich …“).
312
C. Angebot
(es sich also letztlich in gewissem Sinne nur um eine zwecks rechtssicherer Umsetzung der RL vorgenommene Klarstellung handelt) oder ob vielmehr auf Grund der E-Commerce-RL eine abweichende (richtlinienkonforme) Auslegung geboten ist2093. Die Antwort auf diese Frage hängt letztlich maßgeblich davon ab, wie man den Zugang von E-Mails und sonstigen elektronischen Willenserklärungen im Rahmen des allgemeinen Zugangsbegriffs des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB determiniert.2094 Sofern man mit einem Teil des Schrifttums annimmt, dass eine Abfrage elektronischer Nachrichten auch bei geschäftlicher Nutzung nicht ständig, sondern lediglich mehrmals täglich bzw. zumindest zu Beginn und Ende der Geschäftszeiten, erwartet werden könne2095, dürfte sich tatsächlich die Notwendigkeit einer abweichenden, richtlinienkonformen Interpretation des Zugangsbegriffs des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB ergeben, denn nach der E-Commerce-RL soll der „Eingang“ der Bestellung ausdrücklich bereits mit der Möglichkeit des Abrufs erfolgen. Konsequenz wäre jedoch ein „gespaltener“ Zugangsbegriff, der nicht nur in evidentem Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers – der ja gerade einen Gleichlauf intendierte – steht, sondern vor allem auch im Hinblick auf die praktische Rechtsanwendung generell äußerst misslich wäre und darüber hinaus auch wertungsmäßig nicht zu überzeugen vermag. Man könnte dann zwar noch versucht sein – etwas spitzfindig zu argumentieren, dass „Eingang“ i.S.d. RL und damit „Zugang“ i.S.d. § 312g Abs. 1 S. 2 BGB nicht mit dem allgemeinen rechtstechnischen Begriff des „Zugangs“ i.S.d. deutschen Rechts identisch sei bzw. sein müsse, d.h. dass die „Bestellung“ zwar bereits mit der Möglichkeit zum Abruf „eingegangen“, aber erst mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme im dargestellten Sinne „zugegangen“ sei.2096 Eine solche Interpretation erschiene jedoch nicht nur äußerst gekünstelt und in evidentem Widerspruch zum Wortlaut der Norm und dem Willen des Gesetzgebers, sondern würde zudem auch praktisch zu abstrusen und wohl auch mit der RL kaum in Einklang stehenden – Ergebnissen führen: Denn dann träfe den Unternehmer zwar bereits mit der Abrufmöglichkeit die Pflicht, unverzüglich eine Eingangsbestätigung zu versenden; der Kunde könnte seine „Bestellung“ aber noch bis zu dem Moment, in dem die Abfrage
2093
Für eine abweichende richtlinienkonforme Auslegung (rein technische Möglichkeit des Abrufs genügt): Masuch (Fn. 2086), § 312g Rn. 25 f.; ebenso i.E. (allerdings offenbar schon auf Grund einer reinen Auslegung des deutschen Rechts): Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 260; Wendehorst (Fn. 1979), § 312g Rn. 94. 2094 Vgl. zu den insoweit bestehenden Kontroversen bereits näher oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc). 2095 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 2057–2059. 2096 I.d.S. etwa Haubold (Fn. 1570), § 9 Rn. 70 f.; Morlang (Fn. 2086), S. 162; ferner offenbar auch Hassemer MMR 2001, 635, 637 f.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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von Nachrichten gewöhnlich erwartet werden könnte (also ggf. bis zum Ende der Geschäftszeiten) gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB frei widerrufen. Interpretiert man dagegen den allgemeinen Zugangsbegriff des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB mit der auch hier vertretenen Ansicht2097 dahin, dass der geschäftliche Empfänger jedenfalls (auch) im Online-Handel „unter normalen Verhältnissen“ sofort mit der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox2098 „die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen“ wofür speziell im Online-Handel nicht nur spricht, dass der Unternehmer einen Onlineshop 24 Stunden „geöffnet“ hat und damit auch rund um die Uhr mit „Bestellungen“ rechnen muss2099 (die er dann – soweit der Anwendungsbereich des § 312g BGB eröffnet ist – auch unverzüglich bestätigen muss) , so entstehen von vornherein erst gar keine Friktionen. Zudem erweist sich damit zugleich auch die angebliche Richtlinienwidrigkeit des Zusatzes „unter gewöhnlichen Umständen“2100 als reines „Phantomproblem“.2101 (c) Grundsätzliche Irrelevanz subjektiver Kenntnisnahmehindernisse Maßgeblich ist prinzipiell allein die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme; subjektive, in der Sphäre des Empfängers wurzelnde Hindernisse – wie insbesondere Urlaub, Krankheit, Haft oder sonstige Ortsabwesenheit – sind grundsätzlich irrelevant.2102 Entsprechend der gesetzlichen Risikoverteilung trifft hier vielmehr den Empfänger die Obliegenheit, ggf. geeignete Vor2097 Vgl. näher oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(ii). Für Zugang im geschäftlichen Verkehr generell bereits mit der abrufbaren Speicherung auf dem Server bzw. in der Mailbox vgl. die Nachweise in Fn. 2056; zumindest bei Nutzung von POP3 bzw. IMAP vgl. die Nachweise in Fn. 2060; zumindest bei „Werbung“ mit „24h-Service“ etc. vgl. die Nachweise in Fn. 2061; für eine Differenzierung nach Branchen/Verkehrskreisen (die wohl beim Online-Handel ebenfalls zu diesem Ergebnis gelangen dürfte) vgl. die Nachweise in Fn. 2062. 2098 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 2032 ff. 2099 Vgl. auch Boente/Riehm JURA 2002, 222, 227 Fn. 78; Dethloff JURA 2003, 730, 734; Hahn (Fn. 2086), § 312g BGB Rn. 17; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 87; Paal JuS 2010, 953, 954 Fn. 20. Vgl. ferner auch die in Fn. 2061 genannten Nachweise zum sofortigen Zugang bei „24h-Service“. 2100 Zweifel an der Vereinbarkeit etwa bei Hassemer MMR 2001, 635, 638; Schneider K&R 2001, 344, 347; s. ferner auch Leipold FS Medicus, 2009, S. 251, 260 (Zweifel zumindest im Falle einer den Zugang „zur Unzeit“ ausschließenden Auslegung); für Richtlinienkonformität dagegen etwa Boente/Riehm JURA 2002, 222, 227 Fn. 78; Grigoleit NJW 2002, 1151, 1158; Lütcke (Fn. 2086), § 312e Rn. 51; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 54; vgl. ferner auch die in Fn. 2093 genannten Vertreter einer richtlinienkonformen Auslegung. 2101 Vgl. auch (allerdings auf der Basis einer anderen Grundkonzeption): Wendehorst (Fn. 1979), § 312g Rn. 94. 2102 Vgl. BGH NJW 2004, 1320 f. (konkret: Urlaub); BAG NJW 1989, 606 (konkret: Urlaub); BAG NJW 1989, 2213, 2214 (konkret: Haft); BAG NZA 2004, 1330, 1331 (konkret: Urlaub); A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 11; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150a; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 35; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Faust JuS 2008, 651; Haas JA 1997, 117, 119 f.; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 13 f.; Kötz (Fn. 209), Rn. 96; Lange JA 2007, 766, 769; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 29; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 59; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 9; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 27 f.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 27.
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C. Angebot
kehrungen (z.B. Nachsendung von Post etc.) zu treffen.2103 Dies gilt grundsätzlich2104 auch dann, wenn der Erklärende von der Ortsabwesenheit etc. wusste.2105 Ähnlich werden überwiegend auch fehlende Sprachkenntnisse2106 bzw. mangelnde Lesefähigkeit2107 des Empfängers als grundsätzlich irrelevante subjektive Hindernisse qualifiziert. bb) Erklärungen unter Anwesenden In Bezug auf Erklärungen unter Anwesenden ist zwischen verkörperten und nicht verkörperten Willenserklärungen zu differenzieren: (1) Verkörperte Willenserklärungen Bei verkörperten Willenserklärungen unter Anwesenden ist § 130 Abs. 1 S. 1 BGB auf Grund der vergleichbaren Interessenlage nach ganz h.M. analog anzuwenden, d.h. Zugang erfolgt, wenn die Erklärung durch Übergabe in den Machtbereich des Empfängers gelangt und er die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.2108 2103 Vgl. BGH NJW 2004, 1320, 1321; Brinkmann (Fn. 1922), S. 36 ff.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 150a; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 13 f.; Kötz (Fn. 209), Rn. 96; Lange JA 2007, 766, 769; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 59; Weiler JuS 2005, 788, 792. 2104 Ausnahmsweise kann sich allerdings aus § 242 BGB eine andere Würdigung ergeben. 2105 Vgl. BAG NJW 1989, 606, 607; BAG NJW 1989, 2213, 2214; BAG NZA 2004, 1330, 1331; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 11; Benedict (Fn. 1984), S. 99; Brinkmann (Fn. 1922), S. 38 ff.; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 19; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Haas JA 1997, 116, 120; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 14; Lange JA 2007, 766, 769; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 71; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 27. 2106 Vgl. LAG Köln NJW 1988, 1870, 1871; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 10; Benedict (Fn. 1984), S. 99; Brinkmann (Fn. 1922), S. 80 ff.; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Neuner NJW 2000, 1822, 1826; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 72; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 29; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 28; vgl. ferner auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 32; Zugang i.E. bejahen (wenngleich mit anderer Begründung) auch Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 72; abw. (Zugang erst nach Ablauf einer für die Übersetzung des Textes angemessenen Zeitspanne): LAG Hamm NJW 1979, 2488; Bork (Fn. 202), Rn. 629; Herbert/Oberrath DB 2010, 391, 394; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 50; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 48a; offenlassend: BAG NZA 1985, 124, 125. 2107 Vgl. LAG Köln NJW 1988, 1870, 1871; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 10; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 72; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 29; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 28. 2108 Vgl. RGZ 61, 414, 415; BGH NJW-RR 1996, 641, 642; BGH NJW 1998, 3344; BAG NJW 2005, 1533; LAG München NZA-RR 2009, 527, 528; LAG Berlin-Brandenburg BeckRS 2011, 67098; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 22; Brinkmann (Fn. 1922), S. 83 f.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 155; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 12; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 27; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 13; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 4 f., 11; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 19; Lange JA 2007, 766, 768; Medicus (Rn. 1017), Rn. 290; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 54 f.; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 36; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 27; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 14; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 35.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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(2) Nicht verkörperte Willenserklärungen In Bezug auf nicht verkörperte Willenserklärungen unter Anwesenden gilt nach ganz h.M. die sog. Vernehmungstheorie2109. Die Rechtsprechung2110 und ein Teil der Literatur2111 verstehen diese offenbar in einem strengen Sinn dergestalt, dass der Zugang voraussetzt, dass der Empfänger die Erklärung akustisch richtig verstanden hat. Im Schrifttum wird allerdings zu Recht seit Langem darauf hingewiesen, dass die Vernehmungstheorie im Interesse des Verkehrsschutzes und einer gerechten Risikoverteilung einer Korrektur bedarf.2112 Die h.L. vertritt daher eine „abgeschwächte Vernehmungstheorie“: Die Erklärung ist bereits dann wirksam, wenn aus Sicht eines sorgfältigen Erklärenden keine Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu Zweifeln geben können, dass der Adressat die Erklärung richtig und vollständig vernommen hat.2113 cc) Einschaltung einer Mittelsperson Hinsichtlich der Einschaltung von Mittelspersonen ist zwischen Vertretern und Boten zu differenzieren. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen Vertreter und Bote – die jenseits des Gegenstands der vorliegenden Arbeit liegt und daher nicht näher erörtert werden soll ist, dass der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, während der Bote lediglich eine fremde Willenserklärung übermittelt.2114 2109
Vgl. zu dieser auch bereits oben C. VII.1. c) aa)(1) (bei Fn. 1975). Vgl. BGH WM 1989, 650, 652 f.; BAG NJW 1983, 2835; BayObLG NJW-RR 1996, 524, 525; offenbar i.S.d. „abgeschwächten“ Vernehmungstheorie dagegen jüngst AG Stuttgart-Bad Cannstatt BeckRS 2012, 17508 in einem Fall, der eher an eine TV-Comedy-Show erinnert: Die Angestellte eines Reiseunternehmens hatte eine Frau mit starkem sächsischen Dialekt, die einen Flug nach Porto buchen wollte, nicht verstanden und hatte dann zweimal auf hochdeutsch Bordeaux als Flugziel genannt, was die Frau bestätigte. Das AG entschied, dass ein wirksamer Vertrag über einen Flug nach Bordeaux zustande gekommen war. 2111 Vgl. Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 12; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 12; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 17; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 37 ff.; ferner offenbar auch Noack/Beurskens FS Wolf, 2011, S. 687, 712. 2112 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 23; Bork (Fn. 202), Rn. 631; Brinkmann (Fn. 1922), S. 89 ff.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 156; Coester-Waltjen JURA 1992, 441; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 28; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 14; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 19; Larenz/Wolf (Fn. 1367), § 26 Rn. 36; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 53; Medicus (Rn. 1017), Rn. 289; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 80; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 56; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 37. 2113 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 23; Bork (Fn. 202), Rn. 631; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 156; Coester-Waltjen JURA 1992, 441; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 28; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 14; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 19; Lange JA 2007, 766, 768; Larenz/Wolf (Fn. 1367), § 26 Rn. 36; Leenen (Fn. 201), § 6 Rn. 53; Medicus (Rn. 1017), Rn. 289; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 80; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 56; Schiemann (Fn. 1466), Rn. C 37; Weiler JuS 2005, 788, 791; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 28; grundsätzlich (wenngleich mit Modifikationen) auch Brinkmann (Fn. 1922), S. 97; gänzlich abw. Konzeption jedoch etwa Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 113. 2114 Ausf. und m.z.w.N. dazu etwa MünchKommBGB/Schramm, 6. Aufl. 2012, Vor § 164 Rn. 42 ff.; Staudinger/Schilken, Neubearb. 2009, Vorb. zu §§ 164 ff. Rn. 73 ff. 2110
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C. Angebot
(aa) Vertreter Im Falle des Einsatzes eines Empfangsvertreters ist hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen auf die Person des Vertreters abzustellen (vgl. § 164 Abs. 1, 3 BGB).2115 (bb) Bote In Bezug auf die Einschaltung eines Boten ist zwischen Erklärungs- und Empfangsbote zu differenzieren. Der Erklärungsbote ist quasi eine Art „personifiziertes Transportmittel“2116; maßgeblich für den Zugang ist in diesem Fall ausschließlich die wirklich Übermittlung an den Adressaten2117. Spiegelbildlich dazu hat der Empfangsbote die Funktion einer „personifizierten Empfangseinrichtung“2118. Hier geht die Erklärung nach h.M. in dem Zeitpunkt zu, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten war.2119 Empfangsbote ist, wer entweder vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen ermächtigt worden ist oder wer nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt anzusehen ist, Willenserklärungen oder diesen gleich stehende Mitteilungen mit Wirkung für den Er2115 Vgl. BGH NJW 1965, 965, 966; BGH NJW 2002, 1041, 1042; BGH NJW 2003, 3270; LG Stade NJOZ 2003, 2359, 2360; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 16; Benedict (Fn. 1984), S. 87; Brinkmann (Fn. 1922), S. 103; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 151; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 27; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 8; Flume (Fn. 19), § 14, 3d (S. 236); Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 17; Lange JA 2007, 766, 767; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 53; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 55; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 16; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 30; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 41. 2116 Vgl. Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 26; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 42. 2117 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 18; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 153; Coester-Waltjen JURA 1992, 441, 442; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 26; Lange JA 2007, 766, 767 f.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 284; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 81; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 52; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 33; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 43. 2118 Vgl. BGH NJW 1994, 2613, 2614; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 25; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 16; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 59; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 17; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 42; ähnlich auch Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 152 („menschlicher Briefkasten“). 2119 Vgl. BGH NJW 1965, 965, 966; BGH NJW-RR 1989, 757, 758; BGH NJW 1994, 2613, 2614; BAG NJW 2011, 2604, 2605; OLG Köln MDR 2006, 866; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 17; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 152; Coester-Waltjen JURA 1992, 441, 442; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 25; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 9; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 6; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 16; Lange JA 2007, 766, 767; Medicus (Rn. 1017), Rn. 285; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 19; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 31; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 46; differenzierend (Zugang bereits mit der Entgegennahme durch den Empfangsboten, wenn dieser sich im Machtbereich des Adressaten aufhält) Haas JA 1997, 116, 119; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 79; völlig abw. etwa Sandmann AcP 1999 (1999) 455, 476 (jeweils Differenzierung zwischen tatsächlich ermächtigten und nur nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt geltenden Empfangsboten) sowie Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 59, 62 (Zugang in dem Zeitpunkt, in welchem die Erklärung von der Empfangsperson sinnlich wahrgenommen wurde).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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klärungsempfänger entgegenzunehmen und zur Übermittlung an den Empfänger geeignet und bereit ist.2120 Hierzu hat sich im Verlauf der Zeit eine umfangreiche Kasuistik entwickelt.2121 Als Empfangsbote qualifiziert wurden z.B.: Ehepartner2122, nichteheliche Lebenspartner2123, mit dem Adressaten im selben Haus lebende Familienangehörige2124, oder die kaufmännischen Angestellten in einem Betrieb2125; abgelehnt wurde die Qualifikation als Empfangsbote dagegen etwa bei einem die Wohnung allein nutzenden Untermieter2126 oder einem 9-jährigen Kind2127. dd) Zugangsverzögerung und Zugangsverhinderung Einen spezieller Problemkreis stellt sich im Kontext von Zugangsverzögerung und Zugangsverhinderung, wobei auch hier im Detail vieles umstritten ist. Nach Rspr.2128 und h.L.2129 trifft denjenigen, der auf Grund bestehender oder angebahnter vertraglicher oder gesetzlicher Beziehungen (z.B. berufliche Stellung des Empfängers2130, Arbeits-2131, Miet-2132, Pacht-2133, Versicherungs-
2120 Vgl. BGH NJW 2002, 1565, 1566; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 17; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 152; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 5; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 25; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 9; Haas JA 1997, 116, 119; Lange JA 2007, 766, 767; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 16; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 47; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 17; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 31; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 45, 47; differenzierend jedoch Sandmann AcP 1999 (1999) 455, 476; gegen eine Empfangsbotenschaft kraft Verkehrsanschauung etwa Brinkmann (Fn. 1922), S. 149; generell gegen eine Differenzierung zwischen Empfangsbote und –vertreter etwa Benedict (Fn. 1984), S. 87 ff. 2121 Vgl. etwa die Übersichten bei Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 9; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 57. 2122 Vgl. RGZ 60, 334, 337; BGH NJW 1951, 313; NJW 1994, 2613, 2614; BAG NJW 2011, 2604. 2123 Vgl. BAG NJW 2011, 2604, 2605 (obiter); LAG Bremen NZA 1988, 548. 2124 Vgl. BSG NJW 2005, 1303, 1304 (volljährige Tochter); OLG Hamm VersR 1988, 621 (Vater); OLG Köln MDR 2006, 866 (Schwägerin, die im selben Haus im Stockwerk unterhalb der Wohnung des Adressaten wohnt). 2125 Vgl. BGH NJW 2002, 1565, 1566 f. 2126 Vgl. LG München I NJW-RR 2008, 319. 2127 Vgl. LAG Hessen BeckRS 2009, 74583 (9-jährige Tochter); anders jedoch AG Friedberg WM 1992, 596 (9-jähriger Sohn). 2128 Vgl. BGH VersR 1971, 262 f.; BGH NJW 1998, 976, 977; BAG NZA 2003, 719, 723; BAG NZA 2006, 204, 205; BAG NZA 2008, 1055, 1060; LG Berlin NZM 2003, 21. 2129 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 29; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 34, 36; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 17; Franzen JuS 1999, 429, 431; Lange JA 2007, 766, 768; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 22; grundlegend bereits Dilcher AcP 154 (1955) 120, 131 ff.; kritisch jedoch etwa Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 88 ff. 2130 Z.B. § 663 BGB, § 362 HGB, vgl. Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 17; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 34. 2131 Vgl. BAG NZA 2003, 719, 723; BAG NZA 2006, 204, 205. 2132 Vgl. BGH NJW 1977, 194, 195; LG Berlin NZM 2003, 21. 2133 Vgl. BGH NJW-RR 2007, 1567, 1568.
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vertrag2134) mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, eine Obliegenheit, Empfangsvorkehrungen zu treffen. Im Falle einer Zugangsverzögerung kann sich der Adressat folglich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf einen verspäteten Zugang berufen, wenn er die Verzögerung wegen einer in seinem Verantwortungsbereich liegenden Ursache selbst zu vertreten hat.2135 Im Falle einer treuwidrigen Zugangsvereitelung schien die Rspr. früher generell mit einer Zugangsfiktion zu arbeiten2136; auch im Schrifttum wurde und wird diese Lösung bis heute von vielen favorisiert2137. Die neuere Rechtsprechung2138 und Lehre2139 verlangen dagegen als Voraussetzung dafür, dass der Empfänger den Zugang nach Treu und Glauben als rechtzeitig gegen sich gelten lassen muss, grundsätzlich einen nochmaligen Zugangsversuch. Dieser soll nur dann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn der Adressat der Zugang arglistig vereitelt oder die Annahme grundlos verweigert, obwohl er mit dem Eingang rechtserheblicher Mitteilungen seines Vertrags- oder Verhandlungspartners rechnen muss.2140 Diese Lösung ist klar vorzugswürdig, denn sie gewährt 2134
Vgl. BGH VersR 1971, 262 f. Vgl. RGZ 58, 406, 408; RGZ 95, 315, 317 f.; 97, 336, 339; BGH LM Nr. 1 § 130 BGB; BAG NJW 2003, 1828, 1830; BAG NZA 2006, 204, 205; BAG NZA 2008, 1055, 1060; LAG Berlin-Brandenburg BeckRS 2011, 67098; LG Freiburg NJW-RR 2004, 1377; AG Bad Neuenahr-Ahrweiler NJW-RR 2008, 244; ArbG Köln BeckRS 2011, 67936; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 31; Brinkmann (Fn. 1922), S. 180 ff.; Kim/Dübbers NJ 2001, 65, 66; Lange JA 2007, 766, 768; Staudinger/Looschelders/Olzen, Neubearb. 2009, § 242 Rn. 456; Taupitz/Kritter JuS 1999, 839, 842. 2136 Vgl. BGH NJW 1977, 194, 195; BGH NJW 1983, 929, 930; BAG NJW 1993, 1093, 1094. 2137 Vgl. bereits Habicht DJZ 1901, 265 ff. (Analogie zu § 162 Abs. 1 BGB); von Blume JherJb 51 (1907) 1, 11 (Analogie zu § 530 Abs. 2 BGB); aus jüngerer Zeit: Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 18; Schwarz NJW 1994, 891 f. 2138 Vgl. BGH NJW 1998, 976, 977; LAG München AuR 2005, 276 f.; OLG Köln VersR 2006, 1212; KG ZMR 2010, 954; LAG Bremen NZA-RR 2002, 186, 188; LG Hamburg NJWRR 2001, 586; LG Berlin NZM 2003, 21. 2139 Vgl. A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 30; Bork (Fn. 202), Rn. 637; Brinkmann (Fn. 1922), S. 183; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 159; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Flume (Fn. 19), § 14, 3 e (S. 238); Franzen JuS 1999, 429, 432 f.; Grunewald (Fn. 1210), § 1 Rn. 12; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 96; Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 15; Kim/Dübbers NJ 2001, 65, 66 f.; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 47; Lange JA 2007, 766, 769; Looschelders VersR 1998, 1198, 1203; Looschelders/Olzen (Fn. 2135), § 242 Rn. 457; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 58; Spindler/ Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 15; Weiler JuS 2005, 788, 793; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 22; s. ferner grundsätzlich auch Medicus (Rn. 1017), Rn. 278 ff.; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 25 f.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 53 f.; s. aber auch bereits Planck (Fn. 857), § 130 Anm. 5b. 2140 Vgl. BGH NJW 1998, 976, 977; OLG Köln VersR 2006, 1212; KG ZMR 2010, 954; LAG Bremen NZA-RR 2002, 186, 188 f.; LG Berlin NZM 2003, 21; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 28; Bork (Fn. 202), Rn. 637; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 7; Franzen JuS 1999, 429, 432 f.; Grunewald (Fn. 1210), § 1 Rn. 12; Heckmann (Fn. 1580), Kap. 4.1 Rn. 96, 98; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 48; Lange JA 2007, 766, 769; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 57; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 16; Weiler JuS 2005, 788, 792 f.; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 23; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 26; tendenziell für weitergehende Ausnahmen Medicus 2135
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nicht nur dem zwar sorgfaltswidrigen, aber doch „gutgläubigen“ Adressaten einen gewissen Schutz2141, sondern eröffnet vor allem auch dem Erklärenden die Wahl, ob er an der Erklärung nach dem ersten (gescheiterten) Zugangsversuch überhaupt noch festhalten will oder nicht2142. d) Die Regelung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB Gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB wird eine Willenserklärung nicht wirksam, wenn dem Adressaten vorher oder gleichzeitig ein „Widerruf“ 2143 zugeht. aa) Ratio Wie auch in den Motiven zum BGB ausdrücklich betont wird, ist diese letztlich lediglich eine logische Folge daraus, dass die Willenserklärung erst mit dem Zugang beim Adressaten wirksam wird2144: Bis dahin ist der Erklärende konsequenterweise „ungehindert, die zur Herbeiführung der Wirksamkeit eingeleiteten Schritt rückgängig zu machen und dem Eintritte derselben durch rechtzeitigen Widerruf vorzubeugen“.2145 bb) Terminologie An dieser Stelle bedarf es einiger Anmerkungen zur Terminologie des BGB, das den Begriff „Widerruf“ nicht homogen, sondern vielmehr für verschiedene, sich der Rechtsnatur und Wirkung nach signifikant voneinander unterscheidende Formen der „Rückgängigmachung“ verwendet. In § 130 Abs. 1 S. 2 BGB bezeichnet der Terminus „Widerruf“, wie dargelegt, eine Willenserklärung, mit der verhindert wird, dass die „ursprüngliche“ Willenserklärung überhaupt erst wirksam wird. Eine ähnliche Funktion hat der „Widerruf“ z.B. auch im Rahmen der §§ 109 Abs. 1, 178 S. 1 BGB: Durch die „Widerrufserklärung“ wird hier zwar nicht der Eintritt der Wirkung der ursprünglichen Willenserklärung, wohl aber das (endgültige) Wirksamwerden des Vertrags, auf dessen Abschluss sie gerichtet war, verhindert2146. Andererseits verwendet das BGB den Begriff „Widerruf“ aber gleichermaßen für Willenserklärungen, die 2141 (Rn. 1017), Rn. 282 („absichtlich verhindert“); generell (d.h. ohne jegliche Ausnahmen) einen erneuten Zustellungsversuch fordernd dagegen Brinkmann (Fn. 1922), S. 178; Looschelders VersR 1998, 1198, 1203. 2141 Vgl. auch Kim/Dübbers NJ 2001, 65, 67; Looschelders/Olzen (Fn. 2135), § 242 Rn. 457. 2142 Vgl. Brinkmann (Fn. 1922), S. 183; Kim/Dübbers NJ 2001, 65, 67 f.; Looschelders/Olzen (Fn. 2135), § 242 Rn. 457; s. ferner auch Medicus (Rn. 1017), Rn. 278 f. 2143 Vgl. zur Problematik der Terminologie näher unten C. VII.1. d) bb). 2144 Vgl. zur legislatorischen Entscheidungen zugunsten der Empfangstheorie bereits oben C. VII.1. c) aa)(1). 2145 Vgl. Mot. I, 158 = Mugdan I, 439. Vgl. ferner auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 40; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 100; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 30. 2146 Vgl. zur Wirkung des Widerrufs gem. § 109 Abs. 1 BGB nur MünchKommBGB/J. Schmitt, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 10; Staudinger/Knothe, Neubearb. 2011, § 109 Rn. 6; zu derjenigen gem. § 178 S. 1 BGB nur Schilken (Fn. 2114), § 178 Rn. 1 m.w.N.
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C. Angebot
ihrer Rechtsnatur nach Gestaltungserklärungen sind, mit denen eine bereits wirksame Willenserklärung bzw. ein bereits wirksamer Vertrag wieder vernichtet wird, so z.B. das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen gem. § 355 BGB2147, der Schenkungswiderruf gem. §§ 530 ff. BGB2148 oder der Widerruf des Testaments gem. §§ 2253 ff. BGB2149. Viele internationale Regelwerke wie z.B. das CISG2150, die PICC2151 oder die PECL (zumindest in der englischen Fassung2152, nicht aber in der deutschen2153) sind in diesem Kontext terminologisch weitaus exakter und differenzieren klar zwischen „Rücknahme“ und „Widerruf“: Der Terminus „Rücknahme“ (englisch: „withdrawal“, französisch: „rétractation“) ist dabei Erklärungen vorbehalten, mit denen verhindert wird, dass die ursprüngliche Erklärung überhaupt erst wirksam wird; „Widerruf“ (englisch: „revocation“, französisch: „révocation“) dagegen meint eine Erklärung, mit der eine bereits wirksam gewordene Erklärung wieder vernichtet wird. Hintergrund ist, dass 2147
Vgl. dazu bereits oben B. I.1. b) hh) bei Fn. 242. Vgl. zur Wirkung des Schenkungswiderrufs nur Staudinger/Wimmer-Leonhardt, Neubearb. 2005, § 531 Rn. 5. 2149 Vgl. zur Wirkung des Widerrufs eines Testaments nur Staudinger/Baumann, Neubearb. 2012, § 2253 Rn. 16. 2150 Art. 15 Abs. 2 CISG: Ein Angebot kann, selbst wenn es unwiderruflich ist, zurückgenommen werden, wenn die Rücknahmeerklärung dem Empfänger vor oder gleichzeitig mit dem Angebot zugeht. (An offer, even if it is irrevocable, may be withdrawn if the withdrawal reaches the offeree before or at the same time as the offer./ Une offre, même si elle est irrévocable, peut être rétractée si la rétractation parvient au destinataire avant ou en même temps que l’offre.) Art. 16 CISG regelt dann den Widerruf (revocation/révocation). Vgl. zur Differenzierung zwischen Rücknahme und Widerruf im CISG etwa auch Dornis (Fn. 1390), Art. 14 Rn. 32, Art. 16 Rn. 7; Mankowski (Fn. 1390), Art. 15 CISG Rn. 2; Magnus (Fn. 1390), Art. 22 CISG Rn. 2. 2151 Art. 2.1.3(2) PICC: Ein Angebot kann, selbst wenn es unwiderruflich ist, zurückgenommen werden, wenn die Rücknahmeerklärung dem Empfänger vor oder gleichzeitig mit dem Angebot zugeht. (An offer, even if it is irrevocable, may be withdrawn if the withdrawal reaches the offeree before or at the same time as the offer./ Une offre, même si elle est irrévocable, peut être rétractée si la rétractation parvient au destinataire avant ou en même temps que l’offre.) Art. 2.1.4 PICC regelt dann den Widerruf (revocation/révocation). 2152 Art. 1:303(5) PECL A notice has no effect if a withdrawal of it reaches the addressee before or at the same time as the notice. Art. 2:202 PECL regelt dann die „revocation“. 2153 Art. 1:303(5) PECL Eine Mitteilung ist unwirksam, wenn ihr Widerruf dem Empfänger zu einer früheren Zeit als die Mitteilung oder gleichzeitig mit dieser zugeht. Art. 2:202 PECL verwendet dann ebenfalls den Terminus „Widerruf“. Der deutsche Kommentar A zu Art. 2:202 PECL führt dann jedoch explizit aus, dass in Art. 1:303(5) die „Rücknahme“, in Art. 2:202 dagegen der „Widerruf“ geregelt sei. 2148
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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es angesichts der teils höchst divergenten Konzeptionen der nationalen Rechtsordnungen in diesem Bereich geradezu essentiell erscheint, im internationalen und rechtsvergleichenden Kontext eine exakte und eindeutige Terminologie zu verwenden. Dementsprechend soll auch im Folgenden zwischen „Rücknahme“ und „Widerruf“ differenziert werden. Der „Widerruf“ i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB ist also tatsächlich kein „Widerruf“ i.e.S., sondern vielmehr eine „Rücknahme“. Speziell vor dem Hintergrund, dass das deutsche Recht an sich generell um eine exakte Terminologie bemüht – und dafür sogar berühmt ist, wäre es de lege ferenda unzweifelhaft wünschenswert, die gesetzliche Terminologie im BGB (sowie den einschlägigen sonstigen Gesetzen) insofern zumindest auf längere Sicht zu präzisieren.2154 cc) Voraussetzungen einer wirksamen Rücknahme gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB Voraussetzung dafür, dass die Willenserklärung nicht wirksam wird, ist nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB, dass dem Adressaten vorher oder gleichzeitig ein „Wi^ Rücknahme) zugeht. derruf“ (= Der Wortlaut stellt also allein und explizit auf die chronologische Reihenfolge des Zugangs ab. Streitig ist jedoch, ob dies auch dann strikt gelten soll, wenn der „Widerruf“ (=^ Rücknahme) zwar nach der Erklärung zugeht, aber tatsächlich vorher oder gleichzeitig zur Kenntnis genommen wird. Ein Teil des Schrifttums nimmt auch in diesem Fall an, dass die Willenserklärung nie wirksam wird, weil der Adressat hier noch kein Vertrauen habe bilden können und deshalb nicht schutzwürdig sei.2155 Einige wollen es mit entsprechender Argumentation sogar genügen lassen, wenn der „Widerruf“ (=^ Rücknahme) zwar noch nicht zugegangen, der Adressat aber weiß, dass ein solcher unterwegs ist.2156 Eine derartige Auslegung steht jedoch in evidentem Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut der Norm, der explizit auf den Zugang abstellt.2157 Sie konfligiert aber vor allem auch mit der legislatorischen Grundentscheidung zugunsten der Empfangstheorie, die gerade keine tatsächliche Kenntnisnahme durch den Adressaten verlangt, also eben nicht auf sein konkretes Vertrauen
2154
Angesichts der langen Tradition der BGB-Terminologie, des Umstands, dass man in der Praxis offenbar gut mit den unterschiedlichen Bedeutungen des Widerrufsbegriffs leben kann und der erforderlichen Vielzahl punktueller Änderungen ließe sich dies freilich realistischerweise wohl nur als eine Art „Addendum“ zu einer ohnehin anstehenden „großen Reform“ (vergleichbar der Schuldrechtsreform) bewerkstelligen. 2155 So etwa Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 65. 2156 So etwa Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 154. 2157 Vgl. RGZ 91, 60, 63; BGH NJW 1975, 382, 384; Bork (Fn. 202), Rn. 649; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 85; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 101.
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C. Angebot
abstellt.2158 Die ganz h.M. erachtet daher zu Recht ausschließlich und allein die chronologische Reihenfolge des Zugangs für maßgeblich.2159 ^ Rücknahme) formfrei ist Unstreitig ist dagegen, dass der „Widerruf“ (= und insbesondere auch nicht in derselben Form wie die Willenserklärung erfolgen muss.2160 e) Dispositivität Da § 130 BGB dispositiv ist, steht es den Parteien frei, im Hinblick auf Abgabe und/oder Zugang abweichende Standards zu vereinbaren.2161 Ferner kann der ^ Rücknahme) verErklärende auch auf die Möglichkeit eines „Widerrufs“ (= zichten.2162
2. Französisches Recht a) Grundsatz Im französischen Schrifttum wird die Problematik von Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots selbst in den gängigen Standardwerken meist nicht näher erörtert oder gar fundierter analysiert; wirklich einschlägige Rechtsprechung findet sich ebenfalls nicht2163. Hintergrund ist zum einen, dass das französische Recht trotz der Rezeption der Rechtsinstitute des acte juridique und der déclaration de volonté2164 bis heute keine der deutschen auch nur annähernd vergleichbare generell-abstrakte Rechtsgeschäftslehre entwickelt hat, so dass die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots nicht 2158 Vgl. Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 85; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 102; s. ferner auch Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 40; Flume (Fn. 19), § 35 I 3b (S. 641); Medicus (Rn. 1017), Rn. 300; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 58. 2159 Vgl. RGZ 91, 60, 63; BGH NJW 1975, 382, 384; A. Arnold (Fn. 1006), § 130 Rn. 20; Bork (Fn. 202), Rn. 649; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 8; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 40; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 11; Flume (Fn. 19), § 35 I 3b (S. 641); Jauernig (Fn. 202), § 130 Rn. 16; Köhler (Fn. 985), § 6 Rn. 23; Medicus (Rn. 1017), Rn. 300; Musielak (Fn. 1922), § 2 Rn. 85; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 101 f.; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 130 BGB Rn. 27; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 30; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 19 ff.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 33 Rn. 57 f. 2160 Vgl. BFH NVwZ-RR 2009, 822, 823 (telefonischer „Widerruf“ einer schriftlichen Erklärung); Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 40; Medicus (Rn. 1017), Rn. 299; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 103; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 30. 2161 Vgl. näher Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 22; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 22 ff. m.w.N.; abw. jedoch etwa Benedict (Fn. 1984), S. 45 ff. 2162 Vgl. KG NJW 2005, 1053, 1054; LG Koblenz NJW 2010, 159, 160; Dörner (Fn. 202), § 130 Rn. 8; Einsele (Fn. 1922), § 130 Rn. 40; Ellenberger (Fn. 202), § 130 Rn. 11; Kümpel WM 1993, 825, 826; Singer (Fn. 202), § 130 Rn. 103; Wendtland (Fn. 1954), § 130 Rn. 32; a.A. Fuchs AcP 196 (1996) 313, 377 ff., 387, 393. 2163 Entscheidungen gibt es – soweit ersichtlich – nur zum Parallelproblem der Rücknahme des Angebots, vgl. dazu unten bei Fn. 2180. 2164 Vgl. oben B. I.2. b) ee)(2)(a).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
323
auf der Basis allgemeiner Regeln über Willenserklärungen gelöst wird, sondern als quasi als „punktuelle Spezialfrage“ begriffen wird. Zum anderen kommt dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Angebots im französischen Recht auf Grund des Prinzips der freien Widerruflichkeit (dazu sowie zu den zahlreichen Durchbrechungen desselben ausf. unten C. VIII.2. a) – C. VIII.2. f)) sowohl aus konzeptioneller als auch aus praktischer Perspektive eher geringe Relevanz zu. Im Fokus des akademischen (und praktischen) Diskurses steht vielmehr seit jeher der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und damit des Zustandekommens des Vertrags2165. Ebenso wird auch die – im französischen Recht ebenfalls seit Langem fest etablierte – Abgrenzung zwischen Verträgen unter Anwesenden (contrats entre présents) und Verträgen unter Abwesenden (contrats entre absents) erst dort wirklich relevant; sie soll daher im Einklang mit der französischen Doktrin auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit erst in diesem Kontext nähert erörtert werden2166. Soweit die Frage von Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots überhaupt erörtert wird, wird allgemein angenommen, dass das Angebot erst in dem Moment im rechtlichen Sinne Existenz erlangt, in dem es zur Kenntnis seines Adressaten (bzw. seiner Adressaten) gebracht wird.2167 Das Angebot wird in diesem Kontext häufig auch als déclaration réceptice (empfangsbedürftige Erklärung) bezeichnet.2168 Das Erfordernis der Kenntnis des Adressaten als „juristische Existenzbedingung“ des Angebots folgt dabei nach französischem Rechtsverständnis quasi wesensmäßig aus dem Konsensprinzip2169: Eine wirkliche rencontre des volontés (Willensübereinkunft) erscheint nur dann möglich, wenn jede Partei ihren Willen zur Kenntnis der anderen bringt.2170 Die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots stellt insofern aus der Perspektive des französischen Rechts letztlich lediglich als eine Art „Vorfrage“ dar zu der eigentlichen Frage, ob ein Konsens der Parteien vorliegt: Die Hauptwirkung und -funktion des Angebots ist es, im Falle der Annahme durch den Adressa2165
Dazu ausf. unten D. VII.2. S. unten D. VII.2. a). 2167 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 31; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 125; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Ghestin (Fn. 1049), n° 294; Larroumet (Fn. 243), n° 239, 245; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401; s. ferner etwa auch Boy D. 1999, jur. 170, 171. 2168 Grundlegend Aubert (Fn. 990), n° 31; im Anschluss daran etwa auch Ghestin (Fn. 1049), n° 294. 2169 Vgl. zum Konsens als Kern und Geltungsgrund des Vertrags im französischen Recht oben B. I.2. a) aa). 2170 Vgl. paradigmatisch etwa Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 133: „Il faut … que ces deux manifestations de volonté se soient rencontrées: c’est-à-dire que chacune des parties ait fait connaître ses intentions à l’autre“ („Diese zwei Willenserklärungen müssen zusammenkommen, d.h. jede der Parteien ihre Intentionen zur Kenntnis der anderen gebracht haben muss“); s. ferner sehr anschaulich etwa auch Ghestin (Fn. 1049), n° 294. 2166
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C. Angebot
ten das Zustandekommen eines Vertrags zu ermöglichen2171; das Angebot ist insofern untrennbar mit der Annahme verbunden2172 und da erst diese den Vertrag zustande bringt, steht sie und der Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit im Fokus des Interesses. b) Unwirksamkeit bei Rücknahme (rétractation) vor Kenntnisnahme Als Konsequenz daraus, dass das Angebot erst mit der Kenntnisnahme durch den Adressaten rechtlich existent wird, ist im Übrigen allgemein anerkannt (und auch in den neueren Reformentwürfen explizit vorgesehen2173), dass es vorher frei zurückgenommen werden kann.2174 Ein per Brief übersandtes Angebot wird also z.B. nicht wirksam, wenn der Anbietende den Adressaten vor Eintreffen des Briefs anruft und sein Angebot zurücknimmt.2175 Die Terminologie ist allerdings insoweit auch in Frankreich leider nicht immer ganz exakt. Verbreitet wird nämlich auch in diesem Kontext undifferenziert der Begriff révoquer bzw. revocation verwendet. Die dogmatisch korrekte Bezeichnung für die Rücknahme vor Kenntnisnahme, die dazu führt, dass das Angebot niemals wirksam bzw. existent wird, ist rétractation (als Verb: rétraher). Der Begriff révocation bezieht sich dagegen streng genommen nur auf den Widerruf i.e.S.2176 (d.h. nach Kenntnisnahme durch den Adressa2171 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 265; Ghestin (Fn. 1049), n° 301; vgl. auch die allgemeine Definition der offre, dazu oben C. I.2. 2172 Vgl. anschaulich etwa Ghestin (Fn. 1049), n° 301: „L’effet principal de l’offre est inséparable de l’acceptation et, en particulier, des conditions dans lesquelles se réalise la concordance nécessaire à la formation du contrat.“ („Die Hauptwirkung des Angebots ist untrennbar von der Annahme und insbesondere von den Bedingungen, unter denen die für das Zustandekommen des Vertrags notwendige Übereinstimmung sich verwirklicht.“). 2173 Art. 1105-2 Avant-projet Catala (Fn. 438) L’offre peut être librement révoquée tant qu’elle n’est pas parvenue à la connaissance de son destinataire … (Das Angebot kann frei widerrufen werden, solange es nicht zur Kenntnis seines Adressaten gelangt ist …). Art. 17 Projet Terré (Fn. 465) Art. 24 Projet de la chancellerie (Fn. 438) L’offre peut être librement rétractée tant qu’elle n’est pas parvenue à la connaissance de son destinataire. (Das Angebot kann frei zurückgenommen werden, solange es nicht zur Kenntnis seines Adressaten gelangt ist.) 2174 Vgl. Aubert (Fn. 1715), n° 31; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 125; Blanchard (2008) IBLJ 3, 15; Bonassies (Fn. 1414), S. 724 ff.; Boy D. 1999, jur. 170, 171; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138 (Fn. 1 S. 115); Ghestin (Fn. 1049), n° 303; Larroumet (Fn. 243), n° 96, 239; Mirabail, La rétractation en droit privé français, 1997, S. 94; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 118; s. ferner etwa auch bereits Demolombe, Cours de Code Civil, t. 24, 1877, n° 64. 2175 Beispiel von Boy D. 1999, jur. 170, 171; ähnliche Beispiele z.B. auch bei Flour/Aubert/ Savaux (Fn. 243), n° 138 (Fn. 1 S. 115); Larroumet (Fn. 243), n° 96; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 118. 2176 Ausf. zu Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots im französischen Recht unten C. VIII.2. a) – C. VIII.2. f).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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ten), durch den das zunächst existent gewordene Angebot wieder „vernichtet“ wird. 2177 Die im deutschen Recht ausdrücklich geregelte Frage, ob auch eine gleichzeitige Rücknahme genügt, wird in Frankreich – soweit ersichtlich – nicht speziell problematisiert. Im Hinblick auf die zu Grunde liegenden Wertungsaspekte dürfte aber auch nach französischem Recht eine gleichzeitige Rücknahme genügen.2178 Denn auch in diesem Fall konnte seitens des Adressaten noch kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen2179 und zumindest für den Parallelfall der Rücknahme des Angebots ist anerkannt, dass eine gleichzeitige Kenntnisnahme genügt2180. Da das französische Recht die Wirksamkeit des Angebots aber (anders als das deutsche) nicht bereits mit der unter gewöhnlichen Umständen bestehenden Möglichkeit der Kenntnisnahme, sondern erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme eintreten lässt, dürfte eine wirklich gleichzeitige Kenntnisnahme von Angebot und Rücknahme in der Praxis wohl kaum vorkommen: Selbst wenn der Anbietende gerade in dem Moment anruft, indem der Adressat den Brief mit dem Angebot liest, müsste man streng genommen immer noch sagen, dass der Anruf mit der Rücknahme „früher“ war, wenn der Adressat den Angebotsbrief noch nicht zu Ende gelesen hat. Letztlich dürfte dies wohl auch ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Frage in Frankreich nicht wirklich diskutiert wird.
3. Englisches Recht a) Grundsatz Ebenso wie im französischen Recht wird die Problematik von Zeitpunkt und Ort des Angebots (offer) auch im englischen Recht selbst in den führenden Lehrbüchern allenfalls relativ knapp angesprochen, und auch wirklich einschlägige Rechtsprechung findet sich – abgesehen von einem obiter dictum von Kay LJ in Henthorn v Fraser (1892)2181 nicht2182. 2177 Ausdrücklich differenzierend zwischen rétraction (Rücknahme) und révocation (Widerruf): Art. 17 Projet Terré (Fn. 465) und Art. 24 Projet de la chancellerie (Fn. 2173); Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 125; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401. Vgl. ferner Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 138 (S. 115 Fn. 1), die den Begriff révocation in diesem Kontext ebenfalls bewusst vermeiden und untechnisch davon sprechen, dass das Angebot „dépourvue de toute valeur“ („bar jeglicher Bedeutung“) bzw. „annulée“ („annulliert“) ist. 2178 Vgl. (aus rechtsvergleichender Perspektive) auch Bonassies (Fn. 1414), S. 724 f.; s. ferner auch bereits Demolombe (Fn. 2174), n° 64. 2179 Vgl. zum Vertrauensaspekt in Bezug auf die Rücknahme Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 125; Boy D. 1999, jur. 170, 171; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401. 2180 Vgl. C. de Toulouse, 13.6.1901, D. 1902.II.16. S. zur Rücknahme des Angebots ferner etwa auch C. de Chambéry, 8.6.1877, D. 1878.II.113; C. d’Orléans, 26.6.1885, D. 1886.II.135. Vgl. dazu auch Bonassies (Fn. 1414), S. 724 f. 2181 Vgl. unten bei Fn. 2191 f. 2182 Die bei Treitel (Fn. 491), 2-015 in diesem Kontext zitierte Entscheidung Taylor v Jones (1871) 1 CPD 87 betraf nicht wirklich die Frage, wann und wo das Angebot wirksam wurde,
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C. Angebot
Die Gründe dafür dürften ebenfalls im Wesentlichen denjenigen entsprechen, die in Bezug auf das französische Recht konstatiert wurden: Die Problematik erscheint auch im englischen Recht – das anders als das französische noch nicht einmal die Begriffe „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“ kennt, von einer generell-abstrakten Rechtsgeschäftslehre also noch erheblich weiter entfernt ist2183 quasi als „punktuelle Spezialfrage“, welcher auf Grund des dort strikt geltenden Prinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots2184 nur geringe konzeptionelle und praktische Relevanz zukommt. Ebenso wie im französischen Recht steht im Zentrum des praktischen und wissenschaftlichen Diskurses vielmehr auch im England seit jeher der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und damit des Zustandekommen des Vertrags, speziell die berühmte postal rule2185 und ihre Reichweite. In Bezug auf Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots (offer) postuliert das renommierte Lehrbuch Anson’s Law of Contract dagegen schlicht2186: In general an offer is effective when, and not until, it is communicated to the offeree. [Im Allgemeinen ist ein Angebot erst dann wirksam, wenn es an den Angebotsempfänger kommuniziert worden ist.]
Ganz ähnlich formulieren auch die anderen Autoren, welche die Problematik überhaupt speziell ansprechen.2187 Dass das Angebot erst wirksam wird, wenn es an den Adressaten kommuniziert wird und zwar in dem Sinne, dass er tat2183 sondern vielmehr, wo der Vertrag zustande kam (zumal auch die von den Richtern zitierten Präjudizien überwiegend gar nicht einschlägig sind), vgl. auch Pollock, Principles of contract at law and in equity, 3rd American from the 7th English ed., 1906, S. 886; Winfield (1939) 55 LQR 499, 503. 2183 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. b) cc). 2184 Dazu ausf. unten C. VIII.3. a). 2185 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 2186 Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 39. 2187 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.47: „An offer is not effective until it is communicated to the offeree.“ („Ein Angebot ist nicht wirksam, solange es nicht an den Angebotsempfänger kommuniziert worden ist.“); Treitel (Fn. 491), 2-015: „an offer cannot take effect until it is received“ („ein Angebot kann nicht wirksam werden, bevor es empfangen worden ist.“); vgl. auch bereits Winfield (1939) 55 LQR 499, 503: „The moment at which an offer is deemed to be communicated. The simple rule is that it is deemed to be communicated to the offeree when he knows of it.“ („Der Moment in, dem das Angebot als kommuniziert gilt. Die einfache Regel ist, dass es als an den Angebotsempfänger kommuniziert gilt, wenn er Kenntnis davon hat.“). Ausdrücklich Winfield sowie eine frühere Auflage von Anson zitierend auch Saxena (Fn. 1425), S. 719. Vgl. weiter etwa auch Coote (1971) 4 NZULR 331, 332: „the offer must come to the actual knowledge of the offeree before he can accept it.“ („das Angebot muss tatsächlich zur Kenntnis des Angebotsempfängers gelangen, bevor er es annehmen kann.“). Etwas ausführlicher zur Problematik Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-026 i.V.m. 2-046 (der es zumindest für möglich hält, dass die Annahmefrist bereits vor der tatsächlichen communication zu laufen beginnt, wenn sich die Beförderung des Angebots auf Grund eines vom Anbietenden zu vertretenden Umstands verzögert).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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sächlich Kenntnis davon genommen hat (das bloße Gelangen in den „Machtbereich“ oder die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme wird gerade nicht als ausreichend erachtet2188) folgt nach englischem Verständnis quasi selbstverständlich daraus, dass eine Annahme in Unkenntnis des Angebots nicht vorstellbar erscheint, weil es dann nicht zu einem meeting of the minds kommt2189. In der englischen Rechtsprechung wurde die Frage bislang – wie bereits angedeutet – nicht wirklich problematisiert oder ausdrücklich entschieden. Im eng verwandten schottischen Recht judizierte Lord President McNeill jedoch bereits 1855 in der Grundsatzentscheidung Thomson v James2190: An offer is nothing until it is communicated to the party to whom it is made. [Ein Angebot ist nichts, bevor es an die Partei, an die es gerichtet ist, kommuniziert worden ist.]
Ganz ähnlich konstatierte dann auch Kay LJ – wenngleich nur obiter2191 – in Henthorn v Fraser (1892)2192: 2188 Vgl. insofern sehr plastisch (wenn auch noch auf die Verhältnisse der Postzustellung in früheren Zeiten abstellend) Winfield (1939) 55 LQR 499, 503: „The fairness of the rule is obvious, for if an offer is posted to you and the postman puts it in your letter-box in the ordinary way at about 7.30 a.m., it would be hard upon you if the mere dropping of the letter into the box were held to be a communication of its contents to you. You may be in bed and asleep, or in your bath, or shaving, and, like most business and professional people, you do not open your letters until you reach the breakfast table.“ („Die Fairness dieser Regel ist offensichtlich, denn wenn ein Angebot per Post an dich gesendet wird und der Postbote es wie gewöhnlich um ca. 7.30 Uhr in deinen Briefkasten legt, wäre es dir gegenüber sehr hart, wenn man annehmen würde, dass der bloße Einwurf des Briefs in den Briefkasten eine Mitteilung seines Inhalts an dich ist. Du magst im Bett sein und schlafen, oder in der Badewanne, oder beim Rasieren, und, wie die meisten Geschäftsleute und Freiberufler, öffnest du deine Briefe nicht, bevor du den Frühstückstisch erreichst.“). Vgl. weiter etwa auch Coote (1971) 4 NZULR 331, 332: „The doctrinal reason for this is clear enough. It is of the essence of an acceptance that it be a response to an initial offer.“ („Der doktrinelle Grund dafür ist klar genug. Es gehört zum Wesen der Annahme, dass sie eine Antwort auf ein ursprüngliches Angebot ist.“). 2189 Vgl. speziell in Bezug auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Angebots: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 39; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 2.47; Treitel (Fn. 491), 2-015. Vgl. zur Problematik der Annahme in Unkenntnis des Angebots speziell beim unilateral contract bereits oben B. II.3. b) cc); allg. zum Erfordernis der Kenntnis des Angebots auch noch unten D. III.1. c) (im Kontext der Problematik der Kreuzofferten) und D. III.2. c) (im Kontext der Problematik der reward cases [Belohnungsfälle]). Vgl. in Bezug auf sich kreuzende Schreiben auch bereits Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 279 per Blackburn J: „The promise or offer being made on each side in ignorance of the promise or the offer made on the other side, neither of them can be construed as an acceptance of the other.“ („Das Versprechen oder das Angebot, das auf jeder Seite in Unkenntnis des Versprechens oder des Angebots auf der anderen Seite gemacht wird, keines von beiden kann als Annahme des anderen angesehen werden.“). 2190 Thomson v James (1855) 18 D. 1 at 10. Vgl. zur Rechtslage in Schottland auch Scottish Law Commission (Fn. 1116), para. 2.21 m.w.N. 2191 Konkret ging es um die Frage nach der Wirksamkeit eines Widerrufs, vgl. dazu näher unten C. VIII.3. a) bb). 2192 Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 37 per Kay LJ.
328
C. Angebot
An offer to sell is nothing until it is actually received. [Ein Verkaufsangebot ist nichts, bis es tatsächlich empfangen wird.]
Seit Langem fest etabliert ist dieser Grundsatz ferner auch in der US-amerikanischen Literatur2193 und Rechtsprechung2194. b) Rücknahme Die Problematik der Rücknahme des Angebots bevor es wirksam wird, wird im englischen Recht – soweit ersichtlich – überhaupt nicht speziell problematisiert. Maßgeblich dafür dürfte nicht zuletzt sein, dass das Angebot (offer) ohnehin sogar bis zum Zeitpunkt seiner Annahme prinzipiell frei widerruflich ist2195. Mit Blick darauf sowie den Umstand, dass das Angebot (offer) erst mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger überhaupt wirksam wird, wird man aber für das englischen Recht davon ausgehen können, dass das Angebot (erst recht) nie wirksam wird, wenn der Empfänger vor Kenntnisnahme des Angebots oder gleichzeitig Kenntnis von einer Rücknahmeerklärung erhält.2196 Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass in Bezug auf die Parallelproblematik bei der Annahmeerklärung zumindest ganz überwiegend davon ausgegangen wird, dass keine wirksame Annahme erfolgt ist, wenn dem Anbietenden vor oder gleichzeitig mit der Annahmeerklärung ein „Widerruf“ zur Kenntnis gebracht wird2197.
4. CESL-D Im Rahmen des CESL-D gelten hinsichtlich Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots in Ermangelung von Sonderregeln die allgemeinen Regeln über Mitteilungen in Art. 10 CESL-D, wobei die Art. 10 Abs. 3 und 4 CESLD bei B2C-Verträgen gem. Art. 10 Abs. 6 CESL-D zugunsten des Verbrauchers einseitig zwingend sind2198. 2193 Vgl. nur Williston on Contracts (Fn. 226), § 4:16: „In short, in order for an offer to exist, it must constitute a manifestation communicated to the offeree …“ („Kurzum, damit ein Angebot existiert, muss es eine an den Angebotsempfänger kommunizierte Manifestation darstellen …“). 2194 Vgl. Trimble v New York Life Ins. Co. 234 A.D. 427 (1932); Brunner-Booth Fotochrome Corp. v Kaufman 18 A.D.2d 160 (1963); MBNA America Bank, N.A. v Nelson 15 Misc.3d 1148(A) (2007); Douglas v U.S. Dist. Court for Cent. Dist. of California 495 F.3d 1062 (2007). 2195 Vgl. zum Grundsatz der freien Widerruflichkeit des Angebots im englischen Recht ausf. unten C. VIII.3. a). 2196 Vgl. auch Saxena (Fn. 1425), S. 719. 2197 Vgl. dazu näher unten D. VII.3. b) cc)(2)(c)(cc) (speziell auch Fn. 4436). 2198 Kritisch zu dieser einseitig zwingenden Ausgestaltung Herresthal (Fn. 6), S. 85, 115 Fn. 81.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Art. 10 CESL-D Mitteilung / Notice / Notifications Deutsch 1
Englisch 1
Französisch 1
(1) Dieser Artikel gilt für (1) This Article applies in (1) Le présent article s’applialle Mitteilungen für die relation to the giving que aux notifications faiZwecke des Gemeinsaof notice for any purtes pour toutes les fins des men Europäischen pose under the rules of règles prévues par le droit Kaufrechts und des the Common Eurocommun européen de la Vertrags. 2Der Begriff pean Sales Law and the vente et par le contrat. 2Le contract. 2„Notice“ in„Mitteilung“ umfasst terme „notification“ indie Übermittlung jeder clut la communication de cludes the communicaErklärung, die darauf toute déclaration destinée tion of any statement abzielt, Rechtswirkunà produire des effets juriwhich is intended to gen zu haben oder eidiques ou à transmettre have legal effect or to nem rechtlichen Zweck des informations à finaliconvey information dienende Informatiotés juridiques. for a legal purpose. nen weiterzugeben. (2) Eine Mitteilung kann (2) A notice may be given (2) Une notification peut auf jede nach den Umby any means approêtre faite par tout moyen ständen geeignete Weise priate to the circumapproprié aux circonsabgegeben werden. stances. tances. (3) Eine Mitteilung wird (3) A notice becomes ef- (3) Une notification prend effet lorsqu’elle parvient fective when it reaches wirksam, wenn sie dem à son destinataire, à the addressee, unless it Empfänger zugeht, es moins qu’elle ne prévoie provides for a delayed sei denn, sie bestimmt un effet différé. effect. einen späteren Eintritt der Wirkung. (4) 1Eine Mitteilung geht (4) 1A notice reaches the (4) 1Une notification pardem Empfänger zu, addressee: vient à son destinataire: (a) wenn sie dem Empfänger übermittelt wird,
(a) when it is delivered to the addressee;
(a) quand elle lui est remise;
(b) wenn sie an seinen Geschäftssitz oder, falls er keinen Geschäftssitz hat oder die Mitteilung an einen Verbraucher gerichtet ist, an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Empfängers übermittelt wird,
(b) when it is delivered to the addressee’s place of business or, where there is no such place of business or the notice is addressed to a consumer, to the addressee’s habitual residence;
(b) quand elle est délivrée à son établissement commercial ou, lorsqu’un tel établissement n’existe pas ou que la notification est adressée à un consommateur, à la résidence habituelle du destinataire;
330
C. Angebot
Art. 10 CESL-D Mitteilung / Notice / Notifications Deutsch
Englisch
Französisch
(c) wenn sie im Falle einer Mitteilung, die durch E-Mail oder eine sonstige individuelle elektronische Nachricht übermittelt wird, vom Empfänger abgerufen werden kann oder
(c) in the case of a notice transmitted by electronic mail or other individual communication, when it can be accessed by the addressee; or
(c) en cas de notification transmise par courrier électronique ou autre communication individuelle, quand son destinataire peut y accéder; ou
(d) wenn sie dem Empfänger anderweitig an einem Ort und in einer Weise zugänglich gemacht wird, dass ihr unverzüglicher Abruf durch den Empfänger erwartet werden kann.
(d) when it is otherwise made available to the addressee at such a place and in such a way that the addressee could be expected to obtain access to it without undue delay.
(d) quand elle est par un autre moyen mise à la disposition du destinataire en un lieu tel et de telle façon qu’il puisse être présumé y accéder sans retard excessif.
2
2
2
Die Mitteilung ist dem Empfänger zugegangen, wenn eine der unter den Buchstaben a, b, c und d genannten Voraussetzungen erfüllt ist, je nachdem, welcher Zeitpunkt der früheste ist.
The notice has reached the addressee after one of the requirements in point (a), (b), (c) or (d) is fulfilled, whichever is the earliest.
Une notification est parvenue à son destinataire une fois remplie l’une des conditions énoncées aux points a), b), c) ou d), la date retenue étant celle du premier de ces faits.
(5) Eine Mitteilung ist un- (5) A notice has no effect (5) Une notification ne proif a revocation of it duit aucun effet si sa réwirksam, wenn ihre reaches the addressee vocation parvient au Rücknahme dem Empbefore or at the same destinataire avant elle, fänger vor oder gleichtime as the notice. ou au même moment. zeitig mit der Mitteilung zugeht. (6) Im Verhältnis zwischen (6) In relations between a (6) Dans les relations entre einem Unternehmer und trader and a consumer un professionnel et un einem Verbraucher dürthe parties may not, to consommateur, les parfen die Parteien die Anthe detriment of the ties ne peuvent, au détriwendung der Absätze 3 consumer, exclude the ment de ce dernier, exund 4 nicht zum Nachapplication of paraclure l’application des teil des Verbrauchers graphs 3 and 4 or deroparagraphes 3 et 4 ni déausschließen, davon abgate from or vary its roger à leurs effets ou les weichen oder dessen effects. modifier. Wirkungen abändern.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
331
Art. 10 CESL-D übernimmt mit gNringfügigen Modifikationen die Regelung in Art. I.-1:109 DCFR (ähnlich – wenngleich mit deutlich größeren Abweichungen aber auch bereits Art. 1:303 PECL2199): Art. I.-1:109 DCFR Notice (1) This Article applies in relation to the giving of notice for any purpose under these rules. „Notice“ includes the communication of information or of a juridical act. (2) A notice may be given by any means appropriate to the circumstances. (3) A notice becomes effective when it reaches the addressee, unless it provides for a delayed effect. (4) A notice reaches the addressee: (a) when it is delivered to the addressee; (b) when it is delivered to the addressee’s place of business or, where there is no such place of business or the notice does not relate to a business matter, to the addressee’s habitual residence; (c) in the case of a notice transmitted by electronic means, when it can be accessed by the addressee; or (d) when it is otherwise made available to the addressee at such a place and in such a way that the addressee could reasonably be expected to obtain access to it without undue delay. (5) A notice has no effect if a revocation of it reaches the addressee before or at the same time as the notice. (6) Any reference in these rules to a notice given by or to a person includes a notice given by or to an agent of that person who has authority to give or receive it. (7) In relations between a business and a consumer the parties may not, to the detriment of the consumer, exclude the rule in paragraphs 4(c) or derogate from or vary its effects.
2199
Art. 1:303 PECL: Mitteilung (1) Jede Mitteilung kann auf jede nach den Umständen geeignete Weise, sei es schriftlich oder in anderer Weise abgegeben werden. (2) Vorbehaltlich der Absätze (4) und (5) wird jede Mitteilung wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. (3) Eine Mitteilung geht dem Empfänger zu, wenn sie ihm persönlich oder an seine Niederlassung oder Postanschrift zugestellt wird oder, falls er keine Niederlassung oder Postanschrift hat, an seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort. (4) Gibt eine Partei gegenüber der anderen im Hinblick auf deren Nichterfüllung, oder weil eine solche Nichterfüllung vernünftigerweise von der ersten Partei vorhergesehen wird, eine Mitteilung ab, und wird diese Mitteilung ordnungsgemäß abgesandt oder abgegeben, so steht eine Verzögerung oder ein Fehler bei der Übermittlung der Mitteilung oder ihr mangelnder Zugang der Wirksamkeit der Mitteilung nicht entgegen. Die Mitteilung ist von dem Zeitpunkt an wirksam, zu dem sie unter normalen Umständen zugegangen wäre. (5) Eine Mitteilung ist unwirksam, wenn ihr Widerruf dem Empfänger zu einer früheren Zeit als die Mitteilung oder gleichzeitig mit dieser zugeht. (6) In dieser Vorschrift umfasst „Mitteilung“ die Übermittlung eines Versprechens, einer Erklärung, eines Angebots, einer Annahme, eines Verlangens, einer Aufforderung oder einer anderen Äußerung.
332
C. Angebot
[Art. I.-1:109 DCFR Mitteilungen (1) Dieser Artikel gilt für alle Mitteilungen für jegliche Zwecke im Anwendungsbereich dieser Regeln. Der Begriff „Mitteilung“ umfasst die Übermittlung von Informationen oder eines Rechtsgeschäfts. (2) Eine Mitteilung kann auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden. (3) Eine Mitteilung wird wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht, es sei denn, sie bestimmt einen späteren Eintritt der Wirkung. (4) Eine Mitteilung geht dem Empfänger zu, (a) wenn sie dem Empfänger übermittelt wird; (b) wenn sie an den Geschäftssitz des Empfängers oder, falls es keinen solchen Geschäftssitz gibt oder die Mitteilung sich nicht auf eine Geschäftsangelegenheit bezieht, an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Empfängers übermittelt wird; (c) wenn sie im Falle einer Mitteilung, die auf elektronische Weise übermittelt wird, vom Empfänger abgerufen werden kann oder (d) wenn sie dem Empfänger anderweitig an einem Ort und in einer Weise zugänglich gemacht wird, dass ihr unverzüglicher Abruf durch den Empfänger vernünftigerweise erwartet werden kann. (5) Eine Mitteilung ist unwirksam, wenn ihre Rücknahme dem Empfänger vor oder gleichzeitig mit der Mitteilung zugeht. (6) Jede Bezugnahme in diesen Vorschriften auf eine Mitteilung die durch oder an eine Person gemacht wird, umfasst eine Mitteilung, die durch oder an einen Vertreter dieser Person, der die Befugnis hat, sie zu machen oder zu erhalten, gemacht wird. (7) Im Verhältnis zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher dürfen die Parteien die Anwendung des Abs. 4(c) nicht zum Nachteil des Verbrauchers ausschließen, davon abweichen oder dessen Wirkungen abändern.]
a) Grundsatz Auch im Rahmen des CESL-D ist somit Voraussetzung für die Wirksamkeit des Angebots – wie für alle Mitteilungen2200 die Abgabe (vgl. Art. 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 und 3 CESL-D, dazu näher unten aa)) und der Zugang (Art. 10 Abs. 3 und 4 CESL-D, dazu näher unten bb)). aa) Abgabe (1) Allgemeines Hinsichtlich der Abgabe stellt Art. 10 Abs. 2 CESL-D in Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes der Formfreiheit in Art. 6 CESL-D2201 klar, dass eine Mitteilung – und somit auch das Angebot „auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden“ kann. Die Kommentare zu den Vorläuferregelungen der Art. I.-1:109(2) DCFR und Art. 1:303(1) PECL nannten diesbezüglich als Beispiele die Abgabe in mündlicher oder schriftlicher Form sowie 2200 2201
Vgl. allg. Müller-Graff (Fn. 1897), S. 51, 77. Dazu bereits oben C. VI.4.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
333
durch Fax oder E-Mail.2202 Aus den bereits oben erörterten2203 Art. 31 Abs. 2 und 3 CESL-D ergibt sich ferner, dass das Angebot gegenüber einer oder mehreren bestimmten Person(en) oder als Offerte ad incertas personas abgegeben werden kann. Was genau für die „Abgabe“ erforderlich ist, wird hingegen nicht näher definiert oder erläutert. Sinnvollerweise wird man jedoch – entsprechend den zum deutschen Recht entwickelten Grundsätzen2204 verlangen müssen, dass der Erklärende alles getan hat, was seinerseits zum Wirksamwerden der Erklärung erforderlich war. Aus der allgemeinen Definition der Mitteilung in Art. 10 Abs. 1 S. 2 CESL-D sowie des Angebots in Art. 31 Abs. 1 CESL-D lässt sich zudem ableiten, dass – wie im deutschen Recht2205 grundsätzlich erforderlich ist, dass die Erklärung mit dem Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht worden ist2206. (2) Sonderproblem: „Abhandenkommen“ einer Mitteilung Damit stellt sich auch2207 im Rahmen des CESL-D das Problem des sog. „Abhandenkommens“ der Erklärung. Bei unbefangenem Lesen der deutschen Fassung des Art. 48 Abs. 3 CESLD2208 („Fehler in der Verlautbarung oder Übermittlung einer Erklärung“) könnte man zunächst auf den Gedanken kommen, dass die Problematik dort quasi implizit „mitgeregelt“ ist. Schon die deutsche Fassung passt hier indes nicht wirklich, denn eine abhandengekommenen Erklärung ist kein Fehler „in“ der Verlautbarung, sondern es war gar keine solche gewollt. Nimmt man zusätzlich die englische und französische Sprachfassung in den Blick („inaccuracy in the expression or transmission“ /„inexactitude dans l’expression ou la transmission“) wird schnell klar, dass es hier ganz offensichtlich doch um etwas anderes geht. Man könnte dann daran denken, die Problematik entsprechend des im deutschen Recht vorzugswürdigen Ansatzes2209 dadurch zu lösen, dass man denjenigen, dem seine Erklärung abhandengekommen ist, zwar grundsätzlich für gebunden hält, ihm aber ein Anfechtungsrecht zubilligt (und ihn dann im Gegenzug auf Schadensersatz haften lässt). Die Ausgestaltung des Irrtumsrechts im CESL-D2210 dürfte eine solche Lösung jedoch nicht erlauben: Denn Art. 48 2202
Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Comment B; Art. 1:303 PECL Kommentar B. Vgl. oben C. IV.4. 2204 Vgl. dazu oben C. VII.1. b). 2205 Vgl. dazu oben C. VII.1. b). 2206 Vgl. auch Müller-Graff (Fn. 1897), S. 51, 77. 2207 Vgl. zur Problematik im deutschen Recht oben C. VII.1. b). 2208 Vgl. zu dieser – im DCFR noch nicht enthaltenen Regelung Martens, Einigungsmängel im EU-Kaufrecht, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 179, 182. 2209 Vgl. dazu oben C. VII.1. b). 2210 Dazu näher Looschelders AcP 212 (2012) 581, 618 ff.; Martens (Fn. 2208), S. 179 ff.; ders. AcP 211 (2011) 845 ff. 2203
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C. Angebot
CESL-D gestattet die Irrtumsanfechtung nur bei einem „wesentlichen“ Irrtum (Art. 48 Abs. 1 lit. a CESL-D) und dies auch nur dann, wenn die andere Partei den Irrtum entweder auf bestimmte Art und Weise verursacht hat (Art. 48 Abs. 1 lit. b sublit. i – iii CESL-D) oder demselben Irrtum unterlag (Art. 48 Abs. 1 lit. b sublit. iv CESL-D); zudem schließt Art. 48 Abs. 2 CESLD die Anfechtung aus, wenn das Risiko des Irrtums von dieser Partei übernommen wurde oder nach den Umständen von ihr getragen werden sollte. Aus wertungsmäßiger Perspektive kann man im Fall der abhandengekommenen Erklärung aber gerade nicht sagen, dass der „Fehler“ durch die andere Partei verursacht wurde. Zudem spricht auch Art. 48 Abs. 2 CESL-D dafür, dass das „Abhandenkommen“ im Rahmen des CESL-D der Risikosphäre des „Erklärenden“ zuzuordnen ist, und folglich auch eine abhandengekommene Erklärung grundsätzlich – und ohne die Möglichkeit einer Anfechtung wirksam ist, sofern sie aus der Perspektive des insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts (vgl. Art. 12 Abs. 1 und 2 CESL-D)2211 als eine von dieser Person abgegebene Erklärung erscheint. Ob dies eine rechtspolitisch und wertungsmäßig sinnvolle und gerechte Lösung ist, ist freilich höchst zweifelhaft. Die derzeitige Ausgestaltung der Irrtumsregelung im CESL-D – die freilich ganz generell sowohl systematisch und konzeptionell als auch wertungsmäßig alles andere als „glücklich“ ist und dringend nochmals gründlich überdacht werden sollte2212 dürfte jedoch eine andere Lösung kaum zulassen. Art. 48 CESL-D Irrtum / Mistake / Erreur Deutsch
Englisch
(1) Eine Partei kann einen (1) A party may avoid a Vertrag wegen eines bei contract for mistake of Vertragsschluss vorfact or law existing handenen Tatsachenwhen the contract was oder Rechtsirrtums anconcluded if: fechten, wenn
Französisch (1) Une partie peut invoquer la nullité d’un contrat pour une erreur de fait ou de droit qui existait lors de sa conclusion lorsque:
(a) diese Partei, wäre sie (a) the party, but for the (a) cette partie, sans cette dem Irrtum nicht unmistake, would not erreur, n’aurait pas conterlegen, den Vertrag have concluded the clu le contrat ou ne nicht oder nur mit contract or would have l’aurait fait qu’à des congrundlegend anderen done so only on fundaditions essentiellement Vertragsbestimmungen mentally different condifférentes et que l’autre geschlossen hätte und tract terms and the partie le savait ou pou-
2211
Dazu bereits näher oben C. II.4. b) bb). Vgl. sehr kritisch auch Martens (Fn. 2208), S. 179 ff.; ders. AcP 211 (2011) 845 ff.; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 618 ff.; Zimmermann JBl. 2012, 2, 12. 2212
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
335
Art. 48 CESL-D Irrtum / Mistake / Erreur Deutsch
Englisch
die andere Partei dies wusste oder wissen musste, und (b) die andere Partei
Französisch
other party knew or could be expected to have known this; and (b) the other party:
vait être présumée le savoir; e (b)l’autre partie:
i) den Irrtum verursacht hat,
(i) caused the mistake;
i)
ii) den irrtumsbehafteten Vertragsschluss durch Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nach Kapitel 2 Abschnitte 1 bis 4 verursacht hat,
(ii) caused the contract to be concluded in mistake by failing to comply with any pre-contractual information duty under Chapter 2, Sections 1 to 4;
ii) a provoqué la conclusion du contrat par erreur en ne respectant pas les obligations d’information précontractuelle prévues au chapitre 2, sections 1 à 4;
iii) von dem Irrtum wusste oder wissen musste und den irrtumsbehafteten Vertragsschluss verursacht hat, indem sie nicht auf die einschlägigen Informationen hingewiesen hat, sofern sie nach dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs dazu verpflichtet gewesen wäre, oder
(iii) knew or could be expected to have known of the mistake and caused the contract to be concluded in mistake by not pointing out the relevant information, provided that good faith and fair dealing would have required a party aware of the mistake to point it out; or
iii) avait ou était censée avoir connaissance de l’erreur et a provoqué la conclusion du contrat par erreur en ne mettant pas en avant les informations utiles, à condition qu’une partie ayant eu connaissance de l’erreur eût l’obligation de la signaler conformément au principe de bonne foi et de loyauté; ou
iv) demselben unterlag.
(iv) made the mistake.
iv) a commis la même erreur.
Irrtum
same
a causé l’erreur;
(2) Eine Partei kann einen (2) A party may not avoid (2) Une partie ne peut invoVertrag nicht wegen a contract for mistake quer la nullité d’un conIrrtums anfechten, if the risk of the mistrat pour cause d’erreur wenn das Risiko des take was assumed, or si le risque d’erreur était Irrtums von dieser Parin the circumstances supporté ou, eu égard tei übernommen wurde should be borne, by aux circonstances, deoder nach den Umstänthat party. vrait être supporté par den von ihr getragen elle. werden sollte.
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C. Angebot
Art. 48 CESL-D Irrtum / Mistake / Erreur Deutsch
Englisch
Französisch
(3) Ein Fehler in der Ver- (3) An inaccuracy in the (3) L’inexactitude dans l’exlautbarung oder Überexpression or transpression ou la transmismittlung einer Erklämission of a statement sion d’une déclaration rung ist als Irrtum der is treated as a mistake est considérée comme Person anzusehen, die of the person who une erreur de son auteur die Erklärung abgegemade or sent the stateou de son expéditeur. ben oder übersandt hat. ment.
bb) Zugang (1) Zugangsprinzip Art. 10 Abs. 3 Hs. 1 CESL-D etabliert den Grundsatz, dass eine Mitteilung (also auch das Angebot) mit dem Zugang beim Empfänger zugeht. Der CESL-D folgt damit – ebenso wie das deutsche Recht in § 130 Abs. 1 S. 1 BGB2213 oder auch das CISG (vgl. Art. 15 Abs. 12214, 24 CISG2215)2216 und ebenso wie zuvor bereits Art. I.-1:109(3) DCFR2217 und Art. 1:303(2) PECL2218 – der Empfangstheorie. Anders als das BGB2219 oder Art. 24 CISG2220 differenziert der CESL-D dabei aber nicht zwischen Erklärungen unter Anwesenden/ Abwesenden bzw. mündlichen/verkörperten Erklärungen. Die Begründungen zu DCFR und PECL stützten die Entscheidung zugunsten des Zugangsprinzips (receipt principle) im Wesentlichen darauf, dass dies der Rechtslage in den meisten europäischen Rechtsordnungen entspreche.2221 (2) Die Zugangstatbestände des Art. 10 Abs. 4 CESL-D. In Art. 10 Abs. 4 S. 1 CESL-D wird das Zugangsprinzip dann durch vier „Zugangstatbestände“ näher konkretisiert. Sofern mehrere dieser Zugangstatbe2213 Vgl. zur legislatorischen Entscheidung zugunsten der Empfangstheorie bereits oben C. VII.1. c) aa)(1). 2214 Art. 15 Abs. 1 CISG Ein Angebot wird wirksam, sobald es dem Empfänger zugeht. 2215 Art. 24 CISG Für die Zwecke dieses Teils des Übereinkommens ‚geht’ ein Angebot, eine Annahmeerklärung oder sonstige Willenserklärung dem Empfänger ‚zu’, wenn sie ihm mündlich gemacht wird oder wenn sie auf anderem Weg ihm persönlich, an seiner Niederlassung oder Postanschrift oder, wenn diese fehlen, an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zugestellt wird. 2216 Vgl. zur Empfangstheorie im CISG etwa Magnus (Fn. 1390), Art. 24 CISG Rn. 1. 2217 Siehe oben C. VII.4. 2218 Fn. 2199. 2219 Vgl. zur Differenzierung zwischen Erklärungen unter Anwesenden und Abwesenden im BGB bereits ausf. oben C. VII.1. a). 2220 Vgl. näher zur Differenzierung im CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 3 ff.; Magnus (Fn. 1390), Art. 24 CISG Rn. 11 ff.; Mankowski (Fn. 1390), Art. 24 CISG Rn. 5 ff. 2221 Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Notes; Art. 1:303 PECL Anmerkungen.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
337
stände nacheinander erfüllt sind, ist gem. Art. 10 Abs. 4 S. 2 CESL-D der früheste der verschiedenen Zeitpunkte maßgeblich. (a) Übermittlung an den Empfänger, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a CESL-D Gem. Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a CESL-D erfolgt der Zugang, wenn die Erklärung an den Empfänger übermittelt (delivered to the addressee/lui est remise). Gemeint ist damit – wie sich aus dem Vergleich mit lit. b sowie Begründung zur Vorläufernorm des Art. I.-1:109(4)(a) DCFR2222 ergibt, dass die Erklärung den Adressaten tatsächlich persönlich erreicht, d.h. von ihm tatsächlich zur Kenntnis genommen wird. (b) Übermittlung an den Geschäftssitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. b CESL-D Der Zugangstatbestand des Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. c CESL-D lässt jedoch auch die „Übermittlung“ an den Geschäftssitz bzw. – falls ein solcher nicht existiert oder der Adressat Verbraucher ist – den gewöhnlichen Aufenthalt genügen. Wie sich aus dem Vergleich mit lit. a, der französischen Sprachfassung (die hier délivrée statt wie in lit. a remise verwendet) und der Begründung zu Art. I.1:109(4)(a) DCFR2223 ergibt, meint „übermittelt“ hier ersichtlich lediglich, dass die Erklärung an den Geschäftssitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt des Adressaten gelangt ohne dass die tatsächliche Kenntnisnahme durch denselben erforderlich wäre. Die deutsche Sprachfassung ist an dieser Stelle (ebenso wie übrigens z.B. auch die englische, wo ebenfalls in beiden Tatbeständen delivered verwendet wird) erneut äußerst unglücklich und sollte unbedingt noch korrigiert werden. Typischer Anwendungsfall des lit. b wäre etwa, dass die Erklärung in den Briefkasten des Adressaten an seinem Geschäftssitz bzw. dem Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts eingeworfen wird.2224 Im Gegensatz zum deutschen Recht ist insoweit – wie sich speziell auch aus dem Vergleich mit lit. d, der anders als lit. b ausdrücklich auf die Erwartbarkeit des unverzüglichen Abrufs abstellt, irrelevant, ob der Adressat „unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen“2225.2226 Der Zugangstatbestand des lit. b ist also insoweit im Gegensatz zu demjenigen des 2222 Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Comment C: „It is not normally necessary that the notice should actually have come to the addressee’s attention provided that it has been delivered in the normal way …“ („Es ist in der Regel nicht erforderlich, dass die Mitteilung tatsächlich die Auf2223 merksamkeit des Empfängers erregt, vorausgesetzt, dass sie auf normale Weise übermittelt wurde …“); s. ferner auch Comment E, wo es zunächst heißt: „It will be noticed that the notice need not actually reach the addressee in person.“ („Es wird bemerkt werden, dass die Mitteilung den Adressaten nicht tatsächlich persönlich erreichen muss.“) und dann aufgelistet wird, dass nach lit. b, c und d auch andere Tatbestände genügen. 2223 Vgl. Fn. 2222. 2224 Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a. 2225 Vgl. zu diesem Grunderfordernis im deutschen Recht bereits oben C. VII.1. c) aa)(2)(a). 2226 Vgl. auch Müller-Graff (Fn. 1897), S. 51, 77.
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C. Angebot
deutschen Rechts nicht „dualistisch“2227, sondern „monistisch“, d.h. es kommt ausschließlich darauf an, dass die Erklärung in den „Machtbereich“ des Empfängers gelangt. Wenn ein Brief außerhalb der Geschäftszeiten in den Briefkasten am Geschäftssitz bzw. nachts in den Briefkasten am Ort des gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers eingeworfen wird, erfolgt der Zugang also gleichwohl bereits in diesem Moment (und nicht erst zu Beginn der nächsten Geschäftszeiten bzw. am nächsten Tag, wenn der Briefkasten gewöhnlich geleert wird). Der CESL-D folgt insoweit der Konzeption des Art. 24 CISG, im Rahmen dessen der Zugang nach ganz h.M. ebenfalls bereits mit dem Gelangen in den Machtbereich erfolgt (und nicht erst dann, wenn die Kenntnisnahme durch den Adressaten unter gewöhnlichen Umständen erwartet werden darf).2228 Ratio ist, dass der Zugangszeitpunkt anhand von äußerlichen, leicht beweisbaren Tatbestandsmerkmalen – und nicht an regional bzw. national u.U. höchst unterschiedlichen Geschäftsusancen fixiert werden soll.2229 Darüber hinaus wird es wertungsmäßig als gerecht erachtet, Risiken aus dem Organisationsbereich des Empfängers auch diesem (und nicht dem Erklärenden) zuzuweisen.2230 (c) Individuelle elektronische Nachricht: Abrufbarkeit, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. c CESL-D Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. c CESL-D normiert einen speziellen Zugangstatbestand für Erklärungen, die durch E-Mail oder eine sonstige individuelle elektronische Nachricht „übermittelt“2231 werden: Hier erfolgt der Zugang bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Mitteilung vom Empfänger abgerufen werden kann. Dies entspricht Art. 11 Abs. 1 Sps. 2 E-Commerce-RL2232 (in Deutschland umgesetzt durch § 312g Abs. 1 S. 2 BGB)2233. 2227 Vgl. zum dualistischen Zugangsbegriff des deutschen Rechts bereits oben C. VII.1. c) aa)(2)(a). 2228 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 15; Ferrari (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 13; Ludwig, Der Vertragsschluß nach UN-Kaufrecht im Spannungsverhältnis von Common Law und Civil Law, 1994, S. 309; Magnus (Fn. 1390), Art. 24 CISG Rn. 18; BeckOK-BGB/Saenger, Ed. 25/2012, Art. 24 CISG Rn. 4; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 32; Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 para. 32; die Argumente abwägend, aber letztlich offenlassend: Mankowski (Fn. 1390), Art. 14 CISG Rn. 24 ff.; a.A. etwa MünchKommBGB/Gruber, 6. Aufl. 2012, Art. 24 CISG Rn. 15 ff.; kritisch zur h.M. ferner etwa auch Pawloswki FS Großfeld, 1999, S. 829, 847 f. 2229 Vgl. zu Art. 24 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 15; Ludwig (Fn. 2228), S. 308 f.; Magnus (Fn. 1390), Art. 24 CISG Rn. 18; Saenger (Fn. 2228), Art. 24 CISG Rn. 4; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 32; Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 para. 32; s. ferner bereits (zu Art. 12 Abs. 1 EAG): von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 133. 2230 Vgl. zu Art. 24 CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 13; Ludwig (Fn. 2228), S. 309; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 Rn. 32; Schroeter (Fn. 1390), Art. 24 para. 32; s. ferner bereits (zu Art. 12 Abs. 1 Römischer Entwurf 1958): von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 133. 2231 „Übermittelt“ bedeutet hier ebenfalls nur, dass die Erklärung „übersendet“ wird (vgl. englisch „transmitted“, französisch „transmise“). Auch insofern sollte die Terminologie unbedingt noch korrigiert werden. 2232 Fn. 392. 2233 Dazu bereits ausf. oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(dd).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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Im Rahmen des lit. c ist folglich ebenfalls irrelevant, wann oder wie häufig der Empfänger seine elektronischen Nachrichten gewöhnlich abruft; der Zugang erfolgt vielmehr bereits unmittelbar mit der Abrufmöglichkeit.2234 (d) Sonstige Zugänglichmachung, die einen unverzüglichen Abruf erwarten lässt, Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. d CESL-D Nach Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. d CESL-D geht eine Mitteilung zu, wenn sie dem Empfänger anderweitig an einem Ort und in einer Weise zugänglich gemacht wird, dass ihr unverzüglicher Abruf durch den Empfänger erwartet werden kann. Die Begründung zur Vorläuferregelung des Art. I.-1:109 DCFR nennt als Beispiel, dass eine Nachricht an einem Ort hinterlassen wird, von dem bekannt ist, dass der Empfänger dort regelmäßig nachsieht.2235 Zu denken wäre etwa an ein Postfach oder auch ein „Schwarzes Brett“ (egal ob in physischer oder elektronischer Form). Lit. d hat in gewissem Sinne die Funktion eines Auffangtatbestands zu lit. b und c2236: Bei Mitteilungen, die an den Geschäftssitz bzw. Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Empfängers gelangen (lit. b), oder die ihm in Form einer individuellen elektronischen Nachricht übersandt werden (lit. c), geht der CESL-D normativ davon aus, dass jeder Empfänger auf diese Weise eingehende Mitteilungen unverzüglich „abruft“. Insofern besteht also eine Art Obliegenheit: Wer sich von Mitteilungen, die am Geschäftssitz bzw. Ort des gewöhnlichen Aufenthalts eingehen (lit. b) oder von per individueller elektronischer Nachricht übersandten Mitteilungen (lit. c) nicht unverzüglich Kenntnis verschafft, tut dies auf eigenes Risiko. Lit. d erfasst dagegen sonstige Formen der Zugänglichmachung, bei denen zwar nicht generell von jedem Empfänger ein unverzüglicher „Abruf“ erwartet wird, bei denen aber zumindest von bestimmten Empfängern bzw. Empfängergruppen ein unverzüglicher „Abruf“ erwartet werden kann. Maßgeblich ist insoweit der „objektive Horizont des Erklärenden“: Entsprechend der allgemeinen Definitionsnorm des Art. 5 Abs. 2 CESL-D2237 bedeutet „erwartet werden kann“ auch hier das, was vernünftigerweise erwartet werden darf. So wird man etwa von einem Unternehmer vernünftigerweise erwarten können, dass er sein Postfach täglich leert bzw. durch Angestellte leeren lässt, oder von Mitgliedern einer Handelsplattform im Internet, dass sie das virtuelle „Schwarze Brett“ regelmäßig checken. Lit. d ist damit der einzige der vier Zugangstatbestände, bei dem relevant ist, was vom konkreten Empfänger objektiv vernünftigerweise erwartet werden 2234
Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a. Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Comment E. 2236 Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a („catch-all clause“ [„Auffangregel“]); s. ferner auch bereits Art. I.-1:109 DCFR Comment E: „paragraph (d) covers other situations in which a notice could be regarded as having reached the addressee“ („Absatz (d) erfasst andere Situationen, in denen angenommen werden kann, dass die Mitteilung den Empfänger erreicht hat.“). 2237 Siehe dazu bereits oben C. II.4. b) bb). 2235
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C. Angebot
kann. Gleichwohl besteht aber auch hier in signifikanter Unterschied zum Zugangsbegriff des deutschen Rechts: Denn im Rahmen des lit. d soll der Zugang ganz offensichtlich (wie sich aus Wortlaut des lit. d und dem Vergleich den anderen Tatbeständen ergibt) nicht erst in dem Zeitpunkt erfolgen, in welchem der Empfänger die Erklärung tatsächlich abruft, sondern vielmehr bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Erklärung derart zugänglich gemacht wird, dass vernünftigerweise ein unverzüglicher Abruf erwartet werden kann. (e) Stufenverhältnis der vier Zugangstatbestände Aus dem vorstehenden ergibt sich damit letztlich folgendes Stufenverhältnis der vier Zugangstatbestände: individuelle elektronische Nachricht
sonstige Mitteilungen
Stufe 1
Abrufbarkeit (lit. c)
Eingang am Geschäftssitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt (lit. b)
Stufe 2
Zugänglichmachung derart, dass unverzüglicher Abruf vernünftigerweise erwartbar (lit. d)
Stufe 3
tatsächliche Kenntnisnahme (lit. a)
(3) (Eingeschränkte) Dispositivität Gem. Art. 10 Abs. 3 Hs. 2 CESL-D kann der Erklärende in seiner Mitteilung grundsätzlich bestimmen, dass die Erklärung erst später wirksam wird. Die (einseitige) Bestimmung eines früheren Wirksamkeitszeitpunktes ist dagegen e contrario nicht zulässig. Einer privatautonomen Vereinbarung eines früheren Wirksamkeitszeitpunktes (z.B. bereits mit der Absendung) dürfte dagegen grundsätzlich nichts entgegenstehen. Etwas anderes gilt jedoch gem. Art. 10 Abs. 6 CESL-D bei B2C-Verträgen: Hier sind Ausschluss, Abweichung oder Abänderung der Wirkungen der Abs. 3 und 42238 zuungunsten des Verbrauchers generell unzulässig; die Vorschriften sind also insofern halbzwingend. (4) Zugangsverzögerung und -verhinderung Die Problematik der Zugangsverzögerung und –verhinderung hat im Rahmen des CESL-D keine spezielle Regelung erfahren. Schon die Vorläuferregelungen der Art. I.-1:109 DCFR2239 und Art. 1:303 PECL2240 hatte hierzu nichts vorgesehen. Die Redaktoren waren sich des Problemkomplexes jedoch 2238 Die Vorläuferregelung des Art. Art. I.-1:109 DCFR hatte dagegen lediglich lit. c halbzwingend ausgestaltet; die hielten die Redaktoren des CESL-D aber offenbar nicht für ausreichend zum Schutz der Verbraucher. 2239 Siehe oben C. VII.4. 2240 Fn. 2199.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
341
durchaus bewusst: In den Kommentaren zu Art. I.-1:109 DCFR und Art. 1:303 PECL heißt es jeweils explizit, dass das Risiko von Fehlern bei der Übermittlung zwar grundsätzlich dem Absender zugewiesen sei; aus den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs (Art. I.1:103 DCFR2241 bzw. Art. 1:201 PECL2242) ergebe sich jedoch, dass eine Partei „nicht geltend machen kann“ („cannot exercise a right on the basis“), dass sie eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig erhalten habe, wenn sie sich dem Empfang derselben bewusst entzogen hat.2243 Als Beispiel wird dann der Fall genannt, dass eine Mitteilung bis 17 Uhr zugehen muss, der Erklärende um 16:59 Uhr anruft, der Angerufene das Telefon absichtlich bis nach 17 Uhr klingeln lässt und dann geltend macht, dass die Mitteilung zu spät komme.2244 Da die Gebote von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs auch zu den allgemeinen Grundsätzen des CESL-D gehören (vgl. Art. 2 Abs. 1 CESL-D), lässt sich dieser Lösungsansatz ohne Weiteres auch auf den CESL-D übertragen.2245 Im Interesse der Dispositionsfreiheit des Erklärenden, der u.U. ein legitimes Interesse haben mag, an seiner Erklärung nicht länger festhalten zu wollen2246, sollte man allerdings keine Zugangs- bzw. Rechtszeitigkeitsfiktion annehmen, sondern es vielmehr dem „Zugangsvereiteler“ lediglich verwehren, sich auf den fehlenden Zugang bzw. die Verspätung zu berufen; in diesem Sinne dürfte aber wohl auch die Begründung zu DCFR und PECL zu verstehen sein („nicht geltend machen kann“/„cannot exercise a right“). 2241
Art. I.-1:103 DCFR: Good faith and fair dealing (1) The expression „good faith and fair dealing“ refers to a standard of conduct characterised by honesty, openness and consideration for the interests of the other party to the transaction or relationship in question. (2) It is, in particular, contrary to good faith and fair dealing for a party to act inconsistently with the party’s prior statements or conduct when the other party has reasonably relied on them to that other party’s detriment. (Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr (1) Der Ausdruck „Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr“ bezieht sich auf einen Verhaltensstandard, der durch Ehrlichkeit, Offenheit und Rücksicht auf die Interessen der anderen Partei der betreffenden Transaktion bzw. des betreffenden Verhältnisses gekennzeichnet ist. (2) Es verstößt insbesondere gegen Treu und Glauben und das Gebot des redlichen Geschäftsverkehrs, wenn eine Partei im Widerspruch zu ihren früheren Äußerungen oder ihrem früheren Verhalten handelt, wenn die andere Partei vernünftigerweise darauf vertraut hat und dadurch einen Nachteil erleidet.) 2242 Art. 1:201 PECL: Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr (1) Jede Partei hat im Einklang mit den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehr zu handeln. (2) Die Parteien dürfen diese Pflicht nicht ausschließen oder beschränken. 2243 Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Comment C; Art. 1:303 PECL Kommentar C. 2244 Vgl. Art. I.-1:109 DCFR Comment C; Art. 1:303 PECL Kommentar C. 2245 Ebenso i.E. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a. 2246 Vgl. zu diesem Aspekt in Bezug auf das deutsche Recht bereits oben C. VII.1. c) dd).
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C. Angebot
Art. 2 CESL-D Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr/Good faith and fair dealing/ Bonne foi et loyauté Deutsch Jede Partei hat die Pflicht, im Einklang mit dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs zu handeln.
Englisch Each party has a duty to act in accordance with good faith and fair dealing.
Französisch Il incombe à chaque partie d’agir conformément au principe de bonne foi et de loyauté.
b) Rücknahme, Art. 10 Abs. 5 CESL-D aa) Voraussetzungen und Rechtsfolge Gem. Art. 10 Abs. 5 CESL-D ist eine Mitteilung unwirksam, wenn dem Empfänger vorher oder gleichzeitig ihre Rücknahme zugeht. Auch der CESL-D gibt dem Erklärenden also – ebenso wie das deutsche2247 und französische2248, sowie (wohl) auch das englische Recht2249 konsequenterweise die Möglichkeit, seine Mitteilung noch „rückgängig zu machen“, solange sie noch nicht wirksam geworden ist. Ebenso wie im deutschen Recht2250 wird dabei explizit klargestellt, dass der zeitgleiche actus contrarius genügt. Aus dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 5 CESL-D („vorher oder gleichzeitig … zugeht“) sowie der Systematik des gesamten Art. 10 CESL-D lässt sich außerdem folgern, dass es – ebenso wie herrschender (und richtiger) Ansicht nach auch im deutschen Recht2251 ausschließlich auf die chronologische Reihenfolge des Zugangs (und nicht der tatsächlichen Kenntnisnahme) von Mitteilung und Rücknahme ankommt. bb) Terminologieproblematik An dieser Stelle sind nochmals einige Worte zu der – bereits im Kontext der Rechtslage in Deutschland und Frankreich angesprochenen2252 – Problematik der Terminologie im Bereich der verschiedenen Formen der „Rückgängigmachung“ einer Erklärung geboten. Dogmatisch existieren innerhalb CESL-D genau genommen drei verschiedenen Formen der „Rückgängigmachung“2253:
2247 2248 2249 2250 2251 2252
Vgl. oben C. VII.1. d). Vgl. oben C. VII.2. b). Vgl. oben C. VII.3. b). Vgl. oben C. VII.1. d) cc). Vgl. oben C. VII.1. d) cc). Vgl. oben C. VII.1. d) bb) und C. VII.2. b).
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VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
(1) Die Rücknahme (Art. 10 Abs. 5 CESL-D), d.h. eine Erklärung, mit der verhindert wird, dass die ursprüngliche Erklärung überhaupt erst wirksam wird; (2) der Widerruf (Art. 32 CESL-D), d.h. eine Erklärung, mit der eine bereits wirksam gewordene Erklärung wieder „vernichtet“ wird; und (3) der Verbraucherwiderruf (Art. 40 ff. CESL-D), d.h. eine Erklärung, mit der ein Verbraucher sich unter bestimmten Voraussetzungen wieder von seiner vertraglichen Bindung lösen kann. Begrifflich herrscht hier indes geradezu das „perfekte Chaos“2254: Die Terminologie ist nämlich teils nicht nur innerhalb der jeweiligen Sprachfassung unpräzise, vielmehr passen auch die verschiedenen Sprachfassungen nicht wirklich zueinander von einer terminologischen Konsistenz mit der Begrifflichkeit in internationalen Regelwerken wie CISG und PICC oder auch mit dem allgemeinen EU-Verbraucherrecht ganz zu schweigen. Zur Veranschaulichung folgende Übersicht (die auch CISG, PICC und DCFR sowie die Verbraucherrechte-RL2255 miteinbezieht; kursiv und in eckigen Klammern die hier unterbreiteten Änderungsvorschläge): 2256
Rücknahme (Verhinderung des Eintritts der Wirksamkeit)
Deutsch
Englisch
Französisch
Art. 10 Abs. 5 CESL-D
Rücknahme
revocation [n.F.: retraction]
révocation [n.F.: rétractation]
Art. 15 Abs. 2 CISG Art. 2.1.3 Abs. 2 PICC Art. I.-1:109(5) DCFR nationales Recht
Rücknahme
withdrawal
rétractation
Rücknahme
withdrawal
rétractation
–
revocation
-–
Widerruf [n.F.: Rücknahme]
–2256
rétractation
2253 Vgl. zur Notwendigkeit eine Differenzierung zwischen Rücknahme und Widerruf auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 136 f.; vgl. zum Unterschied von Widerruf und Verbraucherwiderruf auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 611; Schulze in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012, S. 151, 166. 2254 Kritisch etwa auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 136 f. Vgl. zur Problematik der Terminologie im CESL-D und den verschiedenen internationalen Instrumenten ferner auch Harvey/ Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.c. mit anderem Lösungsvorschlag in Fn. 149 (sub. III.3.a). 2255 Fn. 237. 2256 Wie unter C. VII.3. b) dargelegt, wird die Problematik im englischen Recht nicht speziell diskutiert, so dass sich auch keine Terminologie herausgebildet hat.
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C. Angebot
Art. 32 CESL-D Widerruf („Vernichtung“ einer bereits wirksam gewordenen Erklärung)
Verbraucherwiderruf
Art. 16 CISG Art. 2.1.4 PICC Art. II.-4:202 DCFR nationales Recht Art. 40 ff. CESL-D Art. 9 Verbraucherrechte-RL nationales Recht
Deutsch
Englisch
Französisch
Rücknahme [n.F.: Widerruf] Widerruf Widerruf –
revocation
révocation
revocation revocation revocation
révocation révocation –
Widerruf
revocation
révocation
Widerruf Widerruf
withdrawal withdrawal
rétractation rétractation
Widerruf
withdrawal
rétractation
So bezeichnen sowohl die deutsche als auch englische und französische Sprachfassung die Rücknahme (Art. 10 Abs. 5 CESL-D) und den Widerruf (Art. 32 CESL-D) gleichermaßen als „Rücknahme“ bzw. „revocation“ bzw. „révocation“. Präziser und evident vorzugswürdig wäre es hier – nach dem Vorbild von CISG und PICC – terminologisch klar zu differenzieren und dadurch auch sprachlich klarzustellen, dass Rücknahme (Art. 10 Abs. 5 CESLD) einerseits und Widerruf (Art. 32 CESL-D) andererseits der Sache nach „zwei Paar Schuhe“ sind. In der deutschen und französischen Sprachfassung sollte daher in Art. 10 Abs. 5 CESL-D der Begriff „Rücknahme“ bzw. „rétractation“ verwendet werden, in Art. 32 CESL-D dagegen der Begriff „Widerruf“ bzw. „révocation“. In der englischen Sprachfassung sollte man dagegen (insofern abweichend von CISG und PICC) in Art. 10 Abs. 5 CESL-D den Begriff „retraction“ verwenden, da der in CISG und PICC benutzte Begriff „withdrawal“ sowohl im englischen nationalen Recht als auch im EU-Verbraucherrecht bereits für den Verbraucherwiderruf verwendet wird und hier sonst Missverständnisse entstehen könnten; in Art. 32 CESL-D könnte es dagegen (im Einklang mit CISG und PICC) bei „revocation“ bleiben. Einzuräumen ist freilich, dass auch damit noch kein terminologisch „optimaler“ Status erreicht wäre. Im Deutschen bliebe zunächst die terminologische Abweichung bezüglich der Rücknahme von der Bezeichnung als „Widerruf“ in § 130 Abs. 1 S. 2 BGB; wie bereits oben2257 dargelegt, sollte der Begriff „Widerruf“ indes auch in § 130 Abs. 1 S. 2 BGB bei nächster Gelegenheit in „Rücknahme“ geändert werden, womit zugleich auch diese Divergenz beseitigt wäre. Nicht 100 % optimal ist darüber hinaus auch, dass sowohl der Widerruf als auch der Verbraucherwiderruf trotz der inhaltlichen Unterschiede gleichermaßen schlicht als „Widerruf“ bezeichnet werden. Da es aber immer2257
S. oben C. VII.1. d) bb).
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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hin in beiden Fällen darum geht, eine bereits wirksam gewordene Erklärung wieder „aus der Welt zu schaffen“, erscheint dies hinnehmbar, zumal sich i.d.R. auch schon aus dem Kontext ergibt, ob es um einen „allgemeinen“ Widerruf einer Erklärung oder um einen Verbraucherwiderruf geht. Vorzugwürdig wäre es freilich, im Deutschen zwecks Präzisierung beim Verbraucherwiderruf generell auch den Begriff „Verbraucherwiderruf“ zu verwenden. Im Englischen bestünde die terminologische Inkonsistenz im Hinblick auf die Rücknahme mit CISG und PICC fort; da mit der hier vorgeschlagenen Terminologie aber immerhin eine konsistente Lösung innerhalb des CESL-D selbst sowie auch eine mit der Terminologie im englischen nationalen Recht sowie im sonstigen EU-Verbraucherrecht konsistente Situation erreicht wäre, erscheint dies tragbar (insofern wäre vielmehr eine Korrektur der Terminologie in CISG und PICC anzuregen). Im Französischen schließlich verbliebe das – nicht nur innerhalb des CESL-D, sondern vielmehr auch im französischen nationalen Recht bestehende große Problem, dass sowohl die Rücknahme als auch der Verbraucherwiderruf gleichermaßen als „rétractation“ bezeichnet werden, obgleich es hier in der Tat um grundverschiedene Rechtsinstrumente geht. Eine Lösung für die Problematik, die letztlich bereits in der ursprünglichen Wortwahl bei Schaffung der Verbraucherwiderrufsrechte wurzelt, zu finden, erscheint schwierig. Idealerweise müsste man entweder für die Rücknahme oder den Verbraucherwiderruf sowohl im CESL-D als auch im französischen nationalen Recht (und im EU-Verbraucherrecht) einen anderen Begriff finden. Man könnte z.B. erwägen, für die Rücknahme den Begriff „annulation“ zu verwenden; alternativ könnte man auch die Terminologie beim Verbraucherwiderruf ändern (z.B. „révocation de consommateur“ oder zumindest „rétractation de consommateur“). Insgesamt bietet die „Rücknahme/Widerruf/Verbraucherwiderruf“-Trias jedenfalls ein weiteres eindrucksvolles – oder vielmehr sehr klägliches – Beispiel dafür, welch enorme Bedeutung einer präzisen Terminologie im internationalen und rechtsvergleichenden Bereich zukommt und welches „Begriffswirrwarr“ dort vielfach herrscht. Insofern sollte man sich daher doch nochmals ernsthaft fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, zumindest für den CESL-D eine Sprachfassung2258 für autoritativ zu erklären. Wenn sich schon bei den hier analysierten drei Sprachen derartige Inkonsistenzen ergeben, mag man sich die Inkonsistenzen, die eine Analyse aller 23 Amtssprachen ergäbe, wohl gar nicht erst wirklich vorstellen. 2258 Dies sollte dann wohl – auch wenn dies gerade für den deutschen als auch für den französischen Juristen sicherlich eine „bittere Pille“ sein mag – die englische Sprachfassung sein, da Englisch international nach wie vor die lingua franca ist und von den meisten Personen verstanden werden wird. Sollte dies politisch nicht durchsetzbar sein, sollte man sich überlegen, zumindest nur die drei „großen“ Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch für autoritativ zu erklären (und vorher natürlich zu versuchen, zumindest innerhalb dieser drei Sprachfassungen eine möglichst große terminologische Konsistenz zu erreichen).
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C. Angebot
5. Rechtsvergleichende Würdigung Im Hinblick auf die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots zeigen sich eine ganze Reihe von Divergenzen zwischen den untersuchten Rechtsordnungen. a) Konzeptionelle Einordnung Dies beginnt schon bei der dogmatischen und konzeptionellen Einordnung der Problematik: Im deutschen Recht und im CESL-D wird die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots als Anwendungsfall der allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit von Willenserklärungen (bzw. in der Terminologie des CESL-D: „Mitteilungen“) begriffen.2259 Im französischen und englischen Recht, wo sich bis heute keine der deutschen auch nur annähernd vergleichbare allgemeine Rechtsgeschäftslehre existiert, wird die Problematik eher als Spezialfrage angesehen, der darüber hinaus auf Grund des in beiden Rechtsordnungen geltenden Prinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots (dazu sowie zu den – im französischen Recht weitaus größeren – Durchbrechungen ausf. unten C. VIII.2. a) – C. VIII.2. f), C. VIII.3. a)) keine große praktische und konzeptionelle Relevanz beigemessen wird und die daher selbst in führenden Standardwerken (wenn überhaupt) nur recht knapp behandelt wird.2260 b) Wirksamkeitszeitpunkt Aber auch in der Sache zeigen sich signifikante Unterschiede: Nach französischem und englischem Recht wird das Angebot grundsätzlich erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den (jeweiligen) Adressaten wirksam. Nach deutschem Recht und CESL-D sind zur Wirksamkeit des Angebots – wie bei allen Willenserklärungen/Mitteilungen – Abgabe und Zugang erforderlich.2261 Das deutsche Recht2262 differenziert dabei zwischen Erklärungen unter Abwesenden und Anwesenden. Bei Erklärungen unter Abwesenden (sowie verkörperten Erklärungen unter Anwesenden) erfolgt der Zugang nach der allgemein anerkannten „dualistischen“ Zugangsdefinition, wenn die Willenserklärung so in den (Macht-)Bereich des Empfängers gelangt ist („Machtbereichselement“), dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen („Zeitelement“); sofern der Empfänger die Erklärung allerdings tatsächlich bereits früher zur Kenntnis nimmt, ist sie bereits in diesem Zeitpunkt zugegangen. Nicht verkörperte Erklärungen unter Anwesenden sind nach der vorzugswürdigen sog. „ab2259 2260 2261 2262
Vgl. oben C. VII bzw. C. VII.4. Vgl. oben C. VII.2. a) bzw. C. VII.3. a). Vgl. oben C. VII.1. bzw. C. VII.4. Vgl. oben C. VII.1.
VII. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots
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geschwächten Vernehmungstheorie“ wirksam, wenn aus Sicht eines sorgfältigen Erklärenden keine Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu Zweifeln geben können, dass der Adressat die Erklärung richtig und vollständig vernommen hat. Obgleich auch der CESL-D2263 dem Zugangsprinzip folgt, weicht sein Zugangsbegriff signifikant von demjenigen des deutschen Rechts ab. Art. 10 Abs. 4 CESL-D normiert insgesamt vier Zugangstatbestände, von denen jeweils derjenige maßgeblich ist, nach dem der Zugang am frühesten erfolgt. Vergleicht man sie mit dem Zugangsbegriff des deutschen Rechts, so zeigt sich, dass der Zugang nach dem CESL-D in vielen Fällen deutlich früher erfolgt als nach deutschem Recht2264, da es grundsätzlich nicht darauf ankommt, wann unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den Adressaten zu rechnen ist, sondern z.B. Briefe an den Geschäftssitz oder den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts in jedem Fall bereits mit dem Eingang dort zugehen (vgl. lit. b), E-Mails in jedem Fall bereits mit der Abrufbarkeit (lit. c) und auch im Falle der sonstigen Zugänglichmachung (lit. d) erfolgt der Zugang bereits in diesem Zeitpunkt, solange nur vernünftigerweise ein unverzüglicher Abruf zu erwarten ist. c) Rücknahme Prinzipielle Kongruenz besteht hinsichtlich der Möglichkeit einer Rücknahme des Angebots (d.h. eine Erklärung, mit der verhindert wird, dass das Angebot überhaupt erst wirksam wird): Sie ist sowohl nach deutschem2265 und französischem2266 Recht und dem CESL-D2267, sowie wohl auch englischem Recht2268 möglich, sofern die Wirksamkeit der Rücknahme vor oder zeitgleich mit der (hypothetischen) Wirksamkeit des Angebots eintritt. Im Detail setzt sich aber freilich die Divergenz hinsichtlich der Wirksamkeitszeitpunkt hier konsequenterweise fort: Während es nach englischem und französischem Recht auf die chronologische Reihenfolge der Kenntnisnahme des Empfängers ankommt, ist nach deutschem Recht und dem CESL-D die chronologische Reihenfolge des Zugangs maßgeblich. Ein leider überall zu bedauerndes Defizit ist allerdings das in Bezug auf Rücknahme, Widerruf und Verbraucherwiderruf zu verzeichnende „Begriffswirrwarr“; hier bedarf es vor allem im Rahmen des CESL-D – teilweise aber auch im nationalen Recht – dringend einiger Korrekturen. 2263
Vgl. oben C. VII.4. a) bb). Vgl. dazu auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 603 (der dies zumindest in Bezug auf Verbraucher als Empfänger kritisch sieht). 2265 Vgl. oben C. VII.1. d). 2266 Vgl. oben C. VII.2. b). 2267 Vgl. oben C. VII.4. b). 2268 Vgl. oben C. VII.3. b). 2264
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C. Angebot
d) Erste rechtsvergleichende Würdigung Welche dieser verschiedenen Konzeptionen ist nun aber vorzugswürdig? Eine fundierte Antwort hierauf kann so isoliert kaum gegeben werden, denn sie hängt letztlich sehr davon ab, wie der Vertragsschlussprozess insgesamt konzipiert ist. Insofern erscheint es sinnvoll, die Frage zunächst zurückzustellen und erst an späterer Stelle wieder aufzugreifen. Bereits an dieser Stelle festgehalten werden kann jedoch Folgendes: Rechtsvergleichend zeigt sich, dass die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit sowie der Möglichkeit und den Voraussetzungen einer Rücknahme umso wichtiger ist, je stärker die Bindungswirkung des Angebots ausgestaltet ist. Im deutschen Recht, dass von einer generellen Bindung an das Angebot ausgeht, kommt der Frage, wann das Angebot wirksam wird (und somit diese Bindungswirkung eintritt) und ob eine Rücknahme noch rechtzeitig war, tendenziell ganz erhebliche Bedeutung zu. Im englischen und französischen Recht, wo das Angebot zumindest prinzipiell frei widerruflich ist, ist ihre Bedeutung dagegen naturgemäß sehr viel geringer, denn in den allermeisten Fällen wird der Anbietende ohnehin jedenfalls noch die Möglichkeit haben, das Angebot zu widerrufen. In der Sache ist zu konstatieren, dass das englische und französische Recht mit ihrem ausschließlichen Abstellen auf die tatsächliche Kenntnis sehr am Konsensdogma verhaftet scheinen. Es ist zwar richtig, dass eine Annahme ohne Kenntnis des Angebots schon begrifflich kaum möglich erscheint. Daraus folgt aber keineswegs unbedingt zwingend, dass das Angebot auch erst dann wirksam werden kann, wenn der Empfänger tatsächlich Kenntnis davon hat. Im Übrigen erscheint die Lösung des deutschen Rechts und des CESL-D, statt einer isolierten Betrachtung des Angebots allgemeine Regeln für die Wirksamkeit von Erklärungen aufzustellen, die dann auch für das Angebot gelten, konzeptionell generell überlegen. Zuzugeben ist freilich andererseits auch, dass die Lösung über Empfangstheorie und Zugangsprinzip deutlicher komplexer ist als ein schlichtes Abstellen auf die tatsächliche Kenntnisnahme. Insofern sei nur auf die Darstellung des deutschen Rechts verwiesen und speziell die zahlreichen Abgrenzungs- und Streitfragen, die sich dort aus dem Machtbereichs-, vor allem aber auch aus dem Zeitelement des Zugangsbegriffs ergeben.2269 Im Rahmen der Zugangstatbestände des CESL-D2270 entfällt zwar die Notwendigkeit, den Zeitpunkt der unter regelmäßigen Umständen zu erwartenden Kenntnisnahme zu ermitteln, auch dort ergibt sich aber die Notwendigkeit einer ganzen Reihe von Differenzierungen und zahlreiche Abgrenzungsfragen. Regelungsziel ist aber letztlich nicht unbedingt (nur) die Einfachheit des Rechts, sondern vor allem auch eine gerechte Risikoverteilung und eben diese wird 2269 2270
Vgl. oben C. VII.1. c) aa)(2). Vgl. oben C. VII.4. a) bb)(2).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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mit Empfangstheorie und Zugangsprinzip intendiert. Ob sie tatsächlich erreicht wird – und ob insoweit der deutsche Zugangsbegriff oder derjenige des CESL-D2271 vorzugswürdig ist – kann, wie dargelegt, jedoch wirklich fundiert erst unter Einbeziehung der anderen Elemente des Vertragsschlussprozesses erörtert werden.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots Eine der großen Fragen, die nicht nur innerhalb der einzelnen Rechtsordnungen, sondern auch im rechtsvergleichenden Schrifttum seit Langem intensiv erörterten wird, ist diejenige nach der Bindungswirkung und der Widerruflichkeit des Angebots. In engem Zusammenhang damit steht auch die – deshalb sinnvollerweise ebenso im nächsten Abschnitt zu erörternde Frage, welche sonstigen Tatbestände zum Erlöschen des Angebots führen.
1. Deutsches Recht a) Grundsatz: Bindungswirkung, § 145 BGB § 145 BGB etabliert den Grundsatz der Bindungswirkung: Der Anbietende ist an das Angebot gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat. aa) Hintergründe und Ratio der legislatorischen Entscheidungen zugunsten der grundsätzlichen Bindungswirkung Bei den Beratungen zum BGB hatte man sich intensiv mit den verschiedenen Wegen zur Lösung der „Bindungsfrage“ auseinandergesetzt.2272 Im gemeinen Recht war es ganz herrschende (wenn auch nicht unangefochtene2273) Lehre, dass das Angebot bis zu seiner Annahme frei widerruflich war2274; im Falle des Widerrufs musste jedoch Schadensersatz (negatives Interesse) geleistet werden2275. Dieser Grundposition folgten auch § 905 ZürGB 2271
Den Zugangsbegriff des CESL-D präferierend etwa Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub.
III.3.a. 2272 Vgl. nur Mot. I, 164 f. = Mugdan I, 443. Vgl. ferner auch die Materialien bei Jakobs/ Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 781 ff. 2273 Vgl. Koeppen JherJb 11 (1871) 139, 356 ff.; Siegel, Das Versprechen als Verpflichtungsgrund im heutigen Recht, 1873, S. 53 ff. 2274 Vgl. von Brinz/Lotmar (Fn. 192), § 571 (S. 303); von Bülow/Hagemann (Fn. 1972), Nr. 3 (S. 20); Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 11 (S. 30 f.); Karlowa, Das Rechtsgeschäft und seine Wirkung, 1877, S. 27 f.; Puchta (Fn. 170), § 251 (S. 74); ders. (Fn. 193), § 251 (S. 391 f.); Regelsberger (Fn. 179), § 150 I A 3 (S. 549); Thöl, Das Handelsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1854, S. 241; Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/1, § 307 (S. 159). 2275 Vgl. Thöl (Fn. 2274), S. 242; Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/1, § 307 (S. 159 ff.); a.A. jedoch Regelsberger (Fn. 179), § 150 I A 3 (S. 549) (weil mit dem Widerruf gerechnet werden musste).
350
C. Angebot
(1853–1855)2276, 2277 und § 816 SächsBGB (1865) 2278, 2279; diese erklärten den Antragenden allerdings zumindest für den Fall, dass er eine Annahmefrist bestimmt hatte, während des Laufs derselben für gebunden. Das von naturrechtlichen Lehren geprägte2280 Preußische Allgemeine Landrecht von 17942281 hatte dagegen in Teil 1 Titel 5 §§ 90 ff. verschiedene Annahmefristen normiert und bestimmt, dass der Anbietende erst nach deren Ablauf „zurücktreten“ konnte (§ 1032282), ging also zumindest implizit vom Grundsatz der Gebundenheit aus2283. Derselben Grundkonzeption (Zulässigkeit der „Rücknahme“ erst nach Ablauf bestimmter gesetzlicher Annahmefristen) folgte auch das – ebenfalls stark naturrechtlich geprägte2284 ABGB von 18112285 in § 8622286. Das ADHGB von 18612287 formulierte die Gebundenheit dann in Art. 319 sogar positiv, indem es bestimmte, dass der „Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden [ist], in welchem er bei ordnungsmäßiger rechtzeitiger Ab-
2276
Fn. 203. § 905 ZürGB Ein bloßes Anerbieten (Antrag) zum Abschlusse eines Vertrages ist nicht verbindend, so lange nicht von der andern Seite ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen die Annahme erklärt ist. Bis dahin hat somit der Anerbietende das Recht des Widerrufes, wofern er nicht ausnahmsweise sich dem Andern gegenüber verpflichtet hat, während einer gewissen Frist seinen Antrag nicht zurückzunehmen. 2278 Fn. 196. 2279 § 816 SächsBGB Anerbietungen zu einem Vertrage können zu jeder Zeit widerrufen werden, so lange nicht deren Annahme von der anderen Seite erklärt worden ist. Hat Derjenige, welcher das Anerbieten gemacht hat, dem Anderen eine Bedenkzeit gegeben, so kann er vor deren Ablauf sein Anerbieten nicht widerrufen; mit Ablauf der Bedenkzeit gilt das Anerbieten als widerrufen, wenn es bis dahin nicht angenommen worden ist. 2280 Vgl. dazu bereits oben B. I.1. b) ee). 2281 Fn. 157. 2282 PrALR I, 5, § 103 Sobald aber die vorstehend § 90 sqq. bestimmten Fristen zur Erklärung über den Antrag fruchtlos verlaufen sind, kann der Antragende zurücktreten. 2283 Vgl. Koch (Fn. 838), Bd. 1, 1, S. 235 Anm. 86 i.V.m. S. 232 Anm. 77; s. ferner auch Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 29 (der allerdings offenbar § 103 übersehen hat). 2284 Vgl. dazu bereits oben B. I.1. b) ee). 2285 Fn. 160. 2286 § 862 ABGB (ursprüngliche Fassung): Wenn zur Annahme des Versprechens kein Zeitraum bedungen worden ist, so muß ein mündliches Versprechen ohne Verzug angenommen werden. Bey den schriftlichen kommt es darauf an, ob beyde Theile sich an demselben Orte befinden, oder nicht. Im ersten Falle muß die Annahme in vier und zwanzig Stunden; im zweyten aber innerhalb jenes Zeitraums, welcher zur zweymahligen Beantwortung nöthig ist, erfolgen, und dem versprechenden Theile bekannt gemacht werden; widrigen Falles ist das Versprechen erloschen. Vor Ablauf des festgesetzten Zeitraumes kann das Versprechen nicht zurückgenommen werden. 2287 Fn. 1010. 2277
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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sendung der Antwort den Eingang der Letzteren erwarten darf“ (S. 1)2288;2289 ähnlich auch Art. 5 Abs. 1 OR (1881)2290, 2291 und Art. 47 Abs. 1 S. 1 Dresdener Entwurf von 18662292, 2293. Vor diesem Hintergrund hatte sich der Redaktor des Obligationenrechts für das BGB, Franz Philipp von Kübel2294, in seiner Vorlage2295 nachdrücklich für eine „(zeitliche) Gebundenheit des Antragenden“2296 als „Hauptprinzip“2297 ausgesprochen. In der 1. Kommission regte sich gegen diese klare Abweichung von dem im gemeinen Recht geltenden Prinzip der freien Widerruflichkeit2298 zwar zunächst Widerspruch; nach einer „längeren Erörterung der für und wider das eine und andere Prinzip“ entschied sich die Mehrheit dann aber doch für von Kübels „Hauptprinzip“ der zeitlichen Gebundenheit.2299 Während von Kübel in seiner Vorlage auch noch sehr stark den moralischnaturrechtlichen Aspekt betont hatte2300, begründeten die Motive die Entscheidung für das Bindungsprinzip primär mit dem „Bedürfnis des Verkehrs“2301. Der Empfänger bedürfe eines „sicheren Ausgangspunktes für die
2288 Vgl. zur Genese dieser Norm näher Bühler, Die Entstehung der allgemeinen Vertragsschluß-Vorschriften im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861, 1991, S. 166 ff. m.w.N. 2289 Vgl. zur Bedeutung der Regelung im ADHGB für die BGB-Lösung auch Wahl FS Hefermehl, 1976, S. 1, 4 f. 2290 Fn. 203. 2291 Art. 5 Abs. 1 OR Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung erwarten darf. 2292 Fn. 846. 2293 Art. 47 Abs. 1 S. 1 Dresdener Entwurf Wird ein Antrag ohne Bestimmung einer Zeit für dessen Annahme einem Abwesenden gemacht, so ist der Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, zu welchem er bei ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf. 2294 Vgl. zu ihm und seiner Bedeutung für das BGB näher Schubert, in: Schubert (Hrsg.), Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, 1978, Einl., S. 1, 43 ff. 2295 Von Kübel, Das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zum Worthalten (Vertragsantrag), abgedruckt in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. II.3: Recht der Schuldverhältnisse, 1980, S. 1145 ff. 2296 Vgl. von Kübel (Fn. 2295), S. 1145 (Vorschlag I). 2297 Vgl. Protokolle der Beratungen der 1. Kommission von 1877, 19. Sitzung vom 17.10.1877, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 782. 2298 Vgl. oben bei Fn. 2274 f. 2299 Vgl. Protokolle der Beratungen der 1. Kommission von 1877, 19. Sitzung vom 17.10.1877, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 782. 2300 Vgl. von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1151: „die sittliche Rücksicht, das durch den Antrag bei dem andern Theile hervorgerufene Vertrauen auf das Wort des Antragenden nicht zum Nachtheil von Jenem täuschen zu lassen, führt auf das Rechtsgebot der zeitlichen Gebundenheit des Antragenden.“ 2301 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. S. ferner auch von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1151 f.
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C. Angebot
zu fassende Entschließung“2302. Sofern man einen Widerruf bis zum Wirksamwerden der Annahmeerklärung zulassen würde, würde nicht nur der konkrete Angebotsempfänger „nach Befinden schwer geschädigt werden“, sondern es würde sich ganz allgemein die „Geneigtheit“, sich „auf Vertragsanträge … einzulassen … mindern, der Verkehr erschwert und beeinträchtigt“2303. Die Gebundenheit entspreche darüber hinaus aber auch „der vernünftigerweise anzunehmenden Absicht des Antragenden“.2304 Am deutlichsten zeige sich dies in den Fällen der Setzung einer speziellen Annahmefrist; der „Erkenntnis“, dass dann während des Laufs der Frist eine Bindungswirkung besteht, hätten sich auch „Gesetze, welche auf dem Boden des gemeinen Rechts stehen, … nicht zu entziehen vermocht“.2305 Wenn die Gebundenheit aber in diesen Fällen anerkannt werden müsse, so sei „nicht abzusehen“, weshalb das Gleiche nicht auch in den Fällen einer stillschweigenden Fristsetzung gelten solle.2306 Eine solche sei aber „bei jedem schlechthin gemachten Vertragsantrage zu unterstellen“, da ein solcher stets zum Zwecke der Herbeiführung der Annahme gemacht werde.2307 Im Übrigen habe auch das gemeine Recht die „Unzweckmäßigkeit des Widerrufs“ und die hieraus resultierende „Gefährdung“ des Empfängers nicht verkannt.2308 Die bloße Einräumung eines Schadensersatzanspruchs sei aber nicht ausreichend: Der Verkehr erfordere vielmehr „eine glatte und rasche Abwicklung der Geschäfte, während die Verweisung auf Schadensersatz erfahrungsgemäß zu Prozessen heikler Art und von zweifelhaftem Erfolg“ führe und auf den Verkehr „lähmend“ wirke.2309 Das gegen die Bindungswirkung vorgebrachte Argument, dass der Empfänger während der Bindungsdauer auf Kosten des Anbietenden spekulieren könne, erachtete man nicht für durchschlagend: Denn es stehe dem Anbietenden frei, die Gebundenheit auszuschließen, und sofern er dies nicht für zweckdienlich erachte, könne er die sofortige Annahme mit dem schnellstmöglichen Kommunikationsmittel fordern.2310 Als weiteres wichtiges Argument stützten sich die Motive schließlich darauf, dass die Gebundenheit des Anbietenden sich im Handelsverkehr (vgl. Art. 319 ADHGB2311) „so eingelebt“ habe, dass sie „schlechthin unentbehr-
2302
Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. 2304 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. 2305 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. 2306 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. S. ferner auch von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1153. 2307 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. S. ferner auch von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1153. 2308 Vgl. Mot. I, 165 = Mugdan I, 443. 2309 Vgl. Mot. I, 165 f. = Mugdan I, 443, die insofern nahezu wörtlich die Ausführungen von von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1152 übernehmen. 2310 Vgl. Mot. I, 166 = Mugdan I, 443. 2311 Dazu bereits oben bei Fn. 2287. 2303
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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lich“ sei und eine „Verschiedenheit des Handels- und des bürgerlichen Rechtes in diesem wichtigen Punkte … zumal bei der Schwierigkeit der Bestimmung der Grenzlinie zwischen beiden, zu empfindlichen Uebelständen führen“ würde.2312 Maßgeblich für die Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Bindungswirkung des Angebots waren somit im Wesentlichen folgende Erwägungen: (1) die sittlich-moralische Pflicht Versprechen zu halten, (2) das Bedürfnis des Verkehrs nach Sicherheit bezüglich des Bestands des Angebots, (3) die Unzulänglichkeit eines bloßen Schadensersatzspruchs im Falle eines Widerrufs, (4) die positiven Erfahrung mit der Bindungswirkung im Handelsrecht und das Ziel eines Gleichlaufs von Handels- und bürgerlichem Recht, sowie (5) die Überzeugung, dass der Gefahr von missbräuchlichen „Spekulationen“ seitens des Empfängers auch im Falle einer grundsätzlichen Bindungswirkung hinreichend begegnet werden kann. bb) Bedeutung der Bindungswirkung für Anbietenden und Empfänger (1) Bedeutung für den Anbietenden Für den Anbietenden bedeutet die Bindungswirkung, dass er sein Angebot ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit2313 nicht mehr widerrufen kann.2314 Er ist vielmehr – wenn auch nicht unendlich, sondern zeitlich begrenzt2315 an sein Angebot gebunden. Die Bindungswirkung bewirkt jedoch andererseits nicht etwa eine Verfügungssperre, d.h. der Anbietende kann gleichwohl im Widerspruch zum Angebot über den (potenziellen) Vertragsgegenstand verfügen, macht sich dann aber ggf. schadensersatzpflichtig.2316
2312 Vgl. Mot. I, 165 f. = Mugdan I, 443, die sich auch insofern sehr eng an die Ausführungen von von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1152 anlehnen. 2313 Dazu ausf. oben C. VII.1. 2314 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 14; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 20 f.; ders. (Fn. 202), Rn. 724; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 169; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 31 f.; Flume (Fn. 19), § 35 I 3b (S. 642); Fritzsche JA 2006, 674, 675; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 4; Kötz (Fn. 209), Rn. 101; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 49; Medicus (Rn. 1017), Rn. 364; Schilder, Schadensersatz bei Durchbrechung der Bindung an obligatorische Vertragsofferten, 2003, S. 68; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 12. 2315 Vgl. zum Ende der Bindungswirkung näher unten C. VIII.1. a) cc). 2316 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 14; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 25; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 20; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 31; Flume (Fn. 19), § 35 I 3b (S. 642) und § 35 I 3e (S. 644 f.).
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C. Angebot
(2) Bedeutung für den Angebotsempfänger Für den Angebotsempfänger bedeutet die Bindungswirkung, dass er während ihrer Dauer die unentziehbare Möglichkeit hat, den Vertrag durch seine Annahme zu perfektionieren.2317 Entgegen der früher h.M.2318 handelt es sich hierbei jedoch nicht etwa um ein Gestaltungsrecht.2319 Die Rechtsposition des Angebotsempfänger lässt sich vielmehr weitaus prägnanter mit dem Begriff der „Vertragsanwartschaft“ charakterisieren.2320 Im Hinblick auf die umstrittene Frage der Übertragbarkeit (§§ 413, 398 BGB) und Vererblichkeit dürften sich jegliche schematische Lösung2321 verbieten; die heute (wohl) h.M.2322 nimmt insoweit zu Recht eine Auslegung im Einzelfall vor. cc) Ende der Bindungswirkung Die Bindungswirkung des Angebot besteht prinzipiell bis zu seinem Erlöschen (durch Ablehnung, nicht rechtzeitige Annahme sowie ggf. Tod/Geschäftsunfähigkeit einer Partei, dazu näher unten C. VIII.1. c)). Insbesondere lässt auch eine zwischenzeitliche Änderung der Umstände die Bindungswirkung und Existenz des Angebots grundsätzlich unberührt. Wie bereits oben dargelegt, wurde die Möglichkeit einer etwaigen Änderung der Umstände und die hieraus resultierende Gefahr etwaiger „Spekulationen“ des Empfängers auf Kosten des Anbietenden im Rahmen des Gesetzgebungsver-
2317 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 723; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 21; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 10; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 46; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 637). 2318 So etwa RGZ 132, 6, 7; OLG Celle NJW 1962, 743, 744; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 5; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 4. 2319 Grundlegend gegen eine Qualifikation als Gestaltungsrecht bereits Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, 1964, S. 13 ff.; ders. FS Dölle, Bd. 1, 1963, S. 41, 52 ff.; vgl. ferner etwa auch Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 19; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 34; ders. (Fn. 202), Rn. 723; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 21; Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 97 Fn. 47; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 14. 2320 Vgl. Bork (Fn. 202), Rn. 723; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 21; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 47; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 12; s. ferner auch bereits Bötticher FS Dölle, Bd. 1, 1963, S. 41, 53 („aus der Offerte erwachsende Rechtsposition“); für eine Einordnung als „schlichte Rechtsposition“ etwa Schilder (Fn. 2314), S. 114; s. ferner auch Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 41: „annahmefähige Position“; kritisch zur Qualifikation als Vertragsanwartschaft jedoch etwa Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 97 Fn. 47. 2321 Die Übertragbarkeit generell ablehnend jedoch etwa RG JW 1911, 752 f.; Pfeiffer LZ 1912, 374 ff.; für Übertragbarkeit nur bei Verträgen, durch die bloß der Anbietende verpflichtet werden soll: Medicus (Rn. 1017), Rn. 379. 2322 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 19; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 35; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 22; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 10; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 48; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 5; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 4; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 14. Vgl. zum Ganzen auch noch unten C. VIII.1. c) bb)(5)(b).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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fahrens durchaus gesehen und gerade nicht als durchschlagendes Argument gegen eine Bindungswirkung erachtet.2323 Nach h.M. ist dem Anbietenden jedoch analog § 313 BGB ausnahmsweise ein Widerrufsrecht zuzubilligen, wenn die Änderung der Umstände nicht vorhersehbar war und – auch für den Empfänger erkennbar derart gravierend ist, dass dem Anbietenden die weitere Bindung an das Angebot auch unter Berücksichtigung der Interessen des Empfängers nicht zumutbar ist und auch eine Anpassung des Angebots unzumutbar erscheint.2324 b) Ausnahmsweiser Ausschluss der Gebundenheit § 145 Hs. 2 BGB stellt ausdrücklich klar, dass der Anbietende die Gebundenheit ausschließen kann.2325 Ausweislich der Motive sah man keinen Grund, einen solchen Ausschluss zu untersagen, denn in diesem Fall weiß der Empfänger, dass er nicht auf den Bestand des Angebots vertrauen darf und kann sich darauf einrichten.2326 Der Ausschluss der Gebundenheit kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.2327 Er braucht auch nicht unbedingt unmittelbar im Angebot selbst erfolgen, muss dem Angebotsempfänger aber analog § 130 Abs. 1 S. 2 BGB in jedem Fall vor oder spätestens gleichzeitig mit dem Angebot zugehen.2328 In der Praxis finden sich häufig Klauseln wie „freibleibend“2329, „Lieferfähigkeit vorbehalten“2330, „unverbindlich“ oder „sine obligo“.2331 Im Einzelfall 2323
Vgl. oben C. VIII.1. a) aa) bei Fn. 2310. Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 311, 312; AG Lübeck WuM 1985, 111 f.; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 22; ders. (Fn. 202), Rn. 724; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 19; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Medicus (Rn. 1017), Rn. 369; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 13; s. ferner auch Tettinger ZGS 2006, 452, 453 ff.; ähnlich auch Flume (Fn. 19), § 35 I 3d (S. 643); Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 18. Näher zum Ganzen Schilder (Fn. 2314), S. 115 ff. 2325 von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1154 hatte dies noch für so selbstverständlich erachtet, dass ihm eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht erforderlich erschien. Im Zuge der Beratungen zum BGB hielt man es dann aber doch für vorzugswürdig, die Möglichkeit eines Ausschlusses der Gebundenheit ausdrücklich klarzustellen. Im E I war mit § 81 hierfür sogar noch eine eigener Paragraph vorgesehen. Den Vorschlag, die Regelung wieder zu streichen, lehnte die 2. Kommission dezidiert ab: die Klarstellung sei „zweckmäßig“, „[o]hne eine ausdrückliche Vorschrift möchte dies leicht verkannt werden“; die Regelung wurde jedoch aus redaktionellen Gründen mit § 80 E I zum heutigen § 145 BGB zusammengefasst (vgl. Prot. I, 162 f. = Mugdan I, 689). 2326 Vgl. Mot. I, 168 = Mugdan I, 444. 2327 Vgl. bereits Mot. I, 168 = Mugdan I, 444. 2328 Vgl. bereits Mot. I, 168 = Mugdan I, 444; s. weiter Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 26; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 170; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 5; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 13. 2329 Vgl. BGH NJW 1984, 1885 (in casu: Angebot); BGH NJW 1996, 919 f. (in casu: invitatio ad offerendum). 2330 Vgl. BGH NJW 1958, 1628 2331 Vgl. zu diesen und weiteren Beispielen auch Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 26; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 8; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Medicus (Rn. 1017), Rn. 365; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 15. 2324
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C. Angebot
ist jedoch stets durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)2332 ermitteln, ob der Erklärende damit ein unverbindliches Angebot oder eine bloße invitatio ad offerendum2333 machen will.2334 Zudem ist sind verschiedenen Intensitäten und Varianten des Ausschlusses der Bindungswirkung möglich: So kann etwa ein Widerrufsvorbehalt dahin ausgestaltet sein, dass er es dem Anbietenden ermöglichen soll, sein Angebot noch bis zur Absendung oder bis zum Zugang2335 der Annahme zu widerrufen.2336 Verbreitet wird sogar ein Widerrufsvorbehalt, der einen Widerruf noch kurz nach Zugang der Annahmeerklärung ermöglicht, für zulässig erachtet2337; tatsächlich wird man einen derartigen Vorbehalt indes dogmatisch wohl als Angebot auf Abschluss eines Vertrags mit einem entsprechenden vertraglichen Rücktrittsvorbehalt qualifizieren müssen2338. Ein Widerrufsvorbehalt kann auch aufschiebend oder auflösend befristet sein2339 und/oder sich nur auf einzelne Teile des Vertragsangebots beziehen (sog. Abänderungsvorbehalt)2340. Der Widerruf selbst ist dann eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.2341 Er kann vom Anbietenden auch selbst als widerruflich ausgestaltet werden.2342
2332
Allg. zur Auslegung nach deutschem Recht bereits oben C. II.1. Zur Abgrenzung von Angebot und invitatio ad offerendum auch bereits ausf. oben C. III.2. 2334 Vgl. BGH NJW 1958, 1628; BGH NJW 1984, 1885; BGH NJW 1996, 919 f.; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16 f.; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 26, 31; ders. (Fn. 202), Rn. 724 f.; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 8 f.; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 13; Kötz (Fn. 209), Rn. 104; Medicus (Rn. 1017), Rn. 365; Musielak (Fn. 1922), § 3 Rn. 114; Petersen JURA 2009, 183, 185; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 8; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 15. 2335 Vgl. RG JW 1911, 643, 644; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2010, 23502. 2336 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 27; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 8; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 13; Medicus (Rn. 1017), Rn. 366; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 9. 2337 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 170; Busche (Fn. 209), § 145 Rn. 8; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 39; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Medicus (Rn. 1017), Rn. 366; Petersen JURA 2009, 183, 185 f.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 9; ausdrücklich offenlassend BGH NJW 1984, 1885, 1886; dagegen etwa Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 13. 2338 Vgl. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 27; ders. 2339 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 952, 953; BGH NJW 2011, 2643 („eBay“: Widerrufsvorbehalt für den Fall des Verlusts des angebotenen Artikels) (kritisch dazu Dammers MMR 2011, 655 f.); OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2010, 23502 (aufschiebende Befristung); Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 27; Klühs DNotZ 2011, 886, 887. 2340 Vgl. überzeugend Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 28; ders. (Fn. 202), Rn. 725. 2341 Vgl. Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 13. 2342 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 952, 953; Armbrüster (Fn. 223), § 145 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 27; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 4; Keim MittBayNot 2005, 10, 11. 2333
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Als Alternative zu einem Widerrufsvorbehalt kann der Antragende aber z.B. auch bestimmen, dass das Angebot unter einer auflösenden Bedingung stehen soll.2343 c) Erlöschen des Angebots aa) Die Erlöschenstatbestände im Überblick und ihre Wirkung Tatbestände, die zum Erlöschen des Angebots führen (können), sind: – – – – –
die Ablehnung (§ 146 Alt. 1 BGB), das Nichterfolgen einer fristgemäßen Annahme (§ 146 Alt. 2 BGB), bei Versteigerungen: § 156 S. 2 BGB, ggf. ein Widerruf, ggf. Tod/Geschäftsunfähigkeit einer Partei.
Die Wirkung des „Erlöschens“ beschränkt sich dabei generell nicht etwa nur auf die Beendigung der Bindungswirkung (mit der Folge, dass das Angebot gleichwohl noch annahmefähig wäre)2344; nach dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers2345 endet vielmehr die Existenz des Angebots als solches2346. bb) Die Erlöschenstatbestände im Einzelnen (1) Ablehnung, § 146 Alt. 1 BGB Gem. § 146 Alt. 1 BGB erlischt das Angebot, wenn es dem Anbietenden gegenüber abgelehnt wird, und zwar auch dann, wenn die maßgebliche (gesetzliche oder gewillkürte) Annahmefrist2347 noch nicht ablaufen ist2348. Nach der legislatorischen Konzeption soll die dem Angebotsempfänger eingeräumte Rechtsmacht nämlich keineswegs so weit gehen, dass er während des gesamten Laufs der Annahmefristen „jederzeit und ohne Rücksicht auf eine vorherige 2343 Vgl. Bork (Fn. 19), § 145 Rn. 29; Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 33; s. ferner auch OLG Hamburg BB 1960, 383 („Zwischenverkauf vorbehalten“). 2344 I.d.S. aber BGH NJW 1973, 1789, 1790; s. ferner auch Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 53; zumindest sehr missverständlich insofern auch Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 1; Fritzsche JA 2006, 674, 676. 2345 Vgl. Mot. I, 168 = Mugdan I, 445. Von Kübel (Fn. 2295), S. 1145 (Vorschlag III), 1147 (§ 4), 1155, hatte dagegen dafür plädiert, dass nur die Bindungswirkung enden, der Antrag aber annahmefähig bleiben sollte (der Anbietende sollte sich entscheiden können, ob er die verspätete Annahme gelten lässt oder zurückweist). 2346 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 1163, 1164; BGH NJW 2010, 2873, 2874; Armbrüster (Fn. 223), § 146 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 8 f.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 146 Rn. 4; Ellenberger (Fn. 202), § 146 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 146 Rn. 3; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 22; s. ferner auch Thode ZNotP 2005, 162, 165. 2347 Vgl. zu den Annahmefristen unten C. VIII.1. c) bb)(2) sowie ausf. unten D. VI.1. a). 2348 Vgl. Mot. I, 175 = Mugdan I, 449.
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C. Angebot
gegentheilige Willensäußerung“ annehmen könnte; die Annahmefristen sind vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass der Empfänger „sich innerhalb dieser Frist über die Annahme erklären soll und diese Erklärung ist mit der Ablehnung erfolgt“.2349 Dahinter steht ersichtlich der Gedanke, die Möglichkeiten des Angebotsempfängers, auf Kosten des Anbietenden „spekulieren“ zu können2350, im Interesse eines gerechten Interessenausgleichs zu begrenzen: Der Angebotsempfänger soll die Annahmefrist zwar voll ausnutzen können; wenn er sich aber bereits vor Ablauf dafür entscheidet, abzulehnen, ist er daran gebunden und kann nicht „wieder zurück“. Die Ablehnung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung2351, die sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen kann2352 und auch dann formfrei ist, wenn der Vertrag selbst formbedürftig ist2353. Bloßes Schweigen genügt allerdings grundsätzlich nicht (sofern ihm die Parteien nicht ausnahmsweise übereinstimmend diese Bedeutung beigelegt haben).2354 Gem. § 150 Abs. 2 BGB gilt auch eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung (verbunden mit einem neuen Antrag).2355 (2) Keine rechtzeitig Annahme, § 146 Alt. 2 BGB Gem. § 146 Alt. 2 BGB erlischt das Angebot, wenn keine nach Maßgabe der §§ 147–149 BGB rechtzeitige Annahme gegenüber dem Anbietenden erfolgt. Die Annahmefristen der § 147 BGB (gesetzliche Annahmefristen) und § 148 BGB (gewillkürte Annahmefrist) sowie die Regelung des § 149 BGB (verspä2349 Vgl. Mot. I, 175 = Mugdan I, 449 (zu § 88 Abs. 2 E I, welcher die Ablehnung noch im Kontext der verspäteten bzw. eingeschränkten Annahme regelte). Im Rahmen der weiteren Beratungen entschied man sich jedoch zwecks Verbesserung der Gesetzessystematik dafür, im Anschluss an die Normierung der Bindungswirkung (jetzt § 145 BGB) und vor Normierung der Annahmefristen eine allgemeine Norm über das Erlöschen des Angebots einzuschieben (vgl. Protokolle der Vorkommission des Reichsjustizamts, 13. Sitzung v. 24.1.1891, abgedruckt in Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 815; s. ferner auch Prot. I, 163 = Mugdan I, 690). 2350 Vgl. auch Prot. I, 177 = Mugdan I, 694; zu dieser Problematik der Spekulation auch bereits oben C. VIII.1. a) aa) bei Fn. 2310. 2351 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 146 Rn. 2; Bork (Fn. 202), Rn. 726; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 171; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 146 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 146 Rn. 1; Fritzsche JA 2006, 674, 676; Jauernig (Fn. 202), § 146 Rn. 1; Medicus (Rn. 1017), Rn. 375. 2352 Vgl. Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 9; ders. (Fn. 202), Rn. 726; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 146 Rn. 2. 2353 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 146 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 146 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 146 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 146 Rn. 1. 2354 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 146 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 9; ders. (Fn. 202), Rn. 726; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 2. 2355 Dazu näher unten D. IV.1. b).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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tet zugegangene Annahmeerklärung) sind sinnvollerweise erst im Kontext der Annahme näher zu erörtern2356. Wie bereits oben darlegt2357, hat der Gesetzgeber die Bindungswirkung im Interesse eines gerechten Interessenausgleichs also bewusst nicht endlos ausgestaltet, sondern zeitlich begrenzt. Nach der legislatorischen Konzeption „erstreckt und beschränkt sich [die Gebundenheit] auf die zur Erklärung der Annahme verstattete Zeit“; denn „[n]ur so lange will der Antragende gebunden sein und braucht er im Verkehr gebunden zu werden“.2358 (3) Versteigerungen: § 156 S. 2 BGB Für den hier nicht näher behandelten – Spezialfall der Versteigerung existiert mit § 156 S. 2 BGB eine Sonderregelung (Erlöschen des Gebots durch Abgabe eines Übergebots oder Schluss der Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags).2359 (4) Widerruf Sofern das Angebot ausnahmsweise widerruflich ist2360, führt zudem auch der Widerruf zum Erlöschen des Angebots.2361 (5) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei (a) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden Gem. § 153 BGB wird das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch gehindert, dass der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig wird, es sei denn, dass ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. (aa) Grundsatz: Fortbestehende Annahmefähigkeit des Angebots Das Angebot bleibt also grundsätzlich annahmefähig.2362 Irrelevant ist insoweit, ob der Tod bzw. die Geschäftsfähigkeit vor oder nach Zugang des Angebotserklärung eintritt2363 (für ersteren Fall ergibt sich aus § 130 Abs. 2 BGB, 2356
Ausf. unten D. VI.1. a), D. VI.2. a) bb). Vgl. zum Hauptprinzip der „zeitlich begrenzten Bindungswirkung“ bereits oben C. VIII.1. a) aa) bei Fn. 2296 ff. 2358 Vgl. Mot. I, 168 = Mugdan I, 445. S. ferner auch von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1155. 2359 Vgl. dazu näher etwa Busche (Fn. 209), § 156 Rn. 5 m.w.N. 2360 Vgl. dazu bereits oben C. VIII.1. a) cc), C. VIII.1. b). 2361 Vgl. Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 146 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Ellenberger (Fn. 202), § 146 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 145 Rn. 1; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 53; Petersen JURA 2009, 183, 186. 2362 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 2 f.; ders. (Fn. 202), Rn. 734; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 153 Rn. 1; Medicus (Rn. 1017), Rn. 376; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 39. 2363 Vgl. Mot. I, 176 = Mugdan I, 449; Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 1; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 39. 2357
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C. Angebot
dass das Angebot trotzdem mit Zugang wirksam wird2364). Die Annahmeerklärung muss aber nun selbstverständlich dem/den Erben bzw. gesetzlichen Vertreter(n) zugehen.2365 Der BGB-Gesetzgeber vollzog damit ganz bewusst einen klaren Bruch mit der gemeinrechtlichen Tradition, wonach der Tod bzw. die Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden generell das Erlöschen des Angebots zur Folge hatte2366, und folgte stattdessen dem schon im PrALR2367, 2368 etablierten und dann auch im SächsBGB2369, 2370, dem Dresdener Entwurf2371, 2372 und Art. 297 ADHGB2373, 2374 fortgeführten Konzept eines grundsätzlichen Fortbestands des Angebots.2375 Maßgeblich war insoweit die Erwägung, „daß Anträge regelmäßig aus einem wirthschaftlichen Bedürfnisse oder wenigstens aus einem Geldinteresse hervorgehen, und daß dieses Bedürfnis oder Interesse der Regel nach mit dem Vermögen bestehen bleibt, wenn solches auch mit dem Tode des bisherigen Inhabers in andere Hände übergeht“.2376 2364
Vgl. Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 2; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 37 f. Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 4; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 6; Medicus (Rn. 1017), Rn. 376; Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 39. 2366 Vgl. Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 11 (S. 31); Jhering JherJb 4 (1861) 1, 91; Koeppen JherJb 11 (1871) 139, 141 f.; von Vangerow (Fn. 1975), S. 253 f.; Windscheid (Fn. 188), Bd. 2/1, § 307 (S. 161 f.). 2367 Fn. 157. 2368 PrALR I, 5, § 106. Wenn nach geschehenem Antrage, und vor dem Ablaufe der vorstehend bestimmten Fristen, der eine oder der andere Theil verstirbt, so wird durch diesen Tod in den Rechten und Pflichten wegen der Annahme nichts geändert. § 107. Zielte jedoch der Antrag ausdrücklich nur auf persönliche Begünstigung desjenigen ab, welchem derselbe gemacht wurde, so sind seine Erben zu der von dem Erblasser noch nicht geschehenen Annahme nicht berechtigt. 2369 Fn. 196. 2370 § 818 SächsBGB Ein Anerbieten erlöscht weder durch den Tod Desjenigen, welcher dasselbe gemacht hat, noch durch den Tod Desjenigen, welchem es gemacht worden ist, ausgenommen wenn dasselbe auf mit dem Tode weggefallenen persönlichen Beziehungen beruht. 2371 Fn. 846. 2372 Art. 49 Dresdener Entwurf Ein Antrag erlischt weder durch den Tod des Antragenden noch durch den Tod Desjenigen, welchem der Antrag gemacht ist, ausgenommen, wenn der Antrag auf mit dem Tode weggefallenen persönlichen Beziehungen beruht. 2373 Fn. 1010. 2374 Art. 297 ADHGB Ein Antrag, ein Auftrag oder eine Vollmacht, welche von einem Kaufmann in dem Handelsgewerbe ausgegangen sind, werden durch seinen Tod nicht aufgehoben, sofern nicht eine entgegengesetzte Willensmeinung aus seiner Erklärung oder aus den Umständen hervorgeht. 2375 Vgl. Mot. I, 175 f. = Mugdan I, 449; s. dazu auch Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 22; ausf. zum historischen Kontext und der Entstehung des § 153 BGB: Janko, Die bewußte Zugangsverzögerung auf den Todesfall, 2000, S. 13 ff. 2376 Vgl. Mot. I, 176 = Mugdan I, 449. 2365
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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(bb) Ausnahme: anderer Wille des Anbietenden Sofern ein entsprechender Wille des Anbietenden besteht, erlischt das Angebot jedoch mit seinem Tod bzw. dem Eintritt seiner Geschäftsunfähigkeit. Ein solcher Wille kann selbstverständlich ausdrücklich erklärt werden.2377 Ist dies – wie meist – nicht der Fall, so ist im Wege der Auslegung der hypothetische Wille des Anbietenden zu ermitteln, d.h. es ist unter Berücksichtigung der für den Empfänger erkennbaren Umstände der objektive Erklärungswert des Angebots festzustellen.2378 Ein maßgebliches Indiz für einen „anderen Willen“ des Anbietenden ist insbesondere, dass die Verpflichtung oder das korrespondierende Recht höchstpersönlichen Charakter hat.2379 Lässt sich ein entsprechender Wille des Anbietenden nicht feststellen, so bleibt es bei der Auslegungsregel des § 153 BGB, d.h. das Angebot bleibt annahmefähig.2380 Fälle aus der Judikatur, in denen eine fortbestehende Annahmefähigkeit bejaht wurde, betrafen etwa ein Angebot auf Verkauf eines Grundstücks2381 oder einen Antrag eines (potenziellen) Versicherungsnehmers auf Abschluss einer Lebensversicherung2382. (b) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers Die Folgen des Todes bzw. des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers sind im BGB nicht geregelt. Der 1. Entwurf hatte Tod und Geschäftsunfähigkeit beider Vertragsparteien (ebenso wie PrALR2383, SächsBGB2384 und Dresdener Entwurf2385) noch gleichgestellt; die 2. Kommission hatte hiergegen jedoch erhebliche Bedenken und beschränkte die Vorschrift daher bewusst auf die Regelung von Tod/Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden2386. 2377
Vgl. Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 8. Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 5; ders. (Fn. 202), Rn. 735; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 2; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 23; abw. Flume (Fn. 19), § 35 I 4 (S. 646 f.). 2379 Vgl. Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 6; ders. (Fn. 202), Rn. 735; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 9; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 109; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 23. 2380 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 5; (Fn. 202), Rn. 735; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 4; abw. Flume (Fn. 19), § 35 I 4 (S. 646) und ihm folgend Medicus (Rn. 1017), Rn. 377 (keine Auslegungsregel, sondern „ein die Bindungswirkung der Offerte ergänzender und durch sie bestimmter Rechtssatz“). 2381 BGH NJW 2000, 1033. 2382 OLG Köln r+s 1998, 39. 2383 Vgl. Fn. 2367. 2384 Vgl. Fn. 2370. 2385 Vgl. Fn. 2372. 2386 Vgl. Prot. I, 182 f. = Mugdan I, 695. Die Bedenken gründeten sich speziell darauf, dass das Angebot dann als an die Erben des Adressaten gerichtet angesehen werden müsse und dass es bedenklich sei, als Regel anzunehmen, dass der Anbietende die Wirksamkeit des Vertrags auch im Falle der Geschäftsunfähigkeit des Empfängers wolle. 2378
362
C. Angebot
Nach ganz h.M. ist wie folgt zu differenzieren: Stirbt der Angebotsempfänger vor Zugang des Angebots, so ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob das Angebot als auch an den/die Erben gerichtet anzusehen ist.2387 Stirbt er dagegen erst nach Zugang, so kommt es darauf an, ob die Rechtsposition des Angebotsempfängers im konkreten Fall vererblich ist, was ebenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.2388 Im Falle des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit vor Zugang des Angebots gilt § 131 Abs. 1 BGB (Wirksamkeit erst mit Zugang beim gesetzlichen Vertreter).2389 Tritt sie erst nach Zugang des Angebots ein, so ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob der Anbietende auch mit einem nicht Geschäftsfähigen kontrahieren wollte.2390
2. Französisches Recht a) Historisch-konzeptionelles Grundprinzip: Freie Widerruflichkeit des Angebots Ausgangspunkt und Grundprinzip des französischen Rechts ist die freie Widerruflichkeit des Angebots (libre révocabilité de l’offre).2391 Nach französischem Rechtsverständnis handelt es sich hierbei quasi um eine logische Konsequenz aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit (liberté contractuelle)2392: Die 2387 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 7; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 10; ders. (Fn. 202), Rn. 737; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 11; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 3; Flume (Fn. 19), § 35 I 4 (S. 648); Jauernig (Fn. 202), § 153 Rn. 5; Medicus (Rn. 1017), Rn. 378; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 24; abw. jedoch offenbar Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 43. 2388 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 7; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 11; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 174; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 3; Jauernig (Fn. 202), § 153 Rn. 5; Medicus (Rn. 1017), Rn. 378. Vgl. zur Vererblichkeit der Rechtsposition des Angebotsempfängers auch bereits oben C. VIII.1. a) bb)(2). 2389 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 153 Rn. 7; Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 10; ders. (Fn. 202), Rn. 734; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 11; Flume (Fn. 19), § 35 I 4 (S. 649); Wertenbruch (Fn. 202), § 8 Rn. 40. 2390 Vgl. Bork (Fn. 19), § 153 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 153 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 153 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 153 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 153 Rn. 3; Flume (Fn. 19), § 35 I 4 (S. 649); Jauernig (Fn. 202), § 153 Rn. 5. 2391 Vgl. Cass. civ., 3.2.1919, DP 1923.I.126; Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33; Cass. civ. 3e, 10.5.1968, 66-13187; Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690; Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55, 59; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 265 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 139; Ghestin (Fn. 1049), n° 305; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 470; Martin de la Moutte, L’acte juridique unilatéral, 1949, n° 297; Mazeaud, La période précontractuelle en droits positif et prospectif français, européen et international: comparaisons, in: Deshayes, (dir.), L’avantcontrat, 2008, S. 13, 20; Mirabail (Fn. 2174), S. 95 ff.; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 55 f.; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 117. 2392 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 139; Ghestin (Fn. 1049), n° 305; Larroumet (Fn. 243), n° 239; Mazeaud (Fn. 2391), S. 13, 20; Mirabail (Fn. 2174), S. 95; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 117.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
363
„Veräußerung“ der Freiheit, die in der vertraglichen Bindung liegt, erscheint schlechthin nicht denkbar, solange die eine Partei das Versprechen der anderen Partei nicht angenommen hat2393; der Vertrag kommt gerade erst durch den Konsens der Parteien zustande2394. Vor der Annahme ist der Anbietende frei, den Vertrag zu schließen oder eben auch nicht zu schließen, indem er sein Angebot widerruft.2395 Dieses Grundverständnis lässt sich zurückverfolgen bis auf Pothier, dessen Œuvre auch insoweit prägend war. In seinem berühmten „Traité des Obligations“ (1761) führte er – übrigens unter expliziter Bezugnahme auf Grotius2396 – aus: La Pollicitation est la promesse qui n’est pas encore acceptée par celui à qui elle est faite; … La Pollicitation aux termes du pur Droit naturel ne produit aucune obligation proprement dite, & celui qui a fait cette promesse peut s’en dedire, tant que cette promesse n’a pas été acceptée par celui à qui elle a été faite; car il ne peut y avoir d’obligation, sans un droit qu’acquiert la personne envers qui elle est contractée contre la personne obligée; de même je ne peux pas par ma seule volonté transferer à quelqu’un un droit dans mes biens, si sa volonté ne concourt pour l’acquerir; de même je ne peux pas par ma promesse accorder à quelqu’un un droit contre ma personne, jusqu’à ce que sa volonté concoure pour l’acquerir par l’acceptation qu’elle sera de ma promesse. … On ne doit plus mettre en question si’il y a des Pollicitations obligatoires dans notre Droit françois; … elle rejette la Pollicitation.2397 [Die Pollizitation ist das Versprechen, das von demjenigen, an den es gemacht ist, noch nicht angenommen worden ist … Nach Maßgabe des reinen Naturrechts erzeugt die Pollizitation keine Verpflichtung im eigentlichen Sinne, und derjenige, der ein solches Versprechen macht, kann es widerrufen, solange dieses Versprechen von demjenigen, an den es gemacht worden ist, nicht angenommen worden ist; denn es kann keine Verpflichtung geben, ohne dass die Person, mit der kontrahiert wird, ein Recht gegen die verpflichtete Person erwirbt; ebenso wie ich nicht durch meinen alleinigen Willen jemandem ein Recht an meinem Eigentum übertragen kann, wenn sein Wille nicht übereinstimmt, es zu erwerben; genauso kann ich nicht durch mein Versprechen jemandem ein Recht gegen meine Person gewähren, bis sein Willen übereinstimmt, es zu erwerben, durch die Annahme dessen, was mein Versprechen ist. … Man muss sich nicht mehr fragen, ob es in unserem französischen Recht verpflichtende Pollizitationen gibt; … es weist die Pollizitation zurück.]
2393
Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 239. Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 139; Ghestin (Fn. 1049), n° 305; Larroumet (Fn. 243), n° 239; Mirabail (Fn. 2174), S. 95; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 117. 2395 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Mirabail (Fn. 2174), S. 95. 2396 Vgl. zu Grotius und seinem Modell des translativen Versprechensvertrags bereits oben B. I.1. b) ee). 2397 Pothier (Fn. 320), n° 4. Vgl. dazu auch Hogg (Fn. 22), S. 153 f. 2394
364
C. Angebot
Hervorzuheben ist weiterhin, dass der „Widerruf“ nicht gegenüber dem/den Angebotsempfänger(n) erklärt werden muss; nach h.M. genügt es vielmehr, dass der Anbietende nicht mehr länger an seinem Angebot festhalten will und dies in irgendeiner Form nach außen manifestiert.2398 Dies ist letztlich ebenfalls Ausfluss des französischen Verständnisses des Konsensprinzips im Sinne eines Primats des wirklichen, subjektiven Willens der Parteien (volonté réelle des parties)2399: Wenn der auf den Vertragsschluss gerichtete Wille des Anbietenden nicht länger fortbesteht, erscheint ein Konsens nicht mehr denkbar2400. Auch dieser Gedanke findet sich voll ausgeformt bereits bei Pothier: Pour que le consentement intervienne en ce cas, il faut que la volonté de la partie qui a écrit à l’autre pour lui proposer le marché, ait persévéré jusqu’au temps auquel sa lettre sera parvenau à l’autre partie, et auquel l’autre partie aura déclaré qu’elle acceptoit le marché. Cette volonté est présumée avoir persévéré tant qu’il ne paroît rien de contraire: mais si j’ai écrit à un marchand de Livourne une lettre par laquelle je lui proposois de me vendre une certaine partie de marchandises pour un certain prix, et qu’avant que ma lettre ait pu lui parvenir, je lui en aie écrit une seconde, par laquelle je lui marquois que je ne voulois plus cette emplette; ou qu’avant ce temps je sois mort, ou que j’aie perdu l’usage de la raison; quoique ce marchand de Livourne, au reçu de ma lettre, ignorant, ou mon changement de volonté, ou ma mort, ou ma démence, ait fait résponse qu’il acceptoit le marché proposé; néanmoins il ne sera intervenu entre nous aucun contrat de vente: car ma volonté n’ayant pas persévéré jusqu’au temps auquel ce marchand a reçu ma lettre, et accepté la proposition qu’elle contenoit, il ne s’est pas rencontré un consentment ou concours de nos volontés, nécessaire pour forme le contract de vente. 2401 [Damit der Konsens in diesem Fall zustande kommt, muss der Wille der Partei, die an die andere geschrieben hat, um ihr das Geschäft vorzuschlagen, bis zu dem Zeitpunkt fortbestehen, in dem ihr Brief die andere Partei erreicht, und in dem die andere Partei erklärt, dass sie mit dem Geschäft einverstanden ist. 2398 Vgl. aus der Rechtsprechung etwa: Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33 (in diesem Fall hatte der Anbietende das Schloss schlicht an eine andere Person veräußert, ohne den Angebotsempfänger zu informieren; die rechtlichen Erwägungen der Parteien und des Gerichts konzentrierten sich ausschließlich auf die Frage, ob er zu diesem Zeitpunkt noch an das Angebot gebunden war; dass der in der anderweitigen Veräußerung liegende Widerruf nicht an den Angebotsempfänger kommuniziert wurde, wird überhaupt nicht thematisiert); C. de Paris, 5.2.1910, D. 1913.II.1 (der Anbietende hatte das das angebotene Buch ebenfalls schlicht an einen Dritten veräußert, ohne den Angebotsempfänger zu informieren). Vgl. aus dem Schrifttum etwa: Bonassies (Fn. 1414), S. 812 ff.; s. ferner bereits Demogue (Fn. 881), n° 559: „la révocation est une déclaration de volonté non réceptice“ („der Widerruf ist eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung“); Valéry, Des contrats par correspondance, 1895, n° 181. 2399 Vgl. dazu bereits oben C. II.2. a) aa). 2400 Vgl. bereits Demogue (Fn. 881), n° 559; Valéry (Fn. 2398), n° 181. 2401 Vgl. Pothier (Fn. 328), n° 32.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
365
Dieser Wille gilt als fortbestanden habend, solange nichts Gegenteiliges passiert: Aber wenn ich an den Händler aus Livorno einen Brief geschrieben habe, durch den ich ihm vorgeschlagen habe, mir einen bestimmten Teil Ware zu einem bestimmten Preis zu verkaufen, und bevor mein Brief ihn erreichen konnte, ich ihm einen zweiten geschrieben habe, durch den ich ihm gegenüber bekundet habe, dass ich diesen Kauf nicht mehr möchte; oder wenn ich vor diesem Zeitpunkt gestorben bin oder meinen Verstand verloren habe; auch wenn der Händler aus Livorno, in Unkenntnis meiner Willensänderung oder meines Todes oder meines Irrsinns, geantwortet hat, dass er das vorgeschlagene Geschäft annimmt; trotzdem wird zwischen uns kein Kaufvertrag zustande gekommen sein: Weil man Wille nicht fortbestanden hat bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Händler meinen Brief erhalten und das darin enthaltene Angebot angenommen hat, ist es zu keinem Konsens oder einer Zusammenkunft unserer Willen gekommen, was notwendig wäre, damit ein Kaufvertrag zustande kommt.]
b) Durchbrechungen Auch in Frankreich konnte man sich freilich der Tatsache, dass das Prinzip der freien Widerruflichkeit des Angebots naturgemäß mit der Rechts- und Transaktionssicherheit in Konflikt steht2402, nicht verschließen. Im Laufe der Zeit hat das Prinzip der freien Widerruflichkeit daher einerseits durch den Gesetzgeber, andererseits aber auch durch die Gerichte (und die Literatur) eine Vielzahl von Durchbrechungen erfahren. aa) Gesetzlich angeordnete (Mindest-)Bindung an das Angebot Die spezialgesetzliche Regelungen finden sich vor allem im Verbraucherschutzrecht: Speziell gesetzlich vorgeschrieben ist etwa, dass das Angebot zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags mindestens 15 Tage lang gültig sein muss (Art. L. 311-11(2) C. consom.)2403, das Angebot zum Abschluss eines Immobilienkreditvertrags mindestens 30 Tage lang (Art. L. 312-10(1) C. consom.)2404, das Angebot des Verkäufers für einen contrat de location-acces-
2402 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 74; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 139; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 118. 2403 Art. L. 311-11(2) C. consom. La remise ou l’envoi de l’offre de contrat de crédit à l’emprunteur oblige le prêteur à en maintenir les conditions pendant une durée minimale de quinze jours à compter de cette remise ou de cet envoi. (Die Aushändigung oder Versendung des Angebots zum Abschluss des Kreditvertrags an den Darlehensnehmer verpflichtet den Darlehensgeber, die Vertragsbedingungen für eine Dauer von mindestens 15 Tagen ab dieser Aushändigung oder Versendung aufrechtzuerhalten.) 2404 Art. L. 312-10(1) C. consom. (1) L’envoi de l’offre oblige le prêteur à maintenir les conditions qu’elle indique pendant une durée minimale de trente jours à compter de sa réception par l’emprunteur. … ((1) Die Aushändigung des Angebots verpflichtet den Darlehensgeber, die angegebenen Bedingungen für einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen ab Empfang durch den Darlehensnehmer aufrechtzuerhalten. …).
366
C. Angebot
sion (Immobiliarmietvertrag mit Erwerbsrecht des Mieters) mindestens einen Monat lang (Art. 23 Loi n° 84-5952405)2406. Hinzuweisen ist in diesem Kontext ferner auf die S. 2 der bereits oben2407 erörterten Sonderregelung für auf elektronischem Wege geschlossenen Verträge in Art. 1369-4 C. civ.: Danach bleibt der Urheber des Angebots2408 vorbehaltlich einer abweichenden Gültigkeitsbestimmung in diesem (z.B.: „nur solange der Vorrat reicht“) so lange an die darin spezifizierten Vertragsbedingungen gebunden, wie sie auf dem von ihm geschaffenen elektronischen Weg zugänglich sind.2409 bb) Richterrechtliche Durchbrechungen des Grundprinzips der freien Widerruflichkeit (1) Angabe einer bestimmten Annahmefrist Die französische Rechtsprechung bejaht eine zeitlich begrenzte Bindungswirkung bereits seit Langem zum einen dann, wenn das Angebot ausdrücklich eine Annahmefrist bestimmt: Dann ist der Anbietende bis zum Ablauf dieser Frist an sein Angebot gebunden.2410 2405 Loi n° 84-595 du 12 juillet 1984 définissant la location-accession à la propriété immobilière, JORF du 13 juillet 1984, p. 2251. 2406 Art. 23 Loi n° 84-595 Le vendeur doit notifier à l’accédant, par lettre recommandée avec demande d’avis de réception, le projet de contrat de location-accession un mois au moins avant la date de sa signature. La notification oblige le vendeur à maintenir les conditions du projet de contrat jusqu’à cette date. … (Der Verkäufer muss dem Erwerber den Entwurf des Immobiliarmietvertrags mit Erwerbsrecht des Mieters mindestens einen Monat vor dem Datum der Unterschrift per Einschreiben mit Rückschein mitteilen. Die Mitteilung verpflichtet den Verkäufer, die Bedingungen des Vertragsentwurfs bis zu diesem Datum aufrechtzuerhalten. …). 2407 Vgl. oben C. III.2. b) hh)(2)(b). 2408 Interessant in diesem Kontext die Entscheidung CA Toulouse, 2.2.2011, n° 09/00005: Dort hatten zwei trotz polizeilicher Suche nicht identifizierbare Personen im Namen eines Autohandelsunternehmens online ein Inserat betreffend den Verkauf eines Pkw für 9000 € (statt eigentlich 34 900 €) geschaltet. Die CA Toulouse entschied, dass das Autohandelsunternehmen – unabhängig davon, ob mangels der vorgeschriebenen Angaben überhaupt eine echte offre (Angebot) vorlag (vgl. zu diesem Aspekt des Falls bereits oben C. III.2. b) hh)(2)(b) bei Fn. 1611) nicht deren auteur (Urheber) i.S.d. Norm war. Vgl. zu dieser Entscheidung auch noch unten D. VII.2. c) dd)(1) bei Fn. 4318. 2409 Vgl. dazu Béchir EDUC 2009, n° 7, 6; Bruguière (Fn. 1603), n° 76; Castets-Renard Defrénois 2006, 1529 sub. II. A. 2; Fages (Fn. 245), n° 82; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 1401; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; le Tourneau (Fn. 1598), 9.22.1; Magnier in: Terré (éd.), Pour une réforme du droit des contrats, 2009, S. 219, 221; Mathey (Fn. 1603), n° 38; Mekki RDC 2007, 681, 691; Noguéro, L’acceptation dans le contrat électronique, in: Université de Poitiers (éd.), Le contrat électronique. Au cœur du commerce électronique. Le droit de la distribution. Droit commun ou droit spécial?, 2005, S. 49, 62 f.; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 34; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 a. 2410 Vgl. Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33; Cass. civ. 3e, 10.5.1968, n° 66-13187; Cass. civ. 1re, 10.12.1997, n° 95-16461; Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690; vgl. aus dem Schrifttum
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
367
Ratio ist, dass der Angebotsempfänger in diesem Fall typischerweise darauf vertrauen wird, dass er das Angebot während der gesamten Annahmefrist annehmen kann und dieses Vertrauen unter Abwägung der betroffenen Interessen schutzwürdig erscheint2411, denn schließlich hat der Anbietende die Frist privatautonom gesetzt und damit impliziert, dass er während ihrer Dauer gebunden sein will2412. Aus dieser Ratio folgt aber andererseits zugleich auch, dass es dem Anbietende möglich ist, die Entstehung eines schutzwürdigen Vertrauens des Angebotsempfängers auszuschließen und das Grundprinzip der freien Widerruflichkeit „wieder aufleben zu lassen“, indem er in seinem Angebot eine entsprechend klare Festlegung trifft, dass eine Bindung ausgeschlossen sein soll.2413 (2) Implizite angemessene Annahmefrist (délai raisonnable) Im Falle von Angeboten ohne eine ausdrücklich bestimmte Annahmefrist stand die Judikatur lange auf dem Standpunkt, dass es Sache der Tatsacheninstanz sei, anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob das Angebot implizit eine angemessene Annahmefrist (délai raisonnable) beinhaltet und ggf. anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls deren Länge zu bestimmen.2414
2411 auch: Amrani Mekki D. 2005, 2836, 2838; Bénabent (Fn. 243), n° 59; Boy D. 1999, jur 170, 171; Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55, 59; Carbonnier RTD civ. 1959, 336; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Fages (Fn. 245), n° 74; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Forest D. 2008, 1480; Laithier RDC 2009, 1325 n° 2; Larroumet (Fn. 243), n° 95, 239; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 470; Serinet JCP G 2008.I.179 n° 4; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 118; Testu (Fn. 991), 21.06; Virassamy D. 1993, jur. 493, 494. 2411 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 58; Schmidt-Szalewski D. 1977, jur. 593, 595. 2412 Vgl. Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Laithier RDC 2009, 1325 n° 2. 2413 Die Zulässigkeit eines speziellen Ausschlusses der Bindung wird in Rechtsprechung und Schrifttum meist nicht speziell angesprochen (vgl. jedoch etwa ausdrücklich Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 58). Sie wird vielmehr ganz offensichtlich als selbstverständlich vorausgesetzt und ergibt sich letztlich implizit auch aus der klassischen Formulierung der Cour de Cassation (vgl. Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33 und nahezu wortgleich auch Cass. civ. 3e, 10.5.1968, n° 6613187, Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690: „si une offre … peut en principe être rétractée tant qu’elle n’a pas été acceptée, il en est autrement au cas où celui de qui elle émane s’est expressément ou implicitement engagé à ne pas la retirer avant une certaine époque.“ („Wenngleich ein Angebot … im Prinzip widerrufen werden kann, solange es nicht angenommen worden ist, ist dies anders, wenn derjenige, von dem es stammt, sich ausdrücklich oder implizit verpflichtet hat, es für eine bestimmte Zeit nicht zu widerrufen.“) [Hervorhebung hinzugefügt]. Im Falle eines ausdrücklichen Ausschlusses der Bindung bzw. einer Bestimmung des Angebots als widerruflich fehlt es schließlich gerade an einer derartigen Verpflichtung seitens des Anbietenden. Vgl. ähnlich aus rechtsvergleichender Perspektive auch bereits Bonassies (Fn. 1414), S. 769. 2414 Vgl. Cass. civ. 1re, 26.3.1962, Bull. civ. I n° 179; Cass. civ. 3e, 8.2.1968, n° 65-10600; Cass. civ. 3e, 10.5.1972, n° 71-11393; Cass. com., 6.2.1973, n° 72-10140; Cass. civ. 3e, 21.10.1975, n° 7411599.
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C. Angebot
Mit einer Entscheidung der 3. Kammer der Cour de Cassation vom 20.5.2009 hat sich insofern jedoch offenbar ein fundamentales Revirement vollzogen: Denn darin rügte das Gericht die Tatsacheninstanz dafür, dass sie nicht geprüft habe, ob die Annahme „innerhalb der in jedem nicht mit einer bestimmten Frist versehenen Kaufangebot notwendig enthaltenen angemessenen Frist erfolgt ist“2415. Die Cour de Cassation geht also nun – ebenso wie übrigens auch die neueren Reformprojekte2416 ganz offenbar davon aus, dass jedes Angebot, das keine bestimmte Annahmefrist spezifiziert, „notwendig“ eine délai raisonnable (angemessene Frist) für die Annahme enthält, während derer der Anbietende an das Angebot gebunden ist.2417 Dies wird auch durch eine ganze Reihe weitere neuerer Entscheidungen auch anderer Kammern der Cour de Cassation und nicht nur in Bezug auf Angebote zum Abschluss eines Kaufvertrags2418 bestätigt.2419 2415 Cass. civ. 3e, 20.5.2009, n° 08-13230: „Qu’en statuant ainsi, sans rechercher si l’acceptation était intervenue dans le délai raisonnable nécessairement contenu dans toute offre de vente non assortie d’un délai précis, la cour d’appel n’a pas donné de base légale à sa décision.“ („Indem sie also entschied, ohne prüfen, ob die Annahme innerhalb der in jedem nicht mit einer bestimmten Frist versehenen Kaufangebot notwendig enthaltenen angemessenen Frist erfolgt ist, hat die Cour d’Appel ihrer Entscheidung keine legale Grundlage gegeben“). Vgl. dazu Béchir EDUC 2009, n° 7, 6; Chenu Dalloz actualité 4.6.2009; Fages RTD civ. 2009, 524; Laithier RDC 2009, 1325 ff. 2416 Vgl.: Art. 1105-2 Avant-projet Catala (Fn. 438): L’offre peut être librement révoquée … si elle n’a pas été valablement acceptée dans un délai raisonnable. (Das Angebot kann frei widerrufen werden … wenn es während einer angemessenen Frist nicht wirksam angenommen worden ist.) Vgl. dazu Delebeque/Mazeaud, in: Catala (éd.), Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, S. 27, 29; Lehmann RDC 2007, 1427, 1434. Art. 18 Abs. 1 Projet Terré (Fn. 465): L’auteur de l’offre s’oblige à la maintenir pendant le délai expressément prévu, ou, à défaut, pendant un délai raisonnable. (Der Urheber des Angebots verpflichtet sich, es während der ausdrücklich vorgesehenen Frist, oder, in Ermangelung einer solchen, während einer angemessenen Frist, aufrechtzuerhalten.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 126 f. Art. 25 Projet de la chancellerie (Fn. 438): L’offre oblige son auteur à la maintenir pendant le délai expressément prévu, ou à défaut, pendant un délai raisonnable. (Das Angebot verpflichtet seinen Urheber, es während der ausdrücklich vorgesehenen Frist, oder, in Ermangelung einer solchen, während einer angemessenen Frist, aufrechtzuerhalten.) Vgl. dazu Fenouillet RDC 2009, 279, 288. 2417 Vgl. Amrani Mekki D. 2010, 226, 227; Bénabent (Fn. 243), n° 59; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268; Fages RTD civ. 2009, 524; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Laithier RDC 2009, 1325 n° 4 ff.; Testu (Fn. 991), 21.06. 2418 Schon die Grundsatzentscheidung vom 20.5.2009 war trotz der Worte „toute offre de vente“ („jedes Kaufangebot“) ersichtlich in einem allgemein-generellen Sinne (d.h. gerade nicht beschränkt auf Kaufangebote) zu verstehen; vgl. auch Fages RTD civ. 2009, 524; Laithier RDC 2009, 1325 n° 8. Dafür spricht nicht nur, dass das für die Bindung streitende Hauptargument
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Die Dauer der délai raisonnable (angemessenen Frist) ist anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.2420 Hierauf wird unten im Rahmen der Erörterung der Annahmefristen2421 nochmals genauer zurückzukommen sein. Streitig ist, ob diese neue Judikatur auch für offres au public (Publikumsofferten) gilt.2422 Ein Teil des Schrifttums will eine Bindungswirkung nur bei Angeboten, die an eine bestimmte Person gerichtet sind, annehmen2423; denn eine offre au public sei kein acte juridique (Rechtsgeschäft), sondern nur ein fait juridique (Rechtstatsache)2424, 2425. In den neueren Entscheidungen der Cour de Cassation finden sich jedoch – wenngleich sie konkret jeweils ein Angebot an bestimmte Person betrafen – keine Anhaltspunkte für eine solche Differenzierung.2426 Gegen sie spricht überdies, dass das französische Recht die offre au public ganz allgemein als vollwirksames Angebot behandelt2427 und die für die Annahme einer Bindungswirkung streitenden Erwägungen, speziell die Bedürfnisse des Verkehrs, hier ebenso Geltung beanspruchen wie bei Angeboten an bestimmte Personen2428. Als weiteres Argument lässt sich schließlich
der2419 Rechtssicherheit gleichermaßen für alle Vertragstypen Geltung beansprucht, sondern auch, dass die Entscheidung nicht auf eine spezielle kaufrechtliche Vorschrift, sondern auf die allgemeine Vorschrift des Art. 1101 C. civ. (dazu bereits oben B. I.2. a) gestützt war, vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 8. 2419 Vgl. sehr deutlich etwa auch: Cass. com., 27.4.2011, n° 10-17177: „ l’offre faite sans délai, doit être maintenue pendant un délai raisonnable, au-delà duquel elle peut être révoquée“ („ein Angebot, das ohne eine bestimmte Frist gemacht wird, muss für eine angemessene Frist aufrechterhalten werden, jenseits derer es widerrufen werden kann“); vgl. ferner etwa auch: Cass. civ. 3e, 17.11.2009, n° 08-20770; Cass. com., 15.3.2011, n° 10-16422; Cass. civ. 3e, 24.1.2012, n° 10-27965; Cass. soc., 11.7.2012, n° 11-10486. 2420 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 59; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268; Fages (Fn. 245), n° 74; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Loussouarn RTD civ. 1972, 773; Testu (Fn. 991), 21.06; Virassamy D. 1993, jur. 493, 494; vgl. ferner implizit auch Cass. com., 15.3.2011, n° 10-16422; Cass. com., 27.4.2011, n° 10-17177; Cass. civ. 3e, 24.1.2012, n° 10-27965. 2421 S. unten D. VI.1. b) cc). 2422 Ausdrücklich gegen eine Differenzierung und für eine Geltung auch für offres au public: Laithier RDC 2009, 1325 n° 6; Testu (Fn. 991), 21.06. 2423 Gegen eine Bindungswirkung bei offres au public etwa: Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143. Vgl. zur dahinter stehenden théorie dualiste noch näher unten C. VIII.2. d) cc). 2424 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143. 2425 Vgl. allg. zur Differenzierung zwischen acte juridique (Rechtsgeschäft) und fait juridique (Rechtstatsache) etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 9 f.; s. ferner zur Bedeutung dieser Differenzierung etwa auch Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55 ff. 2426 Vgl. in Bezug auf die Grundsatzentscheidung vom 20.5.2009 auch Laithier RDC 2009, 1325 n° 6. 2427 Vgl. zur offre public im französischen Recht bereits oben C. IV.2., zur generellen Tendenz des französischen Rechts, an die Allgemeinheit gerichtete „Vorschläge“ bereits als Angebot einzustufen, bereits oben C. III.2. (und speziell auch C. III.2. c)), C. IV.2. 2428 Vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 6.
370
C. Angebot
Art. 1369-4 S. 2 C. civ.2429 anführen: Die Angebote2430, für die dort eine Bindungswirkung angeordnet wird, sind regelmäßig offres au public. c) Zwischenfazit: Genese der zeitlich begrenzten Bindung zum Regelfall Konsequenz des dargestellten grundlegenden Revirement der Rechtsprechung ist freilich, dass die zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots heute im französischen Recht de facto zum Regelfall geworden ist: Der Anbietende ist entweder kraft Gesetzes2431, infolge einer von ihm privatautonom bestimmten Annahmefrist2432, in jedem Fall aber für eine „angemessene Frist“2433 an sein Angebot gebunden (sofern er die Bindung nicht klar ausgeschlossen hat).2434 Das historisch-konzeptionelle Grundprinzip der freien Widerruflichkeit des Angebots ist daher heute in Wirklichkeit wenig mehr als ein historisches Relikt – Laithier bezeichnet es insofern nicht zu Unrecht als „trompeur“ („trügerisch“). Gänzlich begraben ist es indes noch nicht – und zumindest sein „Geist“ dürfte das französische Recht wohl noch eine ganze Weile verfolgen. Sein anhaltender Nachhall manifestiert sich zum einen in der Kontroverse um die dogmatische Basis der zeitlich begrenzten Bindungswirkung (dazu unten C. VIII.2. d), zum anderen in der nicht abschließend geklärten Frage der genauen Bedeutung der Bindungswirkung und der Konsequenzen eines „Widerrufs“ vor ihrem Ablauf (dazu unten C. VIII.2. e). d) Dogmatische Basis der zeitlich begrenzten Bindungswirkung Hinsichtlich der dogmatischen Basis der zeitlich begrenzten Bindungswirkung werden im Wesentlichen drei2435 Theorien vertreten:2436
2429
Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) hh)(2)(b) und C. VIII.2. b) aa). Vgl. zum Streit um den Begriff der offre in Art. 1369-4 C. civ. bereits oben C. III.2. b) hh)(2)(b); die Frage der Bindungswirkung stellt sich freilich von vornherein nur, wenn es sich es sich tatsächlich um eine offre und nicht lediglich um eine invitation à entrer en pourparlers handelt. 2431 Vgl. oben C. VIII.2. b) aa). 2432 Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(1). 2433 Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(2). 2434 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; vgl. ferner aus rechtsvergleichender Perspektive auch Schwenzer/Hachem/Kee, Global Sales and Contract Law, 2012, 10.41. 2435 Qualifiziert man die théorie dualiste nicht – wie hier – als bloße Variante der théorie de l’engagement unilatéral de volonté (zu beiden näher unten C. VIII.2. d) cc)), sondern als eigenständige Theorie, kommt man auf insgesamt vier Theorien; so etwa Genicon RDC 2008, 1109, n° 9 ff. 2436 Überblicke zu den verschiedenen Theorien etwa auch bei Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 267 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 141 ff.; Genicon RDC 2008, 1109, n° 9 ff.; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119. 2430
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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aa) Théorie de l’avant-contrat Nach der auf Demolombe zurückgehenden théorie de l’avant-contrat (Theorie des Vorvertrags)2437 macht der Anbietende, der ein Angebot mit einer bestimmten Annahmefrist macht, in Wirklichkeit zwei Angebote: Das „Hauptangebot“ und eine Art akzessorisches „Mini-Angebot“, sein „Hauptangebot“ für eine bestimmte Frist aufrechtzuerhalten. Gleiches gelte aber auch, wenn keine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist, denn jedes Angebot enthalte die stillschweigende Verpflichtung, es während der für die Antwort erforderlichen Frist nicht zu widerrufen. Es sei dann davon auszugehen, dass der Angebotsempfänger das akzessorische „Mini-Angebot“, das für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft ist, sofort annimmt. Damit komme eine Art Vorvertrag zustande und auf Grund desselben sei der Anbietende während der Angebotsfrist an sein „Hauptangebot“ gebunden. Gegen diese Theorie wird jedoch eingewandt, dass es eine bloße Fiktion sei, dem Angebotsempfänger die Annahme des akzessorischen „Mini-Angebots“ zu unterstellen.2438 Erst recht versage diese Theorie aber in den Fällen, in denen keine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist, da sie dann sogar mit einer doppelten Fiktion (bezüglich der Annahmefrist und bezüglich der Annahme des akzessorischen „Mini-Angebots“) arbeiten müsse.2439 bb) Théorie de la responsabilité civile Nach der théorie de la responsabilité civile (Theorie der zivilrechtlichen Verantwortung)2440 basiert die dem Angebot beigemessene rechtliche Bedeutung auf den Prinzipien der zivilrechtlichen Verantwortung: Der Anbietende habe durch sein Angebot bei dem Adressaten ein legitimes Vertrauen hervorgerufen, der vorzeitige Widerruf stelle deshalb ein schuldhaftes Verhalten dar, für 2437
Vgl. grundlegend Demolombe (Fn. 2174), n° 65 f.; vgl. weiter etwa Valéry D. 1913.
II.1, 4. 2438 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 121; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 141; Gaudemet, Théorie générale des obligations, 1937, S. 37; Genicon RDC 2011, 804 n° 9; Ghestin (Fn. 1049), n° 306; Larroumet (Fn. 243), n° 98; Marty/Raynaud, Droit civil. Les obligations, t. 1. Les sources, 2e éd. 1988, n° 113; Ripert/Boulanger, Traité de droit civil d’après le traité de Planiol, t. 2, 1957, n° 329; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119; Worms, De la volonté unilatérale considérée comme source d’obligation, 1891, S. 176; kritisch ferner auch Guenzoui (Fn. 245), n° 152. 2439 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 121; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 142; s. ferner auch Gaudemet (Fn. 2438), S. 37; Ghestin (Fn. 1049), n° 306; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 113; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119. 2440 Vgl. Mirabail (Fn. 2174), S. 99; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 329; Saleilles RTD civ. 1907, 697, 732 f.; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 56; Schmidt-Szalewski D. 1977, jur. 593, 595; vgl. weiter auch Pimont (2010) 44 R.J.T. n.s. 121, 135; s. ferner auch Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 131 (wonach es allerdings vorzugswürdig sei, darin, dass der Angebotsempfänger das Angebot in Betracht zieht, eine convention préliminaire [Vorvereinbarung] zu sehen, wobei übrigens speziell auf von Jherings c.i.c. Bezug genommen wird).
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C. Angebot
das der Adressat Schadensersatz2441 verlangen könne. Haupteinwand gegen die derart begründete théorie de la responsabilité civile ist jedoch, dass sie letztlich auf einer petitio principii beruhe: Denn den verfrühten Widerruf als schuldhaftes Verhalten anzusehen, setzt es gerade voraus, dass der Anbietende für eine bestimmte Zeit an sein Angebot gebunden ist.2442 Als alternative Begründung wird daher teilweise auch vorgeschlagen, das schuldhafte Verhalten bereits darin zu sehen, dass ein Angebot/Versprechen abgegeben wird, das man nicht auf jeden Fall einhalten will.2443 Auch diese Variante vermag es jedoch letztlich nicht, dem Vorwurf der petitio principii zu entgehen: Denn sie setzt stillschweigend voraus, dass man generell keine Angebote/Versprechen machen darf, die man nicht einhalten will – quod erat demonstrandum!2444 Eine dritte Variante schließlich sieht in dem verfrühten Widerruf einen Rechtsmissbrauch (abus de droit), speziell weil der Anbietende das Risiko des Widerrufs selbst begründet habe.2445 Dagegen wird jedoch eingewandt, dass es häufig an dem für einen abus de droit erforderlichen Schädigungsvorsatz fehlen werde und im Übrigen auch generell ein gewisser Widerspruch zwischen dem Risikogedanken und dem Gedanken des abus de droit bestehe.2446 cc) Théorie de l’engagement unilatéral de volonté Nach der théorie de l’engagement unilatéral de volonté (Theorie der Verpflichtung durch eine einseitige Willenserklärung/„Pollizitationstheorie“) ist die einseitige Willenserklärung selbst der Rechtsgrund für die Verpflichtung.2447 Damit werden die gegen die anderen beiden Theorien vorgebrachten Einwände von vornherein vermieden.2448 Sie sieht sich jedoch gleichwohl vor allem deshalb ganz grundsätzlicher Kritik ausgesetzt, weil sie sich schwer mit dem grundlegenden Dogma des französischen Rechts, dass Rechtsgründe für eine Verpflichtung nur contrat (Vertrag), quasi-contrat (Quasi-Vertrag), délit (Delikt), quasi-délit (Quasi-Delikt) 2441 Vgl. zum Streit innerhalb dieser Theorie hinsichtlich des genauen Inhalts des Schadensersatzanspruchs noch näher unten C. VIII.2. e). 2442 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 94; Boy D. 1999, jur 170, 171; Chaaban, La caducité des actes juridique, 2006, n° 261; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 141; Ghestin (Fn. 1049), n° 310; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119; s. ferner auch Guenzoui (Fn. 245), n° 152; Larroumet (Fn. 243), n° 99. 2443 So etwa Chabas, De la déclaration de volonté en droit civil français, 1931, S. 184; Larroumet (Fn. 243), n° 99; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 56. 2444 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 94; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 141. 2445 Vgl. grundlegend Martin de la Moutte (Fn. 2391), n° 313 ff. 2446 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 95. 2447 Grundlegend bereits Worms (Fn. 2438), S. 175 ff., 197 ff.; s. ferner etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268, 728; Gaudemet (Fn. 2438), S. 37 f.; Mathieu-Izorche D. 2009, 440 ff.; Serinet JCP G 2008.I.179 n° 6. 2448 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143; s. ferner auch Guenzoui (Fn. 245), n° 152.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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und loi (Gesetz) sein können2449, in Einklang bringen lässt.2450 Insofern wird jedoch wiederum gekontert, dass die bereits oben angesprochenen gesetzlichen Sonderregelungen, mit denen für bestimmte Fälle im Interesse der Rechtssicherheit und der Bedürfnisse des Verkehrs ausdrücklich eine zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots angeordnet wird, zeigten, dass die Begründung einer Verpflichtung allein durch das Angebot selbst dem französischen Recht jedenfalls nicht völlig fremd sei.2451 Die Bedürfnisse des Verkehrs stritten aber gerade nicht nur in diesen speziell geregelten Fällen für die Anerkennung einer zeitlichen Bindungswirkung.2452 Eine spezielle Variante der théorie de l’engagement unilatéral de volonté ist die von Aubert entwickelte théorie dualiste (dualistische Theorie)2453: Danach ist nur das an eine bestimmte Person gerichtete und eine bestimmte Annahmefrist spezifizierende Angebot ein engagement unilatéral de volonté (verpflichtende einseitige Willenserklärung); alle anderen Angebote (d.h. solche ohne eine bestimmte Annahmefrist und alle offres au public) sind lediglich sog. faits juridiques (Rechtstatsachen). Ob für eine derartige „Aufspaltung“ eine dogmatische und wertungsmäßige Grundlage besteht, wird indes – wie bereits oben im Kontext der Erörterung der neueren Rechtsprechung dargelegt2454 – mit guten Gründen bezweifelt. e) Inhalt und Bedeutung der Bindungswirkung Auswirkungen hat der Theorienstreit vor allem im Hinblick auf die Frage nach dem genauen rechtlichen Inhalt und der Bedeutung der Bindungswirkung, d.h. der Konsequenzen eines Widerrufs während ihrer Dauer: Ist der Widerruf wirkungslos, so dass der Vertrag dennoch wirksam zustande kommt oder hat der Angebotsempfänger lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz (und wenn ja, worauf ist dieser genau gerichtet)? Die Rechtsprechung ist insoweit nicht eindeutig. Es gibt einerseits ältere Entscheidungen, in denen der Anbietende nur zur Leistung von Schadensersatz verurteilt wurde.2455 Andererseits existieren aber auch ältere Ur2449
Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 7 ff., 267; Fages (Fn. 245), n° 5; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 52 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 15. 2450 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 267; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143; s. ferner auch Mirabail (Fn. 2174), S. 97 f.; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 329. 2451 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143; Mathieu-Izorche D. 2009, 440, 446 f. 2452 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143, die dann jedoch differenzieren und eine Bindungswirkung nur anerkennen wollen, wenn das Angebot an eine bestimmte Person gerichtet ist und eine Annahmefrist bestimmt. 2453 Grundlegend Aubert (Fn. 1715), n° 126 ff.; s. ferner etwa Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 143; Genicon RDC 2008, 1109 n° 10; Genicon RDC 2011, 804 n° 9 f.; Guenzoui (Fn. 245), n° 152 ff. 2454 Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(2), speziell bei Fn. 2422 ff. 2455 Vgl. etwa Cass. civ. 1re, 8.10.1958, Bull. civ. I n° 413; CA Rennes, 8.7.1929, DH 1929, 548; C. de Paris, 14.1.1974, D. 1947, 171.
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C. Angebot
teile2456, die man u.U. als Beleg dafür ansehen könnte, dass auch ein wirksamer Vertragsschluss angenommen werden kann (die sich aber letztlich durchaus auch anders interpretieren lassen).2457 Viel Beachtung gefunden hat vor diesem Hintergrund eine Entscheidung der Cour de Cassation vom 7.5.2008, in dem das Gericht urteilte, dass das Instanzgericht Art. 1134 C. civ.2458 verletzt habe, indem es entschied, „qu’une offre a été valablement rétractée avant la date impartie au destinataire pour donner son accord“ („dass ein Angebot vor dem Zeitpunkt, welcher dem Adressaten zur Erteilung seines Einverständnisses gewährt wurde, wirksam widerrufen wurde“). Aus der Formulierung „valablement rétractée“ („wirksam widerrufen“) und dem Umstand, dass die Entscheidung auf Art. 1134 C. civ. (betreffend die Bindungswirkung von Verträgen)2459 und nicht Art. 1382 C. civ.2460 (die Generalklausel des französischen Deliktsrechts) gestützt wurde, wird verbreitet abgeleitet, dass die Cour de Cassation damit implizit anerkannt habe, dass der verfrühte Widerruf unwirksam ist und der Vertrag folglich wirksam zustande kommt.2461 Allerdings ist einzuräumen, dass sich die Entscheidung durchaus auch anders lesen lässt.2462 In den seitdem ergangenen Entscheidungen – speziell auch in der oben erörterten Grundsatzentscheidung vom 20.5.2009 und den ihr nachfolgenden Urteilen stellte sich die Problematik – soweit ersichtlich nie wirklich. Die Position der Judikatur ist daher nach wie vor insgesamt nicht wirklich klar. Die Literatur ist ebenfalls insgesamt sehr gespalten und unübersichtlich. Speziell das ältere Schrifttum2463 (so etwa explizit schon Pothier2464) aber auch 2456 Vgl. Cass. req., 28.1.1924, DH 1924, 121; Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33; Cass. civ. 3e, 10.5.1968, Bull. civ. III n° 209. 2457 Vgl. dazu näher Genicon RDC 2008, 1109 n° 5 ff.; Serinet JCP G 2008.I.179 n° 6; Stoffel-Munck Dr. & patr. 2009, 120, 122. 2458 Siehe Fn. 296. 2459 Fn. 296. 2460 Art. 1382 C. civ. Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé à le réparer. (Jede Handlung irgendeiner Art eines Menschen, die einem anderen Schaden verursacht, verpflichtet denjenigen, durch dessen Verschulden sie geschah, zur Entschädigung.) 2461 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Mazeaud D. 2011, 1457, 1458; Serinet JCP G 2008.I.179 n° 6; tendenziell auch Amrani Mekki D. 2008, 2969 f.; Labarthe JCP G 2009, doctr. 213; s. ferner auch Mathieu-Izorche D. 2009, 440 ff. 2462 Eher zurückhaltend etwa Gaudemet D. 2012, 130, 132 Fn. 21; Genicon RDC 2008, 1109, n° 6 f.; ders. RDC 2011, 804 n° 9; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316; Stoffel-Munck Dr. & patr. 2009, 120, 122 f.; dezidiert gegen eine Interpretation als Beleg für ein wirksames Zustandekommen des Vertrags Fabre-Magnan RDC 2012, 633 n° 25 Fn. 25. 2463 Vgl. etwa Demolombe (Fn. 2174), n° 71. 2464 Vgl. Pothier (Fn. 328), n° 32: „… quoiqu’en ce cas il ne soit proprement intervenu aucun contrat de vente entre nous, néanmoins il sera en droit de m’obliger, …, à exécuter le marché proposé par ma lettre, non en vertu d’aucun contrat de vente, mais en vertu de l’obligation que j’ai contractée par ma lettre de l’indemniser; obligation qui résulte de cette règle d’équité: Nemo
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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eine ganze Reihe Autoren aus jüngerer und jüngster Zeit2465 will dem Angebotsempfänger lediglich einen Schadensersatzanspruch zubilligen. Vor allem in neuerer Zeit mehren sich jedoch die Stimmen, welche den verfrühten Widerruf als unwirksam erachten und einen wirksamen Vertragsschluss bejahen.2466 Wohin das Pendel letztlich ausschlägt, hängt insoweit – wie bereits angedeutet nicht zuletzt maßgeblich vom prinzipiellen dogmatischen Standpunkt des jeweiligen Autors ab: Auf der Basis der théorie de l’avant-contrat2467 wird dem Angebotsempfänger gewöhnlich nur ein Schadensersatzanspruch (in Geld) eingeräumt; ein wirksamer Vertragsschluss sei nicht denkbar, weil es auf Grund des Widerrufs hinsichtlich des „Hauptangebots“ nie zu einem Konsens gekommen ist.2468 Die Vertreter der théorie de la responsabilité civile2469 teilen sich in zwei Lager2470: Die einen wollen dem Adressaten nur einen Anspruch auf Geldersatz zubilligen2471; andere wollen dagegen – zumindest in bestimmten Fällen (auch) Schadensersatz in natura gewähren, d.h. der Angebotsempfänger ist so zu stellen, als ob der unzeitige Widerruf nicht erfolgt wäre, so dass letztlich ein wirksamer Vertragsschluss anzunehmen ist2472. Auf
ex 2465 alterius facto praegravari debet.“ („… wenn auch zwischen uns im eigentlichen Sinn kein Vertrag zustande gekommen ist, ist er berechtigt, mich zu zwingen, den durch meinen Brief vorgeschlagenen Handel auszuführen, nicht auf Grund irgendeines Kaufvertrags, sondern auf Grund der Verpflichtung, ihm Schadensersatz zu leisten, die dich durch meinen Brief eingegangen bin; eine Verpflichtung, die aus der folgenden Regel der Gerechtigkeit resultiert: Niemand darf aus andere betreffenden Ereignissen vorbelastet werden.“). 2465 Vgl. Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55, 59; Fages (Fn. 245), n° 74; Larroumet (Fn. 243), n° 239; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 470; Mazeaud (Fn. 2391), S. 13, 22; ders. RDC 2012, 681, n° 24; Testu (Fn. 991), 21.06. 2466 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 59; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140 (allerdings nur für Angebote an eine bestimmte Person und mit einer bestimmten Annahmefrist, vgl. n° 143); Terré/Simler/Lequette (Fn. 223), n° 118 f.; Serinet JCP G 2008.I.179; tendenziell auch Amrani Mekki D. 2008, 2969 f.; Genicon RDC 2011, 804 n° 9 f.; vgl. weiter aber etwa auch bereits Gaudemet (Fn. 2438), S. 38 ff.; vgl. ferner auch die Nachweise in Fn. 2461 f. sowie Art. 1105-4 Avant-projet Catala und Art. 18 Projet Terré (dazu unten bei Fn. 2477). 2467 Vgl. dazu oben C. VIII.2. d) aa). 2468 Vgl. Demolombe (Fn. 2174), n° 71; 2469 Vgl. dazu oben C. VIII.2. d) bb). 2470 Vgl. dazu auch Aubert (Fn. 990), n° 88 ff.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 142; vgl. sehr anschaulich allg. zur Problematik des Inhalts des Schadensersatzanspruchs (Erfüllung in natura oder Geldersatz, positives oder negatives Interesse) ferner Genicon RTD civ. 2008, 1109 n° 16 f.; allg. zur Differenzierung zwischen positivem und negativem Interesse im französischen Recht: Laithier, La distinction entre „intérêt positif“ et „intérêt négatif“ à l’épreuve des avant-contrats, in: Deshayes (dir.), L’avant-contrat, 2008, S. 153 ff. m.w.N. 2471 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 99; Martin de la Moutte (Fn. 2391), n° 317; Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 57. 2472 Vgl. etwa Chabas (Fn. 2443), S. 200, 208; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 112; Motulsky S. 1954.II.49, 50; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 132; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 329; sehr kritisch dazu jedoch etwa Genicon RTD civ. 2008, 1109 n° 11: „un contrat imposé à titre de réparation est un monstre juridique“ („ein im Wege des Schadensersatzes aufoktroyierter Vertrag ist ein juristisches Monster“).
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C. Angebot
der Basis der théorie de l’engagement unilatéral de volonté2473 und ihrer Variante der théorie dualiste2474 wird ein Widerruf entgegen der sich aus dem Angebot selbst ergebenden Bindungswirkung dagegen grundsätzlich als unwirksam angesehen, so dass durch die Annahme ein wirksamer Vertrag zustande kommt2475. Vor diesem Hintergrund überrascht es dann auch nicht, dass sich in den neueren Reformprojekten2476 ebenfalls keine einheitliche Linie findet. Nach Art. 1105-4 Avant-projet Catala2477 sollte es entsprechend der théorie dualiste nur bei Angeboten an eine bestimmte Person, die eine bestimmte Annahmefrist festlegen, zu einem wirksamen Vertragsschluss kommen. Etwas progressiver war dagegen Art. 18 Projet Terré2478, der einen wirksamen Vertragsschluss bei allen Angeboten an eine bestimmte Person – d.h. unabhängig 2473
Vgl. dazu oben C. VIII.2. d) cc). Vgl. dazu oben C. VIII.2. d) cc). 2475 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 240 ff. (allerdings nur für Angebote an eine bestimmte Person und mit einer bestimmten Annahmefrist und mit einer Ausnahme für den Fall, der der Anbietende den Gegenstand an einen gutgläubigen Dritten veräußert hat); Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140 (allerdings nur für Angebote an eine bestimmte Person und mit einer bestimmten Annahmefrist, vgl. n° 143); Gaudemet (Fn. 2438), S. 38 ff.; Serinet JCP G 2008.I.179; vgl. ferner auch Genicon RDC 2011, 804 n° 9 f.; Mathieu-Izorche D. 2009, 440 ff.; anders jedoch noch Worms (Fn. 2438), S. 178 ff. (nur Schadensersatzanspruch); abw. auch Fabre-Magnan RDC 2012, 633 n° 25. 2476 Vgl. dazu allgemein bereits oben B. I.2. b) ff.). 2477 Art. 1105-4 Avant-projet Catala (Fn. 438) Cependant, lorsque l’offre adressée à une personne déterminée comporte l’engagement de la maintenir pendant un délai précis, ni sa révocation prématurée ni l’incapacité de l’offrant ni son décès ne peut empêcher la formation du contrat. (Wenn jedoch ein an eine bestimmte Person gerichtetes Angebote die Verpflichtung enthält, es während einer bestimmten Frist aufrechtzuerhalten, kann weder der verfrühte Widerruf noch die Geschäftsunfähigkeit oder der Tod des Anbietenden das Zustandekommen des Vertrags verhindern.). Vgl. dazu Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 18; Rouhette RDC 2007, 1371, 1402 f. 2478 Art. 18 Projet Terré (Fn. 465) L’auteur de l’offre s’oblige à la maintenir pendant le délai expressément prévu, ou, à défaut, pendant un délai raisonnable. La révocation de de l’offre faite à personne déterminée, en violation de cette obligation de maintien, n’empêche pas la formation du contrat. Si l’offre est faite à personne indéterminée, sa révocation n’engage que la responsabilité civile de son auteur sans l’obliger à compenser la perte des bénéfices attendus du contrat non conclu.“ (Der Urheber des Angebots verpflichtet sich, es während der ausdrücklich vorgesehenen Frist, oder, in Ermangelung einer solchen, während einer angemessenen Frist, aufrechtzuerhalten. Der Widerruf des an eine bestimmte Person gemachten Angebots, der unter Verletzung der genannten Verpflichtung, es aufrechtzuerhalten, erfolgt, verhindert das Zustandekommen des Vertrags nicht. Wenn das Angebot an eine unbestimmte Person gemacht ist, begründet sein Widerruf nur die zivilrechtliche Verantwortlichkeit seines Urhebers ohne ihn zu verpflichten, den Verlust der aus dem Vertrag zu erwartenden Vorteile zu ersetzen.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 127 f. 2474
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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davon, ob sie eine bestimmte Annahmefrist festlegen – bejahte (und außerdem – anders als das Avant-projet Catala ausdrücklich bestimmte, dass der Anbietende im Falle des verfrühten Widerrufs eines Angebots an eine unbestimmte Person verpflichtet ist, Schadensersatz i.H.d. negativen Interesses zu leisten). Art. 26 Projet de la chancellerie2479 fuhr dann jedoch wieder einen sehr traditionell-konservativen Kurs, indem er vorsah, dass der verfrühte Widerruf generell nur mit Schadensersatz in Höhe des negativen Interesses sanktioniert werden sollte.2480 Die Rechtslage ist somit insgesamt äußerst unklar und verworren. f) Exkurs: Die Kontroverse um die promesse unilaterale und ihre Implikationen für die Problematik der Bindungswirkung des Angebots Noch weiter verkompliziert wird die gesamte Problematik durch die seit Jahren tobende heftige Kontroverse um die rechtliche Behandlung der promesse unilatérale de contrat (einseitige Vertragszusage), speziell der promesse unilatérale de vente (einseitige Zusage eines Kaufvertrags): Vor dem Hintergrund des Strebens nach einem möglichst konsistenten System der actes précontractuels (Handlungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses)2481 hat diese nicht unerhebliche Aus- und Rückwirkungen auch auf die Diskussion um Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots und soll daher im Folgenden dargestellt werden. aa) Der Streit um die Rechtsfolgen der Verletzung einer promesse unilatérale Die promesse unilatérale de contrat (einseitige Vertragszusage) ist eine Übereinkunft, durch die sich der promettant (Versprechende), gegenüber einer anderen Person, dem bénéficiare (Begünstigten), verpflichtet, mit diesem zu bereits zu diesem Zeitpunkt definierten Bedingungen einen Vertrag zu schließen, wenn der Begünstigte dies ihm gegenüber verlangt; hierfür wird regelmäßig eine bestimmte Frist vorgesehen.2482 2479
Art. 26 Projet de la chancellerie (Fn. 438) La rétractation de l’offre, en violation de l’obligation de maintien prévue à l’article 25, n’engage que la responsabilité délictuelle de son auteur sans l’obliger à compenser la perte des bénéfices attendus du contrat. (Der Widerruf des Angebots unter Verletzung der in Art. 25 vorgesehenen Pflicht, es aufrechtzuerhalten, begründet nur die deliktische Verantwortlichkeit seines Urhebers, ohne ihn zu verpflichten, den Verlust der aus dem Vertrag zu erwartenden Vorteile zu ersetzen.). 2480 Sehr kritisch dazu etwa CCIP (Fn. 460), S. 22; zurückhaltender etwa Fenouillet RDC 2009, 279, 288. 2481 Vgl. etwa Fages (Fn. 245), n° 74; s. ferner etwa auch Collart Dutilleul RDC 2008, 1239 ff.; Mainguy JCP G 2012, doctr. 808 n° 7 f. 2482 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 55; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 149; Mainguy RTD civ. 2004, 1, 3; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 442 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 191.
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C. Angebot
Hier ist seit Jahren äußerst umstritten, welche Rechtsfolgen die Verletzung der promesse unilaterale hat, namentlich, ob der Begünstigte im Falle eines Widerrufs des Versprechenden nur einen Anspruch auf Schadensersatz hat oder ob er trotzdem noch die Möglichkeit hat, durch Ausübung seines Optionsrechts den Abschluss des (Haupt-)Vertrags herbeizuführen. Casus belli war das Consorts Cruz-Urteil2483 der Cour de Cassation vom 15.12.19932484, in der das Gericht eine instanzgerichtliche Entscheidung, die einen Vertragsschlusses abgelehnt hatte, billigte und zur Begründung ausführte: l’obligation de la promettante ne constituait qu’une obligation de faire et la levée d’option, postérieure à la rétractation de la promettante, excluait toute rencontre des volontés réciproques de vendre et d’acquérir. (die Verpflichtung der Versprechenden stellte nur eine obligation de faire dar und die Ausübung der Option nach dem Widerruf seitens der Versprechenden schloss jegliche wechselseitige Willensübereinkunft zu kaufen und zu erwerben aus.)
Große Teile der Literatur liefen seitdem gegen diese Rechtsprechung – die in klarem Widerspruch zur vorher ganz herrschenden französischen Lehre2485 steht – regelrecht Sturm: Die sowohl dogmatisch als auch wertungsmäßig einzig richtige Lösung sei die exécution forcée (zwangsweise Durchsetzung), d.h. den Widerruf als unwirksam zu betrachten und durch die Ausübung der Option seitens des Begünstigten einen wirksamen Vertrag zustande kommen zu lassen.2486 Dogmatisch gehe die Judikatur schon deshalb fehl, weil die promesse unilatérale unstreitig ein Vertrag sei und als solcher nur durch den übereinstimmenden Willen der Parteien modifiziert oder aufgehoben werden könne, nicht
2483
Consorts Cruz waren die Begünstigten, Versprechende war eine Dame namens Godard (unter deren Namen das Urteil ebenfalls bekannt ist). 2484 Cass. civ. 3e, 15.12.1993, 91-10199. Vgl. dazu Aynès D. 1995, somm. 87 f.; Bénac-Schmidt D. 1994, jur. 507 ff.; Mazeaud JCP G 1995.II.22366; Mestre RTD civ. 1994, 588 f.; Tournafond D. 1994, somm. 231; ebenso i.E. Cass. civ. 3e, 31.1.2001, n° 99-17740; Cass. civ. 3e, 28.10.2003, n° 02-14459. 2485 Vgl. Boyer RTD civ. 1949, 1, 32 ff. m.w.N. 2486 Vgl. Aynès D. 1995, somm. 87, 88; Bénac-Schmidt D. 1994, jur. 507 ff.; Brun RDC 2011, 1259 ff.; Constantin JCP G 2008.I.218; Fages Rev. soc. 2012, 22, 23 f.; ders. RTD civ. 2010, 778, 779 f.; ders. RTD civ. 2011, 532 f.; ders. RTD civ. 2011, 758 ff.; ders. (Fn. 245), n° 55 (dort allerdings, wohl mit Blick auf den Charakter als Lehrbuch, eher zurückhaltend); François JCP G 2012, doctr. 529; Gaudemet D. 2012, 130 ff.; Genicon RDC 2011, 56 ff.; Grimaldi D. 2011, 2838 ff.; Grimaud, L’exécution forcée des avant-contrats, in: Deshayes (dir.), L’avant-contrat, 2008, S. 139, 149 ff.; Heymann JCP G 2011, note 1353; Labarthe JCP G 2009, doctr. 213; Laithier RDC 2011, 1133 ff.; Larroumet (Fn. 243), n° 309; Martin Études Béguin, 2005, S. 487, 489 ff.; Mazeaud JCP G 1995.II.22366; ders. D. 2011, 1457 ff.; ders. RDC 2012, 681 ff.; Mestre RTD civ. 1994, 588 f.; Molfessis D. 2012, 231 ff.; Paclot/Moreau JCP G 2011, doctr. 736; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316; Pillet JCP G 2010, note 1051; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 192; Tournafond D. 1994, somm. 231; Wicker RDC 2012, 649 ff.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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aber durch den alleinigen Willen des Versprechenden.2487 Zudem sei auch die Qualifikation der Verpflichtung des Versprechenden als obligation de faire2488 unzutreffend.2489 Der Versprechende habe vielmehr bereits definitiv einem bestimmten Vertrag zugestimmt und damit akzeptiert, dass das Zustandekommen dieses Vertrags nicht mehr von ihm abhängt, sondern ausschließlich davon, ob der Begünstigte die Option innerhalb der vereinbarten Frist ausübt.2490 Seitens derjenigen Autoren, die im Falle des verfrühten Widerrufs eines normalen Angebots (offre) dennoch einen wirksamen Vertragsschluss bejahen, wird zudem geltend gemacht, dass die Consorts Cruz-Judikatur insofern zu erheblichen Verwerfungen führe, als sie letztlich zur Konsequenz habe, dass einem schlichten Angebot (offre) eine größere Wirkung beigemessen werde (Vertragsschluss) als einer promesse unilaterale (lediglich Schadensersatz).2491 Darüber hinaus sei die Verweisung auf einen bloßen Schadensersatzanspruch aber auch aus rechtspolitischer und wertungsmäßiger Perspektive keine angemessene Lösung. Sie gewährleiste keinen hinreichenden Schutz der 2487 Vgl. Fages RTD civ. 2011, 532; François JCP G 2012, doctr. 529 n° 18; Grimaldi D. 2011, 2838, 2839; Grimaud (Fn. 2486), S. 139, 149 f.; Mazeaud D. 2011, 1457, 1459 f.; Molfessis D. 2012, 231, 233 ff.; Tournafond D. 1994, somm. 231. 2488 Das französische Recht differenziert zwischen obligations de donner, obligations de faire und obligations de ne pas faire. Obligations de donner sind Verpflichtungen, das Eigentum an einer Sache zu übertragen. Obligations de faire sind Verpflichtungen, bei denen der Schuldner sich verpflichtet, zugunsten des Gläubigers eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Obligations de ne pas faire sind Verpflichtungen, etwas nicht zu tun. Vgl. dazu etwa Bénabent (Fn. 243), n° 4; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 188 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 2. Im Falle der Verletzung einer obligation de faire sieht Art. 1142 C. civ. zwar seinem Wortlaut nach nur eine Schadensersatzpflicht vor (Toute obligation de faire ou de ne pas faire se résout en dommages et intérêts en cas d’inexécution de la part du débiteur. [Jede Verpflichtung, etwas zu tun oder nicht zu tun, löst im Falle ihrer Nichterfüllung durch den Schuldner eine Verpflichtung zum Schadensersatz aus.]), nach heute h.M. kann das Gericht jedoch auch die Erfüllung in natura anordnen, wenn dies von der verletzten Partei verlangt wird, vgl. Cass. civ. 1re, 16.1.2007, n° 06-13983; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 1130 f. m.z.w.N. 2489 Vgl. Aynès D. 1995, somm. 87, 88; Bénac-Schmidt D. 1994, jur. 507, 508; Brun RDC 2011, 1259, 1262; Grimaldi D. 2011, 2838, 2839 f.; Grimaud (Fn. 2486), S. 139, 149 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 309; Martin Études Béguin, 2005, S. 487, 490, 492; Mazeaud JCP G 1995.II.22366 n° 5; ders. D. 2011, 1457, 1458; s. Paclot/Moreau JCP G 2011, doctr. 736 n° 10 f.; Pillet JCP G 2010, note 1051; ferner auch bereits Boyer RTD civ. 1949, 1, 27 ff.; Tournafond D. 1994, somm. 231; Wicker RDC 2012, 649 n° 12 ff. 2490 Vgl. Aynès D. 1995, somm. 87, 88; Brun RDC 2011, 1259, 1262; Constantin JCP G 2008.I.218 n° 3; Fages RTD civ. 2011, 758, 759 f.; ders. Rev. soc. 2012, 22, 24; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 149; François JCP G 2012, doctr. 529 n° 6; Grimaldi D. 2011, 2838, 2839; Grimaud (Fn. 2486), S. 139, 149; Laithier RDC 2011, 1133, 1135 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 309; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 444; Martin Études Béguin, 2005, S. 487, 490 f., 492; Mazeaud JCP G 1995.II.22366 n° 5, 8; ders. D. 2011, 1457, 1459; Mestre RTD civ. 1994, 588, 589; Paclot/Moreau JCP G 2011, doctr. 736 13; Pillet JCP G 2010, note 1051; Terré/Simler/ Lequette (Fn. 243), n° 191 f.; Tournafond D. 1994, somm. 231; Wicker RDC 2012, 649 n° 23 ff. S. ferner auch bereits Boyer RTD civ. 1949, 1, 28 ff. 2491 Vgl. Mazeaud JCP G 1995.II.22366 n° 16; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 192; s. ferner auch Serinet JCP G 2008.I.179 n° 7.
380
C. Angebot
legitimen Interessen des Begünstigten: Ein bloßer Geldersatz sei der Erfüllung in natura eben gerade nicht gleichwertig (speziell wenn es sich um eine nicht vertretbare Sache handelt, auf dem Markt keine Äquivalent erhältlich ist oder der Begünstigte die Sache mit Gewinn hätte weiterveräußern können)2492 und der Begünstige müsse ihn zudem u.U. erst langwierig gerichtlich geltend machen2493. Ferner ermögliche es die Lösung der Rechtsprechung dem Versprechenden, auf Kosten des Begünstigten zu spekulieren und das Geschäft schlicht platzen zu lassen, wenn er die Sache anderweitig zu einem höheren Preis veräußern kann.2494 Diese Grundposition fand dann auch Eingang in die neueren Reformprojekte: Sowohl das Avant-projet Catala2495 als auch das Projet Terré2496 und das Projet de la chancellerie2497 sahen vor, dass der verfrühte Widerruf der promesse unilatérale das Zustandekommen eines Vertrags nicht verhindert, wenn der Begünstigte die Option innerhalb der vereinbarten Frist ausübt. Es gab und gibt indes auch prominente Autoren, welche die Linie der Rechtsprechung vehement verteidigen.2498 Sie stehe im Einklang mit den fundamentalen Prinzipien des französischen Rechts und seines Primats des wirklichen, subjektiven Willens der Parteien.2499 Das Prinzip der Vertragsfreiheit gewährleiste, dass man bis zum Ende, d.h. bis zum Zustandekommen des Ver2492 Vgl. Bénac-Schmidt D. 1994, jur. 507, 509; Constantin JCP G 2008.I.218 n° 3; Fages RTD civ. 2011, 758, 759; ders. Rev. soc. 2012, 22, 24; Gaudemet D. 2012, 130, 132; Grimaldi D. 2011, 2838, 2840; Laithier RDC 2011, 1133, 1139. 2493 Vgl. Grimaldi D. 2011, 2838, 2840; s. ferner auch Mazeaud JCP G 1995.II.22366 n° 13. 2494 Vgl. Bénac-Schmidt D. 1994, jur. 507, 509; Brun RDC 2011, 1259, 1262; Constantin JCP G 2008.I.218 n° 3; François JCP G 2012, doctr. 529 n° 15; Gaudemet D. 2012, 130, 132; Grimaldi D. 2011, 2838, 2840; Mazeaud JCP G 1995.II.22366 n° 11 f.; ders. D. 2011, 1457, 1459; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 192. 2495 Art. 1106 Avant-projet Catala (Fn. 438) La rétractation du promettant pendant le temps laissé au bénéficiaire pour exprimer son consentement ne peut empêcher la formation du contrat promis. (Der Widerruf des Versprechenden während des Zeitraums, der dem Begünstigten eingeräumt wurde, um sein Einverständnis zum Ausdruck zu bringen, verhindert nicht das Zustandekommen des versprochenen Vertrags.) 2496 Art. 29 Abs. 1 Projet Terré (Fn. 465) Sous réserve des dispositions ci-dessous, la révocation par le promettant pendant le temps laissé au bénéficiaire pour opter n’empêche pas la formation du contrat promis. (Vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen verhindert der Widerruf des Versprechenden während des Zeitraums, der dem Begünstigten eingeräumt wurde, um sein Optionsrecht auszuüben, nicht das Zustandekommen des versprochenen Vertrags). Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 139 f. 2497 Art. 34 Abs. 2 Projet de la chancellerie (Fn. 438) entspricht wörtlich Art. 1106 Avantprojet Catala (siehe Fn. 2495). 2498 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 253 ff.; dies. RTD civ. 1996, 85, 96 ff.; dies. RTD civ. 2012, 633 ff.; Guenzoui (Fn. 245), n° 174 ff.; Lacabarats RDC 2012, 629 ff.; Mainguy JCP G 2012, doctr. 808; Schmidt-Szalewski RTD civ. 2000, 25, 39 ff. 2499 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 254; dies. RTD civ. 2012, 633 n° 3; Mainguy JCP G 2012, doctr. 808 n° 19.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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trags „nein“ sagen könne2500; es könne nicht Gegenstand eines Vertrags sein, ein Einverständnis quasi „einzufrieren“2501. Zudem sei es ein allgemeines Prinzip des französischen Rechts, dass jede Partei einen Vertrag jederzeit einseitig wirksam beenden kann – wenn freilich auch meist nur um den Preis einer Verpflichtung zum Schadensersatz; von diesem Grundprinzip nun für den Fall der promesse unilatérale abrücken zu wollen, käme letztlich einer „Revolution“ gleich und hätte erhebliche Folgewirkungen für das gesamte System des Vertragsrechts.2502 Der Begünstige sei im Übrigen durch den Anspruch auf Schadensersatz hinreichend geschützt.2503 Tatsächlich sei die Lösung sogar im Interesse aller Beteiligten und damit – entsprechend dem Gedanken der efficient breach of contract-Theorie2504 auch volkswirtschaftlich sinnvoll: Der Verspechende sei zufrieden, weil es ihm freisteht, die Sache ggf. zu einem besseren Preis an einen Dritten zu veräußern; der Dritte sei zufrieden, weil er die Sache zu einem Preis, dem sie ihm wert ist, erwerben kann; und der Begünstigte könne es ebenfalls kaum nicht sein, denn auf Grund des Schadensersatzanspruchs könne er anderweitig eine gleichwertige Sache erwerben und erhalte zudem ggf. auch weitergehende Schäden ersetzt.2505 Nachdem der erste Sturm sich gelegt hatte, schwelte die gesamte Problematik zunächst jahrelang mehr oder weniger im Hintergrund, wurde dann aber in den letzten Jahren durch eine Reihe von Entscheidungen der Cour de Cassation neu entfacht. Den Auftakt bildete ein Urteil vom 27.3.2008, in dem das Gericht entschied, dass es den Parteien freistehe, zu vereinbaren, dass die mangelnde Erfüllung der Verpflichtung des Versprechenden in natura, d.h. durch die gerichtliche Feststellung des Vertragsschlusses, sanktioniert werden soll.2506
2500 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 254; dies. RDC 2012, 633 n° 54; s. ferner auch Guenzoui (Fn. 245), n° 175; Schmidt-Szalewski RTD civ. 2000, 25, 40. 2501 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 254, 256; dies. RDC 2012, 633 n° 45 ff.; Mainguy RTD civ. 2004, 1, 14 f. 2502 Vgl. Mainguy JCP G 2012, doctr. 808 n° 10 f.; vgl. ferner auch bereits ders. RTD civ. 2004, 1, 18 f. 2503 Vgl. Mainguy RTD civ. 2004, 1, 18. 2504 Vgl. grundlegend Birmingham (1970) 24 Rutgers L. Rev. 273 ff.; Posner, Economic analysis of law, 1972, S. 46, 55 ff. (aktuell: Posner, Economic analysis of law, 8th ed. 2011, S. 150 ff.); vgl. zusammenfassend etwa M.-P. Weller (Fn. 23), S. 355 ff. m.z.w.N. 2505 Vgl. Mainguy RTD civ. 2004, 1, 18 f.; Mainguy JCP G 2012, doctr. 808 n° 10 f.; s. ferner auch Pimont (2010) 44 R.J.T. n.s. 121, 142; Schmidt-Szalewski RTD civ. 2000, 25, 41; sehr kritisch dazu jedoch etwa Gaudemet D. 2012, 130, 132 (die economic breach-Theorie spreche vielmehr gerade für die exécution forcée); äußerst kritisch auch Fabre-Magnan RDC 2012, 633 n° 8 ff. (obgleich diese an sich die Linie der Judikatur vehement verteidigt). 2506 Vgl. Cass. civ. 3e, 27.3.2008, n° 07-11721. Dazu Collart Dutilleul RDC 2008, 1239 ff.; Constantin JCP G 2008.I.218; Pillet JCP G 2008.II.10147. Vgl. ferner auch Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 149; Grimaud (Fn. 2486), S. 139, 152; Labarthe JCP G 2009, doctr. 213; Lacabarats RDC 2012, 629 ff.; Laithier RDC 2012, 681 n° 37; Mazeaud D. 2011, 1457, 1459 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 192.
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C. Angebot
Nachdem dann bereits ein Urteil vom 25.3.20092507 von einigen als erstes Indiz gedeutet worden war, schien ein Urteil vom 8.9.2010 dann tatsächlich auch ein generelles Revirement der Judikatur einzuläuten: Darin entschied die Cour de Cassation, dass, wenn ein Versprechender sich definitiv einverstanden erklärt hat, zu verkaufen, und dann vor der Ausübung der Option stirbt, diese wirksam gegenüber seinen Erben ausgeübt werden kann, ohne dass es hierfür bei minderjährigen Erben der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.2508 Die durch dieses Urteil bei weiten Teilen des Schrifttums erweckten Hoffnungen, dass die Cour de Cassation nun generell die exécution forcée bejahen würde, erlebten jedoch bald eine herbe Enttäuschung: Denn in einem Urteil vom 11.5.2011 bekräftigte die 3. Kammer erneut explizit ihr Consorts Cruz-Dogma, dass der Widerruf einen Konsens ausschließe (stützte sich dabei aber nicht mehr auf Art. 1142 C. civ.2509, sondern auf Art. 1101, 1134 c. civ.2510).2511 Eine Entscheidung der 3. Kammer vom 6.9.20112512 wurde dann zwar von einigen doch wieder als Indiz für eine Kehrtwende bzw. zumindest Modifikation gedeutet2513 dies aber wohl zu Unrecht, denn tatsächlich betraf sie gar nicht einen „Widerruf“ einer promesse unilaterale, sondern vielmehr eine Kündigung auf Grund einer (angeblichen) Vertragsverletzung seitens der Begünstigten2514. Zudem bekräftigte die chambre commerciale nur eine Woche später erneut ausdrücklich das Consorts Cruz-Dogma.2515 Die Cour de Cassation scheint also ganz offensichtlich – ungeachtet der anhaltenden Kritik weiter Teile des Schrifttums bis auf Weiteres daran festhalten zu wollen.
2507 Cass. civ. 3e, 25.3.2009, n° 08-12237. Dazu Amrani Mekki D 2010, 228; Labarthe JCP G 2009, doctr. 213; Rouzet RDC 2012, 672 sub. II 2 a. 2508 Cass. civ. 3e, 8.9.2010, n° 09-13345. Vgl. dazu Amrani Mekki D. 2011, 477 f.; Fages RTD civ. 2010, 778 ff.; Genicon RDC 2011, 56 ff.; Ghestin JCP G 2011, doctr. 63 n° 3; Goanvic D. 2011, 2683 ff.; Hauser RTD civ. 2011, 99 ff.; Pillet JCP G 2010, note 1051; Rouzet RDC 2012, 672 sub. II 2 a. 2509 Vgl. zur Kritik an der Qualifizierung als obligation de faire i.S.d. Art. 1142 C. civ. oben bei Fn. 2488 ff. 2510 Vgl. zu Art. 1101 C. civ. bereits oben B. I.2. a); Art. 1134 C. civ.: siehe Fn. 296. 2511 Cass. civ. 3e, 11.5.2011, n° 10-12875. Dazu Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 467 f.; Brun RDC 2011, 1259 ff.; Fages RTD civ. 2011, 532 f.; François JCP G 2012, doctr. 529; Goanvic D. 2011, 2683 ff.; Loiseau JCP G 2011, doctr. 561 n° 4; Mazeaud D. 2011, 1457 ff.; Paclot/Moreau JCP G 2011, doctr. 736. 2512 Cass. civ. 3e, 6.9.2011, n° 10-20362. Dazu Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 467 f.; Fages Rev. soc. 2012, 22, 23 f.; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316. 2513 So etwa Grimaldi D. 2011, 2838 ff.; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316; tendenziell offenbar auch Fages Rev. soc. 2012, 22, 23 f. 2514 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 468; zweifelnd auch Molfessis D. 2012, 231. 2515 Cass. com., 13.9.2011, n° 10-19526. Dazu Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 467 f.; Bouloc RTD civ. 2011, 788; Fages RTD civ. 2011, 758 ff.; François JCP G 2012, doctr. 529; Heymann JCP G 2011, note 1353.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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bb) Implikationen für die Problematik der Bindungswirkung des Angebots Erhebliche Implikationen für die Problematik der Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots (offre) hat diese Kontroverse um die promesse unilatérale schon deshalb, weil die maßgeblichen Argumentationsstränge auf Grund der engen Verwandtschaft beider Themen in weiten Teilen sehr ähnlich sind. Vor allem aber ergeben sich aus der jeweiligen Positionierung hinsichtlich der einen Problematik jedenfalls sofern man letztlich ein insgesamt möglichst konsistentes System der actes précontractuels (Handlungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses) erreichen möchte2516 nahezu zwangsläufig auch gewisse Rückwirkungen hinsichtlich der Lösung der jeweils anderen: Lässt man im Falle des verfrühten Widerrufs eines Angebots (offre) gleichwohl einen wirksamen Vertrag zustande kommen, so wird man dies im Falle des verfrühten Widerrufs einer – eigentlich „stärkeren“ – promesse unilatérale kaum verneinen können – auf dieser Basis scheint ein argumentum a maiore ad minus vielmehr nahezu zwingend.2517 Gewährt man umgekehrt im Falle eines verfrühten Widerrufs einer promesse unilatérale entsprechend der Consorts CruzJudikatur lediglich einen Schadensersatzanspruch, so fällt es jedenfalls erheblich schwerer, eine systemkonsistente überzeugende Begründung dafür zu finden, dass im Falle des verfrühten Widerrufs eines „schlichten“ Angebots (offre) nicht ebenfalls nur ein Schadensersatzanspruch bestehen, sondern vielmehr gleichwohl ein wirksamer Vertrag zustande kommen soll.2518 g) Erlöschen (caducité) des Angebots Im französischen Recht existieren im Wesentlichen vier Tatbestände, die zum Erlöschen (caducité) des Angebots führen: – – – –
der (wirksame) Widerruf, die Ablehnung des Angebots durch den Adressaten, Zeitablauf und (jedenfalls grundsätzlich) der Tod bzw. die Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden.
Caducité bedeutet dabei, dass das Angebot ex nunc aufhört zu existieren.2519 2516 Vgl. etwa Fages (Fn. 245), n° 74; s. ferner zur Thematik der systematischen Kohärenz des Vertragsrechts in diesem Kontext auch Brun RDC 2011, 1259, 1260 f.; Collart Dutilleul RDC 2008, 1239 ff.; Constantin JCP G 2008.I.218 n° 3; Laithier RDC 2012, 681 n° 28 ff.; Mainguy RTD civ. 2004, 1, 16 f.; ders. JCP G 2012, doctr. 808 n° 7 f.; Mazeaud RDC 2012, 681 n° 23 ff.; Perdrix JCP G 2011, doctr. 1316; Stoffel-Munck Dr. & patr. 2009, 120, 123. 2517 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 2491; s. ferner auch Gaudemet D. 2012, 130, 132 f. 2518 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 74, der argumentiert, dass es auf Grund der „hiérarchie des acte précontractuelles“ („Hierarchie der Handlungen im Vorfeld des Vertragsschlusses“) die überzeugendere Lösung sei, (auch) den verfrühten Widerruf des Angebots (offre) lediglich mit einem Schadensersatzanspruch zu sanktionieren. 2519 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268 f.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471.
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C. Angebot
aa) Wirksamer Widerruf Erstens erlischt das Angebot durch wirksamen2520 Widerruf seitens des Anbietendem.2521 Wie bereits oben2522 ausgeführt, muss dieser nach ganz h.M. nicht gegenüber dem Angebotsempfänger erklärt, sondern nur in irgendeiner Form nach außen manifestiert werden. bb) Ablehnung durch den Adressaten Zweitens erlischt das Angebot im Falle der Ablehnung durch den Adressaten.2523 Ähnlich wie im deutschen Recht gilt auch nach französischem Recht eine „Annahme“, welche das Angebot in einem wichtigen Punkt modifiziert, als Ablehnung (und Gegenangebot).2524 cc) Zeitablauf Dritter Erlöschenstatbestand ist der Ablauf der zur Annahme zur Verfügung stehenden Zeit.2525 Die Fälle, in denen nach französischem Recht eine zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots besteht, wurden bereits oben2526 erörtert. Obgleich sich daraus an sich spiegelbildlich logischerweise zugleich auch der für die Erklärung der Annahme zur Verfügung stehende Zeitraum ergibt2527, wird diese Problematik im französischen Schrifttum vor dem Hintergrund des historisch-konzeptionellen Grundprinzips der freien Widerruflichkeit gewöhnlich (nochmals) separat im Kontext der Annahme problematisiert. Sie soll daher auch hier – parallel zu den Annahmefristen in den anderen Rechtsordnungen – später im Kontext der Analyse der Annahme2528 nochmals aufgegriffen werden. 2520 Vgl. zum Streit um Inhalt und Bedeutung der Bindungswirkung, speziell zur Frage, ob ein verfrühter Widerruf wirkungslos ist, so dass der Vertrag dennoch wirksam zustande kommt oder ob der Angebotsempfänger lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz hat, bereits ausf. oben C. VIII.2. e). 2521 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 144; abw. jedoch Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471 (kein Erlöschen, wenn der Adressat sich kurz nach der Ablehnung doch noch umentscheidet und eine Annahme erklärt). 2522 Vgl. oben C. VIII.2. a). 2523 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 252, 260; Bénabent (Fn. 243), n° 60; Chaaban (Fn. 2442), n° 237; Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 144; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 115. 2524 Vgl. dazu näher unten D. IV.2. b). 2525 Vgl. Cass. civ. 3e, 20.5.1992, n° 90-17647; TGI Paris, 12.2.1980, D. 1980, somm. 261; Trib. civ. de Bordeaux, 23.6.1891, D. 1892.II.390; Aubert (Fn. 990), n° 132; ders. D. 1992, somm. 397; Bénabent (Fn. 243), n° 60; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 269; Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 144; Ghestin (Fn. 1049), n° 315; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471; Testu (Fn. 991), 21.14. 2526 Vgl. oben C. VIII.2. b). 2527 Vgl. auch Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 144. 2528 S. unten D. VI.1. b).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
385
dd) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei (1) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden (a) Tod des Anbietenden Im Anschluss an Pothier2529 führt der Tod des Anbietenden nach traditionell ganz herrschender französischer Lehre2530 generell zum Tod des Angebotsempfängers. Entsprechend entschied auch die Judikatur in ständiger Rechtsprechung.2531 Dahinter steht der Gedanke, dass das Angebot untrennbar mit der Person des Anbietenden verbunden ist; wenn dieser stirbt, verschwindet auch sein Wille, so dass ein rencontre des volontés (Konsens) nicht mehr möglich ist.2532 Drei Urteile der 3. Kammer der Cour de Cassation aus den Jahren 1983, 1989 und 1997 haben dann jedoch für erhebliche Unsicherheit gesorgt, die im Wesentlichen bis heute fortbesteht. Das erste Urteil vom 9.11.19832533, das großes Aufsehen erregte und verbreitet als generelle Kehrtwende interpretiert wurde, betraf einen Fall, in dem Eheleute gemeinsam ein Angebot zum Verkauf zweier Grundstücke gemacht hatten, der Ehemann aber vor Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Klägerin verstarb. Die Cour de Cassation konstatierte que l’offre de vent n’avait pas été rétractée par M. Z. et ne pouvait des lors être considerée comme caduque, ou inopposable à ses héritiers, du seul fait de son décès, et que l’acceptation de cette offre par [son destinataire] avait rendue la vente parfaite (dass das Kaufangebot von Herrn Z. nicht widerrufen wurde und daher nicht allein auf Grund seines Todes als erloschen oder als seinen Erben nicht entgegensetzbar angesehen werden konnte, und dass die Annahme dieses Angebots durch [seinen Adressaten] den Kauf perfekt gemacht hat). 2529 Vgl. die bereits oben im Kontext des Widerrufs (C. VIII.2. a) bei Fn. 2401 zitierte Passage bei Pothier (Fn. 328), n° 32. 2530 Vgl. etwa Chabas RTD civ. 1982, 600, 601; Cornu RTD civ. 1962, 349, 350; Demolombe (Fn. 2174), n° 69; Larombière, Théorie et pratique des obligations, t. 1, 1885, Art. 1101 n° 20; Martin de la Moutte (Fn. 2391), n° 297; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 330; Toullier (Fn. 882), n° 31; Valéry (Fn. 2398), n° 204. Differenzierend Aubert (Fn. 990), n° 249, 261 (Angebot besteht fort, wenn es an eine bestimmte Person gerichtet und eine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist); für einen generellen Fortbestand: Gaudemet (Fn. 2438), S. 41; Worms (Fn. 2438), S. 179 f.; für einen grundsätzlichen Fortbestand, außer bei Angeboten intuitu personae (entsprechend dem Vorbild des deutschen Rechts) etwa Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 140; Rieg (Fn. 1041), n° 84; sehr kritisch gegenüber der h.L. und tendenziell für einen Fortbestand des Angebots auch Ghestin (Fn. 1049), n° 317. 2531 Cass. req., 21.4.1891, D. 1892.I. 181; Cass. req., 1.5.1894, D. 1895.I.69; Cass. soc., 14.4.1961, Bull. civ. IV n° 411 m. Anm. Cornu RTD civ. 1962, 349 f. 2532 Vgl. bereits Pothier (Fn. 328), n° 32 (zitiert in Fn. Fn. 2400); s. weiter etwa Amrani Mekki D. 2010, 226, 227; Aubert (Fn. 990), n° 249; Demolombe (Fn. 2174), n° 69; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 145; Toullier (Fn. 882), n° 31; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive auch Christiandl ERCL 2011, 463, 468. 2533 Cass. civ. 3e, 9.11.1983, n° 82-12996. Dazu Mestre RTD civ. 1984, 154 ff. (der für einen generellen Fortbestand plädiert, sofern es sich nicht um ein Angebot intuitu personae handelt).
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C. Angebot
Dem zweiten Urteil vom 10.5.19892534 lag ein ganz ähnlicher Sachverhalt zu Grunde: Eine Dame hatte ein Angebot2535 zum Verkauf einer Immobilie gemacht, starb dann aber vor Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Cour de Cassation entschied – (wieder) ganz im Einklang mit der traditionellen Linie – une simple offre … devenue caduque par l’effet du décès de Mme X. (ein einfaches Angebot … das durch den Tod von Frau X erlosch).
Im dritten Fall hatten Eheleute 1987 ein Angebot zum Verkauf eines Hauses gemacht, das bis zum 31.12.1991 gültig sein sollte, der Ehemann verstarb jedoch, bevor der Angebotsempfänger am 27.4.1990 die Annahme erklärte. Die Cour de Cassation entschied mit Urteil vom 10.12.19972536 que les époux Y… s’étaient engagés à maintenir leur offre jusqu’au 31 décembre 1991 et que le décès de M. Y… n’avait pu rendre cette offre caduque. (dass die Eheleute Y sich verpflichtet hatten, ihr Angebot bis zum 31. Dezember 1991 aufrechtzuerhalten und dass der Tod von Herrn Y nicht zum Erlöschen dieses Angebots führen konnte.)
Das Meinungsbild im aktuellen Schrifttum ist vor diesem Hintergrund2537 – wie bereits angedeutet – sehr gespalten. Es gibt nach wie vor Autoren, die nachdrücklich daran festhalten, dass der Tod des Anbietenden in jedem Fall zum Erlöschen des Angebots führen müsse.2538 Andere betonen, dass die Besonderheit der beiden Urteile von 1983 und 1997 daran bestehe, dass jeweils 2534 Cass. civ. 3e, 10.5.1989, n° 87-18130. Dazu Aubert D. 1991, somm. 317; Martine D. 1990, somm. 37 f.; Mestre RTD civ. 1990, 64, 69 f.; Virassamy D. 1990, jur. 365 ff. 2535 Genau genommen hatte sie ein „compromis de vente“ („Verkaufskompromiss“) zugunsten eines Herrn Z. unterzeichnet, das die Cour de Cassation aber als bloßes Angebot interpretierte. 2536 Cass. civ. 3e, 10.12.1997, n° 95-16461. Dazu Mazeaud Defrénois 1998, 336 ff. 2537 Teilweise wird in diesem Kontext auch noch eine Entscheidung des Conseil d’Etat v. 5.10.1988 (n° 65449, dazu Mestre RTD civ. 1990, 64, 70) zitiert, die allerdings eine verwaltungsrechtliche Sonderkonstellation betraf: Eine Dame hatte entsprechend der Vorgaben im Code de l’urbanisme der Gemeinde gegenüber angezeigt, dass sie eine Immobilie verkaufen wollte, verstarb aber vor Ablauf der zweimonatigen Frist zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts; der Conseil d’Etat urteilte, dass die Entscheidung des Bürgermeisters, dass die Anzeige mit dem Tod der Dame ihre Wirkung verloren habe und ggf. eine erneute Anzeige seitens der Erben erforderlich sei, rechtswidrig war. Vereinzelt wird ferner auch noch auf eine Entscheidung der Cour de Cassation v. 27.11.1990 (n° 89-14033, dazu Mestre RTD civ. 1991, 315 f.; Paisant D. 1992, somm. 195 f.) hingewiesen: Der Käufer hatte die notarielle Urkunde bezüglich des Verkaufs eines Grundstücks erst nach dem Tod der Verkäuferinnen unterzeichnet; die Cour de Cassation rügte, dass ein solcher Kaufvertrag grundsätzlich keiner Form bedürfe und das Instanzgerichte deshalb hätte prüfen müssen, ob der Käufer die Annahme nicht bereits vor dem Tod der der Verkäuferinnen erklärt hatte. 2538 Vgl. Larroumet (Fn. 243), n° 241; s. ferner auch Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 124.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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nur einer von zwei gemeinsam Anbietenden verstarb; nur in diesem Spezialfall bestehe das Angebot fort.2539 Eine verbreitete Ansicht sieht den entscheidenden Faktor der Urteile von 1983 und 1997 dagegen darin, dass in casu eine konkrete Annahmefrist festgelegt war; wenn dies der Fall ist, bleibe das Angebot ungeachtet des Todes des Anbietenden fortbestehen2540 (wobei überwiegend zusätzlich noch gefordert wird, dass es sich um ein Angebot an eine bestimmte Person handelt2541). Es wird also ersichtlich und teils auch ganz ausdrücklich eine Verbindung zur neueren Rechtsprechung zur Bindungswirkung von Angeboten gezogen2542: Wenn und soweit ein Angebot Bindungswirkung entfaltet, erlischt es nicht mit dem Tod des Anbietenden, sondern geht auf die Erben über oder vereinfacht: „verbindlich = vererblich“. Konsequent zu Ende gedacht müsste man dann freilich mit Blick auf das durch das Urteil der Cour de Cassation vom 20.5.2009 erfolgte Revirement der Judikatur2543 auch im Falle eines Angebots ohne konkret festgelegte Annahmefrist ein Erlöschen verneinen und einen Übergang auf den/die Erben annehmen, wenn der Anbietende vor Ablauf der délai raisonnable (angemessenen Frist), während der er gebunden ist, verstirbt; sofern man die neue Judikatur auch auf offres au public anwendbar hält, müsste dies zudem konsequenterweise auch für diese gelten. Schließlich findet sich teils auch noch die Auffassung, dass es darauf ankommen müsse, ob es sich um einen Vertrag intuitu personae handelt; ist dies nicht der Fall, so soll das Angebot fortbestehen.2544 Das Fehlen einer eindeutigen Rechtsprechung und der Meinungsstreit im Schrifttum spiegelten sich übrigens auch in den höchst unterschiedlichen Ansätzen der neueren Reformprojekten2545 wider: Art. 1105-4 Avant-projet Catala2546 wollte zumindest solche Angebote fortbestehen lassen, die an eine bestimmte Person gerichtet sind und eine bestimmte Annahmefrist festlegen.
2539 Vgl. Chaaban (Fn. 2442), n° 295 f.; diese Besonderheit betonend etwa auch Mestre RTD civ. 1984, 157 (der allerdings für einen generellen Fortbestand des Angebots plädiert, sofern es nicht intuitu personae ist); Virassamy D. 1990, jur. 365, 367 (der dann allerdings für einen generellen Fortbestand des Angebots plädiert). 2540 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 145; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119; ferner wohl auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 269. 2541 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 75; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 145; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119; ferner wohl auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 269. 2542 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 145; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119; vgl. ferner auch bereits Aubert D. 1991, somm. 317. Kritisch dazu jedoch etwa Chaaban (Fn. 2442), n° 294. 2543 Vgl. dazu oben C. VIII.2. b) bb)(2). 2544 So etwa Bénabent (Fn. 243), n° 60; Mestre RTD civ. 1984, 157. 2545 Vgl. dazu allgemein bereits oben B. I.2. b) ff.). 2546 S. Fn. 2477. Vgl. dazu Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 18; Rouhette RDC 2007, 1371, 1403.
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C. Angebot
Art. 16 S. 2 Projet Terré2547 und Art. 27 Abs. 2 Projet de la chancellerie2548 sahen dagegen vor, dass das Angebot mit dem Tod des Anbietenden in jedem Fall erlöschen sollte. (b) Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden Hinsichtlich der Parallelproblematik des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden entspricht es dagegen nach wie vor ganz h.M.2549, dass sie zum Erlöschen des Angebots führt. Allerdings gibt es durchaus auch Gegenstimmen.2550 Zudem sah auch Art. 1105-4 Avant-projet Catala2551 zumindest dann einen Fortbestand vor, wenn das Angebot an eine bestimmte Person gerichtet und eine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist. Art. 16 S. 2 Projet Terré2552 und Art. 27 Abs. 2 Projet de la chancellerie2553 folgten dann jedoch wieder der traditionellen Linie eines generellen Erlöschens. (2) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers Der umkehrte Fall des Todes bzw. des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers wird im Schrifttum meist nur eher am Rande diskutiert. Nach traditioneller und auch heute noch ganz überwiegend vertretener Auffassung erlischt das Angebot, wenn der Angebotsempfänger stirbt2554 oder ge-
2547 Art. 16 Projet Terré (Fn. 465) L’offre est caduque … Elle l’est aussi en cas d’incapacité ou de décès de son auteur. (Das Angebot erlischt … Es tut dies auch im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder des Todes seines Urhebers.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 124. 2548 Art. 27 Projet de la chancellerie (Fn. 438) L’offre est caduque … Elle l’est également en cas d’incapacité ou de décès de son auteur. (Das Angebot erlischt … Es tut dies gleichfalls im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder des Todes seines Urhebers.) Vgl. dazu Fenouillet RDC 2009, 279, 288. 2549 Vgl. die bereits oben im Kontext des Widerrufs in Fn. 2400 zitierte Passage bei Pothier (Fn. 328), n° 32; s. weiter Aubert (Fn. 990), n° 253, 265 ff.; Chaaban (Fn. 2442), n° 283; Demolombe (Fn. 2174), n° 69; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 145; Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 20; Larroumet (Fn. 243), n° 241; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 471; Martin de la Moutte (Fn. 2391), n° 297; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 330; Valéry (Fn. 2398), n° 210; für einen grundsätzlichen Fortbestand (außer bei Angeboten intuitu personae) entsprechend dem Vorbild des deutschen Rechts etwa Rieg (Fn. 1041), n° 84. 2550 Vgl. etwa Bénabent (Fn. 243), n° 60 (maßgeblich müsse sein, ob es sich um einen Vertrag intuitu personae handelt); Gaudemet (Fn. 2438), S. 41; Ghestin (Fn. 1049), n° 317; Worms (Fn. 2438), S. 179 f.; kritisch mit Blick auf die neue Rechtsprechung zur Bindungswirkung des Angebots (vgl. oben C. VIII.2. b) auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 119. 2551 S. Fn. 2477. 2552 S. oben Fn. 2547. 2553 S. oben Fn. 2548. 2554 Vgl. Demolombe (Fn. 2174), n° 69; Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 20; Valéry (Fn. 2398), n° 209; differenzierend Aubert (Fn. 990), n° 251, 262 ff. (Angebot besteht fort, wenn es an eine bestimmte Person gerichtet und eine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
389
schäftsunfähig wird2555; ebenso entscheiden in bislang st. Rspr. auch die Gerichte2556. Vor dem Hintergrund der neueren Entwicklungen betreffend die Bindungswirkung des Angebots2557 gibt es jedoch zunehmend Stimmen, die zumindest kritisch hinterfragen, ob man nicht konsequenterweise zumindest insoweit einen Fortbestand des Angebots annehmen sollte, als diesem Bindungswirkung zukommt.2558
3. Englisches Recht a) Der Grundsatz der freien Widerruflichkeit Traditionelles und bis heute geltendes Grundprinzip des englischen Rechts ist, dass das Angebot jederzeit frei widerrufen werden kann, solange es nicht wirksam angenommen2559 worden ist.2560 aa) Hintergründe und Reformbemühungen Grund und Urquell des Prinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots im englischen Recht ist die consideration-Doktrin2561: Ohne dass der Angebotsempfänger eine consideration hingegeben hat oder das Angebot in Form eines deed erfolgt ist, kann eine rechtliche Bindung nicht existieren.2562 Dies gilt selbst dann, wenn der Anbietende ausdrücklich zugesagt hat, das Angebot bis 2555 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 251, 265 ff.; Chaaban (Fn. 2442), n° 283 ff.; Demolombe (Fn. 2174), n° 69; Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 20; Valéry (Fn. 2398), n° 210. 2556 Cass. req., 20.7.1846, D. 1846.I.335 (Tod und Geschäftsunfähigkeit); Cass. civ. 1re, 5.11.2008, n° 07-1605 (Tod) m. Anm. Amrani Mekki D. 2010, 226 f.; vgl. ferner implizit auch Cass. req., 13.4.1874, D. 1875.I.356 (dort war das Angebot jedoch zusätzlich auch explizit an die Erben gerichtet). 2557 Vgl. oben C. VIII.2. b). 2558 Vgl. Amrani Mekki D. 2010, 226, 227. 2559 Vgl. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme nach englischem Recht ausf. u. D. VII.3. 2560 Vgl. Payne v Cave (1789) 3 TR 147; Routledge v Grant (1828) 4 Bing 651; Head v Diggon (1828) 3 M & Ry 97; Offord v Davies (1862) 12 CB (NS) 748; Hebb’s Case (1867) LR 4 Eq 9; Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463; Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344; Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346; Bristol, Cardiff and Swansee Aërated Bread Co v Maggs (1890) 44 Ch D 616; Scammell v Dicker [2001] 1 WLR 631; Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741 at para. 16 per Dyson LJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 53; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-010; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 74; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-088; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.26; Hogg (Fn. 22), S. 224; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.78; McKendrick (Fn. 493), S. 116; Treitel (Fn. 491), 2-058. 2561 Vgl. zur consideration-Doktrin bereits ausf. oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 2562 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.37; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-088; Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 465; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.78; Mason (1941) 41 Colum. L. Rev. 825, 844; Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 925; Treitel (Fn. 491), 3-160; aus dem rechtsvergleichenden Schrifttum etwa auch Ranieri (Fn. 38), S. 290; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 351.
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C. Angebot
zu einem bestimmten Zeitpunkt aufrechtzuerhalten (sog. firm offer).2563 Prononciert etwa James LJ in der Leitentscheidung Dickinson v Dodds (1876)2564: That shews it was only an offer. There was no consideration given for the undertaking or promise, to whatever extent it may be considered binding, to keep the property unsold until 9 o’clock on Friday morning; … But it is clear settled law, on one of the clearest principles of law, that this promise, being a mere nudum pactum, was not binding, and that at any moment before a complete acceptance by Dickinson of the offer, Dodds was as free as Dickinson himself. [Dies zeigt, dass es nur ein Angebot war. Es existierte keine consideration für die Zusage oder das Versprechen, inwieweit es auch als verbindlich angesehen werden mag, das Anwesen bis Freitag Morgen um 9 Uhr nicht zu verkaufen; … Aber es ist eindeutige ständige Rechtsprechung, im Hinblick auf eines der klarsten Prinzipien des Rechts, dass dieses Versprechen, das lediglich ein nudum pactum war, nicht bindend war, und dass Dodds zu jedem Zeitpunkt vor der vollständigen Annahme des Angebots durch Dickinson ebenso frei war wie Dickinson selbst.]
Auch in England ist man sich indes schon seit jeher durchaus bewusst, dass die freie Widerruflichkeit des Angebots selbst im Fall einer ausdrücklich spezifizierten Annahmefrist zu Härten führen kann2565 und daher durchaus gute Gründe bestehen, an ihrer rechtspolitischen Sinnhaftigkeit zu zweifeln. So konzedierte sogar schon Mellish LJ in der soeben zitierten Leitentscheidung Dickinson v Dodds (1876) ausdrücklich: „the law may be right or wrong“ („das Recht mag richtig oder falsch sei“). Tatsächlich gab es auch mehrfach Vorstöße für eine Reform. Das Law Revision Committee empfahl bereits 1937 im Rahmen seines bereits erwähnten Vorschlags für eine umfassende Reform der consideration-Doktrin2566, dass eine Vereinbarung, ein Angebot für einen bestimmten Zeitraum oder bis zu einem bestimmten Ereignis aufrechtzuerhalten, nicht lediglich deshalb unwirksam sein solle, weil es an einer consideration fehle.2567 Begründet wurde dies 2563 Vgl. Routledge v Grant (1828) 4 Bing 651 (Antwort innerhalb von 6 Wochen); Head v Diggon (1828) 3 M & Ry 97 (3 Tage Frist); Offord v Davies (1862) 12 CB (NS) 748 (Versprechen für 12 Monate); Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 (Angebot gilt bis Freitag 9 Uhr); Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344 (sofern Telegramm vor oder am 15.); Bristol, Cardiff and Swansee Aërated Bread Co v Maggs (1890) 44 Ch D 616 (Angebot gilt für 10 Tage); Scammell v Dicker [2001] 1 WLR 631 (Angebot gilt für 21 Tage); Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-010; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 74 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-088; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.26; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.78; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2564 Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 at 472 per James LJ. 2565 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 75 Fn. 147; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-173; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.45; Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 465; Treitel (Fn. 491), 3-161; s. ferner auch bereits Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 925 f. 2566 Vgl. dazu oben B. I.3. b) dd)(1). 2567 Vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), paras. 38, 50.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
391
damit, dass die Festlegung eines bestimmten Zeitraums als Beleg dafür angesehen werden sollte, dass der Anbietende sich entsprechend binden wolle; zudem würde solchen Versprechen in den meisten anderen Ländern Bindungswirkung beigemessen und es sei „particularly undesirable that on such a point the English law should accept a lower moral standard“ („besonders unerwünscht, dass das englische Recht in einem solchen Punkt einen geringeren moralischen Standard akzeptiert“).2568 Noch weiter gehen wollte der im Zuge der Ende der 1960er Jahre gestarteten Initiative für eine Kodifizierung des Vertragsrechts2569 ausgearbeitete McGregor-Code2570: Gem. s. 19(1) sollte das Angebot nicht nur im Falle einer ausdrücklich spezifizierten Frist unwiderruflich sein, sondern auch dann, wenn sich eine solche im Wege der Auslegung ergab2571. Die Begründung hierfür stellte ebenfalls maßgeblich darauf ab, dass man das englische Recht damit in „größere Harmonie“ mit den kontinentalen Rechtsordnungen bringen würde und es sich zudem um eine Lösung handele, welche Geschäftsleute begrüßen würden.2572 Ähnlich empfahl dann auch die Law Commission in ihrem Working Paper „Firm Offers“ (1975), dass ein Anbietender, der ausdrücklich oder konkludent versprochen hat, dass er sein Angebot für einen bestimmten Zeitraum aufrechterhält, daran gebunden sein sollte.2573 Allerdings sollte dies nur gelten, wenn das Angebot in the course of a business (im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit) erfolgte2574 und zudem maximal für eine Frist von 6 Jahren2575; ferner 2568
Vgl. Law Revision Committee (Fn. 485), para. 38. Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) aa). 2570 Fn. 478. 2571 S. 19 (1): An offer may be revoked except where (a) by the express terms of the offer, or (b) by implication from the circumstances, the preliminary negotiations, the practices which the parties have established between themselves or the customs and usages applicable to their relationship the offer is irrevocable for a period which has not expired.“ ((1) Ein Angebot kann widerrufen werden außer wenn das Angebot (a) auf Grund der ausdrücklichen Bedingungen des Angebots (b) auf Grund der Umstände, der vorausgehenden Verhandlungen, der Praktiken, welche die Parteien zwischen sich etabliert haben oder der für ihr Verhältnis geltenden Bräuche und Gepflogenheiten für einen Zeitraum, der noch nicht abgelaufen ist, unwiderruflich ist.). 2572 Vgl. McGregor-Code (Fn. 478), S. 15. 2573 Law Commission, Law Commission Working Paper No. 60, Firm Offers (Law Com No. 60, 1975), paras. 55. 2574 Law Commission (Fn. 2573), paras. 31, 55. Dies sollte entsprechend s. 14(5) Sale of Goods Act 1893 (56 & 57 Vict., ch. 71) i.d.F.d. Supply of Goods (Implied Terms) Act 1973 (1973 c. 13) definiert werden. 2575 Law Commission (Fn. 2573), paras. 32, 55: Die Bindung sollte nicht länger sein als die Verjährungsfrist für Klagen aus einfachem Vertrag; diese beträgt 6 Jahre (damals s. 2(1)(a) Limitation Act 1939 [2 & 3 Geo. 6 c. 21], heute s. 5 Limitation Act 1980 [1980 c. 58]). 2569
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C. Angebot
sollte ein Bruch eines solchen Versprechens den Anbietenden nur zum Schadensersatz verpflichten2576. Hauptmotive waren wiederum, dass das Prinzip der freien Widerruflichkeit nicht dem Standard von reputable businessmen (ehrenwerten Geschäftsleuten) entspreche2577, sowie die Angleichung an andere europäische Rechtsordnungen2578, das U.S.-amerikanische Recht2579 und das EAG2580. Eine noch weitergehende Bindung für eine reasonable time (angemessene Frist) wurde ausdrücklich abgelehnt, da dies zur Rechtsunsicherheiten führen und Streitigkeiten heraufbeschwören würde.2581 Wie jedoch bereits oben2582 dargelegt, verliefen all diese Reformbestrebungen letztlich im Sande. Ein Hauptgrund dafür ist unzweifelhaft, dass es nach ganz h.M. bis heute als absolut unvereinbar mit der trotz aller Kritik nach wie vor weithin als sakrosankt angesehenen consideration-Doktrin2583 erscheint, dem „bloßen“ Angebot (egal ob mit oder ohne Annahmefrist) eine Bindungswirkung beizumessen; diese wirkt insofern als quasi unüberwindbare dogmatische Hürde. Aber auch in der Sache existiert durchaus deutlicher Widerstand oder zumindest immense Skepsis gegenüber einer – auch nur partiellen – Bindungswirkung. Zu einem nicht unerheblichen Teil dürfte dies sicherlich auch in der langen Tradition des Prinzips der freien Widerruflichkeit im englischen Recht begründet sein (Stichwort: Pfadabhängigkeit). 2584 Die Praxis hat sich damit 2576 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), paras. 48 ff., 55. Die Alternative, den vorzeitigen Widerruf als unwirksam zu behandeln und durch die Annahme einen wirksamen Vertrag zustande kommen zu lassen, wurde kategorisch abgelehnt: Zum einen gewähre das englische Recht auch im Falle des anticipatory breach (antizipierten Vertragsbruchs) nur Schadensersatz (in Geld) und zudem würde diese Lösung auch zu Ungerechtigkeiten führen, weil dem Angebotsempfänger oft gar nicht klar sein würde, dass er durch die Annahme noch einen wirksamen Vertrag zustande bringen könne, und er es deshalb versäumen würde, noch eine Annahme zu erklären und dann gar keinen Rechtsbehelf mehr hätte. 2577 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), para. 20. 2578 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), paras. 22 f.; genannt wurden speziell das schottische, französische, deutsche und italienische Recht. 2579 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), paras. 23 ff., wo betont wird, dass anders als noch z.Z. des Reformvorschlags des Law Revision Committee von 1937 (Fn. 485) inzwischen auch das U.S.-amerikanische Recht dazu tendiere, Angeboten zumindest unter bestimmten Voraussetzungen eine Bindungswirkung beizumessen (speziell auch: § 2-205 UCC). 2580 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), para. 27, wo auf Art. 5 Abs. 2 und 3 EAG (s. Fn. 2688) Bezug genommen wird. 2581 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), para. 34. 2582 Vgl. oben B. I.3. a) aa). 2583 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. b) dd)(1). 2584 Illustrativ insoweit etwa Shatwell (1954) Syd. L. Rev. 289, 328 in Bezug auf die Empfehlung der Law Commission von 1937 (vgl. oben bei Fn. 2567 f.): „This recommendation would appear to be a typical haphazard preference for a foreign rule without reference again to the basic structures of the native and foreign systems, and there is no evidence at all that such a change would accord either with British commercial sentiment or practice“ („Diese Empfehlung erscheint als eine typische willkürliche Präferenz für eine ausländische Regel ohne wiederum die grundlegenden Strukturen des heimischen und ausländischer Systeme zu berück-
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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seit Langem arrangiert und man ist offenbar verbreitet der Auffassung, damit auch gut leben zu können („bekannt und bewährt“)2585 zumal die Konsequenzen der freien Widerruflichkeit zumindest im Anwendungsbereich der postal rule2586 insoweit „entschärft“ sind, als der Angebotsempfänger bereits im Zeitpunkt der Absendung seiner Annahmeerklärung Sicherheit hat2587. Darüber hinaus wird häufig auch die Schutzfunktion zugunsten des Anbietenden hervorgehoben2588: Zum einen könne der Angebotsempfänger während des Zeitraums der Bindung auf Kosten des Anbietenden spekulieren2589; sofern man darüber hinaus sogar eine Bindung für eine reasonable time (angemessene Frist) annehme, bestehe für den Anbietenden zudem große Unsicherheit hinsichtlich der Länge der Bindungswirkung2590 – und all dies, obgleich der Anbietende selbst keinerlei korrespondierendes Recht erlange2591. Die freie Widerruflichkeit des Angebots gewährleiste dem Anbietenden dagegen die im Geschäftsverkehr unerlässliche Flexibilität2592. In der Praxis würde ein Widerruf regelmäßig ohnehin nur dann erfolgen, wenn dafür ein guter Grund vorliege.2593 Im Übrigen stünden meist auch verschiedene außerrechtliche Instrumente zur Verfügung, um effektiv auf in der Praxis deshalb auch eher seltene – missbräuchlich Widerrufe zu reagieren (z.B. Abbruch von Geschäftsbeziehungen, „name and shame“).2594 2585 sichtigen, und es gibt überhaupt keinen Beleg dafür, dass eine solche Veränderung mit dem britischen Geschäftsempfinden oder der britischen Geschäftspraxis harmonieren würde.“). 2585 Vgl. insbesondere die anlässlich des Law Commission Working Papers „Firm Offers“ (Fn. 2573) durchgeführte Studie zur Praxis von Ausschreibungen in der Bauindustrie von Lewis (1982) 9 J. Law & Soc. 153, 168; vgl. weiter etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.51. Vgl. ferner aus dem US-amerikanischen Schrifttum etwa Schultz (1952) 19 U. Chi. L. Rev. 237, 284 f. (als Ergebnis einer Studie betreffend die Bauindustrie in Indiana; er räumt allerdings ausdrücklich ein, dass man daraus nicht zwingend auf andere Branchen schließen könne). 2586 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 2587 Vgl. zu dieser Interrelation etwa Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 925; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 352; ausf. dazu auch noch unten D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4393 f. und D. VII.5. c) cc)(2) bei Fn. 4639 ff. 2588 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-173; Treitel (Fn. 491), 3-161. 2589 Vgl. zum Spekulationsargument („bid shopping“) auch Law Commission (Fn. 2573), para. 45; Spence, Protecting Reliance: The Emergent Doctrine of Equitable Estoppel, 1999, S. 118. 2590 Vgl. Law Commission (Fn. 2573), para. 34; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-173; Treitel (Fn. 491), 3-161. 2591 Vgl. Treitel (Fn. 491), 3-161. Vgl. zu diesem – letztlich wieder die consideration-Doktrin reflektierenden – Gegenseitigkeitsgedanken aus dem US-amerikanischen Schrifttum etwa auch Sharp (1952) 19 U. Chi. L. Rev. 286, 292. 2592 Vgl. die von Lewis (1982) 9 J. Law & Soc. 153, 167 f. referierten Reaktionen aus dem Bausektor auf das Law Commission Working Paper „Firm Offers“ (Fn. 2573). 2593 Vgl. die von Lewis (1982) 9 J. Law & Soc. 153, 167 f. referierten Reaktionen aus dem Bausektor auf das Law Commission Working Paper „Firm Offers“ (Fn. 2573); Spence (Fn. 2589), S. 118. 2594 Vgl. Lewis (1982) 9 J. Law & Soc. 153, 163 f., 168 (in Bezug auf seine Untersuchungen der Praxis von Ausschreibungen im Bausektor).
394
C. Angebot
Ungeachtet dessen hat nun jedoch im März 2012 die Scottish Law Commission einen neuen Vorstoß gewagt und in ihrem „Discussion Paper on Formation of Contracts“2595 vorgeschlagen, dass ein Angebot in Anlehnung an Art. 32 Abs. 3 CESL-D2596 unwiderruflich sein soll, wenn es dies entweder zum Ausdruck bringt oder eine feste Frist für die Annahme bestimmt.2597 Ob dieser Vorschlag in Schottland aufgegriffen – und dann eventuell auch Auswirkungen auf das englische Recht haben wird – ist indes gegenwärtig noch völlig offen. bb) Erfordernis der Kommunikation des Widerrufs an den Angebotsempfänger (1) Grundsatz Ein wirksamer Widerruf setzt grundsätzlich voraus, dass er an den Angebotsempfänger kommuniziert wurde, d.h. ihm tatsächlich zur Kenntnis gebracht wird (brought to the mind of the offeree).2598 Die bis heute im französischen Recht geltende Auffassung Pothiers, dass es genügt, wenn der Anbietende seinen Willen, nicht mehr länger an seinem Angebot festhalten zu wollen, in irgendeiner Form nach außen manifestiert also insbesondere auch bereits dadurch, dass er einen Brief mit einem Widerruf abschickt 2599, fand im englischen Schrifttum zwar zunächst zumindest vereinzelt Gefolgschaft2600. Ebenso existieren eine Reihe von Gerichtsentscheidungen aus den 1860er und 1870er Jahren, in denen davon ausgegangen wird, dass ein postalischer Widerruf – entsprechend der für Angebote bereits in der Leitentscheidung Adams v Lindsell (1818)2601 etablierten sog. postal rule2602 bereits mit der Absendung wirksam wird.2603
2595
Dazu allg. bereits oben B. I.3. a) aa). Dazu unten C. VIII.4. a) cc). 2597 Vgl. Scottish Law Commission (Fn. 487), proposal 18 (para. 3.25). 2598 Vgl. Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344; Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346; Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27; Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741 at para. 16 per Dyson LJ; Andrews (Fn. 493), 3.35; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 57; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 75; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-089; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.27; Gardner (1992) 12 OJLS 170, 175; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.80; McKendrick (Fn. 493), S. 116 f., 118; Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 926; Treitel (Fn. 491), 2-058. 2599 Vgl. dazu oben C. VIII.2. a) und speziell die bei Fn. 2401 zitierte Passage bei Pothier. 2600 Ausdrücklich Pothier folgend etwa Chitty, Jr. (Fn. 728), S. 12 f.; nachdrücklich ablehnend und eine Kommunikation fordernd dagegen etwa Benjamin, A treatise on the law of sale of personal property, 1868, S. 52 ff.; Leake (Fn. 705), S. 8 Fn. (d); Pollock (Fn. 514), S. 10 f. 2601 Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681. 2602 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 2603 Vgl. Hebb’s Case (1867) LR 4 Eq 9; Townsend’s Case (1871) LR 13 Eq 148; Harris’ Case (1872) LR 7 Ch App 587; Wall’s Case (1872) LR 15 Eq 18. Vgl. zu diesen Fällen näher Gardner (1992) 12 OJLS 170, 175 f. 2596
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Im Jahr 1880 wurde diese Auffassung wurde dann jedoch in der bis heute als Grundsatzurteil geltenden Entscheidung Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co dezidiert zurückgewiesen: Lindley LJ kritisierte, dass sie zu „extreme injustice and inconvenience“ („extremer Ungerechtigkeit und Unannehmlichkeiten“) führe und fuhr dann fort: It appears to me that both legal principles, and practical convenience require that a person who has accepted an offer not known to him to have been revoked, shall be in a position safely to act upon the footing that the offer and acceptance constitute a contract binding on both parties.2604 [Es scheint mir, dass sowohl rechtliche Prinzipien als auch praktische Gründe es erfordern, dass eine Person, die ein Angebot annimmt, von dem sie nicht weiß, dass es widerrufen wurde, in einer Position sein soll, ohne Risiko auf der Basis zu handeln, dass das Angebot und die Annahme einen für beide Parteien verbindlichen Vertrag konstituieren.]
Der Widerruf kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent (z.B. durch ein zweites Angebot, das mit dem ersten unvereinbar ist2605 oder den Verkauf des Angebotsgegenstandes an einen Dritten2606) erfolgen2607; der Widerrufende braucht insbesondere auch nicht ausdrücklich die Worte revoke oder withdraw verwenden2608. Die Kommunikation des Widerrufs muss indes nicht zwingend durch den Anbietenden selbst erfolgen; die Rechtsprechung2609 lässt es vielmehr ausrei2604
Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344 at 348 f. per Lindley J. Ähnlich deutlich kurz darauf auch nochmals Lush J in Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346 at 352: „doctrine of Pothier … is undoubtedly contrary to the spirit of English law … Lindley … in an elaborate judgment … held that an uncommunicated revocation is, for all practical purposes and in point of law, no revocation at all.“ („die Doktrin von Pothier … widerspricht unzweifelhaft dem Geist des englischen Rechts … Lindley … hat in einem wohldurchdachten Urteil … entschieden, dass ein nicht kommunizierter Widerruf sowohl für in praktischer als auch in rechtlicher Hinsicht überhaupt kein Widerruf ist.“). 2605 In diesem Fall ist im ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob der Anbietende dadurch das erste Angebot widerrufen wollte, vgl. Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741 at para. 18 per Dyson LJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.29 Fn. 87. 2606 Ein wirksamer Widerruf liegt in diesem Fall jedoch erst dann vor, wenn der Angebotsempfänger hiervon erfährt. Vgl. Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741 at para. 16 per Dyson LJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.29. 2607 Vgl. Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741 at para. 16 per Dyson LJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.27, 3.29. 2608 Vgl. Financings v Stimson [1962] 1 WLR 1184 at 1188 per Lord Denning MR, at 1190 per Donnovan LJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.28. 2609 Vgl. Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 (der Angebotsempfänger hatte von einem Dritten erfahren, dass der Anbietende das Anwesen an eine andere Person verkauft hatte); Cartwright v Hoogstoel (1911) 105 LT 628 (der Angebotsempfänger hatte von einem Dritten erfahren, dass sein Konkurrent um die Miete der Büroräume diese in Besitz genommen hatte und äußerte daraufhin, dass der Anbietende ihm einen „bösen Streich gespielt“ habe und
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C. Angebot
chen, dass der Angebotsempfänger auf andere Weise erfährt, dass der Anbietende nicht länger mit ihm kontrahieren will. Im Schrifttum wird dies indes verbreitet kritisiert, weil sich hieraus ein erheblicher Unsicherheitsfaktor für den Angebotsempfänger ergebe, da diesem letztlich das Risiko auferlegt wird, zu entscheiden, ob die Information tatsächlich zutreffend oder lediglich ein (u.U. böswillig gestreutes) Gerücht ist.2610 Einige plädieren daher dafür, einen wirksamen Widerruf in Anlehnung an Restatement (Second) of Contracts2611 § 432612 nur dann anzunehmen, wenn die Information aus einer reliable source (verlässlichen Quelle) stammt.2613 Andere sind dagegen der Ansicht, dass aus Gründen der Rechtssicherheit generell eine Kommunikation des Widerrufs durch den Anbietenden verlangt werden sollte.2614 Es gibt aber auch durchaus Autoren, die der Auffassung sind, dass der Angebotsempfänger bereits dann nicht mehr schutzwürdig ist, wenn er auf irgendeine Weise erfährt, dass der Anbietende das Angebot (angeblich) nicht mehr aufrechterhalten will – egal ob die Informationsquelle zuverlässig ist oder nicht.2615 (2) Ausnahmen/Modifikationen der Grundregel Die Grundsatz, dass der Widerruf erst dann wirksam ist, wenn er tatsächlich zur Kenntnis des Angebotsempfängers gebracht worden ist, erfährt allerdings einige Ausnahmen bzw. Modifikationen. (a) Kommunikation des Widerrufs an eine Geschäftsadresse Modifiziert wird die Grundregel zum einen im Falle der Kommunikation des Widerrufs an eine Geschäftsadresse (egal ob per Post, Fax, Telex, E-Mail, etc.): 2610 dass er „ihm dies nicht vergessen werde“; das Gericht folgerte hieraus, dass der Angebotsempfänger Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Anbietende das Angebot durch die Vermietung der Büroräume an den Konkurrenten konkludent widerrufen hatte). 2610 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-090; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.82; McKendrick (Fn. 493), S. 121; Treitel (Fn. 491), 2-059. 2611 Fn. 497. 2612 § 43. Indirect Communication Of Revocation An offeree’s power of acceptance is terminated when the offeror takes definite action inconsistent with an intention to enter into the proposed contract and the offeree acquires reliable information to that effect. (§ 43. Indirekte Kommunikation des Widerrufs Der Fähigkeit des Angebotsempfängers, das Angebot anzunehmen, endet, wenn der Anbietende eine eindeutige Handlung vornimmt, die der Absicht, den vorgeschlagenen Vertrag abzuschließen, widerspricht und der Angebotsempfänger zuverlässige Informationen diesbezüglich erhält.). 2613 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58 („trustworthy source“ [„glaubwürdige Quelle“]); für ein Abstellen auf die Zuverlässigkeit der Informationsquelle auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; McKendrick (Fn. 493), S. 121; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.35 (Widerruf wirksam, wenn ein „real and genuine doubt“ [„realer und echter Zweifel“] seitens des Angebotsempfängers besteht). 2614 So etwa Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.82; Treitel (Fn. 491), 2-059. 2615 Vgl. etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.30 Fn. 90.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Jedenfalls dann, wenn der Widerruf während der gewöhnlichen Geschäftszeiten eingeht, wird er von h.M. gestützt auf Präjudizien betreffend den Wirksamkeitszeitpunkt bei anderen Erklärungen2616, 2617 bereits in dem Zeitpunkt als wirksam erachtet, in dem er im Falle des gewöhnlichen Geschäftsgangs zu Kenntnis genommen worden wäre (und nicht erst, wenn er tatsächlich vom Angebotsempfänger oder einem seiner Mitarbeiter gelesen wird).2618 Ratio ist, dass der Widerruf damit die Risikosphäre des Angebotsempfängers erreicht hat und es dann letztlich dessen Sache ist, die tatsächliche Kenntnisnahme zu organisieren.2619 Im Falle des Eingangs außerhalb der Geschäftszeiten (oder wenn der Angebotsempfänger – wie der Anbietende weiß – im Urlaub oder geschäftlich unterwegs ist) wird der Widerruf nach h.M.2620 dagegen erst zu Beginn der nächsten Geschäftszeiten wirksam; auch insofern wird auf die Judikatur betreffend den Wirksamkeitszeitpunkt anderer Erklärungen2621, 2622 rekurriert. 2616
Vgl. Eaglehill Ltd v J. Needham Builders Ltd [1973] AC 992 (Notanzeige bzgl. eines Wechsels wurde zu dem Zeitpunkt gegeben, in dem sie im gewöhnlichen Geschäftsgang geöffnet wurde oder geöffnet worden wäre, wenn der gewöhnliche Geschäftsgang eingehalten worden wäre); Tenax Steamship Co v Owners of the Motor Vessel Brimnes (The Brimnes) [1975] 1 QB 929 (Widerruf eines Schiffs per Telex, das vor 18 Uhr eingeht, muss als von den Charterern noch vor diesem Zeitpunkt erhalten angesehen werden); Mondial Shipping and Chartering BV v Astarte Shipping Ltd (The Pamela) [1995] CLC 1011 at 1014 (bei einem Telex, das während der gewöhnlichen Geschäftszeiten eingeht, wird die Erklärung bereits in diesem Zeitpunkt wirksam); Bernuth Lines Ltd v High Seas Shipping Ltd (The Eastern Navigator) [2005] EWHC 3020 (Comm) (E-Mail mit Bitte um Zustimmung zur Ernennung eines Schiedsrichters wurde von einem Angestellten ignoriert; wirksame Mitteilung trotzdem bereits am Tag des Eingangs der E-Mail); Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) (Annahmeerklärung per E-Mail, die um 18 Uhr bei einem Rechtsanwalt eingeht, der zu dieser Zeit gewöhnlich noch im Büro ist, wird um oder um 18 Uhr herum wirksam, auch wenn er das Büro an diesem Tag zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bereits verlassen hatte). Vgl. ferner auch Galaxy Energy International Ltd v Novorossiysk Shipping Co (The Petr Schmidt) [1998] CLC 894 at 897 (implizit); JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) at para. 75 (implizit). 2617 Vgl. speziell zur Parallelproblematik bei der communication der Annahme noch unten D. VII.3. c) bb)(2). 2618 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.20, 3.35; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-092; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.27 Fn. 81; Treitel (Fn. 491), 2060. 2619 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-092; Treitel (Fn. 491), 2-060. 2620 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-092; McKendrick (Fn. 493), S. 118; Treitel (Fn. 491), 2-060. 2621 Vgl. Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 42 per Lord Wilberforce (konkret ging es um eine Annahmeerklärung per Telex; „The message may not reach, or be intended to reach, the designated recipient immediately; messages may be sent out of office hours, or at night, with the intention, or upon the assumption, that they will be read at a later time“ [„Die Nachricht mag den designierten Empfänger nicht sofort erreichen oder nicht beabsichtigen, ihn sofort zu erreichen; Nachrichten können außerhalb der
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C. Angebot
(b) Offers to the public Besonderheiten gelten zum anderen bei offers to the public (Angeboten ad incertas personas), da der Anbietende hier unmöglich gewährleisten kann, dass alle, die potenziell von dem Angebot Kenntnis genommen haben, auch von dem Widerruf tatsächlich Kenntnis nehmen2623. Die h.L. verlangt jedoch in Anlehnung an US-amerikanische Präjudizien2624 und Restatement (Second) of Contracts2625 § 462626, dass der Anbietende jedenfalls angemessene Maßnahmen ergreifen muss, um den Widerruf zur Kenntnis aller potenziellen Angebotsempfänger zu bringen2627, d.h. für den Widerruf entweder dasselbe oder ein zumindest ebenso effektives Kommunikationsmittel verwenden muss wie für das ursprüngliche Angebot2628. cc) Schutzinstrumente für den Angebotsempfänger Angesichts der aus dem Prinzip der freien Widerruflichkeit resultierenden unsicheren Position des Angebotsempfängers wird natürlich auch im englischen Recht nach Wegen gesucht, diesen – zumindest partiell – zu schützen. (1) Kein Schutz durch promissory estoppel oder deliktische Ansprüche Im US-amerikanischen Recht wird dem Angebotsempfänger insoweit bekanntlich durch die promissory estoppel-Doktrin ein gewisser Schutz gewährt 2622 Bürozeiten oder nachts geschickt werden, mit der Absicht oder in der Annahme, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt gelesen werden.“]); Mondial Shipping and Chartering BV v Astarte Shipping Ltd (The Pamela) [1995] CLC 1011 (Widerruf eines gecharterten Schiffs per Telex außerhalb der Geschäftszeiten erst zu Beginn der Geschäftszeiten am nächsten Tag wirksam); s. ferner auch Galaxy Energy International Ltd v Novorossiysk Shipping Co (The Petr Schmidt) [1998] CLC 894 (Telex und Fax); Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 90 (E-Mail). 2622 Vgl. speziell zur Parallelproblematik bei der communication der Annahme noch unten D. VII.3. c) bb)(2). 2623 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-091; Treitel (Fn. 491), 2-060. 2624 Vgl. Shuey v US 92 US 73 (1875). 2625 Fn. 497. 2626 § 46. Revocation Of General Offer Where an offer is made by advertisement in a newspaper or other general notification to the public or to a number of persons whose identity is unknown to the offeror, the offeree’s power of acceptance is terminated when a notice of termination is given publicity by advertisement or other general notification equal to that given to the offer and no better means of notification is reasonably available. (§ 46. Widerruf eines an die Allgemeinheit Wenn ein Angebot durch eine Zeitungsinserat oder eine andere allgemeine Mitteilung an die Öffentlichkeit oder eine Zahl von Personen, deren Identität dem Anbietenden unbekannt ist, gemacht wird, endet die Fähigkeit des Angebotsemfängers, das Angebot anzunehmen, wenn die Mitteilung der Beendigung durch ein Inserat oder eine andere allgemeinen Mitteilung eine Publizität erhält, die derjenigen, welche dem Angebot gegeben wurde, gleichwertig ist, und kein besseres Mitteilungsinstrument vernünftigerweise verfügbar ist.). 2627 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-091; Treitel (Fn. 491), 2-060. 2628 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.27; McKendrick (Fn. 493), S. 119 f.; s. ferner auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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(vgl. Restatement (Second) of Contracts2629 § 90(1)2630). Im englischen Recht ist diese Doktrin jedoch – wie bereits oben2631 dargelegt grundsätzlich rein defensiver Natur, sie suspendiert bzw. hindert nur die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs („as a shield and not as a sword“ [„als ein Schild und nicht als ein Schwert“]2632), kann aber keinen Vertrag bzw. vertragliche Ansprüche begründen. Sie nützt dem Angebotsempfänger also nichts.2633 Deliktische Ansprüche (z.B. auf Grund von misrepresentation) werden ebenfalls allgemein abgelehnt.2634 (2) Optionsvertrag (option contract) In Betracht kommt jedoch der Abschluss eines Optionsvertrags (option contract)2635: Wenn der Angebotsempfänger eine hinreichende consideration2636 dafür erbringt, dass der Anbietende sein Angebot für einen bestimmten Zeit2629
Fn. 497. Siehe Fn. 497. 2631 Vgl. oben B. I.3. a) cc). 2632 Vgl. Combe v Combe [1951] 2 KB 215 at 224. 2633 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.64 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2634 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56; Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 925; Treitel (Fn. 491), 3-160; implizit auch Blackpool and Fylde Aero Club Ltd v Blackpool Borough Council [1990] 1 WLR 1195 at 1202 per Bingham LJ (Angebotsempfänger trägt das volle Risiko). Vgl. ferner die neuseeländische Entscheidung Holman Construction v Delta Timber Co [1972] NZLR 1081 (ausdrückliche Ablehnung einer deliktischen Haftung mangels duty of care [(Sorgfaltspflicht]). Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.35 wollen aber zumindest dann ausnahmsweise einen Anspruch geben, wenn ein Subunternehmer bei der Erstellung eines Angebots fahrlässig gehandelt hat und der angegebene Betrag „hopelessly incorrect“ („hoffnungslos inkorrekt“) war. 2635 Die Rechtsnatur bzw. rechtliche Qualifizierung eines solchen option contracts ist allerdings äußerst umstritten, vgl. dazu Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-172 Fn. 943; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.40 ff.; Treitel (Fn. 491), 3-160 Fn. 873 sowie auch bereits Lücke (1967–1970) 3 Adel. L. Rev. 197, 202 ff.; Mowbray (1958) 74 LQR 242 ff. Vertreten werden etwa (vgl. Treitel (Fn. 491), 3-160 Fn. 873) die Einordnung als: (1) Vertrag (so etwa Greene v Church Commissioners for England [1974] Ch 467 at 476, 478); (2) eine Transaktion, die zwar kein Vertrag ist, aber eine Art Eigentumsrecht erzeugt (so etwa Re Button’s Lease [1964] Ch 263 at 270 f.; Armstrong & Holmes Ltd v Holmes [1993] 1 WLR 1482 at 1488); (3) ein unilateral contract (so etwa United Scientific Holdings Ltd v Burnley Borough Council [1978] AC 904 at 945 per Lord Simon of Glaisdale; Little v Courage Ltd (1995) 70 P. & C.R. 469 at 474); (4) ein bedingter Vertrag (so etwa Bircham & Co Nominees (No. 2) Ltd v Worrell Holdings Ltd [2001] EWCA Civ 775 at para. 45); (5) ein unwiderrufliches Angebot, das erst dann zu einem bilateral contract reift, wenn es ordnungsgemäß ausgeübt wird (so etwa Re Gray [2004] EWHC 1538 (Ch) at para. 25); (6) als ein Rechtsverhältnis sui generis (so etwa Spiro v Glencore Properties Ltd [1991] Ch 537 at 544). 2636 Allg. zur consideration-Doktrin bereits oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 2630
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C. Angebot
raum aufrechterhält, ist der Anbietende entsprechend gebunden.2637 Die consideration kann – entsprechend den allgemeinen Grundsätzen2638 entweder ein einem act (Handeln) oder forbearance (Unterlassen) bestehen oder auch in einem Gegenversprechen.2639 In der Praxis wird der Angebotsempfänger die Option meist „kaufen“, indem er ein bestimmte Geldsumme zahlt (oder zu zahlen verspricht).2640 Im Fall des Angebots zum Verkauf eines Hauses kann die consideration aber z.B. auch darin bestehen, dass der Angebotsempfänger (potenzieller Käufer) verspricht, sich um eine Hypothek zu bemühen; bei einem Angebot zum Kauf von Aktien kann die consideration z.B. darin bestehen, dass der Angebotsempfänger (potenzieller Verkäufer) verspricht, die Aktien während eines bestimmten Zeitraums nicht anderweitig zu veräußern.2641 Sofern eine wirksame option eingeräumt wurde, kann der Angebotsempfänger trotz eines Widerrufs(versuchs) weiterhin annehmen, dadurch den Vertrag zustande bringen und dann auf specific performance (Erfüllung) klagen.2642 (3) Deed Bindend ist das Angebot, wenn es in einem deed 2643 gemacht wurde2644 (was allerdings wohl nicht immer praktikabel sein wird). Auch in diesem Fall kann der Angebotsempfänger trotz eines Widerrufs(versuchs) weiterhin annehmen, dadurch den Vertrag zustande bringen und dann auf specific performance (Erfüllung) klagen.2645 (4) Standing offer im Versicherungsrecht Eine Besonderheit gilt schließlich im Versicherungsrecht: Nach den Handelsbräuchen im Londoner Versicherungsmarkt macht ein Versicherer, der einen Beleg über eine Versicherungspolice unterzeichnet, eine sog. standing offer
2637 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.37; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 74 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-172; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.39 ff.; Hogg (2010) 59 ICLQ 461, 466 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.79; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2638 Vgl. oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(bb). 2639 Vgl. speziell in Bezug auf den option contract: Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-172; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.39; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2640 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-172; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.39; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2641 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-172; Treitel (Fn. 491), 3-160. 2642 Vgl. Mountford v Scott [1975] Ch 258; Treitel (Fn. 491), 21-045. 2643 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) cc)(1). 2644 Vgl. Beesly v Hallwood Estates Ltd [1961] Ch 105; Andrews (Fn. 493), 3.37; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 56. 2645 Vgl. Treitel (Fn. 491), 21-045.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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(fortbestehendes Angebot), das der Versicherte annehmen kann, in dem er eine diesbezügliche Erklärung abgibt.2646 dd) Sonderproblematik: unilateral contracts Eine Sonderproblematik stellt sich schließlich bei unilateral contracts: Hier ist äußerst streitig, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt). Je nachdem, wie man hier entscheidet, hat dies naturgemäß Auswirkungen darauf, bis wann der Anbietende sein Angebot widerrufen kann. Es erscheint allerdings sinnvoller, diese Problematik erst unten im Kontext der Annahme2647 im Detail zu erörtern. b) Sonstige Erlöschenstatbestände aa) Ablehnung des Angebots (rejection) Erstens führt auch im englischen Recht die Ablehnung des Angebots (rejection) zum Erlöschen desselben.2648 Die Ablehnung muss nicht unbedingt ausdrücklich, sondern kann auch konkludent erfolgen.2649 Eine bloße Nachfrage oder Bitte um Klarstellung bzw. weitere Informationen ist jedoch grundsätzlich nicht als Ablehnung anzusehen.2650 Eine „Annahme“, welche das Angebot 2646 Vgl. Citadel Insurance Company v Atlantic Union Insurance Company SA [1984] ECC 191 at 199; BP plc v National Union Fire Insurance Co [2004] EWHC 1132 (Comm) at para. 24; Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-173; Treitel (Fn. 491), 3-161. 2647 Siehe unten D. VII.3. b) bb). 2648 Vgl. Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 278 per Brett J: „That offer is, therefore, not accepted within the limited time, but is rejected, and it seems to me is at once dead.“ („Dieses Angebot wurde daher nicht innerhalb der begrenzten Zeit angenommen, sondern abgelehnt, und es scheint mir, dass es damit sofort tot ist.“); Grant v Bragg [2009] EWCA Civ 1228 at para. 17 per Lord Neuberger: „it is trite law that an offer, once rejected, cannot be accepted“ („wenn ein Angebot einmal abgelehnt worden ist, kann es bekanntlich nicht mehr angenommen werden“); Andrews (Fn. 493), 3.39; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 51 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-092; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.18; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.83; McKendrick (Fn. 493), S. 81, 122; Treitel (Fn. 491), 2-062. 2649 Vgl. Grant v Bragg [2009] EWCA Civ 1228 at para. 22 per Lord Neuberger („not ready to transfer“ [„nicht bereit zu übertragen“]); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 58; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.20. 2650 Vgl. Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346 at 349 f. (Angebot: „sell for 40s., nett cash, open till Monday“ [„verkaufe für 40s., netto und in bar, gültig bis Montag“]; Antwort: „Please wire whether you would accept forty for delivery over two months, or if not, longest limit you would give.“ [„Bitte telegrafieren Sie, ob sie vierzig mit Lieferung innerhalb von zwei Monaten akzeptieren würden, oder wenn nicht, welche Frist Sie längstens geben würden.“]; wurde als bloße Nachfrage – und nicht als Ablehnung – eingestuft); Gibson v Manchester City Council [1979] 1 WLR 294 at 302 per Lord Edmund-Davies; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 51 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-093; Furmston/ Tolhurst (Fn. 492), 3.22; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.83; Treitel (Fn. 491), 2-062; Vaver (1979-80) 4 Can. Bus. L. J. 277, 279.
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C. Angebot
ergänzt oder modifiziert, kann dagegen – ebenso wie im deutschen2651 und französischen2652 Recht eine Ablehnung (verbunden mit einem Gegenangebot) darstellen.2653 Eine Ablehnung wird erst dann wirksam, wenn sie tatsächlich an den Anbietenden kommuniziert wird, d.h. erst dann, wenn dieser tatsächlich Kenntnis von ihr erlangt.2654 Eine Anwendung der für die Annahme in bestimmten Fällen geltenden sog. postal rule2655 wird allgemein abgelehnt2656. Für eine Vorverlagerung des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Ablehnung auf den Zeitpunkt der Absendung bestehe kein Bedürfnis: Der Angebotsempfänger werde nicht im Vertrauen auf die Ablehnung handeln, da diese für ihn weder Rechte noch Pflichten begründe, und der Anbietende wird nicht wissen, dass er von dem Angebot frei ist, bis die Ablehnung an ihn kommuniziert wurde.2657 Es gibt jedoch einen Sonderfall, indem die Grundregel des Erfordernisses der Kommunikation nach verbreiteter Ansicht zu modifizieren ist, nämlich dann, wenn der Angebotsempfänger nach Absendung der Ablehnung eine Annahme mittels eines Kommunikationsmittels schickt, für das die postal rule gilt2658 und diese den Angebotsempfänger auch erst tatsächlich nach der Ablehnung erreicht. Auf der Basis einer schematischen Anwendung der postal rule und des Erfordernisses der Kommunikation der Ablehnung würde man hier eigentlich zu dem Ergebnis gelangen, dass ein wirksamer Vertrag zustande kommt (weil die später abgesandte Annahme nach der postal rule an sich bereits im Zeitpunkt der Absendung wirksam wird, so dass in dem Zeitpunkt, in dem die Ablehnung dann beim Anbietenden ankommt, bereits ein Vertragsschluss erfolgt wäre). Dies wird jedoch als unbillig erachtet, weil die Bejahung eines Vertragsschlusses auch in dieser Konstellation für den Anbietenden u.U. zu erheblichen Härten führen könnte, falls er bereits im Vertrauen auf die Ablehnung gehandelt und z.B. anderweitig über den Vertragsgegenstand disponiert hat;2659 umgekehrt sei es einem Angebotsempfänger, der es sich nach Absendung einer Ablehnung doch noch anders überlegt, durchaus zuzumuten, dafür zu sorgen, dass die Annahme dann tatsächlich früher zur Kenntnis des Anbietenden gelangt als die zunächst erfolgte Ablehnung2660. 2651
Vgl. bereits oben C. VIII.1. c) bb)(1) und näher unten D. IV.1. b). Vgl. bereits oben C. VIII.2. g) bb) und näher unten D. IV.2. b). 2653 Vgl. dazu noch näher unten D. IV.3. b). 2654 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.18; Treitel (Fn. 491), 2-062. 2655 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 2656 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Treitel (Fn. 491), 2-062. 2657 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Treitel (Fn. 491), 2-062. 2658 Vgl. zum Anwendungsbereich der postal rule ausf. unten D. VII.3. b) cc), speziell D. VII.3. b) cc)(3). 2659 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 563; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.18; Treitel (Fn. 491), 2-063. 2660 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Treitel (Fn. 491), 2-063. 2652
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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In der Sonderkonstellation sei das Zustandekommen eines Vertrags folglich zu verneinen.2661 bb) Zeitablauf Zweitens kann das Angebot durch Zeitablauf erlöschen.2662 Ein Angebot, dass eine bestimmte Annahmefrist festlegt, erlischt mit Ablauf dieser Frist; ist keine Annahmefrist festgelegt, so erlischt das Angebot nach einer reasonable time (angemessenen Frist). Mit Blick darauf, dass es sich hier eigentlich um eine Problematik der Annahmefähigkeit handelt, soll diese Thematik – parallel zu den Annahmefristen in den anderen Rechtsordnungen – erst später im Kontext der Analyse der Annahme2663 näher erörtert werden. cc) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei (1) Tod einer Partei Die Frage, ob (und ggf. unter welchen) Voraussetzungen der Tod einer Partei zum Erlöschen des Angebots führt, ist im englischen Recht mangels klarer einschlägiger Präjudizien bis heute nicht eindeutig und abschließend geklärt. (a) Tod des Anbietenden In Bezug auf den Tod des Anbietenden gibt es zwar Dikta, denen zufolge das Angebot eo ipso erlischt.2664 Auch vor allem im älteren Schrifttum findet sich häufig die Aussage, dass der Tod des Anbietenden generell zum Erlöschen des Angebots führe,2665 wobei allerdings – in Anlehnung an eine Entscheidung zu 2661
Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-094; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 563; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.18; Treitel (Fn. 491), 2-063; die Problematik sehend, aber offenbar gleichwohl einen Vertragsschluss bejahen wollend jedoch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 75 f. 2662 Vgl. Grant v Bragg [2009] EWCA Civ 1228 at para. 17, 27 per Lord Neuberger; Andrews (Fn. 493), 3.38; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 80 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-095; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.02; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 2-064. 2663 S. unten D. VI.1. c). 2664 Vgl. Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 at 475 per Mellish LJ: „It is admitted law that, if a man who makes an offer dies, the offer cannot be accepted after he is dead“ („Es ist anerkanntes Recht, dass, wenn ein Mann, der ein Angebot macht, stirbt, das Angebot nicht mehr angenommen werden kann, nachdem er tot ist“); Spiro v Glencore Properties Ltd [1991] Ch 537 at 544 per Hoffmann J: „… to explain why an option could be enforced against the estate of the grantor, notwithstanding the rule that an ordinary offer lapses on the death of the offeror“ („… um zu erklären, weshalb eine Option gegen den Nachlass des Optionsgebers geltend gemacht werden kann, ungeachtet der Regel, dass ein gewöhnliches Angebot mit dem Tod des Anbietenden erlischt“). 2665 Vgl. aus dem älteren Schrifttum etwa: Anson (Fn. 654), S. 23; Chitty, Jr., A treatise on the law of contracts, 13th ed. 1896, S. 12; Leake (Fn. 705), S. 22; Pollock (Fn. 514), S. 20; aus dem neueren Schrifttum etwa Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76 (die allerdings dann dafür plädiert, dass es besser sei, danach zu differenzieren, ob das Angebot höchstpersönlicher Natur ist, vgl. dazu unten bei Fn. 2671).
404
C. Angebot
den Folgen des Todes des Bürgen für die Bürgschaft2666 und die Rechtslage beim Widerruf2667 – teils der Vorbehalt gemacht wird, dass das Erlöschen erst eintritt, wenn der Angebotsempfänger Kenntnis vom Tod des Anbietenden erhält2668. Zugrunde liegt – ähnlich wie im französischen Recht – der Gedanke, dass das Angebot quasi untrennbar mit der Person des Anbietenden verbunden ist und daher mit seinem Tod ebenfalls zwingend „verschwindet“.2669 Im neueren Schrifttum wird dies allerdings zunehmend als dogmatisch überholt und den praktischen Bedürfnissen nicht gerecht werdend kritisiert2670; eine Reihe renommierter Autoren plädiert stattdessen dafür, danach zu differenzieren, ob das Angebot bzw. der intendierte Vertrag höchstpersönlichen Charakter hat, und nur dann, wenn dies der Fall ist, ein automatisches Erlöschen anzunehmen2671. (b) Tod des Angebotsempfängers Ähnlich ist die Rechtslage auch in Bezug auf den umgekehrten Fall des Todes des Angebotsempfängers. Es gibt zwar ein häufig zitiertes Diktum von Warrington LJ in Reynolds v Atherton2672, dass das Angebot automatisch erlösche2673; in der Revision ließ Lord Dunedin die Frage jedoch ausdrücklich offen2674. Die manchmal als Beleg für ein generelles automatisches Erlöschen
2666 In Coulthart v Clementson (1879) 5 QBD 42 wurde entschieden, dass eine Bürgschaft, die auch künftige Verbindlichkeiten erfasst, mit der Mitteilung des Todes des Bürgen in Bezug auf künftige Forderungen erlischt, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. 2667 Vgl. zum Erfordernis der Kommunikation des Widerrufs oben C. VIII.3. a) bb). 2668 Vgl. Poole, Textbook on Contract Law, 11th ed. 2012, S. 68; s. dazu ferner auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 60; McKendrick (Fn. 493), S. 122 (wo dann allerdings jeweils dafür plädiert wird, dass es besser sei, danach zu differenzieren, ob das Angebot höchstpersönlicher Natur ist, vgl. dazu unten bei Fn. 2671). 2669 Vgl. Pollock (Fn. 514), S. 20; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.14; s. ferner auch Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 at 475 per Mellish LJ. 2670 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 82; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-099 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.14; Treitel (Fn. 491), 2-067. 2671 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 60 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 82; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-099 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.86; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 2-067. 2672 Vgl. Reynolds v Atherton (1921) 125 LT 690 at 695 per Warrington LJ: „I think it would be more accurate to say that, the offer having been made to a living person who ceases to be a living person before the offer is accepted, there is no longer an offer at all. The offer is not intended to be made to a dead person or to his executors, and the offer ceases to be an offer capable of acceptance.“ („Ich denke, es wäre präziser zu sagen, dass das Angebot, das an eine lebende Person gemacht wird, die aufhört, eine lebende Person zu sein, bevor das Angebot angenommen wird, gar nicht mehr länger ein Angebot ist. Das Angebot ist nicht dazu vorgesehen, an eine tote Person oder ihre Testamentsvollstrecker gemacht zu werden, und das Angebot hört auf, ein annahmefähiges Angebot zu sein.“). 2673 Für ein automatisches Erlöschen unter Bezugnahme auf diese Entscheidung etwa Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.87. 2674 Vgl. Atherton v Reynolds (1922) 127 LT 189 at 191 per Lord Dunedin.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
405
angeführte2675 Entscheidung Kennedy v Thomassen2676 ist tatsächlich nicht einschlägig.2677 Die ältere Literatur geht durchgängig von einem automatischen Erlöschen des Angebots aus.2678 Auch in der neueren Literatur wird dies noch verbreitet vertreten2679, ebenso wie im Falle des Todes des Anbietenden2680 plädieren aber auch hier viele renommierte Autoren dafür, darauf abzustellen, ob das Angebot bzw. der Vertrag höchstpersönlichen Charakter hat und nur in diesem Fall ein automatisches Erlöschen anzunehmen.2681 (2) Geschäftsunfähigkeit einer Partei Nach englischem Recht können grundsätzlich auch Geschäftsunfähige wirksame Verträge abschließen; der Geschäftsunfähige kann den Vertrag jedoch anfechten, wenn er beweist, dass die andere Partei Kenntnis von der Geschäftsunfähigkeit hatte.2682 Ein Angebot bleibt folglich grundsätzlich auch dann annahmefähig, wenn der Anbietende geschäftsunfähig wird, er kann dann aber ggf. den Vertrag anfechten, wenn er beweist, dass der Angebotsempfänger Kenntnis von diesem Umstand hatte.2683 Umgekehrt kann auch ein Angebotsempfänger, der geschäftsunfähig wird, noch wirksam annehmen, dann aber ggf. den Vertrag anfechten, wenn er beweist, dass der Anbietende Kenntnis hiervon hatte.2684
2675
Vgl. etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.15 Fn. 32. Kennedy v Thomassen [1929] 1 Ch 426. Die Testamentsvollstrecker hatten angeboten, eine testamentarisch festgelegte Rente für eine bestimmte einmalige Summe abzulösen. Die Berechtigte hatte ihre Anwälte informiert, dass sie das Angebot annehmen wolle, starb dann aber, bevor die Anwälte die Testamentsvollstrecker (in Unkenntnis des Todes ihrer Mandantin) informiert hatten, dass ihre Mandantin das Angebot annehme. Das Gericht entschied, dass kein wirksamer Vertrag zustande gekommen war, weil die Anwälte im Zeitpunkt der Erklärung der Annahme auf Grund des Todes keine Vertretungsmacht mehr gehabt hätten; zudem fehle es auf Grund des Todes der Rentenberechtigten jedenfalls an einer consideration. 2677 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-101; Treitel (Fn. 491), 2-069 sowie die in Fn. 2676 referierte ratio decidendi. 2678 Vgl. Anson (Fn. 654), S. 23; Leake (Fn. 705), S. 22. 2679 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76 (die allerdings dann dafür plädiert, dass es besser sei, danach zu differenzieren, ob das Angebot höchstpersönlicher Natur ist, vgl. dazu unten bei Fn. 2681); Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 83; Poole (Fn. 2668), S. 68. 2680 Vgl. dazu oben C. VIII.3. b) cc)(1)(a). 2681 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-101; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.15; Treitel (Fn. 491), 2-069. 2682 Vgl. Molton v Camroux (1849) 4 Ex 17; Imperial Loan v Stone [1892] 1 QB 599; Hart v Stone [1985] AC 1000; Irvani v Irvani [2000] CLC 477 at 495; Treitel (Fn. 491), 12-055. 2683 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-102; Treitel (Fn. 491), 2-070; s. ferner auch bereits Pollock (Fn. 514), S. 20 f. 2684 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-102; Treitel (Fn. 491), 2-070. 2676
406
C. Angebot
4. CESL-D a) Widerruf aa) Das „Kompromissmodell“ des Art. 32 CESL-D im Überblick Die Regelung zur Widerruflichkeit des Angebots in Art. 32 CESL-D (vgl. zur Missverständlichkeit des in der deutschen Fassung leider verwendete Begriffs der „Rücknahme“ bereits oben2685) übernimmt – wenngleich mit einigen Modifikationen2686 – die Regelung des Art. II.-4:202 DCFR. Art. 32 CESL-D Rücknahme des Angebots / Revocation of offer / Révocation de l’offre Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Ein Angebot kann zu- (1) An offer may be rerückgenommen wervoked if the revocation den, wenn die Rückreaches the offeree benahmeerklärung dem fore the offeree has Empfänger zugeht, besent an acceptance or, vor er seine Annahme in cases of acceptance erklärt hat oder, im by conduct, before the Falle der Annahme contract has been condurch Verhalten, bevor cluded. der Vertrag geschlossen worden ist.
(1) L’offre peut être révoquée si la révocation parvient à son destinataire avant que celuici n’ait expédié son acceptation ou, en cas d’acceptation du fait du comportement, avant que le contrat n’ait été conclu.
(2) Stellt ein an die Allge- (2) Where a proposal made meinheit gerichteter to the public is an ofVorschlag ein Angebot fer, it can be revoked dar, so kann dieses auf by the same means as dieselbe Weise zurückwere used to make the genommen werden, wie offer. es abgegeben wurde.
(2) Lorsqu’une proposition faite au public constitue une offre, elle peut être révoquée de la même façon qu’elle a été faite.
(3) Die Rücknahme eines (3) A revocation of an ofAngebots ist unwirkfer is ineffective if: sam, wenn
(3) La révocation d’une offre est sans effet si:
2685
Vgl. zur Terminologieproblematik bereits oben C. VII.1. d) bb) und C. VII.4. b) bb). In Abs. 1 heißt es nun „sent“ statt „dispatched“, in Abs. 2 wird hervorgehoben, dass ein an die Allgemeinheit gerichteter Vorschlag nicht zwingend ein Angebot sein muss, in Abs. 3 lit. c wurde das „otherwise“ eingefügt. Abs. 4 findet sich nun in – modifizierter Form – in Art. 40 Abs. 4 CESL-D (kritisch zu dieser Regelung: M. Weller, Kapitel 4: Widerrufsrecht bei Fernabsatz- und Haustürgeschäften, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 147, 157; s. ferner auch bereits Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 642; dies. AcP 210 (2010) 197, 223). 2686
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Art. 32 CESL-D Rücknahme des Angebots / Revocation of offer / Révocation de l’offre Deutsch
Englisch
Französisch
(a) das Angebot zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist,
(a) the offer indicates that it is irrevocable;
(a) l’offre indique qu’elle est irrévocable;
(b) das Angebot eine feste Frist für die Annahme bestimmt oder,
(b) the offer states a fixed time period for its acceptance; or
(b) l’offre fixe un délai déterminé pour son acceptation; ou
(c) der Empfänger aus sonstigen Gründen vernünftigerweise auf die Unwiderruflichkeit des Angebots vertrauen konnte und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat.
(c) it was otherwise reasonable for the offeree to rely on the offer as being irrevocable and the offeree has acted in reliance on the offer.
(c) le destinataire de l’offre était raisonnablement fondé à la croire irrévocable et s’il a agi sur la foi de l’offre
Art. II.-4:202 DCFR: Revocation of an offer (1) An offer may be revoked if the revocation reaches the offeree before the offeree has dispatched an acceptance or, in cases of acceptance by conduct, before the contract has been concluded. (2) An offer made to the public can be revoked by the same means as were used to make the offer. (3) A revocation of an offer is ineffective if: (a) the offer indicates that it is irrevocable; (b) the offer states a fixed time period for its acceptance; or (c) it was reasonable for the offeree to rely on the offer as being irrevocable and the offeree has acted in reliance on the offer. (4) Paragraph (3) does not apply to an offer if the offeror would have right under any rule in Books II to IV to withdraw from a contract resulting from its acceptance. The parties may not, to the detriment of the offeror, exclude the application of this rule or derogate from it or vary its effects. [Widerruf eines Angebots (1) Ein Angebot kann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahmeerklärung dem Empfänger zugeht, bevor er seine Annahme abgeschickt hat oder, im Falle der Annahme durch Verhalten, bevor der Vertrag geschlossen worden ist. (2) Ein an die Allgemeinheit an die Allgemeinheit kann dieses auf dieselbe Weise zurückgenommen werden, wie es abgegeben wurde. (3) Die Rücknahme eines Angebots ist unwirksam, wenn, (a) das Angebot zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist,
408
C. Angebot
(b) das Angebot eine feste Frist für die Annahme bestimmt oder, (c) der Empfänger vernünftigerweise auf die Unwiderruflichkeit des Angebots vertrauen konnte und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. (4) Absatz 3 ist nicht auf ein Angebot anwendbar, wenn der Empfänger auf Grund irgendeiner Vorschrift in den Büchern II bis IV ein Recht hätte, einen Vertrag, der aus seiner Annahme resultiert, zu widerrufen. Die Parteien können die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht zum Nachteil des Empfängers ausschließen, von ihr abweichen oder ihre Wirkungen abändern.]
Ausgangspunkt und regelungstechnisches Grundprinzip ist danach zwar die freie Widerruflichkeit des Angebots (Art. 32 Abs. 1 CESL-D, dazu näher unten bb) (1)). Dieses Grundprinzip wird dann jedoch signifikant eingeschränkt: Zum einen besteht die Widerrufsmöglichkeit (außer im Falle der Annahme durch Verhalten) nicht während des gesamten Zeitraums bis zum Vertragsschluss, sondern nur bis zum Zeitpunkt der Absendung der Annahme (Art. 32 Abs. 1 CESL-D, dazu näher unten bb) (2)); zum anderen normiert Art. 32 Abs. 3 CESL-D drei Ausnahmetatbestände (Manifestation der Unwiderruflichkeit, fest Annahmefrist und betätigtes Vertrauen; dazu näher unten cc)). Dieses „Kompromissmodell“ ist indes keineswegs eine „Erfindung“ der Redaktoren des DCFR; seine Wurzeln reichen vielmehr zurück bis zum Entwurf von Rabel2687, von dem aus es dann den Weg in Art. 5 EAG2688, Art. 16 CISG2689, 2687
Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 116: Art. 2. Si un délai a été fixé pour l’acceptation, l’offre lie l’offrant jusqu’à l’expiration de ce délai. … Art. 3. Si aucun délai n’a été fixé pour l’acceptation, l’offre peut toujours être révoquée, à condition que la révocation parvienne au destinataire avant qu’il ait expédié son acceptation. … (Art. 2. Wenn eine Frist für die Annahme bestimmt ist, bindet das Angebot den Anbietenden bis zum Ablauf dieser Frist. … Art. 3. Wenn keine Frist für die Annahme bestimmt ist, kann das Angebot stets widerrufen werden, sofern der Widerruf den Empfänger erreicht, bevor er seine Annahme abgesandt hat. …). Vgl. auch die Begründung dazu auf S. 88. 2688 Art. 5 Abs. 2–4 EAG: (2) Das Angebot kann, nachdem es dem Empfänger zugegangen ist, widerrufen werden, es sei denn, der Widerruf erfolgt nicht in gutem Glauben oder entspricht nicht dem Verhalten eines redlichen Kaufmanns oder im Angebot ist für die Annahme eine Frist bestimmt oder sonst erklärt, daß es bindend oder unwiderruflich sei. (3) Die Erklärung, daß das Angebot bindend oder unwiderruflich sei, kann ausdrücklich abgegeben sein oder sich aus den Umständen, den Vorverhandlungen, den Gepflogenheiten, die sich zwischen den Parteien gebildet haben, oder den Gebräuchen ergeben. (4) Der Widerruf eines Angebots ist nur wirksam, wenn er dem Empfänger zugeht, bevor dieser seine Annahmeerklärung abgesendet oder eine Handlung vorgenommen hat, die gemäß Artikel 6 Abs. 2 einer Annahmeerklärung gleichsteht. 2689 Art. 16 CISG: Widerruf des Angebots (1) Bis zum Abschluß des Vertrages kann ein Angebot widerrufen werden, wenn der Widerruf dem Empfänger zugeht, bevor dieser eine Annahmeerklärung abgesandt hat. (2) Ein Angebot kann jedoch nicht widerrufen werden, a) wenn es durch Bestimmung einer festen Frist zur Annahme oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, daß es unwiderruflich ist, oder
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Art. 2.1.4 PICC2690 und Art. 2:202 PECL2691 fand.2692 Die Redaktoren des CESL-D wollten dieses – mühsam errungene2693 Kompromisspaket – ganz offensichtlich nicht wieder aufschnüren. bb) Grundsatz: freie Widerruflichkeit, Art. 32 Abs. 1 CESL-D (1) Freie Widerruflichkeit als Grundprinzip Mit der Verankerung der freien Widerruflichkeit des Angebots als regelungstechnisches Grundprinzip wird im CESL-D – wie zuvor schon in dem Entwurf von Rabel2694, im EAG2695, im CISG2696, in den PICC2697, in den PECL2698 2690
b) wenn der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, daß das Angebot unwiderruflich ist, und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. 2690 Art. 2.1.4 PICC: Widerruf des Angebots (1) Bis zum Abschluss des Vertrages kann ein Angebot widerrufen werden, wenn der Widerruf dem Empfänger zugeht, bevor dieser eine Annahmeerklärung abgesandt hat. (2) Ein Angebot kann jedoch nicht widerrufen werden, (a) wenn es durch Bestimmung einer festen Frist zur Annahme oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist; oder (b) wenn der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, dass das Angebot unwiderruflich ist, und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. 2691 Art. 2:202 PECL: Widerruf eines Angebots (1) Ein Angebot kann widerrufen werden, wenn der Widerruf dem Empfänger zugeht, bevor er seine Annahmeerklärung abgeschickt hat oder, in Fällen der Annahme durch Verhalten, bevor der Vertrag gemäß Art. 2:205 Absatz (2) oder (3) geschlossen worden ist. (2) Ein Angebot, das gegenüber der Allgemeinheit abgegeben wurde, kann auf dieselbe Weise widerrufen werden, wie es abgegeben wurde. (3) Der Widerruf eines Angebots ist jedoch unwirksam, wenn: (a) das Angebot zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist; oder (b) das Angebot eine feste Frist für die Annahme bestimmt; oder (c) der Empfänger vernünftigerweise auf die Unwiderruflichkeit des Angebots vertrauen konnte und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. 2692 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 134; Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.c. 2693 Vgl. zu den Kontroversen Beratungen in Bezug auf Art. 5 EAG: von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 117 ff.; Dilger RabelsZ 45 (1981) 169, 178 ff. (S. 178: „wurde … zum schwierigsten Sachproblem“); F. Schmidt (1965) 14 Am. J. Comp. L. 1, 9 ff.; im Rahmen der Beratungen zum heutigen Art. 16 CISG brach die Kontroverse dann erneut in voller Schärfe auf, vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 1; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 1 ff.; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 1 ff.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2694 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 87 f. 2695 Vgl. von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 120 f.; Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Art. 5 EAG Rn. 8; Schlechtriem in: Dölle (Hrsg.), Kommentar zum Einheitlichen Kaufrecht, 1976, Art. 5 EAG Rn. 37. 2696 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 1; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 1; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 1; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 1; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 1. 2697 Vgl. Comment Art. 2.1.4 PICC; Kleinheisterkamp in: Vogenauer/Kleinheisterkamp (eds.), Commentary on the UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC), 2009, Art. 2.1.4 PICC para. 1 f. 2698 Vgl. Art. 2:202 PECL Kommentar und Anmerkungen.
410
C. Angebot
und im DCFR2699 der Regelungstradition des common law und der romanischen Rechtsordnungen Rechnung getragen.2700 (2) Zeitliche Grenze der Widerruflichkeit Die Widerrufsmöglichkeit ist allerdings zeitlich begrenzt, wobei danach zu differenzieren ist, ob die Annahme durch Erklärung (dazu unten (a)) oder durch Verhalten (dazu unten (b)) erfolgt. (a) Grundsatz: Absendung der Annahmeerklärung als zeitliche Zäsur, Art. 32 Abs. 1 Hs. 1 CESL-D Im „Regelfall“ der Annahme durch Erklärung endet die Widerrufsmöglichkeit grundsätzlich nicht erst mit dem Zustandekommen des Vertrags durch den Zugang der Annahmeerklärung (vgl. Art. 35 Abs. 1 CESL-D)2701, sondern gem. Art. 32 Abs. 1 Hs. 1 CESL-D vielmehr bereits mit der Absendung der Annahmeerklärung durch den Empfänger. Die deutsche Sprachfassung („Annahme erklärt hat“) ist zwar insofern missverständlich (und sollte dringend noch korrigiert werden2702), aus der englischen und französischen Version („sent an acceptance“/„expédié son acceptation“) sowie der ersichtlichen Anknüpfung an die genannten internationalen Vorläuferregelungen ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass maßgebliche zeitliche Zäsur die Absendung der Annahmeerklärung ist.2703 Der CESL-D knüpft damit – ebenso wie schon der Entwurf von Rabel2704, EAG2705, CISG2706, PICC2707, PECL2708 und DCFR2709 an den Grundgedanken der postal rule2710 an2711: Als „Ausgleich“ für die freie Widerruflichkeit und die hieraus resultierende Unsicherheit für den Angebotsempfänger endet die Schwebezeit bereits in dem Moment, in dem er seine Annahmeerklärung ab2699
Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Notes. Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 135. 2701 Dazu ausf. unten D. VII.4. b). 2702 Ebenso Gebauer (Fn. 815), S. 121, 136; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 608. 2703 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 135; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 608. 2704 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 88. 2705 Vgl. von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 122; Dilger RabelsZ 45 (1981) 169, 179; Noussias, Die Zugangsbedürftigkeit von Mitteilungen nach den Einheitlichen Haager Kaufgesetzen und nach dem UN-Kaufgesetz, 1982, S. 99; Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 5 EAG Rn. 37. 2706 Vgl. Bridge, The CISG from a Common Law Perspective, in: Kleineman (ed.), CISG Part II Conference, 2009, S. 11, 22; Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 9; Henrich FS Seiler, 1999, S. 207, 216; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 16 para. 140; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 1; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 7; Noussias (Fn. 2705), S. 99; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 4; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 4. 2707 Vgl. Comment Art. 2.1.4 PICC. 2708 Vgl. Art. 2:202 PECL Kommentar und Anmerkungen. 2709 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Notes; Eidenmüller (Fn. 1362), S. 73, 78; Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 638 f.; dies. AcP 210 (2010) 197, 217 f. 2710 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 2711 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 609. 2700
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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sendet. Die postal rule wird indes gerade nicht vollumfänglich („eins zu eins“) übernommen. Die CESL-D-Lösung unterscheidet sich vielmehr (ebenso wie ihre internationalen Vorläufer) in zwei Punkten signifikant von der Vertragsschlusskonzeption des englischen Rechts (und anderer common law-Staaten): Zum einen beschränkt sich die zeitliche Zäsurwirkung der Absendung auf die Funktion einer „Widerrufsperre“; der Vertrag kommt anders als im Anwendungsbereich der postal rule des englischen Rechts2712 – erst mit dem Zugang der Annahmeerklärung zustande (vgl. Art. 35 Abs. 1 CESL-D)2713.2714 Zum anderen beschränkt der CESL-D die Zäsurwirkung der Absendung der Annahmeerklärung nicht nur auf diejenigen Kommunikationsmittel, für die im englischen Recht die postal rule gilt2715; das Absenden der Annahmeerklärung bewirkt vielmehr generell – d.h. unabhängig vom gewählten Kommunikationsmittel – eine „Widerrufssperre“.2716 Nicht ganz klar ist allerdings, ob das bloße Absenden der Annahmeerklärung auch dann eine „Widerrufssperre“ begründet, wenn diese dem Anbietenden nie zugeht. Obgleich dies auch im Rahmen des CISG seit Langem streitig ist2717, hat der CESL-D es insoweit leider versäumt, eindeutig Position zu beziehen. Wortlaut und Systematik2718 (Art. 32 Abs. 1 CESL-D stellt im Gegensatz zu Art. 35 Abs. 1 CESL-D gerade ausschließlich auf die Absendung der Annahmeerklärung ab) sprechen indes maßgeblich für die – auch im Rahmen des CISG herrschende Ansicht , dass die Absendung einer Annahmeerklärung in jedem Fall eine „Widerrufssperre“ begründet, unabhängig davon, ob sie erst mit erheblicher Verzögerung oder auch gar nicht zugeht. Dafür spricht weiterhin auch die Funktion der Regelung, die für den Empfänger unsichere Schwebezeit gerade nicht erst mit dem Zugang, sondern bereits mit der Ab2712
Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). Dazu ausf. unten D. VII.4. b). 2714 Vgl. Looschelders AcP 212 (2012) 581, 609; vgl. weiter zur Differenzierung zwischen dem Ende der Widerruflichkeit und dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch bereits Rabel (Fn. 10), S. 88; in Bezug auf das EAG: Dilger RabelsZ 45 (1981) 169, 179 f.; Noussias (Fn. 2705), S. 99; in Bezug auf das CISG: Noussias (Fn. 2705), S. 99; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 358; in Bezug auf den DCFR: Eidenmüller (Fn. 1362), S. 73, 78 f.; in Bezug auf CISG, PICC, PECL und DCFR: Schwenzer/Hachem/Kee (Fn. 2434), 10.66. 2715 Vgl. zum Anwendungsbereich der postal rule ausf. unten D. VII.3. b) cc), speziell D. VII.3. b) cc)(3). 2716 Vgl. zu diesem Unterschied in Bezug auf das CISG etwa auch Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 5; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 4; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 4. 2717 Für die alleinige Maßgeblichkeit der Absendung etwa Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 15; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 6; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 6; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 4 f.; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 paras. 4 f.; a.A. (Zugang erforderlich) Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 7. 2718 Vgl. in Bezug auf Art. 16 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 15; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 6. 2713
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C. Angebot
sendung der Annahmeerklärung zu beenden.2719 Im Übrigen kommt es auch im Anwendungsbereich der – schließlich als Vorbild dienenden englischen postal rule ausschließlich auf die Absendung an selbst wenn die Annahmeerklärung unterwegs verloren geht oder es zu Verzögerungen kommt2720 (und dort ist Folge sogar das Zustandekommen des Vertrags).2721 (b) Sonderfall: Annahme durch Verhalten (Art. 32 Abs. 1 Hs. 2 CESL-D) Eine Sonderregelung gilt jedoch im Falle der Annahme durch Verhalten2722: Hier kann der Anbietende gem. Art. 32 Abs. 1 Hs. 2 CESL-D grundsätzlich während des gesamten Zeitraums bis zum Vertragsschluss widerrufen. Hintergrund ist, dass es hier naturgemäß keine Annahmeerklärung gibt, an deren Absendung angeknüpft werden könnte; der Annahmewille des Angebotsempfängers manifestiert sich hier vielmehr allein in der Vornahme der Handlung2723, welche gem. Art. 35 CESL-D zugleich auch maßgeblich für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist. Der CESL-D lässt die Widerrufsmöglichkeit daher solange bestehen, bis der Vertrag geschlossen ist, d.h. bis der Anbietende Kenntnis von dem annahmeäquivalenten Verhalten erlangt (Art. 35 Abs. 2 CESL-D), bzw., falls eine Mitteilung nicht erforderlich ist, sobald der Angebotsempfänger zu handeln beginnt (Art. 35 Abs. 3 CESL-D)2724.2725 (3) Ausübung des Widerrufs Der Widerruf ist, wie sich aus Art. 32 Abs. 1 CESL-D ergibt („zugeht“), eine empfangsbedürftige Mitteilung i.S.d. Art. 10 CESL-D. Er kann daher grundsätzlich auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden (Art. 10 Abs. 2 CESL-D)2726 und wird wirksam, wenn er dem Angebotsempfänger gem. Art. 10 Abs. 3–6 CESL-D2727 zugeht. Besonderheiten gelten allerdings gem. Art. 32 Abs. 2 CESL-D2728 bei Ange2719
Vgl. in Bezug auf Art. 16 CISG auch Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 15. Vgl. ausf. zur postal rule allg. unten D. VII.3. b) cc), speziell zur Maßgeblichkeit der Absendung auch im Falle von Verlust oder Verzögerungen D. VII.3. b) cc)(2)(b)(bb)(ii). 2721 Ähnlich in Bezug auf Art. 16 CISG auch Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 6. 2722 Vgl. allg. zur Art und Weise der Annahme im Rahmen des CESL-D näher D. V.2. a) dd), speziell zur Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden näher unten D. V.1. d) bb). 2723 Vgl. in Bezug auf das CISG auch Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 13. 2724 Vgl. dazu näher unten D. VII.4. c). 2725 Entsprechende Regelungen finden sich auch in Art. 5 Abs. 4 EAG (Fn. 2688), Art. 2:202(1) PECL (Fn. 2691) und Art. II.-4:202(1) DCFR (oben C. VIII.4. a)). Art. 16 CISG (Fn. 2689) und Art. 2.1.4 PICC (Fn. 2690) enthalten dagegen keine vergleichbaren speziellen Regelungen, die Frage wird aber letztlich ebenso gelöst (vgl. in Bezug auf Art. 16 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 13; in Bezug auf Art. 2.1.4 PICC: Comment Art. 2.1.4 PICC). 2726 Dazu bereits näher oben C. VII.4. a) aa). 2727 Vgl. dazu bereits näher oben C. VII.4. a) bb). 2728 Entsprechende Regelungen finden sich auch in Art. Art. 2:202(2) PECL (Fn. 2691) und Art. II.-4:202(2) DCFR (oben C. VIII.4. a). Art. 32 Abs. 1 CESL-D betont nur nochmals explizit, dass dies selbstverständlich nur gilt, wenn der an die Allgemeinheit gerichtet Vorschlag 2720
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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boten ad incertas personas2729: Hier kann der Widerruf auf dieselbe Weise erfolgen wie die Abgabe des Angebots. Hintergrund ist, dass es hier für den Anbietenden regelmäßig kaum möglich sein wird, zu gewährleisten, dass die Widerrufserklärung jedem (potenziellen) Angebotsempfänger i.S.d. Art. 10 Abs. 3–6 CESL-D zugeht.2730 „Auf dieselbe Weise“ bedeutet grundsätzlich, dass der Angebotsempfänger dasselbe Kommunikationsmittel nutzen und den Widerruf auch ebenso auffällig ausgestalten muss wie das Angebot;2731 denn nur dann besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass sie denselben Adressatenkreis erreicht wie das Angebot. Diesem Grundgedanken dürfte aber ebenso Genüge getan sein, wenn der Anbietende zwar nicht dasselbe, aber ein mindestens ebenso effektives Kommunikationsmittel benutzt.2732 Entsprechend der Ratio der Norm und ihrer Ausgestaltung als zusätzliche Option für den Anbietenden („kann“) ist ein wirksamer Widerruf darüber hinaus selbstverständlich auch dadurch möglich, dass der Anbietende den Zugang einer Widerrufserklärung i.S.d. Art. 10 Abs. 3–6 CESL-D bewirkt2733 (z.B. weil ihm ein Angebotsempfänger zufällig bekannt ist [wobei dann natürlich nur gegenüber diesem konkreten Angebotsempfänger ein wirksamer Widerruf vorliegt]). cc) Ausnahmetatbestände, Art. 32 Abs. 3 CESL-D Art. 32 Abs. 3 CESL-D normiert drei Ausnahmetatbestände, in denen das Angebot unwiderruflich ist. (1) Manifestation der Unwiderruflichkeit, Art. 32 Abs. 3 lit. a CESL-D Erstens ist dies gem. Art. 32 Abs. 3 lit. a CESL-D der Fall, wenn das Angebot zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist. Dahinter steht die Wertung, 2729 überhaupt ein Angebot – und nicht nur eine invitatio ad offerendum (vgl. zur Abgrenzung bereits oben C. III.2. a) dd) und C. III.2. b)) darstellt. Art. 5 EAG (Fn. 2688), Art. 16 CISG (Fn. 2689) und Art. 2.1.4 PICC (Fn. 2690) enthalten dagegen keine vergleichbare Sondervorschrift; auch bei Art. 5 EAG (vgl. etwa Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 5 EAG Rn. 19) und Art. 16 CISG (vgl. Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 5; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 3; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 3; a.A. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 3) lässt die h.L. jedoch einen Widerruf in derselben Weise wie das Angebot genügen. 2729 Vgl. zu Angeboten ad incertas personas i.R.d. CESL-D bereits oben C. IV.4.; zur Abgrenzung zur invitatio ad offerendum bereits oben C. III.2. a) dd) und C. III.2. b). 2730 Vgl. dazu auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 609 f.; vgl. weiter auch: in Bezug auf die Parallelproblematik im englischen Recht oben bei Fn. 2623; in Bezug auf Art. 5 EAG: Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 5 EAG Rn. 19. 2731 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment C (mit dem Beispiel eines Angebots in Form einer Zeitungsanzeige; der Widerruf müsse dann ebenso gut sichtbar in der Zeitung erscheinen wie die Anzeige). 2732 Vgl. zur Parallelproblematik im englischen Recht die Nachweise in Fn. 2628; zur Parallelproblematik bei § 658 Abs. 1 S. 2 BGB (Widerruf der Auslobung): Staudinger/Bergmann, Neubearb. 2006, § 658 Rn. 13; MünchKommBGB/Seiler, 6. Aufl. 2012, § 658 Rn. 3. 2733 Ebenso i.E. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 610; vgl. in Bezug auf Art. 5 EAG auch bereits Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 5 EAG Rn. 19.
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C. Angebot
dass der Angebotsempfänger hier vernünftigerweise auf eine Bindung des Anbietenden vertrauen darf.2734 Die Manifestation der Unwiderruflichkeit kann ausdrücklich durch eine entsprechende Formulierung erfolgen, z.B. durch den Hinweis, dass das das Angebot „unwiderruflich“ ist2735 oder dass es sich um ein „festes Angebot“ („firm offer“)2736 handele. Es kann sich aber auch konkludent aus dem Verhalten des Anbietenden ergeben2737, so z.B. aus Erklärungen im Rahmen von Vorverhandlungen2738 oder auch auf Grund von zwischen den Parteien bestehenden Gepflogenheiten2739. (2) Feste Annahmefrist, Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D Zweitens ist das Angebot gem. Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D unwiderruflich, wenn es eine feste Frist für die Annahme bestimmt. Zu Grunde liegt die Wertung, dass der Angebotsempfänger eine solche Fristsetzung üblicherweise dahin verstehen wird (und auch legitimerweise verstehen darf), dass das Angebot bis zum Ablauf dieser Frist aufrechterhalten wird.2740 Die Regelung ist – wie schon seine Vorläufer in Art. 2:202(3)(b) PECL2741 und Art. II.-4:202(3)(b) DCFR2742 insgesamt erfreulicherweise2743 wesentlich klarer formuliert als Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG2744, wo seit jeher streitig ist, ob
2734 Vgl. zu Art. II.-4:202(3)(a) DCFR: Art. II.-4:202 DCFR Comment D. Dass es sich hier um einen Fall typisierten berechtigten Vertrauens handelt, ergibt sich hier i.Ü. auch aus lit. c („aus sonstigen Gründen“). 2735 Vgl. in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 17; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 8; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 11. 2736 So das Beispiel in Art. II.-4:202 DCFR Comment E. zur wortgleichen Vorläuferregelung in Art. II.-4:202 DCFR; vgl. ferner in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG auch: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 17; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 8; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 11. 2737 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment E. Vgl. ferner in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG auch Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 16, 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 8; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 12. 2738 Vgl. in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 8. 2739 Vgl. in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 8. 2740 Vgl. zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR: Art. II.-4:202 DCFR Comment D. Dass es sich hier um einen Fall typisierten berechtigten Vertrauens handelt, ergibt sich hier i.Ü. auch aus lit. c („aus sonstigen Gründen“). 2741 Fn. 2691. 2742 S. oben C. VIII.4. a). 2743 Positiv insoweit etwa auch Lando, CESL or CISG?, Should the proposed EU Regulation on a Common European Sales Law (CESL) replace the United Nations Convention on International Sales (CISG)?, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, 2012, Rn. 10; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 610. 2744 Fn. 2689.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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eine Fristsetzung stets zur Unwiderruflichkeit des Angebots führt2745 oder ob die Vorschrift insoweit lediglich eine Vermutung etabliert (so die h.L.)2746. Auf Grund des Wortlauts von Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D und des Umstands, dass auch seine Vorläufer in Art. 2:202(3)(b) PECL2747 und Art. II.-4:202(3)(b) DCFR2748 bewusst so formuliert wurden, um die im Rahmen des CISG bestehenden Zweifel auszuräumen2749, ist hingegen eindeutig klar, dass die Bestimmung einer festen Annahmefrist im Rahmen des CESL-D grundsätzlich2750 generell zur Unwiderruflichkeit des Angebots – freilich entsprechend der Ratio der Norm nur während der Dauer dieser Frist2751 führt. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass die Frist hinreichend bestimmt ist („feste Frist“/„fixed time period“/„délai déterminé“).2752 Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Anbietende eine konkreten Endtermin fixiert (Bsp.: „bis zum 1. Januar gültig“ oder „erlischt am 1. September“2753). Der Ratio der Norm dürfte aber ebenso Genüge getan sein, wenn ein konkreter Zeitraum bestimmt wird (z.B.: „2 Wochen ab Zugang dieser Erklärung“). Ein bloßer Rat, schnell zu antworten, soll dagegen nach der Begründung zu den Vorläufern in DCFR2754 und PECL2755 nicht ausreichen. Eine derart vage Äußerung wird wohl in der Tat nicht genügen; grundsätzlich kann die Festlegung einer Annahmefrist aber auch durch eine sonstige zeitliche Konkretisierung erfolgen, maßgeblich ist dann die Auslegung im Einzelfall, vgl. näher zur Festlegung einer Annahmefrist noch unten D. VI.1. d) bb). Im Rahmen der Privatautonomie dürfte es schließlich aber auch zulässig sein, dass der Anbietende zwar eine feste Annahmefrist bestimmt, zugleich aber erklärt, dass das Angebot dennoch widerruflich (bzw. ab einem bestimmten, vor dem Ende der Annahmefrist liegenden Zeitpunkt widerruflich) sein soll. Denn dann ist der Angebotsempfänger nicht schutzwürdig, da er genau 2745
So etwa Neumayer RIW 1994, 99, 103; Reinhart, UN-Kaufrecht, 1991, Art. 16 Rn. 3. Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 19; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 17; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 13; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 16 para. 143.1; Ludwig (Fn. 2228), S. 374; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 12; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 13; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 9. 2747 Fn. 2691. 2748 S. oben C. VIII.4. a). 2749 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Notes II.5 f.; Art. 2:202 PECL Note 2; vgl. in Bezug auf die PECL auch Akseli, in: Felemegas (ed.), An international approach to the interpretation of the United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (1980) as uniform sales law, 2007, S. 301, 304 f. 2750 Vgl. aber noch sogleich unten im Text. 2751 Vgl. zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR auch Art. II.-4:202 DCFR Comment D. 2752 Vgl. auch Art. II.-4:202 DCFR Comment F. 2753 So die Beispiele in zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR (vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment F) und Art. 2:202(3)(b) PECL (vgl. Art. 2:202 PECL Kommentar F). 2754 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment F. 2755 Vgl. Art. 2:202 PECL Kommentar F. 2746
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C. Angebot
weiß, dass es sich nur um eine reine Bestimmung des Zeitraums, während dessen das Angebot annahmefähig ist – und gerade nicht um eine Bindungsfrist – handelt. Deshalb lassen es ja z.B. auch das deutsche2756 und französische2757 Recht zu, dass der Anbietende seine prinzipiell bestehende Bindung an das Angebot durch eine entsprechende Festlegung ausschließt. Mit Blick auf die Gesamtkonzeption der Widerrufsregelung im CESL-D sowie im Interesse des Schutzes des Angebotsempfängers wird man dafür allerdings verlangen müssen, dass der Anbietende in seinem Angebot auch tatsächlich hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass er während der von ihm bestimmten Annahmefrist nicht gebunden sein will, es sich also lediglich um eine Bestimmung des Zeitraums der Annahmefähigkeit handelt. (3) Betätigtes Vertrauen, Art. 32 Abs. 3 lit. c CESL-D Drittens ist das Angebot gem. Art. 32 Abs. 3 lit. c. CESL-D unwiderruflich, wenn der Empfänger aus sonstigen Gründen vernünftigerweise auf die Unwiderruflichkeit des Angebots vertrauen konnte und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. Der CESL-D übernimmt damit – entsprechend Art. 16 Abs. 2 lit. b CISG2758, Art. 2.1.4(2)(b) PICC2759, Art. 2:202(3)(c) PECL2760 und Art. II.-4:202(3)(c) DCFR2761 den Grundgedanken der promissory estoppelDoktrin2762. Erste Voraussetzung dieses zweigliedrigen Tatbestands ist, dass der Angebotsempfänger vernünftigerweise auf das Angebot vertrauen konnte. Nach den Begründungen zu den Vorläuferregelungen in Art. II.-4:202(3)(c) DCFR und Art. 2:202(3)(c) PECL kann ein solches Vertrauen entweder durch ein Verhalten des Anbietenden erweckt worden sein oder sich auch aus der Natur des Angebots ergeben; als Beispiel wird das Angebot eines Subunternehmers genannt, auf Basis dessen der Generalunternehmer sein eigenes Angebot kalkuliert.2763 Im Schrifttum zum CISG werden als maßgebliche Faktoren insbesondere auch genannt: eine für den Anbietenden erkennbare Eilbedürftigkeit der Lieferung oder von Leistungspflichten des Angebotsempfängers gegen2756
Vgl. oben C. VIII.1. b). Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(1), C. VIII.2. c). 2758 Fn. 2689. 2759 Fn. 2690. 2760 Fn. 2691. 2761 S. oben C. VIII.4. a). 2762 Vgl. in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 lit. b CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 15; Mather (2000) 105 Dick. L. Rev. 31, 48. Leitbild war indes offensichtlich nicht die englischen Variante der promissory estoppel-Doktrin (wonach ihr rein defensiver Charakter zukommt), sondern vielmehr in ihrer US-amerikanischen Ausprägung (wonach promissory estoppel auch einen Vertragsschluss begründen kann). Vgl. zur promissory estoppel-Doktrin im englischen und US-amerikanischen Recht bereits oben B. I.3. a) cc) und C. VIII.3. a) cc)(1). 2763 Vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment G; Art. 2:202(3)(c) PECL Kommentar G. Dieses Beispiel in Bezug auf den CESL-D anführend auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 610. 2757
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über Dritten2764; ferner die Notwendigkeit der Vornahme von kostenträchtigen Preiskalkulationen, Beschaffungsgeschäften oder aufwendigen Vorabklärungen2765. Zweitens muss der Angebotsempfänger aber auch tatsächlich im Vertrauen auf das Angebot gehandelt haben. Dies kann etwa durch Einkauf von Material2766, Abschluss entsprechender Verträge2767, Produktionsbeginn2768, Einstellung von Personal2769 oder Ablehnung anderer Angebote2770 geschehen. Im Einklang mit der h.L. zu Art. 16 Abs. 2 lit. b CISG2771 wird man indes – mit Blick auf die Ratio der Norm sowie die ohnehin schwierige Grenzziehung zwischen aktivem Tun und Unterlassen davon ausgehen können, dass eine solche Vertrauensdisposition nicht zwingend in Form eines aktiven Tuns erfolgen muss, sondern u.U. auch durch Unterlassen geschehen kann, z.B. durch Verzicht auf die Einholung von Alternativangeboten2772. dd) Bedeutung der Bindungswirkung Wenn und soweit nach Art. 32 Abs. 3 CESL-D eine Bindung an das Angebot besteht, ist der Widerruf nach dem insoweit eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut der Norm unwirksam (ineffective/sans effet), d.h. das Angebot bleibt ungeachtet eines vermeintlichen „Widerrufs“ wirksam bestehen, so dass durch die Annahmeerklärung ein wirksamer Vertrag zustande kommt.2773 Der Angebotsempfänger wird also gerade nicht nur – wie etwa (zumindest 2764
Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 16. Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 20; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 16; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 13; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 20. 2766 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 17; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 13; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2767 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Ludwig (Fn. 2228), S. 315; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2768 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Honnold/ Flechtner (Fn. 1431), Art. 16 para. 144; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 13; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2769 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 17; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 13; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2770 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22 (der dies allerdings als Unterlassen qualifiziert); Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21. 2771 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 21; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 17; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2772 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 22; Gruber (Fn. 2228), Art. 16 CISG Rn. 17; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Schroeter (Fn. 1390), Art. 16 para. 11. 2773 Vgl. zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR auch Art. II.-4:202 DCFR Comment D. 2765
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C. Angebot
früher) im französischen Recht2774 lediglich auf einen Schadensersatzanspruch verwiesen. b) Sonstige Erlöschenstatbestände aa) Ablehnung des Angebots Art. 33 CESL-D Ablehnung des Angebots / Rejection of offer / Rejet de l’offre Deutsch Das Angebot erlischt, sobald die Ablehnung des Angebots dem Anbietenden zugeht.
Englisch When a rejection of an offer reaches the offeror, the offer lapses.
Französisch L’offre prend fin lorsque son rejet parvient à l’offrant.
Gem. Art. 33 CESL-D, der wörtlich Art. II.-4:203 DCFR und Art. 2:203 PECL2775 übernimmt, erlischt das Angebot, sobald dem Anbietenden eine Ablehnung zugeht. Die Ablehnung ist somit eine empfangsbedürftige Mitteilung i.S.d. Art. 10 CESL-D. Sie kann daher grundsätzlich auf jede nach den Umständen geeignete Weise abgegeben werden (Art. 10 Abs. 2 CESL-D)2776, d.h. sowohl ausdrücklich als auch konkludent2777, und wird wirksam, wenn er dem Angebotsempfänger gem. Art. 10 Abs. 3–6 CESL-D2778 zugeht. Gem. Art. 38 Abs. 1 CESL-D stellt auch eine Antwort, die ausdrücklich oder stillschweigend zusätzliche oder abweichende Vertragsbestimmungen enthält, die die Bestimmungen des Angebots erheblich ändern würden, eine Ablehnung (verbunden mit einem neuen Angebot) dar.2779 bb) Zeitablauf Weiterhin erlischt das Angebot, wenn keine nach Maßgabe der Art. 36 und 37 CESL-D rechtzeitige Annahme erfolgt (arg. ex Art. 37 Abs. 2 a.E. CESL-D: „als erloschen“/„has lapsed“/„a pris fin“).2780 Die Annahmefristen des Art. 36 CESL-D sowie die Regelung des Art. 37 CESL-D (verspätete Annahme) sind – zusammen mit den Parallelregelungen in den nationalen Rechtsordnungen sinnvollerweise erst im Kontext der Annahme näher zu erörtern2781. 2774 Vgl. zu Inhalt und Bedeutung der Bindungswirkung im französischen Recht bereits ausf. oben C. VIII.2. e). 2775 Die englischen Fassungen sind jeweils identisch, die deutsche Übersetzung weicht nur sprachlich in der Wortstellung ab. 2776 Dazu bereits näher oben C. VII.4. a) aa). 2777 Vgl. Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.d; vgl. ferner in Bezug auf Art. II.-4:203 DCFR: Art. II.-4:203 DCFR Comment. 2778 Vgl. dazu bereits näher oben C. VII.4. a) bb). 2779 Vgl. dazu näher unten D. IV.4. b). 2780 Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.d. 2781 Ausf. unten D. VI.1. d) und D. VI.2. d).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
419
cc) Tod bzw. Geschäftsfähigkeit Ob und welchen Einfluss der Tod bzw. der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden und/oder des Angebotsempfänger auf den Fortbestand des Angebots haben, ist im CESL-D (ebenso wie zuvor auch schon im DCFR und in den PECL) nicht geregelt. Im Schrifttum wird dies vereinzelt als „interne Lücke“ interpretiert, die autonom auf der Basis der dem CESL-D zu Grunde liegenden Prinzipien und Zielsetzungen speziell dem in Erwägungsgrund 32 CESL-VOE niedergelegten Ziel der Aufrechterhaltung eines gültigen Vertrags , dahin zu füllen sei, dass das Angebot im Falle des Todes bzw. der Geschäftsunfähigkeit einer Partei grundsätzlich fortbestehe.2782 Diese Ansicht steht jedoch in evidentem Widerspruch zu Erwägungsgrund 27 CESL-VOE, der Fragen der Rechtspersönlichkeit, der Geschäftsfähigkeit sowie des Wechsels der Parteien explizit zu den vom CESL gerade nicht geregelten Sachverhalten zählt. Diese – generell nicht harmonisierten und in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen teils höchst unterschiedlich geregelten Bereiche sollten ausdrücklich nicht im CESL geregelt, sondern nach dem gemäß den allgemeinen Regeln des IPR anwendbaren innerstaatlichen Recht beurteilt werden. Konsequenterweise kann man auch für die Spezialproblematik der Auswirkungen des Todes bzw. des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit einer Partei auf den Fortbestand des Angebots nicht anders entscheiden. Dass eine einheitliche Regelung dieser Frage im CESL-D sicherlich wünschenswert wäre, steht auf einem anderen Blatt. Die Auswirkungen des Todes bzw. Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden und/oder des Angebotsempfängers auf den Bestand des Angebots bestimmen sich folglich entsprechend Erwägungsgrund 27 CESL-VOE nach dem gemäß den allgemeinen Regeln des IPR anwendbaren innerstaatliche Recht. Dies ist nach Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO2783 das hypothetische Vertragsstatut, denn die Frage, ob die auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärung trotz des Todes oder des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit einer Partei noch wirksam sein können, gehört zum „Zustandekommen“ des Vertrags i.S.d. Norm2784.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Im Rahmen der rechtsvergleichenden Würdigung ist zunächst festzuhalten, dass in allen untersuchten Rechtsordnungen grundsätzlich Übereinstimmung besteht, dass ein Angebot im Wesentlichen auf vier Arten erlöschen kann: 2782
So Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.d. VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABlEU v. 4.7.2008, L 177/6. 2784 Vgl. Staudinger/Hausmann, Neubearb. 2011, Art. 10 Rom I Rn. 16. 2783
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C. Angebot
durch Widerruf, Zeitablauf, Ablehnung sowie u.U. auch den Tod bzw. den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit einer Partei. Im Detail zeigen sich jedoch ganz erhebliche Divergenzen. a) Widerruflichkeit des Angebots Höchst unterschiedlich sind die Konzeptionen speziell in Bezug auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Angebot widerrufen werden kann. aa) Befund Ein gewisser „kleinster gemeinsamer Nenner“ existiert zwar insofern, als es sowohl die untersuchten nationalen Rechtsordnungen als auch der CESL-D es den Parteien im Rahmen der Privatautonomie prinzipiell ermöglichen, das Angebot als widerruflich bzw. unwiderruflich auszugestalten. Im Übrigen laufen die Grundpositionen aber diametral auseinander. Am einen Ende des Spektrums steht das englische Recht, das eine Bindungswirkung generell ablehnt und das Angebot selbst dann als frei widerruflich ausgestaltet, wenn eine konkrete Annahmefrist festgelegt ist.2785 Wenn die Parteien eine Bindung wollen, müssen sie das Angebot entweder in einem deed niederlegen oder einen Optionsvertrag schließen (d.h. der Angebotsempfänger muss eine consideration für die Aufrechterhaltung des Angebots leisten).2786 Dieses Konzept ist, wie dargelegt, letztlich ein Ausfluss der consideration-Doktrin; es wird aber ungeachtet aller Kritik verbreitet auch wertungsmäßig als zweckmäßig und gerecht empfunden und ist darüber hinaus derart tief in der englischen Praxis und Mentalität verwurzelt, dass alle bisherigen Versuche, es auch nur partiell „aufzubrechen“, gescheitert sind.2787 Am anderen Ende des Spektrums findet sich das deutsche Recht, das prinzipiell jedem Angebot eine – wenn freilich auch zeitlich begrenzte Bindungswirkung beimisst, sofern der Anbietende dies nicht klar ausschließt.2788 Dahinter steht zwar zu einem Teil auch die sittlich-moralische Pflicht, Versprechen zu halten; maßgeblich und primär ging es den Verfassern des BGB jedoch, wie gezeigt, darum, dem Bedürfnis des Verkehrs nach Sicherheit bezüglich des Bestands des Angebots Rechnung zu tragen.2789 Irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Polen zu verorten ist das französische Recht. Historischer Ausgangspunkt und konzeptionelles Grundprinzip ist hier zwar – ebenso wie im englischen Recht die freie Widerruflichkeit; sie wird als logische Konsequenz aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit
2785 2786 2787 2788 2789
Vgl. näher oben C. VIII.3. a) aa). Vgl. näher oben C. VIII.3. a) cc). Vgl. näher oben C. VIII.3. a) aa). Vgl. näher oben C. VIII.1. a), C. VIII.1. b). Vgl. näher oben C. VIII.1. a) aa).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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begriffen.2790 Auf Grund der neueren Entwicklungen ist indes vom Grundprinzip der freien Widerruflichkeit tatsächlich nicht mehr viel übrig; vielmehr ist die zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots heute im französischen Recht de facto zum Regelfall geworden: Der Anbietende ist entweder kraft Gesetzes, infolge einer von ihm privatautonom bestimmten Annahmefrist, in jedem Fall aber für eine délai raisonnable (angemessene Frist) an sein Angebot gebunden.2791 Gleichwohl hat das historisch-konzeptionelle Grundprinzip aber auch weiterhin ganz erhebliche Auswirkungen2792: So herrscht nämlich nicht nur nach wie vor eine heftige Kontroverse um die dogmatische Basis für die zeitlich begrenzte Bindungswirkung2793, vor allem ist auch bis heute nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt und auch im Schrifttum höchst streitig, welche genaue Bedeutung die Bindungswirkung hat, speziell ob ein verfrühter Widerruf lediglich einen Schadensersatzanspruch begründet oder ob er als unwirksam anzusehen ist, so dass durch die Annahme gleichwohl ein wirksamer Vertrag zustande kommt2794. Der CESL-D hat vor diesem Hintergrund in Art. 32 im Wesentlichen das schon in EAG, CISG, PICC, PECL und DCFR verankerte Kompromissmodell übernommen:2795 Ausgangspunkt und regelungstechnisches Grundprinzip ist zwar auch danach die freie Widerruflichkeit des Angebots2796; diese wird jedoch dadurch, dass die Widerrufsmöglichkeit (außer im Falle der Annahme durch Verhalten) nur bis zum Zeitpunkt der Absendung der Annahme besteht2797 sowie durch die drei in Abs. 3 verankerten Ausnahmetatbestände (Manifestation der Unwiderruflichkeit, feste Annahmefrist und betätigtes Vertrauen)2798 signifikant eingeschränkt. bb) Würdigung Welches dieser Modelle ist nun aber vorzugswürdig? Insoweit ist zunächst vorauszuschicken, dass eine abschließende und umfassend fundierte Bewertung dieser Frage eigentlich nur möglich ist, wenn man auch die rechtliche Ausgestaltung der Annahme in der jeweiligen Rechtsordnungen mit einbezieht: Denn nur die Betrachtung des „Gesamtsystems“ zeigt letztlich wirklich, welches der verschiedenen Modelle den zweckmäßigsten, angemessensten und letztlich „gerechtesten“ Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Parteien und des Rechtsverkehrs insgesamt bietet. Ein ab2790 2791 2792 2793 2794 2795 2796 2797 2798
Vgl. näher oben C. VIII.2. a). Vgl. näher oben C. VIII.2. b), C. VIII.2. c). Vgl. oben C. VIII.2. c). Vgl. näher oben C. VIII.2. d). Vgl. näher oben C. VIII.2. e). Vgl. näher oben C. VIII.4. a) aa). Vgl. näher oben C. VIII.4. a) bb)(1). Vgl. näher oben C. VIII.4. a) bb)(2). Vgl. näher oben C. VIII.4. a) cc).
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C. Angebot
schließendes Urteil wird insoweit ausdrücklich bis nach der nachfolgenden Analyse der Annahme in den verschiedenen Rechtsordnungen vorbehalten. Gleichwohl erscheint es jedoch geboten, bereits an dieser Stelle einige – wie ausgeführt explizit vorläufig Ergebnisse und Schlussfolgerungen festzuhalten: (1) Zulässigkeit privatautonomer Ausgestaltung Zunächst einmal sollte es dem Anbietenden in jedem Fall – wie von allen analysierten Rechtsordnungen auch tatsächlich gewährleistet – möglich sein, das Angebot durch eine entsprechende klare (ausdrückliche oder konkludente) Festlegung als widerruflich oder (für einen bestimmten Zeitraum) unwiderruflich auszugestalten. Dies gebietet schon das essentielle Grundprinzip der Privatautonomie und es ist auch keineswegs unfair gegenüber dem Angebotsempfänger, denn dieser weiß, woran er ist und kann entsprechend disponieren.2799 (2) Ausübung des Widerrufs Zweitens sollte der Widerruf in jedem Fall als empfangsbedürftige Erklärung ausgestaltet sein, d.h. er sollte erst mit Zugang beim Angebotsempfänger wirksam werden. Die französische Lösung, die bloße äußere Manifestation des Widerrufswillens genügen zu lassen2800, erscheint nicht nur als eine aus heutiger Perspektive dogmatisch überholte Konsequenz aus dem Konsensprinzip und Überbetonung des subjektiven Parteiwillens, sondern wird vor allem auch den legitimen Interessen des Angebotsempfängers nicht gerecht: Solange ihm der Widerruf nicht zugegangen ist, sollte er darauf vertrauen können und dürfen, dass er durch seine Annahmeerklärung den Vertrag zustande bringen kann2801. Tatsächliche positive Kenntnis (wie zumindest im Ausgangspunkt das englische Recht2802) sollte man indes nicht fordern: Vielmehr sollte es – wie nach deutschem Recht2803 und dem CESL-D2804 genügen, dass die Erklärung des Widerrufs dem Angebotsempfänger zugegangen2805, d.h. in seine Risikosphäre gelangt, ist (was ja im Übrigen zumindest für Erklärungen an eine Geschäftsadresse heute auch im englischen Recht anerkannt ist2806). 2799
Vgl. etwa auch bereits Mot. I, 168 = Mugdan I, 444. Vgl. dazu oben C. VIII.2. a). 2801 Vgl. auch bereits sehr anschaulich Lindley LJ in Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344 at 348 f. (zitiert oben bei Fn. 2604). 2802 Vgl. oben C. VIII.3. a) bb)(1). 2803 Vgl. oben C. VIII.1. b). 2804 Vgl. oben C. VIII.4. a) bb)(3). 2805 Die Frage, ob insoweit der deutsche Zugangsbegriff oder derjenige des CESL-D vorzugswürdig ist, kann wie bereits oben (C. VII.5. d)) angemerkt jedoch wirklich fundiert erst unter Einbeziehung der anderen Elemente des Vertragsschlussprozesses erörtert werden. Insofern sei speziell auf unten D. VII.5. c) dd) verwiesen. 2806 Vgl. näher oben C. VIII.3. a) bb)(2)(a). 2800
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Im Falle einer Offerte ad incertas personas erscheint es allerdings angesichts der praktischen Probleme, die hier aus einem Insistieren auf einem individuellen Zugang an jeden einzelnen (potenziellen) Angebotsempfänger entsprechend den allgemeinen Regeln resultieren würden2807, zweckmäßig und angemessen, wie nach englischem Recht2808 und Art. 32 Abs. 2 CESL-D2809, 2810 auch einen Widerruf mittels einer Erklärung unter Verwendung des gleichen oder eines mindestens ebenso effektiven Kommunikationsmittels ausreichen zu lassen2811. (3) Vertragsschluss oder bloßer Schadensersatzanspruch? Drittens sollte ein entgegen einer Bindung erfolgender Widerruf – entsprechend der Rechtslage nach deutschen2812 und englischem Recht2813 sowie dem CESL-D2814 als unwirksam erachtet werden, so dass der Angebotsempfänger durch die Erklärung der Annahme weiterhin einen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen (und dann hieraus auf Erfüllung klagen) kann. Die bloße Gewährung eines auf Geld gerichteten Schadensersatzanspruchs, wie sie zumindest bis vor einiger Zeit traditionell im französischen Recht galt (aktuell ist die Rechtslage in Frankreich, wie dargestellt, insoweit höchst unklar2815) und z.B. auch von der englischen Law Commission vorgeschlagen wurde2816, wird – wie bereits in den Motiven zum BGB dezidiert und überzeugend dargelegt wor2807
Vgl. dazu auch die Nachweise in Fn. 2623 und 2730. Vgl. näher oben C. VIII.3. a) bb)(2)(b). 2809 Vgl. näher oben C. VIII.4. a) bb)(3). 2810 Im deutschen Recht wird die Sonderproblematik des Widerrufs einer Offerte ad incertas personas vor dem Hintergrund, dass Offerten ad incertas personas ohnehin eher die Ausnahme sind (vgl. oben C. III.2.) und auch ein Widerruf nur möglich ist, wenn das Angebot speziell als widerruflich ausgestaltet wurde (vgl. oben C. VIII.1. a), C. VIII.1. b)) nicht wirklich diskutiert (s. aber für den Spezialfall des Widerrufs einer Patronatserklärung ad incertas personas: Koch, Die Patronatserklärung, 2005, S. 599). In Bezug auf die Parallelproblematik beim Widerruf der Auslobung bestimmt § 658 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch ausdrücklich, dass der Widerruf nur wirksam ist, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er durch besondere Mitteilung erfolgt, wobei es nach h.M. genügt, wenn ein ebenso effektives Kommunikationsmittel genutzt wird (vgl. die Nachweise oben in Fn. 2732) (gegen eine entsprechende Anwendung jedenfalls für den Spezialfall der Patronatserklärung ad incertas personas jedoch Koch a.a.O., der dies allerdings maßgeblich mit seiner Konzeption der Patronatserklärung ad incertas personas begründet und sich überdies auch nicht allgemein zum Widerruf eines Angebots ad incertas personas äußert). Im französischen Recht spielt die Problematik schon deshalb keine Rolle, weil zur Wirksamkeit des Widerrufs schon die bloße äußere Manifestation des Widerrufswillens genügt (vgl. oben C. VIII.2. a)). 2811 I.d.S. im Übrigen in Bezug auf die Parallelproblematik bezüglich des Widerrufs der Auslobung auch § 658 Abs. 2 BGB (vgl. dazu auch bereits in Fn. 2732). 2812 Vgl. oben C. VIII.1. a) aa), C. VIII.1. a) bb)(2). 2813 Vgl. oben C. VIII.3. a) cc)(2), C. VIII.3. a) cc)(3). 2814 Vgl. oben C. VIII.4. a) dd). 2815 Vgl. zum Ganzen bereits ausf. oben C. VIII.2. e). 2816 Vgl. näher oben C. VIII.3. a) aa), speziell Fn. 2576. 2808
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C. Angebot
den ist2817 weder den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs noch den legitimen Interessen des Angebotsempfängers gerecht. Ein bloßer Geldersatz ist der Vertragserfüllung in natura eben gerade nicht gleichwertig (insbesondere wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um ein Unikat handelt, der Angebotsempfänger den Gegenstand anderweitig schwer oder nur zu einem höheren Preis erhalten oder ihn selbst teurer weiterveräußern könnte).2818 Zudem muss der Schadensersatzanspruch häufig erst langwierig gerichtlich geltend gemacht werden, zumal Feststellung und Nachweis der genauen Schadenshöhe in vielen Fällen schwierig sein werden.2819 Darüber hinaus eröffnet die Schadensersatzlösung dem Anbietenden die Möglichkeit, auf Kosten des Angebotsempfängers zu spekulieren und das Geschäft schlicht „platzen“ zu lassen, wenn es für ihn ökonomisch günstiger ist, Schadensersatz zu leisten.2820 Dies erscheint indes nicht nur ungerecht, sondern konterkariert letztlich auch die gesamte Idee der Bindungswirkung; die efficient breach of contract-Doktrin2821 vermag, wie bereits Weller ausführlich und fundiert dargelegt hat2822, nicht zu überzeugen. (4) Zeitliche Grenze der Widerruflichkeit Viertens stellt sich die Frage, bis wann ein Widerruf (so er denn grundsätzlich zulässig ist) möglich sein sollte. Insoweit zeigen sich ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen. Das deutsche2823, französische2824 und englische Recht2825 stimmen zwar insofern auf den ersten Blick im Grundsatz überein: Ein Widerruf ist überall prinzipiell so lange zulässig, wie das Angebot nicht wirksam angenommen und damit der Vertrag zustande gekommen ist. Diese Kongruenz ist jedoch tatsächlich nur eine scheinbare: Denn da der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich ist (nach deutschem Recht mit Zugang der Annahmeerklärung; nach englischem Recht grundsätzlich mit Kommunikation der Annahmeerklärung an den Anbietenden, im Anwendungsbereich der postal rule jedoch bereits mit der Absendung 2817
Vgl. Mot. I, 165 f. = Mugdan I, 443; dazu näher oben C. VIII.1. a) aa). Vgl. auch die entsprechende Argumentation im französischen Recht in Bezug auf die Parallelproblematik bei der promesse unilaterale (oben bei Fn. 2492); aus rechtsvergleichender Perspektive etwa auch Delforge (Fn. 1372), n° 490. 2819 Vgl. bereits Mot. I, 165 f. = Mugdan I, 443; ähnlich auch die Argumentation im französischen Recht in Bezug auf die Parallelproblematik bei der promesse unilaterale (oben bei Fn. 2493). 2820 Vgl. auch die entsprechende Argumentation im französischen Recht in Bezug auf die Parallelproblematik bei der promesse unilaterale (oben bei Fn. 2494). 2821 Vgl. dazu die Nachweise in Fn. 2504. 2822 Vgl. M.-P. Weller (Fn. 23), S. 360 ff. m.z.w.N. 2823 Vgl. oben C. VIII.1. b). 2824 Vgl. oben C. VIII.2. a). 2825 Vgl. oben C. VIII.3. a). 2818
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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der Annahme; im französischen Recht ist die Rechtslage insoweit insgesamt relativ unklar; vgl. zum Ganzen ausf. unten D. VII), divergieren entsprechend auch die zeitlichen Grenzen für die Widerruflichkeit. Im CESL-D hat man sich – im Anschluss an den Rabel-Entwurf, EAG, CISG, PICC, PECL und DCFR für eine abweichende Konzeption entschieden und die zeitliche Grenze für den Widerruf zumindest für den Regelfall (Ausnahme: Annahme durch Verhalten) vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses entkoppelt: Der Widerruf ist entsprechend dem Gedanken der postal rule nur bis zum Zeitpunkt der Absendung der Annahme zulässig.2826 Das dahinter stehende Motiv, die für den Angebotsempfänger unsichere „Schwebezeit“ zu verkürzen, um so einen gewissen Ausgleich für die prinzipielle Widerruflichkeit des Angebots zu schaffen, ist zwar im Grundsatz unzweifelhaft zu begrüßen, da sie das Gesamtsystem in einem wichtigen Punkt deutlich ausbalanciert. Die Entkopplung von Widerrufssperre und Vertragsschlusszeitpunkt führt jedoch zu einer Vielzahl von Folgeproblemen: Erstens hat man damit nicht nur einen, sogar gleich zwei rechtlich relevante Zeitpunkte (Absendung und Zugang der Annahmeerklärung), deren genaue Bestimmung im Einzelfall u.U. sowohl rechtlich als auch tatsächlich schwierig sein kann (Bsp.: Wann ist eine E-Mail abgesandt und wie kann dies nachgewiesen werden?2827). Weiterhin stellt sich die Frage, ob die Widerrufssperre auch dann eingreift, wenn die Annahmeerklärung nie oder erst mit erheblicher Verzögerung zugeht; dies dürfte, wie oben2828 dargelegt, wohl zu bejahen sein. Fraglich ist jedoch, ob das dem Angebotsempfänger wirklich viel nützt. Denn der Vertrag kommt ja erst zustande, wenn die Annahmeerklärung tatsächlich rechtzeitig zugeht. Dass der Anbietende bereits ab Absendung der Annahmeerklärung nicht mehr widerrufen kann, nützt dem Angebotsempfänger eigentlich nur, wenn er Kenntnis davon erlangt, dass seine Annahmeerklärung verloren gegangen oder verzögert worden ist, was aber meist erst dann der Fall sein wird, wenn es bereits „zu spät“ (d.h. die Annahmefrist verstrichen) ist, so dass er dann auch nicht mehr – im Vertrauen auf die durch die Absendung der „ersten“ Annahmeerklärung erfolgte Bindung des Anbietenden dafür sorgen kann, dass doch noch rechtzeitig eine Annahmeerklärung zugeht und damit der Vertrag zustande kommt. Darüber hinaus eröffnet das Konzept des CESL-D dem Angebotsempfänger in gewissem Umfang die Möglichkeit, auf Kosten des Anbietenden zu spekulieren: Der Anbietende kann bereits ab dem Zeitpunkt der Absendung der Annahmeerklärung nicht mehr widerrufen, der Angebotsempfänger hat jedoch bis zum Zugang der Annahmeerklärung noch die Möglichkeit, diese mittels eines schnelleren Kommunikationsmittels zurückzunehmen (bzw. mittels eines schnelleren Kommunikationsmittels eine Ablehnung 2826 2827 2828
Vgl. oben C. VIII.4. a) bb)(2). Vgl. dazu in Bezug auf Art. 16 CISG etwa Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11 m.w.N. Vgl. oben C. VIII.4. a) bb)(2)(a).
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C. Angebot
zu senden).2829 Schließlich bedeutet die Minderung der Unsicherheitsperiode für den Angebotsempfänger umkehrt automatisch Unsicherheit für den Anbietenden insofern, als er, wenn er eine Widerrufserklärung absendet, nie sicher wissen kann, ob er überhaupt noch wirksam widerrufen kann.2830 Die „Entkoppelungslösung“ mag somit zwar vor dem Hintergrund der äußerst kontroversen Verhandlungen zu EAG und CISG ein nachvollziehbarer und insgesamt akzeptabler Kompromiss sein.2831 Sie ist eben auch ein typischer „internationaler Kompromiss“, der Elemente aus verschiedenen Rechtsordnungen miteinander verbindet, so dass sich jede irgendwie „berücksichtigt fühlen“ kann, der damit aber kein wirklich konsistentes und inhaltlich überzeugendes System schafft. Es erscheint daher nach alledem vorzugswürdig, die Widerrufssperre nicht vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu entkoppeln, sondern insoweit – wie in den untersuchten nationalen Rechtsordnungen – einen generellen Gleichlauf vorzusehen (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ausf. unten D. VII). Das eigentliche Kernproblem – der möglichst faire und gerechte Ausgleich der Interessen von Anbietendem, Angebotsempfänger und Rechtsverkehr – sollte besser an seiner eigentlichen Wurzel angegangen werden: Der grundsätzlichen Existenz und Reichweite der Bindung an das Angebot. (5) Das Grundprinzip: Bindungswirkung oder Widerruflichkeit? Damit sind wir auch schon bei der eigentlichen „Gretchenfrage“ nach der regelungstechnischen Grundstruktur: Grundprinzip der Bindungswirkung (verbunden mit Möglichkeit der Einschränkung bzw. Abbedingung) oder Grundprinzip der freien Widerruflichkeit (mit mehr oder weniger weitreichenden Einschränkungen)? Insofern stellt sich zunächst die Vorfrage, ob die eine oder andere Lösung auf dogmatischer Ebene zwingend erscheint. Wie dargelegt, wurzelt das 2829 Vgl. zu dieser Problematik in Bezug auf Art. 16 CISG auch Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 12; Ferrari (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 11; Gruber (Fn. 2228), Art. 20 CISG Rn. 8; Magnus (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 7, Art. 22 Rn. 12; Mankowski (Fn. 1390), Art. 16 CISG Rn. 7; im Schrifttum zum CISG gibt es indes durchaus auch Autoren, die darin keine korrekturbedürftigen Missbrauchsmöglichkeit sehen, so etwa Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 22 Rn. 7; Schroeter (Fn. 1390), Art. 22 para. 7, 2830 Vgl. in Bezug Art. 5 EAG bereits von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 122; in Bezug auf Art. 16 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 16 Rn. 12. Dort wird dann jeweils darauf hingewiesen, dass es dem Anbietenden schließlich freistünde, sich in seinem Angebot den Widerruf bis zum Zugang der Annahmeerklärung vorzubehalten – mit diesem Argument hebelt sich das System dann allerdings zu einem gewissen Maß letztlich selbst aus! 2831 Vgl. in Bezug auf das EAG etwa Dilger RabelsZ 45 (1981) 169, 185 („„Gesamtregelung …, die trotzdem allseits akzeptabel erscheint“); in Bezug auf das CISG etwa Henrich FS Seiler, 1999, S. 207, 216 („paßt zwar in kein dogmatisches System, ist aber gleichwohl akzeptabel, weil die Interessen beider Partner zu einem Ausgleich gebracht werden“); in Bezug auf den DCFR etwa Eidenmüller (Fn. 1362), S. 73, 79 („ein Kompromiss, der indes im Lichte der mit der Regel verbundenen positiven Effekte nachvollziehbar ist“).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
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Grundprinzip der freien Widerruflichkeit im französischen und englischen Recht letztlich im dogmatischen Grundverständnis des Vertrags- und Vertragsschlusskonzepts: Im französischen Recht beruht es maßgeblich auf dem naturrechtlichen Modell des translativen Versprechensvertrags und erscheint in diesem Rahmen letztlich als logische Konsequenz und Ausfluss der Vertragsfreiheit2832; nach der englischen consideration-Doktrin erscheint eine Bindung ohne consideration oder deed schlechthin undenkbar2833. Weder das eine noch das andere Modell ist jedoch – wie schon der Blick auf die zahlreichen Rechtsordnungen, die anders konzeptioniert sind (so etwa auch das deutsche Recht), zeigt – logisch zwingend. Darüber hinaus ist zwischenzeitlich auch in Frankreich die théorie de l’engagement unilatéral de volonté, wonach auch eine einseitige Willlenserklärung selbst Rechtsgrund für eine Verpflichtung sein kann, auf dem Vormarsch.2834 Mutatis mutandis wird in England zum einen inzwischen verbreitet eingeräumt, dass die Kritik an der considerationDoktrin als solcher zumindest im Kern größtenteils durchaus berechtigt ist, zum anderen gab es dort selbst bereits eine ganze Reihe von (wenn auch gescheiterten) Vorstößen für eine Reform in Bezug auf die Widerruflichkeit des Angebots2835. Die Frage „Wie hast du’s mit der Widerruflichkeit?“ ist somit letzten Endes vor allem und primär eine rechtspolitische Wertungsfrage, bei der es im Kern darum geht, wie man die involvierten widerstreitenden Interessen von Anbietendem, Angebotsempfänger und Rechtsverkehr gewichtet und zum Ausgleich bringt. Als Hauptargumente für das Grundprinzip der freien Widerruflichkeit werden in England, wie oben dargelegt2836, vor allem die Vertragsfreiheit des Anbietenden und sein Bedürfnis nach Flexibilität2837 sowie die aus einer Bindungswirkung resultierende Gefahr von Spekulationen des Angebotsempfängers auf Kosten des Anbietenden angeführt. Indes geht die Freiheit und Flexibilität des Anbietenden letztlich gerade auf Kosten des Angebotsempfängers: Freiheit und Flexibilität für den Anbietenden bedeutet als Kehrseite Unsicherheit für den Angebotsempfänger. Zudem hat der Anbietende es auch in einem von einer grundsätzlichen Bindungswirkung ausgehenden System in der Hand, das Angebot durch eine entsprechende klare Klausel oder sonstige Äußerung als widerruflich auszugestalten und sich so Flexibilität zu schaffen – nur ist dann eben gewährleistet, dass der Angebotsempfänger weiß, woran er ist und sich darauf einstellen kann. Letzten Endes nicht durchschlagend ist
2832
Vgl. näher oben C. VIII.2. a). Vgl. näher oben C. VIII.3. a) aa). 2834 Vgl. dazu oben C. VIII.2. d) cc). 2835 Vgl. dazu näher oben C. VIII.3. a) aa). 2836 Vgl. oben C. VIII.3. a) aa). 2837 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa auch Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 477. 2833
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C. Angebot
aber auch das Argument der „Spekulationsgefahr“2838: Wie bereits in den Motiven zum BGB überzeugend dargelegt wurde, lässt sich dem auch in einem System, das von einer grundsätzlichen Bindungswirkung ausgeht, hinreichend begegnen.2839 Wenig überzeugend ist schließlich auch die weitere Argumentation, dass Widerrufe in der Praxis ohnehin meist nur aus gutem Grund erfolgen würden und die seltenen Fälle „missbräuchlicher“ Widerrufe durch außerrechtliche Instrumente (wie z.B. den Abbruch von Geschäftsbeziehungen oder „name and shame“) effektiv sanktioniert werden könnten.2840 Derartige außerrechtliche Instrumente mögen zwar in der Tat oft existieren und auch durchaus effektiv sein; sie sind aber trotz allem kein wirkliches Äquivalent für einen effektiven Schutz durch die Rechtsordnung und versagen sogar völlig in denjenigen Fällen, wo keine dauernde Geschäftsbeziehung besteht und/oder dem Anbietenden seine „Reputation“ egal ist. Im Übrigen zeigt diese Argumentation letztlich sogar, dass es ganz offensichtlich auch in England – wie die Law Commission in ihrem Bericht sogar ausdrücklich hervorgehoben hat2841 – dem Standard und Selbstverständnis von „reputable businessmen“ („ehrenwerten Geschäftsleuten“) entspricht, sich an ein Angebot gebunden zu fühlen. Neben der damit angesprochenen sittlich-moralischen Pflicht, ein Versprechen/Angebot auch einzuhalten das man vielleicht noch als untergeordnetes und rechtlich nicht zwingendes „moralisches“ Argument abtun oder zumindest relativieren kann , streitet für das Prinzip einer grundsätzlichen Bindungswirkung des Angebots aber vor allem das auf Seiten des Angebotsempfängers und des Rechts- und Geschäftsverkehrs im Allgemeinen bestehende Bedürfnis nach Sicherheit bezüglich des Bestands des Angebots. Dies gilt heute ebenso – wenn nicht sogar noch mehr – wie vor mehr als 100 Jahren bei der Schaffung des BGB; die bereits oben referierte2842 Argumentation in den Motiven ist insofern auch heute noch genauso prägnant, stichhaltig und überzeugend. In besonderem Maße gilt dies natürlich in denjenigen Fällen, in denen der Anbietende eine bestimmte Annahmefrist gesetzt hat: Eine solche Fristsetzung wird vom Angebotsempfänger üblicherweise dahin verstanden, dass das Angebot bis zum Ablauf dieser Frist aufrechterhalten wird und dieses Vertrauen sollte durch die Rechtsordnung auch geschützt werden. Dass im Falle der Festlegung einer bestimmten Annahmefrist eine Bindung an das Angebot besteht, war daher schon im PrALR vorgesehen2843, wurde speziell auch von
2838 Vgl. die Nachweise in Fn. 2589; aus rechtsvergleichender Perspektive etwa auch Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 477. 2839 Vgl. oben C. VIII.1. a) bei Fn. 2310. 2840 Vgl. oben C. VIII.3. a) aa) bei Fn. 2593 f. 2841 Vgl. oben C. VIII.3. a) aa) bei Fn. 2577. 2842 Vgl. oben C. VIII.1. a) aa). 2843 Vgl. oben C. VIII.1. a) bei Fn. 2280 ff.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
429
den Vätern des BGB besonders betont2844 und gilt seit Langem auch im französischen Recht2845; entsprechende Regelungen finden sich auch Art. 2:202(3) (b) PECL2846, Art. II.-4:202(3)(b) DCFR2847 sowie nun auch Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D2848; und Art. 5 Abs. 2 EAG2849, Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG2850 sowie Art. 2.1.4(2)(a) PICC2851 etablieren zumindest eine Vermutung zugunsten einer Bindungswirkung2852. Doch auch dann, wenn keine bestimmte Annahmefrist festgelegt ist, wird der Angebotsempfänger üblicherweise davon ausgehen, dass der Anbietende, der mit seinem Angebot ja gerade einen Vertragsschluss herbeiführen will, ihm zumindest einen gewissen, den Umständen nach „angemessenen“ Zeitraum einräumen möchte, um zu überlegen, ob er das Angebot annehmen möchte und dann entsprechend seine Annahme zu erklären. Die Einräumung einer „angemessenen“ Annahmefrist, während derer der Anbietende auch an sein Angebot gebunden ist, ist somit letztlich jeglichem Angebot wesensmäßig immanent. Dieser bereits in den Motiven zum BGB zu findende Gedanke,2853 der dann in den Annahmefristen des § 147 BGB legislatorischen Niederschlag fand2854, ist, wie dargelegt, seit einigen Jahren sogar von der französischen Rechtsprechung explizit anerkannt2855. Die z.B. von der englischen Law Commission gegen eine Bindung für eine „angemessene Frist“ geltend gemachten Bedenken, dass dies zu Rechtsunsicherheit und Streitigkeiten führe2856, vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen. Es trifft zwar zu, dass die Bestimmung, welche Frist im Einzelfall „angemessen“ ist, nicht immer einfach sein mag und einen gewissen Spielraum und damit auch Raum für Streitigkeiten eröffnet. Auch nach englischem Recht ist jedoch ganz allgemein anerkannt, dass ein Angebot, das keine bestimmte Annahmefrist fixiert, während einer reasonable time (angemessene Frist) angenommen werden kann, d.h. (vorbehaltlich eines Widerrufs) erst nach Ablauf einer reasonable time (angemessenen Frist) erlischt;2857 ferner ist eine „angemessene Frist“ für die Annahme etwa auch in
2844
Vgl. oben C. VIII.1. a) bei Fn. 2304 ff. Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(1). 2846 Fn. 2691. 2847 S. oben C. VIII.4. a) aa). 2848 Vgl. dazu oben C. VIII.4. a) cc)(2). 2849 Fn. 2688. 2850 Fn. 2689. 2851 Fn. 2690. 2852 Vgl. speziell zum Streit um die Bedeutung der Fristsetzung im Rahmen des Art. 16 Abs. 2 lit. a CISG oben C. VIII.4. a) cc)(2) bei Fn. 2744 ff. 2853 Vgl. oben C. VIII.1. a) bei Fn. 2306 f. 2854 Vgl. dazu näher unten D. VI.1. a) cc). 2855 Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(2). 2856 Vgl. oben C. VIII.3. a) aa) bei Fn. 2581. 2857 Vgl. näher unten D. VI.1. c) cc). 2845
430
C. Angebot
Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG2858 vorgesehen. Wenn die englische Judikatur und Praxis aber insoweit ohnehin daran gewöhnt ist, die reasonable time (angemessene Frist) für die Annahme zu bestimmen und sich insofern auch bereits eine umfangreiche Kasuistik entwickelt hat2859, ist nicht recht ersichtlich, weshalb dies plötzlich zu unerträglicher Rechtsunsicherheit führen soll, wenn das Angebot während dieser „angemessenen Frist“ nicht nur annahmefähig sein, sondern der Anbietende als Korrelat hierzu auch daran gebunden sein soll. Eine bloße Vertrauensschutzregelung, wie sie nach dem Vorbild der USamerikanischen Variante der promissory estoppel-Doktrin in Art. 16 Abs. 2 lit. b CISG2860, Art. 2.1.4(2)(b) PICC2861, Art. 2:202(3)(c) PECL2862, Art. II.4:202(3)(c) DCFR2863 und nun auch Art. 32 Abs. 3 lit. c CESL-D2864 normiert ist, bietet dem Angebotsempfänger zwar ebenfalls einen gewissen Schutz. Sie generiert jedoch weitaus mehr Rechtsunsicherheit und Beweisschwierigkeiten2865 als die generelle Etablierung einer Bindung für eine „angemessene Frist“, da nicht nur die Existenz eines vertrauensbildenden Tatbestands, sondern auch die tatsächliche Vertrauensbetätigung geprüft und bewiesen werden muss. Vor allem aber wird sie dem legitimen Bedürfnis von Angebotsempfänger und Rechtsverkehr insgesamt nach Sicherheit bezüglich des Bestands des Angebots auch nicht annähernd in gleichem Maße gerecht wie die Etablierung einer generellen Bindung für eine „angemessene Frist“. Summa summarum sprechend daher die überzeugenderen Argumente dafür, regelungstechnisch von einer prinzipiellen Bindung des Anbietenden – für die von ihm spezifizierte Annahmefrist, subsidiär für eine „angemessene Frist“ (die ggf. für bestimmte Fallgruppen noch näher konkretisiert werden kann) – auszugehen, ihm aber selbstverständlich entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie zu gestatten, die Bindung durch eine entsprechend klare (ausdrückliche oder konkludente) Manifestation seines Willens auszuschließen. Das Modell des BGB ist insofern heute noch ebenso überzeugend wie bei seinem Inkrafttreten im Jahr 1900. Wie gezeigt, gilt das Modell einer prinzipi2858
Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG Sie [die Annahme] wird nicht wirksam, wenn die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist oder, bei Fehlen einer solchen Frist, innerhalb einer angemessenen Frist zugeht; dabei sind die Umstände des Geschäfts einschließlich der Schnelligkeit der vom Anbietenden gewählten Übermittlungsart zu berücksichtigen. 2859 Vgl. näher unten D. VI.1. c) cc). 2860 Fn. 2689. 2861 Fn. 2690. 2862 Fn. 2691. 2863 S. oben C. VIII.4. a). 2864 Dazu oben C. VIII.4. a) cc)(3). 2865 Vgl. in Bezug auf das CISG auch Bridge (Fn. 2706), S. 11, 21 f.; in Bezug auf CISG, PICC und PECL auch Köhler (Fn. 1397), S. 33, 40; in Bezug auf PECL und DCFR auch Armbrüster JURA 2007, 321, 322.
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
431
ellen Bindung zudem inzwischen de facto auch im französischen Recht, wo seit dem Revirement der Rechtsprechung im Jahr 2009 ebenfalls von einer Bindung für die bestimmte, subsidiär für eine angemessene Frist ausgegangen wird.2866 Es wäre daher nachdrücklich zu wünschen, dass auch der CESL-D im Rahmen des weiteren Legislativverfahrens in Rat und EP noch entsprechend modifiziert wird.2867 Es mag nachvollziehbar sein, dass man das im Rahmen der Beratungen zu EAG und CISG so mühevoll errungene Kompromisspaket – mit dem man sicherlich zumindest auch gut leben könnte2868 – nicht nochmals „aufschnüren“ wollte. Ein wirklich konsistentes und überzeugendes System – dessen Schaffung schließlich der Anspruch des CESL-D ist (oder zumindest sein sollte) ist dieses aus Elementen verschiedener Rechtsordnungen „zusammengebastelte“ Kompromisspaket indes nicht. b) Ablehnung des Angebots Die Ablehnung des Angebots führt nach allen untersuchten Rechtsordnungen zum Erlöschen des Angebots.2869 Dies ist auch evident sinnvoll und gerecht2870: Denn wenn der Angebotsempfänger einmal klar gegenüber dem Anbietendem zum Ausdruck gebracht hat, dass er das Angebot nicht annehmen möchte, ist das Angebot „erledigt“. Dies gilt auch dann, wenn die Annahmefrist eigentlich noch eine Weile gelaufen wäre: Denn sie soll dem Angebotsempfänger nur die Möglichkeit geben, sich hinsichtlich der Annahme zu erklären und genau das hat er mit der Ablehnung getan. Ihm jetzt noch zu gestatten, es sich während des Zeitraums, in dem die Angebotsfrist eigentlich noch gelaufen wäre, doch noch anders zu überlegen, würde ein erhebliches Spekulationspotenzial eröffnen und erschiene insgesamt nicht interessengerecht. Bemerkenswert ist weiterhin, dass auch eine „Annahme“ mit Modifikationen oder Ergänzungen nach allen analysierten Rechtsordnungen zumindest grundsätzlich2871 als Ablehnung (verbunden mit einem Gegenangebot) angesehen wird.
2866
Vgl. oben C. VIII.2. b), C. VIII.2. c). Kritisch zur Regelung im CESL-D auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 611. 2868 Vgl. in Bezug auf das EAG auch Dilger RabelsZ 45 (1981) 169, 185 („Gesamtregelung …, die trotzdem allseits akzeptabel erscheint“); in Bezug auf CISG, PICC und PECL auch Delforge (Fn. 1372), n° 476; in Bezug auf den DCFR etwa Eidenmüller (Fn. 1362), S. 73, 79 („ein Kompromiss, der indes im Lichte der mit der Regel verbundenen positiven Effekte nachvollziehbar ist“). 2869 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(1) (deutsches Recht), C. VIII.2. g) bb) (französisches Recht), C. VIII.3. b) aa) (englisches Recht), C. VIII.4. b) aa) (CESL-D). 2870 Vgl. auch bereits Mot. I, 175 = Mugdan I, 449; vgl. weiter etwa auch Delforge (Fn. 1372), n° 491 f. 2871 Vgl. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Annahme und die rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen, noch ausf. unten D. IV (speziell zum material mirror image model im CESL-D näher unten D. IV.4.). 2867
432
C. Angebot
c) Zeitablauf Übereinstimmung besteht ferner insoweit, als auch Zeitlauf noch allen untersuchten Rechtsordnungen einen Erlöschenstatbestand darstellt: Das Angebot erlischt auch nach Ablauf der jeweils maßgeblichen Annahmefrist.2872 Dies ist ebenfalls evident sachgerecht: Das Angebot kann und soll nicht „für immer und ewig“ annahmefähig sein, sondern nur für einen bestimmten Zeitraum.2873 Im Detail divergieren die jeweiligen Regelungen zu den Annahmefristen indes – wie unten2874 noch ausführlich zu erörtern sein wird – teils erheblich. d) Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer Partei In Bezug auf die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auch der Tod oder die Geschäftsunfähigkeit einer Partei zum Erlöschen des Angebots führen, zeigen sich signifikante Unterschiede. Der CESL-D verzichtet überhaupt auf eine Regelung und überlässt den gesamten Bereich dem nach den allgemeinen Regeln des IPR anwendbaren nationalen Recht.2875 Die untersuchten nationalen Rechtsordnungen divergieren in der Sache ganz erheblich: aa) Tod einer Partei Nach deutschem Recht besteht im Falle des Todes des Anbietenden eine Vermutung zugunsten des Fortbestands des Angebots, die jedoch (speziell bei Angeboten/Verträgen mit höchstpersönlichem Charakter) widerlegbar ist2876; im Falle des Todes des Angebotsempfängers ist der Fortbestand des Angebots letztlich Auslegungssache2877. Im französischen Recht geht die traditionelle Auffassung dahin, dass das Angebot sowohl im Falle des Todes des Anbietenden2878 als auch des Angebotsempfängers2879 generell erlischt. Drei zumindest auf den ersten Blick offenbar divergierende Entscheidungen der Cour de Cassation aus den Jahren 1983, 1989 und 1997 haben insoweit jedoch, wie dargestellt, für große Rechtsunsicherheit gesorgt.2880 Im Schrifttum scheint sich insoweit allerdings die Interpretation durchzusetzen, dass das Angebot im Falle des Todes des Anbietenden fortbesteht, wenn es an eine bestimmte Person gerichtet und eine kon2872 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(2) (deutsches Recht), C. VIII.2. g) cc) (französisches Recht), C. VIII.3. b) bb) (englisches Recht), C. VIII.4. b) bb) (Zeitablauf). 2873 Vgl. auch bereits oben C. VIII.1. c) bb)(2) mit den Nachweisen in Fn. 2358; vgl. weiter etwa auch Delforge (Fn. 1372), n° 492. 2874 S. unten D. VI.1. 2875 Vgl. oben C. VIII.4. b) cc). 2876 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(5)(a). 2877 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(2). 2878 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(1)(a). 2879 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(2). 2880 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(1)(a).
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
433
krete Annahmefrist bestimmt war. 2881 Ob sich diese Ansicht endgültig als herrschend etablieren und der dahinter stehende Gedanke „verbindlich = vererblich“ verallgemeinert wird2882, bleibt abzuwarten. Parallel dazu wird in jüngerer Zeit teils auch kritisch hinterfragt, ob nicht auch im Falle des Todes des Angebotsempfängers zumindest insoweit einen Fortbestand des Angebots angenommen werden sollte, als diesem Bindungswirkung zukommt.2883 Im englischen Recht gibt es zwar eine Reihe von Dikta, dass der Tod einer Partei automatisch zum Erlöschen des Angebots führt; dementsprechend wurde auch im Schrifttum traditionell (und wird verbreitet auch heute noch) von einem automatischen Erlöschen ausgegangen (für den Fall des Todes des Anbietenden allerdings teils mit dem Vorbehalt, dass das Erlöschen erst eintritt, wenn der Angebotsempfänger Kenntnis hiervon erhält).2884 Im neueren Schrifttum plädieren allerdings viele renommierte Autoren dafür, danach zu differenzieren, ob das Angebot bzw. der intendierte Vertrag höchstpersönlichen Charakter hat, und nur dann, wenn dies der Fall ist, ein automatisches Erlöschen anzunehmen.2885 Die traditionelle französische und englische Position, dass der Tod einer Partei in jedem Fall automatisch zum Erlöschen des Angebots führt, findet ihre Wurzeln im klassischen Verständnis, dass die Existenz eines Angebots quasi untrennbar mit der Person des Anbietenden und des Angebotsempfängers verbunden ist; mit dem Tod einer Partei „verschwindet“ auch deren Wille, ein rencontre des volontés bzw. meeting of the minds ist dann nicht mehr möglich.2886 Dies ist jedoch durch die moderne Vertragsrechtsdogmatik überholt.2887 Darüber hinaus entspricht ein generelles automatisches Erlöschen des Angebots im Falle des Todes einer Partei auch nicht der wirtschaftlichen Funktion des modernen Vertragsrechts und den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs: Denn wie schon in den Motiven zum BGB treffend betont wurde2888, wird mit Vertragsangeboten in den allermeisten Fällen ein wirtschaftliches bzw. Vermögensinteresse verfolgt.2889 Es erscheint daher vorzugswürdig – wie in § 153 BGB oder auch im neueren englischen Schrifttum eine widerlegliche Vermutung zugunsten des Fortbestands des Angebots zu etablieren, die speziell dann widerlegt ist, wenn das Angebot bzw. der in Aussicht genommene
2881
Vgl. dazu oben C. VIII.2. g) dd)(1)(a), speziell die Nachweise in Fn. 2540 f. Vgl. dazu oben C. VIII.2. g) dd)(1)(a) bei Fn. 2542 f. 2883 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(2). 2884 Vgl. oben C. VIII.3. b) cc)(1). 2885 Vgl. oben C. VIII.3. b) cc)(1), C. VIII.3. b) cc)(1)(b). 2886 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(1)(a) (französisches Recht), C. VIII.3. b) cc)(1)(a) (englisches Recht); vgl. ferner auch Christiandl ERCL 2011, 463, 476 f. 2887 Vgl. auch Christiandl ERCL 2011, 463, 477. 2888 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(5)(a)(aa). 2889 Vgl. auch Christiandl ERCL 2011, 463, 478, 489 sowie die Nachweise aus dem englischen Schrifttum in Fn. 2670. 2882
434
C. Angebot
Vertrag höchstpersönlichen Charakter hat.2890 Dabei sollte – anders als in § 153 BGB – auch nicht zwischen dem Tod des Anbietendem und demjenigen des Angebotsempfängers differenziert werden, da sich die eigentlich Kernfrage „Ist das Angebot bzw. der in Aussicht genommene Vertrag ausnahmsweise von derart höchstpersönlichem Charakter, dass ein Einrücken des/der Erben in die Position der verstorbenen Partei nicht dem (nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu ermittelnden) Willen des Anbietenden entspricht?“ in beiden Konstellationen in gleicher Weise stellt.2891 Ungeachtet der referierten entsprechenden Tendenzen im französischen Recht sollte es ferner irrelevant sein, ob das Angebot im Zeitpunkt des Todes der jeweiligen Partei für den Anbietenden bindend war: Verbindlichkeit des Angebots und Fortbestand/Erlöschen im Falle des Todes einer Partei sind zwei wesensmäßig verschiedene Fragen.2892 Ob das Angebot im Zeitpunkt des Todes einer Partei bindend war, hat an sich nur Bedeutung für die Frage, ob (sofern das Angebot fortbesteht) die Erben des Anbietenden es (noch) widerrufen können bzw. ob der Anbietende gegenüber den Erben des Angebotsempfängers (noch) widerrufen kann. bb) Geschäftsunfähigkeit einer Partei Signifikante Divergenzen sind auch in Bezug auf die rechtliche Behandlung des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit einer Partei zu konstatieren: Im deutschen Recht gilt insoweit dasselbe wie im Falle des Todes, d.h. Vermutung für den Fortbestand des Angebots im Falle des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Anbietenden2893, Auslegungsfrage im Falle des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers2894. Nach französischem Recht führt der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit einer Partei dagegen nach weiterhin ganz h.M. (an der sich allerdings zunehmend Kritik regt) automatisch zum Erlöschen des Angebots.2895 Noch anders dagegen das englische Recht: Das Angebot bleibt grundsätzlich annahmefähig, die geschäftsunfähig gewordene Partei kann den Vertrag jedoch anfechten, wenn sie beweist, dass die andere Partei Kenntnis vom Eintritt der Geschäftsunfähigkeit hatte.2896 2890
Ebenso i.E. auch Christiandl ERCL 2011, 463, 489. Ebenso auch Christiandl ERCL 2011, 463, 484; vgl. ferner auch das neuere englische Schrifttum (oben C. VIII.3. b) cc)(1), C. VIII.3. b) cc)(1)(b)), das ebenfalls nicht differenziert. Die in den Motiven zum BGB genannten Bedenken gegen eine Erstreckung des § 153 BGB auch auf den Angebotsempfänger (vgl. oben Fn. 2280) betrafen primär den Fall der Geschäftsunfähigkeit; das Argument, dass es bedenklich sei, das Angebot als an die Erben gerichtet zu sehen, überzeugt bei Verträgen, die keinen höchstpersönlichen Charakter haben, nicht (weshalb sollte z.B. ein Autohändler ein Auto nicht auch an die Erben verkaufen wollen?). 2892 Vgl. auch Christiandl ERCL 2011, 463, 481 f.; s. ferner auch Chaaban (Fn. 2442), n° 294. 2893 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(5)(a). 2894 Vgl. oben C. VIII.1. c) bb)(5)(b). 2895 Vgl. oben C. VIII.2. g) dd)(1)(b), C. VIII.2. g) dd)(2). 2896 Vgl. oben C. VIII.3. b) cc)(2). 2891
VIII. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots
435
Die englische Konzeption wirkt aus kontinentaleuropäischer Perspektive jedenfalls auf den ersten Blick sicherlich befremdlich, ist aber vor dem Hintergrund des allgemeinen englischen Geschäftsfähigkeitsrechts jedenfalls konsequent. Die traditionelle französische Lösung, generell ein automatisches Erlöschen anzunehmen, ist – ebenso wie die traditionelle Annahme des Erlöschens im Falle des Todes ein Relikt der überkommenen Vertragsrechtsdogmatik und erscheint mit Blick auf die Bedürfnisse und Interessen im modernen Rechtsverkehr – ähnlich wie bei der Parallelproblematik des Todes als zu pauschal. Vielmehr ist auch hier eine flexible Lösung im Sinne einer widerleglichen Vermutung zugunsten des Fortbestands – allerdings wiederum unabhängig davon, welche Partei geschäftsunfähig wird – vorzugswürdig. In jedem Fall aber erscheint es unabdingbar, dass die Lösung der Problematik der rechtlichen Konsequenzen des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit konsistent mit dem allgemeinen Recht der Geschäfts(un)fähigkeit in der jeweiligen Rechtsordnung ist. Da dies indes nicht Thema der vorliegenden Arbeit sind, wird an dieser Stelle bewusst von einer weiteren Erörterung abgesehen.
D. Annahme I. Definition und Rechtsnatur 1. Deutsches Recht Im deutschen Recht wird die Annahme gewöhnlich definiert als eine einseitige, grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die der Angebotsempfänger seine vorbehaltlose Zustimmung zum Angebot erklärt.2897
2. Französisches Recht Nahezu deckungsgleich ist die Definition des Angebots (acceptation) im französischen Recht. So definiert etwa Fages: L’acceptation est l’acte unilatéral par lequel le destinataire manifest sa volonté de conclure le contrat aux condition indiquées dans l’offre. 2898 [Die Annahme ist die einseitige Erklärung, durch die der Empfänger seinen Willen manifestiert, den Vertrag zu den im Angebot angegebenen Bedingungen zu schließen].
Ganz ähnlich auch die Definition in anderen gängigen Lehrbüchern, wie etwa bei Fabre-Magnan2899, Flour/Aubert/Savaux2900, Larroumet2901, Malaurie/ Aynès/Stoffel-Munck2902 oder Terré/Simler/Lequette2903. 2897 Vgl. Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 1; ders. (Fn. 202), Rn. 738; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 2 f.; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 9; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 1; vgl. weiter auch Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 176; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 649 f.); Fritzsche JA 2006, 674, 677; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 1; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 21; Kötz (Fn. 209), Rn. 110 f.; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 54 f.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 380 f.; Musielak (Fn. 1922), § 3 Rn. 123; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 25, 31. 2898 Fages (Fn. 245), n° 76. 2899 Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 270: „l’acceptation est un acte unilatéral de volonté …. Elle est la manifestation, par le destinataire de l’offre, de son intention de conclure le contrat.“ („Die Annahme ist eine einseitige Willenserklärung. … Sie ist die Manifestation des Willens, den Vertrag zu schließen, durch den Angebotsempfänger.“). 2900 Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 146: „l’expression de l’intention définitive du destinataire de l’offre, de conclure le contrat aux conditions prévues par l’offrant, et à ces conditions seulement: l’acceptation doit être identique à l’offre.“ („Der Ausdruck des definitiven Willens des Angebotsempfängers, den Vertrag zu den vom Anbietenden vorgesehenen Bedingungen zu
I. Definition und Rechtsnatur
437
3. Englisches Recht Die führenden englischen Standardwerke Chitty on Contracts und Treitel definieren acceptance (Annahme) als a final and unqualified expression of assent to the terms of an offer2904 [eine endgültige und uneingeschränkte Äußerung der Zustimmung zu den Bedingungen des Angebots].
Ebenso oder ganz ähnlich definieren auch andere renommierte Lehrbücher wie etwa Anson’s Law of Contract2905, Chen-Wishart2906, Furmston/Tolhurst2907, Koffmann/MacDonald2908 oder McKendrick2909.
4. CESL-D In Art. 34 Abs. 1 CESL-D wird Angebot definiert als „jede Form von Erklärung oder Verhalten des Empfängers …, wenn damit eine Zustimmung zu dem Angebot ausgedrückt wird“; Abs. 2 ergänzt, dass Schweigen oder Untätigkeit 2901 schließen, und allein zu diesen Bedingungen: Die Annahme muss mit dem Angebot identisch sein.“). 2901 Larroumet (Fn. 243), n° 250: „L’acceptation est la manifestation du destinataire de l’offre en vertu de laquelle celui-ci consent à la conclusion de contrat.“ („Die Annahme ist die Manifestation des Angebotsempfängers vermöge derer dieser dem Abschluss des Vertrags zustimmt.“). 2902 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 472: „L’acceptation est l’agrément de l’offre; elle présente les mêmes quatre caractères que l’offre: elle doit être éclairée, pure et simple, libre, et peut être expresse, tacite ou silencieuse.“ („Die Annahme ist das Einverständnis mit dem Angebot; sie weist dieselben vier Charakteristika auf wie das Angebot: Sie muss erklärt sein, schlicht und einfach, frei, und sie kann ausdrücklich, konkludent oder durch Schweigen erfolgen.“). 2903 Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121: „L’acceptation résulte de l’agrément pur et simple de l’offre par le destinataire de celle-ci.“ („Die Annahme resultiert aus dem schlichten und einfachen Einverständnis mit dem Angebot durch dessen Empfänger.“). 2904 Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-027; Treitel (Fn. 491), 2-016. 2905 Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40: „the expression, by words or by conduct, of assent to the terms of the offer in the manner prescribed or indicated by the offeror“ („die Äußerung, durch Worte oder Verhalten, der Zustimmung zu den Bedingungen des Angebot in der durch den Anbietenden vorgeschriebenen oder angegebenen Weise“). 2906 Chen-Wishart (Fn. 496), S. 60: „an unequivocal expression of consent to the proposal contained in the offer“ („eine eindeutige Äußerung der Zustimmung zu dem im Angebot enthaltenen Vorschlag“). 2907 Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.02: „involves the communication of an unequivocal assent to the terms of the offer“ („beinhaltet die Kommunikation einer eindeutigen Zustimmung zu den Bedingungen des Angebots“). 2908 Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.38: „the final expression of assent, by words or conduct, to the offer or proposal“ („die endgültige Äußerung der Zustimmung, durch Worte oder Verhalten, zu dem Angebot oder Vorschlag“). 2909 McKendrick (Fn. 493), S. 80 über nimmt die Definition von Treitel.
438
D. Annahme
allein keine Annahme darstellt2910. Der CESL-D übernimmt damit wörtlich die Definition in Art. II.-4:204 DCFR und Art. 2:204 PECL; ganz ähnlich formulieren aber auch Art. 18 Abs. 1 CISG2911 und Art. 2.1.6(1) PICC2912. Art. 34 CESL-D Annahme / Acceptance / Acceptation Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Jede Form von Erklä- (1) Any form of statement (1) Constitue une acceptarung oder Verhalten des or conduct by the oftion toute déclaration ou Empfängers stellt eine feree is an acceptance if tout comportement du Annahme dar, wenn dait indicates assent to destinataire indiquant mit eine Zustimmung the offer. qu’il acquiesce à l’offre. zu dem Angebot ausgedrückt wird. (2) Schweigen oder Untä- (2) Silence or inactivity (2) Le silence ou l’inaction tigkeit stellen allein does not in itself conne constituent pas à eux keine Annahme dar. stitute acceptance. seuls acceptation de l’offre.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Ebenso wie beim Angebot besteht somit trotz der divergierenden dogmatisch-systematischen Kategorisierung („Rechtsgeschäft/Willenserklärung“ bzw. „acte juridique/déclaration de volonté“ im deutschen und französischen Recht; Nichtexistenz dieser Kategorien im englischen Recht und CESL-D) auch in Bezug auf die essentiellen materiellen Grundvoraussetzungen für eine wirksame Annahme in allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen und im CESL-D Kongruenz: Erforderlich ist eine Erklärung des Angebotsempfängers mit Rechtsbindungswillen, die auf das Angebot bezogen ist und die vorbehaltlose Zustimmung zu den Bedingungen des Angebots zum Ausdruck bringt (zu den Auslegungsstandards der verschiedenen Rechtsordnungen bereits ausf. oben C. II).
2910
Vgl. dazu noch ausf. unten D. V.2. b) dd). Art. 18 Abs. 1 CISG Eine Erklärung oder ein sonstiges Verhalten des Empfängers, das eine Zustimmung zum Angebot ausdrückt, stellt eine Annahme dar. Schweigen oder Untätigkeit allein stellen keine Annahme dar. 2912 In der englischen Fassung wortidentisch mit Art. 18 Abs. 1 CISG; in der deutschen Fassung wird allerdings in S. 1 Plural („die … ausdrücken“) statt Singular („das … ausdrückt“) verwendet (was aber freilich nur eine redaktionelle Abweichung ist). 2911
II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen
439
II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen Ebenso wie das Angebot2913 ist damit auch die Annahme zunächst von (unverbindlichen) Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen abzugrenzen. Insofern lässt sich im Wesentlichen wiederum zwischen zwei Kategorien differenzieren: (1) Äußerungen, die von vornherein lediglich auf das Zustandekommen von außerrechtlichen Arrangements gerichtet sind (dazu unten D. II.1.), und (2) Äußerungen, die zwar einen Bezug zum Angebot und den (potenziellen) Abschluss eines rechtlich verbindlichen Vertrags haben, mit denen der Angebotsempfänger sich aber (noch) nicht endgültig binden will, wie z.B. Empfangsbestätigungen, Interessenbekundungen etc. (dazu unten D. II.2.).
1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen Im Hinblick auf die Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielende Äußerungen stellen sich dieselben Probleme und Fragen wie sie schon ausführlich sub. C. III.1. in Bezug auf das Angebot erörtert worden; insofern kann daher auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.
2. Abgrenzung zu Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen a) Deutsches Recht Im deutschen Recht erfolgt die Abgrenzung von Annahme und Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen wie z.B. Ankündigungen, Empfangsbestätigungen, Interessenbekundungen etc. durch Auslegung nach Maßgabe der allgemeinen Auslegungsstandards2914.2915 Im Falle von Zusätzen wie etwa „schriftliche Bestellung folgt“2916, „Brieffolge“2917 oder „Akzeptiere … vorbehaltlich endgültiger Entscheidung Diens2913
Vgl. dazu ausf. oben C. III. Dazu ausf. oben C. II.1. 2915 Vgl. BGH WM 1985, 1481; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 9. 2916 RG SeuffA 83(1929) 164 Nr. 104 („schriftliche Bestellung folgt“ legt bloße Ankündigung nahe); OLG Hamm DB 1983, 2619 („schriftliche Bestellung folgt“ bloße Ankündigung). 2917 RGZ 105, 8, 13 f. („Brieffolge“ bloße Ankündigung). 2914
440
D. Annahme
tag“2918 wird im Zweifel von einer bloßen Ankündigung ausgegangen.2919 Ähnlich werden auch als „Eingangsbestätigung“ oder „Zugangsbestätigung“ deklarierten Erklärungen im Zweifel (noch) nicht als Annahme angesehen.2920 Dies gilt insbesondere auch bei Zugangsbestätigungen im elektronischen Geschäftsverkehr gem. § 312g Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB: Sie werden von der ganz h.M. grundsätzlich als reine entsprechende Wissenserklärung qualifiziert2921. Im Einzelfall kann die Auslegung je nach Formulierung und Gesamtumständen aber auch hier ergeben, dass bereits eine Annahme vorliegt.2922 Die Rechtsprechung ist insofern äußerst uneinheitlich2923, weshalb zu Recht empfohlen wird, eine möglichst eindeutige und unmissverständliche Formulierung zu verwenden2924. 2918
Vgl. RG SeuffA 80(1926) 129 Nr. 72. Vgl. RGZ 105, 8, 13; RG SeuffA 80(1926) 129 Nr. 72; RG SeuffA 83(1929) 164 Nr. 104; OLG Hamm DB 1983, 2619; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 3, § 150 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 9; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 1. Vgl. aber auch RG LZ 1924, 811 (bereits wirksame Annahme im Falle eines Telegramms: „Bildangelegenheit in Ordnung Brief folgt.“). 2920 Vgl. Kötz (Fn. 209), Rn. 110; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 56. 2921 Vgl. BGH BeckRS 2013, 00364 Rn. 19; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 1; Dethloff JURA 2003, 730, 733; Grüneberg (Fn. 242), § 312g Rn. 7; Haubold (Fn. 1570), § 9 Rn. 68; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 102; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 57; Morlang (Fn. 2086), S. 153; Saenger (Fn. 242), § 312g Rn. 17; Schulte-Nölke (Fn. 2092), § 312g Rn. 9; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 312e BGB Rn. 14; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 47. 2922 Vgl. BGH BeckRS 2013, 00364 Rn. 19; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 1; Dethloff JURA 2003, 730, 733; Haubold (Fn. 1570), § 9 Rn. 68; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 104 ff.; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 57; Morlang (Fn. 2086), S. 153; Paal JuS 2010, 953, 954; Saenger (Fn. 242), § 312g Rn. 17; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 312e BGB Rn. 14; Wiese VuR 2008, 161, 164. 2923 Bloße Wissenserklärung: OLG Nürnberg MMR 2010, 31 (… vielen Dank für Ihre Bestellung bei … Hiermit bestätigen wir den Eingang Ihrer Bestellung. Wir werden möglichst umgehend Ihren Auftrag bearbeiten.“); LG Essen MMR 2004, 49 („Vielen Dank für Ihre Bestellung! Ihre Bestellnummer lautet: … Sie haben folgende Waren bestellt: …“); LG Hamburg MMR 2005, 121 m. krit. Anm. Lindhorst („Wir senden Ihre Bestellung an die angegebene Adresse“); AG Butzbach NJW-RR 2003, 54 m. krit. Anm. Kimmelmann/Winter JuS 2003, 532, 534 f. („Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir werden Ihren Auftrag umgehend bearbeiten“); AG Wolfenbüttel MMR 2003, 492. Bereits Annahme: BGH NJW 2005, 976 („„Sehr geehrter Kunde, Ihr Auftrag wird jetzt unter der Kundennummer … von unserer Versandabteilung bearbeitet … Wir bedanken uns für den Auftrag. …“); OLG Frankfurt a.M. MMR 2003, 405 („Vielen Dank für Ihren Auftrag, den wir so schnell als möglich ausführen werden.“); LG Köln MMR 2003, 481 (Bestellung werde bald ausgeführt); AG Westerburg MMR 2003, 609 („Vielen Dank für Ihre Bestellung … die wir so schnell wie möglich für Sie bearbeiten werden“); AG Hamburg-Barmbek NJW-RR 2004, 412 (Bestätigung, dass Lieferung innerhalb einer Woche); AG Fürth BeckRS 2009, 24146 (EMail enthielt neben der Bestätigung der Lieferbarkeit durch das Wort „lieferbar“ auch den Hinweis auf die Möglichkeit, Informationen zum aktuellen Lieferstatus der Bestellung im persönlichen Bereich des Kunden abzufragen); 2924 Vgl. etwa Bodenstedt MMR 2004, 719, 721; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 105; Thüsing (Fn. 1570), § 312g Rn. 50; Wendehorst (Fn. 2086), § 312g Rn. 97 („Diese Mail bestätigt lediglich den Eingang Ihrer Bestellung und stellt noch keine Annahme Ihres Auftrags dar.“); Wiese VuR 2008, 161, 165. 2919
II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen
441
b) Französisches Recht Nach französischem Recht ergibt sich ebenfalls bereits aus der Grunddefinition der Annahme2925, dass Äußerungen, bei denen sich im Rahmen der Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsstandards2926 ergibt, dass noch kein endgültiger Rechtsbindungswille vorlag (wie z.B. Ankündigungen, Empfangsbestätigungen, Interessenbekundungen etc.) noch keine wirksame Annahme darstellen. Dies erscheint offenbar derart selbstverständlich2927, dass die Problematik in den gängigen aktuellen Lehrbüchern nicht einmal speziell erwähnt wird. Lediglich in einigen älteren Werken wird sie kurz angerissen. Ein knapper Hinweis, dass vorläufige Erklärungen keine Annahme darstellen, findet sich etwa in dem „Traité des obligations en général“ von Demogue (1923)2928, der diesbezüglich ein Urteil des Gerichts von Gent aus dem Jahr 18952929 zitiert. Aubert widmet der Problematik in seinem grundlegenden Werk zu offre et acceptation unter Bezugnahme auf ein Urteil des Trib. com. de la Seine von 19282930 immerhin einen ganzen Absatz.2931 Spezielle Aufmerksamkeit erfahren – wenngleich längst nicht in gleichem Maße wie in Deutschland haben allerdings auch in Frankreich Empfangsbestätigungen im elektronischen Geschäftsverkehr nach Maßgabe der französischen Umsetzungsvorschrift zu Art. 11 E-Commerce-RL2932 in Art. 1369-5 Abs. 2 C. civ.2933. Sie werden jedoch ganz überwiegend als rein informative Erklärungen qualifiziert.2934 Das Gesamtsystem der französischen Vertragsschlusskonzeption in diesem Bereich lässt indes freilich schon rein logisch nur 2925
Dazu oben D. I.2. Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des französischen Rechts bereits oben C. II.2. 2927 Bonassies (Fn. 1414), S. 1059 hatte im Rahmen des berühmten Studie von Schlesinger et. al (1968) ebenfalls bereits konstatiert, dass die Problematik im französischen Recht nicht speziell diskutiert wird. 2928 Vgl. Demogue (Fn. 881), n° 564. 2929 CA Gand, 6.4.1895, Pas. 1895.II.370, 372: „…pas encore consenti définitivement et sans réserves“ („… noch nicht endgültig und ohne Vorbehalte zugestimmt.“). 2930 Trib. com. de la Seine, 27.4.1928, S.J. 1928, 1066. Das Gericht lehnte es in dieser Entscheidung ab, die Äußerung, dass jemand „désirait bénéficier des différents services“ („wünsche von den verschiedenen Leistungen zu profitieren“), als Angebot zu qualifizieren; „Il y a, en effet, une différence essentielle entre la volonté, qui se propose un but, et le désir, qui n’est qu’une sorte d’amorce, capable d’entraîner la détermination sans cependant la nécessiter.“ („Es besteht tatsächlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Willen, der ein Ziel verfolgt, und dem Wunsch, der nichts als eine Art Auftakt ist, der einen Entschluss herbeiführen kann, ihn jedoch nicht notwendig macht.“). 2931 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 284. 2932 Fn. 392. 2933 Siehe oben C. III.2. b) hh)(2)(b). 2934 Vgl. Bruguière (Fn. 1603), n° 78; Huet JCP G 2004.I.178 n° 15; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 66; s. ferner (für den Fall, dass die Webseite tatsächliche eine echte offre ist [zur Problematik bereits oben C. III.2. b) hh)(2)(b)]) auch Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 43; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 c; für diesen Fall ebenfalls in Erwägung ziehend, aber insgesamt eher skeptisch jedoch Mathey (Fn. 1603), n° 48. 2926
442
D. Annahme
schwer eine andere Einordnung zu: Denn zum einen wird die Webseite des Unternehmers gewöhnlich ohnehin meist bereits als Angebot qualifiziert2935, zum anderen gilt für das Zustandekommen des Vertrags das – später noch näher zu erörternde2936 – System des „double clic“ („Doppelklick“), wonach erst die confirmation (de commande) (Bestätigung [der Bestellung] seitens des Kunden) als „2. Klick“ den Vertrag wirksam zustande bringt. Von Autoren, die der Ansicht folgen, dass die Webseite des Unternehmers auch im Anwendungsbereich der Art. 1369-4 und Art. 1369-5 C. civ. nicht notwendig eine echte offre sein muss, sondern tatsächlich auch eine invitation à entrer en pourparlers darstellen kann2937, wird allerdings angenommen, dass als „Empfangsbestätigung“ bezeichnete Erklärung dann – je nach Formulierung – ggf. auch die Annahme des dann vom Kunden ausgehenden Angebots darstellen könne.2938 c) Englisches Recht In England wird die Problematik dagegen nicht nur im aktuellen Schrifttum näher erörtert2939, sondern es gibt auch eine ganze Reihe Präjudizien. Die Abgrenzung von Annahme und Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen erfolgt – ebenso wie im deutschen und französischen Recht durch Auslegung der Erklärung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards2940.2941 Nicht als wirksame Annahme angesehen wurden etwa die Äußerungen „It is our intention to place an order“ („Wir beabsichtigen, ein Angebot abzugeben“)2942, „Your bill … shall have attention“2943 („Ihrem Wechsel … wird Aufmerksamkeit gewidmet werden“), „are aware“ („sind darüber im Klaren“)2944, auf Grund der Gesamtumstände des Falles aber etwa auch „Please supply an invoice“ („Bitte stellen sie eine Rechnung aus“)2945. Grundsätzlich nicht als wirksame Annahme qualifiziert werden ferner insbesondere auch bloße Eingangs- oder Zugangsbestätigungen,2946 speziell auch 2935 2936 2937 2938
Vgl. dazu bereits oben C. III.2. b) hh)(2). S. unten D. VII.2. c) dd)(1). Vgl. zum Meinungsstreit näher oben C. III.2. b) hh)(2)(b). Vgl. Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 42; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3
C 2 c. 2939
Vgl. etwa Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 43; Treitel (Fn. 491), 2-016. Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des englischen Rechts bereits oben C. II.3. 2941 Vgl. Michael Gerson (Leasing) Ltd v Wilkinson [2000] EWCA Civ 250 at para. 56 per Clarke LJ; Commissioners of Inland Revenue v Fry [2001] STC 1715 at para. 5 ff.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-027; Treitel (Fn. 491), 2-016; s. ferner auch die schottische Entscheidung University of Edinburgh v Onifade [2004] ScotSC 89 at para. 6. 2942 OTM Ltd v Hydranautics [1981] 2 Lloyd’s Rep. 211 at 214. 2943 Rees v Warwick (1818) 2 B & Ald 113. 2944 Vgl. BP Oil International Ltd v Target Shipping Ltd [2012] EWHC 1590 (Comm) at para. 122. 2945 Michael Gerson (Leasing) Ltd v Wilkinson [2000] EWCA Civ 250 ( 2946 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-027; Treitel (Fn. 491), 2-016. 2940
II. Abgrenzung: Annahme – Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen
443
solche gem. r. 11(1)(a)2947 Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 20022948 (der englischen Umsetzungsvorschrift zu Art. 11 Abs. 1 Sps. 1 ECommerce-RL2949)2950. Ähnlich wie in Deutschland wird aber auch in England davon ausgegangen, dass je nach Formulierung u.U. auch bereits eine wirksame Annahme vorliegen kann2951; auch im englischen Schrifttum wird deshalb zu eindeutigen und unmissverständlichen Formulierungen solcher Erklärungen geraten2952.
2947 11.— Placing of the order (1) Unless parties who are not consumers have agreed otherwise, where the recipient of the service places his order through technological means, a service provider shall (a) acknowledge receipt of the order to the recipient of the service without undue delay and by electronic means; and (b) make available to the recipient of the service appropriate, effective and accessible technical means allowing him to identify and correct input errors prior to the placing of the order. (2) For the purposes of paragraph (1)(a) above (a) the order and the acknowledgement of receipt will be deemed to be received when the parties to whom they are addressed are able to access them; and (b) the acknowledgement of receipt may take the form of the provision of the service paid for where that service is an information society service. (3) The requirements of paragraph (1) above shall not apply to contracts concluded exclusively by exchange of electronic mail or by equivalent individual communications.“ (Abgabe einer Bestellung. (1) Außer im Falle abweichender Vereinbarungen zwischen Parteien, die nicht Verbraucher sind, hat ein Diensteanbieter, wenn der Nutzer der Dienste seine Bestellung auf elektronischem Wege aufgibt (a) dem Nutzer der Dienste den Eingang der Bestellung unverzüglich und auf elektronischem Wege bestätigen; und (b) dem Nutzer der Dienste angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung stellen, mit denen er Eingabefehler vor Abgabe der Bestellung erkennen und korrigieren kann. (2) Für die Zwecke von Absatz 1 a (a) gelten Bestellung und Empfangsbestätigung als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können; und (b) die Eingangsbestätigung kann in Form der Leistung der bezahlten Dienste erfolgen, wenn die Leistung eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft ist. (3) Die Anforderungen nach Absatz 1 gelten nicht für Verträge, die ausschließlich durch den Austausch von elektronischer Post oder durch vergleichbare individuelle Kommunikation geschlossen werden.) 2948 The Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 2002 (SI 2002/2013). 2949 Fn. 392. 2950 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.36; Law Commission and Scottish Law Commission (Fn. 1612), 4.53; Miller (2003) 147 Sol Jo 339; Rogers (Fn. 1612), S. 27 f.; ders. BLR 2002, 70, 71 f. 2951 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-027; Rogers (Fn. 1612), S. 27 f.; ders. BLR 2002, 70, 71 f.; Treitel (Fn. 491), 2-016. 2952 Vgl. etwa Rogers (Fn. 1612), S. 28.
444
D. Annahme
d) CESL-D Im Rahmen des CESL-D ergibt sich ebenfalls bereits aus der Grunddefinition des Angebots in Art. 34 Abs. 1 CESL-D2953, speziell in Verbindung mit Art. 30 Abs. 1 lit. b CESL-D (allgemeines Erfordernis des Rechtsbindungswillens beider Vertragsparteien)2954, dass Äußerungen, bei denen die Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards des CESL-D2955 ergibt, dass noch kein endgültiger Rechtsbindungswille vorlag wie z.B. Ankündigungen, Empfangsbestätigungen, Interessenbekundungen etc. keine wirksame Annahme darstellen. Dies gilt insbesondere auch für Empfangsbestätigungen gem. Art. 24 Abs. 5 CESL-D2956, 2957 (dem CESL-D-Pendant zu Art. 11 Abs. 1 Sps. 1 E-Commerce-RL2958). In den Materialien zu den wortidentischen Vorläuferregelungen in Art. II.4:204 DCFR und Art. 2:204 PECL wurde ebenfalls bereits explizit betont, dass im Wege der Auslegung zu ermitteln ist, ob die Äußerung des Angebotsempfängers mit Rechtsbindungswillen erfolgte.2959 Ebenso ist auch im Rahmen von CISG und PICC mit ihren ganz ähnlichen Angebotsdefinitionen2960 allgemein anerkannt, dass Äußerungen, bei denen die Auslegung ergibt, dass es sich um bloße Eingangsbestätigungen2961, Interessenbekundungen2962, An- oder Nachfragen2963 etc. handelt, nicht als wirksame Annahme zu qualifizieren sind. 2953
Dazu bereits oben D. I.4. Dazu bereits oben B. I.4. a). 2955 Dazu bereits ausf. oben C. II.4. 2956 Art. 24 Abs. 5 CESL-D Der Unternehmer hat den Empfang eines Angebots der anderen Partei oder einer Annahme durch die andere Partei unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen. (The trader must acknowledge by electronic means and without undue delay the receipt of an offer or an acceptance sent by the other party./ Le professionnel doit, par voie électronique et sans retard indu, accuser réception de l’offre ou de l’acceptation expédiée par l’autre partie.) 2957 Etwas anderes kann sich freilich auch hier ergeben, wenn die Erklärung einen über die bloße Bestätigung des Empfangs hinausgehenden Inhalt hat. 2958 Fn. 392. 2959 Vgl. Art. II.-4:204 DCFR Comment A; Art. 2:202 PECL Kommentar A. Vgl. zum CESL-D ferner auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.5.b. 2960 Vgl. oben D. I.4., speziell Fn. 2911 f. 2961 Vgl. zu Art. 18 Abs. 1 CISG Rechtbank van Koophandel Tongeren, 25.1.2005, CISGonline 1106; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 7; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 4; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 4; zu Art. 2.1.6(1) PICC: Comment 1 Art. 2.1.6 PICC; Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.6 para. 1. 2962 Vgl. zu Art. 18 Abs. 1 CISG: Rechtbank van Koophandel Tongeren, 25.1.2005, CISGonline 1106; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 2; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 7; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 3; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 4; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 4; zu Art. 2.1.6(1) PICC: Comment 1 Art. 2.1.6 PICC; Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.6 para. 1. 2963 Vgl. zu Art. 18 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 12; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 2; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 7; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 3. 2954
III. Nexus mit dem Angebot?
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e) Rechtsvergleichende Würdigung In Bezug auf die Abgrenzung der Annahme von Äußerungen ohne (endgültigen) Rechtsbindungswillen zeigt sich somit grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den untersuchten Rechtsordnungen: Bloße Empfangsbestätigungen, Anfragen, Interessenbekundungen etc. werden überall nicht als wirksame Annahme qualifiziert. Gewisse Unterschiede sind im Einzelfall vor dem Hintergrund der teils divergierenden nationalen Auslegungsstandards2964 freilich nicht auszuschließen.
III. Nexus mit dem Angebot? Eine weitere Grundfrage ist, ob für einen wirksamen Vertragsschluss ein Nexus zwischen Angebot und Annahme erforderlich ist, ob also auch dann eine wirksame Annahme vorliegt, wenn die Erklärung sich zwar inhaltlich mit dem Angebot deckt2965, der Erklärende aber gar keine Kenntnis von dem Angebot hat. Relevant wird dies speziell in zwei Konstellationen: bei sog. Kreuzofferten (dazu unten D. III.1.) und in den sog. Belohnungsfällen (dazu unten D. III.2.).
1. Kreuzofferten Unter dem Stichwort der „Kreuzofferten“ (cross-offers) wird der Fall diskutiert, dass sich zwei inhaltlich kongruente Angebote „kreuzen“, d.h. eine Partei ein Angebot abschickt, während ein inhaltlich kongruentes Angebot der anderen Partei zu ihr unterwegs ist. a) Deutsches Recht Im deutschen Recht gehen Rechtsprechung2966 und Lehre2967 ganz überwiegend davon aus, dass auch im Falle inhaltlich kongruenter Kreuzofferten ein 2964
Vgl. dazu bereits ausf. oben C. II. Ausf. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Annahme unten D. IV. 2966 Vgl. LG Frankfurt a.M. WM 2008, 405, 407; LG Karlsruhe BeckRS 2011, 00815; s. ferner auch ThürOLG BeckRS 2006, 05658. 2967 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 3; ders. NJW 1996, 438, 440; DNotI DNotI-Report 1995, 145, 147; Ellenberger (Fn. 202), § 145 Rn. 10; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 650 f.); Kramer (Fn. 1532), § 151 Rn. 5; ders. JURA 1984, 235, 248; Neumayer FS Riese, 1964, S. 309, 328; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 31 f.; vgl. ferner auch bereits Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 11 Fn. 2 (S. 28); Regelsberger (Fn. 179), § 150 II A 1 a Fn. 19 (S. 552); Zitelmann, Die Rechtsgeschäfte im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. 1, 1889, S. 121. 2965
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D. Annahme
wirksamer Vertrag zustande kommt. Begründet wird dies damit, dass eine zeitliche Abfolge von Angebot und Annahme nicht erforderlich sei, ein solcher „rigider Katechismus der Vertragsgenetik“ entspreche nicht der modernen Vertragsdogmatik und auch nicht den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs; entscheidend sei vielmehr die materielle Willensübereinstimmung.2968 Ein Teil der Literatur will das Zustandekommen des Vertrags aus Vertrauensschutzgründen allerdings unter den Vorbehalt stellen, dass keine Partei unverzüglich widerspricht.2969 Andere wollen einen Vertragsschluss nur annehmen, wenn beide Parteien durch vertragsausführendes Verhalten die übereinstimmend gewollte Bindung erkennen lassen2970. Vereinzelt wird ein Vertragsschluss aber sogar generell abgelehnt; ohne Bezug nebeneinander herlaufende Erklärungen genügten nicht.2971 b) Französisches Recht In den gängigen aktuellen französischen Lehrbüchern wird zwar gewöhnlich explizit betont, dass eine wirksame Annahme grundsätzlich die Kenntnis des Angebots impliziert dies allerdings in ganz anderem Kontext, nämlich der Frage, ob bestimmte Klauseln Vertragsbestandteil geworden sind.2972 Die spezifische Problematik der Kreuzofferte wird dagegen – soweit ersichtlich – nicht speziell angesprochen. Grund hierfür ist offenbar zum einen ihre relativ geringe praktische Bedeutung (insbesondere lassen sich auch keine einschlägigen Gerichtsentscheidungen finden), zum anderen scheint man darin heute aber auch ersichtlich kein wirkliches Problem (mehr) zu sehen. Im älteren Schrifttum wurde die Frage nämlich durchaus intensiv erörtert. So hatte speziell Larombière in seinem berühmten „Théorie et pratique des obligations“ (1885) argumentiert, dass die notwendige Korrelation fehle und die Willensübereinstimmung nicht beabsichtigt, sondern nur zufällig sei, und deshalb kein wirksamer Vertrag zustande kommen könne.2973 Mit dieser Position blieb er jedoch weitgehend isoliert. Als ganz herrschende Ansicht2974 kristallisierte sich vielmehr die Bejahung eines wirksamen Vertrags heraus: Denn trotz der for2968 Vgl. dezidiert speziell Neumayer FS Riese, 1964, S. 309, 321; vgl. weiter etwa Kramer (Fn. 1532), § 151 Rn. 5; ders. JURA 1984, 235, 248; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 31. 2969 So Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 7; ders. (Fn. 202), Rn. 739; ähnlich auch bereits von Tuhr (Fn. 1918), S. 459 f.; ebenso i.E. auch Soergel/Wolf, 13. Aufl. 1999, § 145 Rn. 24 (Vertragsschluss nur, wenn beide Teile schweigen). 2970 So Eckert (Fn. 1367), § 145 Rn. 3; Fritzsche JA 2006, 674, 677. 2971 So Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 80. 2972 Vgl. etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 270; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 472; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 122. 2973 Vgl. Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 22. 2974 Vgl. Demogue (Fn. 881), n° 583; 124; Girault, Traité des contrats par correspondance, 1890, n° 124; Montagnier, De la Lettre missive en droit privé, étude de doctrine et de jurisprudence, 2e éd. 1907, n° 187 f.; Valéry (Fn. 2398), n° 220 f.
III. Nexus mit dem Angebot?
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malen „Kreuzung“ zweier Angebote liege ein materieller Konsens der Parteien vor, ein rencontré des volontés2975; die Gegenmeinung sei übertriebener Formalismus2976. Dies steht auch im Einklang mit dem fundamentalen französischen Grundprinzip des Primats des wirklichen, subjektiven Willens der Parteien2977 und wird heute ganz offenbar als unstreitig und quasi schon selbstverständlich angesehen. c) Englisches Recht Im englischen Recht ist es seit der Entscheidung Tinn v Hoffmann & Co (1873)2978 – wo die Problematik allerdings nur obiter erörtert wurde und sich die Richter zudem nicht völlig einig waren2979 allgemeine Meinung, dass durch cross-offers (Kreuzofferten) kein wirksamer Vertrag zustande kommt; ein Vertrag kommt vielmehr nur dann zustande, wenn eine der Parteien das Angebot der anderen „förmlich“ annimmt.2980 Hauptargument war und ist – neben der Erwägung, dass die „Einigung“ rein zufällig ist2981 –, dass die Bejahung eines Vertragsschlusses zu erheblichen Unsicherheiten im Rechts- und Geschäftsverkehr führen würde, weil die Parteien nicht sicher sein könnten, ob sie vertraglich gebunden sind2982. Dezidiert insofern schon Blackburn J in Tinn v Hoffmann & Co: When a contract is made between two parties, there is a promise by one, in consideration of the promise made by the other; there are two assenting minds, the parties agreeing in opinion, and one having promised in consideration of the promise of the other 2975
Vgl. Demogue (Fn. 881), n° 583; Girault (Fn. 2974), n° 124; Montagnier (Fn. 2974), n° 187; Valéry (Fn. 2398), n° 220. 2976 Vgl. Montagnier (Fn. 2974), n° 188. 2977 Vgl. dazu bereits oben C. II.2. a) aa). 2978 Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271. Nachdem die Parteien bereits eine Weile verhandelt hatten, schrieben Hoffmann & Co. am 28.11.1871 an Tinn einen Brief mit einem Angebot zum Verkauf von 800 t Eisen für 69s pro t sowie weiteren 400 t für 69s pro t; am selben Tag schrieb Tinn einen Brief an Hoffmann & Co. mit einem Angebot zum Kauf von 800 t Eisen für 69s pro t sowie weiteren 400 t für 68s pro t. Die Briefe kreuzten sich. Tinn argumentierte, dass zumindest ein Kaufvertrag über 800 t Eisen für 69 s pro t zustande gekommen sei. Die Mehrheit der Richter der Exchequer Chamber entschied, dass gar kein Vertrag zustande gekommen sei. 2979 Honyman J hätte einen Vertragsschluss bei identical cross-offers bejaht; Archibald J, Blackburn J., Brett J, Grove J, und Keating J hätten einen Vertragsschluss abgelehnt; Quain J interpretierte die Korrespondenz von vornherein völlig anders. 2980 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.07; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 39; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-044; Coote (1971) 4 NZULR 331, 332 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.30; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.72; McKendrick (Fn. 493), S. 115; Treitel (Fn. 491), 2-049. Vgl. ferner auch Kahn (1955) 72 SALJ 246, 247 f. Kritisch jedoch jüngst Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 74 („not only coincidence of acts, but … unanimity of mind“ [„nicht nur Koinzidenz der Handlungen, sondern auch geistige Einmütigkeit“]). 2981 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.72. 2982 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.07; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-044; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.72; Treitel (Fn. 491), 2-049.
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D. Annahme
– there is an exchange of promises; but I do not think exchanging offers, would, upon principle, be at all the same thing. … The promise or offer being made on each side in ignorance of the promise or the offer made on the other side, neither of them can be construed as an acceptance of the other. Either of the parties may write and say „I accept your offer, and, as you perceive, I have already made a similar offer to you,“ and then people would know what they were about, I think either side might revoke. Such grave inconvenience would arise in mercantile business if people could doubt whether there was an acceptance or not, that it is desirable to keep to the rule that an offer that has been made should be accepted by an acceptance such as would leave no doubt on the matter.2983 [Wenn zwischen zwei Parteien ein Vertrag geschlossen wird, ist da ein Versprechen der einen als consideration für das Versprechen, das von der anderen gemacht wird; da sind zwei zustimmende Willen, die Parteien stimmen in ihrer Ansicht überein, und eine hat als consideration für das Versprechen der anderen versprochen – da ist ein Austausch von Versprechen; aber ich denke nicht, dass der Austausch von Angeboten überhaupt prinzipiell dasselbe wäre. … Das Versprechen oder das Angebot, das auf jeder Seite in Unkenntnis des Versprechens oder des Angebots auf der anderen Seite gemacht wird, keines von beiden kann als Annahme des anderen angesehen werden. Jede Partei kann schreiben und sagen „Ich nehme Ihr Angebot an, und, wie Sie bemerken, habe ich bereits ein ähnliches Angebot an Sie gemacht,“ und dann wüssten die Leute, um was es geht, ich denke jede Seite könnte widerrufen. Wenn die Leute zweifeln könnten, ob da eine Annahme war oder nicht, würden derart ernsthafte Schwierigkeiten im Handelsverkehr entstehen, dass es wünschenswert ist, die Regel beizubehalten, dass ein Angebot durch eine Annahme angenommen werden muss, die keinen Zweifel an der Sache lässt.]
Wie die einleitenden Worte von Blackburn J, aber auch andere Äußerungen im Schrifttum2984 zeigen, schimmert im Insistieren auf einen kausalen Nexus von offer und acceptance, einem gegenseitigen „Austausch“, aber erneut auch die consideration-Doktrin2985 durch. d) CESL-D Im CESL-D ist die Problematik der Kreuzofferten nicht speziell geregelt. Auch in den (wie bereits eingangs2986 angemerkt ohnehin sehr spärlichen) Materialien zum CESL-D oder den einschlägigen Vorläuferregelungen in DCFR und PECL sowie den Materialien hierzu wird sie nicht angesprochen. Im Zuge der Beratungen zum CISG war dagegen vor dem Hintergrund des diesbezüglichen Streits unter Geltung des EAG2987 die Aufnahme einer spezi2983
Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 279 per Blackburn J. Ausdrückliche Referenz zum Erfordernis eines bargain etwa auch bei Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.30. 2985 Ausf. zu dieser bereits oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 2986 Vgl. oben A. I bei Fn. 6. 2987 Vgl. dazu etwa Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 6 EAG Rn. 18 m.w.N. 2984
III. Nexus mit dem Angebot?
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ellen Vorschrift vorgeschlagen worden, wonach Kreuzofferten zu einem Vertragsschluss führen sollten, sofern keine Partei sofort widerspricht.2988 Der Antrag wurde dann jedoch letztlich zurückgenommen, u.a. auf Grund der mit einer adäquaten Regelung verbundenen legislativtechnischen Schwierigkeiten; zudem war man verbreitet der Auffassung, dass sich solche – in der Praxis ohnehin seltenen Fälle – auch anhand der allgemeinen Regeln hinreichend lösen ließen.2989 Im Schrifttum zum CISG ist die Frage seitdem umstritten. Es gibt Autoren, die einen Vertragsschluss mangels Nexus zwischen den beiden Erklärungen grundsätzlich ablehnen.2990 Ganz überwiegend wird indes die Ansicht vertreten, dass auch inhaltlich übereinstimmende Kreuzofferten einen wirksamen Vertrag zustande bringen2991, wobei allerdings teils die Einschränkung gemacht wird, dass dies nicht gelte, wenn es sich um zufällige, d.h. ohne vorherige Parteibeziehung abgegebene Kreuzofferten handele, weil dann keine Partei auf einen Vertragsschluss vertrauen könne2992. Was heißt dies nun für die rechtliche Behandlung von Kreuzofferten im Rahmen des CESL-D? Festzuhalten ist zunächst, dass jedenfalls das Angebot/Annahme-Modell der Art. 30 ff. CESL-D der Bejahung eines Vertragsschlusses keineswegs entgegensteht, denn wie bereits oben2993 dargelegt, handelt es sich dabei – ebenso wie in den untersuchten nationalen Rechtsordnungen2994 – nur um dogmatisches Grundmodell, das nicht immer schematischstereotyp angewendet werden kann und dies auch nicht beansprucht. Wie im Zuge der anschließenden rechtsvergleichenden Würdigung2995 noch näher auszuführen sein wird, erscheint es konzeptionell und wertungsmäßig aber generell – und daher auch im Rahmen des CESL-D insgesamt überzeugender, auch im Falle von Kreuzofferten das Zustandekommen eines wirksamen Vertrags zu bejahen.
2988 Vgl. Report of the United Nations Commission on International Trade Law on the work of its eleventh session, YB IX (1978) S. 11, 39 Nr. 105: „Identical cross offers shall be treated as a manifestation of a mutual agreement binding on an offeror unless he promptly notifies the other offeror that he does not hold himself bound.“ („Identische Kreuzofferten sind als Manifestation einer für den Anbietenden bindenden gegenseitigen Einigung zu behandeln, sofern er dem anderen Anbietenden nicht sofort mitteilt, dass er sich nicht als gebunden ansieht.“). 2989 Vgl. UNCITRAL Report (Fn. 2988), S. 11, 39 Nr. 107 f. 2990 So offenbar Mullis in: Huber/Mullis, The CISG, 2007, S. 86 f. (der allerdings einräumt, dass die Parteien auch vom Vertragsschlussschema des CISG abweichen könnten). 2991 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 14; Ferrari (Fn. 1390), Art. 15 Rn. 3; Gruber (Fn. 2228), Vorb. Art. 14 ff. CISG Rn. 3; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 4; implizit ferner auch LG Hannover IHR 2012, 59, 60. 2992 So etwa Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 2; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 10; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 20. 2993 Vgl. oben B. I.4. b) 2994 Vgl. oben B. I.1. b) gg) (deutsches Recht), B. I.2. b) ee)(2)(b) (französisches Recht), B. I.3. b) cc) (englisches Recht). 2995 S. sogleich D. III.1. e).
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D. Annahme
e) Rechtsvergleichende Würdigung Rechtsvergleichend fällt zunächst auf, dass die rechtliche Behandlung des – in der Praxis wohl eher seltenen Phänomens der Kreuzofferte in allen analysierten Rechtsordnungen Probleme bereitet hat. Es überrascht insofern auch kaum, dass die Lösungen höchst unterschiedlich sind: Während sich im deutschen und französischen Recht weitgehend die Auffassung durchgesetzt hat, dass trotz des „Kreuzens“ der Erklärungen ein wirksamer Vertrag zustande kommt, wird dies im englischen Recht kategorisch abgelehnt. Dass durch Kreuzofferten kein wirksamer Vertrag zustande kommen könne, lässt sich jedenfalls nicht damit begründen, dass ein Vertrag immer und ausschließlich durch ein „Angebot“ und eine „Annahme“ zustande kommen könne2996: Denn in allen analysierten Rechtsordnungen ist heute – wie bereits oben angemerkt2997 allgemein anerkannt, dass es sich dabei nur um ein dogmatisches Grundmodell handelt, das nicht immer schematisch-stereotyp angewendet werden kann2998. Ein striktes Insistieren auf die Einhaltung des Angebot/Annahme-Schemas stellt sich vor diesem Hintergrund in der Tat als mit der modernen Vertragsrechtsdogmatik unvereinbarer Formalismus dar.2999 Nicht wirklich überzeugend erscheint aber auch die weitere Argumentation, dass die Willensübereinstimmung im Falle von Kreuzofferten nur „zufällig“ und nicht bewusst intendiert sei3000 und das damit eng verwandte – Argument, dass kein wirklicher „Austausch“ von Erklärungen/Versprechen vorliegt3001. Speziell das vor allem in England bemühte „Austauschargument“ wurzelt im Kern in der consideration-Theorie und ist daher für ein Vertragsrecht, das kein consideration-Erfordernis kennt, allenfalls von geringer Schlagkraft. Aber auch das „Zufälligkeitsargument“ erscheint letztlich nicht wirklich bestechend: Wenn beide „Angebote“ inhaltlich kongruent sind, also beide Parteien zu denselben Bedingungen einen rechtlich bindenden Vertrag schließen wollen, sollte es keine Rolle spielen, dass die Erklärungen sich „zufällig“ gekreuzt haben. Entscheidend ist vielmehr – wie speziell im deutschen3002 und französischen3003 Schrifttum, aber auch in Bezug auf das CISG3004, verbreitet zu Recht betont wird ausschließlich und allein, dass ein materieller Konsens 2996
So aber teilweise die Argumentation in Bezug auf das CISG, vgl. oben bei Fn. 2990. Vgl. oben D. III.1. d). 2998 Vgl. oben B. I.1. b) gg) (deutsches Recht), B. I.2. b) ee)(2)(b) (französisches Recht), B. I.3. b) cc) (englisches Recht). 2999 Vgl. die Nachweise aus dem deutschen und französischen Schrifttum in Fn. 2968 und Fn. 2976. 3000 Vgl. die Nachweise in Fn. 2973 (französisches Recht) und Fn. 2921 (in Bezug auf das CISG). 3001 Vgl. oben D. III.1. c) bei Fn. 2983 f.; ähnlich aber vereinzelt auch in Deutschland, vgl. Fn. 2971. 3002 Vgl. die speziell die Nachweise in Fn. 2968, aber auch in Fn. 2966 f. 3003 Vgl. die Nachweise in Fn. 2975. 3004 Vgl. die Nachweise in Fn. 2991 f. 2997
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der Parteien vorliegt, denn dieser ist schließlich heute – und dies in allen untersuchten Rechtsordnungen – Kern und Geltungsgrund des Vertrags3005. Kein letztlich wirklich durchschlagendes Gegenargument ist im Übrigen auch die insbesondere in England betonte Gefahr von erheblicher Rechtsunsicherheit. Denn ganz unabhängig davon, dass bei jedem Vertragsschluss unter Abwesenden ein gewisser Grad an Unsicherheit besteht, resultiert die in England speziell in Bezug auf cross-offers beklagte Rechtsunsicherheit letztlich vor allem daraus, dass der Vertrag nach englischem Recht im Anwendungsbereich der postal rule3006 bereits mit der Absendung der Annahmeerklärung zustande kommt, wodurch sich speziell bei cross-offers in der Tat eine besondere Unsicherheit ergibt, weil diese Konstellation sich nur schwer in das durch freie Widerruflichkeit und postal rule austarierte System einfügen lässt (Kommt der Vertrag schon zustande, wenn beide Offerenten ihr Angebot abschicken oder erst, wenn beide Angebote beim jeweiligen Adressaten eintreffen? Oder ist vielleicht derjenige, der sein Angebot zeitlich später abschickt als „Annehmender“ zu qualifizieren, so dass jedenfalls damit der Vertrag zustande kommt? Wer kann wie lange widerrufen? Etc. pp.). In einem System, das den Vertrag erst mit dem Zugang der Annahmeerklärung zustande kommen lässt (wie das deutsche Recht oder der CESL-D, im französischen Recht ist die Rechtslage insoweit insgesamt relativ unklar; vgl. zum Ganzen ausf. unten D. VII) stellt sich die Gefahr von Rechtsunsicherheit dagegen von vornherein in zumindest weitaus geringerem Maße: Denn wenn man konsequenterweise davon ausgeht, dass der Vertrag in dem Moment zustande kommt, in dem beide „Angebote“ zugegangen sind3007, weiß jeder der beiden Kontraktanden (oder könnte entsprechend dem Zugangsbegriff zumindest wissen), dass der jeweils andere den Vertrag ebenfalls will. Die Situation ist jedenfalls insoweit nicht anders als beim „regulären“ Vertragsschluss durch Angebot und Annahme, wo der Anbietende ebenfalls (erst) in dem Moment, in dem ihm die (Annahme-) Erklärung des anderen Teils zugeht, weiß, dass der Vertrag zustande gekommen ist (und dementsprechend im Vertrauen darauf Dispositionen treffen kann). Im Falle der Kreuzofferten ergibt sich zwar in der Tat insoweit ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor, als der jeweils „Anbietende“ kein „Ja“ zu seinem Angebot, sondern „nur“ ein mit seinem Angebot inhaltlich kongruentes Angebot erhält. Auch damit ist ihm aber jedenfalls klar, dass der andere den Vertrag ebenfalls will. Der verbleibende Unsicherheitsfaktor ist damit zumindest in Abwägung mit dem entscheidenden Faktor des materiellen Konsenses der Parteien in jedem Fall hinnehmbar. Es scheint demzufolge nach alledem vorzugswürdig, einen Vertragsschluss auch im Falle inhaltlich kongruenter Kreuzofferten zu bejahen. 3005 3006 3007
Vgl. bereits oben B. III. Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). Vgl. grundlegend bereits Neumayer FS Riese, 1964, S. 309, 328.
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D. Annahme
2. Die sog. „Belohnungsfälle“ (reward cases) Relevant werden kann die Frage, ob für einen wirksamen Vertragsschluss ein Nexus zwischen Angebot und Annahme erforderlich ist, weiterhin in den – auch bereits oben3008 im Zusammenhang mit der Darstellung des unilateral contract angesprochenen sog. „Belohnungsfällen“ (reward cases): Hat der Handelnde auch dann einen Anspruch auf die Belohnung, wenn er von dem Belohnungsversprechen gar nichts wusste oder zwar Kenntnis davon hatte, die Handlung aber aus anderen Motiven vornahm? a) Deutsches Recht Das deutsche Recht hält für die sog. Belohnungsfälle ein eigenes Rechtsinstitut bereit: Die Auslobung (§ 657 BGB). Im Gemeinen Recht war über die Rechtsnatur der Auslobung eine heftige Debatte geführt worden.3009 Die Anhänger der sog. Vertragstheorie3010 hatten sie als Vertrag konstruieren wollen: Die Auslobung wurde als Offerte ad incertas personas qualifiziert, welche durch einen Akt der Annahme seitens einer bestimmten Person zum Vertragsschluss führte. Demgegenüber verorteten die Vertreter der sog. Pollizitationstheorie3011 den Grund der Verpflichtung des Auslobenden einzig in der verbindlichen Kraft seines öffentlichen Versprechens. Die kodifikatorischen Vorläufer des BGB – speziell das PrALR3012, das die Auslobung erstmals geregelt hatte3013, aber auch das SächsBGB3014, 3015, der 3008
Vgl. oben B. II.3. b) cc)(2). Umfassende Nachweise bei Elster ArchBürgR 18 (1900) 125, 127; schöner Überblick etwa bei Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 4, 7 ff. 3010 Vgl. etwa von Jhering, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, 1884, S. 309; Regelsberger, Die Vorverhandlungen bei Verträgen, 1868, S. 201 ff.; Schütze JbGemR 5 (1862) 33, 52 ff.; von Vangerow (Fn. 1975), S. 255 f.; Windscheid (Fn. 178), Bd. 2, § 308 (S. 189) (der allerdings trotzdem auch dann einen Anspruch auf die Belohnung gewähren will, wenn der Handelnde keine Kenntnis von dem Belohnungsversprechen hatte, vgl. S. 190 Fn. 5). 3011 Vgl. etwa Arndts von Arnesberg (Fn. 193), § 241 (S. 413); Dernburg (Fn. 193), Bd. 2, § 9 (S. 23); von Holzschuher/Kuntze, Theorie und Casuistik des gemeinen Civilrechts, Bd. 3, 3. Aufl. 1864, S. 299; Puchta (Fn. 193), § 259 (S. 401); Siegel (Fn. 2273), S. 92. 3012 Fn. 157. 3013 PrALR I, 11, §§ 988 ff. Vgl. speziell: § 988: Auf nützliche Geistesarbeiten, oder gemeinnützige körperliche Fähigkeiten oder Unternehmungen, öffentliche Belohnungen auszusetzen, ist einem Jeden erlaubt. 3014 Fn. 196. 3015 § 770 SächsBGB Das einseitige Versprechen einer Leistung unter Lebenden ist unverbindlich. § 771 SächsBGB Oeffentlich bekannt gemachte einseitige Versprechen eines Preises oder einer Belohnung an eine unbestimmte Person für den Fall einer gewissen Leistung erzeugen eine Verbindlichkeit für den Versprechenden, wenn die Leistung erfolgt ist. … 3009
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Hessische Entwurf3016, 3017, der Bayerische Entwurf3018, 3019 und der Dresdener Entwurf3020, 3021 standen auf dem Boden der Vertragstheorie.3022 Im Rahmen der Beratungen zum BGB setzten sich dann jedoch die Vertreter der Pollizitationstheorie durch.3023 Schon von Kübel hatte die Auslobung in seiner Vorlage ausdrücklich und mit ausführlicher Begründung auf der Basis der Pollizitationstheorie konzeptioniert und die 1. Kommission schloss sich dem explizit an3024. Maßgeblich waren für von Kübel dabei speziell folgende Erwägungen: Es entspricht diese Auffassung der wirklichen Sachlage, beseitigt die Nothwendigkeit der doch immerhin gezwungenen Konstruktion einer Annahme des Versprechens und gestattet, in einfacher Weise den Bedürfnissen des Lebens gerecht zu werden, während ein gegründeter Einwand dagegen nicht bestehen kann, sobald man dem Willen des Versprechenden überhaupt einmal die Kraft zuerkennt, durch sich selbst eine Verpflichtung zu erzeugen und ein Schuldverhältnis zu begründen. Die Vertragstheorie legt in den Willen des Betheiligten etwas hinein, was in Wirklichkeit nicht darin liegt …3025
Die Auslobung gem. § 657 BGB ist folglich nach ganz nach h.M.3026 ihrer Rechtsnatur nach eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung, 3016
Fn. 203. Art. 198. 3018 Fn. 203. 3019 Art. 753. 3020 Fn. 846. 3021 Art. 681 ff. 3022 Vgl. von Kübel, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Buch Recht der Schuldverhältnisse. I. Allgemeiner Theil mit Begründung, 1882, abgedruckt in: Schubert (Fn. 2295), Bd. IV.1, 1980, S. 486. Vgl. zum PrALR auch: Förster, Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preussischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts, Bd. 1, 3. Aufl. 1873, S. 439; Koch (Fn. 838), Bd. 1, 1, S. 979 Anm. 47; von Mayr, Die Auslobung: Eine zivilistische Untersuchung, 1905, S. 131 f. Vgl. zum SächsBGB auch: von Mayr, ebenda, S. 132 f.; Wengler/Brachmann (Fn. 196), S. 312 Anm. 1. Vgl. zu den drei Entwürfen auch von Mayr, ebenda, S. 133 (mit Abdruck der maßgeblichen Vorschriften). 3023 Vgl. näher dazu auch Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 10 m.w.N. Vgl. ferner zur allg. Diskussion um die Verbindlichkeit einseitiger Versprechen im Rahmen der Vorarbeiten zum BGB: Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 470 ff. m.w.N. 3024 Vgl. Mot. II, 519 = Mugdan II, 290. 3025 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 487. 3026 Vgl. BGH NJW 2011, 139, 140; BGH NJW 1983, 442, 443; Erman/K. P. Berger, 13. Aufl. 2011, § 657 Rn. 2; BeckOK-BGB/Kotzian-Marggraf, Ed. 25/2012, § 657 Rn. 2; Laukemann in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 657 Rn. 3; Mansel (Fn. 864), § 657 Rn. 1; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht II. Besonderer Teil, 15. Aufl. 2010, § 115 Rn. 923; Schulze (Fn. 242), § 657 Rn. 1; Seiler (Fn. 2732), § 657 Rn. 4; Sprau (Fn. 867), § 657 Rn. 1; aus dem älteren Schrifttum etwa: Crome, System des deutschen Bürgerlichen Rechts, 1902–1908, Bd. 2/2, S. 757; ders. (Fn. 857), S. 511; Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens, Bd. 2, 4. Aufl. 1915, S. 584; von Mayr (Fn. 3022), S. 136; Oertmann, Das Recht der Schuldverhältnisse, 1. Aufl. 1899, S. 385; a.A. Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 14 (Vertragskonstruktion im Anschluss an Jakubezky, Bemerkungen zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen 3017
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D. Annahme
ein einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft. Der Handelnde hat nach dem eindeutigen Wortlaut des § 657 BGB auch dann Anspruch auf die Belohnung, „wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat“, d.h. auch dann, wenn er keine Kenntnis von ihr hatte3027 oder nicht zwecks Erlangung der Belohnung, sondern aus anderen Motiven handelte3028. b) Französisches Recht Im französische Recht werden die Belohnungsfälle dagegen von der Rechtsprechung und ganz h.M. als Vertrag (sog. promesse de récompense) konstruiert: Das Belohnungsversprechen (offre de récompense) wird als offre au public (Publikumsofferte)3029 qualifiziert, welche der Handelnde durch Vornahme der gewünschten Handlung stillschweigend annimmt.3030 Wenn der Handelnde die Handlung in Unkenntnis des Versprechens vornimmt, kommt folglich – mangels Annahmewille – kein Vertrag zustande, so dass auch kein Anspruch auf die Belohnung besteht.3031 Dies ist aus der Perspektive der h.M. auch wertungsmäßig gerecht, denn es sei mehr als zweifelhaft, ob in diesem Fall ein gesellschaftliches Interesse daran bestehe, dem Handelnden einen Anspruch auf die Belohnung zuzubilligen; es sei vielmehr wünschenswert, gerade kein System zu haben, in dem jeglicher Dienst „in Geld umgesetzt“ wird.3032 Den legitimen Interessen des Handelnde werde durch etwaige Ansprüche aus 3027 Gesetzbuches für das Deutsche Reich, 1892, S. 140 f.); weitere ältere Versuchen einer vertraglichen Konstruktion auch unter Geltung des BGB etwa bei Fischer, Die Auslobung nach dem BGB, 1899, S. 23 ff.; Kohler ArchBürgR 25 (1905) 1, 4. 3027 Vgl. bereits Mot. II, 520 = Mugdan II, 291; von Kübel (Fn. 3022), S. 487; s. ferner etwa K. P. Berger (Fn. 3026), § 657 Rn. 10, 13; Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 83; Laukemann (Fn. 3026), § 657 Rn. 26; Mansel (Fn. 864), § 657 Rn. 6; Medicus/S. Lorenz (Fn. 3026), § 115 Rn. 923; Schulze (Fn. 242), § 657 Rn. 1; Seiler (Fn. 2732), § 657 Rn. 17; Sprau (Fn. 867), § 657 Rn. 5; M.-P. Weller (Fn. 23), S. 62. 3028 Vgl. bereits Mot. II, 520 = Mugdan II, 291; von Kübel (Fn. 3022), S. 487; s. ferner etwa OLG Hamburg OLGE 10, 181, 182 (Handeln, um sich selbst von einem unbegründeten Verdacht zu befreien); LG Frankfurt a.M. NJW 1954, 1685 (kein anderes Verhalten möglich, ohne selbst strafbar zu werden); K. P. Berger (Fn. 3026), § 657 Rn. 10, 13; Laukemann (Fn. 3026), § 657 Rn. 26; Medicus/S. Lorenz (Fn. 3026), § 115 Rn. 923; Seiler (Fn. 2732), § 657 Rn. 17. 3029 Allg. zur offre au public im französischen Recht bereits oben C. IV.2. 3030 Vgl. Trib. civ. Turin, 3.8.1810, S. 1811.II.39 (Aushang mit Auslobung einer Belohnung für Auffinden eines Hundes); Bénabent (Fn. 243), n° 10, 58; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 733 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 503; Ghestin (Fn. 1049), n° 217; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 143; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 53; Vialard RTD civ. 1971, 750, 763 ff.; vgl. weiter aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 23; Gordley (Fn. 966), S. 300 f.; Herbots FS Fenge, 1997, S. 219, 225, 229 f.; Illmer (Fn. 130), S. 1668, 1671; Kleinschmidt JURA 2007, 249, 252. 3031 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 503; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 143; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 53; s. ferner auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 733 ff.; Ghestin (Fn. 1049), n° 217; aus rechtsvergleichender Perspektive Herbots FS Fenge, 1997, S. 219, 230, 237. 3032 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 503.
III. Nexus mit dem Angebot?
455
gestion d’affaires (Geschäftsführung ohne Auftrag) oder enrichissement sans cause (ungerechtfertigter Bereicherung) hinreichend Rechnung getragen.3033 Es gibt allerdings auch einige Autoren, die die Vertragskonstruktion als künstlich und auch wegen ihrer Ergebnisse unangemessen kritisieren und stattdessen dafür plädieren, die promesse de récompense als engagement unilatéral3034 zu qualifizieren, so dass der Handelnde auch dann, wenn er keine Kenntnis von dem Versprechen hatte, einen Anspruch auf die Belohnung hat.3035 Die Frage, ob und inwieweit die Motivation eines in Kenntnis des Belohnungsversprechens Handelnden relevant ist, wird im französischen Schrifttum – soweit ersichtlich – nicht weiter problematisiert. c) Englisches Recht Im englischen Recht sind die sog. Belohnungsfälle (reward cases), wie bereits oben3036 dargelegt, klassische Anwendungsfälle3037 der Rechtsfigur des unilateral contract3038. Das Belohnungsversprechen wird als Angebot (offer) für einen unilateral contract qualifiziert (promise in exchange for an act [or forbearance])), das der Handelnde durch Vornahme3039 der begehrten Handlung oder Unterlassung annimmt. Sofern der Handelnde keine Kenntnis von dem Belohnungsversprechen hatte, hat er nach ganz h.M.3040, 3041 keinen Anspruch auf die Belohnung: Eine wirksame Annahme setze denknotwendig zwingend die Kenntnis des Ange3033 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 503; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 143; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 53. 3034 Vgl. zur théorie de l’engagement unilatéral de volonté (Theorie der Verpflichtung durch eine einseitige Willenserklärung /„Pollizitationstheorie“) auch bereits oben C. VIII.2. d) cc) im Zusammenhang mit der Problematik des Widerrufs eines Angebots. 3035 So etwa Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 432 f. 3036 Vgl. oben B. II.3. b) bb). 3037 Vgl. speziell auch die Nachweise aus der Rechtsprechung in Fn. 950. 3038 Ausf. zum unilateral contract bereits oben B. II.3. b). 3039 Vgl. aber zur höchst umstrittenen Frage, ob bereits eine teilweise Erfüllung (part performance) eine Annahme darstellt (und damit zum Vertragsschluss führt) bzw. zumindest eine gewisse Bindung für den Anbietenden begründet näher unten D. VII.3. b) bb). 3040 Vgl. Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621; R v Clarke (1927) 40 CLR 227; Andrews (Fn. 493), 3.08; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 65 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 72 f.; Coote (1971) 4 NZULR 331, 333; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.33; Hogg (Fn. 22), S. 228; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 248; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.71; MacDonald (2011) 19 Int’l J. L. & Info. Tech. 285, 289 f.; Mitchell/Phillips (2001) 22 OJLS 115, 134; Treitel (Fn. 491), 2-048; ferner wohl auch (wenngleich durchaus kritisch) Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-041. 3041 Der Fall Gibbons v Proctor (1891) 64 LT 594, betreffend die Aussetzung einer Belohnung für Informationen bezüglich eines Verbrechens, wird manchmal für die Gegenansicht zitiert. Dies allerdings zu Unrecht (vgl. Hudson (1968) 84 LQR 503, 504; McKendrick (Fn. 493), S. 115; Treitel (Fn. 491), 2-048): Denn der Polizist, der den Hinweis gab, hatte wohl jedenfalls in dem Zeitpunkt, als die Information, die er über einen Mitpolizisten und dessen Vorgesetzten (die das Gericht als seine agents [Vertreter] qualifizierte) weitergeleitet hatte, den dafür zuständigen Polizeipräsidenten erreichte, Kenntnis von der Aussetzung der Belohnung.
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D. Annahme
bots voraus, denn nur dann komme es zu einem agreement (Konsens)3042; die Annahme müsse „in exchange for the offer“ („im Austausch für das Angebot“) erfolgen3043 (insofern manifestiert sich also auch hier erneut der Einfluss der consideration-Doktrin3044). Die Verneinung einer vertraglichen Bindung wird aber auch als sachlich gerechtfertigt angesehen: Denn ein wirksamer Vertrag würde für den Handelnden nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begründen3045 und es könnten u.U. unangemessene Härten entstehen, wenn eine Person, die vernünftigerweise annimmt, dass sie als Freiwilliger handelt, den strengeren Pflichten eines Vertragspartners unterworfen würde3046. Im Übrigen bestünden ggf. Ansprüche aus restitution (Bereicherungsrecht), durch welche der Handelnde nicht nur hinreichend, sondern auch weitaus angemessener geschützt sei.3047 Speziell in jüngerer Zeit mehren sich indes kritische Stimmen3048, welche die pauschale Verneinung eines vertraglichen Belohnungsanspruchs des Handelnden als ungerecht angesehen. Denn der Versprechende habe schließlich auch im Falle der Unkenntnis des Handelnden genau das erhalten, wofür er die Belohnung versprochen habe.3049 Zudem sollten Personen, die etwas für andere tun, gerade auch ermutigt und belohnt werden.3050 Einige wollen dem Handelnden daher zumindest dann einen vertraglichen Anspruch zu gewähren, wenn ihm dadurch kein Nachteil entsteht3051; andere plädieren noch weitergehend sogar dafür, für die „Belohnungsfälle“ eine grundsätzliche Ausnahme vom Erfordernis der Kenntnis des Angebots zu machen3052. Nach h.M. muss der Handelnde darüber hinaus zumindest auch in Bezug auf das Belohnungsversprechen gehandelt haben.3053 Wenn daneben noch an3042 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 233 f. per Isaacs ACJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-041; Treitel (Fn. 491), 2-048. 3043 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 233 per Isaacs ACJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51; Treitel (Fn. 491), 2-048. 3044 Ausf. zu dieser bereits oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 3045 Vgl. Treitel (Fn. 491), 2-048. 3046 Vgl. Treitel (Fn. 491), 2-048. 3047 Vgl. Treitel (Fn. 491), 2-048. 3048 Vgl. Hudson (1968) 84 LQR 503 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 115. Ausdrücklich offenlassend jüngst Great Eastern Shipping Co Ltd v Far East Chartering Ltd, Binani Cement Ltd [2011] EWHC 1372 (Comm) at paras. 44–47. S. ferner kritisch (i.E. aber letztlich doch der h.M. folgend) auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-041. 3049 Vgl. Hudson (1968) 84 LQR 503, 508; McKendrick (Fn. 493), S. 115; s. ferner auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66. 3050 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66; Hudson (1968) 84 LQR 503, 508 f.; vgl. weiter aus rechtsvergleichender Perspektive auch Lerner (2004) 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. 53, 80 f. 3051 Vgl. McKendrick (Fn. 493), S. 115. 3052 So etwa Hudson (1968) 84 LQR 503 ff. 3053 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 235 per Isaacs ACJ; Andrews (Fn. 493), 3.08; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 73; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-043; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.39; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.71; McKendrick (Fn. 493), S. 115 f.; Treitel (Fn. 491), 2-050.
III. Nexus mit dem Angebot?
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dere Motive eine Rolle gespielt oder sogar dominiert haben (Bsp.: Vermeidung einer Grippeinfektion im berühmten Carbolic Smoke Ball-Fall3054; Mitteilung von Informationen über ein Verbrechen zwecks Gewissenserleichterung3055 oder um selbst nicht mehr verdächtigt zu werden3056) wird dies – nicht zuletzt auch mit Blick auf die praktischen Schwierigkeiten, die tatsächliche (primäre) innere Motivation zu ermitteln3057 zwar grundsätzlich als unschädlich angesehen.3058 Ein Handeln, das nachweislich ausschließlich durch andere Faktoren motiviert ist, wird dagegen ganz überwiegend nicht als wirksame Annahme qualifiziert.3059 d) CESL-D Im Rahmen des CESL-D stellt sich die Problematik von vornherein nicht, da Belohnungsversprechen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich3060 fallen. 3054
Vgl. dazu näher oben B. II.3. b) bb); s. ferner auch bereits oben B. I.3. b) cc). Vgl. Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621, wo die Klägerin ausgesagt hatte, dass sie „in consequence of her miserable and unhappy situation, and believing that she has not long to live, she makes this voluntary statement to ease her conscience, and in hopes of forgiveness hereafter“ („auf Grund ihrer erbärmlichen und unglücklichen Situation, und in dem Glauben, dass sie nicht mehr lange zu leben habe, diese freiwillige Aussage mache, um ihr Gewissen zu erleichtern, und in der Hoffnung im Jenseits Vergebung zu erlangen“) (vgl. die Sachverhaltsschilderung in der Entscheidung der Vorinstanz Williams v Carwardine (1833) 5 C & P 566 at 569). 3056 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 229: „He only told the truth after his arrest in order to save himself from the unfounded charge of murder“ („Er sagte nach seiner Verhaftung nur deshalb die Wahrheit, um sich selbst vor einer ungerechtfertigten Mordanklage zu bewahren.“). 3057 Vgl. Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621 at 623 per Patteson J: „We cannot go into the plaintiff’s motives“ („Wir können die Motive der Klägerin nicht prüfen“); Andrews (Fn. 493), 3.08; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-043; McKendrick (Fn. 493), S. 116; Treitel (Fn. 491), 2-050. 3058 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 235 per Isaacs ACJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.39; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 73; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-043; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.71; McKendrick (Fn. 493), S. 115 f.; Treitel (Fn. 491), 2-050. 3059 Vgl. R v Clarke (1927) 40 CLR 227 at 235 per Isaacs ACJ (mit dem Beispiel des Versprechens einer Belohnung von 100 £ für die erste Person, die am ersten Tag des Jahres den Hafen durchschwimmt; eine Person, die auf einem Schiff versehentlich über Bord geht oder geworfen wird, und nur an Land schwimmt, um ihr Leben zu retten, habe keinen Anspruch auf diese Belohnung); Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 73; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-043; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.39; McKendrick (Fn. 493), S. 116; Treitel (Fn. 491), 2-050; s. ferner auch (allerdings in Bezug auf die Annahme bei einem bilateral contract) Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 140 („no support whatsoever to the suggestion that he was in any way influenced by that letter“ [„keinerlei Anhaltspunkte für die Andeutung, dass er in irgendeiner Weise durch diesen Brief beeinflusst war“]). Abw. jedoch (Motivation völlig irrelevant, sofern der Handelnde überhaupt Kenntnis von dem Angebot hat): Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.71; Mitchell/Phillips (2001) 22 OJLS 115, 134; ferner wohl auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 51. 3060 Vgl. zu den vom CESL-D erfassten Vertragstypen bereits oben C. III.1. d). 3055
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D. Annahme
e) Rechtsvergleichende Würdigung Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die rechtliche Behandlung der „Belohnungsfälle“ (reward cases) im deutschen, französischen und englischen Recht sowohl konzeptionell als auch hinsichtlich der praktischen Ergebnisse erheblich divergiert: Während das BGB die Auslobung als einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft konzipiert und dem Handelnden konsequenterweise auch dann einen Anspruch gewährt, wenn er nicht zwecks Erlangung der Belohnung oder gar in Unkenntnis des Versprechens gehandelt hat3061, konstruieren das französische3062 und englische3063 Recht solche promesses de récompense bzw. promises of rewards traditionell als Verträge, mit der Folge, dass ein Anspruch auf die Belohnung (zumindest nach bislang noch ganz h.M.) nur dann besteht, wenn der Handelnde in Kenntnis und zumindest auch zwecks Erlangung der Belohnung gehandelt hat. Die Gründe für diese höchst unterschiedlichen Konzeptionen sind primär historisch-dogmatischer Natur3064: Urquell und Wurzel ist das traditionelle Vertragsdogma, im französischen Recht speziell vor dem Hintergrund der generell-grundsätzlichen Bedenken gegen die Anerkennung einer engagement unilatéral de volonté (Verpflichtung durch eine einseitige Willenserklärung)3065, im englischen Recht insbesondere auch vor dem Hintergrund der consideration-Doktrin. Das BGB dagegen hat diese dogmatischen Hürden überwunden und mit Blick auf die Lebenswirklichkeit und die praktischen Bedürfnisse mit der Regelung der Auslobung in § 657 BGB ausdrücklich die Verbindlichkeit des einseitigen Belohnungsversprechens aus sich heraus anerkannt. Die Parallelen zur bereits ausführlich erörterten Frage nach Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots3066 wo es ebenfalls im Kern darum geht, ob eine einseitige Willenserklärung des Erklärenden Rechtsgrund für eine Verpflichtung sein kann sind insofern unverkennbar. Wie gezeigt, gibt es aber durchaus auch in Frankreich und England Kritik an der Vertragskonstruktion und insbesondere der aus ihr resultierenden Konsequenzen. Sie erscheint in der Tat nicht nur äußerst gezwungen und künstlich3067, sondern vermag vor allem auch im Hinblick auf ihre praktischen Ergebnisse nicht zu überzeugen, soweit sie dem Handelnden den Anspruch auf die Belohnung verweigert, wenn er in Unkenntnis des Versprechens oder aus3061
Vgl. oben D. III.2. a). Vgl. oben D. III.2. b). 3063 Vgl. oben D. III.2. c). 3064 Vgl. in Bezug auf das englische Recht auch Treitel (Fn. 491), 2-048; darauf hinweisend etwa aus rechtsvergleichender Perspektive auch Zimmermann FS Heldrich, 2005, S. 467, 473; Zimmermann/Hellwege ZfRV 1998, 133, 135. 3065 Vgl. dazu auch bereits oben C. VIII.2. d) cc) bei Fn. 2450. 3066 Vgl. oben C. VIII. 3067 Vgl. bereits von Kübel (Fn. 3022), S. 487; s. ferner etwa auch Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 432 f. 3062
III. Nexus mit dem Angebot?
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schließlich aus extrinsischen Motiven gehandelt hat. Auf die Motivation des Handelnden abzustellen, ist schon deshalb problematisch, weil sich diese in der Praxis kaum zuverlässig ermitteln lässt3068, zumal der Handelnde im Zweifel immer behaupten wird, dass er zumindest auch zwecks Erlangung der Belohnung gehandelt hat. Vor allem aber macht es aus Sicht des Versprechenden schließlich keinen Unterschied, weshalb die von ihm begehrte Handlung erfolgt ist bzw. der begehrte Erfolg herbeigeführt wurde – entscheidend ist, dass die Handlung vorgenommen bzw. der Erfolg herbeigeführt wurde und er deshalb genau das bekommen hat, wofür er die Belohnung ausgesetzt hat3069. Für den Handelnden kann es dagegen im Einzelfall einen ganz erheblichen Unterschied machen, ob er die Belohnung erhält oder lediglich auf Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht verwiesen wird (Bsp.: Belohnung von 1000 Euro für das Auffinden eines geliebten Haustiers, Aufwand für Fütterungskosten von 10 Euro). Das Argument, dass den Interessen des Handelnden schließlich auch durch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht hinreichend Rechnung getragen werden könne, vermag daher nicht wirklich zu überzeugen. Darüber hinaus erscheint es auch gesellschaftspolitisch sinnvoll, den Anspruch auf die Belohnung unabhängig von Kenntnis und Motivation des Handelnden zu gewähren, um so einen Anreiz zu altruistischem Handeln zu schaffen;3070 die teilweise aus der law & economics-Perspektive vorgebrachten Gegenargumente3071 erweisen sich bei näherer Betrachtung als wenig stichhaltig3072. Fehl geht schließlich auch das im englischen Schrifttum angeführte Argument, dass die Bejahung einer vertraglichen Bindung auch im Falle eines Handelns in Unkenntnis des Belohnungsversprechens den Handelnden u.U. unangemessen belasten könnte, weil er dadurch der schärferen Haftung eines Vertragspartners unterworfen würde.3073 Denn wenn man das Belohnungsversprechen wie im deutschen Recht als einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft konzipiert, fehlt es von vornherein an jeglichem verpflichtenden Element für den Handeln, so dass auch vertragliche oder quasivertragliche Ansprüche ge3068
Vgl. auch die Nachweise in Fn. 3057. Vgl. auch die Nachweise in Fn. 3035, 3049. 3070 Vgl. die Nachweise in Fn. 3050. 3071 Vgl. speziell Posner, Economic analysis of law, 8th ed. 2011, S. 127, der unter Bezugnahme auf das Beispiel der Aussetzung einer Belohnung für das Auffinden verlorenen Eigentums argumentiert, dass die Bejahung eines Anspruchs auf die Belohnung auch im Falle der Unkenntnis vom Belohnungsversprechen die Zahl der Fälle, in denen die Sache durch einen „zufälligen Finder“ zurückgebracht wird, nicht signifikant erhöht, gleichzeitig aber die Zahl der „aktiven Sucher“ nach der Sache nicht vermindert; den Anspruch auf die Belohnung von der Kenntnis des Handelnden abhängig zu machen, reduziere aber die Zahl der Prozesse und sei daher ökonomisch vorzugswürdig. 3072 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 735, die überzeugend dargelegt, dass die Argumentation von Posner auf subjektiven Annahmen beruht und man sie ebenso gut umdrehen kann. 3073 Vgl. die Nachweise in Fn. 3046. 3069
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D. Annahme
gen ihn ausscheiden3074; in Betracht kommt allenfalls – wie auch für jeden Dritten eine deliktische Haftung3075 (die zudem i.d.R. auch verschuldensabhängig ist). Die Konzeption der Auslobung als einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft erscheint nach alledem insgesamt klar vorzugwürdig.
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme und rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen Von essentieller Bedeutung ist weiterhin, welche inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Annahme zu stellen sind, d.h. insbesondere, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auch eine partiell vom Angebot abweichende Erklärung eine wirksame Annahme darstellen kann. Daran schließt sich sodann die Folgefrage an, wie Erklärungen, die mangels Erfüllung der inhaltlichen Voraussetzungen keine wirksame Annahme darstellen, rechtlich behandelt werden. An sich ebenfalls in diesen Kontext gehört eigentlich auch die Problematik der kollidierenden AGB (battle of forms); angesichts der spezifischen Besonderheiten dieser Spezialproblematik erscheint es allerdings vorzugswürdig, diese erst später unter D. VIII gesondert zu erörtern.
1. Deutsches Recht a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme Im deutschen Recht ergibt sich aus der widerleglichen Auslegungsregel3076 des § 150 Abs. 2 BGB, dass eine Erklärung, die gegenüber dem Angebot Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, grundsätzlich (d.h. vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien) keine wirksame Annahme darstellt; eine solche liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Erklärung dem Angebot inhaltlich völlig entspricht, also inhaltlich kongruent ist.3077 Ob 3074 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht: K. P. Berger (Fn. 3026), § 657 Rn. 14; Laukemann (Fn. 3026), § 657 Rn. 32; Seiler (Fn. 2732), § 657 Rn. 22; vgl. auch bereits Planck (Fn. 857), § 657 Anm. 2d; abw. jedoch Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 13 (der die Auslobung allerdings – im Gegensatz zur ganz h.M. – generell vertraglich konstruieren will); zumindest für bestimmte Fälle ferner auch Kotzian-Marggraf (Fn. 3026), § 657 Rn. 13. 3075 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht: K. P. Berger (Fn. 3026), § 657 Rn. 14; Bergmann (Fn. 2732), § 657 Rn. 13; Seiler (Fn. 2732), § 657 Rn. 22. 3076 Vgl. BGH WM 1968, 1103, 1105; BGH NJW 1986, 1983, 1984; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1, 13, 16; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 150 Rn. 2; a.A. (Fiktion) Petersen JURA 2009, 183, 186. 3077 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 7; ders. (Fn. 202), Rn. 741; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 180, 187; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367),
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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inhaltliche Kongruenz oder eine Modifikation vorliegt, ist nach der allgemeinen Auslegungsstandards3078 zu ermitteln, d.h. maßgeblich ist der sog. objektiver Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB).3079 Es kommt also darauf an, ob der Anbietende nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von einer unbeschränkten Annahmeerklärung ausgehen kann; etwaige Modifikationen müssen demzufolge klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden.3080 Umgekehrt ist irrelevant, ob sich der „Annehmende“ einer in seiner Erklärung u.U. objektiv enthaltenen Modifikation auch subjektiv bewusst ist.3081 Nach dem klaren Wortlaut des § 150 Abs. 2 BGB kommt es nicht darauf an, ob die Modifikation wesentlich oder unwesentlich ist.3082 Irrelevant ist ferner auch, worauf sie sich bezieht3083, d.h. ob es sich z.B. um Modifikationen/Ergänzungen der Hauptleistungen3084, der Leistungszeit3085 oder von sonstigen Nebenregelungen3086 handelt. 3078 § 150 Rn. 7; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 650); Fritzsche JA 2006, 674, 677; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 21; Kötz (Fn. 209), Rn. 110; Medicus (Rn. 1017), Rn. 381; Petersen JURA 2009, 183, 186; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 26; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 31. 3078 Dazu ausf. oben C. II.1. 3079 Vgl. BGH NJW 2010, 519 f.; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 7; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 21; Kötz (Fn. 209), Rn. 123. 3080 Vgl. BGH NJW 1952, 499; BGH WM 1983, 313, 314; BGH NJW 2009, 2443, 2445; OLG Celle NJW-RR 2004, 1165, 1166; NJW-RR 2005, 1252; LG Lübeck WuM 1991, 80; AG Freudenstadt NJW-RR 1994, 238, 239; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 6; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 83. 3081 Vgl. OLG Hamm NJW-RR 1996, 1454; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 04547; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; s. ferner auch Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 9. 3082 Vgl. BGH NJW 2001, 221, 222; BGH NJW-RR 2010, 1127, 1128; BGH NJOZ 2012, 926, 927; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 04547; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 8; ders. (Fn. 202), Rn. 741; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 21; Petersen JURA 2009, 183, 186; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 31 f. Im Falle einer bloß unwesentlichen Abweichung kann das Schweigen auf die – dann als neues Angebot zu wertende (vgl. unten D. IV.1. b)) modifizierende „Annahme“ aber nach Treu und Glauben als Annahme zu werten sein, vgl. unten D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3465. 3083 Vgl. Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 8. 3084 Vgl. RGZ 92, 232, 234 (Aufstellen von Qualitätsanforderungen bei einem Angebot, das anstandslose Abnahme vorsah); BGH NJW-RR 1993, 1035, 1036 (Verlangen einer Gegenleistung, die im Angebot nicht vorgesehen war); BGH MMR 2005, 833, 834 (Übersendung eines anderen als des bestellten Artikels im Versandhandel); BGH NJW-RR 2010, 1127, 1128 (Unterlassungserklärung ohne die geforderte Mindestschriftgröße); ThürOLG OLG-NL 2006, 54 (Änderungen bzgl. Vergütung); OLG Hamm BauR 1992, 779 („Annahme“ mit Bitte um Zustimmung zu einer Skontovereinbarung). 3085 Vgl. BGH NJOZ 2012, 926, 927 (Ergänzungen bzgl. Fälligkeit); OLG Koblenz CR 1992, 400 (Störungsabhilfe binnen 24h fehlte in der Annahme); LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1987, 1268 (abweichende Lieferfrist). 3086 Vgl. BGH NJW 2001, 221, 222 (abweichende Abrechnungsperiode für Heizung, zusätzliche Versicherung und Bürgschaft); BGH NJW 2004, 3699 f. (Einbeziehung von in weite-
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D. Annahme
Es muss sich aber andererseits auch tatsächlich um eine inhaltliche Modifikation handeln. Daran fehlt es etwa, wenn nur die Schreibweise divergiert bzw. bei offensichtlichen orthographischen Fehlern3087, der Annehmende lediglich Wünsche oder Erwartungen äußert3088 oder er zwar versucht, den Anbietenden zu für ihn günstigeren Bedingungen zu veranlassen, zugleich aber deutlich macht, dass er für den Fall, dass dieser damit nicht einverstanden ist, das ursprüngliche Angebot akzeptiert3089. Im Falle von Mengenabweichungen ist es eine Frage der Auslegung im Einzelfall, ob eine wirksame Annahme vorliegt3090 (d.h. ob die Annahme bzgl. einer geringeren Menge einen Vertrag über diese zustande bringt oder der Anbietende nur einen Vertrag bezüglich der Gesamtmenge wollte3091; bzw. ob die Annahme bzgl. einer größeren Menge zumindest einen Vertrag über die angebotene Menge zustande bringt3092). Im Übrigen ist stets vorrangig zu prüfen, ob es sich in concreto um einen Fall handelt, der unter §§ 154, 155 BGB fällt. Diese genießen nämlich nach h.M. Vorrang vor § 150 Abs. 2 BGB, d.h. sofern die Auslegung ergibt, dass der Vertrag trotz einer offenen (§ 154 BGB) oder versteckten (§ 155 BGB) Abweichung der Annahme vom Angebot geschlossen sein soll, so gilt § 150 Abs. 2 BGB nicht für die gesamte Annahme, sondern nur hinsichtlich derjenigen Punkte, über die kein Konsens erzielt werden konnte.3093
ren3087 Unterlagen enthaltenen Bedingungen); BGH ZUM 2010, 427, 429 (Wiedergabe der Angebotsbedingungen, aber Weglassen einer Finanzierungsgarantie); ThürOLG OLG-NL 2006, 54 (Änderungen bzgl. Wettbewerbsverbot). 3087 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 7. 3088 Vgl. RG JW 1931, 1181, 1183; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 10; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 11. 3089 Vgl. RG Recht 1930 Nr. 1230; RG JW 1931, 1181, 1183; BGH WM 1982, 1329, 1330; OLG Frankfurt a.M. BB 1982, 1510; OLG Celle NJW-RR 2009, 1150; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 04547; LG Mainz VersR 1965, 1059; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 11; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 123; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 34. 3090 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 10; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 7. 3091 Vgl. BGH NJW 1986, 1983, 1984; OLG Hamburg OLGE 44, 130; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 10; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 3; abw. jedoch offenbar Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 10 (stets Annahme bezüglich der geringeren Menge). 3092 Vgl. RG JW 1925, 236; BGH NVwZ 2005, 845, 846; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 11; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 10; Ellenberger (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Kötz (Fn. 209), Rn. 123; Medicus (Rn. 1017), Rn. 381; Rüthers/ Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 26; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 7. 3093 Vgl. Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 16; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 5; Bunte ZIP 1983, 765; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 7; abw. Ebel NJW 1978, 1033, 1035
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen Sofern nach den dargestellten Maßstäben auf Grund einer inhaltlichen Modifikation keine wirksame Annahme vorliegt, gilt diese nach § 150 Abs. 2 BGB (sofern im Einzelfall nicht ausnahmsweise Sonderregelungen wie z.B. § 2 KSchG oder § 5 VVG3094 einschlägig sind) grundsätzlich3095 als Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot. Die Qualifikation als Ablehnung, bedeutet, wie auch bereits oben3096 dargelegt, dass das Angebot vollumfänglich (d.h. nicht nur bezüglich der Divergenz) erlischt;3097 Ratio ist, speziell für den Anbietenden klare Verhältnisse zu schaffen3098. Zugleich wertet das BGB die „modifizierende“ Annahme aber als neues Angebot. Die Motive betonen indes zu Recht, dass es sich damit letztlich nur um eine Klarstellung handelt3099, denn an sich ergibt sich dies bereits daraus, dass der „Annehmende“ mit seiner Erklärung eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er einen Vertrag zu den modifizierten Bedingungen schließen will3100. Nach allgemeinen Regeln kann dies aber freilich nur insoweit gelten, als die sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames Angebot erfüllt sind, d.h. die Erklärung muss mit Rechtsbindungswillen erfolgen3101 und insbesondere auch hinreichend bestimmt3102 sein3103 (nicht ausreichend wäre also etwa ein bloßes „Das ist mir zu teuer!“3104).
3094 (§ 150 Abs. 2 BGB meine jeweils die Ablehnung des gesamten Angebots); Leenen AcP 188 (1988) 381, 404 ff., 417 (nach dessen Auffassung die §§ 154, 155 BGB ausschließlich den Vertragsschluss im Wege der gemeinsamen Zustimmung zu einem Vertragstext regeln). 3094 Vgl. dazu auch noch unten D. V.2. b) aa)(2)(a). 3095 Vgl. zum Charakter als widerlegliche Auslegungsregel bereits oben D. IV.1. a) bei Fn. 3076. 3096 Vgl. allg. zur Ablehnung als Erlöschenstatbestand bereits oben C. VIII.1. c) aa), C. VIII.1. c) bb)(1). 3097 Vgl. RG Recht 1923 Nr. 1336; BGH NJW-RR 1993, 1035, 1036; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 13; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 7. 3098 Vgl. Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 100; von Tuhr (Fn. 1918), S. 475 Fn. 114. Vgl. allg. in Bezug auf das Erlöschen als Folge der Ablehnung auch bereits oben C. VIII.1. c) bb)(1). 3099 Vgl. Mot. I, 175 = Mugdan I 449. 3100 Vgl. auch Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1; Zitelmann (Fn. 2967), S. 121; in Bezug auf die Parallelregelung in § 150 Abs. 1 BGB auch Hilger AcP 185 (1985) 559, 581. 3101 Ausf. zur Abgrenzung von Angebot und Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen bereits oben C. III. 3102 Ausf. zu den Anforderungen an Bestimmtheit des Angebots im deutschen Recht bereits oben C. V.1. 3103 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 3, 6; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 13; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 1; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 650). 3104 Vgl. auch Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 6; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 13; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6.
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D. Annahme
2. Französisches Recht a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme In Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Annahme gilt im französischen Recht die berühmte Formel, dass die Annahme pure et simple (schlicht und einfach) sein muss.3105 Eine inhaltliche Abweichung vom Angebot führt dazu, dass keine wirksame Annahme vorliegt.3106 Dies war so auch in allen neueren Reformprojekten vorgesehen (vgl. Art. 1105-5(2) Avant-projet Catala3107, Art. 19 Projet Terré3108, Art. 28(2) Projet de la chancellerie3109). Ob eine Abweichung vorliegt, ist im Wege der Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards3110 zu ermitteln.3111 Worauf die Abweichung sich bezieht, ist nach traditioneller ganz h.M. ebenso irrelevant, wie ob sie wesentlicher oder unwesentlicher Art ist.3112 Beispiele aus der Judikatur, in denen eine wirksame Annahme verneint wurde, betrafen etwa 3105
Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 280; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 128 f.; Bénabent (Fn. 243), n° 65; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 270; Fages (Fn. 245), n° 76; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 146 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 251; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 473; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 332; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121; Valéry (Fn. 2398), n° 105. 3106 Vgl. Cass. civ., 3.2.1919, DP 1923.I.126; Cass. civ. 2e, 16.5.1990, n° 89-13941; Aubert (Fn. 990), n° 280; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 128 f.; Bénabent (Fn. 243), n° 65 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 146 f.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 473; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 332; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121; Valéry (Fn. 2398), n° 104. 3107 Art. 1105-5 (2) Avant-projet Catala (Fn. 438) Une acceptation non conforme à l’offre est dépourvue d’effet, sauf à constituer une offre nouvelle. (Eine Annahme, die nicht mit dem Angebot übereinstimmt, hat keine Wirkung, außer dass sie ein neues Angebot darstellt.) Vgl. dazu kritisch Rouhette RDC 2007, 1371, 1404 (unter Verweis auf Art. 19 Abs. 2 CISG, § 2-207 UCC, Art. 2.1.11 PICC, Art. 2.208 PECL [zu diesen noch unten D. IV.4. a) bb)]) sowie einige nationale Rechtsordnungen). 3108 Art. 19 Projet Terré (Fn. 465) Seule une acceptation pure et simple entraîne la formation du contrat. (Nur eine schlichte und einfach Annahme führt zum Zustandekommen des Vertrags.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 128 f. 3109 Art. 28(2) Projet de la chancellerie (Fn. 438) Une acceptation non conforme à l’offre est dépourvue d’effet, sauf à constituer une offre nouvelle. (Eine Annahme, die nicht mit dem Angebot übereinstimmt, hat keine Wirkung, außer dass sie ein neues Angebot darstellt.) 3110 Vgl. zu den allg. Auslegungsstandards des französischen Rechts bereits ausf. oben C. II.2. 3111 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 271; Fages (Fn. 245), n° 76; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 146 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121. 3112 Vgl. Cass. civ., 3.2.1919, DP 1923.I.126; Aubert (Fn. 990), n° 280; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 128 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 146 f.; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 473; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121.
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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Fälle einer Abweichung hinsichtlich des Preises3113, der Menge der verkauften Sachen3114, des Gegenstands der Leistung3115 oder der Leistungszeit3116. Speziell im jüngeren Schrifttum scheinen einige Autoren allerdings – teils unter expliziter Bezugnahme auf internationale Instrumente3117 danach differenzieren zu wollen, ob eine substanzielle Modifikation der Vertragsbedingungen vorliegt.3118 Auch nach französischem Recht schaden aber jedenfalls nur wirkliche inhaltliche Modifikationen.3119 Unerheblich sind folglich etwa: eine andere Formulierung oder Schreibweise (vgl. auch Art. 1156 C. civ.3120)3121, bloße Konkretisierungen3122 oder Bezugnahmen auf gesetzlich ohnehin vorgesehene Rechte oder Pflichten3123. Ob auch eine Teilannahme möglich ist, ist Auslegungsfrage.3124 3113 Vgl. Cass. civ., 28.5.1952, Bull. civ. n° 183 (400 F. statt 300 F.); Cass. civ. 1re, 28.1.1963, Bull. civ. I n° 62 (Preis von 3,3 Mio. F. statt 3,6 Mio. F für eine Immobilie); Cass. soc. D. 1965, 743 (geringerer Preis für eine Immobilie); Cass. civ. 1re, 5.3.1991, n° 88-19322 (3,30 F statt 3 F pro Flasche); vgl. ferner auch Aubert (Fn. 990), n° 286; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147. 3114 Vgl. Cass. com., 22.4.1958, Bull. civ. III n° 160; vgl. ferner auch Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147. 3115 Vgl. Cass. civ. 1re, 12.3.1985, n° 83-16875 (Plakate mit Wahlwerbung statt für Immobilien); C. de Paris, 30.6.1920, S. 1921.II.4 (Angebot bzgl. einer bestimmten Menge Holz aus einem namentlich bezeichneten Wald; Annahme allg. bezüglich der entsprechenden Menge Holz); vgl. ferner auch Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147. 3116 Vgl. Trib. com. de Le Havre, 2.7.1956, RTD com. 1958, 136 (Zahlungsfrist von 45 statt 30 Tagen). 3117 Vgl. zum material mirror image model im CESL-D näher unten D. IV.4., zu seinen internationalen Vorläufern in EAG, CISG, PICC, PECL und DCFR speziell unten D. IV.4. a) bb). 3118 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 76 („si elle modifie substantiellement les termes de la proposition initiale“ [„wenn sie die Bedingungen des ursprünglichen Angebots substanziell modifiziert“]; anschließend nimmt er auf Art. 2:208 PECL [s.u. Fn. 3178] Bezug). Vgl. weiter auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 270 f. („… elle doit porter sur tous les éléments essentiels de l’offre. … Si … le destinataire de l’offre modifie un élément important … il n’y a pas acceptation. … Le juge apprécie en principe de façon objective si le destinataire de l’offre n’en a modifié qu’un élément accessoire ou au contraire essentiel …“ [„… sie muss alle essentiellen Elemente des Angebots betreffen. … Wenn … der Angebotsempfänger ein wichtiges Element modifiziert … liegt keine Annahme vor. … Der Richter beurteilt in einer prinzipiell objektiven Art und Weise, ob der Angebotsempfänger nur ein nebensächliches oder im Gegenteil ein essentielles Element derselben modifiziert hat …“]); s. ferner auch Larroumet (Fn. 243), n° 251 (wo allerdings nicht ganz eindeutig ist, ob er nicht nur die Problematik der hinreichenden Bestimmtheit des Vertrags behandelt). 3119 Vgl. Bonassies (Fn. 1414), S. 974 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147. 3120 Dazu bereits oben C. II.2. a) aa). 3121 Vgl. Bonassies (Fn. 1414), S. 974; Valéry (Fn. 2398), n° 106. 3122 Vgl. Cass. civ. 1re, 27.5.1961, Bull. civ. I n° 271 (Angebot zum Verkauf einer Immobilie enthielt keine Beschreibung; in der Annahme wurden die Heizung erwähnt); Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121. 3123 Vgl. Cass. civ. 1re, 21.1.1958, Bull. civ. I n° 50; Bonassies (Fn. 1414), S. 974; Flour/Aubert/ Savaux (Fn. 243), n° 147; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121; Valéry (Fn. 2398), n° 107. 3124 Vgl. Cass. soc., 15.12.1970, n° 69-11913 (Annahme bzgl. Minimum); C. de Paris, 22.3.1983, Gaz. Pal. 1983, somm. 433 (Angebot unteilbar); Bénabent (Fn. 243), n° 65; Ghestin (Fn. 1049), n° 327.
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D. Annahme
b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen Eine Erklärung, die nach den dargestellten Maßstäben keine wirksame Annahme darstellt, wird als contre-proposition (Gegenangebot), d.h. neues Angebot, qualifiziert.3125 Auch nach französischem Recht gilt dies freilich nur, wenn die allgemeinen Anforderungen an das Vorliegen eines wirksamen Angebots (insbesondere: hinreichende Bestimmtheit3126 und Rechtsbindungswille3127) erfüllt sind.3128 Streitig ist dagegen, welche Auswirkungen eine solche contre-proposition auf das (ursprüngliche) Angebot hat. Insoweit wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass nur ein refus non équivoque et définitif (eindeutige und definitive Ablehnung) zum Erlöschen des Angebots führe; andernfalls könne dieses nur widerrufen werden.3129 Die Rechtsprechung3130 und ganz h.L.3131 qualifizieren eine solche contre-proposition dagegen generell als Ablehnung mit der Folge des Erlöschens des Angebots3132. Ratio ist ähnlich wie im deutschen Recht3133 der Gedanke der Rechtssicherheit.3134
3. Englisches Recht a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme Im englischen Recht gilt die sog. mirror image rule (Spiegelbild-Regel)3135: Die Annahme muss mit dem Angebot korrespondieren, d.h. sie muss uneinge3125
Vgl. Cass. civ. 1re, 12.3.1985, n° 83-16875; Cass. civ. 1re, 5.3.1991, n° 88-19322; Cass. soc., 23.9.2009, n° 08-41666; Aubert (Fn. 990), n° 285, 296 f.; Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 128 f.; Bénabent (Fn. 243), n° 65; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 271; Fages (Fn. 245), n° 76 Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147; Ghestin (Fn. 1049), n° 327 f.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 473; Noguéro (Fn. 2409), 49, 61; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 332; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121; Testu (Fn. 991), 21.15. 3126 Ausf. zu den Anforderungen an Bestimmtheit des Angebots im französischen Recht bereits oben C. V.1. 3127 Ausf. zur Abgrenzung von Angebot und Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen bereits oben C. III. 3128 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 297; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 271. 3129 So Ghestin (Fn. 1049), n° 328. 3130 Vgl. etwa Cass. civ. 1re, 5.3.1991, n° 88-19322; Cass. soc., 23.9.2009, n° 08-41666; Cass. civ. 3e, 17.11.2009, n° 08-20770. 3131 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 297; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 271; Fages (Fn. 245), n° 76; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 473; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 61; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 121. 3132 Vgl. allg. zur Ablehnung als Erlöschenstatbestand bereits oben C. VIII.2. g) bb). 3133 Vgl. oben D. IV.1. b). 3134 Vgl. Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 129; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 147. 3135 Der Begriff wurde wohl erstmals verwendet von Hogan (1962) 48 Cornell L. Q. 1, 44, dann sogleich aufgegriffen von Davenport (1963) 19 Bus. Law. 75, 76 und hat sich seitdem zur Standardformel entwickelt: Vgl. etwa Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.40.
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
467
schränkt sein und darf keinerlei Modifikationen enthalten.3136 Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung der Erklärung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards3137 zu ermitteln.3138 Entscheidend ist, ob ein vernünftiger Anbietender die Erklärung als eine neue Bedingung in das Geschäft einführend oder als klare Annahme ansehen würde.3139 Das mirror image-Erfordernis wird dabei prinzipiell strikt verstanden: Schädlich ist jede inhaltliche Modifikation, egal ob sie wesentlich oder unwesentlich ist.3140 Verneint wurde eine wirksame Annahme etwa in folgenden Fällen: Ergänzung einer Eigenschaftszusicherung3141; von Installationskosten sowie eines abweichenden Liefertermins3142, einer Anzahlung3143, oder dass bestimmtes Inventar mitverkauft sein soll3144; abweichende Anzahlungssumme3145; variabler statt Festpreis3146; geringerer Preis3147; niedrigere Erfüllungsgarantie3148.
3136 Vgl. Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 139; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 51; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.40; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.38; McKendrick (Fn. 493), S. 81; Treitel (Fn. 491), 2-016. 3137 Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des englischen Rechts bereits oben C. II.3. 3138 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.40; Treitel (Fn. 491), 2-016. 3139 Vgl. Global Tankers Inc v Amercoat Europa NV [1975] 1 Lloyd’s Rep 666 at 671; Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 139; Maple Leaf Macro Volatility Master Fund v Rouvroy [2009] EWHC (Comm) 257 at para. 247; Midgulf International Ltd v Groupe Chimique Tunesien [2010] EWCA Civ 66 at para. 45; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.43; Treitel (Fn. 491), 2-019. 3140 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 82; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.40, 4.49; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.38; McKendrick (Fn. 493), S. 81; Treitel (Fn. 491), 2-019. 3141 Vgl. Jordan v Norton (1838) 4 M & W 155 (Angebot bzgl. des Verkaufs eines Pferdes für 20 Guineas, Annahme mit der Bitte um Bestätigung, dass das Pferd gesund und im Pferdegeschirr ruhig ist). 3142 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401. 3143 Vgl. Jones v Daniel [1894] 2 Ch 332. 3144 Vgl. Bircham & Co Nominees (No. 2) Ltd v Worrell Holdings Ltd [2001] EWCA Civ 775 at para. 11. 3145 Vgl. Harrison v Battye [1975] 1 WLR 58 (Kaufpreis identisch, aber Annahme sah Anzahlung von 850 £ statt 100 £ vor). 3146 Vgl. North West Leicestershire District Council v East Midlands Housing Association Ltd [1981] 1 WLR 1396. 3147 Vgl. Hyde v Wrench (1840) 3 Beav 334 (950 £ statt 1000 £). 3148 Vgl. Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34.
468
D. Annahme
Auch eine Annahme nur bezüglich einer Teilmenge wird grundsätzlich nicht als wirksam angesehen;3149 etwas anderes gilt nur, wenn die Auslegung ausnahmsweise ergibt, dass das Angebot als teilbar gewollt war3150. Andererseits wird auch im englischen Recht eine wirksame Annahme nur dann verneint, wenn eine echte inhaltliche Modifikation vorliegt.3151 Als unschädlich angesehen werden also z.B. insbesondere bloße verbale Abweichungen3152, reine Hinweise3153 oder Präzisierungen3154, Bezugnahmen auf ohnehin vertraglich oder kraft Gesetzes bestehende Verpflichtungen/Bedingungen3155, oder wenn der Annehmende zwar einen Wunsch nach einer Anpassungen der Bedingungen zum Ausdruck bringt, zugleich aber deutlich macht, dass er auch bereit wäre, zu den im Angebot genannten Bedingungen zu kontrahieren3156. b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen Erklärungen, die nach der mirror image rule keine wirksame Annahme darstellen, werden auch im englischen Recht nach allgemeiner Meinung als counter-offers (Gegenangebote) qualifiziert3157. Dies gilt aber freilich nur dann, 3149 Vgl. Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 (800 t statt 1.200 t Eisen); Ocean Coal Co Ltd v Powell Duffryn Steam Coal Co Ltd [1932] 1 Ch 654 (Angebot von 135 000 Aktien, Annahme nur bzgl. 5000 Aktien); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.41; Treitel (Fn. 491), 2-019. 3150 Vgl. Ocean Coal Co Ltd v Powell Duffryn Steam Coal Co Ltd [1932] 1 Ch 654, wo Farwell J zumindest in Betracht zieht, ob das Angebot nicht auch so gemeint gewesen sein könnte, dass der Angebotsempfänger so viele von den 135 000 Aktien kaufen könne, wie er möchte; vgl. ferner auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.41. 3151 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Treitel (Fn. 491), 2-019. 3152 Vgl. Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 139; Midgulf International Ltd v Groupe Chimique Tunesien [2010] EWCA Civ 66 at para. 45; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2032; Treitel (Fn. 491), 2-019; Vaver (1979-80) 4 Can. Bus. L. J. 277, 279. 3153 Vgl. Re Scottish Petroleum Co (1883) LR 23 Ch D 413 (Annahme eines Angebots zum Erwerb von Aktien enthielt den Hinweis, dass zwei bestimmte Personen nicht mehr directors der Gesellschaft sind); Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.42. 3154 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.42; Jacobs (1985) 34 ICLQ 297, 298; s. ferner die kanadische Entscheidung Carter v Hyde (1923) 33 CLR 115 (Angebot bzgl. Miete, Lizenz, Möbel und Goodwill eines Hotels; Annahme ergänzte „as per inventory“ [„entsprechend der Inventarliste“]). 3155 Vgl. Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 139; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Treitel (Fn. 491), 2-019. 3156 Vgl. Air Studios (Lyndhurst) Ltd (t/a Air Entertainment Group) v Lombard North Central Plc [2012] EWHC 3162 (QB) at para. 55; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.47; Treitel (Fn. 491), 2-019; s. ferner auch Jacobs (1985) 34 ICLQ 297, 298. 3157 Vgl. Jones v Daniel [1894] 2 Ch 332 at 335; Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 at 139 f.; Mulcaire Claimant v News Group Newspapers Ltd [2011] EWHC 3469 (Ch) at para. 12; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 51; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-032; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.42; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.38; McKendrick (Fn. 493), S. 81; Treitel (Fn. 491), 2-019.
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
469
wenn sie die allgemeinen Anforderungen an ein wirksames Angebot erfüllen, d.h. insbesondere mit Rechtsbindungswillen3158 erfolgen und hinreichend bestimmt3159 sind3160. Der Qualifikation als Gegenangebot liegt auch im englischen Recht der Gedanke zu Grunde, dass auch der untauglichen „Annahme“ der Wille zum Vertragsschluss immanent ist.3161 Eine counter-offer gilt darüber hinaus nach allgemeiner Meinung zugleich als Ablehnung und führt folglich zum Erlöschen des Angebots3162, 3163: „a counter-offer kills the offer“3164 („ein Gegenangebot tötet das Angebot“).
4. CESL-D a) Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Annahme aa) Überblick Der CESL-D etabliert in Art. 38 im Gegensatz zum deutschen3165 und englischen3166 Recht sowie der traditionellen Auffassung im französischen3167 Recht keine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule, sondern eine Art „Modell der wesentlichen Kongruenz“ oder „material mirror image model“: Einer wirksamen Annahme stehen grundsätzlich nur „erhebliche“3168 (material) Änderungen entgegen (vgl. Abs. 1); Änderungen, die nicht erheblich sind, werden dagegen Vertragsbestandteil (vgl. Abs. 3), sofern der Anbietende nicht unverzüglich widerspricht (Abs. 4 lit. b) oder er bzw. der Angebotsempfänger in ihrer jeweiligen Erklärung etwas Abweichendes vorgesehen haben (Abs. 4 lit. a bzw. c).
3158 Ausf. zur Abgrenzung von Angebot und Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen bereits oben C. III. 3159 Ausf. zu den Anforderungen an Bestimmtheit des Angebots im englischen Recht bereits oben C. V.1. 3160 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.42; Treitel (Fn. 491), 2-062. 3161 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.42 i.V.m. 4.11. 3162 Vgl. Hyde v Wrench (1840) 3 Beav 334; OTM Ltd v Hydranautics [1981] 2 Lloyd’s Rep. 211 at 214; Golden Ocean Group Ltd v Salgaocar Mining Industries Pvt Ltd [2011] 1 CLC 125 at para. 50; Mulcaire Claimant v News Group Newspapers Ltd [2011] EWHC 3469 (Ch) at para. 12; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 51; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-092; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.18, 3.24; Jacobs (1985) 34 ICLQ 297 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.40; McKendrick (Fn. 493), S. 81; Treitel (Fn. 491), 2-062. 3163 Vgl. allg. zur Ablehnung als Erlöschenstatbestand bereits oben C. VIII.3. b) aa). 3164 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 61; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.24. 3165 Vgl. oben D. IV.1. a). 3166 Vgl. oben D. IV.3. a). 3167 Vgl. oben D. IV.2. a). 3168 Vgl. zur Terminologie noch unten D. IV.4. a) cc)(2).
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D. Annahme
Art. 38 CESL-D Geänderte Annahme / Modified acceptance / Modification de l’acceptation Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Eine Antwort des Emp- (1) A reply by the offeree (1) La réponse du destinafängers, die ausdrückwhich states or implies taire qui énonce ou imlich oder stillschweiadditional or different plique des adjonctions gend zusätzliche oder contract terms which ou modifications qui alabweichende Vertragsmaterially alter the tèrent substantiellement bestimmungen enthält, terms of the offer is a les termes de l’offre die die Bestimmungen rejection and a new ofconstitue un rejet de des Angebots erheblich fer. l’offre et une offre nouändern würden, stellt velle. eine Ablehnung und ein neues Angebot dar. (2) Bei zusätzlichen oder (2) Additional or different (2) Des adjonctions ou moabweichenden Vercontract terms relating, difications relatives, notragsbestimmungen, die among other things, to tamment, au prix, au sich unter anderem auf the price, payment, paiement, à la qualité et à den Preis, die Zahlung, quality and quantity of la quantité des biens, au die Qualität und Quanthe goods, place and lieu, à la date et à l’heure tität der Waren, den Ort time of delivery, extent de livraison, à l’étendue und die Zeit der Liefeof one party’s liability de la responsabilité de rung, den Umfang der to the other or the setl’une des parties envers Haftung einer Partei tlement of disputes are son cocontractant ou au gegenüber der anderen presumed to alter the règlement des litiges oder auf die Beilegung terms of the offer masont présumées altérer von Streitigkeiten beterially. substantiellement les ziehen, wird vermutet, termes de l’offre. dass sie die Bestimmungen des Angebots erheblich ändern. (3) 1Eine Antwort, die eine (3) 1A reply which gives a (3) 1La réponse dont il est klare Zustimmung zu definite assent to an ofcertain qu’elle acquiesce dem Angebot enthält, fer is an acceptance à l’offre mais qui énonce stellt auch dann eine even if it states or imou implique des adjoncAnnahme dar, wenn sie plies additional or diftions ou modifications à ausdrücklich oder stillferent contract terms, celle-ci n’en vaut pas schweigend zusätzliche provided that these do moins acceptation, à oder abweichende Vernot materially alter the condition que ces adtragsbestimmungen terms of the offer. 2The jonctions ou modificaadditional or different enthält, sofern diese die tions n’altèrent pas terms then become Bestimmungen des Ansubstantiellement les part of the contract. gebots nicht erheblich termes de l’offre. 2Les
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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Art. 38 CESL-D Geänderte Annahme / Modified acceptance / Modification de l’acceptation Deutsch
Englisch
2
ändern. Die zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen werden dann Teil des Vertrags.
Französisch adjonctions ou modifications font alors partie intégrante du contrat.
(4) Eine Antwort, die aus- (4) A reply which states or (4) La réponse qui énonce drücklich oder stillimplies additional or ou implique des adjoncschweigend zusätzliche different contract tions ou modifications oder abweichende Verterms is always a rejecconstitue toujours un tragsbestimmungen tion of the offer if: rejet de l’offre si: enthält, stellt stets eine Ablehnung des Angebots dar, wenn (a) das Angebot die Annahme ausdrücklich auf die Bestimmungen des Angebots beschränkt,
(a) the offer expressly limits acceptance to the terms of the offer;
(a) l’offre restreint expressément l’acceptation à ses termes mêmes;
(b) der Anbietende den zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen unverzüglich widerspricht oder
(b) the offeror objects to the additional or different terms without undue delay; or
(b) l’offrant s’oppose sans retard excessif à ces adjonctions ou modifications; ou
(c) der Empfänger des Angebots seine Annahme von der Zustimmung des Anbietenden zu den zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen abhängig macht und die Zustimmung des Anbietenden dem Angebotsempfänger nicht innerhalb einer angemessenen Frist zugeht.
(c) the offeree makes the acceptance conditional upon the offeror’s assent to the additional or different terms, and the assent does not reach the offeree within a reasonable time.
(c) le destinataire subordonne son acceptation à l’agrément par l’offrant des adjonctions ou modifications et si cet agrément ne lui parvient pas dans un délai raisonnable.
472
D. Annahme
bb) Internationale Vorläufer Die Wurzeln dieses „Modells der wesentlichen Kongruenz“ oder „material mirror image model“ reichen zurück bis auf Art. 7 EAG3169, der in Abs. 2 ebenfalls bereits vorsah, dass auch eine Antwort, welche die Angebotsbedingungen in ihrem wesentlichen Inhalt nicht ändert, als Annahme gilt, sofern der Anbietende dies nicht innerhalb kurzer Frist beanstandet. Diese Regelung beruht auf einem Vorschlag der ICC, der dann offiziell von der schwedischen Delegation als Antrag in die Beratungen eingebracht wurde und im Wesentlichen § 6 des Schwedischen Vertragsgesetzes entsprach, aber auch starke Ähnlichkeiten zu § 2-207 UCC3170 aufweist.3171 Ziel war die Schaffung einer den Interessen des Handelsverkehrs entsprechenden Lösung, welche den Vertragsschluss nicht an geringfügigen Abweichungen scheitern lässt.3172 Aus Sicht der Mehrheit überwog dies insbesondere auch die von einigen Staaten im Hinblick auf die mit der Abgrenzung von wesentlichen und unwesentlichen Abweichungen verbundene Rechtsunsicherheit geltend gemachten Bedenken.3173 Insbesondere diese Bedenken betreffend die mangelnde Praktikabilität und Rechtsunsicherheit der Abgrenzung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Abweichungen führten dann jedoch im Rahmen der Beratungen zum
3169 Art. 7 EAG: (1) Eine Annahme, die Zusätze, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, gilt als Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar. (2) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Zusätze oder Abweichungen enthält, welche die Bedingungen des Angebots in ihrem wesentlichen Inhalt nicht ändern, gilt jedoch als Annahme, es sei denn, daß der Anbietende innerhalb kurzer Frist das Fehlen der Übereinstimmung beanstandet; unterläßt er dies, so sind die Bedingungen des Vertrages jene des Angebots mit den in der Annahme enthaltenen Änderungen. 3170 § 2-207(2) UCC: Additional Terms in Acceptance or Confirmation. (2) …. Between merchants such terms become part of the contract unless: (a) the offer expressly limits acceptance to the terms of the offer; (b) they materially alter it; or (c) notification of objection to them has already been given or is given within a reasonable time after notice of them is received. … (Zusätzliche Bedingungen in Annahme oder Bestätigung. (2) … Zwischen Kaufleuten werden solche Bedingungen Vertragsbestandteil, es sei denn: (a) das Angebot beschränkt die Annahme ausdrücklich auf die Bedingungen des Angebots; (b) sie ändern es wesentlich; oder (c) dass bereits die Mitteilung eines Widerspruchs erfolgt ist oder innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem Kenntnis von ihnen erlangt wurde, erfolgt.) 3171 Vgl. näher von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 126 f. (speziell Fn. 107); Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 513 ff.; F. Schmidt (1965) 14 Am. J. Comp. L. 1, 24 f. 3172 Vgl. F. Schmidt (1965) 14 Am. J. Comp. L. 1, 25. 3173 Vgl. von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 126 f. Fn. 107 unter Hinweis auf die Bedenken speziell der österreichischen und belgischen Delegation.
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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CISG dazu, dass der spätere Art. 19 CISG3174 zu einer der umstrittensten Fragen wurde; nach heftigen Debatten wurde schließlich als Kompromiss in Abs. 3 ein Katalog mit Wesentlichkeitsvermutungen eingefügt, um die Abgrenzung leichter handhabbar zu machen.3175 Das Modell wurde dann auch in Art. 2.1.11 PICC3176 übernommen, hier allerdings wieder ohne den Vermutungskatalog; in der Begründung heißt es dazu ausdrücklich, dass nicht abstrakt festgelegt werden könne, was eine „wesentliche“ Änderung darstellt, sondern dies von den Umständen des jeweiligen Falles abhänge.3177 In Art. 2:208 PECL3178 und Art. II.-4:208 DCFR3179 wurde ebenfalls bewusst auf die Aufnahme eines Vermutungskatalogs verzichtet, da ein solcher 3174 Art. 19 CISG: Ablehnung des Angebots; Gegenangebot (1) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, ist eine Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar. (2) 1Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen oder Abweichungen enthält, welche die Bedingungen des Angebots nicht wesentlich ändern, stellt jedoch eine Annahme dar, wenn der Anbietende das Fehlen der Übereinstimmung nicht unverzüglich mündlich beanstandet oder eine entsprechende Mitteilung absendet. 2 Unterläßt er dies, so bilden die Bedingungen des Angebots mit den in der Annahme enthaltenen Änderungen den Vertragsinhalt. (3) Ergänzungen oder Abweichungen, die sich insbesondere auf Preis, Bezahlung, Qualität und Menge der Ware, auf Ort und Zeit der Lieferung, auf den Umfang der Haftung der einen Partei gegenüber der anderen oder auf die Beilegung von Streitigkeiten beziehen, werden so angesehen, als änderten sie die Bedingungen des Angebots wesentlich. 3175 Vgl. UNCITRAL Report (Fn. 2988), S. 11, 42 f. Nr. 153 ff.; Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 1; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 2; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 3 ff.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 3; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 4; ausf. Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 514 ff.; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 22 ff.; Vergne (1985) 33 Am. J. Comp. L. 233, 235 ff. 3176 Art. 2.1.11 PICC: Geänderte Annahme (1) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, ist eine Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar. (2) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen oder Abweichungen enthält, welche die Bedingungen des Angebots nicht wesentlich ändern, stellt jedoch eine Annahme dar, wenn der Anbietende das Fehlen der Übereinstimmung nicht unverzüglich beanstandet. Wenn der Anbietende nicht beanstandet, bilden die Bedingungen des Angebots mit den in der Annahme enthaltenen Änderungen den Vertragsinhalt.“ 3177 Comment 2 Art. 2.1.11 PICC. 3178 Art. 2:208 PECL entspricht Art. II.-4:208 DCFR (s. Fn. 3179). 3179 Art. II.-4:208 DCFR: Modified acceptance (1) A reply by the offeree which states or implies additional or different terms which materially alter the terms of the offer is a rejection and a new offer. (2) A reply which gives a definite assent to an offer operates as an acceptance even if it states or implies additional or different terms, provided that these do not materially alter the terms of the offer. The additional or different terms then become part of the contract. (3) However, such a reply is treated as a rejection of the offer if: (a) the offer expressly limits acceptance to the terms of the offer;
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D. Annahme
allenfalls erläuternder und nicht erschöpfender Natur sein könne und es letztlich immer auf den Einzelfall ankomme.3180 Ergänzt wurde allerdings ein Abs. 3, der neben dem unverzüglichen Widerspruch (lit. b) zwei weitere Fälle nennt, in denen die Erklärung in jedem Fall als Ablehnung behandelt wird. Dieser Abs. 3 findet sich nun als Abs. 4 auch in Art. 38 CESL-D wieder; in Bezug auf die Etablierung einer Vermutung wurde jedoch – allerdings ohne jegliche Begründung in den (wie bereits eingangs3181 angemerkt ohnehin äußerst spärlichen) Materialien und auch erst in der allerletzten Phase3182 erneut eine Kehrtwende vollzogen: Abs. 2 übernimmt wörtlich3183 den Vermutungskatalog des Art. 19 Abs. 3 CISG.3184 cc) Einzelheiten (1) Zustimmung mit Änderung Art. 38 CESL-D setzt zunächst einmal voraus, dass die Antwort eine „klare Zustimmung“ („definite assent“/„dont il est certain qu’elle acquiesce“) zum Angebot enthält (vgl. Abs. 3 S. 1), es sich also nicht bloß um eine bloße Empfangsbestätigung, Interessenbekundung oder Nachfrage handelt3185. 3180
(b) the offeror objects to the additional or different terms without undue delay; or (c) the offeree makes the acceptance conditional upon the offeror’s assent to the additional or different terms, and the assent does not reach the offeree within a reasonable time. (Geänderte Annahme (1) Eine Antwort des Empfängers, die ausdrücklich oder stillschweigend zusätzliche oder abweichende Bestimmungen enthält, die die Bestimmungen des Angebots erheblich ändern würden, stellt eine Ablehnung und ein neues Angebot dar. (2) Eine Antwort, die eine klare Zustimmung zu dem Angebot enthält, stellt auch dann eine Annahme dar, wenn sie ausdrücklich oder stillschweigend zusätzliche oder abweichende Bestimmungen enthält, sofern diese die Bestimmungen des Angebots nicht erheblich ändern. Die zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen werden dann Teil des Vertrags. (3) Eine solche Antwort wird jedoch als Ablehnung behandelt, wenn (a) das Angebot die Annahme ausdrücklich auf die Bestimmungen des Angebots beschränkt, (b) der Anbietende den zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen unverzüglich widerspricht oder (c) der Empfänger des Angebots seine Annahme von der Zustimmung des Anbietenden zu den zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen abhängig macht und die Zustimmung des Anbietenden dem Angebotsempfänger nicht innerhalb einer angemessenen Frist zugeht.). 3180 Vgl. Art. 2:208 PECL Kommentar C; Art. II.-4:208 DCFR Comment C. 3181 Vgl. bereits oben A. I bei Fn. 6. 3182 In Art. 37 der Feasibility Study [Fn. 7] war noch keine Vermutung vorgesehen. 3183 Die englischen Sprachfassungen sind identisch; die deutschen und französischen Sprachfassungen weichen sprachlich jeweils geringfügig ab, wobei es sich aber ganz offensichtlich um ein „Übersetzungsproblem“ handelt. 3184 Vgl. dazu auch Poole (Fn. 2668), S. 53; Zoll (2012) 11 J. I. T. L. & P. 259, 260. 3185 Vgl. zur Abgrenzung zu Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen bereits oben D. II.2. d).
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
475
Der Begriff der Änderung umfasst jede zusätzliche oder abweichende Vertragsbestimmung, egal ob sie ausdrücklicher oder stillschweigend Natur ist. Entsprechend der Ratio der Norm muss es sich aber freilich um eine echte inhaltliche Änderung halten; irrelevant sind also auch im Rahmen des CESL-D etwa: eine abweichende Formulierung oder Schreibweise, bloße Präzisierungen etc.3186 Ob eine echte inhaltliche Änderung vorliegt, ist durch Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards3187 zu ermitteln. (2) Differenzierung zwischen erheblichen und nicht erheblichen Änderungen In Bezug auf die Rechtsfolgen ist dann jedoch danach zu differenzieren, ob es sich um eine „erhebliche“ Änderung (material alteration) handelt. Die Terminologie des CESL-D ist übrigens zumindest in der deutschen Sprachversion erneut höchst unglücklich: Denn in sämtlichen internationalen Vorläufern wurde das englische materially und das französische substantiellement mit „wesentlich“ übersetzt; um etwaige Missverständnisse vermeiden, sollte dies in der Endfassung möglichst noch korrigiert werden.3188 (a) Abgrenzung Zwecks Abgrenzung, ob es sich um eine „erhebliche“ Änderung (material alteration) handelt, ist zunächst die Vermutungsliste des Abs. 2 heranzuziehen. Danach wird die Erheblichkeit vermutet bei Änderungen, die sich auf den Preis, die Zahlung, die Qualität und Quantität der Waren, den Ort und die Zeit der Lieferung oder den Umfang der Haftung einer Partei oder auf die Beilegung von Streitigkeiten beziehen. Erfasst sind damit letztlich quasi alle grundlegenden Vertragsbedingungen3189 und de facto nahezu alle relevanten Aspekte eines Vertrags3190. Nach Wortlaut („vermutet“/„presumed“/„présumées“), Systematik (in Abs. 4 heißt es im Gegensatz dazu ausdrücklich „stellt stets dar“) und Ratio der Norm (Erleichterung der Abgrenzung3191) handelt es sich jedoch – ebenso 3186 Vgl. in Bezug auf Art. 19 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 7; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 5; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 6. 3187 Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des CESL-D bereits oben C. II.3. 3188 Sofern man überhaupt am material mirror image model festhält; wie unten (D. IV.5.) noch näher ausgeführt wird, sollte dieses vielmehr generell durch eine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule ersetzt werden. 3189 Vgl. in Bezug auf Art. 19 Abs. 3 CISG: Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 17; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 16. 3190 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 616; Poole (Fn. 2668), S. 53; vgl. in Bezug auf Art. 19 Abs. 3 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 1, 14; Gruber (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 6; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 para. 169; Kelso (1983) 21 Colum. J. Transnat’l L. 529, 549, 555; Poole (Fn. 2668), S. Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 196 f.; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 25 ff. 3191 Vgl. in Bezug auf die Vorbildregelung des Art. 19 Abs. 3 CISG bereits oben D. IV.4. a) bb) bei Fn. 3175.
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D. Annahme
wie nach ganz h.M.3192 auch bei der Vorbildregelung des Art. 19 Abs. 3 CISG3193 – um eine widerlegliche Vermutung3194, d.h. im Einzelfall kann sich im Rahmen der Auslegung ergeben, dass die Änderung trotz Erfassung durch die Vermutungsliste nicht „erheblich“ ist3195. Sofern eine Änderung ausnahmsweise nicht unter einen der Katalogtatbestände fällt, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob sie „erheblich“ ist.3196 Nach der Begründung zu Art. II.-4:208 DCFR soll eine Änderung nicht „erheblich“ sein, wenn es unwahrscheinlich ist, dass sie den Anbietenden in seiner Entscheidung, den Vertrag überhaupt oder mit diesen Bedingungen zu schließen, beeinflusst hätte.3197 In der Judikatur zur Vorbildregelung des Art. 19 Abs. 3 CISG wurden etwa eine Bitte um vertrauliche Behandlung des Angebotsschreibens3198 oder eine zeitliche Beschränkung des Rügerechts auf 30 Tage3199 als „unwesentlich“3200 eingestuft. (b) Bedeutung der Abgrenzung Im Falle einer „erheblichen“ Änderung liegt gem. Art. 38 Abs. 1 CESL-D keine wirksame Annahme vor (vgl. zur rechtlichen Behandlung noch un-ten b)). Ist die Änderung dagegen nicht „erheblich“, so werden die zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen gem. Art. 38 Abs. 3 CESL-D Vertragsbe3192 Vgl. Cass. civ. 1re, 4.1.1995, n° 92-16993 m. Anm. Witz/Wolter RIW 1995, 810, 811 ff.; OGH JBl 1997, 592, 593; Bundesgericht, 5.4.2005, CISG-online 1012; OLG Naumburg, 27.4.1999, CISG-online 512; del Pilar Perales Viscasillas (2002) 14 Pace Int’l L. Rev. 153, 154; Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 11; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 10; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 para. 169; Kelso (1983) 21 Colum. J. Transnat’l L. 529, 549; Luig, Der internationale Vertragsschluß, 2003, S. 208 f Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 16; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 13; Mullis (Fn. 2990), S. 89; Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 520; Saenger (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 5; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 8b; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 15; Schwenzer/Hachem/Kee (Fn. 2434), 10.70; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 25; a.A. (unwiderlegbare Vermutung) aber etwa Gruber (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 7. 3193 Fn. 3174. 3194 Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 616. 3195 Beispiele aus der Judikatur zum CISG: Cass. civ. 1re, 4.1.1995, n° 92-16993 (Erweiterung einer Preisanpassungsklausel auf den Fall steigender Marktpreise); OLG Naumburg, 27.4.1999, CISG-online 512 (Angebot: „Lieferung bis 15.3.1997“; Annahme: „April, Liefertermin bleibt vorbehalten“; Änderung Vertragsinhalt). 3196 Vgl. auch Art. II.-4:208 DCFR Comment C; vgl. ferner in Bezug auf Art. 19 CISG etwa auch: Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 15; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 10; Gruber (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 9; Luig (Fn. 3192), S. 209; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 17. 3197 Vgl. auch Art. II.-4:208 DCFR Comment C; vgl. ferner ähnlich in Bezug auf Art. 19 CISG auch: Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 15; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 19; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 9. 3198 Vgl. Fovárosi Biróság Budapest, 10.1.1992, CISG-online 43. 3199 Vgl. LG Baden-Baden, 14.8.1991, CISG-online 24. 3200 Vgl. zur Terminologieproblematik bereits oben D. IV.4. a) cc)(2).
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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standteil, sofern keiner der drei Ausnahmetatbestände des Abs. 4 vorliegt. Lit. b übernimmt dabei die auch in allen internationalen Vorläufern vorgesehene Regelung, dass kein Vertrag zustande kommt, wenn der Anbietende den zusätzlichen oder abweichenden Bestimmungen unverzüglich widerspricht. Die anderen beiden Tatbestände haben letztlich nur klarstellende Funktion3201: Im Rahmen der Privatautonomie steht es einerseits dem Anbietenden frei, die Annahme ausdrücklich auf die Bestimmungen des Angebots zu beschränken (lit. a); umgekehrt kann aber auch der Angebotsempfänger die Wirksamkeit seiner Annahme davon abhängig machen, dass der Anbietende der Änderung innerhalb einer angemessenen Frist zustimmt (lit. c). b) Rechtliche Behandlung von Erklärungen, die den Anforderungen an eine wirksame Annahme nicht genügen Sofern nach den soeben referierten Maßstäben keine wirksame Annahme vorliegt (weil die Änderung entweder „erheblich“ ist oder ein Fall des Abs. 4 vorliegt), stellt die Erklärung gem. Art. 38 Abs. 1 CESL-D3202 eine Ablehnung und zugleich ein neues Angebot (Gegenangebot) dar. Letzteres kann aber freilich auch im Rahmen des CESL-D nur dann gelten, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Angebots (d.h. insbesondere hinreichende Bestimmtheit3203 sowie Rechtsbindungswille3204) erfüllt sind.
5. Rechtsvergleichende Würdigung Aus rechtsvergleichender Perspektive ergibt sich somit insgesamt, dass die drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Annahme sowie die rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen, im Wesentlichen überstimmen: Sowohl das deutsche3205 und englische3206 Recht als auch die traditionelle Auffassung im französischen3207 Recht etablieren eine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule: Eine wirksame Annahme liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie inhaltlich vollständig kongruent mit dem Angebot, also dessen perfektes mirror image (Spiegelbild), ist. Ist dies nicht der Fall, wird die Erklärung als Ablehnung und – sofern die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen 3201
Auch im Rahmen des CISG ist trotz Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung anerkannt, dass in diesen Fällen keine wirksame Annahme vorliegt, vgl. nur Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 18 (jeweils m.w.N.). 3202 Ausdrücklich klargestellt auch nochmals in Abs. 4. 3203 Vgl. dazu näher oben C. V.4. 3204 Vgl. dazu näher oben C. III. 3205 Vgl. oben D. IV.1. a). 3206 Vgl. oben D. IV.3. a). 3207 Vgl. oben D. IV.2. a).
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D. Annahme
eines wirksamen Angebots (d.h. insbesondere hinreichende Bestimmtheit und Rechtsbindungswille) erfüllt sind – als Gegenangebot qualifiziert. Letzteres (Qualifikation als Ablehnung und Gegenangebot) gilt zwar auch im Rahmen des CESL-D3208; in Bezug auf die vorgelagerte Frage nach den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Annahme etabliert er jedoch gerade keine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule, sondern eine Art „Modell der wesentlichen Kongruenz“ oder „material mirror image model“.3209 Hinsichtlich der praktischen Ergebnisse dürfte diese Lösung zwar letztlich zumindest in den allermeisten Fällen gar nicht so weit von der strikten mirror image rule der nationalen Rechtsordnungen abweichen3210: Denn zum einen wird schon auf Grund des extensiven Vermutungskatalogs des Art. 38 Abs. 2 CESL-D, der – wie dargelegt de facto nahezu alle relevanten Aspekte eines Vertrags umfasst, in vielen Fällen auch auf der Basis des CESL-D eine „erhebliche“ – und damit eine wirksame Annahme verhindernde – Abweichung vorliegen3211; zum anderen kommen auch die nationalen Rechtsordnungen im Falle von Abweichungen, die nach den CESL-D-Maßstäben „unerheblich“ wären, letztlich meist zum Ergebnis eines wirksamen Vertragsschlusses, weil das Verhalten3212 oder ggf. auch nur das bloße Schweigen3213 des Anbietenden auf eine solche „Annahme“ häufig als Annahme des darin liegenden Gegenangebots qualifiziert werden kann3214. 3208
Vgl. oben D. IV.4. b). Vgl. oben D. IV.4. a). 3210 Vgl. in Bezug auf das englische Recht bzw. common law allgemein auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.51; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 25 („departure in form only from the strict mirror image rule“ [„bloß formal eine Abweichung von der strikten mirror image rule“); in Bezug auf das deutsche Recht auch Köhler (Fn. 1397), S. 33, 47 f.; Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 7 EAG Rn. 2; s. ferner auch Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 para. 167. 3211 Vgl. in Bezug auf Art. 19 Abs. 3 CISG: Bridge, The CISG from a Common Law Perspective, in: Kleineman (ed.), CISG Part II Conference, 2009, S. 11, 22; Delforge (Fn. 1372), n° 509; Gruber (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 6 („meisten in Betracht kommenden Abweichungen erfasst“); Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 para. 169 („most cases will probably fall under the traditional rule“ [„die meisten Fällen werden wahrscheinlich unter die traditionelle Regel fallen“]); Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 197 („turns virtually all terms that in practice contain modifications into material ones“ [„macht praktisch alle Bedingungen, die in der Praxis Abweichungen enthalten, zu wesentlichen“]; Sukurs (2001) Vand. J. Transnat’l L. 1481, 1496; Poole (Fn. 2668), S. 53; Stemp (2005) 15 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 244, 261; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 27 („rare case indeed where [it] will operate to ‚save’ a formation of a contract in the case of a deviating acceptance“ [„es wird in der Tat selten der Fall sein, dass [es] bewirkt, im Falle einer abweichenden Annahme ein Zustandekommen eines Vertrags zu ‚retten’“); Neumayer RIW 1994, 99, 103 („ohne praktische Bedeutung“). 3212 Vgl. zur Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung gegenüber dem Anbietenden im Rahmen des CESL-D noch ausf. u. D. V.1. d) bb). 3213 Vgl. zur Annahme durch Schweigen im Rahmen des CESL-D noch ausf. u. D. V.2. b) dd). 3214 Vgl. etwa in Bezug auf das deutsche Recht Köhler (Fn. 1397), S. 33, 47 f.; Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 7 EAG Rn. 2; in Bezug auf das englische Recht Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.51; vgl. ferner auch Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 para. 167. 3209
IV. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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Darüber hinaus ist die Grundintention des material mirror image model, das Zustandekommen eines Vertrags im Interesse des Handels- und Geschäftsverkehrs nicht an bloß geringfügigen Abweichungen scheitern zu lassen (Stichwort: favor contractus), sicherlich unzweifelhaft sinnvoll und vernünftig. Wo wirklich lediglich geringfügige Abweichungen vorliegen und die Parteien tatsächlich (gleichwohl) einen wirksamen Vertragsschluss wollten, lassen letztlich aber auch die analysierten nationalen Rechtsordnungen – trotz prinzipieller strikter mirror image rule – einen Vertrag nicht scheitern: Solche Fälle lassen sich regelmäßig entweder bereits im Wege der Auslegung der maßgeblichen Erklärungen oder häufig auch, wie soeben dargelegt, dadurch lösen, dass das Verhalten/Schweigen des Anbietenden auf „Annahme“/Gegenangebot als Annahme desselben angesehen werden kann. Das material mirror image model bringt insofern letztlich hinsichtlich der praktischen Ergebnisse in Bezug auf das Ziel, den Vertragsschluss nicht an Bagatellabweichungen scheitern zu lassen, keine wirklich signifikante Verbesserung, produziert aber andererseits auf Grund der Notwendigkeit der Abgrenzung von „erheblichen“ und „unerheblichen“ Abweichungen unnötige Komplexität, Rechtsunsicherheit und Streitpotenzial3215. Dies zeigten schon die vielen diesbezüglichen Streitigkeiten unter Geltung des EAG3216 und auch unter Geltung des CISG ist die Situation keineswegs besser3217. Insbesondere hat auch der Vermutungskatalog in Art. 19 Abs. 3 CISG offensichtlich keine Verbesserung gebracht, sondern im Gegenteil wohl eher noch mehr Streitpotenzial geschaffen, kann nun doch außerdem noch darüber gestritten werden, ob der konkrete Fall in den Anwendungsbereich der Vermutung fällt, ob diese widerlegbar ist und wenn ja, ob in casu die Voraussetzungen dafür vorliegen.3218 3215 Vgl. zu den bereits im Rahmen der Beratungen zu EAG und CISG geäußerten Bedenken oben D. IV.4. a) bb) mit Fn. 3173 und 3175. Vgl. weiter auch Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 129 in Bezug auf das Projet Terré (Fn. 465), im Rahmen dessen man sich auf Grund der mit der Abgrenzung verbundenen Rechtsunsicherheiten ebenfalls bewusst gegen eine Differenzierung und für die traditionelle strikte mirror image rule entschied. Vgl. ferner etwa auch Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 515 ff.; ders. RIW 1994, 99, 103; in Bezug auf den CESL-D nun auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 615; Poole (Fn. 2668), S. 53. 3216 Vgl. Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 6. 3217 Vgl. DiMatteo, The Curious Case of Transborder Sales Law: A Comparative Analysis of CESL, CISG, and the UCC, in: Magnus (ed.), CISG vs. Regional Sales Law Unification. With a Focus on the New Common European Sales Law, 2012, S. 25, 47 („disastrous provisions“ [„verheerende Vorschriften“]); Gruber (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 2 („bereitet bei der Rechtsanwendung erhebliche Schwierigkeiten“); Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 1 („kaum bewährt“); Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 1 („not proved to be an ideal solution“ [„hat sich nicht als ideale Lösung erwiesen“]; vgl. ferner bereits Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 512; ders. RIW 1994, 99, 103 („Fehlentscheid“). 3218 Vgl. kritisch zur Vermutung in Art. 19 Abs. 3 CISG auch Delforge (Fn. 1372), n° 509; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 47; Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 520 f.; zur Vermutung in Art. 38 Abs. 2 CESL-D auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 143 f.; s. ferner auch die dezidierte Absage an die Aufnahme der Vermutung in PICC, PECL und DCFR (dazu bereits oben D. IV.4. a) bb)).
480
D. Annahme
Speziell vor diesem Hintergrund hätte die quasi in letzter Minute erfolgte Wiedereinfügung der in PICC, PECL und DCFR bewusst und mit wohlüberlegten Argumenten gestrichenen Vermutung3219 in den CESL-D doch zumindest einer näheren Begründung bedurft. Im Übrigen erscheint es auch wertungsmäßig generell nicht überzeugend, dem Anbietenden im Falle einer – wenn auch nur „unerheblichen“ Abweichung eine Widerspruchsobliegenheit aufzuerlegen3220, zumal es für ihn häufig auch schwer abzuschätzen sein wird, ob ein Gericht die Abweichung später irgendwann einmal als „erheblich“ einstufen könnte. Für den Anbietenden sollte vielmehr Klarheit herrschen3221: Entweder der Angebotsempfänger hat sein Angebot so angenommen, wie es ist – oder eben nicht. Sofern er mit den Änderungen einverstanden ist, hat er selbstverständlich immer die Möglichkeit, seinerseits das in der „Annahme“ liegende Gegenangebot anzunehmen. Warum aber sollte er, von dem die Abweichung schließlich nicht ausgeht, gehalten sein, unverzüglich zu widersprechen, wenn er den Vertrag so nicht will? Mit seinem Angebot hat er schließlich bereits klar zu erkennen gegeben, dass er den Vertrag gerade zu den darin genannten Konditionen schließen will. Die Abweichungen stammen aus der Sphäre des Angebotsempfängers und daher sollte konsequenterweise auch ihn das Risiko treffen, dass der Vertrag dann eben gar nicht zustande kommt. Die eminente Bedeutung der Schaffung klarer Verhältnisse und die wertungsmäßigen Bedenken gegen eine Widerspruchsobliegenheit des Anbietenden werden im Rahmen des CESL-D zudem noch dadurch verstärkt, dass dieser im Gegensatz zum CISG gerade nicht nur im unternehmerischen Verkehr, sondern auch bei Geschäften mit Verbrauchern Anwendung findet3222: Hier erscheint das aus der Abgrenzung von „erheblichen“ und „unerheblichen“ Abweichungen resultierende Unsicherheitspotenzial noch weitaus gravierender und eine Widerspruchsobliegenheit erst recht nicht zumutbar. 3219
Vgl. oben D. IV.4. a) bb). Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 142 f., der überzeugend darlegt, dass sich die Situation wertungsmäßig signifikant von derjenigen bei einer verspäteten Annahme oder einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben unterscheidet. Sehr kritisch auch Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 512 ff. („Fehlentscheid“); s. ferner auch Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 31 („durchbricht das klassische Konsensmodell“). A.A. jedoch etwa Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 12 (rechtfertigt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und aus praktischen Gründen). 3221 Vgl. auch die Nachweise in Fn. 3098 (in Bezug auf das deutsche Recht) und in Fn. 3134 (in Bezug auf das französische Recht). 3222 Vgl. zur besonderen Brisanz bei Verbrauchergeschäften auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 143; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 615; s. ferner auch ELI (Fn. 1209), S. 183 („The rules … on modified acceptance as they presently stand are suitable only for relations between traders. In particular, consumers need protection where traders accept an offer with modifications …“ [„Die Regeln … betreffend die geänderte Annahme sind in ihrer jetzigen Fassung nur für Beziehungen zwischen Unternehmern geeignet. Verbraucher brauchen insbesondere dann Schutz, wenn Unternehmer ein Angebot mit Modifikationen annehmen …“]). 3220
V. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme von Erklärungen
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Das material mirror image model des CESL-D vermag nach alledem nicht zu überzeugen3223 und sollte durch die in allen untersuchten nationalen Rechtsordnungen aus guten Gründen etablierte und bewährte strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule ersetzt werden.
V. Kommunikation der Annahme In Bezug auf die Kommunikation der Annahme ergeben sich im Wesentlichen zwei große Problemkomplexe: Zum einen stellt sich die Frage, ob es zur Wirksamkeit der Annahme grundsätzlich erforderlich ist, dass diese an den Anbietenden kommuniziert wird, sowie ob und ggf. in welchen Fällen Ausnahmen davon existieren (dazu näher unten D. V.1.); zum anderen ist zu untersuchen, auf welche Art und Weise bzw. mit welchen Mitteln die Annahme kommuniziert werden kann (dazu näher unten D. V.2.). Zu diesem zweiten Problemkomplex gehört insbesondere auch die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auch eine Annahme durch Schweigen bzw. Untätigkeit möglich ist. Insofern wird leider häufig nicht hinreichend differenziert zwischen der Annahme ohne Kommunikation derselben an den Anbietenden einerseits und der (an den Anbietenden kommunizierten) Annahme durch Schweigen bzw. Untätigkeit andererseits.3224 Beiden Fällen ist zwar gemeinsam, dass keine ausdrückliche Kommunikation einer Annahmeerklärung an den Anbietenden erfolgt; dogmatisch handelt es sich jedoch um zwei völlig verschiedene Problemkreise, die streng voneinander zu trennen sind.3225 Der erste Problemkomplex steht in engem Zusammenhang mit der – unten noch ausführlich zu erörternden3226 essentiellen Grundfrage, wann der Vertrag wirksam wird, soll aber trotzdem hier zunächst einmal separat behandelt werden. 3223
Sehr kritisch auch DiMatteo (Fn. 3217), S. 25, 47 f.; Looschelders AcP 212 (2012) 581,
614 ff. 3224 Selbst in den ersten Entwürfen zum BGB wurde in den Vorläufern zu § 151 BGB (dazu noch näher unten D. V.1. a) bb)(1)) undifferenziert von einer „stillschweigenden Annahme“ gesprochen (vgl. § 15 TE-OR (Nr. 9), § 85 KE, § 86 E I); erst in der 2. Kommission wurde der Unterschied zwischen der „stillschweigenden Annahme eines Vertragsantrags dem Antragenden gegenüber“ und den Fällen „in denen eines Annahme gegenüber dem Antragenden nicht erforderlich ist“ klar herausgestellt, vgl. Prot. I, 174 f. = Mugdan I, 693. Vgl. dazu auch Schwarze AcP 202 (2002) 607, 613. 3225 Vgl. zur Differenzierung aus dem deutschen Schrifttum etwa auch Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 3; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Kramer JURA 1984, 235, 248 f.; Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 24; Petersen JURA 2003, 687, 688; aus dem englischen Schrifttum etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.55. 3226 S. unten D. VII.
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D. Annahme
1. Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden und etwaige Ausnahmen a) Deutsches Recht aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden Nach deutschem Recht ist die Annahme eine grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung.3227 Dass die Annahme prinzipiell an den Anbietenden (und das Angebot an den Adressaten) kommuniziert werden muss, war für die Verfasser des BGB derart selbstverständlich, dass der dies explizit formulierende § 77 E I („Zur Schließung eines Vertrags wird erfordert, daß die Vertragschließenden ihren übereinstimmenden Willen sich gegenseitig erklärt haben“) bewusst wieder gestrichen wurde.3228 Einen wenngleich etwas versteckten und nur negativ formulierten – gesetzlichen Niederschlag findet der Grundsatz der Empfangsbedürftigkeit der Annahme aber bis heute in den Ausnahmevorschriften der § 151 S. 1 BGB (dazu näher unten bb)(1)), § 152 S. 1 BGB (dazu unten bb)(2)) und § 156 S. 1 BGB (dazu unten bb)(3)). bb) Ausnahmen (1) § 151 S. 1 BGB Gem. § 151 S. 1 BGB kommt ein Vertrag durch die Annahme des Angebots zustande, ohne dass die Annahme dem Anbietenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Anbietende auf sie verzichtet hat. Ratio der – freilich dispositiven3229 Norm ist die Erleichterung und Beschleunigung des Geschäftsverkehrs.3230 (a) Regelungsgehalt und Rechtsnatur Regelungsgehalt und Rechtsnatur der Vorschrift sind allerdings umstritten. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Annahme nach § 151 S. 1 BGB keine Willens„erklärung“, sondern nur ein „Willensgeschäft“ sei.3231 3227
Vgl. die Nachweise zur Definition der Annahme im deutschen Recht in Fn. 2897. Vgl. zu § 77 E I und seiner Streichung bereits näher oben B. I.1. b) gg) bei Fn. 203 ff. 3229 Vgl. nur Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 12. 3230 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 1; Brehmer JuS 1994, 386, 387; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 181; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 1; Flume (Fn. 19), § 35 II 3 (S. 657); Frings BB 1996, 809, 811; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 23; Repgen AcP 200 (2000) 533, 540 f.; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 36. 3231 So etwa Bydlinski JuS 1988, 36, 37; ders. JBl. 1983, 169, 170; Fabricius JuS 1966, 1, 9 f.; Flume (Fn. 19), § 35 II 3 (S. 655); Kanzleiter DNotZ 1988, 498, 499; Manigk, Willenserklärung 3228
V. Kommunikation der Annahme
483
Die ganz h.M.3232 interpretiert die Vorschrift dagegen zu Recht anders: Auch die Annahme gem. § 151 S. 1 BGB ist eine (konkludente) Willenserklärung; die Vorschrift dispensiert ausschließlich und allein vom Erfordernis des Zugangs beim Anbietenden, macht also lediglich eine Ausnahme vom Grundsatz der Empfangsbedürftigkeit der Annahme (wodurch zugleich auch der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahmeerklärung – und damit auch derjenige des Vertragsschlusses auf den Zeitpunkt der Abgabe [statt wie im Regelfall den des Zugangs] der Annahmeerklärung vorverlegt wird3233). Der Wortlaut ließe sich zwar zumindest mit etwas gutem Willen auch i.S.d. erstgenannten Ansicht interpretieren3234. Schon der Blick in die Materialien zeigt jedoch (trotz einiger vielleicht missverständlicher Formulierungen3235), dass es dem historischen Gesetzgeber letztlich ausschließlich darum ging, eine Ausnahme vom Erfordernis des Zugangs der Annahmeerklärung zu machen3236.3237 Vor allem aber erfordert auch die Ratio der Norm, die Erleichterung und Beund3232Willensgeschäft, 1907, S. 365 ff., 448 f.; ders., Das rechtswirksame Verhalten, 1939, S. 370; von Tuhr (Fn. 1918), S. 404 f.; s. ferner auch Vytlacil, Die Willensbetätigung, das andere Rechtsgeschäft, 2009, S. 208 f. (Willensbetätigung i.S.v. Manigk als eigenständige Kategorie). 3232 Vgl. Augner, Vertragsschluss ohne Zugang der Annahmeerklärung, 1985, S. 189 ff.; Brehmer JuS 1994, 386, 388; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 1, 9; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 1, 14; ders. (Fn. 202), Rn. 749; Brehmer JuS 1994, 386, 387 f.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 181; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Eckardt B 1996, 1945, 1946 f.; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 1; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 115; Kramer JURA 1984, 235, 248 f.; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 89; Medicus (Rn. 1017), Rn. 382; Petersen JURA 2009, 183, 187; Repgen AcP 200 (2000) 533 ff.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 27; Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S. 165; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 8; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 35, 40. 3233 Vgl. allg. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und des Zustandekommen des Vertrags im deutschen Recht noch ausf. unten D. VII.1. 3234 Vgl. auch Repgen AcP 200 (2000) 533, 551. 3235 Vgl. Prot. I, 175 = Mugdan I, 693: „Es genüge aber ausnahmsweise eine jede Bethätigung des Annahmewillens, welche diesen erkennbar zum Ausdrucke bringe, ohne daß sie an den Antragenden gerichtet, diesem gegenüber erfolgt zu sein brauche.“ [Hervorhebung hinzugefügt]. Diese Formulierung war Ausgangspunkt für die von Manigk maßgeblich geprägte Interpretation der Annahme i.S.d. § 151 S. 1 BGB als Willensgeschäft, vgl. Manigk, Willenserklärung und Willensgeschäft, 1907, S. 351, 448 f. Die 2. Kommission meinte damit jedoch – wie die übrigen Erörterungen zeigen (vgl. im Text sowie speziell noch unten in Fn. 3236) – nicht, dass gänzlich auf eine Annahmeerklärung verzichtet werden sollte, sondern nur, dass zur Vertragsperfektion die Abgabe der Annahmeerklärung (statt des Zugangs) genügt, vgl. auch Repgen AcP 200 (2000) 533, 558. 3236 Die 2. Kommission debattierte eingehend über die Erörterungen von Zitelmann (vgl. Zitelmann (Fn. 2967), S. 132 ff.; s. ferner auch Zitelmann in: Reichsjustizamt (Fn. 204), S. 148 f.), der sich dafür ausgesprochen hatte, dass eine Annahmeerklärung überhaupt nicht erforderlich sein sollte, und lehnte diese Position dezidiert ab (vgl. Prot. I, 175 ff. = Mugdan I, 693 f.; s. ferner auch die Materialien der 2. Kommission abgedruckt bei Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. AT 2, S. 821 f.). 3237 Vgl. auch Repgen AcP 200 (2000) 533, 556 ff.; abw. Interpretation jedoch etwa Vytlacil (Fn. 3231), S. 88 ff. (allerdings nicht überzeugend).
484
D. Annahme
schleunigung des Geschäftsverkehrs3238, kein weitergehendes Abweichen von den allgemeinen Grundprinzipien des Vertragsrechts, das lediglich eine Vielzahl unnötiger Folgeprobleme mit sich bringen würde.3239 (b) Die beiden Tatbestände der Entbehrlichkeit § 151 S. 1 BGB normiert zwei Tatbestände, in denen die Annahme ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig ist: Wenn der Antragende auf den Zugang verzichtet hat (dazu unten (aa)) oder wenn dieser nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist (dazu unten (bb)). Die genaue Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein3240, was jedoch auf Grund der identischen Rechtsfolgen kein größeres praktisches Problem darstellt. (aa) Verzicht Der Verzicht ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung3241. Er ist (sofern nicht ausnahmsweise der Schutzzweck einer für den Vertrag geltenden Form entgegensteht) formfrei3242, kann also sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen3243. Ob ein konkludenter Verzicht vorliegt, ist im Wege der Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards3244 zu ermitteln (die 2. Kommission entschied sich bewusst gegen die Aufnahme von Auslegungsregeln3245). 3238
Vgl. die Nachweise in Fn. 3230. Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 14; vgl. ferner auch Repgen AcP 200 (2000) 533, 563 f.; s. ferner auch bereits Prot. I, 177 = Mugdan I, 694: „Halte man daran fest, daß es sich um eine Vertragsschließung handele, und daß zum Zustandekommen eines Vertrages stets die Annahme erforderlich sei, so sei, um dem praktischen Bedürfnisse gerecht zu werden, mehr nicht erforderlich, als die Anerkennung, daß die Bethätigung des Annahmewillens genüge.“ 3240 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 6; Flume (Fn. 19), § 35 II 3 (S. 654); Medicus (Rn. 1017), Rn. 383; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 37. 3241 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 37; abw. jedoch (geschäftsähnliche Handlung) etwa Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 5; Wolf (Fn. 2969), § 151 Rn. 21; offenlassend: Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 13. 3242 Vgl. BGH NJW-RR 1986, 1300, 1301; BGH NJW-RR 2004, 1683 f.; LSG SchleswigHolstein BeckRS 2011, 69387; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 13; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 3; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 37. 3243 Vgl. BGH NJW 1981, 275, 276; BGH NJW-RR 1986, 1300, 1301; BGH NJW-RR 2004, 1683 f.; ThürOLG NJW-RR 2008, 1678, 1679; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 13; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 3; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 27; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 37. 3244 Dazu ausf. oben C. II.1. 3245 Vgl. Prot. I, 177 f. = Mugdan I, 694. Vorgeschlagen worden war, einen Verzicht im Zweifel insbesondere dann anzunehmen, wenn sofortige Leistung verlangt werde oder der Anbietende seinerseits mit dem Angebot sofort die Leistung verbindet. Die 2. Kommission hatte jedoch Bedenken und war der Auffassung, dass es sich vielmehr empfehle „der Rechtsprechung völlig freie Hand zu lassen“. 3239
V. Kommunikation der Annahme
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Anzunehmen ist ein konkludenter Verzicht etwa regelmäßig dann, wenn sofortige Leistung verlangt wird3246 oder umgekehrt der Anbietende sein Angebot unmittelbar mit seiner eigenen Leistung verbindet3247.3248 Nahe liegt er ferner speziell auch bei unentgeltlichen oder lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäften.3249 Speziell bei bedeutsamen Geschäften wird dagegen zu Recht Zurückhaltung hinsichtlich der Bejahung eines konkludenten Verzichts angemahnt.3250 (bb) Entbehrlichkeit kraft Verkehrssitte Eine Entbehrlichkeit kraft Verkehrssitte besteht, wenn bei einem Geschäft dieser Art unter vergleichbaren Umständen üblicherweise auf eine Annahmeerklärung gerade dem Anbietenden gegenüber verzichtet wird.3251 Eine solche Verkehrssitte wird regelmäßig vor allem bei für den Angebotsempfänger ausschließlich vorteilhaften Angeboten bejaht3252, z.B. bei einem Angebot zur einer Bürgschaft3253, eines Schuldbeitritts3254, der Abtretung einer Forderung3255, eines Schuldanerkenntnisses3256, eines Erlassvertrags3257 oder betreffend eine Verbesserung der Vertragsbedingungen3258.
3246
Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 3; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 37. 3247 Vgl. RGZ 64, 145 f.; OLG Düsseldorf MDR 1992, 1042; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 14. 3248 Die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens vorgeschlagenen Auslegungsregeln (vgl. dazu oben Fn. 3245) haben sich also in der Praxis letztlich doch durchgesetzt. 3249 Vgl. RGZ 84, 320, 323; 103, 312, 313; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 13; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7. 3250 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 7; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; s. ferner auch OLG Köln NJW 1990, 1051 (kein Verzicht bei hohem Hypothekendarlehen). 3251 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 6; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 7. 3252 Vgl. BGH NJW 1999, 1328; BGH NJW 2000, 276, 277; BGH NJW 2004, 3699; OLG Köln NJW-RR 1992, 555, 556; ThürOLG NJW-RR 2008, 1678, 1679; OLG Brandenburg BeckRS 2008, 09199; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 4; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 3; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22. 3253 Vgl. BGH NJW 1986, 1681, 1682; BGH NJW 1997, 2233; OLG Köln NJW-RR 1992, 555, 556. 3254 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 280; BGH NJW-RR 2004, 1683. 3255 Vgl. BGH NJW 2000, 276, 277; OLG Düsseldorf ZIP 1992, 1460, 1461; ThürOLG NJW-RR 2008, 1678, 1679; OLG Brandenburg BeckRS 2008, 09199. 3256 Vgl. BGH NJW 2000, 2984, 2985; OLG München NJW 1975, 174, 175. 3257 Vgl. BGH WM 1984, 243 (wegen Baumängeln angebotener Preisnachlass); OLG Schleswig SchlHA 1981, 70. 3258 Vgl. BAGE 11, 236, 249 (Angebot auf Entfristung eines befristeten Vertrags).
486
D. Annahme
Eine weitere wesentliche Fallgruppe bilden besonders eilbedürftige Geschäfte3259, speziell z.B. bei Bank- und Börsengeschäften3260, bei Ersuchen an Ärzte3261 und Rechtsanwälte3262 oder auch im Bereich der Versorgungswirtschaft (Wasser, Strom, Gas, etc.)3263. Ferner wird eine entsprechende Verkehrssitte insbesondere auch im klassischen Versandhandel angenommen.3264 Unterschiedlich beurteilt wird dagegen, ob sich dies auch auf den Internet-Versandhandel übertragen lässt3265, wobei hier i.d.R. jedoch ohnehin die AGB eine klare Regelung zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags treffen werden3266. (c) Manifestation des Annahmewillens Da § 151 S. 1 BGB, wie dargelegt3267, lediglich vom Erfordernis Zugangs der Annahmeerklärung dispensiert, ist für eine wirksame Annahme erforderlich, dass der Annahmewille in objektiv erkennbarer Weise nach außen manifestiert wird; der bloße Annahmeentschluss3268 genügt gerade nicht.3269 Maßgeblich ist, 3259
Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 7; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 9. 3260 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 7; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5; keine entsprechende Verkehrssitte besteht jedoch nach BGH NJW 1985, 196, 197 bei Diskontgeschäften. 3261 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5. 3262 Vgl. OLG Stettin JW 1928, 2799; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5. 3263 Vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 436; OLG Dresden RdE 2004, 197, 198; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 1065; Bork (Fn. 202), Rn. 755; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5. 3264 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 5; Czeguhn JA 2001, 708, 711; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 9; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 3; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 19 Rn. 27; Wiese VuR 2008, 161, 164. 3265 Für eine entsprechende Verkehrssitte auch im Internetversandhandel etwa LG Gießen NJW-RR 2003, 1206; Busche (Fn. 209), § 151 Rn.5; dagegen etwa Czeguhn JA 2001, 708, 711; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 11; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 110. 3266 Vgl. etwa die AGB von buch.de (§ 2 Abs. 3: „Der Vertrag mit buch.de kommt zustande, wenn buch.de dieses Angebot annimmt, indem buch.de das bestellte Produkt an den Kunden versendet bzw. den Versand an den Kunden mit einer zweiten E-Mail (Versandbestätigung) bestätigt. …“) oder von beck-shop.de („3.2 Der Vertrag über die Lieferung von Waren kommt mit Versand und Zugang des bestellten Produkts beim Kunden zustande. …“). 3267 Vgl. oben D. V.1. a) bb)(1)(a). 3268 So aber etwa Flume (Fn. 19), § 35 II 3 (S. 655); Meder JZ 2003, 443, 444; Schwarze AcP 202 (2002) 607, 630. 3269 Vgl. BGH NJW 1979, 2143; BGH NJW 1990, 1655, 1656; BGH NJW-RR 1994, 280, 281; BGH NJW 1997, 2233; BGH NJW 1999, 2179; BGH NJW 2000, 276; BGH NJW 2004, 287, 288; BGH NJW 2006, 3777, 3778; BGH NJW-RR 2006, 1477, 1478; OLG Düsseldorf MDR 1993, 26; OLG Köln NJW 1995, 3128, 3219; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1995, 36, 39; OLG Schleswig NJW 2004, 231; ThürOLG NJW-RR 2008, 1678, 1679; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 15; ders. (Fn. 202), Rn. 749; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 181; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Eckardt B 1996, 1945, 1946; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 115; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 89; Medicus (Rn. 1017), Rn. 382; Petersen JURA 2009, 183, 187; von Randow ZIP 1995, 445, 447; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 9; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 38.
V. Kommunikation der Annahme
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ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten auf Grund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen (§ 133 BGB) schließen lässt.3270 Eine objektive Manifestation des Annahmewillens kann etwa insbesondere3271 in Erfüllungshandlungen3272 (Bsp.: Absendung der Ware3273, nicht aber – mangels Eindeutigkeit bereits deren Aussonderung3274; Tätigkeitsaufnahme durch einen Makler3275; Beginn der Reparatur einer hierzu übersandten Sache3276; Zahlung3277) sowie Aneignungs- oder Gebrauchshandlungen3278 (Bsp.: Verzehr von Essen oder Getränken3279, Lesen eines Buchs3280, Weiterverschenken3281) liegen. Eine Sonderproblematik ergibt sich insoweit im Falle von unbestellten Leistungen i.S.v. § 241a BGB (der deutschen Umsetzungsvorschrift zu Art. 9
3270 Vgl. BGH NJW-RR 1986, 415; BGH NJW 1990, 1655, 1656; BGH NJW 1999, 2179; BGH NJW 2000, 276, 277; BGH NJW 2004, 3699; ThürOLG NJW-RR 2008, 1678, 1679; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 15; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 181; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 3; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 115; Petersen JURA 2009, 183, 187; von Randow ZIP 1995, 445, 447; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 38. Diese Judikatur wurde übrigens vom BVerfG ausdrücklich gebilligt, vgl. BVerfG NJW 2001, 1200. 3271 Umfangreiche Kasuistik etwa bei Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 17 ff.; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9, 11. 3272 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 17; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 183; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 117; Vytlacil (Fn. 3231), S. 31; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39. 3273 Vgl. RGZ 102, 370, 372; OLG Schleswig NJW 2004, 231 f.; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 17; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 183; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 117; Medicus (Rn. 1017), Rn. 382; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39. 3274 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9; vgl. auch RGZ 84, 320, 323 (Verladung, aber Zurückhaltung des Ladescheins); abw. jedoch Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 17; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 90. 3275 Vgl. BGH NJW-RR 2010, 257. 3276 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 20. 3277 Vgl. RGZ 129, 109, 113; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; s. ferner in Bezug auf die Bezahlung des Kaufpreises auch noch die Nachweise in Fn. 3291. 3278 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 18; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 183; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 9; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 2; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Scheffler NJW 1995, 3166, 3167; Vytlacil (Fn. 3231), S. 33; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39. 3279 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 18; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39. 3280 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 18; ders. (Fn. 202), Rn. 750; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 183; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 11; Scheffler NJW 1995, 3166, 3167; Vytlacil (Fn. 3231), S. 32; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39. 3281 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 5; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 39.
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D. Annahme
Fernabsatz-RL3282 bzw. demnächst Art. 27 Verbraucherrechte-RL3283, 3284): Die Qualifikation von Aneignungs- und Gebrauchshandlungen als Annahme i.S.d. § 151 S. 1 BGB gerät hier in Konflikt mit der Ratio der Norm und dem unmissverständlichen Ausschluss jeglicher Ansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher. Ein Teil des Schrifttums will jedoch auch insoweit gleichwohl die allgemeinen Regeln, d.h. insbesondere auch § 151 S. 1 BGB, uneingeschränkt anwenden3285. Dies erscheint jedoch mit den europarechtlichen Vorgaben und der Ratio der Norm – dem Schutz des Verbrauchers vor der Aufdrängung unerwünschter Leistungen und hieraus resultierenden vertraglichen und sonstiger rechtlichen Pflichten3286 kaum vereinbar.3287 Zudem hätte dies die geradezu paradoxe Konsequenz, dass der Verbraucher die Sache zwar zerstören, aber nicht gebrauchen könnte, ohne dadurch eine Zahlungspflicht zu begründen.3288 Im Einklang mit der ganz überwiegenden Meinung3289 erscheint es vielmehr geboten, § 151 S. 1 BGB in den Fällen des § 241a BGB teleologisch-richtlinienkonform zu reduzieren und Zueignungs- und Gebrauchshandlungen insoweit nicht als Annahme i.S.d. Norm zu qualifizieren. Es bedarf hier vielmehr weitergehender Handlungen3290, wie etwa insbesondere der Zahlung des Kaufpreises3291. 3282
Fn. 237. Fn. 237. 3284 Der RegE zum Umsetzungsgesetz (Fn.1916) sieht zwar eine Modifikationen von § 241a BGB vor; diese sind hier für die hier gegenständliche Problematik aber nicht relevant). 3285 Vgl. etwa Altmeppen FS Graf von Westphalen, 2010, S. 1, 4 f.; Berger JuS 2001, 649, 654; Casper ZIP 2000, 1602, 1607; Jayme/Schulze JuS 2001, 878, 881 f.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 26; s. ferner auch Riehm JURA 2000, 505, 511 f. (der allerdings zugleich mahnt: „wird man einen solchen Willen nur mit Zurückhaltung annehmen können“); ähnlich auch Geist, Die Rechtslage bei Zusendung unbestellter Waren nach Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie, 2002, S. 112 f. 3286 Vgl. MünchKommBGB/Finkenauer, 6. Aufl. 2012, § 241a Rn. 3; Grüneberg (Fn. 242), § 241a Rn. 1; Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 1a; Olzen (Fn. 168), § 241a Rn. 1. 3287 Vgl. auch Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 15; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010, § 8 Rn. 100; Schulze (Fn. 242), § 241a Rn. 10; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451. 3288 Vgl. Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 15. 3289 Vgl. Finkenauer (Fn. 3286), § 241a Rn. 16; Grüneberg (Fn. 242), § 241a Rn. 6; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 5; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 65 ff.; S. Lorenz FS W. Lorenz, 2001, S. 193, 197 f.; ders. JuS 2000, 833, 841; Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 15a; Schinkels (Fn. 3287), § 8 Rn. 100; Schulze (Fn. 242), § 241a Rn. 10; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 54; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Sutschet (Fn. 1210), § 241a Rn. 9. 3290 Vgl. Grüneberg (Fn. 242), § 241a Rn. 6; Finkenauer (Fn. 3286), § 241a Rn. 16; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 5; Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 15a; Schinkels (Fn. 3287), § 8 Rn. 100; Schulze (Fn. 242), § 241a Rn. 10; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 54; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; s. ferner auch Lienhard NJW 2003, 3592, 3595 f.; S. Lorenz JuS 2000, 833, 841. 3291 Vgl. Finkenauer (Fn. 3286), § 241a Rn. 16; Grüneberg (Fn. 242), § 241a Rn. 6; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 5; Kötz (Fn. 209), Rn. 118; Saenger (Fn. 242), § 241a Rn. 15a; 3283
V. Kommunikation der Annahme
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Nicht zu folgen ist dagegen der vereinzelt vertretenen Ansicht, dass ein Vertrag in den Fällen des § 241a BGB ausschließlich durch eine ausdrückliche Annahme zustande kommen könne, d.h. § 151 S. 1 BGB insgesamt unanwendbar sei.3292 Es bleibt dem Verbraucher selbstverständlich unbenommen, die Annahme ausdrücklich zu erklären3293; ihn dazu zu „zwingen“, ist jedoch durch den Schutzzweck des § 241a BGB und der europarechtlichen Vorgaben nicht geboten3294. Im Gegenteil: Warum sollte ein Verbraucher, der das Geld überwiesen hat, auch noch ausdrücklich die Annahme erklären müssen? (2) § 152 S. 1 BGB § 152 S. 1 BGB normiert eine weitere (dispositive3295) Ausnahme vom Grundsatz der Empfangsbedürftigkeit3296 der Annahme für den Fall, dass ein Vertrag notariell beurkundet wird und beide Parteien bei der Beurkundung der Annahme nicht gleichzeitig anwesend sind: Der Vertrag kommt dann bereits mit der Beurkundung der Annahme nach § 128 BGB zustande3297. Die Vorschrift, die erst von der 2. Kommission eingefügt wurde3298, kodifizierte letztlich lediglich die damalige Rechtspraxis3299. Ratio ist – ähnlich wie bei § 151 S. 1 BGB3300 eine Beschleunigung des Vertragsschlusses3301, speziell vor dem Hin3292 Schinkels (Fn. 3287), § 8 Rn. 100; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 54; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; einschränkend Sutschet (Fn. 1210), § 241a Rn. 9. 3292 So etwa Mansel (Fn. 864), § 241a Rn. 5; Olzen (Fn. 168), § 241 Rn. 32. 3293 Vgl. Finkenauer (Fn. 3286), § 241a Rn. 16; Grüneberg (Fn. 242), § 241a Rn. 6; Kötz (Fn. 209), Rn. 118; Schinkels (Fn. 3287), § 8 Rn. 100; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 54; Lienhard NJW 2003, 3592, 3595 f. 3294 Vgl. Lienhard NJW 2003, 3592, 3595 f.; s. ferner auch Schinkels (Fn. 3287), § 8 Rn. 100; Schulze (Fn. 242), § 241a Rn. 10; a.A. Mansel (Fn. 864), § 241a Rn. 5. 3295 „wenn nicht ein anderes bestimmt ist“. Vgl. nur OLG Karlsruhe, NJW 1988, 2050; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 152 Rn. 5; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 184; Busche (Fn. 209), § 152 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 152 Rn. 1, 5; Ellenberger (Fn. 202), § 152 Rn. 1. 3296 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 1, § 152 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 152 Rn. 1; ders. (Fn. 202), Rn. 748; Busche (Fn. 209), § 152 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 152 Rn. 1; Ellenberger (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Jauernig (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 43. 3297 Vgl. allg. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und des Zustandekommen des Vertrags im deutschen Recht noch ausf. unten D. VII.1. 3298 Vgl. Mugdan I, 704 f.; Verhandlungen der Subkommission über die gerichtliche und notarielle Form, Protokoll über die Sitzung v. 17.11.1894, abgedruckt in Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. AT 1, S. 667 ff.; Verhandlungen der 2. Kommission über die Anträge der Subkommission und andere Vorschläge, abgedruckt bei Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. AT 1, S. 675 ff. 3299 Vgl. Mugdan I, 708: Es war üblich, in die Verträge einen ausdrücklichen Vermerk über den Verzicht auf die Mitteilung der Annahmeerklärung aufzunehmen. 3300 Vgl. oben D. V.1. a) bb)(1). 3301 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 152 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 152 Rn. 1; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 184; Busche (Fn. 209), § 152 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 152 Rn. 1.
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D. Annahme
tergrund, dass ein beurkundetes Vertragsangebot i.d.R. ohnehin nur Regelungen enthalten wird, über die sich die Parteien zuvor geeinigt haben3302. (3) § 156 S. 1 BGB Eine Ausnahme vom Grundsatz der Empfangsbedürftigkeit der Annahme stellt schließlich auch die Sonderregelung für Versteigerungen in § 156 S. 1 BGB dar, wonach der Vertrag durch den Zuschlag zustande kommt.3303 b) Französisches Recht aa) Die mangelnde Diskussion der Problematik im französischen Recht und ihre Hintergründe Im französischen Recht wird die Frage, ob es zur Wirksamkeit der Annahme grundsätzlich erforderlich ist, dass diese an den Anbietenden kommuniziert wird, sowie ob und ggf. in welchen Fällen Ausnahmen davon existieren, jedenfalls als solche eigentlich nicht diskutiert.3304 In den gängigen aktuellen Lehrbüchern wird sie – wenn überhaupt allenfalls am Rande gestreift3305 und auch im älteren Schrifttum3306 ist der Befund kaum besser. Ursache hierfür ist, dass diese Problematik – anders als im deutschen3307 und englischen3308 Recht – nicht als eigenständige, separate Regelungsfrage verstanden und behandelt 3302 Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1988, 2050; Armbrüster (Fn. 223), § 152 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 152 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 152 Rn. 1. 3303 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 156 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 156 Rn. 5; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 185; Busche (Fn. 209), § 156 Rn. 4; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 43. 3304 Vgl. auch bereits Bonassies (Fn. 1414), S. 1314 im Rahmen der berühmten Studie von Schlesinger et. al (1968): „a problem little studied by French legal writers and insufficiently perceived by the courts“ („ein Problem, mit dem sich französische rechtswissenschaftliche Autoren wenig befassen und das von den Gerichten ungenügend wahrgenommen wird“). 3305 Vgl. etwa die nachfolgend zitierte Passage bei Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 156. Bei Fabre-Magnan (Fn. 23), Fages (Fn. 245), Larroumet (Fn. 243), Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254) und Terré/Simler/Lequette (Fn. 243) wird sie – soweit ersichtlich – überhaupt nicht speziell angesprochen (sondern immer nur implizit im Rahmen der Erörterungen der Frage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Vertrags, vgl. dazu auch noch sogleich im Text). 3306 Auch im älteren Schrifttum wird die Problematik meist nur im Kontext anderer größerer Fragestellungen angesprochen, vgl. etwa: Demogue (Fn. 881), n° 557 (betreffend die Frage, ob eine Annahme, die an Dritte oder die Öffentlichkeit gerichtet ist, oder dem Anbietenden unbekannt bleibt, wirksam ist); Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 331 (die ausführen, dass nur dem entäußerten Willen rechtliche Bedeutung zukommen könne, ein Konsens sei sonst nicht möglich; Bedeutung habe dies aber vor allem für die Frage, ob der Vertrag bereits mit der Absendung der Annahme oder erst in dem Moment zustande kommt, indem sie zur Kenntnis des Anbietenden gelangt); Valéry (Fn. 2398), n° 142 f. (im Zusammenhang mit der Erörterung der théorie de la déclaration [Erklärungstheorie]). 3307 Vgl. dazu oben D. V.1. a). 3308 Vgl. dazu unten D. V.1. c).
V. Kommunikation der Annahme
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wird, sondern letztlich eher als eine Art Vor- bzw. Teilfrage der im französischen Recht seit jeher äußerst kontrovers diskutierten Frage nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags: Kommt der Vertrag bereits mit déclaration (Erklärung) oder émission (Absendung) der Annahme zustande ist diese schon vor Kommunikation an den Anbietenden wirksam oder erst mit réception (Empfang) oder information (Kenntnis) des Anbietenden von der Annahme ist also die Kommunikation erforderlich? (Ausf. zu den verschiedenen Theorien und zur insoweit insgesamt nach wie vor höchst unklaren Rechtslage unten D. VII.2.). Paradigmatisch insoweit das renommierte Lehrbuch von Flour/Aubert/Savaux3309, wo die Autoren als letzten Punkt im Rahmen der Erörterungen zur Annahme zwar ausdrücklich die Frage aufwerfen, ob der Anbietende Kenntnis von der Annahme haben müsse, dann aber sofort zu einer ausführlichen Darstellung der höchst kontroversen Problematik des Zeitpunktes des Vertragsschlusses überleiten: La connaisance de l’acceptation par l’offrant. Assurément, l’acceptation doit être extériorisée, que ce soit de manière expresse ou tacite. Puisque, comme l’offre et de façon encore plus nette, elle tend à l’établissement d’une relation interpersonelle, il faut que la personne à qui elle est adressée soit en mesure d’en percevoir la manifestion. Quant à savoir s’il est, en outre, nécessaire que cette personne – qui est l’offrant – en ait eu effectivement connaissance, c’est une question qui, dépassant l’analyse séparée des deux manifestation de volonté, met en cause la définition de la rencontre de ces mêmes volontés. [Kenntnis des Anbietenden von der Annahme. Sicherlich muss die Annahme geäußert werden, gleich ob ausdrücklich oder stillschweigend. Da sie aber, wie das Angebot und auf noch deutlichere Weise, auf die Herstellung einer interpersonellen Verbindung abzielt, muss die Person, an die sie gerichtet ist, in der Lage sein, die Manifestation wahrzunehmen. Soweit es andererseits darum geht, ob es notwendig ist, dass diese Person – der Anbietende – tatsächlich Kenntnis von ihr hat, so ist das eine Frage, die, über die separate Analyse der zwei Willensmanifestationen hinausgehend, die Frage nach der Definition des Zusammentreffens dieser beiden Willen aufwirft.]
bb) Exkurs: Zusendung unbestellter Waren Im Wege eines Exkurses sei hier kurz angemerkt, dass das französische Recht auch in Bezug auf die oben im Kontext des deutschen § 151 S. 1 BGB aufgeworfene Sonderproblematik der Zusendung unbestellter Waren ganz generell einer deutlich anderen Konzeption folgt als das deutsche Recht: Art. L. 122-
3309 Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 156. Vgl. ganz ähnlich aber auch bereits Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 331 (s. dazu schon Fn. 3306).
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D. Annahme
3(3) C. consom.3310 bestimmt ausdrücklich, dass jeglicher Vertrag, der im Anschluss an eine unbestellte Zusendung geschlossen wird, nichtig ist (außerdem muss der Unternehmer dem Verbraucher etwaige Zahlungen zurückerstatten3311 und es bestehen strafrechtliche Sanktionen3312).3313 c) Englisches Recht aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden Im englischen Schrifttum wird die Frage, ob es zur Wirksamkeit der Annahme grundsätzlich erforderlich ist, dass diese an den Anbietenden kommuniziert wird, sowie ob und ggf. in welchen Fällen Ausnahmen davon existieren, dagegen spezifisch als solche erörtert – allerdings ebenfalls häufig im Zusammenhang mit der eng verwandten Frage, wann der Vertrag zustande kommt. Allgemein anerkannte Grundregel ist, dass die Annahme zu ihrer Wirksamkeit der Kommunikation an den Anbietenden bedarf: acceptance must be communicated to the offeror.3314 Ratio ist zum einen die Schwierigkeit, eine nicht 3310 Art. L. 122-3(3) C. consom. Tout contrat conclu consécutivement à la mise en œuvre de la pratique commerciale illicite visée au premier alinéa du présent article est nul et de nul effet. (Jeglicher Vertrag, der im Anschluss an eine der im ersten Absatz dieses Artikels bezeichneten unerlaubten kommerzielle Praktiken geschlossen wird, ist nichtig und hat keine Wirkung.) 3311 Art. L. 122-3(4) C. consom. Le professionnel doit, en outre, restituer les sommes qu’il aurait indûment perçues sans engagement exprès et préalable du consommateur. Ces sommes sont productives d’intérêts au taux légal calculé à compter de la date du paiement indu et d’intérêts au taux légal majoré de moitié à compter de la demande de remboursement faite par le consommateur. (Der Unternehmer muss, unter anderen, die Beträge, die er ohne ausdrückliche und vorherige Verpflichtung des Verbrauchers unberechtigt erhalten hat, zurückerstatten. Die Beträge sind ab dem Zeitpunkt der unberechtigten Zahlung mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen und ab dem Zeitpunkt des Rückforderungsverlangens des Verbrauchers mit dem eineinhalbfachen gesetzlichen Zinssatz.) 3312 Art. L. 122-3(2) C. consom. verweist auf Art. L. 122-12 C. consom. (Haftstrafe von höchstens 2 Jahren und Geldstrafe von höchstens 150 000 € für aggressive kommerzielle Praktiken), Art. L. 122-13 C. consom. (Verbot der Ausübung einer kommerziellen Tätigkeit für max. 5 Jahre für natürliche Personen) und Art. L. 122-14 C. consom., der wiederum auf Art. 131-39 Code pénal (Strafgesetzbuch) verweist (eine Generalnorm betreffend strafrechtliche Sanktionen für juristische Personen, die eine Auswahl verschiedener Sanktionen auflistet, z.B. die Auflösung, ein Tätigkeitsverbot oder die Unterstellung unter gerichtliche Aufsicht). 3313 Vgl. zur Regelung der Zusendung unbestellter Waren im französischen Recht (auf Grund der 2005 und 2011 erfolgten Änderungen teils allerdings nicht auf aktuellem Stand) aus dem französischen Schrifttum etwa: Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Fages (Fn. 245), n° 77; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Passa D. 2002, 555, 560 f.; Raymond (Fn. 1413), n° 321 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124; aus dem rechtsvergleichenden Schrifttum etwa: S. Lorenz FS W. Lorenz, 2001, S. 193, 196 f.; Müller-Helle, Die Zusendung unbestellter Waren, 2004, S. 135 ff., 184 ff., 203 f.; Ranieri (Fn. 38), S. 314. 3314 Vgl. M’Iver v Richardson (1813) 1 M & S 557; Mozley v Tinkler (1835) 1 C. M. & R. 692; Brogdan v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 666 at 692; Carlill v Carbolic Smoke
V. Kommunikation der Annahme
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kommunizierte Annahme zu beweisen3315; vor allem aber, dass es für den Anbietenden eine Härte bedeuten könnte, wenn er gebunden wäre, ohne überhaupt zu wissen, dass sein Angebot angenommen worden ist3316. bb) Ausnahmen (1) Verzicht des Anbietenden Der Anbietende kann aber ausdrücklich oder konkludent auf das Erfordernis der Kommunikation der Annahme verzichten.3317 Ein Verzicht kann sich insbesondere auch aus der Natur des Geschäfts3318, aus regelmäßigem Verhalten der Parteien3319 oder auf Grund eines Handelsbrauchs3320 ergeben. So wird etwa regelmäßig ein Verzicht angenommen, wenn der Anbietende eine Annahme durch Verhalten verlangt3321, z.B. bei einem Angebot auf Kauf Ball3315Co [1893] 1 QB 256 at 262 per Lindley LJ, at 269 per Bowen LJ; Re Consort Deep Level Gold Mines Ltd Ex p. Stark [1897] 1 Ch 575; Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 336 per Parker LJ; Robophone Facilities Ltd v Blank [1966] 1 WLR 1428 at 1432 per Lord Denning MR; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 245 f.; Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155 at 157 per Russell LJ; Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 at 937; Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134 at 139; Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 86; Parties named in Schedule A v Dresdner Kleinwort Ltd [2010] EWHC 1249 (QB) at para. 52; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 164; Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 43; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-011; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 68; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 63 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-045; Coote (1971) 4 NZULR 331, 337; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.54; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.49; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Treitel (Fn. 491), 2024. 3315 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 43; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-045; Treitel (Fn. 491), 2-024; jeweils unter Verweis auf Anon (1478) YB 17 Edw 4, Pasch. fo. 1, pl. 2 per Brian CJ: „the intent of a man cannot be tried, for the Devil himself knows not the intent of a man“ („der Wille eines Mannes kann nicht geprüft werden, denn der Teufel selbst kennt den Willen eines Mannes nicht“). 3316 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-045; Treitel (Fn. 491), 2-024. 3317 Vgl. Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 262 f. per Lindley LJ, at 269 per Bowen LJ; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 245 f.; Argo Fund Ltd v Esser Steel Ltd [2005] EWHC 600 (Comm) at para. 53; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at paras. 164 ff.; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-011; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Coote (1971) 4 NZULR 331, 333 Fn. 7; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57; Treitel (Fn. 491), 2-024; s. ferner auch Brogdan v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 666 at 691. 3318 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57. 3319 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57. 3320 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57. 3321 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Treitel (Fn. 491), 2-024. Vgl. ferner etwa auch die Entscheidung Smit International Singapore Pte Ltd v Kurnia Dewi Shipping SA (The Kurnia Dewi) [1997] 1 Lloyd’s Rep. 552 (Verhandlungen zwischen Schiffeigner und Bergungsun-
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D. Annahme
von Waren, die vom Verkäufer geliefert werden sollen (Annahme durch Versand der Waren)3322 oder im Falle einer Realofferte durch Zusendung von Waren (Annahme durch Gebrauch derselben)3323. Etwas anderes gilt allerdings im Falle der Lieferung unbestellter Waren an einen Verbraucher: r. 24 Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 20003324, 3325 (die englische Umsetzung von Art. 9 Fernabsatz-RL3326 bzw. demnächst Art. 27 Verbraucherrechte-RL3327) gestattet es dem Verbraucher, solche Waren als Geschenke zu behandeln.3328 Von einem konkludenten Verzicht ausgegangen ist der High Court z.B. aber auch jüngst im Aufsehen erregenden Fall Attrill v Dresdner Kleinwort
3322 ternehmen über Beseitigung eines Schiffes, auf dem es einen Brand gegeben hatte; Fax mit Instruktionen für sofortige Mobilisierung; Annahme durch Bergungsunternehmen durch Mobilisierung). 3322 Vgl. Harvey v Johnston (1848) 6 CB 295 at 304; Brogdan v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 666 at 691; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-011; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Treitel (Fn. 491), 2-024. 3323 Vgl. Weatherby v Banham (1832) 5 C & P 228 (Zusendung eines Kalenders); Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134 at 140 (Verweis auf Weatherby v Banham; Trinken von übersandtem Wein als weiteres Beispiel); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Treitel (Fn. 491), 2-024. 3324 SI 2000/2334. 3325 24. Inertia Selling (1) Paragraphs (2) and (3) apply if (a) unsolicited goods are sent to a person („the recipient“) with a view to his acquiring them; (b) the recipient has no reasonable cause to believe that they were sent with a view to their being acquired for the purposes of a business; and (c) the recipient has neither agreed to acquire nor agreed to return them. (2) The recipient may, as between himself and the sender, use, deal with or dispose of the goods as if they were an unconditional gift to him. (3) The rights of the sender to the goods are extinguished. [24. Lieferung unbestellter Waren (1) Absätze 2 und 3 finden Anwendung, wenn (a) unbestellte Waren an eine Person („den Empfänger“) in der Absicht geliefert werden, dass dieser sie erwirbt; (b) der Empfänger keinen vernünftigen Grund hat anzunehmen, dass sie in der Absicht geliefert wurden, für Zwecke eines Unternehmens erworben zu werden; und (c) der Empfänger sich weder damit einverstanden erklärt hat, sie zu erwerben noch sie zurückzusenden. (2) Im Verhältnis zwischen ihm und dem Versender darf der Empfänger die Waren benutzen, mit ihnen handeln oder sie entsorgen, als ob sie ein unbedingtes Geschenk an ihn wären. (3) Die Rechte des Versenders an den Waren erlöschen.] 3326 Fn. 237. 3327 Fn. 237. 3328 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 66; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-005; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-014; Howells/Weatherill (Fn. 797), S. 371; Treitel (Fn. 491), 2-004; s. ferner aus deutscher Perspektive dazu etwa auch Geist (Fn. 3285), S. 123 ff.
V. Kommunikation der Annahme
495
Ltd 3329, in dem der CEO der Investmentbank Dresdner Kleinwort Ltd auf einer Mitarbeiterversammlung einen garantierten Mindestbonuspools i.H.v. 400 Mio. Euro angekündigt hatte: Die Mitarbeiter mussten ihre Annahme dieses – für sie ausschließlich vorteilhaften Angebots3330 nicht an die Bank kommunizieren3331. (2) Unilateral contracts Weiterhin bedarf es auch im Falle eines unilateral contract3332 regelmäßig keiner Kommunikation der Annahme an den Anbietenden3333 (wobei es sich insoweit genau betrachtet nicht um eine wirklich eigenständige Fallgruppe, sondern nur um einen Fall eine konkludenten Verzichts bzw. einer Entbehrlichkeit auf Grund der Natur des Vertrags handelt3334). So genügte etwa in der berühmten Entscheidung Carlill v Carbolic Smoke Ball Co (1893)3335 für die Annahme durch Mrs. Carlill die vorgeschriebene Benutzung des smoke ball; in den klassischen reward cases („Belohnungsfällen“) genügt regelmäßig das bloße Auffinden der Sache (der Auslobende kann freilich auch eine Mitteilung an sich selbst oder einen Dritten verlangen)3336. Ein etwas moderneres Beispiel ist die Zahlung per Scheckkarte: Der Vertrag zwischen dem Kartenaussteller und dem Händler wird als unilateral contract qua-
3329
Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB). Der Rechtsbindungswille war ebenfalls streitig gewesen, wurde aber vom Gericht bejaht, vgl. dazu bereits oben C. III.1. c) bei Fn. 1314. 3331 Vgl. Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 166: „the promise … was beneficial to the staff … analogous to the announcement of a pay rise … the contention that the announcement of a pay rise to a group of employees would not bind an employer unless and until there was communication of acceptance by each and every one is unsustainable.“ („das Versprechen … war vorteilhaft für die Belegschaft … vergleichbar mit einer Gehaltserhöhung … die Behauptung, dass die Ankündigung einer Gehaltserhöhung an eine Gruppe von Arbeitnehmern den Arbeitgeber nicht bindet, bevor jeder einzelne seine Annahme kommuniziert hat, ist nicht haltbar.“). 3332 Allg. zum unilateral contract bereits oben B. II.3. b). 3333 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73: Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.50; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Miller (1972) 35 MLR 489; Treitel (Fn. 491), 2-028; vgl. ferner (obiter) auch Parties named in Schedule A v Dresdner Kleinwort Ltd [2010] EWHC 1249 (QB) at para. 52. 3334 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57 f.; Miller (1972) 35 MLR 489. 3335 Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256; vgl. dazu näher oben B. II.3. b) bb); s. ferner auch bereits oben B. I.3. b) cc) und C. IV.3. 3336 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57; Treitel (Fn. 491), 2-028. Ausf. zum Zeitpunkt der Annahme beim unilateral contract und speziell in den reward cases unten D. VII.3. b) bb). 3330
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D. Annahme
lifiziert, die Annahme erfolgt bereits dadurch, dass der Händler die Kartenzahlung durch den Kunden akzeptiert.3337 (3) Postal rule Als weitere Ausnahme lassen sich ferner alle Verträge qualifizieren, für welche die sog. postal rule3338 gilt, d.h. der Vertrag bereits mit der Absendung der Annahme zustande kommt.3339 d) CESL-D aa) Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden Im Rahmen des CESL-D muss die Annahme ebenfalls grundsätzlich an den Angebotsempfänger kommuniziert wird. Dies ergibt sich aus den – unten noch ausführlich zu erörternden3340 Regeln zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Art. 35 Abs. 1 und 2 CESL-D (Vertragsschluss mit Zugang der Annahme [Abs. 1] bzw. Kenntnis des Anbietenden im Falle der Annahme durch Verhalten [Abs. 2]), lässt sich aber eigentlich auch bereits aus dem Wesen der Annahme als Mitteilung i.S.d. Art. 10 Abs. 1 CESL-D ableiten, da Art. 10 Abs. 3 CESL-D bestimmt, dass Mitteilungen grundsätzlich mit Zugang wirksam werden.3341 bb) Ausnahme: Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung (Art. 35 Abs. 3 CESL-D) (1) Grundlagen Art. 35 Abs. 3 CESL-D etabliert allerdings eine ausdrückliche Ausnahme vom Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden für den Fall, dass der Empfänger das Angebot auf Grund des Angebots, von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder von Gebräuchen durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden annehmen kann. In diesem Fall wird der Vertrag bereits mit Beginn der entsprechenden Handlung wirksam (näher zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Vertrags allgemein sowie auch speziell in diesem Fall unten D. VII.4.).
3337 Vgl. First Sport Ltd v Barclays Bank Plc [1993] 1 WLR 1229 at 1234 f. per Evans LJ; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Treitel (Fn. 491), 2-028. 3338 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 3339 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 46; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-048; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.59; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Treitel (Fn. 491), 2-029 f. 3340 Vgl. unten D. VII.4. 3341 Vgl. dazu bereits oben C. VII.4. a).
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V. Kommunikation der Annahme
Art. 35 Abs. 3 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(3) Kann der Empfänger (3) Notwithstanding para- (3) Sans préjudice du paraaufgrund des Angebots, graph 2, where by virgraphe 2, si, en vertu de von zwischen den Partue of the offer, of l’offre, de pratiques étateien entstandenen Gepractices which the blies entre les parties ou pflogenheiten oder von parties have estabd’un usage, le destinaGebräuchen das Angelished between themtaire peut accepter l’ofbot durch Verhalten selves, or of a usage, fre du fait de son comohne Mitteilung an den the offeree may accept portement sans notificaAnbietenden annehthe offer by conduct tion à l’offrant, le men, so ist der Vertrag without notice to the contrat est conclu lorsungeachtet des offeror, the contract is que le destinataire comAbsatzes 2 geschlossen, concluded when the mence à agir. sobald der Empfänger offeree begins to act. zu handeln beginnt.
Der CESL-D übernimmt damit nahezu wörtlich Art. II.-4:205 DCFR3342, dessen internationale Vorläufer wiederum über Art. 2:205(3) PECL3343, Art. 2.1.6(3) PICC3344 und Art. 18 Abs. 3 CISG3345 bis auf Art. 8 Abs. 3 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 EAG3346 zurückreichen. 3342 Art. II.-4:205(3) DCFR If by virtue of the offer, of practices which the parties have established between themselves, or of a usage, the offeree may accept the offer by doing an act without notice to the offeror, the contract is concluded when the offeree begins to do the act. (Wenn der Empfänger auf Grund des Angebots, von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder von Gebräuchen, das Angebot dadurch annehmen kann, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist der Vertrag geschlossen, wenn der Angebotsempfänger zu handeln beginnt.) 3343 Art. 2:205(3) PECL: Kann der Empfänger aufgrund des Angebots, von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder von Gebräuchen das Angebot dadurch annehmen, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist der Vertrag geschlossen, sobald die Vornahme der Handlung beginnt. 3344 Art. 2.1.6(3) PICC: Äußert jedoch der Empfänger aufgrund des Angebots, der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder der Gebräuche seine Zustimmung dadurch, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist die Annahme wirksam, sobald die Handlung vorgenommen wird. 3345 Art. 18 Abs. 3 CISG Äußert jedoch der Empfänger aufgrund des Angebots, der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder der Gebräuche seine Zustimmung dadurch, daß er eine Handlung vornimmt, die sich zum Beispiel auf die Absendung der Ware oder die Zahlung des Preises bezieht, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist die Annahme zum Zeitpunkt der Handlung wirksam, sofern diese innerhalb der in Absatz 2 vorgeschriebenen Frist vorgenommen wird. 3346 Art. 6 Abs. 2 EAG Die Annahme kann auch in der Absendung der Sache oder des Kaufpreises oder in jeder anderen Handlung bestehen, die auf Grund des Angebots, der Gepflogenheiten, die zwischen den
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D. Annahme
(2) Die drei Tatbestände der Entbehrlichkeit einer Mitteilung Die Entbehrlichkeit der Mitteilung der Annahme an den Anbietenden kann sich zum einen aus dem Angebot selbst ergeben. Insoweit bedarf es einer Auslegung des Angebots anhand der allgemeinen Auslegungsstandards des CESLD3347. Im Schrifttum zur Parallelvorschrift des Art. 18 Abs. 3 CISG werden als Beispiele Klauseln wie „rush shipment“ („Eilsendung“), „procure for me without delay“ („besorgen Sie für mich unverzüglich“) oder „erbitte unverzügliche Absendung“ genannt.3348 Die Begründungen zu Art. II.-4:205(3) DCFR und Art. 2:205(3) PECL nennen als Beispiel, dass ein Intendant eine Sängerin engagiert und ihr anrät, sofort und allein zu üben zu beginnen, weil das Ensemble noch tourt.3349 Zweiter Entbehrlichkeitstatbestand sind zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten; dies kommt insbesondere bei langdauernden Geschäftsbeziehungen in Betracht3350. Drittens kann sich die Entbehrlichkeit auch aus Gebräuchen ergeben, speziell aus entsprechenden Handelsbräuchen in bestimmten Branchen3351. (3) Verhalten Für eine wirksame Annahme ist aber in jedem Fall erforderlich, dass der Angebotsempfänger mit der Vornahme der entsprechenden Handlung beginnt3352; der bloße Annahmeentschluss genügt nicht.3353 Nicht ausreichend sind auch bloße Vorbereitungshandlungen.3354 Die Parallelnorm des Art. 18 Abs. 3 CISG nennt als Beispiele für relevante Annahmehandlungen ausdrücklich die Versendung der Ware oder die Zahlung des Preises; in der 3347 Parteien gebildet haben, oder der Gebräuche dahin aufgefaßt werden kann, daß sie einer Erklärung nach Absatz 1 gleichsteht. Art. 8 Abs. 3 EAG Besteht die Annahme in einer der in Artikel 6 Abs. 2 bezeichneten Handlungen, so ist sie nur wirksam, wenn die Handlung innerhalb der Frist nach Absatz 1 vorgenommen wird. 3347 Dazu bereits ausf. oben C. II.4. 3348 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 34; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 18; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 9; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 26; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 20; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 39. 3349 Vgl. Art. II.-4:205 DCFR Comment D; Art. 2:205 PECL Kommentar D. 3350 Vgl. in Bezug auf Art. 18 Abs. 3 CISG: Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 21; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 40. 3351 Beispiel aus der Rechtsprechung zu Art. 18 Abs. 3 CISG: Geneva Pharmaceuticals Technology Corp v Barr Laboratories Inc 201 F.Supp.2d 236 (2002) (Diskussion eines Handelsbrauchs zwischen US-Arzneimittelherstellern und ihrer Zulieferern). 3352 Vgl. allg. zur Art und Weise der Annahme im Rahmen des CESL-D näher unten D. V.2. a) dd), speziell zur Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden näher unten D. V.1. d) bb); zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Vertrags allgemein unten D. VII.4., speziell im Fall der Annahme durch Verhalten unten D. VII.4. c)). 3353 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 140. 3354 Vgl. in Bezug auf den DCFR: Art. II.-4:205(3) DCFR Comment D.
V. Kommunikation der Annahme
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Judikatur wurde aber z.B. auch die Weiterleitung gegengezeichneter Angebote an die finanzierende Bank durch den Käufer als Annahmehandlung qualifiziert3355. e) Rechtsvergleichende Würdigung Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sowohl im deutschen und englischen Recht als auch im Rahmen des CESL-D der Grundsatz gilt, dass die Annahme zu ihrer Wirksamkeit an den Anbietenden kommuniziert werden muss. Ausnahmen hiervon bestehen jedoch in allen drei Rechtsordnungen insbesondere im Falle der Annahme durch Verhalten; hier kann sich entweder aus den Parteigepflogenheiten, Handelsbräuchen oder auch auf Grund eines sich aus den Angebotsbedingungen ergebenden Verzichts seitens des Anbietenden ergeben, dass die Annahme bereits mit Vornahme der Handlung (bzw. Beginn derselben3356) wirksam wird, es also keiner Kommunikation an den Anbietenden bedarf. Im englischen Recht existiert darüber hinaus jedoch eine weitaus umfangreichere Ausnahme für Vertragsabschlüsse im Anwendungsbereich der postal rule: Hier wird die Annahme bereits mit der Absendung wirksam.3357 Eine Sonderstellung nimmt in diesem Kontext das französische Recht ein: Die Problematik des grundsätzlichen Erfordernisses der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden und etwaiger Ausnahmen hiervon wird dort nicht wirklich als solche diskutiert, sondern lediglich als Vor- bzw. Teilfrage der im französischen Recht seit jeher äußerst kontrovers diskutierten Frage nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags3358. Auf die gesamte Thematik ist daher – wie bereits eingangs angedeutet später im Kontext der allgemeinen Analyse der verschiedenen Rechtsordnungen in Bezug auf die essentielle Frage nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses nochmals zurückzukommen. Bereits an dieser Stelle abschließend noch hervorzuheben ist jedoch die – hier nur en passant gestreifte, vor dem Hintergrund der allgemeinen Harmonisierung im Bereich des Verbraucherrechts aber höchst interessante – Sonderproblematik der Zusendung unbestellter Waren: Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben3359 im deutschen3360, französischen3361 und engli-
3355
Vgl. Cámara Nacional de Apelaciones en lo Commercial, 14.10.1993, CISG-online 87. Vgl. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme im Rahmen des CESL-D ausf. unten D. VII.4. 3357 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 3358 Vgl. dazu noch ausf. unten D. VII.2. 3359 Vgl. zu den Auswirkungen des durch die Verbraucherrechte-RL etablierten Konzepts der Vollharmonisierung in diesem Kontext Piekenbrock GPR 2012, 195 ff. 3360 Vgl. dazu oben D. V.1. a) bb)(1)(c). 3361 Vgl. dazu oben D. V.1. b). 3356
500
D. Annahme
schen3362 Recht ist insoweit, wie gezeigt, höchst unterschiedlich3363; im CESLD ist die Problematik (anders als noch in Art. II.-3:401 DCFR 3364) nicht speziell geregelt3365.
2. Art und Weise der Kommunikation der Annahme In Bezug auf den zweiten großen Problemkomplex in Zusammenhang mit der Kommunikation der Annahme, der Frage nach der Art und Weise der Kommunikation, ist zunächst allgemein zu untersuchen, wie und mit welchen Mitteln die Annahme in den einzelnen Rechtsordnungen kommuniziert werden kann (D. V.2. a)), bevor anschließend speziell auf das Sonderproblem der Annahme durch Schweigen bzw. Untätigkeit einzugehen ist (D. V.2. b)). a) Allgemeines aa) Deutsches Recht Nach deutschem Recht ist die Annahme grundsätzlich formfrei3366 und kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen3367. Im Einzelfall können allerdings auch Formerfordernisse bestehen, nämlich soweit entweder der Vertrag insgesamt (z.B. gem. § 311b Abs. 1 BGB bei Grundstücksverträgen [notarielle Beurkundung]) oder auch nur die Erklärung des Angebotsempfängers (z.B. als Bürge gem. § 766 BGB [Schriftform]) formbedürftig ist.3368 Ferner kann der Anbietende in seinem Angebot eine ausdrückliche Annahme oder eine bestimmte Form3369 oder auch die Kommunikation an eine bestimmte Person (ggf. auch einen Dritten)3370 verlangen. 3362
Vgl. dazu oben D. V.1. c) bb)(1). Vgl. näher zur generell höchst unterschiedlichen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten Ranieri (Fn. 38), S. 312 ff. m.z.w.N. 3364 Vgl. dazu Ranieri (Fn. 38), S. 321 f. m.w.N. 3365 Vgl. dazu Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.8.c. 3366 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 10; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 649). 3367 Vgl. RGZ 129, 109, 113; BGH NJW 1980, 2245, 2246; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 9; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 22; Kötz (Fn. 209), Rn. 113; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 58; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 10; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 26 3368 Vgl. auch Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 4; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 649). 3369 Vgl. RGZ 92, 232, 235 (das Angebot hatte verlangt, dass die Empfängerin die mitgeteilten Zahlungsbedingungen „extra ausdrücklich im Wortlaut“ anerkenne); Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 4; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 178; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 15; Flume (Fn. 19), § 35 II 1 (S. 649); Fritzsche JA 2006, 674, 677. 3370 Vgl. RG Recht 1924 Nr. 1448; BGH WM 1969, 1208; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 4; Brox/ Walker (Fn. 202), Rn. 178; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 7. 3363
V. Kommunikation der Annahme
501
Beispiele für eine konkludente Annahme aus der insoweit äußerst reichhaltigen Judikatur sind etwa: Lieferung der bestellten Waren3371, Belieferung mit Energie und Wasser3372, Zahlung des Preises3373, Inanspruchnahme von Maklerdiensten3374, Entgegennahme der Frachtsendung durch den Frachtführer3375 oder die Entgegennahme von Bauleistungen3376. bb) Französisches Recht Nach französischem Recht gilt für die Annahme ebenfalls prinzipiell Formfreiheit3377, auch hier können aber im Einzelfall u.U. gesetzliche Formerfordernisse eingreifen (wie z.B. notarielle Beurkundung für Verträge über den Kauf zu errichtender Immobilien [Art. L. 261-10 f. CCH] oder Schriftform für die Bürgschaftserklärung einer natürlichen Person [Art. L. 313-7 C. consom.]). Zudem ist es auch nach französischem Recht möglich, dass der Anbietende für die Annahme eine bestimmte Form vorgibt.3378 Ansonsten kann die Annahme grundsätzlich sowohl expresse (ausdrücklich) als auch tacite (stillschweigend) erklärt werden3379, sofern das Gesetz nicht ausnahmsweise eine acceptation expresse vorschreibt (wie z.B. in Art. 2292 C. civ. für die Bürgschaft3380). Im Gegensatz zur Parallelproblematik beim Angebot3381 besteht in Bezug auf die acceptation auch ganz weitgehend Einigkeit hinsichtlich der Abgren3371
Vgl. BGH NJW 1980, 2245, 2246. Vgl. BGH NJW-RR 2011, 409. 3373 Vgl. OLG Hamm NJW-RR 1987, 153, 154 (Versicherungsvertrag); LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1989, 308 (Reisevertrag). 3374 Vgl. BGH NJW 2002, 817. 3375 Vgl. BGH NJW-RR 2006, 1210, 1211. 3376 Vgl. BGH NJW 1963, 1248. 3377 Vgl. Cass. civ. 3e, 27.11.1990, n° 89-14033 (dazu Mestre RTD civ. 1991, 315 f.); Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bensamoun D. 2006, 1025, 1026; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273, 282; Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 252; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123. 3378 Vgl. Cass. civ. 3e, 6.5.2003, n° 01-17638; C. de Lyon, 27.6.1867, D. 1867.II.194; Larroumet (Fn. 243), n° 252 Fn. 2. 3379 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 306; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bensamoun D. 2006, 1025, 1026; Fages (Fn. 245), n° 76; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 253 f.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123; Testu (Fn. 991), 21.13. 3380 Art. 2292 C. civ. Le cautionnement ne se présume point; il doit être exprès … (Die Bürgschaft wird nicht vermutet; sie muss ausdrücklich geschehen …) 3381 Vgl. dazu oben C. VI.2. Hintergrund für die divergierenden Positionen in Bezug auf die Abgrenzung beim Angebot ist offenbar, dass man ein extensives Verständnis der offre tacite teils als schwer vereinbar mit dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit des Angebots ansieht, vgl. Aubert (Fn. 990), n° 309. Auch im französischen Schrifttum wird allerdings durchaus eingeräumt, dass, wer in Bezug auf das Angebot eine restriktive Position vertritt, dies eigentlich konsequenterweise auch in Bezug auf die Annahme tun müsste, vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150 Fn. 1. 3372
502
D. Annahme
zung zwischen den beiden Formen expresse und tacite (wobei die Grenzlinie allerdings deutlich anders verläuft als diejenige zwischen ausdrücklicher und konkludenter Annahme im deutschen Recht): Um eine acceptation expresse handelt es sich, wenn die Annahme unter Verwendung eines Kommunikationsmittels erklärt wird egal ob schriftlich, mündlich oder mittels einer Geste.3382 Als acceptation expresse wird z.B. angesehen: die Unterschrift unter einen Vertrag3383; das Nicken mit dem Kopf oder das Heben mit der Hand als Abgabe eines Gebots bei einer Versteigerung3384; das Öffnen der Taxitür (als Annahme des Angebots, das in dem Parken des Taxis am Taxistand liegt3385)3386; oder das Einwerfen von Münzen in einen Warenautomaten3387. Eine acceptation tacite liegt dagegen vor, wenn man aus einem Verhalten vernünftigerweise den Willen zum Abschluss des Vertrags ableiten kann.3388 Für die Vollmacht sieht Art. 1985 Abs. 2 C. civ. sogar ausdrücklich vor, dass die Annahme der Vollmacht tacite durch die Vollziehung derselben geschehen kann.3389 In Betracht kommen aber insbesondere auch sonstige typische Erfüllungshandlungen3390, wie z.B. die Versendung der bestellten Waren durch den Händler3391 oder die Leistung der begehrten Dienste durch einen Unternehmer3392. Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung für eine acceptation tacite sind etwa: Inbesitznahme des Kaufgegenstandes bei Lieferung3393, Ausführung 3382 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 253; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123. 3383 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150. 3384 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 253; Terré/Simler/ Lequette (Fn. 243), n° 123. 3385 Vgl. zum Angebotscharakter bereits oben C. III.2. b) gg)(2). 3386 Vgl. Cass. civ. 1re, 2.12.1969, D. 1970, 104; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150. 3387 Vgl. Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123. 3388 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 308 f.; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 254; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123. 3389 Art. 1985 Abs. 2 C. civ. L’acceptation du mandat peut n’être que tacite et résulter de l’exécution qui lui a été donnée par le mandataire. (Die Annahme der Vollmacht kann auch stillschweigend geschehen und aus der von dem Bevollmächtigten bewirkten Vollziehung derselben gefolgert werden.) 3390 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 66; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Godé, Volonté et manifestations tacites, 1977, n° 28 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123; Testu (Fn. 991), 21.13. 3391 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bonassies (Fn. 1414), S. 1250; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150; Larroumet (Fn. 243), n° 254; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475 Fn. 61; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 123. 3392 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 150. 3393 Vgl. Cass. req., 18.10.1909, D. 1910.I.207 (Inbesitznahme von Geräten nach Mitteilung eines Gutachtens über den Wert); Cass. civ., 31.1.1933, DH 1933, 164 (Entgegennahme und Bezahlung von Kartoffeln); Cass. com., 8.2.1994, n° 92-12640 (zunächst widerspruchslose Inbesitznahme von Datteln nach Erhalt einer Auftragsbestätigung; Protest erst nach drei Wochen).
V. Kommunikation der Annahme
503
von Arbeitsleistungen durch einen Arbeitnehmer3394 oder von Werkleistungen durch einen Subunternehmer3395, Akzeptanz eines vom Tierarzt des Verkäufers ausgestellten Gesundheitszertifikats für das zu erwerbende Pferd3396, Weiterverkauf des angebotenen Grundstücks an einen Dritten3397. cc) Englisches Recht Nach englischem Recht ist die Annahme ebenfalls prinzipiell formfrei3398; im Einzelfall können aber u.U. gesetzliche Formerfordernisse bestehen (z.B. Erfordernis eines deed für die Übertragung von Grundeigentum oder Rechten an Grundeigentum3399 oder der Schriftform für Wechsel gem. ss. 3(1), 17(2) Bills of Exchange Act3400). Die Annahme kann grundsätzlich sowohl expressly (ausdrücklich) oder by conduct (durch schlüssiges Verhalten) erfolgen.3401 Ob ein Verhalten als Annahme anzusehen ist, wird anhand der allgemeinen Auslegungsstandards des englischen Rechts3402 ermittelt.3403 Als acceptance by conduct eingestuft wurde etwa: Lieferung bzw. Versand der Ware auf ein Kaufangebot hin3404; Beginn der Erbringung von Dienst- oder 3394
Vgl. Cass. soc., 19.5.1960, Bull. civ. IV n° 524; Cass. soc., 28.3.1966, Bull. civ. IV n° 333. Vgl. Cass. com., 25.6.1991, n° 90-11230 (Errichtung von Brückenfundamenten durch Subunternehmer in Kenntnis einer Vertragsstrafenklausel). 3396 Vgl. Cass. civ. 1re, 15.1.1963, Bull. civ. n° 28. 3397 Vgl. Cass. req., 12.12.1898, S. 1899.I.88. 3398 Vgl. allgemein zum Grundsatz der Formfreiheit im englischen Recht nur Treitel (Fn. 491), 5-001, 5-003. S. ferner etwa bereits Beckham v Drake (1841) 9 M & W 79 at 92. 3399 Vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) cc)(1). 3400 1882 c. 61. 3401 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-011; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 50; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2027, 2-030; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.09; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.41; Treitel (Fn. 491), 2-016, 2-018. Vgl. aus der Rechtsprechung nur Nurdin & Peacock Plc v DB Ramsden & Co Ltd [1999] 1 WLR 1249 at 1267 per Neuberger J: „It is, of course, well established that an offer can be accepted by action as well as by words“ („Es ist selbstverständlich bestens bekannt, dass ein Angebot sowohl durch Handeln als auch durch Worte angenommen werden kann.“); s. ferner die in Fn. 3404 ff. aufgeführten Fälle zur acceptance by conduct. 3402 Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des englischen Rechts bereits oben C. II.3. 3403 Vgl. Day Morris Associates v Voyce [2003] EWCA Civ 189 at para. 35; Dougland Support Services v Allscan Services Ltd. [2003] EWCA Civ 61 at para. 27; Photolibrary Group Ltd v Burda Senator Verlag GmbH [2008] EWHC 1343 (QB) at para. 61; CN Associates (A Firm) v Holbeton Ltd [2011] EWHC 43 (TCC) at para. 35; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2- Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-030; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.83; Treitel (Fn. 491), 2-018. Vgl. aus der Rechtsprechung ferner etwa auch Taylor v Allon [1966] 1 QB 304 (keine Annahme des Angebots einer Versicherungsgesellschaft auf erweiterte Deckung durch Fahrt mit dem Auto auf öffentlichen Straßen, wenn der Versicherungsnehmer gar nichts von der erweiterten Deckung weiß und erklärt, dass er sich um eine Versicherung bei einem anderen Versicherer bemühe); Khatri v Cooperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank BA [2010] EWCA Civ 397 at paras. 49 ff. (im Kontext von Arbeitsverträgen). 3404 Vgl. Harvey v Johnston (1848) 6 CB 295 at 304: „If a man writes, send me such and such goods, and I will pay for them, is not the sending the goods, without more, an acceptance of the 3395
504
D. Annahme
Werkleistungen als Reaktion auf ein entsprechendes Angebot3405 oder auch Ge- bzw. Verbrauch übersandter Waren3406 (vgl. aber zum Sonderfall unbestellter Waren bereits oben D. V.1. c) bb)(1)); Entgegennahme und Bezahlung von Dienstleistungen3407; Zahlung des ersten Teils des Preises3408; Entgegennahme und Behalten von Mietzahlungen3409; Weiterleitung von einer Fotoagentur übersandter Dias durch ein Verlagshaus an die Konzerntöchter in Deutschland3410; Gestattung der Inbesitznahme eines Gebäudes durch den Eigentümer3411; Schließung3412 oder Beseitigung3413 der Fallakten als Annahme eines Angebots auf Beendigung eines Schiedsverfahrens. Eine große Rolle spielt in Judikatur und Schrifttum auch der Themenkomplex einer vom Anbietenden vorgeschriebenen Annahmemethode. Wenn der Anbietende verlangt, dass die Annahme in einer bestimmten Form (form) (z.B. schriftlich) oder auf eine bestimmte Art und Weise (manner) (z.B. Kommunikation an einen bestimmten Ort oder an eine bestimmte Person) erfolgt, so ist die Annahme nur wirksam, wenn sie den Vorgaben entspricht.3414 Es ist 3405 offer? No doubt it is.“ („Wenn ein Mann schreibt, schick mir die und die Waren, und ich werde für sie bezahlen, ist dann nicht das Versenden der Waren, ohne Weiteres, eine Annahme des Angebots? Das ist es unzweifelhaft.“); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-030; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.19; Miller (1972) 35 MLR 489, 490; Treitel (Fn. 491), 2-018. Vgl. ferner auch die australische Entscheidung Mooney v Williams (1905) 3 CLR 1. 3405 Vgl. Smit International Singapore Pte Ltd v Kurnia Dewi Shipping SA (The Kurnia Dewi) [1997] 1 Lloyd’s Rep. 552 (s. dazu bereits oben Fn. 3321); Datec Electronics Holdings Ltd v United Parcels Services Ltd [2007] UKHL 23 at para. 10 per Lord Hoffmann (Entgegennahme und Beginn des Transports durch UPS als Annahme des Angebots des Paketversenders); Merit Process Engineering Ltd v Balfour Beatty Engineering Services (HY) Ltd [2012] EWHC 1376 (TCC) (Beginn von Installationsarbeiten); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-030; Treitel (Fn. 491), 2-018. 3406 Vgl. Weatherby v Banham (1832) 5 C & P 228 (Zusendung eines Kalenders); Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134 at 140 (Verweis auf Weatherby v Banham; Trinken von übersandtem Wein als weiteres Beispiel); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-030; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.85; Miller (1972) 35 MLR 489, 490; Treitel (Fn. 491), 2018. 3407 Vgl. Dougland Support Services v Allscan Services Ltd [2003] EWCA Civ 61 at para. 27. 3408 Vgl. EQ Projects Ltd v Alavi [2005] EWHC 3057 (TCC) at para. 35. 3409 Vgl. Nurdin & Peacock Plc v DB Ramsden & Co Ltd [1999] 1 WLR 1249 at 1267 per Neuberger J. 3410 Vgl. Photolibrary Group Ltd v Burda Senator Verlag GmbH [2008] EWHC 1343 (QB) at para. 61. 3411 Vgl. Wettern Electric Ltd v Welsh Development Agency [1983] QB 796 at 802. 3412 Vgl. André & Cie v Marine Transocean Ltd (The Splendid Sun) [1981] QB 694 at 713 per Fox LJ. 3413 Vgl. Tankreederei Ahrenkeil GmbH v Frahuil SA (The Multitank Holsatia) [1988] 2 Lloyd’s Rep. 486. 3414 Vgl. aus der Rechtsprechung: Compagnie de Commerce et Commission SARL v Parkinson Stove Co Ltd [1953] 2 Lloyd’s Rep 487 (Erfordernis der Verwendung eines bestimmten Formulars); Financings v Stimson [1962] 1 WLR 1184 at 1186 per Lord Denning MR (Erfordernis einer Unterschrift); Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155 (Erfordernis einer schriftlichen Mitteilung an den Verkäufer); sowie etwa auch die südafrikanische Entscheidung
V. Kommunikation der Annahme
505
aber freilich stets im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob es sich dabei um die einzig zulässige Annahmemethode handeln sollte.3415 Selbst wenn dies der Fall ist, kann eine Annahme auf andere Weise ausnahmsweise wirksam sein, wenn sie ebenso effektiv ist3416, wobei es maßgeblich darauf ankommt, welche Intention der Anbietende mit der Vorgabe verfolgte3417 (Bsp.3418: Verlangt der Anbietende eine Antwort by return of post [postwendend], so kann er damit einerseits nur schnelle Antwort gemeint haben, so dass auch eine E-Mail genügen würde; er kann aber andererseits auch gerade eine Antwort per Briefpost gewollt haben, weil er Vorbehalte gegen E-Mails hat). Darüber hinaus kann der Anbietende grundsätzlich auch auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Annahmemethode verzichten, sofern sie ausschließlich zu seinen Gunsten und nicht auch zugunsten bzw. zum Schutz des Angebotsempfängers bestimmt wurde, so dass diesem dadurch u.U. ein Nachteil entstünde.3419 Sofern 3415 Frank v Knight (1937) OPD 113 (Kommunikation an einen bestimmten Ort), die US-amerikanische Entscheidung Eliason v Henshaw (1819) 4 Wheat 225; (Kommunikation an einen bestimmten Ort), oder die australische Entscheidung Rushton (SA) P/L v Holzberger [2003] QCA 106 (Erfordernis einer schriftlichen Mitteilung an eine bestimmte Gesellschaft); aus dem Schrifttum: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 66; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-065; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.10; McKendrick (Fn. 493), S. 102; Treitel (Fn. 491), 2-040; Winfield (1939) 55 LQR 499, 515 f. 3415 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 66 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-069; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.15; McKendrick (Fn. 493), S. 102; Winfield (1939) 55 LQR 499, 516. 3416 Vgl. Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 274 per Honyman J; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-067; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Treitel (Fn. 491), 2-041; s. ferner auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 66; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.15; Winfield (1939) 55 LQR 499, 516. 3417 Vgl. Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 274 per Honyman J; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 246; Edmund Murray Ltd v Bsp International Foundations Ltd (1992) 33 Con LR 1; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-067; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Treitel (Fn. 491), 2-041; Winfield (1939) 55 LQR 499, 516. 3418 Beispiel nach Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-067 und Treitel (Fn. 491), 2-041 in Anlehnung an Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 at 274 per Honyman J in Bezug auf das Erfordernis „return by post“ („postwendend“): „That does not mean exclusively a reply by letter by return of post, but you may reply by telegram or by verbal message or by any means not later than a letter written by return of post“ („damit ist nicht ausschließlich eine postwendende Antwort per Brief gemeint, aber man kann auch per Telegramm oder mündlicher Nachricht oder auf eine andere Art und Weise antworten, die nicht später erfolgt als ein postwendend gesandter Brief.“). 3419 Vgl. Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 246; MSM Consulting Ltd v United Republic of Tanzania [2009] EWHC 121 (QB) at para. 120; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 66 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-068 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.12; McKendrick (Fn. 493), S. 102; Treitel (Fn. 491), 2-041.
506
D. Annahme
die Vorgabe umgekehrt ausnahmsweise ausschließlich zugunsten und zum Schutz des Angebotsempfängers erfolgte, wird überwiegend angenommen, dass dieser durch eine Annahme mittels einer anderen Methode konkludent auf diesen Schutz verzichten kann.3420 dd) CESL-D Im Rahmen des CESL-D gilt auch für Annahme der in Art. 6 CESL-D normierte Grundsatz der Formfreiheit3421. Nach Art. 34 Abs. 1 CESL-D, der sich – wie bereits oben3422 dargelegt, eng an die Vorläuferregelungen in Art. II.-4:204 DCFR, 2:204 PECL, Art. 18 Abs. 1 CISG und Art. 2.1.6(1) PICC anlehnt kann die Annahme durch „jede Form von Erklärung oder Verhalten“ erfolgen. Wie bereits oben3423 angemerkt, ist dasselbe zudem auch bereits in Art. 30 Abs. 2 S. 2 CESL-D bestimmt und ergibt sich zudem an sich schon aus der allgemeinen Regelung für Mitteilungen in Art. 10 Abs. 2 CESL-D. Insofern würde es sich – wie ebenfalls bereits oben dargelegt3424 schon zur Vermeidung von Missverständnissen empfehlen, diese an sich redundante Mehrfachregelung zu beseitigen.3425 Art. 30 Abs. 2 S. 2 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(2) … Die Annahme kann (2) … Acceptance may be (2) … L’acceptation peut ausdrücklich oder made explicitly or by être exprimée explicitedurch andere Erklärunother statements or ment ou par d’autres dégen oder Verhalten erconduct. clarations ou par un folgen. comportement.
3420
Vgl. Carlyle Finance Ltd v Pallas Industrial Finance [1999] RTR 281 at 296; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-069; Treitel (Fn. 491), 2-041. 3421 Zu diesem bereits näher oben C. VI.4. 3422 S. oben D. I.4. 3423 Vgl. oben C. VI.4. 3424 Vgl. oben C. VI.4. 3425 Zumindest Art. 30 Abs. 2 S. 2 CESL-D sollte komplett gestrichen werden. Art. 34 Abs. 1 CESL-D ließe sich zumindest noch mit der Erwägung rechtfertigen, dass sonst Art. 34 Abs. 2 CESL-D quasi „in der Luft hinge“ und Art. 34 Abs. 1 CESL-D immerhin noch insofern einen über Art. 10 Abs. 2 CESL-D hinausgehenden Regelungsgehalt hat, als er klarstellt, dass die Annahme die Zustimmung zum Angebot ausdrücken muss. Letzteres ergibt sich allerdings bereits aus Art. 30 Abs. 1 und Abs. 2 CESL-D (und kommt zudem implizit auch nochmals in Art. 38 Abs. 1 CESL-D zum Ausdruck) und Art. 34 Abs. 2 CESL-D könnte man letztlich ebenfalls ohne Weiteres als eigenständige Regelung fixieren.
507
V. Kommunikation der Annahme
Art. 34 Abs. 1 CESL-D Annahme / Acceptance / Acceptation Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Jede Form von Erklä- (1) Any form of statement (1) Constitue une acceptarung oder Verhalten des or conduct by the oftion toute déclaration ou Empfängers stellt eine feree is an acceptance if tout comportement du Annahme dar, wenn dait indicates assent to destinataire indiquant mit eine Zustimmung the offer. qu’il acquiesce à l’offre. zu dem Angebot ausgedrückt wird.
Ob ein Verhalten als Annahme qualifiziert werden kann, ist anhand der allgemeinen Auslegungsstandards des CESL-D3426 zu ermitteln.3427 Die Begründung zum DCFR nennt als Beispiele für eine Annahme durch Verhalten die Lieferung der bestellten Waren, den Beginn der Produktion der bestellten Waren oder die Eröffnung eines Akkreditivs zugunsten des Anbietenden.3428 Ausdrücklich genannt ist ferner auch die Entgegennahme unbestellter Waren (z.B. Ge- oder Verbrauch, Weiterverkauf); insoweit wird man indes auch im Anwendungsbereich des CESL-D zurückhaltend sein müssen3429. Darüber hinaus kann aber freilich auch – je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls – in einem sonstigen Verhalten eine Annahmeerklärung zu sehen sein. Weitere – in allen hier untersuchten nationalen Rechtsordnungen anerkannte3430 – typische Beispiele wären etwa die Zahlung des Preises oder die Entgegennahme von Werk- oder Dienstleistungen. Schließlich ist davon auszugehen, dass der Anbietende auch im Rahmen des CESL-D auf der Grundlage des Prinzips der Privatautonomie die Möglichkeit hat, in seinem Angebot eine ausdrückliche Annahme oder eine bestimmte Form oder auch die Kommunikation an eine bestimmte Person (ggf. auch einen Dritten) zu verlangen.3431
3426
Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des CESL-D bereits oben C. II.3. Vgl. auch bereits Art. II-4:204 DCFR Comment A, Art. II.-4:205 DCFR Comment C. 3428 Vgl. Art. II.-4:204 DCFR Comment C. 3429 Auf Grund der hohen Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung des CESL gem. Art. 8 CESL-VOE (dazu bereits oben Fn. 1389) wird man in Fällen einer Zusendung unbestellter Waren an einen Verbraucher aber regelmäßig schon gar nicht zur Anwendbarkeit des CESL gelangen; auf der Basis des anwendbaren nationalen Rechts ist der Verbraucher durch die jeweils anwendbaren nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 9 Fernabsatz-RL (Fn. 237) bzw. demnächst Art. 27 Verbraucherrechte-RL (Fn. 237) geschützt. Dies ist offenbar auch der Grund, weshalb die noch in Art. 39 Feasibility Study (Fn. 7) vorgesehene Sonderregelung zur Zusendung unbestellter Waren im CESL-D gestrichen wurde. 3430 Vgl. oben D. V.2. a) aa) (deutsches Recht), D. V.2. a) bb) (französisches Recht), D. V.2. a) cc) (englisches Recht). 3431 Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4. 3427
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D. Annahme
ee) Rechtsvergleichende Würdigung Insgesamt ergibt sich somit in Bezug auf die allgemeinen Grundsätze zur Art und Weise der Kommunikation der Annahme ein sehr weitgehender Gleichklang der untersuchten nationalen Rechtsordnungen und des CESL-D: Die Annahme ist prinzipiell formfrei und kann grundsätzlich sowohl ausdrücklich erklärt werden als auch konkludent (durch Verhalten) erfolgen; der Anbietende kann allerdings auch ein bestimmtes Kommunikationsmittel bzw. eine bestimmte Form verlangen. Selbst im Hinblick auf die typischen Fälle einer Annahme durch Verhalten zeigt sich große Übereinstimmung. Allerdings weicht das französische Recht auch hier – ähnlich wie bei der Parallelproblematik der Kommunikation des Angebots3432 in Bezug auf den Aspekt der Abgrenzung zwischen acceptance expresse und acceptance tacite3433 von den anderen untersuchten Rechtsordnungen ab. b) Sonderproblem: Annahme durch Schweigen bzw. Untätigkeit aa) Deutsches Recht (1) Grundsatz Bloßes Schweigen stellt nach deutschem Recht grundsätzlich keine Willenserklärung und damit auch keine Annahme dar3434 es gilt also gerade nicht die alte lateinische Maxime „qui tacet, consentire videtur“3435, sondern vielmehr „qui tacet, consentire non videtur“. Der BGB-Gesetzgeber hat ganz bewusst davon ab, die Vorschrift des Art. 323 ADHGB3436, 3437 (den Vorläufer des heutigen § 362 HGB3438), der das Schweigen im kaufmännischen Verkehr als Übernahme des Auftrags qualifi3432
Vgl. oben C. VI.2. und C. VI.5. Vgl. dazu oben D. V.2. a) bb). 3434 Vgl. BGH NJW 1951, 711; BGH NJW 1955, 1794, 1795; BGH NJW 1973, 2106; BGH NJW 1981, 43, 44; BGH NJW 1988, 1790, 1791; BGH NJW 1990, 1601 f.; BGH NJW-RR 1994, 1163, 1165; BGH NJW-RR 1999, 818, 819; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 5; ders. (Fn. 202), Rn. 760; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 6; Canaris FS Wilburg, 1975, S. 77; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 13; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Flume (Fn. 19), § 35 II 4 (S. 660); Fritzsche JA 2006, 674, 677; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 4; Kötz (Fn. 209), Rn. 119; Kramer JURA 1984, 235, 243; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 63; Medicus (Rn. 1017), Rn. 345; Petersen JURA 2003, 687; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 42; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 12. 3435 Vgl. zu diesem Prinzip und seinen historischen Wurzeln im Überblick Wacke JA 1982, 184 f. sowie ausf. Krampe FS Mikat, 1989, S. 367 ff. m.w.N. 3436 Fn. 1010. 3437 Art. 323 Abs. 1 ADHGB Wenn zwischen dem Kaufmann, welchem ein Auftrag gegeben wird, und dem Auftraggeber eine Geschäftsverbindung besteht, oder sich derselbe gegen letzteren zur Ausrichtung solcher Aufträge erboten hat, so ist er zu einer Antwort ohne Zögern verpflichtet, widrigenfalls sein Schweigen als Uebernahme des Auftrages gilt. 3438 Vgl. dazu noch unten D. V.2. b) aa)(2)(a). 3433
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zierte, zu verallgemeinern.3439 Schon von Kübel hatte in der Begründung zu § 15 TE-OR (Nr. 9) (dem Vorläufer des heutigen § 151 BGB) ausdrücklich betont, dass „eine Verallgemeinerung des Art. 323 des H.G.B. über die Grenzen des Handelsverkehrs hinaus nicht angezeigt scheint, da derselbe wesentlich auf den Handelsverkehr berechnet ist“.3440 Ausweislich der Motive sah der Gesetzgeber überhaupt ganz bewusst davon ab, nach dem Vorbild früherer Kodifikationen und Entwürfe (speziell des Cod. Max. Bav. Civ.3441, 3442, des PrALR3443, 3444 und des Dresdener Entwurfs3445, 3446) eine Regelung zum Schweigen und/oder zur Abgrenzung von „bloßem Schweigen“ und der „stillschweigenden Willenserklärung durch anderen Handlungen“ ins BGB aufzunehmen.3447 Schweigen werde „in der Regel eine Willenskundgebung nicht enthalten“. Ob die Umstände ausnahmsweise so lägen, dass dem Schweigen die Bedeutung einer Willenserklärung beigemessen werden könne, müsse „die Beschaffenheit des Falles ergeben“.3448 Die etwaigen Vorteile einer allgemeinen Regel würden „überwogen durch die Unzuträglichkeiten und Härte, welche ein der Natur der Sache und den Lebensverhältnissen nicht entsprechender formeller Satz im Gefolge haben kann“.3449 Man beschränkte sich daher ganz bewusst auf die Aufnahme einiger Sondervorschriften, in denen dem Schweigen ausnahmsweise Erklärungswert beigemessen wird3450.3451 Schweigen hat nach alledem grundsätzlich selbst dann keinen Erklärungswert, wenn der Anbietende in seinem Angebot ausdrücklich erklärt, dass er ein Schweigen des Angebotsempfängers als Annahme ansehen werde.3452 Eine 3439
Vgl. auch Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 23. Von Kübel (Fn. 3022), S. 207. 3441 Fn. 155. 3442 Cod. Max. Bav. Civ. IV 1 § 56 Dagegen ist 6. das bloße Stillschweigen ohne Wert außer den durch Gesetz und Ordnung besonders determinierten Fällen hiezu nicht hinreichend. 3443 Fn. 157. 3444 PrALR I, 4, § 61 Bloßes Stillschweigen wird nur alsdann für Einwilligung geachtet, wenn der Schweigende sich erklären konnte, und vermöge der Gesetze dazu verbunden war. 3445 Fn. 846. 3446 Art. 43 Abs. 2 Dresdener Entwurf Aus dem bloßen Schweigen ist eine Einwilligung nicht zu folgern, ausgenommen wenn die Gesetze dies bestimmen, oder wenn das Schweigen nach den Umständen vernünftiger Weise ein andere Auslegung nicht zuläßt. 3447 Vgl. Mot. I, 153 f. = Mugdan I, 436 f. 3448 Vgl. Mot. I, 153 f. = Mugdan I, 436 f. 3449 Vgl. Mot. I, 154 = Mugdan I, 437. 3450 Zu diesen noch näher unten D. V.2. b) aa)(2)(a)). 3451 Vgl. Mot. I, 154 = Mugdan I, 437. 3452 Vgl. bereits Mot. I, 153 = Mugdan I, 436: „und im Besonderen ändert die Stellung eines Präjudizes seitens des anderen Theiles hieran nichts“; vgl. weiter: RGZ 106, 330, 333; LAG Schleswig-Holstein SchlHA 1971, 84, 85; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 6; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 13; Flume (Fn. 19), § 5, 2a 3440
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D. Annahme
derartige „Aufoktroyierung“ des Schweigens als Erklärungszeichen erschiene unvereinbar mit dem elementaren Grundsatz der Vertragsfreiheit.3453 (2) Ausnahmen In bestimmten Fällen kann dem Schweigen jedoch – wie bereits angedeutet ausnahmsweise die Wirkung einer Willenserklärung, speziell auch einer Annahmeerklärung, beigemessen werden. (a) Sog. normiertes Schweigen Zum einen kann sich aus einer speziellen gesetzlichen Anordnung ergeben, dass dem Schweigen die Bedeutung einer Annahmeerklärung zukommt (sog. normiertes Schweigen).3454 Die wichtigsten Fälle sind: – § 516 Abs. 2 S. 2 BGB (Fiktion der Annahme eines Schenkungsangebots, wenn innerhalb einer vom Zuwendenden gesetzten angemessenen Frist keine Ablehnung erfolgt); – § 545 BGB (Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt und keine Vertragspartei innerhalb von zwei Wochen ihren entgegenstehenden Willen erklärt); – § 625 BGB (Fiktion der Verlängerung des Dienstverhältnisses auf unbestimmte Zeit, wenn der Dienstverpflichtete es nach Ablauf der Dienstzeit mit Wissen des anderen Teils fortsetzt und dieser nicht unverzüglich widerspricht); – § 5 Abs. 1 VVG (Abweichender Versicherungsschein: Fiktion der Genehmigung der Abweichung [also der Annahme des in dem abweichenden Versicherungsscheins liegenden Gegenangebots], wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats in Textform widerspricht) – § 362 HGB (Fiktion der Annahme bei Schweigen eines Kaufmanns, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, (S. 3453 64); Fritzsche JA 2006, 674, 677; Kramer JURA 1984, 235, 243 f.; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 63 f.; S. Lorenz FS W. Lorenz, 2001, S. 193, 195; Medicus (Rn. 1017), Rn. 346; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 61; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 44. 3453 Vgl. Flume (Fn. 19), § 5, 2a (S. 64): „Im rechtsgeschäftlichen Verkehr kann niemand einem anderen das Schweigen als Erklärungszeichen aufzwingen. Niemand kann, nur weil er es so bestimmt, einen anderen in der Weise unter Erklärungszwang setzen, daß ohne Erklärung das Schweigen des anderen als Erklärung gelten würde.“ Vgl. zur Interrelation mit der (negativen) Vertrags(begründungs)freiheit etwa auch Busche (Fn. 209), Vor § 145 Rn. 11, § 147 Rn. 6; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 63; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 61. 3454 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 8; ders. (Fn. 864), Rn. 29, 32; Kramer JURA 1984, 235, 244; s. ferner auch Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 62 („gesetzlich normiertes Schweigen“); teilweise wird auch von „Schweigen als Fiktionstatbestand“ gesprochen, vgl. etwa Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 23.
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auf ein Angebot über die Besorgung solcher Geschäfte, wenn er mit dem Anbietenden in Geschäftsverbindung steht oder sich diesem gegenüber zur Besorgung solcher Geschäfte erboten hat). (b) Sog. beredtes Schweigen Darüber hinaus kann dem Schweigen aber auch sonst im Einzelfall auf Grund der Gesamtumstände, speziell unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden (sog. beredtes Schweigen).3455 Dies gilt insbesondere dann, wenn die Parteien speziell vereinbart haben, dass Schweigen als Annahme gelten soll.3456 Soweit dies in AGB erfolgt, ist ggf. § 308 Nr. 5 BGB zu beachten: Danach muss dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt sein und der Verwender muss sich verpflichten, den Vertragspartner bei Fristbeginn auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen.3457 Für die Änderung von Zahlungsdiensterahmenverträgen gilt die lex specialis des § 657g BGB, die insoweit Verfahrenserleichterungen etabliert.3458 Sofern es um eine Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen geht, ist zudem ggf. § 309 Nr. 9 BGB zu beachten.3459 Im Übrigen kann sich aber auch sonst aus dem konkreten Kontext und den Gesamtumständen ergeben, dass einem Schweigen die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann.3460 Ein sog. „Konkludenzindiz“3461 kann etwa sein, dass es im Rahmen einer längeren Geschäftsverbindung üblich geworden ist, das Schweigen des Geschäftspartners als Zustimmung zu deuten.3462 Nahe liegt die Qualifikation als Annahme weiterhin auch 3455 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 13; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 4; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 42; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 13. 3456 Vgl. BGH NJW 1975, 40; OLG Düsseldorf NJW 2005, 1515; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; Canaris FS Wilburg, 1975, S. 77, 78; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Ebert JuS 1999, 754, 755; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 4; Kramer JURA 1984, 235, 244; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 69; Meder WM 1999, 2137, 2138; Medicus (Rn. 1017), Rn. 346, 393; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 61; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 43; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 14. 3457 Vgl. dazu näher MünchKommBGB/Wurmnest, 6. Aufl. 2012, § 308 Nr. 5 BGB Rn. 1 ff. m.w.N. 3458 Vgl. dazu näher Staudinger/Omlor, Neubearb. 2012, § 675g Rn. 1 ff. m.w.N. 3459 Vgl. dazu näher Wurmnest (Fn. 3457), § 309 Nr. 9 BGB Rn. 1 ff. m.w.N. 3460 Vgl. zum Streit um die dogmatische Einordnung näher Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 77 f. 3461 Vgl. Kramer JURA 1984, 235, 247; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 16; vgl. ferner etwa auch Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7. 3462 Vgl. RGZ 84, 320, 325; BGH NJW 1995, 1281; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; Canaris FS Wilburg, 1975, S. 77, 78; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3; von Dücker BB 1996, 3, 7; Ebert JuS 1999, 754, 756; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 13; Flume (Fn. 19), § 35 II 4 (S. 660); Fritzsche JA 2006, 674, 677; Kramer JURA 1984, 235, 247 f.; Meder
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D. Annahme
dann, wenn der angebotene Vertrag für den Schweigenden lediglich vorteilhaft ist.3463 Ferner wird man auch ein Schweigen des Erstofferenten auf eine – gem. § 150 Abs. 2 BGB als Gegenangebot zu wertende3464 „Annahme“ seines Angebots mit nur geringfügigen Modifikationen regelmäßig als Annahme qualifizieren können.3465 Entsprechendes gilt im Falle des Schweigens auf eine verspätete Annahme3466 (zumindest sofern keine Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Änderung seiner sachlichen Entschließung nahelegen)3467 oder auf ein ausdrücklich angefordertes Angebot, das der Anforderung vollständig entspricht3468. In Betracht kommt die Qualifikation als Annahme ferner insbesondere auch im Falle des Schweigens auf ein endgültiges Angebot, das auf Grund einverständlicher und alle wichtigen Punkte betreffender Vorverhandlungen ergeht.3469 Schließlich kann sich auch aus einem Handelsbrauch (§ 346 HGB) ergeben, dass Schweigen Zustimmung bedeutet, so etwa im Falle des Schweigens auf die Schlussnote eines Handelsmaklers gem. § 94 HGB3470.
3463 WM 1999, 2137, 2138; Medicus (Rn. 1017), Rn. 393; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 61; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 45; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 15; s. ferner auch LG Potsdam WM 2011, 71, 72. 3463 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Ebert JuS 1999, 754, 757; Kramer JURA 1984, 235, 247; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 76; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 15. Kritisch dazu jedoch etwa Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7. 3464 Vgl. dazu bereits oben D. IV.1. b). 3465 Vgl. OLG Köln GRUR 1985, 148, 149; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1454; LG Gießen NJW-RR 1997, 1210; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Ebert JuS 1999, 754, 756 f.; Kötz (Fn. 209), Rn. 120, 124; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 76; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 31 Rn. 15, § 37 Rn. 33. 3466 Vgl. zur verspäteten Annahme noch näher unten D. VI.2. 3467 Vgl. RGZ 103, 11, 13; BGH NJW 1951, 313; BGH BB 1953, 957; BGH NJW 1986, 1807, 1809; BGH NJW-RR 1994, 1163; BGH NJW 2010, 2873, 2874 f.; LG Kaiserslautern WuM 1990, 288; OLG Düsseldorf BB 1997, 2184, 2185; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 6; ders. (Fn. 202), Rn. 732 Fn. 49; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7, § 150 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 3, § 150 Rn. 2; von Dücker BB 1996, 3, 7; Ebert JuS 1999, 754, 756 f.; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 4; Kötz (Fn. 209), Rn. 120, 122; Kramer JURA 1984, 235, 248; Schultz MDR 1995, 1187, 1190; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 76. Kritisch und stattdessen für eine erweiternde Anwendung des § 149 BGB: Flume (Fn. 19), § 35 II 2 (S. 652 f.). 3468 Vgl. BAG BeckRS 1993, 30919438; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 76. 3469 Vgl. BGH LM Nr. 2 § 151 BGB; BGH NJW 1995, 1281 (kritisch dazu Scheffler NJW 1995, 3166 ff.; Schultz MDR 1995, 1187 ff.); BGH NJW 1996, 919, 921; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; von Dücker BB 1996, 3, 6 f.; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 13; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 3; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 4; Kötz (Fn. 209), Rn. 119 f.; Singer (Fn. 202), Vorbem. zu §§ 116 ff. Rn. 76; Wertenbruch (Fn. 202), § 6 Rn. 20. 3470 Vgl. RGZ 105, 205; 123, 97, 99; BGH NJW 1955, 1916, 1917; BGH WM 1983, 684; Hopt (Fn. 864), § 94 Rn. 2; MünchKommHGB/ von Hoyningen-Huene, 3. Aufl. 2010, § 94 Rn. 12; Kotzian-Marggraf in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 94 Rn. 4; Roth (Fn. 1689), § 94 Rn. 8.
V. Kommunikation der Annahme
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(c) Sonderfall: kaufmännisches Bestätigungsschreiben Einen Sonderfall stellt das sog. kaufmännische Bestätigungsschreiben dar, das ursprünglich auf einen Handelsbrauch zurückgeht3471, inzwischen aber gewohnheitsrechtlich anerkannt ist3472: Hier muss der Empfänger unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt nicht gegen sich gelten lassen will3473. Innere Rechtfertigung ist der Gedanke des Verkehrsschutzes durch Förderung der Leichtigkeit, Sicherheit und Schnelligkeit des Rechtsverkehrs.3474 Der personelle Anwendungsbereich dieses Rechtsinstituts erstreckt sich nicht nur auf Kaufleute im formellen Sinne, sondern auch auf Personen, die wie ein Kaufmann selbständig und in größerem Umfang am Rechtsverkehr
3471 Vgl. BGH NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 9; Deckert JuS 1998, 121; von Dücker BB 1996, 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Flume (Fn. 19), § 36, 6 (S. 665); Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 31; Medicus (Rn. 1017), Rn. 440; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 38; K. Schmidt FS Honsell, 2002, S. 99, 107; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 48. 3472 Vgl. BGH NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 9; Deckert JuS 1998, 121; von Dücker BB 1996, 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Flume (Fn. 19), § 36, 6 (S. 665); Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 31; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 205; Lettl JuS 2008, 849 f.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 440; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 38; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; K. Schmidt FS Honsell, 2002, S. 99, 107; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 38; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 48. 3473 Vgl. RGZ 95, 48, 50; RG JW 1931, 522, 524; BGH NJW 1952, 1369; BGHZ 11, 1; BGH NJW 1954, 105; BGH NJW 1962, 104; BGH NJW 1963, 1922; BGH NJW 1964, 589; BGH NJW 1965, 965; BGH NJW 1970, 2104; BGH NJW 1970, 2021; BGH NJW 1972, 45; BGH NJW 1972, 820; BGH NJW 1973, 2106 f.; BGH WM 1973, 1376; BGH NJW 1974, 991; BGH BauR 75, 276; BGH BB 1976, 664; BGH NJW 1978, 886; BGH ZIP 1984, 603, 604 f.; BGH NJW 1982, 1751; BGH NJW 1985, 1333; BGH NJW-RR 1986, 393; BGH NJW 1990, 386; BGH NJW 1994, 1288; BGH NJW-RR 2001, 680; BGH NJW-RR 2001, 1044, 1045; BGH NJW 2007, 987, 988 f.; BGH NJW 2011, 1965, 1966; OLG Bamberg BB 1973, 1371, 1372; OLG Köln OLGZ 1974, 8, 9; OLG Köln CR 1991, 541; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 501, 502; OLG Koblenz NJW-RR 2007, 813, 814; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 196; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 9; Bork (Fn. 202), Rn. 760; von Dücker BB 1996, 3 ff.; Deckert JuS 1998, 121 ff.; Diederichsen JuS 1966, 129 ff.; Ebert JuS 1999, 754, 755 f.; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Flume (Fn. 19), § 36 (S. 661 ff.); Götz, Zum Schweigen im rechtsgeschäftlichen Verkehr, 1968, S. 202 ff.; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 3; Haberkorn MDR 1968, 108 ff.; Hepp BB 1964, 371 f.; Hopt AcP 183 (1983) 608, 691 ff.; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 31 ff.; Kötz (Fn. 209), Rn. 120; Kuchinke JZ 1965, 167 ff.; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 204; Lettl JuS 2008, 849 ff.; Medicus (Rn. 1017), Rn. 440 ff.; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 38; Petersen JURA 2003, 687, 690 ff.; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; K. Schmidt FS Honsell, 2002, S. 99, 104 f.; Schmidt-Salzer BB 1971, 591 ff.; Thamm/ Detzer DB 1997, 213 ff.; Walchshöfer BB 1975, 719 ff.; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 38; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 48 ff. 3474 Vgl. BGH NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 9; Deckert JuS 1998, 121; Lettl JuS 2008, 849; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 38; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 38.
514
D. Annahme
teilnehmen3475 (wie z.B. Kleingewerbetreibende3476, Rechtsanwälte3477, Wirtschaftsprüfer3478, Architekten3479, Makler3480 etc.) sowie Gemeinden und Behörden im fiskalischen Verkehr3481. Das Bestätigungsschreiben muss sich auf eine getroffene Absprache beziehen, also das Ergebnis vorausgegangener Vertragsverhandlungen verbindlich festlegen.3482 Irrelevant ist jedoch, in welcher Form die Vertragsverhandlungen erfolgt sind (z.B. mündlich, Fax, E-Mail, etc.)3483 oder ob der behauptete Vertragsschluss tatsächlich unwirksam war, weil der Vertreter keine Vertretungsmacht hatte3484. Das Schreiben muss auch nicht explizit als „Bestätigungsschreiben“ bezeichnet werden3485 und es muss die vorausgegangenen Verhand3475
Vgl. RG JW 1931, 522, 524; BGH NJW 1954, 105; BGH BB 1967, 902; BGH WM 1973, 1376; BGH NJW 2011, 1965, 1966; OLG Bamberg BB 1973, 1371, 1372; OLG Köln OLGZ 1974, 8, 9; OLG Köln CR 1991, 541; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 501, 502; OLG Koblenz NJW-RR 2007, 813, 814; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 6; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 197; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 16; Deckert JuS 1998, 121, 122; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 16; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 9; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 32; Kötz (Fn. 209), Rn. 120; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 209; Medicus (Rn. 1017), Rn. 441; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 51 ff.; Rüthers/ Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 40; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 54. Abweichend jedoch (Absender kann jedermann sein): von Dücker BB 1996, 3, 7 f.; Flume (Fn. 19), § 36, 4 (S. 663); Hopt AcP 183 (1983) 608, 692; Lettl JuS 2008, 849, 851; gegen jegliche Anwendung im nichtkaufmännischen Verkehr etwa Schmidt-Salzer BB 1971, 591, 597. 3476 Vgl. BGH NJW 1954, 105 (Schrotthändler); Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 16. 3477 Vgl. RG JW 1931, 522, 524; OLG Bamberg BB 1973, 1371, 1372; OLG Köln CR 1991, 541. 3478 Vgl. BGH BB 1967, 902. 3479 Vgl. BGH WM 1973, 1376; OLG Köln OLGZ 1974, 8, 9; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 501, 502; OLG Koblenz NJW-RR 2007, 813, 814. 3480 Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 501, 502. 3481 Vgl. BGH NJW 1964, 1223 f.; NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 9. 3482 Vgl. BGH NJW 1970, 2021, 2022; BGH NJW-RR 2001, 680; BGH NJW 2011, 1965, 1966; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 197; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 8; Deckert JuS 1998, 121, 122; von Dücker BB 1996, 3, 4; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 11; Flume (Fn. 19), § 36, 4 (S. 663); Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 32; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 44; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 49. 3483 Vgl. BGH NJW 1970, 2021, 2022; OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 374; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 11; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 5 f.; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 32; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 41 f. 3484 Vgl. BGH NJW 1964, 1951, 1952; BGH NJW 1965, 965, 966; BGH NJW 1990, 386; BGH NJW 2007, 987, 988 f.; BGH NJW 2011, 1965, 1966; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; von Dücker BB 1996, 3, 4 f.; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 11; Flume (Fn. 19), § 36, 4 (S. 664); Lettl JuS 2008, 849. 3485 Vgl. BGH NJW 1970, 2021, 2022; BGH NJW 1974, 991, 992; BGH NJW 1987, 1940, 1941; BGH NJW-RR 2001, 1044, 1045; BGH NJW 2011, 1965, 1966 (Verhandlungsprotokoll); OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 374; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; von Dücker BB 1996, 3, 4; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 44; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 38.
V. Kommunikation der Annahme
515
lungen auch nicht explizit erwähnen oder darauf Bezug nehmen3486. Es darf sich aber andererseits auch nicht um eine „Auftragsbestätigung“ i.S.e. Vertragsannahme handeln3487. Weiterhin muss das Bestätigungsschreiben in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen zugegangen sein.3488 Voraussetzung ist aber vor allem auch, dass der Bestätigende nicht so weit von dem Ergebnis der Verhandlungen abgewichen ist, dass er vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers rechnen konnte3489. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Abweichungen das Vereinbarte ins Gegenteil verkehren3490 oder für den Empfänger sonst unzumutbar sind3491. Ergänzungen des Vertrags in Nebenpunkten oder Richtigstellungen3492 sowie bloße Präzisierungen3493 sind dagegen grundsätzlich unschädlich. Obwohl es insoweit grundsätzlich allein auf dem Grad der objektiven Abweichung ankommt3494, 3486 Vgl. BGH NJW 1970, 2021, 2022; BGH NJW 1974, 991, 992; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 11; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 42. 3487 Vgl. BGH NJW 1955, 1794, 1795; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 197; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 14; Deckert JuS 1998, 121, 123; Diederichsen JuS 1966, 129, 131; von Dücker BB 1996, 3, 6; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 12; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 20; Lettl JuS 2008, 849, 850; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 40; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 37; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 50. 3488 Vgl. BGH NJW 1964, 1223, 1224; BGH NJW 1967, 2159; BGH NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 8; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 197; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 17; Deckert JuS 1998, 121, 123; von Dücker BB 1996, 3, 5; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 14; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 32; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 210; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 45 f.; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 40; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 51. 3489 Vgl. BGH NJW 1952, 1369; BGH NJW 1963, 1922; BGH NJW 1973, 2106 f.; BGH NJW 1974, 991, 992; BGH NJW 1982, 1751; BGH ZIP 1984, 603, 605; BGH NJW 1985, 1333; BGH NJW 1994, 1288; BGH NJW-RR 2001, 680 f.; BGH NJW 2011, 1965, 1966; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 12; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 197; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 18; Deckert JuS 1998, 121, 124; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 15; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 16; Flume (Fn. 19), § 36, 4 (S. 664); Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 3; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 33; Kötz (Fn. 209), Rn. 120; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 213; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 60; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 40; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 52; abw. jedoch (aus rechtsökonomischen Erwägungen): Moritz BB 1995, 420 ff.; kritisch auch von Dücker BB 1996, 3, 5 f.; Hopt AcP 183 (1983) 608, 694. 3490 Vgl. BGH NJW 1985, 1333 (allgemeiner und umfassender Gewährleistungsausschluss gegenüber vorausgegangener Eigenschaftszusicherung); Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 18; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 33; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 60. 3491 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 16; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 33; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 60. 3492 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 18; Lettl JuS 2008, 849, 852; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 60. 3493 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 18; Lettl JuS 2008, 849, 852; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 60. 3494 Vgl. BGH NJW 1985, 1333, 1334; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 18, 21; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 16; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31.
516
D. Annahme
ist eine Zurechnung des Schweigens als Zustimmung selbstverständlich aber auch dann ausgeschlossen, wenn der Bestätigende den Inhalt der Verhandlungen bewusst falsch oder entstellend wiedergibt3495. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so muss der Empfänger unverzüglich widersprechen3496; andernfalls gilt sein Schweigen als Zustimmung und der Vertrag kommt mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens zustande3497. bb) Französisches Recht (1) Grundsatz Im französischen Recht gilt seit der inzwischen klassischen Grundsatzentscheidung der Cour de Cassation aus dem Jahr 18703498 ebenfalls das Prinzip, dass Schweigen keine Annahme bedeutet: Le silence ne vaut pas, à lui seul, acceptation.3499 [Schweigen gilt, für sich allein, nicht als Annahme].
3495 Vgl. RGZ 95, 48, 50 f.; BGH NJW 1954, 105; BGH NJW 1963, 1922; BGH NJW 1974, 991, 992; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 21; Deckert JuS 1998, 121, 123 f.; von Dücker BB 1996, 3, 8; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 15; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 15; Grunewald (Fn. 1210), § 2 Rn. 3; Köhler (Fn. 985), § 8 Rn. 33; Kötz (Fn. 209), Rn. 120; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 212; Lettl JuS 2008, 849, 851; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 61; Rüthers/Stadler (Fn. 985), § 17 Rn. 31; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 40; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 52; differenzierend jedoch etwa Hopt AcP 183 (1983) 608, 694 f. 3496 Vgl. nur BGH NJW 2011, 1965, 1966 f. Näher zu den Anforderungen an einen unverzüglichen Widerspruch etwa Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 13; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 23; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 17; Pamp (Fn. 1690), § 346 Rn. 47 f. (jeweils m.w.N). 3497 Vgl. die Nachweise in Fn. 3473. 3498 Cass. civ., 25.5.1870, D. 1870.I.257. Ein Bankhaus hatte, ohne dass ihm eine förmliche Order erteilt worden war, an einen Kunden geschrieben, dass man für ihn 20 Aktien einer Neuemission gezeichnet habe und ihm anliegend die Belege sende; der Kunde antwortete darauf nicht. Die Cour de Cassation kassierte das Urteil des Pariser Gerichts, das den Kunden zur Zahlung verurteilt hatte: „Le silence d’une partie ne peut l’obliger en l’absence de toute autre circonstance.“ („Das Schweigen einer Partei kann sie in Ermangelung anderer Umstände nicht verpflichten.“). 3499 Vgl. Cass. civ. 1re, 23.5.1979, D. 1979, 488; Cass. com., 21.4.1980, n° 78-14765; Cass. com., 5.11.1985, n° 84-16281; Cass. civ. 1re, 5.4.1993, n° 91-15602; Cass. civ. 1re, 16.4.1996, n° 9416528; Cass. civ. 1re, 24.5.2005, n° 02-15188; Cass civ. 1re, 28.2.2008, n° 06-12349; Cass. civ. 1re, 4.6.2009, n° 08-14481; Cass. soc., 23.9.2009, n° 08-41666; Cass. com., 13.4.2010, n° 09-13712; Cass. com., 3.4.2012, n° 10-24641; Cass. com., 5.6.2012, n° 11-15372; Cass. civ. 3e, 12.9.2012, n° 11-13603; Amrani Mekki D. 2009, 227; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bensamoun D. 2006, 1025, 1026; Bernard D. 2003, 441, 443; Bonassies (Fn. 1414), S. 1123; Boyer, Le silence et le contrat, 1991, S. 19; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; Ghestin (Fn. 1049), n° 403; Godé (Fn. 3390), n° 168 ff.; Guenzoui (Fn. 245), n° 114; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Mazeaud RDC 2005, 1007 n° 1; Mestre RTD civ. 1988, 519, 520; ders. RTD civ. 1996, 893, 894; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 n° 1; Pérès-Dourdou JCP G 2005.I.194 n° 1; Popesco-Ramniceano RTD civ. 1930, 999 ff.; Rieg (Fn. 1041), n° 37 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124; Valéry (Fn. 2398), n° 88; Voirin D. 1939.I.5.
V. Kommunikation der Annahme
517
Auch nach französischem Rechtsverständnis kann aus einem rein passives Verhalten des Angebotsempfängers grundsätzlich keine Annahme abgeleitet werden; er drücke damit nichts aus und wolle damit auch nichts ausdrücken.3500 Das alte Sprichwort „qui ne dit mot, consent“ („wer kein Wort sagt, stimmt zu“) – das ebenfalls auf die bereits oben zitierte lateinische Maxime „qui tacet, consentire videtur“3501 zurückgeht – stellt nach allgemeiner Meinung gerade keine Regel des französischen Rechts dar.3502 Dies war auch in sämtlichen neueren Reformprojekten ausdrücklich so vorgesehen.3503 Umgekehrt kann Schweigen nach allgemeiner Meinung aber auch nicht automatisch als Ablehnung interpretiert werden, es hat vielmehr gerade keinerlei juristischen Erklärungswert.3504 Schweigen gilt selbst dann nicht als Annahme, wenn der Anbietende in seinem Angebot ausdrücklich darauf hinweist, dass er ein Schweigen in diesem Sinne interpretieren werde3505; eine „aufoktroyierte“ Annahme durch Schweigen ist also auch nach französischen Recht nicht zulässig. (2) Ausnahmen In bestimmten Fällen kann Schweigen jedoch auch nach französischem Recht als Annahmeerklärung angesehen werden. (a) Gesetzliche Ausnahmen In einigen Fällen ist gesetzlich speziell angeordnet, dass ein Schweigen als Annahme gilt. So bestimmt etwa Art. 1738 C. civ.3506, dass ein neuer Mietvertrag zustande kommt, wenn der Mieter nach Ablauf des Mietvertrags in der Mietwohnung verbleibt. Art. L. 112-2(5) C. ass.3507 fingiert das Einverständnis des 3500 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3501 Vgl. dazu oben bei Fn. 3435. 3502 Vgl. Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bensamoun D. 2006, 1025, 1026; Boyer (Fn. 3499), S. 19; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151; Ghestin (Fn. 1049), n° 403; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 n° 1; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3503 Siehe unten Fn. 3510. 3504 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151. 3505 Vgl. C. de Douai, 10.3.1874, D. 1874.II.153 (Broschüren mit dem Aufdruck, dass sich das Abonnement automatisch verlängere, sofern nicht widersprochen werde); Trib. civ. de la Seine, 19.4.1893, Gaz. Pal. 1893.II.162; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bonassies (Fn. 1414), S. 1147; Boyer (Fn. 3499), S. 20; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 273, 275; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151; Ghestin (Fn. 1049), n° 403; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475 Fn. 67; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3506 Siehe Fn. 1882; siehe zu dieser Vorschrift auch bereits oben C. VI.2. im Zusammenhang mit der Kommunikation des Angebots. Näher dazu etwa Godé (Fn. 3390), n° 184 ff. 3507 Art. L. 112-2(5) C. ass. Est considérée comme acceptée la proposition, faite par lettre recommandée, de prolonger ou de modifier un contrat ou de remettre en vigueur un contrat suspendu, si l’assureur ne refuse pas cette proposition dans les dix jours après qu’elle lui soit parvenue.
518
D. Annahme
Versicherers mit einer Vertragsverlängerung oder –modifikation, wenn er ein per Einschreiben erfolgendes Angebot nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt ablehnt. (b) Richterrechtliche Ausnahmen (aa) Überblick Nach inzwischen st. Rspr. kann sich darüber hinaus aber auch aus den Gesamtumständen des Einzelfalls ergeben, dass einem Schweigen die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann. Nachdem die Cour de Cassation schon in ihrer Grundsatzentscheidung zum mangelnden Erklärungswert des Schweigens aus dem Jahr 1870 angedeutet hatte, dass sich „aus den Umständen“ etwas anderes ergeben könne,3508 bildeten sich in der Folgezeit in der Judikatur im Wesentlichen drei große Fallgruppen heraus, auf die gewöhnlich auch speziell Bezug genommen wurde3509, und die im Schrifttum bis heute als „klassische“ Kategorien der Annahme durch Schweigen erörtert werden und sich auch in den neueren Reformprojekten widerspiegelten3510:
3508
(Ein per Einschreiben gemachtes Angebot, einen Vertrag zu verlängern oder zu modifizieren oder einen suspendierten Vertrag wieder in Kraft zu setzen, wird als angenommen angesehen, wenn der Versicherer dieses Angebot nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt ablehnt.) 3508 Vgl. oben Fn. 3498. 3509 Vgl. etwa die Bezugnahmen auf die Fallgruppe des intérêt exclusif in den Entscheidungen: Cass. req., 28.3.1938, D. 1939.I.5; Cass. civ. 1re, 1.12.1969, D. 1970, 422; Cass. com., 14.4.1975, n° 74-10009; Cass. com., 4.7.1989, n° 88-13722; Cass. com., 24.5.1994, n° 92-12685; Cass. com., 20.3.2001, n° 98-18464; auf die Fallgruppe usage in den Entscheidungen: Cass. com., 9.1.1956, Bull. civ. III n° 17; Cass. com., 24.5.1994, n° 92-12685; Cass. com., 13.5.2003, n° 00-21555. 3510 Art. 1105-6 Avant-projet Catala (Fn. 438) En l’absence de dispositions légales, d’aménagements conventionnels, d’usages professionnels ou de circonstances particulières, le silence ne vaut pas acceptation. (In Ermangelung gesetzlicher Vorschriften, vertraglicher Gestaltungen, gewerblicher Bräuche oder besonderer Umstände gilt Schweigen nicht als Annahme.) Art. 20 Projet Terré (Fn. 465) Sauf disposition légale, convention ou usage contraires, le silence ne vaut pas acceptation. Des circonstance particulières dûment constatées peuvent, toutefois, donner au silence la signification d’une acceptation. (In Ermangelung einer anderweitigen gesetzlichen Regelung oder Vereinbarung oder eines anderweitigen Brauchs gilt Schweigen nicht als Annahme. Besondere ordnungsgemäß festgestellte Tatsachen können dem Schweigen jedoch die Bedeutung einer Annahme geben.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 129. Art. 30 Projet de la chancellerie (Fn. 438) Le silence ne vaut pas acceptation, à moins qu’il n’en résulte autrement de la loi ou des circonstances particulières, des usages ou des relations d’affaires. (Schweigen gilt nicht als Annahme, es sei denn, dass sich aus dem Gesetz, besonderen Umständen, Bräuchen oder den Beziehungen der Parteien etwas anderes ergibt.) Vgl. dazu Fenouillet RDC 2009, 279, 287.
V. Kommunikation der Annahme
519
(1) Schweigen als Annahme auf Grund eines entsprechenden (Handels-) Brauchs (dazu näher unten (bb)(i)), (2) auf Grund des früheren Verhaltens der bzw. der früheren Beziehungen zwischen den Parteien (dazu näher unten (bb)(ii)), oder (3) im Falle eines im (alleinigen) Interesse des Angebotsempfängers liegenden Angebots (dazu näher unten (bb)(iii)). Inzwischen ist die Cour de Cassation jedoch von der Bezugnahme auf diese Fallgruppen abgerückt und verwendet stattdessen folgende „offene“ „Standardformel“, die auch Raum für Fälle lässt, die sich nicht oder nur schwer in eine der etablierten Kategorien „pressen“ lassen: … si le silence ne vaut pas à lui seul acceptation, il n’en est pas de même lorsque les circonstances permettent de donner à ce silence la signification d’une acceptation.3511 [… wenngleich Schweigen für sich allein nicht als Annahme gilt, so gilt dies nicht, wenn es die Umstände erlauben, diesem Schweigen die Bedeutung einer Annahme beizumessen.]
Analog wird auch im Schrifttum heute betont, dass die „klassischen“ Fallgruppen nicht im Sinne eines abschließenden Katalogs zu verstehen sind.3512 Die Darstellungen in den meisten französischen Lehrbüchern3513 folgen jedoch schon aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit und Strukturierung der Materie gleichwohl weiterhin der Differenzierung zwischen den „klassischen“ Fallgruppen; entsprechend soll daher auch hier verfahren werden. (bb) Fallgruppen (i) Schweigen als Annahme auf Grund eines entsprechenden (Handels-) Brauchs (usage) Zunächst kann Schweigen im Einzelfall auf Grund eines entsprechenden Brauchs (usage), insbesondere eines Handelsbrauchs, als Annahme gelten.3514 3511
Vgl. Cass. civ. 3e, 12.9.2012, n° 11-13603. Vgl. etwa Bensamoun D. 2006, 1025, 1028; Fages (Fn. 245), n° 77; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 277 f.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153 (allerdings sehr kritisch zur neuen „beweglichen Formel“ der Rechtsprechung); Labarthe D. 2009, 2137, 2138 f.; Loiseau JCP G 2011, doctr. 566 n° 9; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588, 589; Pérès-Dourdou JCP G 2005.I.194 n° 3; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3513 Vgl. etwa Fages (Fn. 245), n° 77; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 274 ff.; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Larroumet (Fn. 243), n° 255; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3514 Vgl. Amrani Mekki D. 2009, 227; Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bernard D. 2003, 441, 443; Bonassies (Fn. 1414), S. 1125; Boyer (Fn. 3499), S. 20; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 274; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; Ghestin (Fn. 1049), n° 404; Godé (Fn. 3390), n° 229 ff.; Guenzoui (Fn. 245), n° 114; Labarthe D. 2009, 2137, 2138; Loiseau JCP G 2011, doctr. 566 n° 9; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Mazeaud RDC 2005, 1007 n° 1; Mestre RTD civ. 1988, 519, 520; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588, 589; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 n° 1; Pérès-Dourdou JCP G 2005.I.194 n° 3; Rieg (Fn. 1041), n° 40; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3512
520
D. Annahme
Beispiele aus der Rechtsprechung sind etwa ein Handelsbrauch an der Pariser Warenbörse, kraft dessen ein Kommissionär, der eine Bestätigungsmitteilung betreffend eine Order erhält, diese angenommen hat, wenn er nicht binnen 24 Stunden telegrafisch antwortet3515; oder ein Handelsbrauch im Bordelais-Handel3516 (und ähnlich auch im Champagner-Handel3517), dass ein Kaufvertrag zwischen einem Weinkäufer und einem Weinverkäufer zustande kommt, wenn ein Makler ihnen jeweils ein Bestätigungsschreiben schickt und keiner von beiden innerhalb von 48 Stunden widerspricht. Neben und über diese speziellen Handelsbräuche ist in Frankreich aber auch ein allgemeiner Handelsbrauch anerkannt, dass das Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben (lettre de confirmation) im Handelsverkehr als Annahme gilt, mit der Folge, dass der Vertrag zu den in dem Schreiben spezifizierten Bedingungen zustande kommt, wenn der Empfänger nicht innerhalb einer kurzen Frist, die sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt, widerspricht.3518 Die einschlägige Judikatur reicht zurück ins 19. Jahrhundert.3519 Dogmatik und Einzelheiten sind indes bei Weitem nicht so ausgefeilt wie beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben im deutschen Recht, die Judikatur ist nicht immer ganz konsistent und sehr einzelfallgeprägt.3520 Dies dürfte aber – wie dies auch bei vielen anderen Fragen der Fall ist nicht zuletzt auch in der ganz generell anderen juristischen Tradition (knapper Urteilsstil, Rolle der Rechtswissenschaft) und der eingeschränkten Kontrolle der Tatsachenwürdi3515
Vgl. Cass. com., 9.1.1956, Bull. civ. III n° 17. Vgl. Cass. com., 13.5.2003, n° 00-21555. 3517 Vgl. CA Reims, 7.3.2001, n° 00/00195 (etablierter Handelsbrauch in der Champagne, dass ein Kaufvertrag zustande kommt, wenn keine der Parteien nach Erhalt eines Bestätigungsschreibens des Maklers widerspricht). 3518 Vgl. aus der Judikatur: C. de Bordeaux, 3.6.1867, D. 1867.II.166; C. de Rouen, 13.1.1897 (2 Urteile) und 10.8.1898, D. 1899.II.405; C. de Rouen, 19.3.1902, D. 1903.II.109; Trib. com. de Nantes, 19.5.1906, D. 1908.II.313 m. Anm. Valéry; Cass. req., 14.5.1912, D. 1913.I.281 m. Anm. Valéry; Cass. req., 22.3.1920, S. 1920.I.208; C. de Paris, 25.11.1920, D. 1922.II.41; Trib. com. de Lille, 15.5.1928, D.1930.II.104; Trib. com. de Troyes, 20.10.1930, DH 1931, 64; Cass. com., 7.11.1950, Bull. civ. III n° 321; Cass. com., 21.5.1951, Bull. civ. II n° 168; Cass. civ., 6.5.1954, Bull. civ. II n° 165; Cass. com., 21.10.1958, Bull. civ. III n° 355; Trib. com. de Dunkerque, 9.1.1961, D. 1961, 68; Cass. civ. 2e, 25.2.1966, Bull. civ. II n° 268; Cass. civ. 2e, 6.7.1966, Bull. civ. II n° 737; Cass. com., 24.1.1983, n° 81-15326; Cass. civ. 1re, 20.10.2010, n° 09-68721; aus dem Schrifttum: Aubert (Fn. 990), n° 321 ff.; Bonassies (Fn. 1414), S. 1135 ff.; Ghestin (Fn. 1049), n° 404, 425; Godé (Fn. 3390), n° 190 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3519 Vgl. die Nachweise in Fn. 3518; s. ferner auch die älteren Nachweise in dem in Fn. 3521 zitierten Urteil des Gerichts von Bordeaux. 3520 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive auch Ebenroth ZVglRWiss 77 (1978) 161, 173 ff.; Fuchs, Kaufmännische Bestätigungsschreiben im englischen und französischen Recht im Vergleich zum deutschen Bestätigungsschreiben, 1998, S. 127 ff.; Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 479 f.; Ranieri (Fn. 38), S. 251 ff.; ferner auch bereits Bonassies (Fn. 1414), S. 1135 ff.; aus dem älteren rechtsvergleichenden Schrifttum ferner etwa auch Barfuss AWD/ RIW 1975, 319, 323; D. Schmidt/Niggemann AWD 1974, 309, 311. 3516
V. Kommunikation der Annahme
521
gung der Instanzgerichte durch die Cour de Cassation begründet liegen. Zur Illustration mögen daher im Folgenden einige Beispiele dienen. Welch lange Tradition das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im französischen Recht hat, zeigt sehr schön ein Urteil des Gerichts von Bordeaux aus dem Jahr 18673521, das sich bereits damals auf ein in Literatur und Rechtsprechung etabliertes Prinzip3522 berufen konnte: Ein Handelshaus hatte einem Kaufmann ein Schreiben geschickt, in dem es bestätigte, dass man sich am selben Tag mündlich über den Kauf von 50 000 kg Pech zu bestimmten Konditionen geeinigt habe. Das Gericht von Bordeaux wertete das Schweigen des Kaufmanns auf dieses Schreiben als Annahme: In der Rechtsprechung seit schon seit Langem das Prinzip anerkannt, dass es eine stillschweigende Annahme darstellen kann, wenn ein Händler von jemand, mit dem er in Geschäftsbeziehungen steht, einen Versandauftrag erhält und darauf ein längere Zeit schweigt. Aus der reichhaltigen Judikatur der Cour de Cassation wird in den Lehrbüchern bis heute speziell das Urteil in der Rs. Ford/Fenwick aus dem Jahr 19513523 immer wieder gerne zitiert: Im Rahmen von Vertragsverhandlungen zwischen Ford und Fenwick ging es u.a. um eine Klausel betreffend die Berechnung des Preises für die zu liefernden Maschinen; Fenwick verwendete in seinem Bestätigungsschreiben eine andere Berechnungsmethode als Ford in der Bestellung verwendet hatte. Die Cour de Cassation entschied, dass der Vertrag mit der von Fenwick im Bestätigungsschreiben verwendeten Klausel zustande gekommen war; mangels einer gegenteiligen Mitteilung seitens Ford könne davon ausgegangen werden, dass dieses Schreiben auf Zustimmung gestoßen sei. Ein schönes Beispiel aus jüngerer Zeit ist eine Entscheidung der Cour de Cassation vom 20.10.20103524: Ein Getreidegroßhandelsunternehmer hatte an einen Händler, mit dem es seit Langem in Geschäftsverbindung stand, mündlich 180 t Weizen verkauft und dies anschließend schriftlich bestätigt. Das 3521
C. de Bordeaux, 3.6.1867, D. 1867.II.166. Vgl. die umfangreichen Nachweise in der mit dem Urteil abgedruckten note. 3523 Vgl. Cass. com., 21.5.1951, Bull. civ. II n° 168: „s’agissant d’une correspondance entre commerçants en cours de négociation d’une affaire, la Cour a pu considérer, d’après les usages du commerce, que la susdite lettre portait à la connaissance de la société Ford, d’une manière qui suffisait à éveiller son attention, les modifications envisagées par la société Fenwick, et qu’elle renfermait mention implicite, que son contenu serait réputé avoir reçu assentiment faute d’avis contraires …“ („da es sich um eine Korrespondenz zwischen Kaufleuten im Rahmen von Verhandlungen über ein Geschäft handelte, konnte das Gericht entsprechend den Handelsbräuchen annehmen, dass nachdem der besagte Brief auf eine Weise zur Kenntnis der Gesellschaft Ford gebracht worden war, die genügte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen die von der Gesellschaft Fenwick ins Auge gefassten Modifikationen, die sie in seinem Inhalt implizit erwähnte, in Ermangelung einer gegenteiligen Mitteilung als mit Zustimmung empfangen angesehen werden konnten.“). 3524 Cass. civ. 1re, 20.10.2010, n° 09-68721. 3522
522
D. Annahme
Bestätigungsschreiben, dem der Händler nicht widersprach, enthielt eine Schiedsklausel. Die Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht annehmen durfte, dass der Händler, indem er nicht binnen 48 Stunden widersprach, die Schiedsklausel akzeptiert habe. (ii) Schweigen als Annahme auf Grund des früheren Verhaltens bzw. der früheren Beziehungen zwischen den Parteien (relation d’affaires antérieures entre les parties) Zweitens kann sich aus dem früheren Verhalten bzw. den früheren Beziehungen zwischen den Parteien (relation d’affaires antérieures entre les parties) ergeben, dass einem Schweigen die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann.3525 So können die Parteien insbesondere speziell vereinbaren, dass Schweigen als Zustimmung zum Vertragsschluss3526 oder auch zu einer Verlängerung des Vertrags3527 gelten soll. Auch ohne spezielle Vereinbarung kann sich aber aus dem früheren Verhalten der Parteien bzw. den früheren Beziehungen zwischen ihnen ergeben, dass 3525 Vgl. Amrani Mekki D. 2009, 227; Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bernard D. 2003, 441, 443; Bonassies (Fn. 1414), S. 1129; Boyer (Fn. 3499), S. 20; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; Ghestin (Fn. 1049), n° 405; Guenzoui (Fn. 245), n° 114; Labarthe D. 2009, 2137, 2138; Loiseau JCP G 2011, doctr. 566 n° 9; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Mazeaud RDC 2005, 1007 n° 1; Mestre RTD civ. 1988, 519, 520; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588, 589; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 n° 1; Pérès-Dourdou JCP G 2005.I.194 n° 3; Rieg (Fn. 1041), n° 39; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124; Valéry (Fn. 2398), n° 94; s. ferner auch FabreMagnan (Fn. 23), S. 275. 3526 Vgl. Cass. civ. 1re, 12.1.1988, n° 86-12849 m. Anm. Mestre RTD civ. 1988, 521 (Angebot zum Verkauf einer Jahrmarktattraktion zu einem von den Parteien einvernehmlich festzulegenden, hilfsweise durch einen Schiedsrichter zu bestimmenden, Preis; Bestätigungsschreiben des Verkäufers erinnerte nochmals an die Frist zur Ausübung der Option einer Preisfestlegung und behielt sich vor, diese innerhalb von 2 Wochen anzunehmen oder abzulehnen; Käufer informierten Verkäufer, dass sie für 100 000 F. kaufen wollten, Verkäufer antwortete erst mehr als 1 Monat später, dass er diesen Preis nicht akzeptiere; Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht die Vereinbarung dahin interpretieren konnte, dass das Schweigen innerhalb des 2Wochen-Zeitraums als Einverständnis mit dem Verkauf für 100 000 F. angesehen werden konnte); Cass. com., 3.11.2004, n° 01-16238 (Klausel in Kontokorrentübereinkunft, dass die Zustimmung des Kunden zu den Kontokorrentposten als erteilt gilt, wenn er nicht binnen 1 Monats nach Erhalt des Kontoauszugs widerspricht; dazu Mestre/Fages RTD civ. 2005, 381 f.; Naudin D. 2005, 579 ff.); CA Besancon, 27.12.1930, DH 1931, 124; Bonassies (Fn. 1414), S. 1129; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 275; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 151 Fn. 6; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Mazeaud RDC 2005, 1007 n° 1; Rieg (Fn. 1041), n° 39; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3527 Vgl. Cass. civ. 1re, 15.11.2005, n° 02-21366 (Sponsoringvertrag enthielt Klausel betreffend eine stillschweigende Verlängerung); Cass. com., 15.1.2008, n° 06-14698 (Partnerschaftsvertrag sah vor, dass er sich jeweils um 1 Jahr verlängert, wenn keine der Parteien bis spätestens 3 Monate vor Ablauf des jeweiligen Jahres widerspricht); Bonassies (Fn. 1414), S. 1129; FabreMagnan (Fn. 23), S. 275. Vgl. ferner speziell zur Problematik der stillschweigenden Verlängerung von Versicherungsverträgen Leduc Mélanges Aubert, 2005, S. 193 ff.
V. Kommunikation der Annahme
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Schweigen als Annahme anzusehen ist.3528 Dies gilt etwa speziell dann, wenn dies im Rahmen einer längeren Geschäftsbeziehung zwischen ihnen so üblich geworden ist.3529 (iii) Schweigen als Annahme eines Angebots, das im ausschließlichen Interesse (intérêt exclusif) des Angebotsempfängers gemacht wurde Die dritte „klassische“ Fallgruppe, dass Schweigen als Annahme angesehen werden kann, wenn das Angebot im ausschließlichen Interesse (intérêt exclusif) des Angebotsempfängers gemacht wurde3530, geht zurück auf eine Entscheidung der Cour de Cassation vom 28.3.19383531. Ein Vermieter hatte ein Angebot an seine Mieter gemacht, ihnen ihre Mietschulden teilweise zu erlassen – offenbar in der Hoffnung, dass diese ihre gesamte rückständige Miete dann schneller begleichen würden; nachdem die Mieter nicht reagiert (und insbesondere auch die restliche Miete weiterhin nicht gezahlt) hatten, klagte er auf den vollständigen Betrag. Die Cour de Cassation entschied, dass er keinen Anspruch mehr auf den Erlassbetrag habe; das Instanzgericht habe im Rahmen seiner souveränen Würdigung der Tatsachen und der Intentionen der Parteien, und weil das Angebot ausschließlich im Interesse des Angebotsempfängers gemacht worden war, annehmen dürfen, dass dessen Schweigen eine Annahme umfasst. In einer Entscheidung aus dem Jahr 19693532 wandte die Cour de Cassation die Rechtsfigur der Annahme durch Schweigen auf Grund eines intérêt exclusif des Angebotsempfängers dann in einem sog. „Hilfeleistungsfall“ an: Weil die Hilfeleistung im ausschließlichen Interesse des Unfallopfers liege, könne sein Schweigen als Zustimmung zum Abschluss eines Hilfeleistungsvertrags mit dem Retter angesehen werden. Die Entscheidung wird allerdings im 3528 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 275; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3529 Vgl. C. de Aix, 13.8.1873, D. 1877.V.456; Cass. com., 15.3.2011, n° 10-16422; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Genicon RDC 2011, 795 n° 4 ff.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3530 Vgl. Cass. req., 28.3.1938, D. 1939.I.5; Cass. civ. 1re, 1.12.1969, D. 1970, 422; Cass. com., 14.4.1975, n° 74-10009; Cass. com., 4.7.1989, n° 88-13722; Cass. com., 24.5.1994, n° 92-12685; Cass. com., 20.3.2001, n° 98-18464; Cass. com., 18.1.2011, n° 09-69831; Amrani Mekki D. 2009, 227; Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460; Bénabent (Fn. 243), n° 66; Bernard D. 2003, 441, 443; Bonassies (Fn. 1414), S. 1124; Boyer (Fn. 3499), S. 21; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 275 f.; Fages (Fn. 245), n° 77; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; Ghestin (Fn. 1049), n° 406; Godé (Fn. 3390), n° 178 ff., 235 ff.; Labarthe D. 2009, 2137, 2138; Laithier RDC 2011, 789; Loiseau JCP G 2011, doctr. 566 n° 9; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475; Mazeaud RDC 2005, 1007 n° 1; Mestre RTD civ. 1988, 519, 520; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588, 589; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 n° 1; Pérès-Dourdou JCP G 2005.I.194 n° 3; Rieg (Fn. 1041), n° 41; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3531 Vgl. Cass. req., 28.3.1938, D. 1939.I.5 m. krit. Anm. Voirin. Vgl. dazu ferner auch näher Godé (Fn. 3390), n° 178 ff. 3532 Vgl. Cass. civ. 1re, 1.12.1969, D. 1970, 422. Dazu Durry RTD civ. 1971, 164, 165; Puech D. 1970, 423 ff.
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D. Annahme
Schrifttum verbreitet kritisiert: Ein bewusstloses Unfallopfer könne überhaupt nicht zustimmen3533; die Annahme durch Schweigen werde hier dazu missbraucht, ihm eine Verpflichtung aufzubürden3534; solche Fälle seien vielmehr richtigerweise mittels des Rechtsinstituts der gestion d’affaires (Geschäftsführung ohne Auftrag) zu lösen3535. Erneut in den Fokus geriet die Fallgruppe des intérêt exclusif jüngst durch ein Urteil vom 18.1.20113536, das allerdings eine völlig andere Sachverhaltskonstellation betraf: Ein Arzt, der an einer Klinik tätig und (mittelbar) auch an dieser beteiligt war, hatte angeboten, einen bestimmten Betrag zu leisten, damit die sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Klinik einen glaubhaften Sanierungsplan zur gerichtlichen Genehmigung vorlegen konnte; die Cour de Cassation entschied, dass das Schweigen seitens der Klinik als Annahme zu werten sei, weil das Angebot in ihrem ausschließlichen Interesse liege. Unabhängig von der Entscheidung im konkreten Sachverhalt hat dieses Urteil im Schrifttum die schon seit Langem an der Fallgruppe des intérêt exclusif nicht nur in Bezug auf ihre Anwendung in den „Hilfeleistungsfällen“, sondern ganz generell geübte Kritik neu entfacht. Einige Autoren gehen sogar so weit, die gesamte Fallgruppe mit einer Art „Wahrsagerei“ zu vergleichen3537, sie passe nicht ins System3538, es werde künstlich ein Wille unterstellt3539. Eingewandt wird aber vor allem auch, dass ein Angebot, welches wirklich ausschließlich im Interesse des Angebotsempfängers gemacht werde, eigentlich schlechthin kaum denkbar sei; im Regelfall habe der Anbietende vielmehr zumindest auch irgendein Interesse an der Annahme seines Angebots3540 (z.B. die schnellere Zahlung der Restmiete in der Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 19383541 oder das Interesse des Arztes am Fortbestand der – schließlich seine Lebensgrundlage bildenden – Klinik in der Entscheidung vom 18.1.20113542). 3533
Vgl. Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124; kritisch ferner auch Durry RTD civ. 1971, 164, 165; Puech D. 1970, 423 ff. 3535 Vgl. Puech D. 1970, 423, 425; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124. 3536 Vgl. Cass. com., 18.1.2011, n° 09-69831. Dazu Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459 f.; Laithier RDC 2011, 789 ff.; Loiseau JCP G 2011, doctr. 566 n° 9; Pasqualini Rev. soc. 2011, 717 ff. 3537 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153: „elle consacre une interprétation parfaitement divinatoire de volonté“ („sie erteilt einer vollkommen wahrsagerischen Willensauslegung die Weihe“). 3538 Vgl. Puech D. 1970, 423, 424; Rieg (Fn. 1041), n° 42. 3539 Vgl. Ghestin (Fn. 1049), n° 406; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 475 („artificielle“ [„künstlich“]); Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 124 („fort proche de la figure du ‚contrat imposé’“ [„sehr nahe an der Rechtsfigur des ‚aufgebürdeten Vertrags’“]); s. ferner zur Problematik des „aufgebürdeten Vertrags“ auch Genicon RDC 2011, 795 n° 12; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588, 589. 3540 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 276; Laithier RDC 2011, 789, 791 f. 3541 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 276. 3542 Vgl. Laithier RDC 2011, 789, 792. 3534
V. Kommunikation der Annahme
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Wenn überhaupt, könne es also nicht um ein ausschließliches Interesse des Angebotsempfängers, sondern nur um ein sich im Wege der Interessenabwägung ergebendes überwiegendes Interesse seinerseits gehen.3543 (iv) Sonstige („atypische“) Fälle Wie bereits ausgeführt, sind die „klassischen“ Fallgruppen aber keineswegs abschließend.3544 Zu nennen sind insbesondere drei Entscheidungen der Cour de Cassation aus jüngerer Zeit, in der auf der Basis der neuen flexiblen Formel auf Grund der Gesamtumstände des Einzelfalls eine Annahme durch Schweigen3545 bejaht wurde: In dem einem Urteil vom 24.5.20053546 zu Grunde liegenden Sachverhalt hatte ein Bauherr einem Kostenvorschlag für eine archäologische Prospektion zugestimmt. Nachdem diese weiteren Untersuchungsbedarf ergeben hatte, informierte ihn die zuständige Behörde, dass weitere Grabungen erforderlich seien. Der Bauherr reagierte darauf nicht und weigerte sich später, die Rechnung dafür zu begleichen, weil er den (zweiten) Kostenvoranschlag dafür nie akzeptiert habe. Die Cour de Cassation entschied, dass die Umstände es hier gestatteten, dem Schweigen des Bauherrn auf den zweiten Kostenvoranschlag die Bedeutung einer Annahme beizumessen: Die Baugenehmigung habe die Auflage enthalten, die archäologischen Relikte auf dem Baugelände durch das Bauvorhaben nicht zu gefährden; in Ausführung dieser Beschränkung sei ihm die Durchführung der präventiven Grabung auferlegt worden; sein Wille sei durch die administrativen Einschränkungen gebunden, ohne die Durchführung der im zweiten Kostenvoranschlag genannten Grabungen könne er sein Bauvorhaben nicht realisieren. In einer Entscheidung vom 4.6.20093547 ging es um ein Behindertenwohnheim, mit dessen Betreibergesellschaft das Verteidigungsministerium einen Vertrag über die Beherbergung von acht Personen zu vergünstigten Konditionen geschlossen hatte. Nach Durchführung eines gerichtlichen Sanierungsver3543
Vgl. Laithier RDC 2011, 789, 793 f.; ähnlich auch Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459,
460. 3544
Vgl. oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(aa). Wobei man allerdings zumindest in den ersten beiden Fällen durchaus darüber streiten könnte, ob es sich wirklich um ein echte „Annahme durch Schweigen“ handelte oder ob man das Verhalten der jeweiligen Partei nicht vielmehr auch als eine acceptation tacite (stillschweigende Annahme) auslegen könnte. Im französischen Schrifttum wird insofern ganz generell häufig betont, dass die Grenze zwischen silence und acceptation tacite fließend ist und die Gerichte häufig nicht immer genau differenzieren, vgl. etwa Bensamoun D. 2006, 1025, 1026; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 153; Genicon RDC 2011, 795 n° 4; s. ferner auch Labarthe D. 2009, 2137, 2139 f. 3546 Cass. civ. 1re, 24.5.2005, n° 02-15188. Dazu Bensamoun D. 2006, 1025 ff.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 277 f.; Mazeaud RDC 2005, 1007 ff.; Mestre/Fages RTD civ. 2005, 588 f.; PérèsDourdou JCP G 2005.I.194. 3547 Cass. civ. 1re, 4.6.2009, n° 08-14481. Dazu Amrani Mekki D. 2009, 227 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 278; Fages RTD civ. 2009, 530 f.; Gallmeister D. 2009, 1694 f.; Labarthe D. 2009, 2137 ff. 3545
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D. Annahme
fahrens wurde das Wohnheim von einer anderen Gesellschaft übernommen, welche keine staatlichen Subventionen erhielt. Sie erbrachte dieselben Beherbergungsleistungen, forderte nun jedoch vom Verteidigungsministerium den regulären Preis. Die Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht das Schweigen der neuen Betreibergesellschaft auf Grund der Gesamtumstände des Falles als Annahme der bisherigen vergünstigten Konditionen auslegen konnte: Sie habe die Personen weiterhin beherbergt, ohne spezielle staatliche Subventionen zu fordern oder neu zu verhandeln, und erst mehr als ein Jahr später protestiert. In dem Fall, welcher der dritten Entscheidung vom 3.4.20123548 zu Grunde lag, hatte ein insolvent gegangenes Bauunternehmen seinen Auftraggeber angeschrieben, dass er zwei Rechnung des Betonlieferanten betreffend Beton für seine Baustelle direkt an diesen begleichen sollte; der Auftraggeber reagierte zunächst nicht, sondern protestierte vielmehr erst über ein Jahr später. Die Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht das Schweigen des Auftraggebers auf Grund der Gesamtumstände als Einverständnis mit dem Schuldnerwechsel werten konnte. cc) Englisches Recht (1) Grundsatz Grundregel des englischen Rechts ist ebenfalls, dass Schweigen keine Annahme bedeutet.3549 Klassisches Leiturteil ist die Entscheidung Felthouse v Bindley aus dem Jahr 18623550: Im Rahmen von Verhandlungen über den Kauf eines Pferdes hatte ein Onkel an seinen Neffen geschrieben, dass er davon ausgehe, dass das Pferd für einen Preis von 30 £ 15 s. seines sei, wenn er nichts 3548
Cass. com., 3.4.2012, n° 10-24641. Vgl. grundlegend Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869; vgl. weiter: Robophone Facilities Ltd v Blank [1966] 1 WLR 1428 at 1432 per Lord Denning MR; Fairline Shipping Corp v Adamson [1975] QB 180 at 189 per Kerr J; Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 at 937; Gebr. Van Weelde Scheepvaartkantor BV v Compania Naviera Sea Orient SA (The Agrabele) [1985] 2 Lloyd’s Rep. 496 at 509 per Evans J; Re Selectmove [1995] 1 WLR 474 at 478 per Peter Gibson LJ; Vitol SA v Norelf Ltd (The Santa Clara) [1996] AC 800 at 812 per Lord Steyn; Yona International Ltd v La Reunion Francaise SA D’Assurances et de Reassurances [1996] 2 Lloyd’s Rep. 84 at 110 f.; Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd’s Rep. 437 at 445; Nurdin & Peacock Plc v DB Ramsden & Co Ltd [1999] 1 WLR 1249 at 1267 per Neuberger J; Schuldenfrei v Hilton [1999] STC 821 at para. 59 per Evans LJ; Cooper v National Westminster Bank Plc [2009] EWHC 3035 (QB) at para. 69; Linnett v Halliwells LLP [2009] EWHC 319 (TCC) at para. 45; BP Oil International Ltd v Target Shipping Ltd [2012] EWHC 1590 (Comm) at para. 212; Andrews (Fn. 493), 3.12; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 49; Barron [2009] JBL 633, 637; Bragg (1986) 7 Co Law 209; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 64; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-070; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.62; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.53; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Mead (1989) 105 LQR 460, 461; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3550 Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869. 3549
V. Kommunikation der Annahme
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weiter von ihm höre. Der Neffe antwortete darauf nicht. Einige Wochen später wurde das Pferd versehentlich zusammen mit anderen Gegenständen des Neffen versteigert. Die Klage des Onkels gegen den Auktionator wegen widerrechtlicher Aneignung wurde abgewiesen, da kein Kaufvertrag zwischen dem Onkel und dem Neffen zustande gekommen und das Eigentum an dem Pferd daher auch nicht auf den Onkel übergegangen3551 sei: It is clear that there was no complete bargain … and it is also clear that the uncle had no right to impose upon the nephew a sale of his horse for 30 £. 15s. unless he chose to comply with the condition of writing to repudiate the offer. The nephew might, no doubt, have bound his uncle to the bargain by writing to him. … It stood an open offer: and so things remained until … the nephew was about to sell his farming stock by auction. The horse in question being catalogued with the rest of the stock, the auctioneer … was told that it was already sold. It is clear, therefore, that the nephew in his own mind intended his uncle to have the horse at the price which he (the uncle) had named … but he had not communicated such his intention to his uncle, or done anything to bind himself.3552 [Es ist klar, dass kein abgeschlossener Handel bestand … und es ist auch klar, dass der Onkel kein Recht hatte, dem Neffen den Verkauf des Pferdes für 30 £. 15s. aufzuzwingen, sofern er nicht die Bedingung befolgte, zu schreiben, um das Angebot zurückzuweisen. Der Neffe hätte den Onkel unzweifelhaft an den Handel binden können, in dem er an ihn schrieb. … Es stand als offenes Angebot: und so blieben die Dinge … bis der Neffe sein landwirtschaftliches Inventar versteigern wollte. Als das fragliche Pferd mit dem Rest des Inventars katalogisiert wurde, wurde dem Auktionator gesagt, dass es bereits verkauft sei. Es ist daher klar, dass der Neffe in seinem eigenen Kopf den Willen hatte, dem Onkel das Pferd zu dem Preis, den er (der Onkel) genannt hatte zu verkaufen … aber er hatte diesen Willen nicht an den Onkel kommuniziert oder irgendetwas getan, um sich zu binden.]
Zu Grunde liegt einerseits die Erwägung, dass Schweigen von Natur aus mehrdeutig ist: Dahinter könne ebenso gut eine Ablehnung wie auch ein Einverständnis oder schlicht Gleichgültigkeit stehen.3553 Eine ganz maßgebliche 3551
Vgl. zum im englischen Recht hinsichtlich des Eigentumsübergangs geltenden Konsensprinzip bereits oben C. III.2. b) dd)(5) bei Fn. 1503. 3552 Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869 at 875 f. per Willes J. 3553 Vgl. sehr anschaulich etwa Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 at 937 (in Bezug auf einen Vertrag über die Beendigung eines Schiedsverfahrens): „In the absence of special circumstances, silence and inaction by a party to a reference are, objectively considered, just as consistent with his having inadvertently forgotten about the matter; or with his simply hoping that the matter will die a natural death if he does not stir up the other party; or with his office staff, or his agents, or his insurers, or his solicitors, being appallingly slow. If so, there should, on ordinary principles, be no basis for the inference of an offer. Exactly the same comment can be made of the silence and inaction of the other party; for the same reasons, there appears to be no basis for drawing the inference of an acceptance in response to the supposed offer ….“ („Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, lässt sich das Schweigen oder die Untätigkeit einer Partei auf die Anrufung eines
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D. Annahme
Rolle spielt aber vor allem auch, dass es wertungsmäßig als nicht zumutbar angesehen wird, einem Angebotsempfänger, der das Angebot nicht annehmen möchte, die Mühe und die Kosten aufzuerlegen, das Angebot ausdrücklich ablehnen zu müssen.3554 Wie bereits 1862 in der Grundsatzentscheidung Felthouse v Bindley betont wurde, wird Schweigen daher grundsätzlich selbst dann nicht die Bedeutung einer Annahme beigemessen, wenn der Anbietende in seinem Angebot ausdrücklich erklärt hat, dass er ein Schweigen in diesem Sinne interpretieren werde3555; der Anbietende hat „kein Recht“ dem Angebotsempfänger eine solche Interpretation „aufzuzwingen“3556. (2) Ausnahmen In bestimmten Ausnahmefällen kann Schweigen jedoch als Annahme qualifiziert werden. Das englische Recht ist insoweit aber insgesamt äußerst zurückhaltend. Zum einen existieren – soweit ersichtlich – keine relevanten speziellen gesetzlichen Regelungen, also Fälle eine sog. normierten Schweigens. Zum anderen demonstrieren aber auch Gerichte und Literatur große Zurückhaltung gegenüber der Qualifizierung von Schweigen oder Untätigkeit als Annahme; Grundtendenz ist, dass dies nur „in the most exceptional circumstances“ („unter den außergewöhnlichsten Umständen“)3557 möglich ist.3558 3554 Schiedsgerichts hin, objektiv gesehen, ebenso damit in Einklang bringen, dass sie die Sache unbeabsichtigt vergessen hat; oder dass sie schlicht hofft, dass die Sache eines natürlichen Todes stirbt, wenn sie die andere Partei nicht aufrüttelt; oder damit, dass ihre Büroangestellten, Repräsentanten, Versicherer oder Rechtsanwälte entsetzlich langsam sind. Genau derselbe Kommentar kann in Bezug auf das Schweigen oder die Untätigkeit der anderen Partei gemacht werden; aus denselben Gründen scheint es keinen Grund zu geben, daraus die Annahme des vermeintlichen Angebots abzuleiten …“). Vgl. weiter: Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd’s Rep. 437 at 445; Andrews (Fn. 493), 3.12; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Barron [2009] JBL 633, 637; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 64; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-071; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.62; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.53; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3554 Vgl. Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869 at 875 per Willes J.; Re Selectmove [1995] 1 WLR 474 at 478 per Peter Gibson LJ; Andrews (Fn. 493), 3.12; Barron [2009] JBL 633, 637; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-070; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.62; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.53 f.; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Mead (1989) 105 LQR 460, 461; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3555 Vgl. Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869 at 875 per Willes J. (s. Zitat im Text); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 49; Barron [2009] JBL 633, 637; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 64; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-070; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.63; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Miller (1972) 35 MLR 489; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3556 Vgl. bereits Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869 at 875 per Willes J. (s. Zitat im Text); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 49; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 64; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-070; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.63; McKendrick (Fn. 493), S. 103; Miller (1972) 35 MLR 489 f.; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3557 Vgl. Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 at 937; Re Selectmove [1995] 1 WLR 474 at 478 per Peter Gibson LJ; Treitel
V. Kommunikation der Annahme
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(a) Vom Angebotsempfänger eingeholtes Angebot (offer solicited by the offeree) Als eine solche Konstellation, in der Schweigen ausnahmsweise als Annahme qualifiziert werden kann, wird der Fall genannt, dass das Angebot speziell vom Angebotsempfänger eingeholt wurde (offer solicited by the offeree);3559 denn in diesem Fall bekomme der Angebotsempfänger ja letztlich nur das, was er wolle3560 und das Argument, dass er nicht damit belastet werden soll, das Angebot speziell ablehnen zu müssen3561, verliere erheblich an Kraft3562. Eine Stütze im case law für diese Fallgruppe findet sich in der Entscheidung Rust v Abbey Life Assurance Co Ltd 3563.3564 (b) Frühere Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien (previous course of dealing) Weiterhin kann sich im Einzelfall aus den bisherigen Geschäftsbeziehungen der Parteien und den sich dabei zwischen ihnen etablierten Gepflogenheiten (previous course of dealing) ergeben, dass Schweigen ausnahmsweise als Annahme gewertet werden kann.3565
3558 (Fn. 491), 2-043; s. ferner ähnlich auch Cooper v National Westminster Bank Plc [2009] EWHC 3035 (QB) at para. 69: „Acceptance notoriously cannot, in ordinary circumstances, be inferred from silence“ („Eine Annahme kann bekanntermaßen unter gewöhnlichen Umständen nicht aus einem Schweigen gefolgert werden.“); Vitol SA v Norelf Ltd (The Santa Clara) [1996] AC 800 at 812 per Lord Steyn: „in exceptional cases“ („in außergewöhnlichen Fällen“); Linnett v Halliwells LLP [2009] EWHC 319 (TCC): „in exceptional circumstances“ („unter außergewöhnlichen Umständen“); McKendrick (Fn. 493), S. 106 („within very narrow limits“ [„in sehr engen Grenzen“]). 3558 Vgl. ähnlich auch rechtsvergleichender Perspektive auch Owsia (1991) 40 ICLQ 784, 790 f., 804. 3559 Vgl. Barron [2009] JBL 633, 639; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3560 Vgl. Cooper v National Westminster Bank Plc [2009] EWHC 3035 (QB) at paras. 71 f. 3561 Vgl. dazu oben D. V.2. b) cc)(1) bei Fn. 3554. 3562 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Treitel (Fn. 491), 2-043. 3563 Rust v Abbey Life Assurance Co Ltd [1979] 2 Lloyd’s Rep 334: Die Klägerin hatte der Versicherungsgesellschaft ein ausgefülltes Formular zusammen mit einem Scheck übersandt, woraufhin ihr die Versicherungsgesellschaft eine Police übersandte. Das Gericht entschied, dass dadurch ein Vertrag zustande kam. Brandon LJ führte aber ergänzend aus, dass ein Vertrag selbst dann zustande gekommen wäre, wenn erst die Übersendung der Police das Angebot darstellte; denn dann wäre aus dem Umstand, dass die Klägerin auf die Übersendung der Police hin 7 Monate lang nichts getan oder gesagt habe, der Schluss zu ziehen gewesen, dass sie die Police als wirksamen Vertrag akzeptierte. 3564 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Treitel (Fn. 491), 2-043; s. ferner auch Cooper v National Westminster Bank Plc [2009] EWHC 3035 (QB) at paras. 71 f., wo zur Abgrenzung zum dort zu entscheidenden Fall ebenfalls maßgeblich darauf abgestellt wurde, dass die Klägerin im Fall Rust v Abbey Life Assurance Co Ltd speziell um ein entsprechendes Angebot nachgesucht hatte. 3565 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 68; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.85, 4.89; Treitel (Fn. 491), 2-044.
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D. Annahme
Gängiges Lehrbuchbeispiel3566 ist – in Anlehnung an eine US-amerikanische Entscheidung3567 und das Restatement (Second) of Contracts3568 § 69(1)(c)3569 , dass die Angebote eines Einzelhändlers zum Kauf von Waren von einem Großhändler in der Vergangenheit stets schlicht dadurch angenommen wurden, dass Letzterer die Waren versandte und der Einzelhändler deshalb darauf vertrauen konnte, dass diese Praxis beibehalten wird und der Großhändler ihn ggf. benachrichtigt, falls er (ausnahmsweise) nicht kontrahieren will. In diesen Kontext einordnen lässt sich aber letztlich auch der Fall, dass die Parteien ausdrücklich vereinbaren, dass Schweigen als Zustimmung gelten soll. Dies ist im Rahmen der Privatautonomie natürlich auch im englischen Recht möglich, wird im Schrifttum aber offensichtlich als so selbstverständlich angesehen, dass dieser Fall gewöhnlich gar nicht ausdrücklich angesprochen wird. Dass eine solche Abrede grundsätzlich zulässig ist, ergibt sich aber jedenfalls auch aus r. 1(h) Sch. 2 Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations3570, 3571 der (in Umsetzung von Anhang Nr. 1 lit. h Klausel-RL3572) die Möglichkeit automatischer Verlängerungsklauseln in AGB beschränkt.3573
3566
Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Treitel (Fn. 491), 2-044. Vgl. Cole-McIntyre-Norfleet Co v Holloway 214 S.W. 817 (1919). 3568 Fn. 497. 3569 § 69. Acceptance By Silence Or Exercise Of Dominion (1) Where an offeree fails to reply to an offer, his silence and inaction operate as an acceptance in the following cases only: … (c) Where because of previous dealings or otherwise, it is reasonable that the offeree should notify the offeror if he does not intend to accept. …“ (§ 69. Annahme durch Schweigen oder Ausübung der Herrschaft über eine Sache (1) Wenn ein Angebotsempfänger auf ein Angebot nicht antwortet, wirkt sein Schweigen oder seine Untätigkeit nur in folgenden Fällen als Annahme: … (c) Wenn es auf Grund der bisherigen Geschäftsbeziehungen oder sonst angemessen ist, dass der Angebotsempfänger den Anbietenden benachrichtigen sollte, wenn er nicht annehmen möchte. …). 3570 Fn. 801. 3571 R. 1(h): 1. Terms which have the object or effect of … (h) automatically extending a contract of fixed duration where the consumer does not indicate otherwise, when the deadline fixed for the consumer to express his desire not to extend the contract is unreasonably early; … (1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass … (h) ein befristeter Vertrag automatisch verlängert wird, wenn der Verbraucher sich nicht gegenteilig geäußert hat und als Termin für diese Äußerung des Willens des Verbrauchers, den Vertrag nicht zu verlängern, ein vom Ablaufzeitpunkt des Vertrags ungebührlich weit entferntes Datum festgelegt wurde.) Vgl. dazu näher Chitty on Contracts (Fn. 495), 15-101. 3572 Fn. 237. 3573 Vgl. auch Treitel (Fn. 491), 7-114: „there appears to be no ground on which the validity of such a term could be called into question at common law“ („es scheint keinen Grund zu geben, die Wirksamkeit einer solchen Klausel im Rahmen des common law zu bezweifeln“). 3567
V. Kommunikation der Annahme
531
(c) Ausdrückliche oder konkludente Zusage einer Äußerung im Rahmen von Vertragsverhandlungen Eine weitere Konstellation, in der Schweigen ausnahmsweise als Annahme qualifiziert werden kann, ist, wenn sich aus den Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien ein express undertaking or implied obligation to speak ergibt, d.h. wenn der Angebotsempfänger entweder ausdrücklich oder konkludent zugesagt hat, sich (innerhalb einer bestimmten Frist) zu äußern, so dass die andere Partei erwarten darf, dass er sich tatsächlich äußert, wenn er nicht einverstanden ist.3574 Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Parteien sich im Grundsatz bereits einig sind und es nur noch um die Klärung von Detailfragen geht.3575 (d) Bindung des Anbietenden an eine „Schweigen ist Annahme“-Klausel Verbreitet wird darüber hinaus angenommen, dass wenngleich der Anbietende dem Angebotsempfänger grundsätzlich nicht einseitig eine „Antwortpflicht“ auferlegen kann3576, er sich zumindest seinerseits daran festhalten lassen muss, wenn er in seinem Angebot erklärt, dass er ein Schweigen des Angebotsempfängers als Annahme interpretieren werde.3577 Denn die Grundregel, dass Schweigen prinzipiell keine Annahme darstellt, dient ja gerade dem Schutz des Angebotsempfängers.3578 Wenn also in einem solchen Fall der Angebotsempfänger geltend macht, dass ein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei, so muss der Anbietende sich an seiner „Schweigen gleich Annahme“-Erklärung festhalten lassen. Als illustratives Beispiel wird insofern gerne gebracht, dass der Onkel in der Grundsatzentscheidung Felthouse v Bindley3579 sich gegenüber dem Neffen nicht hätte darauf berufen können, dass kein wirksamer Ver3574 Vgl. Gebr. Van Weelde Scheepvaartkantor BV v Compania Naviera Sea Orient SA (The Agrabele) [1985] 2 Lloyd’s Rep. 496 at 509 per Evans J; Re Selectmove [1995] 1 WLR 474 at 478 per Peter Gibson LJ (der den Punkt aber letztlich offenließ); Andrews (Fn. 493), 3.15; Barron [2009] JBL 633, 643; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.85; Treitel (Fn. 491), 2-044. Vgl. ferner auch Statoil ASA v Louis Dreyfus Energy Services LP [2008] EWHC 2257 (Comm) at para. 70 (kein Widerspruch, wenn Frage ob Einwände bestehen). 3575 Vgl. Pagnan SpA v Feed Products Ltd [1987] 2 Lloyd’s Rep 601 at 614 per Bingham J: „sorting out details against the background of a concluded contract“ („Klärung von Details vor dem Hintergrund eines geschlossenen Vertrags“); zustimmend zitiert in Statoil ASA v Louis Dreyfus Energy Services LP [2008] EWHC 2257 (Comm) at para. 70; Treitel (Fn. 491), 2-044. 3576 Vgl. dazu oben D. V.2. b) cc)(1). 3577 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.14; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Barron [2009] JBL 633, 648; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-075; Treitel (Fn. 491), 2-046; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.85, 4.88; Miller (1972) 35 MLR 489, 492 f.; tendenziell auch McKendrick (Fn. 493), S. 105; zweifelnd jedoch Kerr J in Fairline Shipping Corp v Adamson [1975] QB 180 at 189. 3578 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.14; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Barron [2009] JBL 633, 648; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 67; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-075; Furmston/ Tolhurst (Fn. 492), 4.88; Treitel (Fn. 491), 2-046. 3579 Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869. Dazu näher oben D. V.2. b) cc)(1).
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D. Annahme
trag zustande gekommen sei, wenn der Neffe von ihm das Geld für das Pferd verlangt hätte.3580 (e) Handelsbrauch (custom/usage) Schließlich ist auch im englischem Recht anerkannt, dass sich u.U. aus einem einschlägigen Handelsbrauch (custom/usage) ergeben kann, dass Schweigen als Annahme anzusehen ist.3581 So bejahte das Gericht etwa im Fall Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd das Zustandekommen eines Vertrags auf Grund eines Handelsbrauchs in der Bankbranche, dass ein Vertrag zustande kommt, wenn eine Bank auf collection instructions (Inkassoauftrag) nicht antwortet.3582 Ein mit dem Schweigen auf ein kaufmännischen Bestätigungsschreiben nach deutschem Recht3583 oder auf ein lettre de confirmation nach französischem Recht3584 vergleichbarer Handelsbrauch ist dem englischen Recht jedoch fremd.3585 Die Verwendung von Bestätigungsschreiben (letters of confirmation/confirmation notes) ist in der Praxis zwar durchaus nicht unüblich. Ihre rechtliche Relevanz im Rahmen des Vertragsschlussprozesses ist aber letztlich immer eine Frage der Auslegung im konkreten Einzelfall3586; Dokumente, die sich als „Bestätigungsschreiben“ qualifizieren ließen, spielen u.a. speziell auch in den unten3587 noch ausführlich zu erörternden battle of forms-Fällen immer wieder eine Rolle. Sofern das Gericht im konkreten Einzelfall zu dem Schluss gelangt, dass bereits vor dem Bestätigungsschreiben ein bindender Vertrag zustande gekommen ist, wird das Schweigen bzw. die widerspruchslose Entgegennahme seitens des Empfängers grundsätzlich nicht als Annahme des dann
3580 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 50; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-075; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.85, 4.88; Miller (1972) 35 MLR 489, 493; Treitel (Fn. 491), 2-046. 3581 Vgl. Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134 at 140; Barron [2009] JBL 633, 644; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 68; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-072; Treitel (Fn. 491), 2-044; s. ferner auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.89. 3582 Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134. 3583 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(c). 3584 Vgl. dazu oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i). 3585 Vgl. Ebenroth ZVglRWiss 77 (1978) 161, 164; Fuchs (Fn. 3520), S. 123; Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 482 f.; Leyser in: Schlesinger (ed.), Formation of contracts, 1968, S. 1120; Ranieri (Fn. 38), S. 253 Fn. 150; Thieme/Mitscherlich AWD 1974, 173, 180. 3586 Im Fall Day Morris Associates v Voyce [2003] EWCA Civ 189 wurde ein Schreiben eines Maklers in dem es hieß „we would like to confirm our agreement“ („wir möchten unsere Übereinkunft bestätigen“) als bloßes „pre-contractual document“ („vorvertragliches Dokument“) eingeordnet (vgl. para. 33); im Fall Hardwick Game Farm v S.A.P.P.A. [1969] 2 AC 31 (dazu noch näher unten bei Fn. 3596) wurde eine von einem Großhändler übersandte confirmation note (Bestätigung) dagegen als schriftliche Bestätigung eines zuvor bereits mündlich geschlossenen Vertrags eingestuft. 3587 Ausf. zur Problematik kollidierender AGB (battle of forms) in den verschiedenen Rechtsordnungen unten D. VIII, speziell zum englischen Recht unten D. VIII.3.
V. Kommunikation der Annahme
533
als Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags3588 einzustufenden Bestätigungsschreibens qualifiziert (zumal sich darüber hinaus auch die Problematik einer hinreichenden consideration3589 für die Vertragsänderung ergibt3590).3591 Ein anschauliches Beispiel aus der Judikatur ist etwa der Fall Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd3592: Die Parteien hatten telefonisch einen Vertrag über den Kauf von Gummi arabicum geschlossen. Das später vom Verkäufer übersandte Vertragsformular enthielt eine Klausel, die am Telefon nicht erwähnt worden war. Das Gericht entschied, dass der fehlende Widerspruch des Käufers nicht als Annahme durch Schweigen gewertet werden könne. Maßgeblich war u.a., dass das Vertragsformular ausdrücklich vorsah, dass es unterschrieben und an den Verkäufer zurückgesandt werden sollte3593; darüber hinaus aber vor allem auch die Erwägung, dass der Verkäufer dem Käufer andernfalls die Verpflichtung auferlegen könnte, das Angebot für eine fundamentale Vertragsänderung ausdrücklich negieren zu müssen3594. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Inhalt eines letter of confirmation aber ggf. nach den allgemeinen Grundsätzen des englischen Vertragsrechts (speziell den allgemeinen Auslegungsregeln, aber auch auf der Basis der bereits erörterten Fallgruppen, in denen Schweigen ausnahmsweise als Annahme qualifiziert werden kann) Bestandteil des Vertrags geworden sein, ins-
3588 Nach allgemeinen Grundsätzen kann eine Partei nicht mehr einseitig weitere Klauseln ergänzen, wenn der Vertrag einmal wirksam zustande gekommen ist, vgl. Olley v Marlborough Court Ltd [1949] 1 KB 532; Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163 at 169 per Lord Denning MR; Hollingworth v Southern Ferries Ltd (The Eagle) [1977] 2 Lloyd’s Rep 70; Treitel (Fn. 491), 7-010. 3589 Ausf. zur consideration-Doktrin bereits oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1); speziell zur Problematik der consideration im Zusammenhang mit Vertragsänderungen („Erfüllung einer bereits bestehenden Verpflichtung“): B. I.3. a) cc)(2)(b)(ff)(iv). 3590 Darauf hinweisend etwa Hoggett (1970) 33 MLR 518, 521; aus rechtsvergleichender Perspektive Fuchs (Fn. 3520), S. 110 ff. 3591 Vgl. aus englischer Perspektive: Hoggett (1970) 33 MLR 518, 521; aus rechtsvergleichender Perspektive auch Fuchs (Fn. 3520), S. 80 f.; Markesinis/Unberath/Johnston (Fn. 208), S. 77. 3592 Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd’s Rep. 437. 3593 Vgl. Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd’s Rep. 437 at 445. 3594 Vgl. Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd’s Rep. 437 at 445: „If it were otherwise, the sellers would be imposing on the buyers the obligation to negate the sellers’ offer to vary fundamentally the parties’ contract; whereas in principle the sellers, if in doubt about whether their offer to amend had been accepted in the absence of a signed and returned document, should have been querying the matter with the buyers expressly rather than relying on silence.“ („Wenn es anders wäre, würden die Verkäufer den Käufern die Pflicht auferlegen, das Angebot der Verkäufer auf eine fundamentale Änderung des Vertrags der Parteien zu negieren; wohingegen prinzipiell die Verkäufer die Sache ausdrücklich mit den Käufern hätten monieren müssen, statt auf das Schweigen der Käufer zu vertrauen, wenn sie in Ermangelung eines unterschriebenen und zurückgesandten Dokuments im Zweifel darüber waren, ob ihr Angebot auf eine Änderung angenommen wurde.“).
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D. Annahme
besondere wenn die Parteien bereits seit längerer Zeit in Geschäftsverbindungen standen.3595 Ein Beispiel ist etwa der Fall Hardwick Game Farm v S.A.P.P.A.3596: Die Geflügelerzeugervereinigung S.A.P.P.A. hatte mit einem Großhändler einen mündlichen Kaufvertrag über Futtermittel geschlossen; die vom Großhändler anschließend übersandte confirmation note (Bestätigung) enthielt auf der Rückseite u.a. eine Klausel, welche die Verantwortung für versteckte Mängel dem Käufer zuwies. Das House of Lords entschied, dass die Klausel Vertragsbestandteil geworden sei, weil die Parteien bereits seit Jahren eine entsprechende Vertragspraxis (mündlicher Vertragsschluss mit anschließender confirmation note mit derartigen Klauseln) geübt hatten. dd) CESL-D (1) Grundsatz Art. 34 Abs. 2 CESL-D bestimmt – in Übereinstimmung mit seinen internationalen Vorläufern in Art. II.-4:204(2) DCFR, Art. 2:204(2) PECL, Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG und Art. 2.1.6(1) 2 PICC3597 ausdrücklich, dass Schweigen oder Untätigkeit allein kein Annahme darstellen. In der Begründung zum DCFR heißt es dazu schlicht, dass es sich hierbei um ein in allen europäischen Rechtsordnungen geltendes Grundprinzip handelt.3598 Art. 34 Abs. 2 CESL-D Deutsch
Englisch
Französisch
(2) Schweigen oder Untä- (2) Silence or inactivity (2) Le silence ou l’inaction tigkeit stellen allein does not in itself conne constituent pas à eux keine Annahme dar. stitute acceptance. seuls acceptation de l’offre.
Daraus lässt sich insbesondere auch ableiten, dass das Schweigen des Angebotsempfängers selbst dann keinen Erklärungswert als Annahme hat, wenn der Anbietende in seinem Angebot ausdrücklich erklärt, dass er ein Schweigen des Angebotsempfängers als Annahme ansehen werde. Eine derartige „Aufoktroyierung“ des Schweigens als Erklärungszeichen ist entsprechend der Rechtslage in den hier untersuchten nationalen Rechtsordnungen3599 und der 3595
Vgl. aus englischer Perspektive: Hoggett (1970) 33 MLR 518, 528 f.; aus rechtsvergleichender Perspektive auch Ebenroth ZVglRWiss 77 (1978) 161, 165; Fuchs (Fn. 3520), S. 56 ff.; Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 482 f.; Markesinis/Unberath/Johnston (Fn. 208), S. 77. 3596 Hardwick Game Farm v S.A.P.P.A. [1969] 2 AC 31. Dazu Hoggett (1970) 33 MLR 518 ff. 3597 Vgl. zu diesen Vorschriften bereits oben D. I.4. 3598 Vgl. Art. II.-4:204 DCFR Note II.6; ähnlich auch Art. 2:204 PECL Anmerkung 2. 3599 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(1) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(1) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(1) (englisches Recht).
V. Kommunikation der Annahme
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ganz h.M. zum CISG3600 auch im Anwendungsbereich des CESL-D nicht zulässig; sie stünde nicht nur im Widerspruch zu Art. 34 Abs. 2 CESL-D, sondern auch zu den fundamentalen Grundsätzen des CESL-D, speziell dem Prinzip der Vertragsfreiheit. (2) Ausnahmen (a) Allgemeines Allerdings handelt es sich bei Art. 34 Abs. 2 CESL-D nicht um eine striktapodiktische Regel, sondern vielmehr „nur“ um einen Grundsatz, der es zulässt, im Einzelfall ausnahmsweise auch Schweigen bzw. Untätigkeit als Annahme zu qualifizieren.3601 Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm: Wenn danach Schweigen/Untätigkeit „allein“ („in itself“/„à eux seuls“) keine Annahme darstellt, so bedeutet dies konsequenterweise, dass dies im Falle des Hinzutretens weiterer Umstände durchaus anders sein kann.3602 Vor allem aber etablieren auch die (nahezu) identischen Vorläuferregelungen in Art. II.-4:204(2) DCFR, Art. 2:204(2) PECL, Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG und Art. 2.1.6(1) 2 PICC3603 ausweislich der jeweiligen Materialien3604 und nach ganz h.M. im maßgeblichen Schrifttum3605 und – soweit vorhanden – der einschlägigen Judikatur3606 lediglich einen entsprechenden Grundsatz, der unter bestimmten Umständen Ausnahmen zulässt. Hinsichtlich der Ausnahmetatbestände, in denen Schweigen bzw. Untätigkeit ausnahmsweise die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann, wird man sich weitgehend an Materialien, Literatur und – soweit vorhanden – Judikatur zu den internationalen Vorläuferregelungen orien3600 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 6, 25; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 12; Honnold/ Flechtner (Fn. 1431), Art. 18 para. 160; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 12; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 10; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19. 3601 Ebenso i.E. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 139. 3602 Vgl. implizit auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 124, 139;; vgl. in Bezug auf die identische Formulierung in Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG etwa auch DiMatteo/Dhooge/Greene/Maurer/Pagnattaro (2004) 24 Nw. J. Int’l L. & Bus. 299, 336; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19. 3603 Vgl. zu diesen Vorschriften bereits oben D. I.4. 3604 Vgl. zu Art. II.-4:204(2) DCFR: Art. II.-4:204 DCFR Comment B; zu Art. 2:204(2) PECL: Art. 2:204 PECL Kommentar B; zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Sekretariatskommentar Art. 16 [18] Nr. 4; zu Art. 2.1.6(1) 2 PICC: Comment 3 Art. 2.1.6 PICC. 3605 Vgl. in Bezug auf Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 10 f.; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 21 ff.; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 18 para. 160; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 12; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19; in Bezug auf Art. 2.1.6(1) 2 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), para. 9. 3606 Vgl. zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG etwa: Filanto SpA v Chilewich International Corp 789 F.Supp. 1229, 1240 (1992); Cass. civ. 1re, 27.1.1998, n° 95-19448; CA Grenoble, 21.10.1999, CISG-online 574; LG Neubrandenburg IHR 2006, 26, 29; Vgl. ferner auch die in Fn. 3632 zitierten Entscheidungen.
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D. Annahme
tieren können, daneben aber auch an den anerkannten Fallgruppen in den nationalen Rechtsordnungen. In Betracht kommen folglich insbesondere folgende Fallgruppen: Zunächst ist davon ausgehen, dass die Parteien im Rahmen der Privatautonomie ausdrücklich oder ggf. auch konkludent vereinbaren können, dass ein Schweigen bzw. Untätigkeit als Annahme gelten soll.3607 Dass dies grundsätzlich zulässig ist, impliziert insbesondere auch Art. 85 lit. h CESL-D3608 betreffend automatische Verlängerungsklauseln in AGB. Zweitens wird man einem Schweigen bzw. Untätigkeit auch im Rahmen des CESL-D die Bedeutung einer Annahmeerklärung beimessen können, wenn die Parteien schon länger in Geschäftsbeziehung miteinander stehen und sich zwischen ihnen eine entsprechende Gepflogenheit etabliert hat3609; dafür lässt sich speziell auch Art. 59 lit. e CESL-D3610 (i.V.m. Art. 12 Abs. 3 CESL-D3611) 3607 Vgl. zu Art. II.-4:204(2) DCFR: Art. II.-4:204(2) DCFR Comment B; zu Art. 2:204(2) PECL: Art. 2:204 PECL Kommentar B; zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Sekretariatskommentar Art. 16 [18] Nr. 4; Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 21; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 18 para. 160; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 12; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19; vgl. zum deutschen Recht oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3456 ff.; vgl. zum französischen Recht oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(ii). 3608 Art. 85 lit. h CESL-D Für die Zwecke dieses Abschnitts besteht die Vermutung, dass eine Vertragsbestimmung unfair ist, wenn deren Zweck oder Wirkung darin besteht, … (h) einen befristeten Vertrag automatisch zu verlängern, wenn der Verbraucher sich nicht gegenteilig äußert, und im Vertrag einen unangemessen frühen Zeitpunkt dafür festzulegen; …. (A contract term is presumed to be unfair for the purposes of this Section if its object or effect is to: … (h) automatically extend a contract of fixed duration unless the consumer indicates otherwise, in cases where contract terms provide for an unreasonably early deadline for giving notice; … / Aux fins de la présente section, une clause contractuelle est présumée abusive si elle a pour objet ou pour effet: … (h) de proroger automatiquement un contrat à durée déterminée à défaut de l’expression d’une volonté contraire du consommateur, lorsque les clauses du contrat prévoient une date limite de notification excessivement rapprochée; …). 3609 Vgl. zu Art. II.-4:204(2) DCFR: Art. II.-4:204(2) DCFR Comment B; zu Art. 2:204(2) PECL: Art. 2:204 PECL Kommentar B; vgl. zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Sekretariatskommentar Art. 16 [18] Nr. 4; Filanto SpA v Chilewich International Corp 789 F.Supp. 1229, 1240 (1992) (dazu – allerdings zu Unrecht – kritisch Nakata (1994) 7 Transnat’l Law. 141, 159 f.); CA Grenoble, 21.10.1999, CISG-online 574; DiMatteo/Dhooge/Greene/Maurer/Pagnattaro (2004) 24 Nw. J. Int’l L. & Bus. 299, 344; Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 12; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19; vgl. zum deutschen Recht oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3462; vgl. zum französischen Recht oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(ii); vgl. zum englischen Recht oben D. V.2. b) cc)(2)(b). 3610 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. c). 3611 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. b) bb).
V. Kommunikation der Annahme
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anführen, wonach die zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten ausdrücklich zu den auslegungserheblichen Umständen gehören. Drittens liegt es nahe, Schweigen bzw. Untätigkeit ausnahmsweise als Annahme zu qualifizieren, wenn das Angebot vom Angebotsempfängers speziell eingeholt wurde.3612 Eng damit verwandt ist der Fall, dass das Angebot für den Angebotsempfänger lediglich vorteilhaft ist.3613 Gerade insoweit wird es jedoch – wie überhaupt generell – ganz maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommen. Schließlich kann sich auch im Rahmen des CESL-D ggf. aus einschlägigen Bräuchen, speziell Handelsbräuchen in der jeweiligen Branche, ergeben, dass Schweigen bzw. Untätigkeit als Annahme zu qualifizieren ist3614; Art. 59 lit. d CESL-D3615 (i.V.m. Art. 12 Abs. 3 CESL-D3616) erklärt sie ebenfalls ausdrücklich zu auslegungserheblichen Umständen. (b) Sonderproblem: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Damit ist man dann gleich bei einem Sonderproblem, nämlich der Frage, ob im Rahmen des CESL-D auch ein Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Annahme qualifiziert werden kann, mit der Folge, dass der Vertrag mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens zustande kommt. Die in Art. II.-4:210 DCFR3617 enthaltene spezielle Regelung zum „Bestätigungsschreiben zwischen Unternehmen“, die sich eng an die Parallelregelungen in Art. 2:210 PECL3618 und Art. 2.1.12 PICC3619 anlehnt, wurde nämlich 3612 Vgl. Vgl. zu Art. II.-4:204(2) DCFR: Art. II.-4:204(2) DCFR Comment B; zu Art. 2:204(2) PECL: Art. 2:204 PECL Kommentar B; vgl. zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Cass. civ. 1re, 27.1.1998, n° 95-19448 (Käufer hatte speziell um technische Modifikationen des Angebots gebeten, dann nach Erhalt des geänderten Plans geschwiegen und anschließend die geänderten Teile entgegengenommen); vgl. zum deutschen Recht oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3468; vgl. zum englischen Recht D. V.2. b) cc)(2)(a). 3613 Vgl. zum deutschen Recht oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3463; vgl. zum französischen Recht oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(iii). 3614 Vgl. zu Art. II.-4:204(2) DCFR: Art. II.-4:204(2) DCFR Comment B; zu Art. 2:204(2) PECL: Art. 2:204 PECL Kommentar B; vgl. zu Art. 18 Abs. 1 S. 2 CISG: Sekretariatskommentar Art. 16 [18] Nr. 4; Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 21; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 18 para. 160; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 12; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 19; vgl. zum deutschen Recht oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3470; vgl. zum französischen Recht oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i); vgl. zum englischen Recht oben D. V.2. b) cc)(2)(e). 3615 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. c). 3616 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. b) bb). 3617 Art. II.-4:210 DCFR: Formal confirmation of contract between businesses If businesses have concluded a contract but have not embodied it in a final document, and one without undue delay sends the other a notice in textual form on a durable medium which purports to be a confirmation of the contract but which contains additional or different terms, such terms become part of the contract unless: (a) the terms materially alter the terms of the contract; or (b) the addressee objects to them without undue delay.
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D. Annahme
gerade nicht in den CESL-D übernommen.3620 Die Expert Group folgte damit einem Vorschlag von UAPME; die Regelung sei unnötig und würde wahrscheinlich mehr Probleme verursachen als lösen.3621 Eine Rolle gespielt haben dürfte daneben aber wohl auch, dass der limitierte persönliche Anwendungsbereich des CESL-D (grundsätzlich B2C und B2SME, generell im Bereich B2B nur als Mitgliedstaatenoption3622) ohnehin nur eingeschränkt Raum für kaufmännische Bestätigungsschreiben lässt3623, sowie vor allem, dass das Rechtsinstitut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens eben gerade nicht in allen europäischen Rechtsordnungen anerkannt ist und speziell auch das CISG3624 (ebenso wie schon das EAG3625) keine entsprechende Regelung enthält.3626 3618 (Formelle Bestätigung eines Vertrags zwischen Unternehmen Wenn Unternehmen einen Vertrag geschlossen haben, ihn aber nicht in einem abschließenden Dokument festgehalten haben, und eine Partei der anderen unverzüglich eine Mitteilung in Textform auf einem dauerhaften Datenträger zusendet, die eine Bestätigung des Vertrags darstellen soll, jedoch zusätzliche oder abweichende Bedingungen enthält, werden solche Bedingungen Teil des Vertrags, sofern nicht: (a) die Bedingungen die Vertragsbedingungen erheblich ändern; oder (b) der Empfänger ihnen unverzüglich widerspricht.) 3618 Art. 2:210 PECL: Bestätigungsschreiben von beruflich tätigen Parteien Wenn Parteien in Ausübung ihrer Berufstätigkeit einen Vertrag geschlossen haben, ohne ihn in einem abschließenden Schriftstück festzuhalten, und eine Partei der anderen unverzüglich ein Schreiben zusendet, das eine Bestätigung des Vertrags darstellen soll, jedoch zusätzliche oder abweichende Bedingungen enthält, werden solche Bedingungen Teil des Vertrags, sofern nicht: (a) die Bedingungen die Vertragsbedingungen erheblich ändern, oder (b) der Empfänger ihnen unverzüglich widerspricht. 3619 Art. 2.1.12 PICC: Bestätigungsschreiben Wenn ein Schriftstück, das innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluß übersandt wird und das eine Bestätigung des Vertrages darstellen soll, ergänzende oder abweichende Bedingungen enthält, werden solche Bedingungen Vertragsinhalt, außer wenn sie den Vertrag wesentlich ändern oder der Empfänger unverzüglich die fehlende Übereinstimmung beanstandet. 3620 Kritisch bereits in Bezug auf die Nichtübernahme in die Feasibility Study (Fn. 7): Veneziano (Fn. 811), S. 81, 93 f.; die Nichtaufnahme in den CESL bedauernd: Lando (Fn. 2743), Rn. 17; die Streichung begrüßend dagegen Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.8.a. 3621 Vgl. Synthesis of the sixth expert group’s meeting, 28-29 October 2010 (abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice/contract/files/sixth-meeting_en.pdf), S. 3. 3622 Vgl. dazu oben C. III.1. d) mit Fn. 1324. 3623 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 124. 3624 Im Rahmen der Beratungen zum CISG war die Aufnahme einer Bestimmung über Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben zwar erwogen worden, man sah dann aber letztlich bewusst davon ab; nach Abschluss eines Vertrags sollten Änderungen nur durch eine Einigung der Parteien nach den allgemeinen Vorschriften möglich sein, vgl. Report of the Working Group on the International Sale of Goods on the work of its eighth session (New York, 4-14 January 1977), YB VIII (1977) S. 73, 82 Nr. 111 ff.; UNCITRAL Report (Fn. 2988), S. 11, 78 Nr. 228; Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 28. 3625 Schon im Zuge der Beratungen zum EAG hatte sich speziell die deutsche Delegation für die Aufnahme einer Vorschrift betreffend das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungs-
V. Kommunikation der Annahme
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Daraus folgt aber keineswegs, dass Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im Rahmen des CESL-D generell keinerlei Bedeutung zukommen könnte.3627 Denn nach Art. 59 lit. d CESL-D3628 (i.V.m. Art. 12 Abs. 3 CESL-D3629) gehören zu den für die Auslegung von Verträgen und einseitigen Erklärungen erheblichen Umständen gerade auch „Gebräuche, die von Parteien, die sich in der gleichen Situation befinden, als allgemein anwendbar angesehen würden“. Diese Regelung fungiert – ebenso wie die Parallelnorm des Art. 9 Abs. 2 CISG im Rahmen des CISG3630 quasi als „Einfallstor“ für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Handelsbrauch3631: Sofern beide Parteien aus einer Rechtsordnung „stammen“ (insofern wird man an den Ort des „gewöhnlichen Aufenthalts“ i.S.d. Art. 4 Abs. 4 und 5 CESL-D anknüpfen können, d.h. Hauptverwaltung, Hauptgeschäftssitz bzw. vertragsschließende Niederlassung)3632, in der Grundsätze 3626 schreiben stark gemacht, konnte sich damit aber nicht durchsetzen; die Problematik wurde alsbereits durch den generellen Vorrang von Handelsbräuchen (Art. 2 Abs. 1 EAG) gedeckt erachtet, vgl. näher von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 113, 125 f.; Ebenroth ZVglRWiss 77 (1978) 161, 182 f. 3626 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 124; s. ferner auch Veneziano (Fn. 811), S. 81, 86 (in Bezug auf die Feasibility Study [Fn. 7]). 3627 Ebenso Gebauer (Fn. 815), S. 121, 124 f. 3628 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. c). 3629 Vgl. dazu bereits oben C. II.4. b) bb). 3630 Vgl. zur Anwendung der Grundsätze über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf der Basis von Art. 9 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 29; Esser ZfRV 1988, 167, 180 ff.; ders. (1988) 18 Ga. J. Int’l Comp. L. 427, 447 ff.; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; ders. (2003) IBLJ 571, 575; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 25; Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 465 ff.; Magnus (Fn. 1390), Art. 9 CISG Rn. 27; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Vorbem. zu Artt. 14–24 Rn. 19; Schroeter (Fn. 1390), Intro to Arts 14-24 paras. 33 ff. 3631 Dass das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben z.B. im deutschen Recht inzwischen zum Gewohnheitsrecht erstarkt ist (vgl. oben D. V.2. b) aa)(2)(c) bei Fn. 3472) ist insofern irrelevant; der autonome Begriff des „Brauchs“ i.S.d. CESL-D ist insofern nach Ratio und Telos der Regelung – ebenso wie derjenige des CISG weit zu verstehen; vgl. in Bezug auf Art. 9 CISG nur Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 469; Magnus (Fn. 1390), Art. 9 CISG Rn. 27; Schlosser FS Medicus, 1999, S. 543, 550 (jeweils m.w.N.). 3632 In Bezug auf die Anwendung von Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf der Basis von Art. 9 Abs. 2 CISG verlangt die h.M., dass die Grundsätze jeweils am Sitz aller beteiligten Vertragsparteien gelten (vgl. LG Saarbrücken, 23.3.1992, CISG-online 60; ZG Basel-Stadt, 21.12.1992, CISG-online 55; OLG Frankfurt a.M., 5.7.1995, CISG-online 258; LG Kiel IPRax 2007, 451; Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 29; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; ders. (2003) IBLJ 571, 575; Fuchs (Fn. 3520), S. 214 f.; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 25; Kröll/Hennecke RabelsZ 67 (2003) 448, 476; Magnus (Fn. 1390), Art. 9 CISG Rn. 27; ders., The Scandinavian Reservation under Art. 92 CISG, in: Kleineman (ed.), CISG Part II Conference, 2009, S. 59, 79 f.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Vorbem. zu Artt. 14–24 Rn.19; Schroeter (Fn. 1390), Intro to Arts 14-24 para. 33) oder die Parteien in den entsprechenden Rechtsordnungen zumindest regelmäßig Geschäfte abschließen (vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 29; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 11; Magnus (Fn. 1390), Art. 9 CISG Rn. 27); abw. jedoch etwa Huber RabelZ 43 (1979) 413, 447 ff. (maßgeblich sei allein „Umweltrecht des Schweigenden“).
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D. Annahme
über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Handelsbrauch gelten, und die Parteien in den personellen Anwendungsbereich der jeweiligen Grundsätze fallen, sind diese folglich anwendbar.3633 Falls die beiden Rechtsordnungen hinsichtlich der Details divergieren, wird man – ähnlich wie bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von einer kumulativen Anwendung der Grundsätze beider Rechtsordnungen, im Rahmen derer sich ggf. die strengere durchsetzt, auszugehen haben („kollisionsrechtliche Vereinigungstheorie“).3634 Sind die Voraussetzungen für eine Anwendung von Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf dieser Basis nicht erfüllt, so sind die allgemeinen Vertragsschlussvorschriften des CESL-D anzuwenden. Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls sind insofern eine ganze Reihe unterschiedlicher Lösungen denkbar. So kann das Bestätigungsschreiben ggf. als Angebot auf eine Vertragsänderung qualifiziert werden und das Schweigen darauf kann u.U. auch auf der Basis einer der oben genannten „allgemeinen“ Fallgruppen als Annahme gewertet werden. Eventuell lässt sich das „Bestätigungsschreiben“ aber auch als modifizierende Annahme i.S.d. Art. 38 CESL-D3635 einstufen, mit der Folge, dass die Modifikationen Vertragsbestandteil werden, wenn sie nicht „erheblich“ sind und der Empfänger nicht unverzüglich widerspricht.3636 In Betracht kommt schließlich insbesondere auch eine Anwendung des Art. 39 CESL-D3637 betreffend widersprechende Standardvertragsbestimmungen.
3633 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 124 f.; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 617, die allerdings nicht näher präzisieren, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Rahmen Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben als Handelsbrauch eingreifen sollen und zudem auf Art. 67 CESL-D abstellen. Art. 67 CESL-D betrifft aber die Bindung der Parteien an Gebräuche in Bezug auf den Vertragsinhalt und -wirkungen im Falle eines bereits geschlossenen Vertrags, während es hier darum geht, ob ein Vertrag überhaupt bzw. wenn ja, mit welchem Inhalt (dem des Bestätigungsschreibens?), zustande gekommen ist, so dass richtigerweise die Auslegungsregeln der Art. 59 lit. d CESL-D (i.V.m. Art. 12 Abs. 3 CESL-D) einschlägig sind. Generelle Zweifel an einer Lückenfüllung durch nationales Recht hingegen bei Jansen ZEuP 2012, 741, 753 (der allerdings auf die hier sowie ähnlich auch von Gebauer und Looschelders vorgeschlagene Lösung überhaupt nicht eingeht). 3634 Ähnlich auf der Basis von Art. 9 Abs. 2 CISG: Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 25; s. ferner auch Fuchs (Fn. 3520), S. 215. 3635 Dazu bereits ausf. oben D. IV.4. 3636 Vgl. zur Parallelproblematik im Rahmen des CISG: del Pilar Perales Viscasillas (2002) 14 Pace Int’l L. Rev. 153, 160. 3637 Vgl. dazu ausf. unten D. VIII.4.
V. Kommunikation der Annahme
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ee) Rechtsvergleichende Würdigung (1) Gemeinsames Grundprinzip: Schweigen ist keine Annahme Im Rahmen der rechtsvergleichenden Würdigung ist zunächst festzuhalten, dass gemeinsames Grundprinzip sowohl des deutschen3638, französischen3639 und englischen Rechts3640 als auch des CESL-D3641 ist, dass Schweigen jedenfalls für sich allein grundsätzlich keine Annahme darstellt: „qui tacet, consentire non videtur“. Dahinter steht überall zum einen die Problematik der generell ambivalenten Natur des Schweigens, die regelmäßig eine ganze Reihe verschiedener Deutungen („ja“, „nein“, „vielleicht“, Gleichgültigkeit, Vergesslichkeit, etc.) zulässt.3642 Im Kern ist dieses Grundprinzip aber vor allem auch Ausfluss und Ausdruck des essentiellen Grundprinzips der Vertragsfreiheit in seiner speziellen Ausprägung der negativen Vertragsabschlussfreiheit: Der Angebotsempfänger soll nicht gezwungen sein, in irgendeiner Form reagieren zu müssen, wenn er den angebotenen Vertrag nicht will. Deshalb herrscht auch in allen analysierten Rechtsordnungen Konsens, dass der Anbietende dem Angebotsempfänger ein Schweigen auch nicht etwa als Erklärungszeichen „aufoktroyieren“ kann, indem er in seinem Angebot erklärt, dass er ein Schweigen in diesem Sinne interpretieren werde.3643 Besonders nachdrücklich betont wird dies aber speziell im englischen Recht. Wenngleich dies sicherlich wohl nicht zuletzt auch dadurch bedingt ist, dass dieser Aspekt in der grundlegenden Leitentscheidung Felthouse v Bindley3644 eine maßgebliche Rolle spielte, kommt hier doch letztlich wiederum – ähnlich wie schon bei der Frage der Widerruflichkeit des Angebots3645 ganz deutlich zum Ausdruck, welch hohen Stellenwert das englische Recht der freedom from contract (Freiheit vom Vertrag, d.h. negative Vertragsfreiheit) ganz generell beimisst.
3638
Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(1). Vgl. dazu oben D. V.2. b) bb)(1). 3640 Vgl. dazu oben D. V.2. b) cc)(1). 3641 Vgl. dazu oben D. V.2. b) dd)(1). 3642 Vgl. etwa in Bezug auf das deutsche Recht bereits die oben unter D. V.2. b) aa)(1) zitierten Erwägungen in den Materialien zum BGB; in Bezug auf das englische Recht oben D. V.2. b) cc)(1), speziell bei Fn. 3553. 3643 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(1) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(1) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(1) (englisches Recht). 3644 Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869. Vgl. dazu näher oben D. V.2. b) cc)(1). 3645 Vgl. allg. zur Widerruflichkeit des Angebots in den einzelnen Rechtsordnungen ausf. oben C. VIII; speziell zum Grundprinzip der freien Widerruflichkeit im englischen Recht und den zu Grunde liegenden Erwägungen näher oben C. VIII.3. a) aa) sowie C. VIII.5. a) bb)(5). 3639
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D. Annahme
(2) Kongruenzen und Divergenzen im Hinblick auf die Ausnahmen Die Grundregel „Schweigen ist keine Annahme“ ist aber andererseits in allen analysierten nationalen Rechtsordnungen3646 – wie auch im CESL-D3647 kein strikt-apodiktisches Dogma, sondern vielmehr ein zwar elementares und grundlegendes Prinzip, von dem aber in bestimmten Fällen Ausnahmen gemacht werden, um zu interessengerechten Lösungen zu gelangen. Gegenstand, Reichweite und Umfang dieser Ausnahmetatbestände divergieren in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen allerdings. Tendenziell am zurückhaltendsten ist dabei das englische Recht, wo generell betont wird, dass Schweigen nur in „in the most exceptional circumstances“ („unter den außergewöhnlichsten Umständen“) als Annahme qualifiziert werden kann3648 und das – anders als das deutsche3649 und französische3650 Recht – auch keine relevanten Fälle eines gesetzlich normierten Schweigens kennt3651. Auch insoweit manifestiert sich also die ganz generell sehr ausgeprägte Akzentuierung des freedom from contract und die Befürchtung, einer Partei durch eine zu „vorschnelle“ Qualifizierung von Schweigen als Zustimmung einen womöglich nicht gewollten Vertrag „aufzuzwingen“. Im praktischen Endergebnis dürften die Unterschiede bei der Lösung konkreter Einzelfälle zwar dann letztlich so immens nicht sein; die besonders skeptisch-zurückhaltende Grundtendenz des englischen Rechts gegenüber einer Qualifikation von Schweigen als Annahme lässt sich aber gleichwohl kaum negieren. Betrachtet man die Ausnahmetatbestände im Einzelnen, so besteht zunächst überall Einigkeit, dass die Parteien im Rahmen der Privatautonomie speziell vereinbaren können, dass Schweigen als Annahme gilt.3652 Darüber hinaus ist aber überall grundsätzlich – und dies unzweifelhaft zu Recht anerkannt, dass sich auch ohne eine spezielle Vereinbarung aus den bisherigen Geschäftsbeziehungen der Parteien und dabei ggf. zwischen ihnen etablierten Gepflogenheiten ergeben kann, dass Schweigen ausnahmsweise als Annahme zu qualifizieren ist.3653 Weiterhin kann sich nach allen untersuchten nationalen Rechtsordnungen auch aus einem Brauch, speziell einem Handelsbrauch, von dessen Anwendungsbereich die Parteien personell und sachlich erfasst sind, ergeben, dass 3646 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(2) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(2) (englisches Recht). 3647 Vgl. dazu oben D. V.2. b) dd)(2). 3648 Vgl. oben D. V.2. b) cc)(2). 3649 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(a). 3650 Vgl. dazu oben D. V.2. b) bb)(2)(a). 3651 Vgl. oben D. V.2. b) cc)(2). 3652 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(b) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(ii) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(2)(b) (englisches Recht). 3653 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(b) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(ii) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(2)(b) (englisches Recht).
V. Kommunikation der Annahme
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Schweigen ausnahmsweise die Bedeutung einer Annahmeerklärung beizumessen ist.3654 Existenz und Reichweite derartiger Handelsbräuche unterscheiden sich indes dann teils signifikant. Während das deutsche Recht in § 362 HGB einen solchen Handelsbrauch sogar ausdrücklich kodifiziert hat3655, und sich in der französischen Judikatur immerhin einige einschlägige Urteile finden lassen3656, existiert im englischen Recht nur eine einzige wirklich einschlägige Entscheidung, die darüber hinaus einen Handelsbrauch im Verkehr zwischen international tätigen Banken zum Gegenstand hat3657. Noch größer sind die Divergenzen in Bezug auf den Sonderfall des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben: Im deutschen Recht ist dieser Handelsbrauch inzwischen zum Gewohnheitsrecht erstarkt und Gegenstand einer ausgefeilten und ausdifferenzierten Dogmatik und Judikatur.3658 Im französischen Recht ist er zwar ebenfalls bereits seit Langem ganz allgemein anerkannt, es existiert aber bei Weitem keine so ausgefeilte Dogmatik, die Judikatur ist sehr einzelfallgeprägt.3659 In England ist die Versendung von confirmation letters zwar ebenfalls – zumindest in bestimmten Branchen – durchaus üblich, ein Handelsbrauch betreffend das Schweigen darauf ist dem englischen Recht indes völlig unbekannt.3660 Die im französischen Recht als eigenständige Fallgruppe anerkannte (wenngleich, wie dargelegt, durchaus nicht unumstrittene) Konstellation, dass das Angebot im ausschließlichen Interesse (intérêt exclusif) des Angebotsempfängers gemacht wurde3661, findet sich im deutschen und englischen Recht zwar zumindest als solche nicht. Auch im deutschen Recht wird es jedoch überwiegend als ein Konkludenzindiz angesehen, wenn der angebotene Vertrag für den Schweigenden lediglich vorteilhaft ist.3662 Eng verwandt damit ist zudem der im deutschen3663 und englischen Recht3664 (zumindest weitgehend) anerkannte Fall des vom Angebotsempfänger speziell eingeholten Angebots. Denn auch hier wird Schweigen im Kern im Interesse des Angebotsempfängers als Annahme qualifiziert, nämlich weil dieser damit auf diese Weise genau das erhält, was er wollte. In all diesen Fällen besteht freilich immer zu einem gewissen Grad auch die Gefahr, dem Angebotsempfänger letztlich etwas „unterzuschieben“, was dieser vielleicht so doch gar nicht wollte: Was „im (aus3654 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(b) (deutsches Recht), D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i) (französisches Recht), D. V.2. b) cc)(2)(e) (englisches Recht). 3655 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(2)(a). 3656 Vgl. oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i). 3657 Vgl. oben D. V.2. b) cc)(2)(e). 3658 Vgl. dazu oben D. V.2. b) aa)(2)(c). 3659 Vgl. dazu D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i). 3660 Vgl. oben D. V.2. b) cc)(2)(e). 3661 Vgl. dazu oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(iii). 3662 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3463. 3663 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3468. 3664 Vgl. dazu oben D. V.2. b) cc)(2)(a).
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D. Annahme
schließlichen) Interesse“ des Angebotsempfängers bzw. für diesen lediglich vorteilhaft ist oder wann ein eingeholtes Angebot wirklich dem entspricht, was der Angebotsempfänger wollte, mag ein Richter u.U. durchaus anders sehen als dieser selbst. Zumal es jedenfalls – wie im französischen Schrifttum zu Recht eingewandt wird3665 praktisch ohnehin äußerst selten sein dürfte, dass ein Angebot wirklich „ausschließlich“ im Interesse des Angebotsempfängers erfolgt; letztlich dürfte es hier vielmehr in der Tat um eine Interessenabwägung gehen3666 – die man dann aber wohl auch ehrlicherweise als solche offenlegen sollte. Zu einem gewissen Grad erscheint es jedenfalls durchaus berechtigt, wenn in diesen Fallgestaltungen ganz generell Zurückhaltung angemahnt wird3667. Andererseits sollte man aber wiederum nicht zu strikt sein, denn wenn ein Angebot für den Angebotsempfänger tatsächlich lediglich vorteilhaft bzw. in seinem „ausschließlichen“ Interesse ist oder (zumindest fast) genau dem entspricht, was er als Angebot einholen wollte, erscheint es insgesamt wertungsmäßig evident interessengerecht, seinem Schweigen ausnahmsweise die Bedeutung einer Annahme beizumessen und es dem Anbietenden nicht zu gestatten, sich unter Berufung auf eine fehlende Erklärung seitens des Angebotsempfängers einer vertraglichen Bindung zu entziehen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die im englischen Schrifttum speziell aufgeworfene – und ganz überwiegend bejahte Frage, ob eine „Schweigen gleich Annahme“-Klausel im Angebot nicht wenigstens für den Anbietenden bindend sein sollte.3668 In der deutschen und französischen Literatur wird dies so – soweit ersichtlich – nicht diskutiert. Allerdings würden wohl auch deutsche und französische Gerichte einen Anbietendem in einem einschlägigen Fall im Ergebnis an einer solchen Äußerung festhalten. Denn wenngleich der Anbietende dem Angebotsempfänger ein Schweigen nicht als Erklärungszeichen „aufoktroyieren“ kann, so wäre es doch ein Treu und Glauben diametral entgegenlaufendes venire contra factum proprium, wenn er sich andererseits nicht an seiner eigenen Erklärung, dass er keine positive Annahmeerklärung erwartet, festhalten lassen müsste; der mit dem Grundprinzip der Unzulässigkeit einer „Aufoktroyierung“ intendierten Schutz würde dadurch ins Gegenteil verkehrt. Im deutschen Recht wird sich ein derartiger Fall indes häufig auch als Fall des § 151 S. 1 BGB3669 konstruieren lassen, indem man die Erklärung des Anbietenden als Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung auslegt und dann irgendeine Manifestation des Annahmewillens des Angebotsempfängers „findet“ (dies dürfte wohl zumindest auch mit eine Erklärung 3665
Vgl. oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(iii) bei Fn. 3540 ff. Vgl. oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(iii) bei Fn. 3543. 3667 Vgl. in Bezug auf die Fallgruppe des lediglich vorteilhaften Angebots aus dem deutschen Schrifttum kritisch etwa Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 7; vgl. zur Kritik im französischen Schrifttum an der Fallgruppe des intérêt exclusif oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(iii). 3668 Vgl. dazu oben D. V.2. b) cc)(2)(d). 3669 Vgl. dazu näher oben D. V.1. a) bb)(1). 3666
V. Kommunikation der Annahme
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dafür sein, weshalb diese Konstellation in der deutschen Literatur nicht wie in England unter dem Aspekt der „Bindung des Anbietenden“ diskutiert wird). Überhaupt ist zu konstatieren, dass die Grenze zwischen „Schweigen“, das ausnahmsweise als Annahme gewertet wird, und konkludenter Annahme durch irgendeine Form von Tun oder Unterlassen (ggf. i.V.m. einer ausnahmsweisen Entbehrlichkeit der Kommunikation an den Anbietenden3670) in allen untersuchten nationalen Rechtsordnungen derart fließend ist3671, dass sich ein konkreter Fall häufig – zumindest mit etwas „kreativer“ Interpretation des Sachverhalts dogmatisch sowohl auf die eine wie auf die andere Weise „konstruieren“ lässt.3672 Tatsächlich formulieren auch die Gerichte insofern überall nicht immer dogmatisch exakt, sondern scheinen letztlich oft auch entweder schlicht der Einstufung durch die Parteien zu folgen oder gar ersichtlich „vom Ergebnis her“ zu denken; ebenso wird auch im Schrifttum ein und derselbe Fall oftmals von einem Autor der einen, von einem anderen der anderen Kategorie zugeordnet. Auch daran zeigt sich, dass es in diesem Bereich im Kern letztlich vor allem um eine wertende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geht. Die in der jeweiligen Rechtsordnung anerkannten – und wie dargelegt zumindest in weiten Teilen auch übereinstimmenden Fallgruppen geben insofern zwar ein Grundgerüst mit wesentlichen Eckpunkten und Leitlinien vor, das Ergebnis innerhalb des so vorgegebenen Rahmens hängt aber ganz generell sehr von den spezifischen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Dies wird man auch im Rahmen des CESL-D bei der künftigen Konturierung der einzelnen Fallgruppen, in denen Schweigen ausnahmsweise die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann, stets im Hinterkopf behalten müssen. Im Wesentlichen wird man sich hier jedoch – wie oben näher ausgeführt3673 weitgehend an den internationalen Vorläufern und den nationalen Rechtsordnungen orientieren können. Dabei kann richtiger Ansicht nach Art. 59 lit. d CESL-D als „Einfallstor“ für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Handelsbrauch fungieren.3674
3670 Vgl. zum grundsätzlichen Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden und etwaigen Ausnahmen in den verschiedenen Rechtsordnungen ausf. oben D. V.1. 3671 Vgl. etwa speziell in Bezug auf das französische Recht oben Fn. 3545. 3672 Vgl. zur variierenden dogmatischen Qualifikation speziell in Bezug auf das englische und französische Recht etwa auch Owsia (1991) 40 ICLQ 784, 806. 3673 Vgl. oben D. V.2. b) dd)(2)(a). 3674 Vgl. näher oben D. V.2. b) dd)(2)(b).
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D. Annahme
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung Ein wichtiger Punkt ist selbstverständlich auch, in welchem Zeitraum eine wirksame Annahmeerklärung erfolgen kann (dazu unten D. VI.1.) und welche Wirkung bzw. welche Folgen einer verspäteten Annahmeerklärung beigemessen werden (dazu näher unten D. VI.2.).
1. Bestimmung des Annahmezeitraums („Annahmefristen“) a) Deutsches Recht aa) Konzeptionelle Grundlagen Im deutschen Recht bilden die Annahmefristen konzeptionell quasi das Pendant zur grundsätzlichen Bindung an das Angebot.3675 Das „Hauptprinzip“ des BGB ist wie bereits oben dargelegt3676 gerade die zeitliche Gebundenheit an das Angebot: Der Gesetzgeber hat die Bindungswirkung im Interesse eines gerechten Interessenausgleichs bewusst nicht endlos ausgestaltet, sondern zeitlich begrenzt: Die Gebundenheit … ist ihrem Grunde und Zwecke nach eine zeitlich begrenzte. Sie erstreckt und beschränkt sich auf die zur Erklärung der Annahme verstattete Zeit. Nur so lange will der Antragende gebunden sein und braucht er im Verkehr gebunden zu werden.3677
Gem. § 148 BGB kann der Anbietende die Länge der Angebotsfrist grundsätzlich frei bestimmen (sog. gewillkürte Annahmefrist, dazu näher unten bb)). Macht er hiervon keinen Gebrauch3678 oder ist die Fristbestimmung aus irgendwelchen Gründen unwirksam3679, so gelten die in § 147 BGB normierten subsidiären gesetzlichen Annahmefristen3680 (dazu näher unten cc)). 3675 Vgl. Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 14 („Gegenstück“); vgl. aber auch bereits von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1155: „Die Zeit der Gebundenheit fällt daher mit demjenigen Zeitraume zusammen, welcher dem Oblaten zur Erklärung über die Annahme verstattet ist.“ S. ferner auch Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 94 Fn. 35 („Die Antragsbefristung steht der Annahmebefristung grundsätzlich gleich“). 3676 Vgl. zum Hauptprinzip der „zeitlich begrenzten Bindungswirkung“ bereits oben C. VIII.1. a) aa) bei Fn. 2296 ff., s. ferner auch oben C. VIII.1. c) bb)(2). 3677 Vgl. Mot. I, 168 = Mugdan I, 445. S. ferner auch von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1155. 3678 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 1, § 148 Rn. 1; ders. (Fn. 202), Rn. 730; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 1; Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 92; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 1 f., 10; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 1; Fritzsche JA 2006, 674, 677; Medicus (Rn. 1017), Rn. 371; Petersen JURA 2009, 183, 185; Volp/Schimmel JuS 2007, 899. 3679 Vgl. BGH NJW 1986, 1807, 1808; BGH NJW 1990, 1784 f.; Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 2. 3680 Die in § 81 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. normierte Spezialregelung für die Feuerversicherung (Annahmefrist von 2 Wochen) ist m.W.v. 31.12.2007 entfallen.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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bb) Gewillkürte Annahmefrist (1) Hintergründe und Ratio des § 148 BGB § 148 BGB gestattet es dem Anbietendem explizit, selbst eine Annahmefrist zu bestimmen. Dieses Recht des Anbietenden ist einerseits Ausdruck des grundlegenden Prinzips der Privatautonomie3681, zugleich aber auch wesentlicher Eckpfeiler der gesamten Konzeption der zeitlich begrenzten Bindungswirkung3682. (2) Fristsetzung Die Fristsetzung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft.3683 Einer bestimmten Form bedarf sie nur, sofern das Angebot selbst ausnahmsweise formbedürftig ist3684.3685 Ansonsten kann sie grundsätzlich ausdrücklich erfolgen, sich aber auch konkludent aus den Umständen ergeben.3686 Ausreichend ist jede zeitliche Konkretisierung, durch die der Anbietende zu erkennen gibt, dass er von den gesetzlichen Annahmefristen abweichen will.3687 Der Anbietende kann also z.B. ziffernmäßig einen Endtermin3688 („bis zum 31.12.2012“) oder auch einen Zeitraum3689 („innerhalb einer Woche“) festsetzen. Eine Fristsetzung kann aber auch durch Wendungen wie „umgehende Antwort“ erfolgen.3690 3681
Vgl. Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 1; Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 92; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 1; van Venrooy DStR 2011, 678, 680. 3682 Vgl. zu Hintergründen und Ratio der legislatorischen Entscheidungen zugunsten der grundsätzlichen Bindungswirkung bereits ausf. C. VIII.1. a) aa). Wesentliche Erwägung in den Motiven war dabei insbesondere auch, dass gerade in den Fällen der Setzung einer speziellen Annahme am deutlichsten wird, dass die Gebundenheit „der vernünftigerweise anzunehmenden Absicht des Antragenden“ entspricht (s.o. bei Fn. 2304). Vgl. ferner auch bereits von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1155. 3683 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2. 3684 Vgl. dazu oben C. VI.1. 3685 Vgl. RG JW 1928, 649; Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 3. 3686 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; ders. (Fn. 202), Rn. 728; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3; Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 92; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 3; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 637); Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 44; Medicus (Rn. 1017), Rn. 370. 3687 Vgl. BAG NZA 2007, 925, 926; BAG NZA 2010, 32, 34; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 4. 3688 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 3; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 172; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2. 3689 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 3; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 172; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2. 3690 Vgl. OLG Stettin LZ 1924, 648; BAG NZA 2007, 925, 926; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 4; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2; s. ferner auch bereits RG LZ 1914, 1113 („prompt“, „so bald als möglich“, „raschmöglichst“).
548
D. Annahme
Darüber hinaus kann sie sich aus der Vorgabe eines bestimmten Kommunikationsmittels3691 (z.B.: „bitte Antwort per E-Mail“ oder „per Fax“), aus den Umständen des konkreten Rechtsgeschäfts3692, einschlägigen Gebräuchen in der jeweiligen Branche3693 oder den Gepflogenheiten der Parteien3694 ergeben. Die Fristsetzung kann (und wird im Regelfall auch) zusammen mit dem Angebot erfolgen, sie kann ihm aber auch vorausgehen oder nachfolgen.3695 Die Setzung einer kürzeren als der gesetzlichen Annahmefrist ist jedoch (da partieller „Widerruf“ [=^ Rücknahme] 3696des Angebots) gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB nur wirksam, wenn die Erklärung dem Angebotsempfänger spätestens gleichzeitig mit dem Angebot zugeht.3697 Eine Verlängerung der gesetzlichen Annahmefrist kann dagegen (da für den Angebotsempfänger lediglich vorteilhaft) auch noch nach Zugang des Angebots erfolgen3698 allerdings nur, solange die Annahmefrist noch läuft (d.h. das Angebot noch nicht erloschen ist3699)3700. (3) Länge der Frist Die Länge der Frist steht grundsätzlich im freien Belieben des Anbietenden.3701 3691
Vgl. RGZ 26, 6, 8 („sofortige Drahtantwort“); Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 4; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 172. 3692 Vgl. BAG NZA 2010, 32, 34 (Angebot auf Abschluss eines Alterteilzeitvertrags, der noch nach bisheriger Rechtslage, d.h. vor einer geplanten Gesetzesänderung, erfolgen sollte); Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3. 3693 Vgl. Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3. 3694 Vgl. Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 3. 3695 Vgl. Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2. 3696 Genau genommen geht es auch hier um eine „Rücknahme“: Da das deutsche Recht den Widerruf eines einmal wirksam gewordenen Angebots grundsätzlich nicht zulässt (vgl. ausf. oben C. VIII.1. a), C. VIII.1. b)), ist eine einseitige Fristverkürzung grundsätzlich nur als „Rücknahme“ möglich; vgl. zur Terminologieproblematik bereits ausf. oben C. VII.1. d) bb), C. VII.4. b) bb), C. VII.5. c). 3697 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 5; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 2; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2; vgl. implizit auch BAG NJOZ 2011, 565, 567 (keine einseitige Verkürzung einer einmal gesetzten Annahmefrist). 3698 Vgl. BGH NJW 2010, 519, 520; OLG Hamm NJW 1976, 1212; ThürOLG NZBau 2007, 195, 196; Armbrüster (Fn. 223), § 148 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2; Jauernig (Fn. 202), § 148 Rn. 1. 3699 Vgl. zum Erlöschen des Angebots mit Ablauf der Annahmefrist bereits oben C. VIII.1. c) bb)(2). 3700 Vgl. ThürOLG NZBau 2007, 195, 196; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 9; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 5. 3701 Vgl. BGH WM 1969, 1208 f.; BGH NZBau 2004, 166; BAG NZA 2007, 925, 926; Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 148 Rn. 5; Dörner (Fn. 202), § 148 Rn. 3; Ellenberger (Fn. 202), § 148 Rn. 2.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
549
Sie darf allerdings nicht so kurz bemessen sein, dass eine Annahme objektiv unmöglich ist; in diesem Fall ist die Fristsetzung unwirksam.3702 Darüber hinaus gelten für eine Spezialfälle besondere Vorgaben, so etwa gem. § 516 Abs. 2 S. 1 BGB (angemessene Annahmefrist bei Schenkung gegen den Willen des Beschenkten)3703. Im Falle einer Fristbestimmung in AGB ist § 308 Nr. 1 Alt. 1 BGB zu beachten, wonach eine vom Verwender bestimmte Frist nicht unangemessen lang sein darf. Die Rechtsprechung konkretisiert dies dahin, dass eine die gesetzliche Annahmefrist gem. § 147 Abs. 2 BGB3704 wesentlich übersteigende Frist nur wirksam ist, wenn der Verwender daran ein schutzwürdiges Interesse hat, hinter dem das Interesse des Kunden am baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen muss.3705 Als unangemessen angesehen wurde etwa eine Bindungsfrist von 4 Monaten und 3 Wochen bei einem finanzierten Immobilienkauf3706, von 3 Wochen beim Möbelkauf3707 oder von 4 Wochen im OnlineHandel3708. Für angemessen erachtet wurde dagegen z.B. eine Frist von 4 Wochen in Neuwagen-Verkaufsbedingungen3709, von 1 Monat3710 (nicht aber 6 Wochen3711) für die Annahme eines Darlehensantrags durch eine Bank oder von 2 Monaten bei einem Angebot zum Rückkauf und zur Rückübertragung eines GmbH-Geschäftsanteils3712; für den Sonderfall eines Kaufangebots an eine Gemeinde im Rahmen eines sog. Einheimischenmodells wurde sogar eine Frist von 20 Jahren für zulässig erachtet3713. Außerhalb des Anwendungsbereich des § 308 Nr. 1 Alt. 1 BGB kann der Anbietende – trotz des grundsätzlichen Gleichlaufs von Annahme- und Bindungsfrist im deutschen Recht3714 – entsprechend dem in § 148 BGB zum Ausdruck kommenden Prinzips der Privatautonomie3715 dagegen grundsätzlich auch eine sehr lange Annahmefrist bestimmen. Illustrativ ist insofern eine Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 8.9.20103716: Dort war in einem notariell beurkundeten Angebot eines Ehepaars an eine Gemeinde auf Abschluss 3702 Vgl. Bork (Fn. 19), § 148 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 148 Rn. 5. Vgl. speziell zur Problematik sehr kurzer Annahmefristen in AGB van Venrooy DStR 2011, 678 ff. 3703 Vgl. dazu näher Wimmer-Leonhardt (Fn. 2148), § 516 Rn. 5 m.w.N. 3704 Dazu näher unten D. VI.1. a) cc)(3)(a). 3705 Vgl. BGH NJW 1986, 1807, 1808; BGH NJW 1990, 1784, 1785; BGH NJW 2001, 303; BGH NJW 2010, 2873. 3706 Vgl. BGH NJW 2010, 2873. 3707 Vgl. BGH NJW 2001, 303. 3708 Vgl. OLG Frankfurt a.M. CR 2008, 124, 125. 3709 Vgl. BGH NJW 1990, 1784. 3710 Vgl. BGH NJW 1988, 2106. 3711 Vgl. BGH NJW 1986, 1807. 3712 Vgl. BGH NJW 2005, 3641, 3643 f. („Managermodell“). 3713 Vgl. OLG München NJW 1998, 1962. 3714 Vgl. dazu bereits oben D. VI.1. a) aa). 3715 Vgl. oben D. VI.1. a) bb)(1). 3716 OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2010, 23502. Dazu Klühs DNotZ 2011, 886 ff.
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D. Annahme
eines Grundstückskaufvertrags vorgesehen, dass das Ehepaar bis auf Widerruf, der allerdings frühestens nach 10 Jahren erfolgen durfte, gebunden sein sollte; damit war eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Annahmefrist nämlich Annahmefähigkeit bis auf Widerruf (der nicht erfolgt war) bestimmt, so dass das Angebot von der Gemeinde auch nach 31 Jahren noch wirksam angenommen werden konnte. Im Falle einer auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichteten Unterwerfungserklärung ist auf Grund der Interessenlage i.d.R. sogar davon auszugehen, dass der Schuldner sein Angebot vollkommen unbefristet abgegeben hat, so dass eine Annahme jederzeit möglich ist.3717 cc) Subsidiäre gesetzliche Annahmefristen (1) Differenzierung zwischen Angeboten gegenüber Anwesenden und Abwesenden Entsprechend der bereits oben3718 ausführlich erörterten generellen Differenzierung des BGB zwischen Erklärungen gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden wird auch im Rahmen der subsidiären gesetzlichen Annahmefristen mit Blick auf die unterschiedliche Interessenlage zwischen Angeboten gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden differenziert. Maßgeblich für die Abgrenzung ist dementsprechend nach ganz h.M.3719 zu Recht3720 auch hier nicht die physische Präsenz am selben Ort, sondern vielmehr die zeitliche Dimension, d.h. dass eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation möglich ist. Hinsichtlich der Details kann daher – auch zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die nähere Darstellung der wichtigsten Einzelfälle von Erklärungen gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden oben sub. C. VII.1. a) bb) verwiesen werden. (2) Angebote gegenüber einem Anwesenden (§ 147 Abs. 1 BGB) Ein Angebot gegenüber einem Anwesenden kann gem. § 147 Abs. 1 S. 1 BGB nur „sofort“ angenommen werden.
3717 Vgl. BGH NJW-RR 2010, 1127; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 22; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, 1.117; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 30; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 7. 3718 S. oben C. VII.1. a). 3719 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 16; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 26 f.; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 2, 6; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 94; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 44; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Medicus (Rn. 1017), Rn. 371; Petersen JURA 2009, 183, 185; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 147 BGB Rn. 2; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 4. 3720 Vgl. zu den maßgeblichen Erwägungen bereits oben C. VII.1. a).
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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Ratio dieser Regelung, mit der das BGB sich der Sache nach in die Tradition früherer Kodifikationen und Entwürfe einreihte (vgl. PrALR I, 5, § 943721, 3722, § 862 S. 1 ABGB3723, Art. 318 ADHGB3724, 3725, Art. 46 Dresdener Entwurf3726, 3727 3728 ) , ist ausweislich der Motive, dass dies sowohl dem Willen des Anbietenden als auch der Verkehrsauffassung entspreche3729. Von einer näheren Konkretisierung des Begriffs „sofort“ wurde indessen bewusst abgesehen; dies sei vielmehr „nach Lage des Falles zu entscheiden“, eine „Einengung des richterlichen Ermessens in dieser Hinsicht könnte nur nachtheilig wirken“.3730 Nach heute allgemeiner Meinung bedeutet „sofort“, dass das Angebot so rasch wie objektiv möglich angenommen werden muss3731, d.h. im Gegensatz zum in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB legaldefinierten „unverzüglich“ schadet auch schuldloses Zögern3732. Entscheidend sind letztlich – im Einklang mit dem ausdrücklichen Willen des historischen Gesetzgebers – die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.3733 (3) Angebote gegenüber einem Abwesenden Für Angebote gegenüber einem Abwesenden etabliert das BGB dagegen eine allgemeine Regelung in § 147 Abs. 2 BGB (dazu unten (a)) sowie eine Sonderregel für die Fälle des § 151 S. 1 BGB3734 in dessen S. 2 (dazu unten (b)). 3721
Fn. 157. PrALR I, 5, § 94 Ist bei dem Antrage wegen der Zeit zur Annahme gar nichts bestimmt worden, so muß die Erklärung über einen mündlichen Antrag sogleich, als derselbe geschehen ist, abgegeben werden. 3723 S.o. Fn. 2286. 3724 Fn. 1010. 3725 Art. 318 ADHGB Ueber einen Antrag unter Gegenwärtigen zur Abschließung eines Handelsgeschäfts muß die Erklärung sogleich abgegeben werden, widrigenfalls der Antragende an seinen Antrag nicht länger gebunden ist. 3726 Fn. 846. 3727 Art. 46 Dresdener Entwurf Wird ein Antrag ohne Bestimmung einer Zeit für dessen Annahme einem Anwesenden gemacht, und erfolgt die Annahme nicht sogleich, so ist der Antragende nicht weiter daran gebunden. 3728 Dies betonte speziell von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1156. 3729 Vgl. Mot. I, 168 = Mugdan I, 445. 3730 Vgl. Mot. I, 169 = Mugdan I, 445. Vgl. ferner auch bereits von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1156 („von den Verhältnissen des einzelnen Falles abhängt“; ders. (Fn. 3022), S. 186 („nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurtheilen“). S. dazu auch Oestmann (Fn. 1918), §§ 145– 156 Rn. 16. 3731 Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 29; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 8. 3732 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 17; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 5; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 29; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 637); Fritzsche JA 2006, 674, 676; Petersen JURA 2009, 183, 185; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 147 BGB Rn. 2. 3733 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 29; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 5. 3734 Dazu bereits ausf. oben D. V.1. a) bb)(1). 3722
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D. Annahme
(a) Die allgemeine Regel des § 147 Abs. 2 BGB Ein Angebot gegenüber einem Abwesenden kann gem. § 147 Abs. 2 BGB nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Anbietende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. (aa) Hintergründe und Ratio Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum BGB war zwar von Anfang vorgesehen, eine gesetzliche Regelung zur Annahmefrist im Falle eines Angebots zu treffen, ihre konkrete Ausgestaltung war jedoch Gegenstand einiger Kontroversen. Ursache hierfür waren nicht zuletzt auch die recht unterschiedlichen Regelungsmodelle früherer Kodifikationen und Entwürfe: Das PrALR (I, 5, §§ 96–101)3735, 3736 hatte in insgesamt sechs Paragraphen eine äußerst kasuistische Regelung getroffen.3737 § 862 S. 2 und 3 ABGB3738 sahen vor, dass ein schriftliches Angebot an eine nicht am selben Ort befindliche Partei binnen des für eine zweimalige Beantwortung notwendigen Zeitraums angenommen werden musste.3739 Eine völlig andere Konstruktion fand sich in § 817 SächsBGB3740, 3741, der zunächst schlicht aussprach, dass das Angebot seine Kraft verliere, wenn die Annahme verzögert wird und dann bestimmte, dass die Frage, ob eine Verzögerung eingetreten ist, nach den Umständen und der Ver-
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Fn. 157. PrALR I, 5, § 96. Ist der Antrag unter Abwesenden schriftlich geschehen, so kommt es auf den Zeitpunkt an, da der Brief an dem Orte, wo der Andere sich aufhält, nach dem gewöhnlichen Laufe der Posten hat eingehen können. § 97. Mit der nächsten fahrenden oder reitenden Post, welche nach diesem Zeitpunkte abgeht, muß der Antrag beantwortet werden. § 98. Doch ist, wenn mit der ersten Post keine Antwort erfolgt, der Antragende schuldig, noch den nächstfolgenden Posttag wegen möglicher Zwischenfälle abzuwarten. § 99. Ist der schriftliche Antrag durch einen eigenen Boten geschehen, so muß der Antragende den längsten Zeitraum, binnen welchem ein solcher Bote ohne ungewöhnliche Zwischenfälle zurückkommen kann, abwarten. § 100. Kommt der Bote in diesem Zeitraum nicht zurück, so muß der Antragende den Anderen davon benachrichtigen, und ihm zugleich eröffnen, ob er noch ferner an den Antrag gebunden sein wolle. § 101. Geschieht der Antrag einer Korporation oder Gemeine, so muß der Antragende auf die Erklärung derselben so lange Zeit warten, als erforderlich ist, daß über den Antrag ein verfassungsmäßiger Entschluß genommen und ihm bekannt gemacht werden könne. 3737 Vgl. dazu etwa Koch (Fn. 838), Bd. 1, 1, S. 233 f. 3738 S.o. Fn. 2286. 3739 Vgl. dazu etwa von Stubenrauch (Fn. 841), S. 8 ff. 3740 Fn. 196. 3741 § 817 SächsBGB Das Anerbieten verliert seine Kraft, wenn Derjenige, welchem es gemacht wird, die Erklärung der Annahme verzögert. Ob eine Verzögerung bei Abgabe dieser Erklärung eingetreten sei, ist nach den Umständen und der Sitte des Verkehres zu entscheiden. 3736
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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kehrssitte zu entscheiden sei. Art. 319 Abs. 1 ADHGB3742, 3743, Art. 47 Abs. 1 Dresdener Entwurf3744, 3745 und Art. 5 Abs. 1 OR3746, 3747 dagegen standen zwar im Kern auf dem Boden des PrALR, kondensierten dessen Grundgedanken aber in die allgemein-abstrakte Regelung, dass der Anbietende bis zu dem Zeitpunkt gebunden ist, in dem er bei ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung der Antwort deren Eingang erwarten darf und dass er bei der Berechnung dieses Zeitraums von der rechtzeitigen Ankunft des Angebots ausgehen darf.3748 Der zuständige BGB-Redaktor von Kübel schloss sich in § 11 TE-OR (Nr. 9)3749 ausdrücklich diesem letzten Regelungsmodell an.3750 Dem folgte dann auch die 1. Kommission, die in § 84 E I3751 lediglich zwei sprachliche Modifika3742
Fn. 1010. Art. 319 Abs. 1 ADHGB Bei einem unter Abwesenden gestellten Antrage bleibt der Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er bei ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf. Bei der Berechnung dieses Zeitpunktes darf der Antragende von der Voraussetzung ausgehen, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei. 3744 Fn. 846. 3745 Art. 47 Abs. 1 Dresdener Entwurf Wird ein Antrag ohne Bestimmung einer Zeit für dessen Annahme einem Abwesenden gemacht, so ist der Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, zu welchem er bei ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf. Bei der Berechnung dieses Zeitraums darf der Antragende von der Voraussetzung ausgehen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen ist. 3746 Fn. 203. 3747 Art. 5 Abs. 1 OR Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung erwarten darf. 3748 Vgl. auch Mot. I, 169 = Mugdan I, 445; von Kübel (Fn. 3022), S. 187. 3749 § 11 TE-OR (Nr. 9) Wird der Vertragsantrag ohne Bestimmung einer Annahmefrist einem Abwesenden gemacht, so ist der Antragende bis zu dem Zeitpunkte unwiderruflich gebunden, zu welchem er bei Unterstellung rechtzeitiger Ankunft des Antrags und ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung deren Eingang erwarten darf; kommt die Erklärung der Annahme nicht zu diesem Zeitpunkte dem Antragenden zu, so erlischt der Antrag. Ähnlich zuvor bereits auch § 6 S. 1 seiner Vorlage von 1877 (von Kübel (Fn. 2295), S. 1145, 1147): Ist der Vertragsantrag ohne ausdrückliche, oder aus den Umständen zu entnehmende Bestimmung einer anderen Zeit für die Annahme einem Abwesenden gemacht worden, so bleibt der Antragende bis zu dem Zeitpunkte an sein Wort gebunden, zu welchem er bei Unterstellung der rechtzeitigen Ankunft des Antrages bei dem anderen Theile nach den Umständen und der Sitte des Verkehres die Annahme des Antrags erwarten darf. 3750 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 188. 3751 § 84 S. 1 E I Wird der Vertragsantrag ohne Bestimmung einer Annahmefrist einem Abwesenden gemacht, so ist der Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er bei Unterstellung der rechtzeitigen Ankunft des Antrags und der nach der Verkehrssitte als rechtzeitig zu betrachtenden Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf. 3743
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D. Annahme
tionen3752 vornahm. Eine kasuistische Regelung wurde für nicht zweckmäßig erachtet; denn was zu einer ordnungsmäßigen Absendung gehöre, lasse sich im Gesetz nicht abstrakt bestimmen, sondern müsse nach den Verkehrsgewohnheiten und den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.3753 Die im ADHGB aufgestellte Regel erscheine auch für den nichtkaufmännischen Verkehr „unbedenklich und entsprechend“3754 und vor allem auch „dem Verkehrsinteresse dienlicher“ als die Konstruktion des SächsBGB, die weder für den Anbietenden noch für den Empfänger einen festen Beurteilungsmaßstab biete3755. Die Vorkommission des Reichsjustizamts gestaltete die Regelung dann jedoch nicht nur sprachlich von einer Bindungsfrist („bis zu dem Zeitpunkte gebunden“) in eine Annahmefrist („muß die Annahme bis zu dem Zeitpunkte erfolgen“) um3756, sondern ergänzte sie auch inhaltlich: § 84 E I-RJA3757 hob hervor, dass auch die Absendung der Antwort ordnungsmäßig zu geschehen habe3758 und fügte zudem an, dass die Absendung der Antwort, sofern keine abweichende Verkehrssitte besteht, innerhalb des nächsten Werktags zu erfolgen habe3759.3760 3752 Das „unwiderruflich“ wurde als überflüssig gestrichen (vgl. Beratungen der 1. Kommission, 20. Sitzung v. 14.11.1881, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), Bd. AT 2, S. 790); „ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung“ wurde durch „nach der Verkehrssitte als rechtzeitig zu betrachtenden Absendung“ ersetzt, womit man jedoch nicht sachlich abweichen, sondern „lediglich dem Gedanken des HGB einen entsprechenderen Ausdruck verleihen“ wollte (vgl. Mot. I, 170 = Mugdan I, 446). Vgl. dazu auch Finkenauer JuS 2000, 118, 119. 3753 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 188. Kritisch zum Fehlen fester Fristen jedoch etwa Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639 f.). 3754 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 188; Mot. I, 169 = Mugdan I, 445. 3755 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 188; Mot. I, 169 f. = Mugdan I, 445 f. 3756 Eine inhaltliche Änderung ergab sich dadurch auf Grund der Gesamtkonzeption des Gesetzes, nach der die Annahmefrist konzeptionell das Pendant zur Bindung an das Angebot bilden (vgl. oben D. VI.1. a) aa) freilich nicht. 3757 § 84 E I-RJA Ist der Antrag einem Abwesenden gemacht, so muß die Annahme bis zu dem Zeitpunkte erfolgen, in welchem der Antragende bei der Unterstellung regelmäßiger Beförderung des Antrages und der Antwort sowie der nach der Verkehrssitte als ordnungsmäßig zu betrachtenden Absendung der letzteren deren Eingang erwarten durfte. Besteht eine Verkehrssitte nicht, so darf der Antragende erwarten, daß der Andere innerhalb des nächsten Werktages nach Empfang des Antrages die Antwort absende. 3758 Vgl. dazu Protokolle der Vorkommission des Reichsjustizamts, 13. Sitzung v. 24.1.1891, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 816. 3759 Die Ergänzung beruht auf einem Antrag von Börner (vgl. Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 811) und ist ersichtlich vom kasuistischen Vorbild des PrALR (vgl. speziell I, 5, § 97: „nächsten fahrenden oder reitenden Post“ [oben Fn. 3735]) beeinflusst, vgl. auch Finkenauer JuS 2000, 118, 119. Die Proponenten einer festen Werktagsregelung ließen allerdings nicht locker: Noch in der XII. Kommission des Reichstags wurde beantragt, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Anbietende „den Eingang einer am nächsten Werktage nach Empfang des Antrages abgesandten Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf“ abzustellen; dies wurde jedoch einstimmig abgelehnt, vgl. Mugdan I, 970. 3760 Vgl. dazu auch Finkenauer JuS 2000, 118, 119.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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Diese 24-stündige Antwortfrist wurde von der 2. Kommission jedoch bewusst wieder gestrichen, da hierdurch „in die Sachlage ein Zwang gebracht [werde], der häufig der Auffassung des Lebens widersprechen würde“; es seien viele Fälle denkbar, in denen eine solche Frist entweder zu kurz oder zu lang erscheine.3761 Überhaupt wurde – wie schon von von Kübel und der 1. Kommission betont, dass die denkbaren Fälle eines Vertragsangebots nach den beteiligten Personen sowie nach Gegenstand, Inhalt, Ort und Zeit des Angebots derart variieren könnten, dass sich das Gesetz „darauf beschränken müsse, den bereits dem ALR und [AD]HGB zu Grunde liegenden Hauptgedanken zum Ausdrucke zu bringen“.3762 Dies erfolgte nun jedoch in § 84 E II3763 (ohne dass damit eine inhaltliche Änderung beabsichtigt war) mit der Formulierung, dass auf den Zeitpunkt, in welchem der Anbietende „den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte“ abzustellen sei.3764 Damit wurde speziell auch bewusst davon abgesehen, dass Kriterium der „Verkehrssitte“ im Gesetz ausdrücklich zu nennen; denn eine solche Verkehrssitte werde im „bürgerlichen Verkehre meist fehlen“ und soweit sie bestehe, könne sie ihm Rahmen der „regelmäßigen Umstände“ „hinreichende Berücksichtigung finden“.3765 Nach Auffassung der 2. Kommission existierte mit der so gestalteten Regelung, die dann mit lediglich marginalen sprachlichen Modifikationen3766 letztlich auch in Gesetzesform gegossen wurde, ein insgesamt „genügend sicherer Maßstab“, der jedoch andererseits die richterliche Entscheidungsfindung im Einzelfall nicht zu sehr einengte.3767 (bb) Fristbemessung (i) Allgemeines Die Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB setzt sich ausweislich der Motive3768 aus drei Komponenten zusammen: (1) dem Zeitraum für die Beförderung des Angebots (sog. Transportfrist für das Angebot), (2) der Bearbeitungs- und Überlegungszeit des Angebotsempfängers (sog. Deliberationsfrist), und (3) dem Zeitraum für die Beförderung der Annahme (sog. Transportfrist für die Annahme).3769 Es handelt es sich aber gleichwohl um eine einheitliche Frist, 3761
Vgl. Prot. I, 169 f. = Mugdan I, 691. Vgl. Prot. I, 168 = Mugdan I, 691. 3763 § 84 E II Der einem Abwesenden gemachte Antrag muß bis zu dem Zeitpunkte angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte. 3764 Vgl. Prot. I, 168 = Mugdan I, 691. 3765 Vgl. Prot. I, 169 = Mugdan I, 691. 3766 In der endgültigen Fassung in § 147 BGB wurde aus dem „muß“ ein „kann nur“ und aus dem „durfte“ ein „darf“. 3767 Vgl. Prot. I, 170 = Mugdan I, 691 f. 3768 Vgl. Mot. I, 170 = Mugdan I, 446. 3769 Vgl. BGH NJW 1996, 919, 921; BGH NJW 2010, 2873, 2874; BAG BB 2003, 1731, 1732; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 10; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 173; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 31; 3762
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D. Annahme
d.h. Verzögerungen in Bezug auf eine Komponente können durch entsprechende Beschleunigung in Bezug auf eine andere ausgeglichen werden.3770 Die Ermittlung der Länge der Annahmefrist erfolgt nach objektiven Maßstäben3771, d.h. es kommt gerade nicht darauf an, ob der Anbietende die Annahme aus einer subjektiv-individuellen Perspektive tatsächlich noch erwartet hat3772. Zu den „regelmäßigen Umständen“ gehören zunächst selbstverständlich solche, die den gewöhnlichen Lauf der Dinge bestimmen.3773 Zu berücksichtigen sind darüber hinaus aber auch solche verzögernde Umstände, die der Anbietende kennt oder kennen musste.3774 (ii) Transportfrist für das Angebot Hinsichtlich der Transportfrist für das Angebot kann grundsätzlich von einem normalen Zugang beim Adressaten ausgegangen werden.3775 Zu den „regelmäßigen Umständen“ gehört aber etwa auch, dass reguläre Briefpost an Sonnund Feiertagen nicht zugestellt wird.3776 Zu berücksichtigen sind aber ferner z.B. auch bekannte bzw. erkennbare Streiks von Beförderungsunterneh3770 Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Finkenauer JuS 2000, 118, 119; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 638); Fritzsche JA 2006, 674, 676; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 9; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 96; Kötz (Fn. 209), Rn. 107; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 45; Volp/Schimmel JuS 2007, 899, 900; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 5. 3770 Vgl. Mot. I, 170 = Mugdan I, 446; OLG Hamburg OLGE 44, 129, 130; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 10; ders. (Fn. 202), Rn. 731; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 31; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 12; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 6; Finkenauer JuS 2000, 118, 119 f.; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 638 f.). 3771 Vgl. bereits Mot. I, 170 = Mugdan I, 446: „Standpunkt des Antragenden maßgebend“; Prot. I, 170 = Mugdan I, 691: „was er als verständiger und loyaler Mann erwarten durfte“; vgl. weiter BGH LM Nr. 1 § 147 BGB; BGH NJW 1999, 2179, 2180; BGH NJW 2010, 2873, 2874; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 7, 10; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 31; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 11; Finkenauer JuS 2000, 118, 120; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 9. 3772 Vgl. BGH LM Nr. 1 § 147 BGB; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 31; Finkenauer JuS 2000, 118, 120. 3773 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 32; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 7; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639). 3774 Vgl. RGZ 142, 402, 404 (Verzögerung auf Grund vom Anbietenden selbst geforderter Verhandlungen); RG RG HRR 1937 Nr. 849; BGH LM Nr. 1 § 147 BGB (Arbeitsüberlastung eines Versicherers auf Grund der Währungsreform); BGH NJW 2008, 1148, 1149 (Versendung der Zulassungserklärungen für eine große Fachmesse kann sich über mehrere Tage erstrecken); BGH NJW 2010, 2873, 2874; BGH BeckRS 2012, 20497; OLG München VersR 1976, 745 (sehr spezieller Antrag auf Erweiterung des Versicherungsschutzes); Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 19; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 32; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 11; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 7; Finkenauer JuS 2000, 118, 120 f.; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639); Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 9. Vgl. ferner auch RG Recht 1924 Nr. 941 (Post hatte Telegramm „aus irgendwelchen Gründen“ als Brief befördert). 3775 Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 11; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 13. 3776 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; s. ferner auch Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 173.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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men3777, nicht dagegen jedoch außergewöhnliche und nicht erkennbare besondere Verzögerungen bei der Post3778. (iii) Deliberationsfrist Die Länge der angemessenen Deliberationsfrist hängt maßgeblich von den Umständen ab.3779 Bei geschäftlich tätigen Adressaten sind zwar grundsätzlich die üblichen Geschäftszeiten zu Grunde zu legen.3780 Zu berücksichtigen sind aber soweit erkennbar3781 auch Feiertage3782, Betriebsferien3783 oder eine besondere Arbeitsüberlastung3784; maßgeblich ist insoweit indes zusätzlich auch, ob vom Empfänger ggf. entsprechende organisatorische Vorkehrungen erwartet werden konnten3785. Bei Gesellschaften3786 und Kommunen3787 als Adressaten ist zu berücksichtigen, dass ggf. erst eine Entscheidungen der jeweils zuständigen Organe eingeholt werden muss. Entscheidend für die Länge der Deliberationsfrist sind daneben aber vor allem auch Gegenstand, Komplexität und wirtschaftliche Tragweite des Angebots, da sich hieraus ggf. spezieller Informations- und/oder Beratungsbedarf ergeben kann.3788
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Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; Eckert (Fn. 1367), § 147
Rn. 13. 3778
Vgl. RG Recht 1924 Nr. 941; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 11. Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 11; ders. (Fn. 202), Rn. 731; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639); Fritzsche JA 2006, 674, 676. 3780 Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3781 Vgl. allg. oben D. VI.1. a) cc)(3)(a)(bb)(i) bei Fn. 3774. 3782 Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3783 Vgl. Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3784 Vgl. BGH LM Nr. 1 § 147 BGB (Arbeitsüberlastung eines Versicherers auf Grund der Währungsreform); Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; kritisch dazu jedoch etwa Finkenauer JuS 2000, 118, 121 f. 3785 Vgl. RGZ 59, 296, 300 (Anwesenheit einer Person, an die eine Sendung nach der Postordnung zugestellt werden kann); Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; die Erforderlichkeit organisatorischer Vorkehrung nachdrücklich betonend etwa Finkenauer JuS 2000, 118, 122. 3786 Vgl. BGH NJW 2000, 2984, 2985 (zur Parallelproblematik i.R.d. § 151 S. 2 BGB [dazu näher unten D. VI.1. a) cc)(3)(b)]); Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3787 Vgl. BGH NJW 1992, 827 f.; OVG Saarlouis NJW 1993, 1612, 1613; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 12; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3788 Vgl. BGH NJW 2010, 2873, 2874 (finanzierter Immobilienkauf mit vorausgehender Bonitätsprüfung); LAG Berlin NZA-RR 1999, 355, 356 f. (Beendigung des Arbeitsvertrags als Entscheidung von existenzieller Bedeutung); OLG Brandenburg v. 5.12.2007 – 7 U 106/07 (juris) (besonderes komplexer Antrag auf Berufsunfähigkeitszusatzversicherung); Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 13; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 173; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn.14; Finkenauer JuS 2000, 118, 121; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639); Fritzsche JA 2006, 674, 676; Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 97; Kötz (Fn. 209), Rn. 107. 3779
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D. Annahme
(iv) Transportfrist für die Annahme Hinsichtlich der Transportfrist für die Annahme gilt zunächst das zur Transportfrist für das Angebot gesagte entsprechend.3789 Darüber hinaus gilt eine Art „Korrespondenzprinzip“3790: Der Angebotsempfänger muss grundsätzlich dasselbe oder ein zumindest ebenso schnelles Kommunikationsmittel verwenden wie der Anbietende3791 (sofern der Anbietende nicht sogar ein spezielles Kommunikationsmittel verlangt hat3792). Ein Angebot per Brief ist also grundsätzlich per Brief, eines per E-Mail per E-Mail zu beantworten, etc. (v) Kasuistik Zur Illustration abschließend einige Beispiele aus der äußerst reichhaltigen und insgesamt stark einzelfallgeprägten Kasuistik: So wird etwa bei Mietverträgen i.d.R. von einer Annahmefrist von 2–3 Wochen ausgegangen3793. Bei finanzierten und beurkundungsbedürftigen Verträgen, deren Abschluss eine Bonitätsprüfung vorausgeht, kann die Annahme nach einer jüngeren Entscheidung des BGH regelmäßig innerhalb von 4 Wochen erwartet werden.3794 Die Annahme eines Maklerangebots kann dagegen ggf. auch erst nach einigen Monaten erfolgen3795. Als rechtzeitig erachtet wurde auch die Annahme eines Antrags auf Änderung einer Voll- in eine Teilkaskoversicherung innerhalb von 27 Tagen3796, nicht dagegen diejenige eines Antrags auf Abschluss einer Lebensversicherung erst nach sechs Wochen3797. Im Falle eines per Telex übersandten Buchungsauftrags für eine Reise wurde eine Annahmefrist von 3–4 Werktagen angenommen.3798 Als nicht mehr rechtzeitig erachtet wurden z.B. 3789
Im Schrifttum werden die Transportfristen deshalb häufig auch (zumindest partiell) gemeinsam abgehandelt, vgl. etwa nur Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33. 3790 Vgl. Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33 („Grundsatz der Korrespondenz der Erklärungsmittel“); Finkenauer JuS 2000, 118, 122 („Korrespondenz der Beförderungsmittel“); Petersen JURA 2009, 183, 185 („Grundsatz der Korrespondenz der Kommunikationsmittel“); ähnlich auch Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18 („Wechselbeziehung“). 3791 Vgl. RG WarnR 1908 Nr. 355; Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18; Bork (Fn. 19), § 147 Rn. 14; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 33; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 7; Flume (Fn. 19), § 35 I 2 (S. 639); Fritzsche JA 2006, 674, 676; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 147 BGB Rn. 5; abw. jedoch Kitz (Fn. 1577), 13.1 Rn. 96; ferner offenbar auch Eckert (Fn. 1367), § 147 Rn. 15. 3792 Vgl. allg. zur Möglichkeit des Verlangens eines bestimmten Kommunikationsmittels durch den Anbietenden bereits oben D. V.2. a) aa) bei Fn. 3369. 3793 Vgl. KG NZM 2007, 731, 732; KG BeckRS 2008, 00378; OLG Naumburg NZM 2004, 825 (nach 2 ½ Wochen noch rechtzeitig); OLG Dresden NZM 2004, 826 f.; LG Stendal NJWRR 2005, 97; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 6; abw. jedoch Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 18 (jedenfalls für Annahme durch Vermieter max. 4–5 Tage). 3794 Vgl. BGH NJW 2010, 2873, 2874. Dazu Armbrüster LMK 2010, 306668; DNotI, DNotI-Report 2010, 181 ff.; Faust JuS 2010, 1106 ff. 3795 Vgl. OLG München OLGZ 1978, 444, 446 (im konkreten Fall wurde die Annahme nach 2 ½ Monaten für rechtzeitig erachtet). 3796 Vgl. OLG-Frankfurt a.M. NJW-RR 1996, 329. 3797 Vgl. AG Pfaffenhofen NJOZ 2007, 2248. 3798 Vgl. AG Frankfurt a.M. NJW-RR 1989, 47 (nach mehr als 1 Woche jedenfalls zu spät).
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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ferner: die Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Werkvertrags über ein Volumen von 10 000 € erst nach 1 Monat3799, eines per Telefax übersandten Kaufvertragsangebots erst nach 2 Arbeitstagen3800, eines schriftlichen Angebots betreffend einen Autokauf nach 12 Tagen3801 bzw. 6 Tagen3802. (b) Die lex specialis des § 151 S. 2 BGB Für die bereits oben3803 näher erörterten Fälle des § 151 S. 1 BGB, in denen die Annahmeerklärung ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig ist, etabliert § 151 S. 2 BGB eine Sonderregel. Danach bestimmt sich die Annahmefrist primär nach dem Willen des Anbietenden (§ 151 S. 2 Alt. 1 BGB wiederholt insoweit letztlich nur noch einmal klarstellend die allgemeine Vorschrift des § 148 BGB3804). Sofern der Anbietende keine Annahmefrist bestimmt hat, ergibt sich diese dagegen gem. § 151 S. 2 Alt. 2 BGB abweichend von der einen objektiven Maßstab etablierenden3805 lex generalis des § 147 Abs. 2 BGB aus dem „den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden“, d.h. hier gilt ein subjektiver Maßstab.3806 Im Rahmen der Beratungen zum BGB war zunächst umstritten gewesen, ob es insoweit einer speziellen Regelung bedurfte3807, die 1. Kommission erachtete eine solche jedoch für geboten3808. Für den Fall des Verlangens einer sofortigen Leistung sah § 86 E I sogar eine spezielle Auslegungsregel vor (im Zweifel Bindung für den für die Bewirkung erforderlichen Zeitraum)3809. Diese wurde jedoch von der 2. Kommission – parallel zur Auslegungsregel hinsichtlich der Entbehrlichkeit des Zugangs der Annahmeerklärung in diesem Fall3810 – wieder gestrichen, da man der Auffassung war, dass sich die Frage der Länge der Annahmefrist generell nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen lasse3811. 3799
Vgl. LG Bielefeld BeckRS 2010, 08547. Vgl. LG Wiesbaden NJW-RR 1998, 1435. 3801 Vgl. LG Hamburg NJW 1988, 1150. 3802 Vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1998, 566 (höchstens 2 Tage). 3803 S. oben D. V.1. a) bb)(1). 3804 Vgl. auch Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 8; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 26. 3805 Vgl. oben D. VI.1. a) cc)(3)(a)(bb)(i). 3806 Vgl. RGZ 83, 104, 106; BGH NJW 1999, 2179, 2180; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 27; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 5; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 4. 3807 § 15 TE-OR (Nr. 9) von von Kübel hatte eine solche noch nicht vorgesehen, vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 127. 3808 Vgl. Beratungen der 1. Kommission, 21. Sitzung v. 16.11.1881, abgedruckt in: Jakobs/ Schubert (Fn. 206), Bd. AT 2, S. 798. 3809 § 86 E I: … (3) Wie lange der Antragende gebunden ist bestimmt sich nach seinem in dem Antrage ausdrücklich oder aus den Umständen des Falles zu entnehmenden Willen. (4) Hat der Antragende sofortige Leistung verlangt, so ist er im Zweifel so lange gebunden, als zur Bewirkung der Leistung erforderlich ist. 3810 Vgl. dazu oben D. V.1. a) bb)(1)(b)(aa) bei Fn. 3245. 3811 Vgl. Prot. I, 175 = Mugdan I, 693. 3800
560
D. Annahme
Im Schrifttum wird verbreitetet davon ausgegangen, dass sich aus der Interessenlage im Rahmen der Auslegung regelmäßig ergebe, dass nur eine ganz kurze Annahmefrist gewollt sei.3812 Letztlich ist dies aber – wie insbesondere auch der BGH nachdrücklich betont3813 immer eine Frage des Einzelfalls. So hat der BGH etwa im Falle eines während der allgemeinen Urlaubszeit bei einem großen Unternehmen eingegangenen Angebots eines abstrakten Schuldanerkenntnisses entschieden, dass dieses auch nach 3 ½ Wochen noch angenommen werden konnte.3814 Das KG hat im Falle eines Bürgschaftsangebot angenommen, dass der Bürge mit Blick auf die Akzessorietät der Bürgschaft eine ebenso lange Annahmefrist wollte, wie sie für das Angebot des Hauptschuldners (konkret: 3 Wochen) galt.3815 Weiterhin wird es speziell im Falle des Verlangens einer sofortigen Leistung (entsprechend der von der 1. Kommission vorgesehenen Auslegungsregel) meist durchaus nahe liegen, dass der Anbietende dem Angebotsempfänger für die Annahme die zur Bewirkung der Leistung erforderliche Zeit einräumen wollte.3816 Fehlt es an Umständen, aus denen sich der Wille des Anbietenden ergeben könnte, eine Annahmefrist zu bestimmen, so bleibt er bis zur Ablehnung des Angebots durch den anderen Teil gebunden.3817 b) Französisches Recht aa) Konzeptionelle Grundlagen Anders als im deutschen3818 existierte im französischen Recht auf Grund des historisch-konzeptionellen Grundprinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots3819 traditionell keine Konnexität zwischen Annahmefrist und Bindung an das Angebot, der Zeitraum der Annahmefähigkeit des Angebots ging also gerade nicht notwendig auch mit einer entsprechend langen bzw. überhaupt einer Bindung des Anbietenden an das Angebot einher.3820 Heute stellt sich die Rechtslage jedoch, wie oben näher dargelegt3821, auf Grund des fundamentalen Revirements der Rechtsprechung grundlegend anders dar: Die zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots ist de facto zum Regelfall geworden, der Anbietende ist entweder kraft Gesetzes, infolge 3812 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 8; Busche (Fn. 209), § 151 Rn. 8; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 5. 3813 Vgl. BGH NJW 1999, 2179, 2180 (sehr kritisch zur genannten Kommentarliteratur). 3814 Vgl. BGH NJW 2000, 2984, 2985 m. zust. Anm. Armbrüster EWiR 2001, 9, 10. 3815 Vgl. KG NJW-RR 2000, 1307, 1308. 3816 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 27. 3817 Vgl. BGH NJW 1999, 2179, 2180; KG NJW-RR 2000, 1307, 1308; Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 8; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 27. 3818 Vgl. oben D. VI.1. a) aa). 3819 Vgl. dazu oben C. VIII.2. a). 3820 Vgl. auch Laithier RDC 2009, 1325 n° 2. 3821 Vgl. oben C. VIII.2. b), speziell C. VIII.2. c) sowie auch noch C. VIII.5. a) aa).
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
561
einer von ihm privatautonom bestimmten Annahmefrist, in jedem Fall aber für eine délai raisonnable (angemessene Frist) an sein Angebot gebunden (sofern er die Bindung nicht klar ausgeschlossen hat). Angesichts der erörterten erheblichen Unsicherheiten bezüglich der Bedeutung der Bindungswirkung3822 ist allerdings jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt (noch) nicht ganz klar, ob damit nun auch im französischen Recht eine generelle Konnexität zwischen Annahmefrist für den Angebotsempfänger einerseits und Bindungsfrist für den Anbietenden andererseits existiert. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der verfrühte Widerruf nun tatsächlich – worauf, wie oben dargelegt, vieles hindeutet auch nach französischem Recht als unwirksam anzusehen ist, so dass durch eine Annahme innerhalb der (dann der Bindungsfrist entsprechenden) Annahmefrist ein wirksamer Vertrag zustande kommt. Sollte es dagegen doch weiterhin bei der traditionellen „Schadensersatzlösung“ bleiben, würde eine Annahme innerhalb der Annahmefrist dagegen gerade nicht auch notwendig zu einem Vertragsschluss führen, also keine Konnexität zwischen Annahme- und Bindungsfrist bestehen. bb) Gewillkürte Annahmefrist Wie bereits erwähnt3823, steht es dem Anbietenden auch nach französischem Recht als Ausfluss der Privatautonomie grundsätzlich frei, eine bestimmte Annahmefrist festzulegen.3824 Dies kann entweder dadurch geschehen, dass ein bestimmter Endtermin festgelegt wird3825 oder auch durch Angabe eines Zeitraums oder eine sonstige zeitliche Konkretisierung (z.B. „Antwort postwendend“)3826. Die Annahmefrist kann sich aber auch implizit aus dem Angebot ergeben.3827 Der Anbietende kann die Frist auch nachträglich verlängern.3828 3822
Vgl. näher oben C. VIII.2. e) sowie auch C. VIII.2. f) bb) und C. VIII.5. a) aa). Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(1). 3824 Vgl. Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33; Cass. civ. 3e, 10.5.1968, n° 66-13187; Cass. civ. 1re, 10.12.1997, n° 95-16461; Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690; vgl. aus dem Schrifttum auch: Amrani Mekki D. 2005, 2836, 2838; Aubert (Fn. 990), n° 131; Boy D. 1999, jur 170, 171; Caillé Mélanges Aubert, 2005, S. 55, 59; Carbonnier RTD civ. 1959, 336; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 266; Fages (Fn. 245), n° 74; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Forest D. 2008, 1480; Larroumet (Fn. 243), n° 95, 239; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 470; Serinet JCP G 2008.I.179 n° 4; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 118; Virassamy D. 1993, jur. 493, 494. 3825 Vgl. Cass. civ. 3e, 10.5.1968, n° 66-13187; Cass. civ. 1re, 10.12.1997, n° 95-16461; Cass civ. 3e, 7.5.2008, n° 07-11690; TGI Pontoise, 7.4.1960, D. 1961, somm. 2; C. de Paris, 8.5.1961, D. 1961, somm. 86. 3826 Vgl. bereits C. de Lyon, 27.6.1867, D. 1867.II.194 („répondez télégraphiquement“ [„Antworten Sie telegrafisch“]); Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 134; Valéry (Fn. 2398), n° 193 (der als Beispiel u.a. „réponse par retour de courrier“ [„Antwort postwendend“] nennt) 3827 Vgl. etwa Cass. civ. 1re, 17.12.1958, D. 1959, 33 m. Anm. Carbonnier RTD civ. 1959, 336 f. (Erlaubnis, das Schloss, um dessen Kauf es ging, an einem bestimmten Termin zu besichtigen, als konkludente Zusage, das Angebot bis dahin aufrechtzuerhalten). 3828 Vgl. Cass. civ. 3e, 10.5.1968, n° 66-13187 (Angebot ursprünglich bis 30.11., dann verlängert bis 31.12.). 3823
562
D. Annahme
Hinsichtlich der Länge der Annahmefrist ist der Anbietende grundsätzlich völlig frei. Für bestimmte Fälle bestehen allerdings, wie bereits oben im Zusammenhang mit der Bindungsfrist des Angebots dargelegt, gesetzliche Mindestvorgaben (vgl. etwa Art. L. 311-11(2), L. 312-10(1) C. consom., Art. 23 Loi n° 84595).3829 In Bezug auf Fristbestimmungen in AGB existiert dagegen keine dem § 308 Nr. 1 Alt. 1 BGB3830 vergleichbare Regelung3831; im Einzelfall erscheint allerdings ein Eingreifen der Generalklausel des L. 132-1 C. consom.3832 denkbar. cc) Subsidiär: délai raisonnable (angemessene Frist) Hat der Anbietende von seiner Befugnis, eine bestimmte Annahmefrist festzulegen, nicht (wirksam) Gebrauch gemacht, so wird – wie bereits oben3833 erläutert davon ausgegangen, dass das Angebot implizit eine délai raisonnable (angemessene Frist) für die Annahme beinhaltet, deren Länge anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ist. Als maßgebliche Kriterien kommen insbesondere in Betracht: (1) die Natur des Vertragsgegenstands3834 (z.B. ob er leicht verderblich ist, ob er großen Preisfluktuationen unterworfen ist, ob es sich um eine Mobilie oder Immobilie handelt3835), (2) die Eigenschaften des Angebotsempfängers3836 (z.B. ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt3837); 3829
Vgl. dazu bereits oben C. VIII.2. b) aa). Vgl. dazu oben D. VI.1. a) bb)(3). 3831 Hintergrund ist nicht zuletzt auch, dass der Anhang zur Klausel-RL (Fn. 237) keine entsprechende spezielle Vorgabe enthält. 3832 Art. L. 132-1 C. consom. Dans les contrats conclus entre professionnels et non-professionnels ou consommateurs, sont abusives les clauses qui ont pour objet ou pour effet de créer, au détriment du non-professionnel ou du consommateur, un déséquilibre significatif entre les droits et obligations des parties au contrat. (In Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Nicht-Gewerbetreibenden oder Verbrauchern sind Klauseln missbräuchlich, die auf ein erhebliches Missverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien abzielen oder ein solches zur Folge haben.) Vgl. dazu etwa Raymond (Fn. 1413), n° 464 ff. 3833 Vgl. oben C. VIII.2. b) bb)(2). 3834 Vgl. Cass. civ. 3e, 25.5.2005, n° 03-19411 (s. dazu noch unten bei Fn. 3850); Amrani Mekki D. 2005, 2836, 2838; Béchir EDUC 2009, n° 7, 6; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 117; Flour/ Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 469; Mazeaud RDC 2006, 311 n° 4; Testu (Fn. 991), 21.06; vgl. ferner auch Cass. civ. 3e, 24.1.2012, n° 10-27965 (s. dazu noch unten bei Fn. 3848). 3835 Vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Mazeaud RDC 2006, 311 n° 4; vgl. ferner auch Cass. civ. 3e, 24.1.2012, n° 10-27965 (s. dazu noch unten bei Fn. 3848) sowie die in Fn. 3843 zitierten Entscheidungen. 3836 Vgl. Cass. civ. 3e, 25.5.2005, n° 03-19411; Amrani Mekki D. 2005, 2836, 2838; Collart Dutilleul RDC 2005, 1071 n° 10; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Mazeaud RDC 2006, 311 n° 4. 3837 Vgl. Cass. civ. 3e, 25.5.2005, n° 03-19411 (s. dazu noch unten bei Fn. 3850); Collart Dutilleul RDC 2005, 1071 n° 10; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Mazeaud RDC 2006, 311 n° 4. 3830
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
563
(3) ein evtl. zum Ausdruck kommender Wille, die Angelegenheit schnell zum Abschluss zu bringen3838; (4) die Bedeutung und Komplexität der Angelegenheit3839 (z.B. die Notwendigkeit, weitere Informationen besorgen zu müssen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können3840); (5) ggf. einschlägige Usancen der jeweiligen Branche3841; (6) ggf. etwaige im Verhältnis der Parteien etablierte Praktiken3842; (7) alle sonstigen besonderen Umstände des Einzelfalls3843. Zur Illustration einige Beispiele aus der reichhaltigen Kasuistik: Sehr anschauliches Fallmaterial bietet bereits die ältere Judikatur aus dem 19. Jahrhundert. So hat die Cour de Cassation etwa in einem Urteil aus dem Jahr 1871 entschieden, dass eine erst 4 Tage nach Erhalt des Angebots abgeschickte Annahme unter Berücksichtigung der Natur des Vertragsgegenstandes (Holzkohle) und der Umstände des Geschäfts verspätet war.3844 Als verspätet angesehen hat sie in einer Entscheidung aus dem Jahr 1894 betreffend den Kauf auf Probe von Raps unter Berücksichtigung der Natur des Vertragsgegenstandes und der Umstände des Geschäfts auch eine Annahme nach 5 Tagen.3845 Das Gericht von Bordeaux judizierte im Jahr 1891, dass im Weinhandel in Bordeaux eine Handelsbrauch besteht, dass die Annahme innerhalb von 24 Stunden erfolgen muss.3846 Reichhaltiges Fallmaterial findet sich aber natürlich auch in der neueren und neuesten Rechtsprechung. So hat die Cour de Cassation z.B. in einem Urteil vom 8.2.1968 eine instanzgerichtliche Entscheidung gebilligt, die eine Annahme nach erst nahezu 3 Monaten im Falle eines Immobilienkaufs für zu spät erklärt hatte, weil der Anbietende ausdrücklich eine schnelle Antwort verlangt
3838
Vgl. Collart Dutilleul RDC 2005, 1071 n° 9; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Grosser JCP G 2005.I.172 n° 4; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; Mazeaud RDC 2006, 311 n° 4. Vgl. ferner auch Cass. civ. 3e, 8.2.1968, n° 65-10600 (s. dazu noch unten bei Fn. 3847); Cass. com., 27.4.2011, n° 10-17177 (s. dazu noch unten bei Fn. 3849). 3839 Vgl. Cass. com., 27.4.2011, n° 10-17177 (s. dazu noch unten bei Fn. 3849); Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; s. ferner auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 268; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 469. 3840 Vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 11. 3841 Vgl. Amrani Mekki D. 2005, 2836, 2838; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 140; Laithier RDC 2009, 1325 n° 11; s. ferner auch bereits Valéry D. 1913.II.1, 4; Loussouarn RTD civ. 1972, 773; aus der älteren Judikatur: Trib. civ. de Bordeaux, 23.6.1891, D. 1892.II.390 (s. dazu noch unten bei Fn. 3846). 3842 Vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 11. 3843 Vgl. Laithier RDC 2009, 1325 n° 11. Vgl. ferner aus der älteren Judikatur: Cass. req., 28.2.1871, D. 1871.I.61 (s. dazu noch unten bei Fn. 3844); Cass. req., 27.6.1894, D. 1894.I.432 (s. dazu noch unten bei Fn. 3845). 3844 Cass. req., 28.2.1871, D. 1871.I.61. 3845 Cass. req., 27.6.1894, D. 1894.I.432. 3846 Trib. civ. de Bordeaux, 23.6.1891, D. 1892.II.390.
564
D. Annahme
hatte.3847 Um einen Immobilienerwerb ging es auch in einer aktuellen Entscheidung vom 24.1.2012, in der die Cour de Cassation eine instanzgerichtliche Entscheidung billigte, welche die Annahme eines Angebot vom 16.4.2009 erst am 13.8.2009 für verspätet erklärt und dabei darauf abgestellt hatte, dass es um den Erwerb einer Immobilie von erheblichem Wert ging und das Angebot ausschließlich an die Klägerin gerichtet gewesen war.3848 Zurückgewiesen wurde in einem Urteil vom 27.4.2011 auch die Revision gegen eine instanzgerichtliche Entscheidung, die im Falle des Kaufs eines Handelsgeschäfts u.a. darauf abgestellt hatte, dass auf Grund der Einstellung der Geschäftstätigkeit des zu erwerbenden Unternehmens eine schnelle Entscheidung geboten und deshalb die Annahme eines Angebots vom 1.10. erst am 26.12. nicht mehr rechtzeitig gewesen sei.3849 In einem Urteil aus dem Jahr 2005 hat die Cour de Cassation andererseits aber auch eine instanzgerichtliche Entscheidung gebilligt, die es im Falle eines Angebots auf Erwerb eines Anwesens zum Preis von 4 Mio. F. auf Grund des Vertragsgegenstands und des Umstands, dass Angebotsempfänger eine juristische Person war, die erst eine Entscheidung des Verwaltungsrats einholen musste, als nicht déraisonnable (unangemessen) angesehen hatte, dass die Annahme erst nach 5 Wochen erfolgt war, obwohl das Angebot die Formulierung „réponse immédiate souhaitée“ („umgehende Antwort erwünscht“) enthalten hatte.3850 c) Englisches Recht aa) Konzeptionelle Grundlagen Im englischen Recht existiert auf Grund des strikten Prinzips der freien Widerruflichkeit prinzipiell keine Konnexität zwischen Bindungs- und Annahmefrist: Wie oben erläutert, ist das Angebot für den Anbietenden selbst dann nicht bindend, wenn er eine konkrete Annahmefrist festgelegt hat.3851 Der Zeitraum, während dessen das Angebot annahmefähig ist, geht also gerade nicht auch mit einer entsprechend langen bzw. überhaupt einer Bindung des Anbietenden einher. bb) Gewillkürte Annahmefrist Nach englischem Recht steht es dem Anbietenden als Ausfluss der Privatautonomie ebenfalls grundsätzlich frei, eine bestimmte Annahmefrist festzulegen.3852 3847
Cass. civ. 3e, 8.2.1968, n° 65-10600. Cass. civ. 3e, 24.1.2012, n° 10-27965. 3849 Cass. com., 27.4.2011, n° 10-17177. 3850 Cass. civ. 3e, 25.5.2005, n° 03-19411. 3851 Vgl. näher oben C. VIII.3. a) aa) sowie auch noch C. VIII.5. a) aa). 3852 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.38; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 80; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-095; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.02, 4.23; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3848
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
565
Dies kann – und wird häufig durch Angabe eines bestimmten Endtermins erfolgen3853, 3854, aber auch durch Angabe eines Zeitraums3855, 3856 oder eine sonstige zeitliche Konkretisierung (z.B. „by return of post“ [„postwendend“]3857)3858. Zulässig ist auch, die Annahmefrist nachträglich zu verlängern.3859 In Bezug auf eine Fristsetzung in AGB existiert auch im englischen Recht keine dem § 308 Nr. 1 Alt. 1 BGB3860 vergleichbare Regelung; im Einzelfall kann aber u.U. die Generalklausel in r. 5(1) Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations3861, 3862 eingreifen.
3853 Bsp. aus der Rspr.: Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 („This offer to be left over until Friday, 9 o’clock, A.M. … 12th June, 1874“ [„Dieses Angebot steht bis Freitag, 9 Uhr, … 12. Juni 1874“); Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346 at 349 f. („sell for 40s., nett cash, open till Monday“ [„verkaufe für 40s., netto und in bar, gültig bis Montag“]). 3854 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-095; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.05, 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3855 Bsp. aus der Rspr.: Offord v Davies (1862) 12 CB (NS) 748 (Angebot auf Übernahme einer Bürgschaft für ordnungsgemäße Zahlung diskontierter Wechsel für einen Zeitraum von 12 Kalendermonaten); Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 (Angebot zum Kauf von Häusern für 14 Tage gültig); s. ferner auch Great Northern Railway Co v Witham (1873) LR 9 CP 16 (Angebot für einen Zeitraum von 12 Monaten bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis zu liefern; der Zeitraum war allerdings zusätzlich auch noch kalendermäßig angegeben [1.11.1871– 31.10.1872]). 3856 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59. 3857 So etwa im berühmten Fall Tinn v Hoffmann & Co (1873) 29 LT 271 (vgl. zu dieser Entscheidung bereits oben D. III.1. c) [in Bezug auf die Hauptproblematik der Kreuzofferte], speziell zum „return by post“ oben Fn. 3418). 3858 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-095; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.06, 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3859 Vgl. nur Jaffray v Society of Lloyd’s [2002] EWCA Civ 1101 at para. 283 (dort als selbstverständlich vorausgesetzt). Vgl. ferner etwa auch die kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177 at para. 31. 3860 Vgl. dazu oben D. VI.1. a) bb)(3). 3861 Fn. 801. 3862 R. 5: Unfair Terms (1) A contractual term which has not been individually negotiated shall be regarded as unfair if, contrary to the requirement of good faith, it causes a significant imbalance in the parties’ rights and obligations arising under the contract, to the detriment of the consumer. … (Missbräuchliche Klauseln. (1) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.) Vgl. dazu näher Chitty on Contracts (Fn. 495), 15-064 ff.; Treitel (Fn. 491), 7-103 ff. (jeweils m.z.w.N.).
566
D. Annahme
cc) Subsidiär: reasonable time (angemessene Frist) Wenn das Angebot keine spezielle Zeitbeschränkung enthält, gilt es für eine reasonable time (angemessene Frist).3863 Was eine reasonable time ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.3864 Ein wichtiges Kriterium ist dabei zunächst der Vertragsgegenstand.3865 Wenn es sich um verderbliche Waren3866 handelt, oder um Gegenstände, deren Preis plötzlichen Schwankungen unterliegt3867, wird typischerweise eine relativ kurze Annahmefrist angenommen; im Falle der Veräußerung von Grundstücken wird dagegen regelmäßig von einer längeren Annahmefrist ausgegangen3868. Ein weiteres bedeutsames Kriterium ist insbesondere auch das Kommunikationsmittel, mit dem das Angebot kommuniziert wurde.3869 Wenn der Anbietende ein besonders schnelles Kommunikationsmittel verwendet hat (Paradebeispiel war früher das Telegramm, später das Fax, heute die E-Mail), muss auch der Angebotsempfänger grundsätzlich dasselbe oder ein ebenso effektives Kommunikationsmittel verwenden.3870 Im Falle von mündlichen Angebo3863 Vgl. Ramsgate Victoria Hotel Co Ltd v Montefiore (1866) LR 1 Ex 109; Re Bowron Baily & Co, Ex p. Baily (1867-68) LR 3 Ch App 592; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 247; Chemco Leasing SpA v Rediffusion [1987] 1 FTLR 201; LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 18 (Angebot auf Ernennung eines Schiedsrichters betreffend einen Streit über einen Chartervertrag am 31.3., Annahme am 24.12. nicht „within a reasonable time“); Andrews (Fn. 493), 3.38; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 80; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3864 Vgl. Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 247; Chemco Leasing SpA v Rediffusion [1987] 1 FTLR 201; ChenWishart (Fn. 496), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.07, 4.23; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3865 Vgl. die auch im englischen Schrifttum zitierte kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3866 Vgl. die auch im englischen Schrifttum zitierte kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3867 Vgl. die auch im englischen Schrifttum zitierte kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3868 Vgl. die auch im englischen Schrifttum zitierte kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23. 3869 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03, 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064. 3870 Vgl. Quenerduaine v Cole (1883) 32 WR 185 (Telegramm); Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.23; Treitel (Fn. 491), 2-064.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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ten im Rahmen eines persönlichen Gesprächs oder Telefonats wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass das Angebot nur im Verlaufs des Gesprächs angenommen werden kann3871, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt3872. Maßgeblich für die Länge der reasonable time (angemessenen Frist) sind daneben aber vor allem auch die Gesamtumstände des Angebots, einschließlich des Verhaltens der Parteien.3873 So wird im Schrifttum z.B. auch angenommen, dass sich die reasonable time u.U. auch verlängern kann, wenn der Angebotsempfänger zwar noch nicht wirksam angenommen hat, sein Verhalten aber zumindest eine grundsätzliche Annahmebereitschaft zum Ausdruck bringt und der Anbietende Kenntnis hiervon hat.3874 Zur Illustration mögen auch hier einige Beispiele aus der Rechtsprechung dienen: In der grundlegenden Entscheidung Ramsgate Victoria Hotel Co Ltd v Montefiore (1866)3875 hatte ein Mr. Montefiore am 8.6. ein Angebot auf Zeichnung der Aktien der Gesellschaft gemacht; die erst am 23.11. erfolgte Zuteilung der Aktien war nach Auffassung des Gerichts nicht mehr „within a reasonable time“ („innerhalb einer angemessenen Frist“). Als verspätet wurde im Folgejahr dann in Re Bowron Baily & Co, Ex p. Baily3876 auch eine Aktienzuteilung rund 4 Monate nach dem Zeichnungsangebot qualifiziert. Im Fall Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd (1970)3877 entschied der High Court dagegen, dass ein am 26. August gemachtes Angebot betreffend den Kauf eines alten Schulgebäudes am 5. Januar des Folgejahres noch wirksam angenommen werden konnte. In der Rechtssache Chemco Leasing SpA v Rediffusion (1987)3878 qualifizierte der Court of Appeal einen comfort letter (Patronatserklärung) als An3871 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.23 sowie 3.03 (speziell Fn. 13) unter Verweis auf die US-amerikanische Entscheidung Akers v J. B. Sedberry, Inc, 286 S.W.2d 617 (1955). 3872 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.03 (speziell Fn. 13) unter Verweis auf die US-amerikanische Entscheidung Textron, Inc v Froelich, 302 A.2d 426 (1973) (wo das Gericht ausführte, dass eine Jury auf Grund der Umstände zu dem Schluss kommen könnte, dass das Angebot nach Abschluss des Telefonats fortbestanden hatte). 3873 Vgl. die auch im englischen Schrifttum zitierte kanadische Entscheidung Clark v Barrick [1951] SCR 177; vgl. ferner auch Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 247; Chemco Leasing SpA v Rediffusion [1987] 1 FTLR 201; LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 18. 3874 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-097; Treitel (Fn. 491), 2-065; vgl. ferner auch Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 3875 Ramsgate Victoria Hotel Co Ltd v Montefiore (1866) LR 1 Ex 109. 3876 Re Bowron Baily & Co, Ex p. Baily (1867-68) LR 3 Ch App 592. 3877 Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241. 3878 Chemco Leasing SpA v Rediffusion [1987] 1 FTLR 201.
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D. Annahme
gebot der Muttergesellschaft, die Schulden ihrer Tochtergesellschaft zu übernehmen, falls sie ihre Anteile an derselben verkaufen sollte, und sah für die Annahme dieses Angebots einen Zeitraum von 4 Monaten als reasonable time3879 an. In der Entscheidung LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV (2005)3880 judizierte der High Court in einem Streit zwischen den Parteien eines Chartervertrags über Liegegebühren, dass ein am 31. März erfolgtes Angebot auf Ernennung eines Schiedsrichters am 24. Dezember nicht mehr wirksam angenommen werden konnte; aus dem vertraglichen Kontext ergebe sich speziell auch mit Blick auf das in der Schiedsklausel verwendete Wort „forthwith“ („sogleich“), dass kein übermäßig langer Zeitraum gewollt war, so dass die Erklärung im Dezember jedenfalls nicht mehr innerhalb einer reasonable time war. d) CESL-D aa) Das Grundkonzept des Art. 36 CESL-D Gem. Art. 36 CESL-D muss die Annahme grundsätzlich innerhalb einer vom Anbietenden festgelegten Frist erfolgen (vgl. Abs. 1, für die Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden: Abs. 3 Alt. 1; dazu näher unten bb), in Ermangelung einer solchen innerhalb einer „angemessenen Frist“ (vgl. Abs. 2, für die Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden: Abs. 3 Alt. 2; dazu näher unten cc). Art. 36 CESL-D Annahmefrist / Time limit for acceptance / Délai d’acceptation Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Die Annahme des An- (1) An acceptance of an (1) L’acceptation d’une ofgebots ist nur wirksam, offer is effective only if fre ne produit ses effets wenn sie dem Anbieit reaches the offeror que si elle parvient à tenden innerhalb der within any time limit l’offrant dans toutdélai von ihm im Angebot stipulated in the offer qu’il a indiqué dans l’ofgesetzten Frist zugeht. by the offeror. fre. (2) Hat der Anbietende (2) Where no time limit (2) Lorsqu’aucun délai n’a keine Frist gesetzt, so has been fixed by the été fixé par l’offrant, ist die Annahme nur offeror the acceptance l’acceptation ne produit wirksam, wenn sie ihm is effective only if it ses effets que si elle parinnerhalb einer angereaches the offeror vient à celui-ci dans un messenen Frist nach der within a reasonable délai raisonnable après Abgabe des Angebots time after the offer was la soumission de l’offre. zugeht. made. 3879 Zusammengesetzt aus einer prima facie-Frist von 3 Monaten und einem weiteren Monat, weil zunächst nicht ganz klar gewesen war, ob überhaupt ein Verkauf stattgefunden hatte. 3880 LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 18.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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Art. 36 CESL-D Annahmefrist / Time limit for acceptance / Délai d’acceptation Deutsch
Englisch
Französisch
(3) Kann das Angebot (3) Where an offer may be (3) Lorsqu’une offre peut durch Vornahme einer accepted by doing an être acceptée par l’acHandlung ohne Mitteiact without notice to complissement d’un acte lung an den Anbietenthe offeror, the acceptsans notification à l’ofden angenommen werance is effective only if frant, l’acceptation ne den, so ist die Annahme the act is done within produit ses effets que si nur wirksam, wenn die the time for acceptance cet acte est accompli Handlung innerhalb fixed by the offeror or, dans le délai fixé par der vom Anbietenden if no such time is fixed, l’offrant ou, à défaut, gesetzten Annahmefrist within a reasonable dans un délai raisonnaoder, wenn eine solche time. ble. Frist nicht gesetzt worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist vorgenommen wird.
Damit übernimmt der CESL-D – mit einigen kleinen Modifikationen – die Regelung in Art. II.-4:206 DCFR3881 und Art. 2:206 PECL3882. Inhaltlich weitge3881 Art. II.-4:206 DCFR: Time limit for acceptance. (1) An acceptance of an offer is effective only if it reaches the offeror within the time fixed by the offeror. (2) If no time has been fixed by the offeror the acceptance is effective only if it reaches the offeror within a reasonable time. (3) Where an offer may be accepted by performing an act without notice to the offeror, the acceptance is effective only if the act is performed within the time for acceptance fixed by the offeror or, if no such time is fixed, within a reasonable time. (Annahmefrist. (1) Die Annahme eines Angebots ist nur wirksam, wenn sie dem Anbietenden innerhalb der von ihm gesetzten Frist zugeht. (2) Hat der Anbietende keine Frist gesetzt, so ist die Annahme nur wirksam, wenn sie ihm innerhalb einer angemessenen Frist zugeht. (3) Kann das Angebot durch Vornahme einer Handlung ohne Mitteilung an den Anbietenden angenommen werden, so ist die Annahme nur wirksam, wenn die Handlung innerhalb der vom Anbietenden gesetzten Annahmefrist oder, wenn eine solche Frist nicht gesetzt worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist vorgenommen wird.) 3882 Art. 2:206 PECL: Annahmefrist. (1) Um wirksam zu sein, muss die Annahme eines Angebots dem Anbietenden innerhalb der von diesem gesetzten Frist zugehen. (2) Wenn der Anbietende keine Frist gesetzt hat, muss ihm die Annahme innerhalb einer angemessenen Frist zugehen. (3) Im Falle einer Annahme durch Vornahme einer Handlung gemäß Artikel 2:205(3) muss diese Handlung innerhalb der Frist vorgenommen werden, die der Anbietende für die Annahme gesetzt hat oder, wenn eine solche Frist nicht gesetzt worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist.
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D. Annahme
hend kongruente Regelungen finden sich auch in Art. 2.1.7 PICC3883 und Art. 18 Abs. 2 S. 2 und 3 CISG3884, ebenso ferner auch bereits in Art. 8 EAG3885. Die spezielle Regelung des Art. 36 Abs. 3 CESL-D für den Fall der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden3886 erklärt sich daraus, dass der Vertrag hier ausnahmsweise nicht mit dem Zugang der Annahmeerklärung beim Anbietenden bzw. dessen Kenntniserlangung vom annahmeäquivalenten Verhalten des Angebotsempfängers zustande kommt (vgl. Art. 35 Abs. 1 und 2 CESL-D3887), sondern sobald der Empfänger zu handeln beginnt (vgl. Art. 35 Abs. 3 CESL-D3888) und damit konsequenterweise auch in Bezug auf die Wahrung der Annahmefrist hierauf abgestellt werden muss. Die Regelung ist insofern allerdings in einem entscheidenden Punkt grob missglückt: Denn während Art. 35 Abs. 3 CESL-D bestimmt, dass der Vertrag geschlossen ist, sobald der Empfänger zu handeln beginnt, soll die Annahme gem. Art. 36 Abs. 3 CESL-D nur wirksam sein, wenn die Handlung innerhalb der maßgeblichen Annahmefrist vorgenommen wird. Dieses evident absurde Paradoxon ist im Wege einer historisch-systematisch-teleologischen Auslegung sinnvollerweise dahin aufzulösen, dass es auch in Bezug auf die Wahrung der Annahmefrist genügt, wenn der Angebotsempfänger innerhalb derselben 3883
Art. 2.1.7 PICC: Frist für Annahme. Ein Angebot muss innerhalb der Frist angenommen werden, die der Anbietende gesetzt hat oder, bei Fehlen einer solchen Frist, innerhalb einer angemessenen Frist; dabei sind die Umstände, einschließlich der Schnelligkeit der vom Anbietenden gewählten Übermittlungsart zu berücksichtigen. 2Ein mündliches Angebot muss sofort angenommen werden, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. 3884 Art. 18 Abs. 2 CISG 1 Die Annahme eines Angebots wird wirksam, sobald die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden zugeht. 2Sie wird nicht wirksam, wenn die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist oder, bei Fehlen einer solchen Frist, innerhalb einer angemessenen Frist zugeht; dabei sind die Umstände des Geschäfts einschließlich der Schnelligkeit der vom Anbietenden gewählten Übermittlungsart zu berücksichtigen. 3Ein mündliches Angebot muß sofort angenommen werden, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. 3885 Art. 8 EAG (1) 1Die Annahmeerklärung ist nur wirksam, wenn sie dem Anbietenden innerhalb der von ihm gesetzten Frist oder, in Ermangelung einer solchen Fristsetzung, innerhalb angemessener Frist zugeht, wobei die Umstände des Geschäfts, die Schnelligkeit der vom Anbietenden gewählten Übermittlungsart und die Gebräuche zu berücksichtigen sind. 2Bei einem mündlichen Angebot muß die Annahme sofort erklärt werden, wenn sich nicht aus den Umständen ergibt, daß der Empfänger eine Überlegungsfrist haben soll. (2) Wird die Annahmefrist vom Anbietenden in einem Brief oder in einem Telegramm festgesetzt, so wird vermutet, daß die Frist beim Brief mit dem darin angegebenen Datum, beim Telegramm mit Tag und Stunde seiner Aufgabe beginnt. (3) Besteht die Annahme in einer der in Artikel 6 Absatz 2 bezeichneten Handlungen, so ist sie nur wirksam, wenn die Handlung innerhalb der Frist nach Absatz 1 vorgenommen wird. 3886 Vgl. dazu bereits näher oben D. V.1. d) bb). 3887 Vgl. dazu näher unten D. VII.4. b), D. VII.4. c) aa). 3888 Vgl. dazu näher unten D. VII.4. c) bb). 1
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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zu handeln beginnt. Davon gingen ganz offensichtlich auch die Verfasser der Vorbildregelungen in DCFR und PECL wo sich im Text der jeweiligen Vorschriften ebenfalls bereits derselbe Formulierungswiderspruch fand – aus, denn in der jeweiligen Begründung heißt es ausdrücklich, dass es für die Wahrung der Annahmefrist darauf ankommt, dass innerhalb derselben mit der Vornahme der Handlung begonnen wurde3889. Obgleich sich der Widerspruch, wie gezeigt, im Wege der Auslegung auflösen lässt, wäre es freilich höchst wünschenswert, dass der Wortlaut des Art. 36 Abs. 3 CESL-D im Zuge des weiteren Legislativverfahrens noch entsprechend korrigiert wird. Aus konzeptioneller Perspektive ist im Übrigen hervorzuheben, dass im Rahmen des CESL-D auf Grund des – wie bereits oben näher darlegt insgesamt nicht überzeugenden3890 Kompromissmodells bezüglich der Widerruflichkeit des Angebots3891 keine generelle, sondern nur eine partielle Konnexität zwischen Annahmefrist und Bindung an das Angebot besteht. Nur wenn das Angebot eine feste Annahmefrist bestimmt (vgl. Art. 36 Abs. 1, Abs. 3 Alt. 1 CESL-D)3892, geht mit dieser grundsätzlich3893 auch eine entsprechend lange Bindung an das Angebot einher (vgl. Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D3894). Ist dies nicht der Fall, so ist der Anbietende während der dann geltenden „angemessenen Frist“ (Art. 36 Abs. 2, Abs. 3 Alt. 2 CESL-D3895) nur dann gebunden, wenn (und solange) das Angebot im konkreten Fall entweder gem. Art. 32 Abs. 3 lit. a CESL-D (Manifestation der Unwiderruflichkeit)3896 oder gem. Art. 32 Abs. 3 lit. c CESL-D (betätigtes Vertrauen)3897 bindend ist. bb) Gewillkürte Annahmefrist Als Ausfluss des Grundprinzips der Privatautonomie steht es dem Anbietenden auch im Rahmen des CESL-D frei, eine bestimmte Annahmefrist festzusetzen (vgl. Art. 36 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 sowie Art. 32 Abs. 1 lit. b CESL-D3898). Dies kann ausdrücklich durch Fixierung eines bestimmten Endtermins3899 3889 Vgl. in Bezug auf Art. II.-4:206(3) DCFR: Art. II.-4:206 DCFR Comment D; in Bezug auf Art. 2:206 PECL: Art. 2:206 PECL Kommentar D. 3890 Vgl. dazu näher oben C. VIII.4. a). 3891 Vgl. näher oben C. VIII.5. a) bb)(4), C. VIII.5. a) bb)(5). 3892 Vgl. dazu näher unten D. VI.1. d) bb). 3893 Es sei denn, der Anbietende hat die Bindung speziell ausgeschlossen, vgl. zu dieser Möglichkeit oben C. VIII.4. a) cc)(2) a.E. 3894 Vgl. dazu näher oben C. VIII.4. a) cc)(2). 3895 Vgl. dazu näher unten D. VI.1. d) cc). 3896 Vgl. dazu näher oben C. VIII.4. a) cc)(1). 3897 Vgl. dazu näher oben C. VIII.4. a) cc)(3). 3898 Vgl. dazu näher oben C. VIII.4. a) cc)(2). 3899 Vgl. zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR: Art. II.-4:202 DCFR Comment F; zu Art. 2:202 (3)(b) PECL: Art. 2:202 PECL Kommentar F; zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 49; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 14; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 14; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 27; zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 2.
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D. Annahme
(Bsp.: „bis zum 1. Januar gültig“ oder „erlischt am 1. September“3900) oder eines konkreten Zeitraums3901 (z.B.: „2 Wochen ab Zugang dieser Erklärung“) geschehen.3902 Eine Fristsetzung kann aber auch durch eine sonstige zeitliche Konkretisierung erfolgen, z.B. durch Bezugnahme auf ein Ereignis, dessen Zeitpunkt bestimmt oder bestimmbar ist (Bsp.: „bis zur Frankfurter Buchmesse“) oder auch durch Angaben wie „Antwort postwendend“ oder „umgehende Antwort“3903. Gerade bei solch relativ unbestimmten Zeitbegriffen wie „umgehende Antwort“ oder „prompt“ etc. wird es allerdings letztlich stets eine Frage der Auslegung im Einzelfall sein, ob sich hieraus mit Blick auf die konkreten Umstände und etwaige (Handels-)Bräuche oder Gepflogenheiten zwischen den Parteien eine Fristbestimmung entnehmen lässt oder nicht.3904 Die Länge der Annahmefrist steht grundsätzlich im freien Belieben des Anbietenden.3905 Im Falle einer Fristsetzung in AGB ist jedoch bei B2C-Verträgen Art. 85 lit. o CESL-D3906 zu beachten, wonach bei Klauseln, die es dem Unternehmer gestatten, sich eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorzube-
3900 So die Beispiele zu Art. II.-4:202(3)(b) DCFR (vgl. Art. II.-4:202 DCFR Comment F) und Art. 2:202(3)(b) PECL (vgl. Art. 2:202 PECL Kommentar F). 3901 Vgl. zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 2; zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 49; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 14; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 14; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 27. 3902 Vgl. auch bereits oben C. VIII.4. a) cc)(2). 3903 Vgl. zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 49; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 25; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 14; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 14; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 27. 3904 Vgl. zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 49; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 14. Nach der Begründung zu den Vorläufern in DCFR und CISG soll der bloße Rat, schnell zu antworten, nicht ausreichen, vgl. bereits oben C. VIII.4. a) cc)(2) bei Fn. 2754 f. 3905 Vgl. zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 26; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 22a. 3906 Art. 85 lit. o CESL-D Für die Zwecke dieses Abschnitts besteht die Vermutung, dass eine Vertragsbestimmung unfair ist, wenn deren Zweck oder Wirkung darin besteht, … o) es dem Unternehmer zu gestatten, sich eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorzubehalten; (A contract term is presumed to be unfair for the purposes of this Section if its object or effect is to: … o) allow a trader to reserve an unreasonably long or inadequately specified period to accept or refuse an offer; / Aux fins de la présente section, une clause contractuelle est présumée abusive si elle a pour objet ou pour effet: … o) d’autoriser le professionnel à se réserver un délai excessif ou insuffisamment spécifié pour accepter ou refuser une offre). Diese Regelung, die kein Pendant in der Klausel-RL (Fn. 237) hat, beruht ganz offensichtlich auf dem Vorbild des § 308 Nr. 1 Alt. 1 BGB.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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halten, die Unfairness vermutet wird; bei B2B-Verträgen kann im Einzelfall ggf. die Generalklausel des Art. 86 CESL-D3907 einschlägig sein.3908 3907
Art. 86 CESL-D: Bedeutung von „unfair“ in Verträgen zwischen Unternehmern (1) In einem Vertrag zwischen Unternehmern gilt eine Vertragsbestimmung für die Zwecke dieses Abschnitts nur dann als unfair, wenn (a) sie Bestandteil von nicht individuell ausgehandelten Vertragsbestimmungen im Sinne von Artikel 7 ist und (b) so beschaffen ist, dass ihre Verwendung unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht. (2) Bei der Prüfung der Unfairness einer Vertragsbestimmung für die Zwecke dieses Abschnitts ist Folgendes zu berücksichtigen: (a) das Wesen des Vertragsgegenstands, (b) die Umstände des Vertragsschlusses, (c) die übrigen Vertragsbestimmungen und (d) die Bestimmungen sonstiger Verträge, von denen der Vertrag abhängt. (Meaning of „unfair“ in contracts between traders (1) In a contract between traders, a contract term is unfair for the purposes of this Section only if: (a) it forms part of not individually negotiated terms within the meaning of Article 7; and (b) it is of such a nature that its use grossly deviates from good commercial practice, contrary to good faith and fair dealing. (2) When assessing the unfairness of a contract term for the purposes of this Section, regard is to be had to: (a) the nature of what is to be provided under the contract; (b) the circumstances prevailing during the conclusion of the contract; (c) the other contract terms; and (d) the terms of any other contract on which the contract depends / Signification de l’expression „clause abusive“ en ce qui concerne les contrats entre professionnels (1) Dans un contrat entre professionnels, une clause contractuelle n’est abusive aux fins de la présente section, que si: (a) elle fait partie des clauses qui n’ont pas fait l’objet d’une négociation individuelle au sens de l’article 7; et (b) qu’elle est de nature telle que son application s’écarte manifestement des bonnes pratiques commerciales, contrairement au principe de bonne foi et de loyauté. (2) Lors de l’appréciation du caractère abusif d’une clause contractuelle aux fins de la présente section, les éléments suivants sont à prendre en considération: (a) la nature de la prestation contractuelle à fournir; (b) les circonstances qui ont entouré la conclusion du contrat; (c) les autres clauses du contrat; et (d) les clauses de tout autre contrat dont dépend le contrat.) 3908 Vgl. allg. zum AGB-Recht im CESL-D etwa: Ayad/Schnell BB 2012, 1487, 1491 f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann JZ 2012, 269, 278 ff.; Ernst, Das AGBRecht des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, 2012, S. 93 ff.; Hellwege IHR 2012, 221, 226 ff.; Jansen ZEuP 2012, 741, 754 ff., 769 ff.; Loos ZEuP 2012, 776 ff.; Möslein, Kontrolle vorformulierter Vertragsklauseln, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 255 ff.; von Westphalen ZIP 2012, 1985, 1987 ff.; Zöchling-Jud AcP 212 (2012) 550, 571; bereits in Bezug auf die Feasibility Study (Fn. 7): De Cristofaro, „Invalidity“ of Contracts and Contract Terms in the Feasibility Study on a Future Instrument For European Contract Law, in: Schulze/Stuyck (eds.), Towards a European Contract Law, 2011, S. 97, 104 ff.
574
D. Annahme
Nach dem Wortlaut des Art. 36 Abs. 1 CESL-D muss die Fristsetzung „im Angebot“ („in the offer“/„dans l’offre“) erfolgen. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollte es aber zumindest zulässig sein, dass der Anbietende die Frist durch Erklärung gegenüber dem Angebotsempfänger nachträglich verlängert3909 bzw. nachträglich eine über die subsidiäre „angemessene Frist“ hinausgehende Frist setzt, denn dies ist für den Angebotsempfänger lediglich vorteilhaft. cc) Subsidiär: „angemessene Frist“ Wenn der Anbietende keine Frist gesetzt hat (bzw. die Fristsetzung aus irgendwelchen Gründen unwirksam ist3910), gilt eine „angemessenen Frist“ (Art. 36 Abs. 2 CESL-D, für die Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden: Art. 36 Abs. 3 Alt. 2 CESL-D). Maßgeblich für die Bestimmung der konkret angemessenen Frist (reasonable time/délai raisonnable) sind sämtliche Umstände des Einzelfalls.3911 Der CESL-D hat insoweit – anders als Art. 2.1.7 PICC3912, Art. 18 Abs. 2 CISG3913 und Art. 8 EAG3914, aber ebenso wie bereits Art. II.-4:206 DCFR3915 und Art. 2:206 PECL3916 davon abgesehen, auch nur beispielhaft bestimmte Kriterien zu nennen oder eine spezielle Regelung für mündliche Angebote3917 zu treffen. Auch für Letztere gilt vielmehr die allgemeine Formel der „angemessen Frist“. Wenngleich es somit letztlich nach dem angesichts der Genese der Vorschrift unmissverständlichen Willen der Verfasser des CESL-D ausschließlich auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt, liefern die Materialien zu Art. II.-4:206 DCFR3918 und Art. 2:206 PECL3919 sowie die spezifischeren Regelungen in Art. 2.1.7 PICC3920, Art. 18 Abs. 2 CISG3921 und 3909 Ebenso zu Art. 18 Abs. 2 CISG etwa auch Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 22a. 3910 Art. 36 Abs. 2, Abs. 3 Alt. 2 CESL-D setzen naturgemäß eine wirksame Fristsetzung voraus. 3911 Vgl. zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10; Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 51; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 18; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15 f.; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 28 ff. 3912 Fn. 3883. 3913 Fn. 3884. 3914 Fn. 3885. 3915 Fn. 3881. 3916 Fn. 3882. 3917 Gegen eine spezielle Regelung für mündliche Angebote hatte es allerdings bereits im Rahmen der Beratungen zum EAG Widerstand gegeben; das UK hatte sich – unterstützt von den USA und Israel – dafür eingesetzt, dass auch hier die allgemeine Regelung der „reasonable time“ gelten sollte, vgl. von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 129. 3918 Fn. 3881. 3919 Fn. 3882. 3920 Fn. 3883. 3921 Fn. 3884.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
575
Art. 8 EAG3922 (einschließlich der Literatur und Rechtsprechung hierzu) zumindest wertvolle Anhaltspunkte hinsichtlich der (potenziell) maßgeblichen Faktoren. Ein wichtiges Kriterium ist danach zunächst die Schnelligkeit des vom Anbietenden gewählten Kommunikationsmittels.3923 Wenn der Anbietende ein relativ schnelles Kommunikationsmittel (z.B. Fax, E-Mail) gewählt hat, wird man vom Angebotsempfänger erwarten können, dass er ein mindestens ebenso schnelles bzw. effektives Kommunikationsmittel verwendet.3924 Bei mündlichen Angeboten wird die „angemessene Frist“ im Regelfall – analog der entsprechenden ausdrücklichen Regelung in Art. 2.1.7 S. 2 PICC3925 und Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG3926 (sowie auch bereits Art. 8 Abs. 1 S. 2 EAG3927) „sofort“ bedeuten, sofern sich nicht aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Anbietende dem Angebotsempfänger eine längere Überlegungsfrist zubilligen wollte3928. „Sofort“ meint dabei – entsprechend der etablierten Auslegungspraxis zu Art. 2.1.7 S. 2 PICC3929, 3930 und Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG3931, 3932 sowie § 147 Abs. 1 BGB3933 so rasch wie objektiv möglich, d.h. regelmäßig in unmittelbarem zeitlichem Anschluss (ohne dass es, wie bei „unverzüglich“, auf ein Verschulden ankommt). Dem „mündlichen“ Angebot 3922
Fn. 3885. Vgl. ausdrücklich Art. 2.1.7 S. 1 Hs. 2 PICC (Fn. 3883), Art. 18 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 CISG (Fn. 3884) sowie auch bereits Art. 8 Abs. 1 Hs. 1 EAG (Fn. 3885); s. ferner zu Art. II.-4:206 DCFR: Art. II.-4:206 DCFR Comment C; zu Art. 2:206 PECL: Art. 2:206 PECL Kommentar C. Vgl. ferner in Bezug auf den CESL-D auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.c. 3924 Vgl. zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10; zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 29; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 18; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 18; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 24; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 28; s. ferner auch OLG Dresden IHR 2011, 142, 145 (dazu noch näher unten bei Fn. 3947). Differenzierter dagegen etwa Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 52. 3925 Fn. 3883. 3926 Fn. 3884. 3927 Fn. 3885. 3928 Vgl. zu solchen Umständen im Rahmen des CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 46; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 17; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 20; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 28; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 16; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 31; im Rahmen der PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 5. 3929 Fn. 3883. 3930 Vgl. zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 5. 3931 Fn. 3884. 3932 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 45 („noch während des Gesprächs“); Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 16 („in unmittelbarem zeitlichen Anschluss“); Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 26 f. („unmittelbare Reaktion kommunikationstechnisch erlaubt“); Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15 („zeitlich unmittelbar … anschließend“); Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 32 („immediately follow the time the when the offer was made“ [„in unmittelbarem Anschluss an das Angebot“]). 3933 Vgl. dazu oben D. VI.1. a) cc)(1)D. VI.1. a) cc)(1). 3923
576
D. Annahme
i.e.S. gleichzustellen sind insoweit – ebenfalls in Anlehnung an die etablierten Auslegungspraxis zu Art. 2.1.7 S. 2 PICC3934, 3935 und Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG3936, 3937 sowie § 147 Abs. 1 BGB3938 alle sonstigen Kommunikationsformen, bei denen eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation stattfindet, wie z.B. Telefonate, Videokonferenzen oder Online-Chats. Weiteres bedeutsames Kriterium ist der Vertragsgegenstand.3939 So wird die Annahmefrist bei einem Angebot betreffend Waren, die verderblich3940 oder starken Marktfluktuationen unterworfen sind3941, typischerweise eher kurz sein. Bei wirtschaftlich besonders bedeutsamen oder komplexen Geschäften wird man dem Angebotsempfänger dagegen regelmäßig eine längere Überlegungszeit zubilligen müssen, zumal er hier legitimerweise häufig auch weitere Informationen einholen bzw. sich beraten lassen wollen wird.3942 Ferner kann die Länge der „angemessenen Frist“ u.U. insbesondere auch durch ggf. existierende (Handels-)Bräuche in bestimmten Branchen3943 oder zwischen den Parteien etablierte Gepflogenheiten beeinflusst werden. 3934
Fn. 3883. Vgl. zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 5. 3936 Fn. 3884. 3937 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 42; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 34; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 15; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 21; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 26 f.; Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 3; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 17; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 33. 3938 Vgl. dazu oben D. VI.1. a) cc)(2). 3939 Vgl. zu II.-4:206 DCFR: II.-4:206 DCFR Comment C; zu Art. 2:206 PECL: Art. 2:206 PECL Kommentar C; zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 52; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 30; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 29; zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10. Vgl. ferner in Bezug auf den CESL-D auch Harvey/ Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.c. 3940 Vgl. zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 52; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 30; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 29; zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10. 3941 Vgl. zu II.-4:206 DCFR: II.-4:206 DCFR Comment C; zu Art. 2:206 PECL: Art. 2:206 PECL Kommentar C; zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 52; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 30; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 29; zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10. 3942 Vgl. zu II.-4:206 DCFR: II.-4:206 DCFR Comment C; zu Art. 2:206 PECL: Art. 2:206 PECL Kommentar C (jeweils mit dem Beispiel eines Vertrags über die Errichtung eines Gebäudes); zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 52; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 30; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 19; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 18; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 23: Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 29; zu Art. 2.1.7 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.7 para. 10. Vgl. ferner in Bezug auf den CESL-D auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.c. 3943 Vgl. zu Art. 18 Abs. 2 CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 31; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 15; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 29. 3935
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
577
Ausschlaggebend sind aber letztlich trotz allem – wie nochmals zu betonen ist – stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.3944 Dies lässt sich auch anhand einiger Beispiele aus der Judikatur zum CISG anschaulich exemplifizieren: So hat etwa das LG Bielefeld entschieden, dass ein per Fax gemachtes Angebot betreffend die Lieferung von 200 t Speck nach 2 Wochen noch wirksam genommen werden konnte.3945 Das LG Hamburg erachtete die Annahme eines Angebots betreffend die Lieferung von Natursteinen für ein Bauvorhaben erst nach 2 Monaten dagegen als verspätet.3946 Das OLG Dresden judizierte in einem Urteil vom 30.11.2010, in dem es um ein am 23. März per E-Mail erfolgtes Angebot eines deutschen an ein dänisches Unternehmen betreffend den Kauf von Lingerie ging, dass generell zweifelhaft sei, ob ein per E-Mail gemachtes Angebot per Post angenommen werden kann; die Annahme hätte aber in jedem Fall zeitnah, d.h. jedenfalls noch im März, erfolgen müssen.3947 e) Rechtsvergleichende Würdigung aa) Konzeptionelle Klassifikation der Annahmefristen Aus rechtsvergleichender Perspektive ist zunächst hervorzuheben, dass die konzeptionelle Bedeutung der Annahmefristen innerhalb des Gesamtsystems des Vertragsschlussprozesses in den einzelnen Rechtsordnungen signifikant divergiert: Im deutschen Recht existiert eine generelle Konnexität zwischen Bindungsfrist für den Anbietenden einerseits und Annahmefrist für den Angebotsempfänger andererseits, die Annahmefrist ist konzeptionell Pendant zur Bindungsfrist des Anbietenden.3948 Diametral entgegengesetzt dagegen das englische Recht3949: Auf Grund des strikten Prinzips der freien Widerruflichkeit besteht dort konzeptionell keinerlei Konnexität zwischen Bindungs- und Annahmefrist, der Zeitraum der Annahmefähigkeit des Angebots geht also gerade nicht auch mit einer entsprechend langen bzw. überhaupt einer Bindung des Anbietenden einher. Ähnlich fehlte es traditionell auch im französischen Recht3950 auf Grund des historisch-konzeptionellen Grundprinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots an jeglicher Konnexität zwischen Annahmefrist und Bindung an das Angebot. Heute stellt sich die Rechtslage jedoch auf Grund des fundamentalen Revirements der Rechtsprechung, das dazu geführt hat, dass die zeitlich 3944 3945 3946 3947 3948 3949 3950
Vgl. auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.c. LG Bielefeld v. 18.1.1991, CISG-online 174. LG Hamburg v. 21.12.2001, CISG-online 1092. OLG Dresden IHR 2011, 142, 145. Vgl. oben D. VI.1. a) aa). Vgl. oben D. VI.1. c) aa). Vgl. oben D. VI.1. b) aa).
578
D. Annahme
begrenzte Bindungswirkung des Angebots de facto zum Regelfall geworden ist, grundlegend anders dar; ob damit nun jedoch tatsächlich eine generelle, der deutschen Konzeption vollkommen äquivalente Konnexität zwischen Annahme- und Bindungsfrist gilt, ist angesichts der fortbestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Bedeutung der Bindungswirkung (Stichwort: Vertragsschluss oder doch weiterhin nur Schadensersatz?) jedenfalls derzeit noch mit einem Caveat zu versehen. Im CESL-D3951 schließlich besteht infolge des Kompromissmodells bezüglich der Widerruflichkeit des Angebots keine generelle, sondern nur eine partielle Konnexität zwischen Annahmefrist und Bindung an das Angebot, nämlich nur wenn und insoweit, als das Angebot nach Art. 32 Abs. 3 CESL-D bindend ist. bb) Materielle Ausgestaltung Ungeachtet dieser konzeptionellen Divergenzen ist jedoch in materieller Hinsicht eine weitestgehende Kongruenz zu konstatieren. Sowohl das deutsche3952, französische3953 und englische3954 Recht als auch der CESL-D3955 eröffnen dem Anbietenden als Ausfluss des fundamentalen Prinzips der Privatautonomie – die Möglichkeit, selbst eine Annahmefrist zu bestimmen und stellen grundsätzlich auch deren Länge in sein freies Belieben. Im französischen Recht bestehen allerdings für bestimmte Fälle gesetzliche Mindestvorgaben. Spezielle Grenzen existieren darüber hinaus in allen Rechtsordnungen für Fristsetzungen in AGB, wobei deren Umfang allerdings deutlich variiert: Im deutschen Recht und – aufbauend auf dessen Vorbild – auch im CESL-D existiert jeweils ein spezielles Klauselverbot (§ 308 Nr. 1 BGB bzw. Art. 85 lit. o CESL-D), im englischen und französischen Recht können sich dagegen lediglich im Einzelfall aus der jeweiligen AGB-rechtlichen Generalklausel Schranken ergeben. Weitgehender Gleichlauf besteht auch in Bezug auf die für den Fall, dass keine wirksame Fristsetzung erfolgt ist, subsidiär geltenden Standards.3956 In formal-systematischer Hinsicht bestehen zwar insofern Divergenzen, als nur im deutschen Recht speziell zwischen Angeboten gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden differenziert und im ersteren Fall als gesetzlicher Regelfall eine sofortige Annahme verlangt wird, im zweiten dagegen maßgeblich ist, bis wann der Anbietende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (und zudem für die Fälle des § 151 S. 1 3951
Vgl. oben D. VI.1. d) aa). Vgl. oben D. VI.1. a) bb). 3953 Vgl. oben D. VI.1. b) bb). 3954 Vgl. oben D. VI.1. c) bb). 3955 Vgl. oben D. VI.1. d) bb). 3956 Vgl. dazu oben D. VI.1. a) cc) (deutsches Recht), D. VI.1. b) cc) (französisches Recht), D. VI.1. c) cc) (englisches Recht) und D. VI.1. d) cc) (CESL-D). 3952
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
579
BGB noch die Sonderregelung des § 151 S. 2 BGB existiert). In der Sache besteht damit aber kein wirklich bedeutsamer materieller Unterschied zu der nach französischem und englischem Recht sowie dem CESL-D jeweils allgemein-generell geltenden angemessenen Frist (reasonable time/délai raisonnable). Deren Länge bestimmt sich jeweils – ebenso wie i.E. auch die Frist nach § 147 Abs. 2 BGB nach sämtlichen Gesamtumständen des konkreten Einzelfalls und auch hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Faktoren besteht sehr große Übereinstimmung. Ausschlaggebend sind überall insbesondere die Geschwindigkeit des vom Anbietenden verwendeten Kommunikationsmittels (insoweit gilt überall eine Art „Korrespondenzprinzip“ zwischen Kommunikationsmittel für Angebot und Annahme), der Vertragsgegenstand, Tragweite und wirtschaftliche Bedeutung des Geschäfts sowie ggf. bestehende (Handels-) Bräuche. Kein in der Sache wirklicher signifikanter Unterschied resultiert schließlich auch aus der deutschen Sonderregelung für Angebote gegenüber Anwesenden: Denn praktisch gelangen im Falle unmittelbarer zeitgleicher Kommunikation auch das französische und englische Recht sowie der CESLD auf der Basis der generellen angemessenen Frist (reasonable time/délai raisonnable) zu dem Ergebnis, dass die Annahme grundsätzlich noch während der jeweiligen Kommunikation (Gespräch, Telefonat, Chat etc.) in unmittelbarem Anschluss an das Angebot erfolgen muss.
2. Rechtsfolgen einer verspäteten Annahmeerklärung a) Deutsches Recht Im deutschen Recht stellt sich die Problematik einer verspäteten Annahmeerklärung eigentlich nur im Falle eines Angebots unter Abwesenden, das nicht ausnahmsweise gem. § 151 S. 1 BGB3957 nicht empfangsbedürftig ist und bei dem der Anbietende nicht ausnahmsweise eine von der Regel des § 147 Abs. 1 BGB (Erfordernis der sofortigen Annahme)3958 abweichende Annahmefrist bestimmt hat; denn nur in diesem Fall besteht überhaupt ein Transportrisiko.3959 Das BGB differenziert dann in den §§ 149, 150 Abs. 1 BGB danach, ob die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt wurde: aa) Die Grundregel des § 150 Abs. 1 BGB Nach § 150 Abs. 1 BGB gilt eine verspätete Annahme grundsätzlich als neues Angebot. Diese Regelung war so bereits von Anfang an in den verschiedenen
3957 3958 3959
Vgl. dazu näher oben D. V.1. a) bb)(1). Vgl. dazu näher oben D. VI.1. a) cc)(2). Vgl. auch Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 2.
580
D. Annahme
Entwürfen des BGB enthalten (vgl. § 17 S. 1 TE-OR (Nr. 9)3960, § 88 Abs. 1 E I3961, § 123 Abs. 1 E II3962). Dahinter steht die Erwägung, dass eine verspätete Annahme zwar als solche nicht mehr wirksam sein kann, weil das Angebot mit Ablauf der Annahmefrist erloschen ist (vgl. § 146 Alt. 2 BGB3963), sie jedoch gleichwohl die Erklärung enthält, den angebotenen Vertrag schließen zu wollen, und daher als neues Angebot zu werten ist.3964 Voraussetzung ist aber freilich, dass die Erklärung – abgesehen von der Verspätung – alle Voraussetzungen einer wirksamen Annahmeerklärung erfüllt3965, d.h. erforderlich sind insbesondere Rechtsbindungswille3966 und hinreichende Bestimmtheit (wobei sich Letzteres i.d.R. bereits aus der Bezugnahme auf das Angebot ergibt3967). Für die Annahme dieses „neuen“ Angebots durch den ursprünglichen Anbietenden gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln.3968 Allerdings wird seine Annahmeerklärung gem. § 151 S. 1 BGB häufig (allerdings nicht immer3969) nicht empfangsbedürftig sein.3970 Darüber hinaus wird man – wie bereits oben dargelegt3971 auch ein Schweigen des Erstofferenten auf die verspätete Annahme regelmäßig als Annahme qualifizieren können (zumindest sofern keine Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Änderung seiner sachlichen Entschließung nahelegen).
3960
§ 17 S. 1 TE-OR (Nr. 9): Die verspätete Annahme des Vertragsantrags gilt als neuer An-
trag. 3961
§ 88 Abs. 1 E I: Die verspätete Annahme des Vertragsantrages gilt als ein neuer Antrag. § 123 Abs. 2 E II § 150 Abs. 1 BGB. 3963 Vgl. dazu bereits oben C. VIII.1. c) bb)(2). 3964 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 209; Mot. I, 175 = Mugdan I, 448; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1; Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 94; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 1; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 78; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 3. 3965 Vgl. Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1a; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 2; s. ferner auch Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 3 3966 Vgl. allg. zur Abgrenzung von Annahme und Erklärungen ohne Rechtsbindungswillen im deutschen Recht oben D. II.1. und D. II.2. a). 3967 Vgl. OLG München OLGZ 1978, 444, 446 f.; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 150 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 2. 3968 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 5 f. 3969 Vgl. OLG Hamburg VersR 1988, 1169 (Versicherungsvertrag); OLG Köln NJW 1990, 1051 (hohes Hypothekendarlehen); LG Aachen ZfS 1990, 89 (Versicherungsvertrag); LG München I, NJW-RR 1992, 244 (Direktunterrichtsvertrag). 3970 Vgl. OLG Karlsruhe WRP 1990, 51, 52 f.; OLG Düsseldorf MDR 1993, 26; Armbrüster (Fn. 223), § 150 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 6; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 6. 3971 Vgl. oben D. V.2. b) aa)(2)(b) bei Fn. 3467 f. 3962
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
581
Ebenso wie bei § 150 Abs. 2 BGB handelt es sich aber auch bei § 150 Abs. 1 BGB nur um eine widerlegliche Auslegungsregel3972, d.h. die Parteien können Abweichendes vereinbaren3973. bb) Sonderfall: Anzeigeobliegenheit bei rechtzeitig abgesandter Annahmeerklärung (§ 149 BGB) § 149 BGB trifft allerdings eine Sonderregelung für den Fall, dass der verspätete Zugang der Annahmeerklärung nicht auf einer verspäteten Absendung, sondern auf Unregelmäßigkeiten bei der Beförderung beruht: Sofern der Anbietende dies erkennen kann, hat er dem Angebotsempfänger die Verspätung (soweit nicht bereits geschehen) unverzüglich anzuzeigen, sonst gilt die Annahme als nicht verspätet. Ratio ist der Schutz des Angebotsempfängers3974: Wenn er die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt hat, darf er darauf vertrauen, dass sie dem Anbietenden innerhalb der Annahmefrist zugeht und der Vertrag damit zustande kommt3975; ist für den Anbietenden erkennbar, dass sich diese legitime Erwartung nicht erfüllt hat, so gebieten es Treu und Glauben, dass er den Angebotsempfänger unverzüglich entsprechend benachrichtigt3976. Das BGB hat damit einen Gedanken aufgegriffen, der – wenngleich in im Detail unterschiedlicher Ausprägung etwa auch bereits im PrALR3977, 3978, 3972 Vgl. Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 150 Rn. 1; differenzierend Diederichsen FS Medicus, 1999, S. 89, 94 Fn. 32. 3973 Vgl. Bork (Fn. 19), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 150 Rn. 1. 3974 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 2; ders. (Fn. 202), Rn. 732; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn.2; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 1; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 27. 3975 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 II 2 (S. 651); Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 6. 3976 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 2; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 2; Flume (Fn. 19), § 35 II 2 (S. 651); Oestmann (Fn. 1918), §§ 145–156 Rn. 20. 3977 Fn. 157. 3978 PrALR I, 5, §§ 100, 103–105: § 100. Kommt der Bote in diesem Zeitraum nicht zurück, so muß der Antragende den Anderen davon benachrichtigen, und ihm zugleich eröffnen, ob er noch ferner an den Antrag gebunden sein wolle. … § 103. Sobald aber die vorstehend §. 90 sqq. bestimmten Fristen zur Erklärung über den Antrag fruchtlos verlaufen sind, kann der Antragende zurücktreten. § 104. Er muß jedoch demjenigen, welchem der Antrag geschehen ist, unter Gegenwärtigen sofort, unter Abwesenden aber mit der nächsten Post Nachricht geben, daß er den Antrag zurücknehme. § 105. Hat er dies unterlassen, und es findet sich in der Folge, daß der Andere seine Annahme wirklich zu rechter Zeit erklärt habe, so muß er demselben für den Schaden, welcher aus den zur Erfüllung des Vertrages gemachten Anstalten in der Zwischenzeit erwachsen ist, gerecht werden.
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D. Annahme
Art. 319 Abs. 2 ADHGB3979, 3980, Art. 5 Abs. 2 OR3981, 3982 oder Art. 47 Abs. 2 Dresdener Entwurf3983, 3984 verankert war. Anders als im PrALR wurde die Benachrichtigungspflicht aber bewusst auf Fälle beschränkt, in denen die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt wurde.3985 Die 2. Kommission stellte sie zudem – anders als alle der genannten Vorläuferregelungen explizit unter den Vorbehalt, dass für den Anbietenden erkennbar war, dass die verspätet zugegangene Erklärung bei regelmäßiger Beförderung rechtzeitig zugegangen wäre.3986 Nur in diesem Rahmen sei eine Benachrichtigung nach Treu und Glauben geboten.3987 Schließlich entschied man sich auch ganz bewusst dagegen, dem Angebotsempfänger – wie in Art. 5 Abs. 2 OR3988 vorgesehen im Falle des Unterbleibens der unverzüglichen Benachrichtigung lediglich einen Schadensersatzanspruch zu gewähren, denn allein damit sei „dem Verkehre nicht gedient“; die Annahmeerklärung müsse vielmehr als rechtzeitig gelten und der Vertrag somit zustande kommen.3989 Voraussetzung für die Anzeigeobliegenheit3990 ist zunächst, dass die Annah3979
Fn. 1010. Art. 319 ADHGB Bei einem unter Abwesenden gestellten Antrage bleibt der Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er bei ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf. Bei der Berechnung dieses Zeitpunktes darf der Antragende von der Voraussetzung ausgehen, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei. Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahme erst nach diesem Zeitpunkte ein, so besteht der Vertrag nicht, wenn der Antragende in der Zwischenzeit oder ohne Verzug nach dem Eintreffen der Annahme von seinem Rücktritt Nachricht gegeben hat. 3981 Fn. 203. 3982 Art. 5 Abs. 2 OR Trifft die rechtzeitig abgesendete Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, bei Vermeidung von Schadensersatz ohne Verzug hiervon Anzeige zu machen. 3983 Fn. 846. 3984 Art. 47 Abs. 2 Dresdener Entwurf Trifft die rechtzeitig abgesendete Annahme erst nach diesem Zeitpunkte ein, so besteht der Vertrag nicht, wenn der Antragende in der Zwischenzeit oder ohne Verzögerung nach dem Eintreffen der Annahme von seinem Rücktritte Nachricht gegeben hat. 3985 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; s. ferner auch bereits von Kübel (Fn. 3022), S. 63. 3986 Vgl. Prot. I, 170 f. = Mugdan I, 692. 3987 Vgl. zur ersten Einschränkung: Mot. I, 171 = Mugdan I, 446, sowie auch bereits von Kübel (Fn. 3022), S. 191; zur zweiten Einschränkung Prot. I, 170 f. = Mugdan I, 692. 3988 Siehe oben Fn. 3981. 3989 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446, sowie auch bereits von Kübel (Fn. 3022), S. 191 f. Kritisch dazu jedoch etwa Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 326 ff., der die Erfüllungshaftung als systemwidrig kritisiert. Hilger will § 149 BGB sogar tatsächlich als Schadensersatznorm qualifizieren; der Erfüllungsanspruch sei in Wahrheit die Rechtsfolge eines Sondertatbestandes der c.i.c., vgl. AcP 185 (1985) 559, 561 ff. Diese Konstruktion steht jedoch in evidentem Widerspruch zu Genese und Ratio der Norm. 3990 Vgl. zur Rechtsnatur als Obliegenheit: Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 2, 12; Busche (Fn. 209), § 150 Rn. 2; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 1; Petersen JURA 2009, 183, 187; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 27. 3980
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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meerklärung rechtzeitig abgesandt wurde.3991 Dies erfordert zum einen, dass der Angebotsempfänger ein verkehrsübliches Beförderungsmittel verwendet hat3992 (z.B. Post3993, Fax, E-Mail, etc.; nicht aber etwa Beauftragung eines [ggf. auch noch unzuverlässigen] Bekannten3994), bzw. das vom Anbietenden ggf. verlangte Beförderungsmittel (falls eine solche Vorgabe3995 erfolgt ist)3996. Zum anderen muss er die Annahmeerklärung damit auch ordnungsgemäß und so rechtzeitig „in Marsch gesetzt“ haben, dass sie bei regelmäßiger Beförderung rechtzeitig eingetroffen wäre und dadurch die Frist gewahrt hätte.3997 Die Verspätungsursache darf ausschließlich eine „unregelmäßige Beförderung“ sein3998, d.h. eine unvorhersehbare Verzögerung3999. Erforderlich ist zudem weiterhin, dass der Anbietende dies auch erkennen musste4000 oder zumindest tatsächlich erkannte4001. Die Erkennbarkeit kann sich z.B. aus dem Poststempel ergeben4002 oder auch aus einer entsprechenden Information durch den übermittelnden Boten oder eine andere zuverlässige Quelle4003. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so muss der Anbietende dem Angebotsempfänger die Verzögerung4004 unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, 3991 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 5; Fritzsche JA 2006, 674, 678; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 28. 3992 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 5; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 2. 3993 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 2. 3994 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 5. 3995 Vgl. allg. zur Möglichkeit des Verlangens eines bestimmten Kommunikationsmittels durch den Anbietenden bereits oben D. V.2. a) aa) bei Fn. 3369. 3996 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 5. 3997 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 4. 3998 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 4; ders. (Fn. 202), Rn. 733; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 5; Fritzsche JA 2006, 674, 678. 3999 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 4; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 2. 4000 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 5; ders. (Fn. 202), Rn. 732 f.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 2; Fritzsche JA 2006, 674, 678; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 6. 4001 Vgl. Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 5; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 6. 4002 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 2; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 5; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 175; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 5; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 6; Fritzsche JA 2006, 674, 678; Jauernig (Fn. 202), § 149 Rn. 1; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 27. 4003 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 5; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 6. 4004 Die Geltendmachung anderer (angeblicher) Erlöschensgründe genügt nach Sinn und Zweck der Regelung gerade nicht, vgl. RGZ 105, 255, 257 (bloße Mitteilung, dass der Anbietende sich nicht mehr für gebunden halte, weil der Angebotsempfänger nicht persönlich herüber gekommen sei); Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 6; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 8.
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D. Annahme
§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB4005) nach Empfang der Annahmeerklärung anzeigen. Wie § 149 S. 1 a.E. BGB explizit klarstellt, kann er dies aber selbstverständlich auch bereits zuvor tun allerdings freilich nach Sinn und Zweck der Regelung erst nach Ablauf der Annahmefrist.4006 In Bezug auf die Unverzüglichkeit der Verspätungsanzeige genügt gem. § 149 S. 2 BGB die rechtzeitige Absendung.4007 Umstritten ist indes, ob damit auch das Verlustrisiko auf den Angebotsempfänger verlagert wird, ob die Verspätungsanzeige also empfangsbedürftig ist. Ein Teil des Schrifttums sieht in § 149 S. 2 BGB lediglich eine Regelung des Verspätungsrisikos, qualifiziert die Verspätungsanzeige also als empfangsbedürftige geschäftsähnliche Handlung, die zu ihrer Wirksamkeit des Zugangs bedarf.4008 Dafür spreche nicht nur die Parallele zu § 121 Abs. 1 S. 2 BGB (wo das Zugangserfordernis unstreitig ist4009)4010, sondern auch der Schutzzweck der Norm, den Angebotsempfänger rechtzeitig zu informieren4011. Die h.M.4012 sieht in § 149 S. 2 BGB dagegen – zu Recht – auch eine Regelung des Verlustrisikos: Denn nach dem in den Motiven unmissverständlich niedergelegten Willen des historischen Gesetzgebers sollte dem Anbietende zwar mit Blick auf Treu und Glauben eine Anzeigeobliegenheit auferlegt werden, mit der Absendung dieser Anzeige sollte er aber gerade alles seinerseits Erforderliche getan haben: die Gefahr des Eintreffens der ordnungsmäßig abgesandten Anzeige trifft den Antragsempfänger. 4013
Sendet der Anbietende die Verspätungsanzeige rechtzeitig ab, so bleibt es bei der Grundregel des § 150 Abs. 1 BGB4014, d.h. die verspätete Annahme gilt grundsätzlich als neues Angebot. Tut er dies jedoch nicht, so gilt die Annahme gem. § 149 S. 2 BGB als nicht verspätet (wird also nicht erloschen fingiert), so dass der Vertrag wirksam zustande kommt, und zwar im Zeitpunkt des Zu4005 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 7; ders. (Fn. 202), Rn. 732; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7; Dörner (Fn. 202), § 149 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 7; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 3; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 27. 4006 Vgl. bereits Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; vgl. weiter Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 7; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7; Volp/Schimmel JuS 2007, 899, 900. 4007 Vgl. bereits Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; vgl. weiter Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 7; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 10; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 3. 4008 So etwa Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 10; Flume (Fn. 19), § 35 II 2 (S. 651). 4009 Vgl. nur Armbrüster (Fn. 232), § 121 Rn. 16; Singer (Fn. 202), § 121 Rn. 11. 4010 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 8. 4011 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 8; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 10. 4012 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 3; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 3. 4013 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446. 4014 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 3; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 10; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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gangs der verspäteten Annahmeerklärung4015 (es erfolgt also gerade keine Vorverlegung auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Annahmefrist)4016. Auch § 149 BGB ist allerdings dispositiv, d.h. die Parteien können die Anzeigeobliegenheit abbedingen (so dass die verspätete Annahme auf ohne eine solche generell als neues Angebot gilt).4017 b) Französisches Recht Nach französischem Recht ist eine verspätete Annahme generell unwirksam, da das Angebot mit Ablauf der Annahmefrist, wie bereits oben4018 dargelegt, erlischt.4019 Die Erklärung kann jedoch als neues Angebot angesehen werden, sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen für ein Angebot erfüllt.4020 Eine dem § 149 BGB vergleichbare Regelung oder entsprechende Rechtsgrundsätze existieren im französischen Recht nicht. Im älteren Schrifttum wurde zwar (unter ausdrücklichem Verweis u.a. auch auf die deutsche Regelung) vereinzelt die Auffassung vertreten, dass der Anbietende den Angebotsempfänger sofort benachrichtigen müsse, wenn eine rechtzeitig abgesandte Annahme verspätet eintrifft, andernfalls gelte sein Schweigen als Annahme des in der verspäteten Annahme liegenden neuen Angebots.4021 Diese Ansicht hat aber weder bei der h.M. im Schrifttum noch in der Judikatur Gefolgschaft gefunden4022 und auch die neueren Reformprojekte4023 sehen keine entsprechende Regelung vor. Es ist allenfalls denkbar, dass das Schweigen des Anbietende auf eine solchermaßen oder sonst verspätete Annahme im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätze über die ausnahmsweise Qualifikation von Schweigen als Annahme zu einem Vertragsschluss führen kann.4024 4015 Vgl. allg. zum Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung als grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt für das Zustandekommen des Vertrags noch unten D. VII.1. a). 4016 Vgl. Mot. I, 171 = Mugdan I, 446; RGZ 105, 255, 257; Armbrüster (Fn. 223), § 149 Rn. 4; Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 11; Busche (Fn. 209), § 149 Rn. 7; Ellenberger (Fn. 202), § 149 Rn. 3; Volp/Schimmel JuS 2007, 899, 900. 4017 Vgl. Bork (Fn. 19), § 149 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 149 Rn. 3; Volp/Schimmel JuS 2007, 899, 901. 4018 Vgl. oben C. VIII.2. g) cc). 4019 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 344; Bonassies (Fn. 1414), S. 1560; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 272; Fages (Fn. 245), n° 76; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 154; Ghestin (Fn. 1049), n° 315; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 469; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 115; vgl. ferner bereits Demogue (Fn. 881), n° 566; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 134. 4020 Vgl. Bonassies (Fn. 1414), S. 1560; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 272; vgl. ferner bereits Demogue (Fn. 881), n° 566; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 134. 4021 Vgl. Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 134. 4022 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive auch Bonassies (Fn. 1414), S. 1560. In den gängigen aktuellen Lehrbüchern, etwa bei Fabre-Magnan (Fn. 23), Fages (Fn. 245), Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254) oder Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), wird die Problematik nicht einmal überhaupt angesprochen. 4023 Vgl. dazu oben B. I.2. b) ff.). 4024 Vgl. auch Bonassies (Fn. 1414), S. 1560; Demogue (Fn. 881), n° 566.
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D. Annahme
c) Englisches Recht Im englischen Recht stellt eine verspätete „Annahme“ ebenfalls generell keine wirksame Annahme dar, da auch hier, wie bereits oben4025 dargelegt, gilt, dass das Angebot mit Ablauf der Annahmefrist erlischt.4026 Eine verspätete „Annahme“ kann aber als (neues) Gegenangebot (counter-offer) qualifiziert werden, sofern die allgemeinen Voraussetzungen für eine wirksame Annahme erfüllt sind.4027 Eine dem § 149 BGB vergleichbare Regel kennt das englische Recht nicht. Die Problematik, dass sich die Übermittlung einer Annahmeerklärung auf Grund außergewöhnlicher und vom Angebotsempfänger unverschuldeter Umstände verzögert, ist zwar auch im englischen Recht durchaus bekannt; die einschlägigen Fallkonstellationen fallen allerdings regelmäßig in den Anwendungsbereich der postal rule4028, mit der Folge, dass die Annahme bereits mit der Absendung wirksam ist, so dass a priori kein Bedürfnis für eine dem § 149 BGB vergleichbare Regelung existiert. d) CESL-D aa) Grundsatz: Unwirksamkeit der verspäteten Annahme Als Grundregel gilt auch im Rahmen des CESL-D, dass eine Annahme nur als solche wirksam ist, wenn sie innerhalb der nach Art. 36 CESL-D jeweils maßgeblichen Annahmefrist4029 erfolgt.4030 bb) Die Ausnahmetatbestände des Art. 37 CESL-D Art. 37 CESL-D normiert jedoch zwei wichtige Tatbestände, in denen auch eine verspätete Annahme ausnahmsweise wirksam ist. Abs. 1 regelt die Wirksamkeit einer (aus welchen Gründen auch immer) verspäteten Annahme kraft unverzüglicher Geltungsmitteilung des Anbietenden (dazu näher unten (1)). Abs. 2 normiert als lex specialis4031 zu Abs. 1 für den Fall einer erkennbar rechtzeitig abgesandten, aber auf Grund anormaler Umstände verspätet eingetroffenen Annahmeerklärung eine Anzeigeobliegenheit des Anbietenden, deren Versäumung zur Wirksamkeit der Annahme führt (dazu näher unten (2)). 4025
Vgl. oben C. VIII.2. g) cc). Vgl. Grant v Bragg [2009] EWCA Civ 1228 at para. 17, 27 per Lord Neuberger; Andrews (Fn. 493), 3.38; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 59 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 76; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-095, 2-096; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.10, 4.23; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.84; McKendrick (Fn. 493), S. 122; Treitel (Fn. 491), 2-064. 4027 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.10, 4.24; Leyser (Fn. 3585), S. 1559 4028 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 4029 Vgl. dazu bereits näher oben D. VI.1. d). 4030 Zumindest missverständlich insoweit Gebauer (Fn. 815), S. 121, 141. 4031 Vgl. in Bezug auf das Verhältnis der Parallelregelungen in Art. 21 Abs. 1 und 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 18; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 1, 5. 4026
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
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Art. 37 CESL-D Verspätete Annahme / Late acceptance/ Acceptation tardive Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Eine verspätete An- (1) A late acceptance is ef- (1) Une acceptation tardive nahme ist wirksam, fective as an acceptance produit ses effets en tant wenn der Anbietende if without undue delay qu’acceptation si l’ofden Empfänger unverthe offeror informs the frant fait savoir au destizüglich davon unterofferee that the offeror nataire, sans retard exrichtet, dass er sie als is treating it as an effeccessif, qu’il la tient pour wirksame Annahme betive acceptance. une acceptation effechandelt. tive. (2) Ergibt sich aus einem (2) Where a letter or other (2) Si une lettre ou une autre Schreiben oder einer ancommunication concommunication renferderen eine verspätete taining a late acceptmant une acceptation Annahme enthaltenden ance shows that it has tardive a été expédiée Nachricht, dass sie nach been sent in such cirdans des circonstances den Umständen, unter cumstances that if its telles que, si sa transmisdenen sie abgesandt transmission had been sion avait été normale, wurde, bei normaler normal it would have elle serait parvenue à Übermittlung dem Anreached the offeror in temps à l’offrant, l’acbietenden rechtzeitig due time, the late acceptation tardive prozugegangen wäre, so ist ceptance is effective as duit ses effets en tant die verspätete Annahme an acceptance unless, qu’acceptation à moins wirksam, es sei denn, without undue delay, que, sans retard excessif, der Anbietende unterthe offeror informs the l’offrant n’informe le richtet den Empfänger offeree that the offer destinataire que son ofunverzüglich davon, has lapsed. fre a pris fin. dass er das Angebot als erloschen betrachtet.
Inhaltlich entsprechende Ausnahmetatbestände enthielt bereits Art. 9 EAG4032; von dort fanden sie dann den Weg in Art. 21 CISG4033, Art. 2.1.9 PICC4034, Art. 2.207 PECL4035, Art. II.-4:207 DCFR4036 und nun schließlich in den CESL-D. (1) Wirksamkeit einer verspäteten Annahme kraft unverzüglicher Geltungsmitteilung des Anbietenden, Art. 37 Abs. 1 CESL-D Gem. Art. 37 Abs. 1 CESL-D ist eine verspätete Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Angebotsempfänger unverzüglich davon unterrichtet, dass er 4032 4033 4034 4035 4036
S. Fn. 4044 und 4072. S. Fn. 4043 und 4071. S. Fn. 4042 und 4070. S. Fn. 4041 und 4069. S. Fn. 4040 und 4068.
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D. Annahme
sie als wirksame Annahme behandelt. Ratio ist, dem Anbietenden im Interesse des favor contractus die Option zu eröffnen, durch eine solche Geltungsmitteilung trotz der Verspätung noch einen wirksamen Vertrag zustande zu bringen4037; die materielle Einigung der Parteien soll nicht an der „logischen Unmöglichkeit“, ein durch Zeitablauf erloschenes4038 Angebot anzunehmen, scheitern4039. Der CESL-D folgt damit einer internationalen Regelungstradition, die über Art. II.-4:207(1) DCFR4040, Art. 2.207(1) PECL4041, Art. 2.1.9(1) PICC4042 und Art. 21 Abs. 1 CISG4043 zurückreicht bis auf Art. 9 Abs. 1 EAG4044. Aber auch einige nationale europäische Rechtsordnungen folgen diesem Modell4045, so etwa das niederländische4046 oder das italienische4047 Recht. Rabel hatte sich in
4037 Vgl. zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 1; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 3. 4038 Vgl. zum Ablauf der Annahmefrist als Erlöschenstatbestand bereits oben C. VIII.4. b) bb). 4039 Vgl. zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 3; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 3. 4040 Art. II.-4:207(1) DCFR A late acceptance is nonetheless effective as an acceptance if without undue delay the offeror informs the offeree that it is treated as an effective acceptance. (Eine verspätete Annahme ist dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Empfänger unverzüglich davon unterrichtet, dass sie als wirksame Annahme behandelt wird.) 4041 Art. 2:207(1) PECL Eine verspätete Annahme ist dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Annehmenden unverzüglich davon unterrichtet, dass er sie als solche behandelt. 4042 Art. 2.1.9(1) PICC Eine verspätete Annahme ist dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende unverzüglich den Annehmenden in diesem Sinne mündlich unterrichtet oder eine entsprechende schriftliche Mitteilung macht. 4043 Art. 21 Abs. 1 CISG Eine verspätete Annahme ist dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende unverzüglich den Annehmenden in diesem Sinne mündlich unterrichtet oder eine entsprechende schriftliche Mitteilung absendet. 4044 Art. 9 Abs. 1 EAG Ist die Annahme verspätet, so kann der Anbietende sie dennoch als rechtzeitig ansehen, wenn er den Annehmenden innerhalb kurzer Frist davon mündlich oder durch Übersendung einer Mitteilung verständigt. 4045 Vgl. dazu Art. II.-4:207 DCFR Note I.1. 4046 Art. 6:223(1) Burgerlijk Wetboek De aanbieder kan een te late aanvaarding toch als tijdig gedaan laten gelden, mits hij dit onverwijld aan de wederpartij mededeelt. (Der Anbietende kann eine verspätete Annahme trotzdem als rechtzeitig gelten lassen, sofern er die andere Partei unverzüglich benachrichtigt.) 4047 Art. 1326(3) Codice civile Il proponente può ritenere efficace l’accettazione tardiva, purché ne dia immediatamente avviso all’altra parte. (Der Antragsteller kann die verspätete Annahme für wirksam ansehen, sofern er dies dem anderen Teil unverzüglich anzeigt.)
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
589
einem ursprünglichen Entwurf hingegen noch bewusst gegen die Aufnahme einer entsprechenden Regelung entschieden4048 und stattdessen wie im deutschen4049, englischen4050 und französischen4051 Recht – (mit Ausnahme des Sonderfalls der verzögerten Beförderung4052) grundsätzlich die reine „Gegenangebotslösung“ vorgesehen4053. Im Rahmen der Beratungen zum EAG setzten sich dann jedoch die Befürworter einer „Geltungsmitteilungslösung“ durch4054 und dabei blieb es dann in allen internationalen Instrumenten bis hin nun zum CESL-D. Wie groß die Verspätung ist, ist grundsätzlich ebenso irrelevant4055, wie worauf sie beruht (einzige Ausnahme ist insoweit, dass ein Fall des Abs. 2 vorliegt; dann gilt dieser als lex specialis)4056. Die Geltungsmitteilung muss unverzüglich (without undue delay/sans retard excessif), d.h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen.4057 Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Der Anbietende muss aber entweder mittels einer ausdrücklichen Erklärung oder konkludent hinreichend klar und ernsthaft zu erkennen geben, dass er die Annahme
4048
Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 92 f. Vgl. dazu oben D. VI.2. a) aa). 4050 Vgl. dazu oben D. VI.2. b). 4051 Vgl. dazu oben D. VI.2. c). 4052 Dazu noch unten D. VI.2. d) bb)(2) bei Fn. 4074 ff. 4053 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 116 Art. 7 Abs. 1: L’acceptation tardive d’une offre est considérée comme une offre nouvelle. … (Die verspätete Annahme eines Angebots ist als neues Angebot anzusehen. …). 4054 Speziell die deutsche und schwedische Delegation hatten sich für eine dem § 150 Abs. 1 BGB entsprechende Regelung eingesetzt, waren damit aber letztlich knapp gescheitert, vgl. von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 129; F. Schmidt (1965) 14 Am. J. Comp. L. 1, 26. 4055 Vgl. zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 6; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 4; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 4; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 9; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 4; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 4; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 5. 4056 Vgl. zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 5; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 5; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 4; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 9; Noussias (Fn. 2705), S. 104; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 4 f.; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 4 f.; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 5. 4057 Art. 37 Abs. 1 CESL-D ist mit dem in der deutschen, englischen und französischen Fassung kongruenten Erfordernis „unverzüglich“ bzw. „without undue delay“ bzw. „sans retard excessif“ insoweit erfreulicherweise deutlich klarer gefasst als Art. 21 Abs. 1 CISG. Denn während es dort zwar in der deutschen Fassung ebenfalls „unverzüglich“ heißt, heißt es in der englischen bzw. französischen Version jeweils nur „without delay“ bzw. „sans retard“, weshalb im Schrifttum streitig ist, ein rein objektiver Standard gilt (i.d.S. etwa Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 7 f.; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 7; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn.10; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 8; ferner offenbar auch Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 14) oder ob nur schuldhaftes Zögern schaden soll (so etwa Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 2; zumindest etwas weiter offenbar auch Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 15 f). 4049
590
D. Annahme
trotz der Verspätung als solche akzeptiert.4058 Dies kann z.B. auch durch unverzügliche Überweisung des Kaufpreises geschehen.4059 Nicht ganz klar ist, ob die Geltungsmitteilung nur dann als solche wirkt, wenn sie dem Angebotsempfänger auch tatsächlich zugeht. Dafür könnte sprechen, dass Art. 37 Abs. 1 CESL-D im Gegensatz Art. 21 Abs. 1 CISG, der es genügen lässt, dass der Anbietende „unverzüglich … eine entsprechende schriftliche Mitteilung absendet“, weshalb die ganz h.L.4060 die Erklärung als nicht empfangsbedürftig erachtet explizit verlangt, dass der Anbietende den Angebotsempfänger unverzüglich „unterrichtet“ („informs“/„fait savoir“). Zwingend ist dieses Wortlautargument freilich nicht. Eng damit verbunden ist die Folgefrage nach der Verteilung des Verspätungsrisikos. Die Begründung zu den in diesem Punkt in der Formulierung mit Art. 37 Abs. 1 CESL-D identischen Art. II.4:207(1) DCFR4061 und Art. 2.207(1) PECL4062 scheint in der Tat davon auszugehen, dass es jedenfalls für die Frage der Unverzüglichkeit ausschließlich auf die Absendung seitens des Anbietenden ankommt.4063 Dies könnte aber wiederum darauf hindeuten, dass mit der vom CISG abweichenden Formulierung gerade keine abweichende Risikoverteilung intendiert war, sondern auch das Verlustrisiko dem Angebotsempfänger obliegen, die Geltungsmitteilung also auch nach DCFR, PECL und CESL-D nicht empfangsbedürftig sein soll. Angesichts dessen wäre jedenfalls dringend zu wünschen, dass der Wortlaut im Verlauf des weiteren Legislativverfahrens ggf. noch entsprechend präzisiert wird. Rechtsfolge einer wirksamen unverzüglichen Geltungsmitteilung ist, dass die verspätete Annahme trotz der Verspätung als Annahme wirksam ist und zwar in dem Zeitpunkt, in dem sie – wäre sie rechtzeitig gewesen gem. Art. 35 CESL-D4064 wirksam geworden wäre (d.h. grundsätzlich mit dem Zugang beim Anbietenden [Abs. 1], im Falle der Annahme durch Verhalten mit 4058 Vgl. zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 8 f.; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 6; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 6; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 13; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 7; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 7. 4059 Vgl. zu Art. II.-4:207 Abs. 1 DCFR: Art. II.-4:207 DCFR Comment B; anders aber bei Art. 21 Abs. 1 CISG (dessen Wortlaut verlangt, dass „mündlich unterrichtet“ wird oder eine 4060 „Mitteilung“ erfolgt): Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 6; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 9; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 9 4060 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 12; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 7; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 6; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 21 para. 174; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 11; Noussias (Fn. 2705), S. 116 f.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 7; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 7; tendenziell für eine teleologische Reduktion dahingehend, dass die Erklärung empfangsbedürftig ist jedoch Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 11; für Empfangsbedürftigkeit: Neumayer RIW 1994, 99, 104. 4061 Fn. 4040. 4062 Fn. 4041. 4063 Vgl. Art. II.-4:207 DCFR Comment B sowie Art. 2:207 PECL Kommentar B. Dort findet sich jeweils das Beispiel, dass der Anbietende unverzüglich nach Zugang der verspäteten Annahme eine Überweisung des Kaufpreises veranlasst, der Angebotsempfänger von dieser Zahlung aber erst 2 Tage später Kenntnis erlangt. 4064 Vgl. dazu ausf. unten D. VII.4.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
591
Kenntnis des Anbietendem vom Verhalten [Abs. 2] bzw., sofern die Annahme ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig ist, mit dem Beginn des Handelns des Angebotsempfängers [Abs. 3]).4065 Es wird also lediglich die Verspätung hinweggedacht bzw., anders ausgedrückt, die Annahme als rechtzeitig behandelt; eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Annahmefrist erfolgt hingegen nicht. (2) Anzeigeobliegenheit des Anbietenden bei rechtzeitig abgesandter Annahmeerklärung, Art. 37 Abs. 2 CESL-D Art. 37 Abs. 2 CESL-D enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass sich aus einem Schreiben oder einer anderen eine verspätete Annahme enthaltenden Nachricht4066 ergibt, dass sie dem Anbietenden nach den Umständen ihrer Absendung bei normaler Übermittlung rechtzeitig zugegangen wäre: In diesem Fall trifft den Anbietenden, der die verspätete Annahme nicht als solche akzeptieren will, die Obliegenheit, den Angebotsempfänger unverzüglich zu unterrichten, dass er das Angebot als erloschen betrachtet; andernfalls ist die verspätete Annahme als solche wirksam. Die Risikoverteilung wird also letztlich genau umgekehrt: Im Regelfall des Abs. 1 hat der Anbietende die Option, unverzüglich zu reagieren und dadurch doch noch einen Vertrag zustande zu bringen; im Spezialfall des Abs. 2 muss er unverzüglich reagieren, wenn er das Zustandekommen eines Vertrags verhindern will.4067 Auch diese Sonderregelung hat in den internationalen Instrumenten – trotz mancher Abweichungen in den Details eine lange Tradition: Ihre Ursprünge reichen über Art. II.-4:207(2) DCFR4068, Art. 2.207(2) PECL4069, Art. 2.1.9(2) 4065 Vgl. zum CESL-D: Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.d; zu Art. II.-4:207(1) DCFR: Art. II.-4:207 DCFR Comment B sowie zu Art. 2:207(1) PECL: Art. 2:207 PECL Kommentar B (Zeitpunkt, in dem die verspätete Annahme dem Anbietenden zugegangen ist); zu Art. 21 Abs. 1 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 34; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 9; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 12; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 4; Noussias (Fn. 2705), S. 104, 117; Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 2; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 10; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 10; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 3; abw. zu Art. 18 Abs. 2 CISG jedoch del Pilar Perales Viscasillas (1997) 216 J. L. & Com. 315, 337 (die – gestützt auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte, die hierfür jedoch tatsächlich nichts hergeben die Wirksamkeit erst mit Absendung der Geltungsmitteilung annehmen will). 4066 Die lex specialis des Absatz 2 gilt damit – im Gegensatz zu Abs. 1 – nicht für sämtliche Formen der Annahme (d.h. egal ob durch Erklärung oder durch Verhalten mit bzw. ohne Erfordernis einer Mitteilung an den Anbietenden), sondern lediglich für die Fälle, in denen die Annahmeerklärung in einem Schreiben oder einer anderen Nachricht verkörpert ist (wobei „Verkörperung“ allerdings freilich nicht im physischen Sinne gemeint ist, sondern eher im Sinne der deutschen „Textform“, d.h. erfasst ist z.B. auch E-Mail, SMS, etc.). 4067 Vgl. zu Art. 21 CISG auch Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 12; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 18; Noussias (Fn. 2705), S. 105. 4068 Art. II.-4:207(2) DCFR If a letter or other communication containing a late acceptance shows that it has been dispatched in such circumstances that if its transmission had been normal it would have reached the
592
D. Annahme
PICC4070 und Art. 21 Abs. 2 CISG4071 zurück bis auf Art. 9 Abs. 2 EAG4072. Eine entsprechende Regelung fand sich aber (anders als bei Abs. 14073) auch bereits im Entwurf von Rabel4074, der sich damit wiederum ersichtlich an das Regelungsvorbild des § 149 BGB4075 angelehnt hatte4076.
4069 offeror in due time, the late acceptance is effective as an acceptance unless, without undue delay, the offeror informs the offeree that the offer is considered to have lapsed. (Ergibt sich aus einem Schreiben oder einer anderen eine verspätete Annahme enthaltenden Nachricht, dass sie nach den Umständen, unter denen sie abgesandt wurde, bei normaler Übermittlung dem Anbietenden rechtzeitig zugegangen wäre, so ist die verspätete Annahme wirksam, es sei denn, der Anbietende unterrichtet den Empfänger unverzüglich davon, dass das Angebot als erloschen betrachtet wird.) 4069 Art. 2:207(2) PECL Ergibt sich aus einem eine verspätete Annahme enthaltenden Brief oder anderen Schriftstück, dass die Mitteilung nach den Umständen, unter denen sie abgesandt worden ist, bei normaler Beförderung dem Anbietenden rechtzeitig zugegangen wäre, so ist die verspätete Annahme als Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Annehmenden nicht unverzüglich davon unterrichtet, dass er das Angebot als erloschen betrachtet. 4070 Art. 2.1.9(2) PICC Ergibt sich aus dem eine verspätete Annahme enthaltenden Brief oder anderen Schriftstück, dass die Mitteilung nach den Umständen, unter denen sie abgesandt worden ist, bei normaler Beförderung dem Anbietenden rechtzeitig zugegangen wäre, so ist die verspätete Annahme als Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Annehmenden nicht unverzüglich davon unterrichtet, dass er das Angebot als erloschen betrachtet. 4071 Art. 21 Abs. 2 CISG Ergibt sich aus dem eine verspätete Annahme enthaltenden Brief oder anderen Schriftstück, daß die Mitteilung nach den Umständen, unter denen sie abgesandt worden ist, bei normaler Beförderung dem Anbietenden rechtzeitig zugegangen wäre, so ist die verspätete Annahme als Annahme wirksam, wenn der Anbietende nicht unverzüglich den Annehmenden mündlich davon unterrichtet, daß er sein Angebot als erloschen betrachtet, oder eine entsprechende schriftliche Mitteilung absendet. 4072 Art. 9 Abs. 2 EAG Geht die Annahmeerklärung verspätet zu, so gilt sie dennoch als rechtzeitig zugegangen, wenn sich aus dem die Annahme enthaltenden Brief oder Schriftstück ergibt, daß sie nach den Umständen, unter denen sie abgesendet worden ist, bei normaler Beförderung rechtzeitig zugegangen wäre; dies gilt nicht, wenn der Anbietende mündlich oder durch Übersendung einer Mitteilung den Annehmenden innerhalb kurzer Frist verständigt, daß er sein Angebot als erloschen betrachtet. 4073 Vgl. dazu oben D. VI.2. d) bb)(1) bei Fn. 4048 ff. 4074 Rabel (Fn. 10), S. 116: Art. 8: Quand une acceptation expédiée en temps utile parvient tardivement à l’offrant par suite de circonstances anormales, celui-ci doit signaler ce retard à l’acceptant dès qu’il en a connaissance et au plus tard au moment où il reçoit l’acceptation; sinon celle-ci est considérée comme étant parvenue en temps utile. (Wenn eine rechtzeitig abgesandte Annahme dem Anbietenden infolge von anormalen Umständen verspätet zugeht, muss dieser dem Annehmenden die Verzögerung mitteilen, sobald er Kenntnis davon hat und spätestens in dem Moment, in dem er die Annahme erhält; andernfalls ist die Annahme als rechtzeitig zugegangen anzusehen.) 4075 Vgl. ausf. zu § 149 BGB bereits oben D. VI.2. a) bb). 4076 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 92 f.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
593
Daher entspricht auch die Ratio der Norm derjenigen des § 149 BGB4077: Wenn er die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt hat, darf der Angebotsempfänger darauf vertrauen, dass sie dem Anbietenden rechtzeitig zugeht und von dem Anbietenden, für den erkennbar ist, dass sich diese legitime Erwartung nicht erfüllt hat, kann erwartet werden, dass er den Angebotsempfänger unverzüglich entsprechend benachrichtigt, wenn er den Vertrag nun nicht mehr will.4078 Voraussetzung ist zunächst, dass die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt wurde. Der Angebotsempfänger muss also ein verkehrsübliches Kommunikationsmittel wählen (z.B. Post, Fax, E-Mail, nicht aber etwa ein Kleinkind als Boten)4079 und die Erklärung auch ordnungsgemäß auf den Weg bringen (d.h. z.B. auch richtig adressieren)4080. Die Verzögerung darf ausschließlich auf einer „anormalen Übermittlung“ beruhen, d.h. es muss sich um ein – um einen in der Literatur zum CISG häufig verwendeten Begriff4081 aufzugreifen – „externes Beförderungsrisiko“ handeln, das nicht aus der Sphäre des Angebotsempfängers stammt.4082 Typische Beispiele wären etwa ein plötzlicher Streik4083, extreme Witterungseinflüsse4084 oder Krieg4085. 4077
Vgl. dazu oben D. VI.2. a) bb) bei Fn. 3974 ff. Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 11; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 13; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 19; Murray (1988) 8 J. L. & Com. 11, 34 f.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 16; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 16; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 9; s. ferner auch bereits Rabel (Fn. 10), S. 92 f. 4079 Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 20; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 14; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 21 f.; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 10. 4080 Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 20; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 15; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 18; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 14; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 20; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 17; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 17; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 10. 4081 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 18; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 20. 4082 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 18; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 14 f.; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 18; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 14; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 20; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 17; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 17. 4083 Vgl. zu Art. II.-4:207(1) DCFR: Art. II.-4:207 DCFR Comment C; Art. 2:207(1) PECL: Art. 2:207 PECL Kommentar C; zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 19; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 14; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 18; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 20; Noussias (Fn. 2705), S. 105; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 17; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 17; zu Art. 2.1.9 PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 11; Schnyder/Straub (1999) 1 Eur. J. L. Reform 243, 262. 4084 Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 19; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 14; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 18; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 17; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 17. 4085 Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 19; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 18. 4078
594
D. Annahme
Weiterhin muss für den Anbietenden erkennbar sein, dass die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesandt und durch auf Grund anormaler Übermittlung verspätet eingetroffen ist. Ungeachtet des insoweit sehr eng gefassten Wortlauts der deutschen Sprachfassung („aus einem Schreiben oder einer anderen … Nachricht“) – sowie ähnlich, wenngleich letztlich etwas weiter auch der englischen Sprachfassung („Where a letter or other communication … shows“) wird man insoweit allerdings nicht zwingend verlangen müssen, dass sich dies für den Anbietenden unmittelbar aus dem Schreiben bzw. der sonstigen Nachricht selbst ergibt, sondern man wird – entsprechen der insoweit deutlich weiter gefassten französischen Sprachfassung, in der sich gerade keine entsprechende Formulierung findet, sowie der h.M. zu Art. 21 Abs. 2 CISG4086, 4087, Art. 2.1.9(2) PICC4088, 4089 und § 149 BGB4090 auch die Erkennbarkeit auf Grund sonstiger Umstände (z.B. Information durch den übermittelnden Zustelldienst oder aus anderer zuverlässiger Quelle, ggf. auch ein Anruf des Angebotsempfängers selbst) genügen lassen müssen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so obliegt es dem Anbietenden, den Angebotsempfänger unverzüglich (without undue delay/sans retard excessif, d.h. ohne schuldhaftes Zögern4091) zu unterrichten, dass er das Angebot als erloschen betrachtet. Ein besonderes Formerfordernis besteht auch für diese „Erlöschensanzeige“ nicht. Der Anbietende muss aber entweder mittels einer ausdrücklichen Erklärung oder konkludent hinreichend klar und ernsthaft zu erkennen geben, dass er die Annahme auf Grund ihrer Verspätung nicht mehr als wirksam erachtet.4092 Ebenso wie bei der Geltungsmitteilung nach Abs. 1 stellt sich aber auch hier die Frage nach der Verteilung des Verlust- und Verspätungsrisikos. Denn Art. 37 Abs. 2 CESL-D verlangt auch hier –wie übrigens auch 4:207(2) DCFR4093 und Art. 2.207(2) PECL4094 explizit, dass der Anbietende den Angebotsempfänger „unterrichtet“ („informs“/„informe“), während Art. 21 Abs. 2 CISG4095 und Art. 2.1.9(2) PICC4096 gerade – ebenso wie auch das deutsche „Urvorbild“ in § 149 BGB4097 – auf die Absendung abstellen. Ob mit der abweichenden Formulierung im CESL-D (und zuvor 4086
Fn. 4071. Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 25; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 19; Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 24; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 18; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 18; abw. jedoch Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 17. 4088 Fn. 4070. 4089 Vgl. Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.9 para. 12. 4090 Vgl. oben D. VI.2. a) bb) bei Fn. 4003. 4091 Vgl. zur Parallelregelung in Abs. 1 oben D. VI.2. d) bb)(1) bei Fn. 4057. 4092 Vgl. Looschelders AcP 212 (2012) 581, 614; zu Art. 21 Abs. 1 CISG: 4093 Fn. 4068. 4094 Fn. 4069. 4095 Fn. 4071. 4096 Fn. 4070. 4097 Vgl. dazu oben D. VI.2. a) bb) bei Fn. 4007 ff. 4087
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
595
schon in DCFR und PECL, wo die Materialien insoweit leider nichts hergeben) tatsächlich auch eine in der Sache abweichende Regelung gewollt war, erscheint indes zweifelhaft. Gerade im Fall des Abs. 2, wo der Anbietende handeln muss, wenn er den Vertrag nicht will, erscheint es jedenfalls wertungsmäßig wesentlich angemessener, Verlust- und Verspätungsrisiko dem Angebotsempfänger aufzuerlegen – vom Anbietenden kann man zwar eine nach Treu und Glauben eine Anzeige erwarten, aber mit deren Absendung sollte er andererseits auch alles seinerseits Erforderliche getan haben. Speziell vor dem Hintergrund, dass die Frage auch im Rahmen des CISG4098 und in Bezug auf das Verlustrisiko sogar bei § 149 BGB4099 diskutiert wird, hätte man sich insoweit im CESL-D eine entsprechend präzise Formulierung gewünscht. Dies sollte im Zuge des weiteren Legislativverfahrens unbedingt noch nachgeholt werden. Kommt der Anbietende seiner Obliegenheit zu einer unverzüglichen „Erlöschensanzeige“ nicht nach, so ist die verspätete Annahme dennoch als solche wirksam, mit der Folge, dass der Vertrag im Zeitpunkt des tatsächlichen (eigentlich verspäteten) Zugangs der Annahmeerklärung zustande kommt (auch hier findet also keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Annahmefrist statt).4100 cc) Sonderproblem: Qualifikation einer nicht nach Art. 37 CESL-D wirksamen verspäteten Annahme als Gegenangebot? Fraglich ist, ob eine nicht nach Art. 37 CESL-D wirksame verspätete Annahme ggf. als Gegenangebot des Angebotsempfängers qualifiziert werden kann. Dagegen könnte sprechen, dass der CESL-D – anders als in Art. 38 Abs. 1 CESL-D für den Parallelfall der modifizierenden Annahme4101 gerade keine entsprechende Regelung enthält. Eine Begründung dafür findet sich in den – wie bereits eingangs4102 angemerkt ohnehin sehr spärlichen – Materialien nicht. In den Begründungen zu den Vorläuferregelungen der Art. 2.207 PECL4103 und Art. II.-4:207 DCFR4104 wird zwar explizit auf nationale Regeln betreffend die Behandlung einer verspäteten Annahme als Gegenangebot eingegan4098 Nach ganz h.L. ist die Erlöschensanzeige nicht empfangsbedürftig, vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 28; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 19; Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 20; Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 21 para. 176; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 16; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 20; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 20; für Empfangsbedürftigkeit jedoch Neumayer RIW 1994, 99, 104. 4099 Vgl. dazu oben D. VI.2. a) bb) bei Fn. 4007 ff. 4100 Vgl. zu Art. 21 Abs. 2 CISG: Dornis (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 34; Ferrari (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 18; Noussias (Fn. 2705), S. 119. 4101 Vgl. dazu bereits oben D. IV.4. b). 4102 Vgl. bereits oben A. I bei Fn. 6. 4103 S. Fn. 4041 und 4069. 4104 S. Fn. 4040 und 4068.
596
D. Annahme
gen, dann heißt es aber nur relativ kryptisch, dass der Artikel keine entsprechende Vorschrift enthalte4105, ohne dass in irgendeiner Form näher erläutert würde, welche Konsequenzen daraus zu ziehen seien. In Bezug auf die parallel gelagerten Problematik im Rahmen des CISG wird die Möglichkeit einer Qualifikation als Gegenangebot von einer ganzen Reihe von Autoren verneint; eine verspätete Annahme könne vielmehr grundsätzlich ausschließlich nach Art. 21 CISG (dem Pendant zur Art. 37 CESL-D) Wirkung entfalten.4106 Diese Auffassung, die schon zum CISG von einer Reihe renommierter Autoren zu Recht abgelehnt wird4107, vermag jedoch jedenfalls für den CESL-D nicht zu überzeugen. Denn Art. 37 CESL-D beschränkt sich – ebenso wie Art. 21 CISG4108 allein darauf, zwei Tatbestände zu regeln, in denen auch eine verspätete Annahme ausnahmsweise als wirksame Annahme wirksam ist4109, besagt aber nichts darüber, ob eine verspätete Annahme nicht auch außerhalb dieser beiden Tatbestände in sonstiger Form – speziell auf Grund einer Qualifikation als Gegenangebot – Rechtswirkungen entfalten kann. Zudem wäre es widersprüchlich4110, zwar eine modifizierende Annahme, die nach den Maßstaben des Art. 38 CESL-D keine wirksame Annahme darstellt (weil die Änderung entweder „erheblich“ ist oder ein Fall des Art. 38 Abs. 4 CESL-D vorliegt)4111, als Gegenangebot zu behandeln4112, eine verspätete Annahme dagegen nicht. Das für die „Ausschließlichkeitsthese“ angeführte Argument, dass sonst das in Art. 21 Abs. 1 CISG (dem Pendant zu Art. 37 Abs. 1 CESL-D) normierte Erfordernis der unverzüglichen Unterrichtung als Voraussetzung für die Wirksamkeit der verspäteten Annahme
4105 Vgl. zu Art. II.-4:207 DCFR: Art. II.-4:207 DCFR Comment D; zu Art. 2:207 PECL: Art. 2:207 PECL Kommentar D. 4106 So zum CISG etwa Piltz, Internationales Kaufrecht, 2. Aufl. 2008, 3-121 ff.; Reinhart (Fn. 2745), Art. 21 Rn. 3 f.; Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 3; differenzierend: Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 3, 6, 8; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 3 (wenn es sich um eine „Annahme“ handelt, gilt allein Art. 21 Abs. 1 CISG; Erklärung kann aber eindeutig als Gegenangebot formuliert sein bzw. Auslegung kann zu diesem Ergebnis führen); ähnlich auch Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 3, 16 (Qualifikation als Gegenangebot nur, wenn sich dies aus der Erklärung selbst ergibt). Vgl. zum EAG auch bereits Hilger AcP 185 (1985) 559, 587 ff. (i.Ü. generell äußerst kritisch zu dem von ihm als „dreiaktiges Verfahren“ charakterisierten Modell des Art. 9 Abs. 1 EAG). 4107 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 35; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 45 (zugleich auch für PICC und PECL); Loewe, Internationales Kaufrecht, 1989, S. 45; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 8; letztlich offenlassend Mankowski (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 17. 4108 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 35; Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 8. 4109 Vgl. näher unten D. VI.2. d) bb). 4110 Vgl. zur Wertungswidersprüchlichkeit der „Ausschließlichkeitsthese“ in Bezug auf das CISG etwa: Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 8. 4111 Vgl. zu Art. 38 CESL-D bereits ausf. oben D. IV.4. 4112 Vgl. zum Verhältnis von Art. 19 und Art. 21 Abs. 1 CISG etwa: Gruber (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 12; Saenger (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 3; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 Rn. 14; Schroeter (Fn. 1390), Art. 21 para. 14.
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
597
ausgehebelt würde4113, mag zwar auf den ersten Blick stichhaltig erscheinen, ist aber letztlich nicht durchschlagend. Denn damit wird ein entscheidender Unterschied übersehen: Die unverzügliche Geltungsmitteilung ist nach Art. 21 Abs. 1 CISG bzw. Art. 37 Abs. 1 CESL-D (lediglich) Voraussetzung dafür, dass die verspätete Annahme dennoch als Annahme wirksam wird und der Vertrag somit bereits in dem Zeitpunkt zustande kommt, in dem die verspätete Annahmeerklärung zuging4114. Dem Anbietenden wird somit die (zusätzliche) Möglichkeit eröffnet, einen bereits in diesem Zeitpunkt wirksamen Vertrag zustanden zu bringen.4115 Sofern aus irgendeinem Grund keine unverzügliche Geltungsmitteilung erfolgt, die verspätete Annahmeerklärung jedoch alle Voraussetzungen für ein wirksames Angebot erfüllt, also dogmatisch als Gegenangebot qualifiziert werden kann, und der Erstofferent dieses innerhalb der dann grundsätzlich geltenden „angemessenen Frist“4116 annimmt, so kommt der Vertrag dagegen erst in dem Zeitpunkt zustande, in dem diese „Gegenangebots-Annahmeerklärung“ nach den allgemeinen Regeln des Art. 35 CESL-D4117 wirksam wird (also i.d.R. mit ihrem Zugang beim Gegenofferenten). Unter Umständen hat der Gegenofferent in diesem Zeitraum sogar noch die Möglichkeit zum Widerruf, sofern sein Gegenangebot nicht gem. Art. 32 Abs. 3 CESL-D4118 bindend ist.4119 Schließlich und vor allem erscheint es aber auch geradezu paradox, in der Vorschrift des Art. 37 Abs. 1 CESL-D – deren Intention es ja gerade ist, trotz verspäteter Annahmeerklärung noch einen wirksamen Vertragsschluss zu ermöglichen4120 ein Hindernis dafür sehen zu wollen, dass eine verspätete Annahmeerklärung generell nicht als Gegenangebot qualifiziert werden und dadurch zu einem wirksamen Vertragsschluss führen kann4121; Ratio und Telos der Vorschrift würden dadurch geradezu ins Gegenteil verkehrt. Die besseren Argumente sprechen nach alledem dafür, dass man eine verspätete „Annahme“ auch im Rahmen des CESL-D ebenso wie in den hier
4113
So etwa Saenger (Fn. 2228), Art. 21 CISG Rn. 3. Vgl. dazu oben D. VI.2. d) bb)(1). 4115 Ebenso Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.d. 4116 In einer verspäteten Annahmeerklärung wird kaum jemals eine spezielle Fristsetzung für die Annahmeerklärung enthalten sein. Vgl. näher zu den Annahmefristen oben D. VI.1. d). 4117 Vgl. dazu ausf. unten D. VII.4. 4118 Dazu bereits näher oben C. VIII.4. a) cc). 4119 Eine spezielle Annahmefrist (Art. 32 Abs. 3 lit. b CESL-D) wird zwar kaum jemals enthalten sein; man könnte jedoch erwägen, ob das Gegenangebot nicht deshalb eine konkludente Manifestation der Unwiderruflichkeit i.S.d. Art. 32 Abs. 3 lit. a CESL-D enthält, weil es an sich als Annahme gedacht war. Zudem kann ggf. ein Fall des Art. 32 Abs. 3 lit. c CESL-D (betätigtes Vertrauen) vorliegen. 4120 Vgl. oben D. VI.2. d) bb)(1) bei Fn. 4037. 4121 Vgl. zum CISG auch Magnus (Fn. 1390), Art. 21 CISG Rn. 8 („sachlich kein Grund, einen Vertragsschluss scheitern zu lassen“); vgl. ähnlich in Bezug auf den CESL-D ferner auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.d. 4114
598
D. Annahme
analysierten nationalen Rechtsordnungen4122 als Gegenangebot qualifizieren kann, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen für ein wirksames Angebot erfüllt.4123 Hinsichtlich der Annahme dieses Gegenangebots durch den Erstofferenten gelten dann die allgemeinen Regeln, wobei u.U. ggf. auch eine Annahme durch Schweigen4124 in Betracht kommt. e) Rechtsvergleichende Würdigung Insgesamt bestehen damit hinsichtlich der Rechtsfolgen einer verspäteten Annahme doch einige teils auch ganz erhebliche Unterschiede zwischen dem deutschen, französischen und englischen Recht und speziell auch im Vergleich zwischen den nationalen Rechtsordnungen und dem CESL-D. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist zwar überall, dass eine verspätete Annahme nach Ablauf der jeweils maßgeblichen Annahmefrist keine wirksame Annahme darstellt, weil das Angebot mit Ablauf der Annahmefrist erlischt.4125 Sowohl im deutschen4126 als auch im französischen4127 und englischen4128 Recht besteht zudem allgemeiner Konsens, dass eine verspätete „Annahme“ – sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen für ein Angebot erfüllt als neues Angebot (Gegenangebot) qualifiziert werden kann, so dass dann (doch noch) ein Vertrag zustande kommt, wenn der Erstofferent dieses annimmt. Von den nationalen Rechtsordnungen existiert jedoch nur im deutschen Recht mit § 149 BGB eine spezielle Anzeigeobliegenheit des Anbietenden für den Fall, dass für ihn erkennbar ist, dass die Verspätung der Annahmeerklärung nicht auf einer verspäteten Absendung, sondern auf Unregelmäßigkeiten bei der Beförderung beruht (mit der Folge, dass die Annahme als nicht verspätet gilt, wenn keine unverzügliche Anzeige erfolgt). Im englischen Recht besteht für eine derartige Regelung von vornherein kein Bedürfnis, da den anormalen Beförderungsverzögerungen/-hindernissen, auf die § 149 BGB abzielt, grundsätzlich bereits durch die postal rule4129 Rechnung getragen wird.4130 Ähnlich ist die Nichtexistenz einer dem § 149 BGB entsprechenden Regel auch im französischen Recht4131 wohl nicht zuletzt damit zu erklären, dass 4122
Vgl. oben D. VI.2. a) aa) (deutsches Recht), D. VI.2. b) (französisches Recht) und D. VI.2. c) (englisches Recht). 4123 Ebenso auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.d; ebenso ferner (allerdings ohne nähere Begründung bzw. Erörterung der Problematik) auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 614; vgl. zum CISG auch die Nachweise in Fn. 4107. 4124 Näher zur Annahme durch Schweigen bereits oben D. V.2. b) dd). 4125 Vgl. oben D. VI.2. a) aa) (deutsches Recht), D. VI.2. b) (französisches Recht), D. VI.2. c) (englisches Recht) und D. VI.2. d) aa) (CESL-D). 4126 Vgl. oben D. VI.2. a) aa). 4127 Vgl. oben D. VI.2. b). 4128 Vgl. oben D. VI.2. c). 4129 Vgl. ausf. zur postal rule unten D. VII.3. b) cc). 4130 Vgl. oben D. VI.2. c). 4131 Vgl. dazu oben D. VI.2. b).
VI. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung
599
dort die Rechtslage bezüglich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses bis heute ganz generell höchst unklar ist (vgl. dazu näher unten D. VII.2.) – wenn aber schon nicht klar ist, ob der Zugang oder bereits die Absendung der Annahme maßgeblich ist, und eine dem § 149 BGB überhaupt nur auf der Basis der zweiten Lösung Sinn macht, ist kaum verwunderlich, dass den im Schrifttum vereinzelt unternommenen Vorstößen, eine entsprechende Regel zu etablieren, kein Erfolg beschieden war. Anders dagegen im CESL-D: Da der Vertrag dort – parallel zum deutschen Recht grundsätzlich erst mit dem Zugang der Annahme zustande kommt4132, besteht hier ebenfalls ein Bedürfnis nach einer dem § 149 BGB entsprechenden Regel für anormale Beförderungshindernisse und so wurde in Art. 37 Abs. 2 CESL-D4133 auch zu Recht eine entsprechende Vorschrift aufgenommen, die letztlich – ebenso wie bereits ihre Vorläufer in DCFR, PECL, PICC, CISG und EAG sogar tatsächlich auf dem Urvorbild des § 149 BGB beruht. Darüber hinaus enthält der CESL in Art. 37 Abs. 1 CESL-D4134 – im Einklang mit den soeben genannten internationalen Instrumenten, aber in markantem Gegensatz zum deutschen, englischen und französischen Recht auch eine spezielle Regelung, die es dem Anbietenden ermöglicht, durch eine unverzügliche sog. Geltungsmitteilung trotz der Verspätung der Annahme noch einen wirksamen Vertrag zustande zu bringen (und zwar bereits in dem Zeitpunkt, in dem die an sich verspätete Annahme tatsächlich zugegangen ist). Die Grundintention dieser Regelung – die Ermöglichung eines wirksamen Vertragsschlusses trotz der Verspätung der Annahme – ist zwar unzweifelhaft zu begrüßen. Insgesamt überzeugt dieses Konzept wie ausführlich dargelegt4135 aber nur dann, wenn man Art. 37 CESL-D nicht entsprechend der speziell zum CISG vertretenen „Ausschließlichkeitsthese“ als abschließende Regelung klassifiziert, sondern lediglich als eine zusätzliche Option für den Anbietenden, die es nicht ausschließt, eine verspätete Annahme als Gegenangebot zu qualifizieren4136 (welches der Erstofferent dann nach freiem Belieben innerhalb der dann regelmäßig geltenden „angemessenen Frist“ annehmen kann – oder eben auch nicht).
4132 Vgl. ausf. zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme (und damit des Vertragsschlusses) im Rahmen des CESL-D unten D. VII.4. 4133 Vgl. dazu näher oben D. VI.2. d) bb)(2). 4134 Vgl. dazu näher oben D. VI.2. d) bb)(1). 4135 Vgl. oben D. VI.2. d) cc). 4136 Dies natürlich nur unter der Voraussetzung, dass die Erklärung auch die allgemeinen Voraussetzungen für ein Angebot erfüllt.
600
D. Annahme
VII.
Zeitpunkt (und Ort) der Wirksamkeit der Annahme (und damit auch des Vertragsschlusses)
Von essentieller Bedeutung, ja sogar quasi der eigentliche „Schlussstein“ im gesamten „Gewölbe“ des Vertragsschlussprozesses jeder Rechtsordnung ist die Frage nach dem Zeitpunkt (und dem Ort) der Wirksamkeit der Annahme und damit des Vertragsschlusses. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist nicht nur maßgeblich dafür, ab wann die Parteien gebunden sind, sondern z.B. vielfach auch Anknüpfungspunkt für den Lauf von Fristen, Steuerfragen, das temporal anwendbare Recht, etc.; nach einigen Rechtsordnungen (so z.B. auch nach französischem4137 und englischem4138 Recht) zudem bei auf Veräußerung gerichteten Verträgen auch für den Eigentumsübergang. Der Ort des Vertragsschlusses kann für die Bestimmung des nach IPR anwendbaren Recht sowie für die gerichtliche Zuständigkeit relevant werden.
1. Deutsches Recht a) Grundregel: Vertragsschluss mit Zugang der Annahmeerklärung beim Anbietenden aa) Maßgeblichkeit der allgemeinen Vorschriften über die Wirksamkeit von Willenserklärungen Im deutschen Recht bestimmt sich auch die Wirksamkeit der Annahme (ebenso wie diejenige des Angebots4139) grundsätzlich nach den – bereits oben ausführlich erörterten4140 allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit empfangsbedürftiger Willenserklärungen:4141 Für die Annahme durch eine nicht verkörperte Willenserklärung gegenüber einem Anwesenden gilt die (abgeschwächte) Vernehmungstheorie.4142 Die Annahme gegenüber einem Abwesenden wird gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam, wenn sie abgegeben4143 und dem Anbietenden zugegangen4144 ist; bis zu diesem Zeitpunkt ist gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB auch noch ein „Wi-
4137
Vgl. oben C. III.2. b) dd)(2) bei Fn. 1481. Vgl. oben C. III.2. b) dd)(5) bei Fn. 1503. 4139 Vgl. dazu bereits ausf. oben C. VII. 4140 Vgl. oben C. VII. 4141 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 146 Rn. 4; ders. (Fn. 202), Rn. 746; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 2, 35; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 8; Kötz (Fn. 209), Rn. 111; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 108. 4142 Vgl. näher dazu oben C. VII.1. c) bb)(2). 4143 Vgl. näher zur Abgabe oben C. VII.1. b) 4144 Vgl. näher zum Zugang oben C. VII.1. c). 4138
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
601
derruf“ ( Rücknahme)4145 möglich. Gleiches gilt im Falle der Annahme durch eine verkörperte Willenserklärung gegenüber einem Anwesenden.4146 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Annahme und damit das Zustandekommen des Vertrags ist somit nach deutschem Recht grundsätzlich der Zeitpunkt ihres Zugangs beim Anbietenden (sog. Zugangsprinzip).4147 bb) Ratio und Hintergründe dieser Regelungskonzeption im BGB Im Gemeinen Recht war die Frage nach dem Zeitpunkt der Annahme und damit des Vertragsschlusses Gegenstand heftiger und teils höchst erbittert geführter Kontroversen gewesen: In ihr als zentraler Frage der gesamten Vertragsrechtsdogmatik kulminierte und fokussierte letztlich die gesamte – bereits oben referierte generelle Debatte um den Zeitpunkt der Wirksamkeit empfangsbedürftiger Willenserklärungen; sie war Kern- und Brennpunkt der im Schrifttum geführten regelrechten „Schlachten“ zwischen den Verfechtern der Äußerungstheorie, der Übermittlungstheorie, der Empfangstheorie und der Vernehmungstheorie (vgl. zu diesen vier „Haupttheorien“ sowie weiteren vermittelnden Lösungen bereits oben C. VII.1. c) aa)(1)). Dementsprechend boten auch die älteren Kodifikationen und Kodifikationsentwürfe ein höchst uneinheitliches Bild in Bezug auf die Frage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme bzw. des Zustandekommens des Vertrags: So verlangte § 862 S. 3 ABGB4148, dass die Annahme dem Anbietenden „bekannt gemacht“ wird, folgte also offenbar der Empfangstheorie4149; ebenso anscheinend auch § 815 S. 1 SächsBGB4150, 4151 („gelangt sind“)4152. Das PrALR4153 wurde dagegen auf Grund seiner vagen Formulierungen teils der Übermittlungs-4154, teils der Empfangstheorie4155 zugeord4145 Vgl. näher zu § 130 Abs. 1 S. 2 BGB oben C. VII.1. d), speziell zur Problematik des Begriffs „Widerruf“ und der Vorzugswürdigkeit des Terminus „Rücknahme“ in diesem Kontext C. VII.1. d) bb). 4146 Vgl. dazu bereits oben C. VII.1. c) bb)(1). 4147 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 1; Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 41, § 146 Rn. 4; ders. (Fn. 202), Rn. 746; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 177; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 2, 35; Dörner (Fn. 202), § 147 Rn. 2; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 8; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 147 Rn. 1; Kötz (Fn. 209), Rn. 111; Medicus (Rn. 1017), Rn. 380. 4148 Siehe oben Fn. 2286. 4149 Vgl. Hasenöhrl (Fn. 1969), S. 659 f.; von Kübel (Fn. 3022), S. 200; Regelsberger, Civilrechtliche Erörterungen, Heft 1, 1868, S. 44; Schott (Fn. 1981), S. 248; von Stubenrauch (Fn. 841), S. 9. 4150 Fn. 196. 4151 § 815 S. 1 SächsBGB Willenserklärungen an einen Abwesenden sind für geschehen zu betrachten, wenn sie an den Abwesenden gelangt sind. 4152 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 201. 4153 Fn. 157. 4154 So etwa von Kübel (Fn. 3022), S. 201. 4155 So etwa Dernburg, Die allgemeinen Lehren und das Sachenrecht des Privatrechts Preußens und des Reichs, 3. Aufl. 1881, S. 232 Fn. 17; Förster (Fn. 3022), S. 434.
602
D. Annahme
net. Das ADHGB4156 schließlich bestimmte in Art. 3214157, dass der Zeitpunkt der Absendung der Annahme als Zeitpunkt des Vertragsschlusses gelte; dies wurde jedoch mit Blick auf Art. 319 Abs. 14158 und Art. 320 Abs. 24159, die jeweils auf den „Eingang“ der Annahme abstellten, von der h.M. dahin interpretiert, dass der Vertrag zwar erst mit Zugang der Annahme zustande kam, seine Wirkungen aber auf den Zeitpunkt der Absendung der Annahme rückbezogen wurden.4160 Eine entsprechende Regelung fand sich auch in Art. 50 Dresdener Entwurf4161, 4162, der aber i.Ü. auf dem Boden der Vernehmungstheorie zu stehen schien (vgl. Art. 45 S. 2: „zur Kenntnis … gelangt“4163).4164 Von Kübel hatte sich vor diesem Hintergrund im Rahmen seines Vorentwurfs sehr umfassend mit den verschiedenen Theorien und Kodifikationsmodellen auseinandergesetzt und sich schließlich mit § 14 Abs. 1 TE-OR (Nr. 9)4165 für die Empfangstheorie und gegen eine Rückwirkung analog Art. 321 ADHGB entschieden; in § 16 TE-OR (Nr. 9)4166 war zudem ausdrücklich bestimmt, dass der Vertrag mit der Annahme geschlossen sein sollte.4167 Dieses Grundmodell – Vertragsschluss mit Zugang der Annahme und keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Absendung – wurde dann in den weite4156
Fn. 1010. Art. 321 ADHGB Ist ein unter Abwesenden verhandelter Vertrag zu Stande gekommen, so gilt der Zeitpunkt, in welchem die Erklärung der Annahme Behufs der Absendung abgegeben ist, als der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages. 4158 Fn. 3742. 4159 Art. 320 Abs. 2 ADHGB Ebenso ist die Annahme für nicht geschehen zu erachten, wenn der Widerruf noch vor der Erklärung der Annahme oder zu gleicher Zeit mit derselben bei dem Antragsteller eingegangen ist. 4160 Vgl. Hasenöhrl (Fn. 1969), S. 660 f.; Hauser ZHR 12 (1868) 34, 88 f., 91 f.; von Kübel (Fn. 3022), S. 201; Regelsberger (Fn. 4149), S. 45; Schott (Fn. 1981), S. 109 ff.; teils abw. etwa Goldschmidt ZHR 13 (1869) 333, 336 (Vernehmungstheorie und Rückwirkung); näher zur Entstehung der Regelung Bühler (Fn. 2288), S. 177 ff. m.w.N. 4161 Fn. 846. 4162 Art. 50 Dresdener Entwurf Ist ein unter Abwesenden verhandelter Vertrag zu Stande gekommen, so gilt der Zeitpunkt, in welchem die Erklärung der Annahme Behufs der Absendung abgegeben ist, als der Zeitpunkt des Schließung des Vertrages. 4163 Art. 45 S. 2 Dresdener Entwurf Die Annahme eines solchen Antrages ist nur wirksam, wenn deren Erklärung vor Ablauf jener Zeit zur Kenntnis des Antragenden gelangt ist. 4164 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 202. 4165 § 14 Abs. 1 TE-OR (Nr. 9) Der Vertragsantrag ist von einem Abwesenden angenommen, wenn die Erklärung der Annahme dem Antragenden zugekommen ist; … 4166 § 16 TE-OR (Nr. 9) Zu dem Zeitpunkte, in welchem der Vertragsantrag angenommen ist, oder als angenommen gilt, ist der Vertrag geschlossen. 4167 Vgl. von Kübel (Fn. 3022), S. 193 ff. 4157
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
603
ren Beratungen zum BGB auch beibehalten. Nachdem man sich jedoch zwischenzeitlich für eine Verankerung der Empfangstheorie als allgemeine Regel für sämtliche Willenserklärungen entschieden hatte (vgl. § 90a TE-AllgT4168 § 74 Abs. 1 E I 4169 § 107 Abs. 1 S. 1 E II4170 § 130 Abs. 1 S. 1 BGB)4171, bestand für eine spezielle Regelung des Zugangsprinzips in Bezug auf die Annahme (wie in § 14 TE-OR (Nr. 9)) kein Bedürfnis mehr; sie wurde daher bereits von der 1. Kommission gestrichen.4172 Die 2. Kommission strich dann konsequenterweise auch die ausdrückliche Bestimmung betreffend die Annahme als maßgeblichen Zeitpunkt für den Vertragsschluss (welche die 1. Kommission noch als § 87 E I 4173beibehalten hatte), da sich auch dies bereits aus den allgemeinen Regeln ergibt.4174 Vehement abgelehnt wurde im Übrigen sowohl von der 1. Kommission4175 als auch von der 2. Kommission4176 eine Rückwirkung des Vertragsschlusses auf den Zeitpunkt der Absendung wie in Art. 321 ADHGB: Für eine solche Konstruktion bestünden weder „durchschlagende Gründe der Billigkeit“ noch des „praktischen Bedürfnisses“4177. Dass ein Vertrag Wirkungen äußert, bevor er geschlossen ist, sei vielmehr gerade „nicht regelmäßig“, und wenn die Parteien ausnahmsweise doch eine Rückwirkung wollten, so sei es ihnen unbenommen, eine solche zu vereinbaren.4178
4168
Vgl. dazu Protokolle der Beratungen der 1. Kommission, 21. Sitzung vom 16.11.1881, abgedruckt in: Jakobs/Schubert (Fn. 206), AT 2, S. 800. 4169 § 74 Abs. 1 E I Ist die Wirksamkeit einer Willenserklärung davon abhängig, daß sie gegenüber einem Betheiligten abgegeben wird (Empfänger der Willenserklärung), und erfolgt die Willenserklärung in Abwesenheit desselben, so wird zur Wirksamkeit erfordert, daß die ausdrückliche Willenserklärung ihm zukommt, die stillschweigende Willenserklärung zu seiner Kenntnis gelangt. 4170 § 107 Abs. 1 S. 1 E II Eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, mit dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihm zugeht. 4171 Vgl. allg. zur legislatorischen Grundsatzentscheidungen zugunsten der Empfangstheorie in Bezug auf die Wirksamkeit von Willenserklärungen auch bereits ausf. oben C. VII.1. c) aa)(1). 4172 Vgl. Mot. I, 174 = Mugdan I, 448, wo hinsichtlich der Wirksamkeit der Annahme mit Zugang (damals noch „Zukommen“) beim Anbietenden explizit auf § 74 E I Bezug genommen wird. 4173 § 87 E I Mit dem Zeitpunkte der Annahme des Vertragsantrages ist der Vertrag geschlossen. 4174 Vgl. Prot. I, 180 = Mugdan I, 694. 4175 Vgl. Mot. I, 174 = Mugdan I, 448. 4176 Vgl. Prot. I, 180 = Mugdan I, 694. 4177 Vgl. Prot. I, 180 = Mugdan I, 694; s. ferner auch bereits Mot. I, 174 = Mugdan I, 448: „Innere Gründe stehen einer solchen Gestaltung nicht zur Seite“. 4178 Vgl. Mot. I, 174 = Mugdan I, 448.
604
D. Annahme
b) Ausnahmen aa) Gesetzlich geregelte Ausnahmen Ausnahmen vom Zugangsprinzip sieht das BGB nur dort vor, wo dies dogmatisch-konstruktiv unabdingbar ist, nämlich in denjenigen – bereits oben näher erörterten4179 Fällen, in denen die Annahme ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig ist: In den Fällen des § 151 S. 1 BGB4180 ist die Annahme bereits mit der Manifestation des Annahmewillens wirksam.4181 Im Falle des Vertragsschlusses durch Sukzessivbeurkundung kommt der Vertrag gem. § 152 S. 1 BGB4182 schon mit der Beurkundung der Annahme nach § 128 BGB zustande4183. Bei Versteigerungen erfolgt der Vertragsschluss gem. § 156 S. 1 BGB4184 durch den Zuschlag.4185 bb) Privatautonome abweichende Gestaltung Wie schon in den Motiven zum BGB ausdrücklich betont wurde4186, steht es den Parteien jedoch zum einen frei, zu vereinbaren, dass jedenfalls die Wirkungen des Vertrags bereits rückwirkend auf einen früheren Zeitpunkt eintreten.4187 Typisches Beispiel hierfür ist etwa die sog. Rückwärtsversicherung gem. § 2 VVG4188. Möglich ist aber auch eine Vorverlegung nicht nur des Eintritts der Vertragswirkungen, sondern auch des Zeitpunktes des Vertragsschlusses selbst. 4179
S. oben D. V.1. a) bb). Vgl. dazu näher bereits oben D. V.1. a) bb)(1). 4181 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 151 Rn. 7; Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 25; ders. (Fn. 202), Rn. 749 ff.; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 181; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 35, § 151 Rn. 1; Dörner (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Eckert (Fn. 1367), § 151 Rn. 18; Ellenberger (Fn. 202), § 151 Rn. 6; Jauernig (Fn. 202), § 151 Rn. 1; Leenen (Fn. 201), § 8 Rn. 89; Wertenbruch (Fn. 202), § 10 Rn. 8 f. 4182 Vgl. dazu bereits oben D. V.1. a) bb)(2). 4183 Vgl. BGH NJW 2002, 213, 214; OLG Karlsruhe NJW 1988, 2050; Armbrüster (Fn. 223), § 152 Rn. 1; Bork (Fn. 19), § 152 Rn. 4; ders. (Fn. 202), Rn. 748; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 184; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 35; Dörner (Fn. 202), § 156 Rn. 3; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 1; Ellenberger (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Medicus (Rn. 1017), Rn. 380. 4184 Vgl. dazu bereits oben D. V.1. a) bb)(3). 4185 Vgl. Armbrüster (Fn. 223), § 147 Rn. 2 f.; Bork (Fn. 19), § 156 Rn. 5; Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 185; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 35, § 156 Rn. 4; Eckert (Fn. 1367), § 146 Rn. 6; Ellenberger (Fn. 202), § 147 Rn. 1; § 156 Rn. 1; Jauernig (Fn. 202), § 152 Rn. 1; Spindler/Anton (Fn. 1577), § 156 BGB Rn. 2; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 37 Rn. 43. 4186 Vgl. Mot. I, 174 = Mugdan I, 448. Vgl. dazu auch bereits oben D. VII.1. a) bb) bei Fn. 4178. 4187 Vgl. dazu (man spricht hier häufig von einer sog. „Rückdatierung“, was allerdings etwas missverständlich ist) Bork (Fn. 19), Vorbem. zu §§ 145–156 Rn. 41; Busche (Fn. 209), § 147 Rn. 35; ausf. zur Rückdatierung von Rechtsgeschäften allg. U. H. Schneider AcP 175 (1975) 279 ff. 4188 Vgl. dazu nur Muschner in: MünchKommVVG, 1. Aufl. 2010, § 2 Rn. 1 ff. m.z.w.N. 4180
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
605
Denn da § 130 Abs. 1 BGB – wie bereits oben dargelegt4189 dispositiv ist, ist es jedenfalls im Rahmen einer Vereinbarung der Parteien möglich, den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme (und damit des Vertragsschlusses) auf einen früheren Zeitpunkt als denjenigen ihres Zugangs beim Anbietenden vorzuverlegen (z.B. bereits auf den Zeitpunkt ihrer Absendung). Tatsächlich dürfte es hierfür aber nicht einmal einer Parteivereinbarung bedürfen, sondern es müsste sogar möglich sein, dass der Anbietende in seinem Angebot einseitig bestimmt, dass die Annahme bereits zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen ihres Zugangs bei ihm wirksam werden soll (z.B. bereits mit ihrer Absendung). Denn wenn § 151 S. 1 Alt. 2 BGB dem Anbietenden ausdrücklich gestattet, vollständig auf den Zugang der Annahmeerklärung bei sich zu verzichten, so sollte es ihm a maiore ad minus auch möglich sein, zwar den Zugang einer Annahmeerklärung bei sich zu verlangen, zugleich aber zu bestimmen, dass die Wirkungen der Annahme bereits mit ihrer Absendung eintreten sollen und der Vertrag folglich auch bereits in diesem Zeitpunkt zustande kommen soll. Insofern dürfte sich diese Konstellation eigentlich bereits unter § 151 S. 1 Alt. 2 BGB subsumieren lassen. Andererseits aber wird man in solchen Fällen in der Absendung der Annahmeerklärung durch den Angebotsempfänger auch ein (zumindest konkludentes) Einverständnis mit der Vorverlegung des Wirksamkeitszeitpunktes der Annahme (und damit des Zeitpunktes des Vertragsschlusses) sehen müssen, so dass dann jedenfalls auch eine Parteivereinbarung über die Vorverlegung bestünde.
2. Französisches Recht a) Differenzierung zwischen contrats entre présents (Verträge zwischen Anwesenden) und contrats entre absents (Verträge zwischen Abwesenden) Im Hinblick auf die Frage nach Zeitpunkt (und Ort) des Vertragsschlusses wird auch im französischen Recht differenziert zwischen contrats entre présents (Verträge zwischen Anwesenden) und contrats entre absents (Verträge zwischen Abwesenden; teilweise werden diese auch bezeichnet als contrats par correspondance [Korrespondenzverträge] oder contrats à distance [Distanzverträge]).4190 Anders als im deutschen Recht erfolgt die Abgrenzung zwischen beiden Kategorien aber bis heute – ganz traditionell – ausschließlich danach, ob die Parteien (oder ihre Vertreter) sich physisch an demselben Ort befinden 4189
Vgl. bereits oben C. VII.1. e). Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Grynbaum D. 2003, 1706; Larroumet (Fn. 243), n° 276; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164; s. ferner auch Brunaux, Le contrat à distance au XXIe siècle, 2010, n° 324 ff. 4190
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D. Annahme
(dann contrat entre présents) oder nicht (dann contrat entre absents).4191 Dementsprechend wird einerseits auch der schriftliche Vertragsschluss zwischen physisch präsenten Personen als contrat entre présents eingestuft.4192 Andererseits werden aber nicht nur Verträge, die per Brief4193 geschlossen werden, sondern auch solche, die per Telefon4194 oder auf elektronischem Wege4195 geschlossen werden, als contrats entre absents qualfiziert. Allerdings wird dann zugleich verbreitet betont, dass in denjenigen Fällen, in denen der Vertrag per Telefon4196 oder im Wege einer zeitlich quasi unmittelbaren elektronischen Kommunikation (communication quasiment instantanée)4197 geschlossen wird, ähnlich wie im Falle des Vertragsschlusses zwischen physisch präsenten Personen eigentlich gar nicht problematisch sei; problematisch könne in diesen Fällen allenfalls die Bestimmung des Ortes des Vertragsschlusses sein4198. Solche Verträge werden also zwar dogmatisch als contrats entre absents eingestuft, zumindest hinsichtlich des Zeit-
4191 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Grynbaum D. 2003, 1706; Larroumet (Fn. 243), n° 276; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4192 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; s. ferner auch bereits Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 348. 4193 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157 f.; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4194 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Larroumet (Fn. 243), n° 276 f.; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4195 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Jacques, La date électronique et le contrat, in: Caprioli (dir.), Les deuxièmes journées internationales du Droit du commerce électronique, 2005, S. 163, 168; Larroumet (Fn. 243), n° 277; Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4196 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Gautrais (1995) 29 R.J.T. n.s. 377, 402; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Larroumet (Fn. 243), n° 277; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Mas (Fn. 1597), n° 129; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164; vgl. ferner etwa auch bereits Girault (Fn. 2974), n° 165; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 66. 4197 Vgl. Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157 und n° 172-1 („présence virtuelle“ [„virtuelle Präsenz“]); Larroumet (Fn. 243), n° 277; Malaurie/Aynès/StoffelMunck (Fn. 254), n° 476; Mas (Fn. 1597), n° 129; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4198 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Gautrais (1995) 29 R.J.T. n.s. 377, 402; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Larroumet (Fn. 243), n° 277; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Mas (Fn. 1597), n° 129; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164; vgl. ferner etwa auch bereits Girault (Fn. 2974), n° 165; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 66.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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punktes des Vertragsschlusses aber letztlich ebenso wie contrats entre présents behandelt.4199 b) Contrats entre présents (Vertragsschluss unter Anwesenden) Die Frage nach dem Zeitpunkt (und dem Ort) des Vertragsschlusses im Falle von contrats entre présents wird im Schrifttum ganz generell äußerst stiefmütterlich behandelt;4200 einschlägige Rechtsprechung existiert – soweit ersichtlich überhaupt nicht. Man beschränkt sich regelmäßig auf die Aussage, dass hier kein wirkliches Problem bestehe4201; der Vertrag sei geschlossen, sobald es zu einer rencontre des volontés (Willensübereinstimmung) gekommen sei4202, entweder durch übereinstimmende mündliche Erklärungen4203 oder durch die Unterzeichnung eines Schriftstücks durch die Parteien4204. Entsprechendes soll – wie bereits dargelegt, zumindest hinsichtlich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses – offenbar auch im Falle des Vertragsschlusses durch unmittelbare zeitgleiche Kommunikation (communication quasiment instantanée) per Telefon oder auf elektronischem Wege gelten.4205 c) Contrats entre absents (Verträge zwischen Abwesenden) Die Problematik von Zeitpunkt (und Ort) des Vertragsschlusses bei contrats entre absents wird dagegen schon seit dem 19. Jahrhundert intensiv und sehr kontrovers diskutiert. Allgemeiner Konsens besteht lediglich insoweit, als es den Parteien als Ausfluss der Privatautonomie selbstverständlich möglich ist, 4199 Vgl. die Nachweise in Fn. 4196 f. Kritisch dazu jedoch etwa jüngst Brunaux (Fn. 4190), n° 425 Fn. 83 (der dann jedoch letztlich in n° 427 offenbar doch zum selben Ergebnis kommt). 4200 Vgl. im Rahmen der berühmten rechtsvergleichenden Studie von Schlesinger et. al (1968) auch bereits Bonassies (Fn. 1414), S. 1446. 4201 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Larroumet (Fn. 243), n° 276; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; vgl. ferner etwa auch bereits Laurent (Fn. 1660), n° 479. 4202 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Larroumet (Fn. 243), n° 276; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; vgl. weiter etwa auch bereits Laurent (Fn. 1660), n° 479. S. ferner auch die Entscheidung Cass. req., 14.5.1912, D. 1913.I.281 m. Anm. Valéry: Dort hatten die Parteien zunächst telefoniert, dann hatte eine ein Bestätigungsschreiben geschickt [zum Schweigen auf Bestätigungsschreiben bereits näher oben D. V.2. b) bb)(2)(b)(bb)(i)]; die Cass. req. entschied, dass das Vertrag bereits während des Telefonats zustande gekommen sei: „d’ores et déjà parfaite par la rencontre des volontés“ („bereits mit der Willensübereinkunft zustande gekommen“). 4203 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; vgl. ferner etwa auch bereits Laurent (Fn. 1660), n° 479. 4204 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157. 4205 Vgl. in Bezug auf den Vertragsschluss per Telefon die Nachweise in Fn. 4196; zum Vertragsschluss auf elektronischem Wege die Nachweise in Fn. 4197; s. zu letzterem aber auch noch unten D. VII.2. c) dd).
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D. Annahme
eine entsprechende spezielle Festlegung hinsichtlich des Zeitpunktes (und Ortes) des Vertragsschlusses4206 zu treffen4207 (wofür es genügt, dass der Anbietende in seinem Angebot ausdrücklich oder konkludent eine entsprechende Festlegung trifft und der Angebotsempfänger das Angebot dann annimmt4208). Höchst streitig und bis heute nicht eindeutig und abschließend geklärt ist jedoch, was in Ermangelung einer solchen gelten soll. aa) Ausgangspunkt: Die doktrinellen Grundpositionen (1) Die vier „klassischen“ Theorien Im Schrifttum existieren in Bezug auf Zeitpunkt (und Ort) des Vertragsschlusses traditionell im Wesentlichen vier „klassische Theorien“, die im Kern denjenigen entsprechen, die auch im deutschen Gemeinen Recht4209 vertreten wurden: (1) die théorie de la déclaration (Äußerungstheorie), (2) die théorie de l’émission (Absendetheorie), (3) die théorie de réception (Empfangstheorie), und (4) die théorie de l’information (Informationstheorie).4210 (a) Historischer Ausgangspunkt: théorie de déclaration versus théorie de l’information Historisch standen sich zunächst die théorie de la déclaration und die théorie de l’information gegenüber. (aa) Théorie de la déclaration Nach der théorie de la déclaration (Äußerungstheorie) ist die Annahme wirksam und der Vertrag kommt zustande, sobald der Angebotsempfänger seinen 4206
Auch nach französischem Recht können die Parteien zudem selbstverständlich auch einen anderen Zeitpunkt für den Eintritt der Vertragswirkungen bestimmen, vgl. nur Noguéro D. 2009, 1324, 1325. 4207 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460; Aubert (Fn. 990), n° 415; Azancot Gaz. Pal. 1993, 205, 210; Bénabent (Fn. 243), n° 68; Beudant/Lerebours-Pigeonnière/Lagarde, Cours de droit civil français, t. 8, 2e éd., 1936, n° 90; Chabas RTD civ. 1981, 849; Flour/Aubert/ Savaux (Fn. 243), n° 169; Ghestin (Fn. 1049), n° 354; Larroumet (Fn. 243), n° 285; Malaurie/ Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478; Mas (Fn. 1597), n° 132; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 69; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 159; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 354; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 67; Serinet JCP G 2011, note 1016; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 171. Sämtliche neuere Reformprojekte sehen dies ebenfalls ausdrücklich vor, vgl. dazu unten D. VII.2. c) cc). 4208 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 67. 4209 Vgl. dazu bereits oben C. VII.1. c) aa)(1) und D. VII.1. a) bb). 4210 Überblick zu den verschiedenen Theorien etwa bei: Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 161 ff.; Ghestin (Fn. 1049), n° 351 f.; Larroumet (Fn. 243), n° 281 ff.; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 168 ff.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Willen geäußert hat, also z.B. bei einem Brief, sobald er diesen abgefasst hat.4211 Begründet wird dies damit, dass die für den Vertragsschluss konstitutive Willensübereinstimmung bereits in dem Moment existiere, in dem die Annahme des Angebots geäußert ist.4212 Zudem finde sich mit Art. 1985 Abs. 2 C. civ. (wonach die Annahme der Vollmacht tacite durch die Vollziehung derselben geschehen kann)4213 sogar ein legislativer Beleg für diese Theorie.4214 Dagegen lässt sich freilich einwenden, dass sich aus dieser singulären Spezialregelung kaum ein allgemein-generelles Prinzip ableiten lässt.4215 Haupteinwand gegen die théorie de la déclaration sind aber vor allem die mit ihr verbundenen Beweisschwierigkeiten: In der Praxis ist es regelmäßig sehr schwer, zuverlässig nachzuweisen, wann und wo z.B. ein Brief geschrieben wurde.4216 Hinzu kommt, dass es nach der Lebenserfahrung durchaus häufig vorkommt, dass jemand zwar zunächst ein Annahmeschreiben verfasst, es dann aber später nie abschickt oder gar zerstört; auch insofern führt die Theorie zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten.4217 Sie wird daher schon seit Langem nicht mehr ernsthaft vertreten. (bb) Théorie de l’information Nicht mehr ernsthaft vertreten wird heute auch die – quasi den genauen Gegenpol zu théorie de la déclaration bildende théorie de l’information (Informationstheorie [„Vernehmungstheorie“ des deutschen Gemeinen Rechts]4218), nach der die Annahme erst dann wirksam sein soll, wenn der Anbietende tatsächlich Kenntnis von ihr erlangt.4219 Die Vertreter dieser Theorie stützten sich ebenfalls maßgeblich auf den Vertragsbegriff selbst: Für eine wirkliche Willensübereinstimmung bedürfe nicht nur einer bloßen Koexistenz beider Willen; erforderlich sei vielmehr, dass jede Partei auch tatsächlich wisse, was die
4211
Dafür etwa Demolombe (Fn. 2174), n° 75; Valéry (Fn. 2398), n° 140 ff.; ders. D. 1913.II.1, ff. 4212 Vgl. Demolombe (Fn. 2174), n° 75. 4213 Vgl. dazu bereits oben D. V.2. a) bb) bei Fn. 3389. 4214 Vgl. Demolombe (Fn. 2174), n° 75. 4215 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 382; Brunaux (Fn. 4190), n° 410; Demogue (Fn. 881), n° 576; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 163; Gaudemet (Fn. 2438), S. 48; Ghestin (Fn. 1049), n° 351. 4216 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 385; Brunaux (Fn. 4190), n° 410; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 161, 163; Gautrais (1995) 29 R.J.T. n.s. 377, 401; Ghestin (Fn. 1049), n° 352; Larroumet (Fn. 243), n° 282; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478 Fn. 79; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 170. 4217 Vgl. Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 161; Gaudemet (Fn. 2438), S. 45; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 121; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 170. 4218 Vgl. zur Vernehmungstheorie im deutschen Gemeinen Recht oben C. VII.1. c) aa)(1) bei Fn. 1975, D. VII.1. a) bb). 4219 Dafür etwa Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 19; Laurent (Fn. 1660), n° 479; Toullier (Fn. 882), n° 29; ferner offenbar aber auch noch Jo. Schmidt RTD civ. 1974, 46, 55.
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D. Annahme
andere will.4220 Zudem glaubte man ebenfalls, sich auf eine gesetzliche Vorschrift stützen zu können, nämlich Art. 932 Abs. 2 C. civ.4221, wonach die Annahme einer Schenkung durch eine spätere öffentlich Urkunde erst dann wirksam wird, wenn diese dem Schenkenden zur Kenntnis gebracht wird.4222 Indes eignet sich diese ebenfalls auf einen ganz speziellen Sachverhalt bezogene Vorschrift wohl ebenso wenig zur Begründung eines allgemein-generellen Prinzips wie der von den Vertretern der théorie de la déclaration für ihre Auffassung in Anspruch genommene Art. 1985 C. civ.4223 Hauptkritikpunkt sind aber vor allem auch hier wiederum die immensen Beweisschwierigkeiten, mit der auch diese Theorie in der praktischen Anwendung verbunden wäre: Wann der Angebotsempfänger tatsächlich Kenntnis von der Annahme erlangt hat, wird sich letztlich sogar noch weitaus schwieriger beweisen lassen.4224 Kritisiert wird ferner, dass es der Anbietende auf der Basis der théorie de l’information sogar in der Hand hätte, den Vertragsschluss einfach dadurch zu torpedieren, dass das Schreiben schlicht nicht (bzw. nicht vor Ablauf der Annahmefrist) öffnet.4225
4220 Vgl. Laurent (Fn. 1660), n° 479: „On objecte que le concours des deux volontés existe dès l’instant où celui à qui l’offre est faite manifeste la volonté de l’accepter. Cela n’est pas exact. Il y a coexistence de volontés, il n’y a pas concours; le concours suppose plus que l’existence des deux volontés, il suppose que chacune des parties sait ce que veut l’autre.“ („Man wendet ein, dass das Zusammentreffen der beiden Willen von dem Moment an existiert, in dem derjenige, an den das Angebot gemacht worden ist, seinen Willen, es anzunehmen, manifestiert. Das ist nicht exakt. Es liegt eine Koexistenz der Willen vor, kein Zusammentreffen: Das Zusammentreffen setzt mehr voraus als die Existenz der beiden Willen, es setzt voraus, dass jede der Parteien weiß, was die andere will.“); Toullier (Fn. 882), n° 29; s. ferner der Sache nach auch Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 19. 4221 Art. 932(2) C. civ. L’acceptation pourra être faite du vivant du donateur par un acte postérieur et authentique, dont il restera minute; mais alors la donation n’aura d’effet, à l’égard du donateur, que du jour où l’acte qui constatera cette acceptation lui aura été notifié. (Die Annahme kann zu Lebzeiten des Schenkenden durch eine spätere öffentliche Urkunde, von der die Urschrift zurückbleibt, erfolgen; die Schenkung wird dann dem Schenkenden gegenüber erst an dem Tag wirksam, an dem ihm die Urkunde, welche die Annahme enthält, zur Kenntnis gebracht wird.) 4222 Vgl. Larombière (Fn. 2530), Art. 1101 n° 19; Laurent (Fn. 1660), n° 479; Toullier (Fn. 882), n° 29. 4223 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 390; Aubry/Rau (Fn. 427), § 343 (S. 295 Fn. 25); Brunaux (Fn. 4190), n° 411; Demogue (Fn. 881), n° 576; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 163; Gaudemet (Fn. 2438), S. 50; Ghestin (Fn. 1049), n° 351; Glasson D. 1892.II.249. 4224 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 411; Dissaux D. 2011, 2260, 2263; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 162 f.; Gaudemet (Fn. 2438), S. 46; Gautrais (1995) 29 R.J.T. n.s. 377, 401; Ghestin (Fn. 1049), n° 352; Larroumet (Fn. 243), n° 283, 287; Malaurie/ Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478 Fn. 79; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 121; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 264; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 353; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 169. 4225 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 388; Brunaux (Fn. 4190), n° 411; Dissaux D. 2011, 2260, 2263; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 162; Gaudemet (Fn. 2438), S. 46; Gautrais (1995) 29 R.J.T.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
611
(b) Heute: théorie de l’émission und théorie de réception Sind damit die théorie de la déclaration und die théorie de l’information heute eher von rechtshistorisch-akademischer Relevanz, so konzentriert sich die Kontroverse im Wesentlichen auf die théorie de l’emission einerseits und die théorie de réception andererseits, die sich als den praktischen Notwendigkeiten Rechnung tragende Fortentwicklungen der beiden ursprünglichen Theorien charakterisieren lassen4226. (aa) Théorie de l’émission Nach der théorie de l’émission (Absendetheorie) ist die Annahme nicht bereits mit der Äußerung, sondern erst mit ihrer Absendung an den Angebotsempfänger wirksam.4227 Diese Theorie, die auch als den Erfordernissen der Praxis Rechnung tragenden Fortentwicklung der théorie de la déclaration verstanden wird4228, hat gegenüber dieser den Vorteil, dass sich die Absendung in der Praxis meist weitaus leichter wird nachweisen lassen, z.B. durch den Poststempel.4229 Für sie wird zudem geltend gemacht, dass es angemessen sei, das Risiko einer Verspätung oder eines Verlusts der Annahmeerklärung dem Offerenten zuzuweisen, da dieser durch sein Angebot die Vertragsverhandlungen überhaupt erst initiiert hat.4230 Aus historisch-konzeptioneller Perspektive sorgte die Anknüpfung bereits an die Absendung der Annahme zudem für eine gewisse Balance zum historisch-konzeptionellen Grundprinzip der freien Wi-
n.s.4226 377, 401; Larroumet (Fn. 243), n° 283; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 364; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 160; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 66. 4226 Vgl. die Nachweise in Fn. 4228 und 4239. 4227 Dafür etwa Aubert (Fn. 990), n° 415 (nur bzgl. des Zeitpunktes, da Vertreter der théorie dualiste, dazu noch unten D. VII.2. c) aa)(2)); (Aubry/Rau (Fn. 427), § 343 (S. 294 f.); Beudant/ Lerebours-Pigeonnière/Lagarde (Fn. 4207), n° 87 f., 90; Bufnoir, Propriété et contrat, 1900, S. 477; Colin/Capitant, Cours élémentaire de droit civil français, t. 2, 7e éd. 1932, n° 30; FabreMagnan (Fn. 23), S. 282; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 169 (nur bzgl. des Zeitpunktes, da Vertreter der théorie dualiste, dazu noch unten D. VII.2. c) aa)(2)); Glasson D. 1892.II.249; Ghestin (Fn. 1049), n° 358; Girault (Fn. 2974), n° 68 f.; Grynbaum D. 2003, 1706, 1707 f. (speziell in Bezug auf den elektronischen Vertragsschluss); Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 124; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 67 (allerdings mit der Modifikation, dass dies nur dann gelten soll, wenn der konkret Annehmende nicht der Erstofferent war, also nicht der ursprüngliche Initiator der Vertragsverhandlungen); ferner wohl auch Pothier (Fn. 328), n° 32. 4228 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 410; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 161; Ghestin (Fn. 1049), n° 352; Larroumet (Fn. 243), n° 282; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 121; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 170. 4229 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 386; Beudant/Lerebours-Pigeonnière/Lagarde (Fn. 4207), n° 87; Brunaux (Fn. 4190), n° 410; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Ghestin (Fn. 1049), n° 352; Larroumet (Fn. 243), n° 282; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478 Fn. 79; Marty/ Raynaud (Fn. 2438), n° 121; s. ferner auch bereits Aubry/Rau (Fn. 427), § 343 (S. 295 Fn. 25). 4230 Vgl. Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 67.
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D. Annahme
derruflichkeit des Angebots4231 (dieses Argument hat sich freilich angesichts der enormen Durchbrechungen, die dieses Grundprinzip zwischenzeitlich erfahren hat, und die dazu geführt haben, dass heute wenig mehr als ein historisches Relikt ist4232, ganz erheblich relativiert). Schließlich wird auch argumentiert, dass es regelmäßig dem Willen der Parteien entspreche, den Vertrag möglichst frühzeitig zustande kommen zu lassen.4233 Umstritten ist, ob auf der Basis der théorie de l’émission ein Widerruf der Annahme möglich ist, nachdem diese einmal abgesandt wurde. Ganz überwiegend wird dies verneint: Sobald die Annahme einmal durch die Absendung wirksam geworden (und der Vertrag somit geschlossen) ist, könne der Angebotsempfänger nicht mehr zurück.4234 Es gibt jedoch ältere Entscheidungen4235 und auch einige Autoren im Schrifttum4236, die dem Angebotsempfänger dennoch gestatten wollen, seine Annahme noch bis zu deren Eintreffen beim Anbietenden durch eine mittels eines schnelleren Kommunikationsmittels übersandte Erklärung zu widerrufen (Bsp.: Widerruf einer per Brief erklärten Annahme per Telegramm oder E-Mail). Denn solange der Anbietende keine Kenntnis von der Annahme habe, habe bei ihm kein legitimes Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags bestehen können.4237 (bb) Théorie de réception Nach der théorie de réception (Empfangstheorie) ist die Annahme wirksam (und damit der Vertrag geschlossen), wenn die Annahmeerklärung dem Anbietenden zugeht.4238 Für sie wird – ähnlich wie bei für die théorie de l’information, als deren Fortentwicklung sie sich auch charakterisieren lässt4239 gel4231 Vgl. zum Zusammenhang zwischen Widerruflichkeit und Wirksamkeit der Annahme bereits mit der Absendung etwa Colin/Capitant (Fn. 4227), n° 30; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 282; Grynbaum D. 2003, 1706, 1707; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 66. 4232 Vgl. dazu bereits ausf. oben C. VIII.2. b), C. VIII.2. c). 4233 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 415; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 169. 4234 Vgl. Beudant/Lerebours-Pigeonnière/Lagarde (Fn. 4207), n° 91; Brunaux (Fn. 4190), n° 421; Fages (Fn. 245), n° 78; Glasson D. 1892.II.249; Jacques (Fn. 4195), S. 163, 170; Terré/ Simler/Lequette (Fn. 243), n° 166; ferner wohl auch Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 479; differenzierend Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 169 (nur im Falle der Annahme eines Angebots an eine bestimmte Person mit einer bestimmten Frist; sonst nicht). 4235 Vgl. CA Paris, 31.5.1937, DH 1937, 431; ferner offenbar auch C. de Toulouse D. 1902.II.16. 4236 Vgl. etwa Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 282; Girault (Fn. 2974), n° 69; s. dazu ferner kritisch-zweifelnd auch Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 170, 171 a.E. 4237 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 282. 4238 Dafür etwa Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Brunaux (Fn. 4190), n° 413 ff.; Demogue (Fn. 881), n° 577; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Gaudemet (Fn. 2438), S. 45 ff.; Larroumet (Fn. 243), n° 287; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Malaurie D. 1961, jur. 417 (nur bzgl. des Zeitpunktes, da Vertreter der théorie dualiste, dazu noch unten D. VII.2. c) aa)(2)); Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 365 (nur bzgl. des Zeitpunktes, da Vertreter der théorie dualiste, dazu noch unten D. VII.2. c) aa)(2)); Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 354; Pla-
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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tend gemacht, dass eine echte Willensübereinstimmung erst dann existierte, wenn jede Partei weiß, was die andere geäußert hat.4240 Wenn eine Annahmeerklärung beim Anbietenden eingeht, könne man aber vermuten, dass sie auch zur Kenntnis genommen wird.4241 Der Zeitpunkt des Eingangs lässt sich aber wesentlich leichter nachweisen als derjenige der tatsächlichen Kenntnisnahme.4242 Die théorie de réception diene insofern letztlich insgesamt auch der Rechtssicherheit.4243 Ferner sei es auch im Interesse einer Art „Waffengleichheit“ nur gerecht, auch die Annahme – ebenso wie das Angebot – nicht bereits mit der Absendung, sondern erst mit der Ankunft beim jeweiligen Adressaten wirksam werden zu lassen, so dass für beide jeweils eine gewisse Zeit der Unsicherheit bestehe.4244 Die théorie de réception sorge insoweit für einen gerechten Interessenausgleich4245 zumal die Position des Angebotsempfängers auf Grund des Revirement der Rechtsprechung, das dazu geführt hat, dass die zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots heute im französischen Recht de facto zum Regelfall geworden ist, deutlich gestärkt ist4246. Ergänzend wird für die théorie de réception schließlich auch geltend gemacht, dass sie das französische Recht in Einklang mit der Rechtslage in vielen europäischen Staaten sowie insbesondere auch den meisten internationalen Instrumenten (CISG, PICC, PECL, DCFR, CESL-D4247) bringen.4248 4239 niol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 159 f.; Serinet JCP G 2011, note 1016. Zumindest große Sympathie ferner etwa auch bei Fages (Fn. 245), n° 78 („sans doute plus réaliste“ [„zweifellos lebensnaher“]). 4239 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 411; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 162; Ghestin (Fn. 1049), n° 352; Larroumet (Fn. 243), n° 283; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 121; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Sallé de la Marnierre D. 1933.I.65, 66; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 169. 4240 Vgl. Malaurie D. 1961, jur. 417: „il n’y a de véritable concordance entre les deux oui que lorsque chacun sait que l’autre l’a dit.“ („es besteht keine wahre Übereinstimmung zwischen den beiden Ja, bis jeder weiß, dass der andere es gesagt hat.“); s. ferner auch Dissaux D. 2011, 2260, 2263; Fages (Fn. 245), n° 78; Gaudemet (Fn. 2438), S. 47 f.; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5. 4241 Vgl. Demogue (Fn. 881), n° 577; Gaudemet (Fn. 2438), S. 46, 48, 50; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 364; Planiol/Ripert/Esmein (Fn. 882), n° 160. 4242 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 411; Dissaux D. 2011, 2260, 2263; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 364; auch Aubert (Fn. 990), n° 389; Ghestin (Fn. 1049), n° 352. 4243 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 420; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4244 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 420; Demogue (Fn. 881), n° 577; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 364 f. 4245 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Brunaux (Fn. 4190), n° 425; Larroumet (Fn. 243), n° 288; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5. 4246 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Brunaux (Fn. 4190), n° 425; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5. 4247 Vgl. dazu noch näher unten D. VII.4. 4248 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Brunaux (Fn. 4190), n° 416 f.; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 365; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 21; Serinet JCP G 2011, note 1016.
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D. Annahme
Auf der Basis der théorie de réception kann die Annahme konsequenterweise zurückgenommen werden, solange sie nicht durch Zugang beim Anbietenden wirksam geworden ist.4249 (2) Die sog. dualistische Theorie (théorie dualiste) Seit etwa der Mitte des 20. Jahrhunderts wird von einigen Autoren die Auffassung vertreten, dass man zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Ort des Vertragsschlusses differenzieren müsse (sog. théorie dualiste [dualistische Theorie]).4250 Denn es sei zwar vorstellbar, dass eine Willensübereinstimmung sich in einem bestimmten Zeitpunkt realisiert, wie die übereinstimmenden Willen sich aber geographisch an einem Ort befinden könnten, sei schlicht nicht denkbar; die Lokalisation des Vertrags an einem bestimmten Ort könne nur aus einer Fiktion resultieren.4251 Der Ort des Vertragsschlusses sei daher unabhängig davon zu bestimmen, welcher Theorie man hinsichtlich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses folgt. Im Hinblick auf die Frage, welche Kriterien insoweit maßgeblich sein sollen, fehlt es dann aber innerhalb der Vertreter der théorie dualiste (ebenso wie auch hinsichtlich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses4252) an einer einheitlichen Linie: Einige wollen ihn nach praktischen Erwägungen und unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen sowie der Risikoverteilung zwischen den Parteien zu bestimmen4253, andere erachten den Ort der Haupttätigkeit des Offerenten für maßgeblich4254, wieder andere den Ort der Absendung der Annahme4255. Die théorie dualiste hat sich jedoch letztlich trotz einer Reihe prominenter Vertreter nicht durchsetzen können; die vorgeschlagene Differenzierung zwischen Zeitpunkt und Ort des Vertragsschlusses wird ganz überwiegend als eine unnötige Verkomplizierung der ohnehin schon höchst umstrittenen Ge4249
Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 389; Brunaux (Fn. 4190), n° 425; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 158; Gaudemet (Fn. 2438), S. 45; Larroumet (Fn. 243), n° 287; Malaurie D. 1961, jur. 417; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 166, 169. 4250 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 417 ff.; Chevallier, Cours de droit civil, 2e année, 1949–50, S. 54 f.; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 168 ff.; Malaurie D. 1961, jur. 417 f.; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 367 ff. Tendenziell wohl auch Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 285 („La question de lieu peut alors éventuellement se cumuler avec celle de la date du contrat.“ [„Die Frage nach dem Ort kann sich also eventuell mit derjenigen nach dem Zeitpunkt des Vertrags vereinigen.“]). 4251 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 417; Chevallier (Fn. 4250), S. 54; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 168; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 367 f. 4252 Für théorie de l’émission etwa: Aubert (Fn. 990), n° 415; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 169; théorie de la réception etwa: Malaurie D. 1961, jur. 417; Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 365; differenzierend: Chevallier (Fn. 4250), S. 50 ff. 4253 Vgl. Aubert (Fn. 990), n° 417; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 170; ähnlich auch Chevallier (Fn. 4250), S. 54. 4254 Vgl. Montero Liber Amicorum Coipel, 2004, S. 247, 367 f. 4255 Vgl. Malaurie D. 1961, jur. 417, 418 (bezüglich der Bestimmung des Ortes des Vertragsschlusses für die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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samtproblematik angesehen.4256 Die ganz h.L. bestimmt Zeitpunkt und Ort des Vertragsschlusses daher – unabhängig davon, welcher der klassischen Theorien der jeweilige Autor konkret folgt vielmehr weiterhin einheitlich4257 (insoweit wird daher auch manchmal von einer théorie moniste gesprochen). bb) Rechtsprechung (1) Traditioneller Ansatz: Tatfrage Die Cour de Cassation vertrat schon seit dem 19. Jahrhundert traditionell die Auffassung, dass die Bestimmung des Zeitpunktes (und Ortes) des Vertragsschlusses eine Tatfrage sei, die von den Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls abhänge, wobei insbesondere auch der Wille der Parteien und etwaige einschlägige (Handels-)Bräuche zu berücksichtigen seien.4258 (2) Das Urteil der chambre des requêtes vom 21.3.1932 Ein vieldiskutiertes Urteil vom 21.3.19324259 schien dann allerdings den Eindruck zu erwecken, als ob das Gericht die Problematik nun doch als Rechtsfrage qualifizieren und sich auf die théorie de l’emission festlegen wolle. Denn darin führte das Gericht explizit aus le contrat [est] rendu parfait par l’acception des propositions qui sont faites, dès l’instant où cette acceptation a lieu (der Vertrag wird durch die Annahme der Vorschläge, die gemacht worden sind, perfekt, bereits in dem Moment, in dem diese Annahme erfolgt),
und stellte dann fest, dass die Annahme an dem Ort erfolgt sei, von dem aus der Angebotsempfänger seinen Brief mit der Annahmeerklärung abgeschickt hatte. Die Bedeutung dieses Urteils wurde im Schrifttum allerdings verbreitet heruntergespielt, da es sich „nur“ um ein Urteil der chambre des requêtes4260 4256
Vgl. Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 170. Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 413; Fages (Fn. 245), n° 78; Larroumet (Fn. 243), n° 274 ff.; Marty/Raynaud (Fn. 2438), n° 124; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20 f.; Ripert/Boulanger (Fn. 2438), n° 357; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 168, 170; wohl auch Malaurie/Aynès/ Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 477 ff. Ebenso behandeln auch die neueren Reformprojekte beide Fragen einheitlich, vgl. dazu näher unten D. VII.2. c) cc). 4258 Vgl. Cass. req., 6.8.1867, D.1868.I.35 (in casu: Annahme mit Zugang des Briefs des Bürgen bei der Bank); Cass. req., 1.12.1875, D. 1877.I.451 (in casu: Annahme mit Versendung des per Brief bestellten Weins); Cass. civ., 16.11.1910, D. 1912.I.49 (in casu: Annahme mit Absendung des Schreibens des Werkunternehmers); Cass. req., 29.1.1923, D. 1923.I.176 (in casu: Annahme mit Absendung eines Telegramms durch den Käufer wirksam). 4259 Cass. req., 21.3.1932, D. 1933.I.65 m. Anm. Sallé de la Marnierre. 4260 Die chambre des requêtes war zuständig für die Zurückweisung zivilrechtlicher Revisionen, die evident unbegründet waren (vgl. zur historischen Zusammensetzung der Cour de Cassation: http://www.justice.gouv.fr/histoire-et-patrimoine-10050/la-justice-dans-lhistoire10288/histoire-de-la-cour-de-cassation-22450.html). Sie wurde 1947 abgeschafft (Loi n° 471366 du 22 juillet 1947 modifiant l’organisation et la procédure de la Cour de cassation, JORF du 24 juillet 1947, p. 7142). 4257
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D. Annahme
handelte, das zudem konkret letztlich nur die sehr spezielle Frage der gerichtlichen Zuständigkeit im Falle eines per Brief geschlossenen Arbeitsvertrags betraf.4261 In der Tat war die Cour de Cassation nicht nur in einer lediglich knapp einen Monat zuvor ergangenen Entscheidung4262 ihrem traditionellen Ansatz einer Qualifikation als Tatfrage gefolgt, sie führte diesen dann ganz offensichtlich auch in späteren Entscheidungen4263 fort. Dabei wurde zwar zumeist auf die Absendung der Annahme als maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt4264, aber eben gerade keineswegs generell4265. Speziell in einem Urteil vom 21.12.19604266 betonte die 1. Zivilkammer indes sogar nochmals ganz dezidiert, dass es sich um eine Tatfrage handele und dass das Instanzgericht im konkreten Fall lediglich von seiner diesbezüglichen souveränen Entscheidungsbefugnis Gebrauch gemacht habe, als es entschied, dass das Angebot noch bis zum Zugang der Annahme widerrufen werden konnte (der Vertrag also erst zu diesem Zeitpunkt zustande gekommen wäre). (3) Das Urteil der chambre commerciale vom 7.1.1981 Einen weiteren Wendepunkt markierte ein Urteil der chambre commerciale vom 7.1.19814267. Darin wies das Gericht die Revision mit der Begründung zurück, dass … faute de stipulation contraire, l’acte du 10 juin 1975 était destine à deviner parfait, non pas par la réception par la sociéte L’Aigle de l’acceptation de la société Comase, mais pas l’émission par celle-ci de cette acceptation. (… in Ermangelung einer gegenteiligen Bestimmung, die urkundliche Vereinbarung vom 10. Juni 1975 dazu bestimmt war, perfekt zu werden nicht durch den Empfang der Annahmeerklärung der Gesellschaft Comase durch die Gesellschaft L’Aigle, sondern durch die Absendung dieser Annahmeerklärung durch diese).
Dies wurde im Schrifttum verbreitet als eine endgültige Grundsatzentscheidung zugunsten der théorie de l’émission als allgemein-genereller Rechtsregel
4261 Vgl. auch Lalou D. 1950, jur. 236; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 171. 4262 Vgl. Cass. civ., 2.2.1932, S. 1932.I.68. 4263 Vgl. Cass. soc., 20.7.1954, JCP 1955.II.8775; Cass. civ. 1re, 21.12.1960, D. 1961, jur. 417; Cass. soc., 4.5.1961, Bull. civ. IV n°459; Cass. soc., 5.6.1962, Bull. civ. IV n° 537; Cass. soc., 3.3. 1965, n° 62-40026; Cass. com., 22.6.1976, n° 75-11202; Cass. civ. 3e, 24.10.1978, n° 77-13200. 4264 Vgl. Cass. soc., 20.7.1954, JCP 1955.II.8775; Cass. soc., 4.5.1961, Bull. civ. IV n°459; Cass. soc., 5.6.1962, Bull. civ. IV n° 537; Cass. soc., 3.3. 1965, n° 62-40026; Cass. com., 22.6.1976, n° 75-11202. 4265 Vgl. konkret i.S.d. théorie de réception: Cass. civ., 2.2.1932, S. 1932.I.68; Cass. civ. 1re, 21.12.1960, D. 1961, jur. 417; Cass. civ. 3e, 24.10.1978, n° 77-13200. 4266 Cass. civ. 1re, 21.12.1960, D. 1961, jur. 417 m. Anm. Malaurie. 4267 Cass. com., 7.1.1981, n° 79-13499. Dazu Chabas RTD civ. 1981, 849.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
617
interpretiert.4268 Eine ganze Reihe renommierter Autoren lehnte es jedoch vehement ab, dem Urteil eine derartige Tragweite beizumessen: Die chambre commerciale habe zwar in casu auf die Absendung der Annahme abgestellt, insgesamt bleibe es jedoch dabei, dass der Zeitpunkt (und Ort) des Vertragsschlusses nach der Rechtsprechung eine nach den konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beantwortende Tatfrage sei.4269 (4) Das Urteil der 3. Zivilkammer vom 16.6.2011 Den jüngste Mosaikstein im nach wie vor insgesamt sehr diffusen Bild der Judikatur der Cour de Cassation bildet eine Entscheidung der 3. Zivilkammer vom 16.6.20114270 betreffend einen Rechtsstreit aus dem Bereich des Landpachtrechts. Nachdem die SAFER4271 der Region Auvergne im Wege eines Vorkaufsrechts landwirtschaftlichen Grundbesitz erworben hatte, wollte sie diesen zurückübertragen und übermittelte dem Pächter zwei „Angebote“, damit dieser ggf. sein gesetzliches Vorkaufsrecht nach Art. 412-1 ff. Code rural et de la pêche maritime4272 ausüben könnte. Kurz nachdem der Pächter seine Annahmeerklärungen abgesandt hatte, erhielt er von SAFER Berichtigungen der ursprünglichen Angebote. Die CA Riom entschied in Anwendung der théorie de l’émission, dass der Vertrag bereits mit der Absendung der Annahmeerklärungen zustande gekommen sei. Die Cour de Cassation hob dieses Urteil unter Verweis auf Art. L. 412-8 Code rural et de la pêche maritime4273 mit der Begründung auf, dass 4268 Vgl. etwa Azancot Gaz. Pal. 1993, 205, 210; Ghestin (Fn. 1049), n° 360; Grynbaum D. 2003, 1706, 1708, 1710; ders. D. 2004, 2213, 2216; ders. (Fn. 1603), S. 121, 131 f.; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Jacques (Fn. 4195), S. 163, 169; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 20; Raymond (Fn. 1413), n° 323; s. ferner auch (allerdings eher zurückhaltend): Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 171. 4269 Vgl. etwa Fabre-Magnan, Droit des obligations. 1 – Contrat et engagement unilatéral, 2e éd. 2010, S. 270 (und ebenso nun auch nach dem neuesten Urteil aus dem Jahr 2011 [dazu sogleich bei Fn. 4270 ff.] in der aktuellen Auflage: Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281); Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 161; 171; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 478 f.; Mas (Fn. 1597), n° 131; Mathey (Fn. 1603), n° 48; tendenziell ferner wohl auch Gautrais (1995) 29 R.J.T. n.s. 377, 396 sowie wohl auch Testu (Fn. 991), 21.38 (allerdings nicht ganz eindeutig). 4270 Cass. civ. 3e, 16.11.2011, n° 09-72679. Dazu Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 460 f.; Dissaux D. 2011, 2260 ff.; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4271 SAFER ist die Abkürzung für Société d’aménagement foncier et d’établissement rural. Diese durch ein Gesetz aus dem Jahr 1960 geschaffenen gemeinnützigen Gesellschaften, die unter der Aufsicht des Landwirtschafts- und Finanzministeriums stehen, spielen in Frankreich eine große Rolle bei der Gestaltung der landwirtschaftlichen Raums; Hauptaufgaben sind die Dynamisierung der Land- und Forstwirtschaft, der Umwelt- und Landschaftsschutz sowie die Unterstützung der lokalen Wirtschaft. Nähere Informationen unter www.safer.fr. 4272 Nach Art. L. 412-1 ff. Code rural et de la pêche maritime [Landwirtschafts- und Seefischereigesetzbuch] hat der Landpächter im Falle der entgeltlichen Veräußerung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes ein Vorkaufsrecht. 4273 Art. L. 412-8(3) Code rural et de la pêche maritime bestimmt in Bezug auf die Ausübung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts durch den Pächter:
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D. Annahme
alors que la formation du contrat était subordonnée à la connaissance de l’acceptation de l’offre par le pollicitant et qu’elle avait constaté qu’à la date de la notification des offres rectificatives, la réponse du preneur sur les offres initiales n’était pas parvenue au propriétaire, la cour d’appel a violé le texte susvisé. (wo doch das Zustandekommen des Vertrags von der Kenntnis der Annahme des Angebots durch den Anbietenden abhängig war und es festgestellt habe, dass zum Zeitpunkt der Mitteilung der Berichtigungen der Angebote die Antwort des Pächters auf die ursprünglichen Angebote den Eigentümer noch nicht erreicht habe, das Berufungsgericht die genannte Rechtsvorschrift verletzt hat.)
Das Urteil stieß in Praxis und Schrifttum naturgemäß auf große Resonanz. Hinsichtlich seiner effektiven Tragweite sind die Einschätzungen allerdings überwiegend eher vorsichtig-zurückhaltend4274, sprechen doch der sehr spezifische Sachverhalt (Ausübung eines landpachtrechtlichen Vorkaufsrechts)4275 sowie der Umstand, dass die Cour de Cassation explizit auf Art. L. 412-8 Code rural et de la pêche maritime4276 (der ausdrücklich vorsieht, dass die Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts den Verpächter während der 2-Monats-Frist zugehen muss [parvenue]) rekurriert4277, eher gegen eine allgemein-generelle Grundsatzentscheidung zugunsten der théorie de réception. Andererseits aber hat das Urteil zumindest in jedem Fall einen wichtigen neuen Impuls geliefert und die Debatte insgesamt neu belebt. Speziell von Vertretern der théorie de réception wurde es zudem zum Anlass genommen, erneut dezidiert eine generelle (gesetzliche oder höchstrichterliche) Anerkennung der théorie de réception als allgemeines Grundprinzip zu fordern4278: Dies sei nicht nur für den Spezialbereich der Ausübung des landpachtrechtlichen Vorkaufsrechts, sondern ganz generell die wertungsmäßig vorzugswürdige Lösung4279; zudem würde so auch endlich Rechtssicherheit in Bezug auf die essentielle Frage nach dem Zeitpunkt (und Ort) des Vertragsschlusses ge4274 … Sa réponse doit être parvenue au bailleur dans le délai de deux mois ci-dessus visé, à peine de forclusion, son silence équivalant à une renonciation au droit de préemption. (Seine Antwort muss den Verpächter innerhalb der obigen Zweimonatsfrist zugehen, andernfalls ist er ausgeschlossen, sein Schweigen gilt als Verzicht auf das Vorkaufsrecht.) 4274 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Bénabent (Fn. 243), n° 68; Dissaux D. 2011, 2260, 2262 f.; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281 f. Fn. 3; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4275 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281 f. Fn. 3; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note. 1016. 4276 Fn. 4273. 4277 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4278 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4279 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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schaffen4280 und das französische Recht in Einklang mit vielen anderen europäischen Rechtsordnungen sowie den internationalen Instrumenten gebracht werden4281. cc) Neuere Reformprojekte: théorie de réception Eine klare Linie findet sich aber immerhin in den neueren Reformprojekten: Sie folgen letztlich allesamt übereinstimmend der théorie de réception, und zwar jeweils ausdrücklich sowohl hinsichtlich des Zeitpunktes als auch hinsichtlich des Ortes des Vertragsschlusses. Der Wortlaut der einschlägigen Regelungen divergiert allerdings im Detail etwas: Art. 1107 Avant-projet Catala4282 und Art. 31 Projet de la chancellerie4283 stellen jeweils auf die réception de l’acceptation (Empfang der Annahme) ab, während es nach Art. 21 Projet Terré4284 auf den Zeitpunkt ankommen soll, an dem l’acceptation parvient à l’offrant (die Annahme dem Anbietenden zugeht). In der Sache war damit jedoch keineswegs eine Abweichung beabsichtigt. Die Terré-Gruppe wollte mit dem Terminus parvient lediglich präzisieren, dass es gerade nicht erforderlich sein soll, dass der Anbietende (wie nach der théorie de l’information) tatsächlich Kenntnis von der Annahmeerklärung erlangt hat4285 speziell nachdem die insoweit zumindest etwas missverständ-
4280 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4281 Vgl. Amrani Mekki/Mekki D. 2012, 459, 461; Dissaux D. 2011, 2260, 2262; Loiseau JCP G 2011, doctr. 1141 n° 5; Serinet JCP G 2011, note 1016. 4282 Art. 1107 Avant-projet Catala (Fn. 438) Faute de stipulation contraire, le contrat devient parfait par la réception de l’acceptation; il est réputé conclu au lieu où l’acceptation est reçue. (In Ermangelung einer gegenteiligen Bestimmung wird der Vertrag perfekt durch den Empfang der Annahme; er gilt als an dem Ort geschlossen, wo die Annahme empfangen wird.) Vgl. dazu Catala D. 2006, 535, 537; Delebeque/Mazeaud (Fn. 2416), S. 27, 29; Fages RDC 2006, 37, 38; Fauvarque-Cosson ZEuP 2007, 428, 440; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401 f. Ausdrücklich positiv dazu übrigens auch Groupe du travail de la Cour de Cassation (Fn. 445), para. 19. 4283 Art. 31 Projet de la chancellerie (Fn. 438) Faute de stipulation contraire, le contrat devient parfait par la réception de l’acceptation. Il est réputé conclu au lieu où celle-ci est reçue. (In Ermangelung einer gegenteiligen Bestimmung wird der Vertrag perfekt durch den Empfang der Annahme. Er gilt als an dem Ort geschlossen, wo diese empfangen wird.) 4284 Vgl. Art. 21 Projet Terré (Fn. 465) Le contrat devient parfait dès que l’acceptation parvient à l’offrant. Il est réputé conclu au lieu où l’acceptation est reçue. Le tout sauf disposition légale ou convention contraire. (Der Vertrag wird perfekt, sobald die Annahme dem Anbietenden zugeht. Er gilt als an dem Ort geschlossen, an dem die Annahme empfangen wird. All dies gilt vorbehaltlich einer gegenteiligen gesetzlichen Bestimmung oder Vereinbarung.) Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130. 4285 Vgl. Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130; Rouhette RDC 2007, 1371, 1401 (speziell Fn. 191).
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D. Annahme
liche Begründung zum Avant-projet Catala4286 für einige Unsicherheit gesorgt hatte4287. Die Verfasser des Avant-projet Catala begründeten die Entscheidung für die théorie de réception maßgeblich mit dem Gedanken der Rechtssicherheit für den Anbietenden: Dieser solle nicht gebunden sein, bevor ihm die Annahme nicht zugegangen sei.4288 Eben dies spielte auch für die Terré-Gruppe eine wichtige Rolle4289; zudem es sei angemessen, das Transportrisiko dem Annehmenden zuzuweisen, da dieser das konkrete Kommunikationsmittel wähle,4290 und schließlich bringe man das französische Recht damit auch in Einklang mit den internationalen Instrumenten4291. In der ohnehin recht knappen Begründung zum Projet de la chancellerie hieß es zwar nur schlicht, dass mit Art. 31 die théorie de réception „est confirmée“ („bestätigt worden ist“)4292; letztlich dürften hier aber dieselben Erwägungen maßgeblich gewesen sein.
4286 Vgl. Delebeque/Mazeaud (Fn. 2416), S. 27, 29: „… la sécurité … de l’offrant est promue par la règle qui prévoit que le contrat n’est conclu qu’à compter de la réception de l’acceptation. Ainsi, l’offrant n’est-il contractuellement lié que lorsqu’il a pu prendre effectivement connaissance de la volonté manifestée par son partenaire et ne peut pas être juridiquement engagé sans le savoir.“ („… die Sicherheit … des Anbietenden wird durch die Regel, die vorsieht, dass der Vertrag mit dem Empfang der Annahme zustande kommt, gefördert. Auf diese Weise ist der Anbietende nicht vertraglich gebunden ist, bis er tatsächlich von dem von seinem Partner manifestierten Willen Kenntnis genommen haben kann und kann nicht rechtlich verpflichtet werden, ohne ihn zu kennen.“). Mit diesen Formulierung sollte aber wohl ausschließlich betont werden, dass ein Abstellen auf die bloße Absendung der Annahme i.S.d. théorie de l’émission gerade nicht gewollt war und nicht etwa die théorie de l’information übernommen werden. Gegen letzteres spricht nicht nur schon der Wortlaut des Art. 1107 selbst, sondern auch der Umstand, dass es an anderer Stelle der Begründung ausdrücklich heißt, dass mit Art. 1107 „réception de l’acceptation“ als Prinzip festgelegt wird (vgl. Cornu (Fn. 441), S. 19, 24). Zudem kann auch kaum davon ausgegangen werden, dass die der Catala-Gruppe angehörenden renommierten Wissenschaftler einen Ansatz festschreiben wollten, der schon seit Jahrzehnten nicht mehr ernsthaft vertreten wird – zumal man ganz generell gerade auch um eine Annäherung an andere europäische Rechtsordnungen sowie die internationalen Instrumente (die allesamt dem Zugangsprinzip folgen) bemüht war (vgl. insoweit mit Bezug auf die Regelung zum Zeitpunkt und Ort der Annahme explizit Catala D. 2006, 535, 537). Trotz der teils geäußerten Zweifel (vgl. die Nachweise oben in Fn. 4285) wurde die Vorschrift daher auch ganz überwiegend als Kodifikation der théorie de réception verstanden, vgl. etwa Fages RDC 2006, 37, 38; Fauvarque-Cosson ZEuP 2007, 428, 440; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 172. 4287 Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130. 4288 Vgl. Delebeque/Mazeaud (Fn. 2416), S. 27, 29 (zitiert in Fn. 4286). 4289 Vgl. Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130. 4290 Vgl. Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130. 4291 Vgl. Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 130. 4292 Vgl. Projet de la chancellerie (Fn. 438) in der Begründung zum Abschnitt „La formation du contrat“.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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dd) Insbesondere: Vertragsschluss auf elektronischem Wege Ganz spezifische Sonderprobleme ergeben sich im französischen Recht schließlich in Bezug auf den Vertragsschluss auf elektronischem Wege vor dem Hintergrund der zur Umsetzung von Art. 11 E-Commerce-RL4293 eingeführten (und bereits oben im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Angebot und invitatio ad offerendum angesprochenen4294) Regelung der Art. 1369-5 C. civ. (1) Vertragsschluss auf elektronischem Wege im Anwendungsbereich des Art. 1396-5 C. civ.: Das System des „double clic“ Art. 1369-5 C. civ. etabliert für den Vertragsschluss auf elektronischem Wege das sog. System des „double clic“ („Doppelklick“)4295: Der Empfänger der offre4296 (Angebot) gibt auf elektronischem Wege eine Bestellung (commande) ab (1. Klick), deren Empfang der Urheber der offre bestätigen muss. Die Webseite muss ihm dann die Möglichkeit geben, die Einzelheiten der Bestellung und den Gesamtpreis zu verifizieren und eventuelle Fehler zu korrigieren; dann muss er „confirmer celle-ci [la commande] pour exprimer son acceptation“ („diese [die Bestellung] bestätigen, um seine Annahme zum Ausdruck zu bringen“) (2. Klick) und auch der Empfang dieser Bestätigung der Annahme muss dann wiederum bestätigt werden. Gem. Abs. 3 gelten die Bestellung, die Bestätigung der Annahme des Angebots und die Empfangsbestätigung als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können. Art. 1369-5 C. civ. Pour que le contrat soit valablement conclu, le destinataire de l’offre doit avoir eu la possibilité de vérifier le détail de sa commande et son prix total, et de corriger d’éventuelles erreurs, avant de confirmer celle-ci pour exprimer son acceptation. 4293
Fn. 392. Vgl. oben C. III.2. b) hh)(2)(b). 4295 Vgl. dazu Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 109 ff.; Bruguière (Fn. 1603), n° 77 ff.; CastetsRenard Defrénois 2006, 1529 sub. II. A. 2; Causse (Fn. 396), S. 11, 32 f.; Fages (Fn. 245), n° 83; Ferrier RDC 2005, 548, 551; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 155; Gautier RDC 2005, 589, 590 ff.; Grynbaum D. 2003, 746, 747 f.; ders. D. 2003, 1706, 1708; ders. D. 2004, 2213, 2216 f.; Huet (Fn. 396), S. 539, 555 f.; ders. JCP G 2004.I.178 n° 17; ders. RDC 2005, 553 n° 5; Jacques (Fn. 4195), S. 163, 169; le Tourneau (Fn. 1598), 9.23.1; Loiseau Comm. com. électr. 2012, n° 6, comm. 64; Maggiar Gaz. Pal. 2005, n° 321, 7; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 480; Mathey (Fn. 1603), n° 44 ff.; Mekki RDC 2007, 681, 691; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 54 ff.; Rochfeld RTD civ. 2004, 574, 579 ff.; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 37 ff.; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 b; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 172-1; le Tourneau, La notion de contrat électronique, in: Caprioli (dir.), Les deuxièmes journées internationales du Droit du commerce électronique,, S. 3, 15; Verbiest (2005) Acta Universitatis Luican Blaga 160, 173; Vivant RDC 2005, 533, 544 ff. 4296 Vgl. zur Problematik des Begriffs offre in diesem Kontext bereits ausf. oben C. III.2. b) hh)(2)(b). 4294
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D. Annahme
L’auteur de l’offre doit accuser réception sans délai injustifié et par voie électronique de la commande qui lui a été ainsi adressée. La commande, la confirmation de l’acceptation de l’offre et l’accusé de réception sont considérés comme reçus lorsque les parties auxquelles ils sont adressés peuvent y avoir accès. [Damit der Vertrag gültig geschlossen ist, muss der Empfänger des Angebots die Möglichkeit gehabt haben, die Einzelheiten seiner Bestellung und den Gesamtpreis zu verifizieren und eventuelle Fehler zu korrigieren, bevor er diese mit seiner Artikulation der Annahme bestätigt. Der Urheber des Angebots muss unverzüglich und auf elektronischem Wege den Empfang einer Bestellung, die auf diesem Wege an ihn adressiert worden ist, bestätigen. Die Bestellung, die Bestätigung der Annahme des Angebots und die Empfangsbestätigung gelten als eingegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können.]
Mit diesem System des „double clic“ soll das Risiko von Fehlern (oder gar Manipulationen), das beim elektronischen Vertragsschluss von Natur aus in ganz besonderem Maße besteht, minimiert werden, in dem die Möglichkeit einer Korrektur eröffnet wird, bevor der Vertrag endgültig zustande kommt4297. Die Einordnung dieses System des „double clic“ ins allgemeine Angebot/ Annahme-Modell ist aber bis heute höchst umstritten – nicht nur, wie bereits oben dargelegt, in Bezug auf die Problematik des Begriffs der offre in diesem Kontext, sondern eben insbesondere auch in Bezug auf den Zeitpunkt (und Ort) des Zustandekommens des Vertrags. Unstreitig ist zwar, dass der Vertrag nicht bereits mit der Bestellung (commande „1. Klick“), sondern vielmehr gerade erst mit deren Bestätigung (confirmation – „2. Klick“) zustande kommt4298 – dies ergibt sich nicht nur eindeutig aus dem Wortlaut der Norm 4297
Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 109; Bruguière (Fn. 1603), n° 77; Castets-Renard Defrénois 2006, 1529 sub. II. A. 2; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 155-1; Grynbaum D. 2003, 746, 747; Huet (Fn. 396), S. 539, 555; ders. JCP G 2004.I.178 n° 17; le Tourneau (Fn. 1598), 9.23.1; Magnier (Fn. 2409), S. 219, 221; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 480; Noguéro (Fn. 4295), S. 49, 54 f.; Sauphanor-Brouillaud EDCO 2011, n° 2, 7; Vivant RDC 2005, 533, 545 f. Eine etwas vielleicht etwas eigenwillige aber durchaus interessante Parallele zieht insofern Huet JCP G 2004.I.178 n° 17 Fn. 32 und RDC 2005, 553 n° 5, der das System des „double clic“ mit dem Einkauf im Selbstbedienungsladen vergleicht (vgl. zu dessen dogmatischer Konstruktion im französischen Recht bereits oben C. III.2. b) dd)(2)): Dort lege der Kunde ebenfalls zuerst die Waren in seinen Einkaufswagen (1. Akt) und bestätige dann die Gesamtliste seiner Einkäufe beim Passieren der Kasse (2. Akt). 4298 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 109; Bruguière (Fn. 1603), n° 77; Castets-Renard Defrénois 2006, 1529 sub. II. A. 2; Causse (Fn. 396), S. 11, 32; Fages (Fn. 245), n° 83; Gautier RDC 2005, 589, 590 f.; Grynbaum D. 2003, 1706, 1708; Huet (Fn. 396), S. 539, 555 f.; ders. JCP G 2004.I.178 n° 17; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 480; Mathey (Fn. 1603), n° 44 ff.; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 55; Rochfeld RTD civ. 2004, 574, 579; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 37 ff.; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 b; Vivant RDC 2005, 533, 545.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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(„pour que le contrat soit valablement conclu“ [„damit der Vertrag wirksam geschlossen ist“]), sondern auch aus ihrer Gesamtsystematik sowie insbesondere auch ihrer soeben erörtern Ratio. Streitig ist jedoch, ob es insoweit – i.S.d. théorie de l’émission auf die Absendung der Bestellbestätigung ankommt, oder – i.S.d. théorie de réception – auf deren Zugang. Für die Maßgeblichkeit der Absendung (théorie de l’émission)4299 wird zunächst der Wortlaut des Art. 1369-5 C. civ. a.E. ins Feld geführt: Die dort verwendete Formulierung „avant de confirmer celle-ci pour exprimer son acceptation“ („bevor er diese mit seiner Artikulation der Annahme bestätigt“) zeige, dass die Absendung entscheidend sein solle4300. Dies stünde zudem auch im Einklang mit der generellen Tendenz des französischen Rechts zur théorie de l’émission4301 (ob eine solche tatsächlich existiert, ist jedoch, wie dargelegt, zumindest äußerst zweifelhaft). Im Übrigen gewährleiste das Abstellen bereits auf die Absendung auch einen besseren Schutz des Bestellers und passe damit zur generellen Ratio der Vorschrift.4302 Schon ein Blick in die Gesetzesmaterialien lässt indes erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob der französische Gesetzgeber mit der Vorschrift tatsächlich (zumindest für die in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallenden Vertragsschlüsse) die théorie de l’émission kodifizieren wollte. Die Formulierung im ursprüngliche Gesetzesentwurf4303 hatte zwar in der Tat zumindest sehr stark in diese Richtung gedeutet4304, war dort doch noch positiv formuliert, dass der Vertrag erst geschlossen sein sollte, wenn der Besteller seine Bestellung nach Möglichkeit zur Verifizierung und ggf. Korrektur bestätigte, um
4299 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Bruguière (Fn. 1603), n° 81; Gautier RDC 2005, 589, 590; Grynbaum D. 2004, 2213, 2216 f.; ders. (Fn. 1603), S. 121, 131 f.; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Jacques (Fn. 4195), S. 163, 169; Mathey (Fn. 1603), n° 48; Mekki RDC 2007, 681, 691; Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 68 f.; le Tourneau (Fn. 4295), S. 3, 14; zudem wohl auch (allerdings nicht ganz eindeutig): Huet JCP G 2004.I.178 n° 17; s. ferner (allerdings noch auf der Basis des noch abweichend formulierten Entwurfs [dazu unten bei Fn. 4303 ff.]): Grynbaum D. 2003, 746, 747; ders. D. 2003, 1706, 1708. 4300 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Bruguière (Fn. 1603), n° 81; Gautier RDC 2005, 589, 590; Grynbaum D. 2004, 2213, 2216 f.; ders. (Fn. 1603), S. 121, 131 f.; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Jacques (Fn. 4195), S. 163, 169; Mekki RDC 2007, 681, 691; le Tourneau (Fn. 4295), S. 3, 14; s. ferner ähnlich auch (allerdings mit etwas „eigener“ Interpretation) Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 68 f. 4301 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Grynbaum D. 2003, 1706, 1708, 1710; ders. D. 2004, 2213, 2216; ders. (Fn. 1603), S. 121, 131 f.; Mathey (Fn. 1603), n° 48; le Tourneau (Fn. 4295), S. 3, 14. 4302 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Grynbaum D. 2003, 746, 747; D. 2003, 1706, 1708; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Mathey (Fn. 1603), n° 48. 4303 Projet de loi pour la confiance dans l’économie numérique, Doc. AN, XIIe législature, n° 528. 4304 Vgl. Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 111; Grynbaum D. 2003, 746, 747; ders. D. 2003, 1706, 1708; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 39, S. 25, 26; Philippe Mas (Fn. 1597), n° 130; StoffelMunck JCP E 2004, 1341 n° 40.
624
D. Annahme
seine Annahme zu artikulieren4305. Im Rahmen der Beratungen im Senat wurde dann jedoch ganz bewusst die jetzige Formulierung substituiert.4306 Begründet wurde dies damit, dass der Moment des Vertragsschlusses bei Verträgen unter Abwesenden im französischen Recht traditionell eine vom Richter unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheidende Frage sei4307; die Bestätigung der Bestellung als entscheidendes Ereignis festzulegen, berge das Risiko, für über das Internet geschlossene Verträge ein im Vergleich zu anderen Distanzverträgen spezifisches Regime zu schaffen4308; ein solches spezifisches französisches System könnte darüber hinaus im Widerspruch zum Harmonisierungsziel der Richtlinie stehen4309. Es sei daher vorzugswürdig, jegliche Bezugnahme auf den effektiven Zeitpunkt des Vertragsschlusses wegzulassen und die Vorschrift wieder auf ihren eigentlichen Zweck zu rezentrieren, nämlich, dass der Besteller vor dem Vertragsschluss die Möglichkeit haben soll, die Einzelheiten der Bestellung zu verifizieren und ggf. zu korrigieren4310. Die Materialien deuten also letztlich sogar darauf hin, dass mit der Norm gar keine Entscheidung hinsichtlich des konkreten Zeitpunktes des Vertragsschlusses getroffen werden sollte – weder i.S.d. théorie de l’émission noch i.S.d. théorie de réception. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe Autoren, welche die Vorschrift als in diesem Sinne „neutral“ interpretieren4311 – mit der Folge, dass es auch im Anwendungsbereich des Art. 1369-5 C. civ. letztlich darauf ankommt, welchem Ansatz man in Bezug auf Verträge unter Abwesenden ganz generell folgt. Es gibt aber umgekehrt aber auch Autoren, die Art. 1369-5 C. civ. (zumindest für die Vertragsschlüsse in seinem Anwendungsbereich) als Kodifikation 4305 Entwurf von Art. 1369-2(1): Le contrat proposé par voie électronique est conclu quand le destinataire de l’offre, après avoir eu la possibilité de vérifier le détail de sa commande et son prix total, ainsi que de corriger d’éventuelles erreurs, confirme celle-ci pour exprimer son acceptation. (Der auf elektronischem Wege vorgeschlagene Vertrag ist geschlossen, wenn der Empfänger des Angebots, nachdem er die Möglichkeit gehabt hat, die Einzelheiten seiner Bestellung und den Gesamtpreis zu verifizieren, und auf diese Weise eventuelle Fehler zu korrigieren, diese bestätigt, um seine Annahme zu artikulieren.) 4306 Vgl. Rapport fait au nom de la commission des Affaires économiques et du Plan sur le projet de loi, adopté avec modifications par l’assemblée nationale en deuxième lecture, pour la confiance dans l’économie numérique, par Pierre Herrisson et Bruno Sido, Doc. Sénat, 20032004, n° 232, S. 35. 4307 Vgl. Rapport Herrisson/Sido (Fn. 4306), S. 35. 4308 Vgl. Rapport Herrisson/Sido (Fn. 4121), S. 35 f. 4309 Vgl. Rapport Herrisson/Sido (Fn. 4121), S. 35 f. 4310 Vgl. Rapport Herrisson/Sido (Fn. 4121), S. 36. 4311 Vgl. etwa Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 172-1; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 480; Rochfeld RTD civ. 2005, 843, 846; Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 40 sowie ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 b (dieser allerdings mit Tendenz zur théorie de réception); letztlich offen lassend auch Ferrier RDC 2005, 548, 551; le Tourneau (Fn. 1598), 9.23.1.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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der théorie de réception interpretieren.4312 Gestützt wird die maßgeblich auf Absatz 3, wonach die Bestellbestätigung als eingegangen (reçu) gilt, wenn sie vom Adressaten abgerufen werden kann.4313 Insoweit wird insbesondere auch geltend gemacht, dass – wie sogar von Autoren, die eigentlich der Gegenansicht folgen, angenommen wird4314 die E-Commerce-RL4315 mit der entsprechenden Vorbildregelung in Art. 11 Abs. 1 Sps. 2 wohl von der théorie de réception ausgegangen sei.4316, 4317 In der Rechtsprechung wurde die Frage, ob die Absendung oder der Eingang der confirmation de commande (Bestätigung der Bestellung) maßgeblich ist, bislang noch speziell problematisiert. Die CA Toulouse4318, die CA Limoges4319 und die Cour de Cassation4320 hatten zwar in drei Urteilen aus den Jahren 2011 bzw. 2012 Gelegenheit, sich mit Art. 1369-5 C. civ. zu beschäftigen, diese spezifische Fragestellung spielte jedoch im konkreten Fall jeweils keine Rolle. Alle Gerichte betonten zwar dezidiert, dass ein Vertrag erst mit der confirmation de commande (Bestätigung der Bestellung) nach Gelegenheit zur Verifizierung und ggf. Korrektur derselben zustande kommt – beschränkten sich aber insoweit jeweils darauf, genau den Wortlaut des Art. 1369-5 C. civ. wiederzugeben, so dass sich hieraus für die hier interessierende Fragestellung keine Schlussfolgerungen ziehen lassen. (2) Vertragsschluss auf elektronischem Wege außerhalb des Anwendungsbereich des Art. 1396-5 C. civ. Gem. Art. 1369-6 C. civ. gelten die ersten beiden Absätze des Art. 1395 C. civ. nicht für Verträge, die ausschließlich durch den Austausch elektronischer Post geschlossen werden (für sie gilt also nur Abs. 3); für B2B-Verträge kann Art. 1369-5 C. civ. sogar generell abbedungen werden.
4312
Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 429 f.; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 172. Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 429; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 172. 4314 Vgl. etwa Grynbaum D. 2003, 746, 747; ders. D. 2003, 1706, 1708; ders. D. 2004, 2213, 2216; Grynbaum ders. (Fn. 1603), S. 121, 131 f.; Guenzoui (Fn. 245), n° 159; Mekki RDC 2007, 681, 691. 4315 Fn. 392. 4316 Vgl. Brunaux (Fn. 4190), n° 429; s. ferner auch Stoffel-Munck JCP E 2004, 1341 n° 40; ders. Comm. com. électr. 2004, n° 30 sub. 3 C 2 b (der die Vorschrift offenbar letztlich als „neutral“ ansieht, aber zur théorie de réception tendiert). 4317 Vgl. zum Regelungsgehalt des Art. 11 E-Commerce-RL aber bereits oben C. III.2. b) hh) bei Fn. 1570 ff. 4318 CA Toulouse, 2.2.2011, n° 09/00005. Vgl. zu den anderen Aspekten dieser Entscheidung auch bereits oben oben C. III.2. b) hh)(2)(b) bei Fn. 1611 sowie oben C. VIII.2. b) aa) in Fn. 2408. 4319 CA Limoges, 5.1.2012, n° 10/01375. 4320 Cass. civ. 1re, 28.6.2012, n° 11-18211. Gegenstand der Entscheidung war übrigens (wie im Fall des CA Toulouse) ebenfalls ein Online-Portal für Autoinserate, allerdings ging es hier um einen Streit zwischen dem Inserenten und dem Portal. 4313
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D. Annahme
Art. 1369-6 C. civ. Il est fait exception aux obligations visées aux 1° à 5° de l’article 1369-4 et aux deux premiers alinéas de l’article 1369-5 pour les contrats de fourniture de biens ou de prestation de services qui sont conclus exclusivement par échange de courriers électroniques. Il peut, en outre, être dérogé aux dispositions de l’article 1369-5 et des 1° à 5° de l’article 1369-4 dans les conventions conclues entre professionnels. [Die in 1° bis 5° von Artikel 1369-4 und in den ersten beiden Absätzen von Art. 13695 vorgesehenen Pflichten gelten nicht für Verträge über die Lieferung von Waren oder Dienstleistungen, die ausschließlich durch den Austausch von elektronischer Post geschlossen werden. Überdies können die Vorschriften des Artikel 1369-5 und der 1° bis 5° des Artikel 1369-4 bei zwischen Unternehmern geschlossenen Verträgen abbedungen werden.]
Jedenfalls für B2B-Verträge, bei denen Art. 1369-5 C. civ. generell (ausdrücklich oder konkludent) abbedungen ist, gelten somit hinsichtlich des Zeitpunktes (und Ortes) des Vertragsschlusses die allgemeinen „Regeln“ – oder besser: die referierte allgemeine Kontroverse.4321 Ob dies mutatis mutandis auch für ausschließlich durch den Austausch elektronischer Post geschlossene Verträge gilt4322, erscheint hingegen zumindest fraglich. Denn da für diese zumindest Art. 1369-5(3) C. civ. anwendbar sein soll4323, müsste man konsequenterweise zumindest auf der Basis der Ansicht, die in dieser Vorschrift eine Kodifikation der théorie de réception sieht, zu dem Ergebnis kommen, dass die théorie de réception auch hier gilt. d) Zwischenresümee zum französischen Recht Wie bereits eingangs konstatiert, ist die Rechtslage im französischen Recht in Bezug auf Zeitpunkt und Ort des Vertragsschlusses somit insgesamt höchst unklar und hochumstritten.
3. Englisches Recht a) Überblick Dogmatischer Ausgangspunkt und Grundsatz des englischen Rechts ist, dass die Annahme erst dann rechtlich wirksam wird (und damit der Vertrag zu4321 Vgl. Noguéro (Fn. 2409), S. 49, 69; s. ferner auch (allerdings noch auf der Basis des Entwurfs): Mas (Fn. 1597), n° 130, 134. 4322 I.d.S. etwa Mathey (Fn. 1603), n° 46. 4323 Vgl. zu dieser Ausschlussklausel und ihrer Problematik näher Busseuil (Fn. 1570), S. 71, 113; Grynbaum D. 2004, 2213, 2217.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
627
stande kommt), wenn sie an den Anbietenden kommuniziert worden ist: acceptance must be communicated to the offeror4324. Diese Grundregel wird jedoch durch drei äußerst weitreichende Ausnahmen durchbrochen: – erstens gilt sie selbstverständlich nicht, wenn der Anbietende auf die Kommunikation der Annahme verzichtet hat4325; – zweitens gilt sie – wegen der spezifischen Natur derselben – auch nicht bei unilateral contracts4326; – drittens schlägt aber vor allem die berühmte postal rule eine enorme breite Schneise in den Grundsatz der Wirksamkeit der Annahme mit der Kommunikation an den Anbietenden: Wenn und soweit sie anwendbar ist, ist die Annahme bereits im Zeitpunkt der Absendung wirksam, der Vertrag also schon in diesem Zeitpunkt wirksam geschlossen4327. Da gerade der genaue Anwendungsbereich der postal rule immer wieder zu Kontroversen und Abgrenzungsfragen geführt hat – und noch bis heute führt – erscheint es konzeptionell sinnvoller, zunächst die Ausnahmen (dazu unten b) und erst dann das Erfordernis der communication i.S.d. Grundregel näher zu erörtern (dazu unten c).
4324 Vgl. M’Iver v Richardson (1813) 1 M & S 557; Mozley v Tinkler (1835) 1 C. M. & R. 692; Brogdan v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 666 at 692; Carlill v Carbolic Smoke Ball Co [1893] 1 QB 256 at 262 per Lindley LJ, at 269 per Bowen LJ; Re Consort Deep Level Gold Mines Ltd Ex p. Stark [1897] 1 Ch 575; Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 336 per Parker LJ; Robophone Facilities Ltd v Blank [1966] 1 WLR 1428 at 1432 per Lord Denning MR; Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 at 245 f.; Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155 at 157 per Russell LJ; Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 at 937; Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd’s Rep 134 at 139; Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 86; Parties named in Schedule A v Dresdner Kleinwort Ltd [2010] EWHC 1249 (QB) at para. 52; Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) at para. 164; Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 43; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-011; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 68; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 63 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-045; Coote (1971) 4 NZULR 331, 337; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 554; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.54; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 47; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.49; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Mik (2009) 26 JCL 1, 5; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247; Treitel (Fn. 491), 2-024. Vgl. dazu auch bereits oben D. V.1. c) aa). 4325 Dazu auch bereits oben D. V.1. c) bb)(1) sowie unten D. VII.3. b) aa). 4326 Dazu auch bereits oben D. V.1. c) bb)(2) sowie näher unten D. VII.3. b) bb). 4327 Dazu auch bereits oben D. V.1. c) bb)(3) sowie näher unten D. VII.3. b) cc).
628
D. Annahme
b) Die Ausnahmen von der Grundregel des Erfordernisses der communication aa) Fälle des Verzichts des Anbietenden auf die Kommunikation Erste Ausnahme sind die bereits oben4328 erörterten Fälle, in denen der Anbietende wirksam auf die Kommunikation der Annahme verzichtet hat: Hier wird die Annahmeerklärung bereits mit ihrer Manifestation nach außen wirksam, d.h. der Vertrag kommt bereits in diesem Moment zustande. bb) Unilateral contracts Die zweite wichtige Ausnahme sind unilateral contracts4329: Auch hier bedarf es – wie bereits oben dargelegt regelmäßig keiner Kommunikation der Annahme an den Anbietenden4330 (wobei es sich insoweit, genau betrachtet, nicht um eine wirklich eigenständige Fallgruppe, sondern nur um einen Fall eine konkludenten Verzichts bzw. einer Entbehrlichkeit auf Grund der Natur des Vertrags handelt4331). Die Annahme erfolgt vielmehr durch die Vornahme der begehrten Handlung oder Unterlassung.4332 Höchst umstritten und bislang nicht eindeutig höchstrichterlich ausjudiziert ist jedoch, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auch eine nur partielle Vornahme bzw. der Beginn der begehrten Handlung oder Unterlassung bereits eine wirksame Annahme darstellen kann. Hintergrund ist der Grundsatz der freien Widerruflichkeit des Angebots im englischen Recht: Wenn man die Annahme beim unilateral contract erst mit der vollständigen Vornahme der begehrten Handlung oder Unterlassung wirksam werden lässt, so führt dies dazu, dass der Anbietende sein Angebot noch bis zu diesem Zeitpunkt frei widerrufen könnte – im klassischen Beispielsfall also sogar dann noch, wenn der Angebotsempfänger schon den halben Weg nach York gelaufen ist. Einige Autoren wollen die Annahme gleichwohl erst mit der vollständigen Vornahme der begehrten Handlung oder Unterlassung wirksam werden lassen.4333 Es sei „elementary“ („elementar“), dass ein Angebot widerrufen wer4328
Vgl. dazu bereits näher oben D. V.1. c) bb)(1). Allg. zum unilateral contract bereits oben B. II.3. b). 4330 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73: Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.50; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Miller (1972) 35 MLR 489; Treitel (Fn. 491), 2-028; vgl. ferner (obiter) auch Parties named in Schedule A v Dresdner Kleinwort Ltd [2010] EWHC 1249 (QB) at para. 52. 4331 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 65; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.57 f.; Miller (1972) 35 MLR 489. 4332 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 45; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72 73; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.73; Treitel (Fn. 491), 2-034 Fn. 197. 4333 So etwa Ashley, The law of contracts, 1911, S. 78 ff.; Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136, 137 ff. (diese Position gab Wormser allerdings später ausdrücklich – und recht theatralisch auf, 4329
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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den könne, bis es angenommen worden ist, und dies sei eben erst der Fall, wenn die Handlung bzw. Unterlassung vollständig vorgenommen worden ist.4334 Bis zu diesem Zeitpunkt wolle sich jede der Parteien einen locus poenitentiae vorbehalten: Ebenso wie der Versprechensempfänger jederzeit umkehren könne, könne auch der Versprechende jederzeit widerrufen.4335 Zudem habe der Versprechensempfänger bis zum Zeitpunkt der vollständigen Vornahme der Handlung/Unterlassung noch keine consideration4336 erbracht.4337 Dass die Annahme erst mit vollständiger Vornahme der Handlung bzw. Unterlassung wirksam werde, sei also „as just and equitable as it is logical“ („ebenso gerecht und fair wie logisch“).4338 Im Übrigen könnten dem Versprechensempfänger ggf. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zustehen, falls seine partielle Vornahme der Handlung bereits zu einer Bereicherung der Versprechenden geführt habe.4339 Ganz überwiegend wird es jedoch für eklatant ungerecht erachtet, den Versprechensempfänger generell und in jedem Fall bis zur vollständigen Vornahme der Handlung bzw. Unterlassung dem Risiko eines Widerrufs auszusetzen4340 wie schon Pollock prägnant formulierte: „the law cannot be so absurd as that“ („das Recht kann nicht derart absurd sein“)4341. Das consideration-Erfordernis4342 bilde insoweit keineswegs eine unüberwindliche Hürde, denn auch eine partielle Vornahme bzw. der Beginn der begehrten Handlung oder Unterlassung könne bereits ein detriment (Nachteil) im rechtlichen Sinne4343 darstellen.4344 Als eine mögliche Lösung wird eine „two-contract analysis“ („Zwei-Verträge-Analyse“) vorgeschlagen: Der Anbietende mache tatsächlich zwei Anvgl.4334 Wormser (1950) 3 J. Leg. Ed. 145, 146: „Since that time I have repented, so that now, clad in sackcloth, I state frankly, that my point of view has changed.“ [„Seit dieser Zeit habe ich bereut, so dass ich nun, gekleidet ins Büßerhemd, offen sage, dass meine Sichtweise sich geändert hat.“]. 4334 Vgl. Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136, 137. 4335 Vgl. Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136, 138. Vgl. zu diesem „Symmetrie-Argument“ auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73. 4336 Vgl. zur consideration-Doktrin bereits ausf. oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 4337 Vgl. Ashley (Fn. 4333), S. 78 ff.; Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136 ff. 4338 Vgl. Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136, 138. 4339 Vgl. Wormser (1916) 26 Yale L. J. 136, 139 f. (mit dem Beispiel, dass A dem B 1000 $ für die Errichtung einer Garage versprochen hat und sein Angebot nach hälftiger Fertigstellung widerruft). 4340 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 54 f.; Ballantine (1921) 5 Minn. L. Rev. 94, 97; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 77; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-079; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.75; McGovney (1914) 27 Harv. L. Rev. 644, 654 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-053; s. ferner auch Law Revision Committee (Fn. 485), para. 38. 4341 Vgl. Pollock (1912) 28 LQR 100, 101. 4342 Vgl. zur consideration-Doktrin bereits ausf. oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 4343 Vgl. speziell zum Erfordernis von benefit (Vorteil) oder detriment (Nachteil) bereits oben B. I.3. a) cc)(2)(b)(aa). 4344 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 3-170; Treitel (Fn. 491), 3-158.
630
D. Annahme
gebote, nämlich zum einen das Hauptangebot und zum anderen ein begleitendes Angebot, das Hauptangebot aufrechtzuerhalten, sobald mit der Vornahme der Handlung begonnen wurde und Letzteres werde mit Beginn der Handlung angenommen.4345 Dies wird allerdings verbreitet als unnötig komplex und künstlich kritisiert.4346 Ein zweiter Ansatz will an das principle of good faith (Gebot von Treu und Glauben) anknüpfen: Dieses gebiete es, dass ein Angebot, das eine Handlung verlange, deren Vollendung Zeit benötige, bereits mit dem Beginn der Vornahme der Handlung bindend werde zumindest solange der Angebotsempfänger vernünftigerweise die Möglichkeit habe, die Handlung zu vollenden.4347 Ein gänzlich andere Konstruktion hat Stoljar vorgeschlagen, der die bilateral/unilateral-Dichotomie ganz grundsätzlich ablehnt und stattdessen zwischen expectation- und reliance-bargains (Erwartungs- und Vertrauensgeschäften) differenzieren will4348; auf dieser Basis soll dann bereits das Vertrauen des Versprechensempfängers auf ein unilateral promise die Annahme darstellen (zumindest sofern das Angebot so gestaltet ist, dass ein solches Vertrauen gerechtfertigt ist)4349. Diese Ansicht hat indes, wie Stoljars Position insgesamt, nie wirklich große Gefolgschaft gefunden. Ein weiterer, wieder eher an die traditionelle Dogmatik anknüpfender, Ansatz ist derjenige einer implied obligation (impliziten Verpflichtung): Der Anbietende habe zwar einerseits keinen Anspruch auf Vornahme der Handlung4350 und müsse andererseits sein eigenes Versprechen erst mit deren Vollendung erfüllen; bereits mit Beginn der Handlung entstehe jedoch eine implied obligation (implizite Verpflichtung) seinerseits, die Vollendung nicht zu verhindern und deshalb könne er sein Angebot ab diesem Zeitpunkt nicht mehr widerrufen.4351 Nachdem sich indes keiner der referierten Ansätze wirklich durchsetzen konnte, wird heute verbreitet die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob eine nur partielle Vornahme der begehrten Handlung/Unterlassung bereits eine wirksame Annahme darstellt, letztlich eine Tatfrage sei, die unter Berücksich-
4345 Vgl. Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.76; McGovney (1914) 27 Harv. L. Rev. 644, 659; gewisse Sympathie hierfür auch bei Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.91 f. 4346 Vgl. Ballantine (1921) 5 Minn. L. Rev. 94, 97; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-079; Law Revision Committee (Fn. 485), para. 38; Treitel (Fn. 491), 2-053. 4347 Vgl. Ballantine (1921) 5 Minn. L. Rev. 94, 97; ähnlich auch bereits Corbin (1917) 26 Yale L. Rev. 169, 195; kritisch zu Ballantine etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 3.81. 4348 Vgl. Stoljar (1955) 64 Yale L.J. 515 ff. 4349 Vgl. Stoljar (1955) 64 Yale L.J. 515, 522 f. 4350 Vgl. dazu auch bereits oben B. II.3. b) aa). 4351 Vgl. Daulia Ltd v Four Millbank Nominees Ltd [1978] 1 Ch 231 at 239 per Lord Goff; McKendrick (Fn. 493), S. 114; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.44 (der dann allerdings i.E. wohl doch eher der zuletzt Ansicht folgt, dass es sich um eine Tatfrage handele, dazu sogleich).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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tigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beantworten ist.4352 Dies ermögliche im Gegensatz zu einer strikten „nie“ oder „immer“-Regel, die häufig zu unbeabsichtigten und ungerechten Ergebnissen führen würde, insbesondere auch einen angemessenen Ausgleich der Interessen im Einzelfall.4353 Zudem finde diese Position auch eine Reihe von Stützen in der Rechtsprechung.4354 Genannt wird hier insbesondere der Fall Errington v Errington and Woods4355, in dem der Vater seiner Tochter und deren Ehemann die Übereignung eines Hauses versprochen hatte, wenn diese die Hypothekenraten zahlten; Denning LJ führte aus, dass der Vater sein Angebot nicht mehr widerrufen konnte, wenn die Eheleute einmal mit der Vornahme der Handlung begonnen hätten, er aber nicht mehr gebunden wäre, wenn sie diese unvollendet ließen (was aber tatsächlich nicht der Fall war)4356. 4357 Diese Passage wurde 2007 in Soulsbury v Soulsbury dezidiert zustimmend zitiert.4358 Weiterhin betonte auch Waller LJ in seinem Votum in Schweppe v Harper (2008) ausdrücklich, dass eine partielle Vornahme der Handlung zum Vertragsschluss führen könnte, speziell dann, wenn sich aus ihr ein echter Vorteil für den Versprechenden ergebe.4359 Stützen lässt sich die Position, dass es sich um eine Tatfrage 4352 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 54 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 74; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 78 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2079; Treitel (Fn. 491), 2-053 ff.; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.46 (der dies aber offenbar mit dem implied obligation-Ansatz kombinieren will). 4353 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 74. 4354 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.46; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 54 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 73 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 78 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-079 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-053 ff. 4355 Errington v Errington and Woods [1952] 1 KB 290. 4356 Vgl. Errington v Errington and Woods [1952] 1 KB 290 at 295: „It could not be revoked by him once the couple entered on performance of the act, but it would cease to bind him if they left it incomplete and unperformed, which they have not done.“ 4357 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.46; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 54 f.; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 78 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-080; Treitel (Fn. 491), 2-053 ff. 4358 Vgl. Soulsbury v Soulsbury [2007] EWCA Civ 969 at para. 50 per Longmore LJ (dort war die Handlung allerdings tatsächlich sogar bereits vollständig vorgenommen worden). 4359 Vgl. Schweppe v Harper [2008] EWCA Civ 442 at para. 46 per Waller LJ: „Where there is an offer to pay for the performance of a certain task, part performance can produce a contract under which that offer cannot be withdrawn. That should be the more so where there has not only been part performance but there is a real benefit being accepted by the offeror from that part performance. In such a case the court should be reluctant to find that the offeror has reserved a right to withdraw the offer after part performance.“ („Wenn ein Angebot vorliegt, für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zu zahlen, kann teilweise Erfüllung einen Vertrag erzeugen, auf Grund dessen das Angebot nicht widerrufen werden kann. Das sollte umso mehr der Fall sein, wenn nicht nur teilweise Erfüllung vorlag, sondern sich aus dieser teilweisen Erfüllung ein echter Vorteil für den Anbietenden ergab. In einem solchen Fall sollte das Gericht zuhaltend sein festzustellen, dass der Anbietende sich ein Recht vorbehalten hat, das Angebot nach der teilweisen Erfüllung zu widerrufen.“). [Es handelte sich zwar um ein abweichendes Votum; dass die anderen beiden Richter in der Sache zu einem anderen Ergebnis kamen, bezog sich aber auf völlig andere Punkte].
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D. Annahme
handelt, ferner auch auf die Rechtsprechung zu continuing guarantees und unwiderruflichen Akkreditiven.4360 Schließlich lässt sich auch die – häufig für die generelle Zulässigkeit eines Widerrufs angeführte Judikatur zu den (ebenfalls als unilateral contract qualifizierten4361) Immobilienmaklerverträgen ohne Weiteres mit diesem Ansatz in Einklang bringen: Hier ist zwar anerkannt, dass der Kunde selbst dann noch widerrufen kann, wenn der Makler bereits beträchtliche Anstrengungen unternommen hat, einen Vertragspartner zu finden4362; dies lässt sich aber ohne Weiteres damit erklären, dass es sich hier um einen derjenigen Fällen handelt, in denen sich aus der Auslegung des Angebots ergibt, dass sich der Kunde einen locus poenitentiae vorbehalten wollte.4363 cc) Die postal rule Dritte Ausnahme ist die berühmte sog. postal rule (auch bekannt als posting rule oder mailbox rule4364): Danach wird eine per Post übermittelte Annahmeerklärung bereits in dem Moment wirksam, in dem sie abgesandt (posted) wird4365.
4360
Vgl. näher Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 79 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-081 f.; Treitel (Fn. 491), 2-054 f. 4361 Vgl. dazu bereits oben B. II.3. b) bb) bei Fn. 952. 4362 Vgl. Luxor (Eastbourne) Ltd v Cooper [1941] AC 108; Treitel (Fn. 491), 16-087 m.w.N. 4363 Vgl. näher Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-083; Treitel (Fn. 491), 2-056; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.45; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 55; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 78. 4364 In England wird traditionell die Bezeichnung postal rule verwendet, so insbesondere auch vom House of Lords (vgl. Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34). Im Schrifttum findet sich aber teilweise auch die Variation posting rule (so etwa bei Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-048; Treitel (Fn. 491), 2-030). In den USA spricht man dagegen – da der Briefkasten dort mailbox heißt – gewöhnlich von der mailbox rule, vgl. nur Williston on Contracts (Fn. 226), § 6:32. 4365 Vgl. grundlegend Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681; vgl. weiter Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381; Harris’ Case (1872) LR 7 Ch App 587; Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216; Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155 at 157 per Russell LJ; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce, at 43 per Lord Fraser of Tullybelton; Beanby Estates Ltd v The Egg Stores (Stamford Hill) Ltd [2003] EWHC 1252 (Ch) at paras 52 f.; LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 13; Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 85 f.; Air Transworld Ltd v Bombardier Inc [2012] EWHC 243 (Comm) at para. 74; Andrews (Fn. 493), 3.18; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 46; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Capps (2004) 15 ICCLR 207; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 71; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 69 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-048; Coote (1971) 4 NZULR 331, 334; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 555; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.99; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 50; Hogg (2009) 13 Edin. L. R. 121, 123; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.59; McKendrick (Fn. 493), S. 106; Mik (2009) 26 JCL 1, 7; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247; Todd (Fn. 1612), 9.2.1; Treitel (Fn. 491), 2-030.
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(1) Entstehung und Ratio (a) Grundsteinlegung in Adams v Lindsell (1818) und höchstrichterliche Weihe in Dunlop v Higgins (1848) Der Grundstein für die postal rule wurde 1818 in der berühmten Entscheidung Adams v Lindsell4366 gelegt. Die Beklagten hatten den Klägern am 2. September 1817 per Brief ein Angebot zum Kauf von Wolle gemacht; der Brief war jedoch falsch adressiert (Bromsgrove in Leicestershire statt in Worchestershire) und erreichte die Kläger deshalb erst am 5.9. Die Kläger verfassten noch am selben Abend eine Annahme, welche die Beklagten aber erst am 9.9. erreichte, weil die Post zwischen den beiden Orten über London ging. Die Beklagten hatten die Wolle jedoch inzwischen am 8.9. an einen Dritten verkauft, nachdem sie bis zum 7.9. (bis dahin wäre mit einer Antwort zu rechnen gewesen, wenn der Brief richtig adressiert gewesen wäre) keine Antwort erhalten hatten. Das Gericht schloss sich der Argumentation der Kläger an, dass die Annahme bereits am 5.9. wirksam geworden sei (und nicht – wie die Beklagten geltend gemacht hatten – erst mit dem Eingang bei ihnen am 9.9.): … no contract could ever be completed by the post. For if the defendants were not bound by their offer when accepted by the plaintiffs till the answer was received, then the plaintiffs ought not to be bound till after they had received the notification that the defendants had received their answer and assented to it. And so it might go on ad infinitum. The defendants must be considered in law as making, during every instant of the time their letter was travelling, the same identical offer to the plaintiffs; and then the contract is completed by the acceptance of it by the latter. Then as to the delay in notifying the acceptance, that arises entirely from the mistake of the defendants, and it therefore must be taken as against them, that the plaintiffs’ answer was received in course of post.4367 [… kein Vertrag könnte jemals per Post geschlossen werden. Denn wenn die Beklagten nicht an ihr Angebot gebunden wären, wenn es von den Klägern angenommen wurde, bis deren Antwort empfangen wurde, dann sollten die Kläger nicht gebunden sein, bis sie Mitteilung erhalten haben, dass die Beklagten die Antwort erhalten und ihr zugestimmt haben. Und so könnte es endlos weitergehen. Die Beklagten müssen rechtlich so betrachtet werden, dass sie während jedes Moments, den ihr Brief reist, dasselbe identische Angebot an die Kläger machen; und dann ist der Vertrag durch die Annahme desselben durch Letztere geschlossen. Dann, soweit es die Verzögerung hinsichtlich der Mitteilung der Annahme angeht, diese ergibt sich allein aus dem Fehler der Beklagten, und es muss ihnen daher entgegengehalten werden, dass die Antwort der Kläger in der Postlaufzeit empfangen wurde.]
Endgültig etabliert wurde die postal rule dann aber erst in den 1840er Jahren. Im Jahr 1841 wurde in Stocken v Collin4368 in Bezug auf eine Wechselbenach4366 4367 4368
Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681. Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681 at 683. Stocken v Collin (1841) 7 M & W 515.
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D. Annahme
richtigung auf die Absendung abgestellt, in Potters v Sanders4369 im Jahr 1846 dann auch speziell in Bezug auf die Annahme eines Angebots per Brief. Mit der Entscheidung Dunlop v Higgins4370 enthielt die postal rule im Jahr 1848 schließlich auch die höchstrichterliche Weihe durch das House of Lords. Der Angebotsempfänger in Liverpool hatte das Angebot, das Antwort per Retourpost verlangt hatte, am 30. Januar erhalten und seine Annahmeerklärung noch am selben Tag abgeschickt; auf Grund schweren Frosts erreichte der Brief den Anbietenden in Glasgow aber erst am 1. Februar (statt wie bei regulärem Postlauf am 31. Januar). Lord Cottenham LC judizierte, die Entscheidungen Adams v Lindsell sowie Stocken v Collins „leave no doubt at all on the subject“ („lassen keinerlei Zweifel an der Sache“): Der Vertrag war schon dadurch geschlossen, dass der Brief mit der Annahme mit der Post abgeschickt wurde.4371 (b) Ratio Zur Begründung der postal rule wurde im Verlauf der Zeit von Gerichten und Literatur eine ganze Reihe verschiedenster Argumente vorgebracht: In der grundlegenden Entscheidung Adams v Lindsell war die postal rule, wie gezeigt, dogmatisch darauf gestützt worden, dass der Anbietende sein Angebot während des gesamten Zeitraums, den sein Brief reist, mache und die Einigung daher perfekt sei, sobald der Annehmende seine Annahme absendet („continuing offer concept“ [„Konzept des fortdauernden Angebots“]).4372 Das Gericht scheint insoweit offensichtlich von einer – hier bereits in anderem Kontext zitierten4373 berühmten Passage in Pothiers „Traité du contrat de vente“4374 beeinflusst worden zu sein, in der dieser genau jenen Gedanken des Fortbestehens des Angebots formuliert hatte.4375 Wie Treitel zu Recht betont, erklärt dieser Gedanke aber nicht wirklich, weshalb es gerade auf die Absendung der Annahmeerklärung ankommen soll; vielmehr würde letztlich auch jede andere Manifestation des Annahmewillens genauso gut zeigen, dass die Parteien sich einig waren.4376 Zweites – eher praktisch orientiertes – Argument in Adams v Lindsell war, wie bereits referiert, dass ein Vertragsschluss per Post nie möglich wäre, wenn 4369
Potters v Sanders (1846) 6 Hare 1. Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381. 4371 Vgl. Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381 at 400. 4372 Vgl. Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681 at 683. 4373 Vgl. oben C. VIII.2. a) bei Fn. 2401 (im Kontext der Erörterung des historisch-konzeptionellen Grundprinzips der freien Widerruflichkeit des Angebots im französischen Recht). 4374 Vgl. Pothier (Fn. 328), n° 32. 4375 Vgl. Lücke (1960–1962) 1 Adel. L. Rev. 293, 305 f.; ders. (2007) 15 ERPL 27, 50; Simpson (1975) 91 LQR 247, 261. Vgl. allg. zum immensen Einfluss Pothiers auf das englische Recht und der enormen Wertschätzung, die ihm und seinem Werk entgegengebracht wurde, bereits oben B. I.3. b) cc) bei Fn. 709 ff. 4376 Vgl. Treitel (Fn. 491), 2-031. Kritisch etwa auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Coote (1971) 4 NZULR 331, 336. 4370
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man auf den Eingang der Annahme beim Anbietenden abstellen würde, weil dann auch der Annehmende nicht gebunden sein könne, bis er Nachricht erhalten habe, dass der Anbietende seine Antwort erhalten hat und so könne es dann quasi endlos weitergehen („ad infinitum-Argument“).4377 Dies ist aber letztlich ebenfalls nur ein Argument dafür, dass man irgendeinen definitiven Anknüpfungs- und Endpunkt festlegen muss nicht aber, dass dies notwendig der Zeitpunkt der Absendung der Annahme sein muss; eine „Endlos-Spirale“ wechselseitiger Erklärungen lässt sich – wie die dem Zugangsprinzip folgenden Rechtsordnungen klar demonstrieren – ebenso gut dadurch vermeiden, dass man den Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung beim Anbietenden (unabhängig von der Kenntnis des Annehmenden hiervon) für maßgeblich erklärt.4378 In einigen späteren Entscheidungen aus dem 19. Jahrhundert wurde die postal rule dann damit erklärt, dass die Post als common agent (gemeinsamer Vertreter) beider Parteien anzusehen sei und daher schon die Kommunikation der Annahme an die Post als Vertreter den Vertrag zustande bringe.4379 Diese Konstruktion wurde aber schon bald wieder verworfen4380, denn zum einen wird man kaum sagen können, dass der Inhalt eines verschlossenen Briefs an die Post „kommuniziert“ wird4381 und zum anderen könnte man die Post wohl tatsächlich allenfalls als „Vertreter“ für die Übermittlung, nicht aber für den Empfang der Nachricht qualifizieren4382. Eine häufig und in verschiedenen Varianten anzutreffende Rechtfertigung für die postal rule ist weiterhin, dass sie den praktischen Bedürfnissen des Ge4377
Vgl. Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681 at 683. Vgl. Evans (1966) 15 ICLQ 553, 559; Gardner (1992) 12 OJLS 170, 173; Treitel (Fn. 491), 2-031; s. weiter auch Lücke (2007) 15 ERPL 27, 52 mit der Bemerkung, dass der Einwurf des Briefs in den Briefkasten wohl als „convenient peg on which to hang the contract“ („zweckmäßiger Haken zum Aufhängen des Vertrags“) erschienen sein mag. Vgl. ferner kritisch auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Coote (1971) 4 NZULR 331, 336; Winfield (1939) 55 LQR 499, 509. 4379 Vgl. Hebb’s Case (1867) LR 4 Eq 9 at 12; Ex p Cote In Re Deveze (1873) LR 9 Ch App 27 at 32; Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 221 per Thesinger LJ; s. ferner entsprechende Anklänge auch in Stocken v Collin (1841) 7 M & W 515 at 516 per Alderson B; Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381 at 399. Dies heute noch für überzeugend haltend etwa Todd (Fn. 1612), 9.2.1. 4380 Dezidiert ablehnend bereits Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 221 per Bramwell LJ; Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 35 per Kay LJ. 4381 Vgl. Al Ibrahim/Ababneh/Tahat (2007) 2 JICLT 47, 48; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 559; Treitel (Fn. 491), 2-031; vgl. zur „artificiality“ („Künstlichkeit“) des common agent-Arguments auch Pannam (1960) 2 Melb. U. L. Rev. 388, 393; Winfield (1939) 55 LQR 499, 508 f. 4382 Vgl. Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 35 f. per Kay LJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 71; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 559; Gardner (1992) 12 OJLS 170, 173; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 251; Treitel (Fn. 491), 2-031; kritisch zum common agent-Argument ferner auch Coote (1971) 4 NZULR 331, 336; Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 982; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.102; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 256. 4378
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schäftsverkehrs entspreche (business convenience-Argument).4383 So wird etwa geltend gemacht, dass die postal rule Beweisprobleme minimiere, weil die Absendung eines Briefs einfacher zu beweisen sei als sein Zugang4384; ob dies tatsächlich der Fall ist, erscheint indes auch vielen englischen Autoren zweifelhaft, wird dies doch letztlich auch immer davon abhängen, wie sorgfältig die Parteien ihre Korrespondenz dokumentieren4385. Eng verwandt mit dem Argument der Beweiserleichterung ist das Argument, dass die postal rule der Verhinderung von Manipulation und Betrug diene, weil ein Abstellen auf den Zugang beim Anbietenden diesem die Möglichkeit eröffnen würde, zu behaupten, dass er die Erklärung nicht bzw. nicht rechtzeitig erhalten habe.4386 Auch die Durchschlagskraft dieses Arguments wird indes von vielen (zu Recht) in Abrede gestellt, denn dem Risiko derartiger Manipulationen lässt sich – wie diejenigen Rechtsordnungen, welche dem Zugangsprinzip folgen, anschaulich demonstrieren auch anders begegnen (z.B. durch entsprechende Beweisregeln).4387 Ähnliches gilt für die Rechtfertigung damit, dass es bei Abwägung der Interessen nur fair sei, grundsätzlich dem Anbietenden das Transport- und Verlustrisiko aufzuerlegen: Denn dieser sei es schließlich gewesen, der die Vertragsverhandlungen und die Kommunikation per Post initiiert habe4388 und er könne sich zudem ganz einfach dadurch schützen, dass er beim Angebotsemp4383 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 223 f. per Thesinger LJ („considerable delay in commercial transactions, in which despatch is, as a rule, of the greatest consequence, would be occasioned …Upon balance of conveniences and inconveniences …“ [„im Geschäftsverkehr, wo die Absendung regelmäßig von größter Bedeutung ist, würden erhebliche Verzögerungen verursacht … Bei Abwägung der praktischen Vor- und Nachteile …“]); Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce („foundation in convenience“ [„Grundlage in der Zweckdienlichkeit“]), at 43 per Lord Fraser of Tullybelton („based on considerations of practical convenience“ [„basiert of Erwägungen praktischer Zweckdienlichkeit“]); Al Ibrahim/Ababneh/Tahat (2007) 2 JICLT 47, 48; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.103; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 251; Todd (Fn. 1612), 9.2.1. 4384 Vgl. Kahn (1955) 72 SALJ 246, 256; Roach, Card & James’ Business Law for Business, Accounting, & Finance Students, 2012, S. 149; vgl. weiter (dieses Argument allerdings nur referierend) Treitel (Fn. 491), 2-031; Winfield (1939) 55 LQR 499, 509. 4385 Vgl. Evans (1966) 15 ICLQ 553, 560; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.60; Treitel (Fn. 491), 2-031; Winfield (1939) 55 LQR 499, 509 f. 4386 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 224 per Thesinger LJ („if the contract is not finally concluded, except in the event of the acceptance actually reaching the offerer, the door would be opened to the perpetration of much fraud“ [„wenn der Vertrag nicht endgültig geschlossen wäre, außer wenn die Annahme den Anbietenden tatsächlich erreicht, wäre die Tür für die Verübung von viel Betrug geöffnet“]); vgl. weiter auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48 f.; vgl. zu diesem Argument ferner auch Gardner (1992) 12 OJLS 170, 173 f. 4387 Vgl. Gardner (1992) 12 OJLS 170, 173 f. 4388 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 224 per Thesinger LJ; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.103; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 255 f.; Todd (Fn. 1612), 9.2.1; vgl. zu dieser Argumentation auch Treitel (Fn. 491), 2-031.
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fänger nachfragt, ob dieser eine Annahme geschickt habe4389 oder in seinem Angebot ausdrücklich festlegt, dass der Vertrag (abweichend von der postal rule) erst dann zustande kommen soll, wenn ihm die Annahme zugeht4390. Hiergegen lässt sich nämlich einwenden, dass es im Einzelfall u.U. durchaus auch der Empfänger des konkreten Angebots gewesen sein kann, der die Vertragsverhandlungen initiiert hat4391; und dass eine Regel abdingbar ist, ist ganz generell noch lange kein Argument für ihre Sinnhaftigkeit4392. Ein ganz wesentliches Argument zugunsten der postal rule bleibt aber bis heute in jedem Fall ihre Funktion im Gesamtsystem des englischen Vertragsschlussrechts: Denn dadurch, dass sie die Annahme bereits mit der Absendung wirksam werden lässt, begrenzt sie den Zeitraum, während dessen der Anbietende sein Angebot frei widerrufen kann und damit die Periode der Unsicherheit für den Angebotsempfänger auf diese Weise bildet sie einen wichtigen Ausgleich für das strikte Grundprinzip der freien Widerruflichkeit4393.4394
4389 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 224 per Thesinger LJ; vgl. zu dieser Argumentation auch Gardner (1992) 12 OJLS 170, 174. 4390 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 224 per Thesinger LJ; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48; Pannam (1960) 2 Melb. U. L. Rev. 388, 395; Roach (Fn. 4384), S. 148; vgl. zu dieser Argumentation auch Gardner (1992) 12 OJLS 170, 174; Treitel (Fn. 491), 2-031; vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Abbedingungen der postal rule noch allg. unten D. VII.3. b) cc)(2)(a)(bb). 4391 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-056; Mik (2009) 26 JCL 1, 10 f.; Treitel (Fn. 491), 2-031; kritisch zum „Initiativ-Argument“ auch Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.60. 4392 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 71; vgl. weiter auch Evans (1966) 15 ICLQ 553, 560; Gardner (1992) 12 OJLS 170, 174 („merely shows that this form of the rule need not do much harm“ [„zeigt lediglich, dass die Art Regel nicht viel Schaden verursachen mag“]); kritisch zum Argument der Abdingbarkeit etwa auch Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-056 („not wholly convincing“ [„nicht vollständig überzeugend“]); Coote (1971) 4 NZULR 331, 336; Treitel (Fn. 491), 2-031 (nicht „wholly satisfactory“ [„völlig befriedigend“]). 4393 Vgl. zum Grundsatz der freien Widerruflichkeit des Angebots im englischen Recht bereits ausf. oben C. VIII.3. a). 4394 Vgl. Harris’ Case (1872) LR 7 Ch App 587 at 594 („… I have been forcibly struck with the extraordinary and very mischievous consequences which would follow if it were held that an offer might be revoked at any time until the letter accepting it had been actually received. No mercantile man who has received a letter making him an offer, and has accepted the offer, could safely act on that acceptance after he has put it into the post until he knew that it had been received.“ [„… Ich bin gewaltig beeindruckt von den außerordentlichen und sehr schädlichen Konsequenzen, die sich ergeben würden, wenn man entscheiden würde, dass ein Angebot jederzeit widerrufen werden kann, bis der Brief, mit dem es angenommen wird, tatsächlich empfangen worden ist. Kein Kaufmann, der einen Brief, mit dem ihm ein Angebot gemacht wird, erhalten hat, und das Angebot angenommen hat, könnte gefahrlos auf der Grundlage dieser Annahme handeln, nachdem er sie zur Post gegeben hat, bis er weiß, dass sie empfangen worden ist.“]); Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce („extraordinary and mischievous consequences which would follow if it were held that an offer might be revoked at any time until the letter accepting it had been actually received“ [„außerordentliche und schädliche Konsequenzen, die sich ergeben wür-
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D. Annahme
Eine nicht zu unterschätzende Rolle für den „Siegeszug“ der postal rule in England im 19. Jahrhundert dürften schließlich nicht zuletzt auch die historischen Umstände gespielt haben.4395 Im Jahr 1840 fand in England eine große Postreform statt, die Einführung der sog. „Uniform Penny Post“: Das Porto für einen Brief sank auf 1 Penny (und war damit nun auch für einfache Leute erschwinglich), es gab nun Briefmarken (so dass nun relativ einfach der Versender zahlen konnte, statt – wie zuvor – regelmäßig der Empfänger) und in den Häusern wurden Briefschlitze installiert (so dass die Post nicht mehr persönlich entgegengenommen werden musste).4396 Resultat war nicht nur eine immense Zunahme der Briefpost, sondern auch eine ganz allgemeiner Enthusiasmus hinsichtlich der Effektivität des „modernen“ Postsystems, mit dem es nun als quasi garantiert erschien, dass ein zur Post aufgegebener Brief auch zeitnah zugestellt würde.4397 Dies dürfte die Gerichte der 1840er Jahre im Kontext der endgültigen Etablierung der Absendung als maßgeblichen Zeitpunkt zumindest erheblich mitbeeinflusst haben.4398, 4399 4395 den, wenn man entscheiden würde, dass ein Angebot jederzeit widerrufen werden kann, bis der Brief, mit dem es angenommen wird, tatsächlich empfangen worden ist“]). Vgl. weiter auch Andrews (Fn. 493), 3.18; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-054; Coote (1971) 4 NZULR 331, 336 („only rationale which stands analysis“ [„einzige Begründung, die einer Analyse standhält“]); Evans (1966) 15 ICLQ 553, 561; Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 980 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.103; MacNeil (1964) 112 U. Pa. L. Rev. 947, 953; Treitel (Fn. 491), 2-031 (der hierin trotz aller Kritik an der postal rule eine „possibly useful function“ [„möglicherweise nützliche Funktion“] sieht). Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive ferner etwa auch Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 925 ff.; Zweigert/Kötz (Fn. 293), S. 352. Kritisch jedoch etwa McKendrick (Fn. 493), S. 111, der dies zwar als „the strongest justification“ („die stärkste Rechtfertigung“) bezeichnet, aber letztlich dennoch nicht als ausreichend erachtet, weil ein Schutz des Angebotsempfängers vor einem Widerruf während der Transportzeit der Annahme sich auch dadurch erreichen ließe, dann man – wie im CISG (vgl. dazu bereits oben C. VIII.4. a) bb)(2)(a) bei Fn. 2706 sowie noch unten D. VII.4. b) bei Fn. 4567) ab dem Zeitpunkt der Absendung der Annahme lediglich den Widerruf ausschließt, die Annahme aber gleichwohl erst mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam werden lässt. Darauf hinweisend auch bereits Evans (1966) 15 ICLQ 553, 562. 4395 Vgl. Gardner (1992) 12 OJLS 170, 178 ff.; s. ferner auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72; McKendrick (Fn. 493), S. 112 f. 4396 Vgl. dazu Gardner (1992) 12 OJLS 170, 178 ff.; ausf. zur Postreform von 1840 etwa: Lewins, Her Majesty’s mails: a history of the post-office, and an industrial account of its present condition, 1865, S. 168 ff. 4397 Vgl. Gardner (1992) 12 OJLS 170, 180 ff.; Lewins (Fn. 4395), S. 197 ff. 4398 Vgl. Gardner (1992) 12 OJLS 170, 180 f., 192; s. ferner auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72. 4399 Einen interessanten historischen Hintergrund haben übrigens, wie Gardner (1992) 12 OJLS 170, 184 ff. sehr anschaulich darstellt, auch die späteren postal rule-Fälle der späten 1860er und 1870er Jahre. Gegenstand waren jeweils Angebote auf Zeichnung von Aktien im Rahmen der Gründung von Gesellschaften. Wenn man hier hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Annahme des Zeichnungsangebots durch die Gesellschaft wieder von der postal rule abgerückt wäre und auf den Zeitpunkt des Zugangs beim jeweiligen (potenziellen) Zeich-
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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(2) Die postal rule in ihrem genuinen Anwendungsbereich des postalischen Vertragsschlusses: Voraussetzungen und Rechtsfolgen Genuiner Anwendungsbereich der postal rule ist die Kommunikation der Annahme per Post, d.h. mittels des postalischen Universaldienstes4400. (a) Voraussetzungen der Anwendbarkeit (aa) Nutzung der Post reasonable (angemessen) Grundvoraussetzung für die Geltung der postal rule ist, dass es im konkreten Fall reasonable (angemessen) sein muss, für die Übermittlung der Annahme die Post zu benutzen.4401 Neben dem an sich selbstverständlichen Fall, dass ausdrücklich eine postalische Annahme verlangt wurde4402, wird dies jedenfalls dann regelmäßig bejaht, wenn das Angebot selbst per Post übersandt worden ist.4403 Wurde das Angebot dagegen telefonisch oder per Telegramm4404, Telex, Fax oder E-Mail etc. gemacht, wird eine Annahme per Post gewöhnlich nicht als reasonable erachtet.4405 Im Einzelfall kann allerdings u.U. sogar die Annahme eines mündlichen Angebots per Post reasonable sein, wenn keine sofortige Antwort intendiert war.4406 Nicht reasonable ist die Annahme der Post aber jedenfalls dann, wenn der postalische Universaldienst gestört ist und der Annehmende Kenntnis hiervon hat; denn dann ist die Grundlage für die postal rule entfallen.4407
ner4400 abgestellt hätte, wäre für diese eine Möglichkeit eröffnet gewesen, sich der Zahlung der Einlage zu entziehen. Da viele der damaligen Gesellschaftsgründungen sich relativ schnell als Fehlschlag erwiesen, hätte dies erhebliche wirtschaftliche Folgen gehabt. 4400 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-048 Fn. 230; Treitel (Fn. 491), 2-030 Fn. 175 (jeweils Bezug nehmend auf den postalischen Universaldienst i.S.d. Postal Service Act 2000 (c. 26) [der allerdings zwischenzeitlich m.W.v. 1.11.2011 größtenteils durch den Postal Services Act 2011 (c. 5) abgelöst worden ist]); s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.19. 4401 Vgl. Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 33 per Herschell LJ; Bruner v Moore [1904] 1 Ch 305 at 316; Andrews (Fn. 493), 3.24; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 46; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-049; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.104; Treitel (Fn. 491), 2-032. 4402 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.24. Vgl. all. zur Möglichkeit der Vorgabe einer bestimmten Annahmemethode bereits oben D. V.2. a) cc). 4403 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-049; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 555; Treitel (Fn. 491), 2-032. 4404 Vgl. speziell für das Telegramm: Quenerduaine v Cole (1883) 32 WR 185. 4405 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-049; Treitel (Fn. 491), 2-032. 4406 Vgl. aus der Rechtsprechung: Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 33 per Herschell LJ, at 36 per Kay LJ (Angebot zum Verkauf von Häusern im Rahmen einer Besprechung; da der Käufer einige Tage Bedenkzeit haben sollte und die Parteien an verschiedenen Orten wohnten, war nach dem Willen der Parteien und der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Annahme per Post erfolgen sollte); aus dem Schrifttum: Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-049; Treitel (Fn. 491), 2-032. 4407 Vgl. Bal v Van Staden [1902] TS 128 (Zusammenbruch des Postdienstes auf Grund des Burenkriegs); Andrews (Fn. 493), 3.25; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-049; Treitel (Fn. 491), 2-032.
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D. Annahme
(bb) Keine Abbedingung Die Geltung der postal rule kann im Angebot ausdrücklich oder konkludent abbedungen werden.4408 Bejaht wurde ein solcher Ausschluss etwa in einem Fall, in dem ein Angebot zum Verkauf eines Hauses formulierte „said option shall be exercisable by notice in writing to the intending vendor“ („besagte Option ist durch schriftliche Mitteilung an den beabsichtigenden Verkäufer auszuüben“).4409 (b) Rechtsfolge und Konsequenzen (aa) Rechtsfolge: Wirksamkeit der Annahme mit der Absendung Rechtsfolge der postal rule ist, dass die Annahme bereits in dem Moment wirksam wird, in dem der Brief posted (abgesandt) wird, der Vertrag kommt also bereits in diesem Moment zustande.4410 Posted ist ein Brief, sobald er in die Obhut der Post4411 übergeben wurde.4412 (bb) Die drei zentralen Konsequenzen der postal rule Dass die Annahme nach der postal rule bereits mit der Absendung wirksam ist, hat folgende drei zentrale Konsequenzen:4413 (i) Irrelevanz eines früher abgesandten, aber später zugehenden Widerruf des Angebots Erste wichtige Konsequenz4414 der postal rule ist, dass ein dem Angebotsempfänger nach Absendung der Annahme kommunizierter Widerruf des Anbietenden selbst dann unwirksam ist, wenn dieser zuvor abgesandt wurde4415 – 4408 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 at 224 per Thesinger LJ; Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155; New Hart Builders Ltd v Brindley [1975] Ch 342 at 354 per Goulding J.; Andrews (Fn. 493), 3.26; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-052; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 555; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.106; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 256 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61; McKendrick (Fn. 493), S. 109; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 248; Treitel (Fn. 491), 2-033. 4409 Vgl. Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155; s. ferner auch New Hart Builders Ltd v Brindley [1975] Ch 342 at 354 per Goulding J. (der sich dem in Bezug auf eine Nachricht betreffend die Verlängerung eines Vertrags ausdrücklich anschließt). 4410 Vgl. die Nachweise in Fn. 4365. 4411 Vgl. zum Begriff der Post bereits oben D. VII.3. b) cc)(2). 4412 Vgl. Re London and Northern Bank, Ex p Jones [1900] 1 Ch 220 at 224 („came into the lawful custody of the Post Office“ [„gelangte in die rechtmäßige Obhut der Post“]); Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce („when put into the hands of the post office“ [„wenn er in die Obhut der Post übergeben worden ist“]; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-048; Treitel (Fn. 491), 2-030. 4413 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-054 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-035. 4414 Vgl. zur gleichzeitigen Funktion dieser Konsequenz als wesentliche Ratio bereits oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb). 4415 Vgl. Harris’ Case (1872) LR 7 Ch App 587; Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344; Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27; Re London and Northern Bank, Ex p
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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denn ein Widerruf des Angebots wird, wie bereits oben dargelegt4416, erst mit der Kommunikation an den Angebotsempfänger wirksam. (ii) Wirksamkeit mit Absendung trotz Verlust der Annahmeerklärung oder Verzögerungen bei ihrer Beförderung Zweite wesentliche Konsequenz der postal rule ist, dass die Annahme selbst dann bereits im Zeitpunkt der Absendung wirksam wird, wenn sie verloren geht (den Anbietenden also niemals erreicht).4417 Gleiches gilt, wenn es bei ihrer Beförderung zu Verzögerungen kommt.4418 Ausnahmen hiervon kommen aber u.U. in Betracht, wenn die Annahmeerklärung nicht ordnungsgemäß zur Post gegeben wurde (vgl. dazu unten (c)(aa)). (iii) Bedeutung für Prioritäten und Rangfragen Bedeutung hat die postal rule schließlich in Bezug auf Prioritäten und Rangfragen: Da der Vertrag bereits im Zeitpunkt der Absendung der Annahme zustande kommt, genießt er insoweit Priorität vor später geschlossenen Verträgen betreffend denselben Gegenstand.4419 Im englischen Recht ist dies speziell auch wegen des für den Eigentumsübergang geltenden Konsensprinzips4420 von großer Relevanz4421.
4416 Jones [1900] 1 Ch 220; Andrews (Fn. 493), 3.20; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 48; ChenWishart (Fn. 496), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-054; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 557; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.99; Treitel (Fn. 491), 2-035. 4416 Vgl. dazu oben C. VIII.3. a) bb). 4417 Vgl. Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 (anders zuvor übrigens noch British & American Telegraph Co Ltd v Colson (1871) LR 6 Ex 108); Andrews (Fn. 493), 3.23; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 46 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 71; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-055; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 557, 566 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.99; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61; McKendrick (Fn. 493), S. 109; Mik (2009) 26 JCL 1, 7; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 248; Treitel (Fn. 491), 2-035. 4418 Vgl. Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381; Andrews (Fn. 493), 3.22; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 46 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-055; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 557, 566 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.99; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61; Mik (2009) 26 JCL 1, 7; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 248; Treitel (Fn. 491), 2-035. 4419 Vgl. Potters v Sanders (1846) 6 Hare 1 (nach Absendung der Annahme durch den Annehmenden, aber vor ihrem Zugang beim Anbietenden verkaufte dieser das vertragsgegenständliche Grundstück mündlich an einen Dritten; das Gericht entschied, dass der Kaufvertrag bereits mit der Absendung der Annahme zustande gekommen war und verurteilte den Dritten dazu, das Grundstück an den Annehmenden zu übertragen); Chitty on Contracts (Fn. 495), 2057; Treitel (Fn. 491), 2-035. 4420 Vgl. zum im englischen Recht geltenden Konsensprinzip bereits oben C. III.2. b) dd)(5) bei Fn. 1503. 4421 Illustrativ der Fall Potters v Sanders (1846) 6 Hare 1:
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D. Annahme
(c) Sonderprobleme (aa) Nicht ordnungsgemäße Aufgabe zur Post Eine Ausnahme von der postal rule kann in Betracht kommen, wenn die Annahmeerklärung nicht ordnungsgemäß zur Post aufgegeben wurde4422, z.B. im Falle einer falschen oder unvollständigen Adressierung4423, unzureichenden Frankierung4424 oder der Übergabe an einen nicht zur Entgegennahme von Sendungen autorisierten Postmitarbeiter4425. Eine solche nicht ordnungsgemäße Absendung soll allerdings nach h.M. nicht etwa automatisch zum „Wiederaufleben“ der Grundregel der Wirksamkeit der Annahme mit der Kommunikation an den Anbietenden4426 führen4427, da dies nicht als angemessen erachtet wird.4428 Denn zum einen könnte sich dies im Einzelfall u.U. sogar zugunsten des unachtsamen Annehmenden auswirken (z.B. weil der Markt sich zwischenzeitlich zu seinen Gunsten entwickelt)4429. Zum anderen kann die falsche Adressierung ggf. auch vom Anbietenden selbst zu vertreten sein, z.B. weil er seine eigene Adresse falsch oder unleserlich angegeben hat; in einem solchen Fall sollte er sich nicht auf eine Falschadressierung seitens des Annehmenden berufen können4430 (anders aber wiederum wohl, wenn der 4422 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.108; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 257; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61; Mik (2009) 26 JCL 1, 7; Treitel (Fn. 491), 2-036. 4423 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.108; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 257; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61; Mik (2009) 26 JCL 1, 7; Treitel (Fn. 491), 2-036. Vgl. ferner auch Getreide-Import-Gesellschaft m.b.H. v Contimar SA Compania Industrial Comercial y Maritima [1953] 1 WLR 793 (in Bezug auf eine falsch adressierte Mitteilung bzgl. eines Rechtsmittels gegen einen Schiedsspruch). 4424 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.108; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 257; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.61. 4425 Vgl. Re London and Northern Bank, Ex p Jones [1900] 1 Ch 220 (Übergabe des Briefs an einen Briefträger, der nach den maßgeblichen Postvorschriften aber nicht zur Entgegennahme von Briefen autorisiert war, sondern nur Briefe austragen sollte); Treitel (Fn. 491), 2-030. 4426 Vgl. dazu oben D. VII.3. c). 4427 I.d.S. aber offenbar etwa Kahn (1955) 72 SALJ 246, 257. 4428 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Treitel (Fn. 491), 2-036. 4429 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at paras. 11, 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Treitel (Fn. 491), 2-036. 4430 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Treitel (Fn. 491), 2-036. S. ferner auch Townsend’s Case (1871) LR 13 Eq 148 (dort hatte der Anbietende seine Adresse unvollständig angegeben; die Entscheidung selbst ist allerdings seit Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 obsolet [vgl. auch Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058 Fn. 259]).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Fehler seitens des Anbietenden für den Annehmenden offensichtlich war4431). Die nicht ordnungsgemäß abgesandte Annahme soll daher vielmehr – wenn überhaupt in dem Zeitpunkt (Absendung bzw. Kommunikation an den Anbietenden) wirksam werden, der für die Partei, welche den Mangel zu vertreten hat, am ungünstigsten ist.4432 (bb) Verstümmelte Nachrichten Als weiteres Sonderproblem wird im Schrifttum die Problematik verstümmelter Nachrichten (garbled messages) diskutiert, d.h. die Frage, ob die postal rule auch dann gelten soll, wenn die Annahme zwar ordnungsgemäß abgesandt, aber nur „verstümmelt“ beim Anbietenden ankommt (Beispiel: Annahmeerklärung lautete eigentlich „send three rifles“ [„senden Sie drei Gewehre“], ankam jedoch „send the rifles“ [„senden Sie die Gewehre“]4433).4434 Dies wird überwiegend bejaht; denn wenn der Anbietende nach der postal rule das Risiko eines Verlusts oder einer Verzögerung der Annahmeerklärung trägt, so müsse er gleichermaßen auch das Risiko einer „Verstümmelung“ der Annahmeerklärung auf dem Transport tragen.4435 (cc) Widerruf einer abgesandten Annahmeerklärung? Ein drittes Sonderproblem ist schließlich, ob eine einmal abgesandte Annahmeerklärung durch eine Erklärung mittels eines schnelleren Kommunikationsmittels (z.B. Telefon oder E-Mail), die den Anbietenden vor oder zumindest gleichzeitig mit der Annahmeerklärung erreicht, wirksam widerrufen werden kann. In der englischen Rechtsprechung existieren zu dieser Frage keinerlei Präjudizien.4436 4431 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Treitel (Fn. 491), 2-036 Fn. 208. 4432 Vgl. LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 15; Andrews (Fn. 493), 3.22; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-058; Treitel (Fn. 491), 2-036; ferner wohl auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 47 (im Text nicht ganz eindeutig, aber ebenfalls die Korbetis-Entscheidung zitierend); wohl tendenziell auch (aber letztlich offenlassend) Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.108. 4433 Dieses von Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-059 und Treitel (Fn. 491), 2-037 verwendete Beispiel beruht auf der alten Entscheidung Henkel v Pape (1870) LR 6 Ex 7. Dort hatte der Kläger den Beklagten dazu aufgefordert, ein Angebot für den Kauf von 50 Gewehren zu machen. Der Beklagte telegrafierte „send three rifles“ („senden Sie drei Gewehre“); das Telegramm, das den Kläger erreichte, lautete jedoch „send the rifles“ („senden Sie die Gewehre“). Das Gericht entschied, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, mehr als drei Gewehre abzunehmen. 4434 Vgl. dazu Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-059; Treitel (Fn. 491), 2-037. 4435 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-059; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.109; Treitel (Fn. 491), 2-037. 4436 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060; Treitel (Fn. 491), 2-038. Vereinzelt wird zwar als Beleg ein dictum von Neuberger J. in Kinch v Bullard [1999] 1 WLR 423 at 429 zitiert („it seems to me that, while the notice is still in the post, it has not been given, and, until it is given, the sender has in effect a locus poenitentiae whereby he can withdraw the notice, but only provided his withdrawal is communicated to the addressee before the notice is given to, or served on, the addressee. I should emphasise, however, that this is no more than a
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D. Annahme
(i) Rechtslage in anderen common law-Rechtsordnungen In anderen common law-Rechtsordnungen wir die Problematik unterschiedlich gelöst. So lassen etwa ss. 4 f. Indian Contracts Act 18724437, 4438 und ss. 4 f. Malaysian Contracts 19504439, 4440 einen solchen Widerruf zu.4441 Im Kommentar zur Regelung der mailbox rule in Restatement (Second) of Contracts4442 § 634443 heißt es dagegen explizit, dass eine Widerruf der An4437 tentative view.“ [„es scheint mir, dass eine Mitteilung, während sie noch in der Post ist, nicht erfolgt ist, und, bis sie erfolgt ist, hat der Absender faktisch einen locus poenitentiae kraft dessen er die Mitteilung zurücknehmen kann, aber nur unter der Voraussetzung, dass seine Rücknahme an den Adressaten kommuniziert wird, bevor die Mitteilung an den Adressaten erfolgt oder ihm zugestellt wird. Ich sollte aber betonen, dass dies nicht mehr als eine vorläufige Ansicht ist“]. So zitiert etwa Andrews (Fn. 493), 3.27 dies als Beleg für die Auffassung, dass ein Widerruf möglich ist. Tatsächlich handelt es sich aber nur um ein Diktum, dass Neuberger J. zudem ausdrücklich nur als vorläufig qualifiziert. Vor allem aber bezieht Neuberger J. sich hier auch auf eine ganz andere Konstellation, nämlich auf den Fall, dass die Mitteilung zu ihrer Wirksamkeit der Kommunikation an den Adressaten bedarf, also auf einen Fall, in dem die Grundregel (und gerade nicht die postal rule) gilt: Dann soll der Mitteilende seine Mitteilung noch bis zum Zeitpunkt von deren Kommunikation an den Adressaten durch eine „überholende“ Erklärung zurücknehmen können. 4437 Indian Contracts Act 1872, abrufbar unter http://districtcourtallahabad.up.nic.in/articles/ICAct.pdf. 4438 Indian Contracts Act 1872: s. 4 …The communication of an acceptance is complete, … as against the acceptor, when it comes to the, knowledge, of the proposer. The communication of a revocation is complete, as against the person who makes it, when it is put into a course of transmission to the person to whom it is made, so as to be out of the power of the person who makes it; as against the person, to whom it is made, when it comes to his knowledge. (…Die Kommunikation der Annahme ist abgeschlossen, … dem Annehmenden gegenüber, wenn sie zur Kenntnis des Anbietenden gelangt. Die Kommunikation eines Widerrufs ist abgeschlossen, der Person, die ihn macht gegenüber, wenn er in Richtung auf die Person, der gegenüber er erfolgt, auf den Weg gebracht wird, so dass er außerhalb der Gewalt der Person, die ihn macht, ist; gegenüber der Person, gegenüber der er erfolgt, wenn er zu ihrer Kenntnis gelangt.) s. 5 … An acceptance may be revoked at any time before the communication of the acceptance is complete as against the acceptor, but not afterwards. (… Eine Annahme kann jederzeit widerrufen werden, bevor sie dem Annehmenden gegenüber abgeschlossen ist, aber nicht danach.). 4439 Malaysian Contracts Act 1950, abrufbar unter http://www.agc.gov.my/Akta/Vol.% 203/Act%20136.pdf. 4440 Ss. 4 f. Malaysian Contracts Act 1950 ss. 4 f. Indian Contracts Act 1872 (s. Fn. 4438). 4441 Vgl. auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.117. 4442 Fn. 497. 4443 § 63. Time When Acceptance Takes Effect Unless the offer provides otherwise, (a) an acceptance made in a manner and by a medium invited by an offer is operative and
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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nahme durch eine „überholende“ Erklärung unwirksam ist, selbst wenn sie den Anbietenden früher erreicht als die Annahme4444. Die schottische Entscheidung Dunmore v Alexander (1830)4445 wiederum könnte man als Präjudiz für die Zulässigkeit eines Widerrufs lesen, sie ist aber alles andere als eindeutig.4446 In Neuseeland gibt es dagegen eine ältere Entscheidung, Wenkheim v Arndt (1873)4447, die häufig als Präjudiz gegen die Zulässigkeit eines Widerrufs interpretiert wird4448; sie ist aber letztlich ebenfalls nicht ganz eindeutig und betraf zudem den Spezialfall des Widerrufs eines Heiratsversprechens4449. In Nunin Holdings Pty Ltd v Tullamarine Estates Pty Ltd (1994)4450 wurde die Problematik zwar angesprochen, aber letztlich offen gelassen, weil das Ge4444
completes the manifestation of mutual assent as soon as put out of the offeree’s possession, without regard to whether it ever reaches the offeror; but (b) an acceptance under an option contract is not operative until received by the offeror. (§ 63. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme Sofern das Angebot nichts Abweichendes vorsieht, (a) ist eine Annahme, die auf eine Weise und mittels eines den Bedingungen des Angebots entsprechenden Mediums gemacht wird, wirksam und komplettiert die Manifestationen des gegenseitigen Einverständnisses, sobald sie außerhalb des Machtbereichs des Angebotsempfängers ist, unabhängig davon, ob sie den Anbietenden jemals erreicht; aber (b) im Falle eines Optionsvertrag ist die Annahme nicht wirksam, bis sie vom Anbietenden empfangen wird.) 4444 Vgl. Restatement (Second) of Contracts § 63 comment c: „An attempt to revoke the acceptance by an overtaking communication is similarly ineffective, even though the revocation is received before the acceptance is received.“ („Ein Versuch, die Annahme durch eine überholende Erklärung zu widerrufen, ist gleichermaßen unwirksam, auch wenn der Widerruf vor der Annahme empfangen wird.“). Vgl. aus der Judikatur nur die gewöhnlich als leading case zitierte Entscheidung Morrison v Thoelke 155 So. 2d 889 (1963). Abw. zwar Dick v US 82 F.Supp. 362 (1949); die Entscheidung beruht aber maßgeblich auf spezifischen Vorschriften der US-Post-Regularien und auch der Sachverhalt war sehr speziell (Vertrag über Schiffspropeller in einer Kriegssituation); sie wird daher ganz überwiegend nicht als überzeugendes allgemeines Präjudiz angesehen, vgl. Morrison v Thoelke 155 So. 2d 889 (1963); Soldau v Organon Inc. 860 F.2d 355 (1988). S. zum Ganzen auch Williston on Contracts (Fn. 226), § 6:38 m.z.w.N. 4445 Countess of Dunmore v Alexander (1830) 9 Shaw 190. 4446 Vgl. auch Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71; Furmston/ Tolhurst (Fn. 492), 4.114; Turpin (1975) 34 CLJ 25. Die Entscheidung, in der es um die Einstellung von Ms. Alexander als Dienstbotin bei der Countess of Dunmore ging, erging nur mit einer Mehrheit von drei der vier Richter und auch diese waren sich hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion nicht einig: Lord Balgray konstruierte den Sachverhalt so, dass der Widerruf und die Annahme des Angebots gleichzeitig durch die bisherige Arbeitgeberin als Bevollmächtigte der Countess of Dunmore an die Dienstbotin kommuniziert wurden, Lord Gillies interpretierte die Schreiben dagegen als Bevollmächtigung der bisherigen Arbeitgeberin zum Abschluss des Anstellungsvertrags bzw. den anschließenden Widerruf der Bevollmächtigung; der Lord President sagte lediglich, dass er sich der Mehrheit anschließe. 4447 Wenkheim v Arndt (1873) 1 JR 73. 4448 Vgl. Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.115. 4449 Vgl. Turpin (1975) 34 CLJ 25. 4450 Nunin Holdings Pty Ltd v Tullamarine Estates Pty Ltd [1994] 1 VR 74.
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D. Annahme
richt zu dem Schluss kam, dass die postal rule im konkreten Fall gar nicht anwendbar war. In Südafrika wurde im Fall A to Z Bazaars (Pty) Ltd v Minister of Agriculture (1974/75) zwar erstinstanzlich ausdrücklich entschieden, dass eine Annahme per Brief nicht durch ein Telegramm widerrufen werden könne4451; die Appellate Division kam dann jedoch wiederum zu dem Schluss, dass die postal rule in casu gar nicht anwendbar war4452. (ii) Meinungsstand im Schrifttum Vor diesem Hintergrund mag es kaum verwundern, dass die Frage der Zulässigkeit eines solchen „überholenden“ Widerrufs einer einmal abgesandten Annahme im Schrifttum zum englischen Recht (bzw. auch zum common law ganz allgemein) höchst umstritten ist. Traditionell wurde und wird überwiegend davon ausgegangen, dass ein Widerruf der einmal abgesandten Annahme prinzipiell nicht möglich ist.4453 Zentrales Argument ist, dass ein Widerruf schon deshalb ausgeschlossen sei, weil der Vertrag schließlich mit der Absendung der Annahme bereits wirksam zustande gekommen ist und deshalb nicht mehr schlicht durch einen einseitigen Akt einer Partei aufgelöst werden könne.4454 Entscheidend gegen die Zulässigkeit eines Widerrufs spreche weiterhin auch der Gedanke der Reziprozität: Wenn der Anbietende ab dem Moment der Absendung gebunden ist und sein Angebot nicht länger widerrufen kann, müsse sich gleichermaßen auch der 4451 A to Z Bazaars (Pty) Ltd v Minister of Agriculture (1974) (4) SA 392. Vgl. dazu Turpin (1975) 34 CLJ 25 f. 4452 A to Z Bazaars (Pty) Ltd v Minister of Agriculture (1975) (3) SA 468. 4453 Vgl. aus dem älteren Schrifttum: Benjamin, A treatise on the law of sale of personal property, 6th ed. 1920, S. 87; Pollock (Fn. 690), S. 38 f.; Nussbaum (1936) 36 Colum. L. Rev. 920, 921; Winfield (1939) 55 LQR 499, 512 f.; aus dem aktuellen Schrifttum etwa: Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.99; Treitel (Fn. 491), 2-038; s. ferner auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72 (die dieses Ergebnis allerdings zugleich als „perverse outcome“ [„perverses Resultat“] bezeichnet); letztlich offenlassend: Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 71 f. 4454 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52; Benjamin (Fn. 4453), S. 98; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72; Pollock (Fn. 690), S. 38; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.113; Treitel (Fn. 491), 2-038; vgl. ferner aus der Judikatur anderer common law-Staaten auch: Morrison v Thoelke 155 So. 2d 889, 905 (1963); Soldau v Organon Inc. 860 F.2d 355, 357 (1988). Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060 und Treitel (Fn. 491), 2-038 räumen allerdings zugleich ein, dass es sich letztlich um eine Wertungsfrage handele, die nicht bzw. jedenfalls nicht allein durch „‚logical’ deductions“ [„‚logische’ Schlussfolgerungen“] gelöst werden könne und dürfe. Kritisch auch Kahn (1955) 72 SALJ 246, 258 („one must be careful about drawing apparently logical conclusions from abstract rules in the law“ [„Man muss vorsichtig dabei sein, scheinbar logische Schlussfolgerungen aus abstrakten Rechtsregeln zu ziehen“]); Turpin (1975) 34 CLJ 25, 26 („Judges should not be diverted from reaching just and sensible solutions by the austere logic of legal concepts“ [„Richter sollten durch die strenge Logik rechtlicher Konzepte nicht von der Erreichung gerechter und sinnvoller Lösungen abgelenkt werden“]).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Angebotsempfänger ab diesem Moment an seiner Annahme festhalten lassen.4455 Teilweise wird ferner auch eine Parallele zur Situation beim Vertragsschluss inter praesentes gezogen: Dort habe der Angebotsempfänger ja auch keine Möglichkeit, seine Meinung zu ändern, und es gäbe keinen vernünftigen Grund, ihm eine solche beim postalischen Vertragsschluss zu eröffnen.4456 Neben diesen eher dogmatischen Argumenten wird die Unzulässigkeit eines Widerrufs aber auch unter Wertungsaspekten als klar vorzugswürdige Lösung angesehen. Denn die Möglichkeit eines „überholenden“ Widerrufs würde es dem Angebotsempfänger ermöglichen, zu Lasten des Anbietenden zu spekulieren, indem er zunächst per Post eine Annahme absendet und dann ggf. später einen Widerruf hinterhersendet, falls der Markt sich zwischenzeitlich zu seinen Ungunsten entwickelt.4457 Man könne auch nicht argumentieren, dass auch dies eben ein Risiko sei, das der Anbietende tragen müsse, denn anders als das von ihm auf Grund der postal rule zu tragende Risiko des Verlusts oder einer Verzögerung der Annahme4458 resultiere dieses Spekulationsrisiko ausschließlich und allein aus dem Verhalten des Angebotsempfängers.4459 Schließlich wird auch der Umstand, dass der Anbietende u.U. möglicherweise gleichwohl von der Wirksamkeit des Widerrufs ausgehen und den Vertragsgegenstand im Vertrauen darauf an einen Dritten veräußern könnte4460, nicht als durchschlagendes Gegenargument angesehen. Insofern werden im Wesentlichen drei verschiedene Lösungen vorgeschlagen: Ein Ansatz ist, dass der Angebotsempfänger sich in diesem Fall ausnahmsweise nicht auf die Wirksamkeit der Annahme bereits mit der Absendung berufen kann, sondern sich doch an seinem (versuchten) Widerruf festhalten lassen muss4461. Alternativ wird vorgeschlagen, den „Widerruf“ als Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags (mit Verzicht auf die Kommunikation der Annahme) anzusehen, das der Anbietende konkludent annimmt, indem er die Sache an den Dritten veräußert.4462 Eine dritte Variante geht dahin, den „Widerruf“ als eine einen Vertragsbruch darstellende repudiation (Erfüllungsverweigerung) einzustufen und anzunehmen, dass der Anbietende durch deren Akzeptanz seine Verpflich4455
Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060; Treitel (Fn. 491), 2-038. Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 53. 4457 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 52 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060; Treitel (Fn. 491), 2-038; Winfield (1939) 55 LQR 499, 513. 4458 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(2)(b)(bb)(ii). 4459 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-060; Treitel (Fn. 491), 2-038. 4460 Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72 sieht darin ein „bizarre result“ („bizarres Resultat“); als großes Problem ansehend etwa auch Evans (1966) 15 ICLQ 553, 564 f.; Turpin (1975) 34 CLJ 25, 26, 4461 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 53. 4462 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-061; Treitel (Fn. 491), 2-038; vgl. weiter (im Anschluss daran) auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.118. Kritisch dazu jedoch Evans (1966) 15 ICLQ 553, 564 f. 4456
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D. Annahme
tungen aus dem Vertrag beendet hat4463; dies hätte den Vorteil, dass er dann, falls er den Vertragsgegenstand zwischenzeitlich zu einem geringeren Preis an den Dritten veräußert hat, die Differenz als Schadensersatz verlangen könnte.4464 Gleichwohl gibt es allerdings auch eine ganze Reihe von Autoren, die einen „überholenden“ Widerruf grundsätzlich zulassen wollen.4465 Hierfür wird vor allem geltend gemacht, dass die Position des Anbietenden durch einen solchen Widerruf nicht beeinträchtigt werde, weil er schließlich keinen Anspruch auf die Annahme seines Angebots habe und vor Kenntnis von der Annahme auch nicht auf dieselbe vertrauen könne.4466 Wenn er vor der Annahme einen Widerruf erhält, sei er letztlich in gewissen Sinne sogar in einer besseren Position, weil er dann früher wisse, woran er ist.4467 Zudem trage der Anbietende immerhin ohnehin das Risiko eines Verlusts oder einer Verzögerung der Annahmeerklärung4468, so dass es letztlich nur konsequent sei, dass er auch das Risiko eines etwaigen „überholenden“ Widerrufs trage.4469 Im Übrigen habe der Anbietende, der dieses Risiko nicht tragen möchte, schließlich immer die Möglichkeit, die postal rule in seinem Angebot abzubedingen.4470 (3) Geltung der postal rule für sonstige Telekommunikationsmittel? Mit der Entwicklung neuer Formen der Telekommunikation stellte und stellt sich für das englische Recht immer wieder die Frage einer etwaigen Extension der postal rule. (a) Telegramm Das erste Mal stellte sich diese Frage bereits 1845 mit der Eröffnung des Telegrafenverkehrs4471. Sie wurde dahin beantwortet, dass auch hier die postal rule 4463 Vgl. allg. zu termination (Vertragsbeendigung) wegen Vertragsbruchs und ihren Folgen im englischen Recht: Treitel (Fn. 491), 18-005 ff. m.z.w.N. 4464 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-061; Treitel (Fn. 491), 2-038 (die deshalb diese dritte Variante präferieren); vgl. weiter (im Anschluss daran) auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.118. Kritisch dazu jedoch Evans (1966) 15 ICLQ 553, 564 f. 4465 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.27; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 563 ff.; Hudson (1966) 82 LQR 169, 170 ff.; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 257 ff.; Pannam (1960) 2 Melb. U. L. Rev. 388, 396; Turpin (1975) 34 CLJ 25, 26. 4466 Vgl. Evans (1966) 15 ICLQ 553, 563; Hudson (1966) 82 LQR 169, 170; Kahn (1955) 72 SALJ 246, 260; Pannam (1960) 2 Melb. U. L. Rev. 388, 396; Turpin (1975) 34 CLJ 25, 26. S. ferner auch MacNeil (1964) 112 U. Pa. L. Rev. 947, 962, der einen Widerruf zumindest dann zulassen will, wenn kein oder nur ein geringes Risiko einer Spekulation des Annehmenden auf Kosten des Anbietenden besteht. 4467 Vgl. Pannam (1960) 2 Melb. U. L. Rev. 388, 396. 4468 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(2)(b)(bb)(ii). 4469 Vgl. Hudson (1966) 82 LQR 169, 170; ähnlich auch Kahn (1955) 72 SALJ 246, 260 f. (die postal rule begünstige ganz generell den Angebotsempfänger; weshalb also nicht auch in Bezug auf die Möglichkeit eines Widerrufs der Annahme?). 4470 Vgl. Hudson (1966) 82 LQR 169, 170 f. 4471 Die erste öffentliche Telegrafenleitung (von London nach Gosport) wurde im Februar 1845 eröffnet, vgl. „The Electrical Telegraph“, The Times, 4.2.1845, p. 5; http://www.btplc.com/Thegroup/BTsHistory/1845.htm.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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gilt: Die Annahme ist bereits in dem Moment wirksam, in dem sie auf dem Telegrafenamt abgeschickt wird.4472 (b) Telefon Auf das in England Ende der 1880er Jahre eingeführte Telefon wurde die postal rule dagegen nicht ausgedehnt; der Vertragsschluss per Telefon wird vielmehr traditionell ebenso behandelt wird, wie derjenige inter praesentes: die Annahme wird grundsätzlich4473 erst in dem Moment wirksam, in dem der Anbietende sie tatsächlich vernommen hat4474. (c) Telex Hinsichtlich der Annahme per Telex entschied der Court of Appeal bereits 1955 in der Leitentscheidung Entores LD v Miles Far East Corporation4475, dass die postal rule keine Anwendung findet, sondern vielmehr die Grundregel, dass die Annahme grundsätzlich erst mit der Kommunikation an den Empfänger wirksam wird, gelte. Dies wurde dann 1983 in Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH4476 auch vom House of Lords bestätigt.4477 Hauptargument ist, dass es sich auch beim Telex um eine Form der instantaneous communication (unmittelbaren Kommunikation) handele; im Falle ei4472 Vgl. Cowan v O’Connor (1888) 20 QBD 640; Bruner v Moore [1904] 1 Ch 305 at 316; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce, at 43 per Lord Fraser of Tullybelton, at 48 per Lord Brandon of Oakbrook; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Coote (1971) 4 NZULR 331, 334, 335 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.105, 6.56; Mik (2009) 26 JCL 1, 8; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 252 f.; Winfield (1939) 55 LQR 499, 513. 4473 Vgl. zu den diesbezüglichen Ausnahmen und Modifikationen bereits oben D. VII.3. c) bb). 4474 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 332 f. per Denning LJ (dazu sogleich im Text); Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce („when heard by the offeror“ [„wenn sie vom Anbietenden gehört wird“]; Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 67; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-046; Coote (1971) 4 NZULR 331, 334 f.; Evans (1966) 15 ICLQ 553, 555; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 50; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; Mik (2009) 26 JCL 1, 8; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 252, 260; Rogers (Fn. 1612), S. 26; Smith (Fn. 1612), 10-084; Treitel (Fn. 491), 2-024; Winfield (1939) 55 LQR 499, 514. 4475 Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327. 4476 Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34. 4477 Vgl. zur Geltung der Grundregel für das Telex weiter auch: Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 67 f.; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-050; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 50; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; McKendrick (Fn. 493), S. 100, 111; Mik (2009) 26 JCL 1, 8; Nolan, Offer and acceptance in the Electronic Age, in: Burrows/Peel (eds.), Contract Formation and Parties, 2010, S. 61, 65; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 253 f.; Rogers (Fn. 1612), S. 26; Smith (Fn. 1612), 10-085; Treitel (Fn. 491), 2-034.
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D. Annahme
ner instantaneous communication egal ob inter praesentes oder inter absentes (z.B. per Telefon4478) – gelte aber die Grundregel, dass die Annahme grundsätzlich erst mit der Kommunikation an den Empfänger wirksam wird.4479 Die postal rule sei eine Ausnahme von dieser Grundregel4480; sie beruhe maßgeblich auf Erwägungen der Zweckmäßigkeit im Geschäftsverkehr, welche im Falle einer instantaneous communication wie einem Telex nicht passten4481. Anders als bei postalischer Kommunikation werde der Annehmende im Falles eines Telex zudem regelmäßig auch erkennen können (oder zumindest noch zeitnah vom Anbietenden) erfahren, wenn sein Übermittlungsversuch fehlschlägt, so dass es wertungsmäßig angemessener erscheine, ihm das Verzögerungs- und Verlustrisiko zuzuweisen.4482 Lord Denning LJ hatte darüber hinaus in Entores ergänzend insbesondere auch noch betont, dass ein Telex auch nach den meisten anderen europäischen Rechtsordnungen und nach Auffassung renommierter US-amerikanischer Autoren erst mit dem Zugang beim Empfänger wirksam wird und insofern ein internationaler Regelungsgleichlauf erstrebenswert sei.4483 (d) Fax Das Fax wird von den Rechtsprechung ebenfalls als instantaneous communication qualifiziert, d.h. auch hier soll nicht die postal rule, sondern die Grundregel (Wirksamkeit mit Kommunikation) gelten.4484 Dies wird auch im Schrifttum nahezu allgemein so gesehen.4485 4478
Vgl. zum Telefon bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(b). Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 333 per Lord Denning LJ; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce, at 43 per Lord Fraser of Tullybelton, at 48 per Lord Brandon of Oakbrook; Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-050; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; McKendrick (Fn. 493), S. 100, 111; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 65; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 252; Rogers (Fn. 1612), S. 26. 4480 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 333 per Birkett LJ; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce, at 43 per Lord Fraser of Tullybelton, at 48 per Lord Brandon of Oakbrook. 4481 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 336 per Parker LJ; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 f. per Lord Wilberforce, at 43 per Lord Fraser of Tullybelton, at 48 per Lord Brandon of Oakbrook. 4482 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 333 per Lord Denning LJ; Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 43 per Lord Fraser of Tullybelton; Treitel (Fn. 491), 2-024. 4483 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 334 per Lord Denning LJ. 4484 Vgl. JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) at para. 75; Air Transworld Ltd v Bombardier Inc [2012] EWHC 243 (Comm) at para. 81; s. weiter auch die kanadische Entscheidungen Joan Balcom Sales Inc v Poirier 1991 4479
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
651
Begründet wird dies mit der Vergleichbarkeit mit dem Telefon4486 und Telex4487.4488 Der Sender werde vom Faxgerät informiert, wenn die Nachricht nicht empfangen wurde (und meist auch, wenn die Nachricht nur teilweise empfangen wurde); deshalb sei es auch angemessen, ihm das Verzögerungsund Verlustrisiko zuzuweisen.4489 Einige Autoren wollen ein Fax allerdings auch dann als wirksam ansehen, wenn es ganz oder teilweise unleserlich ankommt (also insofern zumindest partiell die postal rule anwenden).4490 (e) E-Mail In Bezug auf E-Mails war anfangs sehr streitig, ob die postal rule Anwendung findet. Zugunsten der Anwendbarkeit der postal rule4491 wurde vor allem geltend gemacht, dass die Kommunikation via E-Mail nicht wirklich instantaneous (unmittelbar) – jedenfalls aber nicht two-way instantaneous (wechselseitig unmittelbar) sei; der Ablauf von Absendung, Übermittlung, Zwischenspeicherung und Abruf ähnele vielmehr dem bei der Post.4492 Weiterhin sei es gerade ein entscheidender Faktor für die Qualifikation eines Telex als instantaneous in der grundlegenden Entores-Entscheidung gewesen, dass der Absender i.d.R. erkennen könne oder zumindest zeitnah erfahren werde, ob die Kommunikation fehlgeschlagen sei4493 und genau dies sei bei E-Mails nicht der
4485 CarswellNS 81 at paras. 22 ff.; Eastern Power Ltd v Azienda Comunale Energia e Ambiente [2001] I.L.Pr. 6. 4485 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09, 3.19; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 68; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 50; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; McKendrick (Fn. 493), S. 100, 111; Mik (2009) 26 JCL 1, 8; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 254 f.; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 65; Rogers (Fn. 1612), S. 26; Treitel (Fn. 491), 2-034. 4486 Vgl. zum Telefon bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(b). 4487 Vgl. zum Telex bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(c). 4488 Vgl. Joan Balcom Sales Inc v Poirier 1991 CarswellNS 81 at paras. 22 ff.; Eastern Power Ltd v Azienda Comunale Energia e Ambiente [2001] I.L.Pr. 6 at paras. 25 ff.; JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) at para. 75; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 255; Treitel (Fn. 491), 2-034. 4489 Vgl. JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) at para. 75; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Treitel (Fn. 491), 2-034. 4490 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Treitel (Fn. 491), 2-034. 4491 Dafür etwa Al Ibrahim/Ababneh/Tahat (2007) 2 JICLT 47, 49 ff.; Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 999 ff.; Glatt (1998) 6 Int’l J. L. & Info. Tech. 34, 56; Todd (Fn. 1612), 9.2.2.; Watnick (2004) 56 Baylor L. Rev. 175, 197 ff.; ebenso auch jüngst noch (ohne jegliche Diskussion der neueren Judikatur) Kadir (2012) 6 Adv. in Nat. Appl. Sci. 715 ff. 4492 Vgl. Al Ibrahim/Ababneh/Tahat (2007) 2 JICLT 47, 51 f.; Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 1000 f.; Glatt (1998) 6 Int’l J. L. & Info. Tech. 34, 55 f.; Kadir (2012) 6 Adv. in Nat. Appl. Sci. 715, 716 f.; Todd (Fn. 1612), 9.2.2; Watnick (2004) 56 Baylor L. Rev. 175, 200 f. 4493 Vgl. dazu bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(c).
652
D. Annahme
Fall.4494 Im Übrigen würde eine Anwendung der Grundregel bei E-Mails zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags führen.4495 Teilweise wurde auch die Ansicht vertreten, dass E-Mail einerseits weder als instantaneous charakterisiert werde könne noch sich andererseits wirklich mit der Universalpost vergleichen lasse; weder die postal rule noch die Grundregel würden daher wirklich passen, es bedürfe vielmehr einer Art „drittem Weg“.4496 Als solcher wurde dann u.a. vorgeschlagen, darauf abzustellen, ob der Angebotsempfänger darauf vertrauen dürfe, dass seine Antwort sicher übermittelt werde.4497 Nach anderer Auffassung soll maßgeblich sein, ob die Parteien davon ausgingen, dass zwischen Absendung und Kenntnisnahme der E-Mail ein substanzieller Zeitraum liegen würde; wenn ja, solle die postal rule gelten.4498 Wieder andere plädieren eher allgemein für eine flexible Herangehensweise der Gerichte4499 oder eine fallspezifische Analyse je nach Art des konkreten Kommunikationsszenarios4500. Inzwischen hat sich aber die Ansicht durchgesetzt, dass die postal rule auf E-Mails keine Anwendung findet, sondern vielmehr die Grundregel gilt, d.h. die Annahme wird grundsätzlich erst mit der Kommunikation an den Anbietenden wirksam.4501 Hauptargumente sind zum einen, dass die postal rule eine Ausnahme von der Grundregel darstelle, die maßgeblich durch Erwägungen der Zweckmäßigkeit im geschäftlichen Verkehr gerechtfertigt ist.4502 Sie gelte nach st. Rspr. gerade nicht, wenn es sich um eine instantaneous communication (unmittelbare Kommunikation) handelt, und auch E-Mail sei (trotz der von der Gegenansicht betonten Spezifika des technischen Ablaufs) eine solche 4494 Vgl. Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 1002 f.; Glatt (1998) 6 Int’l J. L. & Info. Tech. 34, 56; Kadir (2012) 6 Adv. in Nat. Appl. Sci. 715, 717 f.; Todd (Fn. 1612), 9.2.2. 4495 Vgl. Al Ibrahim/Ababneh/Tahat (2007) 2 JICLT 47, 51. 4496 Vgl. Davidson, The Law of Electronic Commerce, 2009, S. 59; Mik (Fn. 1612), 6.30; dies. (2009) 26 JCL 1, 29; (2011); dies. 19 I.J.L. & I.T. 324, 329 ff.; Rogers (Fn. 1612), S. 30 f.; Smith (Fn. 1612), 10-090 f. 4497 Vgl. Smith (Fn. 1612), 10-090 f. 4498 Vgl. Davidson (Fn. 4496), S. 60. 4499 Vgl. Rogers (Fn. 1612), S. 31. 4500 Vgl. Mik (Fn. 1612), 6.30; dies. (2009) 26 JCL 1, 29; dies. (2011) 19 I.J.L. & I.T. 324, 333 ff. 4501 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09, 3.19; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Capps (2004) 15 ICCLR 207, 208 f.; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 69; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Dickie (1998) 49 NILQ 332; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 51; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.63; McKendrick (Fn. 493), S. 111 f.; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 258 ff.; Raymond (2006) 52 Loy. L. Rev. 1, 23 ff.; Treitel (Fn. 491), 2-034; Wang, Law of electronic commercial transactions, 2010, S. 47; tendenziell auch Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Gallagher (2000) 16 CLSR 101, 104. 4502 Vgl. Nolan (Fn. 4477), S. 61, 67; s. ferner ähnlich auch Capps (2004) 15 ICCLR 207, 208 f.; Dickie (1998) 49 NILQ 332; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 50 f.; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.63; McKendrick (Fn. 493), S. 112; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 260; Wang (Fn. 4501), S. 47.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
653
Form der instantaneous communication4503. Der Begriff instantaneous ist nämlich extensiv zu verstehen: Es genügt, dass die Kommunikation „virtually instantaneous“ („praktisch unmittelbar“) ist4504 und eben dies sei auch bei EMails der Fall.4505 Die Verzögerung bei der Übermittlung von E-Mails sei heute „infinitesimal“.4506 Zudem erfasse der Terminus instantaneous (unmittelbar) – wie sich aus den Leitentscheidungen Entores4507 und Brinkibon4508 zum Telex klar ergebe gerade nicht nur two-way instantaneous communication (wechselseitig unmittelbare Kommunikation) wie persönliche oder Telefongespräche, sondern gleichermaßen auch one-way instantaneous communication (einseitig unmittelbare Kommunikation) wie die Kommunikation per Telex4509, Fax4510 oder eben auch E-Mail.4511 Weiterhin sei es – ähnlich wie bei Telex4512 und Fax4513 tatsächlich auch bei der E-Mail wahrscheinlicher, dass der Absender zeitnah erfahren wird, dass sie nicht angekommen ist, als der (intendierte) Empfänger, weil der Absender in den meisten Fällen eine Fehlermeldung erhalten wird; insofern unterscheidet sich seine Position – ebenso wie diejenige des Absenders eines Telex oder Fax signifikant von derjenigen des Absenders eines Briefs und es erscheint auch hier wertungsmäßig angemessen, dem Absender das Verzögerungs- und Verlustrisiko zuzuweisen.4514 4503
Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09, 3.19; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Dickie (1998) 49 NILQ 332; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 51; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 67; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 258 f.; Raymond (2006) 52 Loy. L. Rev. 1, 23 f.; Treitel (Fn. 491), 2-034; Wang (Fn. 4501), S. 46 f.; dies. (2008) 22 Int’l Rev L Comp & Tech 271, 276 ff. Kritisch zur Anknüpfung an die „instantaneousness“ [„Unmittelbarkeit“] jedoch etwa Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 6.46, 6.54 („lead into a blind alley“ [„führen in eine Sackgasse“]); Davidson (Fn. 4496), S. 69 („fraught with danger“ [„gefahrbehaftet“]). 4504 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 332 per Denning LJ (in Bezug auf das Telex). 4505 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09, 3.19; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 67; vgl. weiter ähnlich auch Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70 („almost instantaneous“ [„nahezu unmittelbar“]; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 258 f.; Raymond (2006) 52 Loy. L. Rev. 1, 23 f. („substantially instantaneous“ [„im Wesentlichen unmittelbar“]; Wang (Fn. 4501), S. 46 f.; ferner Capps (2004) 15 ICCLR 207, 208 („whilst … not instantaneous, it is normally very quick“ [„wenngleich … nicht unmittelbar, ist sie normalerweise sehr schnell“]. 4506 Vgl. Nolan (Fn. 4477), S. 61, 67; ähnlich auch Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 51 („no real time delay“ [„keine wirkliche Zeitverzögerung“]); Wang (Fn. 4501), S. 46 f.; dies. (2008) 22 Int’l Rev L Comp & Tech 271, 276. 4507 Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327. 4508 Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34. 4509 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für das Telex bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(c). 4510 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für das Fax bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(d). 4511 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69 f. 4512 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(3)(c). 4513 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(3)(d). 4514 Vgl. Capps (2004) 15 ICCLR 207, 208 f.; Hill (2001) 12 J. L. & Inf. Sci. 46, 51; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 67 f.; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 259 f.; Raymond (2006) 52 Loy. L. Rev. 1, 28 f.; Wang (Fn. 4501), S. 47; dies. (2008) 22 Int’l Rev L Comp & Tech 271, 276 f.
654
D. Annahme
Dem hat sich in der Entscheidung Thomas v BPE Solicitors aus dem Jahr 20104515 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entores-Grundsätze nun explizit auch der High Court angeschlossen: The „postal rule“ is an anomalous exception to the general rule, which is limited to its particular circumstances. It does not apply to acceptances made by some „instantaneous“ mode of communication. This was decided in Entores Ltd v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 as regards communications by telex. At page 334, Denning LJ said that in such a case, „The contract is only complete when the acceptance is received by the offeror“. Contrary to the claimants’ submissions, in my view the same principle applies to communication by email, at least where the parties are conducting the matter by email. [Die „postal rule“ ist eine anomale Ausnahme zur Grundregel, die auf ihre spezifischen Umstände beschränkt ist. Sie gilt nicht für Annahmen, die mittels einer „unmittelbaren“ Methode der Kommunikation erfolgen. Dies wurde in Entores Ltd v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 in Bezug auf Mitteilungen per Telex entschieden. Auf S. 334, sagte Denning LJ, dass in einem solchen Fall gelte, „Der Vertrag ist erst vollkommen, wenn die Annahme vom Anbietenden empfangen worden ist“. Entgegen dem Vorbringen des Klägers findet dasselbe Prinzip meiner Ansicht nach auch auf die Kommunikation via E-Mail Anwendung, zumindest wenn die Parteien die Sache per E-Mail verhandeln.]
Diese Position hat sich inzwischen in der Rechtsprechung fest etabliert: So begnügte sich der High Court etwa unlängst in Air Transworld Ltd v Bombardier Inc (2012)4516 im Rahmen der Auslegung von s. 26 UCTA4517 schlicht mit der Feststellung e-mail was again a form of instantaneous communication so that the communication of the acceptance took place at the point of receipt. (E-Mail war wiederum eine Form der unmittelbaren Kommunikation, so dass die Kommunikation am Ort des Empfangs erfolgte).
(f) SMS Keine Anwendung findet die postal rule aus ähnlichen Erwägungen nach ganz h.M. auch auf SMS; hier bleibt es vielmehr ebenfalls bei der Grundregel.4518 (g) Online-Kommunikation Abgelehnt wird eine Anwendung der postal rule von der ganz h.M. schließlich auch im Falle der Online-Kommunikation (z.B. beim Vertragsschluss im Onlineshop), da auch sie als instantaneous communication qualifiziert wird.4519 4515
Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 86. Air Transworld Ltd v Bombardier Inc [2012] EWHC 243 (Comm) at para. 81. 4517 Fn. 799. 4518 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91. 4519 Vgl. Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 69; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051; Glatt (1998) 6 Int’l J. L. & Info. Tech. 34, 55, 57; Kadir (2012) 6 Adv. in 4516
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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(h) Zwischenresümee Als Zwischenresümee lässt sich damit festhalten, dass die postal rule über ihren genuinen Anwendungsbereich der postalisch übermittelten Annahme lediglich auch auf die telegrafische Annahme ausgedehnt wurde. Eine Extension auch auf andere Telekommunikationsmittel ist gerade nicht erfolgt nicht nur das Telefon, sondern auch Telex, Fax, E-Mail, SMS und sonstige Formen der Online-Kommunikation werden vielmehr allesamt als instantaneous communication qualifiziert, für welche die postal rule gerade nicht gilt. Es mag daher nicht verwundern, dass sie von einigen gar schon als „something of a museum piece“ („eine Art Museumsstück“)4520 bezeichnet wurde. Wenngleich dies vielleicht (zumindest derzeit) doch (noch) etwas übertrieben sein mag, so gilt doch – wie Blair J in Thomas v BPE Solicitors (2010) so schön formuliert hat : The „postal rule“ is an anomalous exception to the general rule, which is limited to its particular circumstances.4521 [Die „postal rule“ ist eine anomale Ausnahme zur Grundregel, die auf ihre spezifischen Umstände beschränkt ist.]
Mit zunehmender Bedeutung moderner, vom englischen Recht als instantaneous communication qualifizierter Kommunikationsmittel mag die postal rule zukünftig aber vielleicht tatsächlich irgendwann zum „Museumsstück“ werden. Eine weitere Ausdehnung erscheint jedenfalls angesichts der heute in England ganz generell zu konstatierenden Reserviertheit gegenüber der postal rule – wie sie nicht nur in der konstanten Betonung des Ausnahmecharakters dieses Rechtsinstituts4522, sondern auch zunehmend dezidiert kritischer Äußerungen renommierter Autoren4523 zum Ausdruck kommt wenig wahrscheinlich. In Bezug auf das eng verwandte schottische Recht hat die Scottish Law Commission in ihrem im März 2012 vorgelegten „Discussion Paper on 4520 Nat. Appl. Sci. 715, 720; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.62; McKendrick (Fn. 493), S. 112; Mik (Fn. 1612), 6.30; dies. (2009) 26 JCL 1, 29; Treitel (Fn. 491), 2-034; Wang (Fn. 4501), S. 47; tendenziell auch Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; abw. jedoch Todd (Fn. 1612), 9.2.3, 9.3 (grundsätzlich postal rule, aber Grundregel im Anwendungsbereich von r. 11(2)(a) Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 2002 [zu dieser Vorschrift noch näher unten D. VII.3. c) cc)]). 4520 So Gardner (1992) 12 OJLS 170, 192. 4521 Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 86. 4522 Vgl. die Nachweise in Fn. 4480, 4502, 4515. 4523 Vgl. etwa Chen-Wishart (Fn. 496), S. 72: „In truth, no convincing reasons support the weight of the postal acceptance rule.“ („In Wahrheit tragen keine überzeugenden Gründe das Gewicht der postal acceptance-Regel“); Treitel (Fn. 491), 2-031: „The rule is in truth an arbitrary one, little better or worse than its competitors.“ („Die Regel ist in Wahrheit eine willkürliche, wenig besser oder schlechter als ihre Wettbewerber.“).
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D. Annahme
Formation of Contracts“4524 sogar vorgeschlagen, die postal rule gänzlich abzuschaffen.4525 c) Die Grundregel: Wirksamkeit mit Kommunikation an den Anbietenden (communication to the offeror) Sofern keine der vorstehend erörterten Ausnahmen eingreift, gilt im englischen Recht – wie bereits dargelegt – die Grundregel, dass die Annahme erst dann rechtswirksam wird, wenn sie an den Anbietenden kommuniziert worden ist: acceptance must be communicated to the offeror.4526 aa) Communication erfordert im Grundsatz tatsächliche Kenntnisnahme Communicated bedeutet dabei zunächst jedenfalls im Grundsatz, dass die Annahmeerklärung tatsächlich zur Kenntnis des Anbietenden gebracht werden muss4527 (bzw. eines Vertreters mit der Befugnis zur Entgegennahme entsprechender Annahmeerklärungen4528). Im Falle eines mündlichen Vertragsschlusses muss er sie also tatsächlich vernommen haben4529; sehr anschaulich insoweit die schon als klassisch geltende Passage von Denning LJ in Entores LD v Miles Far East Corporation (1955)4530: Let me first consider a case where two people make a contract by word of mouth in the presence of one another. Suppose, for instance, that I shout an offer to a man across a river or a courtyard but I do not hear his reply because it is drowned by an aircraft flying overhead. There is no contract at that moment. If he wishes to make a contract, he must wait till the aircraft is gone and then shout back his acceptance so that I can hear what he says. Not until I have his answer am I bound. [Lassen Sie mich zunächst den Fall betrachten, dass zwei Personen in Gegenwart voneinander mündlich einen Vertrag schließen. Nehmen Sie etwa an, dass ich ein Angebot an einen Mann auf der anderen Seite eines Flusses oder eines Innenhofs schreie, aber ich 4524
Dazu allg. bereits oben B. I.3. a) aa). Vgl. Scottish Law Commission (Fn. 1116), paras. 4.8 ff. Ähnlich hatte auch bereits der McGregor-Code (vgl. dazu bereits oben B. I.3. a) aa)) die Abschaffung der postal rule vorgesehen, vgl. McGregor-Code (Fn. 478), S. 22 f. 4526 Vgl. die Nachweise in Fn. 4324. 4527 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 67; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-046; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; McKendrick (Fn. 493), S. 98; Treitel (Fn. 491), 2-024. 4528 Vgl. Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 at 35 per Kay LJ; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.54, 4.56; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; Treitel (Fn. 491), 2-025. 4529 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.09; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 67; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-046; Coote (1971) 4 NZULR 331, 333; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 260; Treitel (Fn. 491), 2-024; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.54 4530 Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 332 per Denning LJ. 4525
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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höre seine Antwort nicht, weil sie von einem oben fliegenden Flugzeug übertönt wird. Wenn er einen Vertrag schließen will, muss er warten, bis das Flugzeug weg ist und dann seine Annahme zurückschreien, so dass ich hören kann, was er sagt. Bis ich seine Antwort habe, bin ich nicht gebunden.]
Entsprechendes gilt im Falle des Vertragsschlusses per Telefon, der – wie dargelegt traditionell ebenso behandelt wird wie derjenige inter praesentes4531: Auch hier ist die Annahme grundsätzlich erst in dem Moment wirksam, in dem der Anbietende sie tatsächlich vernommen hat4532, wie Denning LJ in Entores LD v Miles Far East Corporation (1955)4533 ebenfalls sehr illustrativ erläutert hat: Now take a case where two people make a contract by telephone. Suppose, for instance, that I make an offer to a man by telephone and, in the middle of his reply, the line goes „dead“ so that I do not hear his words of acceptance. There is no contract at that moment. The other man may not know the precise moment when the line failed. But he will know that the telephone conversation was abruptly broken off: because people usually say something to signify the end of the conversation. If he wishes to make a contract, he must therefore get through again so as to make sure that I heard. Suppose next, that the line does not go dead, but it is nevertheless so indistinct that I do not catch what he says and I ask him to repeat it. He then repeats it and I hear his acceptance. The contract is made, not on the first time when I do not hear, but only the second time when I do hear. If he does not repeat it, there is no contract. The contract is only complete when I have his answer accepting the offer. [Nehmen Sie nun den Fall, dass zwei Personen einen Vertrag per Telefon schließen. Nehmen sie etwa an, dass ich am Telefon ein Angebot an einen Mann mache und mitten in seiner Antwort ist die Leitung plötzlich „tot“, so dass ich die Worte seiner Antwort nicht höre. In diesem Moment besteht kein Vertrag. Der andere Mann mag den genauen Moment, in dem die Leitung ausfiel, nicht kennen. Aber er wird wissen, dass das Telefongespräch plötzlich unterbrochen wurde: Denn gewöhnlich sagen die Leute etwas, um das Ende des Gesprächs anzuzeigen. Wenn er einen Vertrag schließen will, muss er daher noch einmal am Telefon durchkommen, um sicherzustellen, dass ich gehört habe. Nehmen Sie als Nächstes an, dass die Leitung nicht plötzlich tot ist, aber dennoch so 4531 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für den telefonischen Vertragsschluss auch bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(b). 4532 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 332 f. per Denning LJ (dazu sogleich im Text); Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft mbH [1983] 2 AC 34 at 41 per Lord Wilberforce („when heard by the offeror“ [„wenn sie vom Anbietenden gehört wird“]; Apple Corps Ltd v Apple Computer Inc. [2004] EWHC 768 (Ch) at paras. 9, 31, 37; Andrews (Fn. 493), 3.09; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 44; Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 67; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-046; Coote (1971) 4 NZULR 331, 334 f.; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.55; Mik (2009) 26 JCL 1, 8; O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 252, 260; Rogers (Fn. 1612), S. 26; Smith (Fn. 1612), 10-084; Treitel (Fn. 491), 2-024; Winfield (1939) 55 LQR 499, 514. 4533 Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 332 f. per Denning LJ.
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D. Annahme
undeutlich, dass ich nicht verstehe, was er sagt und ihn bitte, es zu wiederholen. Er wiederholt es dann und ich höre seine Annahme. Der Vertrag ist nicht beim ersten Mal, wenn ich nicht höre, sondern erst beim zweiten Mal, wenn ich höre, geschlossen. Wenn er es nicht wiederholt, besteht kein Vertrag. Der Vertrag ist nur vollkommen, wenn ich seine das Angebot annehmende Antwort habe.]
Dass communication im Grundsatz tatsächliche Kenntnisnahme seitens des Anbietenden erfordert, gilt schließlich mutatis mutandis prinzipiell auch bei sonstigen Telekommunikationsmitteln, die eine instantaneous communication (unmittelbare Kommunikation) ermöglichen und auf welche die postal rule deshalb keine Anwendung findet, also insbesondere Telex4534, Fax4535, EMail4536, SMS4537 und Online-Kommunikation4538. bb) Ausnahmen von bzw. Modifikationen des Erfordernisses der tatsächlichen Kenntnisnahme (1) Dogmatische Grundlegung in der Leitentscheidung Entores LD v Miles Far East Corporation (1955) Ausnahmen vom prinzipiellen Erfordernis der tatsächlichen Kenntnisnahme bzw. Modifikationen desselben gelten – wie Lord Denning LJ bereits in der bereits mehrfach zitierten Entores-Entscheidung grundlegend ausführte allerdings dann, wenn der Angebotsempfänger zwar vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass seine Annahme vom Anbietenden zur Kenntnis genommen wurde, dies aber tatsächlich nicht der Fall war und die Ursache hierfür vom Anbietenden zu vertreten war; in einem solchen Fall soll der Anbietende sich qua estoppel nicht darauf berufen dürfen, dass er die Annahme tatsächlich nicht bzw. nicht zu dem Zeitpunkt, in dem sie tatsächlich erfolgte, zur Kenntnis genommen hat.4539 Lord Denning LJ nannte hierfür in Entores als Beispiele, dass der Anbietende am Telefon die Annahme auf Grund einer schlechten Verbindung nicht versteht oder beim Fernschreiber des Anbietenden die Tinte ausgeht, der Anbietende aber jeweils nicht um eine Wiederholung der Erklärung bittet.4540 4534
Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für das Telex bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(c). Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für das Fax bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(d). 4536 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für E-Mail bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(e). 4537 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für SMS bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(f). 4538 Vgl. zur Nichtgeltung der postal rule für Online-Kommunikation D. VII.3. b) cc)(3)(g). 4539 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 333 per Denning LJ; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 69; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.56; Treitel (Fn. 491), 2-026; ebenso i.E. (allerdings eine abw. Begründung präferierend): Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.95. 4540 Vgl. Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 at 333 per Denning LJ: „But, suppose that he does not know that his message did not get home. He thinks it has. This may happen if the listener on the telephone does not catch the words of acceptance, but nevertheless does not trouble to ask for them to be repeated: or the ink on the teleprinter fails at the receiving end, but the clerk does not ask for the message to be repeated: so that the man who 4535
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
659
(2) Praktische Folgerungen speziell für Erklärungen im geschäftlichen Verkehr Anknüpfend an diese Grundlegung in Entores wurde später entschieden, dass ein während der Geschäftszeiten eingehendes Telex selbst dann bereits in diesem Zeitpunkt wirksam wird, wenn es tatsächlich nicht oder erst später gelesen wird4541. Denn der Sender dürfe davon ausgehen, dass während der Geschäftszeiten eingehende Nachrichten umgehend zur Kenntnis genommen werden4542. Dies wurde zwischenzeitlich auch auf Fax4543 und E-Mail4544 ausgedehnt. 4541 sends an acceptance reasonably believes that his message has been received. The offeror in such circumstances is clearly bound, because he will be estopped from saying that he did not receive the message of acceptance. It is his own fault that he did not get it. But if there should be a case where the offeror without any fault on his part does not receive the message of acceptance— yet the sender of it reasonably believes it has got home when it has not—then I think there is no contract.“ („Aber, angenommen, dass er nicht weiß, dass die Nachricht nicht angekommen ist. Er denkt, dass sie es ist. Dies kann vorkommen, wenn der Hörer am Telefon die Worte der Antwort nicht versteht, sich aber dennoch nicht die Mühe macht, darum zu bitten, dass sie wiederholt werden: oder dem Fernschreiber auf der Empfangsseite geht die Tinte aus, aber der Angestellte bittet nicht darum, dass die Mitteilung wiederholt wird: so dass der Mann, der die Annahme sendet, vernünftigerweise glaubt, dass seine Nachricht empfangen worden ist. Der Anbietende ist unter solchen Umständen eindeutig gebunden, denn er wird sich nicht darauf berufen können, dass er die Mitteilung der Annahme nicht empfangen hat. Es ist sein eigenes Verschulden, dass er sie nicht erhalten hat. Aber wenn es ein Fall sein sollte, in dem der Anbietende die Mitteilung der Annahme ohne jegliches Verschulden seinerseits nicht empfangen hat – obgleich der Sender vernünftigerweise glaubt, dass sie angekommen ist, obwohl sie es nicht ist dann denke ich, dass kein Vertrag besteht.“). 4541 Vgl. Tenax Steamship Co v Owners of the Motor Vessel Brimnes (The Brimnes) [1975] 1 QB 929; Mondial Shipping and Chartering BV v Astarte Shipping Ltd (The Pamela) [1995] CLC 1011 at 1014; Andrews (Fn. 493), 3.10; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.96; McKendrick (Fn. 493), S. 101; Treitel (Fn. 491), 2-026. 4542 Vgl. dezidiert Tenax Steamship Co v Owners of the Motor Vessel Brimnes (The Brimnes) [1975] 1 QB 929 at 966 f. per Megaw LJ: „if a notice arrives at the address of the person to be notified, at such a time and by such a means of communication that it would in the normal course of business come to the attention of that person on its arrival that person cannot rely on some failure of himself or his servants to act in a normal businesslike manner in respect of taking cognisance of the communication so as, to postpone the effective time of the notice until some later time when it in fact came to his attention.“ („wenn eine Mitteilung an der Adresse der zu benachrichtigenden Person ankommt, zu einer Zeit und mittels eines Kommunikationsmittels, dass sie bei normalem Geschäftsgang mit der Ankunft zur Kenntnis der Person gelangen würde, kann diese Person sich nicht auf ein Versäumnis ihrerseits oder ihrer Angestellten, in Bezug auf die Kenntnisnahme der Kommunikation in einer normalen geschäftsmäßigen Weise zu handeln, stützen, um die tatsächliche Zeit der Mitteilung auf einen späteren Zeitpunkt, in der sie tatsächlich zu ihrer Kenntnis gelangte, hinauszuschieben.“). Vgl. weiter Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 90; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Furmston/ Tolhurst (Fn. 492), 4.96. 4543 Vgl. Galaxy Energy International Ltd v Novorossiysk Shipping Co (The Petr Schmidt) [1998] CLC 894 at 897 (implizit); JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) at para. 75 (implizit); Andrews (Fn. 493), 3.10; Chen-
660
D. Annahme
Bei E-Mail wird ein receipt (Empfang) von der nunmehr ganz h.M. bejaht, wenn sie in der (für den Eingang solcher Nachrichten intendierten) Mailbox des Empfängers abrufbar gespeichert ist4545 (gestützt wird dies im Schrifttum häufig auch auf eine Anlehnung an Art. 10 Abs. 2 CUECIC4546, 4547 sowie r. 11(2)(a) Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 20024548). 4544 Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.96. 4544 Vgl. Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 90; s. ferner auch bereits Bernuth Lines Ltd v High Seas Shipping Ltd (The Eastern Navigator) [2005] EWHC 3020 (Comm) (E-Mail mit Bitte um Zustimmung zur Ernennung eines Schiedsrichters wurde von einem Angestellten ignoriert; wirksame Mitteilung trotzdem bereits am Tag des Eingangs der EMail); vgl. weiter: Andrews (Fn. 493), 3.10; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Dickie (1998) 49 NILQ 332, 333. 4545 Vgl. Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at paras. 89 f. („89. … the email was received in Mr Cusack’s mailbox at or close to 18:00 on 24 August 2007, and was available to be read by him … 90. … The email was available to be read within working hours, despite the fact that Mr Cusack had in fact gone home. … then as a matter of law such acceptance would have been effective upon the receipt of the email at or about 18:00.“ [„89. … die E-Mail ging in Mr. Cusack’s mailbox um oder gegen 18:00 Uhr am 24. August 2007 ein, und konnte von ihm gelesen werden … 90. … Die E-Mail konnte innerhalb der Geschäftszeiten gelesen werden, obgleich Mr. Cusack tatsächlich bereits nach Hause gegangen war. … dann wäre die Annahme von Rechts wegen mit Empfang der E-Mail um oder um 18:00 Uhr herum wirksam gewesen.“); siehe ferner (in Bezug auf eine E-Mail mit Bitte um Zustimmung zur Ernennung eines Schiedsrichters) auch Bernuth Lines Ltd v High Seas Shipping Ltd (The Eastern Navigator) [2005] EWHC 3020 (Comm) at paras. 29 f. („29. … The e-mail must, of course, be despatched to what is, in fact, the e-mail address of the intended recipient. It must not be rejected by the system. … 30. … all … e-mails were received at an e-mail address that was held out to the world as … the only e-mail address of Bernuth. Someone looked at the e-mails on receipt and, apparently, decided that they could be ignored, without making any contact with the sender. The position is, to my mind, no different to the receipt at a company’s office of a letter or telex which, for whatever reason, someone at the company decides to discard. In both cases service has effectively been made …“ [„29. … Die E-Mail muss, natürlich, an eine E-Mail-Adresse geschickt werden, die tatsächlich eine Adresse des intendierten Adressaten ist. Sie darf vom System nicht zurückgewiesen werden. … 30. … alle … E-Mails wurden an der E-Mail-Adresse empfangen, die der Welt gegenüber als einzige E-Mail-Adresse von Bernuth dargestellt wurde. Jemand sah sich die E-Mails beim Empfang an und entschied dann offenbar, dass sie ignoriert werden könnten, ohne Kontakt mit dem Sender aufzunehmen. Die Position ist meiner Ansicht nach nicht anders als beim Empfang eines Briefs oder Telex im Büro einer Gesellschaft, den oder das jemand von der Gesellschaft, aus welchem Grund auch immer, entscheidet zu entsorgen. In beiden Fällen ist die Zustellung tatsächlich erfolgt …“]). Vgl. weiter aus dem Schrifttum etwa: Capps (2004) 15 ICCLR 207, 210 f.; Dickie (1998) 49 NILQ 332, 333; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.91 Fn. 308, 6.64 ff.; Nolan (Fn. 4477), S. 61, 70 ff.; Wang (Fn. 4501), S. 48; s. ferner auch Fasciano (1997) 25 Hofstra L. Rev. 971, 997; abw. jedoch etwa noch O’Shea/Sheakan (1997) 13 QUTLJ 247, 261 (erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme). 4546 United Nations Convention on the Use of Electronic Communications in International Contracts, abrufbar unter http://www.uncitral.org/pdf/english/texts/electcom/06-57452_ Ebook.pdf. 4547 Art. 10 Abs. 2 CUECIC 1 The time of receipt of an electronic communication is the time when it becomes capable of being retrieved by the addressee at an electronic address designated by the addressee. 2The time
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
661
Wenn eine Nachricht dagegen außerhalb der Geschäftszeiten eingeht, wird sie erst zu Beginn der nächsten Geschäftszeiten wirksam; auch dieser Grundsatz wurde zunächst für Telex und Fax etabliert,4549 inzwischen aber ebenfalls auf E-Mail ausgedehnt4550. Dieselben Grundsätze gelten im Übrigen mutatis mutandis auch für postalische Kommunikation, sofern hier ausnahmsweise die postal rule nicht anwendbar4551 ist.4552, 4553 cc) Insbesondere: communication bei elektronischen Mitteilungen und r. 11 Electronic Commerce (EC Directive) Regulations 2002 Speziell beim Vertragsschluss im Onlineshop ergibt sich schließlich die Frage nach der Relevanz der Umsetzungsvorschriften zu Art. 11 Abs. 1 E-Commerce-RL4554 in den Electronic Commerce (EC Directive) Regulations
4548 of receipt of an electronic communication at another electronic address of the addressee is the time when it becomes capable of being retrieved by the addressee at that address and the addressee becomes aware that the electronic communication has been sent to that address. 3An electronic communication is presumed to be capable of being retrieved by the addressee when it reaches the addressee’s electronic address. (1Der Zeitpunkt des Empfangs einer elektronischen Nachricht ist der Zeitpunkt, wenn sie vom Adressaten an einer von ihm designierten elektronischen Adresse abgerufen werden kann. 2Der Zeitpunkt des Empfangs einer elektronischen Kommunikation an eine andere elektronische Adresse des Adressaten ist der Zeitpunkt, wenn sie vom Adressaten an dieser Adresse abgerufen werden kann und der Adressat Kenntnis erlangt, dass die elektronische Nachricht an diese Adresse gesandt wurde. 3Es wird vermutet, dass eine elektronische Nachricht vom Adressaten abrufbar ist, wenn sie die elektronische Adresse des Adressaten erreicht.) 4548 Dazu noch näher unten D. VII.3. c) cc). 4549 Vgl. Mondial Shipping and Chartering BV v Astarte Shipping Ltd (The Pamela) [1995] CLC 1011 (Telex); Galaxy Energy International Ltd v Novorossiysk Shipping Co (The Petr Schmidt) [1998] CLC 894 (Telex und Fax); Andrews (Fn. 493), 3.10; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.96, 6.57; McKendrick (Fn. 493), S. 102; Smith (Fn. 1612), 10-085; Treitel (Fn. 491), 2-026. 4550 Vgl. Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) at para. 90; Andrews (Fn. 493), 3.10; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-047; Treitel (Fn. 491), 2026, 2-034. 4551 Vgl. zur postal rule und ihren Anwendungsvoraussetzungen ausf. unten D. VII.3. b) cc). 4552 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 70; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.106 Fn. 363; Hogg (2009) 13 Edin. L. R. 121, 124 f.; vgl. weiter speziell auch die schottische Entscheidung Carmarthen Developments Ltd v Penningtons [2008] CSOH 139 (Wirksamkeit einer Mitteilung bereits in dem Moment, in dem die Post an der Geschäftsadresse eintrifft), speziell para. 31: „It is the task of the recipients of mail to arrange for its prompt handling and the sender of a notice cannot be prejudiced by internal delays in so doing“ („Es ist die Aufgabe des Empfängers von Post, für ihre prompte Bearbeitung zu sorgen, und interne Verzögerungen diesbezüglich können nicht zum Nachteil des Senders einer Mitteilung gehen“). 4553 Vgl. zur Parallelproblematik bzgl. der communication des Widerrufs eines Angebots bereits oben C. VIII.3. a) bb)(2)(a). 4554 Fn. 392.
662
D. Annahme
20024555. Diese sehen in r. 11(2)(a)4556 vor, dass „the order and the acknowledgement of receipt will be deemed to be received when the parties to whom they are addressed are able to access them“ („Bestellung und Empfangsbestätigung als eingegangen gelten, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie abrufen können“). Allerdings ist es jedoch zum einen – wie bereits oben dargelegt4557 stets eine Frage des Einzelfalls, ob eine solche „Empfangsbestätigung“ tatsächlich schon eine Annahme darstellt oder ob es sich nicht lediglich um eine rein informative Mitteilung handelt. Selbst wenn die Erklärung als Annahme zu qualifizieren ist, lässt sich aus r. 11(2)(a) jedoch nach h.M. nicht zwingend etwas bezüglich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses ableiten, denn die Vorschrift bestimmt lediglich, dass die (dann eine Annahme darstellende) „Empfangsbestätigung“ als eingegangen gilt, wenn sie abrufbar ist; sie würde es aber nicht ausschließen, den Vertrag bereits zu einem früheren Zeitpunkt (z.B. doch bereits mit der Absendung) zustande kommen zu lassen.4558 Wenn man jedoch andererseits davon ausgeht, dass für Online-Kommunikation nach heute ganz h.M. die Grundregel gilt4559, so wird man wohl aus r. 11(2)(a) gleichwohl ableiten können, dass receipt (Empfang) i.S.d. Grundregel hier bereits in dem Moment vorliegt, in dem die Erklärung abrufbar ist – und folglich der Vertrag auch bereits in diesem Moment zustande kommt.4560
4. CESL-D a) Überblick Die Regelung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Art. 35 CESL-D differenziert danach, ob die Annahme mittels einer Erklärung (Abs. 1, dazu näher unten b)) oder durch Verhalten mit oder ohne Mitteilung an Anbietenden (Abs. 2 bzw. 3, dazu näher unten c)) erfolgt.
4555
Fn. 2948. Fn. 2947. 4557 Vgl. oben D. II.2. c). 4558 Vgl. Benjamin’s Sale of Goods (Fn. 1424), 2-015 Fn. 89; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-051 Fn. 244; Rogers (Fn. 1612), S. 34; Treitel (Fn. 491), 2-034 Fn. 197; Viswanathan (2003) 9 CTLR 59, 61; abw. jedoch Todd (Fn. 1612), 9.3 (implizite Festschreibung der Grundregel). 4559 Vgl. dazu bereits oben D. VII.3. b) cc)(3)(g). 4560 Vgl. Capps (2004) 15 ICCLR 207, 211; Koffmann/MacDonald (Fn. 496), 2.62. 4556
663
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme 4561
Art. 35 CESL-D Zeitpunkt des Vertragsschlusses / Time of conclusion of the contract / Moment de la conclusion du contrat Deutsch
Englisch
Französisch
(1) Hat der Empfänger die (1) Where an acceptance is (1) Si le destinataire de l’ofAnnahme des Angebots sent by the offeree the fre expédie son acceptaerklärt, so ist der Vertrag contract is concluded tion, le contrat est congeschlossen, sobald die when the acceptance clu lorsque celle-ci parAnnahmeerklärung dem reaches the offeror. vient à l’offrant. Anbietenden zugeht. (2) Wird das Angebot (2) Where an offer is ac- (2) Si une offre est acceptée durch Verhalten angecepted by conduct, the par fait du comportenommen, so ist der Vercontract is concluded ment, le contrat est contrag geschlossen, sobald when notice of the clu lorsque notification der Anbietende Kenntconduct reaches the ofdu comportement parnis von dem Verhalten feror. vient à l’offrant.4561 erlangt. (3) Kann der Empfänger (3) Notwithstanding para- (3) Sans préjudice du paraaufgrund des Angebots, graph 2, where by virgraphe 2, si, en vertu de von zwischen den Partue of the offer, of l’offre, de pratiques étateien entstandenen Gepractices which the blies entre les parties ou pflogenheiten oder von parties have estabd’un usage, le destinaGebräuchen das Angelished between themtaire peut accepter l’ofbot durch Verhalten selves, or of a usage, fre du fait de son comohne Mitteilung an den the offeree may accept portement sans notificaAnbietenden annehthe offer by conduct tion à l’offrant, le men, so ist der Vertrag without notice to the contrat est conclu lorsungeachtet des offeror, the contract is que le destinataire comAbsatzes 2 geschlossen, concluded when the mence à agir. sobald der Empfänger offeree begins to act. zu handeln beginnt.
Der CESL-D übernimmt damit die so bereits in Art. II.-4:205 DCFR4562 und Art. 2:205 PECL4563 etablierte Konzeption. 4561 Eigene Übersetzung. In der französischen Fassung des Kommissionsentwurfs ist dieser Absatz (ganz offenbar versehentlich) in englischer Sprache wiedergegeben. 4562 Art. II.-4:205 DCFR: Time of conclusion of contract. (1) If an acceptance has been dispatched by the offeree the contract is concluded when the acceptance reaches the offeror. (2) Where an offer is accepted by conduct, the contract is concluded when notice of the conduct reaches the offeror. (3) If by virtue of the offer, of practices which the parties have established between themselves, or of a usage, the offeree may accept the offer by doing an act without notice to the offeror, the contract is concluded when the offeree begins to do the act.
664
D. Annahme
b) Grundregel: Wirksamkeit der Annahme und damit Vertragsschluss im Zeitpunkt des Zugangs an den Anbietenden Art. 35 Abs. 1 CESL-D normiert als Grundregel, dass der Vertrag im Regelfall der Annahme durch Erklärung im Zeitpunkt ihres Zugangs an den Anbietenden zustande kommt. Der CESL-D folgt damit – ganz in der Tradition aller seiner internationalen Vorläufer dem Zugangsprinzip (Empfangstheorie bzw. receipt principle). Schon Rabel hatte sich in seinem ursprünglichen Entwurf ganz bewusst und dezidiert für den Zugang – und gerade nicht die Absendung – der Annahme als maßgeblichen Zeitpunkt entschieden: Durch das einheitliche Abstellen auf den Zugang als Wirksamkeitszeitpunkt sowohl für das Angebot als auch für die Annahme werde „zwischen den Parteien ein gerechter Ausgleich geschaffen“.4564 Von Rabels Entwurf fand das Zugangsprinzip dann den Weg in Art. 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 S. 1 EAG4565, 4566, Art. 18 Abs. 2 S. 1 CISG4567, Art. 2.1.6(2) PICC4568, 4563 (Zeitpunkt des Vertragsschlusses. (1) Wenn die Annahme von dem Empfänger des Angebots abgeschickt worden ist, kommt der Vertrag zustande, sobald die Annahmeerklärung dem Anbietenden zugeht. (2) Im Falle einer Annahme durch Verhalten kommt der Vertrag zustande, sobald die Mitteilung des Verhaltens dem Anbietenden zugeht. (3) Wenn der Empfänger auf Grund des Angebots, von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder von Gebräuchen, das Angebot dadurch annehmen kann, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist der Vertrag geschlossen, wenn der Angebotsempfänger zu handeln beginnt.) 4563 Art. 2:205(3) PECL: Zeitpunkt des Vertragsschlusses. (1) Wenn die Annahme von dem Empfänger des Angebots abgeschickt worden ist, kommt der Vertrag zustande, sobald die Annahmeerklärung dem Anbietenden zugeht. (2) Im Falle einer Annahme durch Verhalten kommt der Vertrag zustande, sobald die Mitteilung des Verhaltens dem Anbietenden zugeht. (3) Kann der Empfänger aufgrund des Angebots, von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder von Gebräuchen das Angebot dadurch annehmen, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist der Vertrag geschlossen, sobald die Vornahme der Handlung beginnt. 4564 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 92. 4565 Art. 6 Abs. 1 EAG Die Annahme besteht in einer Erklärung, die dem Anbietenden, gleichviel auf welchem Wege, zugeht. Art. 8 Abs. 1 S. 1 EAG Die Annahmeerklärung ist nur wirksam, wenn sie dem Anbietenden innerhalb der von ihm gesetzten Frist oder, in Ermangelung einer solchen Fristsetzung, innerhalb angemessener Frist zugeht, … 4566 Vgl. zur Diskussion bzgl. des Zeitpunktes des Vertragsschlusses im Rahmen der Vorarbeiten zum EAG näher von Caemmerer RabelZ 29 (1965) 101, 123, 136 ff. 4567 Art. 18 Abs. 2 S. 1 CISG Die Annahme eines Angebots wird wirksam, sobald die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden zugeht. 4568 Art. 2.1.6(2) PICC Die Annahme eines Angebots wird wirksam, sobald die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden zugeht.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Art. 2:205(1) PECL4569, Art. II.-4:205(1) DCFR4570 und nun schließlich in Art. 35 Abs. 1 CESL-D. Hinsichtlich des Zugangs gelten die bereits oben4571 erörterten allgemeinen Regeln über den Zugang von Mitteilungen in Art. 10 Abs. 3–6 CESL-D. Gem. Art. 10 Abs. 5 ist folglich auch eine Rücknahme der Annahme durch eine dem Anbietenden vorher oder gleichzeitig zugehende Mitteilung möglich.4572 Da Art. 35 Abs. 1 CESL-D prinzipiell dispositiv ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 CESL-D) steht es den Parteien im Übrigen grundsätzlich frei, auch einen anderen Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Annahme und damit des Vertragsschlusses zu vereinbaren, also z.B. auch dass die Annahme erst mit tatsächlicher Kenntnis des Anbietenden oder i.S.d. postal rule bereits mit der Absendung wirksam werden soll. Sofern der Annehmende Verbraucher ist, ist eine Vereinbarung eines früheren Wirksamkeitszeitpunktes als demjenigen des Zugangs allerdings gem. Art. 10 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 unwirksam4573. c) Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Falle der Annahme durch Verhalten Sofern die Annahme durch Verhalten erfolgt, differenziert der CESL-D hinsichtlich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses danach, ob eine Mitteilung des Verhaltens an den Annehmenden ausnahmsweise entbehrlich ist4574. aa) Regelfall: Zugangsprinzip (Art. 35 Abs. 2 CESL-D) Im Regelfall gilt gem. Art. 35 Abs. 2 CESL-D auch für die Annahme durch Verhalten das Zugangsprinzip.4575 Die deutsche Sprachfassung ist zwar insofern (ähnlich wie etwa auch die spanische4576) bedauerlicherweise sehr unglücklich formuliert.4577 Denn aus der dortigen Formulierung „sobald der Anbietende Kenntnis von dem Verhalten erlangt“ könnte man ableiten, dass Wirksamkeit erst mit positiver Kenntnis des Anbietenden vom Verhalten eintritt.4578 In der englischen Fassung heißt es 4569
Fn. 4563. Fn. 4562. 4571 Vgl. oben C. VII.4. a) bb). 4572 Vgl. Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.4.b; vgl. allg. zur Rücknahme einer Mitteilung gem. Art. 10 Abs. 5 CESL-D bereits oben C. VII.4. b). 4573 Vgl. zum halbzwingenden Charakter der Art. 10 Abs. 3 und 4 CESL-D bei B2C-Verträgen bereits oben C. VII.4. a) bb)(3). 4574 Vgl. zum grundsätzlichen Erfordernis der Kommunikation der Annahme bereits oben D. V.1. d) aa), zur Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung D. V.1. d) bb), allgemein Annahme durch Erklärung oder Verhalten D. V.2. a) dd). 4575 Ebenso i.E. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 140; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 612. 4576 „…momento en que el ofertante tenga noticia“. 4577 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 140; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 612. 4578 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 140; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 612. 4570
666
D. Annahme
jedoch auch hier – ebenso wie in Abs. 1 – „reaches“, entsprechend verwendet etwa auch die italienischen beide Male den Begriff „giunge“ (in der französischen Sprachfassung findet sich, wie bereits angemerkt, auf Grund eines offensichtlichen Versehens die englische Version). Schon der Vergleich mit den Vorläuferregelungen in Art. II.-4:205(2) DCFR4579 („reaches“) und Art. 2:205(2) PECL4580 („zugeht“) spricht maßgeblich dafür, dass dies – also die Maßgeblichkeit des Zugangs und nicht der positiven Kenntnis auch die tatsächlich gewollte Regelung war und die deutsche und spanische Fassung in diesem Punkt lediglich (wie an so vielen Stellen) ungenau übersetzt wurden. Ähnlich entspricht es auch im Rahmen des CISG – wo zwar keine entsprechende spezielle Regelung existiert, das Problem aber natürlich gleichermaßen existiert – ganz h.M.4581, dass keine positive Kenntnis von dem annahmeäquivalenten Verhalten erforderlich ist, sondern auch insoweit der allgemeine Zugangsbegriff gilt. Dafür, dass in Abs. 2 ebenfalls das Zugangsprinzip niedergelegt werden sollte, spricht im Übrigen auch die Systematik des Art. 35 CESL-D: Abs. 1 stellt ausdrücklich auf den Zugang ab und Abs. 3 macht gerade die „Mitteilung“ – für deren Wirksamkeit es nach den allgemeinen Regeln der Art. 10 Abs. 2–4 CESL-D gerade auf den Zugang ankommt – entbehrlich (und enthält noch dazu den ausdrücklich Zusatz „ungeachtet des Absatzes 2“). Nicht nur aus systematischer, sondern vor allem auch aus teleologischer Perspektive wäre es im Übrigen höchst merkwürdig, wenn man hier auf einmal von dem im CESL-D ganz generell geltenden Zugangsprinzip abrücken und in diesem Punkt plötzlich strikt der Vernehmungstheorie (information theorie/théorie de l’information) folgen würde. Mit Art. 35 Abs. 2 CESL-D sollte vielmehr ganz offensichtlich lediglich klargestellt werden, dass die Annahme durch Verhalten zumindest im Regelfall nicht bereits mit dem Verhalten, sondern erst mit der Mitteilung desselben – also qua Art. 10 Abs. 3–5 CESL-D mit Zugang – an den Anbietenden wirksam wird, sofern kein Fall des Art. 35 Abs. 3 CESL-D vorliegt, in dem die Mitteilung ausnahmsweise entbehrlich ist.4582 4579
Fn. 4562. Fn. 4563. 4581 Vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 32; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 13; Gruber (Fn. 2228), Art. 18 CISG Rn. 7; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 14; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 14; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 13; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 24. 4582 Hintergrund der Konzeption von PECL, DCFR und CESL-D mit der ausdrücklichen Differenzierung zwischen Annahme durch Verhalten mit und ohne Mitteilung an den Anbietenden war wohl nicht zuletzt auch, dass in Bezug auf Art. 18 Abs. 3 CISG vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass auch der Angebotsempfänger, der gemäß dieser Vorschrift durch Verhalten annimmt, den Anbietenden grundsätzlich innerhalb einer angemessenen Frist hiervon unterrichten muss (so etwa Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 18 para. 164). Diese Auffassung ist indes mit Blick auf die Ratio und speziell auch die Regelungshistorie des Art. 18 Abs. 3 CISG kaum haltbar (ein von den USA gestellter Änderungsantrag betreffend die Einführung einer Mitteilungspflicht [A/CONF.97/C.1/L.57] stieß auf erheblichen Widerstand und 4580
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
667
Es mag zwar sein, dass der Zugang der Annahmeerklärung in vielen wenn nicht gar den meisten Fällen der Annahme durch Verhalten erst mit positiver Kenntnis des Anbietenden erfolgt.4583 Es sind jedoch durchaus Fälle denkbar, in denen dieser Unterschied durchaus relevant werden kann, so z.B. wenn die Annahme durch Übersendung einer Sache erfolgt (ohne dass ein Fall des Abs. 3 vorliegt), das Päckchen im Büro des Anbietenden zugeht, es dieser aber schlicht nicht oder erst Tage später öffnet. Die deutsche Sprachfassung sollte daher (ebenso wie die spanische und andere ähnlich formulierte Sprachfassungen) im Verlauf des weiteren Legislativverfahrens möglichst noch entsprechend korrigiert werden (d.h. der zweite Halbsatz sollte – wie in Art. 2:205(2) PECL4584 lauten: „sobald die Mitteilung des Verhaltens dem Anbietenden zugeht“). bb) Ausnahme: Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung (Art. 35 Abs. 3 CESL-D) In den – bereits oben näher erörterten4585 Fällen der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden wird die Annahme gem. Art. 35 Abs. 3 CESL-D bereits wirksam und der Vertrag ist geschlossen, sobald der Empfänger zu handeln beginnt. Art. 35 Abs. 3 CESL-D verlangt damit für die Wirksamkeit der Annahme im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 3 EAG4586, Art. 18 Abs. 3 CISG4587 und Art. 2.1.6 (3) PICC4588 gerade nicht, dass der die Handlung (vollständig) „vorgenommen wird“, sondern lässt es – ebenso wie auch Art. II.-4:205(3) DCFR4589 und Art. 2:205(3) PECL4590 genügen, dass der Angebotsempfänger „zu handeln beginnt“. Dass sich in den wie bereits eingangs4591 kritisch angemerkt – äußerst kärglichen Materialien zum CESL-D keine Begründung hierfür findet, mag vielleicht wenig überraschen. Aber auch die Materialien zu den PECL und zum DCFR schweigen gänzlich zu dieser doch durchaus signifikanten
4583 wurde deshalb zurückgenommen, vgl. O.R. 281 Art. 16 [18] Nr. 71) und wird deshalb von der ganz h.M. nachdrücklich abgelehnt (vgl. Dornis (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 38; Ferrari (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 17, 21; Kelso (1983) 21 Colum. J. Transnat’l L. 529, 541 f.; Magnus (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 29; Mankowski (Fn. 1390), Art. 18 CISG Rn. 18; Murray (1988) 8 J. L. & Com. 11, 30 ff.; Noussias (Fn. 2705), S. 108 f.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 Rn. 23; Schroeter (Fn. 1390), Art. 18 para. 44). 4583 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 140; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 612. 4584 Fn. 4563. 4585 Vgl. oben D. V.1. d) bb). 4586 Fn. 3346. 4587 Fn. 3345. 4588 Fn. 3344. 4589 Fn. 4562. 4590 Fn. 4563. 4591 Vgl. oben A. I bei Fn. 6.
668
D. Annahme
Abweichung von EAG4592, CISG4593 und PICC4594. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der oben4595 referierten kontroversen Diskussion im englischen Recht (und anderen common law-Rechtsordnungen) um die Problematik der partiellen Vornahme der begehrten Handlung im Falle des unilateral contract hätte man hier doch gerade eine ausführliche Erörterung erwartet – zumindest aber irgendeine Begründung oder wenigstens einen Hinweis. Man darf aber wohl annehmen, dass die jeweiligen Redaktoren die englische Diskussion durchaus vor Augen oder zumindest im Hinterkopf gehabt haben dürften. Dass sich PECL und DCFR sowie nun auch der CESL-D für das Abstellen bereits auf den Handlungsbeginn entschieden haben, lässt in der Tat sogar vermuten, dass die entsprechende klare Tendenz im englischen Recht insoweit sicherlich zumindest eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte. Ein weiterer Faktor mag vielleicht auch gewesen sein, dass etwa auch das italienische Recht in Art. 1327 Abs. 1 Codice civile4596, 4597 den Vertrag explizit bereits mit dem Beginn der Ausführung der Handlung zustande kommen lässt.
4592 Im Rahmen des EAG wurde ebenfalls davon ausgegangen, dass eine unvollständige Vornahme nicht genügt, vgl. Sutton (1977) 16 U. W. Ontario L. Rev. 113, 138. 4593 Vgl. in Bezug auf diese Divergenz zwischen PECL und CISG: Carrara/Kuckenberg, in: Felemegas (ed.), An international approach to the interpretation of the United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (1980) as uniform sales law, 2007, S. 311, 314. In den gängigen aktuellen Kommentaren zum CISG wird die Problematik der Handlungsbeginns im Rahmen der Kommentierungen zu Art. 18 CISG (soweit ersichtlich) nicht wirklich diskutiert; gewöhnlich findet sich lediglich die Formulierung, dass der Vertrag im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung zustande kommt. Im Rahmen der Kommentierung zu Art. 16 CISG findet sich aber z.B. nahezu überall die Aussage, dass ein Produktionsbeginn eine Vertrauensbetätigung i.S.d. Art. 16 Abs. 2 lit. b CISG darstellen kann (vgl. die Nachweise oben in Fn. 2768; im dortigen Abschnitt auch allgemein zur Vertrauensbetätigung) also gerade noch keine Annahme darstellt (denn wenn bereits eine Annahme vorläge, wäre die Frage der Bindungswirkung des Angebots irrelevant). Insgesamt wird die Regelung des Art. 18 Abs. 3 CISG also offenbar tatsächlich ganz generell in einem strikten Sinn verstanden. 4594 Vgl. zum Nichtgenügen einer unvollständigen Vornahme i.R.d. PICC: Kleinheisterkamp (Fn. 2697), Art. 2.1.6 para. 14. 4595 Vgl. oben D. VII.3. b) bb). 4596 Art. 1327 Abs. 1 Codice civile Qualora, su richiesta del proponente o per la natura dell’affare o secondo gli usi, la prestazione debba eseguirsi senza una preventiva risposta, il contratto è concluso nel tempo e nel luogo in cui ha avuto inizio l’esecuzione. (Ist die Leistung auf Verlangen des Antragstellers oder wegen der Art des Geschäftes oder nach den Gebräuchen ohne vorherige Antwort zu erbringen, so ist der Vertrag im Zeitpunkt und am Ort des Beginns der Ausführung abgeschlossen.) 4597 Diese Vorschrift wird in den Materialien zu DCFR und PECL sogar zitiert, allerdings lediglich in Form einer bloßen Nennung im Rahmen einer Aufzählung „ähnlicher Lösungen“ in nationalen Rechtsordnungen, innerhalb derer aber gerade nicht differenziert wird, ob auf die vollständige Vornahme der Handlung oder auf den Handlungsbeginn abgestellt wird (vgl. Art. II.-4:205 DCFR Note IV.15; Art. 2:205 PECL Anmerkung 4).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
669
Nicht ausreichend sind aber jedenfalls auch im Rahmen des Art. 35 Abs. 3 CESL-D bloße Vorbereitungshandlungen4598; der Angebotsempfänger muss vielmehr tatsächlich bereits mit der Handlung, die das annahmeäquivalente Verhalten darstellt, begonnen haben. Insofern bedarf es jeweils einer Abgrenzung nach den Spezifika des jeweiligen Verhaltens, welche im Einzelfall wohl durchaus schwierig sein kann (Bsp.: Abgrenzung von Produktionsbeginn und bloßen Vorbereitungen für die Fertigung komplexer Güter).
5. Rechtsvergleichende Analyse und Würdigung a) Zusammenfassender Befund Rechtsvergleichend zeigen sich somit hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Annahme und des Vertragsschlusses insgesamt immense Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen, nicht nur hinsichtlich der konzeptionellen Systematisierung und Klassifizierung verschiedener Kommunikationssituationen, sondern vor allem auch in materieller Hinsicht. aa) Deutsches Recht Im deutschen Recht4599 gelten bezüglich der Wirksamkeit der Annahme dieselben Regeln wie für das Angebot (und alle sonstigen Willenserklärungen). Im Falle der Annahme durch eine nicht verkörperte Erklärung gegenüber einem Anwesenden (mündlich, telefonisch, Internet-Chat) gilt die (abgeschwächte) Vernehmungstheorie. Im Falle der Annahme gegenüber einem Abwesenden (sowie mittels einer verkörperten Willenserklärung gegenüber einem Anwesenden) wird die Annahme mit Zugang beim Anbietenden wirksam; bis zu diesem Zeitpunkt ist ^ Rücknahme) 4600möglich. auch noch ein „Widerruf“ (= Ausnahmen vom Zugangsprinzip gelten in den Fällen der § 151 S. 1 BGB (Entbehrlichkeit des Zugangs kraft Verzichts oder Verkehrssitte), § 152 S. 1 BGB (Sukzessivbeurkundung) und § 156 S. 1 BGB (Versteigerung), in denen die Annahme ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig ist; zudem sind im Rahmen der Privatautonomie grundsätzlich auch abweichende Gestaltungen möglich. bb) Französisches Recht Das französische Recht4601 differenziert zwischen contrats entre présents (Verträge zwischen Anwesenden) und contrats entre absents (Verträge zwischen 4598
Vgl. in Bezug auf den DCFR: Art. II.-4:205(3) DCFR Comment D. Vgl. dazu oben D. VII.1. 4600 Vgl. näher zu § 130 Abs. 1 S. 2 BGB oben C. VII.1. d), speziell zur Problematik des Begriffs „Widerruf“ und der Vorzugswürdigkeit des Terminus „Rücknahme“ in diesem Kontext C. VII.1. d) bb). 4601 Vgl. dazu oben D. VII.2. 4599
670
D. Annahme
Abwesenden); erstere erfassen aber nur die Fälle, in denen die Parteien (oder ihre Vertreter) sich physisch an demselben Ort befinden.4602 Contrats entre présents kommen zustande, sobald ein rencontre des volontés (Willensübereinstimmung) vorliegt; Gleiches gilt für contrats entre absents, bei denen eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation (communication quasiment instantanée) (z.B. per Telefon oder auf elektronischem Wege) erfolgt. In Bezug auf contrats entre absents bei denen dies nicht der Fall ist – also z.B. beim Vertragsschluss per Post, Telex oder E-Mail ist die Rechtslage nach wie vor höchst unklar und unsicher. Von den vier klassischen Theorien werden die Extrempositionen der théorie de la déclaration (Äußerungstheorie) einerseits und der théorie de l’information (Informationstheorie) andererseits heute zwar nicht mehr ernsthaft vertreten. Der Streit zwischen théorie de l’émission (Absendetheorie) und théorie de réception (Empfangstheorie) hält im Schrifttum aber in unverminderter Härte an. Speziell in den letzten Jahren ist in der Literatur indes doch ein klarer Trend hin zur théorie de réception zu verzeichnen und auch die neueren Reformprojekte haben sich allesamt bewusst für diese entschieden. Die Cour de Cassation scheint jedoch gleichwohl weiter an ihrer Position festzuhalten, dass die Bestimmung des Zeitpunktes (und Ortes) des Vertragsschlusses eine Tatfrage sei, die von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls abhänge. Sofern die Parteien keine eindeutige Regelung getroffen haben, hängt somit letztlich alles von der Würdigung des Gerichts ab, was für die Parteien naturgemäß mit einem erheblichen Maß an Unsicherheit verbunden ist. cc) Englisches Recht Im englischen Recht4603 gilt als Grundregel, dass die Annahme mit der communication an den Anbietenden wirksam wird. Communication erfordert dabei zwar zumindest im Grundsatz, dass die Annahmeerklärung tatsächlich zur Kenntnis des Anbietenden gebracht werden muss, d.h. das communicationErfordernis entspricht somit im Kern der Vernehmungs- bzw. Informationstheorie. Rechtsprechung und Literatur haben insofern aber umfangreiche Ausnahmen bzw. Modifikationen etabliert. Speziell die Grundsätze zum Eingang von Erklärungen an einer Geschäftsadresse (sofortige Wirksamkeit im Falle des Eingangs während der Geschäftszeiten; sonst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten) haben dazu geführt, dass das Erfordernis der communication heute de facto eher der Empfangstheorie entspricht; man findet denn auch verbreitet den Begriff receipt principle (Zugangsprinzip). 4602 Vgl. Fabre-Magnan (Fn. 23), S. 281; Fages (Fn. 245), n° 78; Flour/Aubert/Savaux (Fn. 243), n° 157; Ghestin (Fn. 1049), n° 346; Grynbaum D. 2003, 1706; Larroumet (Fn. 243), n° 276; Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck (Fn. 254), n° 476; Niemiec LPA 2008, n° 17, 11, 19; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 164. 4603 Vgl. dazu oben D. VII.3.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
671
Von der Grundregel der communication bestehen allerdings drei wichtige Ausnahmen. Sie gilt zum einen nicht, wenn der Anbietende auf die Kommunikation verzichtet hat; dann wird die Annahme bereits mit ihrer Manifestation nach außen wirksam. Zweitens gilt sie nicht bei unilateral contracts: Hier wird die Annahme mit Vornahme der begehrten Handlung/Unterlassung wirksam; höchst streitig ist jedoch, ob und unter welchen Voraussetzungen bereits der Handlungsbeginn eine „Sperre“ für den Widerruf seitens des Anbietenden begründet. Dritte und berühmteste Ausnahme ist die postal rule, wonach die Annahme bereits mit der Absendung (posting) wirksam wird. Sie gilt allerdings nur für die Annahme per Post oder Telegramm. Im Falle der Annahme mittels eines Kommunikationsmittels, das eine instantaneous communication (unmittelbare Kommunikation) ermöglicht – hierunter fallen speziell Telefon, Telex, Fax, E-Mail, SMS und Online-Kommunikation bleibt es hingegen bei der Grundregel des Erfordernisses der communication. dd) CESL-D Der CESL-D4604 differenziert grundsätzlich nicht nach verschiedenen Kommunikationssituationen oder –mitteln. Allgemeine Grundregel ist, dass die Annahme mit dem Zugang an den Anbietenden wirksam wird (Art. 35 Abs. 1 CESL-D für die Annahme durch Erklärung, Art. 35 Abs. 2 CESL-D für die Annahme durch Verhalten). Lediglich in den Fällen, in denen sich aus dem Angebot selbst, Gepflogenheiten zwischen den Parteien oder Gebräuchen ergibt, dass eine Mitteilung an den Anbietenden entbehrlich ist, wird die Annahme gem. Art. 35 Abs. 3 CESL-D bereits wirksam, wenn der Empfänger zu handeln beginnt. b) Klassifizierungs- und Systematisierungskriterien Deutliche Unterschiede zeigen sich somit bereits in Bezug auf die Klassifizierung bzw. Systematisierung der verschiedenen Kommunikationssituationen. Das deutsche Recht differenziert zwischen Erklärungen gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden.4605 Maßgeblich ist allerdings nicht die physische Präsenz der Parteien (oder ihrer Vertreter) am selben Ort, sondern vielmehr die Möglichkeit einer unmittelbaren zeitgleichen Kommunikation. Erklärungen gegenüber Anwesenden sind somit solche im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats; die Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation wird dagegen als solche gegenüber einem Abwesenden qualifiziert. Das französische Recht differenziert zwar – zumindest auf den ersten Blick ganz ähnlich zwischen contrats entre présents (Verträgen unter Anwesenden) 4604 4605
Vgl. dazu oben D. VII.4. Vgl. dazu oben C. VII.1. a) sowie D. VII.1. a) aa).
672
D. Annahme
und contrats entre absents (Verträgen unter Abwesenden).4606 Im Gegensatz zum deutschen Recht ist für Abgrenzung aber prinzipiell ausschließlich die physische Präsenz der Parteien (oder ihrer Vertreter) am selben Ort maßgeblich. Contrats entre présents sind somit lediglich solche, die im Rahmen eines persönlichen Gesprächs geschlossen werden (egal ob durch mündliche Erklärungen oder Unterzeichnung eines Schriftstücks). Allerdings behandelt das französische Recht dann auch solche contrats entre absents, bei denen eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation (communication quasiment instantanée) erfolgt (z.B. Telefonat, Internet-Chat) zumindest in Bezug auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Regeln über die contrats entre présents, so dass sich die Klassifizierungskriterien in den beiden Rechtsordnungen letztlich im Ergebnis zumindest doch weitgehend annähern bzw. sogar entsprechen. Eine ganz andere Konzeption findet sich dagegen im englischen Recht mit der Differenzierung zwischen instantaneous communication und non-instantaneous communication.4607 Instantaneous communication erfordert nämlich gerade nicht – wie speziell der kontinentaleuropäische Jurist auf den ersten Blick anzunehmen versucht sein könnte , dass die Parteien wechselseitig unmittelbar und zeitgleich miteinander kommunizieren (können). Der Begriff umfasst vielmehr gerade nicht nur two-way instantaneous communication (wechselseitige unmittelbare Kommunikation), wie sie im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats stattfindet, sondern vielmehr auch oneway instantaneous communication (einseitig unmittelbare Kommunikation) wie bei Annahmeerklärungen per Telex, Fax, E-Mail oder sonstiger OnlineKommunikation. Entscheidend ist also letztlich allein die Unmittelbarkeit i.S.d. Schnelligkeit des für die Annahme verwendeten Kommunikationsmittels, nicht die Gleichzeitigkeit (bzw. nahezu Gleichzeitigkeit) der Erklärungen beider Parteien. Hintergrund ist, dass das Kriterium der instantaneousness im englischen Recht eine völlig andere Funktion erfüllt als dasjenige der Anwesenheit/Abwesenheit im deutschen Recht. Im deutschen Recht geht es bei der Abgrenzung zwischen Verträgen unter Anwesenden und solchen unter Abwesenden um die Frage, ob die (abgeschwächte) Vernehmungstheorie gilt oder das Zugangsprinzip (Empfangstheorie). Im englischen Recht ist die instantaneousness hingegen entscheidend dafür, ob die Grundregel des Erfordernisses der communication oder die postal rule gilt, ob die Annahme also erst mit communication (die heute – wie dargelegt – weitgehend dem Zugangsprinzip angenähert ist) wirksam wird oder bereits mit Absendung (posting) der Annahmeerklärung. Letzteres, d.h. die Geltung der postal rule, wird aber auch bei one-way instantaneous communication wie Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation nicht als angemessen erachtet. Verkürzt und ver4606
Vgl. dazu oben D. VII.2. a). Vgl. dazu oben D. VII.3., speziell D. VII.3. b) cc)(3)(c) bis D. VII.3. b) cc)(3)(h). Vgl. zu den Unterschieden zum deutschen Recht etwa auch Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a. 4607
673
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
einfacht formuliert geht es bei der instantaneousness im englischen Recht also nicht um die Frage „Wirksamkeit mit Vernehmung oder Zugang?“, sondern vielmehr um die Frage „Wirksamkeit mit posting (Absendung) oder communication (Kenntnis bzw. „Zugang“)“ und eben deshalb wird das Kriterium auch anders verstanden als dasjenige der Anwesenheit i.S.e. „unmittelbaren zeitgleichen Kommunikation“ im deutschen Recht (oder auch das Kriterium der communication quasiment instantanée im französischen Recht). Der CESL-D schließlich verzichtet auf jegliche Differenzierung zwischen verschiedenen Kommunikationssituationen.4608 Dies hat natürlich den Charme der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten. Die materielle Frage, wann eine Annahmeerklärung mittels eines bestimmten Kommunikationsmittels wirksam wird, stellt sich aber natürlich auch im Rahmen des CESL-D ebenso wie in den nationalen Rechtsordnungen sie stellt sich aber eben erst innerhalb der Anwendung bzw. Auslegung der Zugangstatbestände. Klassifikation/Systematisierung verschiedener Kommunikationssituationen in den nationalen Rechtsordnungen Deutsches Recht Verträge Verträge unter An- unter Abwesenden wesenden
persönliches Gespräch
Telefon
Französisches Recht contrats entre présents
contrats entre absents
Englisches Recht instantane- non-instanous commu- taneous comnication munication
(aber Behandlung wie entre présents)
Post
Telegramm
Telex
Fax
E-Mail
Internet-Chat
(aber Behandlung wie entre présents)
Sonstige Online-Kommunikation 4608
Vgl. oben D. VII.4.
674
D. Annahme
c) Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme (und damit des Vertragsschlusses) Immense Unterschiede existieren aber teilweise vor allem auch im Hinblick auf die materiellen Regeln zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme und damit des Vertragsschlusses. aa) Tabellarischer Überblick Zur Veranschaulichung folgende vereinfachte tabellarische Übersicht (nicht berücksichtigt werden die Fälle, in denen auf die Kommunikation der Annahme an den Anbietenden kraft Verzichts oder Verkehrssitte entbehrlich ist sowie die unilateral contracts des englischen Rechts): Zeitpunkt des Vertragsschlusses Deutsches Recht
Französisches Recht
Englisches Recht
CESL-D
persönliches Gespräch
(abgeschwächte) Vernehmungstheorie
rencontre des volontés
communication
Zugang
Telefon
(abgeschwächte) Vernehmungstheorie
rencontre des volontés
communication
Zugang
Post
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
postal rule
Zugang
Telegramm
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
postal rule
Zugang
Telex
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
communication
Zugang
Fax
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
communication
Zugang
E-Mail
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
communication
Zugang
Internet-Chat
(abgeschwächte) Vernehmungstheorie
rencontre des volontés
communication
Zugang
Sonstige Online-Kommunikation
Zugang
unklar: théorie de l’émission / théorie de réception
communication
Zugang
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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bb) Vertragsschluss im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats (Annahme gegenüber einem Anwesenden mittels einer nicht verkörperten Erklärung i.S.d. deutschen Rechts) Die größten Übereinstimmungen bestehen – jedenfalls hinsichtlich der praktischen Ergebnisse wohl noch beim Vertragsschluss im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats, d.h. bei der Annahme unter Anwesenden mittels einer nicht verkörperten Erklärung i.S.d. deutschen Rechts: Hier gilt im deutschen Recht jeweils die (abgeschwächte) Vernehmungstheorie4609; im französischen Recht ist der Vertrag geschlossen, sobald ein rencontre des volontés vorliegt4610; im englischen Recht bedarf es der communication an den Anbietenden4611; im Rahmen des CESL-D des Zugangs4612, wobei hier aber letztlich nur der Zugangstatbestand des Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a CESL-D („Übermittlung“ an den Empfänger, was wie oben4613 dargelegt – tatsächliche Kenntnisnahme meint) in Betracht kommt. Alle Rechtsordnungen verlangen hier somit im Grundsatz die tatsächliche Kenntnisnahme des Anbietenden von der Annahmeerklärung. Unter bestimmten Umständen erfolgen allerdings teils Modifikationen. Hervorzuheben ist insoweit insbesondere, dass sowohl das englische4614 als auch das deutsche Recht (jedenfalls sofern man der vorzugswürdigen abgeschwächten Vernehmungstheorie folgt)4615 einen Vertragsschluss auch dann bejahen, wenn der Anbietende die Annahme zwar tatsächlich nicht zur Kenntnis genommen hat, der Erklärende aber auf Grund der Umstände davon ausgehen durfte, dass dies der Fall war (wobei das englische Recht darüber hinaus aber verlangt, dass die Ursache hierfür vom Anbietenden zu vertreten war). Beim Vertragsschluss im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats (also Verträgen unter Anwesenden mittels nicht verkörperter Erklärungen i.S.d. deutschen Rechts) dürfte das Erfordernis der tatsächlichen Kenntnisnahme des Anbietenden von der Annahmeerklärung in der Tat die grundsätzlich überzeugendste Lösung sein; dies demonstriert schon der insoweit klare Gleichklang aller untersuchten Rechtsordnungen. Im Interesse des Verkehrsschutzes und einer gerechten Risikoverteilung erscheint es zugleich aber – wie im englischen Recht und gemäß der deutschen abgeschwächten Vernehmungstheorie geboten, ausnahmsweise auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Anbietenden zu verzichten, wenn der Annehmende auf Grund der Gesamtumstände davon ausgehen durfte, dass der Anbietende die Erklärung richtig und vollständig vernommen hat. Insoweit 4609 4610 4611 4612 4613 4614 4615
Vgl. oben D. VII.1. a) aa). Vgl. oben D. VII.2. b). Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(3)(b), D. VII.3. b) cc)(3)(g), D. VII.3. c) aa), D. VII.3. c) aa). Vgl. oben D. VII.4. b). Vgl. oben C. VII.4. a) bb)(2)(a). Vgl. oben D. VII.3. c) bb). Vgl. oben C. VII.1. c) bb)(2), D. VII.1. a) aa).
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D. Annahme
sollte auch nicht – wie im englischen Recht – zusätzlich verlangt werden, dass die Ursache hierfür vom Anbietenden zu vertreten ist; unter Verkehrsschutzaspekten erscheint es vielmehr angemessener, diesem auch das Risiko eines von keiner Seite zu vertretenden Nicht- bzw. Missverständnisses der Erklärung zuzuweisen. cc) Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation (Annahme gegenüber einem Abwesenden i.S.d. deutschen Rechts) In denjenigen Kommunikationssituationen, die im deutschen Recht als Annahme gegenüber einem Abwesenden qualifiziert werden – d.h. speziell bei der Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation sind partiell immense Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsordnungen zu konstatieren. (1) Die insgesamt höchst unklare Rechtslage im französischen Recht Heraus sticht insofern zunächst speziell die nach wie vor höchst unklare Rechtslage im französischen Recht.4616 Gerade in der essentiellen Kernfrage nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses erscheinen klare Regeln indes unabdingbar. Im Hinblick auf Einzel- und Randfragen mag es immer Unklarheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten geben und auch im Falle neuer technologischer und/oder wirtschaftlicher Entwicklungen werden sich zumindest anfängliche Unsicherheiten häufig nicht vermeiden lassen. Zumindest hinsichtlich der elementaren Grundregeln und Leitlinien sollte aber Klarheit bestehen. Prägnant formuliert hat dies etwa – wenngleich in anderem Kontext Toulson J. in LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV (2005): Rules about offer and acceptance ought to be clear, so that parties may know where they stand. A situation in which it is unclear whether or not a contract has been formed until a court decides in the exercise of some form of general discretion whether or not a contract has been formed would be unsatisfactory.4617 [Die Regeln über Angebot und Annahme sollten klar sein, so dass die Parteien wissen können, wo sie stehen. Eine Situation, in der es unklar ist, ob ein Vertrag zustande gekommen ist oder nicht, bis ein Gericht in Ausübung irgendeiner Form allgemeinen Ermessens entscheidet, ob ein Vertrag zustande gekommen ist oder nicht, wäre vollkommen unbefriedigend].
Auf der Basis der gegenwärtigen Rechtslage kann man den Parteien eines dem französischen Recht unterliegenden Vertrags hingegen nur raten, selbst eine möglichst klare Regelung hinsichtlich des Zeitpunktes des Vertragsschlusses zu treffen. Dass dies eine alles andere als desiderable Situation ist, wird auch in 4616 4617
Vgl. dazu oben D. VII.2. c). LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) at para. 13.
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Frankreich seit Langem nachdrücklich beklagt; alle Rufe nach einem „klärenden Machtwort“ der Cour de Cassation oder des französischen Gesetzgebers verhallten jedoch – wie auch bereits oben referiert bislang ungehört. Ganz unabhängig davon, welche der beiden wesentlichen Theorien – théorie de l’émission oder théorie de réception – man letztlich präferiert (dazu sogleich auch noch unten (2)und (3)), wäre es indes in jedem Fall immer noch besser, eine klare Regel egal ob in die eine oder andere Richtung zu haben, als den gegenwärtigen, von erheblichen Unsicherheiten geprägten Zustand. (2) Annahme per Post oder Telegramm: Zugang vs. postal rule und théorie de l’émission Die unzweifelhaft größte Kluft zwischen deutschem Recht und CESL-D einerseits sowie dem englischen und – zumindest soweit dort die théorie de l’émission gilt französischen Recht andererseits öffnet sich im Falle der Annahme per Post oder Telegramm: Nach deutschem Recht4618 und CESL-D4619 wird die Annahme auch hier mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam. Im englischen Recht gilt dagegen die berühmte postal rule, d.h. die Annahme wird bereits mit der Absendung (posting) wirksam4620; Gleiches gilt im französischen Recht, soweit die théorie de l’émission angewendet wird4621. Wie bereits oben erläutert, war insbesondere die Etablierung der postal rule im englischen Recht auch durch extrinsische Faktoren bedingt bzw. zumindest erheblich beeinflusst: Zur Zeit der grundlegenden Entscheidung Adams v Lindsell4622 im Jahr 1818 steckte die Entwicklung der klassischen Vertragsrechtsdogmatik noch in den Kinderschuhen4623 tatsächlich markierte dieses Urteil markierte überhaupt erst den eigentlichen „Durchbruch“ der doctrine of offer and acceptance4624 , und die dann in den 1840er Jahren erfolgte feste Etablierung der postal rule4625 ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der großen Postreform und dem durch sie ausgelösten allgemeinen Enthusiasmus der viktorianischen Gesellschaft hinsichtlich der Effektivität des „modernen“ Postsystems zu sehen4626. Ähnlich spricht viel dafür, dass auch in Frankreich das traditionelle Verständnis vom Vertrag mit seinem starken Fokus auf den wirklichen, subjektiven Willen der Parteien (volonté réelle des parties)4627 zumindest mit ausschlag4618
Vgl. dazu oben D. VII.1. a) aa). Vgl. dazu oben D. VII.4. b), D. VII.4. c) aa). 4620 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc). 4621 Vgl. allg. zur Rechtslage bei contrats entre absents oben D. VII.2. c), speziell zur théorie de l’émission D. VII.2. c) aa)(1)(b)(aa). 4622 Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681. Vgl. dazu näher oben D. VII.3. b) cc)(1)(aa). 4623 Vgl. auch Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 70. 4624 Vgl. dazu oben B. I.3. b) cc) bei Fn. 720 ff. 4625 Vgl. dazu näher oben D. VII.3. b) cc)(1)(aa). 4626 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4395 ff. 4627 Vgl. dazu bereits oben C. II.2. a) aa), C. VIII.2. a). 4619
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D. Annahme
gebend dafür war, dass die théorie de l’émission dort so breiten Zuspruch gefunden hat und bis heute findet. Wie bedeutsam der Einfluss dieser Faktoren tatsächlich gewesen ist, lässt sich indes aus jetziger Sicht kaum mehr wirklich zuverlässig ermitteln. Aus heutiger Perspektive kann und sollte indes letztlich ohnehin ausschließlich und allein maßgeblich sein, welche Argumente auf dogmatischer und teleologischer Ebene für bzw. gegen die postal rule bzw. die théorie de l’émission sprechen. Von den mannigfaltigen dogmatischen und teleologischen Argumenten, die im Laufe der Zeit zur Begründung und Rechtfertigung der postal rule und der théorie de l’émission vorgebracht wurden, erweisen sich die meisten indes aus der Perspektive der modernen Vertragsdogmatik – wie heute auch in England und Frankreich verbreitet konzediert wird – als wenig überzeugend bzw. überholt. Dies gilt – wie bereits oben näher dargelegt speziell für die Fundierung der postal rule durch das „continuing offer concept“4628 (das sich – wie gezeigt ganz ähnlich auch in Frankreich findet4629) und das „ad infinitum-Argument“4630 in der historischen Leitentscheidung Adams v Lindsell4631 sowie das später entwickelte common agent-Argument4632. Aber auch die verschiedenen Varianten, die postal rule durch Erwägungen der business convenience (Zweckmäßigkeit im Geschäftsverkehr) zu rechtfertigen4633, die ganz ähnlich auch in Frankreich zugunsten der théorie de l’émission vorgebracht werden4634, vermögen insgesamt nicht wirklich zu überzeugen: Die angeblich leichtere Beweisbarkeit der Absendung trifft jedenfalls so pauschal nicht zu.4635 Dass der Anbietende unter Geltung des Zugangsprinzips versucht sein könnte, sich einer Verpflichtung zu entziehen, indem er behauptet, die Annahme nicht (rechtzeitig) erhalten zu haben, zwingt keineswegs zu einem Abstellen auf die Absendung als Wirksamkeitszeitpunkt; der Gefahr solcher Manipulationen lässt sich – wie diejenigen Rechtsordnungen, welche dem Zugangsprinzip folgen, anschaulich demonstrieren auch anders begegnen (z.B. durch entsprechende Beweisregeln).4636 Ebenso wenig überzeugend rechtfertigen lässt sich die mit der postal rule und théorie de l’émission verbun4628
Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(1)(aa), D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4372 ff. Auch in Frankreich wurde schon zugunsten der théorie de la déclaration und dann auch der théorie de l’émission als ihrer Fortentwicklung geltend gemacht, dass die für den Vertragsschluss konstitutive Übereinstimmung bereits in dem Moment existiere, in dem die Annahme des Angebots geäußert bzw. abgesendet ist (vgl. oben D. VII.2. c) aa)(1)(a)(aa), D. VII.2. c) aa)(1)(b)(aa). 4630 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(1)(aa), D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4377 f. 4631 Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681. Vgl. dazu näher oben D. VII.3. b) cc)(1)(aa). 4632 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4379 ff. 4633 Vgl. dazu oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4383 ff. 4634 Vgl. dazu oben D. VII.2. c) aa)(1)(b)(aa). 4635 Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4384 ff. 4636 Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 43844386 ff. 4629
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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dene Zuweisung des Verzögerungs- und Verlustrisikos an den Anbietenden auch mit den Argumenten, dass dieser die Verhandlungen ja initiiert habe und die postal rule bzw. théorie de l’émission überdies in seinem Angebot ggf. abbedingen könne: Wie bereits oben dargelegt, muss die Initiative für die Vertragsverhandlungen keineswegs immer von demjenigen ausgegangen sein, der letztlich das konkrete Angebot abgegeben hat4637, und die Möglichkeit einer Abbedingung ist ganz generell noch lange kein triftiges Argument für die Sinnhaftigkeit einer Regelung4638. Als einzige wirklich tragfähige Begründung und Rechtfertigung für die postal rule bzw. die théorie de l’émission verbleibt damit ihre Funktion als wichtiger Ausgleichsmechanismus zu dem im englischen Recht4639 – und zumindest vom historisch-konzeptionellen Ausgangspunkt auch im französischen Recht4640 geltenden Grundprinzip der freien Widerruflichkeit des Angebots: Da sie die Annahme bereits mit der Absendung wirksam werden lässt, kann der Anbietende sein Angebot bereits ab diesem Zeitpunkt nicht mehr widerrufen, die Periode der Unsicherheit für den Angebotsempfänger wird also verkürzt.4641 Diese Rechtfertigung kann aber eben a priori nur in einem System tragen, welches das Angebot als prinzipiell oder zumindest in weitem Umfang als frei widerruflich ausgestaltet. Dies ist zwar – wie oben ausführlich erläutert bis heute im englischen Recht der Fall4642, nicht aber im französischen Recht4643. Doch selbst in einem System, in dem das Angebot prinzipiell oder zumindest in weitem Umfang frei widerruflich ausgestaltet ist, ist die hierauf aufbauende Fundierung für die postal rule bzw. théorie de l’émission bei näherer Betrachtung keineswegs so unerschütterlich, wie teilweise suggeriert wird. Denn ein Schutz des Angebotsempfängers vor einem Widerruf seitens des Anbietenden während der Transportzeit des Angebots lässt sich – wie EAG, CISG, PICC, PECL, DCFR und nun auch der CESL-D zeigen4644 auch dadurch erreichen, dass man ab dem Zeitpunkt der Absendung der Annahme lediglich eine „Widerrufssperre“ etabliert, die Annahme aber gleichwohl erst mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam werden lässt.4645 Wie bereits ausführlich begründet, erscheint es jedoch ganz generell als vorzugswürdigere und überlegenere Lösung, regelungstechnisch von einer prin4637
Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4391. Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4392. 4639 Vgl. oben C. VIII.3. a). 4640 Vgl. oben C. VIII.2. a) bis C. VIII.2. f). 4641 Vgl. dazu oben D. VII.2. c) aa)(1)(b)(aa) bei Fn. 4231 (französisches Recht), D. VII.3. b) cc)(1)(bb) bei Fn. 4393 f. (englisches Recht). 4642 Vgl. oben C. VIII.3. a). 4643 Vgl. oben C. VIII.2. a) bis C. VIII.2. f). 4644 Vgl. dazu oben C. VIII.4. a) bb)(2)(a) m.w.N. 4645 Vgl. aus dem englischen Schrifttum auch Evans (1966) 15 ICLQ 553, 562; McKendrick (Fn. 493), S. 111. 4638
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D. Annahme
zipiellen Bindung des Anbietenden an sein Angebot auszugehen.4646 Damit bricht aber dann zugleich auch die entscheidende wertungsmäßige Basis für die postal rule bzw. die théorie de l’émission weg – denn der Angebotsempfänger, der seine Annahme so rechtzeitig absendet, dass sie unter normalen Umständen innerhalb der Annahmefrist beim Anbietenden eingeht4647, braucht in seinem solchen System gerade nicht fürchten, dass der Anbietende sein Angebot während der Transportzeit der Annahme widerruft. Die Annahme erst mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam werden zu lassen, hat demgegenüber den entscheidenden Vorteil, dass für die Wirksamkeit von Angebot und Annahme dieselben Regeln gelten: Beide werden mit Zugang beim jeweiligen Adressaten wirksam.4648 Konsequenz ist ein allgemeines, einheitliches Prinzip der Wirksamkeit der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen mit Zugang beim jeweiligen Adressaten, das nicht nur den Charme einer dogmatisch konsequenten, uniformen und geschlossenen Struktur hat, sondern vor allem auch wertungsmäßig für einen angemessenen Interessenausgleich der Parteien sorgt: Für beide herrscht „Waffengleichheit“4649. Es kommt nicht darauf an, wer Anbietender bzw. Angebotsempfänger ist (dies kann manchmal durchaus zufällig sein, speziell bei einem „Ping Pong“ von Angeboten und Gegenangeboten4650). Vielmehr trägt jeder ganz generell das Risiko einer Verzögerung bzw. eines Verlusts der von ihm abgegebenen Erklärung und die Erklärung entfaltet erst dann Wirkung für den Adressaten, wenn sie ihm zugegangen ist. (3) Annahme per Telex, Fax, E-Mail, SMS und sonstiger Online-Kommunikation (one-way instantaneous communication i.S.d. englischen Rechts) In denjenigen Fällen, in denen die Annahme per Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation erfolgt – also Fälle einer one-way instantaneous communication i.S.d. englischen Rechts , besteht jedenfalls zwischen deutschem Recht, englischem Recht und CESL-D zumindest im Grundsatz
4646
Vgl. oben C. VIII.5. a) bb)(5). Unvorhersehbaren Unregelmäßigkeiten bei der Beförderung lässt sich durch entsprechende Sonderregeln Rechnung tragen, vgl. dazu bereits oben D. VI.2. 4648 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa auch Ferrari (1992)10 B. U. Int’l L. J. 171, 201; vgl. zur bewussten Entscheidung der Redaktoren des BGB für eine einheitliche Etablierung der Empfangstheorie oben C. VII.1. c) aa)(1) und D. VII.1. a) bb). 4649 Vgl. zur deutsche Grundentscheidung zugunsten der Empfangstheorie oben C. VII.1. c) aa)(1) und D. VII.1. a) bb); vgl. weiter aus dem französischen Schrifttum die Nachweise oben in Fn. 4244 f. (unter D. VII.2. c) aa)(1)(b)(bb); aus rechtsvergleichender Perspektive etwa auch Ferrari (1992)10 B. U. Int’l L. J. 171, 201 sowie bereits Rabel (s. dazu schon oben D. VII.4. b) bei Fn. 4564). 4650 Vgl. zur Problematik der „Zufälligkeit“ der Rollenverteilung auch die Nachweise oben unter D. VII.3. b) cc)(1)(bb) in Fn. 4391. 4647
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Kongruenz: Nach deutschem Recht4651 und CESL-D4652 wird die Annahme mit Zugang wirksam und auch das englische communication-Erfordernis4653 entspricht in seiner heutigen Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur zumindest weitgehend dem Begriff des Zugangs. Im französischen Recht4654 ist die Rechtslage dagegen auch hier – wie ganz generell bei den contrats entre absents unklar; die théorie de réception würde zu einem Gleichklang mit den anderen Rechtsordnungen führen, die théorie de l’émission hätte hingegen zur Konsequenz, dass das französische Recht hier als einziges zu dem Ergebnis kommen würde, dass die Annahme bereits mit der Absendung wirksam wird. Sprechen jedoch die überzeugenderen Argumente schon im Falle der Annahme per Post oder Telegramm (non-instantaneous communication i.S.d. des englischen Rechts) gegen die postal rule bzw. théorie de l’émission, so gilt dies umso mehr und erst recht bei der Annahme per Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation (one-way instantaneous communication i.S.d. englischen Rechts). Denn auf Grund der Schnelligkeit des Kommunikationsmittels existiert hier selbst in einem System, welches das Angebot als prinzipiell frei widerruflich ausgestaltet, kein bzw. allenfalls ein sehr kurzer Zeitraum zwischen Absendung und Zugang der Annahme, währenddessen der Angebotsempfänger dem Risiko eines Widerrufs des Angebots seitens des Anbietenden ausgesetzt wäre. Abgesehen davon gelten aber natürlich auch hier gleichermaßen die ganz generell für die Empfangstheorie (Zugangsprinzip) sprechenden Argumente.4655 Die in diesem Bereich nicht nur vom deutschen Recht, sondern auch dem CESL-D und mit Blick auf die heutige Interpretation des communication-Erfordernisses letztlich auch vom englischen Recht getroffene Grundentscheidung zugunsten des Zugangsprinzips ist somit auch hier eindeutig vorzugswürdig. dd) Konkrete Ausgestaltung des Zugangsprinzips Die Zugangsbegriffe in den einzelnen Rechtsordnungen sind allerdings – wie bereits verschiedentlich angedeutet nicht völlig deckungsgleich, so dass sich im Detail letztlich auch in den Konstellationen, in denen zwar im Grundsatz gleichermaßen auf den Zugang abgestellt wird, Unterschiede ergeben können. So erfolgt etwa insbesondere, wie bereits oben ausgeführt, der Zugang nach Art. 10 Abs. 4 CESL-D4656 in vielen Fällen deutlich früher als nach deutschem Recht4657, da es grundsätzlich nicht darauf ankommt, wann unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den Adressaten zu rechnen 4651 4652 4653 4654 4655 4656 4657
Vgl. dazu oben D. VII.1. a) aa). Vgl. dazu oben D. VII.4. b), D. VII.4. c) aa). Vgl. dazu oben D. VII.3. c). Vgl. dazu oben D. VII.2. c). Vgl. dazu oben D. VII.5. c) cc)(2). Vgl. zum Zugang nach dem CESL-D bereits ausf. oben C. VII.4. a) bb). Vgl. zum Zugang nach deutschem Recht bereits ausf. oben C. VII.1. c).
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D. Annahme
ist, sondern z.B. Briefe an den Geschäftssitz oder den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts in jedem Fall bereits mit dem Eingang dort zugehen (vgl. lit. b), EMails in jedem Fall bereits mit der Abrufbarkeit (lit. c) und auch im Falle der sonstigen Zugänglichmachung (lit. d) erfolgt der Zugang bereits in diesem Zeitpunkt, solange nur vernünftigerweise ein unverzüglicher Abruf zu erwarten ist.4658 Ähnlich werden auch nach englischem Recht Erklärungen, die während der Geschäftszeiten an einer Geschäftsadresse eingehen, sofort mit dem Eingang wirksam.4659 Außerhalb der Geschäftszeiten eingehende Erklärungen werden hingegen – anders als nach dem CESL-D, aber entsprechend den im deutschen Recht geltenden Grundsätzen – grundsätzlich erst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten wirksam. 4660 Im französischen Recht schließlich existieren vor dem Hintergrund der ganz generell unklaren und umstrittenen Rechtslage keinerlei wirklich allgemein anerkannte Grundsätze hinsichtlich der näheren Konturierung des Begriffs der réception. Die „monistische“ Ausgestaltung der Zugangstatbestände im CESL-D hat speziell mit ihrer generellen Anknüpfung an den Eingang am Geschäftssitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt (lit. b) sowie bei E-Mails der Abrufbarkeit (lit. c) unzweifelhaft den Vorteil der Einfachheit.4661 Entsprechendes gilt für das generelle Abstellen des englischen Rechts auf den Eingang bei Erklärungen, die während der Geschäftszeiten an einer Geschäftsadresse eingehen. Denn im Gegensatz zum deutschen Recht entfällt hier die Notwendigkeit, den Zeitpunkt der unter regelmäßigen Umständen zu erwartenden Kenntnisnahme zu ermitteln und damit eine Vielzahl von teils diffizilen Differenzierungen und Abgrenzungsschwierigkeiten.4662 Der Zeitpunkt des Eingangs eines Briefs, eines Fax oder einer E-Mail wird sich dagegen speziell im geschäftlichen Verkehr regelmäßig relativ einfach feststellen lassen. Hinzu kommt, dass die Konventionen und Usancen in Bezug auf die Bearbeitung eingehender Nachrichten sowie insbesondere auch die Geschäftszeiten nicht nur von Branche zu Branche, sondern auch je nach Land erheblich variieren können. Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung solcher lokaler Konventionen und Usancen könnte daher speziell im internationalen Geschäftsverkehr – auf den der CESL-D ja gerade abzielt – zu nicht unerheblichen Problemen führen. Wie bereits oben dargelegt4663, war eben dies der Grund, weshalb schon Art. 24 CISG und nun auch der CESL-D sich bewusst für einen „monistischen“ Zugangsbegriff, der prinzipiell ausschließlich auf das Gelangen in den Machtbereich abstellt, entschieden haben. 4658
Vgl. auch bereits oben C. VII.5. b). Vgl. oben D. VII.3. c) bb)(2). 4660 Vgl. oben D. VII.3. c) bb)(2). 4661 Vgl. auch bereits oben C. VII.5. d). Speziell deshalb den Zugangsbegriff des CESL-D präferierend etwa Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.3.a. 4662 Vgl. auch bereits oben C. VII.5. d). 4663 Vgl. oben C. VII.4. a) bb)(2)(b). 4659
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Wie ebenfalls bereits oben anmerkt, sollte Regelungsziel aber letztlich nicht unbedingt (nur) die Einfachheit des Rechts, sondern vor allem auch eine angemessene und gerechte Risikoverteilung sein.4664 Ein generelles und völlig undifferenziertes Abstellen allein auf den Zeitpunkt des Eingangs bzw. der Abrufbarkeit erscheint insofern problematisch. Die aus dem „dualistischen“ deutschen Zugangsbegriff mit seiner Kumulation von Machtbereichs- und Zeitelement resultierende Zugangsdogmatik und –kasuistik mag zwar in der Tat höchst komplex sein, sie gewährleistet aber andererseits eben auch einen angemessenen und gerechten Interessenausgleich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der jeweiligen Einzelfalls bzw. der jeweiligen Fallgruppe.4665 Speziell bei Erklärungen gegenüber Verbrauchern erscheint eine generelle Fixierung des Zugangszeitpunktes bereits auf den Eingang bzw. die Abrufbarkeit äußerst problematisch4666, würde man damit doch auch von ihnen verlangen, ständig zu prüfen, ob ein Brief, ein Fax oder eine E-Mail etc. eingegangen ist; zumindest in diesem Bereich erscheint ein Zeitelement daher unabdingbar. Ähnliches gilt – wenn auch in geringerem Umfang – bei Erklärungen gegenüber Klein- bzw. Kleinstunternehmern; auch von ihnen wird man wohl jedenfalls keine generelle „24h-Wachsamkeit“ verlangen können. Bei sonstigen Erklärungen im Geschäftsverkehr bzw. gegenüber Unternehmern erscheint es dagegen durchaus angemessen, jedenfalls während der Geschäftszeiten eingehende Erklärungen sofort mit Eingang bzw. Abrufbarkeit zugehen zu lassen. Von einem Unternehmer kann grundsätzlich erwartet werden, dass er sein Unternehmen so organisiert, dass eingehende Nachrichten zeitnah zur Kenntnis genommen und bearbeitet werden. Auch im deutschen Recht ist heute im Übrigen jedenfalls beim Fax an Geschäftsleute im anerkannt, dass der Zugang sofort mit dem Eingang erfolgt4667 und, wie oben dargelegt, sollte Gleiches grundsätzlich auch bei E-Mails an Geschäftsleute gelten4668. Bei der Briefpost wird ein Zugang im deutschen Recht dagegen zwar nach wie vor nicht sofort, sondern zum Zeitpunkt der gewöhnlich zu erwartenden Leerung angenommen.4669 Dafür und gegen einen Zugang bereits mit Einwurf spricht zwar, dass die Kontrolle des Briefkastens typischerweise mehr Aufwand erfordert als ein Blick auf das Fax oder in die Mail-Box (zumal es hier auch keine Benachrichtigungsfunktion gibt); andererseits wird man im Geschäftsverkehr jedoch erwarten können, dass der Briefkasten zeitnah nach dem täglichen Postzustellung (bzw. falls typischerweise mehrere Postdienste zustellen, jeweils danach) kontrolliert wird. So verstanden wären die praktischen Unterschiede zwischen den Zugangsbegriffen im deutschen Recht, dem 4664 4665 4666 4667 4668 4669
Vgl. auch bereits oben C. VII.5. d). Vgl. auch bereits oben C. VII.5. d). Vgl. auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 603. Vgl. dazu oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(bb)(ii). Vgl. dazu oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(ii). Vgl. dazu oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(aa)(i).
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D. Annahme
CESL-D und dem englischen Recht wohl letztlich gar nicht so groß. Zumindest bei Briefpost im Geschäftsverkehr erschiene es aber auch generell wertungsmäßig vertretbar, Zugang bereits mit Einwurf in den Briefkasten anzunehmen; denn Unternehmern ist eine regelmäßige Kontrolle des Briefkastens durchaus zumutbar und diese Lösung hätte zudem den Vorteil, dass alle während der Geschäftszeiten eingehenden Nachrichten – unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel – gleich behandelt würden. Im Falle außerhalb der Geschäftszeiten eingehender Nachrichten erscheint es dagegen trotz allem wertungsmäßig sachgerechter, den Zugang – unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel – wie im deutschen und englischen Recht erst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten eintreten zu lassen. Denn außerhalb der Geschäftszeiten werden eben gerade keine Nachrichten zur Kenntnis genommen und bearbeitet und das muss auch dem verständigen Erklärenden klar sein. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass die Berücksichtigung der Geschäftszeiten speziell im internationalen Kontext auf Grund etwaiger lokaler oder nationaler Unterschiede sowie ggf. auch einer Zeitverschiebung zu gewissen Schwierigkeiten führen kann. Die Geschäftszeiten können sich aber auch innerhalb Deutschlands oder Englands je nach Branche und Unternehmen durchaus erheblich unterscheiden – und bislang hat die Praxis damit offenbar in beiden Ländern gut leben können. Im Übrigen wird sich die Problematik der Geschäftszeiten zumindest in einem gerade im internationalen Kontext praktisch besonders relevanten Fall von vornherein gar nicht stellen: In Onlineshops existieren naturgemäß keine „Geschäftszeiten“, sondern es wird vielmehr 24h-Service geboten.4670 Wird hingegen z.B. am Samstagnachmittag um 15 Uhr ein Fax oder eine E-Mail an ein mittelständisches Industrieunternehmen in Thüringen gesendet, so erscheint es bei Abwägung der Interessen des Absenders (der damit rechnen kann, dass dann dort niemand arbeitet) und des Empfängers (der dann eben gerade keine Geschäftszeit hat) gerechter, den Zugang erst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten am Montagmorgen eintreten zu lassen. Die Zugangstatbestände des CESL-D sollten folglich im Verlauf des weiteren Legislativverfahrens noch einmal kritisch überdacht werden. Aber auch im deutschen Recht sprechen – wie auch bereits oben angemerkt4671 – gute Gründe dafür, in einige Punkten Modifikationen an den von der h.M. vertretenen Grundsätzen vorzunehmen. d) Möglichkeit von Rücknahme bzw. Widerruf der Annahme Divergenzen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen zeigen sich ferner auch in Bezug auf die Möglichkeit einer Rücknahme bzw. eines Widerrufs der 4670 4671
Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht auch bereits oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(ii). Vgl. oben C. VII.1. c) aa)(2)(b)(bb)(ii), C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(ii).
VII. Zeitpunkt der Wirksamkeit der Annahme
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Annahme. Diese resultieren und reflektieren aber letztlich weitgehend nur die unterschiedlichen Lösungen hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Annahme. Wenn und soweit das Zugangsprinzip gilt, ist man sich überall einig, dass eine Rücknahme der Annahme durch eine dem Anbietenden vorher oder zumindest gleichzeitig zugehende Erklärung möglich ist.4672 Dies erscheint in der Tat nicht nur als eine konsequente Anwendung der allgemeinen Regeln, sondern auch wertungsmäßig interessengerecht. Soweit dagegen im englischen Recht die postal rule gilt bzw. im französischen Recht die théorie de l’émission zur Anwendung gelangt, ist in beiden Rechtsordnungen umstritten, ob ein Widerruf der einmal abgesandten Annahme durch eine dem Anbietenden vorher oder gleichzeitig zugehende bzw. zur Kenntnis gebrachte Erklärung möglich ist.4673 Die besseren Argumente sprechen insoweit m.E. gegen die Zulässigkeit eines Widerrufs; insofern sei speziell auf die oben4674 referierten Argumente aus dem englischen Schrifttum verwiesen. e) Sonderfall: Zeitpunkt der Annahme im Falle der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden Einzugehen ist schließlich noch auf die Sonderkonstellation der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden. Dies sind im deutschen Recht die Fälle des § 151 S. 1 BGB4675, in denen der Zugang der Annahme kraft Verzichts oder Verkehrssitte entbehrlich ist: Hier wird die Annahme bereits mit der Manifestation des Annahmewillens wirksam. Wann eine solche vorliegt, hängt von der Umständen des Einzelfalls ab: Maßgeblich ist letztlich, ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten auf Grund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen (§ 133 BGB) schließen lässt.4676 Je nach den konkreten Umstände kann demnach auch bereits der Handlungsbeginn genügen (z.B. Tätigkeitsaufnahme durch einen Makler4677, Beginn einer zur Reparatur übersandten Sache4678). Im französischen Recht sind solche Fälle zwar der Sache nach natürlich ebenfalls bekannt, die spezifische Frage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit 4672 Vgl. oben D. VII.1. a) aa) bei Fn. 4145 (deutsches Recht), D. VII.2. c) aa)(1)(b)(bb) bei Fn. 4249 (französisches Recht), D. VII.3. b) cc)(2)(c)(cc) in Fn. 4436 (englisches Recht), D. VII.4. b) bei Fn. 4572 (CESL-D). 4673 Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(2)(c)(cc) (englisches Recht) und D. VII.2. c) aa)(1)(b)(aa) bei Fn. 4234 ff. (französisches Recht). 4674 Vgl. oben D. VII.3. b) cc)(2)(c)(cc)(ii). 4675 Vgl. dazu ausf. oben D. V.1. a) bb)(1) sowie D. VII.1. b) aa). 4676 Vgl. oben D. V.1. a) bb)(1)(c) mit Nachweisen in Fn. 3270. 4677 Vgl. BGH NJW-RR 2010, 257. 4678 Vgl. Bork (Fn. 19), § 151 Rn. 20.
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D. Annahme
der Annahme speziell in diesem Fall wird jedoch vor dem Hintergrund der höchst umstrittenen und nach wie vor nicht abschließend geklärten allgemeinen Frage nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags nicht wirklich als solche diskutiert.4679 Im englischen Recht ist ebenfalls anerkannt, dass der der Anbietende auf das Erfordernis der communication der Annahme verzichten kann; die Annahmeerklärung wird dann bereits mit ihrer Manifestation nach außen wirksam.4680 Entbehrlich ist die communication der Annahme ferner bei unilateral contracts4681: Hier wird die Annahme mit Vornahme der begehrten Handlung/ Unterlassung wirksam4682; höchst streitig ist jedoch, ob und unter welchen Voraussetzungen bereits der Handlungsbeginn eine „Sperre“ für den Widerruf seitens des Anbietenden begründet4683. Im Rahmen des CESL-D schließlich kann sich aus dem Angebot selbst, Gepflogenheiten zwischen den Parteien oder Gebräuchen ergibt, dass eine Mitteilung an den Anbietenden entbehrlich ist; Art. 35 Abs. 3 CESL-D lässt die Annahme dann ausdrücklich bereits wirksam werden, sobald der Empfänger zu handeln beginnt.4684 Unter der – sich notwendig aus den allgemeinen Anforderungen an eine wirksame Annahme ergebenden Prämisse, dass das fragliche Verhalten tatsächlich bereits einen klaren Annahmewillen manifestiert, erscheint es in der Tat angemessen, die Annahme (und damit den Vertrag) bereits mit Handlungsbeginn als wirksam anzusehen. Speziell in einem System, das generell oder zumindest im konkreten Fall einen freien Widerruf des Angebots gestattet (wie insbesondere das englische Recht4685 oder auch der CESL-D4686), erschiene es höchst ungerecht, den Angebotsempfänger selbst dann noch dem Risiko eines Widerrufs auszusetzen, wenn er bereits mit der Handlung begonnen hat (oder diese vielleicht sogar schon fast vollendet hat). Dass dies bei unilateral contracts im englischen Recht derart umstritten ist und offenbar auch erhebliche konstruktiv-dogmatische Probleme bereitet, liegt nicht zuletzt auch in den Spezifika des unilateral contracts4687 und der consideration-Doktrin4688 begründet. Da der unilateral contract als Versprechen im Austausch für eine Handlung (oder Unterlassung) (promise in exchange for an act [or for4679
Vgl. bereits oben D. V.1. b) aa). Vgl. oben D. V.1. c) bb)(2), D. VII.3. b) aa). 4681 Allg. zum unilateral contract bereits oben B. II.3. b). 4682 Vgl. oben D. VII.3. b) bb). 4683 Vgl. näher oben D. VII.3. b) bb). 4684 Vgl. oben D. V.1. d) bb), D. VII.4. c) bb). 4685 Vgl. zum Grundsatz der freien Widerruflichkeit im englischen Recht ausf. oben C. VIII.3. a). 4686 Vgl. zum „Kompromissmodell“ des CESL-D bzgl. der Widerruflichkeit des Angebots ausf. oben C. VIII.4. a). 4687 Allg. zum unilateral contract bereits oben B. II.3. b). 4688 Vgl. zur consideration-Doktrin bereits ausf. oben B. I.3. a) cc) und B. I.3. b) dd)(1). 4680
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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bearance]) konstruiert ist4689, kann er erst dann zustande kommen, wenn die betreffende Handlung/Unterlassung vollständig vorgenommen worden ist; der Trend geht jedoch – wie dargelegt4690 – ersichtlich dahin, zumindest den Widerruf – jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen bereits ab Handlungsbeginn auszuschließen. Der CESL-D sperrt dagegen zu Recht nicht nur den Widerruf (vgl. Art. 32 Abs. 1 Hs. 2 CESL-D)4691, sondern lässt in Art. 35 Abs. 3 CESL-D auch den Vertrag bereits mit Handlungsbeginn zustande kommen4692. Da der CESL-D nicht durch die „konstruktive Zwangsjacke“ des unilateral contract gefesselt ist, besteht in der Tat kein sachlicher Grund hier zu differenzieren (wie überhaupt die Differenzierung zwischen „Widerrufssperre“ und Vertragsschluss eine gegenüber einem System mit grundsätzlicher Bindungswirkung des Angebots suboptimale Lösung darstellt4693). Ebenso ist auch im deutschen Recht heute zu Recht anerkannt, dass bereits der Handlungsbeginn eine hinreichende Manifestation des Annahmewillens darstellen kann.4694 In einem System ohne die „konstruktive Zwangsjacke“ des unilateral contract dürfte das eigentliche Problem letztlich auch gar nicht bei der Frage „Handlungsbeginn oder Handlungsvollendung?“ liegen, sondern vielmehr schon in der vorgelagerten Frage, ob das konkrete Verhalten bereits eine hinreichende Manifestation eines Annahmewillens darstellt oder ob es sich lediglich um eine – gerade nicht ausreichende bloße Vorbereitungshandlung handelt. Und dies ist letztlich eine Frage, die nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden kann.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms) Abschließend soll noch ein Sonderproblem beleuchtet werden, das nicht nur praktisch von erheblicher Relevanz ist und in den einzelnen Rechtsordnungen kontrovers diskutiert wurde bzw. wird, sondern auch in der rechtsvergleichenden Literatur zu einem schon fast „klassischen“ Analyseobjekt geworden ist: Die Problematik der kollidierenden AGB bei B2B-Verträgen, die im Englischen so anschaulich als battle of forms („Schlacht der AGB“) bezeichnet wird. Die sich in allen Rechtsordnungen gleichermaßen stellende entscheidende Frage lautet hier: Kommt es überhaupt zu einem Vertragsschluss – und wenn 4689 4690 4691 4692 4693 4694
Vgl. oben B. II.3. b) aa). Vgl. näher oben D. VII.3. b) bb). Vgl. dazu oben C. VIII.4. a) bb)(2)(b). Vgl. dazu oben D. VII.4. c) bb). Vgl. dazu bereits oben C. VIII.5. a) bb)(5). Vgl. oben bei Fn. 4677 sowie bereits oben D. V.1. a) bb)(1)(c).
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D. Annahme
ja, mit welchem Inhalt –, wenn beide Parteien jeweils auf Bezug auf ihre eigenen AGB nehmen, diese einander aber widersprechen? Oder, um in der englischen Metapher zu bleiben: Wer geht letztlich „siegreich“ aus der „Schlacht“ hervor?
1. Deutsches Recht Im deutschen Recht können in Fällen kollidierender AGB je nach konkreter Sachverhaltsgestaltung u.U. auch die bereits oben erörterten Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben eingreifen.4695 Im Folgenden sollen nur diejenigen Fälle erörtert werden, die sich nicht auf diesem Weg lösen lassen. a) Fehlen einer gesetzlichen Regelung Das BGB enthält bis heute keine spezielle Regelung zum Problem kollidierender AGB. Die Väter des BGB gingen – obgleich AGB bereits im 19. Jahrhundert zum Massenphänomen geworden waren4696 vom Modell des in seinen Einzelheiten frei ausgehandelten Vertrags aus4697. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum AGBG4698 hatte der Bundesrat zwar die Aufnahme einer speziellen Vorschrift zur Problematik der kollidierenden AGB angeregt4699. Man erachtete es jedoch vor dem Hintergrund des prinzipiellen Verzichts auf die Normierung von Vorschriften über die Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB im kaufmännischen Verkehr nicht für sinnvoll, gerade diese spezielle Detailfrage zu regeln; die allgemeinen 4695 Vgl. MünchKommBGB/Basedow, 6. Aufl. 2012, § 305 Rn. 104; Berger ZGS 2004, 415, 418; Niebling BauR 1981, 227, 228 f.; Staudinger/Schlosser, Neubearb. 2006, § 305 Rn. 208; Schulte-Nölke (Fn. 2092), § 305 Rn. 19; Striewe JuS 1982, 728 f.; Ulmer/Habersack in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 305 BGB Rn. 182; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20 f.; kritisch insoweit jedoch etwa Schlechtriem FS Wahl, 1973, S. 67, 78 f.; ders. BB 1974, 1309, 1310. 4696 Vgl. Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010, S. 1; Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1935, S. 26 ff.; monographisch: Pohlhausen, Zum Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen im 19. Jahrhundert, 1978. 4697 Vgl. Basedow (Fn. 4695), Vor § 305 Rn. 4; Larenz/Wolf (Fn. 1367), § 2 Rn. 37; Schlosser (Fn. 4695), Vorbem. zu §§ 305 ff. Rn. 2; relativierend jedoch etwa Hellwege (Fn. 4696), S. 5 f. 4698 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) v. 9.12.1976, BGBl. I, 3317 (m.W.v. 1.1.2002 aufgehoben durch das SMG (Fn. 241)und überführt in §§ 305 ff. BGB). 4699 Vgl. Stellungnahme des BR zum RegE z. AGBG, BT-Drs. 7/3919, S. 47 f. (§ 5a AGBGE: „Zusammentreffen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nehmen beide Vertragsparteien auf Allgemeine Geschäftsbedingungen Bezug, die sich insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen widersprechen und haben sie insoweit eine ausdrückliche Einigung nicht erzielt, so werden Bestimmungen, soweit sie sich widersprechen, für den Vertrag nicht wirksam. § 5 Abs. 2 und 3 gilt entsprechen.“).
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Vorschriften ermöglichten insoweit sachgemäße und den Umständen des jeweiligen Einzelfalls gerecht werdende Lösungen4700. b) Rechtsprechung Die Rechtsprechung des BGH folgte (ebenso wie bereits zuvor die des RG4701) bei der Behandlung von Fällen kollidierender AGB ursprünglicher einem relativ schematischen Ansatz, der treffend als „Theorie des letzten Wortes“4702 bezeichnet wird: Soweit die AGB einander widersprachen, wurde die „Annahme“ nach der allgemeinen Regel des § 150 Abs. 2 BGB4703 als Gegenangebot angesehen; führte der andere Teil den Vertrag daraufhin widerspruchslos durch, so wurde dies als konkludente Annahme dieses Gegenangebots qualifiziert.4704 Konsequenz war, dass jeweils die AGB desjenigen Vertragsbestandteil wurden, der seine AGB als letzter übersandt hatte – es setzte sich also derjenige durch, der das „letzte Wort“ hatte. Im Laufe der Zeit hat der BGH seine Konzeption jedoch signifikant modifiziert: Den eigentlichen Auftakt hierzu bildete zwar an sich bereits eine Entscheidung aus dem Jahr 19574705, der eigentliche „Umschwung“ begann dann aber erst in den 1970er Jahren4706. Inzwischen geht der BGH in nunmehr st. Rspr. davon aus, dass die widerspruchslose Hinnahme jedenfalls dann nicht als konkludente Annahme des Gegenangebots (samt der AGB des „Gegenanbieters“) qualifiziert werden kann, wenn die eigenen AGB der betreffenden Partei eine sog. „Abwehrklausel“4707 enthalten; denn damit bringe die betreffende Partei klar zum Ausdruck, dass sie gerade nicht bereit ist, die AGB der anderen Seite zu akzeptieren („vorweggenommener Widerspruch“).4708 Sofern das 4700 Vgl. Gegenäußerung der BReg., BT-Drs. 7/3919, S. 60; s. ferner auch Bericht Rechtsausschuss, BT-Drs. 7/5422, S. 3. 4701 Vgl. RG WarnR 1919 Nr. 5. 4702 Vgl. etwa Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 185; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 47 Rn. 35. 4703 Vgl. dazu bereits näher oben D. IV.1. b). 4704 Vgl. RG WarnR 1919 Nr. 5; BGH BB 1951, 456; BGH LM Nr. 2 § 150 BGB; BGH BB 1954, 882; BGH NJW 1955, 1794, 1795; BGH NJW 1963, 1248; BGH JR 1964, 221. 4705 BGH WM 1957, 1064. 4706 Vgl. die Nachweise in Fn. 4708. 4707 Beispiele: BGH NJW 1985, 1838: „Wird unser Auftrag vom Lieferer abweichend von unseren Bedingungen bestätigt, so gelten auch dann nur unsere Einkaufsbedingungen, selbst wenn wir nicht widersprechen. Abweichungen gelten also nur, wenn sie von uns ausdrücklich schriftlich anerkannt worden sind.“; BGH NJW-RR 2001, 484: „Anderslautende Bedingungen soweit sie nicht in dieser gesamten Bestellung festgelegt sind gelten nicht.“. 4708 Vgl. BGH NJW 1973, 2106, 2107; BGH DB 1973, 1393, 1394; BGH NJW 1973, 2106, 2107; BGH BB 1974, 1136, 1137; BGH WM 1977, 451, 452; BGH WM 1977, 555, 556; BGH NJW 1982, 1751; BGH NJW 1985, 1838; BGH NJW-RR 1986, 984, 985; BGH NJW-RR 1991, 357, 358; BGH NJW 1991, 1604, 1606; BGH NJW 1991, 2633, 2634 f.; BGH NJW-RR 2001, 484, 485; s. ferner auch BGH NJW 2002, 1651, 1652 f. (zum CISG); sowie bereits BGH WM 1957, 1064, 1066.
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D. Annahme
Verhalten der Parteien – speziell in Form der späteren Vertragsdurchführung – jedoch ihren Willen erkennen lässt, den Bestand des Vertrags nicht von der Einigung über die Geltung der AGB abhängen zu lassen, soll gleichwohl ein Vertrag zustande kommen.4709 Die AGB werden jedoch – soweit sie einander widersprechen nicht Vertragsbestandteil4710, sondern an ihre Stelle tritt – entsprechend dem Rechtsgedanken des § 306 Abs. 2 BGB (früher: § 6 Abs. 2 AGBG) das dispositive Gesetzesrecht4711. Dem folgen heute auch die Instanzgerichte4712, teilweise sogar ausdrücklich auch unabhängig von der Existenz einer Abwehrklausel4713. c) Schrifttum Im Schrifttum wird die „Theorie des letzten Wortes“ heute zu Recht allgemein abgelehnt4714, denn sie führt nicht nur zu zufälligen Ergebnissen4715, sondern zwingt in letzter Konsequenz auch zum ständigen Widerspruch gegen die AGB der anderen Partei4716 („Ping-Pong-Spiel“4717). Die ganz h.L. löst die Problematik kollidierender AGB heute4718 vielmehr überzeugend auf der Basis der §§ 154 Abs. 1, 155 BGB: Wenn sich die Parteien 4709 Vgl. BGH WM 1957, 1064, 1066; BGH NJW 1973, 2106, 2107; BGH BB 1974, 1136; BGH WM 1977, 451, 452; BGH NJW 1985, 1838; NJW 1991, 1604, 1606 f.; BGH NJW 1991, 2633, 2635 f.;; s. ferner auch BGH NJW 2002, 1651, 1652 f. (zum CISG). 4710 Vgl. BGH WM 1957, 1064, 1066; BGH BB 1974, 1136, 1137; BGH WM 1977, 451, 452; BGH NJW 1985, 1838; NJW 1991, 1604, 1607; BGH NJW 1991, 2633, 2635 f.;; s. ferner auch BGH NJW 2002, 1651, 1652 f. (zum CISG). 4711 Vgl. BGH WM 1957, 1064, 1066; BGH NJW 1973, 2106, 2107; BGH BB 1974, 1136, 1137; BGH NJW 1985, 1838; NJW 1991, 1604, 1607; BGH NJW 1991, 2633, 2635 f.; s. ferner auch BGH NJW 2002, 1651, 1652 f. (zum CISG). 4712 Vgl. OLG Karlsruhe OLGZ 1973, 195; OLG Frankfurt a.M. BB 1975, 1606; OLG Hamm BB 1979, 701; OLG Stuttgart ZIP 1981, 176; OLG Koblenz WM 1984, 1347; OLG Hamm WM 1985, 785, 786; OLG Düsseldorf ZIP 1988, 1415, 1416; OLG München NJW-RR 1994, 886, 887; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 945, 947; OLG Nürnberg BeckRS 2003, 30323043; LG Nürnberg-Fürth NJOZ 2011, 1014, 1015. 4713 Vgl. OLG Köln ZIP 1980, 270; LG Düsseldorf ZIP 1980, 359; wohl auch OLG Hamm DB 1983, 2619. 4714 Dezidiert verteidigend aber etwa noch Ebel NJW 1978, 1033 ff.; s. ferner etwa auch Grasmann DB 1971, 561, 562 f.; Vogt BB 1975, 200 f. 4715 Vgl. BeckOK-BGB/Becker, Ed. 25/2012, § 305 Rn. 81; Bunte JA 1982, 321, 323; Flume (Fn. 19), § 37, 3 (S. 675 f.); Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64; Kötz (Fn. 209), Rn. 125; Leenen (Fn. 201), § 21 Rn. 30; Lindacher JZ 1977, 604; H. Schmidt NJW 2011, 3329, 3333; Stoffels, AGB-Recht, 2. Aufl. 2009, § 9 Rn. 319; Striewe JuS 1982, 728, 729; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 188; von Westphalen in: von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 31. EL 2012, Vertragsabschlussklauseln Rn. 37. 4716 Vgl. Bunte JA 1982, 321, 323; H. Schmidt NJW 2011, 3329, 3333; Stahl DB 1956, 681; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 319; Striewe JuS 1982, 728, 729; von Westphalen DB 1976, 1317; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 47 Rn. 35; vgl. kritischer ferner auch Wertenbruch (Fn. 202), § 11 Rn. 17 sowie bereits Raiser (Fn. 4696), S. 224. 4717 Vgl. Bunte JA 1982, 321, 323; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 319; Striewe JuS 1982, 728, 729; von Westphalen DB 1976, 1317. 4718 Grundlegend der Sache nach jedoch bereits Raiser (Fn. 4696), S. 224 f.
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ihres Dissenses bezüglich der AGB bewusst sind, kommt der Vertrag gem. § 154 Abs. 1 BGB dennoch insoweit zustande, als die AGB kongruieren, sofern dies dem Parteiwillen entspricht (wofür speziell die Vertragsdurchführung ein wichtiges Indiz ist); haben die Parteien den Dissens nicht bemerkt, so ergibt sich dasselbe aus § 155 BGB (sog. Prinzip der Kongruenzgeltung bzw. Restgültigkeitstheorie).4719 Nach h.M. soll es dabei zu Recht auch nicht auf die Existenz einer Abwehrklausel ankommen4720, da das Ergebnis damit letztlich doch wieder von einer Zufälligkeit abhängig gemacht werden würde4721. Soweit die AGB einander widersprechen, gilt nach dem Rechtsgedanken des § 306 Abs. 2 BGB das dispositive Recht.4722 Inwieweit Inkongruenz vorliegt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.4723 4719 Vgl. Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 106; Becker (Fn. 4715), § 305 Rn. 81 f.; Berger ZGS 2004, 415, 419; Bork (Fn. 202), Rn. 1767; Bunte ZIP 1982, 449 f.; ders. JA 1982, 321, 323 f.; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 54; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64; Lindacher JZ 1977, 604, 605; Medicus (Rn. 1017), Rn. 435; Niebling BauR 1981, 227 ff.; Pfeiffer in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. 2009, § 305 Rn. 139 ff.; Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl. 2011, § 305 Rn. 54; Schlechtriem FS Wahl, 1973, S. 67, 76 f.; ders. BB 1974, 1309, 1310; ders. in: Schlechtriem/Leser (Hrsg.), Zum Deutschen und Internationalen Schuldrecht, 1983, S. 1, 11 ff.; Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 46; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 206; H. Schmidt NJW 2011, 3329, 3333; Schulte-Nölke (Fn. 2092), § 305 Rn. 20; Stadler (Fn. 242), § 305 Rn. 23; Stahl DB 1956, 681; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 320 f.; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 188, 190; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; Wertenbruch (Fn. 202), § 11 Rn. 18; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 39 ff.; ders. DB 1976, 1317, 1319, 1321; ders. FS Kreft, 2004, S. 97, 107 f., 114; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 47 Rn. 35; ebenso i.E. (aber ohne Bezugnahme auf §§ 154 Abs. 1, 155 BGB): Brox/Walker (Fn. 202), Rn. 228; de Lousanoff NJW 1982, 1727, 1730; ders. NJW 1985, 2921, 2924; Flume (Fn. 19), § 37, 3 (S. 676); Köhler (Fn. 985), § 16 Rn. 18; Kötz (Fn. 209), Rn. 125; Leenen (Fn. 201), § 21 Rn. 30; s. ferner auch Striewe JuS 1982, 728, 730 f.; s. weiter auch Petersen JURA 2010, 667, 668 f. (nicht §§ 154 Abs. 1, 155 BGB, sondern einschränkende Auslegung von § 150 Abs. 2 BGB). 4720 Vgl. Becker (Fn. 4715), § 305 Rn. 82; Bunte ZIP 1982, 449; ders. JA 1982, 321, 323; de Lousanoff NJW 1982, 1727, 1730 f.; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 54; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64; Niebling BauR 1981, 227, 230; Roloff (Fn. 4719), § 305 Rn. 54; Schlechtriem BB 1974, 1309, 1310; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 207; H. Schmidt NJW 2011, 3329, 3333; Schulte-Nölke (Fn. 2092), § 305 Rn. 20; Stahl DB 1956, 681; Striewe JuS 1982, 728, 731; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 189; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; Wertenbruch (Fn. 202), § 11 Rn. 18; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 39 ff.; ders. DB 1976, 1317, 1321; ders. FS Kreft, 2004, S. 97, 108 ff.; wohl auch Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 107; Medicus (Rn. 1017), Rn. 435; Wolf/ Neuner (Fn. 202), § 47 Rn. 35; abw. jedoch Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 139 ff. 4721 Vgl. OLG Köln ZIP 1980, 270, 272; Bunte ZIP 1982, 449; ders. JA 1982, 321, 323; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 207; Striewe JuS 1982, 728, 731; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 189; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 39 ff.; ausf. und dezidiert gegen das Abstellen auf Abwehrklauseln speziell ders. FS Kreft, 2004, S. 97, 108 ff. 4722 Vgl. Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 106; Becker (Fn. 4715), § 305 Rn. 82; Berger ZGS 2004, 415, 419; Bunte ZIP 1982, 449, 450; ders. JA 1982, 321, 323; de Lousanoff NJW 1982, 1727, 1730; ders. NJW 1985, 2921, 2924; Flume (Fn. 19), § 37, 3 (S. 676); Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 54; Kötz (Fn. 209), Rn. 125; Leenen (Fn. 201), § 21 Rn. 30; Medicus (Rn. 1017), Rn. 435; Petersen JURA 2010, 667, 669; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 142 f.; Roloff (Fn. 4719), § 305 Rn. 55; Schlechtriem FS Wahl, 1973, S. 67, 77 f.; ders. BB 1974, 1309, 1310; ders. in: Schlecht-
692
D. Annahme
Umstritten ist insoweit, ob ggf. auch eine Reduktion auf ein „gemeinsames Minimum“ möglich ist. Dagegen spricht zwar, dass dies letztlich dazu führt, dass sich stets die Partei, deren AGB das „Minimum“ enthalten, durchsetzt4724; je nach Sachverhalt kann das „gemeinsame Minimum“ aber auch für die andere Partei immer noch günstiger bzw. interessengerechter sein als das dispositive Recht4725. Am überzeugendsten dürfte es daher sein, im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob eine Reduktion auf das „gemeinsame Minimum“ eine aus der Perspektive beider Parteien akzeptable und interessengerechte Lösung darstellt (speziell im Vergleich zum anderenfalls eingreifenden dispositiven Recht).4726 Enthalten nur die AGB einer Partei Regelungen zu einem bestimmten Punkt (sog. einseitiger Regelungsgehalt), so ist ebenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob eher die Geltung dieser Regelung oder des dispositiven Rechts dem Willen der anderen Partei entspricht.4727 Vertragsbestandteil wird eine solche Klausel zudem nach h.M., wenn und soweit ein entsprechender Handelsbrauch besteht.4728 4723 riem/Leser (Hrsg.), Zum Deutschen und Internationalen Schuldrecht, 1983, S. 1, 11 ff.; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 206, 209; Schulte-Nölke (Fn. 2092), § 305 Rn. 20; Stadler (Fn. 242), § 305 Rn. 23; Stahl DB 1956, 681; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 321; Striewe JuS 1982, 728, 731 f.; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 191; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; Wertenbruch (Fn. 202), § 11 Rn. 18; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 43; ders. DB 1976, 1317, 1320 f.; ders. FS Kreft, 2004, S. 97, 107 f., 114; Wolf/Neuner (Fn. 202), § 47 Rn. 35; abw. jedoch (keinerlei Geltung der AGB, nur dispositives Gesetzesrecht): Weber DB 1970, 2417, 2422; ferner offenbar auch Emmerich JuS 1972, 361, 365. 4723 Vgl. Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 142; Schlechtriem in: Schlechtriem/Leser (Hrsg.), Zum Deutschen und Internationalen Schuldrecht, 1983, S. 1, 12; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 322; Striewe JuS 1982, 728, 732; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 192; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 43. 4724 Vgl. Niebling BauR 1981, 227, 230; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 142; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 192. 4725 Vgl. Bunte ZIP 1982, 449, 450; Medicus (Rn. 1017), Rn. 435; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 142; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 192; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 44 f. 4726 I.d.S. etwa Bunte ZIP 1982, 449, 450; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 142; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 192; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 44 f.; s. ferner auch Schlechtriem (Fn. 4723), S. 1, 12; Striewe JuS 1982, 728, 731. 4727 Vgl. Niebling BauR 1981, 227, 230; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn.144; Schlechtriem (Fn. 4723), S. 1, 13 ff.; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 322; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 194; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 47 f.; ders. DB 1976, 1317, 1320 f.; s. ferner auch Medicus (Rn. 1017), Rn. 435. 4728 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 555 (bzgl. Branchenüblichkeit eines verlängerten Eigentumsvorbehalts im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen der Windkraftbranche; die Sache wurde allerdings zwecks Feststellung der Existenz eines solchen zurückverwiesen); Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 108; de Lousanoff NJW 1985, 2921, 2924 f.; Eckert/Nebel WM 1988, 1545, 1548 ff.; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 57; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 144; Schlechtriem (Fn. 4723), S. 1, 15; Stadler (Fn. 242), § 305 Rn. 23; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 323; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 194; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; a.A. Roloff (Fn. 4719), § 305 Rn. 55; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 209.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
693
d) Sonderproblem: Eigentumsvorbehalt Die vorstehend referierten Grundsätze gelten prinzipiell auch für den Fall des nur in den AGB einer Partei geregelten Eigentumsvorbehalts. In der Rechtsprechung des BGH scheiterte eine Einbeziehung in den Vertrag regelmäßig an der Existenz einer Abwehrklausel in den ErwerberAGB.4729 Der Eigentumsvorbehalt kann allerdings u.U. gleichwohl Vertragsbestandteil werden, wenn er handelsüblich ist4730. Dies wird heute in bestimmten Branchen jedenfalls für den einfachen Eigentumsvorbehalt angenommen4731, kann aber u.U. – je nach Branche – ggf. auch für den verlängerten Eigentumsvorbehalt zu bejahen sein4732. Selbst in den Fällen, in denen der Eigentumsvorbehalt nicht Bestandteil des schuldrechtlichen Vertrags wird, kann der Veräußerer den (einfachen) Eigentumsvorbehalt aber ggf. einseitig im Wege des dinglichen Erfüllungsgeschäfts zur Geltung bringen: Denn wenn der Erwerber Kenntnis von der Eigentumsvorbehaltsklausel in den AGB hatte (bzw. hätte haben können), kann er nicht davon ausgehen, dass der Veräußerer unbedingt übereignen wollte.4733
2. Französisches Recht a) Grundsatz: clauses contradictoires s’annulent Die Lösung der Problematik der kollidierenden AGB (conflit des conditions générales) des französischen Rechts entspricht im Kern derjenigen, die in 4729
Vgl. etwa BGH NJW 1979, 2199; BGH NJW 1985, 1838, 1840; BGH NJW-RR 1991,
357. 4730
Vgl. bereits oben bei Fn. D. VIII.1. c) bei Fn. 4728. Vgl. LG Marburg NJW-RR 1993, 1505 (Textilbranche); OLG Hamm NJW-RR 1993, 1444 (konkret verneint für Lebensmittelbranche); de Lousanoff NJW 1985, 2921, 2925; Eckert/ Nebel WM 1988, 1545, 1549 f.; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 57; Pfeiffer (Fn. 4720), § 305 Rn. 144; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 323; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 194; Ulmer/ H. Schmidt JuS 1982, 18, 20; s. ferner auch Schlechtriem (Fn. 4723), S. 1, 20 f.; abw. Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 209. 4732 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 555 (bzgl. Branchenüblichkeit eines verlängerten Eigentumsvorbehalts im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen der Windkraftbranche; die Sache wurde allerdings zwecks Feststellung der Existenz eines solchen zurückverwiesen); Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 108; Becker (Fn. 4715), § 305 Rn. 83; Eckert/Nebel WM 1988, 1545, 1550 f.; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 57; abw. Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 209. 4733 Vgl. BGH NJW-RR 1986, 1378; BGH NJW-RR 1991, 357; BGH NJW-RR 2004, 555, 556; Basedow (Fn. 4695), § 305 Rn. 108; Becker (Fn. 4715), § 305 Rn. 83; Berger ZGS 2004, 415, 419; de Lousanoff NJW 1982, 1727, 1730 f.; ders. NJW 1985, 2921, 2925; Grüneberg (Fn. 242), § 305 Rn. 55; Lieb FS Baumgärtel, 1990, S. 311, 322 f.; Mayer NJW 1978, 1037, 1038; Medicus (Rn. 1017), Rn. 435; Roloff (Fn. 4719), § 305 Rn. 56; Schlosser (Fn. 4695), § 305 Rn. 209; Sieg RIW 1997, 811, 818; Stoffels (Fn. 4716), § 9 Rn. 323; Striewe JuS 1982, 728, 732; Ulmer/Habersack (Fn. 4695), § 305 Rn. 197; Ulmer/H. Schmidt JuS 1982, 18, 21 ff.; Wertenbruch (Fn. 202), § 11 Rn. 19; von Westphalen (Fn. 4715), Vertragsabschlussklauseln Rn. 49; abw. jedoch etwa Bunte ZIP 1982, 449, 450 f.; ders. JA 1982, 321, 325 f. 4731
694
D. Annahme
Deutschland als „Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“4734 und im common law als knock out rule4735 bezeichnet wird:4736 Nach st. Rspr. der Cour de Cassation und der Instanzgerichte sowie auch der h.L. „annullieren“ sich die AGB gegenseitig, soweit sie sich widersprechen bzw. miteinander unvereinbar sind (clauses contradictoires/inconciliables s’annulent)4737; insoweit gilt stattdessen das dispositive Recht (droit commun)4738. Ob bestimmte AGB-Klauseln miteinander unvereinbar sind, ist im Wege der Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsstandards4739 zu ermitteln. Klassisches Beispiel und bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen4740 gewesen ist dabei der Fall, dass die AGB verschiedene Gerichtsstände für Streitigkeiten aus dem konkreten Vertrag vorsehen. Allerdings kommt es auch insoweit auf die Formulierung der Klauseln im konkreten Einzelfall an. Illustrativ insofern etwa ein Urteil der Cour de Cassation vom 16.11.19614741: 4734
Vgl. oben D. VIII.1. c) bei Fn. 4719. Vgl. unten D. VIII.3. b) bei Fn. 4788. 4736 Vgl. auch Forti (2008) 60 RIDC 729, 749; Rouhette RDC 2007, 1371, 1399 f.; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 205; Testu (Fn. 991), 21.32. 4737 Vgl. Cass. req., 5.2.1934, S. 1934.I.110; Cass. com., 7.11.1956, D. 1957, somm. 67; Cass. civ. 2e, 2.1.1957, D. 1957, somm. 69; Cass. com., 20.11.1984, n° 83-15956; Cass. com., 17.10.2000, n° 98-12242; Cass. com., 13.6.2006, n° 05-17256; CA Angers, 9.1.1952, D. 1952, 404; CA Douai, 20.11.1964, D. 1965, 506; Trib. com. de Troyes, 17.11.1941, D. 1942, 46; C. de Colmar, 29.5.1973, D. 1973, somm. 147; Chauvel, Consentment, Rép. civ. Dalloz, avril 2007, n° 177; Delbarre/Lavabre RJDA 1994, 380, 382; Delforge, Le conflit né de la confrontation de conditions générales contradictoires et son incidence sur la formations des contrats, in: Fontaine (éd.), Le processus de formation du contrat. Contributions comparatives et interdisciplinaires à l’harmonisation de droit européen, 2002, n° 23; Fages (Fn. 245), n° 79; Finon LPA 1997, n° 13, 5, n° 22; Rouhette RDC 2007, 1371, 1399 f.; Schmidt-Szalewski Mélanges Colomer, 1993, S. 415, 420; Terré/Simler/Lequette (Fn. 243), n° 122; Testu (Fn. 991), 21.32. 4738 Vgl. Cass. req., 5.2.1934, S. 1934.I.110; Cass. com., 7.11.1956, D. 1957, somm. 67; Cass. civ. 2e, 2.1.1957, D. 1957, somm. 69; Cass. com., 20.11.1984, n° 83-15956; Cass. com., 17.10.2000, n° 98-12242; Cass. com., 13.6.2006, n° 05-17256; CA Angers, 9.1.1952, D. 1952, 404; CA Douai, 20.11.1964, D. 1965, 506; Trib. com. de Troyes, 17.11.1941, D. 1942, 46; C. de Colmar, 29.5.1973, D. 1973, somm. 147; Chauvel (Fn. 4737), n° 177; Delbarre/Lavabre RJDA 1994, 380, 382; Delforge (Fn. 4737), n° 23; Fages (Fn. 245), n° 79; Finon LPA 1997, n° 13, 5, n° 22; Rouhette RDC 2007, 1371, 1399 f.; Schmidt-Szalewski Mélanges Colomer, 1993, S. 415, 420; Testu (Fn. 991), 21.32. 4739 Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des französischen Rechts bereits oben C. II.2. 4740 Vgl. Cass. com., 7.11.1956, D. 1957, somm. 67 (unterschiedliche Gerichtsstände in den jeweiligen AGB); Cass. com., 20.11.1984, n° 83-15956 (Käufer-AGB: Gerichtsstand Toulon; Verkäufer-AGB: Gerichtsstand Macon); Cass. com., 17.10.2000, n° 98-12242 (unterschiedliche Gerichtsstandsklauseln in [angeblich] eine Einheit bildenden Verträgen); Cass. com., 13.6.2006, n° 05-17256 (unterschiedliche Gerichtsstände in Käufer- und Verkäufer-AGB; vgl. zu diesem Fall noch näher unten D. VIII.2. d)); CA Angers, 9.1.1952, D. 1952, 404 (Verkäufer-AGB: Gerichtsstand Saumur, Käufer-AGB: Gerichtsstand Toul); CA Douai, 20.11.1964, D. 1965, 506 (verschiedene Gerichtsstände in Käufer- und Verkäufer-AGB); Trib. com. de Troyes, 17.11.1941, D. 1942, 46 (verschiedene Gerichtsstände); C. de Colmar, 29.5.1973, D. 1973, somm. 147 (verschiedene Gerichtsstände). 4741 Cass. civ. 2e, 16.11.1961, D. 1962, 420 m. Anm. Ponchon. Vgl. dazu ferner auch Eisemann AWD 1962, 112 f.; D. Schmidt/Niggemann AWD 1974, 309, 311 f. 4735
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
695
Die Verkäufer-AGB hatten als Gerichtsstand Marmande vorgesehen, diejenigen des Käufers (eines Weinhändlers) dagegen Bordeaux; die entsprechende Klausel stand jedoch in den Käufer-AGB unter der Rubrik „conditions générales de vente“ („Allgemeine Verkaufsbedingungen“). Die Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht zu Unrecht von einem Widerspruch zwischen den AGB ausgegangen war, denn die Gerichtsstandsklausel in den Käufer-AGB habe sich ausschließlich auf Fälle bezogen, in denen der betreffende Weinhändler Verkäufer – und nicht wie im konkreten Fall Käufer – war. Zudem kann ein echter Widerspruch zwischen den AGB naturgemäß nur dann vorliegen, wenn hinsichtlich der AGB beider Parteien die allgemeinen Anforderungen für die Einbeziehung in den Vertrag gegeben sind. Dies veranschaulicht etwa ein Urteil der Cour de Cassation v. 29.10.19644742: Das Angebotsschreiben des Verkäufers enthielt eine deutlich hervorgehobene Gerichtsstandsklausel zugunsten des Trib. com. Lons-le-Saunier; die Käuferin antwortete darauf ohne jegliche Diskussion dieser Klausel mit einem Bestellschreiben, auf dessen Rückseite klein ihre „Allgemeinen Einkaufsbedingungen“ abgedruckt waren, welche eine Gerichtsstandsklausel zugunsten des Trib. com. de la Seine enthielten. Die Cour de Cassation entschied, dass das Instanzgericht im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass sich die Käuferin durch das Bestellschreiben mit den Verkäufer-AGB einverstanden erklärt hatte und die nur klein auf Rückseite abgedruckte Gerichtsstandsklausel dem nicht entgegenstehe. Ein „Widerspruch“ kann schließlich auch im Falle eines sog. einseitigen Regelungsgehalts vorliegen, d.h. wenn nur die AGB einer Partei eine Regelung zu einem bestimmten Punkt enthalten; auch dies ist dann aber stets eine Frage der Auslegung im konkreten Einzelfall. In der Praxis stellt sich diese Frage u.a. häufig im Falle von Eigentumsvorbehaltsklauseln (speziell dazu noch unten b)). Illustrativ aber etwa auch ein Urteil der CA Caen v. 11.12.20084743: Eine Tochtergesellschaft von Coca Cola hatte Produkte an eine französische Einzelhandelskette geliefert. Die Coca Cola-Verkäufer-AGB enthielten eine Gerichtsstandsklausel, während die Einkäufer-AGB hierzu gar nichts regelten. Die CA Caen entschied, dass in casu hinsichtlich des Gerichtsstands kein Widerspruch zwischen den AGB bestand und die Gerichtsstandsklausel von Coca Cola somit wirksam Vertragsbestandteil geworden war.
4742 Cass. com., 29.10.1964, Bull. civ. n° 458. Vgl. zu dieser Entscheidung auch Barfuss AWD/RIW 1975, 319, 326; sowie (allerdings mit etwas anderer Interpretation) auch Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 206. 4743 CA Caen, 11.12.2008, n° RG 08/03157 (SAS Coca Cola Entreprise ./. SA SCA Normandie). Vgl. dazu auch Augagneur JCP E 2010, 1654 n° 13.
696
D. Annahme
b) Insbesondere: Eigentumsvorbehaltsklauseln Die dargestellten Grundsätze gelten prinzipiell auch für den Spezialfall einer Eigentumsvorbehaltsklausel4744 in AGB: Wenn die Verkäufer-AGB eine Eigentumsvorbehaltsklausel vorsehen, die Käufer-AGB dagegen entweder eine ausdrückliche Abwehrklausel enthalten4745 oder sich ihnen zumindest implizit entnehmen lässt, dass der Käufer gerade keinen Eigentumsvorbehalt will4746, so liegt in diesem Punkt ein Widerspruch zwischen den AGB vor, mit der Folge, dass die Eigentumsvorbehaltsklausel als „annulliert“ gilt und an ihre Stelle die dispositive Regel des Art. 1583 C. civ. (Eigentumsübergang sobald Einigung über die Sache und den Preis erfolgt ist)4747 tritt.4748 Wie die Urteile der Cour de Cassation in der Rs. Codec ./. L’Alsacienne v. 25.10.19944749 und in der Rs. Codec ./. Schweppes v. 11.7.19954750 anschaulich demonstrieren, kann dies grundsätzlich selbst dann gelten, wenn die Parteien zwar zunächst hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts widersprechende AGB austauschen, der Käufer dann aber später eine Einverständniserklärung ohne ausdrücklichen Widerspruch gegen die Eigentumsvorbehaltsklausel zurücksendet4751 oder einen Lieferschein unterzeichnet4752 und die Lieferung dann ohne speziellen weiteren Widerspruch entgegennimmt. Nach Auffassung des Gerichts genügt es vielmehr, dass die Ablehnung jeglichen Eigentumsvorbehalts seitens des Käufers einmal zur Kenntnis des Verkäufers gelangt ist; dann könne dieser die Eigentumsvorbehaltsklausel nicht durchsetzen, sofern der Käufer seine ursprüngliche Ablehnung nicht ausdrücklich aufgibt. Das Eigentum geht vielmehr – entsprechend der allgemeinen Regel des Art. 1583 C. civ.4753 sofort mit Einigung über Kaufgegenstand und -preis auf den Käufer über.4754
4744
Seit der Reform des Kreditsicherheitenrechts im Jahr 2006 (s. Fn. 906) ist der Eigentumsvorbehalt ausdrücklich geregelt in Art. 2367 ff. C. civ. (vgl. dazu Klein/Tietz RIW 2007, 101, 105; Simler JCP G 2006.I.124 n° 14). Gem. Art. 2368 C. civ. bedarf die Vereinbarung der Schriftform. 4745 So in den Fällen Cass. com., 25.10.1994, n° 92-21807 (Codec ./. L’Alsacienne); Cass. com., 11.7.1995, n° 93-10570 (Codec ./. Schweppes). 4746 So im Fall Cass. com., 12.7.1994, n° 92-10761. 4747 Siehe Fn. 1481. 4748 Vgl. Mainguy JCP G 1996.II.22583. 4749 Cass. com., 25.10.1994, n° 92-21807 (Codec ./. L’Alsacienne). Dazu Crocq RTD civ. 1996, 675 f.; Mainguy JCP G 1996.II.22583. 4750 Cass. com., 11.7.1995, n° 93-10570 (Codec ./. Schweppes). Dazu Crocq RTD civ. 1996, 675 f.; Mainguy JCP G 1996.II.22583; Pérochon D. 1996, somm. 213. Vgl. zu dieser Entscheidung ferner auch (allerdings mit etwas anderer Interpretation) Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 206 f. 4751 So im Fall Cass. com., 11.7.1995, n° 93-10570 (Codec ./. Schweppes). 4752 So im Fall Cass. com., 25.10.1994, n° 92-21807 (Codec ./. L’Alsacienne). 4753 Siehe Fn. 1481. 4754 Vgl. Mainguy JCP G 1996.II.22583.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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Anders als nach deutschem Recht, wonach der Verkäufer den Eigentumsvorbehalt auf Grund des Abstraktionsprinzips ggf. zumindest auf dinglicher Ebene durchsetzen kann4755, kann der Verkäufer einen Eigentumsvorbehalt in AGB nach französischem Recht somit auf Grund der Geltung des Konsensprinzips hinsichtlich des Eigentumsübergangs nur dann durchsetzen, wenn der Käufer sich damit einverstanden erklärt. Anzumerken ist allerdings, dass dies zwischenzeitlich durchaus einmal anders war: Durch Gesetz vom 1.7.19964756 war nämlich eine Vorschrift eingeführt worden, der zufolge eine Eigentumsvorbehaltsklausel dem Käufer in der Insolvenz ungeachtet einer gegenteiligen Klausel entgegengehalten werden konnte, so dass sich der Verkäufer insofern letztlich durchsetzte.4757 Diese Regelung stieß jedoch auf heftige Kritik4758 und wurde schließlich im Zuge der Reform des Kreditsicherheitenrechts im Jahr 20064759 wieder abgeschafft.4760 Seitdem gelten wieder die soeben dargestellten Grundsätze.4761
4755
Vgl. oben D. VIII.1. d). Loi no 96-588 du 1er juillet 1996 sur la loyauté et l’équilibre des relations commerciales, JORF n° 153 du 3 juillet 1996, p. 9983. 4757 Ursprünglich als S. 3 in Art. 121(2) Loi no 85-98 du 25 janvier 1985 relative au redressement et à la liquidation judiciaires des entreprises; die Vorschrift wurde dann aber in Art. L. 621-122(2) C. com. transferiert: … Nonobstant toute clause contraire, la clause de réserve de propriété est opposable à l’acheteur et aux autres créanciers, à moins que les parties n’aient convenu par écrit de l’écarter ou de la modifier. (… Diese Klausel muss zwischen den Parteien spätestens im Zeitpunkt der Lieferung schriftlich vereinbart worden sein. Ungeachtet jeglicher gegenteiligen Klausel kann die Eigentumsvorbehaltsklausel dem Käufer und anderen Gläubigern entgegengehalten werden, es sei denn, die Parteien haben schriftlich vereinbart, sie auszuschließen oder zu modifizieren.) 4758 Vgl. etwa Crocq RTD civ. 1996, 675 ff.; ders. JCP G 2006, supp. au n° 20, n° 18; Voinot D. 1997, 312 ff.; ders. LPA 2008, n° 68, 62, n° 16; ders., Réserve de propriété, Rép. com. Dalloz, février 2008, n° 37. 4759 S. Fn. 906. 4760 Art. L. 624-16(2) C. com. bestimmt heute nur noch: …Cette clause doit avoir été convenue entre les parties dans un écrit au plus tard au moment de la livraison. Elle peut l’être dans un écrit régissant un ensemble d’opérations commerciales convenues entre les parties. (… Diese Klausel muss zwischen den Parteien spätestens im Zeitpunkt der Lieferung schriftlich vereinbart worden sein. Sie kann in einem Schriftstück, das eine Gesamtheit von Handelsbeziehungen zwischen den Parteien regelt, enthalten sein.) Vgl. zum Ganzen Crocq JCP G 2006, supp. au n° 20, n° 18; ders., J.-Cl. Civil Code, Art. 2367 à 2372, 2008, n° 19 ff.; Dammann D. 2006, 1298, 1300; Vallens, Crise du crédit et entreprises: Les réponses du droit, 2011, S. 95; Voinot LPA 2008, n° 68, 62, n° 16; ders., Réserve de propriété, Rép. com. Dalloz, février 2008, n° 36 f.; knapp auf Deutsch: Wilhelm ZEuP 2009, 152, 166. 4761 Vgl. Crocq JCP G 2006, supp. au n° 20, n° 18; Vallens (Fn. 4760), S. 95; Voinot LPA 2008, n° 68, 62, n° 16; ders., Réserve de propriété, Rép. com. Dalloz, février 2008, n° 37. 4756
698
D. Annahme
c) Sonderproblem: Die Bedeutung von Art. L. 441-6, L. 441-7 C. com. Ein Sonderproblem ist die Frage, ob und welche Auswirkungen die 2005 in den Art. L. 441-6, L. 441-7 C. com. installierten – an sich genuin wettbewerblichen Transparenzvorschriften4762 auf die Behandlung von battle of formsFällen haben. Art. L. 441-6(1) C. com. verpflichtet jeden Produzenten, Dienstleister, Großhändler und Importeur, jedem Käufer/Auftraggeber, der im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit handelt, seine allgemeinen Verkaufsbedingungen für die zugleich ein bestimmter Mindestinhalt vorgegeben wird zu übermitteln und bestimmt dann explizit, dass diese „constituent le socle de la négociation commerciale“ („den Sockel der geschäftlichen Verhandlungen bilden“).4763 Art. L. 441-7(1) C. com. bestimmt sodann, dass Lieferant und Händler/Auftraggeber das Ergebnis ihrer Verhandlungen in einem schriftlichen Dokument festhalten müssen, das u.a. die Kauf- bzw. Leistungsbedingungen, die aus den geschäftlichen Verhandlungen „dans le respect de l’article L. 4416“ („unter Beachtung des Art. L. 441-6“) resultieren, festhalten muss.4764 In einem norminterpretierenden Rundschreiben des zuständigen Ministeriums vom 8.12.20054765 heißt es mit Bezug auf diese Vorschriften, dass Einkaufsbe4762
Eingefügt durch Loi n° 2005-882 du 2 août 2005 en faveur des petites et moyennes entreprises, JORF n° 179 du 3 août 2005, p. 12639. Vgl. zum Ganzen Augagneur RTD com. 2008, 221 ff.; ders. JCP E 2010, 1654 ff.; Mainguy JCP E 2006, 1294 ff.; Testu/Herzele JCP E 2008, 1113 ff. 4763 Art. L. 441-6 C. com. (1) Tout producteur, prestataire de services, grossiste ou importateur est tenu de communiquer ses conditions générales de vente à tout acheteur de produits ou tout demandeur de prestations de services qui en fait la demande pour une activité professionnelle. Celles-ci constituent le socle de la négociation commerciale. Elles comprennent: … ((1) Jeder Produzenten, Dienstleister, Großhändler oder Importeur ist gehalten, seine allgemeinen Verkaufsbedingungen an jeden Käufer der Produkte oder jeden Nachfrager der Dienstleistungen, der die Nachfrage im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit macht, zu übermitteln. Diese bilden den Sockel der geschäftlichen Verhandlungen. Sie beinhalten: …). 4764 Art. L. 441-7 C. com. (1) Une convention écrite conclue entre le fournisseur et le distributeur ou le prestataire de services indique les obligations auxquelles se sont engagées les parties en vue de fixer le prix à l’issue de la négociation commerciale. Etablie soit dans un document unique, soit dans un ensemble formé par un contrat-cadre annuel et des contrats d’application, elle fixe: 1° Les conditions de l’opération de vente des produits ou des prestations de services telles qu’elles résultent de la négociation commerciale dans le respect de l’article L. 441-6; … ((1)Eine zwischen dem Lieferanten und dem Händler oder Auftraggeber schriftlich geschlossene Vereinbarung gibt die Pflichten an, zu denen sich die Parteien in Bezug auf die Festlegung des Preises nach den geschäftlichen Verhandlungen verpflichtet haben. Festgehalten entweder in einem einzigen Dokument oder in einer Gesamtheit aus jährlichem Rahmenvertrag und anwendbaren Verträgen, legt sie fest: 1° Unter Beachtung des Artikel L. 441-6 die Bedingungen des Verkaufs der Waren oder der Leistung der Dienste, die sich aus den geschäftlichen Verhandlungen ergeben; …). 4765 Ministère des Petites et Moyennes entreprises, du Commerce, de l’Artisanat et des Professions libérales, Circulaire du 8 décembre 2005 relative aux relations commerciales, JORF n° 303 du 30 décembre 2005, p. 20557. Dazu Mainguy JCP E 2006, 1294 ff.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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dingungen, die eine Ablehnung der Verkaufsbedingungen implizieren, einen Missbrauch der Einkaufsmacht des Käufers oder eine missbräuchliche Diskriminierung darstellen können4766. Vor diesem Hintergrund wird im Schrifttum teilweise die Ansicht vertreten, dass die Einkaufs-AGB den Verkaufs-AGB nicht „radikal widersprechen“ dürfen, weil sonst deren Funktion als „Verhandlungssockel“ in Frage gestellt würde.4767 Von anderer Seite wird dem allerdings vehement und auch mit guten Gründen widersprochen: Auch wenn die Verkaufs-AGB den „Verhandlungssockel“ bildeten, so seien sie doch keineswegs unantastbar; es bleibe vielmehr auch weiterhin dabei, dass die Einkaufs-AGB die VerkaufsAGB im Rahmen der Verhandlungen ergänzen oder ihnen widersprechen können; in Bezug auf die Lösung von battle of forms-Fälle bleibe es daher bei den anerkannten Grundsätzen.4768 Ähnlich hat etwa auch die CA Nîmes in einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 betont, dass im handelsrechtlichen Bereich nichts dazu zwinge, die Verkaufs-AGB gegenüber den Einkaufs-AGB zu bevorzugen.4769 d) Ausnahmsweise Geltung der AGB einer Partei, speziell auf Grund ständiger Übung zwischen den Parteien Ausnahmsweise ist es nach französischem Recht aber auch möglich, dass – insbesondere auf Grund einer ständigen Übung zwischen den Parteien – letztlich ausschließlich die AGB einer Partei Vertragsbestandteil werden.4770 Ein illustratives Beispiel aus der Rechtsprechung ist etwa ein Urteil der Cour de Cassation vom 13.6.20064771: Drei Gesellschaften hatten bei einer DaimlerChrysler-Tochter unter Verwendung ihrer AGB, die u.a. auch eine Gerichtsstandsklausel enthielten, Waren bestellt. Die DaimlerChrysler-Tochter sandte daraufhin Auftragsbestätigungen, die ausdrücklich auf ihre allgemeinen Verkaufsbedingungen verwiesen, welche ebenfalls eine Gerichtsstandsklausel, allerdings zugunsten eines anderen Gerichts, enthielten. Die drei Gesellschaften nahmen die Waren daraufhin widerspruchslos entgegen. Die Cour de Cassation entschied, dass die CA auf Grund der Gesamtumstände – speziell der Tatsache, dass die drei Gesellschaften in der Vergangen4766
Circulaire du 8 décembre 2005 (Fn. 4765), 1.5. Vgl. Testu/Herzele JCP E 2008, 1113 n° 15; s. ferner auch Testu (Fn. 991), 21.32. 4768 Vgl. Augagneur JCP E 2010, 1654, n° 15, 17 ff. 4769 CA Nîmes, 25.2.2010, n° n° 07/00606: „en droit commercial rien n’impose de préférer les conditions générales de vente d’un fournisseur aux conditions générales d’achat d’un distributeur client, qui sont soumises à la négociation commerciale des parties“ („im Handelsverkehr gibt es nichts, das es gebieten würde, die allgemeinen Verkaufsbedingungen eines Lieferanten gegenüber den allgemeinen Einkaufsbedingungen eines Händlers, die den geschäftlichen Verhandlungen der Parteien zu Grunde gelegt werden, zu bevorzugen“). 4770 Vgl. auch Finon LPA 1997, n° 13, 5, n° 22. 4771 Cass. com., 13.6.2006, n° 05-17256. 4767
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D. Annahme
heit bereits in einer ganzen Reihe von Fällen Waren bei der DaimlerChryslerTochter bestellt und deren Auftragsbestätigungen dabei stets auf ihre allgemeinen Verkaufsbedingungen verwiesen hatten zu dem Schluss gelangen konnte, dass die drei Gesellschaften sich durch die widerspruchslose Annahme der Lieferungen auch in casu stillschweigend mit den allgemeinen Verkaufsbedingungen einverstanden erklärt hatten. e) Die Problematik kollidierender AGB in den neueren Reformprojekten Die Problematik kollidierender AGB wurde auch im Rahmen der jüngsten Bestrebungen um eine Reform des französischen Vertragsrechts4772 diskutiert; sowohl das Avant-projet Catala4773 als auch das Projet de la chancellerie4774 verzichteten allerdings auf eine spezielle Regelung; offenbar hielt man – speziell vor dem Hintergrund der st. Rspr. der Gerichte die allgemeinen Regeln für ausreichend4775. Das Projet Terré4776 sah hingegen in Art. 23 Abs. 3 ausdrückliche eine Kodifikation der st. Rspr.4777 vor:4778 Art. 23(3) Projet Terré: En cas de discordance entre des conditions générales invoquées par l’une et l’autre de parties, les clauses incompatibles sont sans effet. [Im Falle der Diskordanz zwischen den von der einen und der anderen Partei benutzten allgemeinen Geschäftsbedingungen haben die inkompatiblen Klauseln keine Wirkung.]
3. Englisches Recht a) Traditionelle Lösung: last shot rule Im englischen Recht werden battle of forms-Fälle traditionell mittels einer schematischen Anwendung des Angebot/Annahme-Modells gelöst: Ein häufig zitierter Beispielsfall ist etwa die Entscheidung British Road Services Ltd v Arthur V Crutchley & Co Ltd (No.1) (1968)4779: Die Klägerin hatte Whiskey zur Lagerung an die Beklagte geliefert; der Lieferschein verwies auf die Frachtbedingungen der Klägerin. Die Beklagte stempelte den Lieferschein „received under (the defendants’) condition“ („erhalten zu den Bedingungen [der Beklagten]“). Das Gericht entschied, dass dies ein Gegenangebot (coun4772
Allg. dazu bereits oben B. I.2. b) ff.). Fn. 438. 4774 Fn. 438 4775 Vgl. auch Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 132. 4776 Fn. 465. 4777 S. die Nachweise oben in Fn. 4737 f. 4778 Vgl. dazu Aubert de Vincelles (Fn. 442), S. 118, 132. Dezidiert für diese Lösung (allerdings ohne Bezugnahme auf das Projet Terré auch Rouhette RDC 2007, 1371, 1399 f. 4779 British Road Services Ltd v Arthur V Crutchley & Co Ltd (No.1) [1968] 1 All ER 811. 4773
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ter-offer4780) darstellte, welches die Klägerin durch Übergabe der Waren annahm, so dass der Vertrag zu den Bedingungen der Beklagten zustande kam. Konsequenz dieses traditionellen Ansatzes der Judikatur4781 ist, dass letztlich derjenige die battle of forms gewinnt, der zuletzt auf seine AGB verwiesen hat, also „the last shot“ („den letzten Schuss“) abgefeuert hat; man spricht daher auch von der last shot doctrine oder last shot rule („Doktrin des letzten Schusses“).4782 b) Lord Dennings „Gegenoffensive“ im Fall Butler Machine Tool (1977) Erstmals prominent in Frage gestellt wurde die last shot rule 1977 durch den berühmten Richter Lord Denning MR in dem lange als Leitentscheidung geltenden Urteil Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd4783. Zu Grunde lag folgender Sachverhalt: Die Verkäuferin machte ein Angebot zum Verkauf einer Werkzeugmaschine; die AGB enthielten u.a. eine Preisanpassungsklausel. Die Käuferin erteilte einen Auftrag auf einem Formular mit ihren eigenen AGB, die in mehreren Punkten von denen der Verkäuferin abwichen und insbesondere auch keine Preisanpassungsklausel enthielten. Das Auftragsschreiben enthielt einen abtrennbaren Antwortvordruck, in dem es hieß „We accept your order on the terms and conditions stated thereon“ („Wir nehmen ihre Bestellung zu den darin genannten Bedingungen an“). Die Verkäuferin unterzeichnete den Vordruck und sandte ihn mit einem Schreiben zu4780
Allg. näher zur Qualifikation einer „Annahme“ als Gegenangebot (counter-offer) bereits oben D. IV.3. b). 4781 Vgl. aus der Rechtsprechung etwa auch: A Davies & Co (Shopfitters) v William Old (1969) 113 Sol Jo 262 (Subunternehmer machten ein Angebot; Auftrag des Hauptunternehmers enthielt AGB mit einer konfligierenden Klausel; Subunternehmer bedankten sich für den Auftrag und begannen mit der Ausführung; Gericht qualifizierte den Auftrag als Gegenangebot, das die Subunternehmer spätestens mit Beginn der Arbeiten angenommen hatten); Muirhead v Industrial Tank Specialties Ltd [1986] QB 507 at 530 per Robert Goff LJ (AGB auf dem Auftragsformular divergierten mit denen auf der Auftragsbestätigung; Auftragsbestätigung als Gegenangebot, dass durch Entgegennahme der Lieferung angenommen wurde); Sauter Automation Ltd v HC Goodman (Mechanical Services) Ltd (1986) 34 Build. L. R. 81 m. Anm. Bragg (1986) 7 Co Law 209 f. (Angebot einer Subunternehmerin betreffend Lieferung und Einbau einer Bedienkonsole für einen Boiler verwies auf ihre AGB, die eine Eigentumsvorbehaltsklausel enthielten; „Annahme“ der Hauptunternehmerin inkorporierte die Standardbauvertragsbedingungen, wonach der Hauptunternehmer zur Eigentumsverschaffung verpflichtet war; Gericht interpretierte dies als Gegenangebot, das die Subunternehmerin durch Ausführung der Arbeiten angenommen hatte). Vgl. weiter etwa: OTM v Hydranautics [1981] 2 Lloyd’s Rep. 211; Zambia Steel & Building Supplies Ltd v James Clark & Eaton Ltd [1986] 2 Lloyd’s Rep. 225. 4782 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.32; Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 42; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-037; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.126; Treitel (Fn. 491), 2-021. 4783 Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401. Dazu Adams (1979) 95 LQR 481 ff.; Rawlings (1979) 42 MLR 715 ff.
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rück, in dem es hieß, dass die Lieferung „in accordance with our … quotation“ („entsprechend unserem … Angebot“) erfolge. Lawton LJ und Bridge LJ qualifizierten das Auftragsschreiben der Käuferin als Gegenangebot (counter-offer), welches die Verkäuferin durch die Rücksendung des unterzeichneten Vordrucks angenommen hatte.4784 Die gleichzeitige Bezugnahme auf ihr eigenes ursprüngliches Angebot in dem Begleitschreiben stehe dem nicht entgegen, denn damit sei lediglich auf Identität und Preis der Maschine Bezug genommen worden.4785 Der Vertrag kam folglich zu den AGB der Käuferin zustande. Zum selben Ergebnis gelangte zwar letztlich auch Lord Denning MR. Er plädierte allerdings dezidiert dafür, die traditionelle Angebot/Annahme-Analyse in den battle of forms-Fällen aufzugeben, da sie in vielen Fällen veraltet sei.4786 Es bedürfe vielmehr einer Gesamtbetrachtung der zwischen den Parteien ausgetauschten Dokumente und ihres Verhaltens, um festzustellen, ob sie trotz der Divergenzen zwischen ihren AGB zu einer Einigung über alle wesentlichen Punkte gelangt sind.4787 Je nachdem seien dann verschiedene Ausgänge der battle of forms denkbar: (1) Es siegt derjenige, der den letzten Schuss abgefeuert hat (last shot rule), (2) es siegt derjenige, der den ersten Hieb gelandet hat (first blow rule), (3) es kommt ein Vertrag zustande, der die AGB zum Inhalt hat, soweit sie sich in Einklang bringen lassen, im Übrigen seien sie durch reasonable implication (vernünftige Implikationen) zu ersetzen (knock out rule4788).4789 In den Worten von Lord Denning MR: In many of these cases our traditional analysis of offer, counter-offer, rejection, acceptance and so forth is out of date. … The better way is to look at all the documents passing between the parties—and glean from them, or from the conduct of the parties, whether they have reached agreement on all material points—even though there may be differences between the forms and conditions printed on the back of them. … Applying this guide, it will be found that in most cases when there is a „battle of forms“, there is a contract as soon as the last of the forms is sent and received without objection being taken to it. … The difficulty is to decide which form, or which part of which form, is a term or condition of the contract. In some cases the battle is won by 4784
Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 406 per Lawton LJ, at 408 f. per Bridge LJ. 4785 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 406 per Lawton LJ, at 409 per Bridge LJ. Sehr kritisch zu dieser Auslegung etwa Shanker (1979-80) 4 Can. Bus. L. J. 263, 270 ff. 4786 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 404 per Lord Denning MR. 4787 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 404 per Lord Denning MR. 4788 Vgl. zur Bezeichnung als „knock out rule“ („K.O.-Regel“) oder „knock out approach“ („K.O.-Ansatz“) nur Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.135 („knock out“ [K.O.] weil die AGB sich gegenseitig „bewusstlos schlagen“, d.h. sich gegenseitig „neutralisieren“). 4789 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 404 f. per Lord Denning MR.
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the man who fires the last shot. He is the man who puts forward the latest terms and conditions: and, if they are not objected to by the other party, he may be taken to have agreed to them. … In some cases the battle is won by the man who gets the blow in first. If he offers to sell at a named price on the terms and conditions stated on the back: and the buyer orders the goods purporting to accept the offer—on an order form with his own different terms and conditions on the back—then if the difference is so material that it would affect the price, the buyer ought not to be allowed to take advantage of the difference unless he draws it specifically to the attention of the seller. There are yet other cases where the battle depends on the shots fired on both sides. There is a concluded contract but the forms vary. The terms and conditions of both parties are to be construed together. If they can be reconciled so as to give a harmonious result, all well and good. If differences are irreconcilable—so that they are mutually contradictory— then the conflicting terms may have to be scrapped and replaced by a reasonable implication.4790 [In vielen dieser Fälle ist die traditionelle Analyse von Angebot, Gegenangebot, Ablehnung, Annahme usw. veraltet. … Der bessere Weg ist es, alle Dokumente, die zwischen den Parteien ausgetauscht werden, zu betrachten – und aus ihnen, oder dem Verhalten der Parteien, herauszubekommen, ob sie zu einer Einigung über alle wesentlichen Punkte gelangt sind – wenngleich es Unterschiede zwischen den Formularen und den auf ihrer Rückseite abgedruckten Bedingungen geben mag. Wendet man diese Richtschnur an, wird man feststellen, dass in den meisten Fällen einer „battle of forms“ ein Vertrag existiert, sobald das letzte Formular abgeschickt und empfangen worden ist, ohne dass ein Widerspruch erhoben worden wäre. … Die Schwierigkeit besteht darin, zu entscheiden, welches Formular, oder welcher Teil welches Formulars, eine Vertragsbedingung ist. In einigen Fällen wird die Schlacht von demjenigen gewonnen, der den letzten Schuss abfeuert. Er ist derjenige, der die letzten Bedingungen vorbringt: und, wenn die andere Partei nichts dagegen einwendet, ist davon auszugehen, dass sie ihnen zugestimmt hat. … In einigen Fällen wird die Schlacht von demjenigen gewonnen, der den ersten Hieb ausführt. Wenn er anbietet, zu einem angegebenen Preis zu den Bedingungen auf der Rückseite zu verkaufen: und der Käufer die Waren bestellt und dabei den Anschein erweckt, das Angebot anzunehmen – oder auf einem Bestellformular mit seinen eigenen Bedingungen auf der Rückseite –, wenn dann die Divergenz so wesentlich ist, dass sie den Preis betrifft, sollte es dem Käufer nicht gestattet werden, aus dieser Divergenz einen Vorteil zu ziehen, sofern er den Verkäufer nicht speziell darauf hinweist. Dann gibt es wieder andere Fälle, wo die Schlacht von den auf beiden Seiten abgefeuerten Schüssen abhängt. Es ist ein Vertrag geschlossen, aber die Formulare weichen ab. Die Bedingungen beider Parteien sind zusammen auszulegen. Wenn sie so in Einklang gebracht werden können, dass ein harmonisches Ergebnis entsteht, schön und gut. Wenn die Differenzen unüberbrückbar sind – so dass sie sich wechselseitig widersprechen –, dann kann es sein, dass die einander widersprechenden Bedingungen über Bord geworfen und durch vernünftige Implikationen ersetzt werden müssen.]
4790 Vgl. Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 at 404 f. per Lord Denning MR.
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Diese „Gegenoffensive“ Lord Dennings wurde zwar breit diskutiert und fand durchaus auch Sympathisanten im Schrifttum4791. Er konnte sich aber letztlich – jedenfalls zunächst – nicht durchsetzen. Eingewandt wurde vor allem, dass sie zu erheblicher Rechtsunsicherheit führe würde4792, sie sei „essentially arbitrary and liable to produce much litigation“ („im Grunde willkürlich und läuft Gefahr, viele Rechtsstreitigkeiten zu produzieren“)4793. Denn es bedürfe nicht nur der Differenzierung zwischen den drei verschiedenen Fallgruppen4794, sondern auch noch der Abgrenzung von „wesentlichen“ und „unwesentlichen“ Abweichungen4795 und der schwierigen Ermittlung derjenigen Bedingungen, die als implied terms an die Stelle der einander widersprechenden AGB-Regelungen treten sollten4796. Zudem bleibe auch auf der Basis dieses Ansatz weiterhin ein Anreiz, möglichst selbst den letzten Schuss zu feuern, da der Sieg des „letzten Schützen“ nach wie vor ein möglicher Ausgang sei.4797 Kritisiert wurde ferner, dass Lord Denning die Frage des Zustandekommens des Vertrags in unsachgemäßer Weise von der Feststellung der Vertragsbedingungen getrennt habe, indem er die Problematik ausschließlich in Letzterem verortet habe.4798 Ein weiterer Faktor dafür, dass Lord Dennings Vorstoß betreffend einer neuen Ansatzes für battle of forms-Fälle zunächst kein Erfolg beschieden war, war im Übrigen sicherlich auch, dass er wenig später im Fall Gibson v Manchester City Council dafür plädiert hatte, ganz generell also nicht nur in battle of forms-Fällen nicht strikt an der Angebot/Annahme-Analyse festzuhalten, sondern eine Gesamtbetrachtung der Korrespondenz und des Verhaltens der Parteien vorzunehmen4799, was vom House of Lords in der Revision jedoch dezidiert abgelehnt wurde4800.4801 4791 Vgl. etwa Adams [1983] JBL 297, 299, der betont, dass Lord Dennings Ansatz deutlich gemacht habe, dass es einer individuellen Analyse jedes Einzelfalls bedarf; vgl. auch bereits ders. (1979) 95 LQR 481, 483 f.; s. ferner etwa Bragg (1986) 7 Co Law 209. 4792 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.33; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.139; McKendrick (Fn. 493), S. 88; ders. (1988) 8 OJLS 197, 198; Morgan (2010) 69 CLJ 230, 232; Rawlings (1979) 42 MLR 715, 718 f. 4793 Vgl. Rawlings (1979) 42 MLR 715, 719. 4794 Vgl. Rawlings (1979) 42 MLR 715, 719. 4795 Vgl. Rawlings (1979) 42 MLR 715, 719; s. ferner auch Poole (Fn. 2668), S. 53. 4796 Vgl. Andrews (Fn. 493), 3.33; Morgan (2010) 69 CLJ 230, 232; Rawlings (1979) 42 MLR 715, 719. 4797 Vgl. Rawlings (1979) 42 MLR 715, 718. 4798 Vgl. Jacobs (1985) 34 ICLQ 297, 303; dezidiert darlegend, dass diese Kritik tatsächlich nicht gerechtfertigt ist jedoch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.140. 4799 Vgl. Gibson v Manchester City Council [1978] 1 WLR 520 at 523 f. per Lord Denning MR: „To my mind it is a mistake to think that all contracts can be analysed into the form of offer and acceptance. I know in some of the text books it has been the custom to do so: but, as I understand the law, there is no need to look for a strict offer and acceptance. You should look at the correspondence as a whole and at the conduct of the parties and see therefrom whether the parties have come to an agreement on everything that was material. If by their correspondence and their conduct you can see an agreement on all material terms—which was intended
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c) Zunehmende Kritik in Praxis und Schrifttum In Praxis und Schrifttum riss die durch Lord Dennings Vorstoß befeuerte Kritik an der last shot rule gleichwohl nicht ab. So wurden ihre Ergebnisse etwa im renommierten Anson’s Law of Contract als vom Zufall abhängig und im Einzelfall willkürlich gegeißelt4802; vorzugswürdig, weil die Geschäftspraxis und internationale Instrumente reflektierend, sei vielmehr eine Lösung wie diejenige nach Art. 19 Abs. 2 und 3 CISG4803, wo-
4800 thenceforward to be binding—then there is a binding contract in law even though all the forma-lities have not been gone through.“ („Meiner Ansicht nach ist es ein Fehler zu denken, dass alle Verträge in der Form von Angebot und Annahme analysiert werden können. Ich weiß, dass es in einigen Lehrbüchern Brauch ist, das zu tun: aber, so wie ich das Recht verstehe, besteht keine Notwendigkeit nach einem strikten Angebot und einer strikten Annahme zu suchen. Man sollte sich die Korrespondenz als Ganzes und das Verhalten der Parteien ansehen und anhand dessen festzustellen, ob die Parteien zu einer Einigung über alles, was wesentlich war, gekommen sind. Wenn man aus ihrer Korrespondenz und ihrem Verhalten eine Einigung über alle wesentlichen Punkte ersehen kann – die von da an bindend sein sollte dann existiert von Rechts wegen ein bindender Vertrag obgleich nicht alle Formalitäten eingehalten wurden.“). 4800 Vgl. Gibson v Manchester City Council [1979] 1 WLR 294 at 297 per Lord Diplock: „… there may be certain types of contract, though I think they are exceptional, which do not fit easily into the normal analysis of a contract as being constituted by offer and acceptance; but a contract alleged to have been made by an exchange of correspondence between the parties in which the successive communications other than the first are in reply to one another, is not one of these. I can see no reason in the instant case for departing from the conventional approach of looking at the handful of documents relied upon as constituting the contract sued upon and seeing whether upon their true construction there is to be found in them a contractual offer by the corporation to sell the house to Mr. Gibson and an acceptance of that offer by Mr. Gibson. I venture to think that it was by departing from this conventional approach that the majority of the Court of Appeal was led into error.“ („… es mag bestimmte Vertragstypen geben, obgleich glaube, dass diese die Ausnahme sind, die nicht einfach in die normale Analyse eines durch Angebot und Annahme zustande kommenden Vertrags passen; aber ein Vertrag, der angeblich durch den Austausch von Korrespondenz zwischen Parteien zustande gekommen sein soll, wobei die aufeinanderfolgenden Kommunikationen mit Ausnahme der ersten jeweils als Antwort aufeinander erfolgten, ist keine solcher. Ich kann im vorliegenden Fall keinen Grund erkennen, von dem konventionellen Ansatz, die Handvoll von Dokumenten, auf die das Zustandekommen des Vertrags, aus dem geklagt wird, gestützt wird, zu betrachten und zu sehen, ob sich auf der Basis ihrer zutreffenden Auslegung in ihnen ein Vertragsangebot der Gemeinde, das Haus an Mr. Gibson zu verkaufen und eine Annahme dieses Angebots durch Mr. Gibson finden lässt. Ich wage zu denken, dass der Court of Appeal eben dadurch, dass er von diesem konventionellen Ansatz abwich, zu einem Fehler verleitet wurde.“). 4801 Vgl. auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.139; Morgan (2010) 69 CLJ 230, 231. 4802 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40: „depends upon chance and can be arbitrary“ („hängt vom Zufall ab und kann willkürlich sein“); ebenso auch bereits Beatson, Anson’s Law of Contract, 28th ed. 2002, S. 39. 4803 Vgl. dazu bereits oben D. IV.4. a) bb); zur inhaltlich entsprechenden Konzeption im CESL-D ausf. oben D. IV.4. a)
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D. Annahme
nach die Annahme bei nur unwesentlichen Abweichungen gleichwohl als solche wirksam ist4804. Aber auch in den Standardwerken Chitty on Contracts und Treitel on the Law of Contract wurde nachdrücklich moniert, dass es durch sorgfältige Vertragsgestaltung zwar möglich sei, zu verhindern, dass man die battle of forms verliert nicht aber, zu gewährleisten, dass man sie gewinnt (zumindest nicht, wenn die andere Partei gleichermaßen sorgfältig ist); selbst ein sorgfältiger Vertragsgestalter können bestenfalls sicherstellen, dass ggf. eine Pattsituation entstehe, in der überhaupt kein Vertrag zustande kommt – doch dieses Ergebnis werde häufig gerade nicht zweckmäßig sein.4805 Ähnlich kritisierten und kritisieren auch eine ganze Reihe anderer prominenter Autoren, dass die last shot rule zu zufälligen Ergebnissen führe4806 und nur „Alles oder Nichts“-Lösungen zugunsten der Geltung der AGB einer Partei ermögliche4807. Zudem werde sie der tatsächlichen Geschäftspraxis und den Erwartungen der Parteien, die im Regelfall trotz allem einen wirksamen Vertrag wollen, nicht gerecht4808. Ferner führe sie auch dazu, dass die Gerichte in vielen Fällen auf Umwegen versuchten, einen wirksamen Vertrag zu konstruieren.4809 Im Übrigen divergiere das englische Recht damit auch signifikant von den Lösungen in vielen anderen Rechtsordnungen sowie den meisten internationalen Instrumenten.4810
4804 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40. Gewisse Sympathie für die Lösungsansätze in CISG, PICC, PECL und DCFR auch bei McKendrick (Fn. 493), S. 91 f.; s. ferner auch Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.141, 4.144 ff. 4805 Vgl. Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-037; Treitel (Fn. 491), 2-021. Interessant zur AGB-Praxis in den 1970ern in diesem Kontext Beale/Dugdale (1975) 2 BJLS 45, 49 ff.; zur AGB-Praxis von IBM Canada in den 1970ern Murray (1979-80) Can. Bus. L. J. 290 ff.; zur AGB-Praxis in den USA im Jahr 2000 Keating (2000) 98 Mich.L. Rev. 2678 ff. sowie die Anmerkungen hierzu von Craswell (2000) 98 Mich.L. Rev. 2727 ff. und Katz (2000) 98 Mich.L. Rev. 2760 ff. 4806 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 64; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.134; Poole (Fn. 2668), S. 50; s. ferner auch McKendrick (1988) 8 OJLS 197, 198. 4807 Vgl. Ball (1983) 99 LQR 572, 581; Chen-Wishart (Fn. 496), S. 64. 4808 Vgl. Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 42; Ball (1983) 99 LQR 572, 581 f.; Bragg (1986) 7 Co Law 209 f. (der für eine knock-out rule plädiert); Chen-Wishart (Fn. 496), S. 63; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.140; McKendrick (Fn. 493), S. 88; (1979-80) 4 Can. Bus. L. J. 263, 269, 274; Poole (Fn. 2668), S. 50. Dies konzediert ferner etwa auch Rawlings (1979) 42 MLR 715, 717 f. 4809 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 63. Vgl. zu dieser Tendenz der Gerichte etwa auch bereits Beale/Dugdale (1975) 2 BJLS 45, 50 f. 4810 Vgl. Poole (Fn. 2668), S. 52; s. ferner auch Anson’s Law of Contract (Fn. 480), S. 40; Furmston/Tolhurst (Fn. 492), 4.141, 4.144 ff.; McKendrick (Fn. 493), S. 91 f.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
707
d) Die Neujustierung in Tekdata (2009) Vor diesem Hintergrund hat der Court of Appeal dann im Jahr 2009 in der Entscheidung Tekdata v Amphenol4811 eine signifikante Neujustierung vorgenommen: In battle of forms-Fällen müsse zwar grundsätzlich die traditionelle Angebot/Annahme-Analyse Anwendung finden.4812 Diese sei nicht nur seit Langem etabliert, sondern habe vor allem auch den großen Vorteil, ein gewisses Maß an Rechtssicherheit zu schaffen, das sowohl wünschenswert als auch notwendig sei, um effiziente Geschäftsbeziehungen zu fördern.4813 Etwas anderes könne aber dann gelten, wenn die zwischen den Parteien ausgetauschten Dokumente und ihr Verhalten zeigen, dass es ihr übereinstimmender Wille war, dass andere Bedingungen gelten sollten.4814 Longmore LJ knüpfte in seinem maßgeblichen Votum insofern ausdrücklich an den Ansatz von Lord Denning MR4815 an4816; zudem nahmen er und speziell Dyson LJ auch ausdrücklich auf die oben4817 referierte Kritik im Schrifttum (speziell bei Anson’s Law of Contract und Chitty on Contracts) Bezug4818. Im konkreten Fall erachteten die Richter die möglichen Anhaltspunkte aber weder einzeln noch insgesamt als ausreichend, um eine Ausnahme von der Angebot/Annahme-Analyse zu rechtfertigen. Longmore LJ hob zwar hervor, dass eine solche Ausnahme speziell im Falle längerer Geschäftsbeziehungen – wie sie auch in casu vorlagen – möglich sei4819, betonte aber zugleich, dass eine Ausnahme von der traditionellen Angebot/Annahme-Analyse seiner Ansicht nach immer schwierig zu begründen sei, sofern keine eindeutigen Gepflogenheiten (clear course of dealing) zwischen den Parteien existiere4820. e) Judikatur und Schrifttum nach Tekdata Die Tekdata-Entscheidung stieß nicht nur in Praxis und Schrifttum auf große Resonanz (so wird sie insbesondere auch in allen neu erschienenen Lehrbü4811 Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209. Dazu Ahmed (2010) 154 Sol Jo 8; Morgan (2010) 69 CLJ 230 ff.; Saidov (2010) 3 LMCLQ 3 Supp. 60, 64 ff. 4812 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at paras. 11, 21 per Longmore LJ; at para. 25 per Dyson LJ; at para. 39 per Pill LJ. 4813 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at para. 25 per Dyson LJ; s. ferner auch para. 20 f. per Longmore LJ. 4814 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at para. 11 per Longmore LJ; vgl. ferner auch para. 25 per Dyson LJ; para. 39 per Pill LJ. 4815 Vgl. dazu oben D. VIII.3. b). 4816 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at paras. 10 ff. per Longmore LJ. 4817 Vgl. oben D. VIII.3. c). 4818 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at para. 20 per Longmore LJ, at paras. 23, 25 per Dyson LJ. 4819 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at para. 21 per Longmore LJ. 4820 Vgl. Tekdata v Amphenol [2009] EWCA Civ 1209 at para. 21 per Longmore LJ.
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D. Annahme
chern speziell hervorgehoben4821), sondern wurde inzwischen auch von der Judikatur generell als neuer Standard akzeptiert4822. In den Fällen Claxton Engineering Services Ltd v TXM Olaj–és Gázkutató Kft (2010)4823 und Trebor Bassett (2011)4824 entschied der High Court die battle of forms dann zwar letztlich doch auf der Basis der traditionellen Angebot/ Annahme-Analyse. In der Entscheidung GHSP Inc v AB Electronic Ltd (2010)4825 wendete er hingegen unter ausdrücklicher Berufung auf die Tekdata-Entscheidung (sowie auch den Butler-Fall)4826 de facto einen knock out-Ansatz an. Die Klägerin, eine Automobilzulieferin, hatte bei der Beklagten Pedalsteuerungen bestellt, die sie in Pedale einbauen wollte. Die AGB der Klägerin sahen eine unbegrenzte Haftung des Verkäufers vor, während die AGB der Beklagten jegliche Haftung für Folgeschäden ausschlossen. Burton J. gelangte nach Erörterung der Korrespondenz zwischen den Parteien zu dem Ergebnis, dass die Parteien sich letztlich in einer Pattsituation befanden und sich dessen auch bewusst wa-
4821 Vgl. Chen-Wishart (Fn. 496), S. 62; Cheshire, Fifoot and Furmston’s Law of Contract (Fn. 495), S. 214; Chitty on Contracts (Fn. 495), 2-037; McKendrick (Fn. 493), S. 89, 122 f.; Poole (Fn. 2668), S. 51; Treitel (Fn. 491), 2-021 Fn. 2-021; s. ferner auch Andrews (Fn. 493), 3.34, der die Entscheidung allerdings als klares Bekenntnis zur last shot rule interpretiert (und zugleich dezidiert für diese plädiert). 4822 Vgl. GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at para. 11; Claxton Engineering Services Ltd v TXM Olaj–és Gázkutató Kft [2010] EWHC 2567 (Comm) at para. 51; Trebor Bassett Holdings Ltd v ADT Fire and Security Plc [2011] EWHC 1936 (TCC) at paras. 156 f. 4823 Vgl. Claxton Engineering Services Ltd v TXM Olaj–és Gázkutató Kft [2010] EWHC 2567 (Comm) at para. 52 (die zwischen den Parteien ausgetauschten Dokumente und ihr Verhalten zeigten keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Bedingungen gelten sollten). 4824 Vgl. Trebor Bassett Holdings Ltd v ADT Fire and Security Plc [2011] EWHC 1936 (TCC) at paras. 170, 203 (keine abweichenden eindeutigen Gepflogenheiten [clear course of dealing] der Parteien). 4825 GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm). 4826 Vgl. GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at paras. 11, 13. Bezug genommen wurde zudem auf die Entscheidung Lidl (UK) GmbH v Hertford Foods Ltd [2001] EWCA Civ 938, in der Chadwick LJ ebenfalls bereits Sympathie für einen solchen Ansatz zum Ausdruck gebracht hatte, vgl. para. 24: „On that basis, knowing that they had not – and, in the circumstances, probably could not – reach agreement as to the applicability as to either set of standard terms, the only inference that can be drawn is that their agreement was made on the basis that neither set of standard terms would be applicable. That conclusion seems to me at least as likely to accord with reality as a conclusion either that they reached no binding agreement at all or that either agreed to contract on the standard terms of the other.“ („Auf dieses Basis, dass sie wussten, dass sie keine Einigung über die Geltung einer der beiden AGB erzielt hatten und auf Grund der Umstände wohl auch nicht erzielen konnten , ist die einzig mögliche Schlussfolgerung, dass die Einigung auf der Basis erfolgte, dass keine der AGB gelten sollte. Es scheint mir zumindest ebenso wahrscheinlich, dass dieses Ergebnis mit der Realität in Einklang steht, als entweder das Ergebnis, dass sie gar keine bindende Einigung erzielt hatten oder dass jeder sich damit einverstanden erklärt hatte, auf der Basis der AGB der anderen Partei zu kontrahieren.“).
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
709
ren4827. Es sei aber dennoch klar, dass ein Vertrag zustande gekommen und durchgeführt worden sei.4828 Allerdings seien weder die AGB der Klägerin noch diejenigen der Beklagten Vertragsinhalt geworden4829; insoweit fänden vielmehr die Vorschriften des Sale of Goods Act 19794830 Anwendung.4831 In der Entscheidung Specialist Insulation Ltd v Pro-Duct (Fife) Ltd (2012)4832 hat dann jüngst das Outer House den Tekdata-Standard ausdrücklich auch für das schottische Recht übernommen4833 und im konkreten battle of forms-Fall zugleich einen Ausnahmefall erkannt. Gegenstand war ein Vertrag über die Lieferung von Rohren. Die klagende Lieferantin hatte ein Angebot gemacht, in dem auf ihre eine Schiedsklausel enthaltenden AGB verwiesen wurde. Die Beklagte, eine Subunternehmerin eines Bauprojekts, hatte daraufhin eine Bestellung erteilt; zugleich übersandte sie ein als „Material Supply only Sub-contract Agreement“ („Subunternehmervertrag betreffend nur eine Materiallieferung“) betiteltes Dokument, das u.a. eine Klausel betreffend eine Streitentscheidung durch adjudication4834 (Adjudikation) vorsah und einen Vordruck für eine Unterzeichnung durch die Gegenseite enthielt. Die Kläge4827 Vgl. GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at para. 35: „There was, by March 2004, deadlock. ….The same deadlock continued, or rather was resurrected, when there was fresh discussion in January and April 2005.“ („Ab März 2004 bestand eine Pattsituation. … Dieselbe Pattsituation bestand fort, oder wurde vielmehr wiederbelebt, als im Januar und April 2005 neue Gespräche stattfanden.“); at para. 37: „The reality seems to me clear. As must be the case very regularly in commercial discussions, both sides buttoned their lips, or fastened their seatbelts, and hoped that there would never be a problem, or that, if a problem arose, it would be a small enough one that, with goodwill, it could be settled ‘on a case by case basis’. It is quite clear that the Defendant knew that the Claimant would never accept its Conditions, and neither Mr Joyce nor any other representative of the Defendant ever tried to persuade Mr Haverstock to accept such Conditions during any of their meetings.“ („Die Realität scheint mir klar. Wie es bei geschäftlichen Verhandlungen sehr regelmäßig der Fall sein muss, knöpften beide Parteien ihre Lippen zu, schnallten sich an und hofften, dass es nie ein Problem geben würde, oder, dass, falls ein Problem auftreten würde, dieses klein genug sein würde, um mit gutem Willen auf ‚von Fall zu Fall’ gelöst werden zu können. Es ist ziemlich klar, dass die Beklagte wusste, dass die Klägerin nie ihre Bedingungen akzeptieren würde und weder Mr. Joyce noch irgendein anderer Vertreter der Beklagten versuchte jemals, Mr. Haverstock zu überzeugen, diese Bedingungen in irgendeinem ihrer Treffen zu akzeptieren.“). 4828 GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at paras. 39 ff. 4829 GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at para. 39. 4830 Fn. 1782. 4831 GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) at paras. 3, 47. Kritisch insoweit Poole (Fn. 2668), S. 52: „… that the parties’ own terms had no part to play … seems an odd outcome although it was the argument to the judge by both counsel“ („… dass die eigenen Bedingungen der Parteien keine Rolle spielten … scheint ein seltsames Ergebnis, wenngleich die Anwälte beider Seiten gegenüber dem Richter entsprechend argumentiert hatten“). 4832 Specialist Insulation Ltd v Pro-Duct (Fife) Ltd [2012] CSOH 79. 4833 Specialist Insulation Ltd v Pro-Duct (Fife) Ltd [2012] CSOH 79 at paras. 19 f. 4834 Adjudication ist ein spezielles außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren in der Bauindustrie, das in s. 108 Housing Grants, Construction and Regeneration Act 1996 (1996 c. 53) geregelt ist. Überblick dazu in deutscher Sprache etwa bei Lembcke NZBau 2007, 273 ff.
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D. Annahme
rin lieferte daraufhin die Rohre, allerdings ohne den Vordruck zu unterzeichnen und zurückzusenden, und die Beklagte akzeptierte die Lieferung widerspruchslos. Das Gericht entschied, dass – obgleich die Beklagte „den letzten Schuss gefeuert“ hatte – auf Grund der Gesamtumstände nicht ihre, sondern die AGB der Klägerin Vertragsgegenstand geworden waren und der adjudicator folglich keine Zuständigkeit hatte. Die Bestellung sei als Gegenangebot zu qualifizieren, welches die Lieferantin jedoch nicht angenommen habe, da sie den Vordruck nicht unterzeichnet hatte4835; die Lieferung bezog sich auf ihr ursprüngliches Angebot und dieses habe die Beklagte dann durch die widerspruchslose Annahme der Rohre angenommen. Bereits kurz vor der Specialist Insulation-Entscheidung hatte übrigens auch die Scottish Law Commission in ihrem „Discussion Paper on Formation of Contracts“ vom März 20124836 vorgeschlagen, die battle of forms-Problematik einer speziellen Regelung entsprechend der nun CESL-D verankerten Lösung4837 zuzuführen.4838
4. CESL-D a) Überblick Der CESL-D enthält in Art. 39 CESL-D eine spezielle Regelung zur Problematik kollidierender AGB, die lex specialis zur allgemeinen Vorschrift betreffend die „geänderte Annahme“ des Art. 38 CESL-D4839 ist4840, und eine knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“) kodifiziert4841.
4835 Eine schriftliche Annahme sei hier speziell auch deshalb zu fordern gewesen, weil das Begleitdokument ersichtlich ein Vertrag über einen Subunternehmervertrag war (für den adjucation – anders als bei einem reinen Liefervertrag – typisch war) und nicht wirklich zu dem von den Parteien avisierten reinen Liefervertrag passte. 4836 Dazu allg. bereits oben B. I.3. a) aa). 4837 Dazu näher sogleich unter D. VIII.4. 4838 Vgl. Scottish Law Commission (Fn. 487), proposals 39, 40 (paras. 5.23, 5.25). 4839 Vgl. dazu bereits ausf. oben D. IV.4. a). 4840 Vgl. Looschelders AcP 212 (2012) 581, 617; s. ferner zur Vorläuferregelung in Art. II.4:209 DCFR (Fn. 4843): Art. II.-4:209 DCFR Comment C; zur Vorläuferregelung in Art. 2:209 PECL (Fn. 4842): Art. 2:209 PECL Kommentar C. 1. 4841 Vgl. DiMatteo (Fn. 3217), S. 25, 48; Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.6; Lando (Fn. 2743), Rn. 13; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 616; Magnus (Fn. 1324), S. 97, 115; Schwenzer (2012) 44 UCC L. J. 457, 475; von Westphalen ZIP 2012, 1985, 1991; s. ferner zur Vorläuferregelung in Art. II.-4:209 DCFR (Fn. 4843): Art. II.4:209 DCFR Comment C.
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Art. 39 CESL-D Widersprechende Standardvertragsbestimmungen / Conflicting standard contract terms/ Incompatibilité entre clauses contractuelles types Deutsch
Englisch
Französisch
(1) 1Haben die Parteien ab- (1) 1Where the parties (1) 1Lorsque les parties sont gesehen davon, dass have reached agreeparvenues à un accord, sich Angebot und Anment except that the mais que l’offre et l’acnahme auf einander wioffer and acceptance ceptation renvoient à dersprechende Stanrefer to conflicting des clauses contractueldardvertragsbestimstandard contract les types incompatibles, mungen beziehen, eine terms, a contract is le contrat est néanmoins Einigung erzielt, so ist nonetheless conconclu. 2Les clauses con2 tractuelles types font der Vertrag dennoch cluded. The standard contract terms are part partie intégrante du congeschlossen. 2Die Standardvertragsbestimof the contract to the trat pour autant qu’elles mungen sind insoweit extent that they are sont pour l’essentiel Teil des Vertrags, als sie common in substance. communes aux parties. sich inhaltlich decken. (2) Unbeschadet des (2) Notwithstanding para- (2) Nonobstant le paragraAbsatzes 1 ist der Vergraph 1, no contract is phe 1, le contrat n’est trag nicht geschlossen, concluded if one party: pas conclu si une partie: wenn eine Partei (a) im Voraus ausdrücklich und nicht durch Standardvertragsbestimmungen zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht auf der Grundlage von Absatz 1 durch einen Vertrag gebunden sein will, oder
(a) has indicated in advance, explicitly, and not by way of standard contract terms, an intention not to be bound by a contract on the basis of paragraph 1; or
(a) a indiqué à l’avance, explicitement et non dans les clauses contractuelles types, son intention de n’être pas liée par contrat en vertu du paragraphe 1; ou
(b) die andere Partei unverzüglich davon in Kenntnis setzt, dass sie nicht durch einen solchen Vertrag gebunden sein will.
(b) without undue delay, informs the other party of such an intention.
(b) informe l’autre partie, sans retard excessif, de cette intention.
712
D. Annahme
b) Internationale Vorläufer und Ratio Art. 39 CESL-D übernimmt nahezu wörtlich die Vorläuferregelungen in Art. 2:209 PECL4842 und Art. II.-4:209 DCFR4843;4844 eine inhaltlich kongruente Regelung findet sich aber auch in Art. 2.1.22 PICC4845, 4846. Schon Rabel hatte sich in der Begründung zu seinem Entwurf ausdrücklich für eine Lösung i.S.d. knock out rule ausgesprochen4847. Im Rahmen der Vor4842
Art. 2:209 PECL: Einander widersprechende allgemeine Geschäftsbedingungen (1) 1Wenn die Parteien eine Einigung erzielt haben, außer dass sich Angebot und Annahme auf einander widersprechende allgemeine Geschäftsbedingungen beziehen, ist der Vertrag dennoch geschlossen. 2Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind insoweit Teil des Vertrages, als sie sich der Sache nach decken. (2) Ein Vertrag ist jedoch nicht geschlossen, wenn eine Partei: (a) im Voraus, ausdrücklich und nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht durch einen Vertrag auf der Grundlage von Absatz 1 gebunden sein will; oder (b) die andere Partei unverzüglich davon in Kenntnis setzt, dass sie nicht durch einen solchen Vertrag gebunden sein will. (3) …. 4843 Art. II.-4:209 DCFR: Conflicting standard terms (1) 1If the parties have reached agreement except that the offer and acceptance refer to conflicting standard terms, a contract is nonetheless formed. 2The standard terms form part of the contract to the extent that they are common in substance. (2) However, no contract is formed if one party: (a) has indicated in advance, explicitly, and not by way of standard terms, an intention not to be bound by a contract on the basis of paragraph (1); or (b) without undue delay, informs the other party of such an intention. (Einander widersprechende Standardbestimmungen (1) 1Wenn die Parteien eine Einigung erzielt haben, außer dass sich Angebot und Annahme auf einander widersprechende Standardbestimmungen beziehen, ist der Vertrag dennoch geschlossen. 2Die Standardbestimmungen sind insoweit Teil des Vertrages, als sie sich der Sache nach decken. (2) Ein Vertrag ist jedoch nicht geschlossen, wenn eine Partei: (a) im Voraus, ausdrücklich und nicht durch Standardbedingungen zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht durch einen Vertrag auf der Grundlage von Absatz 1 gebunden sein will; oder (b) die andere Partei unverzüglich davon in Kenntnis setzt, dass sie nicht durch einen solchen Vertrag gebunden sein will.) 4844 Vgl. auch Gebauer (Fn. 815), S. 121, 144; Lando (Fn. 2743), Rn. 13; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 616. 4845 Art. 2.1.22 PICC: Kollidierende allgemeine Geschäftsbedingungen Wenn beide Parteien allgemeine Geschäftsbedingungen benutzen und sich, abgesehen von diesen Bedingungen, einigen, ist ein Vertrag auf der Grundlage der vereinbarten Bedingungen und derjenigen allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen, die in der Sache übereinstimmen, außer wenn eine Partei eindeutig im Voraus äußert oder später und unverzüglich der anderen Partei mitteilt, dass sie durch solch einen Vertrag nicht gebunden sein will. 4846 Vgl. Gebauer (Fn. 815), S. 121, 144; Lando (Fn. 2743), Rn. 13; Looschelders AcP 212 (2012) 581, 616; s. ferner auch (in Bezug auf DCFR, PECL und PICC): Jansen/R. Zimmermann (2011) 31 OJLS 625, 641; dies. AcP 210 (2010) 197, 221. 4847 Vgl. Rabel (Fn. 10), S. 100 f. (übrigens unter Verweis auf die grundlegenden Ausführungen von Raiser [vgl. dazu auch o. D. VIII.1. c) in Fn. 4718]).
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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arbeiten zum EAG war die Problematik dann zwar im Kontext mit der (schließlich in Art. 7 EAG4848 geregelten) „geänderten Annahme“ diskutiert worden; man sah jedoch von der Aufnahme einer speziellen Vorschrift ab.4849 Nachdem indes verbreitet kritisiert worden war, dass das EAG keine wirklich befriedigende Lösung für Fälle kollidierender AGB bot4850, wurde die Thematik im Zuge der Beratungen zum CISG erneut kontrovers diskutiert; ein belgischer Vorschlag für eine spezielle Regelung4851 wurde gleichwohl ausdrücklich abgelehnt4852.4853 Die Problematik kollidierender AGB ist folglich im Rahmen des CISG nach den allgemeinen Regeln des Art. 19 CISG zu lösen.4854 Bei bloß unwesentlichen Abweichungen kommt der Vertrag somit gem. Art. 19 Abs. 2 CISG mit den abweichenden Klauseln zustande, sofern der Anbietende keine Beanstandungsmitteilung abgibt.4855 Höchst streitig sind jedoch bis heute battle of forms-Konstellationen, in denen die Abweichung wesentlich ist: Neben der vereinzelt vertretenen Auffassung, dass die Frage nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen sei4856, stehen sich auch hier im Wesentlichen die beiden bekannten Hauptkontrahenten gegenüber, welche die „Schlacht“ um die battle of forms bis heute nicht endgültig entschieden haben: Die Vertreter der last shot rule („Theorie des letzten Wor-
4848
Fn. 3169. Vgl. zu dieser Vorschrift bereits näher oben D. IV.4. a) bb). Vgl. dazu etwa Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 7 EAG Rn. 18; Sutton (1977) 16 U. W. Ontario L. Rev. 113, 146. 4850 Vgl. zum Ganzen etwa Schlechtriem (Fn. 2695), Art. 7 EAG Rn. 18 ff. m.z.w.N. 4851 Vgl. O.R. 96 Art. 17 [19] Nr. 3 [ix]: (4) When the offeror and the offeree have expressly (or implicitly) referred in the course of negotiations to general conditions the terms of which are mutually exclusive the conflict clauses should be considered not to form an integral part of the contract. (Wenn der Anbietende und der Angebotsempfänger im Rahmen der Verhandlungen ausdrücklich (oder implizit) auf allgemeine Vertragsbedingungen verwiesen haben, deren Bestimmungen sich gegenseitig ausschließen, sind die konfligierenden Klauseln als keinen Bestandteil des Vertrags bildend anzusehen.) 4852 Vgl. O.R. 289 Art. 17 [19] Nr. 102. 4853 Vgl. dazu auch del Pilar Perales Viscasillas (1997) 216 J. L. & Com. 315, 341; Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 7; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 3; Moccia (1989-1990) Fordham Int’l L. J. 649, 661 f.; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 83; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 9. 4854 Vgl. del Pilar Perales Viscasillas (1997) 216 J. L. & Com. 315, 341; Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 37; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 15; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 20; Sambugaro RDA/IBLJ 2009, 69, 73. 4855 Vgl. del Pilar Perales Viscasillas (1997) 216 J. L. & Com. 315, 341; Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 37; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 15; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 21; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 38; Sambugaro RDA/IBLJ 2009, 69, 73; SchmidtKessel/Meyer IHR 2008, 177, 179. 4856 Vgl. Huber RabelsZ 43 (1979) 413, 444 f.; s. ferner auch Vergne (1985) 33 Am. J. Comp. L. 233, 257, der konstatiert, dass einem Gerichts angesichts der Defizite des CISG u.U. nichts anderes übrig bleibe, als auf nationales Recht zurückzugreifen. 4849
714
D. Annahme
tes“)4857 und diejenigen der knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“)4858. Vor dem Hintergrund dieser auch für die Praxis alles andere als glücklichen Situation entschloss man sich bei der Abfassung von PICC4859, PECL4860 und DCFR4861 – sowie nun ersichtlich auch des CESL-D – ganz bewusst für die Aufnahme einer speziellen Regelung der Problematik der kollidierenden AGB i.S.d. knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“). Eine Lösung i.S.d. last shot rule („Theorie des letzten Wortes“) oder der first blow rule („Theorie des ersten Hiebs“) mache das Ergebnis von Zufälligkeiten abhängig4862; zudem treibe die last shot rule die Parteien dazu, ständig den AGB der anderen Partei zu widersprechen4863. Die knock out rule ermögliche dagegen eine Aufrechterhaltung des Vertrags und entspreche damit in den allermeisten Fällen den vernünftigen Erwartungen der Parteien.4864
4857 Vgl. OLG Linz, 23.3.2005, CISG-online 1376; del Pilar Perales Viscasillas (1997) 216 J. L. & Com. 315, 341; Ferrari (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 15 f.; Kelso (1983) 21 Colum. J. Transnat’l L. 529, 554; Loos ZEuP 2012, 776, 778; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115; Moccia (19891990) Fordham Int’l L. J. 649, 678; Nakata (1994) 7 Transnat’l Law. 141, 151 f.; Neumayer FS Giger, 1989, S. 501, 524; Piltz IHR 2004, 137 f.; Rouhette RDC 2007, 1371, 1400 Fn. 183; Sambugaro RDA/IBLJ 2009, 69, 74; Siems (2004) 12 ERPL 771, 785; Sukurs (2001) Vand. J. Transnat’l L. 1481, 1514; Valentino GPR 2010, 174, 176; Wittmann CR 1989, 1078, 1082 f.; tendenziell auch Honnold/Flechtner (Fn. 1431), Art. 19 paras. 170.3, 170.4. 4858 Vgl. Cass. civ. 1re, 16.8.1998, n° 96-11984, CISG-online 344; BGH NJW 2002, 1651 (anders jedoch etwa die Interpretation von Ferrante (2003) 8 Unif. L. rev. n.s. 975 ff.); OLG Düsseldorf, 25.7.2003, CISG-online 919; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2007, 09801; AG Kehl NJW-RR 1996, 565 f.; Gruber (Fn. 2228), Art. 19 Rn. 22 ff.; Kröll/Hennecke RIW 2001, 736, 743; Magnus (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 24; ders. (Fn. 1324), S. 97, 115; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 35, 38 ff.; Saenger (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 3; Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 45 ff.; Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 25 ff.; SchmidtKessel/Meyer IHR 2008, 177, 179; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 paras. 38 ff.; Sieg RIW 1997, 811, 814; Schwenzer/Hachem/Kee (Fn. 2434), 12.33; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 90 ff., 104; Ventsch/Kluth IHR 2003, 61, 64; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 28 ff.; differenzierend Dornis (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 40 f. (bei einvernehmlich durchgeführtem Vertrag, Handelsbrauch oder Gepflogenheit; sonst last shot rule). 4859 Vgl. Comment 3 Art. 2.1.22 PICC. 4860 Vgl. Art. 2:209 PECL Kommentar A. 4861 Vgl. Art. II.-4:209 DCFR Comment A. 4862 Vgl. zu Art. 39 CESL-D: Lando (Fn. 2743), Rn. 12; Loos ZEuP 2012, 776, 778; Loos/ Schelhaas ERPL 2013, 105, 115; zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C; zu Art. 2:209 PECL und Art. 2.1.22 PICC: Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64. 4863 Vgl. Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115. 4864 Vgl. zu Art. 39 CESL-D: Lando (Fn. 2743), Rn. 12; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115 f.; zu Art. 2.1.22 PICC: Comment 3 Art. 2.1.22 PICC; Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment A; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar A.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
715
c) Anwendungsbereich des Art. 39 CESL-D: Kollidierende AGB Voraussetzung für die Anwendung des Art. 39 CESL-D ist, dass Angebot und Annahme jeweils auf Standardvertragsbestimmungen i.S.d. Art. 2 lit. d CESLVOE4865 Bezug nehmen und diese einander widersprechen. Die Begründungen zu den Vorläuferregeln in Art. 2:209 PECL4866 und Art. II.-4:209 DCFR4867 heben diesbezüglich hervor, dass es von vornherein an einem solchen Widerspruch fehlt, wenn die Parteien sich ausdrücklich über die Geltung der AGB einer Partei geeinigt haben4868 oder hinsichtlich der AGB einer Partei schon gar nicht die Voraussetzungen für eine wirksame Einbeziehung (im CESL-D geregelt in Art. 704869) vorliegen4870. Zudem muss tatsächlich ein echter inhaltlicher Widerspruch vorliegen.4871 Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung anhand der allgemeinen Auslegungsstandards4872 zu ermitteln. So fehlt es etwa an einem echten inhaltlichen Konflikt, wenn lediglich die Formulierung divergiert oder es sich nur um Präzisierungen bzw. Spezifizierungen handelt4873, oder wenn die fragliche AGB-Klausel sich gar nicht auf einen Vertrag dieses Typs bezieht4874. Andererseits kann ein echter inhaltlicher Widerspruch aber auch dann vorliegen, wenn nur die AGB einer Partei eine Regelung zu einem bestimmten Punkt enthalten, die AGB der anderen Partei dagegen hierzu schweigen (sog. einseitigem Regelungsgehalt).4875 Die Begründungen zu Art. 2:209 PECL4876 und Art. II.-4:209 DCFR4877 nennen als Beispiel den Fall, dass nur die Verkäu-
4865
Nach der Legaldefinition in Art. 2 lit. d CESL-VOE sind „Standardvertragsbestimmungen“ Vertragsbestimmungen, die vorab für mehrere Geschäfte und verschiedene Vertragsparteien verfasst und im Sinne von Artikel 7 des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts nicht individuell von den Vertragsparteien ausgehandelt wurden. Vgl. näher dazu etwa Ernst (Fn. 3908), Rn. 4 ff.; Möslein (Fn. 3908), S. 255, 267 ff.; von Westphalen ZIP 2012, 1985, 1987. 4866 Fn. 4842. 4867 Fn. 4843. 4868 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4869 Vgl. dazu etwa Ernst (Fn. 3908), Rn. 11; Möslein (Fn. 3908), S. 255, 274. 4870 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4871 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4872 Ausf. zu den allg. Auslegungsstandards des CESL-D bereits oben C. II.2. 4873 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4874 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4875 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4876 Fn. 4842. 4877 Fn. 4843.
716
D. Annahme
fer-AGB eine Preisanpassungsklausel beinhalten.4878 Letztlich ist es aber auch insoweit stets eine Frage der Auslegung, ob das Schweigen der AGB der anderen Partei dahin zu verstehen ist, dass diese insofern die Geltung des dispositiven Rechts wollte oder ob sie mit der Geltung der AGB-Klausel einverstanden wäre (z.B. weil diese für sie lediglich von Vorteil ist).4879 In solchen Fällen generell von der Geltung der fraglichen Klausel auszugehen, wie es im Schrifttum teilweise vertreten wird4880, würde den Interessen der Parteien nicht gerecht und stünde zudem auch in evidentem Widerspruch zu den allgemeinen Auslegungsstandards des CESL-D. d) Die Lösung des Art. 39 CESL-D aa) Voraussetzungen für einen Vertragsschluss Gem. Art. 39 Abs. 1 S. 1 CESL-D kommt der Vertrag – in Abweichung von der lex generalis des Art. 38 CESL-D4881 gleichwohl zustande, wenn die Parteien (abgesehen von einem Widerspruch zwischen ihren Standardvertragsbestimmungen) eine Einigung erzielt haben. Art. 39 Abs. 2 CESL-D normiert hiervon jedoch zwei Ausnahmen. Gem. lit. a kommt kein Vertrag zustande, wenn eine Partei im Voraus ausdrücklich und nicht durch Standardvertragsbestimmungen zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht auf der Grundlage von Abs. 1 durch einen Vertrag gebunden sein will. Eine wie auch immer geartete Abwehrklausel in den AGB genügt also gerade nicht.4882 Denn wie die Begründungen zu den Vorläufern in Art. 2:209 PECL4883 und Art. II.-4:209 DCFR4884 zu Recht betonen, sind derartige Klau4878 Vgl. zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4879 Vgl. auch zu Art. II.-4:209 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment B; vgl. zu Art. 2:209 PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar B. 4880 So etwa Loos ZEuP 2012, 776, 779; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115; ausdrücklich offenlassend und für eine legislative Klarstellung plädierend DiMatteo (Fn. 3217), S. 25, 48. 4881 Vgl. zum Charakter des Art. 39 CESL-D als lex specialis zu Art. 38 CESL-D bereits oben D. VIII.4. a) mit Nachweisen in Fn. 4840. 4882 Vgl. zu Art. 39 Abs. 2 lit. b CESL-D: Looschelders AcP 212 (2012) 581, 617; von Westphalen ZIP 2011, 1985, 1991; vgl. zu Art. II.-4:209(2)(a) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:202(2)(a) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64 f.; Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 41. Art. 2.1.22 PICC (Fn. 4845) enthält zwar nicht ausdrücklich den Zusatz, dass die eindeutige Äußerung im Voraus nicht nur in AGB erfolgen darf; in der Begründung (Comment 3 Art. 2.1.22 PICC) heißt es aber ebenfalls, eine Abwehrklausel in AGB „will not normally be sufficient“ („wird normalerweise nicht ausreichen“) und es folgt dann auch ein entsprechendes Beispiel (illustration 3). Im Schrifttum dazu wird ebenfalls überwiegend davon ausgegangen, dass eine Abwehrklausel in AGB nicht genügt, vgl. etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 753; Naudé in: Vogenauer/Kleinheisterkamp (eds.), Commentary on the UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC), 2009, Art. 2.1.22 para. 5; Köhler (Fn. 1397), S. 33, 64 f.; zweifelnd jedoch Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 41. 4883 Fn. 4842. 4884 Fn. 4843.
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
717
seln in der Praxis zwar quasi Standard, die betreffende Partei gibt durch ihr Verhalten aber häufig gleichwohl zu erkennen, dass sie tatsächlich trotzdem einen Vertragsschluss will.4885 Eine bloße Abwehrklausel genügen zu lassen4886, würde somit die Grundregel des Art. 39 Abs. 1 S. 1 CESL-D de facto weitgehend aushöhlen4887 und damit letztlich dazu führen, dass das Ergebnis letztlich doch wieder von reinen Zufälligkeiten abhängt4888. Nach lit. b soll ein Vertrag ferner nicht zustande kommen, wenn eine Partei die andere unverzüglich davon in Kenntnis setzt, dass sie nicht durch einen solchen Vertrag gebunden sein will. Ebenso wie schon PICC, PECL und DCFR räumt damit auch der CESL-D jeder Partei ausdrücklich die Möglichkeit ein, das Zustandekommen eines Vertrags durch einen unverzüglichen „Widerspruch“ zu verhindern. Aus systematischer Perspektive ist dies in gewissem Sinne auch nur konsequent, da Art. 38 Abs. 4 lit. b CESL-D auch im Falle lediglich „unerheblicher“ Abweichungen ein solches Recht zum unverzüglichen Widerspruch etabliert4889. Die Regelung macht aber auch in der Sache durchaus Sinn.4890 Denn teleologisch-wertungsmäßige Basis der Grundregel des Art. 39 Abs. 1 S. 1 CESL-D ist, dass beide Parteien in der Praxis trotz des Widerspruchs zwischen den AGB meist letztlich einen Vertrag wollen, ihnen der Vertragsschluss also gerade wichtiger ist als der Konflikt zwischen den AGB.4891 Mit dem unverzüglichen Widerspruch demonstriert die betreffende Partei jedoch gerade, dass diese Hypothese für sie in casu gerade nicht zutrifft.4892 Durch das Erfordernis der Unverzüglichkeit des Widerspruchs ist im Übrigen gewährleistet, dass zeitnah Klarheit geschaffen wird. bb) Vertragsinhalt Sind die soeben erörterten Voraussetzungen für einen Vertragsschluss erfüllt, so werden die Standardvertragsbestimmungen gem. Art. 39 Abs. 1 S. 2 CESL-D insoweit Teil des Vertrags, als sie sich inhaltlich decken. Entscheidend ist auch insoweit 4885 Vgl. auch zu Art. II.-4:209(2)(a) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:202(2)(a) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4886 Kritisch zum Nichtausreichen von AGB-Abwehrklauseln jedoch Mance ZEuP 2010, 457, 460. 4887 Vgl. auch zu Art. II.-4:209(2)(a) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:202(2)(a) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4888 Vgl. in Bezug auf Art. 2.1.22 PICC und Art. 2:209(2)(a) PECL auch Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 40. 4889 Vgl. dazu oben D. IV.4. a) cc)(2)(b). 4890 Ähnlich in Bezug auf Art. 2.1.22 PICC und Art. 2:209(2)(b) PECL auch Köhler (Fn. 1397), S. 33, 65; kritisch jedoch in Bezug auf Art. II.-4:209(2)(b) DCFR Mance ZEuP 2010, 457, 460. 4891 Vgl. oben D. VIII.4. b). 4892 Vgl. in Bezug auf Art. 2.1.22 PICC und Art. 2:209(2)(b) PECL auch Schlechtriem FG Herber, 1999, S. 36, 45.
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D. Annahme
– ebenso wie im Rahmen der Determination, ob ein Widerspruch vorliegt4893 ausschließlich die inhaltliche Kongruenz; eine lediglich abweichende Formulierung, reine Präzisierungen etc. sind irrelevant.4894 Die durch den Wegfall der einander widersprechenden AGB-Klauseln entstehende Lücke ist durch das dispositive Recht zu füllen.4895 Besondere Bedeutung kommt insoweit aber – wie schon in den Begründungen zu den Vorläufern in Art. 2:209 PECL4896 und Art. II.-4:209 DCFR4897 zu Recht betont wird4898 – speziell auch etwaigen Gebräuchen in der jeweiligen Branche oder zwischen den Parteien etablierten Gepflogenheiten (Art. 67 CESL-D)4899 sowie der ergänzende Vertragsauslegung (Art. 68 CESL-D)4900 zu. Nach den Begründungen zu den Vorläufern in Art. 2:209 PECL4901 und Art. II.-4:209 DCFR4902 soll im Übrigen ggf. auch eine Reduktion auf das „gemeinsame Minimum“ möglich sein, sofern sich im Rahmen der Auslegung ergibt, dass dies dem Parteiwillen entspricht.4903 Als Beispiel genannt wird der Fall, dass die AGB beider Parteien eine Schiedsklausel enthalten, allerdings verschiedene Schiedsgerichte benannt werden; sofern die Auslegung ergibt, dass beide Parteien ein Schiedsverfahren in jedem Fall gegenüber einem Prozess vor ordentlichen Gerichten bevorzugen, kann die Schiedsklausel zumindest partiell aufrechterhalten werden, d.h. nur der Schiedsgerichtsstand wäre nach den allgemeinen Regeln des dispositiven Rechts zu bestimmen; ergibt sich hingegen, dass eine Partei gerade nur die Entscheidung durch das von ihr benannte Schiedsgericht wollte, so sind beide Schiedsklauseln vollständig unwirksam und Streitigkeiten sind vor dem/den nach allgemeinen Regeln zuständigen Gericht(en) auszutragen.4904 Diese Herangehensweise macht in der Tat Sinn, denn so wird – im Einklang mit der allgemeinen Grundintention des Art. 39 CESL-D – dem Parteiwillen am besten zur Geltung verholfen.
4893
Vgl. oben D. VIII.4. c). Vgl. Harvey/Schillig (Fn. 1389), sub. III.6; vgl. zu Art. II.-4:209(1) DCFR: Art. II.4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:209(1) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4895 Vgl. zu Art. 39 CESL-D: Lando (Fn. 2743), Rn. 13; Loos ZEuP 2012, 776, 779; zu Art. II.-4:209(1) 2 DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:209(1) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4896 Fn. 4842. 4897 Fn. 4843. 4898 Vgl. zu Art. II.-4:209(1) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:209(1) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4899 Vgl. dazu oben C. V.4. b) aa). 4900 Vgl. dazu oben C. II.4. e), C. V.4. b) bb). 4901 Fn. 4842. 4902 Fn. 4843. 4903 Vgl. zu Art. II.-4:209(1) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:209(1) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4904 Vgl. zu Art. II.-4:209(1) DCFR: Art. II.-4:209 DCFR Comment C; vgl. zu Art. 2:209(1) PECL: Art. 2:209 PECL Kommentar C. 4894
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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5. Rechtsvergleichende Würdigung a) Zusammenfassender Befund Aus rechtsvergleichender Perspektive zeigt sich somit, dass die battle of forms bis heute nicht endgültig ausgefochten ist: Das deutsche4905 und französische4906 Recht sowie nun auch der CESL-D4907 folgen der knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“) wobei das deutsche Recht insofern eine gewisse Besonderheit aufweist, als sich eine Eigentumsvorbehaltsklausel ggf. zumindest auf dinglicher Ebene durchsetzen kann4908. Im englischen Recht4909 gilt im Gegensatz dazu als Grundregel bis heute die last shot rule („Theorie des letzten Wortes“). Wie dargelegt4910, ist mit der Tekdata-Entscheidung im Jahr 2009 jedoch eine durchaus signifikante Neujustierung erfolgt, die bei entsprechendem Parteiwillen auch eine Ausnahme von der traditionellen Angebot/Annahme-Analyse, d.h. der last shot rule, zulässt. b) First blow rule, last shot rule, knock out rule oder best shot rule? Welche Lösung ist nun aber vorzugswürdig – die last shot rule („Theorie des letzten Wortes“) oder die knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“)? Oder vielleicht gar die von Lord Denning MR in Betracht gezogene first blow rule4911 („Theorie des ersten Hiebs“)4912? Als Alternativlösung wurde im Schrifttum schließlich auch eine sog. best shot rule („Theorie des besten Schusses“) vorgeschlagen, wobei es insoweit drei Varianten gibt: Nach Variante 1 (Goldberg) sollen die AGB derjenigen Partei Vertragsgegenstand werden, welche die fairste Lösung bieten4913; nach Variante 2 (Ben-Shahar) diejenigen, welche „the more reasonable terms“ („die vernünftigeren Bedingungen“) enthalten4914; nach Variante 3 (Rühl) diejenigen, welche unter ökonomischen Aspekten am effizientesten sind4915.
4905
Vgl. dazu oben D. VIII.1. Vgl. dazu oben D. VIII.2. 4907 Vgl. dazu oben D. VIII.4. 4908 Vgl. dazu oben D. VIII.1. d); anders im französischen Recht, vgl. oben D. VIII.2. b). Der CESL-D regelt den Eigentumsübergang nicht, insoweit gilt vielmehr das nach den allgemeinen Regeln des IPR anwendbare nationale Recht (vgl. Erwägungsgründe 27 S. 1 und 2 CESLVOE), vgl. speziell in Bezug auf den Eigentumsvorbehalt etwa auch Looschelders AcP 212 (2012) 581, 588. 4909 Vgl. dazu oben D. VIII.3. 4910 Vgl. dazu oben D. VIII.3. d), D. VIII.3. e). 4911 Auch bekannt als „first shot rule“. 4912 Vgl. dazu oben D. VIII.3. b). 4913 Vgl. Goldberg (1997) 76 Or. L. Rev. 155, 166 ff. 4914 Vgl. Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 357 ff. 4915 Vgl. Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 221 ff. 4906
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D. Annahme
Die knock out rule ist bei den untersuchten Rechtsordnungen jedenfalls rein zahlenmäßig klar in der Mehrheit (3:1). Dies ist zwar freilich keinesfalls ein zwingendes Argument, aber immerhin ein starkes Indiz für die Sachgerechtigkeit dieser Lösung zumal, wie gezeigt, auch im englischen Recht eine gewisse Tendenz in diese Richtung erkennbar ist. Relativ schnell „aussortieren“ lässt sich jedenfalls die first blow rule. Denn wenngleich sie auf Grund ihres Charakters als klare und strikte Regel unzweifelhaft für eine gewisse Rechtssicherheit sorgt, so macht sie das Ergebnis doch letztlich von Zufälligkeiten abhängig4916 und lässt sich vor allem auch schon dogmatisch kaum bzw. nur äußerst schwer mit dem allgemeinen Angebot/Annahme-Modell in Einklang bringen. Wenn der Vertrag prinzipiell mit der Wirksamkeit der Annahme – und mit deren Inhalt4917 zustande kommt, weshalb und auf welcher dogmatischen und wertungsmäßigen Grundlage soll im Falle kollidierender AGB dann plötzlich das Angebot – und dessen Inhalt – maßgeblich sein? Die last shot rule fügt sich demgegenüber naht- und problemlos in die allgemeine Vertragsrechtsdogmatik ein; letzten Endes stellt sie nur eine konsequente Anwendung des allgemeinen Angebot/Annahme-Modells dar4918. Praktisch hat sie zudem unzweifelhaft gewisse Vorteile im Hinblick auf die gerade im geschäftlichen Verkehr essentielle Rechtssicherheit: Vertragsinhalt werden entweder die AGB der einen oder der anderen Partei; es bedarf keiner ggf. schwierigen Feststellung, ob im Einzelfall tatsächliche eine inhaltliche Abweichung vorliegt, oder einer Lückenfüllung durch dispositives Recht bzw. ergänzende Vertragsauslegung.4919 Dies reduziert insofern aus ökonomischer Perspektive auch die Transaktionskosten.4920 Dem stehen jedoch andererseits eine ganze Reihe elementarer Nachteile gegenüber: Die last shot rule führt nicht nur zu zufälligen Ergebnissen4921, son4916 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 355; Forti (2008) 60 RIDC 729, 742 f. 4917 Welcher freilich grundsätzlich mit demjenigen des Angebots kongruent sein muss. 4918 Vgl. oben zum englischen Recht sub D. VIII.3. a), D. VIII.3. d); vgl. in Bezug auf das CISG etwa auch Schlechtriem/Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 22; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 6. 4919 Vgl. in Bezug auf das englische Recht die Nachweise oben in Fn. 4813 sowie auch die bei Fn. 4792 ff. referierte Kritik an Lord Dennings Ansatz im Vergleich zur traditionellen last shot rule unter diesem Aspekt; vgl. in Bezug auf das CISG etwa Sambugaro RDA/IBLJ 2009, 69, 74; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 82; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 6; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 209, 212; Stemp (2005) 15 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 244, 258. 4920 Vgl. Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 212, 215. 4921 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht die Nachweise in Fn. 4715; in Bezug auf das englische Recht die Nachweise in Fn. 4806; in Bezug auf das CISG etwa Gruber (Fn. 2228), Art. 19 Rn. 24; Kröll/Hennecke RIW 2001, 736, 739; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 41; Rouhette RDC 2007, 1371, 1400 Fn. 183; Saenger (Fn. 2228), Art. 19 CISG Rn. 3; Schlechtriem/ Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 Rn. 22; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 35; Sieg RIW 1997, 811,
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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dern ermöglicht stets nur „Alles oder Nichts“-Lösungen4922 und zwingt darüber hinaus in letzter Konsequenz auch zum ständigen Widerspruch gegen die AGB der anderen Partei4923 („Ping-Pong-Spiel“4924). Vor allem aber wird sie auch den Bedürfnissen der Praxis und den vernünftigen Erwartungen der Parteien nicht gerecht: Denn ungeachtet etwaiger Widersprüche ihrer AGB werden die Parteien in den allermeisten Fällen trotz allem einen Vertragsschluss wollen.4925 Eben dies wird aber durch die last shot rule vereitelt, denn selbst ein sorgfältiger Vertragsgestalter und Berater kann unter ihrer Geltung bestenfalls sicherstellen, dass ggf. eine Pattsituation entsteht, in der überhaupt kein Vertrag zustande kommt.4926 In eben diesem Punkt liegt umgekehrt der ganz elementare und entscheidende Vorteil der knock out rule: Sie gewährleistet, dass dann, wenn die Parteien sich abgesehen von der „AGB-Kollision“ einig sind, auch ein Vertrag zustande kommt und wird somit den legitimen und vernünftigen Interessen und Erwartungen der Parteien gerecht4927 (Prinzip des favor contractus4928 bzw. „deal is on“-Philosophie4929). Zudem lässt sie auch die Notwendigkeit 4922 814; Ventsch/Kluth IHR 2003, 61, 64; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 6; in Bezug auf PICC, PECL, DCFR bzw. CESL-D die Nachweise in Fn. 4862; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 355; Forti (2008) 60 RIDC 729, 742 f.; Jacobs (1985) 34 ICLQ 297, 314; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 209. 4922 Vgl. in Bezug auf das englische Recht die Nachweise in Fn. 4807; vgl. in Bezug auf das CISG etwa Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 91. 4923 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht die Nachweise in Fn. 4716; vgl. in Bezug auf das CISG: Ventsch/Kluth IHR 2003, 61, 64; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 6 f.; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 355; Forti (2008) 60 RIDC 729, 742; Jacobs (1985) 34 ICLQ 297, 314; Schwenzer/Hachem/Kee (Fn. 2434), 12.28; Stemp (2005) 15 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 244, 258. 4924 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht die Nachweise in Fn. 4717; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 742. 4925 Vgl. in Bezug auf das englische Recht die Nachweise in Fn. 4808; in Bezug auf das CISG: Kröll/Hennecke RIW 2001, 736, 739 f.; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 91; Ventsch/Kluth IHR 2003, 61, 64; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 28 f.; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Pawlowski FS Großfeld, 1999, S. 829, 840; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 209 ff.; Siems (2004) 12 ERPL 771, 784; vgl. zur immensen Vorteilhaftigkeit der knock out rule in dieser Hinsicht die Nachweise in Fn. 4927. 4926 Vgl. in Bezug auf das englische Recht die Nachweise in Fn. 4805. 4927 Vgl. in Bezug auf PICC, PECL, DCFR bzw. CESL-D die Nachweise in Fn. 4864; vgl. in Bezug auf die PICC etwa Naudé (Fn. 4882), Art. 2.1.22 PICC para. 14 f.; vgl. in Bezug auf das CISG etwa: Gruber (Fn. 2228), Art. 19 Rn. 24; Kröll/Hennecke RIW 2001, 736, 743; Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 42; Sieg RIW 1997, 811, 814; Schroeter (Fn. 1390), Art. 19 para. 38; Van Alstine (1996) 37 Va. J. Int’l L. 1, 91 f., 96 f., 103 f.; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 9, 28; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 759; von Mehren (1990) 38 Am. J. Comp. L. 265, 296; Pawlowski FS Großfeld, 1999, S. 829, 840 f.; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 216, 220; Schwenzer/Hachem/Kee (Fn. 2434), 12.31. 4928 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 759. 4929 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 759; in Bezug auf die PICC etwa Naudé (Fn. 4882), Art. 2.1.22 PICC para. 14.
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D. Annahme
ständiger Widersprüche gegen die AGB der anderen Partei obwohl man sich im Kern eigentlich einig ist entfallen.4930 Die knock out rule ist somit auch unter law & economics-Aspekten in doppelter Hinsicht von Vorteil: Sie ermöglicht einen von den Parteien (trotz etwaiger „AGB-Kollisionen“) eigentlich gewollten Vertragsschluss und reduziert – auf Grund des Entfallens des Anreizes zum permanenten Widerspruch die Transaktionskosten.4931 Zuzugeben ist zwar andererseits, dass die knock out rule für die Parteien insofern zu gewissen Unsicherheiten führt, als es einer Füllung der durch die AGB-Kollision entstandenen Lücke durch dispositives Recht bzw. ergänzende Vertragsauslegung bedarf.4932 In Abwägung mit dem ganz entscheidenden Vorteil, dass – wie von den Parteien im Kern ja auch gewollt jedenfalls ein wirksamer Vertrag besteht, ist dieser Unsicherheit aber sicherlich hinnehmbar – zumal eine solche Lückenfüllung ja z.B. auch notwendig wäre, wenn eine AGB-Klausel aus sonstigen Gründen unwirksam wäre. Im Übrigen ist letztlich auch der zugunsten der last shot rule immer wieder geltend gemacht Vorteil der (angeblich) höheren Rechtssicherheit4933 bei genauer Betrachtung letztlich weitgehend nur ein scheinbarer: Denn auch hier muss auch erst einmal festgestellt werden, welche Erklärung denn tatsächlich der entscheidende last shot war und auch dies kann sich – wie im Schrifttum so schön formuliert wird – als echtes „lawyer’s paradise“ („Anwaltsparadies“)4934 erweisen – freilich in dem für die Parteien und den Rechtsverkehr eher negativen Sinne, dass sich auch hierüber letztlich quasi endlos streiten lässt4935. Hinzu kommt, dass es den Parteien – wie nochmals hervorzuheben ist , tatsächlich in den allermeisten Fällen weitaus lieber sein wird, überhaupt einen – wenn aus ihrer jeweiligen Sicht in einem bestimmten Punkt vielleicht auch suboptimalen – Vertrag zu haben, als ein endloses Hin und Her, an dessen Ende dann vielleicht doch nur das Ergebnis steht, dass gerade kein Vertrag zustande gekommen ist.4936 Selbst wenn die Parteien sich durchaus bewusst sind, dass ihre AGB in einem bestimmten Punkt kollidieren, verfahren sie in der Praxis – wie Burton J. es in GHSP Inc v AB Electronic Ltd (2010)4937 so anschaulich be-
4930 Vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 216 f., 220; vgl. zu diesem Nachteil der last shot rule die Nachweise in Fn. 4923. 4931 Vgl. Mankowski (Fn. 1390), Art. 19 CISG Rn. 42; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 220. 4932 Vgl. zu diesem Nachteil der knock out rule in Bezug auf das englische Recht die Nachweise in Fn. 4796; vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa vgl. aus rechtsvergleichender Perspektive etwa Forti (2008) 60 RIDC 729, 759; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 220. 4933 Vgl. die Nachweise in Fn. 4919. 4934 Vgl. Loos ZEuP 2012, 776, 778; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115. 4935 Vgl. zu dieser Problematik: Loos ZEuP 2012, 776, 778; Loos/Schelhaas ERPL 2013, 105, 115; Wildner (2008) 20 Pace Int’l L. Rev. 1, 29. 4936 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 4927. 4937 GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm).
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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schrieben hat4938 – im Regelfall eher nach dem Prinzip „Augen zu und durch“. Der „Spatz in der Hand“ (d.h. ein Vertrag mit einer ggf. aus der Perspektive der jeweiligen Partei in einem bestimmten Punkt suboptimalen Regelung bzw. dem Potenzial etwaiger späterer Streitigkeiten) ist ihnen meist weitaus lieber als die „Taube auf dem Dach“ (d.h. die häufig ganz klar von vornherein eher unwahrscheinliche Möglichkeit, doch noch zu einer Einigung über einen bestimmten Punkt zu gelangen). Was schließlich die im Schrifttum vorgeschlagene best shot rule angeht, so bietet unzweifelhaft auch diese den entscheidenden Vorteil des Zustandekommens des von den Parteien trotz der „AGB-Kollision“ letztlich gewollten Vertrags.4939 Das „Obsiegen“ der „fairsten“ bzw. „vernünftigsten“ bzw. „effizientesten“ AGB in ihrer Gesamtheit hat zudem sowohl aus theoretischer als auch aus wertungsmäßiger Perspektive einen ganz erheblichen Charme. Allerdings ist bereits zweifelhaft, ob dieser Ansatz – wie von seinen Vertretern als wesentlicher Vorteil beworben4940 – tatsächlich dazu führen würde, dass in der Geschäftspraxis künftig generell „fairere“ bzw. „vernünftigere“ bzw. „effizientere“ AGB ausgearbeitet werden.4941 Ganz maßgeblich gegen die best shot rule spricht aber vor allem die mit ihr verbundene Rechtsunsicherheit: Denn letzten Endes bestimmt erst im etwaigen Streitfall ein Gericht, welche AGB als Gesamtpaket „fairer“ bzw. „vernünftiger“ bzw. „effizienter“ sind.4942 Darüber, was „fair“ bzw. „vernünftig“ bzw. „effizient“ ist, lässt sich ganz generell trefflich streiten, und mag dies vielleicht in Bezug auf eine Einzelregelung u.U. noch relativ einfach sein, so kann jedenfalls die erforderliche Abwägung der „Gesamtpakete“ beider AGB gegeneinander den Richter – der überdies meist kein Experte in der jeweiligen Branche sein wird vor ganz erhebliche Schwierigkeiten stellen.4943 Nimmt man hinzu, dass die Parteien sich ggf. erst 4938
Vgl. die Zitate in Fn. 4827. Vgl. Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 223. 4940 Vgl. Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 365 ff.; Goldberg (1997) 76 Or. L. Rev. 155, 166; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 221 f. 4941 Vgl. auch Forti (2008) 60 RIDC 729, 757; Monti (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 371, 374 f. Übrigens sieht sich etwa auch Rühl selbst gezwungen, insoweit zumindest zu relativieren, vgl. Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 222. 4942 Vgl. auch Forti (2008) 60 RIDC 729, 756 ff.; Monti (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 371, 375 f.; generell kritisch zu best shot rule ferner etwa auch Naudé (Fn. 4882), Art. 2.1.22 PICC para. 13. Auch Ben-Shahar, Goldberg und Rühl räumen ein, dass die gerichtliche Feststellung der „effizientesten“ bzw. „vernünftigsten“ bzw. „fairsten“ AGB eine Reihe von Problemen und hohe Transaktionskosten mit sich bringen würde, sind aber der Auffassung, dass dies durch die Vorteile einer best shot rule aufgewogen würde, vgl. Ben-Shahar (2005) 25 Int’l Rev. L. & Econ. 350, 368 f.; Goldberg (1997) 76 Or. L. Rev. 155, 167 ff.; Rühl (2003) 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 189, 223. 4943 Vgl. auch Keating (2000) 98 Mich.L. Rev. 2678, 2710, der insbesondere auch darauf hinweist, dass in der Praxis erhebliche Bedenken bestünden, ob ein Richter (bzw. zumindest viele Richter) überhaupt hinreichend qualifiziert wären, um die aus geschäftlicher Sicht „fairsten“ AGB zu ermitteln; ähnlich auch Forti (2008) 60 RIDC 729, 757 f. 4939
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D. Annahme
durch mehrere Instanzen mit die „Fairness“ bzw. „Vernünftigkeit“ bzw. „Effizienz“ ggf. höchst unterschiedlich beurteilenden Richtern klagen müssen, wird endgültig deutlich, dass dieser Ansatz trotz seines unbestreitbaren theoretischen und wertungsmäßigen Charmes in der Praxis zu ganz erheblichen Rechtsunsicherheiten und Schwierigkeiten führen würde. Natürlich ist nicht in Abrede zu stellen, dass auch die Lückenfüllung durch dispositives Recht bzw. ergänzende Vertragsauslegung im Rahmen der Anwendung der knock out rule gewisse Unsicherheiten mit sich bringt. Mit der Füllung solcher punktueller Lücken haben die Gerichte indes – auch in anderen Bereichen Erfahrung und Routine. Vor allem aber ist die Notwendigkeit einer Füllung punktueller Lücken schon im Grundsatz etwas völlig anderes und speziell auch von der Komplexität her in keinster Weise vergleichbar mit der Notwendigkeit einer „Gesamtabwägung“ zweier „AGB-Gesamtpakte“ unter dem Aspekt der „Fairness“, „Vernünftigkeit“ oder „Effizienz“. Summa summarum ist folglich die knock out rule die insgesamt überzeugendste Lösung. c) Konkrete Ausgestaltung der knock out rule Was nun die konkrete Ausgestaltung der knock out rule angeht, so sollten zunächst einmal nicht die gesamten AGB beider Parteien „ausgeschaltet“ werden, sondern – wie sowohl nach deutschem4944 und französischem Recht4945 sowie dem CESL-D4946 lediglich insoweit, als sie einander tatsächlich inhaltlich widersprechen. Denn im Übrigen sind die Parteien sich einig, und diesem „Rest-Konsens“ sollte von der Rechtsordnung auch zur Geltung verholfen werden. Entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung4947 kann ein inhaltlicher Widerspruch auch in Fällen eines sog. „einseitigen Regelungsgehalts“ vorliegen. Hier stets diejenige Partei „obsiegen“ zu lassen, die den betreffenden Punkt geregelt hat, würde den legitimen Interessen der anderen Partei nicht gerecht, denn das „Schweigen“ ihrer AGB hierzu muss keineswegs heißen, dass ihr dieser Punkt egal war, sondern kann durchaus auch bedeuten, dass sie insoweit gerade die Anwendung des dispositiven Rechts wollte.4948 Bei sog. einseitigen Regelungsgehalt ist vielmehr – wie im deutschen4949 und französischen4950 Recht und richtiger Ansicht nach auch im Rah4944
Vgl. oben D. VIII.1. b), D. VIII.1. c). Vgl. oben D. VIII.2. a). 4946 Vgl. oben D. VIII.4. d) bb). 4947 Vgl. in Bezug auf den CESL-D die Nachweise in Fn. 4880. 4948 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht die Nachweise in Fn. 4727; in Bezug auf PECL und DCFR die Nachweise in Fn. 4879. 4949 Vgl. oben D. VIII.1. c) bei Fn. 4727. 4950 Vgl. oben D. VIII.2. a). 4945
VIII. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms)
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men des CESL-D4951 im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, ob ein inhaltlicher Widerspruch vorliegt. Die durch die „Annullierung“ der einander widersprechenden AGB entstandene Lücke ist – wie es nicht nur im deutschen4952 und französischen Recht4953, sondern auch im Rahmen des CESL-D4954 der Fall ist – sinnvollerweise durch dispositives Recht bzw. ergänzende Vertragsauslegung zu füllen. Dabei sollte ggf. auch eine Reduktion auf ein „gemeinsames Minimum“ möglich sein – freilich nur, wenn die Auslegung ergibt, dass dieses eine aus der Perspektive beider Parteien akzeptable und interessengerechte Lösung darstellt (speziell im Vergleich zum anderenfalls eingreifenden dispositiven Recht).4955 Die Anwendung der knock out rule sollte schließlich auch nicht – wie im deutschen Recht von einem Teil der Literatur4956 und wohl auch vom BGH4957 angenommen davon abhängig sein, dass die AGB eine Abwehrklausel enthalten bzw. wie diese konkret ausgestaltet ist; hierauf kann es – im Einklang mit der h.L.4958 und einer Reihe von Instanzgerichten4959 in Deutschland nicht ankommen, da das Ergebnis von Zufälligkeiten abhängig gemacht würde4960. Umgekehrt sollte eine bloße Abwehrklausel in AGB – egal wie sie ausgestaltet ist – auch nicht ausreichen, um eine Anwendung der knock out rule auszuschließen; wie oben4961 dargelegt, bestimmt Art. 39 Abs. 2 lit. b CESL-D insoweit aus gutem Grund, dass die knock out rule nur dann nicht gilt, wenn eine Partei im Voraus ausdrücklich und nicht in AGB zum Ausdruck bringt, dass sie nicht auf dieser Grundlage gebunden sein will. Nicht gerechtfertigt ist die Anwendung der knock out rule ferner – wie in Art. 39 Abs. 2 lit. a CESL-D speziell geregelt dann, wenn eine Partei unverzüglich widerspricht.4962
4951
Vgl. oben D. VIII.4. c). Vgl. oben D. VIII.1. b), D. VIII.1. c). 4953 Vgl. oben D. VIII.2. a). 4954 Vgl. oben D. VIII.4. d) bb). 4955 Vgl. in Bezug auf das deutsche Recht oben D. VIII.1. c), speziell mit den Nachweisen in Fn. 4726; in Bezug auf den CESL-D oben D. VIII.4. d) bb), speziell auch mit den Nachweisen in Fn. 4903. 4956 Vgl. die Nachweise in Fn. 4720. 4957 Vgl. oben D. VIII.1. b). 4958 Vgl. die Nachweise in Fn. 4720. 4959 Vgl. die Nachweise in Fn. 4713. 4960 Vgl. die Nachweise in Fn. 4721. 4961 Vgl. oben D. VIII.4. d) aa). 4962 Vgl. oben D. VIII.4. d) aa). 4952
E. Zusammenfassung in Thesen 1. Grundkonzeption des Vertragsschlusses (B.) 1.1. Sowohl das deutsche als auch das französische und das englische Recht basieren heute auf dem Grundprinzip des Konsensualvertrags – Kern und Geltungsgrund des Vertrags ist der Konsens (consentement, meeting of the minds) (B. I.). 1.2. Im Gegensatz zum deutschen Recht existiert im französischen und englischen Recht aber zusätzlich ein materielles Erfordernis – im französischen Recht die cause, im englischen Recht die consideration. Der CESL-D hat sich zu Recht gegen derartige materielle Erfordernisse entschieden, denn ihre Funktionen können durch andere Rechtsinstitute wesentlich zielgenauer erfüllt werden (B. I.). 1.3. In allen drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen lassen sich jedoch (anders als im CESL-D) zumindest noch Relikte des Realkontrakts ausmachen; im deutschen Recht hat er allerdings seit der Schuldrechtsreform nur noch rechtshistorische Bedeutung (B. II.). 1.4. Die Regeln über den Vertragsschluss basieren überall gleichermaßen auf dem dogmatischen Modell des sukzessiven Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme (wenngleich dieses speziell ins englische Vertragsrecht erst relativ spät als legal transplant aus dem kontinentaleuropäischen Recht Eingang fand) (B.). 1.5. Der historische Rückblick zeigt, wie stark die gemeinsame europäische Rechtstradition speziell im Hinblick auf das deutsche und französische Recht ist und wie sehr sich die (Vertrags-)Rechtsordnungen im Verlauf ihrer Entwicklung gegenseitig inspiriert und beeinflusst haben. Insbesondere war selbst die vielgerühmte „noble isolation“ des englischen Rechts letztlich nie wirklich so „isoliert“ wie manchmal suggeriert wird (B.). 2. Angebot (C.) 2.1. Definition und Rechtsnatur (C. I.) Trotz der divergierenden dogmatisch-systematischen Kategorisierung („Rechtsgeschäft/Willenserklärung“ bzw. „acte juridique/déclaration de volonté“ im deutschen und französischen Recht; Nichtexistenz dieser Kategorien im englischen Recht und CESL-D) sind die essentiellen materiellen Grundvoraussetzungen für das Vorliegen eines wirk-
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samen Angebots überall deckungsgleich: Rechtsbindungswille und hinreichende Bestimmtheit. 2.2. Auslegungsstandards (Exkurs, C. II.) 2.2.1. Ungeachtet der konzeptionell und rechtstechnisch divergierenden Ausgangspunkte streng subjektiv im französischen, streng objektiv im englischen, explizit dialektisch subjektiv-objektiv im deutschen Recht zeigt sich bei näherer Analyse, dass die drei untersuchten nationalen Rechtsordnungen in ihren praktischen Ergebnissen bei der Auslegung weitgehend konvergieren. Speziell in zwei Punkten divergiert das englische Recht jedoch markant vom deutschen und französischen Recht: einerseits in Bezug auf die (zumindest grundsätzliche) Ablehnung der Berücksichtigung vor- und nachvertraglichen Parteiverhaltens, andererseits im Hinblick auf die Behandlung der typischen Fälle der falsa demonstratio. 2.2.2. Der im CESL-D unternommene Versuch einer Synthese der verschiedenen Ansätze der nationalen EU-Rechtsordnungen erscheint mit seinem offen kombiniert subjektiv-objektiven Ansatz prinzipiell gelungen. 2.3. Abgrenzung zu Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen (C. III.) 2.3.1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen (Gefälligkeit, acte de complaisance) (C. III.1.) 2.3.1.1. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist überall die – im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermittelnde – Existenz eines Rechtsbindungswillens. Die Materie ist in allen drei nationalen Rechtsordnungen durch eine umfangreiche Kasuistik geprägt. Häufig spielen (teils ganz offen, teils nur latent) auch Wertungs- und Gerechtigkeitsaspekte eine Rolle; die Abgrenzung wird zudem vielfach auch von den jeweils herrschenden kulturellen, wirtschaftlichen und soziopolitischen Gegebenheit (mit-)bestimmt, die sich im Verlauf der Zeit durchaus auch wandeln können. 2.3.1.2. Als gemeinsame allgemeine Leitlinien lassen sich aber immerhin festhalten: Je tiefer eine Vereinbarung im familiären und/oder gesellschaftlichen Bereich wurzelt, desto eher wird sie als bloße Gefälligkeit qualifiziert; umgekehrt schlägt das Pendel umso stärker in Richtung Vertrag aus, je größer die wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung ist bzw. je stärker sie im geschäftlichen Bereich verankert ist. Wie speziell die Be-
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E. Zusammenfassung in Thesen
handlung der gentlemen’s agreements illustriert, berücksichtigt man in allen Rechtsordnungen zwar auch die von den Parteien gewählte Formulierung, bleibt aber nirgends beim Wortlaut stehen, sondern berücksichtigt jenseits bloßer Begrifflichkeiten umfassend sämtliche Umstände des Einzelfalls. 2.3.2. Abgrenzung zur invitatio ad offerendum und sonstigen bloßen Erklärungen der Vertragsbereitschaft (C. III.2.) 2.3.2.1. Maßgebliches Abgrenzungskriterium in Bezug auf die Abgrenzung von Angebot (offre, offer) einerseits oder invitatio ad offerendum (invitation à entrer en pourparlers, invitation to treat) andererseits ist überall die – im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermittelnde – Existenz eines Rechtsbindungswillens; alle Rechtsordnungen etablieren aber „Faustregeln“ bzw. „Vermutungen“ für bestimmte Fallgruppen. 2.3.2.2. Insgesamt zeigt sich klar, dass speziell das französische Recht sehr stark dazu tendiert, an die Allgemeinheit gerichtete „Vorschläge“ bereits als Angebot einzustufen, während das deutsche und englische Recht insoweit prinzipiell eher restriktiv sind und der CESL-D sogar eine ausdrückliche Vermutung zugunsten einer bloßen invitatio ad offerendum etabliert. 2.3.2.3. Diese divergierenden Grundtendenzen sind vor allem eine Reflexion einer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung auf der Wertungsebene, wobei der Grundansatz des deutschen und englischen Rechts sowie des CESL-D insoweit prinzipiell überzeugender erscheint. 2.4. Angebot ad incertas personas (C. IV.) Die Möglichkeit einer Offerte ad incertas personas ist überall anerkannt. Ihr Anwendungsbereich ist jedoch sehr unterschiedlich: Während das deutsche und englische Recht generell eher dazu tendieren, bei an die Allgemeinheit gerichteten Vorschlägen eine bloße invitatio ad offerendum anzunehmen, und der CESL-D sogar eine entsprechende Vermutung enthält, neigt das französische Recht tendenziell eher zu einer Qualifikation als offre au public. 2.5. Bestimmtheit des Angebots (C. V.) 2.5.1. Überall geltendes Grundprinzip ist, dass grundsätzlich die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit aller wesentlichen Vertragspunkte (sog. essentialia negotii/éléments essentiels/essential terms) erforderlich ist, wobei es genügt, dass sich diese im Wege der Auslegung – entweder kraft spezieller Regeln oder mittels
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der allgemeinen Auslegungsstandards bestimmen lassen („id certum est quod certum reddi potest“). 2.5.2. Im Einzelnen bestehen aber durchaus signifikante Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises sowie in Bezug auf die Reichweite und die nähere Ausgestaltung von Bestimmungsrechten Dritter und der Vertragsparteien; das französische Recht ist insoweit tendenziell besonders strikt, hat aber in den letzten Jahren immerhin insgesamt eine deutliche Liberalisierung erfahren. 2.6. Kommunikation des Angebots (C. VI.) Die Kommunikation des Angebots an den/die potenziellen Adressaten gehört überall bereits wesensmäßig zum Angebot und kann grundsätzlich formfrei sowie sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen. 2.7. Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots (C. VII.) 2.7.1. Konzeptionelle Einordnung: Im deutschen Recht und im CESL-D wird die Frage nach Zeitpunkt und Ort der Wirksamkeit des Angebots als Anwendungsfall der allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit von Willenserklärungen (bzw. in der Terminologie des CESL-D: „Mitteilungen“) begriffen; im französischen und englischen Recht, wo bis heute keine der deutschen auch nur annähernd vergleichbare allgemeine Rechtsgeschäftslehre existiert, wird die Problematik dagegen als Spezialfrage angesehen (der überdies auf Grund des Grundprinzips der freien Widerruflichkeit keine große praktische und konzeptionelle Relevanz beigemessen wird). 2.7.2. Materielle Unterschiede: Nach französischem und englischem Recht wird das Angebot grundsätzlich erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den (jeweiligen) Adressaten wirksam; nach deutschem Recht und CESL-D sind zur Wirksamkeit des Angebots – wie bei allen Willenserklärungen/Mitteilungen – Abgabe und Zugang erforderlich. Der Zugangsbegriff des CESL-D weicht allerdings signifikant von demjenigen des deutschen Rechts ab, nicht nur weil konzeptionell nicht – wie im deutschen Recht zwischen Erklärungen unter Abwesenden und Anwesenden differenziert wird, sondern vor allem auch, weil der Zugang nach dem CESL-D in vielen Fällen deutlich früher erfolgt. 2.7.3. Rücknahme: Eine Rücknahme des Angebots (d.h. eine Erklärung, mit der verhindert wird, dass das Angebot überhaupt erst wirksam wird) ist nach allen Rechtsordnungen möglich, sofern die Wirksamkeit der Rücknahme vor oder zeitgleich mit der (hypothetischen) Wirksamkeit des Angebots eintritt (wobei
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sich insofern konsequenterweise die Divergenzen in Bezug auf den Wirksamkeitszeitpunkt fortsetzen). Leider ist allerdings in Bezug auf Rücknahme, Widerruf und Verbraucherwiderruf überall ein erhebliches „Begriffswirrwarr“ zu verzeichnen. 2.8. Bindungswirkung, Widerruf und Erlöschen des Angebots (C. VIII.) 2.8.1. Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots (C. VIII.) 2.8.1.1. Diametral auseinanderlaufende Grundpositionen in den einzelnen Rechtsordnungen (C. VIII.) 2.8.1.1.1. In Bezug auf die Frage nach Bindungswirkung und Widerruflichkeit des Angebots existiert zwar insofern ein gewisser „kleinster gemeinsamer Nenner“, als es alle Rechtsordnungen den Parteien im Rahmen der Privatautonomie prinzipiell ermöglichen, das Angebot als widerruflich bzw. unwiderruflich auszugestalten. Im Übrigen divergieren die Grundpositionen aber diametral. 2.8.1.1.2. Am einen Ende des Spektrums steht das englische Recht, das eine Bindungswirkung generell ablehnt und das Angebot selbst dann als frei widerruflich ausgestaltet, wenn eine konkrete Annahmefrist festgelegt ist; wenn die Parteien eine Bindung wollen, müssen sie das Angebot entweder in einem deed niederlegen oder einen Optionsvertrag schließen (d.h. es muss eine consideration geleistet werden) (C. VIII.3. a)). 2.8.1.1.3. Am anderen Ende des Spektrums findet sich das deutsche Recht, das prinzipiell jedem Angebot eine – wenn freilich auch zeitlich begrenzte Bindungswirkung beimisst, sofern der Anbietende dies nicht klar ausschließt (C. VIII.1. a), C. VIII.1. b)). 2.8.1.1.4. Irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Polen zu verorten ist das französische Recht: Historischer Ausgangspunkt und konzeptionelles Grundprinzip ist zwar auch hier die freie Widerruflichkeit, auf Grund der neueren Entwicklungen ist die zeitlich begrenzte Bindungswirkung des Angebots heute jedoch de facto zum Regelfall gewor-
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den (Bindung entweder kraft Gesetzes, infolge einer vom Anbietenden privatautonom bestimmten Annahmefrist, in jedem Fall aber für eine délai raisonnable [angemessene Frist]); allerdings ist bis heute nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt und auch im Schrifttum höchst streitig, welche genaue Bedeutung die Bindungswirkung hat, speziell ob ein verfrühter Widerruf lediglich einen Schadensersatzanspruch begründet oder ob er als unwirksam anzusehen ist, so dass durch die Annahme gleichwohl ein wirksamer Vertrag zustande kommt (C. VIII.2. a) C. VIII.2. f)). 2.8.1.1.5. Der CESL-D folgt im Wesentlichen dem schon aus EAG, CISG, PICC, PECL und DCFR bekannten Kompromissmodell, dass zwar vom Grundprinzip der freien Widerruflichkeit des Angebots ausgeht, dieses dann jedoch dadurch, dass die Widerrufsmöglichkeit (außer im Falle der Annahme durch Verhalten) nur bis zum Zeitpunkt der Absendung der Annahme besteht sowie durch drei Ausnahmetatbestände (Manifestation der Unwiderruflichkeit, feste Annahmefrist und betätigtes Vertrauen) signifikant eingeschränkt (C. VIII.4. a)). 2.8.1.2. Zu favorisierendes Modell (C. VIII.5. a) bb)) i) Es sollte dem Anbietenden möglich sein, das Angebot durch eine entsprechende klare (ausdrückliche oder konkludente) Festlegung als widerruflich oder (für einen bestimmten Zeitraum) unwiderruflich auszugestalten. ii) Der Widerruf sollte grundsätzlich als empfangsbedürftige Erklärung ausgestaltet sein; im Falle einer Offerte ad incertas personas erscheint es allerdings zweckmäßig und angemessen, auch einen Widerruf mittels einer Erklärung unter Verwendung des gleichen oder eines mindestens ebenso effektiven Kommunikationsmittels ausreichen zu lassen. iii) Ein entgegen einer Bindung erfolgender Widerruf sollte als unwirksam erachtet werden, so dass der Angebotsempfänger durch die Erklärung der An-
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2.8.2.
2.8.3.
2.8.4.
2.8.5.
nahme weiterhin einen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen (und dann hieraus auf Erfüllung klagen) kann. iv) Es erscheint vorzugswürdig, die Widerrufssperre nicht vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu entkoppeln, sondern insoweit einen generellen Gleichlauf vorzusehen. v) Regelungstechnisch sollte von einer prinzipiellen Bindung des Anbietenden – für die von ihm spezifizierte Annahmefrist, subsidiär für eine „angemessene Frist“ (die ggf. für bestimmte Fallgruppen noch näher konkretisiert werden kann) – ausgegangen werden. vi) Das Modell des BGB ist insofern heute grundsätzlich noch ebenso überzeugend wie bei seinem Inkrafttreten im Jahr 1900. Ablehnung des Angebots (C. VIII.) 2.8.2.1. Die Ablehnung des Angebots führt nach allen untersuchten Rechtsordnungen zum Erlöschen des Angebots. 2.8.2.2. Auch eine „Annahme“ mit Modifikationen oder Ergänzungen wird nach allen analysierten Rechtsordnungen grundsätzlich als Ablehnung (verbunden mit einem Gegenangebot) angesehen, sofern die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Angebots erfüllt sind (vgl. auch noch These 3.4.2). Zeitablauf (C. VIII.) Das Angebot erlischt nach allen Rechtsordnungen auch nach Ablauf der jeweils maßgeblichen Annahmefrist. Tod einer Partei (C. VIII.) In Bezug auf die Rechtsfolgen des Eintritts des Todes einer Partei im Hinblick auf das Schicksal des Angebots divergieren die nationalen Rechtsordnungen stark, zudem ist die Problematik teils heftig umstritten. Vorzugswürdige Lösung ist eine widerlegliche Vermutung zugunsten des Fortbestands des Angebots, die speziell dann widerlegt ist, wenn das Angebot bzw. der in Aussicht genommene Vertrag höchstpersönlichen Charakter hat. Geschäftsunfähigkeit einer Partei (C. VIII.) Signifikante Divergenzen sind auch in Bezug auf die rechtliche Behandlung des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit einer Partei zu konstatieren. Vorzugswürdig ist letztlich auch hier eine flexible Lösung im Sinne einer widerleglichen Vermutung zu-
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gunsten des Fortbestands des Angebots (unabhängig davon, welche Partei geschäftsunfähig wird). Zudem erscheint es in jedem Fall unabdingbar, dass die Lösung der Problematik der rechtlichen Konsequenzen des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit konsistent mit dem allgemeinen Recht der Geschäfts(un)fähigkeit in der jeweiligen Rechtsordnung ist. 3. Annahme (D.) 3.1. Definition und Rechtsnatur (D. I.) Ebenso wie beim Angebot besteht trotz der divergierenden dogmatisch-systematischen Kategorisierung („Rechtsgeschäft/Willenserklärung“ bzw. „acte juridique/déclaration de volonté“ im deutschen und französischen Recht; Nichtexistenz dieser Kategorien im englischen Recht und CESL-D) auch in Bezug auf die essentiellen materiellen Grundvoraussetzungen für eine wirksame Annahme überall Kongruenz: Erforderlich ist eine Erklärung des Angebotsempfängers mit Rechtsbindungswillen, die auf das Angebot bezogen ist und die vorbehaltlose Zustimmung zu den Bedingungen des Angebots zum Ausdruck bringt. 3.2. Abgrenzung zu Äußerungen ohne Rechtsbindungswillen (D. II.) 3.2.1. Abgrenzung zu auf außerrechtliche Arrangements abzielenden Äußerungen (Gefälligkeit, acte de complaisance) (D. II.1.) Insofern stellen sich dieselben Probleme und Fragen wie beim Angebot (siehe These 2.3.1). 3.2.2. Abgrenzung zu Äußerungen ohne endgültigen Rechtsbindungswillen (D. II.2.) Bloße Empfangsbestätigungen, Anfragen, Interessenbekundungen etc. werden überall nicht als wirksame Annahme qualifiziert; gewisse Unterschiede sind im Einzelfall vor dem Hintergrund der teils divergierenden nationalen Auslegungsstandards (vgl. These 2.2) freilich nicht auszuschließen. 3.3. Nexus mit dem Angebot? (D. III.) 3.3.1. Kreuzofferten (D. III.1.) Das Phänomen der Kreuzofferte wird höchst unterschiedlich angegangen: Während sich im deutschen und französischen Recht weitgehend die Auffassung durchgesetzt hat, dass trotz des „Kreuzens“ der Erklärungen ein wirksamer Vertrag zustande kommt, wird dies im englischen Recht kategorisch abgelehnt. Vorzugswürdig ist die Lösung, einen Vertragsschluss auch im Falle inhaltlich kongruenter Kreuzofferten zu bejahen. 3.3.2. Sog. „Belohnungsfälle“ (reward cases) (D. III.2.) Während das BGB die Auslobung als einseitiges obligationsbegründendes Rechtsgeschäft konzipiert und dem Handelnden
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folglich auch dann einen Anspruch zubilligt, wenn er nicht zwecks Erlangung der Belohnung oder gar in Unkenntnis des Versprechens gehandelt hat, konstruieren das französische und englische Recht solche promesses de récompense bzw. promises of rewards traditionell als Verträge, mit der Folge, dass ein Anspruch auf die Belohnung (zumindest nach bislang noch ganz h.M.) nur dann besteht, wenn der Handelnde in Kenntnis und zumindest auch zwecks Erlangung der Belohnung gehandelt hat. Die deutsche Lösung ist hier insgesamt klar vorzugswürdig. 3.4. Inhaltliche Anforderungen an die Annahme und rechtliche Behandlung von Erklärungen, die diesen nicht genügen (D. IV.) 3.4.1. Sowohl das deutsche und englische Recht als auch die traditionelle Auffassung im französischen Recht etablieren eine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule: Eine wirksame Annahme liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie inhaltlich vollständig kongruent mit dem Angebot, also dessen perfektes mirror image (Spiegelbild), ist. Das im Gegensatz dazu im CESL-D etablierte „Modell der wesentlichen Kongruenz“ bzw. „material mirror image model“ vermag nicht zu überzeugen. 3.4.2. Erklärungen, die den inhaltlichen Anforderungen an eine Annahme nicht genügen werden – sofern die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Angebots (d.h. insbesondere hinreichende Bestimmtheit und Rechtsbindungswille) erfüllt sind – als Gegenangebot qualifiziert (vgl. auch bereits These 2.8.2.2). 3.5. Kommunikation der Annahme (D. V.) 3.5.1. Grundsätzliches Erfordernis der Kommunikation der Annahme an den Anbietenden (D. V.1.) 3.5.1.1. Sowohl im deutschen und englischen Recht als auch im Rahmen des CESL-D gilt als Grundsatz, dass die Annahme zu ihrer Wirksamkeit an den Anbietenden kommuniziert werden muss. Ausnahmen hiervon bestehen jedoch in allen drei Rechtsordnungen insbesondere im Falle der Annahme durch Verhalten; hier kann sich entweder aus den Parteigepflogenheiten, Handelsbräuchen oder auch auf Grund eines sich aus den Angebotsbedingungen ergebenden Verzichts seitens des Anbietenden ergeben, dass die Annahme bereits mit Vornahme der Handlung (bzw. Beginn derselben) wirksam wird. Im englischen Recht existiert zudem eine weitaus umfangreichere Ausnahme für Vertrags-
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abschlüsse im Anwendungsbereich der postal rule (Wirksamkeit der Annahme bereits mit der Absendung). 3.5.1.2. Das französische Recht nimmt insoweit eine Sonderstellung ein: Die Problematik wird dort nicht wirklich als solche diskutiert, sondern lediglich als Vor- bzw. Teilfrage der im französischen Recht seit jeher äußerst kontrovers diskutierten Frage nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags. 3.5.1.3. In Bezug auf die in diesem Kontext en passant gestreifte Sonderproblematik der Zusendung unbestellter Waren ist hervorzuheben, dass die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben im deutschen, französischen und englischen Recht insoweit höchst unterschiedlich ist; im CESL-D ist die Problematik nicht speziell geregelt. 3.5.2. Art und Weise der Kommunikation der Annahme im Allgemeinen (D. V.2. a) Die Annahme ist nach allen Rechtsordnungen grundsätzlich formfrei und kann grundsätzlich sowohl ausdrücklich erklärt werden als auch konkludent (durch Verhalten) erfolgen; der Anbietende kann allerdings auch ein bestimmtes Kommunikationsmittel bzw. eine bestimmte Form verlangen. Selbst im Hinblick auf die typischen Fälle einer Annahme durch Verhalten zeigt sich große Übereinstimmung (wobei das französische Recht hier allerdings in Bezug auf die Abgrenzung zwischen acceptance expresse und acceptance tacite von den anderen untersuchten Rechtsordnungen abweicht). 3.5.3. Sonderproblem: Annahme durch Schweigen oder Untätigkeit (D. V.2. b) 3.5.3.1. Grundprinzip ist überall, dass Schweigen jedenfalls für sich allein grundsätzlich keine Annahme darstellt: „qui tacet, consentire non videtur“; der Anbietende kann dem Angebotsempfänger ein Schweigen auch nicht etwa als Erklärungszeichen „aufoktroyieren“, indem er in seinem Angebot erklärt, dass er ein Schweigen in diesem Sinne interpretieren werde. 3.5.3.2. Von dieser Grundregel werden aber in allen Rechtsordnungen in bestimmten Fällen Ausnahmen gemacht. Gegenstand, Reichweite und Umfang dieser Ausnahmetatbestände divergieren in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen allerdings, wobei das englische Recht tendenziell am zurückhaltendsten ist und
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– anders als das deutsche und französische – auch keine relevanten Fälle eines gesetzlich normierten Schweigens kennt. Überall als Ausnahmetatbestände anerkannt sind: Vereinbarung zwischen den Parteien, zwischen den Parteien etablierte Gepflogenheiten, Handelsbräuche (bzgl. der Reichweite und des Umfang derselben bestehen allerdings signifikante Unterschiede). Die im französischen Recht anerkannte Fallgruppe des Angebots im ausschließlichen Interesse (intérêt exclusif) des Angebotsempfängers findet sich im deutschen und englischen Recht zwar zumindest als solche nicht, es gibt aber auch hier Parallelen. 3.5.3.3. Erhebliche Divergenzen bestehen in Bezug auf den Sonderfall des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben: Im deutschen Recht ist dieser Handelsbrauch inzwischen zum Gewohnheitsrecht erstarkt und Gegenstand einer ausgefeilten und ausdifferenzierten Dogmatik und Judikatur. Im französischen Recht ist er zwar ebenfalls bereits seit Langem ganz allgemein anerkannt, es existiert aber bei Weitem keine so ausgefeilte Dogmatik, die Judikatur ist sehr einzelfallgeprägt. In England ist die Versendung von confirmation letters zwar ebenfalls – zumindest in bestimmten Branchen – durchaus üblich, ein Handelsbrauch betreffend das Schweigen darauf ist dem englischen Recht indes völlig unbekannt. 3.5.3.4. Generell ist zu konstatieren, dass die Grenze zwischen „Schweigen“ und konkludenter Annahme überall sehr fließend ist; ein konkreter Fall wird sich häufig dogmatisch sowohl auf die eine wie auf die andere Weise „konstruieren“ lassen und tatsächlich formulieren auch die Gerichte insofern überall nicht immer dogmatisch exakt. Auch daran zeigt sich, dass es in diesem Bereich im Kern letztlich vor allem um eine wertende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geht. 3.5.3.5. Dies ist auch im Rahmen des CESL-D bei der künftigen Konturierung der einzelnen Fallgruppen, in denen Schweigen ausnahmsweise die Bedeutung einer Annahmeerklärung beigemessen werden kann, stets im Hinterkopf zu behalten; im Wesentlichen wird man sich hier jedoch weitgehend an den internationalen Vorläufern und den nationalen Rechtsordnungen ori-
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entieren können. Dabei kann richtiger Ansicht nach Art. 59 lit. d CESL-D als „Einfallstor“ für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Handelsbrauch fungieren. 3.6. Zeitraum für eine wirksame Annahmeerklärung (D. VI.) 3.6.1. Bestimmung des Annahmezeitraums („Annahmefristen“) (D. VI.1.) 3.6.1.1. Die konzeptionelle Bedeutung der Annahmefristen innerhalb des Gesamtsystems des Vertragsschlussprozesses in den einzelnen Rechtsordnungen divergiert signifikant: Im deutschen Recht existiert eine generelle Konnexität zwischen Bindungsfrist für den Anbietenden einerseits und Annahmefrist für den Angebotsempfänger andererseits, die Annahmefrist ist konzeptionell Pendant zur Bindungsfrist des Anbietenden; mit einem gewissen Caveat versehen gilt dies auch für das französische Recht. Im Rahmen des CESL-D besteht eine solche Konnexität hingegen infolge des Kompromissmodells bezüglich der Widerruflichkeit des Angebots nur partiell, im englischen Recht auf Grund des strikten Prinzips der freien Widerruflichkeit gar nicht. 3.6.1.2. In materieller Hinsicht besteht hingegen weitgehende Kongruenz. Alle Rechtsordnungen geben dem Anbietenden die Möglichkeit, selbst eine Annahmefrist zu bestimmen und stellen grundsätzlich auch deren Länge in sein freies Belieben. Weitgehender Gleichlauf besteht auch in Bezug auf die für den Fall, dass keine wirksame Fristsetzung erfolgt ist, subsidiär geltenden Standards: In formal-systematischer Hinsicht bestehen insofern zwar Divergenzen, in der Sache gilt aber überall letztlich eine „angemessenen Frist“ (reasonable time/délai raisonnable), deren Länge sich nach sämtlichen Gesamtumständen des konkreten Einzelfalls bestimmt (wobei auch hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Faktoren sehr große Übereinstimmung besteht). 3.6.2. Rechtsfolgen einer verspäteten Annahmeerklärung (D. VI.2.) 3.6.2.1. Eine verspätete Annahme nach Ablauf der jeweils maßgeblichen Annahmefrist stellt nach allen Rechtsordnungen keine wirksame Annahme dar, weil das Angebot mit Ablauf der Annahmefrist erlischt. 3.6.2.2. Sowohl im deutschen als auch im französischen und englischen Recht besteht allgemeiner Konsens, dass
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eine verspätete „Annahme“ – sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen für ein Angebot erfüllt als neues Angebot (Gegenangebot) qualifiziert werden kann, so dass dann (doch noch) ein Vertrag zustande kommt, wenn der Erstofferent dieses annimmt. Gleiches gilt richtiger Ansicht nach auch im Rahmen des CESL-D; der sog. „Ausschließlichkeitsthese“ ist nicht zu folgen (s. auch noch unten These 3.6.2.4). 3.6.2.3. Im deutschen Recht (§ 149 BGB) sowie im CESL-D (Art. 37 Abs. 2) existiert jeweils eine spezielle Anzeigeobliegenheit des Anbietenden für den Fall, dass für ihn erkennbar ist, dass die Verspätung der Annahmeerklärung nicht auf einer verspäteten Absendung, sondern auf Unregelmäßigkeiten bei der Beförderung beruht (mit der Folge, dass die Annahme als nicht verspätet gilt, wenn keine unverzügliche Anzeige erfolgt). 3.6.2.4. In Art. 37 Abs. 1 CESL-D findet sich in markantem Gegensatz zum deutschen, englischen und französischen Recht eine spezielle Regelung, die es dem Anbietenden ermöglicht, durch eine unverzügliche sog. Geltungsmitteilung trotz der Verspätung der Annahme noch einen wirksamen Vertrag zustande zu bringen (und zwar bereits in dem Zeitpunkt, in dem die an sich verspätete Annahme tatsächlich zugegangen ist). Die Grundintention dieser Regelung ist zu begrüßen; insgesamt überzeugt das Konzept des Art. 37 CESL-D jedoch nur, soweit man nicht der „Ausschließlichkeitsthese“ folgt (vgl. auch bereits oben These 3.6.2.2). 3.7. Zeitpunkt (und Ort) der Wirksamkeit des Angebots (und damit auch des Vertragsschlusses) (D. VII.) 3.7.1. Rechtsvergleichend zeigen sich hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Annahme und des Vertragsschlusses insgesamt immense Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen, nicht nur hinsichtlich der konzeptionellen Systematisierung und Klassifizierung verschiedener Kommunikationssituationen, sondern vor allem auch in materieller Hinsicht. 3.7.2. Klassifizierungs- und Systematisierungskriterien 3.7.2.1. Das deutsche Recht differenziert zwischen Erklärungen gegenüber Anwesenden und solchen gegenüber Abwesenden; maßgeblich ist allerdings nicht die physische Präsenz der Parteien (oder ihrer Vertreter) am selben Ort, sondern vielmehr die Möglichkeit einer un-
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mittelbaren zeitgleichen Kommunikation. Erklärungen gegenüber Anwesenden sind somit solche im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats; die Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation wird dagegen als solche gegenüber einem Abwesenden qualifiziert. 3.7.2.2. Das französische Recht differenziert zwar – zumindest auf den ersten Blick ganz ähnlich zwischen contrats entre présents (Verträgen unter Anwesenden) und contrats entre absents (Verträgen unter Abwesenden); maßgeblich für die Abgrenzung ist aber prinzipiell ausschließlich die physische Präsenz der Parteien (oder ihrer Vertreter) am selben Ort. Allerdings behandelt das französische Recht dann auch solche contrats entre absents, bei denen eine unmittelbare zeitgleiche Kommunikation (communication quasiment instantanée) erfolgt (z.B. Telefonat, Internet-Chat) zumindest in Bezug auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Regeln über die contrats entre présents, so dass sich die Klassifizierungskriterien in den beiden Rechtsordnungen letztlich im Ergebnis zumindest doch weitgehend annähern bzw. sogar entsprechen. 3.7.2.3. Eine ganz andere Konzeption findet sich dagegen im englischen Recht mit der Differenzierung zwischen instantaneous communication und non-instantaneous communication. Instantaneous communication umfasst dabei gerade nicht nur two-way instantaneous communication (wechselseitige unmittelbare Kommunikation, wie z.B. persönliches Gespräch, Telefonat, InternetChat), sondern vielmehr auch one-way instantaneous communication (einseitig unmittelbare Kommunikation, wie z.B. bei Annahmeerklärungen per Telex, Fax, E-Mail oder sonstiger Online-Kommunikation). Entscheidend ist also letztlich allein die Unmittelbarkeit i.S.d. Schnelligkeit des für die Annahme verwendeten Kommunikationsmittels, nicht die Gleichzeitigkeit (bzw. nahezu Gleichzeitigkeit) der Erklärungen beider Parteien. 3.7.2.4. Der CESL-D verzichtet auf jegliche Differenzierung zwischen verschiedenen Kommunikationssituationen. 3.7.3. Zeitpunkt und Ort des Vertragsschlusses im Rahmen eines persönlichen Gesprächs, Telefonats oder Internet-Chats
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(Annahme gegenüber einem Anwesenden mittels einer nicht verkörperten Erklärung i.S.d. deutschen Rechts) 3.7.3.1. In diesem Bereich besteht – jedenfalls hinsichtlich der praktischen Ergebnisse wohl noch die größte Übereinstimmung. Im deutschen Recht gilt hier die (abgeschwächte) Vernehmungstheorie; im französischen Recht ist der Vertrag geschlossen, sobald ein rencontre des volontés vorliegt; im englischen Recht bedarf es der communication an den Anbietenden; im Rahmen des CESL-D des Zugangs, wobei hier aber letztlich nur der Zugangstatbestand des Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a CESLD („Übermittlung“ an den Empfänger, was tatsächliche Kenntnisnahme meint) in Betracht kommt. Alle Rechtsordnungen verlangen hier somit im Grundsatz die tatsächliche Kenntnisnahme des Anbietenden von der Annahmeerklärung, machen allerdings unter bestimmten Umständen Modifikationen. 3.7.3.2. Das Erfordernis der tatsächlichen Kommunikation dürfte hier in der Tat auch die grundsätzlich überzeugendste Lösung sein. Im Interesse des Verkehrsschutzes und einer gerechten Risikoverteilung erscheint es zugleich aber – wie im englischen Recht und gemäß der deutschen abgeschwächten Vernehmungstheorie geboten, ausnahmsweise auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Anbietenden zu verzichten, wenn der Annehmende auf Grund der Gesamtumstände davon ausgehen durfte, dass der Anbietende die Erklärung richtig und vollständig vernommen hat. Insoweit sollte auch nicht – wie im englischen Recht – zusätzlich verlangt werden, dass die Ursache hierfür vom Anbietenden zu vertreten ist; unter Verkehrsschutzaspekten erscheint es vielmehr angemessener, diesem auch das Risiko eines von keiner Seite zu vertretenden Nicht- bzw. Missverständnisses der Erklärung zuzuweisen. 3.7.4. Annahme per Post, Telegramm, Telex, Fax, E-Mail, SMS oder sonstiger Online-Kommunikation (Annahme gegenüber einem Abwesenden i.S.d. deutschen Rechts) 3.7.4.1. Höchst unklare Rechtslage im französischen Recht In Frankreich hält der Streit im Schrifttum zwischen théorie de l’émission (Absendetheorie) und théorie de réception (Empfangstheorie) in unverminderter Härte an. Speziell in den letzten Jahren ist in der Literatur indes doch ein klarer Trend hin zur théorie de réception
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zu verzeichnen und auch die neueren Reformprojekte haben sich allesamt bewusst für diese entschieden. Die Cour de Cassation scheint jedoch gleichwohl weiter an ihrer Position festzuhalten, dass die Bestimmung des Zeitpunktes (und Ortes) des Vertragsschlusses eine Tatfrage sei, die von den Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls abhänge. Sofern die Parteien keine eindeutige Regelung getroffen haben, hängt somit letztlich alles von der Würdigung des Gerichts ab, was für die Parteien naturgemäß mit einem erheblichen Maß an Unsicherheit verbunden ist. 3.7.4.2. Annahme per Post oder Telegramm: Zugang vs. postal rule und théorie de l’émission 3.7.4.2.1. Nach deutschem Recht und CESL-D wird die Annahme auch hier mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam. Im englischen Recht gilt dagegen die berühmte postal rule, d.h. die Annahme wird bereits mit der Absendung (posting) wirksam; Gleiches gilt im französischen Recht, soweit die théorie de l’émission angewendet wird. 3.7.4.2.2. Von den zahlreichen Argumenten, die im Laufe der Zeit zur Begründung und Rechtfertigung der postal rule und der théorie de l’émission vorgebracht wurden, erweisen sich die meisten indes aus der Perspektive der modernen Vertragsdogmatik als wenig überzeugend bzw. überholt. Als einzige wirklich tragfähige Begründung und Rechtfertigung verbleibt die Funktion als wichtiger Ausgleichsmechanismus zu dem im englischen Recht – und zumindest vom historisch-konzeptionellen Ausgangspunkt auch im französischen Recht geltenden Grundprinzip der freien Widerruflichkeit. 3.7.4.2.3. Wie dargelegt, erscheint es jedoch ganz generell als vorzugswürdigere und überlegenere Lösung, regelungstechnisch von einer prinzipiellen Bindung des Anbietenden an sein Angebot auszugehen (vgl. These 2.8.1.2). Damit bricht zugleich die entscheidende wertungsmäßige Basis für die postal rule bzw. die théorie de l’émission weg.
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3.7.4.2.4. Die Annahme erst mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam werden zu lassen, hat zudem den entscheidenden Vorteil, dass für die Wirksamkeit von Angebot und Annahme dieselben Regeln gelten: Beide werden mit Zugang beim jeweiligen Adressaten wirksam. Konsequenz ist ein allgemeines, einheitliches Prinzip der Wirksamkeit der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen mit Zugang beim jeweiligen Adressaten, das nicht nur den Charme einer dogmatisch konsequenten, uniformen und geschlossenen Struktur hat, sondern vor allem auch wertungsmäßig für einen angemessenen Interessenausgleich der Parteien sorgt: Für beide herrscht „Waffengleichheit“. 3.7.4.3. Annahme per Telex, Fax, E-Mail, SMS und sonstiger Online-Kommunikation (one-way instantaneous communication i.S.d. englischen Rechts) 3.7.4.3.1. Hier besteht jedenfalls zwischen deutschem Recht, englischem Recht und CESL-D zumindest im Grundsatz Kongruenz: Nach deutschem Recht und CESL-D wird die Annahme mit Zugang wirksam und auch das englische communication-Erfordernis entspricht in seiner heutigen Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur zumindest weitgehend dem Begriff des Zugangs. Im französischen Recht ist die Rechtslage dagegen auch hier unklar (théorie de réception vs. théorie de l’émission). 3.7.4.3.2. Das Zugangsprinzip ist hier erst recht eindeutig vorzugswürdig. Denn auf Grund der Schnelligkeit des Kommunikationsmittels existiert hier selbst in einem System, welches das Angebot als prinzipiell frei widerruflich ausgestaltet, kein bzw. allenfalls ein sehr kurzer Zeitraum zwischen Absendung und Zugang der Annahme währenddessen der Angebotsempfänger dem Risiko eines Widerrufs des Angebots seitens des Anbietenden ausgesetzt wäre. Abgesehen davon gelten aber natürlich auch hier gleichermaßen
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die ganz generell für die Empfangstheorie (Zugangsprinzip) sprechenden Argumente (vgl. auch oben These 3.7.4.2). 3.7.4.4. Konkrete Ausgestaltung des Zugangsprinzips 3.7.4.4.1. Die Zugangsbegriffe in den einzelnen Rechtsordnungen sind nicht völlig deckungsgleich. Die „monistische“ Ausgestaltung der Zugangstatbestände im CESL-D hat speziell mit ihrer generellen Anknüpfung an den Eingang am Geschäftssitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt sowie bei E-Mails der Abrufbarkeit unzweifelhaft den Vorteil der Einfachheit. Entsprechendes gilt für das generelle Abstellen des englischen Rechts auf den Eingang bei Erklärungen, die während der Geschäftszeiten an einer Geschäftsadresse eingehen. Denn im Gegensatz zum deutschen Recht entfällt hier die Notwendigkeit, den Zeitpunkt der unter regelmäßigen Umständen zu erwartenden Kenntnisnahme zu ermitteln und damit eine Vielzahl von teils diffizilen Differenzierungen und Abgrenzungsschwierigkeiten (die sich speziell im internationalen Geschäftsverkehr aus der Notwendigkeit einer Berücksichtigung lokaler Konventionen und Usancen ergeben könnten). 3.7.4.4.2. Regelungsziel sollte aber letztlich nicht unbedingt (nur) die Einfachheit des Rechts, sondern vor allem auch eine angemessene und gerechte Risikoverteilung sein. Ein generelles und völlig undifferenziertes Abstellen allein auf den Zeitpunkt des Eingangs bzw. der Abrufbarkeit erscheint insofern problematisch. Die aus dem „dualistischen“ deutschen Zugangsbegriff mit seiner Kumulation von Machtbereichs- und Zeitelement resultierende Zugangsdogmatik und –kasuistik mag zwar in der Tat höchst komplex sein, sie gewährleistet aber andererseits eben auch einen angemessenen und gerechten Interessenausgleich unter Berücksichtigung
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der konkreten Umstände der jeweiligen Einzelfalls bzw. der jeweiligen Fallgruppe. 3.7.4.4.3. Speziell bei Erklärungen gegenüber Verbrauchern erscheint eine generelle Fixierung des Zugangszeitpunktes bereits auf den Eingang bzw. die Abrufbarkeit äußerst problematisch. Ähnliches gilt – wenn auch in geringerem Umfang – bei Erklärungen gegenüber Klein- bzw. Kleinstunternehmern. 3.7.4.4.4. Bei sonstigen Erklärungen im Geschäftsverkehr bzw. gegenüber Unternehmern erscheint es dagegen durchaus angemessen, jedenfalls während der Geschäftszeiten eingehende Erklärungen sofort mit Eingang bzw. Abrufbarkeit zugehen zu lassen. Von einem Unternehmer kann grundsätzlich erwartet werden, dass er sein Unternehmen so organisiert, dass eingehende Nachrichten zeitnah zur Kenntnis genommen und bearbeitet werden. Im Falle außerhalb der Geschäftszeiten eingehender Nachrichten erscheint es dagegen trotz allem wertungsmäßig sachgerechter, den Zugang – unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel – wie im deutschen und englischen Recht erst mit Beginn der nächsten Geschäftszeiten eintreten zu lassen (zumal sich die Problematik der Geschäftszeiten zumindest in einem gerade im internationalen Kontext praktisch besonders relevanten Fall von vornherein gar nicht stellen: In Onlineshops existieren naturgemäß keine „Geschäftszeiten“, sondern es wird vielmehr 24h-Service geboten). 3.7.5. Möglichkeit von Rücknahme bzw. Widerruf der Annahme 3.7.5.1. Wenn und soweit das Zugangsprinzip gilt, ist man sich überall einig, dass eine Rücknahme der Annahme durch eine dem Anbietenden vorher oder zumindest gleichzeitig zugehende Erklärung möglich ist. Dies erscheint in der Tat nicht nur als eine konsequente Anwendung der allgemeinen Regeln, sondern auch wertungsmäßig interessengerecht.
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3.7.5.2. Soweit dagegen im englischen Recht die postal rule gilt bzw. im französischen Recht die théorie de l’émission zur Anwendung gelangt, ist die Frage in beiden Rechtsordnungen umstritten; die besseren Argumente sprechen insoweit jedoch gegen die Zulässigkeit eines Widerrufs. 3.7.6. Sonderfall: Zeitpunkt der Annahme im Falle der Annahme durch Verhalten ohne Mitteilung an den Anbietenden 3.7.6.1. Dies sind im deutschen Recht die Fälle des § 151 S. 1 BGB; je nach den konkreten Umständen kann dort auch bereits der Handlungsbeginn genügen. Im französischen Recht wird die Frage nicht wirklich als solche diskutiert. Im englischen Recht sind dies die Fälle des Verzichts des Anbietenden auf die communication der Annahme sowie speziell die unilateral contracts; hier wird die Annahme mit Vornahme der begehrten Handlung/Unterlassung wirksam, höchst streitig ist jedoch, ob und unter welchen Voraussetzungen bereits der Handlungsbeginn eine „Sperre“ für den Widerruf seitens des Anbietenden begründet. Der CESL-D lässt die Annahme in denjenigen Fällen, in denen eine Mitteilung an den Anbietenden entbehrlich ist, ausdrücklich bereits wirksam werden, sobald der Empfänger zu handeln beginnt (Art. 35 Abs. 3). 3.7.6.2. Unter der – sich notwendig aus den allgemeinen Anforderungen an eine wirksame Annahme ergebenden Prämisse, dass das fragliche Verhalten tatsächlich bereits einen klaren Annahmewillen manifestiert, erscheint es in der Tat angemessen, die Annahme (und damit den Vertrag) bereits mit Handlungsbeginn als wirksam anzusehen. 3.8. Sonderproblem: Kollidierende AGB (battle of forms) (D. VIII.) 3.8.1. Die battle of forms ist bis heute nicht endgültig ausgefochten ist: Das deutsche und französische Recht sowie nun auch der CESL-D folgen der knock out rule („Prinzip der Kongruenzgeltung“ bzw. „Restgültigkeitstheorie“), wobei das deutsche Recht insofern eine gewisse Besonderheit aufweist, als sich eine Eigentumsvorbehaltsklausel ggf. zumindest auf dinglicher Ebene durchsetzen kann. Im englischen Recht gilt im Gegensatz dazu als Grundregel bis heute die last shot rule („Theorie des letzten Wortes“); mit der Tekdata-Entscheidung (2009) jedoch eine durchaus signifikante Neujustierung erfolgt, die bei
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entsprechendem Parteiwillen auch Ausnahmen von der last shot rule zulässt. 3.8.2. Zu favorisierendes Modell: knock out rule 3.8.2.1. Die first blow rule macht das Ergebnis von Zufälligkeiten abhängig und lässt sich schon dogmatisch kaum bzw. nur äußerst schwer mit dem allgemeinen Angebot/Annahme-Modell in Einklang bringen. 3.8.2.2. Die last shot rule führt ebenfalls zu zufälligen Ergebnissen, ermöglicht stets nur „Alles oder Nichts“-Lösungen, zwingt zum ständigen Widerspruch gegen die AGB der anderen Partei („Ping-Pong-Spiel“) und wird vor allem den Bedürfnissen der Praxis und den vernünftigen Erwartungen der Parteien nicht gerecht. 3.8.2.3. Ganz maßgeblich gegen die best shot rule spricht vor allem die mit ihr verbundene Rechtsunsicherheit. 3.8.2.4. Die knock out rule hat den entscheidenden Vorteil zu gewährleisten, dass dann, wenn die Parteien sich abgesehen von der „AGB-Kollision“ einig sind, auch ein Vertrag zustande kommt; sie wird somit den legitimen und vernünftigen Interessen und Erwartungen der Parteien gerecht (Prinzip des favor contractus bzw. „deal is on“-Philosophie). Zudem lässt sie auch die Notwendigkeit ständiger Widersprüche gegen die AGB der anderen Partei obwohl man sich im Kern eigentlich einig ist entfallen. Die Füllung der durch die AGB-Kollision entstandenen Lücke bringt zwar ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit mit sich; dieses ist in Abwägung mit dem ganz entscheidenden Vorteil, dass – wie von den Parteien im Kern ja auch gewollt jedenfalls ein wirksamer Vertrag besteht, hinnehmbar – zumal eine solche Lückenfüllung auch dann notwendig wäre, wenn eine AGB-Klausel aus sonstigen Gründen unwirksam wäre. 3.8.3. Konkrete Ausgestaltung der knock out rule i) Die AGB der Parteien sollten nur insoweit „ausgeschaltet“ werden, als sie einander tatsächlich inhaltlich widersprechen; dem „Rest-Konsens“ sollte von der Rechtsordnung auch zur Geltung verholfen werden. ii) Ein inhaltlicher Widerspruch kann auch in Fällen eines sog. „einseitigen Regelungsgehalts“ vorliegen; dies ist Auslegungsfrage. iii) Die durch die „Annullierung“ der einander widersprechenden AGB entstandene Lücke ist sinnvollerweise durch dis-
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positives Recht bzw. ergänzende Vertragsauslegung zu füllen. Dabei sollte ggf. auch eine Reduktion auf ein „gemeinsames Minimum“ möglich sein (sofern die Auslegung ergibt, dass dieses eine aus der Perspektive beider Parteien akzeptable und interessengerechte Lösung darstellt). iv) Die Anwendung der knock out rule sollte nicht davon abhängig sein, dass die AGB eine Abwehrklausel enthalten bzw. wie diese konkret ausgestaltet ist. v) Umgekehrt sollte eine bloße Abwehrklausel in AGB – egal wie sie ausgestaltet ist – auch nicht ausreichen, um eine Anwendung der knock out rule auszuschließen; es bedarf insofern vielmehr einer entsprechenden ausdrücklichen Äußerung im Voraus außerhalb von AGB. Nicht gerechtfertigt ist die Anwendung der knock out rule ferner dann, wenn eine Partei unverzüglich widerspricht.
F. Zusammenstellung der Vorschläge für eine Fortentwicklung des deutschen Rechts sowie für Änderungen im CESL-D I. Positionen und Vorschläge zum deutschen Recht 1. Bei Auslagen in Selbstbedienungsläden ist eine Qualifikation als bloße invitatio ad offerendum vorzugwürdig (vgl. näher C. III.2. b) dd)(5)). 2. Wenn die Parteien sich nicht über die Höhe des Kaufpreises geeignet haben, sollte – wie in der instanzgerichtlichen Judikatur und Teilen des Schrifttums bereits heute angenommen ein „angemessener Kaufpreis“ als vereinbart gelten; dogmatisch lässt sich dies im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. durch Analogie zu §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB begründen (vgl. oben C. V.1. c) aa), C. V.5.). 3. Für den Fall, dass ein Dritter ein Bestimmungsrecht hat und die Bestimmung nicht treffen kann oder will, ist eine flexible Lösung vorzugswürdig, die grundsätzlich alle drei der in den verschiedenen Rechtsordnungen anzutreffenden Lösungen (Vertragsunwirksamkeit, gerichtliche Ersatzbestimmung, gerichtliche Bestellung einer Ersatzperson) ermöglicht; § 319 BGB sollte diesbezüglich überdacht werden (vgl. oben C. V.5.). 4. Im Falle des sog. „Abhandenkommens“ eines Angebots (bzw. einer sonstigen Willenserklärung) ist mit der inzwischen (wohl) h.M. anzunehmen, dass gleichwohl eine wirksame Abgabe vorliegt, wenn der Erklärende das Inverkehrbringen aus in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegenden Gründen zu vertreten hat; er kann jedoch analog § 119 Abs. 1 BGB anfechten und muss dann ggf. gem. § 122 BGB Schadensersatz leisten (vgl. oben C. VII.1. b)). 5. In Bezug auf den Zugang nicht verkörperter Willenserklärungen unter Anwesenden ist der sog. „abgeschwächten Vernehmungstheorie“ zu folgen (vgl. oben C. VII.1. c) bb)(2)). 6. Die Terminologie des deutschen Rechts in Bezug auf die verschiedenen Formen der „Rückgängigmachung“ einer Willenserklärung (Rücknahme Widerruf Verbraucherwiderruf) sollte präzisiert werden; insbesondere sollte auch in § 130 Abs. 1 S. 2 BGB der Begriff „Rücknahme“ verwendet werden (vgl. oben C. VII.1. d) bb), C. VII.4. b) bb), C. VII.5. c)).
II. Positionen und Vorschläge zum CESL-D
749
7. Im Hinblick auf die Auslegung des Zugangsbegriffs im deutschen Recht sprechen gute Gründe dafür, in einigen Punkten Modifikationen an den von der h.M. vertretenen Grundsätzen vorzunehmen (vgl. oben D. VII.5. c) dd), sowie auch bereits C. VII.1. c) aa)(2)(b)(cc)(ii), C. VII.1. c) aa)(2)(b)(dd)). 8. Die Vermutung des § 153 BGB sollte auch auf den Fall des Todes bzw. des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Angebotsempfängers ausgedehnt werden (vgl. oben C. VIII.5. d) aa), C. VIII.5. d) bb)).
II. Positionen und Vorschläge zum CESL-D 1. Die Formulierung des Art. 30 Abs. 3 CESL-D sollte nochmals überdacht werden (vgl. oben C. III.1. d)). 2. Die Vermutung des Art. 31 Abs. 3 CESL-D (im Zweifel bloße invitatio ad offerendum) ist insbesondere im Falle von Warenautomaten und SB-Tankstellen grundsätzlich als widerlegt anzusehen; prinzipiell zu respektieren ist sie dagegen vorbehaltlich gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall insbesondere bei Zeitungsannoncen, Werbematerialien, Schaufensterauslagen, Auslagen in SB-Läden und Internetseiten (vgl. oben C. III.2.). 3. Es erscheint fraglich, ob es im Falle der einseitigen Festsetzung des Preises oder einer anderen Vertragsbestimmung durch eine Partei wirklich – wie in Art. 74 CESL-D vorgesehen – zwingend einer Kontrolle in Bezug auf „grobe Unangemessenheit“ bedarf oder man ob man insoweit nicht besser entsprechend der h.M. im deutschen Recht der Privatautonomie Raum lassen sollte (vgl. oben C. V.4. d), C. V.5.). 4. Für den Fall, dass ein Dritter ein Bestimmungsrecht hat und die Bestimmung nicht treffen kann oder will, ist eine flexible Lösung vorzugswürdig, die grundsätzlich alle drei der in den verschiedenen Rechtsordnungen anzutreffenden Lösungen (Vertragsunwirksamkeit, gerichtliche Ersatzbestimmung, gerichtliche Bestellung einer Ersatzperson) ermöglicht; Art. 75 CESL-D sollte insofern überdacht werden (vgl. oben C. V.4. e), C. V.5.). 5. Die derzeitige Ausgestaltung der Irrtumsregelung im CESL-D lässt im Hinblick auf die Problematik des „Abhandenkommens“ einer Mitteilung wohl nur die Lösung zu, dass auch eine abhandengekommene Erklärung grundsätzlich – und ohne die Möglichkeit einer Anfechtung wirksam ist, sofern sie aus der Perspektive des insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts als eine von dieser Person abgegebene Erklärung erscheint. Die derzeitige Ausgestaltung der Irrtumsregelung ist allerdings insgesamt alles andere als „glücklich“ und sollte dringend nochmals gründlich überdacht werden (vgl. oben C. VII.4. a) aa)(2)).
750
F. Vorschläge
6. Die deutschen und englischen Sprachfassungen von Art. 10 Abs. 4 S. 1 lit. a, lit. b und lit. c CESL-D sollten korrigiert werden (vgl. oben C. VII.4. a) bb)(2)(a), C. VII.4. a) bb)(2)(b), C. VII.4. a) bb)(2)(c)). 7. Die Terminologie des CESL-D in Bezug auf die verschiedenen Formen der „Rückgängigmachung“ einer Mitteilung (Rücknahme – Widerruf Verbraucherwiderruf) sollte modifiziert werden: In Art. 10 Abs. 5 CESL-D sollte in der englischen Fassung der Begriff retraction, in der französischen Fassung der Begriff rétractation verwendet werden; in Art. 32 CESL-D sollte in der deutschen Fassung der Begriff „Widerruf“ verwendet werden (vgl. oben C. VII.4. b) bb), C. VII.5. c)). 8. Anstelle des in Art. 32 CESL-D normierten „Kompromissmodells“ sollte regelungstechnisch von einer prinzipiellen Bindung des Anbietenden – für die von ihm spezifizierte Annahmefrist, subsidiär für eine „angemessene Frist“ (die ggf. für bestimmte Fallgruppen noch näher konkretisiert werden kann) – ausgegangen werden; der Anbietende sollte die Bindung aber selbstverständlich durch eine entsprechend klare (ausdrückliche oder konkludente Manifestation) seines Willens ausschließen können (vgl. oben C. VIII.5. a) bb)(5)). 9. Das in Art. 38 CESL-D in Bezug auf die modifizierende Annahme etablierte „material mirror image model“ sollte durch eine strikte Kongruenzregel bzw. mirror image rule ersetzt werden (vgl. oben D. IV.5.); sollte es letztlich doch beibehalten werden, sollte zumindest in der deutschen Sprachfassung „erheblich“ durch „wesentlich“ ersetzt werden (vgl. oben D. IV.4. a) cc)(2)). 10. Art. 30 Abs. 2 S. 2 CESL-D und Art. 34 Abs. 1 CESL-D sind an sich redundant; hier wäre eine Streichung anzuregen (vgl. oben D. V.2. a) dd)). 11. In Art. 36 Abs. 3 CESL-D sollte – im Einklang mit Art. 35 Abs. 3 CESLD auf den Beginn der Annahmehandlung abgestellt werden (vgl. oben D. VI.1. d) aa)). 12. Der Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 und 2 CESL-D sollte jeweils präzisiert werden, um klarzustellen, dass die Geltungsmitteilung bzw. die Erlöschensanzeige nicht empfangsbedürftig ist, d.h. dass es jeweils allein auf die unverzügliche Absendung ankommt (vgl. oben D. VI.2. d) bb)(1), D. VI.2. d) bb)(2)). 13. In Art. 35 Abs. 2 CESL-D sollte der zweite Halbsatz lauten: „sobald die Mitteilung des Verhaltens dem Anbietenden zugeht“ (vgl. oben D. VII.4. c) aa)).
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Rechtsprechungsverzeichnis I. Argentinien Gericht Cámara Nacional de Apelaciones en lo Commercial
Datum 14.01.1993
Az. 45626
Fundstelle CISG-online 87
II. Australien Agricultural and Rural Finance Pty Ltd v Gardiner [2008] 251 ALR 322 Banque Brussels Lambert SA v Australian National Industries (1989) 21 NSWLR 502 Codelfa Construction Pty Ltd v State Rail Authority of N.S.W. (1982) 149 CLR 337 Dunton v Dunton (1892) 18 VLR 114 Glebe Island Terminals Pty Ltd v Continental Seagram Pty Ltd (The Antwerpen) [1994] 1 Lloyd’s Rep 213 Mooney v Williams (1905) 3 CLR 1 R v Clarke (1927) 40 CLR 227 Rushton (SA) P/L v Holzberger [2003] QCA 106
III. Belgien Gericht Rechtbank van Koophandel Tongeren
Datum 25.01.2005
Az. A.R. A/04/01960
Fundstelle CISG-online 1106
821
IV. Deutschland
IV. Deutschland Gericht AG Bad NeuenahrAhrweiler AG Butzbach AG Frankfurt a.M. AG Frankfurt a.M. AG Freudenstadt AG Fürth AG Gummersbach AG Hagen AG Hamburg-Barmbek AG Kaufbeuren AG Kehl AG Köln AG Lübeck AG Meldorf AG Menden AG Menden AG Moers AG München AG Nürtingen AG Nürtingen AG Pfaffenhofen AG Schleiden AG StuttgartBad Cannstatt AG Westerburg AG Wolfenbüttel AG Wuppertal ArbG Köln BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG
Datum 23.05.2007
Az. 3 C 177/07
Fundstelle NJW-RR 2008, 244
14.06.2002 27.10.1988 23.10.2008 03.07.1992 11.08.2009 28.06.2010 02.07.2008 03.12.2003 14.02.2001 06.10.1995 21.04.2005 10.08.1984 29.03.2011 10.11.2003 24.08.2011 11.02.2004 04.02.2010 15.07.2009 16.01.2012 16.02.2007 01.09.2008 16.03.2012
51 C 25/02 (71) 31 C 2672/88-17 30 C 730/08-25 4 C 798/91 360 C 2932/08 10 C 25/10 16 C 68/08 811B C 61/03 3 C 1194/00 3 C 925/93 210 C 31/05 12 C 87/84 81 C 1601/10 4 C 183/03 4 C 390/10 532 C 109/03 281 C 27753/09 11 C 790/09 11 C 1881/11 2 C 756/06 10 C 85/08 12 C 3263/11
NJW-RR 2003, 54 NJW-RR 1989, 47 MMR 2009, 507 NJW-RR 1994, 238 BeckRS 2009 24146 NJW-RR 2011, 133, 134 BeckRS 2008, 16398 NJW-RR 2004, 412 NJW-RR 2002, 382 NJW-RR 1996, 565 NJW 2005, 2930 WuM 1985, 111 f. NJW 2011, 2891 NJW 2004, 1329 ZGS 2011, 527 NJW 2004, 1330 MMR 2010, 687 NJOZ 2010, 1273 BeckRS 2012, 02002 NJOZ 2007, 2248 NJW-RR 2009, 858 BeckRS 2012, 17508
14.03.2003 14.03.2003 08.04.2009 15.04.2010 03.08.1961 15.11.1962 27.08.1982 08.12.1983 09.08.1984 16.03.1988 02.03.1989
21 C 26/03 17 C 477/02 35 C 376/08 10 Ca 11351/09 2 AZR 117/60 2 AZR 301/62 7 AZR 30/80 2 AZR 337/82 2 AZR 400/83 7 AZR 587/87 2 AZR 275/88
MMR 2003, 609 MMR 2003, 492 BeckRS 2009, 22667 BeckRS 2011, 67936 BAGE 11, 236 NJW 1963, 554 NJW 1983, 2835 NJW 1984, 1651 NZA 1985, 124 NJW 1989, 606 NJW 1989, 2213
822
Rechtsprechungsverzeichnis
Gericht BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BAG BayObLG BayObLG BayVerfGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Datum 11.11.1992 13.01.1993 25.04.1996 19.01.1999 27.06.2002 14.08.2002 07.11.2002 06.02.2003 24.06.2004 16.09.2004 04.11.2004 19.04.2005 22.09.2005 13.07.2006 01.02.2007 13.02.2008 15.04.2008 15.09.2008 10.09.2009 19.08.2010 09.06.2011 07.12.1995 31.07.2003 15.10.1992 19.01.1951 31.01.1951 04.04.1951 04.04.1951 24.11.1951 12.02.1952
Az. 2 AZR 328/92 5 AZR 54/92 2 AZR 13/95 9 AZR 679/97 2 AZR 381/01 5 AZR 341/01 2 AZR 475/01 2 AZR 674/01 2 AZR 461/03 2 AZR 628/03 2 AZR 17/04 9 AZR 233/04 2 AZR 366/04 8 AZR 382/05 2 AZR 44/06 2 AZR 864/06 9 AZR 380/07 9 AZR 608/08 2 AZR 822/07 8 AZR 64/09 6 AZR 687/09 2Z BR 72/95 1Z AR 76/03 Vf. 117-VI-91 I ZR 17/50 II ZR 46/50 II ZR 52/50 II ZR 32/50 II ZR 63/51 I ZR 98/51
BGH BGH BGH BGH BGH
13.06.1952 03.10.1952 29.10.1952 07.10.1953 27.10.1953
I ZR 158/51 I ZR 8/52 II ZR 283/51 VI ZR 20/53 I ZR 111/52
BGH
14.06.1954
IV ZR 47/54
Fundstelle NJW 1993, 1093 BeckRS 1993, 30919438 NJW 1997, 146 NZA 1999, 925 NJW 2003, 1828 NJW 2003, 236 NZA 2003, 719 BB 2003, 1732 NZA 2004, 1330 NZA 2005, 635 NJW 2005, 1533 NJW 2006, 1832 NZA 2006, 204 NJW 2007, 250 NZA 2007, 925 NZA 2008, 1055 NJW 2008, 2937 NZA 2010, 32 NJW 2010, 1161 NJOZ 2011, 565 NJW 2011, 2604 NJW-RR 1996, 524 NJOZ 2004, 773 NJW 1993, 517 BB 1951, 456 NJW 1951, 313 NJW 1951, 711 NJW 1951, 714 LM Nr. 1 § 147 BGB LM Nr. 2 § 150 BGB = NJW 1952, 499 LM Nr. 1 § 130 BGB NJW 1952, 1369 NJW 1953, 60 BB 1953, 957 BGHZ 11, 1 = NJW 1954, 105 BeckRS 1954, 31395394
823
IV. Deutschland
Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Datum 17.09.1954 19.01.1955 29.09.1955 14.10.1955 21.10.1955 22.06.1956 14.07.1956
Az. I ZR 18/53 IV ZR 160/54 II ZR 210/54 I ZR 210/53 V ZR 8/55 I ZR 198/54 V ZR 223/54
BGH
29.01.1957
VIII ZR 71/56
BGH
05.02.1957
V BLw 37/56
BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
25.06.1957 24.06.1958 11.10.1961 14.03.1963 26.06.1963 22.01.1964 22.01.1964 19.02.1964 19.02.1964 15.06.1964 16.12.1964 27.01.1965 11.07.1966 28.06.1967 03.07.1967 04.12.1967 30.05.1968 02.07.1968 01.07.1969 06.07.1970 09.07.1970 28.09.1970 18.12.1970 17.05.1971 07.10.1971 01.03.1972
VIII ZR 257/56 VIII ZR 52/57 VIII ZR 109/60 VII ZR 257/61 VIII ZR 61/62 I b ZR 199/62 VIII ZR 111/63 VIII ZR 173/62 I b ZR 203/62 II ZR 129/62 VIII ZR 51/63 VIII ZR 11/63 II ZR 153/63 VIII ZR 30/65 VIII ZR 82/65 VIII ZR178/65 III ZR 52/66 VI ZR 135/67 VI ZR 295/67 II ZR 85/68 VII ZR 70/68 VIII ZR 164/68 IV ZR 52/69 VII ZR 146/69 VII ZR 177/69 VIII ZR 190/70
Fundstelle BB 1954, 882 LM Nr. 2 § 130 BGB NJW 1955, 1794 LM Nr. 2 § 151 BGB NJW 1955, 1916 NJW 1956, 1313 BGHZ 21, 319 = NJW 1956, 1475 BGHZ 23, 175 = NJW 1957, 627 BGHZ 23, 249 = NJW 1957, 787 WM 1957, 1064 NJW 1958, 1628 NJW 1962, 104 NJW 1963, 1248 NJW 1963, 1922 MDR 1964, 570 NJW 1964, 589 JR 1964, 221 NJW 1964, 1223 NJW 1964, 1951 NJW 1965, 387 NJW 1965, 965 NJW 1967, 41 BB 1967, 902 NJW 1967, 2159 WM 1968, 115 WM 1968, 1103 NJW 1968, 1874 WM 1969, 1208 NJW 1970, 1737 NJW 1970, 2021 NJW 1970, 2104 VersR 1971, 262 NJW 1971, 1404 NJW 1972, 45 NJW 1972, 820
824 Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 28.05.1973 13.07.1973 26.09.1973 11.10.1973 20.03.1974 16.05.1974 10.06.1974 16.10.1974 30.10.1974 21.11.1974 13.01.1975 27.01.1975 30.05.1975 28.01.1976 04.03.1976 29.06.1976 03.11.1976 09.02.1977 16.03.1977 18.01.1978 22.03.1979 07.05.1979 11.05.1979 30.05.1979 27.11.1979 16.01.1980 18.06.1980 24.09.1980 12.11.1980 05.05.1982 23.09.1982 13.10.1982 27.10.1982 28.10.1982 18.11.1982 25.03.1983 07.04.1983 13.04.1983
Az. VIII ZR 143/72 V ZR 16/73 VIII ZR 106/72 VII ZR 96/72 VIII ZR 234/72 II ZR 12/73 VII ZR 51/73 VIII ZR 74/73 IV ZR 172/73 III ZR 126/72 VII ZR 139/73 III ZR 117/72 V ZR 206/73 VIII ZR 246/74 IV ZR 59/74 VI ZR 68/75 VIII ZR 140/75 VIII ZR 249/75 VIII ZR 194/75 IV ZR 204/75 VII ZR 259/77 II ZR 210/78 V ZR 177/77 VIII ZR 232/78 VI ZR 267/78 I ZR 25/78 VIII ZR 119/79 VIII ZR 299/79 VIII ZR 293/79 VIII ZR 162/81 III ZR 196/80 VIII ZR 155/81 V ZR 24/82 III ZR 128/81 VII ZR 223/80 V ZR 268/81 IX ZR 24/82 VIII ZR 33/82
Fundstelle DB 1973, 1393 NJW 1973, 1789 NJW 1973, 2106 WM 1973, 1376 NJW 1974, 991 NJW 1974, 1705 BB 1974, 1136 NJW 1975, 40 NJW 1975, 382 NJW 1975, 443 BauR 75, 276 NJW 1975, 775 NJW 1975, 2101 NJW 1976, 712 BB 1976, 664 NJW 1976, 1790 NJW 1977, 194 WM 1977, 451 WM 1977, 555 NJW 1978, 886 NJW 1979, 1449 NJW 1979, 2143 NJW 1979, 2032 NJW 1979, 2199 NJW 1980, 587 NJW 1980, 1388 NJW 1980, 2245 NJW 1981, 43 NJW 1981, 275 NJW 1982, 1751 NJW 1983, 442 WM 1982, 1329 NJW 1983, 929 NJW 1983, 931 WM 1983, 313 NJW 1983, 1610 NJW 1983, 2073 WM 1983, 684
825
IV. Deutschland
Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Datum 31.05.1983 10.11.1983 08.03.1984 14.03.1984 17.09.1984 10.10.1984 30.01.1985 20.03.1985 25.09.1985 02.10.1985 17.10.1985 18.12.1985 23.01.1986 07.02.1986 05.03.1986 06.03.1986 17.04.1986 15.05.1986 27.05.1986 18.06.1986 25.02.1987 04.03.1987 11.02.1988 24.03.1988 24.06.1988 25.01.1989 28.02.1989 15.03.1989 20.09.1989 27.09.1989 13.12.1989 09.02.1990 28.03.1990 28.06.1990 16.11.1990 14.01.1991 23.01.1991 19.06.1991
Az. VI ZR 117/80 VII ZR 175/82 VII ZR 177/82 VIII ZR 287/82 II ZR 23/84 VIII ZR 152/83 VIII ZR 238/83 VIII ZR 327/83 IV a ZR 22/84 VIII ZR 253/84 I ZR 238/83 VIII ZR 297/84 IX ZR 46/85 V ZR 176/84 VIII ZR 97/85 III ZR 234/84 IX ZR 200/85 IX ZR 96/85 KZR 38/85 VIII ZR 165/85 VIII ZR 341/86 IV a ZR 122/85 IX ZR 36/87 III ZR 21/87 V ZR 49/87 IVb ZR 44/88 XI ZR 80/88 VIII ZR 303/87 VIII ZR 143/88 VIII ZR 245/88 VIII ZR 94/89 V ZR 200/88 VIII ZR 258/89 IX ZR 107/89 V ZR 297/89 II ZR 190/89 VIII ZR 122/90 VIII ZR 149/90
Fundstelle VRS 65, 178 WM 1984, 243 NJW 1984, 1885 ZIP 1984, 603 NJW 1985, 196 NJW 1985, 313 NJW 1985, 1333 NJW 1985, 1838 NJW 1986, 177 WM 1985, 1481 NJW-RR 1986, 393 NJW-RR 1986, 415 NJW 1986, 1681 NJW 1986, 1983 NJW-RR 1986, 984 NJW 1986, 1807 NJW 1986, 2043 NJW 1986, 3131 NJW-RR 1986, 1300 NJW-RR 1986, 1378 NJW 1987, 1940 NJW 1987, 1815 NJW 1988, 1790 NJW 1988, 2106 NJW 1988, 2878 WM 1989, 650 NJW 1989, 1671 NJW-RR 1989, 757 NJW 1990, 1234 NJW 1990, 386 NJW 1990, 1784 NJW 1990, 1601 NJW 1990, 1655 NJW-RR 1991, 357 NJW 1991, 564 NJW 1991, 1052 NJW 1991, 1604 NJW 1991, 2633
826 Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 02.10.1991 08.10.1991 14.11.1991 21.11.1991 13.02.1992 22.06.1992 30.09.1992 28.01.1993 18.06.1993 28.10.1993 31.01.1994 10.03.1994 17.03.1994 27.04.1994 16.05.1994 01.06.1994 07.12.1994 14.02.1995 06.07.1995 16.10.1995 17.10.1995 02.11.1995 24.11.1995 21.02.1996 29.02.1996 12.07.1996 06.05.1997 20.06.1997 26.11.1997 15.06.1998 08.07.1998 10.09.1998 10.02.1999 22.02.1999 14.04.1999 12.10.1999 02.12.1999 03.12.1999
Az. XII ZR 88/90 XI ZB 6/91 III ZR 4/91 VII ZR 203/90 III ZR 28/90 II ZR 178/90 VIII ZR 196/91 I ZR 292/90 V ZR 123/92 VII ZR 192/92 II ZR 83/93 IX ZR 152/93 X ZR 80/92 VIII ZR 223/93 II ZR 223/92 XII ZR 227/92 VIII ZR 153/93 XI ZR 65/94 III ZR 176/94 II ZR 298/94 VI ZR 358/94 X ZR 135/93 V ZR 174/94 IV ZR 297/94 VII ZR 90/94 V ZR 202/95 IX ZR 136/96 V ZR 39/96 VIIIZR22/97 II ZR 40–9 VIII ZR 1–98 V ZB 11–98 IV ZR 56–98 II ZR 99–98 VIII ZR 370–97 XI ZR 24/99 IX ZR 415/98 V ZR 329/98
Fundstelle NJW-RR 1992, 517 NJW 1992, 243 NJW 1992, 498 NJW 1992, 827 NJW 1992, 2080 NJW 1992, 3167 NJW 1993, 64 NJW-RR 1993, 802 NJW-RR 1993, 1035 NJW-RR 1994, 280 NJW 1994, 1288 NJW 1994, 1537 NJW 1994, 2613 NJW 1994, 1800 NJW-RR 1994, 1185 NJW-RR 1994, 1163 NJW 1995, 665 NJW 1995, 1281 NJW 1995, 3389 NJW 1996, 57 VersR 1996, 81 NJW 1996, 919 NJW 1996, 1054 NJW-RR 1996, 641 NJW 1996, 1889 NJW 1996, 2792 NJW 1997, 2233 NJW 1997, 2671 NJW 1998, 976 NJW 1998, 3344 NJW 1998, 3119 NJW 1998, 3713 NJW-RR 1999, 818 NJW 1999, 1328 NJW 1999, 2179 NJW 2000, 276 NZG 2000, 254 NJW 2000, 1033
827
IV. Deutschland
Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Datum 19.01.2000 17.02.2000 04.04.2000 13.09.2000 18.10.2000 24.10.2000 14.12.2000 08.02.2001 21.02.2001 14.09.2001 07.11.2001 28.11.2001 06.12.2001 12.12.2001 09.01.2002 11.04.2002 03.07.2002 18.12.2002 31.01.2003 30.04.2003 31.07.2003 31.07.2003 22.09.2003 14.10.2003 28.10.2003 03.12.2003 21.01.2004 17.03.2004 26.03.2004 27.04.2004 22.07.2004 21.10.2004 03.11.2004 26.01.2005 26.01.2005 22.02.2005 07.07.2005 21.07.2005
Az. VIII ZR 275/98 IX ZR 32/99 XI ZR 152/99 VIII ZR 34/00 XII ZR 179/98 X ZR 42/99 I ZR 213/98 III ZR 268/00 XII ZR 34/99 V ZR 231/00 VIII ZR 13/01 VIII ZR 38/01 III ZR 296/00 X ZR 192/00 VIII ZR 304/00 I ZR 306/99 XII ZR 39/00 IV ZR 39/02 V ZR 333/01 VIII ZR 279/02 III ZR 353/02 III ZR 353/02 II ZR 172/01 XI ZR 101/02 X ZR 248/02 VIII ZR 86/03 XII ZR 214/00 VIII ZR 265/03 V ZR 90/03 XI ZR 49/03 IX ZR 132/03 III ZR 380/03 VIII ZR 375/03 VIII ZR 79/04 VIII ZR 66/04 KZR 36/03 III ZR 397/04 I ZR 312/02
Fundstelle NJW-RR 2000, 1002 NJW 2000, 1569 NJW 2000, 2984 NJW 2001, 303 NJW 2001, 221 NJW-RR 2001, 484 NJW-RR 2001, 1044 NJW-RR 2001, 680 NJW 2001, 1789 NJW 2002, 213 NJW 2002, 363 NJW 2002, 1041 NJW 2002, 817 NJW 2002, 1565 NJW 2002, 1651 NJW 2002, 2391 NJW 2002, 3016 NJW-RR 2003, 384 NJW 2003, 1317 NJW 2003, 3131 NJW 2003, 2370 NJW 2003, 3270 NJW-RR 2004, 555 NJW 2004, 287 NZBau 2004, 166 NJW 2004, 1240 NJW 2004, 1320 NJW-RR 2004, 1058 NJW-RR 2004, 952 NJW-RR 2004, 1683 NJW 2004, 3630 NJW 2004, 3699 NJW 2005, 53 NJW 2005, 976 NJW-RR 2005, 639 NVwZ 2005, 845 NJW-RR 2005, 1572 NJW-RR 2006, 117
828 Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 28.07.2005 19.09.2005 21.09.2005 15.12.2005 07.02.2006 08.03.2006 16.03.2006 30.03.2006 25.04.2006 18.05.2006 05.10.2006 07.12.2006 10.01.2007 11.01.2007 11.01.2007 07.03.2007 08.05.2007 09.07.2007 11.07.2007 16.11.2007 22.11.2007 05.12.2007 19.12.2007 18.01.2008 30.04.2008 04.06.2008 10.12.2008 18.12.2008 04.02.2009 10.03.2009 11.05.2009 10.09.2009 15.09.2009 17.09.2009 24.09.2009 20.01.2010 21.01.2010 27.01.2010
Az. III ZR 3/05 II ZR 173/04 VIII ZR 284/04 III ZR 65/05 KZR 24/04 IV ZR 145/05 III ZR 152/05 I ZR 123/03 IV ZB 20/05 I ZR 32/03 III ZR 166/05 VII ZR 166/05 VIII ZR 380/04 IX ZR 31/05 III ZR 193/05 VIII ZR 125/06 VI ZB 74/06 II ZR 232/05 XII ZR 164/03 V ZR 208/06 III ZR 9/07 XII ZR 148/05 XII ZR 13/06 V ZR 174/06 XII ZR 110/06 VIII ZR 292/07 VIII ZR 293/07 I ZR 23/06 VIII ZR 32/08 XI ZR 33/08 VII ZR 11/08 VII ZR 82/08 XI ZB 29/08 I ZR 217/07 III ZR 96/09 VIII ZR 329/08 I ZR 176/07 VIII ZR 58/09
Fundstelle NJW 2005, 3636 NJW 2005, 3641 MMR 2005, 833 NJW 2006, 362 NJW-RR 2006, 1139 NJW-RR 2006, 847 NJW 2006, 1971 NJW-RR 2006, 1210 NJW 2006, 2263 NJW-RR 2006, 1477 NJW 2006, 3777 NJW-RR 2007, 529 NJW 2007, 987 NJW 2007, 1357 NJW 2007, 1362 NZM 2007, 363 NJW 2007, 2045 NJW 2007, 2912 NJW-RR 2007, 1567 NJW-RR 2008, 683 NJW 2008, 840 NJW 2008, 843 NJW 2008, 1148 NJW 2008, 1658 NJW 2008, 2333 NJW 2009, 1141 NJW 2009, 913 NJW 2009, 774 NJW 2009, 1337 BKR 2009, 283 NJW 2009, 2443 NJW 2010, 519 NJOZ 2009, 4763 NJW-RR 2010, 1127 NJW-RR 2010, 257 NZM 2010, 284 ZUM 2010, 427 NJW 2010, 2422
IV. Deutschland
Gericht BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BGH BSG BSG BSG Breith BVerfG BVerfG FPfalRG HessLSG KG KG LAG Berlin
Datum 22.04.2010 11.06.2010 17.06.2010 04.08.2010 23.09.2010 18.11.2010 01.12.2010 27.01.2011 04.05.2011 11.05.2011 08.06.2011 16.06.2011 21.06.2011 06.07.2011 07.07.2011 13.10.2011 20.10.2011 03.11.2011 08.12.2011 22.12.2011 10.01.2012 22.03.2012 28.03.2012 03.05.2012 18.07.2012 16.10.2012 16.10.2012 07.10.2004 07.10.2004 26.01.1978 01.08.1996 20.09.2000 08.02.1943 15.03.2011 25.01.2005 10.06.2010 25.07.1995
Az. Xa ZR 73/07 V ZR 85/09 III ZR 243/09 XII ZR 118/08 III ZR 246/09 I ZB 62/10 VIII ZR 8/09 VII ZR 186/09 VIII ZR 171/10 VIII ZR 289/09 VIII ZR 305/10 III ZR 342/09 II ZB 15/10 VIII ZR 217/10 I ZB 62/10 VII ZR 222/10 III ZR 251/10 IX ZR 47/11 III ZR 72/11 VII ZR 67/11 4 StR 632/11 VII ZR 102/11 VIII ZR 244/10 III ZR 62/11 VIII ZR 337/11 X ZR 37/12 X ZR 37/12 B 3 KR 14/04 R B 3 KR 14/04 R 2 RU 9/77 1 BvR 121/95 1 BvR 441/00 III 111/42 L 3 U 90/09 17 U 72/04 8 U 11/10 10 Sa 39/96
829 Fundstelle NJW 2011, 218 NJW 2010, 2873 NJOZ 2010, 2057 NJW 2010, 3087 NJW 2011, 139 GRUR-RR 2011, 80 NJW-RR 2011, 409 NJW 2011, 1965 NJW 2011, 2871 NJW 2011, 2421 NJW 2011, 2643 NJW 2011, 2440 NJW-RR 2011, 1184 NJW 2011, 3509 GRUR-RR 2011, 344 BeckRS 2011, 25755 NJW 2012, 48 NJOZ 2012, 926 BeckRS 2012, 00065 NJW 2012, 518 NJW 2012, 1092 NJW 2012, 1948 ZIP 2012, 1249 NJW 2012, 2268 BeckRS 2012, 20497 BeckRS 2013, 00364 BeckRS 2013, 00364 NJW 2005, 1303 NJW 2005, 1303 BSG Breith 1978, 827 NJW 1996, 2857 NJW 2001, 1200 RGZ 170, 380 NZS 2012, 25 NJW 2005, 1053 ZMR 2010, 954 NZA-RR 1999, 355
830 Gericht LAG Berlin-Brandenburg LAG Brandenburg LAG Bremen LAG Bremen LAG Hamm LAG Hessen LAG Köln LAG München LAG München LAG Rheinland-Pfalz LAG SchleswigHolstein LG Aachen LG Baden-Baden LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Berlin LG Bielefeld LG Bielefeld LG Coburg LG Detmold LG Düsseldorf LG Düsseldorf LG Düsseldorf LG Essen LG Frankfurt a.M. LG Frankfurt a.M. LG Frankfurt a.M. LG Frankfurt a.M. LG Freiburg LG Gießen
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 10.03.2009
Az. 16 Sa 2120/08
Fundstelle BeckRS 2011, 67098
23.01.2009 17.02.1988 17.09.2001 04.01.1979 26.08.2008 24.03.1988 15.12.2004 18.03.2009 04.08.2011 14.12.1970
22 Sa 725/08 3 Ta 79/87 4 Sa 43/01 8 Ta 105/78 13 Sa 357/08 8 Ta 46/88 10 Sa 246/04 11 Sa 912/08 10 Sa 156/11 1 Sa 226/70
BeckRS 2011, 67002 NZA 1988, 548 NZA-RR 2002, 186 NJW 1979, 2488 BeckRS 2009, 74583 NJW 1988, 1870 AuR 2005, 276 NZA-RR 2009, 527 BeckRS 2011, 76989 SchlHA 1971, 84
17.11.1989 14.08.1991 26.01.1967 06.08.1992 10.10.2001 10.10.2001 20.07.2004 07.01.2009 14.07.2009 04.03.2010 29.07.2010 18.01.1991 23.09.2008 06.07.2004 22.02.2012 20.09.1968 26.03.1980 25.07.2009 13.02.2003 31.03.1954 05.06.1987 14.11.1988 16.01.2008 01.07.2004 17.04.1996
5 S 327/89 4 O 113/90 7 O 224/66 16 O 796/92 63 S 87/01 63 S 87/01 4 O 293/04 8 O 131/08 63 S 523/08 37 S 6/09 27 O 349/10 15 O 201/90 3 O 232/08 22 O 43/04 10 S 163/11 13 S 146/68 12 O 452/79 13 O 618/04 16 O 416/02 2/1 S 857/53 2/17 S 390/86 2/24 S 260/88 2-04 O 412/04 3 S 317/03 1 S 566/95
ZfS 1990, 89 CISG-online 24 VersR 1967, 698 NJW-RR 1993, 47 NZM 2003, 21 NZM 2003, 21 NJW 2004, 2831 NJOZ 2010, 1339 GE 2010, 63 WM 2010, 1121, 1122 BeckRS 2011, 09471 CISG-online 174 BeckRS 2010, 08547 MMR 2005, 330 BeckRS 2012, 07262 NJW 1968, 2379 ZIP 1980, 359 BeckRS 2009, 20861 MMR 2004, 49 NJW 1954, 1685 NJW-RR 1987, 1268 NJW-RR 1989, 308 WM 2008, 405 NJW-RR 2004, 1377 NJW-RR 1997, 1210
831
IV. Deutschland
Gericht LG Gießen LG Hagen LG Hamburg LG Hamburg LG Hamburg LG Hamburg LG Hamburg LG Hamburg LG Hannover LG Kaiserslautern LG Karlsruhe LG Karlsruhe LG Kiel LG Koblenz LG Köln LG Köln LG Krefeld LG Leipzig LG Leipzig LG Lübeck LG Mainz LG München I LG München I LG München I LG München II LG Neubrandenburg LG Nürnberg-Fürth LG Nürnberg-Fürth LG Oldenburg LG Osnabrück LG Paderborn LG Potsdam LG Saarbrücken LG Saarbrücken LG Saarbrücken LG Stade LG Stendal LG Stuttgart
Datum 04.06.2003 31.01.1952 02.12.1987 09.09.1988 15.06.2000 18.12.2001 15.11.2004 07.07.2009 21.04.2009 05.06.1990 29.04.1980 10.11.2009 27.07.2004 18.03.2009 03.08.1957 14.02.2007 15.04.2010 24.05.2007 04.02.2010 07.02.1989 23.06.1964 23.10.1991 01.07.2003 28.06.2007 04.02.1988 03.08.2005 07.05.2002 18.02.2011 10.01.2007 23.07.1946 28.04.2000 07.07.2010 23.03.1992 07.01.2004 22.06.2011 24.07.2003 29.01.2004 22.11.2001
Az. 1 S 413/02 1 S 404/51 4 S 51/87 17 S 105/88 333 S 24/00 419 O 48/01 328 S 24/04 312 O 142/09 32 O 102/07 1 S 100/90 7 O 188/79 6 O 232/08 16 O 83/04 10 O 250/08 1 T 222/56 26 O 33/07 3 O 441/09 16 O 149/07 08 O 1799/09 6 S 253/88 2 O 121/64 15 S 158/91 33 O 2642/03 31 S 14583/06 9 O 6196/86 10 O 74/04 2 HK O 9434/01 14 O 5572/10 5 O 1003/06 1 S 66/46 2 O 132/00 8 O 245/09 9 O 4084/89 2 O 255/03 10 S 60/10 4 O 367/02 22 S 107/03 20 O 467/01
Fundstelle NJW-RR 2003, 1206 VersR 1952, 124 NJW 1988, 1150 VersR 1989, 468 NJW-RR 2001, 586 CISG-online 1092 MMR 2005, 121 MMR 2010, 654 IHR 2012, 59 WuM 1990, 288 VersR 1981, 143 BeckRS 2011, 00815 IPRax 2007, 451 NJW 2010, 159 MDR 1957, 41 BeckRS 2008, 17999 BeckRS 2011, 02868 MMR 2007, 734 MMR 2010, 751 WuM 1991, 80 VersR 1965, 1059 NJW-RR 1992, 244 NJW-RR 2003, 1689 NJW-RR 2008, 319 ZfS 1988, 164 IHR 2006, 26 NJW-RR 2002, 1721 NJOZ 2011, 1014 juris NdsRpfl 1947, 17 NZG 2000, 899 WM 2011, 71 CISG-online 60 MMR 2004, 556 MMR 2011, 800 NJOZ 2003, 2359 NJW-RR 2005, 97 BB 2002, 380
832
Rechtsprechungsverzeichnis
Gericht LG Wiesbaden OAG Rostock
Datum 03.06.1997 26.05.1849
OLG Bamberg OLG Brandenburg OLG Brandenburg OLG Brandenburg OLG Brandenburg OLG Brandenburg OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Celle OLG Dresden OLG Dresden OLG Dresden OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf
22.03.1972 05.12.2007 14.05.2008 13.11.2008 27.11.2008 22.01.2009 31.07.1961 07.07.1965 01.07.1987 28.10.1988 30.01.1992 04.03.2004 14.07.2005 19.06.2008 11.02.2009 14.02.2011 05.11.2003 31.08.2004 30.11.2010 15.07.1981 13.11.1984 16.10.1986 06.07.1988 10.10.1990 15.11.1990 04.06.1992 25.06.1992 30.07.1992 26.11.1993 10.02.1994 24.04.1997 25.07.2003 28.12.2004 01.10.2008 26.03.2009
Az. 8 S 406-96 SeuffA 7 (1854) 17, Nr. 16 1 U 165/71 7 U 106/07 3 W 69/07 12 U 90/08 12 U 228/07 5 U (Lw) 149/08 4 U 34/61 9 U 106/63 9 U 36/86 2 U 53/98 14 U 195/90 14 U 226/03 14 U 17/05 8 U 80/07 3 U 204/08 20 U 35/10 6 U 567/03 5 U 946/04 10 U 269/10 2 Ss 277/81 2 Ss 311/84 10 U 51/86 11 U 161/87 9 U 93/90 10 U 68/90 6 U 235/91 13 U 237/91 10 U 27/92 7 U 260/92 6 U 35/93 10 U 123/95 I-17 U 22/03 21 U 68/04 U (Kart) 4/08 I-7 U 28/08
Fundstelle NJW-RR 1998, 1435
BB 1973, 1371 juris BeckRS 2008, 09199 NZM 2010, 171 BeckRS 2009, 01224 BeckRS 2009, 04547 NJW 1962, 743 NJW 1965, 2348 NJW-RR 1987, 1384 NJW 2001, 607 NZV 1993, 187 NJW-RR 2004, 1165 VersR 2006, 1085 NJOZ 2008, 3072 NJW-RR 2009, 1150 r+s 2011, 270 RdE 2004, 197 NZM 2004, 826 IHR 2011, 142 NStZ 1982, 249 NStZ 1985, 270 ZMR 1987, 328 ZIP 1988, 1415 NJW-RR 1991, 311 NJW-RR 1991, 374 ZIP 1992, 1460 MDR 1992, 1042 MDR 1993, 26 NJW-RR 1995, 501 NJW-RR 1997, 946 BB 1997, 2184 CISG-online 919 NJW 2005, 1515 BeckRS 2008, 23256 BeckRS 2009, 24422
833
IV. Deutschland
Gericht OLG Düsseldorf OLG Frankfurt OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M. OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamburg OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm
Datum 21.10.2011 27.11.1995 12.03.1965 07.07.1975 20.04.1982 28.02.1984 21.10.1993 05.07.1995 23.07.1997 09.07.1998 16.01.2001 20.11.2002 21.06.2005 26.06.2006 09.05.2007 05.03.2010 08.09.2010 08.09.2010 29.09.2010 14.12.2010 15.06.2012 27.05.1904 27.02.1923 25.11.1924 17.03.1953 20.01.1988 18.12.1990 23.12.2004 24.10.1975 06.07.1978 29.11.1982 11.07.1983 04.02.1985 19.09.1986 14.02.1992 08.07.1993 21.05.1996 09.02.1998
Az. I-7 U 160/10 3 REMiet 1/95 3 U 251/64 5 U 194/74 5 U 156/81 5 U 145/83 16 U 87/92 9 U 81/94 23 U 228-96567 3 U 61/97 2 Ss 365/00 9 U 94/02 14 U 120/04 26 Sch 28/05 6 W 61/07 19 U 213/09 4 U 286/09 4 U 286/09 15 U 63/08 8 U 108/07 7 U 221/11 OLGE 10, 181 635/22 79/24 2 U 147/52 4 U 101/87 2a Ss 119/90 5 U 17/04 20 U 37/75 5 U 351/77 1 Ss 905/82 2 U 86/83 5 U 65/84 20 U 114/86 26 U 118/91 27 U 155/91 29 U 166/95 18 U 120/97
Fundstelle MDR 2011, 1462 NJW-RR 1996, 329 NJW 1965, 1334 BB 1975, 1606 BB 1982, 1510 NJW 1984, 2896 NJW-RR 1995, 36 CISG-online 258 NJW-RR 1998, 566 juris NStZ-RR 2001, 269 MMR 2003, 405 NJW 2006, 1004 BeckRS 2007, 09801 CR 2008, 124 BeckRS 2010, 12526 BeckRS 2010, 23502 BeckRS 2010, 23502 NJW-RR 2011, 459 BeckRS 2011, 00353 BeckRS 2012, 13508 OLGE 44, 129 OLGE 44, 130 MDR 1953, 482 VersR 1988, 1169 NStZ 1991, 587 MMR 2005, 318 NJW 1976, 1212 BB 1979, 701 NStZ 1983, 266 DB 1983, 2619 WM 1985, 785 NJW-RR 1987, 153 BauR 1992, 779 NJW-RR 1993, 1444 NJW-RR 1996, 1454 NJW-RR 1999, 127
834 Gericht OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Hamm OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Koblenz OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG Köln OLG München OLG München OLG München OLG München OLG München
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 03.03.1998 07.11.2000 14.12.2000 16.11.2006 14.05.2007 29.11.2007 08.08.1972 25.03.1987 03.02.1988 29.12.1988 28.03.1990 30.09.2008 14.07.1983 19.09.1991 10.08.1998 11.10.2001 02.02.2006 26.06.2006 25.01.2011 09.04.2011 30.10.1973 19.03.1980 23.11.1984 29.11.1989 07.12.1990 31.05.1991 21.01.1994 05.05.1995 26.06.1996 30.04.2002 17.01.2006 18.01.2006 06.11.2007 27.06.1974 25.06.1975 07.03.1978 24.09.1981 27.06.1989
Az. 27 U 185/97 29 U 47/00 2 U 58/00 28 U 84/06 13 U 347/07 17 U 91/07 8 U 69/71 10 U 198/87 13 U 52/87 4 U 215/87 1 U 97/89 12 U 65/08 6 U 977/82 (Kart) 5 U 310/91 2 Ss 206/98 5 U 570/01 6 U 1179/05 12 U 685/05 2 U 590/10 10 U 1219/10 15 U 55/73 2 U 95/79 6 U 96/84 13 U 155/89 20 U 24/90 19 U 34/91 19 U 73/93 19 U 151/94 5 U 182/95 22 U 217/01 9 U 103/05 22 U 164/05 9 U 144/06 24 U 756/74 7 U 4759/74 9 U 3350/77 6 U 3174/81 5 U 2747/88
Fundstelle NJW-RR 1998, 1179 NJW-RR 2001, 455 MMR 2001, 105 MMR 2007, 449 NZV 2008, 204 ZGS 2008, 156 OLGZ 1973, 195 DNotZ 1988, 694 NJW 1988, 2050 WRP 1990, 51 NZV 1990, 270 r+s 2008, 505 WM 1984, 1347 CR 1992, 400 NStZ-RR 1998, 364 NJW-RR 2002, 595 NJW-RR 2006, 1065 NJW-RR 2007, 813 NJOZ 2012, 343 r+s 2012, 19 OLGZ 1974, 8 ZIP 1980, 270 GRUR 1985, 148 NJW 1990, 1051 NJW-RR 1992, 555 CR 1991, 541 juris NJW 1995, 3128 r+s 1998, 39 VersR 2004, 189 VersR 2006, 1212 MDR 2006, 866 VersR 2008, 680 NJW 1975, 174 VersR 1976, 745 OLGZ 1978, 444 ZIP 1981, 1347 NJW-RR 1991, 420
IV. Deutschland
Gericht OLG München OLG München OLG München OLG München OLG München OLG München OLG München OLG München OLG Naumburg OLG Naumburg OLG Nürnberg OLG Nürnberg OLG Nürnberg OLG Nürnberg OLG Nürnberg OLG Nürnberg OLG Oldenburg OLG Rostock OLG Saarbrücken OLG Saarbrücken OLG Saarbrücken OLG Schleswig OLG Schleswig OLG Schleswig OLG Stettin OLG Stettin OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart OVG Saarlouis RAG RG RG RG
Datum 03.12.1991 16.02.1994 20.01.1998 22.01.2004 05.02.2004 06.09.2005 27.09.2007 18.05.2011 27.04.1999 07.09.2004 07.10.1966 11.10.1973 11.08.2000 10.07.2003 16.12.2008 10.06.2009 28.07.2005 24.09.1997 05.11.1993 19.12.2001 21.12.2011 09.01.1981 03.07.2003 16.03.2010 15.05.1924 19.06.1928 16.10.1980 26.11.1999 12.07.2006 14.05.2007 04.10.2010 05.03.2012 06.03.2012 23.06.1992 22.04.1932 15.11.1882 19.04.1890 18.02.1897
Az. 18 U 4746/91 7 U 5659/92 25 U 4623/97 U (K) 3329/03 19 U 5114/03 32 Wx 60/05 29 U 1802/07 7 U 4937/10 9 U 146/98 9 U 3/04 1 U 89/65 8 U 22/72 6 U 1181/00 13 U 1322/03 3 U 1724/08 14 U 622/09 8 U 93/05 5 U 23/96 4 U 75/93 1 U 398/01-91 1 U 2/11 9 W 203/80 7 U 240/01 3 U 76/09 2 U 87/24 4 U 149/28 3 U 130/80 2 U 147/99 12 U 91/06 5 U 19/2007 5 U 60/10 8 W 75/12 10 U 102/11 2 R 51/90 RAG 530/31 I 123/81 I 34/90 VI 323/96
835 Fundstelle NJW-RR 1993, 215 NJW-RR 1994, 886 NJW 1998, 1962 BeckRS 2004, 04533 MMR 2004, 625 NJW-RR 2005, 1470 ZUM 2008, 68 BeckRS 2011, 14831 CISG-online 512 NZM 2004, 825 OLGZ 1967, 139 AWD 1974, 405 NJW-RR 2001, 636 BeckRS 2003, 30323043 NJOZ 2011, 256 MMR 2010, 31 NJW 2005, 2556 NJW-RR 1998, 526 NJW-RR 1994, 436 NJW-RR 2002, 622 ZWE 2012, 133 SchlHA 1981, 70 NJW 2004, 231 NJW-RR 2010, 1720 LZ 1924, 648 JW 1928, 2799 ZIP 1981, 176 NJW-RR 2001, 423 MMR 2006, 819 BeckRS 2007, 11321 NJW-RR 2011, 239 NJOZ 2012, 965 NZBau 2012, 437 NJW 1993, 1612 JW 1932, 2565 RGZ 11, 248 RGZ 26, 6 RGZ 39, 231
836 Gericht RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 08.02.1902 24.11.1903 14.03.1904 13.07.1904 29.03.1905 17.06.1905 27.10.1905 02.10.1906 04.03.1908 03.05.1909 10.05.1910 19.05.1911 10.06.1911 23.09.1913 02.12.1913 25.02.1914 08.03.1915 15.03.1915 20.04.1917 25.10.1917 20.02.1918 21.06.1918 12.11.1918 25.02.1919 09.05.1919 03.01.1920 14.04.1920 06.06.1920 16.09.1921 07.10.1921 20.12.1921 16.05.1922 12.07.1922 29.09.1922 27.02.1923 30.11.1923 01.04.1924 27.10.1924
Az. I 348/01 II 148/03 I 340/04 V 48/04 V 445/04 I 134/05 VII 7/05 VII 8/06 I 291/07 VI 250/08 II 493/09 III 163/10 V 528/10 II 263/13 II 474/13 I 260/13 VI 551/14 VI 593/14 II 565/16 VI 367/17 I 330/17 II 121/18 VII 152/18 II 254/18 II 400/18 I 228/19 I 275/19 II 549/19 II 68/21 II 560/20 II 323/21 II 631/21 III 674/21 II 766/21 VII 124/22 II 160/23 III 354/23 I 569/23
Fundstelle RGZ 50, 191 RGZ 56, 262 RGZ 59, 296 RGZ 58, 406 RGZ 60, 334 RGZ 61, 125 RGZ 61, 414 RGZ 64, 145 WarnR 1908 Nr. 355 RGZ 71, 113 RGZ 73, 347 JW 1911, 643 JW 1911, 752 RGZ 83, 104 RGZ 84, 320 LZ 1914, 1113 RGZ 86, 305 RGZ 86, 323 RGZ 90, 166 RGZ 91, 60 RGZ 92, 232 RGZ 93, 175 WarnR 1919 Nr. 5 RGZ 95, 48 RGZ 95, 315 RGZ 97, 336 RGZ 99, 20 RGZ 99, 147 RGZ 102, 370 RGZ 103, 11 RGZ 103, 312 RGZ 105, 8 RGZ 105, 255 RGZ 105, 205 RGZ 106, 330 LZ 1924, 811 RGZ 108, 145 JW 1925, 236
837
V. Frankreich
Gericht RG
Datum 30.01.1926
Az. I 146/25
RG RG RG
23.12.1927 14.12.1928 22.01.1929
II 311/27 II 231/28 II 424/28
RG RG RG RG RG RG RG RG RG RG ThürOLG ThürOLG ThürOLG ThürOLG ThürOLG
17.03.1930 18.03.1930 18.03.1930 30.04.1930 20.05.1930 11.11.1930 09.02.1931 16.02.1931 10.11.1933 03.05.1934 11.03.1999 18.01.2006 27.04.2006 30.10.2006 03.07.2008
VI 418/29 III 237/29 III 237/29 V 84/29 III 289/29 II 6/30 IV 320/30 VII 605/30 VII 192/33 IV 17/34 1 U 1250/98 2 U 547/05 1 UF 529/05 9 Verg 4/06 1 UF 141/08
Fundstelle SeuffA 80(1926) 129 Nr. 72. JW 1928, 649 RGZ 123, 97 SeuffA 83(1929) 164 Nr. 104 RGZ 128, 39 HRR 1930 Nr. 91 Recht 1930 Nr. 1230 RGZ 128, 241 RGZ 129, 109 JW 1931, 1181 RGZ 132, 6 JW 1931, 522 RGZ 142, 402 RGZ 144, 289 OLG-NL 1999, 153 OLG-NL 2006, 54 BeckRS 2006, 05658 NZBau 2007, 195 NJW-RR 2008, 1678
V. Frankreich (inkl. ältere Urteile sonstiger Gerichte in Anwendung des französischen Zivilrechts) Gericht Cass. req. Trib. civ. Turin Cass. req. Cass. req. Cass. req. Cour imp. d’Aix Cass. req. C. de Bordeaux C. de Lyon Cass. req.
Datum 08.03.1807 03.08.1810 01.09.1813 20.07.1846 13.04.1847 08.02.1853 21.08.1862 03.06.1867 27.06.1867 06.08.1867
Az.
Fundstelle D. 1807.I.361 S. 1811.II.39 D. 1846.I.335 D. 1875.I.356 S. 1853.II.251 DP 1862.I.438 D. 1867.II.166 D. 1867.II.194 D. 1867.I.35
838 Gericht Cass. civ. 3e C. de Paris C. de Bordeaux Cass. civ. Cass. req. Cass. civ. C. de Aix Cass. req. C. de Douai Cass. req. C. de Chambéry Cass. req. Just. de paix Paris (XIVe arr.) C. de Bordeaux C. d’Orléans Trib. civ. de Bordeaux Cass. req. Cass. req Cass. req. CA Gand C. de Rouen C. de Rouen C. de Dijon C. de Rouen Cass. req. C. de Bruxelles C. de Toulouse C. de Rouen Trib. civ. de la Seine Trib. com. de Nantes Cass. req. Cass. req. C. de Paris Cass. civ. Cass. req. Cass. req. Cass. civ.
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 03.12.1867 12.06.1869 17.01.1870 25.05.1870 28.02.1871 29.04.1873 13.08.1873 26.01.1874 10.03.1874 01.12.1875 08.06.1877 03.01.1882 05.01.1882 08.03.1882 26.06.1885 29.01.1891 21.04.1891 01.05.1894 27.06.1894 06.04.1895 13.01.1897 13.01.1897 22.03.1897 10.08.1897 12.12.1898 19.11.1900 13.06.1901 19.03.1902 10.03.1906 19.05.1906 05.12.1906 18.10.1909 05.02.1910 16.11.1910 14.05.1912 24.06.1912 03.02.1919
Az.
Fundstelle D. 1867.I.471 D. 1870.II.6 S. 1870.II.219 D. 1870.I.257 D. 1871.I.61 DP 1873.I.207 D. 1877.V.456 DP 1875.I.23 D. 1874.II.153 D. 1875.I.450 D 1878.II.113 D. 1883.I.105 D. 1882.III.110 D. 1882.II.208 D. 1886.II.135 D. 1892.II.390 D. 1892.I.181 D. 1895.I.69 D. 1894.I.432 Pas. 1895.II.370 D. 1899.II.405 D. 1899.II.405 S. 1899.II.9 D. 1899.II.405 S. 1899.I.88 D. 1902.II.356 D. 1901.II.16 D. 1903.II.109 D. 1906.V.62 D. 1909.II.313 D. 1908, 545 D. 1909.I.207 D. 1913.II.1 D. 1912.I.49 D. 1913.I.281 DP 1913.I.363 DP 1923.I.126
839
V. Frankreich
Gericht Cass. req. C. de Paris C. de Paris Trib. com. de la Seine Cass. req. Cass. req. Cass. req. Trib. com. de la Seine C. de Lyon Trib. com. de Lille CA Rennes Trib. com. de Troyes CA Besancon Trib. com. d’Avignon Cass. civ. Cass. req. CA Nîmes Cass. civ. Cass. req. CA Colmar CA Paris Cass. req. Trib. com. Troyes Cass. req. Cass. req. C. de Paris Trib. parit. arrond. de Saint-Calais Cass. com. CA Angers Trib. civ. de la Seine Cass. civ. CA Douai Cass. civ. Cass. soc. CA Amiens Cass. com. Trib. com. de le Havre
Datum 22.03.1920 30.06.1920 25.11.1920 28.05.1921 29.01.1923 28.01.1924 07.01.1925 27.04.1928 16.05.1928 28.05.1928 08.07.1929 20.10.1930 27.12.1930 20.03.1931 02.02.1932 21.03.1932 13.05.1932 09.01.1933 05.02.1934 04.02.1936 31.05.1937 29.03.1938 17.11.1941 20.04.1944 13.11.1945 14.01.1947 21.11.1949 07.11.1950 09.01.1952 20.02.1952 28.05.1952 12.11.1953 06.05.1954 20.07.1954 05.10.1955 09.01.1956 02.07.1956
Az.
Fundstelle S. 1920.I.208 S. 1921.II.4 D. 1922.II.41 D.P. 1923.II.152 D. 1923.I.176 DH 1924, 121 DH 1925, 57 S.J. 1928, 1066 D. 1928.II.197 D. 1930.II.104 DH 1929, 5448 D. 1931, 64 D. 1931, 124 D. 1931, 312 S. 1932.I.68 D. 1933.I.65 DH 1932, 404 DH 1933, 164 S. 1934.I.110 DH 1936, 187 DH 1937, 431 DP 1939.I.5 D. 1942, 46 D. 1945, 18 D. 1946, 20 D. 14947, 171 D. 1950, jur. 236 Bull. civ. III, n° 321 D. 1952, 404 D. 1952, 353 Bull. civ. n° 183 D. 1954, 63 Bull. civ. II, n° 165 JCP 1955.II.8775 D. 1955, 799 Bull. civ. III n° 17 RTD com. 1958, 136
840 Gericht Cass. com. Cass. civ. 2e Cass. civ. 2e Cass. civ. 1re Cass. siv. 2e CA Grenoble Cass. com. Cass. crim. Cass. civ. 2e Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re C. de Paris Cass. soc. TGI Pontoise Cass. soc. TGI Lure Cass. civ. 1re Trib. com. de Dunkerque Cass. soc. Cass. soc. C. de Paris Cass. civ. 1re Cass. civ. 2e CA Paris Cass. civ. 1re Cass. soc. Cass. soc. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 2e Cass. civ. 1re Cass. com. CA Douai Cass. com. Cass. soc.
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 07.11.1956 16.11.1956 02.01.1957 21.01.1958 14.03.1958 14.04.1958 22.04.1958 14.05.1958 19.05.1958 08.10.1958 21.10.1958 17.12.1958 27.05.1959 03.12.1959 28.03.1960 07.04.1960 19.05.1960 17.06.1960 21.12.1960 09.01.1961 14.04.1961 04.05.1961 08.05.1961 27.05.1961 16.11.1961 14.12.1961 26.03.1962 09.05.1962 05.06.1962 15.01.1963 28.01.1963 24.10.1963 20.10.1964 29.10.1964 20.11.1964 08.02.1965 03.03.1965
Az.
Fundstelle D. 1957, somm. 67 D. 1957, 180 D. 1957, somm. 69 Bull. civ. I n° 50 D. 1958, 385 D. 1958, 414 Bull. civ. III n° 160 D. 1958, 513 D. 1958, 294 Bull. civ. I n° 413 Bull. civ. III, n° 355 D. 1959, 33 RTD civ. 1959, 735 D. 1960, 231 Bull. civ. IV n° 333 D. 1961, somm. 2 Bull. civ. IV n° 524 D. 1960, somm. 119 D. 1961. jur. 417 D. 1961, 68
Bull. civ. IV n° 459 D. 1961, somm. 86 Bull. civ. I, n° 271 D. 1962, 420 JCP G 1962.II.12547 Bull. civ. IV n° 420 Bull. civ. IV n° 537 Bull. civ. n° 28 Bull. civ. I, n° 62 D. 1964, somm.73 D. 1965, 62 D. 1965, 506 61-13373 62-40026
841
V. Frankreich
Gericht TGI Seine Cass. soc. Cass. com. Cass. civ. 2e Cass. com. Cass. com Cass. civ. 3e Cass. soc. Cass civ. 3e Cass civ. 3e Cass. ch. mixte Cass. com. Trib. com. Seine Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. soc. Cass. civ. 1re Cass.com. Cass.com. Cass. com. Cass. soc. Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. com. Cass civ 1re C. de Colmar Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re
Datum 03.03.1965 13.05.1965 07.02.1966 25.02.1966 06.07.1966 26.04.1967 08.02.1968 06.03.1968 10.05.1968 28.11.1968 20.12.1968 23.12.1968 05.01.1969 01.12.1969 02.12.1969 15.12.1970 27.04.1971 19.07.1971 19.07.1971 05.11.1971 22.03.1972 10.05.1972 13.06.1972 11.10.1972 06.02.1973 13.03.1973 29.05.1973 27.06.1973 17.07.1973 05.12.1973 12.02.1975 14.04.1975 21.10.1975 24.02.1976 22.04.1976 05.05.1976 23.05.1977 12.07.1977
Az. 63-12929
Fundstelle D. 1966, somm. 1 D. 1965, 743
Bull. n° 169 65-10600 66-13187 67-14041 D.P. 1969, 3, p. 14 D. 1970, 422 D. 1970, 104 69-11913 69-12216
70-11593 71-40266 71-11455 71-10986 72-10140 71-14386 D. 1973, somm. 147 72-12321 72-10950 73-14407 74-10009 74-11599 74-14497 74-14896 74-14978 76-10751 n° 75-11925
842 Gericht Cass civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re TGI Paris Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. Cass. com. Cass. com. C. de Paris Cass civ. 1re Cass. civ. 3e CA Toulouse Cass. com. Cass civ. 1re Cass. com. Cass civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 2e Cass. civ. 1re Cass civ 1re Cass. com. Cass. soc. Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass civ. 1re Cass civ. 1re
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 08.11.1977 29.03.1978 11.10.1978 11.10.1978 11.10.1978 24.10.1978 23.05.1979 12.02.1980 21.04.1980 22.04.1980 07.01.1981 19.01.1981 10.03.1981 20.07.1981 05.10.1982 17.11.1982 24.01.1983 28.02.1983 22.03.1983 31.05.1983 09.11.1983 21.02.1984 25.09.1984 29.10.1984 20.11.1984 12.03.1985 05.11.1985 27.11.1985 18.02.1986 24.06.1986 24.06.1986 21.07.1986 09.06.1987 04.11.1987 12.01.1988 12.01.1988 01.03.1988 03.05.1988
Az. 76-11518 76-13882 77-10155 77-11624 77-11624 77-13200
Fundstelle
D. 1979, 488 D. 1980, somm. 261 78-14765 78-15954 79-13499 79-14485 80-10996 80-12529 81-12448 81-13892 81-15326 81-14921 82-10530 82-12996 83-12666 83-15162 83-15956 83-16875 84-16281 84-13971 84-12347 84-16653 84-11626 85-16689 86-10027 86-12849 86-12833 86-15563 86-16859
843
V. Frankreich
Gericht Cass. civ. 1re Trib. civ. de la Seine Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 2e Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. Cass. com. Cass civ. 3e Cass civ. 3e Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 2e Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. CA Rouen CA Paris Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re
Datum 13.12.1988 19.04.1989 10.05.1989 30.05.1989 30.06.1989 04.07.1989 12.07.1989 06.03.1990 02.05.1990 16.05.1990 27.11.1990 15.01.1991 05.03.1991 09.04.1991 25.06.1991 10.12.1991 20.05.1992 17.06.1992 09.03.1993 05.04.1993 02.11.1993 09.11.1993 15.12.1993 26.01.1994 08.02.1994 06.04.1994 24.05.1994 12.07.1994 29.09.1994 18.10.1994 25.10.1994 29.11.1994 29.11.1994 04.01.1995 28.03.1995 23.05.1995 11.07.1995 10.10.1995
Az. 86-19068
Fundstelle Gaz. Pal. 1893.II.162
87-18130 87-19065 88-11951 88-13722 88-11443 88-12477 87-19106 89-13941 89-14033 88-18231 88-19322 89-21611 90-11230 90-11608 90-17647 90-14434 91-12732 91-15602 91-21946 91-22059 91-10199 92-14398 92-12640 91-21047 92-12685 92-10761 051754 92-21807 91-21009 92-16267 92-16993 93-13237 94-14255 93-10570 93-19142
D. 1993.jur.493
844
Rechtsprechungsverzeichnis
Gericht Cass. ass. plén. Cass. ass. plén. Cass. ass. plén. Cass. ass. plén. Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re TGI Paris Cass. civ. 1re Cass. com. Cass civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 2e Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 2e CA Grenoble Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re CA Paris
Datum 01.12.1995 01.12.1995 01.12.1995 01.12.1995 20.03.1996 16.04.1996 07.10.1996 19.11.1996 03.12.1996 17.12.1996 21.01.1997 02.07.1997 16.07.1997 17.07.1997 02.12.1997 10.12.1997 13.01.1998 27.01.1998 10.03.1998 07.04.1998 27.05.1998 10.06.1998 01.07.1998 16.08.1998 07.10.1998 21.01.1999 21.10.1999 09.11.1999 28.03.2000 19.05.2000
Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re CA Reims Cass. com. CA Versailles Cass. civ. 1re
17.10.2000 31.01.2001 06.03.2001 07.03.2001 20.03.2001 05.07.2001 27.11.2001
Az. 93-13688 91-19653 91-15999 91-15578 94-10759 94-16528 94-14530 94-21796 94-21838 94-22034 95-18303 95-17880 96-11142 95-19791 95-16461 96-11223 95-19448 95-21126 96-19171 96-17312 96-21228 96-20605 96-11984 96-14359 95-18761 97/03974 97-11898 97-21422 RTD civ. 2000, 570 f. 98-12242 99-17740 98-17057 00/00195 98-18464 99-10633
Fundstelle
D. 1998.jur.170 D. 1998, jur. 563 CISG-online 574
845
V. Frankreich
Gericht CA Caen Cass. civ. 1re CA Bourges Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re CA Pau Cass. com. Cass. civ. 1re CA Caen Cass com. Cass. civ. 1re Cass. soc. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. CA Nimes Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass civ. 3e
Datum 28.03.2002 18.06.2002 14.10.2002 21.01.2003 06.05.2003 06.05.2003 13.05.2003 28.10.2003 03.12.2003 04.02.2004 12.05.2004 30.06.2004 29.09.2004 03.11.2004 14.12.2004 08.02.2005 01.03.2005 11.05.2005 24.05.2005 25.05.2005 15.11.2005 05.12.2005 14.02.2006 07.03.2006 20.04.2006 07.06.2006 07.06.2006 07.06.2006 13.06.2006 05.07.2006 23.01.2007 26.09.2007 10.01.2008 15.01.2008 26.02.2008 28.02.2008 27.03.2008 07.05.2008
Az. 00/0361 01-00050
Fundstelle
JCP G 2003.IV.2543 00-13342 01-01291 01-17638 00-21555 02-14459 02-10221 01-13516 03-13847 01-00475 03-10766 01-16238 03-11631 03-10749 02-16802 03-20669 02-15188 03-19411 02-21366 D. 2006, 2020 05-13453 02-20374 03-12659 04-17550 04-45846 05-17256 04-12588 05-13189 06-14357 06/04783 06-14698 07-12725 06-12349 07-11721 07-11690
846 Gericht Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re CA Caen CA Poitiers Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. soc. Cass. civ. 1re Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e T. com. Lille Cass. com. CA Nîmes Cass. com. CA Rennes Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass com. Cass. soc. Cass. com. Cass. com. CA Toulouse Cass. civ. 1re Cass. com. CA Bastia Cass. com. Cass. civ. 3e Cass. civ. 3e
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum 22.05.2008 19.06.2008 19.06.2008 19.06.2008 12.10.2008 05.11.2008 11.12.2008 05.02.2009 11.02.2009 25.03.2009 07.04.2009 07.04.2009 20.05.2009 04.06.2009 09.06.2009 17.06.2009 23.09.2009 08.10.2009 28.10.2009 17.11.2009 06.01.2010 12.01.2010 25.02.2010 13.04.2010 07.09.2010 08.09.2010 20.10.2010 14.12.2010 15.12.2010 18.01.2011 18.01.2011 02.02.2011 09.02.2011 15.03.2011 27.04.2011 27.04.2011 11.05.2011 16.06.2011
Az. 05-21822 06-19056 06-19056 06-19753 07-15386 07-16505 RG 08/03157
Fundstelle
JCP G 2010, act. 144 07-20237 08-12237 08-12192 07-18907 08-13230 08-14481 08-11420 08-13833 08-41666 08-14625 08-20224 08-20770 08-17956 07/00606 09-13712 09/01718 09-13345 09-68721 09-68275 08-42951 09-69831 09-72508 n° 09/00005 10-10759 10-16422 09/01067 10-17177 10-12875 09-72679
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VII. Neuseeland
Gericht CA Versailles CA Saint-Denis de la Réunion Cass. civ. 3e Cass. com. Cass. com. Cass. com. Cass. civ. 1re Cass. com. CA Limoges Cass. civ. 3e Cass. civ. 1re Cass. civ. 1re Cass. com. Cass. com. TI Nogent-sur-Marne Cass. civ. 1re Cass. soc. Cass. civ. 3e Cass. com.
Datum 30.06.2011 02.09.2011
Az. 10/06302
06.09.2011 13.09.2011 11.10.2011 18.10.2011 04.11.2011 06.12.2011 05.01.2012 24.01.2012 09.02.2012 09.02.2012 03.04.2012 05.06.2012 26.06.2012 28.06.2012 11.07.2012 12.09.2012 06.11.2012
10-20362 10-19526 10-19091 10-26313 09-10211 10-21832 10/01375 10-27965 10-27785 11-13778 10-24641 11-15372 11-11-000756 11-18211 11-10486 11-13603 11-26582
Fundstelle
VI. Kanada Carter v Hyde (1923) 33 CLR 115 Clark v Barrick [1951] SCR 177 Didymi Corp v Atlantic Lines and Navigation Co Inc (The Didymi) [1988] 2 Lloyd’s Rep 108 Eastern Power Ltd v Azienda Comunale Energia e Ambiente [2001] I.L.Pr. 6 Joan Balcom Sales Inc v Poirier 1991 CarswellNS 81
VII. Neuseeland Antons Trawling Company Ltd v Smith [2002] NZCA 331 Holman Construction v Delta Timber Co [1972] NZLR 1081 Wenkheim v Arndt (1873) 1 JR 73 Wholesale Distributors Ltd v Gibbons Holdings Ltd [2008] 1 NZLR 277
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Rechtsprechungsverzeichnis
VIII. Österreich Gericht OGH OLG Linz
Datum 20.03.1997 23.03.2005
Az. 2 Ob 58/97m 6 R 200/04 f
Fundstelle JBl. 1997, 592 CISG-online 1376
IX. Schweiz Gericht Bundesgericht Bundesgericht ZG Basel-Stadt
Datum 02.02.1954 05.04.2005 21.12.1992
Az. 4C.474/2004 P4 1991/238
Fundstelle BGE 80 II 26 CISG-online 1012 CISG-online 55
X. Singapur Chwee Kin Keong and Others v Digilandmall.com Pte Ltd [2004] 2 SLR 594 Gay Choon Ing v Loh Sze Ti Terence Peter [2009] SGCA 3
XI. Südafrika A to Z Bazaars (Pty) Ltd v Minister of Agriculture (1974) (4) SA 392 A to Z Bazaars (Pty) Ltd v Minister of Agriculture (1975) (3) SA 468 Bal v Van Staden [1902] TS 128 Frank v Knight (1937) OPD 113
XII. Ungarn Gericht Fovárosi Biróság Budapest
Datum 10.01.1992
Az. Fundstelle G.50.289/1991/32 CISG-online 43
XIII. UK A Davies & Co (Shopfitters) v William Old (1969) 113 Sol Jo 262 Abu Dhabi National Tanker Co v Product Star Shipping (The Product Star) (No. 2) [1993] 1 Lloyd’s Rep 397
XIII. UK
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Acebal v Levy (1834) 10 Bing 376 Adam Opel GmbH v Mitras Automotive (UK) Ltd [2007] EWHC 3481 (QB) Adamastos Shipping Co Ltd v Anglo-Saxon Petroleum Co Ltd [1959] AC 133 Adams v Lindsell (1818) 1 B & Ald 681 Adonis Construction v O'Keefe Soil Remediation [2009] EWHC 2047 (TCC) AIB Group (UK) Plc v Martin [2001] UKHL 63 Air Studios (Lyndhurst) Ltd (t/a Air Entertainment Group) v Lombard North Central Plc [2012] EWHC 3162 (QB) Air Transworld Ltd v Bombardier Inc [2012] EWHC 243 (Comm) Albert v Motor Insurers‘ Bureau [1972] AC 301 Allen v Pink (1838) 4 M & W 140 Allied Marine Transport Ltd v Vale do Rio Doce Navegacao SA (The Leonidas D.) [1985] 1 WLR 925 Amberley (UK) Ltd v West Sussex County Council [2011] EWCA Civ 11 Anangel Atlas Compania Naviera SA v Ishikawajima-Harima Heavy Industries Co Ltd (No. 2) [1990] 2 Lloyd’s Rep 526 Andrew v Boughey (1553) 1 Dyer 75a Anon (1478) YB 17 Edw 4, Pasch. fo. 1, pl. 2 Anon. (1436) Y.B. 14 Hen. VI, f. 18, pl. 58 Anon. (1664) Style 6 Antaios Compania Naviera SA v Salen Rederierna AB [1985] AC 191 Apple Corps Ltd v Apple Computer Inc. [2004] EWHC 768 (Ch) Appleson v H Littlewood Ltd [1939] 1 All ER 464 Armadora Occidental v Horace Mann Co [1977] 1 WLR 520 Armstrong & Holmes Ltd v Holmes [1993] 1 WLR 1482 Ashburn Anstalt v Arnold [1989 ] Ch 1 Associated British Ports v Ferryways NV [2009] EWCA Civ 189 Atkins v Banwell (1802) 2 East 505 Atkins v Hill (1775) 1 Cowp 284 Atlas Express Ltd v Kafco (Importers and Distributors) Ltd [1989] QB 833 Attrill v Dresdner Kleinwort Ltd [2012] EWHC 1189 (QB) Baird Textile Holdings Ltd v Marks & Spencer plc [2001] EWCA Civ 274 Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 Barbudev v Eurocom Cable Management Bulgaria Eood [2012] EWCA Civ 548 BCCI v Ali [2002] 1 AC 251 Beale v Kyte [1907] 1 Ch 564 Bear Stearns Bank Plc v Forum Global Equity Ltd [2007] EWHC 1576 (Comm) Beckham v Drake (1841) 9 M & W 79 Beesly v Hallwood Estates Ltd [1961] Ch 105 Bennett (Electrical) Services Ltd v Inviron Ltd [2007] EWHC 49 (TCC)
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Rechtsprechungsverzeichnis
Bernuth Lines Ltd v High Seas Shipping Ltd (The Eastern Navigator) [2005] EWHC 3020 (Comm) Bilke v Havelock (1813) 3 Camp 374 Bircham & Co Nominees (No. 2) Ltd v Worrell Holdings Ltd [2001] EWCA Civ 775 Bishop & Baxter v Anglo-Eastern Trading & Industrial Co [1944] KB 12 Bolton v Madden (1873) LR 9 QB 55 Borelli v Ting [2010] UKPC 21 Bourne v Mason (1668) 1 Vent 6 Bowerman v Association of British Travel Agents Ltd [1996] CLC 451 BP Oil International Ltd v Target Shipping Ltd [2012] EWHC 1590 (Comm) BP plc v National Union Fire Insurance Co [2004] EWHC 1132 (Comm) Bret v JS (1600) Cro Eliz 756 Brinkibon Ltd v Stahag Stahl und Stahlwarenhandelsgesellschaft m.b.H. [1983] 2 AC 34 Bristol, Cardiff and Swansee Aërated Bread Co v Maggs (1890) 44 Ch D 616 British & American Telegraph Co Ltd v Colson (1871) LR 6 Ex 108 British Electrical and Associated Industries (Cardiff) Ltd v Patley Pressings Ltd [1953] 1 WLR 280 British Road Services Ltd v Arthur V Crutchley & Co Ltd (No.1) [1968] 1 All ER 811 British Steel Corp v Cleveland Bridge & Engineering Co Ltd [1984] 1 All ER 504 Brogdan v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 666 Brown v Gould [1972] Ch 53 Bruner v Moore [1904] 1 Ch 305 Buckpitt v Oates [1968] 1 All ER 1145 Burford (Fareham) Ltd v Christian Vision [2005] EWHC 2533 Bushwall Properties Ltd v Vortex Properties Ltd [1976] 1 WLR 591 Butler Machine Tool Co Ltd v Ex-Cell-O Corporation (England) Ltd [1979] 1 WLR 401 Butlin’s Settlement Trusts, Re [1976] 1 Ch 251 Button’s Lease, Re [1964] Ch 263 Byrne & Co v Leon Van Tienhoven & Co (1880) 5 CPD 344 Callisher v Bischoffsheim (1870) LR 5 QB 449 Carlill v The Carbolic Smoke Ball Company [1892] 2 QB 484 Carlill v The Carbolic Smoke Ball Company [1893] 1 QB 256 Carlyle Finance Ltd v Pallas Industrial Finance [1999] RTR 281 Carmarthen Developments Ltd v Penningtons [2008] CSOH 139 Carmichael v National Power [1999] 1 WLR 2042 Central London Property Trust Ltd v High Trees House Ltd [1947] KB 130 Chapelton v Barry Urban District Council [1940] 1 KB 532 Chappell & Co Ltd v Nestle Co Ltd [1960] AC 87 Charge Card Service Ltd, Re [1989] Ch 497
XIII. UK
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Chartbrook Ltd v Persimmon Homes Ltd [2009] UKHL 38 Chemco Leasing SpA v Rediffusion [1987] 1 FTLR 201 Citadel Insurance Company v Atlantic Union Insurance Company SA [1984] ECC 191 Claxton Engineering Services Ltd v TXM Olaj–és Gázkutató Kft [2010] EWHC 2567 (Comm) CN Associates (A Firm) v Holbeton Ltd [2011] EWHC 43 (TCC) Colchester BC v Smith [1992] Ch 421 Colebrook’s Conveyances, Re [1972] 1 WLR 1397 Collier v Mason (1858) 25 Beav 200 Collins v Godefroy (1831) 1 B & Ad 950 Colonia Versicherung AG v Amoco Oil Co (The Wind Star) [1995] CLC 51 Combe v Combe [1951] 2 KB 215 Commissioners of Inland Revenue v Fry [2001] STC 1715 Compagnie de Commerce et Commission SARL v Parkinson Stove Co Ltd [1953] 2 Lloyd‘s Rep 487 Compagnie Noga d'Importation et d'Exportation SA v Abacha (No.4) [2003] EWCA Civ 1100 Connell v Motor Insurers‘ Bureau [1969] 2 QB 494 Consort Deep Level Gold Mines Ltd Ex p. Stark, Re [1897] 1 Ch 575 Cook v Wright (1861) 1 B & S 559 Cooke v Oxley (1790) 3 TR 652 Cooper v National Westminster Bank Plc [2009] EWHC 3035 (QB) Cote, Ex p, In Re Deveze (1873) LR 9 Ch App 27 Coulthart v Clementson (1879) 5 QBD 42 Countess of Dunmore v Alexander (1830) 9 Shaw 190 Cowan v O’Connor (1888) 20 QBD 640 Coward v Motor Insurers‘ Bureau [1963] 1 QB 259 Cox v Troy (1822) 5 B & Ald 474 Crowther v Farrer (1850) 15 QB 677 Cubitt Building & Interiors Ltd v Richardson Roofing (Industrial) Ltd [2008] EWHC 1020 (TCC) Currie v Misa (1875) LR 10 Ex 153 Datec Electronics Holdings Ltd v United Parcels Services Ltd [2007] UKHL 23 Daulia Ltd v Four Millbank Nominees Ltd [1978] 1 Ch 231 Daventry District Council v Daventry and District Housing Ltd [2011] EWCA Civ 1153 Davies v Leighton (1979) 68 Cr App R 4 Davis v Giladi (High Court, 10 July 2000) Day Morris Associates v Voyce [2003] EWCA Civ 189 Dean v Prince [1952] 1 Ch 409 Debenhams Retail Plc v Commissioners of Customs and Excise [2003] UKVAT V18169
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Rechtsprechungsverzeichnis
Denton v Great Northern Railway Co (1856) 5 E & B 860 Deutsche Genossenschaftsbank v Burnhope [1995] 1 WLR 1580 Dhanani v Crasnianski [2011] EWHC 926 (Comm) Diamond Build Ltd v Clapham Park Homes Ltd [2008] EWHC 1439 (TCC) Dickinson v Dodds (1875-76) LR 2 Ch D 463 Dougland Support Services v Allscan Services Ltd. [2003] EWCA Civ 61 Dunlop Pneumatic Tyre Co Ltd v Selfridge and Co Ltd [1915] AC 847 Dunlop v Higgins (1848) 1 HLC 381 Durham Tees Valley Airport Ltd v bmibaby Ltd [2010] EWCA Civ 485 Eaglehill Ltd v J. Needham Builders Ltd [1973] AC 992 Earle v Oliver (1848) 2 Ex 71 Eastwood v Kenyon (1840) 113 ER 482 Edmonds v Lawson [2000] QB 501 Edmund Murray Ltd v Bsp International Foundations Ltd (1992) 33 Con LR 1 Edwards v DDin [1976] 1 WLR 942 Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 349 Entores LD v Miles Far East Corporation [1955] 2 QB 327 ERDC Group Limited v Brunel [2006] EWHC 687 (TCC) Errington v Errington and Woods [1952] 1 KB 290 Esso Petroleum Co Ltd v Addison [2003] EWHC 1730 Esso Petroleum Co Ltd v Customs and Excise Commissioners [1976] 1 WLR 1 F & G Sykes (Wessex) Ltd v Fine Fare Ltd [1967] 1 Lloyd's Rep 53 Felthouse v Bindley (1862) 11 CB (NS) 869 Ferguson v Littlewoods Pools Ltd [1997] SLT 309 Finnegan v Allen [1943] 1 KB 425 First Sport Ltd v Barclays Bank Plc [1993] 1 WLR 1229 Fisher v Bell [1961] 1 QB 394 Fishmongers’ Co v Robertson (1843) 5 Man & G 131 Flight v Reed (1863) 1 H & C 703 Foley v Classique Coaches Ltd [1934] 2 KB 1 Frank H Wright (Constructions) Ltd v Frodoor Ltd [1967] 1 WLR 506 Freedman (t/a John Freedman & Co) v Union Group Plc [1997] EWCA Civ 1153 G & N Angelakis Shipping Co SA v Compagnie National Algerienne de Navigation (The Attika Hope) [1988] 1 Lloyd’s Rep 439 G Percy Trentham Ltd v Archital Luxfer Ltd [1993] 1 Lloyd’s Rep 25 Gastronome (UK) Ltd v Anglo Dutch Meats (UK) Ltd [2006] EWCA Civ 1233 Gaunt v Hill (1815) 1 Stark 10 Gebr. Van Weelde Scheepvaartkantor BV v Compania Naviera Sea Orient SA (The Agrabele) [1985] 2 Lloyd‘s Rep. 496 Getreide-Import-Gesellschaft m.b.H. v Contimar SA Compania Industrial Comercial y Maritima [1953] 1 WLR 793
XIII. UK
853
GHSP Inc v AB Electronic Ltd [2010] EWHC 1828 (Comm) Gibbons v Proctor (1891) 64 LT 594 Gibson v Manchester City Council [1978] 1 WLR 520 Gibson v Manchester City Council [1979] 1 WLR 294 Gillatt v Sky Television Ltd [2000] EWCA Civ 34 Glasbrook Brothers Limited v Glamorgan County Council [1925] AC 270 Global Tankers Inc v Amercoat Europa NV [1975] 1 Lloyd’s Rep 666 Golden Ocean Group Ltd v Salgaocar Mining Industries Pvt Ltd [2011] 1 CLC 125 Grainger & Son v Gough [1896] AC 325 Grant v Bragg [2009] EWCA Civ 1228 Gray, Re [2004] EWHC 1538 (Ch) Great Eastern Shipping Co Ltd v Far East Chartering Ltd, Binani Cement Ltd [2011] EWHC 1372 (Comm) Great Northern Railway Co v Witham (1873) LR 9 CP 16 Greene v Church Commissioners for England [1974] Ch 467 Hadley v Kemp [1999] EMLR 589 Haigh v Brooks (1839) 10 Ad & E 309 Hamed el Chiaty & Co (t/a Travco Nile Cruise Lines) v Thomas Cook Group Ltd (The Nile Rhapsody) [1994] I.L.Pr. 367 Hanjin Shipping Co Ltd v Zenith Chartering Corp (The Mercedes Envoy) [1995] 2 Lloyd’s Rep 559 Hanson v Royden (1867) LR 3 CP 47 Harris Calnan Construction Co Ltd v Ridgewood (Kensington) Ltd [2007] EWHC 2738 (TCC) Harris v Nickerson (1873) LR 8 QB 286 Harris’ Case (1872) LR 7 Ch App 587 Harrison v Battye [1975] 1 WLR 58 Hart v Stone [1985] AC 1000 Hartley v Ponsonby (1857) 7 E & B 872 Harvela Investments Ltd v Royal Trust Company of Canada (C.I.) [1986] 1 AC 207 Harvey v Johnston (1848) 6 CB 295 Hawkes v Saunders (1782) 1 Cowp 289 Head v Diggon (1828) 3 M & Ry 97 Hebb’s Case (1867) LR 4 Eq 9 Heilbut, Symons & Co v Buckleton [1913] AC 30 Henkel v Pape (1870) LR 6 Ex 7 Henthorn v Fraser [1892] 2 Ch 27 Heslop v Burns [1974] 1 WLR 1241 Hoadly v McLaine (1834) 10 Bing 482 Hollingworth v Southern Ferries Ltd (The Eagle) [1977] 2 Lloyd’s Rep 70
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Rechtsprechungsverzeichnis
Holsworthy Urban District Council v Rural District Council of Holsworthy [1907] 2 Ch 62 Holwell Securities Ltd v Hughes [1974] 1 WLR 155 Homburg Houtimport BV v Agrosin Private Ltd (The Starsin) [2003] UKHL 12 Home Insurance Co and St Paul Fire and Marine Insurance Co v Administratia Asigurarilor de Stat [1983] 2 Lloyd’s Rep 674 Hood v Anchor Line (Henderson Brothers) Ltd [1918] AC 837 Horton v Horton (No 2) [1961] 1 QB 215 Horwood v Land of Leather Ltd [2010] EWHC 546 (Comm) Household Fire and Carriage Accident Insurance Company (Ltd) v Grant (1879) 4 Ex D 216 Hughes v Metropolitan Railway Co (1877) LR 2 App Cas 439 Humber Ferry Case (1348) 22 Lib. Ass. pl. 41 Humphries v Carvalho (1812) 16 East 45 Hunt v Bate (1568) 3 Dyer 272a Hyde v Wrench (1840) 3 Beav 334 Ignazio Messina & Co v Polskie Linie Oceaniczne [1995] 2 Lloyd’s Rep 566 Imperial Loan v Stone [1892] 1 QB 599 Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 WLR 896 Irvani v Irvani [2000] CLC 477 J Evans & Son (Portsmouth) Ltd v Andrea Merzario Ltd [1976] 1 WLR 1078 Jacobs v Batavia and General Plantations Trust Ltd [1924] 1 Ch 287 Jaffray v Society of Lloyd's [2002] EWCA Civ 1101 James Miller & Partners Ltd v Whitworth Street Estates (Manchester) Ltd [1970] AC 583 Jayaar Impex Ltd v Toaken Group Ltd [1996] 2 Lloyd‘s Rep. 437 Jones v Daniel [1894] 2 Ch 332 Jones v Padavatton (1969) 1 WLR 328 Jones v Vernon’s Pools [1938] 2 All ER 626 Jones v Waite (1839) 5 Bing NC 341 Jordan v Norton (1838) 4 M & W 155 JSC Zestafoni G Nikoladze Ferroalloy Plant v Ronly Holdings Ltd [2004] EWHC 245 (Comm) Kennedy v Lee (1817) 3 Mer 442 Kennedy v Thomassen [1929] 1 Ch 426 Kepong Prospecting Ltd v Schmidt [1968] AC 810 Khatri v Cooperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank BA [2010] EWCA Civ 397 Kinch v Bullard [1999] 1 WLR 423 Kleinwort Benson Ltd v Malaysia Mining Corporation Berhad [1989] 1 WLR 379 Lacis v Cashmarts [1969] 2 QB 400
XIII. UK
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Langston v Langston (1834) 2 Cl & Fin Lark v Outhwaite [1991] 2 Lloyd’s Rep 132 Lee v Muggeridge (1813) 5 Taunt 36 Lehman Brothers International (Europe) (In Administration), Re [2012] UKSC 6 Lens v Devonshire Club The Times, 4.12.1914, S. 3 Lidl (UK) GmbH v Hertford Foods Ltd [2001] EWCA Civ 938 Linnett v Halliwells LLP [2009] EWHC 319 (TCC) Little v Courage Ltd (1995) 70 P. & C.R. 469 Littlefield v Shee (1831) 2 B & Ad 811 Liverpool City Council v Walton Group Plc [2002] 1 EGLR 149 LJ Korbetis v Transgrain Shipping BV [2005] EWHC 1345 (QB) Lombard Tricity Finance v Paton [1989] 1 All ER 918 London and Northern Bank, Ex p Jones, Re [1900] 1 Ch 220 Lord Napier and Ettrick v. R. f. Kershaw Ltd [1999]1 WLR 756 Lovelock (EJR) v Exportles [1968] 1 Lloyd’s Rep 163 Luxor (Eastbourne) Ltd v Cooper [1941] AC 108 M’Iver v Richardson (1813) 1 M & S 557 MacDonald v Longbottom (1859) 1 E & E 977 Mahkutai, The [1996] AC 650 Malpass (Deceased), Re [1985] Ch 42 Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery [2002] EWHC 2210 Mamidoil-Jetoil Greek Petroleum Company SA v Okta Crude Oil Refinery AD [2001] EWCA Civ 406 Manchester Diocesan Council for Education v Commercial & General Investments Ltd [1970] 1 WLR 241 Mannai Investment Co Ltd v Eagle Star Life Assurance Co Ltd [1997] AC 749 Mansukhani v Sharkey (1992) 24 HLR 600 Maple Leaf Macro Volatility Master Fund v Rouvroy [2009] EWCA Civ 1334 Maple Leaf Macro Volatility Master Fund v Rouvroy [2009] EWHC (Comm) 257 Martin v Puttick [1968] 2 QB 82 May and Butcher Ltd v King [1934] 2 KB 17 McPhail v Bourne [2008] EWHC 1235 (Ch) Meanen v Motor Insurer’s Bureau 1971 S.C. (H.L.) 148 Merak, The (1964) 30 Arbitration 100 Merit Process Engineering Ltd v Balfour Beatty Engineering Services (HY) Ltd [2012] EWHC 1376 (TCC) Michael Gerson (Leasing) Ltd v Wilkinson [2000] EWCA Civ 250 Midgulf International Ltd v Groupe Chimique Tunesien [2010] EWCA Civ 66 Miles v New Zealand Alford Estate Co (1886) LR 32 Ch D 266 Minories Finance Ltd v Afribank Nigeria Ltd [1995] 1 Lloyd's Rep 134
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Modahl v British Athletic Federation [2001] EWCA Civ 1447 Molton v Camroux (1849) 4 Ex 17 Mondial Shipping and Chartering BV v Astarte Shipping Ltd (The Pamela) [1995] CLC 1011 Mountford v Scott [1975] Ch 258 Mozley v Tinkler (1835) 1 C. M. & R. 692 MSM Consulting Ltd v United Republic of Tanzania [2009] EWHC 121 (QB) Muirhead v Industrial Tank Specialties Ltd [1986] QB 507 Mulcaire Claimant v News Group Newspapers Ltd [2011] EWHC 3469 (Ch) Munt v Beasley [2006] EWCA Civ 370 Murray v Parker (1854) 19 Beav 305 National Westminster Bank plc v Binney [2011] EWHC 694 (QB) New Zealand Shipping Company Ltd v A.M. Satterthwaite & Co Ltd (The Eurymedon) [1975] AC 154 Newport City Council v Charles [2008] EWCA Civ 1541 Nicolene Ltd Simmonds [1953] 1 QB 543 North Ocean Shipping Co v Hyundai Construction Co (The Atlantic Baron) [1979] QB 705 North West Leicestershire District Council v East Midlands Housing Association Ltd [1981] 1 WLR 1396 Nurdin & Peacock Plc v DB Ramsden & Co Ltd [1999] 1 WLR 1249 Ocean Coal Co Ltd v Powell Duffryn Steam Coal Co Ltd [1932] 1 Ch 654 Oceanbulk Shipping & Trading SA v TMT Asia Limited [2010] UKSC 44 Offord v Davies (1862) 12 CB (NS) 748 Olley v Marlborough Court Ltd [1949] 1 KB 532 Ormrod v Crosville Motor Services [1953] 1 WLR 409 OTM Ltd v Hydranautics [1981] 2 Lloyd’s Rep. 211 Pagnan SpA v Feed Products Ltd [1987] 2 Lloyd’s Rep 601 Palgrave, Brown and Son, Ltd v Owners of S.S. Turid [1922] 1 AC 397 Pao On v Lau Yiu Long [1980] AC 614 Paragon Finance plc v Nash [2001] EWHC Civ 1466 Parker v Clarke [1960] 1 WLR 286 Parties named in Schedule A v Dresdner Kleinwort Ltd [2010] EWHC 1249 (QB) Partridge v Crittenden [1968] 1 WLR 1204 Pateman v Pay (1974) 232 EG 457 Payne v Cave (1789) 3 TR 147 Petromec Inc v Petroleo Brasileiro SA Petrobas [2005] EWCA Civ 891 Pharmaceutical Society of Great Britain v Boots Cash Chemists (Southern) Ltd [1952] 2 QB 401 Photolibrary Group Ltd v Burda Senator Verlag GmbH [2008] EWHC 1343 (QB) Pickfords Ltd v Celestica Ltd [2003] EWCA Civ 1741
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Pillans v Van Mierop (1765) 3 Burr 1663 Port Jackson Stevedoring Pty v Salmond & Spraggon (Australia) Pty (The New York Star) [1981] 1 WLR 138 Prenn v Simmonds [1971] 1 WLR 1382 Price v Easton (1833) 4 B & Ad 433 Proforce Recruit Ltd v The Rugby Group Ltd [2006] EWCA Civ 69 Quenerduaine v Cole (1883) 32 WR 185 R (on the application of Software Solutions Partners Ltd) v Her Majesty’s Commissioners for Customs and Excise [2007] EWHC 971 (Admin) R v David McHugh (1977) 64 Cr App R 92 R v Morris [1984] AC 320 R. C. Pillar & Son v The Camber Bennett (Electrical) Services Ltd v Inviron Ltd [2007] EWHC 49 (TCC) Rabin v Gerson Berger Association Ltd [1986] 1 WLR 526 Radmacher v Granatino [2010] UKSC 42 Rainy Sky SA v Kookmin Bank [2011] UKSC 50 Ramsgate Victoria Hotel Co Ltd v Montefiore (1866) LR 1 Ex 109 Re Bowron Baily & Co, Ex p. Baily (1867-68) LR 3 Ch App 592 Rees v Warwick (1818) 2 B & Ald 113 Rhodian River Shipping Co SA v Halla Maritime Corp (The Rhodian River and The Rhodian Sailor) [1984] 1 Lloyd’s Rep 373 Richardson v Worrall [1985] STC 693 River Wear Commissioners v Adamson (1877) LR 2 App Cas 743 Robophone Facilities Ltd v Blank [1966] 1 WLR 1428 Rogers v Snow (1578) Dalison 94 Rose and Frank Co v J. R. Crompton & Bros Ltd [1925] AC 445 Routledge v Grant (1828) 4 Bing 651 RTS Flexible Systems Ltd v Molkerei Alois Müller GmbH & Company KG (UK Production) [2010] UKSC 14 Rust v Abbey Life Assurance Co Ltd [1979] 2 Lloyd’s Rep 334 Sadler v Reynolds [2005] EWHC 309 (QB) Sattar v Sattar [2009] EWHC 289 (Ch) Sauter Automation Ltd v HC Goodman (Mechanical Services) Ltd (1986) 34 Build. L. R. 81 Scammell and Nephew Ltd v Ouston [1941] AC 251 Scammell v Dicker [2001] 1 WLR 631 Scammell v Dicker [2005] EWCA Civ 405 Schuldenfrei v Hilton [1999] STC 821 Schweppe v Harper [2008] EWCA Civ 442 Scotson v Pegg (1861) 6 H & N 295 Scottish Petroleum Co, Re (1883) LR 23 Ch D 413
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Scottish Widows Fund and Life Assurance Society v BGC International [2011] EWHC 729 (Ch) Selectmove, Re [1995] 1 WLR 474 Seller v Jones (1846) 16 M & W 112 Senergy Limited v Zeus Petroleum Limited [2011] EWHC 3382 (Comm) Shadwell v Shadwell (1860) 9 CB (NS) 159 Shamrock SS Co v Storey & Co (1899) 81 LT 413 Shaw v Lighthousexpress Ltd [2010] EWCA Civ 161 Shipping Corp v Adamson [1975] QB 180 Shogun Finance Ltd v Hudson (FC) [2003] UKHL 62 Shore v Wilson (1842) 9 Cl & Fin 355 Sidenham and Worlington’s Case (1585) 2 Leon 224 Sigma Finance Corp, Re [2009] UKSC 2 Simon Container Machinery Ltd v Emba Machinery AB [1998] 2 Lloyd's Rep 429 Simpkins v Pays [1955] 1 WLR 975 Sirius International Insurance Co (Publ) v FAI General Insurance Ltd [2004] UKHL 54 Slade’s Case (1602) 4 Co Rep 92b Smit International Singapore Pte Ltd v Kurnia Dewi Shipping SA (The Kurnia Dewi) [1997] 1 Lloyd's Rep. 552 Smith v Gale [1974] 1 WLR 9 Smith v Sparrow (1827) 4 Bing 84 Soulsbury v Soulsbury [2007] EWCA Civ 969 Soulsbury v Soulsbury [2008] 2 WLR 834 Specialist Insulation Ltd v Pro-Duct (Fife) Ltd [2012] CSOH 79 Spencer v Harding (1870) LR 5 CP 561 Spiro v Glencore Properties Ltd [1991] Ch 537 Statoil ASA v Louis Dreyfus Energy Services LP [2008] EWHC 2257 (Comm) Stevenson, Jaques, & Co v McLean (1880) 5 QBD 346 Stilk v Myrick (1809) 2 Camp 317 = (1809) 6 Esp 129 Stocken v Collin (1841) 7 M & W 515 Strangborough and Warner’s Case (1589) 4 Leon 3 Sturlyn v Albany (1587) Cro Eliz 67 Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 Surgeon’s Case Y.B. 48 Edw. III Mich. pl. 38 Swainland Builders Ltd v Freehold Properties Ltd [2002] EWCA Civ 560 Sybron Corp v Rochem Ltd [1984] Ch 112 Tankreederei Ahrenkeil GmbH v Frahuil SA (The Multitank Holsatia) [1988] 2 Lloyd’s Rep. 486 Taylor v Allon [1966] 1 QB 304
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Tekdata Interconnections Ltd v Amphenol Ltd [2009] EWCA Civ 1209 Tenax Steamship Co v Owners of the Motor Vessel Brimnes (The Brimnes) [1975] 1 QB 929 Thames Water Utilities v Heathrow Airport Ltd [2009] EWCA Civ 992 Thomas v BPE Solicitors [2010] EWHC 306 (Ch) Thomas v Thomas (1842) 2 QB 851 Thomson v James (1855) 18 D. 1 Thorensen Car Ferries Ltd v Weymouth Portland Borough Council [1977] 2 Lloyd's Rep 614 Thornton v Kempster (1814) 5 Taunt 786 Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163 Timothy v Simpson (1834) 6 C & P 499 Tinn v Hoffmann (1873) 29 LT 271 Tito v Waddell (No. 2) [1977] Ch 106 Total Gas Marketing Ltd v Arco British Ltd [1998] CLC 1275 Townsend’s Case (1871) LR 13 Eq 148 Trebor Bassett Holdings Ltd v ADT Fire and Security Plc [2011] EWHC 1936 (TCC) Trueman v Fenton (1777) 2 Cowp 544 Tube Tech International Ltd v Technip-Coflexip SA [2005] EWCA Civ 1369 Tweddle v Atkinson (1861) 1 B & S 393 Uddin v Ahmed [2001] EWCA Civ 204 United Dominions Trust (Commercial) Ltd v Eagle Aircraft Services Ltd [1968] 1 WLR 74 United Scientific Holdings Ltd v. Burnley Borough Council [1978] AC 904 University of Edinburgh v Onifade [2004] ScotSC 89 Valpy v Gibson (1847) 4 CB 837 Vantage Navigation Corp v Suhail and Saud Bahwan Building Materials LLC (The Alev) [1989] 1 Lloyd's Rep 138 Vitol SA v Norelf Ltd (The Santa Clara) [1996] AC 800 Wade v Simeon (1846) 2 CB 548 Wall’s Case (1872) LR 15 Eq 18 Warbrook v Griffin (1609) 2 Br & Gold 254 Ward v Byham [1956] 1 WLR 496 Wathen v Sandys (1811) 2 Campbell 640 Watkin’s Case (1425) Y.B. 3 Hen. VI, H. f. 36, pl. 33 Weatherby v Banham (1832) 5 C & P 228 Welsh Development Agency v Export Finance Co Ltd [1992] BCC 270 Wennall v Adney (1802) 3 Bos & P 247 Wettern Electric Ltd v Welsh Development Agency [1983] QB 796 White v Blackmore [1972] 2 QB 651
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White v Bluett (1853) 23 L J Ex 36 White v Jones [1995] 2 AC 207 Whittle Movers Limited v Hollywood Express Limited [2009] EWCA Civ 1189 Wilkie v London Passenger Transport Board [1947] 1 All ER 258 Williams v Carwardine (1833) 4 B & Ad 621 Williams v Carwardine (1833) 5 C & P 566 Williams v Moor (1843) 11 M & W 256 Williams v Roffey Bros. & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1 Williams v Williams [1957] 1 WLR 148 Willis Management (Isle of Man) Ltd v Cable and Wireless Plc [2005] EWCA Civ 806 Wilson Smithett & Cape (Sugar) Ltd v Bangladesh Sugar and Food Industries Corporation [1986] 1 Lloyd’s Rep 378 Wilson v Burnett [2007] EWCA Civ 1170 Wing v Mill (1817) 1 B & Ald 104 WN Hillas & Co Ltd v Arcos Ltd [1932] UKHL 2 Yona International Ltd v La Reunion Francaise SA D’Assurances et de Reassurances [1996] 2 Lloyd’s Rep. 84 Zakhem International Construction Ltd v Nippon Kokkan KK (No.1) [1987] 2 Lloyd’s Rep 596 Zambia Steel & Building Supplies Ltd v James Clark & Eaton Ltd [1986] 2 Lloyd's Rep. 225
XIV. USA Akers v J. B. Sedberry, Inc, 286 S.W.2d 617 (1955) Brunner-Booth Fotochrome Corp. v Kaufman 18 A.D.2d 160 (1963) Cole-McIntyre-Norfleet Co v Holloway 214 S.W. 817 (1919) Dick v US 82 f.Supp. 362 (1949) Douglas v U.S. Dist. Court for Cent. Dist. of California 495 f.3d 1062 (2007) Eliason v Henshaw (1819) 4 Wheat 225 Filanto SpA v Chilewich International Corp 789 f.Supp. 1229 (1992) Geneva Pharmaceuticals Technology Corp v Barr Laboratories Inc 201 f.Supp.2d 236 (2002) Giant Food Inc v Washington Coca-Cola Bottling Co Inc 332 A.2d 1 (1975) Gillispie v Great Atlantic & Pacific Tea Co 187 S.E.2d 441 (1972) Lasky v Economy Grocery Stores 65 N.E.2d 305 (1946) Lefkowitz v Great Minneapolis Surplus Store 86 N.W.2d 689 (1957) MBNA America Bank, N.A. v Nelson 15 Misc.3d 1148(A) (2007) Morrison v Thoelke 155 So (2d) 889 (1963)
XIV. USA
Rennick v O.P.T.I.O.N. Care, Inc 77 f.3d 309 (1996) Shuey v US 92 U.S. 73 (1875) Soldau v Organon Inc. 860 f.2d 355 (1988) State v Boyd 260 A.2d 618 (1969) Textron, Inc v Froelich, 302 A.2d 426 (1973) Trimble v New York Life Ins. Co. 234 A.D. 427 (1932)
861
Verzeichnis sonstiger wichtiger Materialien I. Materialien zum BGB Mugdan
Motive (Mot.)
Protokolle (Prot.)
Schubert, Werner (Hrsg.)
Schubert, Werner (Hrsg.) Jakobs, Horst Heinrich/ Schubert, Werner (Hrsg.)
Mugdan, Benno, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Berlin 1881– 1898 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Amtliche Ausgabe, Berlin 1888–1896 Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des bürgerlichen Gesetzbuchs, Berlin 1897– 1899 Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. II.3: Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1980 Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, Berlin 1978 Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen, Berlin 1978–2002
II. Englische/schottische Reformvorschläge und -projekte Law Commission Law Commission Law Commission Law Commission Law Commission
Law Commission Law Commission
Consultation Paper: Privity of Contract: Contracts for the Benefit of Third Parties (Law Com. 121, 1991) Eight Annual Report 1972-73 (Law Com No. 58, 1973) First Programme of the Law Commission (Law Com No. 1, 1965) Law Commission Working Paper No. 60, Firm Offers (Law Com No. 60, 1975) Privity of Contract. Contracts for the benefit of third parties. Law Commission Report No. 242, 1996, abrufbar unter www.lawcom.gov.uk/docs/lc242.pdf Privity of Contract: Contracts for the Benefit of Third Parties (Law Com No. 242, 1996) The Parol Evidence Rule (Law Com No. 154, 1986)
IV. Internationale Instrumente
Law Commission Law Commission/Scottish Law Commission Law Revision Committee McGregor-Code Scottish Law Commission Scottish Law Commission Scottish Law Commission Scottish Law Commission
863
The Parol Evidence Rule (Law Com No. 154, 1986) Codification of the law of contract: a joint project by Scottish Law Commission and the Law Commission to produce a comprehensive code, 1965-66, BC 3/254 Sixth Interim Report (Statute of Frauds and the Doctrine of Consideration), Cmd. 5549, London 1937 McGregor, Harvey, Contract code: drawn up on behalf of the English Law Commission, Mailand 1993 First Programme of the Scottish Law Commission (Scot Law Com No. 1, 1965) Review of Contract Law. Discussion Paper on Formation of Contract (Scot Law Com No 154, 2012) Review of Contract Law. Discussion Paper on Interpretation of Contract (Scot Law Com No 147, 2011) Seventh Annual Report 1971-72 (Scot Law Com No 28, 1973)
III. Materialien zur Reform des französischen Rechts Morandière-Kommission Avant-projet Catala Projet de la chancellerie
Projet Terré
Travaux de la Commission de réforme du Code civil, 9 Bände, Paris 1945/46–1953/55 Catala (éd.), Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, Ministère de la Justice, Projet de réforme du droit des contrats, abgedruckt in RDC 2009, 1 ff. oder abrufbar unter http://leblogdedimitrihoutcieff.blogspirit.com/ files/projet_droit_des_contrats_blog8_2_.pdf Terré, François (éd.), Pour une réforme du droit des contrats, Paris 2009
IV. Internationale Instrumente CISG
DCFR
United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods/Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 (A/CONF. 97/18, annex I), O. R., S. 178 ff., YB XI (1980), S. 151 ff., BGBl. 1989 II, 586 (berichtigt BGBl. 1990 II, 1699). Von Bar/Clive/Schulte-Nölke (eds.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR). Interim outline edition, 2008; von Bar/Clive (eds.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft
864
EAG
PECL
PICC
Verzeichnis sonstiger wichtiger Materialien
Common Frame of Reference (DCFR). Full Edition 2009 (verwendet wurde die Full Edition 2009). Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen v. 1.7.1964, abgedruckt mit Gesetz zu den Haager Kaufrechtsübereinkommen vom 1. Juli 1964 v. 17.7.1973, BGBl. II, 885. Lando (ed.), Principles of European contract law, 2000– 2003; deutsche Ausgabe der Teile I und II: von Bar/R. Zimmermann (Hrsg.), Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teile I und II, 2002 (die Zitate sind jeweils dieser deutschen Fassung entnommen). UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (1. Edition 1994, 2. Edition 2004, 3. Edition 2010); verwendet wurde die offizielle deutsche Fassung der 3. Edition 2010 (die allerdings nur den Text enthält, abrufbar unter http://www.unidroit.org/english/principles/contracts/principles2010/translations/ blackletter2010-german.pdf) sowie die offizielle englische Fassung der 3. Edition (integrale Version inkl. Begründung, abrufbar unter http://www.unidroit.org/ english/principles/contracts/principles2010/ integralversionprinciples2010-e.pdf)
Stichwortverzeichnis Abgabe 21, 137, 193, 195, 286, 287, 293– 295, 322, 332, 333, 346, 359, 413, 443, 483, 502, 511, 552, 568, 600, 729 ABGB 23, 24, 28, 110, 350, 551, 552, 601 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch s. AGBGB acte de complaisance 178–180, 191, 727 acte juridique 52, 53, 56, 60, 61, 63, 322, 369, 438, 726, 733 ADHGB 135, 136, 194, 204, 297, 350– 352, 360, 508, 551, 553, 554, 582, 602, 603 AGB 5, 33, 103, 138, 144, 233, 234, 241, 460, 486, 511, 530, 532, 536, 549, 562, 565, 572, 573, 578, 687–725 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch s. ADHGB Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten s. PrALR Angebot 1, 3, 4, 7, 23, 29, 36, 45, 50, 54 57, 60 63, 65, 66, 73, 95, 102, 103, 107 110, 117, 122, 123, 129, 130–747 Angebot ad incertas personas 4, 195, 213, 221, 223, 228, 247–253, 258, 270, 333, 398, 413, 423, 452, 728, 731 Annahme 1, 3, 4, 5, 7, 23, 29, 30, 33, 36, 45, 50, 54 57, 61 63, 65, 66, 95, 102, 108 110, 121 123, 126, 127, 129, 130–747 assumpsit 83, 85–88, 122 Auktion 95, 125, 233, 241, 248, 527 Äußerungstheorie 296, 601, 608, 670 Auslobung 126, 127, 247, 249, 413, 423, 452–454, 458, 460, 733 Avant-projet Catala 59–63, 324, 368, 375–377, 380, 387, 388, 464, 518, 619, 620, 700
battle of forms (kollidierende AGB) 5, 65, 103, 460, 532, 687–725 Belohnungsfälle 5, 126, 327, 445, 452– 460, 495, 733, 734 Bestätigungsschreiben 480, 513–516, 520–522, 532, 533, 537–540, 543, 545, 607, 688, 736, 737 (s. auch kaufmännisches Bestätigungsschreiben) BGB 1, 7, 26–34, 36, 37, 50–52, 105, 111–113, 127, 128, 130, 135, 136, 138, 194, 204, 233, 252–254, 255–257, 283, 287–291, 294–297, 299, 310–314, 316, 318, 319, 321, 336, 338, 344, 349, 351, 354–362, 413, 420, 423, 428–430, 433, 434, 440, 452–454, 458, 460–463, 481– 484, 486–491, 500, 508–512, 541, 546– 560, 572, 578–586, 589, 592, 598–605, 669, 680, 685, 688, 690, 691, 732, 733, 738, 745, 748, 749 bilateral contract 120–122, 198, 199, 205, 399, 457 Brief 292, 296, 297, 299, 300, 304, 305, 324, 325, 327, 337, 338, 347, 364, 365, 375, 394, 439, 440, 447, 505, 521, 552, 556, 558, 570, 592, 606, 609, 612, 615, 616, 632–656, 660, 682–684 Btx 1, 31 Bürgerliches Gesetzbuch s. BGB CESL 2–6, 65, 101, 104–110, 127–129, 133, 134, 155–173, 188–193, 195, 196, 200–203, 206, 207, 209, 210, 217, 220, 223, 226, 227, 230, 240, 241, 245–247, 250–252, 270–282, 285, 286, 328–349, 394, 406–432, 437, 438, 444, 448, 449, 451, 457, 465, 469–481, 496–500, 506– 508, 534–545, 568–579, 586–599, 613, 662–677, 679–687, 705, 710–750 Chat s. Internet-Chat
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Stichwortverzeichnis
CISG 6, 196, 200, 240, 251, 275, 320, 336, 338, 343–345, 408–421, 425, 426, 429–431, 438, 444, 448–450, 464, 465, 473–480, 497–499, 506, 534–540, 570– 577, 586, 588–599, 613, 638, 664, 666– 668, 679, 682, 689, 690, 706, 713, 714, 720–722, 731 C. civ. s. Code civil C. consom. s. Code de la consommation Code civil 7, 28, 34–37, 39–41, 43, 47– 60, 114–116, 118, 119, 125, 135, 138– 146, 165, 214, 235–238, 240, 243, 257– 262, 284, 369, 370, 374, 379, 382, 441, 442, 465, 501, 502, 517, 609, 610, 621, 623–626, 696 Code de la consommation 55, 116, 117, 144, 211, 365, 492, 562 consideration 11, 65 80, 87 91, 94, 99 102, 107, 108, 120 122, 126 129, 183, 263, 268, 341, 389, 390, 392, 393, 399, 400, 405, 420, 427, 447, 448, 450, 456, 458, 533, 573, 629, 636, 686, 726, 730 contre-proposition 466 (s. auch Gegenangebot, counter-offer) cause 11, 35, 38–41, 45–47, 49, 57–63, 68, 102, 107, 108, 127–129, 726 counter-offer 468, 469, 586, 701, 702 (s. auch Gegenangebot, contre-proposition) coutumes 41, 42 covenant 83, 84 DCFR 3, 6, 65, 100, 101, 105–109, 127, 128, 133, 141, 156–161, 163–169, 171, 173, 190, 191, 195, 196, 200, 251, 270– 272, 274, 275, 278, 279, 331–333, 336, 337, 339–344, 406–408, 410–421, 425, 426, 430, 431, 438, 444, 448, 465, 473, 474, 476, 479, 480, 497, 498, 500, 506, 507, 534–537, 569, 571, 572, 575, 576, 588, 590, 591, 593, 595, 595, 599, 613, 663, 666–669, 679, 706, 710, 712, 714– 718, 721, 724, 731 debt (action of debt) 83, 86, 88, 97, 119, 120 déclaration de volonté 56, 130, 131, 134, 322, 364, 438, 726, 733
deed 66–68, 126, 150, 285, 389, 400, 420, 427, 503, 730 Domat, Jean 43–49, 57, 93, 114 double clic (Doppelklick) 237, 238, 442, 621, 622 Dresdener Entwurf 28, 111, 135, 351, 360, 361, 453, 509, 551, 553, 582, 602 E-Mail 1, 31, 103, 288, 294, 297, 299, 301–312, 330, 333, 338, 347, 396–398, 425, 440, 486, 505, 514, 548, 558, 566, 575, 577, 583, 591, 593, 612, 639, 643, 651–655, 658–661, 670–674, 676, 680– 684, 739, 740, 742, 743 EAG 6, 338, 392, 408–413, 421, 425, 426, 431, 448, 465, 472, 478, 479, 497, 498, 538, 539, 570, 574, 575, 588, 589, 592, 596, 599, 664, 668, 679, 713, 731 Einschreiben 300, 301, 366, 518 éléments essentiels 257, 258, 279, 465, 728 (s. auch essentialia negotii, essential terms) Empfangstheorie 289, 295–297, 319, 321, 336, 348, 349, 601–603, 608, 612, 664, 670, 672, 680, 681, 740, 743 essentialia negotii 253, 270, 279, 728 (s. auch essential terms, éléments essentiels) essential terms 262, 263, 279, 728 (s. auch essentialia negotii, éléments essentiels) estoppel 66, 67, 100–102, 152, 398, 416, 430, 658 exclusionary rule 151, 152, 173 falsa demonstratio 137, 140, 153–155, 157, 172, 234, 727 faktischer Vertrag s. Lehre vom faktischen Vertrag favor contractus 479, 588, 721 favor negotii 141, 165 Fax 1, 31, 288, 292, 297, 301–303, 306– 308, 333, 396, 398, 494, 514, 548, 559, 566, 575, 577, 583, 593, 639, 650, 651, 653, 655, 658, 659, 661, 671–674, 676, 680–684, 739, 740, 742 first blow rule 702, 714, 719, 720, 746
Stichwortverzeichnis
Gefälligkeit 174–193, 727 Gegenangebot 384, 402, 431, 466, 468, 469, 472, 473, 477–480, 510, 512, 586, 589, 595–599, 680, 689, 700–703, 710, 732, 734, 738 (s. auch counter-offer, contre-proposition) Geltungsmitteilung 586–591, 594, 597. 599, 738 gentlemen’s agreement 178, 180, 181, 185, 187, 190, 193 Geschäftsunfähigkeit 354, 357, 359–362, 376, 383, 385, 388, 389, 403, 405, 419, 420, 432, 434, 435, 732, 733, 749 Grotius, Hugo 20–22, 43, 93, 363 Handelsgesetzbuch s. HGB HGB 113, 253, 256, 510, 512, 543, 554 Historische Rechtsschule 24, 25 Innominatkontrakte 10, 11, 41 instantaneous communication 649–655, 658, 671–673, 680, 681, 739 intention of creating legal relations 96, 101 (s. auch Rechtsbindungswille) Internet 1, 31, 103, 228, 230–241, 288, 291, 293, 297, 305, 339, 486, 624, 669, 671–675, 739, 749 Internet-Chat 290, 292, 576, 579, 669, 671–675, 739 Irrtum 4, 10, 72, 154, 333–336, 749 invitatio ad offerendum 4, 123, 193– 248, 250–252, 355, 356, 413, 621, 728, 748, 749 invitation à entrer en pourparlers 194, 196–198, 225, 228, 235, 237, 238, 246, 249, 370, 442, 728 invitation to treat 195, 196, 199, 205, 208, 215, 216, 225, 238, 246, 250, 728 Kanonistik 15–17 kaufmännisches Bestätigungsschreiben 480, 513–516, 520, 521, 532, 537–540, 543, 545, 688, 736, 737 (s. auch Bestätigungsschreiben) Kaufvertrag 6, 9, 12, 38, 39, 69, 83, 91, 96, 127, 138, 188, 194, 203, 208, 210– 219, 221, 222, 224–226, 230, 244, 253– 255, 257–262, 265–267, 269, 270, 275,
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280, 281, 283, 285, 365, 368, 375, 377, 385, 386, 400, 447, 467, 487, 488, 493, 497, 499, 501–503, 520–522, 526, 527, 530, 533, 534, 537, 549, 559, 561, 563– 565, 567, 577, 590, 615, 633, 639, 641, 643, 694, 695–699, 701–703, 748 knock out rule 694, 702, 706, 708, 710, 712, 714, 719–725, 746, 747 kollidierende AGB s. battle of forms Kongruenzregel s. mirror image rule Konsensualvertrag 4, 7, 8, 41, 42, 105, 110–113, 116–118, 127, 128, 726 Kreuzofferte 5, 327, 445–451, 565, 733 Kübel, Franz Philipp von 351–353, 355, 359, 453, 509, 546, 553, 555, 559, 602 last shot rule 700–703, 705, 706, 708, 713, 714, 719–722, 746 Legistik 13, 14, 16, 17 Lehre vom faktischen Vertrag 30, 228 Leistungsbestimmungsrecht 254–256, 268–270, 275–282 letter of intent 242–246 mailbox rule s. postal rule material mirror image model 431, 465, 469, 472, 475, 478, 479, 481, 734, 750 McGregor-Code 64, 65, 73, 99, 102, 391, 656 meeting of the minds 4, 7, 128, 327, 433, 726 mirror image rule 466–469, 477–479, 734, 750 Modell der wesentlichen Kongruenz s. material mirror image model Naturrecht 19, 20, 24, 44 non-instantaneous communication 672, 672, 681, 739 objet 35, 37, 38, 49, 58, 258 Obligationenrecht s. OR öffentliche Verkehrsmittel 228–230, 248, 249 Online-Chat s. Internet-Chat Online-Auktion 233, 241, 248 Online-Kommunikation 103, 232, 654, 655, 658, 662, 671–674, 676, 680, 681,
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Stichwortverzeichnis
739, 740, 742 (s. ferner auch OnlineAuktion und E-Mail) OR 28, 111, 208, 351, 553, 582 Pandektistik 24, 25, 56 parol evidence rule 150, 151 PECL 3, 6, 60, 101, 106–109, 121, 127, 133, 134, 156, 157, 162, 164–167, 169, 171, 189, 191, 196, 200, 251, 271, 273, 275, 279, 320, 331, 333, 336, 341, 409– 412, 415, 416, 419, 421, 425, 430, 431, 438, 444, 448, 464, 465, 473, 474, 479, 480, 497, 498, 506, 534–538, 569, 571, 572, 575, 576, 588, 590–599, 613, 664, 666–668, 697, 706, 710, 712, 714–718, 721, 724, 731 PICC 6, 320, 343–345, 409–413, 421, 425, 430, 431, 444, 464, 465, 473, 479, 480, 479, 506, 535, 538, 570, 571, 572, 574–576, 588, 589, 591–593, 596, 599, 613, 664, 668, 679, 706, 712, 714, 716, 717, 721, 723, 731 postal rule 65, 95, 103, 326,393, 394, 402, 410–412, 424, 425, 451, 496, 499, 586, 598, 627, 632–658, 661, 665, 671, 672, 674, 677–681, 685, 735, 741, 745 posting rule s. postal rule Pothier, Robert Joseph 35, 43–50, 57, 92–95, 114, 125, 126, 138, 139, 141– 144, 179, 257, 363, 364, 374, 385, 388, 394, 395, 611, 634 PrALR 23, 28, 110, 135, 350, 360, 361, 428, 452, 453, 509, 551–554, 581, 582, 601 Preußisches Allgemeines Landrecht s. PrALR Projet de la chancellerie 36, 59, 61, 63, 118, 324, 325, 367, 377, 380, 388, 464, 518, 619, 620, 700 Projet Terré 63, 324, 325, 368, 375, 376, 380, 388, 464, 479, 518, 619, 700 promesse de récompense 454, 455, 458, 734 promesse unilatérale 377–383, 424 promissory estoppel s. estoppel Pufendorf, Samuel 21–22, 43, 44, 93 Realvertrag 39, 46, 110–121, 127–129
Rechtsgeschäft 7–9, 25–28, 31, 32, 52, 53, 56, 96, 97, 105, 127, 133, 134, 137, 322, 326, 332, 346, 369, 438, 445, 454, 458–460, 485, 547, 548, 604, 726, 729, 733 Rechtsbindungswille 4, 5, 65, 96, 130– 134, 173–177, 179, 181–184, 187, 190, 191, 193, 195, 198, 199, 243, 245, 246, 439, 441, 442, 444, 445, 463, 466, 469, 474, 477, 478, 495, 580, 727, 728, 734 rencontre des volontés 4, 7, 35, 323, 378, 385, 433, 447, 607, 670, 674, 675, 740 rectification 152, 154, 155 reward cases s. Belohnungsfälle Rücknahme 320, 321–325, 328, 332, 342–345, 347, 348, 350, 406, 407, 548, 601, 644, 665, 669, 684, 685, 729, 730, 744, 748, 750 SächsBGB 27, 28, 135, 350, 360, 361, 452, 453, 552, 554, 601 Savigny, Friedrich Carl von 24–27, 56, 92, 93, 96, 247, 250 Schaufensterauslagen 202, 207–212, 216, 219, 221, 232, 235, 239–241, 249, 284 Schweigen 286, 358, 437, 438, 461, 478, 479, 481, 500, 508–545, 580, 585, 598, 607, 618, 716, 724, 735–737 Schweizer Obligationenrecht s. OR Selbstbedienungsladen 211–220, 232, 233, 622, 748 Selbstbedienungstankstelle 224–227 SMS 1, 31, 103, 288, 297, 591, 654, 655, 658, 671, 672, 676, 680, 681, 739, 740, 742 Tankstelle s. Selbstbedienungstankstelle Telefax s. Fax Telefon 107, 288, 290, 291, 322, 341, 533, 567, 576, 579, 606, 607, 639, 643, 649– 651, 653, 655, 657–659, 669–675, 739 Telegramm 292, 390, 440, 505, 556, 566, 570, 612, 615, 639, 643, 646, 648, 671, 673, 674, 676, 677, 681, 739–741, Telex 288, 292, 297, 396–398, 558, 639, 649–651, 653–655, 658–661, 670–674, 676, 680, 681, 739, 740, 742 théorie de l’avant-contrat 371, 375
Stichwortverzeichnis
théorie de la déclaration (Äußerungstheorie) 608–611, 670, 678 Théorie de la responsabilité civile 371, 372, 375 théorie de l’émission (Absendetheorie) 608, 611, 612, 614–617, 620, 623, 624, 670, 674, 677–681, 685, 740–742, 745 théorie de l’engagement unilatéral de volonté 370, 372, 373, 376, 427, 455 théorie de l’information 608–612, 619, 620, 666, 670 théorie de réception (Empfangstheorie) 608, 611–614, 616, 618–620, 623–626, 670, 674, 677, 681, 740, 742 théorie dualiste 369, 370, 373, 376, 611, 612 Theorie des ersten Hiebs s. first blow rule Theorie des letzten Wortes s. last shot rule Tod 354, 357, 359, 360, 361, 365, 376, 383, 385–389, 403–405, 419, 420, 432– 434, 435, 732, 749 Übermittlungstheorie 296, 601 unilateral contract 120–129, 198, 199, 201, 205, 327, 399, 401, 452, 455, 495, 627, 628, 632, 668, 671, 674, 686, 687, 745 Vernehmungstheorie 296, 297, 315, 347, 600–602, 609, 666, 669, 670, 672–675, 740 Vestiturtheorie 14, 16, 42 Videokonferenz 288, 290, 291, 297, 576
869
Warenautomat 220–224, 248 Werbematerialien 203–207, 210, 219, 749 Willenserklärung 7, 8, 25–32, 97, 130, 131, 133–137, 155, 282, 287, 289, 293– 298, 311, 312, 314–326, 336, 346, 356, 358, 364, 372, 373, 436, 438, 453, 455, 458, 482–484, 508–510, 600, 601, 603, 669, 680, 726, 729, 733, 742, 748 Widerruf 4, 286–288, 297, 319–322, 324, 325, 328, 331, 343–345, 347, 349, 351, 352, 356, 357, 359, 364, 371–378, 380, 382–384, 392–398, 406–417, 420–426, 548, 550, 561, 597, 601, 602, 612, 638, 640, 641, 643–648, 669, 671, 679, 684– 687, 729, 730–732, 737, 741, 742, 744, 745, 748, 750 writ 76, 82–85, 97, 98, 183 Zeitungsannonce 197–207, 209, 210, 217, 219, 223, 226, 413, 749 Zugang 137, 287, 295–319, 321, 322, 331, 332, 336–342, 346–349, 356, 359, 362, 410, 411, 413, 415, 422–426, 451, 483, 484, 486, 496, 544, 548, 556, 559, 570, 572, 581, 584, 585, 590, 595, 597, 599, 600–605, 614–616, 620, 623, 635, 636, 638, 641, 650, 664–667, 669–675, 677–685, 729, 740–744, 748, 749 Zugangsvereitelung s. Zugangsverhinderung Zugangsverhinderung 301, 317–319, 340, 341 Zugangsverzögerung 301, 316–319, 340, 341